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Full text of "Die Giftpflanzen Deutschlands"

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DIE GIFTPFLANZEN 
DEUTSCHLANDS 


VON 
P.ESSER 


FRIEDR. VIEWEG & SOHN BRAUNSCHWEIG 


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DIE 


GIFTPFLANZEN DEUTSCHLANDS 


“ DIBRARY 
NEW YORK 
BOTANICAL 


Für die Zwecke des Unterrichts sind die wichtigsten der in diesem Werke dargestellten 

Giftpflanzen in vergrößertem Maßstabe auf in feinstem Farbendruck ausgeführten 

Wandtafeln (Format 55/75 em) wiedergegeben; dieselben erscheinen gleichzeitig 
unter dem Titel: 


DIE GIFTPFLANZEN DEUTSCHLAN DS 


20 FARBIGE WANDTAFELN MIT 150 EINZELDARSTELLUNGEN 
VON 


DER: P. ESSER 


DIREKTOR DES BOTANISCHEN GARTENS DER STADT CÖLN 


Preis 24 Mark. 


DIE 


GIFTPFLANZEN 
DEUTSCHLANDS 


VON 


Dr. P. ESSER 


104 


DIREKTOR DES BOTANISCHEN GARTENS 


DER STADT CÖLN 


WIBRARY 
NEW VORK 
BOTANICAL 
(GARDEN. 


MIT 660 EINZELDARSTELLUNGEN 


AUF 113 ZUM TEXT GEHÖRENDEN FARBENTAFELN 


BRAUNSCHWEIG 


DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 


i9r0 


namentlich das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen, vorb 


Alle Rechte, 


Copyright, 1910, by Friedr. Vieweg & Sohn, 


Braunschweig, Germany. 


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OEWORT. 


Di; Tatsache, daß ständig noch Fälle vorkommen, wo Menschen 
durch den Genuß giftiger Pflanzenteile ihr Leben einbüßen, und zwar 
in der überwiegenden Mehrzahl aus Unkenntnis der Pflanzen, recht- 
fertigt wohl die Herausgabe eines Werkes, dessen vornehmliche Be- 
stimmung ist, die Kenntnis der Giftpflanzen allgemeiner zu 
machen. 

Diesem Zweck soll das Buch auch in der Hand des Lehrers dienen, 
dem nächst den Eltern die Aufgabe zufällt, aufklärend und warnend 
die Kinder auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die beim Ge- 
nusse von Teilen unbekannter Pflanzen ihnen drohen. 

Das Buch würde nach dieser Richtung hin seinen Zweck nicht 
ganz erfüllen, wenn es sich mit der Beschreibung der Pflanzen begnügt 
hätte. Das berechtigte Bestreben, im Unterricht die „biologischen 
Erscheinungen“ mehr in den Vordergrund treten zu lassen, war 
Veranlassung, bei jeder Pflanze eine Zusammenstellung etwa zu 
machender biologischer Beobachtungen zu geben. 

In der vorliegenden Bearbeitung sind jene Gewächse der deutschen 
Flora aufgenommen, in denen das Vorhandensein giftigwirkender Stoffe 
chemisch nachgewiesen ist, ferner solche, durch welche nachweislich 
Vergiftungen vorgekommen sind, wenn auch die Gifte selbst noch nicht 
ermittelt wurden, sowie endlich einige, deren Giftwirkung mit Sicherheit 
noch nicht nachgewiesen wurde, die aber allgemein als giftig angesehen 
werden, und denen gegenüber also Vorsicht am Platze ist. Einige 
giftführende Zierpflanzen, die zwar nicht der wildwachsenden Flora 
Deutschlands angehören, die aber in Gärten und öffentlichen Anlagen 
allgemein zu finden, und deshalb den Bewohnern der Städte bekannter 
sind als manche unserer einheimischen Pflanzen, glaubte ich gleichfalls 
aufnehmen zu müssen. 


VI Vorwort. 


Bei Angabe der Gifte habe ich mich darauf beschränkt, diese 
chemisch zu charakterisieren und ihre physiologischen Wirkungen, wo 
es angebracht erschien, unter Zeichnung der Symptome, unter denen 
die Vergiftung sich zeigt, anzugeben. Weil der Zweck des vorliegenden 
Werkes weniger in der Verbreitung der Kenntnis der „Gifte“ als viel- 
mehr der „Giftpflanzen“ liegt, habe ich es unterlassen, Angaben über 
die Anwendung von Gegenmitteln in den einzelnen Vergiftungsfällen zu 
machen. Dies gehört in das Gebiet der praktisch-medizinischen Gift- 
lehre, und darauf bezügliche Anordnungen zu treffen, ist Sache des 
Arztes. Schon die Diagnose einer Vergiftung ist oft mit Schwierigkeiten 
verknüpft und kann nur durch einen erfahrenen Arzt vorgenommen 
werden. Einige allgemein gültige Angaben über die erste Be- 
handlung vergifteter Personen finden sich am Schlusse der Ein- 
leitung. 

Bei Auswahl der Abbildungen auf den Wandtafeln habe ich 
darauf Bedacht genommen, möglichst Pflanzen aus den verschiedensten 
Familien darstellen zu lassen, damit die Tafeln auch sonst für den 
botanischen Unterricht Verwendung finden können. 

Dem bereitwilligen Entgegenkommen des Verlegers, der u. a. gerne 
die bedeutenden Kosten für die Herstellung der farbigen Tafeln, die 
für das vorliegende‘ Werk sämtlich nach der Natur neu gezeichnet 
wurden, aufwandte, ist die vornehme Ausstattung des Buches zu ver- 
danken. Auch Herr Direktor Prof. Dr. Thom& hat in dankenswerter 
Weise durch mannigfache Ratschläge dem Werke seine Unterstützung 
zuteil werden lassen. 

In der Herstellung der prachtvollen Wandtafeln hat die Kunst- 
anstalt des Herrn C. Bollmann in Gera ihren Ruf bewährt, die 
schönen Texttafeln wurden von Herrn Walter Müller-Gera angefertigt. 


Cöln, im Januar 1910. 


Der Verfasser. 


INHALTSVERZEICHNIS. 


Re Re 1 a EA ee A here "Re 


Fam.: 


Fam.: 


Fan.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Blätterpilze. Agaricaceae. 


Fliegenpilz. Amanita muscaria. Tafel 1. Wandtafell..... 
Knollenblätterpilz.. Amanita bulbosa. Tafel 1. Wandtafell.... 
Speiteufel. Russula emetica. Tafel 1. Wandtafell...... 
Giftreizker. Lactarius torminosus. Tafel3 ......222.. 
Pantherpilz. Amanita pantherina. Tafell4 ..... 2.2 22.. 
Stinktäubling. Russula foetens. Tafel5 .... „un 2 u. 


Bauchpilze. Gasteromycetes. 


Kartoffelbovist. Sceleroderma vulgare. Tafel 1. Wandtafell.. 


Gichtmorchelpilze. Phallaceae. 

Giehtmorchel. Phallus impudieus. Tafel 7 .. ...... 
Löcherpilze. Polyporaceae. 

Satanspilz. Boletus Satanas. Wandtafell........ 
Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus. Tafel6. . .. 
Kernpilze. Pyrenomycetes. 

Mutterkorn. Claviceps purpurea. Tafel 1 u. 2. Wandtafell. 
Nadelhölzer. Pinaceae. 

Sadebaum. Juniperus Sabina. Tafel 8. Wandtafel 2 
Eibengewächse. Taxaceae. 

Eibe. Taxus baecata. Tafel 9 ..... AA EULSTEN 17 
Gräser. Gramineae. 

Taumelloleh. Lolium temulentum. Tafel 10 


Arongewächse. Araceae. 


Gefleekter Aronsstab. Arum maeulatum. Tafel 11. Wandtafel 3. . 


Schlangenkraut. Calla palustris. Tafel 2 ...... 
Liliengewächse. Liliaceae. 


Maiglöckehen. Convalarias majalis. Tafel 3 .. .-:..!... 
Herbstzeitlose. Colchicum autumnale. Tafel 14. Wandtafel 4 ... 


Kaiserkrone. Fritillaria imperialis. Tafel 15 


Schaehbrettblume. Fritillaria Meleagris. Tafel 6 ......- 
Vierblätterige Einbeere. Paris quadrifolia. Tafel 17....... 


Weißer Germer. Veratrum album. Tafel 18 

Schwarzer Germer. Veratrum nigrum. Tafel 19 ....... 
Amaryllisgewächse. Amaryllidaceae. 

Unechte Narzisse. Narcissus pseudonareissus. Tafel 20 


VII 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Inhaltsverzeichnis. 
Seite 
Nesselgewächse. Urticaceae. 
Hanf. Cannabis"satiyar "Tateleol nr. 43 


Nelkengewächse. Caryophyllaceae. 
Kornrade, Agrostemma Gitkago, TatelB2nı. .... 2... 46 
Gemeines Seifenkraut. Saponaria offieinalis. Tafel 23 


Hahnenfußgewächse. Ranunculaceae. 
Schwarze Nieswurz. Helleborus niger. Tafel 24. Wandtafel 5 .. 50 


Stinkende Nieswurz. Helleborus foetidus. Tafel 5. ....... 52 
Grüne Nieswurz. Helleborus viridis. Tafel 6 ....... 2 20.. 53 
Sumpfdotterblume. Caltha palustris. Tafel 7 ........2..2..: 54 
Trollblume.. Trollras 'europaeus. Tafel BITTEN 56 
Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris. Tafel 9 ........ Se 
Großblumiger Rittersporn. Delphinium grandiflorum. Tafel 30... 60 
Läusekorn-Rittersporn. Delphinium staphysagria. Tafel 31 ..... 62 
Echter Sturmhut. Aconitum Napellus. Tafel 52. Wandtafel 6 . . 64 
Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum. Tafel 3......... 67 
Wolfseisenhut. Aconitum Lycoetonum. Tafel 4. .......2.. 68 
Gemeines Windröschen. Anemone nemorosa. Tafel 5 ....... 69 
Kuhschelle. Anemone Pulsatilla. Tafel 6... . 2... 22.2... 71 
Steife Waldrebe. Clematis’ reeta. Tafel 37. . ...2... 2. Ges 73 
Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba. Tafel 8 ...... 2... 74 
Italienische Waldrebe. Clematis viticella. Tafel 39... .2.... 75 
Gifthahnenfuß. Ranuneulus sceleratus. Tafe] 40. Wandtafel 7 .. 76 
Scharfer Hahnenfuß. Ranunculus acer. Tafel 414 ...... 2... 78 
-Knolliger Hahnenfuß. Ranunculus bulbosus. Tafel 42 ....... 80 
Brennender Hahnenfuß. Ranunculus ffammula. Tafel 43 ...... 81 
Frühlings-Adonis. Adonis vernalis. Tafel 4... .. 2.2.2.2... 82 
Sommer-Adonis. Adonis aestivalis. Tafel 55. .......2..2.2... 83 
Christophskraut. Actaea spieata. Tafel 46... ..2...... 5 WERE 
Mohngewächse. Papaveraceae. 
Schlafmohn. Papaver somniferum. Tafel 47. Wandtafel8.... 8 
Schöllkraut. Chelidonium majus. Tafel 8. .......2. 2.2.2.0. 90 
Rosenblütige Gewächse. Rosaceae. 
Gemeiner Mandelbaum. Amygdalus communis. Tafel 49 ...... 92 
Kirsehlorbeer. Prunus laurocerasus. Tafel 50 .....: 22.2020. 94 
Tranbenkirsche. Prunus Padus.Tafel51 27 .. 2.2. 12 2 Zn. Ze 96 
Schmetterlingsblütler. Papilionaceae. 
Goldregen. Cytisus Laburnum. Tafel 52. Wandtafel9...... 98 
Bunte Kronwicke. Coronilla varia. Tafel 53. Wandtafel 10... . 101 
Blasenstrauch. Colutea arboreseens. Tafel 54 ..... 2.2... 103 
Glyzine.- 'Wästaria. sinensis.) (Tafellnb Er ns, 06. ee 105 
Wolfsmilehgewächse. Euphorbiaceae. 
Cypressen - Wolfsmilch. Euphorbia cyparissias. Tafel 56. Wand- 
tafel let... = 1 27. GT NOREREEg 107 
Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia helioscopia. Tafel 57... . 109 
Garten-Wolfsmilch. Euphorbia Peplus. Tafel 58.......... 110 
Gemeine Wolfsmileh. Euphorbia esula. Tafel 59. ......... 111 
Kreuzblätterige Wolfsmileh. Euphorbia Lathyris. Tafel 60..... 112 


Einjähriges Bingelkraut. Mereurialis annua. Tafel61 ....... 113 


Inhaltsverzeichnis. IX 


Fam.: Sumachgewächse. Anacardiaceae. 


Gift-Sumaeh. Rhus toxicodendron. Tafel 2... . 2.2.2222... 115 
Fam.: Baumwürgergewächse. Celastraceae. 

Europäisches Pfaffenhütehen. Evonymus europaeus. Tatel 63. ... 117 
Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae. 

Seidelbast. Daphne Mezereum. Tafel 64. Wandtafel 2 ..... 19 

Lorbeerblätteriger Kellerhals. Daphne Laureola. Tafel 65 ..... 121 

Wohlriechender Seidelbast. Daphne Cneorum. Tafel 6 ......1% 
Fam.: Doldengewächse.: Umbelliferae. 

Große Sterndolde Astrantia major. Tafel 67... . 2.2. 2 2 2. 123 

Giftiger Schierling. Cieuta virosa. Tafel 68. Wandtafel 13.... 18 

Breitblätteriger Merk. Sium latifolium. Tafel 69 ... 2.2.2... 127 

Bere. BerulasansnkikolarTateli70 I. Br sr re 129 

Wasserfenchel. Oenanthe aquatiea. Tafel 1 .. 2.2.22... ..180 

Röhrige Pferdesaat. Oenanthe fistulosa. Tafel 2 ......... 135 

Hundspetersilie. Aethusa cynapium. Tafel 73 ..... 2.222... 134 

Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum. Tafel 74 ..... rt 5 

Gefleckter Schierling. Conium maeulatum. Tafel 75 ..... TR 
Fam.: Efeugewächse. Araliaceae. 

Hiensstledersg Helıx ZTatel ve u 0 N. Den en 139 
Fam.: Osterluzeigewächse. Aristolochiaceae. 

Europäische Haselwurz. Asarum europaeum. Tafel 77 ........ 141 
Fam.: Mistelgewächse. Loranthaceae. 

Vista Nincazılalhurm: jslafeh7astee Rassı sad. >. eier 143 
Fam.: Heidekrautgewächse. Erieaceae. 

Poleiblätterige Gränke. Andromeda polifolia. Tafel 79....... 145 

Pumpiporst. Dedum palusire: Tafel 0... 2.2.2.2 et 

Rauhhaarige Alpenrose. Rhododendron hirsutum. Tafel 81..... 149 

Rostblätterige Alpenrose. Rhododendron ferrugineum. Tafel 82... 151 

Pontische Alpenrose. Rhododendron ponticum. Tafel 8 ...... 153 

Pontischer Felsenstrauch. Rhododendron flavum. Tafel 4 .... . 154 
Fam.: Primelgewächse. Primulaceae. 

Europäisches Alpenveilchen. Cyelamen europaeum. Tafel 85 ... . 155 
Fam.: Hundsgiftgewächse. Apocynaceae. 

Olkander: Nerimm Gleander: „Tafels86 : u 2) ur). een 157 
Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae. 

Serdenplanze. Aselepian ;Cormütz.. Tarel 87.2... u. 0.n. 159 

Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxicum offieinale. Tafel 8. .... 161 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 
Gemeiner Stechapfel. Datura Stramonium. Tafel 89. Wandtafel 14 163 


Virginischer Tabak. Nicotiana tabacum. Tafel |) . ........ 165 
Bauern-Tabak. Nieotiana rustica. Tafel 1 ....... 22... 167 
Schwarzes Bilsenkraut. Hyoseyamus niger. Tafel 92. Wandtafel 15 168 
Bittersüß. Solanum duleamara. Tafel 93. Wandtafel 16 ..... 170 
Schwarzer Nachtschatten. Solanum nigrum. Tafel 9 ....... 172 
Kartoftel- "Belsgam.tuberosum. Tafel 5 ....2002 000000 174 
Tollkirsche. Atropa belladonna. Tafel 96. Wandtafel 17 ..... 177 
Gemeiner Bocksdorn. Lyeium halimifolium. Tafel 7 ....... 180 


Judenkirschartige Giftbeere. Nieandra physaloides. Tafel 98 . . . . 182 


x 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fam.: 


Fan. : 


Inhaltsverzeichnis. 


Rachenblütler. Serophulariaceae. 
Roter Fingerhut. Digitalis purpurea. Tafel 99. Wandtafel 18 .. 183 


Gelber Fingerhut. : Digitalis lutea. Tafel 100. ..:.........% 186 
Blaßgelber Fingerhut. Digitalis ambigua. Tafel 101 ........ 137 
Wald-Läusekraut. Pediecularis silvatica. Tafel 12 ......... 188 
Sumpf-Läusekraut. Pedicularis palustris. Tafel 158 ........ 190 
Gottesgnadenkraut. Gratiola offieinalis. Tafel 114 ......... 191 
Geißblattgewächse. Caprifoliaceae. 

Zwerg-Hollunder. Sambucus Ebulus. Tafel 105 ....... a 
Sehneeball. Viburnum .Opulus.” "Tafel 1067 Ten. 195 


Kürbisgewächse. Cucurbitaceae. 
Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioiea. Tafel 107. Wandtafel 19 . 197 


Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba. Tafel 18 ........ 199 
Lobeliengewächse. Lobeliaceae. 

Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna. Tafel 109 .......... 200 
Korbblütler. Compositae. 

Gift-Lattich. Lactuca virosa. Tafel 110. Wandtafel 20 ..... 202 
Wilder Lattieh! TactueaScariala.’ Tatel 111 22%... Zoe 204 
Wasserdost. Eupatorium cannabinum. Tafel 112... ..:.... 205 


Abkürzungen und Zeichenerklärungen. 


(gr.) griechisch. 
+ bezeichnet die stark giftigen Pflanzen. 


Druckfehlerverzeichnis. 


Auf Tafel 58 muß es heißen: Euphorbia Peplus anstatt Euphorbia esula, 
Auf Tafel 59 muß es heißen: Euphorbia esula anstatt Euphorbia Peplus. 
Auf Tafel 70 lies Berle statt Berte. 


Einleitung. 


Nahrungsmittel in fast unendlicher Fülle, Stoffe mannigfacher 
Art für alle möglichen Bedürfnisse des Lebens entnehmen wir dem 
Pflanzenreiche. Deshalb pflegen Darstellungen, welche die Beziehungen 
zwischen Pflanzenwelt und Mensch zum Gegenstande haben, gewöhnlich 
und mit Recht den großen materiellen Nutzen der ersteren in den 
Vordergrund zu stellen, während der gesundheitsschädlichen Pflanzen- 
stoffe seltener gedacht wird. Es kommt nämlich im Stoffwechsel zahl- 
reicher Pflanzen auch zur Bildung von Substanzen, die, dem mensch- 
lichen oder tierischen Körper einverleibt, hier die Gesundheit schädigend 
oder das Leben vernichtend einwirken. 

Derartige Pflanzen bezeichnet man als Giftpflanzen, und gibt 
es solche sowohl unter den Kryptogamen als unter den Phanero- 
gamen. | 

Während in manchen großen Pflanzenfamilien (z. B. den Gräsern 
[Gramineen] und den Schmetterlingsblütlern [Papilionaceen]) nur ver- 
einzelt eine giftige Gattung oder Art vorkommt, treffen wir in anderen 
(z. B. den Hahnenfuß- [Ranunculaceen] und. Nachtschattengewächsen 
[Solanaceen], den Rachenblütlern [Serophulariaceen] und anderen) einen 
großen Reichtum an solchen an, und nicht mit Unrecht kann zuweilen 
eine Pflanze schon durch ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fa- 
milie als giftig angesehen werden. Oft ist auch bei zwei nahe ver- 
wandten Arten die eine giftig, die andere nicht, und es kann sogar 
bei ein und derselben Pflanzenart unter Umständen die Bildung des 
Giftes ganz unterbleiben. So soll z.B. der Gefleckte Schierling (Conium 
maculatum) im hohen Norden kein Coniin enthalten. Bei manchen 
Pflanzen finden sich weiterhin die giftigen Eigenschaften‘ nur zu einer 
bestimmten Jahreszeit, und soll unter anderen die Wurzel des Bilsen- 
krautes (Hyoscyamus niger) im Winter ganz ungiftig sein; die Eisen- 


Xu Einleitung. 


hut- (Aconitum-) Arten enthalten kurz vor der Blütezeit, die Zwiebel 
der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) im Herbste (September bis 
Oktober) das meiste Gift. 

Nicht in allen Fällen, in denen nach dem Genuß eines Pflanzen- 
teiles Unwohlsein oder selbst eine stärkere Schädigung der Gesundheit 
sich zeigt, liegt die Wirkung eines Giftes vor. Wenn z. B. jemand 
nach dem Genusse unreifer Früchte krank wird, oder wenn Kinder, die 
halbreife Beeren der Heckenkirsche in großer Menge verzehrt hatten, 
starben, so wird es niemandem einfallen, die betreffenden Pflanzen 
ohne weiteres als giftig zu bezeichnen. Auch die eigenartigen Er- 
krankungen, die bei manchen Menschen regelmäßig nach dem Genusse 
gewisser Früchte (z. B. der Erdbeere) oder anderer Pflanzenteile sich 
einstellen, dürfen nicht als Vergiftungserscheinungen angesehen werden. 
Ebensowenig berechtigt die hautreizende Wirkung, welche die Sekrete 
einiger drüsig behaarter Primelarten (Primula obconica, P. sinensis, 
P. Sieboldi, P. cortusoides) auf manche Personen ausüben, dazu, diese 
Pflanzen als Giftgewächse zu bezeichnen; denn jene Erkrankungen 
sind doch allzusehr auf eine individuelle Empfindlichkeit gegen jene 
Sekrete zurückzuführen und pflegen trotz der weiten Verbreitung der 
genannten hübschen Zierpflanzen doch verhältnismäßig selten auf- 
zutreten. 

Zur Charakterisierung einer Pflanze als Giftpflanze ist 
es von wesentlicher Bedeutung, daß sie einen Stoff enthält, 
der schon in verhältnismäßig kleiner Menge im menschlichen 
oder tierischen Körper eine gesundheitsschädliche Wirkung 
ausübt und zwar letzteres dadurch, daß er in chemische Be- 
ziehungen zu wesentlichen Bestandteilen der lebenden Sub- 
stanz tritt, durch seine chemisch-molekularen Wirkungen den 
molekularen Aufbau der lebenden Substanz tierischer Zellen 
vernichtet und Störungen des Stoffwechsels oder sonstiger 
Lebensvorgänge verursacht. 

Die wirksamen Bestandteile zahlreicher Giftpflanzen sind von der 
Chemie ermittelt und rein dargestellt worden; dadurch wurde es mög- 
lich, ihre physiologischen Wirkungen in wissenschaftlich einwandfreier 
Weise festzulegen. Es fand sich hierbei, daß die Giftwirkung einer 
Substanz nicht von ihrer Qualität allein abhängt, sondern 
auch von der Quantität der Menge des dem Körpers einverleibten 
Giftes. “Selbst bei den stärksten Giften ist nämlich bei entsprechen- 
der Verdünnung eine gesundheitsschädliche Wirkung ausgeschlossen. 
Manche Pflanzengifte, z. B. diejenigen der Tollkirsche (Atropim), des 


Einleitung. XII 


‘ Fingerhutes (Digitalin), des Schlafmohns (Morphium) u. a. werden in 
der Arzneikunde als unentbehrliche Heilmittel geschätzt. Ausgespro- 
chene Vergiftungserscheinungen pflegen erst dann einzutreten, wenn 
das Gift in hinreichender Menge zur Wirkung kommt. Diese, die 
dosis toxica, ist für alle Gifte, die auch medizinisch Verwendung 
finden, sowie für manche der anderen genau bestimmt, ebenso kennen 
wir die tödlich wirkende Menge der meisten Gifte, die dosis letalis. 
Nicht unerwähnt darf jedoch bleiben, daß manchmal eine indivi- 
duelle Veranlagung die Wirkung eines Giftes steigern oder ab- 
schwächen kann; ebenso können Alter. und Geschlecht, gute oder 
schlechte Körperbeschaffenheit, Ernährungszustand u. dgl. dieselbe be- 
einflussen. 

Versuchen wir die Pflanzen mit Rücksicht auf die in ihnen 
vorkommenden Gifte zu ordnen, so kann dieses erfolgen, entweder 
nach der Natur der Gifte oder nach ihren physiologischen Wirkungen 
auf bestimmte Organe (Nerven-, Herz-, Blut-, Protoplasmagifte u. dgl.) 
oder auch nach den äußerlich am meisten wahrnehmbaren Erschei- 
nungen (scharfe, narkotische und scharf-narkotische Gifte). Die letzt- 
genannte Einteilung wird, weil für die ärztliche Behandlung einer 
Vergiftung praktisch, seit langem in der Heilkunde mit Vorliebe 
befolgt. 

Als scharfe, ätzende Pflanzengifte bezeichnet man solche, die 
mit den inneren Organen des menschlichen Körpers (der Speiseröhre, 
dem Magen und dem Darnkanal) in Berührung gebracht, einen starken 
örtlichen Reiz und eine Entzündung hervorbringen. Hierhin gehören 
die Gifte der Anemonen (Anemone Pulsatilla), der Hahnenfuß-(Ranun- 
culus-) und Wolfsmilch- (Euphorbia-) Arten, der Seidelbaste (Daphne), 
des Gottesgnadenkrautes (Gratiola officinalis), der Zaunrübe (Bryonia), 
der Seidenpflanze (Asclepias), des Alpenveilchens (Cyclamen), des Sade- 
baumes (Juniperus Sabina) u. a. 

Die narkotischen oder betäubenden Gifte wirken entweder 
allein oder doch vorwiegend auf das Gehirn (Gehirnnarkotika) oder 
vorwiegend auf das Rückenmark (Rückenmarknarkotika). Zu ersteren 
gehören die Gifte der Kornrade (Agrostemma Githago), des Schlaf- 
mohns (Papaver somniferum), der Toollkirsche (Atropa belladonna), des 
Bilsenkrautes (Hyoscyamus niger), des Hanfes (Cannabis sativa), der 
Goldregen- (Cytisus-) Arten, des Gift-Lattichs (Lactuca virosa); zu letz- 
teren zählt man unter anderen die Gifte des Mutterkorns (Ulaviceps 
purpurea), des Taumellolchs (Lolium temulentum), der Germer- (Vera- 
trum-) Arten. 


XIV Einleitung. 


Die scharf-narkotischen Gifte vereinigen mehr oder weniger 
die giftigen Eigenschaften der beiden vorgenannten Gruppen. Hierhin 
gehören die Gifte der Eibe (Taxus), der Eisenhut- (Aconitum-) Arten, 
der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), des Stechapfels (Datura 
stramonium), des Tabaks (Nicotiana tabacum u. a.), der Fingerhut- 
(Digitalis-) Arten, des giftigen Schierlings (Cicuta. virosa), der Hunds- 
petersilie (Aethusa cynapium), des Oleanders (Nerium), der Nacht- 
schatten- (Solanum-) Arten, der Wasserlobelie (Lobelia Dortmanna) u.a. 


Nicht aus dem Auge zu lassen ist jedoch bei dieser Einteilung, daß 
sie die Gifte nur betrachtet nach der äußerlich sich ähnlich zeigenden 
Wirkung auf den menschlichen Körper, während zweifelsohne jedes 
Gift, seiner chemischen Konstitution gemäß, seine eigene, wenn auch 
für uns noch nicht klar erkennbare spezifische Wirkung ausübt. 


Manche Gifte, besonders die flüchtigen, können durch Erhitzen, 
Kochen, Trocknen u. dgl. aus den betreffenden Pflanzenteilen entfernt 
werden. Diese verlieren dadurch ihre Giftigkeit, und manche stärke- 
haltige (z. B. die Knollen des Aronsstabs, der Kartoffel u. a.) können 
dann als Nahrungsmittel dienen. 


Betrachten wir die in den Pflanzen enthaltenen Gifte vom 
rein chemischen Standpunkte, so finden wir manche, deren 
chemische Konstitution noch nicht über: jeden Zweifel sichergestellt 
ist. Hierhin gehören z. B. die Bestandteile des Sadebaumöls, die 
phenolartige Giftsubstanz der Sumach- (Rhus-) Arten: das Toxicodendrol. 
Auch die scharfen Stoffe mancher Milchsäfte, z. B. der Wolfsmilch- 
(Euphorbia-) Arten, der Lattich- (Lactuca-) Arten u.a. sind hinsichtlich 
ihrer giftig wirkenden Bestandteile gleichfalls noch wenig durchforscht; 
noch weniger wissen wir über die unter dem Gesamtnamen „Toxalbu- 
mine“ zusammengefaßten sehr gefährlichen Gifte. 


Die meisten der in unseren einheimischen Pflanzen vor- 
kommenden Gifte gehören chemisch zu den beiden umfang- 
reichen Gruppen der Alkaloide und G@lykoside. Da diese beiden 
Bezeichnungen bei den Giften der einzelnen Gewächse häufig wieder- 
kehren, so dürfte eine allgemeine Charakteristik dieser beiden Gruppen 
hier am Platze sein. 


Alkaloide nennt man Erzeugnisse des Lebensprozesses gewisser 
Pflanzen mit ausgesprochen basischen Eigenschaften. Sie enthalten 
alle Stickstoff bei sonstiger großer Verschiedenheit im molekularen 
Aufbau. Man unterscheidet sauerstofffreie und sauerstoffhaltige 
Stickstoffbasen. 


Einleitung. XV 


Die Alkaloide kommen gewöhnlich in der Pflanze nicht im freien 
Zustande, sondern gebunden an. weit verbreitete organische Säuren 
(Apfel-, Oxal-, Gerbsäure u. a.), zuweilen auch an spezielle Säuren 
(Aconitin an Aconitsäure, Veratrin an Veratrumsäure u. a.) vor. 

Fast alle Alkaloide sind, rein dargestellt, farblos und entweder 
(die sauerstoffhaltigen) feste, kristallisierende oder amorphe Stoffe oder 
(die sauerstofffreien) leicht und unzersetzt flüchtige Flüssigkeiten. Sie 
besitzen einen brennenden, bitteren Geschmack. Die spezifisch physio- 
logischen, in den meisten Fällen sehr charakteristischen Wirkungen 
der giftigen Alkaloide lassen sich zurzeit chemisch noch nicht erklären. 

Über die Entstehung der Alkaloide in den Pflanzen und 
die Bedeutung in deren Lebensprozesse wissen wir zurzeit nichts 
Bestimmtes; dieselben sind, entsprechend der Verschiedenheit ihres 
Aufbaues, auch wohl nicht bei allen Pflanzen die gleichen. Die früher 
häufig geäußerte Ansicht, die Alkaloide spielten eine Rolle als Reserve- 
stoffe, ist wohl nicht mehr aufrecht zu halten. Allgemeine Erzeug- 
nisse des Stoffwechsels der Pflanze sind die Alkaloide nicht; denn sie 
bilden sich nur in bestimmten Pflanzen, sind also nur charakteristisch 
für den Stoffwechsel der betreffenden. Zweifelsohne steht ihre Bildung 
in irgend einer Beziehung zum Eiweißstoffwechsel; vielleicht sind es 
Umwandlungsprodukte, die durch den Zerfall zusammengesetzter stick- 
stoffhaltiger Elemente, etwa der Eiweißsubstanzen, entstehen. Ob 
äußere Einflüsse und welche im einzelnen Falle die Bildung des be- 
treffenden Alkaloides in der Pflanze veranlassen, ist gleichfalls noch 
unerforscht; doch ist erwiesen, daß Klima und Standort der Pflanze 
in vielen Fällen den Alkaloidgehalt der Pflanze beeinflussen. Tatsache 
ist, daß die wildwachsenden Individuen im allgemeinen alkaloid- 
reicher, bei den Giftpflanzen also giftiger sind als die kultivierten. 
Dies ist z. B. erwiesen für die Tollkirsche (Atropa), den Stechapfel 
(Datura), den Gefleckten Schierling (Conium), den Eisenhut (Aco- 
nıtum), den Rittersporn (Delphinium); bei den Cytisusarten sollen 
jedoch die kultivierten Exemplare alkaloidreicher sein als die wild- 
wachsenden. 

Die Ansammlung der Alkaloide kann in allen Teilen der Pflanze 
erfolgen; in vielen Fällen ist kein Organ der betreffenden Pflanze 
alkaloidfrei, z. B. bei der Tollkirsche (Atropa), andererseits gibt es 
Pflanzen, bei denen der Alkaloidgehalt auf bestimmte Organe beschränkt 
und oft nur in ganz bestimmten Teilen der letzteren nachweisbar ist. 
So sind z.B. die Alkaloide der Frucht von Conium maculatum nur 
in der Fruchtschale, diejenigen der Frucht von Colchicum nur in der 


XVI Einleitung. 


Samenschale, die der Aconitumarten nur im Nährgewebe der Samen 
vorhanden; die Papaver- und Nicotianaarten beherbergen die Alkaloide 
nur in Stengeln und Blättern, während ihre Samen ganz alkaloidfrei 
sind. Reichlich treten sie im allgemeinen in den jungen Organen, 
z. B. in den Vegetationspunkten, also dort, wo die Lebenstätigkeit am 
kräftigsten ist, auf. Den Ort ihrer ersten Bildung haben wir zweifellos 
in den Blättern zu suchen, die vielleicht als ihre Hauptbildungsstätten 
anzusehen sind, aus denen sie sich dann in regelmäßigem Strome in 
die übrigen Teile der Pflanze verteilen und an einzelnen Orten an- 
häufen. Letzteres besonders im Parenchym, in besonderen Behältern 
(z. B. den Milchröhren), ferner im Mark in der Peripherie des Stengels 
und in der Rinde. 

Verbreitet finden sich die Pflanzenbasen in fast allen Gruppen 
des Pflanzenreiches, besonders bei den höheren Pflanzen. Durch 
Reichtum an giftigen Alkaloiden zeichnen sich aus: die 
Liliaceen (Colehicum, Veratrum, Fritillaria), Ranunculaceen (Del- 
phinium, Aconitum), Papaveraceen (Papaver, Chelıdonium), Papi- 
lionaceen (Üytisus, Colutes), Umbelliferen (Conium, Aethusa, Ci- 
cuta), Solanaceen (Nicotiana, Atropa, Datura, Hyoscyamus, Lycium, 
Solanum), Cucurbitaceen (Bryonia). Sie finden sich aber auch bei 
den Pilzen, z. B. im Mutterkorn, im Fliegenpilz u. a. 

Selten findet man dieselbe Base in mehreren Familien verbreitet, 
meist ist ihr Vorkommen auf eine Pflanzenart oder doch auf eine 
bestimmte Familie beschränkt und oft charakteristisch für dieselbe; 
so kommt das Colchicin nur in Colchicumarten, das glykosidartige 
Alkaloid Solanin in den Solanumarten, das Nikotin in Nicotiana 
vor. Arten oder Gattungen, die sich durch Alkaloidreichtunı aus- 
zeichnen, enthalten oft nicht eine einzige, sondern mehrere, sich 
chemisch nahestehende Basen, die einen gemeinsamen Ursprung haben 
oder leicht ineinander übergehen, z. B. die Opiumbasen: Morphin, 
CGodein, Thebain, Papaverin, Narkotin, die alle im Milchsafte 
von Papaver somniferum enthalten sind; das Atropin, Hyoscyamin, 
Atropamin, Belladonnin, die zusammen oder einzeln in Atropa, 
Hyoscyamus und Datura vorkommen. 

Ob einzelnen Alkaloiden nach ihrer Bildung noch eine weitere 
Bedeutung für den pflanzlichen Stoffwechsel beizulegen ist, bedarf 
noch näherer Untersuchung. Für manche ‚giftige Alkaloide ist eine 
solche als Schutzmittel gegen Tierfraß allgemein angenommen, und 
scheint ihre Ablagerung in den äußeren Gewebslagen, in der Rinde, 
den Haaren und den Milchsaftgefäßen auch für die Richtigkeit dieser 


Einleitung. Xxvi 


Annahme zu sprechen. Manche Tiere sind aber augenscheinlich gegen 
bestimmte giftige Alkaloide völlig immun, z. B. die Tollkirschen ver- 
zehrenden Vögel. 

Die Alkaloide der Giftpflanzen zählen zu den stärksten 
Giften, die, in kleiner Menge genossen, schon die Gesundheit schä- 
digen oder den Tod herbeiführen können. Mehrere, z. B. Atropin, 
werden in der Heilkunde angewandt. Die Vergiftungserscheinungen 
sind häufig so charakteristisch, daß aus ihnen schon auf das in Frage 
kommende Gift geschlossen werden kann. Im allgemeinen ge- 
hören die Alkaloide zu den narkotisch wirkenden Stoffen, die 
kurz nach der Aufnahme in den menschlichen Körper Schwindel, 
Ohrensausen, zuweilen Kopfschmerz verursachen. Nach einer oft kaum 
bemerkbaren, oft starken Aufregung, die sich bis zum Delirium stei- 
gern kann, und die oftmals mit Krämpfen verbunden ist, tritt eine 
allgemeine Erschlaffung und das Gefühl völliger Betäubung ein. Der ° 
Vergiftete fällt allmählich in Schlaf. Die Haut ist unempfindlich und 
kalt, das Gesicht bleich, die Pupillen sind erweitert oder verengt, der 
Atem ist langsam und mühsam. Unter allgemeinen Lähmungserschei- 
nungen tritt nach 2 bis 12 Stunden der Tod ein. Auf Genesung ist 
zu hoffen, wenn es gelingt, bald reichliches Erbrechen zu erzeugen, 
was übrigens meist nur durch Anwendung starker Mittel möglich ist, 
und durch kalte Umschläge auf Kopf und Gesicht der zunehmenden 
Betäubung Einhalt zu tun, oder endlich, wenn bei reichlichem Schweiß- 
ausbruch der Kranke in einen natürlichen, ruhigen Schlaf fällt. 

Die Glykoside sind meist kristallisierende in den verschiedenen 
Pflanzenteilen und zwar besonders in der Rinde, den Wurzelstöcken 
und Früchten, aber auch in krautartigen Teilen, gelöst im Zellsaft, 
vorkommende Stoffe, die unter der Einwirkung von Säuren 
oder Enzymen in einen Zucker (Traubenzucker, Galaktose oder 
Rhamnose) und andere Stoffe (Aldehyde, Alkohole, Säuren) zer- 
fallen. Die Glykoside sind in Wasser meist leicht löslich und besitzen 
einen bitteren Geschmack. Ihr molekularer Aufbau ist größtenteils 
noch unbekannt und die Zusammenfassung der hierhin gezählten Stoffe 
mehr durch ihr gemeinsames physiologisches, als durch ihr chemisches 
Verhalten berechtigt. 

Die physiologische Bedeutung der Glykoside für die Pflanze 
ist vielleicht darin zu suchen, daß der Zucker einen, allerdings erst 
unter bestimmten Bedingungen, nämlich bei Einwirkung eines spezi- 
fischen Enzyms, freiwerdenden Reservestoff darstellt. — Inwieweit den 
Glykosiden oder den durch Spaltung daraus hervorgehenden Stoffen 


Esser, Giftpflanzen. TI 


XVII Einleitung. 


eine biologische Bedeutung für die betreffende Pflanze, etwa als 
Schutzstoffe gegen Angriffe seitens der Tiere, zuzusprechen ist, bedarf 
noch eingehender Nachforschung. 

Giftige Glykoside kommen in den verschiedensten Pflanzenfamilien 
vor; nicht selten treten sie im Inhalte von Milchröhren auf; besonders 
reich sind an ihnen: die Ranunculaceen (Adonis, Helleborus), Papilio- 
naceen (Coronilla, Wistaria), Ericaceen (Andromeda, Rhododendron, 
Azalea), Asclepiadaceen (Asclepias, Vincetoxicum), Scrophularia- 
ceen (Gratiola, Digitalis, Pedicularis, Rhinanthus). Auch bei den 
glykosidhaltigen Pflanzen sind die wildwachsenden giftiger als die 
kultivierten, z. B. die Fingerhut- (Digitalis-) Arten. 

Ihrer chemischen Natur nach zu den Glykosiden sind auch die 
Saponine zu rechnen, Stoffe, die in dem Pflanzenreiche und zwar 
gelöst im Zellsafte gleichfalls sehr viel, durch 46 Familien, in über 
200 Arten verbreitet und meist giftig sind. Über ihre physiologische 
Bedeutung in der Pflanze ist man noch ganz im Unklaren. Wahr- 
scheinlich werden sie in den Blättern gebildet und von dort zu den 
anderen Organen (Stengeln, Wurzeln) geleitet, wo sie vielleicht ein 
Schutzmittel gegen Angriffe seitens der Tiere bilden. Die Saponine 
bilden amorphe, weiße Substanzen, von brennendem, bitterem Ge- 
schmack, die in Pulverform stark zum Nießen reizen. Sie sind un- 
löslich oder kaum löslich in Alkohol und Äther; in Wasser wenig 
lösbar. Die Lösung ist schon bei geringem Saponingehalt stark schäu- 
mend, daher die Bezeichnung und die Verwendung an Stelle von Seife 
zum Waschen. 

Als Glykoside zerfallen die Saponine bei Behandlung mit Säuren 
in Zucker und spezifische „Sapogenine“, deren chemische Zusammen- 
setzung bisher in keinem Falle festgestellt worden ist. 

Besonders reich an giftigen Saponinen sind von den ein- 
heimischen Pflanzen diejenigen aus der Familie der Araceen (Arum, 
Calla), Caryophyllaceen (Saponaria, Agrostemma), Primulaceen 
(Cyelamen). 

Die Giftwirkung der Saponine, die teilweise schon bei 
kleiner Menge derselben sich äußert, tritt am intensivsten 
auf bei direktem Eintritt in das Blut; sie besitzen neben einer 
protoplasmaabtötenden Wirkung die Fähigkeit, die Blutkörperchen auf- 
zulösen. Dieser Vorgang äußert sich am intensivsten an Blut, welches 
vom Serum befreit worden; das letztere scheint demnach einen Schutz- 
körper gegen die Wirkung der Saponinsubstanzen zu besitzen, und ver- 
mutet man jenen im Cholesterin des Serums, welches die Saponine 


Einleitung. XIX 


chemisch zu verbinden vermag. Auf Fische wirken Saponine noch in 
sehr großer Verdünnung giftig; saponinhaltige Pflanzenteile finden 
daher vielfach zur Betäubung der Fische beim Fischfangen Verwendung. 

Glykosidischen Ursprunges ist auch die Blausäure (der 
Cyanwasserstoff CHN), welche im Pflanzenreiche, wenn auch oft nur 
vorübergehend und in geringer Menge, weit verbreitet vorkommt. 
Blausäure liefernde Glykoside (Nitrilglykoside) sind Stoffe, die 
unter Einwirkung äußerer Agenzien (z. B. durch bestimmte Fer- 
mente) eine Zersetzung erleiden, die stets Zucker und Cyan- 
wasserstoff (Blausäure) liefert. In den meisten Fällen hat man 
in den Teilen der betreffenden Pflanze neben den Glykosiden auch 
die diese spaltenden Stoffe, in Form von Enzymen gefunden. 

Die hier in Frage kommenden Glykoside entstehen in den grünen 
Blättern der blausäurehaltigen Pflanze und finden sich meist in den 
jungen Teilen der Triebe, z.B. in den Blattknospen; sie spielen in den 
Stoffwechselvorgängen der Zellen dieser Pflanzenteile vielleicht eine 
bedeutungsvolle, zurzeit jedoch noch unbekannte Rolle; abgelagert 
treffen wir sie als stickstoffhaltige Reservestoffe weiterhin in manchen 
Samen, und zwar reichlicher in denen mehrerer Gattungen aus der 
Familie der Rosaceen. 

Das am längsten bekannte, blausäureabspaltende Glykosid ist das 
in den Samen, der Rinde und den Blättern vieler Pomaceen und 
Prunaceen, z. B. reichlich in den Samen der bitteren Mandeln 
(Amygdalus communis), in geringerer Menge in denjenigen der Pfir- 
siche, Aprikosen und Pflaumen und in der Rinde des Faulbaumes 
(Prunus padus) vorkommende Amygdalin (C,H,;,NO,,), das rein dar- 
gestellt farblose, gut kristallisierende Prismen bildet; es zersetzt sich 
erst bei 200°C. In den Blättern und Stengeln des Kirschlorbeeres 
(Prunus laurocerasus) kommt das Glykosid: Prulaurasin (C,,H,-NO,) 
vor. Die das Amygdalin spaltenden Enzyme, deren chemische Natur 
zurzeit noch ebenso unbekannt ist wie diejenige der meisten anderen 
Fermente, faßt man als Emulsin zusammen. So viel steht fest, 
daß auf bestimmte Glykoside nur bestimmte Enzyme, z. B. auf das 
Amygdalin nur das Emulsin zerspaltend einwirken können. Das letz- 
tere scheint vorwiegend im Strangsystem der Pflanzenteile abgelagert 
zu sein, während das Amygdalin in den Parenchymgeweben ver- 
breitet ist. 

Weder das Amygdalin noch das Emulsin sind für sich allein 
giftig. Auch das Bittermandelöl, der Träger des eigentümlichen 
“ Geruchs der Blausäure, ist an sich nicht giftig; aber es bindet Blau- 


AR; Einleitung. 


säure und wird dadurch giftig. Reichlich finden sich Amygdalin und 
Emulsin gemeinschaftlich, aber getrennt voneinander in den Keim- 
blättern der Früchte des Mandelbaumes, den sogenannten „bitteren 
Mandeln“. Die Einwirkung des Fermentes Emulsin auf das Glykosid 
und die Bildung von Blausäure kann also erst erfolgen, wenn die 
Zellen der Keimblätter zerstört, z. B. die bitteren Mandeln zerrieben 
oder gekaut werden. Die Wirksamkeit des Emulsins wird durch Er- 
hitzen über 100°C, sowie durch Pepsin und durch eine 0,135 prozentige 
Salzsäurelösung aufgehoben. Beim Verzehren von bitteren Mandeln 
gelangt also nur diejenige Menge Blausäure in den Körper, die beim 
Zerkauen der Samen im Munde entstanden ist, da im Magen die 
weitere Abspaltung jenes Giftes durch den pepsin- und salzsäurehaltigen 
Magensaft unterbunden wird. 

Die wasserfreie Blausäure ist eine Flüssigkeit, die bei 
— 15°C erstarrt und bei + 26,5°C siedet; bei gewöhnlicher Tienttpekiifik: 
verdunstet sie also schon stark. Der ihr eigentümliche Geruch rührt 
von Bittermandelöl her. — In verdünnter Lösung, z. B. im „Bitter- 
mandelwasser“* und im „Kirschlorbeerwasser* (enthält bis zu 0,1 Proz. 
Blausäure) wird die Blausäure medizinisch angewandt. Im „Kirsch“- 
und im „Zwetschenwasser“ sind gleichfalls geringe, aus den Obstkernen 
stammende Mengen Blausäure enthalten. 

Die Blausäure gehört zu den auf den tierischen Organis- 
mus am stärksten giftig wirkenden Stoffen. Sie äußert ihre 
Wirkung stets, gleichviel auf welchem Wege sie in den Körper gelangt. 
In konzentrierter Form, als flüssige Blausäure eingenommen, treten die 
ersten Vergiftungserscheinungen schon nach wenigen Sekunden oder 
ein bis zwei Minuten ein. Auf welche Organe und auf welche Weise 
die Blausäure auf diese einwirkt, ist noch nicht mit Sicherheit fest- 
gestellt; nach einigen sollen Gehirn und Rückenmark, nach anderen 
das Herz und Gefäßsystem gelähmt werden. Je nach dem Grade der 
Vergiftung äußert sich die Wirkung verschieden. Bei starker Ver- 
giftung durch Blausäure stürzt der Vergiftete, oft einen Schrei aus- 
stoßend, zusammen und stirbt gefühl- und bewußtlos, ohne Krämpfe, 
nach einigen Minuten; bei schwacher Vergiftung ist die Haut kalt und 
gefühllos, die Atmung langsam, krampfhaft, der Atem selbst riecht 
nach bitteren Mandeln; der Puls wird langsam, und unter Krämpfen 
erfolgt nach einer Viertel- bis halben Stunde der Tod. Rettung ist 
nur bei leichten Vergiftungsfällen durch sofortige Hilfe, und zwar in 
erster Linie durch Entfernung der blausäurehaltigen  rkei aus 
dem Magen möglich. 


. Einleitung. XXI 


Unter gewissen, noch nicht näher bekannten Bedingungen soll 
auch in anderen, bisher nicht für giftig gehaltenen Samen einzelner 
Pflanzen aus der Familie der Rosaceen Blausäure entstehen. So wurde 
solche z. B. in den Samen des Weißdorns (Ürataegus oxyacantha) 
nach einer vorgekommenen Vergiftung durch den Genuß von Beeren 
dieses Strauches nachgewiesen. 

Für nicht ganz ungiftig wird das in manchen Pflanzen frei vor- 
kommende, chemisch zur Gruppe der Lecithine gehörende Cholin ge- 
halten. Wenn auch die direkte Giftigkeit desselben vielfach noch an- 
sezweifelt wird, so kann es doch durch Bildung des giftigen Neurins 
zum Ausgangspunkt von Vergiftungen werden. Frei kommt es vor unter 
anderem im Pantherpilz (Amanita pantherina), im Fliegenpilz 
(Amanita muscaria), im Mutterkorn (Claviceps purpurea) und in 
manchen Samen höherer Pflanzen. In naher Beziehung zum Cholin 
steht das in den genannten Pilzen vorkommende Musecarin; als Zer- 
setzungsprodukt des Cholins und des Muscarins tritt in den genannten 
Pflanzen das „Trimethylamin“ auf; mit Cholin identisch soll das 
Amanitin des Fliegenpilzes sein. Über den Ort und die Art der Bil- 
dung: der genannten Stoffe in der Pflanze sind wir zurzeit noch sehr 
ungenügend unterrichtet. 

Vergiftungen durch Pflanzen können sehr verschiedene 
Ursachen zugrunde liegen, und die Veranlassungen dazu recht 
mannigfaltige sein. Meist erfolgen sie durch Genuß giftiger 
Pflanzenteile, vornehmlich aus Unkenntnis derselben veranlaßt; in 
anderen Fällen kann unvorsichtige, oft leichtsinnige An- 
wendung giftiger Pflanzenteile in größeren Mengen, etwa als 
Arzneistoffe in sogenannten Volks- oder Hausmitteln, Veranlassung 
zu schweren Erkrankungen werden! — Selbstvergiftungen, 
.d. h. Selbstmorde durch Pflanzengifte, stehen schon im Altertume 
nicht vereinzelt da. — Benutzung der Giftpflanzen zum Morde 
finden wir schon in den ältesten Zeiten bei allen Völkern verbreitet, 
und seit der Tätigkeit der berühmten Giftmischerin Medea hat es 
bis in die neueste Zeit nicht an Beispielen von Giftmischerei, besonders 
durch Frauen ausgeführt, gefehlt. 

Die rationelle Behandlung der Vergiftung, d. h. die Besei- 
tigung der Krankheitserscheinungen nach den Regeln der 
Wissenschaft, ist Aufgabe des Arztes. Lediglich dieser kann 
nach Beobachtung der Vergiftungserscheinungen, nach Feststellung des 
Grades der Vergiftung und nach genauer Untersuchung des Kranken, 
beurteilen, welche weitere Behandlung Platz zu greifen hat, und welche 


XXI Einleitung. 


arzneilichen Gegenmittel in Anwendung gebracht werden dürfen. Der 
Laie möge sich bis zur Ankunft des Arztes darauf be- 
schränken, unter Anwendung aller zu Gebote stehenden 
Mittel, das Gift aus dem Körper zu entfernen, oder bei Ver- 
wundungen die Weiterverbreitung des Giftes durch Unter- 
bindung der Blutbahn zu verhindern, und bei narkotischen 
Giften die zu befürchtende Betäubung nicht aufkommen zu 
lassen. Das letztere läßt sich erreichen, wenn der Kranke, von zwei 
Personen gestützt, in frischer Luft unaufhaltsam hin und her geführt 
wird, wobei durch beständiges Sprechen und Fragen seine Aufmerk- 
samkeit rege zu halten ist. Kalte Wassergüsse oder Eisumschläge 
auf den Kopf sind weiterhin als lindernde und ableitende Mittel an- 
gebracht. 

Zur Entfernung des Giftes aus dem Magen nehmen die brechen- 
erregenden Mittel seit alter Zeit eine hervorragende Stelle ein. 

Manche Gifte reizen schon von Natur zum Erbrechen, in welchem 
Falle das letztere nach Möglichkeit zu begünstigen ist. Durch Kitzeln 
des Schlundes und Gaumens mit dem Finger oder einer Feder, durch 
Gaben von das Brechen erleichternden Flüssigkeiten (lauwarmes Wasser, 
schwacher Kaffee, Kamillenaufguß oder anderer Mittel, die gerade zur 
Hand oder schnell zu beschaffen sind) ist dafür zu sorgen, daß der 
Magen rasch von dem Gifte geleert wird; hierbei ist sehr wichtig, die 
Anwendung der Brechmittel solange fortzusetzen, bis man annehmen 
darf, daß kein Rest des Giftes mehr im Magen zurückgeblieben ist. 

Bei Vergiftungen durch die sogenannten scharfen Gifte stellt sich 
in den meisten Fällen das Erbrechen von selbst ein oder es ist mit 
den oben genannten Mitteln leicht hervorzurufen. 

Narkotische Gifte bewirken bald eine Lähmung des Magens, und 
kann dann das Erbrechen meist nur durch die stärksten Mittel erregt 
werden. Die Wirkung des letzteren kann dadurch begünstigt werden, 
daß man den Kranken, wie vorhin angegeben, in beständiger Bewegung 
hält. Der Arzt wird in solchen Fällen ohne Verzug zum Auspumpen 
des Magens schreiten. 


Fliegenpilz. 1 


Flieeenpilz Amanita muscaria (Pers.).t 
Tafel l, Fig. 1. Wandtafel 1, Fig. 3. 


Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Amanita von amanitai (gr.), womit die Griechen alle Erdschwämme be- 
zeichneten. Agaricus muscarius L. 

Agaricus von agarikön (gr.), dem Zunderschwamm, nach Dioskorides von 
einer Landschaft Sarmatiens „Agaria“ genannt; muscarius von musca, Fliege. 
Fliegenpilz, weil er, in Milch gekocht, zur Vertilgung der Fliegen benutzt wird. 

Beschreibung. Hut und Stiel sind im Jugendzustande in einer 
gemeinsamen Hülle eingebettet, welche später, wenn der Stiel sich 
streckt, zerreißt; ihr unterer Teil bleibt am knolligen Grunde des 
Stieles als Scheide sitzen, ihr oberer Teil bleibt dem Hute zunächst 
fest angeheftet, zerreißt aber bei der Ausdehnung des letzteren in 
Stücke, die als weiße Fetzen an demselben sitzen. Der Rand des Hutes 
ist mit dem Stiel durch einen Schleier verbunden, der später zerreißt 
und als häutiger Ring (Manschette) um den Stiel angeheftet bleibt. — 
Der Stiel ist oberhalb des Ringes fein längsgestreift (es sind die 
Stellen, an denen im Jugendzustande des Hutes die Blätter desselben 
mit ihrer unteren Schneide auflagen), unterhalb des Ringes glatt, meist 
weiß gefärbt, innen weiß, zuerst markig, später hohl. — Der Hut 
ist zuerst halbkugelig, scharlachrot, er breitet sich allmählich flach 
aus, und im Alter erhebt sich der Rand etwas, so daß der Hut 
innen schwach vertieft ist. Seine Färbung geht dann ins Gelbrote 
und zuletzt ins Ledergelbe über. Die Oberfläche ist glänzend; ın 
der Jugend ist er von den weißen Fetzen der Überreste der Hülle 
wie mit weißen Warzen bekleidet, die jedoch später vom Regen fort- 
gespült werden. — Die Blätter (Lamellen) sind weiß, radial am 
Stiele angeordnet, mit messerschneideförmigem, unterem Rande. — 
Fleisch weiß, an der Luft unveränderlich, hat einen faden Geschmack 
und Duft. 

Der Pilz ändert ab in der Größe aller Teile (Amanita puella 
Fers.) und kommt auch mit gelblichem Stiele vor (Amanita formosa 
Rabenh.). Verwechselungen dieses Giftpilzes mit ähnlichen kommen 
in Deutschland im allgemeinen nicht vor, da er durch seine Färbung 
‘zu leicht kenntlich ist. In Südeuropa dagegen findet sich der ihm 
ähnliche, als Speisepilz geschätzte Kaiserschwamm (A. caesaria), der 

Esser, Giftpflanzen. 1 


2 Fliegenpilz. 


nördlich vereinzelt auch in Böhmen, in der Lausitz und in Baden vor- 
kommt. Blätter, Stiel und Fleisch des letzteren sind aber gelb. 

Biologisches. Der Fliegenpilz nimmt teil an der Pilzwurzel- 
bildung (Mykorhiza) der Waldbäume (siehe Juniperus Sabina). 

Standort und Verbreitung. In lichten Nadel- und Laubholz- 
wäldern, am Rande von Waldwiesen von August bis Oktober in Deutsch- 
land allgemein verbreitet. 

Gift und dessen Wirkung. Der Fliegenpilz ist der augenfälligste 
Pilz unserer Wälder, der nur im Jugendzustande mit eßbaren Pilzen 
verwechselt werden und zu Vergiftungen Veranlassung geben kann. Er- 
brechen, Leibschmerzen, Schwindel, Ohnmacht, schwacher Puls sind die 
Erscheinungen, welche sich nach dem Genuß von Fliegenpilzen ein- 
stellen, meist führt die Vergiftung jedoch nicht zum Tode. — Eine 
Abkochung der Pilze in Milch wird zur Tötung der Fliegen benutzt. — 
Der Träger des Giftes ist das Alkaloid: Muscarin (C,H,,NO,), rein 
dargestellt geruch- und geschmacklose, farblose, an der Luft leicht 
zerfließliche Kristalle. — Das Muscarin steht in naher Beziehung zu 
dem „Cholin*, aus dem es durch Oxydation entstehen kann. Mit 
Cholin ist das nicht giftige „Amanitin“ des Fliegenpilzes identisch, 
welch letzteres aber leicht in das giftige sog. „Pseudomuscarin“ 
übergehen kann. — Beim Erhitzen des Muscarins bildet sich Trimethyl- 
amin. — Das Muscarin ist ein sehr intensiv wirkendes Gift, welches 
die Herztätigkeit lähmt, die Pupille verengt und hierin sowie in seiner 
sonstigen Einwirkung auf den tierischen Körper eine dem Atropin 
(siehe Atropa belladonna) entgegengesetzte Wirkung ausübt, so daß 
eine Vergiftung durch Muscarin durch eine Atropingabe schnell ge- 
hoben werden kann. — Außer dem Muscarin soll der Fliegenpilz noch 
ein besonderes, leicht zersetzliches, nicht näher bekanntes „Pilzgift“ 
enthalten. — Der Fliegenpilz ist frisch und gekocht giftig, jedoch 
scheint der Giftgehalt nicht an allen Standorten der gleiche zu sein; 
in manchen Gegenden wird er abgekocht, nach Abgießen des Koch- 
wassers, in anderen Gegenden, z. B. im Erzgebirge, wird er ohne ent- 
giftende Vorbereitung gegessen. In Japan ist er z. B. weit weniger 
giftig als in Europa. In Lappland, in Kamtschatka und Ostsibirien 
wird er noch verzehrt und zur Herstellung eines berauschenden Ge- 
tränkes benutzt, das in eigentümlicher Weise eine Erhöhung der 
Körper- und Geisteskräfte, die mit Wahnvorstellungen aller Art ver- 
bunden ist, bewirkt. In diesen Fällen ist die Wirkung des Giftes auf 
die einzelnen Individuen sehr verschieden; während die einen in traurige 
Stimmung versetzt werden, ‚geraten die anderen in hochgradige Er- 
regung und Wut, in der sie zu außergewöhnlichen Kraftleistungen 
befähigt sind. Die „Berserkerwut“ der Nordmänner soll gleichfalls - 
eine Folge des Genusses von Fliegenpilzen sein. 


Tafel 1. Tafel 1. 


7 


7370 3 
Ban EN Ü Ih 1120. y) WIR 


— 


1 Fliegenpilz. Amanita muscaria Pers. 2 Knollenblätterpilz. Amanita 
bulbosa Pers. 3 Mutterkorn. Claviceps purpurea Tul. 4 Kartoffelbovist. 
Seleroderma vulgare Fr. 5 Speiteufel. Russula emetica Fr. 


Knollenblätterpilz. 5 


Knollenblätterpilz. Amanita bulbosa (Pers.).t 


Tafel 1, Fig.2. Wandtafel 1, Fig. 2. 


Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Amanita siehe Amanita musearia; bulbosus mit einer Knolle versehen. 

Amanita phalloides Fr.; Agarieus bulbosus Bull. 

Knollenwulstling, Knollenschwamm, Sehierlingspilz, Gichtschwamm. 

Beschreibung. Hut und Stiel in der Jugend in einer gemein- 
samen Hülle eingebettet, die bei der Streckung des Stieles an der 
Spitze des Hutes aufbricht und teils am Grunde des Stieles als Scheide 
um den knolligen Fuß des Stieles sitzen bleibt, teils die Oberfläche 
des Hutes in Form von großen, gelblichgrünen Warzen bedeckt. Der 
Stiel entspringt aus einer kugelförmigen, braunhäutigen Knolle; er ist 
etwa fingerhoch, unten dick, nach oben sich schnell verjüngend; weiß, 
mit häutigem, herabhängendem, zerrissenem, weibem oder gelblichem 
gestreiftem, leicht vergänglichem Ring; oberhalb des letzteren ist der 
Stiel feingestreift, unterhalb desselben mit kleinen Fäserchen bedeckt; 
im Innern zuerst voll, nachher oben hohl. Hut anfangs glockenförmig, 
später flachgewölbt bis 8 cm breit, schwach glänzend, feucht, etwas 
klebrig, glatt oder mit großen gelblichgrünen, vom Regen leicht ab- 
spülbaren Warzen bedeckt. Die Farbe des Hutes ändert sehr ab von 
weiß, gelblichweiß, schwefelgelb, gelbgrün bis olivenbraun. — Die 
Blättchen (Lamellen), am Stiel radial angeordnet, dichtstehend, an 
geöffneten Pilzen stets weiß, nie rosa oder bräunlich, in noch ge- 
schlossenen Hüten jedoch, wie beim Champignon, rötlich. — Das 
Fleisch riecht widerlich nach rohen Kartoffeln; Geschmack desselben 
anfangs milde, nachher bitter. 

Der Pilz ändert ab in der Farbe des Hutes (siehe oben) und sind 
die verschiedenen Abarten nach dieser benannt. 

Verwechselungen dieses Pilzes mit dem ihm sehr ähnlich sehen- 
den echten Champignon sind leicht möglich; die meisten Pilzvergiftungen 
sind auf eine solche zurückzuführen. Er unterscheidet sich vom Cham- 
pignon durch die weißen, den Stiel berührenden (beim Champignon 
rötlichen, den Stiel nicht berührenden) Blätter; die grünlichgelbe, 
feuchte, schmierige, glänzende, unverletzt oft mit Warzen bedeckte 
Oberfläche des Hutes, die beim Champignon weiß oder bräunlich, 
trocken, faserig-schuppig ist; durch den knolligen, braunhäutigen Fuß 

1* 


4 Knollenblätterpilz. 


des Stieles; durch den unangenehmen Geruch des Fleisches nach rohen 
Kartoffeln, während derjenige des Champignons aromatisch-anisartig ist. 

Standort und Verbreitung. In lichten Wäldern, an Waldrändern, 
auf Moosplätzen, von Juli bis September, oft schon im Mai, zuweilen 
recht zahlreich. 

Gift und dessen Wirkung. Der Knollenblätterpilz ist einer 
unserer gefährlichsten Giftpilze, der wegen seiner Ähnlichkeit mit dem 
Champignon bei den meisten und schlimmsten, fast stets zu Tode 
führenden Vergiftungställen eine Rolle spielt; die Vergiftungserschei- 
nungen treten verhältnismäßig spät nach dem Genuß der Pilze, meist erst 
10 bis 12 Stunden nachher auf, währenddessen sich das Gift durch den 
ganzen Körper ausgebreitet hat. — Das Gift des Knollenblätterpilzes 
ist das Phallin; es gehört zu den Toxalbuminen, d. h. zu den 
giftigen, eiweißhaltigen, noch wenig erforschten Stoffen, die in tierischen 
und pflanzlichen Organismen vorkommen. Das Phallin ist, wie alle 
Toxalbumine, ein Blutgift, welches die roten Blutkörperchen zerstört. 
— Außer diesem ist in dem Knollenblätterpilz noch ein seiner Wirkung 
nach nicht näher erforschtes Alkaloid nachgewiesen. 


Kartoffelbovist. 


ou 


Kartoffelbovist. Seleroderma vulgare (Fr.). 


Tafel 1, Fig. 4. Wandtafel 1, Fig. 6. 


Fam.: Bauchpilze. Gasteromycetes. 


Scleroderma von sklerös (gr.), hart, und derma (gr.), Haut, wegen der festen 
Schale; vulgare gemein, überall vorkommend. 

Kartoffelbrätling; Hartbovist; Schweinetrüffel. 

Beschreibung. Der Fruchtkörper entwickelt sich aus einem 
dichten Mycel unter der Erdoberfläche, durchbricht diese aber bald 
und erhebt sich auf stielförmigem Fußteile über die Erde, an der er 
durch dicke, wurzelähnliche Mycelstränge befestigt ist. Fruchtkörper 
fast kugelrund, 2 bis 7’cm im Durchmesser, etwas abgeplattet. Die 
Hülle desselben ist dick, lederartig, hart, anfangs glatt, später im 
oberen Teile rissig, gefeldert; braun, unten gelblich, im Alter auch 
oberseits gelb. Das Innere ist von einer trockenen, festen, blauschwarzen 
Masse angefüllt, die von feinen, weißen Fäden durchzogen ist; im Alter 
zerfällt die Masse in schwarzen Staub (die Sporen) und braune Flocken; 
das Innere des Pilzes duftet widrig scharf. 

Verwechselungen mit Trüffeln sind bei dem ausgesprochen un- 
angenehmen Duft, bei einiger Kenntnis des Pilzes und bei nötiger 
Vorsicht kaum möglich. Häufig sollen von gewissenlosen Trüffelhändlern 
junge, noch unreife, zerschnittene Kartoffelboviste den echten Trüffeln 
beigemischt worden sein. 

Standort und Verbreitung. In Wäldern, Wiesen, auf Heideland, 
auf Weideplätzen, häufig unter Kiefern von Juli bis November, durch 
ganz Deutschland verbreitet. 

Gift und dessen Wirkung. Der Pilz wird allgemein als giftig 
bezeichnet; jedenfalls ist der Genuß desselben gesundheitsschädlich; 
auch getrocknet oder abgekocht verliert er nichts von seinen giftigen 
Eigenschaften. Im frischen Zustande ist er an Geruch und Färbung 
so gekennzeichnet, daß er wohl nicht leicht zu Vergiftungen Ver- 
anlassung gibt. Junge Exemplare des Pilzes sollen in Scheiben ge- 
schnitten oft in betrügerischer Absicht von Händlern den Trüffeln bei- 
gemengt werden. In Böhmen und im Osten Deutschlands soll ein 
Auszug des Pilzes wegen des Aromas als Brühe in der Küche Verwendung 
finden. — Über die Inhaltsstoffe des Pilzes ist Näheres nicht bekannt. 


6 Speiteufel. 


Speiteufel. Russula emetica (Fr). + 
Tafel 1, Fig.5. Wandtafel 1, Fig. 5. 


Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Russula, Verkleinerungsform von russus, rötlich; emeticus, brechenerregend. 

Agaricus emeticus Schaeff. 

Speitäubling. 

Beschreibung. Stiel etwa 4 bis 5cm hoch, 1 bis 1,5 cm dick, 
glatt, meist etwas rötlich, selten ganz weiß, anfangs voll, später hohl, 
ohne Ring. — Hut bis zu 13cm breit, anfangs glockig, später flach, 
tellerförmig, mit etwas erhobenem Rande; Oberhaut glänzend, in’ der 
Farbe veränderlich, je nach Standort und Alter, meist dunkelbraunrot 
oder braungelb bis gelbrot. — Blättchen (Lamellen) sehr steif, weit- 
läufig stehend, nicht mit dem Stiel verwachsen, sehr zerbrechlich, ohne 
Milchsaft, mit scharfer Schneide, grauweiß. Fleisch weiß, unter der 
Haut rötlich, unangenehm duftend und scharf schmeckend. 

Verwechselungen mit eßbaren Russulaarten sind leicht möglich 
infolge seiner sehr wechselnden Färbung. 

Standort und Verbreitung. In feuchten Wäldern, Gehölzen, auf 
feuchten Waldwiesen, stellenweise häufig vom Frühjahr bis zum Herbst. 

Gift und dessen Wirkung. Von den Russulaarten gelten Rus- 
sula emetica als sehr giftig, Russula foetens als weniger giftig. Der 
Genuß des ersteren verursacht meist schwere Entzündungen des Magens 
und Darmes und führt gewöhnlich zum Tode. Schon der widerliche 
Geruch verursacht Kopfschmerzen und Schwindel. — Über die giftigen 
Bestandteile dieser Pilze ist nichts Näheres bekannt. Der rote Farb- 
stoff rührt von dem in den Pilzwandungen eingelagerten „Russula- 
rot“, einem in Wasser und Alkohol löslichen Farbstoff, her. 


Satanspilz. 


Satanspilz. Boletus Satanas (Lenz). 
Wandtafel 1, Fig. 1. 


Fam.: Löcherpilze. Polyporaceae. 


Bolites (gr.) bezeichnet bei den Griechen eine bestimmte Art ebbarer Pilze, 
boletus bei den Römern; satanas, Satan. — Boletus sanguineus Kromh. 

Blutpilz, Satansröhrling. 

Beschreibung. Stiel anfangs dick, bauchig, später walzenförmig, 
bis Scm hoch, oben schön gelb, mit einem purpurroten und zwischen 
diesem noch mit einem gelben Adernetz gezeichnet. — Hut anfangs 
halbkugelig, später polsterförmig, bis 20 cm breit; Oberhaut gelb oder 
gelbbraun, mit grünlichem Ton, im feuchten Zustande schleimig. — 
Röhrchen an der Unterseite des Hutes unter sich verwachsen, vom 
Fleisch des Hutes leicht trennbar, am Stiel frei, innen gelb, an der 
Mündung blutrot. — Fleisch dick, weiß oder gelblich, wird im Bruch 
zuerst rot, dann schnell tiefblau; Geruch und Geschmack schwach, 
nicht unangenehm. 

Verwechselungen dieses Pilzes mit anderen kommen selten vor, 
da er nicht häufig ist. Durch seine Färbung und sonstige bestimmte 
Merkmale ist er so charakterisiert, daß er sich von einigen anderen 
Boletusarten leicht unterscheidet. Ähnlichkeit hat er mit dem Schön- 
fußröhrling und mit Boletus luridus, dem Hexenpilz. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgswäldern, unter Büschen, 
auf Viehtriften und Grasplätzen im August, September, jedoch selten. 

Gift und dessen Wirkung. Der Satanspilz gilt allgemein als 
giftig, besonders im rohen Zustande; von anderen wird seine Giftigkeit 
jedoch bezweifelt und darauf hingewiesen, daß er in Böhmen und 
Schlesien als Speisepilz benutzt wird. Fälle von Vergiftungen durch 
diesen Pilz dürften selten vorkommen, da er durch seine Färbung leicht 
kenntlich ist, und weil er zu den selten vorkommenden Pilzen gehört. 
— Die Inhaltsstoffe der giftigen Boletusarten sind noch nicht näher 
bekannt; wahrscheinlich ist die Giftigkeit bedingt durch Muscarin 
(siehe Amanita muscaria) oder ein diesem nahestehendes Alkaloıd. — 
Die rote Färbung einzelner Teile des Pilzes wird von einigen dem nicht 
näher untersuchten, rein dargestellt rote Kristalle bildenden „Boletol“, 
von anderen der in manchen Boletusarten vorkommenden „Luridussäure“ 
zugeschrieben. 


8 Mutterkorn. 


Mutterkorn. CGlaviceps purpurea (Tulasne).t 
Tafel 1, 2a und 2b. Wandtafel 1, Fig. 4. 


Fam.: Kernpilze. Pyrenomycetes. 


Claviceps von clava, Keule, und ecaput, Kopf; purpurea — purpurrot. 
Hungerkorn, Hahnensporn, Kribbelkorn, Roggenmutter, Kornzapfen. 


Beschreibung und Entwickelung. Die erste Entwickelung dieses 
Pilzes, die zur Bildung des Mutterkornes führt, nimmt ihren Anfang 
mit dem Anfliegen einer Sklerotiumspore des Pilzes zur Blütezeit des 
Kornes auf den Fruchtknoten. Der aus der Spore austretende Keim- 
schlauch durchbricht die Wand des Fruchtknotens, dringt in das Innere 
desselben ein und erzeugt ein Geflecht vielfach verzweigter Pilzfäden, 
die bald den ganzen unteren Teil des Fruchtknotens durchwachsen 
haben (Tafel 2a, Fig. 1). Die Außenschicht dieses Pilzgewebes durch- 
bricht später die Fruchtknotenwand und bildet an der Oberfläche in 
die Luft hinausragende, schlauchförmige Zellen, die an ihrem äußeren 
Ende zahlreiche weiße, ovale Zellen (Conidien) abschnüren (Tafel 2b, 
Fig. 9 und 10). Diese Conidienzellen schwimmen in einer gleichfalls 
von dem Pilze erzeugten klebrigen, gelben, süßen Flüssigkeit, dem 
sogenannten „Honigtau“; sie sind befähigt, sofort zu keimen, wenn sie 
auf einen anderen Fruchtknoten gelangen. Unter für den Pilz gün- 
stigen Umständen wird durch sie die Krankheit schnell verbreitet, teils, 
indem die angesteckten Ähren durch den Wind mit noch gesunden 
in Berührung gebracht werden, teils auch durch zahlreiche Insekten, 
die, der süßen Flüssigkeit nachstellend, die Sporen auf noch gesunde 
Fruchtknoten übertragen. In diesem conidienbildenden Zustande ist 
der Mutterkornpilz, bevor seine weitere Entwickelung bekannt war, als 
Sphacelia segetum Lev. beschrieben worden. Die Pilzfäden dieser 
Sphaceliaform wachsen nun, vom Grunde des Fruchtknotens nach oben 
fortschreitend, zu einem die Form des Fruchtknotens im allgemeinen 
beibehaltenden Pilzkörper aus (Tafel 2a, Fig. 2, 3, 4). Der letztere, 
welcher an der Spitze zuerst noch die Überreste des jungen Frucht- 
knotens als Mützchen trägt, wandelt sich allmählich in ein festes, dick- 
wandiges, etwas hornförmig gekrümmtes, fettreiches, außen violett bis 
violettbraun gefärbtes Gebilde: ein Sklerotium, das sogenannte Mutter- 
korn, um (Tafel 1, Fig. 4; Tafel 2a, Fig. 4). Nach einer Ruhe von 


Tafel 2a. Tafel 2a. 


Claviceps purpurea. 


1 Junger Fruchtknoten vom Spermogon erfüllt (12 mal vergr.). 2 Älteres Stadium 
junger Fruchtknoten im Längsdurchschnitt (12 mal vergr.). 3 Beginn der Sklero- 
tiumbildung (12 mal vergr.). 4 Halbentwickeltes Sklerotium (12 mal vergr.). 5 Halb- 
entwickeltes Sklerotium im Längsdurchschnitt (12 mal vergr.). 6 Sklerotium mit 
Fruchtkörpern. 7 Fruchtkörper (12 mal vergr.). 8 Fruchtkörper im Längsdurch- 

schnitt (12 mal vergr.). | 


Tafel 2b. | Tafel 2b. 


RR 


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SAU )R/) 


— 


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15 Claviceps purpurea. 


9 Querschnitt aus dem spermogonhaltigen Teile des Fruchtknotens (150 mal vergr.). 
10 Mycelfaden vorstehenden Stadiums mit Conidien (300 mal vergr.). 11 Pilzparen- 
chym eines Sklerotiums im Längsschnitt (300 mal vergr.). 12 Teil eines Frucht- 
körpers mit zwei Perithecien (150 mal vergr.). 13 Einzelnes Perithecium (300 mal 
vergr.). 14 Sporenschläuche aus dem Peritheeium (400 mal vergr.). 15 Sporen- 
schlauch, fadenförmige Sporen entlassend (450mal vergr.). 16 Einzelne Sporen 


(450 mal vergr.). 


Mutterkorn. 1) 


mehreren Monaten, die das Sklerotium am besten unter leichter Erd- 
bedeckung zubrachte, treten aus seiner Oberfläche rötliche oder gelb- 
liche Fruchtlager hervor, die in ihrer weiteren Entwickelung zu einem 
Fruchtträger werden, bestehend aus einem bis 1 cm großen Stielchen 
mit einem rotbraunen Köpfchen (Tafel 2a, Fig 6). Je nach der Größe 
des Sklerotiums entstehen wenige oder viele solcher Fruchtträger. Die 
runden Köpfchen sind bedeckt mit zahlreichen warzenförmigen Er- 
hebungen (Tafel 2a, Fig. 7). Von diesen ist jede die sich später erst 
öffnende Ausmündungsstelle eines länglichen, flaschenförmigen Behälters 
(Tafel 2a, Fig. 8; Tafel 2b, Fig. 12), der von zahlreichen keulenförmigen, 
an seinem Grunde entspringenden Schläuchen ausgefüllt ist. Jeder 
dieser Schläuche birgt im Innern acht fadenförmige Sporen (Tafel 2b, 
Fig. 14, 15, 16). Durch die Öffnungen auf den Warzen des Köpfchens 
gelangen diese nach außen. Werden diese Sporen auf die Frucht- 
knoten blühender Roggenpflanzen übertragen — in der Natur besorgen 
Wind und Insekten dieses —, so keimen sie, und der geschilderte Ent- 
wickelungsgang beginnt von neuem. 

Standort und Verbreitung. Die Hauptnährpflanze des Mutter- 
kornpilzes ist der Roggen; außerdem finden sich noch Clavicepsarten 
auf zahlreichen anderen Gräsern. Noch unentschieden ist jedoch, ob 
es sich in allen Fällen um dieselbe Art handelt, oder ob deren mehrere, 
auf bestimmte Grasarten beschränkte, zu unterscheiden sind. Leicht 
übertragbar ist Claviceps purpurea durch Sporen auf Gerste, Spelt, 
Dactylis glomer., Anthoxanthum odor., Arrhenatherum elatius, Poa- 
arten u. a.; nicht übertragbar auf Lolium, Brachypodium silv., Milium 
effusum u. a. Da die auf den letzteren vorkommenden Ulavicepsarten 
morphologisch gar nicht von Claviceps purpurea zu unterscheiden sind, 
so nimmt man an, daß es nur biologische Formen einer einzigen mor- 
phologischen Art sind. 

Gift und dessen Wirkung. Der Mutterkornpilz ist giftig im 
Sklerotienzustande. Der Genuß solcher Sklerotien oder von Brot, das 
stark durch solche verunreinigt ist, erzeugt gefährliche Krankheiten, 
die in früheren Zeiten, in denen der Getreidebau und die Reinigung 
des Getreides weniger sorgfältig betrieben wurden, besonders in Jahren, 
wo die Witterung die Entwickelung des Pilzes begünstigte, in fast allen 
Ländern Europas seuchenartig auftraten. Von dem eigentümlichen 
Gefühle des Kribbelns (Juckens) in Händen und Füßen, mit dem die 
Krankheit beginnt, hat sie den Namen der „Kribbelkrankheit“ erhalten. 
Im Mittelalter wurde sie in Deutschland fast allgemein „Antoniusfeuer“ 
genannt, weil man glaubte, durch Verehrung der Reliquien des hl. An- 
tonıus könne der Seuche Einhalt getan werden. Starke Vergiftungen 
durch Mutterkorn führen stets unter Krämpfen, Schwindel, Ohren- 
sausen, furchtbaren Schmerzen, Atemnot zum Tode. In schweren Fällen 


10 Mutterkorn. 


werden die Glieder brandig und lösen sich vor dem Tode in den Ge- 
lenken vom Körper ab; nach leichten Erkrankungen bleiben noch lange 
schwere Nervenstörungen zurück. — Unsere Kenntnis von den giftigen 
Inhaltsstoffen des Mutterkornpilzes ist sehr ungenügend und bedarf in 
vielen Teilen noch der Aufklärung. Als unzweifelhaft giftig werden 
angegeben das Alkaloid: Ergotin (C,,H;;N;0,) (von Ergot de seigle, 
der französischen Bezeichnung für das Mutterkorn); das Cornutin, ein 
sehr giftiges Alkaloid; die Sklerotinsäure und die vielleicht mit ihr 
identische Ergotinsäure, beides stickstoffhaltige Glykoside; sodann 
das Pierosklerotin, ein sich leicht zersetzendes und sehr giftiges 
Alkaloid, endlich die stickstofffreie giftige Phacelinsäure. 

Nach neueren Untersuchungen, die jedoch noch der Bestätigung 
bedürfen, soll die Giftwirkung des Mutterkornes ausschließlich an ein 
stickstofffreies Harz, das Phacelotoxin, gebunden sein. 

Außer den genannten Stoffen sind im Mutterkorn noch zahlreiche 
andere nachgewiesen, die nicht giftig sind, oder deren Giftigkeit noch 
in Frage steht, so das Trimethylamin, das wohl auch hier, wie in 
vielen Fällen, ein Zersetzungsprodukt des giftigen Cholins ist; das 
Ergotinin, ein bis 0,1 Proz. im Mutterkorn enthaltenes kristallisier- 
bares Alkaloid (C,,H,,N,0,); das Ergosterin (C,H, O0H--H,0), ein 
kristallisierbares Phytosterin. Außerdem enthält das Mutterkorn reich- 
lich Fett, Eiweißstoffe, sodann einen Farbstoff, das Sklererythrin, in 
der dünnen äußeren Schicht des Kornes, etwas Zucker, Zellstoff u. a. — 
Zu Heilzwecken fanden die Sklerotien, „das Mutterkorn“ (Secale 
cornutum) schon im 16. Jahrhundert Verwendung. Allgemein werden 
sie in der Heilkunde seit Ende des 17. Jahrhunderts benutzt. 


Tafel 3. d Tafel 3. 


Giftreizker. Lactarius torminosus Fr. 


Von verschiedenen Seiten gesehen und längs durchschnitten. 


Giftreizker. 11 


Giftreizker. Lactarius {orminosus (Fr.). 
Tafel 3. 


Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Laetarius von lae= Milch, wegen des Milchsaftes; torminosus = tormina 
— Leibweh, hervorbringend. 

Agarieus torminosus Schaeff. 

Giftiger Milehblätterschwamm, Birkenrietsche, weil mit Vorliebe unter Birken 
wachsend; Giftmilehling. 

Beschreibung. Der Stiel ist kurz, dick, brüchig, hohl, rötlich 
gefärbt, Fleisch weiß. — Der Hut, 5 bis 8cm breit, jung flach ge- 
wölbt mit stark eingebogenem Rande, später flacher, in der Mitte ein- 
gedrückt, zuletzt oft schüsselförmig mit erhobenem Rande. Oberfläche 
schwach klebrig, zottig, gegen den Rand zu weißzottig; in der Jugend 
fleischrot, später rotgelb, zuletzt bräunlich mit dunkleren Zonen. — 
Blättehen (Lamellen) gelblichweiß, dem Stiel angeheftet und an ihm 
eine kurze Strecke herablaufend. — Fleisch weiß, brüchig, unver- 
änderlich, von gefäßartigen Schläuchen durchsetzt, die einen weißen, 
scharf schmeckenden Milchsaft enthalten, der bei der Verletzung des 
Pilzes tropfenförmig herausquillt. 

Verwechselung mit dem echten Reizker (Lactarius deliciosus) ist 
kaum möglich, da letzterer an der ziegelroten Milch und dem grün- 
spanfarbigen Hut leicht kenntlich ist. 

Standort und Verbreitung. Auf Sandboden, in Laubwäldern, 
besonders unter Birken und auf Heideplätzen; Juni bis November, am 
häufigsten im Spätherbst. 

Gift und dessen Wirkung. Das Fleisch bzw. der Milchsaft des 
Pilzes besitzt einen rettichartigen, scharfen, beißenden Geschmack; die 
Zusammensetzung des Milchsaftes, der in besonderen röhrenartigen 
Sekretbehältern enthalten ist, bedarf noch näherer Untersuchung; ebenso 
ist noch nicht festgestellt, ob die im Pilz vorkommende Lactarius- 
säure (C,;H,,0;) in den Milchschläuchen abgelagert ist. Der Gift- 
reizker gilt allgemein als giftig, und hat der Genuß ähnliche Wirkung 
wie der Speiteufel (Russula emetica), jedoch weniger heftig. 


12 Pantherpilz. 


Pantherpilz. Amanita pantherina (2. C.. 
Tafel 4. 


Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Amanita siehe Amanita muscaria; pantherinus, wie ein Panther gefleckt. 
Agarieus pantherinus D. C. 
Pantherwulstling, graubrauner Fliegenpilz. 


DD 


Beschreibung. Die in der Jugend Hut und. Stiel gemeinsam um- 
schließende braune Hülle reißt bei der Streckung des Stieles unten an 
letzterem ab, bleibt ganz auf dem Hute sitzen und bedeckt diesen 
später in Form von braunen Flecken. Stiel, bald hohl werdend, 
am Grunde knollig, mit bräunlicher Scheide, mit weißem, herab- 
hängendem, etwas einseitig ausgebildetem Ringe, etwa fingerhoch, weiß. 
— Der Hut ist zuerst glockenförmig, später ausgebreitet-gewölbt, bis 
16 cm breit, mit klebriger, graubrauner, mit kleinen Wärzchen besetzter 
Oberfläche; Rand des Hutes gestreift. — Blättchen (Lamellen) radial 
um den Stiel angeordnet, weiß, den Stiel nicht berührend. — Fleisch 
weiß, fade schmeckend und duftend, nach dem Durchbrechen an der 
Luft sich nicht verfärbend. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden, in Nadel- und 
Laubwäldern, an Wegrändern, von Juli bis Oktober, zuweilen schon 
im Juni. 

Gift und dessen Wirkung. In diesem Pilze sind dieselben Stoffe: 
Musecarin und Cholin nachgewiesen, welche im Fliegenpilz vorkommen 
(siehe 8.2). — Das Gift soll besonders in der Oberhautschicht des Hutes 
enthalten sein, und sollen enthäutete Pilze vielfach genossen werden. — 
Die Färbung des Hutes wird durch die in Wasser leicht lösliche Pan- 
therinussäure bewirkt, die, rein dargestellt, gelbbraune, krusten- 
förmig zusammengeballte Kristalle bildet. Auch der Pantherpilz soll, 
je nach Klima und Standort, mehr oder weniger giftig sein und be- 
sonders in Ostasien (Japan) zu den gefährlichsten Pilzen gehören, 
während er in Europa weniger Giftstoffe enthält als andere, z. B. der 
Fliegenpilz. 


Tafel 4. 


Tafel 4. 


Amanita pantherina D.C. 


Pantherpilz. 


Tafel 5. Tafel 5. 


Stinktäubling. ARussula foetens Fr. 


Stinktäublinge. 13 


Stinktäublinge. Russula foetens (F..,. 
Tafel 5. 
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae. 


Russula siehe Russula emetica; foetens = stinkend. 

Agaricus foetens Pers. 

Beschreibung. Stiel bis 10 cm hoch, dick, im Alter hohl, weiß 
oder gelblichweiß, nach unten zu abgerundet. — Hut glockenförmig 
buckelig, mit unregelmäßigem, im Alter erhobenem, gefurchtem Rande; 
Oberfläche gelbbraun, bei feuchter Witterung mit dickem Schleim be- 
deckt, bei trocknem Wetter glänzend. — Blättchen (Lamellen) dick, 
steif, zerbrechlich, weitläufig stehend und vielfach gabelig geteilt, 
schmutzigweiß. — Fleisch gelblichweiß, ekelhaft duftend und beißend 
scharf schmeckend. 

Verwechselungen mit anderen Russulaarten sind wegen des 
höchst unangenehmen Duftes ausgeschlossen. 

Standort und Verbreitung. In Wäldern und Gebüschen von 
Juli bis Oktober nicht selten. 

Gift und dessen Wirkung siehe Russula emetica. 


14 Wolfs-Röhrenpilz. 


Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus (#r.). 
Tafel 6. 


Fam.: Löcherpilze. Polyporaceae. 


Boletus siehe Boletus Satanas; lupinus von lupus — Wolf. 

Boletus erythropus Kranbh. 

Beschreibung. Stiel bis 8cm hoch, dick, am Grunde bauchig 
erweitert, oben blutrot, undeutlich geadert. — Hut bis 10cm breit, 
halbkugelig, mit unregelmäßig gebuchteter Oberfläche und unregel- 
mäßigem Rande; zuerst blaugrünlich, später gelblich. — Röhren unter 
sich verwachsen, am Stiel frei, vom Hutfleisch leicht ablösbar; an der 
Mündung hochrot. — Fleisch gelblich, bei Verletzung schnell blau 
werdend. Geruch und Geschmack etwas säuerlich. 

Standort und Verbreitung. In Wäldern von August bis Oktober 
nicht selten. 

Gift und dessen Wirkung. Dieser Pilz, dessen Fleisch etwas 
säuerlich riecht und schmeckt, ist sehr giftig; die Wirkungen sind denen, 
die nach dem Genuß von Fliegenpilzen eintreten, sehr ähnlich. — 
Über unsere Kenntnis von den Inhaltsstoffen siehe Boletus Satanas. 


Tafel 6. Tafel 6. 


Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus Fr. 


Gichtmorchel. 15 


Gichtmorchel. Phallus impudieus (z,. 
Tafel 7. 


Fam.: Gichtmorchelpilze. Phallaceae. 


Phallus vom griechischen Phallos, wegen der Gestalt; impudicus = un- 
verschämt. 

Stinkmorchel, Eichelpilz. 

Beschreibung. Das im Boden in Form von starken, vielverzweigten, 
weit hinkriechenden, wahrscheinlich ausdauernden Strängen lebende 
Mycel bildet, sobald es genügend erstarkt ist, Fruchtkörper, die zu- 
nächst in Form erbsengroßer Knöllchen auftreten. Aus diesen wachsen 
allmählich bis gänseeiergroße runde Fruchtkörper heran (Fig. 1), die 
vom Volke als „Teufelsei* oder „Hexenei* bezeichnet werden. — In 
diesem ausgewachsenen Zustande besteht der junge Fruchtkörper 
äußerlich aus einer weißgelben Fruchthülle (Fig. 2), an der drei Ge- 
webslagen sich unterscheiden lassen: eine dicke, weiße, feste äußere 
Haut, eine feste, dünne innere Haut und zwischen diesen gelegen eine 
breite, mittlere Lage, die aus einer weichen, schleimigen Masse besteht. 
Die Mitte des Fruchtkörpers nimmt ein spindelförmiger Teil ein, der 
den Stiel darstellt. Zwischen diesem und der innern Gewebepartie 
der Hülle lagert der sporenerzeugende Apparat in Form einer Glocke. 
Diese trägt fast in senkrechter, aufrechter Richtung niedrige Blättchen 
(Lamellen), die, wabenartig verbunden, zahlreiche Abteilungen bilden. 
Zwischen Stiel und Hut liest eine Gewebeschicht, die sich später gallert- 
artig erweicht. Zur Reifezeit des Fruchtkörpers verdickt und 
streckt sich der Stiel plötzlich ganz bedeutend und ragt als festes, 
außen wabiges Gebilde in die Luft. Infolge dieses Vorganges wird die 
Hülle an der Spitze gesprengt, und der Hut (Fig. 3), der jetzt entfernte 
Ähnlichkeit mit einer Morchel hat, wird emporgehoben. Während 
dieses Vorganges beginnen die Gewebeelemente auf der Oberfläche des 
Hutes zu verschleimen und fließen schließlich, vermischt mit den 
Sporen, als höchst unangenehm riechende Masse an den Waben des 
Hutes herab. — Aasfliegen, die, durch den Duft angelockt, sich auf 
den grünen Schleimmassen niederlassen und mit denselben bedecken, 
verbreiten die Sporen. 

Standort und Verbreitung. Auf sandigem und lehmigem Boden, 
an Hecken, in Gebüschen und Wäldern, auf feuchtem Boden, von Juni 
bis September, besonders nach warmem Regen. 


16 Giehtmorchel. 


Gift und dessen Wirkung. Der vorliegende Pilz wird vielfach 
als giftig angegeben, von auderen wird er jedoch als unschädlich be- 
zeichnet, wenigstens im jungen, noch geschlossenen Zustande. Es ist 
nicht ausgeschlossen, daß die übelriechende, grüne Schleimmasse des 
entwickelten Pilzes giftige Bestandteile enthält. Zum Genuß kann er 
höchstens im jungen Zustande verlocken, später schreckt der aasartige 
Geruch vor solchem zurück. — Über die Bestandteile des Fruchtkörpers 
des Pilzes ist Näheres nicht bekannt, außer daß ein fettes Öl und ein 
walratartiges Fett in ihm nachgewiesen wurde. — Früher wurde der 
Pilz als Volksheilmittel gegen Gicht gebraucht. 


Tafel 7. Tafel 7. 


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Gichtmorehel. Phallus impudieus L. 


1 Junger Fruchtkörper. 2 Junger Fruchtkörper im Längsschnitt. 3 Entwickelter 
Fruchtkörper. 


Jh 


Sadebaum. 17 


Sadebaum. Juniperus Sabina (z..: 
Tafel Ss. Wandtafel 2. 


Fam.: Nadelhölzer. Pinaceae. 


Juniperus, Bezeiehnung für den Strauch bei den Römern (Vergil); auch 
Herba Sabinae genannt (nach Plinius), weil die Sabiner die Blätter benutzten. 

Sabina ofhieinalis (Garke). 

Gemeiner Sevenbaum, Siebenbaum (Eifel); Sevibaum (Schweiz); Segelbaum 
oder Segenbaum (Bayern, Österreich); Stinkholz, Stinkwacholder, Jungfern-Rosmarin 
(Salzburg). 

Beschreibung. Strauch mit mehr oder weniger niederliegenden, 
oft fast am Boden kriechenden Ästen oder schräg aufstrebendem, oft 
7 bis 8m hohem Stamm mit unregelmäßiger Krone. Rinde aschgrau, 
im Alter rötlich, abblätternd.. — Blätter ausdauernd; an jungen 
Pflanzen nadelförmig, linealisch, stachelspitzig, abstehend, oben blau- 
grün, auf dem Rücken mit länglicher Drüse. Die zierlichen, lang- 
gestreckten grünen Zweige tragen nach dem achten bis zehnten Jahre 
außer den vorgenannten Blättern vorwiegend solche von rhombischer 
oder rhombisch-lanzettlicher Gestalt, kreuzweise gegenständig, kaum 
2 mm lang; auch hier liegt in der Mitte der konvexen Rückseite eine 
ovale Öldrüse. Gerieben verbreiten die Zweige einen balsamischen, 
widrigen Geruch. — Blüten eingeschlechtlich, meist zweihäusig, zu- 
weilen einhäusig, Die länglich-eiförmigen Staubblüten (Fig. 3), an 
der Spitze kleiner Zweige (Fig. 2) stehend, werden von 10 bis 14 drei- 
eckigen, schuppenförmigen, kreuzweise angeordneten Staubblättern ge- 
bildet, die an der unteren Seite drei bis sechs kugel- bis eiförmige 
Staubbeutel tragen (Fig. 4, 5, 6). Fruchtblüten, einzeln an der Spitze 
kleiner aufrechter Zweige stehend (Fig. 7), aus vier gelblichweißen, zur 
Bestäubungszeit strahlig ausgebreiteten fleischigen Schuppenblättern 
bestehend, welche drei aufrechte Samenanlagen umschließen (Fig. 7 u. 8). 
— Frucht im reifen Zustande eine an zurückgekrümmten Zweiglein 
hängende blauschwarze, oft bläulich bereifte, erbsengroße, kugelige Beere: 
Beerenzapfen mit 1 bis 3 Samen (Fig. 2 u. 9). 

Von den zahlreichen, auch in Gärten jetzt häufig angepflanzten 
Formen seien erwähnt: der tamariskenblätterige Sadebaum (J. Sab. 
tamaricifolia Ait.), der zypressenblätterige S. (J. Sab. cupressifol. Ait.), 
der kriechende S. (J. Sab. prostrata Hort.), der buntblätterige S. (J. Sab. 
variegata Hort). 

Esser, Giftpflanzen. 


186) 


18 Sadebaum. 


Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches. Die Spaltöffnungen liegen auf der Oberseite der 
Blätter, zweireihig. Zum Schutze gegen das Vordringen des 
Wassers bis zu den Spalten ist die Blattoberfläche, soweit sie mit 
Spaltöffnungen besetzt ist, mit einem Wachsüberzuge, in Form von 
zwei weiblichen Streifen sichtbar, bedeckt. — Zweihäusige Pflanzen, 
d. h. auf dem einen Stocke reine Staubblüten, auf dem anderen reine 
Fruchtblüten; selten einhäusig, mit Staub- und Fruchtblüten auf dem- 
selben Stocke. — Übertragung des Blütenstaubes durch den 
Wind. Der aus den reifen Staubbeuteln ausfallende Blütenstaub lagert 
sich zunächst auf der Rückseite des unter ihnen stehenden Staubblattes 
ab und wird dann, wenn die äußeren Verhältnisse zu seiner Ver- 
breitung geeignete sind (trockenes, sonniges Wetter), vom Winde weg- 
geblasen und auf die Fruchtblüten abgelagert. — Als Schmarotzer 
kommt an den Ästen und Stämmen der wirtswechselnde Pilz: Gym- 
nosporangium Sabinae, kenntlich an knotigen, krebsigen Auftreibungen 
der Rinde, vor, der in der anderen Entwickelungsstufe als „Gitterrost*: 
Roestelia cancellata auf den Blättern des Birnbaumes, des Weißdornes 
und anderen Pomaceen lebt. — An der Wurzel Symbiose mit Pilzen 
eine beständige Erscheinung. Die Wurzel ist eine sog. Pilzwurzel 
(Mykorhiza), d. h. das ganze Wurzelsystem, insbesondere sämtliche 
Saugwurzeln, sind, wie bei allen Nadelhölzern, zahlreichen Waldbäumen 
sowie heide- und moorbewohnenden Sträuchern, regelmäßig von einem 
Pilzgewebe, wie von einenı Mantel völlig bedeckt und verwachsen derart 
mit diesem, daß Pilz und Wurzel ein einheitliches Ganze, eine sogenannte 
Pilzwurzel darstellen. Die Pilzfäden dringen auch zwischen die Ober- 
hautzellen der Wurzel ein und umspinnen die einzelnen Zellen. Die 
eigentlichen Saugorgane der Pflanzen, die Wurzelhaare, fehlen bei 
diesen Gewächsen; sie werden durch den Pilz ersetzt, der zahlreiche 
Fäden in das Erdreich aussendet und die ganze Ernährung der Pflanze 
aus dem Boden besorgt, vor allem die Herbeischaffung des gesamten 
Wassers und die Erschließung des Humus als Stickstoffquelle. Viel- 
leicht erhält der Pilz von der Wirtspflanze als Gegenleistung orga- 
nische Stoffe, die diese im Sonnenlichte in den Blättern erzeugte, so 
daß zwischen beiden eine Ernährungsgenossenschaft besteht. An der 
Bildung der Pilzwurzel sind die Mycelien einer großen Anzahl be- 
kannter Pilze: Geaster fimbriatus, Amanita muscaria, Lactarius piperatus, 
Elaphomycesarten und zahlreicher anderer beteiligt. Die Pilzwurzelu 
sind unschwer zu erkennen an ihrem korallen- oder büschelförmigen 
Aussehen, eine Folge ihres stark verminderten 'Längenwachstums. 

Standort und Verbreitung. Auf steinig-felsigem Boden, in 
den Gebirgen Südeuropas, den Alpen, im Ural und in Zentralasien. 
Seit alter Zeit, in Deutschland schon vor Karl dem Großen, viel- 


Yateld. 
Tafel 8. 


Sadebaum. Juniperus Sabina L. 


1 Zweig mit Fruchtblüten und reifen Früchten. 2 Zweig mit Staubblüten. 3 Staub- 

blüte. 4 Staubblüte im Längsschnitt. 5 Staubblatt von außen. 6 Staubblatt von 

der Seite gesehen. 7 Fruchtblütee 8 Fruchtblüte im Längsschnitt. 9 Frucht 
(Beere) im Längsschnitt. 3 bis 9 vergr. 


Sadebaum. 19 


fach angepflanzt und zu medizinischen und abergläubischen Zwecken 
benutzt. 

Gift und dessen Wirkung. In den jungen Trieben und in den 
Blättern, in letzteren eingeschlossen in einer Öldrüse auf der Rück- 
seite des Blattes, findet sich das giftige, farblose, helle, an der Luft 
gelb werdende, stark riechende Sabinaöl. Reichbeblätterte Zweige 
liefern bis 4 Proz. desselben. Die wesentlichen Bestandteile des Öles 
sind das Sabinol, ein ungesättigter Alkohol (C,.H,,[OH]), der als 
schwach angenehm riechendes Öl teils frei, teils esterifiziert darin vor- 
kommt, und das Sabinen (C,,H,,), wahrscheinlich der Stammkohlen- 
wasserstoff des Sabinols. — Die physiologische Wirkung des 
Sabinaöls scheint durch den Sabinolgehalt bedingt zu sein. In geringerer 
Menge enthalten auch andere der obengenannten Juniperusarten das 
giftige Öl. — Das Sabinaöl gehört zu den kräftigsten, irritierenden 
Giften; es wirkt zunächst örtlich auf die Häute des Darmkanals; Magen- 
und Darmentzündungen sind die nächsten Folgen des Genusses; ferner 
wirkt es sehr kräftig auf die Unterleibsorgane. Als Nebenerscheinung 
bei der Vergiftung treten auf: Verlangsamung des Pulses, Krämpfe, 
Betäubung. Der Tod tritt frühestens nach 12 bis 14 Stunden, meist 
erst später ein. — In der Heilkunde werden gebraucht: die Zweig- 
spitzen (Summitates Sabinae) der wilden und der kultivierten 
Pflanzen. 


106) 


20 Eibe. 


Eibe. Taxus baccata (z.). 
Tafel 9. 
Fam.: Eibengewächse. Taxaceae. 


Taxus von taxos (gr.), Bezeichnung für den Baum bei Dioskorides; bac- 
cata — beerentragend. 

Eibe vom althochdeutschen „iwa“, das sowohl den Baum als auch Bogen aus 
dessen Holz bezeichnet. 

Ibe (Schweiz); Roteibe (Österreich); Tax, Taxenboom (Norddeutschland); Taxe 
(Österreich). 

Beschreibung. Bildet ausgewachsen einen immergrünen, dicht- 
verzweigten Baum von 12 bis 15 m Höhe mit über 1 m Durchmesser, 
findet sich jedoch meist strauchartig. — Stamm mit rötlicher Borke 
bekleidet, die sich später in dünnen, blattartigen Stücken ablöst. — 
Äste abstehend, Zweige etwas hängend, kurz, Holz hart und dicht. — 
Blätter ausdauernd, abwechselnd oder spiralig stehend, oberseits 
glänzend, dunkelgrün, unterseits matt hellgrün, linealisch, flach, kurz- 
stachelspitzig, kurzgestielt. — Blüten zweihäusig, auf der Unterseite 
der Zweige in den Achseln der vorjährigen Blätter stehend. Die Staub- 
blüten (Fig. 1) werden schon im Herbst angelegt; sie bestehen aus 
einer Anzahl schuppenförmiger Blättchen und aus 6 bis 15 schild- 
förmigen Staubblättern (Fig. 4 u. 5), deren jedes 5 bis 9 Pollensäckchen 
trägt (Fig. 6), die sich nach unten öffnen. — Fruchtblüten (Fig. 2) 
werden gleichfalls im Herbst angelegt. Sie entstehen einzeln als Achsel- 
sprosse an der Spitze der vorjährigen Triebe und als Achselsprosse der 
obersten Blattanlage. Sie bestehen aus einer einzelnen, aufrechten 
Samenanlage, die in einen napfförmigen Becher eingebettet ist (Fig. 7 
u. 8). Nach der Befruchtung wächst dieser zu einem im Reifezustande 
rotgefärbten, fleischigen Samenmantel (Arillus) aus, der den braunen 
Samen (Fig. 11) im unteren Teile umschließt (Fig. 1, 9 u. 10). 

Von den zahlreichen Formen, die teils durch Klima oder Standort 
hervorgebracht, wild, teils in den Kulturen entstanden sind, seien er- 
wähnt: der irländische oder Säulentax (Taxus baccata fastigiata), auch 
in goldbunten Abarten vorkommend; ferner Taxus baccata Dovastoni 
mit überhängenden Ästen und Taxus baccata cuspidata mit schwärz- 
licher Stachelspitze an den Blättern. 

Blütezeit: März, April. 

Biologisches. Gegen Tierfraß geschützt durch die Giftigkeit 
seiner Blätter. — Zweihäusiger Strauch. Übertragung des 


Tafel 9. ' Tafel 9. 


Eibe. Taxus baccata L. 


1 Zweig mit Staubblüten. 2 Zweig mit Fruchtblüten. 3 Zweig mit Früchten. 
4 Staubblüte. 5 Staubblüte im Längsschnitt. 6 Staubblatt. 7 Fruchtblüte. 8 Frucht- 
blüte im Längsschnitt. 9 Frucht. 10 Frucht im Längsschnitt. 11 Same. 

4 bis 10 vergr. 


Eibe. 21 


Blütenstaubes durch den Wind. — Verbreitung des mit leuchtend- 
rotem Samenmantel umgebenen Samens durch beerenfressende 
Vögel. — An den Zweigen kommen kleine, durch eine Gallmücke 
(Phytoptus psilaspis) verursachte Gallen vor. — Über die Pilzwurzel 
der Pflanze siehe bei Juniperus Sabina. 

Standort und Verbreitung. An schattigen und halbschattigen 
Stellen, als Unterholz in Laub- und Nadelholzwäldern von Südskan- 
dinavien bis Südeuropa (hier in den Gebirgen), in Nordafrika, Arme- 
nien, im Kaukasus, im Himalaja, in China, Japan und im westlichen 
Nordamerika vorkommend, aber niemals größere Bestände bildend. 

Als Waldbaum spielte die Eibe einst in den germanischen Ländern 
eine nicht unbedeutende Rolle. Im Zeitalter der ältesten Pfahlbauten 
war sie schon in der Schweiz verbreitet, wie Funde von Gegenständen 
aus Holz des Baumes (Bogen, Messer, Kämme usw.) erweisen. Zu 
Cäsars Zeiten war der Baum in Germanien und Gallien sehr häufig. 
Im Mittelalter lieferten die Wälder Deutschlands noch genügend Eiben- 
holz zur Verfertigung von Bogen und anderen Gerätschaften. Die 
stete Abholzung der Eibenhorste rottete den Baum, der bei seinem 
langsamen Wachsen nicht imstande war, die Lücken schnell auszu- 
füllen, in den genannten Gebieten allmählich fast ganz aus. Einige 
größere Eibenbestände finden sich noch im Harz, im Thüringer Wald, 
in der Rhön und im Bayerischen Jura. 

Gift und. dessen Wirkung. Die jungen Triebe, Blätter und 
Samen (nicht der Samenmantel) enthalten neben ätherischem Öl und 
Harz ein amorphes, weißes, bitter schmeckendes, giftiges Alkaloid: 
das Taxin (C,,H,,;NO,,); in den Blättern ist dieses gegen 2 Proz. ent- 
halten. — Die Wirkung des Giftes ist betäubend, narkotisch; sie äußert 
sich selbst bei kleinen Gaben durch Müdigkeit, Schwindel, Schläfrig- 
keit, bei stärkerer Vergiftung, die sich beim Menschen erst nach dem 
Genuß größerer Mengen der giftigen Pflanzenteile zeigt, durch Unruhe, 
Flimmern vor den Augen, Ohnmacht, Verlangsamung des Pulses, Be- 
täubung, Pupillenerweiterung; der Tod tritt meist plötzlich ein. — Da 
'Gegengifte nicht bekannt sind, ist reichliches Erbrechen Haupt- 
erfordernis. — Vergiftungen können vorkommen beim Gebrauch der 
Blätter gegen Würmer, beim Genuß der schönen roten Früchte. — 
Nicht selten sind Vergiftungen durch Taxblätter bei Tieren (Pferden, 
Rindern, Schafen und Ziegen) beobachtet worden; deshalb soll man 
den Strauch nicht an den Weideplätzen anpflanzen. — Die Giftigkeit 
der Eibe war schon den alten Römern, Griechen und Kelten bekannt. 
Sie war ein den Todesgöttern geweihter Baum. Catuvolcus, König der 
Eburonen, vergiftete sich mit Taxgift, als er sich nicht mehr zu retten 
wußte. 


22 Taumellolch. 


Taumelloleh. Lolium temulentum (zZ. 


Tafel 10. 


Fam.: Gräser. Gramineae. 


Lolium, Bezeichnung der Pflanze bei Ovid, Vergil, Horaz und anderen 


römischen Schriftstellern; temulentum = berauschend. 
Lolium annuum (Gilib); Craepelia temulenta (Schrank), Bromus temulentus 
(Bernh.). 


Taumelhafer, Schwindelhafer, Schwindelweizen, Tollkorn, Tollkraut, Tollgerste, 
Schlafkorn und zahlreiche andere deutsche Volksnamen, die sich alle auf die taumel- 
erregenden Eigenschaften des Samens dieser Pflanze beziehen. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit 30 bis 100. cm hohem, 
meist steif aufrechtem, selten geknicktem, scharfem, rauhem Halme. — 
Blätter schmal, bandförmig, nebst den Blattscheiden oberseits rauh. 
— Ähre 15 bis 20 cm lang, locker, mit starrer, welliger Spindel (Fig. 1). 
Ährchen zweizeilig stehend, 5- bis 9blütig. Die seitlichen Ährchen mit 
einer Hüllspelze von gleicher Länge wie das Ährchen (Fig. 2). Das 
Gipfelährehen hat 2 Hüllspelzen. Deckspelze unten knorpelig mit langer 
Granne (Fig. 2 und 3). Vorspelze unbegrannt, zweikielig, mit gewim- 
pertem Rande und ausgerandeter Spitze (Fig. 3). Die zweispitzigen 
Lodiculae fleischig, länger als der Fruchtknoten (Fig. 4). — 5 Staub- 
blätter, Staubfaden dünn, fadenförmig; Staubbeutel am Rücken be- 
festigt, an den Staubfäden pendelnd. — Fruchtknoten glatt mit zwei 
kurzen Griffeln; Narbe federartig. — Frucht länglich (Fig. 6), von 
den Spelzen eingeschlossen (Fig. 5). 

Die Pflanze ändert zuweilen ab, und kommt vor mit völlig kahlen 
Stengeln: var. laeve, ohne oder mit ganz kurzen Grannen: var. arvense u.a. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Übertragung des Blütenstaubes durch den 
Wind. Die an langen, dünnen Fäden pendelnden Staubbeutel ragen 
außerhalb der Spelzen in die Luft; die geringste Bewegung der letzteren 
erschüttert die Beutel, wodurch der Blütenstaub verweht und den 
Narben zugeführt wird. Diese sind federförmig und fangen den Blüten- 
staub leicht auf. — Die Samenkörner besitzen zwischen Samen- 
schale und Aleuronschicht ein dichtes Hyphengeflecht eines 
Pilzes, dessen systematische Stellung noch unbekannt ist, da er nie- 
mals Sporen erzeugt, sondern sich immer nur vegetativ durch Wachstum 
des Mycels fortpflanzt. Dieser Pilz tritt bei der Keimung in den 


Taumellolch. 23 


Vegetationspunkt des Stengels und wächst während der ganzen Ent- 
wickelung desselben mit diesem weiter; nachher dringt er in die Ähren, 
in die Spelzen und schließlich in die Fruchtknoten ein. Während das 
Pilzmycel in allen vegetativen Teilen der Pflanze sich nur spärlich aus- 
breitet, entwickelt es sich im Fruchtknoten reichlich. Eine Schädigung 
der Pflanze durch den Pilz ist nicht nachzuweisen. Seine Anwesenheit 
scheint der Pflanze die Assimilation des freien Stickstoffs der Luft zu 
ermöglichen; der Stickstoffgewinn wird jedoch kein sehr großer sein. 
Nicht alle Taumellolchpflanzen beherbergen den Pilz; man hat oft 20 
bis 30 Proz. derselben ganz pilzfrei gefunden. Nach Ansicht der meisten 
Forscher, die sich mit der Untersuchung des Taumellolches beschäftigten, 
ist der Pilz allein der Träger des „Temulins“, d.h. des in den Samen 
enthaltenen Giftes. Pilzfreie Samenkörner, die sich übrigens äußerlich 
nicht von den pilzhaltigen unterscheiden, wären demnach nicht giftig. 
— An allen Standorten der Pflanze: in Chile, Brasilien, Südafrika, 
Persien, Spanien, Frankreich, Schweden, Deutschland usw. konnte in den 
Samen der Pilz nachgewiesen werden. Auch aus den ägyptischen Königs- 
gräbern entnommene, fast 3000 Jahr alte Samen zeigten sich von dem 
Pilz durchwachsen. Jahrtausende hindurch hat dieser sich also in rein 
vegetativrem Wachstum ohne Fortpflanzung durch Sporenbildung er- 
halten. Auch die Samen anderer Loliumarten sind zuweilen pilzhaltig 
gefunden worden, so Lolium linicolum, Lolium perenne, Lolium itali- 
cum u. a. Die beiden letzteren, wichtige Futtergräser, weisen glück- 
licherweise selten den Pilz in ihren Samen auf. 

Standort und Verbreitung. In Getreidefeldern unter dem Korn 
häufiger als unter dem Hafer und der Gerste. In ganz Europa, Mittel- 
asien, Nordafrika; in den anderen Kulturländern durch Saatgut ein- 
geschleppt und jetzt weit verbreitet. Der Taumellolch kam schon 2500 
v. Chr. als Unkraut in den Getreidefeldern Ägyptens vor, wie die 
Untersuchungen der Samen aus den Königsgräbern der 5. Dynastie 
ergaben. 

Gift und dessen Wirkung. Die Samen waren schon den Alten 
als giftig bekannt; Vergil nennt die Pflanze „Lolium infelix*; in den 
meisten Sprachen weist der Name der Pflanze auf ihre betäubenden 
Eigenschaften hin. 

Das Gift ist ein betäubendes (narkotisches) Alkaloid: das Temu- 
lin (C,H,;N;0), welches in der pilzführenden Schicht des Samenkorns 
seinen Sitz hat und als ein Erzeugnis des Pilzes anzusehen ist. Es 
wären also nur die pilzhaltigen Loliumsamen giftig, was man daraus 
schließt, daß in pilzfreien Samen Temulin nicht nachzuweisen ist. 
Fütterungsversuche bei Tieren zur endgültigen Entscheidung der Frage 
sind noch nicht angestellt worden. Der Temulingehalt der Samen 
beträgt etwa 0,06 Proz.; er ist also ein sehr geringer, und Vergiftungs- 


24 Taumellolch. 


erscheinungen machen sich erst bemerkbar, wenn größere Mengen von 
Taumellolchsamen ins Getreide geraten. Erkrankungen durch Genuß 
taumellolchhaltigen Brotes sind früher nicht selten vorgekommen. — 
Die Wirkung des Giftes erstreckt sich auf Gehirn und Rücken- 
mark. Heftige Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel, Ohrensausen, 
Verminderung des Sehvermögens und vor allem eine eigentümliche 
Art der Trunkenheit, sowie in schweren Fällen allgemeine Betäubung 
sind die Haupterscheinungen einer Temulinvergiftung. Selten endet 
eine solche Vergiftung mit dem Tode. — Um das Bier berauschender 
zu machen, sollen die Samen absichtlich der Gerste beigemischt werden. 


Tafel 10. Tafel 10. 


{ il F 
Taumellolch. Lolium temulentum L. 
1 Ganze Pflanze. 2 Ährchen, auseinandergezogen. 3 Einzelne Blüte. 4 Frucht- 
knoten mit Staubblättern und den Lodiculae. 5 Spelze mit Samen. 6 Same, nat. 
Gr. u. vergr. 2 bis 6 vergr. 


Gefleckter Aronsstab. 25 


Gefleckter Aronsstab. Arum maculatum (Z.. 
Tafel 11. Weandtafel 3. 


Fam.: Arongewächse. Araceae. 


Arum, Name der Pflanze bei den alten Römern; Aron, der griech. Name 
für die Pflanze; maculatus = gefleckt, wegen der zuweilen gefleckten Blätter. 

Zur Bezeichnung „Aronsstab“, die sich schon im frühen Mittelalter findet, 
gab wohl der stabförmige Blütenkolben im Zusammenhang mit dem Gleichklang 
der latein. Bezeichnung mit dem Namen des Hohenpriesters Aron Veranlassung. 

In Schlesien heißt die Pflanze Zehrwurz, weil die stärkemehlhaltigen Knollen 
getrocknet gegessen werden können. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit weißem, knolligem 
Wurzelstock (Fig. 1). — Blätter (Fig. 2) pfeilförmig, gleichmäßig grün- 
oder rotgefleckt, an langen Stielen mit scheidenförmigem Grunde. 

Blütenstand von einer grünlichweißen, unten eingerollten Scheide 
umgeben. — Blüten einhäusig (Fig. 3), ohne Blütenhülle, dicht um 
einen von der Scheide umschlossenen, fleischigen Kolben gestellt, dessen 
verdickte, gelblich bis dunkelrote, blütenlose Spitze aus der Scheide 
etwas hervorrast. — Die Fruchtblüten (Fig. 6), bestehend aus einem 
einfächerigen, mehrsamigen Fruchtknoten mit breiter, ovaler, fein- 
gewimperter Narbe, stehen am Grunde des Kolbens. — Die Staub- 
blüten (Fig. 4), bestehend aus drei bis vier zweifächerigen Staubbeuteln, 
sitzen über den Fruchtblüten. Getrennt sind beide durch einen Kranz 
schildförmiger Gebilde mit borstigen Spitzen, die als umgewandelte 
Fruchtblüten betrachtet werden (Fig.3 u. 5). Über den Staubblüten 
steht ein ähnlicher Kranz verkümmerter Staubblüten (Fig 3). — Die 
Frucht (Fig. 7) ist eine fleischige, eiförmige, einfächerige, rote Beere. 

Blütezeit: April bis Juni. 

Biologisches. Die großen Blätter zeigen durch ihre Stel- 
lung und Form deutlich eine Zuleitung des auffallenden Regen- 
wassers zum Wurzelstock hin. Stengel und Blätter der Pflanze 
sind mit spitzen, nadelförmigen Kristallen (Rhaphiden von Kalkoxalat) 
durchsetzt, welche Schutz gegen Angriffe der Schnecken gewähren. — 
Der Blütenstand wird durch die eigentümliche Ausbildung der Scheide 
zu einer „Kesselfalle“. Die durch den aasartigen Geruch angelockten 
Fliegen können durch die am Eingang in den Kessel stehenden starren 
Fäden (unfruchtbare Staubblüten) in denselben ein-, und an den noch 
geschlossenen Staubblüten vorbei bis zu den in der Tiefe stehenden 


26 Gefleekter Aronsstab. 


reifen Fruchtblüten vordringen und auf diese aus anderen Blüten mit- 
gebrachten Blütenstaub übertragen. Die borstigen Spitzen an dem 
Kranze der die Frucht- und Staubblüten trennenden schildförmigen 
Gebilde welken sodann und gestatten den eingeschlossenen Tieren den 
Zutritt zu den Staubblüten, wo sie sich mit Blütenstaub bedecken. 
Welken nach einigen Tagen auch die über den Staubblüten stehenden, 
das Abschlußgitter der ganzen inneren Blüte bildenden Haare, so ist 
den Tieren der Austritt ermöglicht. — Die Bestäubung vollzieht vor- 
nehmlich eine kleine Mücke (Psychoda phalaenoides). 

Standort und Verbreitung. In schattigen, etwas feuchten Laub- 
wäldern und an Hecken, in Mitteleuropa von Norditalien bis nach 
Skandinavien; kommt in Deutschland in Brandenburg, Preußen und 
Posen nicht vor. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze enthält in allen Teilen 
scharfe, auf den Schleimhäuten blasenziehende Stoffe, die aber zum 
Teil flüchtig sind, d. h. sich durch Erhitzen (Kochen u. dgl.) entfernen 
lassen. Die so entgifteten Knollen der Pflanze können zur Gewinnung 
von Stärke, die reichlich in ihnen aufgespeichert ist, benutzt werden. 
In den Knollen wurde verschiedentlich Blausäure (siehe Bittermandel 
u. Einleitung) nachgewiesen. Die eigentliche Giftwirkung der Pflanze soll 
aber auf der Gegenwart eines Saponins (siehe Einleitung) beruhen, das 
in den Knollen und Früchten aufgefunden wurde. — Vergiftungen sind 
vorgekommen durch Verzehren der schönen, roten Beeren und durch 
Kauen der anfangs säuerlich, dem Sauerampfer ähnlich schmeckenden 
Blätter, deren Genuß Magenentzündung erzeugt. Schleimige Getränke, 
fette Öle u. dgl. kommen zur Hebung der letzteren in Anwendung. 


u a 


Tafel 11. Tafel 11. 


Aronsstab. Arum maculatum L. 


1, 2 Blühende Pflanze. 3 Der Kolben der Blüte. 4 Staubblüten. 5 Verkümmerte 
Blüten. 6 Fruchtblüte 7 Fruchtstand. 


Tafel 12. Tafel 12. 


Schlangenkraut. Calla palustris L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blütenstand mit Hüllblatt von der Seite. 3 Blüte. 4 Staub- 
blatt. 5 Fruchtstand. 6 Einzelne Frucht. 7 Frucht im Längsschnitt. 8 Same. 
3, 4, 6, 8 vergr. 


Schlangenkraut. 97 


Schlangenkraut. Calla palustris (z.,. 
Tafel 12. 


Fam.: Arongewächse. Araceae. 


Calla, latein. Bezeichnung unbekannter Abstammung für mehrere Pflanzen; 
palustris = im Sumpfe wachsend. 

Schlangenkraut, Schlangenwurzel, Drachenwurz, weil früher gegen Schlangen- 
biß gebraucht. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, rundem, 


gegliedertem Wurzelstock. — Blätter grundständig, langgestielt, herz- 
förmig (Fig. 1). — Der Blütenschaft, aus scheidenförmigen Nieder- 


blättern sich erhebend, ist rund; die aus einem Blatte bestehende, 
außen grüne, innen weiße Scheide ist anfangs dütenförmig (Fig. 2), 
breitet sich später aus (Fig. 1). — Kolben am Grunde nackt, im oberen 
Teile ganz mit Blüten bedeckt, an der Spitze des Kolbens oft nur 
Staubblätter. — Die dicht gedrängt stehenden Fruchtknoten direkt 
aufsitzend, rund (Fig. 3). — Staubblätter zu 7 bis S den Frucht- 
knoten umgebend, mit langen Staubfäden und an der Spitze stehenden 
zweifächerigen, länglich runden, längs aufspringenden Beuteln (Fig. 4). — 
Frucht eine scharlachrote, mehrsamige, fleischige Beere (Fig. 6 u.7). — 
Same eiförmig, mit lederartiger, etwas rippiger Schale und einem seit- 
lich der Länge nach verlaufenden dicken Nabelwulste (Fig. 8). 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches. Gegen Tierfraß ist die Pflanze geschützt 
durch zahlreiche nadelförmige Kristalle aus Kalkoxalat (Rha- 
phiden) und durch unangenehmen Geruch. 

Standort und Verbreitung. An sumpfigen Stellen, in Torfbrüchen, 
langsam fließenden Bächen; im Norden Deutschlands häufiger als im 
Süden. 

Gift und dessen Wirkung. Der Pflanze werden ähnliche giftige 
Wirkungen zugeschrieben wie dem gefleckten Aronsstab. 


28 Maiglöckchen. 


Maiglöckchen. Convallaria majalis (z.). 
Tafel 13. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Convallaria wird von convallis, Tal, abgeleitet, im Tale wachsend; 
majalis, im Mai blühend. — In den früher slawischen Ländern Sachsen, Schle- 
sien, Böhmen heißt die Pflanze Zaupe, Tschaupe, vom wendischen tschup = Grind, 
Schorf, gegen den das Kraut gebraucht wurde. 

Lilium convallium (Tournf.). 


Beschreibung. Ausdauernde, krautartige Pflanze mit kriechen- 
dem Wurzelstock und grundständigen, gewöhnlich zu zwei zwischen 
scheidenförmigen Niederblättern sich erhebenden Laubblättern. — Blatt- 
stiele lang; Blattfläche oval-elliptisch, allmählich in den Stiel über- 
gehend. — Blütenschaft nackt, halbstielrund, scharfkantig. Blüten 
nickend, in einseitswendiger, lockerer Traube stehend (Fig. 1). Blüten- 
hülle glockenförmig, mit sechsspaltigem Rande, weiß (Fig. 2 u. 3). — 
Die sechs freien, aufrechtstehenden Staubblätter stehen auf dem Boden 
der Blütenhülle (Fig. 3). Die zweifächerigen Staubbeutel Öffnen sich 
mit Längsspalten (Fig. 4). — Fruchtknoten eiförmig, dreifächerig 
(Fig. 6). Griffel säulenförmig mit dreikantiger, stumpfer Narbe (Fig. 5). 
— Frucht eine fleischige, kugelrunde, dreifächerige, rote Beere (Fig. 7 
u. 8). — Same weiblich, länglich, kantig (Fig. 9). 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die Blätter sind so gestellt, daß das auf- 
fallende Regenwasser zum Wurzelstock zugeleitet wird. — 
Die Blüten werden von Weidetieren nicht angefressen; sie enthalten 
einen Giftstoff. — Aus den fächerförmigen, in den Knospen nach oben 
gerichteten Blüten werden beim Öffnen hängende Glöckchen zum 
Schutze des Blütenstaubes bei eintretendem Regenwetter. — Als 
Anlockmittel für die Insekten dient der Duft. — Die Blüten sind 
erstmännlich (proterandrisch). — Den Insekten wird kein Honig, 
sondern nur Blütenstaub geboten, der von Bienen reichlich ge- 
sammelt wird. Bei fehlendem Insektenbesuche tritt regelmäßig Eigen- 
bestäubung ein, die leicht erfolgt, da die Staubbeutel dicht um den 
Griffel stehen. — Die roten Beeren werden von Waldvögeln verzehrt 
und dadurch die Samen verschleppt. 


Tafel 13. Tafel 13 


Maiglöckehen. Convallaria majalis L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht- 
knoten. 6 Fruchtknoten im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Frucht im Querschnitt. 
9 Same. 2 bis 9 vergr. 


Maiglöckcehen. 239 


Standort und Verbreitung. In Laubwäldern vom Mittelländi- 
schen Meere bis nach Nordeuropa und in Nordasien, stellenweise sehr 
häufig. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird, wenn auch eigent- 
liche Vergiftungen noch nicht bekannt geworden sind, doch allgemein 
zu den giftverdächtigen Pflanzen gezählt. — In allen Teilen der 
Pflanze sind zwei kristallisierbare, hinsichtlich ihrer Wirkung auf den 
tierischen Organismus noch nicht näher erforschte Glykoside: des 
Convallamarin, C,H,,0,s (zu 0,2 Proz.) und das Convallarin ent- 
halten. 


30 Herbstzeitlose. 


Herbstzeitlose. Colchieum autumnale (Z,.+ 
Tafel 14. Wandtafel 4. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Colehicum nennt Dioskorides ein in Messenien und im Lande der Kolchier 
wachsendes Kraut, das giftige Knollen besitze und bei den Römern „bulbus 
agrestis“ heiße; man vermutet in diesem die vorliegende Pflanze, welche die Sage 
aus dem Zaubertranke der Medea, von dem einige Tropfen zur Erde fielen, ent- 
stehen ließ; autumnale = im Herbst blühend. „Zeitlose“, weil sie nicht zur Zeit 
der anderen Wiesenblumen blüht. 

Andere deutsche Namen sind: Lausblume, Mattensafran, Michelsblume, Wiesen- 
hahn, Ochsenpinsel, nackte Jungfer. 

Bei den Alten hieß sie auch „FEphemeron“, weil man annahm, der Genuß einer 
Zwiebel führe in einem Tage den Tod herbei. 


Beschreibung. Zwiebelgewächs, mit dichtfleischiger, eiförmiger 
Zwiebel, die, ziemlich tief in der Erde liegend, mit einer oder wenigen 


braunen, trockenhäutigen Schalen bedeckt ist (Fig. 1). — Nach dem 
Blühen stirbt die Zwiebel ab; währenddessen entwickelt der fleischige 
Wurzelstock an einer Seite eine, seltener zwei Knospen. — Blätter 


zu 3 bis 4 stehend, sich scheidenartig umfassend, breit, lanzettförmig, 
parallelnervig, werden im Herbst mit den Blüten angelegt, treten aber 
erst im nächsten Frühling an die Oberfläche. — Blüten zwitterig, zu 
1 bis 3 am Grunde einer seitlichen Rinne der Zwiebel entstehend, 
kurz gestielt (Fig. 2). Blütenhülle (Fig. 3) trichterförmig; Röhre der- 
selben sehr lang, dreiseitig aus der Zwiebel hervortretend und aus der 
Erde hervorragend; Blütensaum lila, zuweilen weiß, trichterförmig, 
sechsteilig; die Abschnitte lanzettlich, am inneren Grunde mit fein- 
behaarter Rinne und einem gelblichen Streifen (Fig. 4). — Die sechs 
Staubblätter, von denen die drei des inneren Kreises länger sind als 
die des äußeren, stehen vor den Perigonblättern und sind mit der Röhre 
verwachsen; Staubbeutel gelb, oval, zweifächerig, der Länge nach auf- 
springend; Pollenkörner orangefarbig. — Fruchtknoten unterirdisch 
(Fig. 2), aus drei einfächerigen, in der Mitte zusammenhängenden 
Fruchtblättern, die zahlreiche Samenanlagen bergen, bestehend; auf 
dem Fruchtknoten drei fadenförmige, an der Spitze zurückgebogene, 
unten weiße, oben lilafarbige Griffel, etwas länger als die Staubblätter; 
Narbe auf der oberen äußeren Seite mit gelbweißen Papillen besetzt. — 


Herbstzeitlose. 3] 


Frucht (Fig. 5) im Frühjahr mit den Blättern aus dem Boden hervor- 
tretend; eine dreihäusige, aufgeblasene, zuerst grüne, später braune, 
häutige (Fig. 6), dreiklappig aufspringende (Fig. 7) Kapsel. — Samen 
zahlreich, rundlich, eiförmig, dunkelbraun, etwas runzelig, am Grunde 
mit einem weißen, fleischigen, nachher eintrocknenden Wulste (Fig. 8). 

Blütezeit: August, September. 

Biologisches. Die Pflanze enthält in allen Teilen ein 
scharfes Gift und wird deshalb von Weidetieren unberührt 
gelassen. Die Nährstoffe werden in einer Knolle in Form von Stärke 
abgelagert. Der Fruchtknoten liegt in der Knolle, die so tief in 
den Boden eingesenkt ist, daß sie gerade an der Frostgrenze 
liegt; ihre Lage kann also zur Feststellung dieser benutzt werden. 
Im Herbst treibt die Knolle ihre um diese Zeit gerade so auf- 
fallende Blüte. Die Staubbeutel öffnen sich nach außen und biegen 
sich nach dorthin. Da der Honig an der Außenseite der Staubfäden 
von kleinen Nektarien abgeschieden und in den von Haaren über- 
deckten Rinnen der Blumenkrone aufbewahrt wird, müssen sich die 
honigsuchenden Bienen und Hummeln notwendig mit Blütenstaub be- 
decken. — Die Blüte ist erstweiblich. Die Narben bleiben 
empfängnisfähig bis zur Entwickelung des Blütenstaubes; daher ist 
auch Selbstbestäubung möglich, die dann eintritt, wenn die 
am Abend sich schließenden Blüten die Griffeläste mit den Staub- 
beuteln in Berührung bringen. Die Samen der erst im nächsten Früh- 
jahr sich entwickelnden Früchte besitzen eine große klebrige Warze, 
mittels derer sie sich an die Füße der Weidetiere anheften und so 
verschleppt werden. 

Standort und Verbreitung. Auf den nassen Wiesen der Ebenen 
und in den Bergländern von Mittel- und Westeuropa; in den Alpen 
bis über 2000 m, fehlt ım östlichen Europa; findet sich dagegen in 
einzelnen Teilen Südeuropas und im Kaukasus. In manchen Gegenden 
als lästiges Unkraut massenhaft in den Wiesen. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze war schon im Altertum 
und im Mittelalter als Giftgewächs bekannt. — In allen Teilen der 
Pflanze ist ein sehr giftiges Alkaloid: das Colehiein (C,,H,,NO,) 
enthalten und zwar, jedoch nach der Jahreszeit verschieden, vorzugs- 
weise in den Knollen (0,2 Proz. in unmittelbarer Umgebung der Gefäb- 
bündel) und in den Schalen der Samen (0,4 bis 0,6 Proz.), während 
in den Blättern nur Spuren davon nachgewiesen sind. Rein dar- 
gestellt, ist es ein in Wasser und Alkohol leicht lösliches amorphes, 
gelbliches, bitteres, klebriges Pulver. Alle Teile der Pflanze besitzen 
einen starken bitteren Geschmack; ihr Genuß bewirkt brennende 
Schmerzen im Munde, Zusammenziehen des Schlundes, später Magen- 
schmerzen und heftige Magenentzündung; in schweren Vergiftungs- 


32 Herbstzeitlose. 


fällen zeigen sich Kälte der Haut, schwacher Puls und Krämpfe; der 
Tod erfolgt gewöhnlich nach 24 bis 30 Stunden, oft nach zwei bis drei 
Tagen. — Vergiftungen von Weidetieren (Pferden und Rindern, sel- 
tener Schweinen und Schafen) kommen nicht selten vor, wenn die 
Tiere im Frühjahr die kräftigen Triebe der Pflanze verzehren, oder 
wenn sie stark mit Herbstzeitlosen versetztes Heu, zu Häcksel ge- 
schnitten, als Futter erhalten, da es im letzteren Falle den Tieren 
nicht möglich ist, die giftigen Pflanzenteile zur Seite zu werfen. — 
In der Heilkunde werden benutzt: die Samen (Semen Colchici). 


Tafel 14. Tafel 14. 


Herbstzeitlose. Colchieum autumnale L. 


1 Zwiebele 2 Zwiebel im Längsschnitt, 3 Blüte. 4 Blüte im Längsschnitt. 
5 Blätter mit Frucht. 6 Frucht, aufgesprungen. 7 Frucht im Querschnitt. 8 Same. 
8 nat. Größe u. vergr. 


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Kaiserkrone. 33 


Kaiserkrone. Fritillaria imperialis (z.). 
Tafel 15. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Fritillaria, weil die Blüte die Gestalt eines Fritillus, d. h. des Bechers, 
hat, aus dem die Würfel geworfen werden; imperialis, kaiserlich, wegen des 
kronenartigen Blattbüschels über dem Blütenstande. 

Beschreibung. Ausdauernde Zwiebelpflanze; Zwiebel mit gelb- 
lichweißen Schuppen. — Stengel bis Im und höher, beblättert. — 
Blätter spitz, eirund, glänzend grün (Fig. 1). Zwischen den obersten 
Blättern und den Blüten ist der Stengel nackt; an seiner Spitze trägt 
er wieder einen Schopf von Blättern. — Blüten zwitterig, hängend, 
aus den Achseln der unteren Blätter des Blattschopfes entspringend. 
Blütenhülle aus sechs ziegelrot oder hochrot gefärbten Blättern be- 
stehend, die am Grunde eine längliche, elfenbeinweiße Honiggrube 
tragen (Fig. 3). — Die sechs Staubblätter, auf dem Grunde der Blumen- 
krone entspringend (Fig. 2), länglich; Staubbeutel zweifächerig, der 
Länge nach aufspringend. — Fruchtknoten dreikantig, dreifächerig, 
mit vielen Samenknospen. Griffel lang, gerade, mit dreiteiliger Narbe. 
— Frucht eine dreikantige, dreifächerige, vielsamige Kapsel. 

In der Kultur sind eine Menge von Abarten entstanden, die sich 
vor allem in der Farbe der Blütenblätter, von Schwefelgelb bis Hochrot 
in fast allen Abstufungen, unterscheiden; in allen Farben gibt es auch 
Formen mit gefüllten Blüten und solche mit gelbbunten Blättern. Eine 
geruchlose Art (Fritillaria inodora), die aus Buchara stammen soll, 
besitzt nicht den unangenehmen, betäubenden Geruch der gewöhnlichen 
Kaiserkrone. 

Blütezeit: März bis Mai. 

Biologisches. Vegetative Vermehrung durch kleine Zwiebelchen, 
die sich zuweilen in den Achseln der Blätter bilden. 

Die zuerst aufrechten Blütenstiele krümmen sich vor dem 
Öffnen der Blumenkrone, so daß der Eingang zur Blüte dem 
Boden zugewendet ist zum Schutze gegen eindringendes 
Wasser, und ferner eine Anpassung an die Gewohnheit der 
Hummeln und Bienen, wenn möglich von unten her an die Blüte zu 
fliegen; sie erfassen die Narbe und den Griffel und klettern an diesen 


zu den Honigbehältern empor, die in Form einer runden Grube auf den 
Esser, Giftpflanzen, 3 


34 Kaiserkrone. 


Blumenblättern stehen. Von den sechs Staubblättern sind drei kürzer 
als die anderen; letztere stehen neben der Narbe. Die ersteren Öffnen 
sich einen Tag früher als die letzteren, welche, falls Fremdbestäubung 
nicht erfolgte, Selbstbestäubung vollziehen. — Der platte Same ist 
mit einem als Flugapparat dienendem Saume umgeben. 

Standort und Verbreitung. Sehr verbreitete Gartenpflanze, die 
aus Persien stammt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts gelangte sie 
nach Konstantinopel, von dort nach Wien, von wo ihre Verbreitung 
durch die kaiserlichen Gärten erfolgte. 

Gift und dessen Wirkung. Die im übrigen sehr stärkereiche 
und deshalb zur Herstellung von Stärke benutzte Zwiebel enthält im 
frischen Zustande ein giftiges Alkaloid: das Imperialin (C,,H,,NO,), 
über dessen Eigenschaften und dessen Verbreitung in anderen Teilen 
der Pflanze bis jetzt nur unsichere Angaben vorliegen. Dasselbe 
Alkaloid ist auch bei anderen Fritillariaarten, z. B. Fritillaria Melea- 
gris, nachgewiesen. 


Tafel 15. Tafel 15. 


4 


im an 


Kaiserkrone. Fritillaria imperialis L. 


1 Oberer Teil der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkronenblatt mit 


Honigdrüse. 


4 


Tafel 16. Tafel 16. 


I ı E24 „uE ET BE5 


Sehachbrettblume. Fritillaria Meleagris L. 


1 und 2 Pflanze mit Zwiebel und Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten 
im Querschnitt, vergr. 


Schachbrettblume. 


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(Si 


Schachbrettblume. Fritillarıa Meleagris (z.). 
Tafel 16. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Fritillaria siehe Fritillaria imp. 

Meleagris (gr. Perlhuhn) wegen der Zeichnung der Blütenblätter; Schach- 
brettblume wegen der Würfelflecken auf den Blütenblättern; Kiebitzei wegen Form 
und Zeichnung der Knospe. 

Beschreibung. Zwiebelpflanze mit kleiner, kugeliger, etwas 
abgeplatteter Zwiebel (Fig. 1). — Stengel 20 bis 30, bis 50 cm hoch, 
beblättert. — Blätter graugrünlich, wechselständig, linealisch, rinnen- 
förmig. — Blüte einzeln, selten zu zweien an der Spitze des Stengels, 
nickend, becherförmig. — Blütenhülle aus sechs rötlichen, seltener 
gelblichen oder weißen, würfelfleckig gezeichneten, ovalen Blättern be- 
stehend, deren Spitze einwärts geneigt ist, und die am Grunde eine 
linealische Honiggrube tragen. — Sechs Staubblätter. — Frucht- 
knoten dreifächerig; Griffel an der Spitze tief dreispaltig. — Frucht 
eine kugelige oder längliche dreifächerige, vielsamige Kapsel. — Viele 
(artenformen mit reingelben, reinweißen oder mit violett-, rötlichbraun- 
oder grüngefleckten Blumenblättern und mit gefüllten Blüten. 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches. Die biologischen Verhältnisse in der Blüte sind 
denen von Fritillaria imperialis gleich. 

Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen in ganz Deutsch- 
land, besonders im Norden, meist zerstreut, zuweilen häufiger vorkom- 
mend; ferner in Südschweden, von Nordfrankreich bis Südrußland 
und zum Kaukasus. — Wird in den schöneren Formen häufig als 
Gartenzierpflanze in feuchtem Boden gezogen. 

Gift und dessen Wirkung siehe Fritillaria imperialis. 


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36 ' Vierblätterige Einbeere. 


Vierblätterige Einbeere. Paris quadrifolia (z.). 
Tafel 17. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Die Herkunft des Namens „Paris“ ist mit Sicherheit nicht festzustellen. Ein- 
beere, weil jede Pflanze nur eine Beere trägt. — Wolfsbeere, Fuchsbeere. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit kriechendem 
Wurzelstock. — Stengel einfach, bis 50 cm hoch, mit einem Wirtel 
von vier breiteiförmigen, zugespitzten Blättern. — Blüte einzeln, 
gipfelständig, zwitterig. — Blütenhülle aus acht, seltener zehn freien, 
grünlichgelben, nach der Blüte nicht abfallenden Blättern bestehend; 
die vier äußeren lanzettlichen, grünlichgefärbten größer als die vier 
inneren linealischen (Fig. 2). — Staubblätter acht oder zehn. Die 
Staubfäden im Grunde der Blütenhülle befestigt, fadenförmig, oben in 
eine lange Spitze endigend (Fig. 3). Staubbeutel zweifächerig, in der 
Mitte der Staubfäden zu beiden Seiten der Länge nach befestigt, 
längsaufspringend. — Fruchtknoten rotbraun, eiförmig, vier- oder 
fünffächerig, mit vier oder fünf freien Griffeln (Fig. 4). — Frucht 
eine fleischige, vier- oder fünffächerige, vielsamige, blauschwarze Beere 
(Fig.5), die von den acht grünen Blättern der Hülle umgeben ist. — 
Same eiförmig (Fig. 6). 

Blütezeit: Mai. 

Biologisches. Die nach oben gerichtete Blüte bietet den 
Insekten die ausgebreitete sternförmige Narbe als An- 
flugsplatz. — Die Pflanze ist erstweiblich. Die Staubbeutel 
stehen anfänglich von der Narbe entfernt; erfolgt auf dieser keine 
Übertragung fremden Blütenstaubes, so biegen sich später die Staub- 
fäden so, daß die Staubbeutel mit der Narbe in Berührung kommen. 


Standort und Verbreitung. An schattigen, feuchten Plätzen 
und in Waldungen Mittel- und Nordeuropas häufig, im Süden seltener. 


Gift und dessen Wirkung. Früchte und Wurzelstock der Pflanze 
besitzen scharfe, etwas narkotische Eigenschaften, denjenigen der 
Ipekakuanha ähnlich. Besonders die schönen, dunkelblauen Früchte 
sind gefährlich, weil sie so leicht von Kindern oder auch von Er- 


Tafel 17. Tafel 17. 


Vierblättrige Einbeere. Paris quadrifolia L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Griffel und Narben. 
5 Frucht. 6 Same. 2, 3, 4, 6 vergr. 


Vierblätterige Einbeere. 37 


wachsenen durch Verwechselung mit anderen Beeren genossen werden 
können. Ausgesprochene Vergiftungserscheinungen treten beim Men- 
schen erst nach Genuß einer größeren Menge (30 bis 40 Stück) der 
Beeren auf; beim Federvieh (Hühner usw.) sollen die Beeren jedoch, 
schon in geringer Menge verzehrt, sehr giftig wirken. — Die Gift- 
wirkung beruht auf der Gegenwart eines Saponins (siehe Einleitung), 
und zwar soll dieses in der Pflanze als Doppelglykosid: Paristyph- 
nin (C;;H,;,0,s) vorhanden sein, welches in Paridin (C,,H,;0-) und 
Zucker spaltbar ist. 


35 Weißer Germer. 


Weisser Germer. Veratrum album (Z).+ 
Tafel 18. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Als Veratrum (Ableitung bisher nicht festgestellt) führte Plinius die von 
Theophrast und Dioskorides Elleboros leukös (gr.) (siehe unter Helleb. niger) 
genannte Pflanze auf. — Germer oder Hermer, die altdeutsche Bezeichnung der 
Pflanze. — Nieswurz, weil die gepulverte Wurzel zum Niesen reizt. 

Beschreibung. Staude mit knolligem, schwärzlichem Wurzel- 
stock. — Stengel einjährig, stielrund, hohl, bis 1 m hoch, mit groben, 
scheidenartigen, am unteren Teile des Stengels mit breit-ovalen, am 
oberen länglichen bis lanzettförmigen, längsfaltigen, stengelumfassenden, 
unten weichhaarigen, dunkelgrünen Blättern besetzt (Fig. 1). — Blüten 
in endständigen, rispigen, weichhaarigen, vielblütigen Trauben. Einzel- 
blüten in den Achseln eiförmiger, zugespitzter Deckblätter entstehend, 
polygamisch; Zwitterblüten (Fig. 4) oder nur Staubblüten (Fig. 3) tragend. 
— Blütenhülle sechsblätterig, regelmäßig, ausgebreitet, Blütenblätter 
weiß oder grünlich, mit grünen Nerven, am Rande kerbig gesägt. — 
Sechs am Grunde der Blütenblätter und vor diesen befestigte Staub- 
blätter. Staubfäden pfriemenförmig. Staubbeutel nierenförmig, am 
Rücken des Staubfadens angefügt, querspaltig, nach außen hin auf- 
springend. — Fruchtknoten (Fig. 5, 6 u. 7) in den Zwitterblüten aus 
drei am Grunde zusammenhängenden, einfächerigen, länglichen Frucht- 
blättern gebildet. Drei kurze, pfriemliche, freie, nach außen gebogene 
Griffel. — Frucht (Fig. 8) eine längliche, bräunliche, oben aufspringende 
Kapsel, die von der bleibenden Blütenhülle umgeben ist. — Samen in 
jedem Fruchtblatte bis zu zwölf, flach, länglich, blaßrötlich, mit einem 
breiten, häutigen Rande (Fig. 9). — Die Abart mit hellgrünen Blüten 
führt auch den besonderen Namen Veratrum Lobelianum (Bernh.). 

Blütezeit: Juli, August, September. 

Biologisches. Jedes der konkaven Blätter hat an der 
oberen Seite eine Menge tiefer Längsrinnen, die alle am 
Blattgrunde zusammenmünden. Das auffallende Regenwasser 
sammelt sich hier und fließt am Stengel herab zu den 
Wurzeln hin. In den giftigen Alkaloiden hat die Pflanze einen Schutz 
gegen Tierfraß. — An jedem Stocke finden sich neben echten 
Zwitterblüten auch reine Staubblüten. — Die Samen haben 


Tafel 18. Tafel 18. 


Weißer Germer. Veratrum album L. 


1 Sproß mit Blättern und Blüten, verkleinert. 2 Staubblüte. 3 Staubblüte, längs 
durchschnitten. 4 Zwitterblüte. 5 Fruchtknoten mit Griffel. 6 Fruchtknoten, längs _ 
durchschnitten. 7 Fruchtknoten, quer durchschnitten. 8 Frucht. 9 Samen. 
2.bis 9 vergr. 


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Weißer Germer. 39 


in dem geflügelten, häutigen Rande eine Ausrüstung zur 
Verbreitung durch den Wind. 

Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen der Gebirge 
und Hochebenen von Spanien bis zum Nordkap in den meisten Ländern 
Europas und Nordasiens bis nach Japan, fehlt in manchen Ländern 
ganz, z. B. in Griechenland, England und Dänemark. In Deutschland 
mehr im Süden, in den Alpen und im Riesengebirge, fehlt aber auch 
in manchen Teilen Deutschlands, z. B. im Schwarzwalde. 

Gift und dessen Wirkung. Veratrum album und Veratrum 
nigrum enthalten in den Wurzelstöcken und Wurzeln, hier namentlich 
in der Oberhaut und den Schutzscheidezellen, weniger in den Stengeln 
und Blättern stark, narkotische Gifte, welche die Tätigkeit des Rücken- 
marks lähmen. In früberer Zeit wurde der Saft der Pflanze als Pfeil- 
gift benutzt. — Man hat in der Pflanze fünf Basen nachgewiesen, die 
alle an die (mit der Chelidonsäure identische) Jervasäure gebunden 
sind: Jervin (C,;H;,N0,), Rubijervin (0,,H,NO,), Pseudojervin 
(C,H,,NO,), Veratrin (C,,H;, NO,,) und Veratridin (C,,H,;NO,). Ein 
trockener Wurzelstock enthält bis 1,5 Proz. dieser Alkaloide. Die 
stärksten Giftwirkungen äußert das Veratrin, rein dargestellt, ein 
weißes, geruchloses, kristallinisches, etwas scharf bitter schmeckendes 
Alkaloid. Auf der Haut erzeugt dasselbe das Gefühl des Stechens, 
Brennens und Juckens. In die Nase gebracht, erregt es ein oft stunden- 
lang anhaltendes, heftiges Niesen. Die Vergiftungserscheinungen sind 
im allgemeinen den durch die Herbstzeitlose hervorgebrachten ähn- 
lich, nur weit heftiger; sie gehen bis zur völligen Betäubung und Ge- 
fühllosigkeit, Zittern der Glieder und Krämpfen. — In der Heilkunde 
wird benutzt: der Wurzelstock von Veratrum album (Rhizoma veratri). 


Bu Se u 2 cu Se u a 2 = — 


40 Schwarzer Germer. 


Schwarzer Germer. Veratrum nigrum (Z..t 
Tafel 19. 


Fam.: Liliengewächse. Liliaceae. 


Veratrum siehe Veratrum album. 


Beschreibung. Staude mit knolligem Wurzelstock. — Stengel 
bis 1!/, m hoch, beblättert. — Blätter breitelliptisch, kahl; die grund- 
ständigen sehr groß, in den Blattscheiden verschmälert, längsfaltig 
(Fig. 1). — Blüten in großen, rispigen, filzig behaarten Trauben, 
polygamisch (Zwitterblüten und Staubblüten). Blütenhülle regelmäßig 
sechsblätterig, ihre Blättchen so lang wie die Blütenstiele, braunrot, 
elliptisch, ganzrandig, bleibend (Fig. 3). — Staubblätter sechs, Staub- 
beutel, am Rücken den Staubfäden angeheftet, einfächerig, querspaltig 
sich öffnend (Fig. 6). — Fruchtknoten in den Staubblüten rück- 
gebildet, in den Zwitterblüten aus drei einfächerigen, vielsamigen 
Fruchtblättern bestehend. — Frucht eine dreifächerige Kapsel in der 
bleibenden, rotbraunen Blütenhülle stehend (Fig. 4 u. 5). 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Siehe Veratrum album. 

Standort und Verbreitung. In Bergwäldern und Kalkböden Süd- 
europas; in Krain, Kroatien, Ungarn, Dalmatien, in Böhmen bei Schlan. 
— Wird als dekorative Pflanze häufig in Gartenanlagen angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung siehe Veratrum album. 


Tafel 19. Tafel 19. 


Schwarzer Germer. Veratrum nigrum L. 


1 Grundständige Blätter. 2 Teil eines Blütenstandes. 3 Blüte. 4 Blüte mit 
junger Frucht. 5 Frucht im Querschnitt. 6 Staubblätter. 3 bis 6 vergr. 


Unechte Narzisse. 41 


Unechte Narzisse. Narcissus pseudo- 
narcissus (Z.). 


Tafel 20. 


Fam.: Amaryllisgewächse. Amaryllidaceae. 


Nareissus, bei Dioskorides narkissos (gr.) genannt, von narkös (gr.), Be- 
täubung, wegen des betäubenden Geruches vieler Narzissen. — Pseudonareissus 
— falsche, unechte Narzisse. 

Beschreibung. Zwiebelpflanze mit eiförmiger, großer, von 
schwarzbrauner, häutiger Schale bedeckter Zwiebel (Fig. 1). — Blätter 
flach, linealisch, rinnenförmig, graugrün, etwa 30 cm lang. — Blüten- 
schaft zweischneidig, einblütig. — Blüte in einer häutigen Blüten- 
scheide, zwitterig, regelmäßig. Blütenhülle gelb, tellerförmig, sechs- 
teilig, Zipfel eirund, am Grunde zu einer Röhre verwachsen, auf der 
sich eine glockenförmige, goldgelbe Nebenkrone erhebt, deren oberer 
Saum unregelmäßig gelappt und wellig gehalten ist. — Die sechs 
Staubblätter sind im Grunde der Röhre befestigt. Die Staubfäden 
sind kurz; die Staubbeutel am Rücken angeheftet, länglich, zwei- 
fächerig; sie öffnen sich mit einer Längsspalte nach innen. — Frucht- 
knoten stumpf, dreikantig, dreifächerig, mit vielen Samenanlagen. 
Griffel lang, fadenförmig; Narbe platt, dreiteilig. — Frucht eine läng- 
liche, stumpf dreikantige, dreifächerige, aufspringende Kapsel. — Same 
halbkugelig. 

Blütezeit: März, April. 

Biologisches. Nadelförmige Kristalle (Rhaphiden) in Blättern 


und Stengeln gewähren Schutz gegen Tierfraß. — Die Innenseite 
der röhrenförmigen Nebenkrone ist unten in ein honigabson- 
derndes Gewebe umgewandelt. — Bestäubung der in der Dunkel- 


heit noch sichtbaren gelben Blüten erfolgt meist durch Nacht- 
schmetterlinge, aber auch am Tage durch Hummeln und Bienen. — 
Die Blüte ist erstweiblich (proterogyn). Der feingezähnte Rand 
der Narbe ist als Vorrichtung zum bessern Festhalten des Blüten- 
staubes anzusehen, da die Insekten beim Eindringen .in die Blüten 
die Narbe nur am Rande berühren. 

Standort und Verbreitung. Auf Bergwiesen von Südeuropa 
(besonders in Spanien) bis nach dem südlichen Skandinavien. In 


42 Unechte Narzisse. 


Deutschland stellenweise sehr häufig, so in der Rheinprovinz (in der 
Eifel bei Malmedy, auf dem Hundsrück und an anderen Orten), in Hessen, 
in den Hochvogesen. — An vielen Stellen verwildert. Wird häufig in 
Gärten angepflanzt und hat in der Kultur viele schöne Abarten erzeugt. 

Gift und dessen Wirkung. Die Zwiebel und in geringem Maße 
die übrigen Teile der Pflanze enthalten ein narkotisch wirkendes Gift, 
als welches das in seinen Eigenschaften nicht näher bekannte, bitter 
schmeckende, brechenerregende Pseudonarcissin (Narcitin) an- 
gesehen wird. 


Tafel 20. 


Tafel 20. 


Wlzıiiie 


Unechte Narzisse. 


Nareissus pseudonarcissus L. 


1 Zwiebel. 2 Blätter, Knospe und Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 


4 Staubblatt. 
5 Narbe. 6 Fruchtknoten im Querschnitt. 4 


‚5, 6 vergr. 


Hanf. 43 


Hanf. Cannabis sativa (zZ. 
Tafel 21. 


Fam.: Nesselgewächse. Urticaceae. 


Kännabis (gr.) bei Herodot und Dioskorides; Cannabis sativa ist bei 
Plinius die Bezeiehnung für diese Pflanze. Man leitet dieselbe ab vom Altindischen 
und nennt von der Pflanze die Sanskritnamen „Banga“ und „Gangika“, deren Wurzel 
„ang“ oder „an“ sich in allen indoeuropäischen und semitischen Sprachen wieder- 
findet, z. B. „Bang“ im Persischen, „Ganga“ in Bengalen, „Kanas“ im Keltischen, 
„Cannab“ im Arabischen, „Hanaf“ im Althochdeutschen, „hänep“ im Angelsäch- 
sischen, „hanpr“ im Altnordischen, endlich der heutige deutsche Name „Hanf“. — 
Die Benennungen „Femmel“, „Fimmel“ für den männlichen und „Mastel“ für den 
weiblichen Hanf werden auf die lateinische bzw. italienische Bezeichnung femella 
und masculus zurückgeführt, allerdings in umgekehrter Anwendung, was sich aber 
vielleicht aus der sehr verschiedenen Größe der beiden Geschlechter dieser Art 
erklärt, von denen die weibliche, weil stärker entwickelt, dem Volke als männlich 
erscheint. 

Beschreibung. Einjährige, krautige Pflanze mit weiber, 
spindelförmiger Pfahlwurzel. — Stengel bis 3m hoch, aufrecht, un- 
deutlich vierkantig, innen hohl, verästelt, mit steifen Borstenhaaren 
dicht besetzt. — Blätter gestielt; Stiel rinnenförmig; die unteren 
Blätter fünf- bis neunfach gefingert, die oberen einfacher bis zu 
kleinen lanzettlichen Blättern, unten gegenständig, oben zerstreut; Blätt- 
chen schmal, lanzettlich, spitz, grobgesägt (Fig. 2). — Blüten zwei- 
häusig; bei der Pflanze mit Staubblüten (der männlichen) in achsel- 
und endständigen Trauben (Fig. 1); bei derjenigen mit Fruchtblüten 
(der weiblichen) in achselständigem, ährigem Blütenstande (Fig. 2). — 
Staubblüten hängend; Blütenhülle fünfblätterig (Fig. 3); Blättchen der- 
selben länglich, gleich lang, die drei äußeren mit häutigem Rande und 
grünen Mittelnerven, die drei inneren schmäler, grünlich. — Die fünf 
Staubblätter am Grunde der Kronblätter angeheftet; Staubfäden 
kurz, fadenförmig; Staubbeutel länger, fast vierkantig, zweifächerig, mit 
Öldrüsen besetzt, der Länge nach aufspringend (Fig. 4). — Frucht- 
blüten zu je zwei von einem gemeinschaftlichen und jede einzelne 
von einem besonderen Deckblatte gestützt. Blüte von einem krautigen, 
mit Drüsen und Haaren besetzten, bauchigen, scheideförmigen Hüll- 
blättchen umschlossen (Fig. 5). — Fruchtknoten länglichrund, ein- 
fächerig, einsamig (Fig. 6); zwei Griffel, kurz, in zwei längere, faden- 
förmige, behaarte Narben auslaufend (Fig. 5). — Frucht ein eiförmiges, 


44 Hanf. 


etwas zusammengedrücktes, nicht aufspringendes Nüßchen, das von den 
scheidenförmigen Hüllblättchen umschlossen bleibt (Fig. 7). — Same 
hängend, von einem feinen, grünen Häutchen bedeckt (Fig. 8). Embryo 
weiß, gekrümmt (Fig. 9). Cotyledonen ölig, fleischig. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches.. Zweihäusige, erstweibliche (proterogyne) 
Pflanze. Erst vier bis fünf Tage, nachdem die weiblichen Pflanzen be- 
fruchtungsfähig geworden, öffnen sich an den männlichen die Staub- 
beutel, die an zarten Fäden pendeln, und der Wind trägt den Blüten- 
staub auf die Narben (windblütige Pflanzen). 

Standort und Verbreitung. Der Hanf wird wild gefunden in 
den weiten Gebieten Mittel- und Nordasiens, in Mittel- und Südrußland, 
in Sibirien, in Persien, in Kaschmir, im Himalaja bis zu 3000m und in 
China. Seit den ältesten Zeiten in den genannten Gegenden kultiviert. 
Nach Herodot bauten die Skythen die Pflanze an; im 3. Jahrh. v. Chr. 
soll schon die Hanffaser zur Ausrüstung der Schiffe in Sizilien aus 
Gallien hergebracht worden sein. Danach hätten die nordeuropäischen 
Völker die Pflanze schon sehr früh gekannt, und nimmt man an, daß 
die Germanen dieselbe und den Namen dafür aus der Aralgegend mit- 
brachten. In den Überresten der Schweizer Pfahlbauten fehlt der 
Flachs. Die Ausbreitung über weite, klimatisch so verschiedene Ge- 
biete und mehrtausendjährige Kultur haben die Pflanze im Aussehen 
zwar wenig,.in ihren Eigenschaften und ihren physiologischen Wir- 
kungen dagegen sehr verändert. Unter den klimatischen Verhältnissen 
des Nordens ist sie zur Faserpflanze, durch die Sonne des Südens zur 
Arzneipflanze und zum Reizmittel geworden. 

Gift und dessen Wirkung. Das Kraut der Pflanze besitzt aus- 
gesprochen narkotische Wirkung. Die Giftwirkung wird einem 
Alkaloid: dem Cannabin, Cannabinin oder Tetancannabin zuge- 
schrieben. Eigenschaften und chemische Zusammensetzung dieses Stoffes 
sind nicht näher bekannt, wie auch sein Vorhandensein in der Hanf- 
pflanze von einigen Chemikern in Zweifel gezogen wird. Die letzteren 
nehmen an, daß es sich nicht um ein spezifisches Alkaloid, sondern 
um „Cholin“, eine auch sonst im Pflanzenreich vorkommende giftige 
Base handelt. Von anderen wird die physiologische Wirkung dem in 
den ätherischen Ölen der Pflanze enthaltenen Cannaben (C,,H,,) einem 
Sesquiterpen zugeschrieben. Der in Indien kultivierte, auch Cannabis 
indica genannte Hanf enthält die erwähnten Stoffe in weit reichlicherer 
Menge als die in nördlichen Gegenden zur Fasergewinnung angebaute 
Pflanze. — Die Ausdünstungen der Pflanze erregen Kopfschmerzen und 
Schwindel. In geringer Menge eingenommen oder geraucht, verursachen 
die Blätter und Stengel eine Art Rausch, dem Opiumrausche sehr 
ähnlich. Der von den Bewohnern Hindostans, Arabiens, Persiens, 


Tafel 21. Tafel 21. 


Hanf. Cannabis sativa L. 


1 Sproß der männlichen Pflanze. 2 Sproß der weiblichen Pflanze. 3 Staubblüte. 
4 Staubblatt. 5 Fruchtblüte. 6 Fruchtknoten. 7 Frucht. 8 Same, nat. Größe 


u. vergr. 9 Same inı Längsschnitt. 3 bis 7 u. 9 vergr. 


Hanf. 45 


Algiers, der Türkei und benachbarter Länder zur Berauschung benutzte 
„Haschisch“ wird von den vor der Fruchtreife gesammelten und ge- 
trockneten Spitzen der Pflanze bereitet oder aus dem Harze, das durch 
Abschaben von den Stengeln und Blättern der weiblichen Pflanze ge- 
wonnen wird. Die auch in der Heilkunde benutzte Wirkung des 
Hanfes richtet sich vor allem auf die Tätigkeit des Gehirns und des 
Herzens. Der Gebrauch größerer Mengen des Giftes führt bei solchen 
Personen, die an dasselbe nicht gewöhnt sind, nach einer aufheiternden 
Wirkung schnell Betäubung und Verlust des Gefühls herbei. Die Nach- 
wirkungen der Vergiftung (Atemnot, Muskelschwäche u. dgl.) sind oft 
von langer Dauer; unmäßiger Gebrauch hat häufig zu Wahnsinn geführt. 
— In der Heilkunde werden benutzt: die Spitzen der weiblichen 
Pflanze mit den jungen Früchten (Herba Cannabis) und die 
reifen Früchte (Fructus Cannabis). 


46 Kornrade. 


Kornrade Agrostemma Githago (Z,. 
Tafel 22. 


Fam.: Nelkengewächse. Caryophyllaceae. 


Acrostemma von agrös (er.), Feld, und stemma (gr.), Kranz, Krone. Diese 
Feldpflanze, die Dioskorides „Feldnelke“, Iychnis agria (gr.), nennt, wurde zu 
Kränzen gebraucht. Githago, eine bei Plinius „Gith“ genannte, in den Samen 
dem Schwarzkümmel ähnliche Pflanze. 

Rade von raden — ausroden. 

Githago segetum (Desf.). Segetum, in der Saat wachsend. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit einfachem oder wenig 
verzweigtem Stengel, !/, bis Im hoch, weißfilzig, behaart. — Blätter 
linealisch, die unteren gestielt, die oberen ungestielt, lang zugespitzt, 
unten verbreitert, entgegengesetzt stehend (Fig. 1). — Blüten zwitterig, 
auf langen Stielen, gipfelständig. — Kelch unterständig, bauchig- 
röhrig, rippig, in fünf linealen, die Blumenkrone um das Doppelte über- 
ragenden Zipfeln endigend. — Blumenkrone fünfblätterig; Blumen- 
blätter unten genagelt; Platte breit ausgerandet, rot. — Staubblätter 
zehn; Staubbeutel länglich, am Rücken den Staubfäden angeheftet, längs- 
spaltig sich öffnend; Staubfäden lang, fadenförmig, weiß (Fig. 2). — 
Fruchtknoten kegelförmig, einfächerig; Samenträger grundständig; 
die fünf langen, fadenförmigen Griffel an der Spitze nach links zurück- 
gebogen, drüsig behaart (Fig. 3). — Frucht eine vom Kelch um- 
schlossene Kapsel, an der Spitze in fünf Zähnen aufspringend (Fig. 5). 
— Samen zahlreich, dreieckig, rund, etwas. zusammengedrückt, mit 
schwarzer; konzentrisch mit kleinen Warzen besetzter Schale (Fig.5 u. 6). 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Erstmännliche Blüte. — Die Übertragung 
des Blütenstaubes erfolgt durch Schmetterlinge (Tagfalter). — 
Bleibt Fremdbestäubung aus, so strecken die Staubfäden sich so weit, 
daß ihre Staubbeutel mit der Narbe in Berührung kommen und Eigen- 
bestäubung erfolgt. 

Standort und Verbreitung. Als Unkraut in Getreidefeldern durch 
ganz Europa und Asien. Erhebliche Verunreinigung des Getreides ist 
jedoch bei Anwendung der Mehl- und Getreidereinigungsmaschinen 
ausgeschlossen 

Gift und dessen Wirkung. Die Samen der Pflanze enthalten bis 
6,56 Proz. eines giftigen glykosidischen Saponins, welches als 


Tafel 22. Tafel 22. 


Kornrade. Agrostemma Githago L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blumenkronenblatt und Staubgefäße. 3 Fruchtknoten mit 
Griffel. 4 Frucht. 5 Frucht (Samenkapsel) im Längsschnitt. 6 Same. 3, 6 vergr. 


Kornrade. 47 


Agrostemma-Sapotoxin, Githagin oder Agrostemmin (2C,-H;:0,,) 
bezeichnet wird, in reinem Zustande eine weiße, amorphe, geruchlose 
Masse. — Über die Saponine und ihre physiologischen Wirkungen 
siehe Einleitung. — Das Gift ist ausschließlich im Embryo, der Radicula 
und den Keimblättern enthalten. — Die Wirkung ist eine narkotische; 
auf die Nasenschleimhaut gebracht, erregt es heftiges Niesen. — Vor 
allgemeiner Einführung der Getreidereinigungsmaschinen kamen die 
Samen als Verunreinigungen häufig in größerer Menge ins Brot, machten 
dieses unangenehm bitter schmeckend und in hohem Grade gesundheits- 
schädlich; auch sind Vergiftungen mit tödlichem Ausgange vorgekommen 
beim Gebrauch von Kornkaffee, in dem, wie die Untersuchung ergab, 
eine größere Menge von Radesamen enthalten war. Durch den Röst- 
prozeß war also das giftige Glykosid nicht zerstört worden. 


48 Gemeines Seifenkraut. 


(Gemeines Seifenkraut. Saponaria 
offieinalis (z.). 


Tafel 23. 


Fam.: Nelkengewächse. Caryophyllaceae. 


Saponaria von sapo —= Seife, weil die zerstoßenen, im Wasser schäumenden 
Wurzeln statt Seife gebraucht werden können. — Offieinalis, in der Heilkunde 
gebräuchlich. 


Beschreibung. Staude mit kriechendem, rötlichem Wurzelstock. 
— Stengel 30 bis 50 cm hoch, steif, aufrecht, stielrund, knotig, fast 
kahl oder fein behaart, beblättert. — Blätter glatt, länglich-elliptisch, 
von drei bis fünf starken Rippen durchzogen, am Grunde in einen 
kurzen, breiten Stiel verschmälert, scharfrandig, — Blütenstand 
rispig. — Kelch zylinderförmig, etwas rötlich, nackt oder behaart. — 
Blumenkronblätter fünf, hell-fleischfarbig, in einen langen Nagel 
ausgezogen, mit herzförmiger Platte, an deren Grunde mit zwei spitzen 
Zähnen. — Staubblätter zehn, mit bläulichen Staubbeuteln. — Frucht- 
knoten einfächerig, mit zwei Griffeln. — Frucht eine einfächerige, 
an der Spitze in vier Zähnen aufspringende Kapsel. — Samen nieren- 
förmig, schwarzbraun, feingekörnt. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Die Blüte ist an die Bestäubung durch Abend- 
und Nachtschmetterlinge angepaßt: die Blumenblätter sind hell, 
einfarbig und duften am stärksten des Abends; der tief in der Blumen- 
krone abgelagerte Honig ist nur dem langen Schmetterlingsrüssel zu- 
gängig. — Erstmännliche (proterandrische) Blüte. — Besucher sind 
der Ligusterschwärmer (Sphinx ligustri) und Nachtschmetterlinge aus 
den Gattungen Diathoecia und Mamestra. Die letzteren benutzen 
den Fruchtknoten als Brutstätte für ihre Nachkommenschaft, 
indem sie mittels der langen Legröhre ihre Eier in denselben bringen. 
Die Räupchen ernähren sich von den Fruchtanlagen und verlassen 
ihre Wohnstätte erst, wenn sie sich zum Verpuppen in die Erde be- 
geben wollen. 

Standort und Verbreitung. Auf Sandboden, an Wegrändern und 
Hecken, auf Hügeln, an Flußufern und auf Schuttplätzen; in Mittel- 
und Südeuropa sehr verbreitet. 


u en 


Tafel 23. Tafel 23. 


Seifenkraut. Saponaria officinalis L. 
1 Blühender und nichtblühender Sproß. 


blatt mit vor- und nebenstehenden Staubblättern. 4 Blumenkronblatt. 5 Frucht- 
knoten im Längsschnitt. 


2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkron- 


6 Fruchtknoten im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Same. 
2 bis 8 vergr. | 


Gemeines Seifenkraut. 49 


Gift und dessen Wirkung. In der ganzen Pflanze, besonders 
in der Wurzel, ist ein giftiges, glykosidisches Saponin: das 
Saponarin (C,,H;,0,,)? enthalten, von anderen wird es Saporubrin 
genannt; seine chemische Zusammensetzung ist noch ganz unsicher. 
Über Saponine siehe Einleitung. — Es bildet, rein dargestellt, nadel- 
förmige, stark hygroskopische Kristalle. — In der Heilkunde wurde 
früher benutzt: der im Ruhezustande der Pflanze gesammelte 
Wurzelstock (Radix Saponariae rubrae). 


Esser, Giftpflanzen. 4 


50 Schwarze Nieswurz. 


Schwarze Nieswurz. Helleborus niger (Z,.+ 
Tafel 24. Wandtafel >. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Helleboros, Elleboros (gr.), von hellein (gr.), töten und bora (gr.), Speise, 
weil der Genuß den Tod bringt; nach anderen von einem Flusse Helleborus auf der 
Insel Antikyra, wo diese seit den ältesten Zeiten als Elleboros melas (gr.) bezeichnete 
Pflanze medizinisch benutzt und von den griechischen Ärzten gesammelt wurde. 

Nieswurz, weil die gepulverte Wurzel zum Niesen reizt. — Winterrose, Christ- 
wurz, Christrose, Weihnachtsrose, weil die Pflanze zur Weihnachtszeit blüht. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fast senkrecht 
stehendem, ein- oder vielköpfigem, dunkelbraunem Wurzelstock. — 
Blätter grundständig, langgestielt, fußförmig, mit fünf bis neun kahlen, 
glatten, lederigen, oben dunkel-, unten hellgrünen, verkehrt lanzett- 
förmigen, spitzen, gegen die Spitze zu grobgesägten Blättchen (Fig. 1). 
— Blütenschaft aufrecht, stielrund, blattlos, grünlich, oft unten röt- 
lich angelaufen, aus einem breiten, abgerundeten Niederblatt ent- 
springend, mit einer oder zwei, zuweilen drei, von einem eiförmigen 
Niederblatt gestützten Blüten. — Blüte groß, zwitterig. — Kelch fünf- 
blätterig, ausgebreitet, blumenblattartig; Blätter breit-eirund, weiß, 
bleibend; beim Aufblühen blaßrötlich, nach dem Verblühen grün wer- 
dend. — Blumenkronblätter 13 bis 20, klein, zu dütenförmigen, zwei- 
lippigen, gelblichgrünen Honigbehältern (Nektarien) umgewandelt; Honig- 
drüse im Grunde des Nektariums (Fig.2 und 35). — Staubblätter 
zahlreich; Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel länglichrund, gelb, 
zweifächerig, längsaufspringend. — Fruchtblätter zwei bis neun, frei, 
länglich, seitlich zusammengedrückt; Samenanlagen zahlreich, zweireihig, 
an der Bauchnaht befestigt; Griffel pfriemlich, nach außen gebogen; 


Narbe nierenförmig (Fig. 2). — Frucht eine am Grunde etwas ver- 
wachsene Teilkapsel, an der Bauchnaht der Länge nach aufspringend 
(Fig. 4). 


Blütezeit: Dezember bis März. 

Biologisches. Die Pflanze wird von Tieren unberührt ge- 
lassen infolge des in den grünen Teilen enthaltenen Giftes. 
— An den großen, honigreichen Blüten sind die eigentlichen Blumen- 
blätter zu dütenförmigen „Nektarien“ umgewandelt; ihre Rolle über- 
nehmen die Kelchblätter, welche, im Anfang, durch ihre blendendweiße 


Tafel 24. Tafel 24. 


Schwarze Nieswurz. Helleborus niger L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Innere Teile der Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der 
inneren Blütenhülle (Honigdrüse). 4 Frucht. 3 vergr. 


Schwarze Nieswurz. 51 


Farbe gegen das dunkle Grün abstechend, weithin sichtbar sind. Nach- 
dem sie zur Anlockung der Insekten gedient, fallen sie nicht, wie die 
Blumenkronblätter der meisten Blüten, ab, sondern bleiben erhalten 
und bilden in ihrem Innern Blattgrün; die weiße Farbe geht allmäh- 
lich in eine grüne über. — Platzwechsel .der Staubblätter. Die 
Staubblätter sind in mehreren Wirteln um die Fruchtblätter gruppiert. 
Um sie herum steht der Nektarienkranz, und dieser ist umgeben von 
den Blumenkronblättern; die besuchenden Insekten (Hummeln, Bienen) 
werden also dem Rande der Blüte zustreben. In der jungen, sich eben 
öffnenden Blüte sind die Griffel so auseinandergespreizt und gekrümmt, 
daß die Narben über den Nektarien stehen; die Staubbeutel sind noch 
vollständig geschlossen. Die Blüte ist also ausgesprochen erstweiblich. 
Ist die Bestäubung vollzogen, so öffnen sich die Staubbeutel des 
äußersten Wirtels der Staubblätter, und die Staubfäden strecken, 
krümmen und drehen sich so, daß die Staubbeutel genau über die 
Mündung der kleinen, honigführenden Becher zu stehen kommen. In- 
sekten, welche den Honig entnehmen wollen, streichen unvermeidlich 
an den Staubbeuteln vorbei. Am folgenden Tage biegen sich die 
Staubfäden dieses ersten Wirtels weiter nach außen gegen die blumen- 
blattartigen Kelchblätter hin, und an ihre Stelle treten die Staubblätter 
des nächsten Wirtels; auch diese werden am folgenden Tage nach außen 
gerückt und durch Glieder des folgenden Wirtels ersetzt. Dies wieder- 
holt sich Tag für Tag, bis sämtliche Staubblätter mit größter Genauig- 
keit ihre Staubbeutel über die Nektarien gestellt haben. 

Standort und Verbreitung. Auf Kalkboden in schattigen Tälern 
und Waldungen Süddeutschlands, Österreich-Ungarns und Südeuropas; 
bei uns oft in Gärten angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Nieswurzarten gehören zu den 
scharfnarkotischen Giftpflanzen. Im Wurzelstock und in den Grund- 
blättern von H. niger, H. viridis und H. foetidus sind zwei sehr 
giftige, kristallisierbare, in Wasser schwer, in Alkohol leicht lösbare 
Glykoside enthalten (über Glykoside siehe Einleitung): Das Helle- 
borin (C,H,,0), besonders reichlich in H. viridis, und das Helleborein 
(C;;H;;0;), besonders in H. niger. Diese Glykoside sollen besonders 
in den äußeren Lagen des Rindenparenchyms von Wurzel und Wurzel- 
stock vorkommen. Die frische Wurzel riecht widrig und schmeckt 
etwas bitter; auf der Haut bringt sie Rötung und Blasenbildung her- 
vor; genossen, erregt sie Schwindel, Erbrechen, Durchfall und führt 
zuletzt durch Krämpfe, Lähmung zum Tode. — Die Wurzel von H. niger 
war früher als Heilmittel gegen Geisteskrankheiten berühmt. 


4* 


52 Stinkende Nieswurz. 


Stinkende Nieswurz. Helleborus 
foetidus (Z..+ 
Tafel 25. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Helleborus siehe Helleborus niger. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit spindelförmigem, 
ästigem Wurzelstock. — Stengel bis 35 cm hoch, aufrecht, fingerdick, 
steif, rund, beblättert. — Blätter: die unteren langgestielt, mit rin- 
nigem Blattstiel und mit scheidigem Grund, Blattspreite lederartig, 
dunkelgrün, kahl, fußförmig, mit sieben bis neun lanzettlichen, spitzen, 
feingesägten Blättchen; die oberen mehr oder weniger nur aus breiter 
Scheide mit sehr kleinen Blattzipfeln, weiter nach oben übergehend 
in die ovalen Deckblätter des Blütenstandes (Fig. 1). — Blütenstand 


rispenartig doldentraubig, reichblütig. — Blüten nickend, Blütenstiele 
kurz behaart. — Kelch fünfblätterig mit glockenförmig zusammen- 


geneigten, länglichrunden, grünen, braunrot gesäumten Blättern (Fig. 2). 
— Blumenkronblätter zu schlauchförmigen, offenen, abgestutzten, 
gezähnelten Honigbehältern umgewandelt (Fig. 3). — Staubblätter 
so lang wie der Kelch. Staubfäden weiß, Staubbeutel gelb. — Frucht- 
blätter zwei bis drei, aufgeblasen, kurz behaart, im unteren Drittel 
verwachsen, vielsamig. Griffel pfriemenförmig (Fig. 4). — Frucht 
eine aufspringende Kapsel (Fig. 5). — Samen eiförmig, mit einer weiß- 
lichen Nabelwarze (Fig. 6). 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches siehe Schwarze Nieswurz. 

Standort und Verbreitung. An halbschattigen, steinigen Stellen, 
auf Kalkboden, in Süd- und Mitteleuropa. In Deutschland nur in be- 
stimmten Gebieten, z. B. im Rheintale und seinen Nebentälern, in der 
Pfalz, in Baden und Thüringen. 

Gift und dessen Wirkung siehe Helleborus niger. 


Tafel 25. j Tafel 25. 


Stinkende Nieswurz. Helleborus foetidus L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Honigdrüse. 4 Fruchtblatt. 
5 Samenkapsel. 6 Same. 2, 3, 4 vergr. 


Tafel 26. : Tafel 26. 


Grüne Nieswurz. Helleborus viridis L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der inneren Blütenhülle 
(Honigdrüse). 4 Einzelnes Fruchtblatt. 


Grüne Nieswurz. 53 


- Grüne Nieswurz. Helleborus viridis (z..+ 
Tafel 26. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Helleborus siehe Helleborus niger. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem, mehr- 
köpfigem, kriechendem, geringeltem, braunem Wurzelstocke. — Wurzel- 
blätter fußförmig, langgestielt, die Blättchen lanzettförmig, dünn, nicht 
lederartig, zurückgekrümmt, am ganzen Rande dicht scharf gesägt, 
dunkelgrün, an der Unterseite mit hervortretenden Adern, kahl oder 
an der Rippe fein behaart. — Stengel blattlos, rund, einblütig, oft 
verzweigt, dann an der Verzweigungsstelle ein kleineres, fingerig zer- 


teiltes Blatt mit breiten Scheidenstielen (Fig.1). — Blüten einzeln, 
groß, angenehm schwach duftend. — Kelch fünfblätterig, breit, oval, 
ausgebreitet, dunkelgrün (Fig. 1). — Blumenkronblätter zu gelb- 


grünen, dütenförmigen, unbestimmt zweilippigen Honigbehältern um- 
gewandelt (Fig. 5). — Staubblätter zahlreich; Staubfäden fadenförmig, 
weiß; Staubbeutel länglich, gelblichweiß (Fig. 2). — Fruchtblätter 
meist drei, frei, aufgeblasen, grün; Griffel pfriemlich, zurückgebogen 
(Fig. 4). — Frucht eine dreispaltige Kapsel mit geradem Rücken (Fig. 1). 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches siehe Helleborus niger. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden an Waldrändern 
im westlichen und mittleren Europa; nicht häufig in Deutschland: in 
Schlesien, Böhmen, Sachsen, im Harz, in Hannover, Westfalen, Hessen 
und in der Eifel. 

Gift und dessen Wirkung siehe Helleborus niger. — In der 
Heilkunde wurde früher benutzt: der Wurzelstock (Radix Helle- 
bori viridis), gesammelt in der Ruheperiode der Pflanze. 


54 Sumpfdotterblume. 


Sumpfdotterblume. Caltha palustris (zZ. 
Tafel 27. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Ableitung des Wortes unbestimmt; vielleicht von Calathus — Schale, Körb- 
chen, wegen der Blütenform. 
Schmalzblume, Butterblume, von der gelben Farbe. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit sehr kurzem Wurzel- 
stock, der mit einem dichten Büschel langer, dicker, weißer Wurzeln 


besetzt ist (Fig. 1). — Stengel aufsteigend oder niederliegend, in 
letztem Falle an den Knoten oft wurzelnd und neue Pflanzen bildend, 
röhrig, saftig, kahl. — Wurzelblätter gestielt, nieren-herzförmig, 


kahl, gekerbt, am Grunde scheidenartig erweitert. Stengelblätter kurz 
gestielt, stengelumfassend, oft mit dütenartiger, häutiger, vertrock- 
nender Blattscheidee — Blüten einzeln auf kräftigem, gefurchtem 
Stiel (Fig. 1). — Kelch fünf-, zuweilen siebenblätterig. Kelchblätter 
groß, oval, abgerundet, deutlich geädert, glänzend, gelb, außen am 
Grunde grün, abfallend (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. — Staub- 
blätter zahlreich. Staubfäden linealisch, wie die elliptischen, vier- 
fächerigen Staubbeutel gelb (Fig.2). — Fruchtblätter vier bis 
fünfzehn, sitzend, vielsamig, frei. Narbe sitzend, schrägstehend, ge- 
schnabelt (Fig. 3). — Frucht eine sternförmig ausgebreitete, auf- 
springende Teilfrucht (Fig. 4). — Samen länglich, schwarz, mit einer 
langen, fleischigen, kammartigen Nabelwarze (Fig. 5). 


Blütezeit: April, Juni, Juli. 


Biologisches. Die fünf gelbgefärbten Kelchblätter bilden 
einen auf weite Entfernung sichtbaren Schauapparat. — Am 
Grunde zu beiden Seiten jeden Fruchtblattes zwei Honiggruben, die 
reichlich Honig absondern. — Staubblätter und Narbe reifen 
gleichzeitig; durch die nach außen aufspringenden Staubbeutel aber 
wird Fremdbestäubung begünstigt. Der Insektenbesuch ist ein sehr 
starker. 


Tafel 27. Tafel 27. 


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Sumpf-Dotterblume. Caltha palustris L. 


4 


1 Teile der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Einzelnes Fruchtblatt. 4 Frucht- 
stand. 5 Same. 2 bis 5 vergr. 


Sumpfdotterblume. 55 


Standort und Verbreitung. In Wassergräben, Sümpfen und 
Teichen, auf nassen Wiesen durch ganz Nord- und Mitteleuropa, Asien 
und Nordamerika. 

Gift und dessen Wirkung. Eigentliche Vergiftungen durch die 
Pflanze sind noch nicht nachgewiesen; sie wird jedoch allgemein den 
giftverdächtigen, scharfen Pflanzen zugezählt. — In der Pflanze ist das 
Vorhandensein eines Alkaloides nachgewiesen worden, welches aber 
noch nicht rein dargestellt und untersucht wurde. 


56 Trollblume. 


Trollblume. Trollius europaeus (Z.). 
Tafel 28. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Trollius, Ableitung unbestimmt, vielleicht mit Bezug auf die kugelrunde 
Blüte vom althochdeutschen troll = kugelrund, oder von trulleus = rundes 
Gefäß. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem Wurzelstock, 
der viele lange, hellbraune Wurzeln und oben die Überreste der vor- 
jährigen Blätter als braune, borstige Fasern trägt (Fig. 1). — Stengel 
aufrecht, bis Im hoch, rund, kahl, wenig verästelt, meist einblütig 
(Fig. 1). — Blätter meist sitzend, mit fünfteiliger Blattspreite; Blatt- 
zipfel breit, rautenförmig, dreispaltig, eingeschnitten. Wurzelblätter 
langgestielt; Stiel rinnig, anı Grunde scheidenförmig erweitert (Fig.1). 
— Blüte groß, hellgelb, kugelförmig. — Kelch fünf- bis fünfzehn- 
blätterig; Kelchblätter blumenblattartig, hellgelb, oval-schalenförmig, 
dachziegelig übereinander liegend, abfallend (Fig. 2). — Blumenkron- 
blätter (Fig. 3) acht bis vierzehn, klein, zu Honigbehältern umgewandelt, 
aus einem kleinen, hohlen, linealen Nagel mit aufsitzender, zungen- 
förmiger Platte bestehend. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden 
gelb; Staubbeutel linealisch, gelb (Fig.2). — Fruchtblätter zahlreich, 
frei. — Frucht eine vielsamige Teilfrucht; Fächer vielsamig, mit auf- 
rechtem Schnabel, nach innen aufspringend (Fig. 4 u. 5). — Same drei- 
seitig, schwarz (Fig. 6). 

Die Pflanze ändert nach dem Standorte vielfach ab, und man 
unterscheidet die Formen Trollius europaeus humilis Crantz (die alpine 
Form); Trollius europaeus altissimus Crantz (auf besonders feuchten, 
nahrhaften Wiesen, sehr hoch werdend). 

Blütezeit: Mai bis Juli. 

Biologisches. Die dachig übereinanderliegenden Kelch- 
blätter umschließen das Innere der Blüte wie eine Kapsel, um 
die Staubblätter vor Benetzung durch Regen zu schützen. — 
Anlockung der Insekten durch die hochgelben Kelchblätter 
und durch den Duft. — Als Genußmittel wird den Insekten Honig 
geboten. — Die Blüte ist erstmännlich (proterandrisch). — Die 
Entwickelung der Staubblätter und ihr Platzwechsel mit den Narben 


Tafel 28. Tafel 28. 


Trollblume. Tro/lius europaeus L. 


1 Pflanze in zwei Teilen. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der inneren Blüten- 
hülle mit Honigdrüse, vergr. u. nat. Größe. 4 Fruchtstand. 5 Einzelfrucht. 6 Same, 


nat. Größe u. vergr. 2,5 vergr. 


Trollblume. 57 


vollzieht sich genau wie bei Helleborus (siehe Helleborus niger). — 
Bestäuber: Bienen, Hummeln, Fliegen und kleine Käfer. 

Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen, in Nord- und 
Mitteleuropa; in Südeuropa in den Gebirgen; zerstreut, an manchen 
Orten seltener. 

Gift und dessen Wirkung. Wirkliche Vergiftungen durch die 
Pflanze sind noch nicht bekannt geworden; sie wird aber als Hahnen- 
fußgewächs mit scharfem Safte allgemein als giftverdächtig angegeben. 


58 N Gemeine Akelei. 


Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris (Z.. 
Tafel 29. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Das Wort Aquilegia wird abgeleitet von aqua — Wasser und legere, 
schöpfen; wasserschöpfend in bezug auf die Form der Blumenkronblätter; andere 
leiten es von aquilina ab, im Hinblick auf die den Krallen eines Adlers gleich 
sekrümmten Blumenkronblätter. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit ästigem, mehr- 
köpfigem, hellbraunem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis 
ı, m hoch, stielrund, einfach oder verzweigt, mehrblütig. — Wurzel- 
blätter langgestielt. Stiel dreiteilig, unten scheidenförmig. Blättchen 
doppelt dreizählig, oben dunkel-, unten bläulichgrün. Stengelblätter 
an den Astteilungen einfacher, kurzgestielt oder sitzend, die Blätter 
unter den Blütenstielen oval-lanzettlich (Fig. 2). — Blüten groß, 
nickend. Blütenstiele mit feinen Haaren und Drüsen besetzt. — 
Kelch fünfblätterig. Kelehblätter blumenblattartig, meist violett, ab- 
stehend, eilanzettlich (Fig. 4). — Blumenkrone fünfblätterig. Kron- 
blätter kapuzenförmig, nach hinten in einen hakenförmigen Honigsporn 
auslaufend (Fig.5).-— Staubblätter zahlreich, mehrreihig; die innersten 
unfruchtbar, zu breiten Staminodien mit weißem, krausem, welligem 
Rande umgewandelt (Fig. 6). Staubfäden etwas länger als die Blumen- 
kronblätter. Staubbeutel gelb (Fig. 3). — Fruchtblätter fünf bis zehn 
(Fig. 7), frei; Griffel lang, an der Spitze nach außen gebogen. — 
Frucht eine Teilfrucht, deren runde, feinbehaarte, nach oben in den 
langen, aufrechten Griffelschnabel verlängerte, vielsamige Einzelfrüchte 
nach innen aufspringen. — Samen länglich, platt, schwarz. 

Kommt in mehreren Standortformen vor mit blauen, schwarz- 
violetten, rötlichen, weißen und mit gefüllten Blüten und in zahllosen 
Gartensorten. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die becherförmige Blüte ist in der Knospenlage 
nach oben gerichtet, vor dem Öffnen krümmt sich jedoch der 
Stiel, und die Blüte wird zu einer hängenden Glocke zum 
Schutz des Blütenstaubes gegen Nässe; später streckt sich der Stiel 
wieder gerade, und die Fruchtkapseln sind nach oben gerichtet. — 
Ausgesprochen insektenblütige Pflanze. — Jedes Kronblatt 


Tafel 29. Tafel 29 


Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris L. 


1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Blatt der äußeren 
und 5 Blatt der inneren Blütenhülle. 6 Fruchtknoten und Griffel. 7 Fruchtknoten 
im Querschnitt. 8 Frucht. 9 Same, nat. Größe u. vergr. 6 u. 7 vergr. 


Gemeine Akelei. 59 


ist in den Honigsporn ausgezogen, an dessen kolbenförmig ver- 
dicktem Ende der Honig abgeschieden wird; auch die gefärbten Kelch- 
blätter wirken anlockend auf die Insekten. Die Staub- und Frucht- 
blätter sind auffallend gelb gefärbt, ragen aus der Blüte hervor und 
werden von den Besuchern als Anflugplatz benutzt und um- 
klammert. — Die Blüte ist an die Bestäubung durch Hummeln 
angepaßt, aber auch von diesen können nur die langrüsseligen Arten 
(Bombus hortorum) bis zum Honig gelangen; andere Hummeln und 
manche Bienenarten beißen ein Loch in den Sporn und begehen Honig- 
raub. — Die Blütenstiele sind klebrig zum Abhalten kleiner, 
ungeflügelter, an die Blumen herankriechender Insekten, die 
Honig zu stehlen beabsichtigen. — Die Blüten sind erstmänn- 
lich. — Die Staubblätter sind anfangs zum Blütengrunde hingebogen 
und strecken sich beim Öffnen der Blüte; die später reifenden Staub- 
blätter bewegen sich etwas nach auswärts. Fremdbestäubung ist die 
Regel, bei ihrem Ausbleiben erfolgt Selbstbestäubung. 

Standort und Verbreitung. In Laubwäldern, auf Waldwiesen 
und in Gebirgen von Südeuropa bis nach Schweden. In Gärten oft 
angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird als giftig angegeben, 
obschon über Vergiftungen durch Genuß von Teilen der Pflanze keine 
Berichte vorliegen; Alkaloide sind in ihr nicht gefunden worden. Neuer- 
dings wurde in den Blättern, Blumen und besonders in den jungen 
Samenkapseln der Akelei Blausäure nachgewiesen. Man muß bis auf 
weiteres die Pflanze zu den sehr giftverdächtigen rechnen. 


60 Großblumiger Rittersporn. 


Grossblumiger Rittersporn.  Delphinium 
orandillorum (Z.). 


Tafel 30. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Delphinion (gr.) nannte Dioskorides diese Gattung, weil die Blütenknospen 
einem Delphin ähnlich seien. 

Rittersporn, wegen des Sporns am oberen Kelchblatte. 

Delphinium chinense (Fisch.). 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit 60 bis 80 cm hohem 
Stengel. — Blätter handförmig, vielspaltig, mit linealen Zipfeln, glatt 
(Fig. 1). — Blütentraube reichblütig; Blüten groß. — Kelch fünf- 
blätterig, blumenblattartig, unregelmäßig, das oberste Kelchblatt ge- 
spornt (Fig. 2). — Blumenkrone vierblätterig; Blumenblätter frei, 
kürzer als die Kelchblätter, die zwei oberen gespornt, Honig führend, 
blau, in den Sporn des Kelches eingeschlossen. — Staubblätter zahl- 
reich; Staubfäden verbreitert (Fig. 3). — Fruchtblätter drei bis fünf, 
vielfrüchtig (Fig. 4, 5 u.6). — Frucht eine vielsamige, aufspringende 
Teilfrucht (Fig. 7). — Same kantig (Fig. 8). 


Blütezeit: Juni bis September. 


Biologisches. Der Honig ist in dem langen, hohlen Sporn 
abgelagert und nur langrüsseligen Insekten zugänglich. — Die 
Bestäubung wird besonders durch die Gartenhummel bewirkt. 
Die Häufung der Blüten zu einer lockeren Traube und die blumen- 
blattartige Färbung der Kelchblätter machen die Blüte auffallend. Als 
Anflugplatz für die Besucher dient das durch gelbe Haarbüschel 
gekennzeichnete „Saftmal“. Beim Hindurchzwängen des Kopfes 
durch den engen Blüteneingang treffen die Hummeln in jüngeren 
Blüten auf die reifen, nach außen aufspringenden Staubbeutel; erst 
wenn diese abgeblüht sind, wird die Narbe belegungsfähig. Die Blüte 
ist also ausgeprägt erstmännlich (proterandrisch). — Honig- 
raub, durch Zerbeißen der Safthülle, wie dieses häufig bei anderen 
Spornblüten vorkommt, ist hier dadurch erschwert, daß der Honig 


Tafel 30. | Tafel 30. 


Großblumiger Rittersporn. Delphinium grandiflorum L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte-im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblattbündel. 
5 Junge Teilfrucht im Längsschnitt. 6 Fruchtknoten im (Querschnitt. 7 Samenkapsel. 
8 Same. 3, 4, 8 vergr. 


Großblumiger Rittersporn. 61 


durch zwei Wandungen, diejenige des Kelchsporns und diejenige des 
Blumenblattsporns, geschützt ist. 

Standort und Verbreitung. In Sibirien und China. In Gärten 
als schönblühende Staude vielfach angepflanzt, besonders auch in 
zahlreichen schönen lila-, azurblau-, fleischfarben-, weiß- und anders 
gefärbt blühenden Formen; auch mit gefüllten Blüten vorkommend. 


Gift und dessen Wirkung siehe Delphinium Staphysagria. 


62 Läusekorn-Rittersporn. 


Läusekorn -Rittersporn. Delphinium 
staphysagria (z.. 
Tafel 31. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Delphinium siehe Delphinium grandiflorum; staphysagria von staphis 
(gr.), Rosine, Traube, und dgria (gr.), wild, weil die Blätter denen des Weinstockes 
etwas ähnlich sehen. 

Läusekorn, weil die Samen früher zur Vertilgung des Ungeziefers benutzt 
wurden. 


beschreibung. Ein- oder meist zweijährige Pflanze mit 
fleischiger Pfahlwurzel. — Stengel bis Im hoch, steif, aufrecht, wenig 
verzweigt, überall drüsig behaart. — Blätter gestielt, zerstreut stehend, 
handförmig, drei-, fünf- bis siebenteilig; die Zipfel länglich zugespitzt; 
Stützblätter am Grunde der Blütenstiele als kleine drei-, zwei- oder 
einzipfelige Blättchen ausgebildet (Fig. 1). — Blütentraube reich- 
blütig, locker; Blütenstiele zweimal länger als die Blüten, drüsig behaart. 
— Kelch fünfblätterig, breit-eiförmig, blumenblattartig, violett, außen 
behaart; das obere Blatt mit einem kurzen, hakenförmigen Sporn. — 
Blumenkrone vierblätterig; die zwei oberen Blätter länglich, etwas 
gebogen, hinten mit einem kurzen Sporn, bläulichweiß; die zwei unteren 


spatelförmig, etwas gekerbt. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden 
fadenförmig, weiß; Staubbeutel grünlichgelb (Fig. 2 u. 3). — Frucht- 


blätter drei, frei, aufgeblasen, behaart, mit langem Griffel (Fig. 2). — 
Frucht eine kurz aufgetriebene, dreifächerige, wenigsamige Teilfrucht 
(Fig. 4). — Same groß, braun. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches siehe Delphinium srandiflorum. 

Standort und Verbreitung. In Südeuropa, Istrien, Dalmatien. 
Bei uns in Gärten als Zierpflanze. 

Gift und dessen Wirkung. Von den Ritterspornarten ist als 
wirklich giftig Delphinium staphysagria bekannt; die anderen sind es 
in niederem Grade; immerhin sind sie als giftverdächtig anzusehen. 
Die meisten Ritterspornarten sind reich an Alkaloiden, den sogenannten 
Delphiniumalkaloiden, die zum Teil noch sehr wenig bekannt sind. 
Allgemein verbreitet scheint das Delphinin (C,,H,-,NO,) zu sein, das 


Tafel 31. Tafel 31. 


Läusekorn-Rittersporn. Delphinium Staphysagria L. 


1 Blühender Sproß. 2 Die Fruchtblätter und die Staubblätter der Blüte. 3 Einzelnes 
Staubblatt. 4 Frucht. 2, 3, 4 vergr. 


Läusekorn-Rittersporn. 63 


schon 1819 aufgefunden wurde; es ist ein weißgelber, harzähnlicher 
Körper, fast unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, von scharfem Ge- 
schmack. Außer diesem letzteren fanden sich in den Samen von Del- 
phinium staphysagria: das Delphinoidin, das Delphisin und dasSta- 
physagroin; das letztere hält man jedoch für ein Gemenge von vier 
weiteren Alkaloiden. Die Alkaloide sind nur im Nährgewebe des 
Samens vorhanden. 

Die Giftwirkung des Delphinins ist derjenigen des Veratrins (siehe 
S. 39) sehr ähnlich, auch erregt es, wie dieses, auf die Nasenschleim- 
haut gebracht, heftiges Niesen. 


64 Echter Sturmhut. 


Echter Sturmhut. Aconitum Napellus (Z,.+ 
Tafel 32. Wandtafel 6. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Aköniton (gr.), bei Theophrast eine en akönais — auf schroffen Felsen 
wachsende Pflanze. Napellus Deminutivum von napus = Rübe, mit Bezug auf 
die rübenartige Wurzel. 

Sturmhut. Eisenhut von der helmartigen Form der Blüte, ebenso Mönchs- 
kappe, Fischerkappe, Reiterkappe; in den Bezeiehnungen Venuswägelchen, Tauben- 
wägelchen, Taubenkutsche werden die zwei Blumenkronblätter mit Tauben ver- 
glichen, die in der Blüte als ihrem Wagen sitzen. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmiger, flei- 
schiger, brauner, unangenehm rettichartig riechender, knolliger Wurzel, 
die mit zahlreichen Wurzelfasern besetzt ist. — Stengel aufrecht, bis 
11/,m hoch, rund, kahl, einfach oder verästelt. — Blätter groß, tief 
dreiteilig; mittlerer Zipfel dreispaltig, die Seitenzipfel tief zweispaltig, 
zerstreut stehend, langgestielt, oben dunkelgrün, glänzend, unterseits 
heller; obere Blätter einfacher, kleiner, sitzend, zuletzt in einfache 
Deckblätter übergehend (Fig. 1). — Blütenstand eine dichtere oder 
lockere Traube oder Rispe, mit kurzen, weichen Haaren besetzt. — 
Blüten groß, veilchenblau, violett oder lila; Blütenstiel an der Spitze 
verdickt und mit Deckblättchen besetzt. — Kelch fünfblätterig, un- 
regelmäßig, blumenblattartig, das obere Blatt helmförmig, die mittleren 
umgekehrt eiförmig (Fig. 2). — Blumenkrone zweiblätterig; jedes 
Blatt zu einem dütenförmigen, in einen kopfförmigen Sporn auslaufenden 
Honigbehälter umgewandelt, der auf langem Stiele wagerecht, nickend 
angebracht ist und unter der Haube verdeckt liest (Fig. 2). — Staub- 
blätter zahlreich; Staubfäden weiß, aufrecht, von unten bis zur Mitte 
verbreitert, kahl, oben fadenförmig und behaart, an der Spitze zurück- 
gebogen; Staubbeutel am Grunde angewachsen, rundlich, zweifächerig, 
längsaufspringend, schwarz (Fig. 3). — Fruchtblätter drei, selten 
vier bis fünf, frei, länglich, kahl, mit pfriemförmigem, auf der inneren 
Seite gefurchtem Griffel (Fig. 4); Samenknospen in zwei Reihen (Fig. 5). 
— Frucht eine Teilfrucht; die einzelnen Kapseln an der Bauchnaht 
aufspringend (Fig. 6). — Same drei- bis sechskantig, umgekehrt pyra- 
midenförmig, braun (Fig. 7). 

Die Pflanze ändert sehr ab in der Höhe der Stengel, in der 
Form der Blätter und der Behaarung, im Blütenstande, der Form 


Tafel 32. Tafel 32. . 


Echter Sturmhut. Aconitum Napellus L. 


1 Blühender Sproß und Grundblatt. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 
4 Die Fruchtblätter. 5 Fruchtblatt im Querschnitt. 6 Frucht. 7 Same, nat. Größe 
u. vergr. 2 bis 6 vergr. 


Eehter Sturmhut. 65 


des Helmes und des Honigspornes; alle diese Formen wurden früher 
als besondere Arten angesehen. 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches. Besitzt in seinem scharfen Gifte einen Schutz 
gegen Angriffe seitens der Tiere; daher sein oft massenhaftes 
Vorkommen auf Weideplätzen. — Von den ursprünglich vorhandenen 
fünf Blumenkronblättern sind die zwei oberen zu kapuzenförmigen 
Honigbehältern umgewandelt, die drei anderen fast gänzlich zurück- 
gebildet. Die Rolle der Blumenkronblätter haben die entsprechend 
umgestalteten und gefärbten Kelchblätter übernommen. Durch die 
seitliche Stellung der Blütenöffnung und durch die dachförmige Wöl- 
bung des oberen Kelchblattes ist das Innere gegen Nässe geschützt. 
In der jungen Blüte liegen Staubbeutel und Griffel eng an das dach- 
förmige Kelchblatt angeschmiegt; beim Aufblühen reifen die Staubbeutel 
zuerst und stellen sich an den Eingang der Blüte; die Pflanze ist 
also ausgesprochen erstmännlich. Später biegen sich die Griffel 
nach unten, und die Narben werden belegungsfähig. So tritt regel- 
mäßig Fremdbestäubung ein, da die Insekten zuerst die unteren 
(älteren) Blüten des Blütenstandes besuchen und dort den Blütenstaub 
der Nachbarpflanze abladen, darauf in die oberen (jüngeren) Blüten 
hinaufsteigen und neuen Blütenstaub aufnehmen. — Zum Anflug 
dienen die beiden unteren Kelchblätter. Die Befruchtung er- 
folgt ausschließlich durch Hummeln, von denen die Pflanze reich- 
lich besucht wird; sie findet sich auch nur dort verbreitet, wo jenes 
Insekt schwärmt. — Während die Besucher den dichtbehaarten Leib 
zwischen den napfartigen, seitlichen Kelchblättern hindurchzuzwängen 
suchen, stoßen sie gegen die ihnen im Wege stehenden Staubblätter 
und bedecken sich am Unterleib mit Blütenstaub. Der untere Teil 
der Nektarien, der rinnenförmig gestaltet ist, zeigt ihnen den Weg zu 
den Honigbehältern. — Kurzrüsselige Hummelarten beißen ein 
Loch in die Blütenhülle und begehen Honigraub; die so entstan- 
‚denen Öffnungen benutzen dann auch die Bienen zu gleichen Zwecken. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden Mittel- und 
Südeuropas, bis nach Norwegen, besonders auf steinigen, gedüngten 
Stellen in den deutschen und österreichischen Gebirgen, in Schlesien, 
Schwarzwald, Vogesen, Hessen, Westfalen, in der Eifel; in den Alpen 
bis zu 2300 m, seltener in der Norddeutschen Tiefebene, auf feuchten 
Weiden und in Gebüschen. Ferner im Himalaja und den Gebirgen 
Südsibiriens. In Gärten vielfach als Zierpflanze. — Die Pflanze war 
den Griechen und Römern schon als Giftpflanze bekannt; in Ovid 
Metam. wird sie mehrfach erwähnt. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze enthält in allen 
Teilen ein schon in geringer Menge sehr heftig wirkendes, giftiges 

Esser, Giftpflanzen. 5 


66 Eehter Sturmhut. 


Alkaloid: das Akonitin (C,,H,,NO,,), welches, rein dargestellt, kri- 
stallisiert oder ein amorphes, bitter scharf schmeckendes Pulver bildet. 
In den Knollen der Pflanze ist dieses Alkaloid in 0,17 bis 0,28 Proz., 
in den Blättern und Blüten weniger reichlich enthalten. — Es gehört 
zu den stark scharf narkotischen Giften. — Seine Wirkung erstreckt 
sich vor allem auf die Nerven des Herzens und der Atmungsorgane; 
es wird schnell unverändert durch den Urin und Speichel aus dem 
Körper ausgeschieden. — Die Blätter der Pflanze schmecken erst matt, 
dann scharf brennend. Die Knolle hat frisch einen dem Rettich ähn- 
lichen Geruch und schwach süßlichen Geschmack, der aber bald äußerst 
scharf brennend und zusammenziehend wird. Die Vergiftungserschei- 
nungen treten meist schon nach wenigen Minuten ein und zeigen sich 
an durch Kopfschmerz, Schmerz in der Schläfengegend, Ohrensausen, 
Ekel, Magenschmerz, Erbrechen, Kribbeln in den Zehen und den Fingern; 
später tritt Verlust des Gehörs und Sehvermögens, Schwindel, schwereres 
Atmen, Verminderung des Pulsschlages (auf 40 bis 50 Schläge in der 
Minute) und bedeutende Vergrößerung der Pupille ein. Nach dem Auf- 
treten kalten Schweißes und großer Angst erfolgt zwischen einer bis 
acht Stunden, sehr selten noch später, der Tod nach sehr schnellen 
Atemzügen. Das Bewußtsein bleibt meist bis fast zum Tode erhalten. 
— Die höchst giftigen Eigenschaften der Aconitumarten waren schon 
den alten Griechen und Römern bekannt. Plinius u. a. bezeichneten 
die Pflanze als „vegetabilisches Arsenik“. — Bei Ovid und anderen 
Dichtern kommt das Wort „Aconitum“ als Kollektivname für starke 
Gifte vor. — In der Heilkunde wird benutzt: der rübenförmige 
Wurzelstock (Tuber Aconiti, Akonitknollen), zuweilen auch die Blätter 
(Folia Aconiti). | 


Tafel 33. Tafel 33. 


Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Honigdrüse. 4 Staubblatt. 
5 Fruchtblatt. 2 bis 5 vergr. 


Bunter Sturmhut. 67 


Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum (Z.). 
Tafel 33. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Aconitum siehe Aconitum Napellus; variegatus, mit mehrfarbigen Blüten- 
blättern. 

Aconitum Cammarum Jaqu. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze, mit knolligem, rettich- 
artigem Wurzelstocke. — Stengel bis 1m hoch, schwach, oft nieder- 
sebogen. — Blätter gestielt, fünf- bis siebenspaltig, die Zipfel drei- 
zählig geteilt, mit lanzettlichen Abschnitten, dunkelgrün, glänzend; die 
älteren hart, lederartig (Fig. 1). — Blütenstand rispig; Blüten groß, 
unregelmäßig, hellblau, in der Mitte weiß; Blütenstiele lang, auf- 
steigend, oben mit zwei Deckblättchen. — Kelch fünfblätterig; das 
obere Blatt eine große, weitgewölbte, aufgeblasene Haube, mit vor- 
gezogenem, spitzem Schnabel von den anderen Kelchblättern abstehend; 
die seitlichen Blätter groß, rundlich; die unteren länglich (Fig. 2). — 
Blumenkrone zweiblätterig; beide zu einem auf langem, starkem Stiele 
stehendem, aufwärts gerichtetem Honigbehälter umgewandelt, mit keulen- 
förmigem, abwärts gekrümmtem, grüngelbem Sporn und aufsteigender 
bläulicher Lippe (Fig. 5). — Staubblätter zahlreich, unten breit, kahl, 
weiß, oben allmählich fadenförmig werdend, gekrümmt; Staubbeutel gelb 
(Fig. 4). — Fruchtblätter fünf, frei, zylindrisch, kahl oder fein be- 
haart, in der Jugend aufrecht (Fig.5). — Frucht eine fünfteilige 
Teilfrucht. — Samen scharf dreikantig, auf dem Rücken geflügelt. 

Ändert sehr ab in der Größe der Blätter und der Blüten, die 
violett, blau, weiß und blauweiß-gescheckt vorkommen. 

Blütezeit: August, September. 

Biologisches siehe Aconitum Napellus. 

Standort und Verbreitung. In Bergwäldern. In den Alpen, in 
Steiermark, Krain, Salzburg, Ungarn, Böhmen, Schlesien, Posen, im Erz- 
gebirge, Thüringen, im Harz. 

Gift und dessen Wirkung siehe Aconitum Napellus. 


68 Wolfseisenhut. 


‚Wolfseisenhut. Aconitum Lyeoctonum (Z.,. 
Tafel 34. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Aconitum siehe Aconitum Napellus. Lyeoctonum von lykös (gr.), Wolf, 
und kteino (gr.), töten, weil die Wurzeln schon von den Römern zu Dioskorides’ Zeit 
zum Vergiften der Wölfe gebraucht wurden. 

Wolfswurz. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit ästigem Wurzel- 
stocke. — Stengel aufrecht, bis Im hoch. — Blätter groß, kreis- 
rund, tief herzförmig, handförmig, tief drei- bis fünflappig, Lappen 
dreispaltig, zerschlitzt; an der Unterseite behaart (Fig. 1). — Blüten 
in langen, dichtblütigen Trauben, gelb. Blütenstiele kürzer als die 
Blüte, an ihrer Spitze zwei lineale Deckblättchen (Fig. 2). — Kelch 
fünfblätterig, abfallend, das obere Blatt zu einer walzen- oder keulen- 
förmigen Haube umgewandelt. Die mittleren und unteren Blätter (Fig. 3) 
gleich lang, gelb. — Blumenkronblätter zu zwei in der Haube 
liegenden Honigbehältern umgebildet, die auf gerade aufrechtstehenden 
Stielen stehen. Honiggefäß schlank, Lippe wagerecht stehend, abwärts 
gerichtet. Sporn gekrümmt und an der Spitze spiralig eingerollt (Fig. 4). 
— Staubblätter zahlreich, Staubfäden am Grunde verbreitert, ge- 
flügelt, den Fruchtblättern dicht anliegend, am oberen Ende nach außen 
zurückgekrümmt; Staubbeutel länglich, gelb (Fig. 5). — Fruchtblätter 
drei, frei, zylindrisch, aufgeblasen, meist kahl. — Frucht eine auf- 
springende Teilfrucht mit wagerecht abstehendem Schnabel an jedem 
Fruchtblatt (Fig. 6). Samen zusammengedrückt, vierkantig, ae 
geschuppt (Fig. 7). 

Die Pflanze ändert in der Größe aller Teile sehr ab. Die ver- 
schiedenen Standortsformen sind früher als besondere Arten: A. pyre- 
naicum, A. penninum, A. grandiflorum, A. carpathicum u. a. beschrieben 
worden. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches siehe Aconitum Napellus. 

Standort und Verbreitung. In den Gebirgswaldungen der Alpen 
und der deutschen Mittelgebirge; am Rhein, im Harz, in Thüringen 
und Bayern. 

Gift und dessen Wirkung siehe Aconitum Napellus. 


Tafel 34. 


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blätter. 5 Staubblatt. 


Tafel 34. 


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Wolfs-Eisenhut. Aconitum Lycoctonum L. 


1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Blüte ohne Kelch- 
7 Same, nat. Größe u. vergr. 


6 Stück eines Fruchtzweiges. 


Gemeines Windröschen. 69 


Gemeines Windröschen. Anemone 
NEeMOTOSa (Z.). 


Tafel 35. 
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Anemone von dnemos (gr.), Wind, weil der leiseste Wind die Blüten bewegt; 
nemorosa — in Laubwäldern wachsend. 

ÖOsterblume, Hain-Anemone, Kuckucksblume. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, dünnem, 
hellbraunem Wurzelstocke. An der jungen, noch nicht blühbaren 
Pflanze meist nur ein einzelnes langgestieltes, handförmiges, fünfteiliges, 
eingeschnittenes, gesägtes Blatt. — Die blühbare Pflanze treibt einen 
etwa 20 bis 25cm langen Blütenstengel, an dem ein Wirtel von drei 
drei- bis fünfteiligen, kurzgestielten Blättern steht (Fig. 1). Stengel 
meist einblütig. — Blüten regelmäßig, weiß, zuweilen rötlich. — 
Kelch meist sechsblätterig; Kelchblätter elliptisch, beiderseits kahl, 
weiß, zuweilen an der Unterseite rötlich angelaufen oder ganz rot 
(Fig. 2), seltener bläulich. — Blumenkronblätter fehlen (Fig. 3). — 
Staubblätter zahlreich; Staubfäden fadenförmig, Staubbeutel ellip- 
tisch. — Fruchtblätter zahlreich, einsamig, behaart (Fig. 4). — 
Früchtchen eiförmig, ungeschwänzt, behaart (Fig. 5). — Ändert ab in 
der Behaarung des Blattstieles und der Blätter, in der Zahl der Kelch- 
blätter. 

Blütezeit: März bis Mai. 

Biologisches. Die unter der Blüte stehenden dreiteiligen Blätter 
sind Hüllblätter der Blüte; das eigentliche Blatt (es wird nur eines 
gebildet), entspringt dem Wurzelstock neben dem Blütenstiel; es ist 
groß und zart gebaut (Schattenpflanze), und es fehlen ihm Haargebilde 
oder sonstige, die Verdunstung hemmende Einrichtungen; deshalb welken 
die abgeschnittenen Triebe sehr bald. Gegen den Sommer hin stirbt 
der oberirdische Sproß, dem der grüne Laubwald das Licht entzieht, 
bald ab. — Durch Gift ist die Pflanze vor Tierfraß geschützt, was dem 
frühaustreibenden Windröschen von besonderem Nutzen ist. — Die 
Blüten stehen auf langen Stielen, welche sich des Nachts und 
bei Regenwetter krümmen, so daß die offenen Blüten nach 
unten gerichtet werden, und das Innere der Blüte gegen die kalte 


70 Gemeines Windröschen. 


Nachtluft und gegen Tau und Regen geschützt ist. — Die Kelch- 
blätter übernehmen an Stelle der fehlenden Blumenkron- 
blätter das Anlocken der Insekten. — Die Blüten sind erst- 
weiblich (proterogyn); die in der Mitte der Blüte büschelförmig 
zusammenstehenden Griffel dienen den Insekten als Anflug- 
platz. Die Blüte ist honiglos; die Insekten finden nur Blütenstaub, 
der ihnen aber in der ersten Frühlingszeit sehr willkommen ist. 

Standort und Verbreitung. Auf Rasenplätzen, in dichten Wal- 
dungen, auf Mooren und Heiden; durch ganz Süd- und Mitteleuropa, 
Asien und Nordamerika, in den Gebirgen undäden Ebenen überall 
vorkommend. N 

Gift und dessen Wirkung siehe Anemone Pulsatilla. Die Pflanze 
äußert jedoch weniger scharfe Wirkung als die vorgenannte; in Kam- 
tschatka soll der Saft früher als Pfeilgift benutzt worden sein. 


Tafel 35. Tafel 35. 


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Gemeines Windröschen. 
1 Blühende Pflanze. 


Anemone nemorosa L. 


2 Sproß der rotblühenden Form. 3 Blüte im Längsschnitt. 
4 Einzelnes Fruchtblatt. 5 Fruchtstand. 3, 4, 5 vergr. 


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Ste ar 


Kuhschelle. Fa 


Kuhschelle. Anemone Pulsatilla (z.). 
Tafel 36. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Anemone siehe Anemone nemorosa; pulsatilla von pulsare, heftig hin 
und her stoßen oder schlagen, weil die Blüten durch den Wind hin und her be- 
wegt werden, einer läutenden Glocke ähnlich. 

Pulsatilla vulgaris Mill. 

Küchenschelle, Osterblume, Wolfspfote, Bitzblume. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fingerdickem, braunem, 
kurzem Wurzelstocke, der oben dicht mit braunen Schuppen und den 
Überresten der Blattstiele besetzt ist. — Blätter grundständig, drei- 
fach fiederspaltig mit linealen, spitzen Zipfeln, dicht mit seidigen 
Haaren bedeckt (Fig. 1). — Blüten einzeln, aufrecht, etwas vor den 
Blättern, auf kurzem Schaft und bedeckt von den Hüllblättern, er- 
scheinend. Schaft zur Zeit der Blüte 20 bis 30 cm hoch; Blütenstiel 
je nach Standort kürzer oder länger, zottig behaart (Fig.2). Blüten- 
hülle aus drei sitzenden, vielfach fingerteiligen, dicht behaarten, von 
der Blüte entfernt stehenden Blättern bestehend. — Kelch sechs- 
blätterig; Blätter blumenkronartig, länglich, spitz, am Grunde glockig 
zusammengeneigt, von der Mitte an zurückgebogen, außen seidig be- 
haart, blauviolett (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. — Staubblätter 
zahlreich, vielreihig, halb so lang wie die Kelchblätter. Staubfäden 
dünn, Staubbeutel oval, gelb. Zwischen Kelchblättern und Staubblättern 
eine Reihe gestielter Drüsen (Fig. 2 u. 3). — Fruchtblätter zahlreich, 
länglich, dicht gedrängt auf dem Blütenboden stehend, behaart, Griffel 
lang behaart (Fig. 4). — Früchtchen mit langen, zottig behaarten 
Schweifen (Fig. 5). 

Blütezeit: März bis Mai. 

Biologisches. Durch das Gift ist die Pflanze gegen Weidetiere 
geschützt. — Die Verkleinerung der Blattfläche und die starke 
Behaarung der ganzen Pflanze gewährt Schutz gegen zu starke 
Ausdünstung des Wassers. Bei bedecktem Himmel und bei 
Regenwetter werden die Blüten nickend. Die Bestäubung 
erfolgt vornehmlich durch Bienen; Fremdbestäubung ist dadurch 
erleichtert, daß die Narben über den Staubbeuteln stehen und zuerst 
reifen. Die Samen besitzen eine Einrichtung zur Verbreitung 


12 Kuhschelle. 


durch den Wind in Gestalt des stark verlängerten, federartigen 
Griffels. 

Standort und Verbreitung. Auf trockenen, sonnigen Grasflächen, 
an sonnigen Abhängen, auf Heiden, in lichten, trockenen Waldungen 
in Süd- und Westdeutschland, im Norden seltener; in Ostdeutschland 
fehlend; in Sibirien. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Anemonen besitzen frisch gif- 
tige Eigenschaften. Der scharfe Geschmack rührt von dem auf der 
Haut blasenziehenden Anemonen- oder Pulsatillakampfer her, der 
von selbst schon in der Pflanze in Anemoninsäure und Anemonin 
(C,,Hs0,) einen sehr giftigen, narkotisch wirkenden, weißen, geruch- 
losen, in langen Nadeln kristallisierenden Stoff zerfällt, der weder zu 
den Alkaloiden noch zu den Glykosiden gehört, sondern als Aldehyd 
mit den Eigenschaften eines Säureanhydrids anzusehen ist. Das Ane- 
monin wirkt zunächst auf das Rückenmark, später auf das Gehirn 
unter ähnlichen Vergiftungserscheinungen, wie sie beim Aconitin (siehe 
Acon. Nap.) und dem Nicotin (siehe Nicot. Tab.) beschrieben wurden. 
— Der Saft der Pflanze wurde früher als Volksmittel zur Erzeugung 
von Hautreiz gebraucht. Das getrocknete Kraut ist weit schwächer 
giftig, als das frische. 


Tafel 36. 


Tafel 36. 


SI 


77 / 179 7} 


N, 


Hr 


Anemone Pulsatilla L. 


Kuhschelle. 
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblatt. 5 Frucht. 


3, 4, 6, 7 vergr. 


7 Same im Längsschnitt. 


6 Same. 


Tafel 37. Tafel 37. 


Steife Waldrebe. Clematis recta L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte. 3 Die Fruchtblätter. 4 Same. 2, 3, 4 vergr. 


Steife Waldrebe. 73 


Steife Waldrebe. Clematis recta (Z.. 
Tafel 37. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Clematis von klematis (klema [gr.], Ranke). Griechischer Name für ver- 
schiedene Kletterpflanzen; recta, gerade, aufrecht. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit vielköpfigem Wurzel- 
stock. — Stengel aufrecht, kahl, rötlich angelaufen, schwach gefurcht, 
1 bis 11/,;,m hoch, einfach oder oben wenig verzweigt, im Herbst ab- 
sterbend (Fig. 1). — Blätter gegenständig gefiedert; Blättchen eiförmig, 
ganzrandig; in der Jugend behaart, später kahl, dreinervig, ohne Ranke 
(Fig. 1). — Blüten weiß, auf langem Stiel, in endständigen, rispigen 
Trugdolden, mit eirunden Deckblättchen am Grunde (Fig. 2). — Kelch 
vier- bis fünfblätterig, Blätter blumenblattartig, länglich, kahl, am 
Rande auswärts pflaumisch behaart, weiß (Fig. 27). — Blumenkrone 
fehlt. — Staubblätter zahlreich, Staubfäden fadenförmig; Staubbeutel 
linealisch, nach außen längsaufspringend. — Fruchtblätter zahlreich, 
frei; Fruchtknoten rund, grün; Griffel lang, zurückgebogen, grünlichweiß 
(Fig.3 u. 4). — Frucht einsamig, nicht aufspringend, langgeschwänzt. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die Blüte ist undeutlich erstmännlich (pro- 
terandrisch), honiglos und wird nur von Blütenstaub suchenden In- 
sekten beflogen. Zuerst biegen sich die äußeren Staubblätter nach 
auswärts, dann nach und nach die nach innen stehenden; erst später, 
wenn der Blütenstaub von den Insekten größtenteils entfernt worden 
ist, werden die Narben empfängnisfähig, und die auf ihnen sich nieder- 
lassenden Insekten bewirken Fremdbestäubung. 

Standort und Verbreitung. An Ufern, auf trockenen Wiesen, 
an Abhängen, an Waldrändern. In den Alpen, im Donautale, in 
Bayern, Oberschlesien, im Maintal, im westlichen und nördlichen Deutsch- 
land seltener. 

Gift und dessen Wirkung. Die Clematisarten enthalten in ihrem 
auf der Haut blasenziehenden Safte scharf wirkende Gifte, die noch 
nicht näher untersucht sind. Die blasenziehende Eigenschaft der Säfte, 
früher auch in der Heilkunde (flammulae Jovis) benutzt, wird jetzt noch 
hier und da als Volksmittel zur Reizung der Haut in Anwendung ge- 
bracht. 


14 Gemeine Waldrebe. 


(Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba (Z.. 
Tafel 38. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Clematis siehe Clematis reeta; vitalba, weiß blühende Rebe. } 


Beschreibung. Wurzelstock ausdauernd, vielköpfig, Triebe 
in der Jugend behaart, später verholzt, glatt, gefurcht, sehr lang über 
Felsen hinkriechend und in Gebüschen und am Zaune emporrankend, 
ausdauernd (Fig. 1). — Blätter entgegengesetzt, langgestielt, gefiedert, 
Blättchen auf langen, starken, rankenden Stielen herz- oder eiförmig, 
oft lappig eingeschnitten, kahl (Fig. 1). — Blüten weiß in Trugdolden, 
achsel- und endständig (Fig. 1 u.2). — Kelch vier- bis fünfblätterig, 
blumenkronartig, länglich, auf beiden Seiten filzig behaart (Fig. 2). — 
Blumenkrone fehlt. — Staubblätter zahlreich, Staubfäden gelblich 
(Fig. 4). Staubbeutel länglich, weiß, längsaufspringend. — Frucht- 
blätter zahlreich, frei, dichtstehend (Fig. 3 u. 5). — Frucht ein eiför- 
miges, einsamiges, nicht aufspringendes, feinbehaartes Nüßchen mit 
langem, federartigem, bogig gekrümmtem Schweif (Fig. 6). 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die Pflanze klettert mit Hilfe der Blatt- 
stiele, die sich durch Berührungsreiz krümmen und zu Ankerhaken 
werden; darauf werden sie fester und verholzen. — Die gehäuft- 
stehenden Blüten machen die Pflanze weithin sichtbar und 
ziehen nebst ihrem Dufte Bienen und Fliegen heran. Die Blüten 
sind erstweiblich (proterogyn). — Die Griffel der Früchte werden 
zu einem langen, gewundenen Anhängsel, wodurch der Wind sie 
leicht entführen kann. 

Standort und Verbreitung. In Gebüschen und lichten Wäldern, 
in Hecken und Zäunen, an Felsen und an Burgruinen, besonders auf 
Kalkboden; in Mittel- und Südeuropa, Griechenland. In Süddeutsch- 
land in den Alpen (bis 500m), am Rhein, in Westdeutschland bis in 
die Eifel, im Teutoburger Walde, im Harz; fehlt weiter nördlich und 
östlich; in Schlesien selten. 

Gift und dessen Wirkung siehe Clematis recta. 


Tafel 38. Tafel 38. 


Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtblattbündel. 4 Staubblatt. 
5 Einzelnes Fruchtblatt. 6 Frucht. 7 Same. 2, 3, 4, 5, 7 vergr. ; 


Tafel 39. Tafel 39. 


Italienische Waldrebe. C/ematis viticella L, 


1 Blühender Zweig. 2 Blumenkronblatt. 3 Die Frucht- und die Staubblätter. 
4 Staubblatt. 5 Fruchtblatt. 6 Frucht. 7 Samen im Längsschnitt. 3, 4, 5 vergr. 


Italienische Waldrebe. 


I 


on 


Italienische Waldrebe. Clematis viticella (z.. 
Tafel 39. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Clematis siehe Clematis recta; vitieella = kleine Rebe. 


Beschreibung. Die ausdauernde. Wurzel treibt mehrere krau- 
tige, 3m lange, kletternde, an einzelnen Stellen rötlich angelaufene, 
gefurchte Stengel (Fig.1). — Blätter gefiedert, langgestielt, an der 
Ansatzstelle der Blättchen meist knieförmig gebogen (Fig.1). Blättchen 
gestielt, eiförmig, ganzrandig, kahl, manchmal zwei- bis dreilappig. — 
Blüten rot, violett oder bläulich (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. — 
Staubblätter zahlreich, frei; Staubfäden breit, weiß, an der oberen 
Hälfte beiderseits herablaufend die gelben, längsaufspringenden Staub- 
beutel (Fig. 4). — Fruchtblätter zahlreich, frei; Fruchtknoten eirund; 
Griffel lang, kahl, oben bogig gekrümmt (Fig.3 u.5). — Frucht ein 
einsamiges, nicht aufspringendes, ovales, seitlich etwas zusammen- 
gedrücktes, braunes, schmalgerandetes Nüßchen mit kurzem, kahlem 
Schnäbelchen (Fig.6 u.7). 

Blütezeit: Mai bis August. 

Biologisches siehe Clematis vitalba. 

Die Kelchblätter bilden durch ihre Größe und Färbung einen 
weithin sichtbaren Schauapparat für die honiglose Blüte. 

Standort und Verbreitung. In Gebüschen und Zäunen in Spa- 
nien, Portugal, Italien, Istrien, Triest, Türkei, Kleinasien, Dalmatien, 
Montenegro. Bei uns in Gärten als rankende, schön blühende Zier- 
pflanze vielfach angepflanzt, besonders in den vielen schönen Formen 
mit purpurnen, hellblauen, karmesinroten und weißen Blüten, die in 
der Kultur entstanden sind. 

Gift und dessen Wirkung siehe Clematis recta. 


76 Gifthahnenfuß. 


Gifthahnenfuss. Ranunculus sceleratus (Z).+ 
Tafel 40. Wandtafel 7. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Ranuneulus = kleiner Frosch, von rana = Frosch, weil viele Ranunkeln 
am Wasser wachsen; seceleratus — verbrecherisch, wegen seiner großen Giftig- 
keit. Hahnenfuß wegen der Form der Blätter. 

Blasenziehender Hahnenfuß; Giftranunkel; sellerieblätteriger Hahnenfub. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit büschelartigem Wurzel- 
stock. — Stengel ästig, kahl, 20 bis 75cm hoch, je nach dem Stand- 
orte; beblättert, gefurcht, hohl (Fig.1). — Unterste Blätter hand- 
förmig, drei- bis fünfteilig, die einzelnen Abschnitte dreilappig, stumpf, 
mit oberseits tief gefurchtem Stiel, glatt, hellgrün, glänzend (Fig. 2); 
die oberen Blätter dreispaltig mit linealen Zipfeln. — Blüten kleine, 
auf steifen, feingefurchten, etwas behaarten Stielen. — Kelch fünf- 
blätterig; Blätter gelblichgrün, kahl, zurückgeschlagen (Fig. 4). — 
Blumenkrone fünfblätterig; Kronblätter klein, eirund, glänzend gelb, 
Honigsgrübchen am Nagel der Blüte mit kleiner Schuppe (Fig. 4). — 
Staubblätter zahlreich, mit gelben, fadenförmigen Staubfäden und 
elliptischen Staubbeuteln (Fig. 5). — Fruchtblätter zahlreich in einem 
länglichen, walzenförmigen Köpfchen zusammenstehend. — Frücht- 
chen klein, fein runzelig, unbekıelt (Fig. 6). 

Blütezeit: Mai bis September. 

Biologisches siehe Ranunculus acer. 

Standort und Verbreitung. In Sümpfen und Teichen, an Bächen 
und Flüssen, in Wiesen an sehr sumpfisen Stellen; überhaupt fast 
überall vorkommend, wo reichlich Wasser sein Fortkommen ermöglicht. 
Durch ganz Europa, Nord- und Mittelasien. 

Gift und dessen Wirkung. Unter den zahlreichen giftigen Ranun- 
culusarten sind als besonders gefährlich zu nennen: Ranunculus 
sceleratus, Ranunculus acer, Ranunculus bulbosus, Ranun- 
culus flammula, Ranunculus Thora; weniger giftig sind: Ranun- 
culus lingua, Ranunculus auricomus, Ranunculus ficaria, 
Ranunculus lanuginosus; kaum giftig: Ranunculus repens und 
Ranunculus polyantheus. 

Der Saft des Stengels und bei Ranunculus bulbosus auch der des 
dicken, knolligen Wurzelstockes enthält einen beißend scharfen, die 


Tafel 40. 5 Tafel 40. 


Gift-Hahnenfuß. Ranunculus sceleratus L. 


1 Pflanze. 2 Grundständiges Blatt. 3 Zweig mit Früchten. 4 Blüte. 5 Blüte im 
Längsschnitt. 6 Same. 4, 5, 6 vergr. : 


Gifthahnenfuß. 77 


Schleimhäute stark reizenden, bitteren, flüssigen Stoff, dessen chemische 
Zusammensetzung und Eigenschaften noch nicht näher festgesetzt 
wurden; man glaubt, daß er mit dem Anemonin der Anemonen iden- 
tisch ist. — Der Saft mancher Ranunculusarten soll früher von den 
Bewohnern der Alpen und der Pyrenäen zum Vergiften der Pfeile be- 
nutzt worden sein. — Der Saft wirkt, auf die Haut gebracht, sehr 
kräftig reizend, ätzend und blasenziehend. Seine Giftwirkung ist 
eine vorwiegend scharfe, weniger eine narkotische. Vergiftungsfälle mit 
tödlichem Ausgange sind bei Menschen selten; auf Tiere (Hunde) 
scheinen geringere Mengen tödlich zu wirken. 

Am gefährlichsten ist der Gifthahnenfuß, Ranunculus sceleratus; 
schon der Genuß einer einzigen Blüte ruft beim Menschen ähnliche Ver- 
giftungserscheinungen hervor, wie die Anemone, Zeitlose und Germer- 
arten. i 


78 Scharfer Hahnenfuß. 


Scharfer Hahnenfuss. Ranunculus acer (Z.). 


Tafel 41. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Ranunculus siehe Ranunculus sceleratus; acer — scharf, wegen des scharfen 
Geschmacks. 
Butterblume. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem, abgebissenem 
Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis Im hoch, rund, hohl, 
kahl, glatt, bläulich bereift, die Äste zuweilen etwas behaart. — Blätter 
sattgrün, glänzend, schwach behaart. Wurzelblätter langgestielt, am 
Grunde scheidig, handförmig, fünf- bis siebenteilig. Abschnitte lineal- 
zerschlitzt, in der Mitte auf der Ansatzstelle des Stieles oft schwarz- 
gefleckt. Stengelblätter linealisch, dreiteilig oder einfach (Fig. 1 u. 2). 
— Blüten gelb, auf festen, langen, runden, etwas behaarten Stielen 
(Fig.1). — Kelch fünfblätterig, Blätter oval, gelblich, in der Mitte 
grün, außen wenig behaart, wagerecht abstehend (Fig.2). — Blumen- 
krone fünfblätterig; Blätter glänzend gelb, umgekehrt eiförmig; Honig- 
grübchen mit Deckschuppe (Fig. 4), — Staubblätter zahlreich; 
Staubfäden lang, fadenförmig, gelb; Staubbeutel oval, zweifächerig, 
längsaufspringend (Fig. 5), — Fruchtblätter zahlreich, auf einem 
eiförmigen Fruchtboden, linsenförmig zusammengedrückt, gerändert 
(Fig. 6). — Frucht linsenförmig mit kurzhakigem Schnabel (Fig. 7, 
8 und 9). 


Blütezeit: Mai bis Juli. 


Biologisches. Der scharfgiftige Saft schützt die Pflanze gegen 
Tierfraß. — Besucher der Blüten sind kurzrüsselige Bienen, 
Schwebfliegen und blütenstaubsammelnde Käfer; den ersteren wird 
Honig in einer Nektarschuppe am Grunde eines jeden Blumenblattes 
dargeboten. Die hochgelbe Blüte bildet einen weithin sicht- 
baren Schauapparat. — Die Blüten sind erstmännlich (pro- 
terandrisch), die Narbe entwickelt sich jedoch vor dem vollständigen 
Abblühen der Staubbeutel, so daß Eigenbestäubung möglich ist. Die 


Tafel 41. Tafel 41. 


Scharfer Hahnenfuß. Aanunculus acer L. 
4 Blumenkronenblatt mit Nektarium. 


1, 2 Pflanze. 3 Blüte im Längsschnitt. 
5 Staubblatt. 6 Staubblatt im Längsschnitt. 7 Fruchtstand. 8 Same. 9 Same 


im Längsschnitt. 3 bis 9 vergr. 


u 
mc 


Seharfer Hahnenfub. 79 


Staubbeutel öffnen sich in Kreisen von außen nach innen 
innerhalb mehrerer Tage. Nachts und bei Regenwetter werden die 
Blüten nickend. 


Standort und Verbreitung. Auf Wiesen mit fruchtbarem Boden 
allgemein verbreitet; in ganz Europa, Nord- und Mittelasien und (eın- 
seschleppt) in Nordamerika. 


Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus. 


50 Knolliger Hahnenfuß. 


Knolliger Hahnenfuss. Ranunculus 
bulbosus (z.). 


Tafel 42. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Ranuneulus siehe Ranuneulus sceleratus; bulbosus, knollentragend (bulbus, 
Knolle). 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit am Grunde stark 
knollig verdicktem Stengel. — Stengel ohne Ausläufer, bis 30 cm 
hoch, aufrecht, wenig verästelt (Fig. 1). — Blätter gestielt, dreizählig 
oder doppeldreizählig, sitzend, eingeschnitten, gezähnt. Stengelblätter 
mit schmalen Abschnitten, die ganze Pflanze dicht behaart, daher matt 
sraugrün aussehend. — Blüten gelb, auf langen, gefurchten Stielen. 
— Kelch fünfblätterig, außen grün, innen gelblich, zurückgeschlagen, 
außen behaart (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig, glänzend gelb; 
Honiggrube mit ausgerandeter Schuppe bedeckt (Fig. 3). — Staub- 
blätter zahlreich; Staubfäden kurz, mit langen Staubbeuteln (Fig. 4). 
— Fruchtblätter zahlreich, frei, auf kugelförmigem Fruchtboden 
(Fig.5). — Frucht linsenförmig zusammengedrückt, berandet, glatt 
(Fig. 5). 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches siehe Ranunculus acer. : 

Standort und Verbreitung. Auf trockenen Rainen, an Wald- 
rändern und Wegen, auf Feldern und Triften, durch ganz Mitteleuropa 
überall vorkommend, im Osten seltener werdend; in Nordamerika ein- 
geschleppt. 

Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus. 


Tafel 42. Tafel 42. 


Knolliger Hahnenfuß. ARanunculus bulbosus L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Kronenblatt mit Nektarium. 4 Staub- 
blatt. 5 Fruchtblatt. 2 bis 5 vergr. 


Tafel 43. Tafel 48. 


Brennender Hahnenfuß. Ranunculus Flamula L. 


1, 2 Blühende Pflanze. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Same. 3, 4 vergr. 


Brennender Hahnenfuß. 31 


Brennender Hahnenfuss.. Ranunculus 
fllammula (z.). 


Tafel 43. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Ranunculus siehe Ranunculus sceleratus; flammula = kleine Flamme, 
wegen des brennendscharfen, blasenziehenden Saftes der Pflanze. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit faserigem Wurzel- 
stock, zuweilen mit Ausläufern (Fig.1). — Stengel aufsteigend, bis 
30 cm hoch, oft niederliegend und an den Knoten wurzelnd, kahl, fein- 
gefurcht (Fig. 2). — Wurzelblätter langgestielt, zuweilen mit großen, 
weißen Scheiden, ei-lanzettlich, glatt, ganzrandig oder mit schwach säge- 
zähnigem Rande; Stengelblätter sitzend, lineal-lanzettlich (Fig. 1). — 
Blüten klein, hellgelb, auf stumpfkantigen Stielen. — Kelch fünf- 
blätterig, gelb; abstehend (Fig. 3). — Blumenkrone fünfblätterig, 
Blätter gelb, Honiggrube mit einer fleischigen, aufwärts gerichteten 
Schuppe bedeckt. — Staubblätter zahlreich, frei. — Fruchtblätter 
zahlreich, frei, auf kugelförmigem Fruchtboden stehend (Fig. 5). — 
Früchte umgekehrt eiförmig, gewölbt, glatt, nicht oder kaum merklich 
berandet, mit sehr kurzem Schnabel (Fig. 4). 

Die Pflanze ändert, je nach Standort und äußeren Wachstums- 
bedingungen, außerordentlich ab in der Größe von Stengel, Blatt und 
Blüte; die Form mit dünnem, niederliegendem Stengel wird als Ranun- 
culus reptans bezeichnet. 

Blütezeit: Mai bis September. 

Biologisches siehe Ranunculus acer. 

Standort und Verbreitung. An Gräben und Teichen, an Bach- 
und Flußufern, auf sehr nassen Wiesen; durch ganz Europa, Asien und 
Nordamerika überall vorkommend. 

Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus. 


Esser, Giftpflanzen. 6 


82 Frühlings-Adonis. 


Frühlings-Adonis. Adonis vernalis (Z.. 
Tafel 44. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Adonis, „Adonium“ des Plinius; nach Adonis, dem von einem Eber getöteten 
mythologischen Jäger, aus dessen Blute der Sage nach Aphrodite eine Adonispflanze 
entstehen ließ; vernalis = im Frühjahr blühend. Teufelsauge. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit meist mehrköpfigem, 
schwarzbraunem, dicht befasertem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel 
aufrecht, beblättert, am Grunde mit breiten, häutigen Schuppen um- 
geben, zur Blütezeit bis 25 cm hoch. — Blätter sitzend, zwei- bis 
dreifach gefiedert, schmal, mit linealen Blättchen. — Blüten einzeln, 
auf kurzem Stiel an der Spitze der Triebe. — Kelch fünfblätterig, 
elliptisch, muschelförmig, gelblichgrün, fein behaart. — Blumenkrone 
12- bis 20blätterig, ausgebreitet; Blätter länglich, an der Spitze hier 
und da schwach gezähnt, ohne Honiggrube, zitronengelb, vor dem Auf- 
blühen unterseits rötlich. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden faden- 
förmig, an der Spitze beiderseits einen längsaufspringenden, gelben 
Staubbeutel tragend. — Fruchtblätter zahlreich, ein länglichrundes 
Fruchtköpfchen bildend. — Früchtchen kugelig-eiförmig, netzartig 
gerunzelt, fein behaart, mit kurzer, hakiger Schnabelspitze. 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches siehe Adonis aestivalis. 

Standort und Verbreitung. Auf sonnigen, kalkhaltigen Hügeln, 
zwischen kurzem Rasen; durch ganz Süd- und Mitteleuropa und Mittel- 
asien; in Deutschland im Elsaß, im Ober-Rheintale, in Thüringen, in 
Bayern; im Osten seltener. 

Gift und dessen Wirkung. Die Adonisarten gelten allgemein 
als giftig oder doch stark giftverdächtig, — Aus dem Kraute von 
Adonis vernalis hat man ein in seinen Eigenschaften noch nicht 
näher erforschtes Glykosid: das Adonidin, und aus Adonis aesti- 
valis ein anderes, das vielleicht von dem vorgenannten nicht ver- 
schieden ist: das Adonin (0,,H,,0,) gefunden. 


Tafel 44. Tafel 44. 


Frühlings-Adonis. Adonis vernalis L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blatt. 3 Staubblatt. 4 Frucht. 5 Same. 2 bis 5 vergr. 


Sommer-Adonis. 83 


Sommer-Adonis. Adonis aestivalis (Z,. 


Tafel 45. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Adonis siehe Adonis vernalis; aestivalis = im Sommer blühend. 
Adonis miniata (Jaeg.); Adonis flava (Schlecht.); Adonis maculata (Wallr.). 


Beschreibung. Einjährige Pflanze. — Stengel bis !/,m hoch, 
sefurcht, kahl, einfach oder oben wenig verästelt (Fig. 1). — Blätter 
dreifach gefiedert; Blättchen linealisch, stengelumfassend, an den 
unteren Blättern breiter und gestielt, kahl (Fig. 1). — Blüten einzeln, 
endständig. — Kelch fünfblätterig, rot oder gelb; Blättchen länglich, 
stumpf, glatt, den Blumenblättern anliegend (Fig.2). — Blumen- 
krone ausgebreitet, meist achtblätterig; Blättchen doppelt so lang wie 
die Kelchblätter, länglich eirund, mennigrot oder gelb, am Grunde 
mit einem mehr oder weniger deutlichen schwarzen Fleck, der aber 
auch ganz fehlen kann, ohne Honiggrube (Fig.2 u. 3). — Staub- 
blätter zahlreich; Staubfäden kurz; Staubbeutel kugelig, braunrot. — 
Fruchtblätter zahlreich, in langen, lockern, spindelförmigen Köpfchen 
(Fig. 4). — Früchtchen etwas zusammengedrückt, schief-eiförmig, 
unten und oben kielig gerandet, oberer Kiel am Grunde mit einem 
Höcker (Fig. 5). — Die Pflanze ändert in der Blütenfarbe ab; neben 
rotblühenden kommen auch gelbblühende Formen vor: Adonis citrina 
(Hofim.), Adonis flava (Dec.) u. a. 


Blütezeit: Mai bis Juli. 


Biologisches.. Durch Krümmung der Blütenstiele werden 
die Blüten bei ungünstiger Witterung überhängend, und wird 
hierdurch der Blütenstaub gegen Nässe geschützt. — Bei Adonis 
vernalis wird der aus den 12 bis 20 hochgelben Blumenkron- 
blättern gebildete Schauapparat durch den Farbenkontrast 
mit den orangegelben Staubbeuteln den Insekten noch leichter 
bemerkbar gemacht; bei Adonis aestivalis bilden die zahlreichen 
schwarzen Staubbeutel und die schwarzen Flecken im Grunde 
der Blumenkrone ein scharf gezeichnetes, dunkles Zentrum 

6* 


54 Sommer-Adonis. 


auf hochrotem oder hellgelbem Grunde. — Die erstweib- 
lichen (proterogynen) Blüten sind völlig duft- und honiglos. 


Standort und Verbreitung. Auf Äckern mit schwerem Kalk- 
und Tonboden unter dem Getreide Durch ganz West- und Mittel- 
europa; in Deutschland bis nach Westpreußen; im Westen häufiger 
als im Osten. 


Gift und dessen Wirkung siehe Adonis vernalis. 


Tafel 45. Tafel 45. 


Sommer-Adonis. Adonis aestivalis L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte von der Seite. 3 Blüte der gelbblühenden Form. 4 Frucht- 
stand. 5 Früchtchen. 4, 5 vergr. 


Christophskraut. 85 


Christophskraut. Actaea spicata (Z.). 
Tafel 46. 


Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae. 


Actaea, weil die Blätter Ähnlichkeit haben mit Sambucus, den die Griechen 
Actdia (von dgnymi — breche) nannten, wegen des brüchigen Holzes; spicata 
— ährig. — Die Pflanze war dem hl. Christophorus, dem Meister aller Geister, ge- 
widmet und wurde im Mittelalter beim „Christopheln“, d. h. Beschwören der bösen 
Geister, gebraucht. 

Falsche Nieswurz, Giftschwanz.} 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit gelbbraunem, finger- 
dickem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis 3/,m hoch, rund, 


glatt und kahl, mit zwei bis drei Blättern besetzt. — Blätter doppelt 


dreizählig gefiedert, zusammengesetzt; Blättchen herz- oder eiförmig, 


dreispaltig, ungleich eingeschnitten und gesägt, zugespitzt, glänzend 


hellgrün (Fig. 2). — Blüten endständig, in eiförmigen, vielblätterigen 
Trauben. — Kelch vierblätterig, abfallend, Blättchen umgekehrt 
eiförmig. — Blumenkrone vier- bis sechsblätterig; Blätter spatel- 


förmig, weiß (Fig.3). — Staubblätter zahlreich; Staubfäden faden- 
förmig, weiß, ragen mit ihrer Spitze über die am oberen Ende seit- 
lich angebrachten runden, weißen Staubbeutel hervor (Fig. 4). — 
Fruchtblatt eins, eiförmig, einfächerig; Griffel sehr kurz; Narbe 


länglich rund, schief (Fig. 4). — Frucht eine oval-runde, mehrsamige, 
blauschwarze Beere (Fig. 5 und 6), — Same platt, halbkreisrund 
(Fig. 7). 


Blütezeit: Mai bis Juli. 


Biologisches. Die Blüten werden dadurch augenfällig, daß 
die Staubfäden blendend weiß gefärbt sind; die kleinen, weib- 
grünlichen Blumenkronblätter kommen bei der Bildung des Schau- 
apparates wenig zur Geltung. — Die honiglosen Blüten sind weder 
ausgesprochen insektenblütig, noch ausgesprochen wind- 
blütig; sie bilden den Übergang der einen Form in die andere. 
Von Insekten werden sie eifrig beflogen; sie bieten denselben jedoch 
nur Blütenstaub. 


NW ———— 


Tr m m Da nr 


86 Christophskraut. 


Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Orten in 
Gebirgswäldern. Durch ganz Deutschland, im nordwestlichen Deutsch- 
land jedoch fehlend. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wurde früher gegen 
Asthma gebraucht; sie gilt allgemein als mindestens giftverdächtig. 
Nähere Untersuchungen ihrer Bestandteile liegen noch wenige vor. Es 
scheint jedoch festzustehen, daß sie keine Alkaloide enthält. — Der 
Wurzelstock ist dem von Helleborus niger sehr ähnlich und wird oft 
mit diesem verwechselt. 


Tafel 46. Tafel 46. 


Christophskraut. Actaea spicata L. 


1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Fruchtblatt und Staubblatt. 
5 Fruchttragender Sproß. 6 Beere, quer durchschnitten. 7 Same, vergr. und 


nat. Größe. 3, 4, 6 vergr. 


Schlafmohn. 87 


Schlafmohn. Papaver somniferum (Z..t 


Tafel 47. Wandtafel 8. 


Fam.: Mohngewächse. Papaveraceae. 


Papaver, Name der Pflanze bei ‚Plinius; somniferum =/schlafmachend. 
Mohn, slawisch „Mak“, altdeutsch „Mago“, „Mage“, im Mittelalter „Män“, griech. 
„Mekon“, weist auf orientalische Herkunft des Wortes. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit runder, meist einfacher 
Pfahlwurzel. Die Pflanze enthält in allen Teilen Milchsaftgefäße mit 
einer weißen Milch. — Stengel aufrecht, rund, verästelt, 1 bis 1:/, m 
hoch, kahl, bläulich bereift (Fig.1). — Blätter zerstreut stehend, läng- 
lich, eingeschnitten, gezähnt, kahl, grün, die unteren gestielt, die oberen 
mit herzförmigem Grunde und stengelumfassend (Fig.1). — Blüten 
einzeln, endständig, langgestielt, in der Knospenlage überhängend, 
nachher aufrecht; Stiele rund, blaugrün, borstig behaart (Fig. 1). — 
Kelch zweiblätterig, länglich, kahnförmig, kahl, bläulich bereift; beim 
Aufblühen am Grunde sich lösend und abfallend. — Blumenkrone 
vierblätterig, regelmäßig; Blumenkronblätter umgekehrt eirund, ganz- 
randig oder geschweift, abfallend, in der Knospe unregelmäßig ge- 
faltet. — Staubblätter zahlreich, frei; Staubfäden fadenförmig, oben 
verbreitert; Staubbeutel zweifächerig, blaßgelb, längsaufspringend (Fig. 2). 
— Fruchtknoten rund, kahl, blaugrün bereift, einfächerig mit vielen 
Samenanlagen; aus 8 bis 15 Fruchtblättern und den Samenträgern zu 
einem Gehäuse verwachsen; Samenträger wandständig; Griffel fehlt 
(Fig. 4); Narbe breit, sitzend, strahlig, acht- bis zehnlappig (Fig. 3). — 
Frucht eine kugelrunde Kapsel, geschlossen bleibend oder unterhalb 


der Narben sich mit runden Löchern öffnend. — Samen sehr zahl- 
reich, klein (Fig. 5), nierenförmig, weiß, bläulich oder grau, außen 
netzgrubig. 


Ändert ab in der Größe und Farbe der Blüte, kommt auch ge- 
füllt vor als Gartenzierpflanze. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. In dem giftigen Milchsaft besitzt die Pflanze 
Schutz gegen Tierfraß. — Die Knospe ist bis zum Aufblühen, 
wo die beiden Kelchblätter abfallen, nickend. An der geöffneten 


88 Schlafmohn. 


Blüte falten sich des Abends die Blumenkronblätter zusammen zum 
Schutze des Blütenstaubes und der Narben. — Die auf die große, 
weithin sichtbare, schalenförmige Blüte auffliegenden Insekten 
finden nur Blütenstaub, keinen Honig. Die zahlreichen Staub- 
beutel öffnen sich schon vor dem Aufblühen der Blüte und bedecken 
sich ringsum mit Blütenstaub; über ihnen stehen die Narbenlappen. 
Die gegen die lilafarbigen Blumenkronblätter als gelber Kreis sich ab- 
hebenden Staubgefäße zeigen auf die Mitte der Blüte als die geeignetste 
Aufflugstelle für die Insekten, und durch die Stellung der Narben ist 
Fremdbestäubung gesichert. — Bestäuber sind Bienen, Hummeln 
und Schwebfliegen, auch kleine Käfer, die sich oft mehrere Tage 
in der Blüte aufhalten. — Die Frucht gleicht einer Streusand- 
büchse; es entstehen an ihr am oberen Rande infolge Schrumpfung 
der äußeren Zellwand jedem Fruchtfach entsprechende kleine Löcher, 
durch die der Wind beim Anstoßen der holzig und trocken gewordenen 
Stengel die zahlreichen Samen herausschleudert. 

Standort und Verbreitung. Ist in wirklich wildwachsendem Zu- 
stande bisher noch nicht gefunden worden; in einzelnen Gegenden Süd- 
europas ist sie den Kulturen entronnen und hat sich verwildert hier 
und da angesiedelt. Man nimmt an, daß Papaver somniferum ein Ab- 
kömmling des in Europa häufig wild vorkommenden und vereinzelt 
auch kultivierten Papaver setigerum ist, den auch die Bewohner der 
Pfahlbauten gemäß aufgefundenen Kapseln schon anbauten. Da der 
letztgenannte Mohn in Asien nicht vorkommt, so muß, die Abstammung 
des Schlafmohns von ihm als richtig vorausgesetzt, der Anbau der 
Mohnpflanze in Südeuropa und Nordafrika seinen Ursprung haben. Die 
Kultur der Pflanze in Griechenland und Vorderasien geht bis in vor- 
geschichtliche Zeiten zurück. Homer und Theophrast kannten die 
Pflanze und ihre schlafmachenden Eigenschaften, zu Dioskorides’ Zeit 
gab es schon die Abarten mit weißen Samen; zu Plinius’ Zeit war der 
Mohn eine Kulturpflanze Ägyptens. Wann er nach Indien gekommen 
ist, läßt sich nicht mehr feststellen; heute nimmt die Kultur der Pflanze 
dort und in China zur Gewinnung des Opiums an Ausdehnung stets 
zu. Allgemein wird der Schlafmohn wegen des aus den Samen ge- 
wonnenen Mohnöles angebaut. 

Gift und dessen Wirkung. Giftig sind alle milchsaftführenden 
Teile der Pflanze, Stengel, Blätter und unreife Samenkapseln, und zwar 
ist das Gift in dem Milchsaft enthalten, der eingetrocknet das Opium 
darstellt. Infolge der ausgedehnten Anwendung, die das Opium seit 
langer Zeit in der Heilkunde gefunden, ist der Milchsaft chemisch 
genau untersucht, und es sind in demselben zahlreiche Alkaloide 
nachgewiesen, die ihrer chemischen Zusammensetzung und physiologi- 
schen Wirkung nach sehr genau bekannt sind. 


Tafel 47. Tafel 47. 


x 


\ 


R 


Schlafmohn. Papaver somniferum L. 


1 Blühender Sproß. 2 Staubblatt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt. 4 Fruchtknoten 
im Längsschnitt. 5 Same. 2 bis 5 vergr. 


Schlafmohn. 39 


Man kann dieselben in zwei Gruppen einteilen: 

1. Die Papaveringruppe: Papaverin (C,H,, NO,) und Nar- 
cotin (C,H,NO, 4 H,O); ersteres im Milchsaft zu 0,5 bis 1,0 Proz., 
letzteres zu 4 bis 8 Proz. darin vorhanden. Beide sind von geringerer 
physiologischer Wirkung. 

2. Die Morphingruppe, welche die drei sehr giftigen 
Basen enthält: Morphin [C,-H,;NO(OH,)], zu 9 bis 23 Proz., 
Codein [C,-H,,NO(OH)(OCH;)], zu 0,2 bis 0,8 Proz., und Thebain 
[C,-,H,; NO(OCH,),], zu 0,2 bis 0,5 Proz. Die letztgenannte ist die 
giftigste der drei Alkaloide, ein Krampfgift. Die Hauptgift- 
wirkung wird jedoch durch das die anderen Basen an Menge weit 
übertreffende, betäubend wirkende Morphin hervorgebracht, und sind 
die Erscheinungen diejenigen, die von stark narkotischen Giftstoffen 
erzeugt werden. Die Hauptwirkung der Opiumalkaloide richtet sich 
auf das Centralnervensystem und in erster Linie auf das Gehirn. 

Außer den genannten Alkaloiden findet sich im Milchsaft der vor- 
liegenden Pflanze eine organische Säure: die Mekonsäure, an welche 
die genannten Alkaloide gebunden zu sein scheinen, die aber selbst 
nicht giftig ist. — Vergiftungen kommen weniger durch direkten Genuß 
von Teilen der Pflanze, als durch Mißbrauch opium- bzw. morphin- 
haltiger Präparate vor, sowie durch das in manchen Ländern ver- 
breitete Opiumrauchen oder Opiumessen, das von der Türkei und 
Ägypten aus sich über den Orient und im Gefolge der mohammedani- 
schen Eroberungszüge nach Indien und Ostasien ausbreitete. — In der 
Heilkunde werden benutzt: Die in unreifem Zustande gesam- 
melten und getrockneten Fruchtkapseln (Fructus Papaveris), die 
reifen Samen (Semen Papaveris) und der durch Einschnitte in 
die unreife Kapsel gewonnene und eingetrocknete Milchsaft 
(Opium). 


90 Schöllkraut. 


Schöllkraut. Chelidonium majus (Z.). 
i Tafel 48. 


Fam.: Mohngewächse. Papaveraceae. 


Chelidonium, nach Dioskorides von Chelidön (gr.), Schwalbe, weil die 
Pflanze zur Zeit des Erscheinens der Schwalben austreibt und beim Wegzuge der- 
selben abstirbt; daher wohl auch die deutsche Bezeichnung Schwalbenwurz. Schöll- 
kraut oder Sehellkraut entstanden aus Chelidonium. Goldwurz, Goldkraut von der 
gelben Wurzel, in der die Alchimisten den Stein der Weisen, die Kunst des Gold- 
machens vermuteten; sie legten dem Namen die Bedeutung eoeli donum —= Him- 
melsgabe unter. Blutkraut (Oestr.) mit Bezug auf den rotgelben Saft. Warzen- 
kraut, weil die gelbe Milch Warzen schnell zum Verschwinden bringen soll. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fingerdickem, walzen- 
förmigem, gelbem Wurzelstock. — Stengel einjährig, bis 1m hoch, 
aufrecht, rund oder etwas kantig, gegliedert, knotig, gabelästig, ab- 
stehend behaart, hohl, in allen Teilen orangegelbe Milch führend 
(Fig. 1). — Blätter unpaarig gefiedert; die unteren Blätter vielpaarig, 
die oberen einfacher; Fieder eilänglich, gelappt und gekerbt; die unter- 
sten Fieder gestielt, die obersten sitzend und herablaufend, oberseits 
grün, kahl, unterseits blaugrün, behaart (Fig.1). — Blüten in lang- 
gestielten Dolden; Hüllblättchen am Grunde der Dolde schmal lanzett- 
lich. Blüten regelmäßig, gestielt; Stiele behaart. — Kelch zwei- 
blätterig; Blätter muschelförmig, am Grunde sich lösend und abfallend, 
behaart, grünlich. — Blumenkrone vierblätterig; Blätter umgekehrt 
eirund, abgerundet, flach, hochgelb (Fig. 1). — Staubblätter zahlreich 
(Fig. 2); Staubfäden gelb, etwas zusammengedrückt, nach oben breiter 
werdend; Staubbeutel eiförmig, aufrecht, zweifächerig, längsaufspringend 
(Fig. 3). — Fruchtblätter zwei, mit ihren Rändern an den beiden 
fadenförmigen Samenträgern verwachsen; Fruchtknoten stumpf, vier- 
kantig bis walzenförmig, einfächerig, mit vielen Samenknospen; Griffel 
sehr kurz; Narbe undeutlich zweilappig (Fig. 4 u.5). — Frucht eine 
schotenförmige, etwas zusammengedrückte Kapsel, vom Grunde nach 
der Spitze hin zweiklappig aufspringend; Samenträger gegenständig, 
fadenförmig, unten und oben durch den Griffel verbunden und daher 
einen Rahmen bildend, ohne Scheidewand (Fig. 6). — Samen zwei- 
reihig, zahlreich, eiförmig bis nierenförmig, glänzend schwarzbraun, 
Schale feinkörnig gezeichnet, mit großem, kammartigem, fleischigem, 
weißem Nabelwulste (Fig. 7). 


Tafel 48. Tafel 48. 


Schöllkraut. Chelidonium majus L. 


1 Blühender Sproß. 2 Fruchtknoten und Staubblätter. 3 Staubblatt. 4 Frucht- 
knoten mit Narbe. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht, geöffnet. 7 Same. 


2, 3, 4, 5, 7 vergr. 


Sehöllkraut. 91 


Die Pflanze ändert in den Blättern ab und findet sich u. a. mit 
fiederspaltig zerschlitzten Blättchen: Chelidonium laciniatum (Mill.). 

Blütezeit: Mai bis Herbst. 

Biologisches. Der giftige, gelbrote Milchsaft schützt die 
Pflanze gegen Tierfraß; in großer Menge findet er sich in der Wurzel 
und dient hier wohl in erster Linie als Nahrungsreserve. — Auf den 
Blättern kommen zuweilen Adventivknospen vor, welche, zur Erde ge- 
langt, Wurzeln treiben. — Narben und Staubbeutel sind fast 
gleichzeitig entwickelt; die erstere überragt die letztere etwas, so 
daß beim Niedersetzen von Insekten auf die Blüte Fremdbestäubung 
möglich ist; Eigenbestäubung wird aber auch nicht selten vorkommen, 
dadurch, daß bei Regenwetter die Blüte länger geschlossen bleibt, und 
die seitlich aufspringenden Staubblätter an die Narbe angedrückt 
werden; auch bei offenen Blüten legen sich die Staubfäden gegen Ende 
der Blütezeit dem Griffel an. — Die Blütenstiele richten sich vor dem 
Aufblühen aufrecht, senken sich aber zur Nachtzeit und bei Regen- 
wetter. — Die Verbreitung des Samens erfolgt häufig durch 
Ameisen, deren Zugstraßen man häufig ganz mit diesen Pflanzen be- 
setzt gefunden hat. Die Tiere verzehren die kammartige Nabelschwiele 
und lassen die Samen liegen. 

Standort und Verbreitung. Auf Schutthaufen, an Wegen und 
Hecken, an Mauern und Felsen, auch auf bebautem Boden, durch ganz 
Europa. 

Gift und dessen Verbreitung. Das Schöllkraut enthält eine 
Reihe von Alkaloiden, die mit dem Gesamtnamen: Chelidonium- 
Alkaloide bezeichnet werden, und welche Träger der giftigen Eigen- 
schaften der Pflanze sind. Jene Alkaloide sind im Milchsafte der 
Pflanze, der in besonderen Milchgefäßen eingeschlossen ist, enthalten. 
— Das Chelidonin (C,H, NO; + H,O), rein farblose, tafelförmige, 
bitterschmeckende Kristalle darstellend, besonders reichlich in der 
Wurzel vorkommend, scheint nicht giftig zu sein; dagegen ist das 
Chelerythrin (C,,H,-NO,), das, auf die Nasenschleimhaut gebracht. 
heftiges Niesen, in den Magen gebracht, starkes Erbrechen hervorruft, 
giftig. Außerdem findet sich im Safte die nicht giftige Chelidon- 
säure. Vergiftungen sind bekannt durch unvorsichtigen Gebrauch des 
Saftes der Pflanze als Volksheilmittel, als hautreizendes Mittel gegen 
Fieber u. dgl., sowie durch die Verwechselung der Wurzel mit der des 
Meerrettichs. 


92 Gemeiner Mandelbaum. 


 Gemeiner Mandelbaum. Amygdalus 
communis (Z..} 


Tafel 49. 


Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae. 


Griech. Amygdaäle, bei den attischen Komikern schon vorkommend; Herleitung 
des Wortes noch nicht erwiesen; nach einigen soll das Wort semitischen, nach 
anderen griechischen Ursprungs sein. 

Prunus Amygdalus (Stokes), 

Beschreibung. Baum oder Strauch mit abstehenden, in der 
Jugend grünen, kahlen, später braunen Ästen. — Knospen eiförmig- 
rundlich mit braunen Deckschuppen. — Blätter lanzettförmig, gestielt, 
scharf gesägt, kahl, oberseits glänzend grün; am Blattstiel zuweilen 
eine oder mehrere Drüsen (Fig. 1), oftmals ganz drüsenlos. — Blüten 
einzeln oder zu mehreren an den vorjährigen Zweigen, vor dem Aus- 
bruch der Blätter sich öffnend, auf kurzen, kahlen, grünen Stielen 
(Fig. 1). — Blütenboden glockenförmig, kahl, am Stiele grün, nach 
oben rötlich; innen mit honiggelber, drüsiger Scheibe und im Grunde 
behaart (Fig. 2). — Kelch fünfblätterig, dem oberen Rande des Blüten- 
bodens aufsitzend; Kelchblätter eiförmig-lanzettlich, stumpf, abstehend, 
am Rande behaart. — Blumenkrone regelmäßig fünfblätterig; Blätter 
eiförmig, viermal so lang wie der Kelch, dem Rande des Blütenbodens 
aufsitzend, abfallend, hellrosa (Fig. 1). — Staubblätter 20 bis 40, 
frei, zweireihig stehend; Staubfäden unten behaart, rosenrot, in der 
Knospe einwärts gekrümmt; Staubbeutel auf dem Rücken angeheftet, 
oval, zweifächerig, längsaufspringend. — Fruchtblätter einblätterig 
mit zwei Samenknospen, oberständig (Fig. 2); Fruchtknoten eiförmig, 
zusammengedrückt, behaart, mit einer Furche; Griffel fadenförmig, 
unten zottig behaart; Narbe platt, seitlich ausgerandet, gelb (Fig. 3). 
— Frucht eiförmig, seitlich zusammengedrückt, die äußere, anfangs 
grünliche, später rotbraune Schale samtig grauweiß behaart, mit einer 
Längsfurche; an dieser bei der Reife aufspringend und sich ablösend 
(Fig. 4). Steinschale mit einem oder zwei Samen, beiderseits gerandet, 
eiförmig, seitlich zusammengedrückt, hellbraun, 'tief gefurcht und punk- 
tiert, hart (Fig. 5). — Same eiförmig, platt, braungelb, am Embryo 
das kurze Würzelchen nach oben gewendet, die beiden Keimblätter 
weiß, fleischig, ölhaltig (Fig.7 u. 8). 


Tafel 49. Tafel 49. 


Bitter-Mandel. Amygdalus communis L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten mit Griffel. 4 Zweig 
mit Früchten. 5 Die Steinfrucht. 6 Steinfrucht im Längsschnitt. 7 Same. 8 Same 
im Längsschnitt. 2, 3 vergr. 5 bis 8 unb. Größe. 


Gemeiner Mandelbaum. 93 


Als besondere Formen werden unterschieden: Amygdalus amara, 
die Bittermandel, mit meist drüsenlosem Blattstiele, unten behaarten 
Staubfäden und bitteren Samen, und Amygdalus dulecis, die süße 
Mandel, mit drüsigem Blattstiele, unbehaarten Staubfäden und süßen 
Samen. 

Blütezeit: März, April. 

Biologisches. Die an dem Blattstiele, also ganz außerhalb der 
Blüte stehenden Honigdrüsen sind sogenannte „extranuptiale 
Nektarien“. Diese Gebilde sollen eine Besiedelung des Baumes mit 
Ameisen begünstigen und dadurch seine Blätter und Blüten gegen den 
Fraß anderer Tiere (Insekten, Raupen usw.), deren Feinde die Ameisen 
sind, schützen. 

Standort und Verbreitung. Wild wachsend, sowohl die Form 
mit bittern als wie mit süßen Früchten, gefunden in Turkestan, 
Afghanistan, dann im oberen Zarafshantal, in den südlichen und öst- 
lichen Provinzen Transkaukasiens, in Mesopotamien und in Kurdistan. 
‘ Im Altertum war die Mandel schon als Fruchtibaum bekannt; Moses 
erwähnt ihn für Palästina, Theophrast für Griechenland; von hier kam 
er früh nach Italien, wo die Früchte Avellanae graecae hießen. Schon 
zur Zeit Karls des Großen, der die Anpflanzung des Baumes auf seinen 
Gütern anbefahl, war der Mandelbaum in Deutschland bekannt. Im 
15. Jahrhundert wurde der Baum schon vielfach in Süddeutschland 
angepflanzt. Jetzt wird derselbe im ganzen Mittelmeergebiete gezogen; 
in günstigen Lagen Mitteleuropas gedeiht er noch gut; er kommt auch 
noch im Süden von England und Norwegen fort; in Süddeutschland 
wächst er ohne Winterschutz, in Norddeutschland bedarf er jedoch 
eines solchen. 

Gift und dessen Wirkung. Die Samen enthalten Blausäure. 
Vergiftungen können vorkommen durch Genuß der Samen von Bitter- 
mandeln, sowie durch die aus den Samen oder dem Bittermandelöl 
hergestellten Genußmittel (Liköre, Backwerke u. dgl.). Die Samen ent- 
halten ein, rein dargestellt, in farblosen Prismen kristallisierendes, 
bitterschmeckendes Glykosid: das Amygdalin und ein seiner Natur 
nach noch nicht näher bekanntes Enzym: das Emulsin. Das letztere . 
spaltet, wenn es auf das Glykosid einwirkt, dieses in Blausäure, Bitter- 
mandelöl (Benzaldehyd) und Zucker. Zusammen mit dem Amygdalin 
findet sich in jungen Samen das Laurocerasin, welches eine Ver- 
bindung von Amygdalin mit Amygdalinsäure ist. Weiteres über 
Blausäure und ihre Giftwirkung siehe Einleitung. — In der Heil- 
kunde werden benutzt: die Samen (Amygdalae amarae). 


94 Kirschlorbeer. 


Kirschlorbeer. Prunus laurocerasus (Mill.).t 


Tafel 50. 


Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae. 


Prunus von Prinos (gr.), wilder Pflaumenbaum; laurocerasus von laurus 
— Lorbeer, wegen der lorbeerähnlichen Blätter und cerasus = Kirsche,. wegen 
der kirschförmigen Früchte. 


Beschreibung. In der Heimat ein Baum, 3 bis 10m hoch, bei 
uns nur strauchartig; Zweige rund, grün. — Blätter 8 bis 16cm lang 
und 4 bis 6cm breit, dick, lederartig, oval-länglich, kurzgestielt, am 
Rande zurückgebogen, ganzrandig oder entfernt gezähnt, kurz gespitzt, 
oberseits dunkelgrün, glänzend, unterseits hellgrün mit stark hervor- 
tretender Mittelrippe, die unten zwei bis vier Drüsen trägt (Fig.1). — 
Blüten in achselständigen, 10 bis 12cm langen Trauben (Fig. 1). 
Blüten kurz gestielt. Blütenboden krugförmig, außen gelblich, glatt. 
— Kelch fünfblätterig; Blätter klein, rundlich, dreieckig (Fig. 2). — 
Blumenkrone fünfblätterig; Blätter oval, weiß, am Rande des Blüten- 
bodens stehend (Fig. 2 u.3). — Staubblätter zahlreich, am Rande 
des Blütenbodens eingefügt; Staubfäden weiß; Staubbeutel gelb, oval, 
zweifächerig. — Fruchtblätter einblätterig, mit zwei Samenknospen; 
Fruchtknoten oval, einfächerig (Fig. 4); Griffel endständig, fadenförmie. 
— Frucht eine ovale, schwarze Steinbeere mit fleischigem Frucht- 
fleische und glattem Steine (Fig. 5, 6 u. 7). 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches siehe Prunus Padus. 

Standort und Verbreitung. Der Strauch wurde wildwachsend 
gefunden in Nordpersien und Transkaukasien, in den südlichen und 
südöstlichen Küstengebieten des Schwarzen Meeres und im südlichen 
Balkan; im Kaukasus in Höhen bis 2000 m. Angepflanzt als Zierstrauch 
in allen wärmeren Ländern Europas, hält er in Süd- und Westdeutsch- 
land bei nicht zu starker Winterkälte aus; im Norden bedarf er im 
Winter fast stets des Schutzes. Kam, 1546 von Belon bei Trapezunt 
aufgefunden, schon früh nach Europa; 1558 standen schon Exemplare 
in den Gärten des Fürsten Doria zu Genua; 1574 kam die erste Pflanze 
in die kaiserl. Gärten nach Wien; 1597 wird sie schon als Zierstrauch 
in England erwähnt. 


Tafel 50. Tafel 50, 


Kirsehlorbeer. Prunus Laurocerasus Mill. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten im Quer- 
schnitt. 5 Fruchtstand. 6 Steinkern. 7 Längsschnitt durch den Steinkern und 


Samen. 2,3, 4, 7 vergr. 


Kirschlorbeer. 95 


Gift und dessen Wirkung. Die Blätter des Kirschlorbeers sind 
unversehrt völlig geruchlos; zerquetscht entströmt ihnen ein starker 
Bittermandelgeruch. Mit Wasser destilliert liefern sie Blausäure. In 
den Blättern sind die Glykoside: Amygdalin, Laurocerasin und 
Prulaurosin (C,,H,,NO,), sowietdas Enzym: Emulsin nachgewiesen, 
durch deren Einwirkung aufeinander die Blausäure entsteht (siehe 
Amygdalus communis sowie Einleitung). — Der Amygdalingehalt soll im 
Juli, August am größten sein. Während die Glykoside im Parenchym- 
gewebe des Blattes abgelagert sind, hat das Enzym seinen Sitz in 
den Stranggeweben, in der Innenrinde und dem Pericycle der Leit- 
bündel. Weiteres über Blausäure und ihre Giftwirkung siehe Einleitung. 
— In der Heilkunde wurden früher benutzt: die im Juli bis August 
gesammelten Blätter (Folia Laurocerasi). 


96 Traubenkirsche. 


Traubenkirsche. Prunus Padus (z.. 
Tafel 51. 


Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae. 


Prunus siehe Prunus laurocerearus; Padus von Paddos (gr.), des Theophrast. 

Padus avium (Mill... Cerasus Padus (D. C.). 

Ahlbaum, Ahlkirsche, Elfenbusch. 

Beschreibung. Ein bis 8m hoher Baum oder großer Strauch 
mit in der Jugend grünen, später braunen oder graubraunen Zweigen, 
die mit gelblichen, länglichen Rindenhöckerchen besetzt sind. — 
Blätter dünn, gestielt; an den oft rötlichen Stielen zwei bis vier 
Drüsen; Blattspreite elliptisch, scharf stachelspitzig; Rand einfach oder 
doppelt gesägt, oberseits lebhaft grün, kahl, unterseits blaßgrün, in den 
Aderwinkeln behaart (Fig. 1). — Blüten in 8 bis 12 cm langen, ein- 
fachen, hängenden Trauben, gestielt. Blütenboden glockig, kahl, oben 
mit fünf eiförmigen Kelchblättchen besetzt (Fig. 1). — Blumenkrone 
fünfblätterig. Blumenblätter verkehrt eirund, vorn gezähnt, weiß. — 
Staubblätter zahlreich, etwas kürzer als die Blumenkronblätter, dem 
tande des Blütenbodens eingefügt (Fig.2 u. 3). — Fruchtknoten ein- 
blätterig, rund, Griffel einfach, etwas kürzer als die Staubblätter; Narbe 
flach (Fig. 3). — Frucht kugelförmig, schwarz glänzend; Fruchtfleisch 
saftig, von bitterem, süßlichem, zusammenziehendem Geschmack; Stein 
oval, runzelig (Fig. 4). 

Ändert sehr ab in der Form der Blätter und Zweige und der 
Früchte: Prunus Padus rotundifol, pendula, bracteata, commutata, cor- 
nuta, leucocarpa u. a. 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches. Die Bedeutung der Honigdrüsen an den 
Blättern siehe Afygdalus communis. — Die Blüten sind erst- 
weiblich (proterogyn); die Narbe ist beim Aufblühen vollständig ent- 
wickelt; erst nachher öffnen sich die Staubbeutel, welche aber während 
der ganzen Blütezeit etwas nach einwärts geneigt sind, so daß Eigen- 
bestäubung möglich ist. — Den Blüten entströmt nur tagsüber ein 
zarter Honigduft. — Die in der Reife blauschwarzen Früchte sind, 
gegen die rotgelbe herbstliche Färbung der Blätter sich deutlich ab- 
hebend, den sie verzehrenden und so für die Verbreitung der 
Pflanze sorgenden Vögeln (Drosseln, Rotkehlchen usw.) weithin 


Tafel 51. 
Tafel 51. 


e)- EN 
3: fi Traubenkirsche. Prunus Padus L. ? 


1 Zweig mit Blütentraube 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtstand. 
5 Same. 2 bis 5 vergr. 


Traubenkirsche. j 97 


sichtbar. — Die Blätter haben, solange sie jung sind, eine durch 
Anthokyan hervorgerufene rötliche Farbe, die als Schutzmittel 
des Blattes gegen Einwirkung zu starken Lichtes dienen, nach anderen 
zur besseren Ausnutzung des Sonnenlichtes, dessen Lichtstrahlen in der 
rotgefärbten Zellschicht in Wärmestrahlen übergeführt und dadurch der 
Pflanze nutzbar gemacht würden. 

Standort und Verbreitung. In Laubwäldern und an Flußufern, 
in ganz Europa und Nordasien, im Orient, in der Mongolei, Man- 
dschurei, Nordchina und Japan; in Gartenanlagen als Zierstrauch häufig 
angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. Rinde, sowie besonders die Blatt- 
und Blütenknospen, sind blausäurehaltig, weniger die ausgewachsenen 
Blätter. Es findet sich in den genannten Teilen das Glykosid: 
Laurocerasin und ein Enzym. Weiteres über diese Stoffe, sowie 
über die Bildung der Blausäure und ihre Giftwirkung, siehe Einleitung, 
sowie bei Amygdalus communis und Prunus laurocerasus. 

Auch in der Rinde, in den Blättern und Blüten der in Anlagen 
angepflanzten Prunus virginiana und Prunus serotina sind Blausäure 
bzw. Amygdalin und Emulsin nachgewiesen. 


Esser, Giftpflanzen. 


| 


98 Goldregen. 


Goldregen. Cytisus Laburnum (zZ. 
Tafel 52. Wandtafel 9. 


Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae. 


Cytisus von griech. Kytisos, das aber nicht die vorliegende Pflanze, sondern 
die der mediterranen Flora angehörige Medicago arborea bezeichnete. Laburnum 
von alburnum (von albus, weiß), mit weißem Splint. 

Laburnum vulg. (Grisebach). 

Bohnenbaum, Gaisklee. 

Beschreibung. Ein 5 bis 6m hoher Strauch mit graugrünen, 
in der Jugend etwas hängenden Zweigen. — Blätter dreizählig, auf 
langen, anliegend behaarten Stielen; Blättchen kurzgestielt, mehr oder 
weniger elliptisch oder lanzettlich, zugespitzt, stachelspitzig, ganzrandig, 
oberseits dunkelgrün, unterseits heller, anliegend behaart (Fig.1). — 
Blüten in hängenden Trauben, gestielt (Fig. 1). — Kelch glockig, mit 
zweizähniger Oberlippe und dreizähniger Unterlippe, grün, behaart. — 
Blumenkrone fünfblätterig; Blumenblätter genagelt, gelb; Fahne läng- 
lich, eirund, aufrechtstehend, größer als die anderen Blumenblätter, am 
Grunde mit zwei braunroten Streifen gezeichnet. Flügel verkehrt- 
eiförmig, faltig-runzelig. Schiffehen aus zwei an der Spitze zusammen- 
hängenden Blättern gebildet (Fig. 2). — Staubblätter zehn, mit ihren 
Staubfäden fast bis an die Staubbeutel zu einer Röhre verwachsen. — 
Fruchtknoten länglich, seitlich zusammengedrückt, einfächerig, mit 
vielen Samenknospen, angedrückt behaart. Frucht eine mehrsamige, 
länglich-lineale, seitlich zusammengedrückte Hülse, bis 6cm lang, in 
der Jugend grün, behaart, im Alter braun (Fig. 4). — Same schwarz 
(Fig. 5). 

Der Baum ändert in verschiedenen Standformen ab, die in der 
Gestalt und Größe der Blätter, in der Farbe und Tracht der Zweige 
und, wenn auch weniger in der Form der Blumenblätter sich unter- 
scheiden. Dazu kommen noch viele in der Kultur entstandene Garten- 
formen. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die Pflanze ist durch 'das in allen Teilen 
enthaltene Gift gegen Tierfraß geschützt. — Die dreizähligen 
Blättchen werden des Abends dem Stengel der Pflanze an- 
sepreßt (Schlafbewegung der Blätter) zum Schutz gegen zu großen 


Tafel 52. | Tafel 52. 


Goldregen. Cytisus Laburnum L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Innere Teile der Blüte. 4 Unreife 
Hülse. 5 Same. 2, 3, 5 vergr. 


Goldregen. 99 


Wärmeverlust während der Nacht. — An der Wurzel der Pflanze 
finden sich ziemlich große Knöllchen, die im Inneren Spaltpilze 
beherbergen. Diese Knöllchen kommen bei allen Schmetterlingsblütlern 
vor und begünstigen die Ernährungsverhältnisse derselben, derart, daß 
man von einer Lebensgemeinschaft der Schmetterlingsblütler 
(Papilionaceen) mit Spaltpilzen spricht. Die Keime dieser Spaltpilze, 
die in den meisten Bodenarten verbreitet sind, entwickeln sich nur, wenn . 
sie mit der Wurzel der betreffenden, als Herberge dienenden Pflanze 
in Berührung kommen. Sie bilden einen Keimschlauch, der in die 
Wurzel eindringt; diese schafft ihrerseits dem Eindringling durch Aus- 
bildung eines gallenartigen Knöllchens eine Wohnstätte, in der alsbald 
ganze Kolonien von Spaltpilzen sich bilden. Das freudige Wachstum 
der Pflanzen, wenn die Bildung der Knöllchen beginnt und die außer- 
ordentliche Vermehrung der Spaltpilze, weisen auf eine zum gegen- 
seitigen Nutzen geschaffene Lebensgemeinschaft hin. Die Pilze ent- 
. nehmen der Pflanze fertig zubereitete Kohlenhydrate, wogegen sie 
durch ihre Fähigkeit, den freien Stickstoff der atmosphärischen Luft 
aufzunehmen, ihrer Nährpflanze stickstoffhaltige Nahrung liefern. Die 
Schmetterlingsblütler gedeihen also ohne Zufuhr stickstoffhaltiger 
Substanzen aus dem Boden, deren Vorhandensein für alle anderen 
Pflanzen durchaus notwendig ist. In den Pilzlagern der Knöllchen 
findet man später übergroß gewordene Spaltpilze (Bacteroiden), die 
allmählich von der Pflanze ihrer reichlich Stickstoff führenden Bestand- 
teile beraubt werden. Ein Teil der Bakterien bleibt jedoch normal und 
diese gelangen beim Absterben des Knöllchens als Keime in den Boden. 
— Die Landwirtschaft, welche viele Schmetterlingsblütler (Erbse, Bohne, 
Wicke, Klee usw.) als wichtige Kulturpflanzen anbaut, bezeichnet die- 
selben als Stickstoffsammler und benutzt sie in ausgiebigster Weise 
als Gründüngung. 

Die Blüten sind besonders durch ihre Häutung in langen 
Trauben auffallend. — Solange die Blüten noch Kncspen sind, steht 
die Spindel des Blütenstandes aufrecht; dabei steht das Schiffchen 
nach unten, die Fahne nach oben. Später wird der Blütenstand 
hängend, so daß das Schiffehen nach oben zu stehen kommt. Kurz 
vor dem Öffnen der Blüte dreht sich darauf der Blütenstiel so, daß 
die einzelnen Teile wieder ihre richtige Lage erhalten. — Das Auf- 
laden des Blütenstaubes auf die Insekten geht so vor sich, daß 
das Schiffehen beim Auffliegen der Tiere heruntergedrückt wird; die 
Staubbeutel werden dadurch entblößt, gegen den Körper des Tieres 
angedrückt und der Blütenstaub an dasselbe abgestrichen. Beim Weg- 
fliegen des Tieres tritt das Schiffehen wieder in seine frühere Lage 
und birgt die Staubbeutel bis zu einem neuen Besuche. Die Möglich- 
keit einer Übertragung von Blütenstaub auf die Narbe derselben Blüte 

7* 


100 Goldregen. 


ist dadurch ausgeschlossen, daß die Narben in den jüngeren Blüten 
borstige Haare tragen, die erst nach Entfernung des Blütenstaubes ein- 
schrumpfen. — Die Blüten bieten den Insekten keinen freien Honig, 
sondern nur im Zellgewebe eingeschlossenen Saft in einer dicken, 
saftreichen Anschwellung am unteren Teile der Fahne. Den Weg zu 
diesem Honigpolster zeigen die braunen Saftmale auf der Fahne. — 
. Größere, kurzrüsselige Insekten, z. B. Erd- und Steinhummeln, beißen 
sich häufig am Grunde der Fahne von außen einen Weg zu diesem 
Honigpolster hin. — Die Samen bleiben während des Winters in den 
Hülsen und werden erst im Frühjahr durch Aufspringen und 
Auseinanderrollen der Hülsen ausgeschleudert. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgswäldern Osteuropas, ın 
Italien und in der Schweiz; bei uns als Zierstrauch in Gärten allgemein 
verbreitet. 

Gift und dessen Wirkung. In den Samen, Samenschoten, der 
Rinde und in den Blüten der vorliegenden Pflanzen und anderer 
Cytisusarten (z. B. Cytisus alpinus) findet sich (in den Samen bis 
1,5 Proz.) ein giftiges, in Wasser‘ leicht lösliches, kristallisierbares 
Alkaloid: das Cytisin (C,,H,,N,0), das auf den menschlichen Orga- 
nismus krampferregend, ähnlich wie Strychnin, wirkt. Vergiftungen 
durch den Genuß der Samen dieses Baumes, der wegen seiner schönen 
Blüten in den öffentlichen Anlagen mit Vorliebe angepflanzt wird, sind 
bei Kindern häufig vorgekommen. Die Wirkung des Giftes äußert 
sich in Erbrechen, Magen- und Brustschmerzen, Zittern, Krämpfen, 
Ohnmacht, Pulsschwäche, Pupillenerweiterung. — Das Cytisin kommt 
auch vor in dem in Gartenanlagen häufig angepflanzten Blasenstrauch 
(siehe S.103), ferner, wenn auch in geringerer Menge, in Ulex europ. 
und den in Anlagen zuweilen angepflanzten Sophoraarten. — Im 
Besenginster findet sich in sehr geringer Menge das flüchtige, giftige, 
dem Cytisin sehr ähnliche Alkaloid: Spartein. 


Bunte Kronwicke. 101 


Bunte Kronwicke. Coronilla varia (z.). 
Tafel 53. Wandtafel 10. 


Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae. 


Coronilla —= kleine Krone (von ecorona), wegen der kronenförmigen Blüten- 
dolden; varia = verschiedenfarbig. 

Giftwicke, Peltschen, 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit krautigen, einjäh- 
rigen, dünnen, bis Im langen, ästigen, niederliegenden Stengeln (Fig.1). 
— Blätter unpaarig gefiedert; Blättchen länglich, abgestutzt, kurz- 
gestielt. Nebenblättchen klein, lanzettförmig, frei. — Blüten in 
12- bis 20blütigen Dolden, die auf langen Stielen stehen (Fig. 1). 
— Kelch kurz, glockig, mit fünf Zähnen, von denen die zwei oberen 
nahe aneinandergerückt sind und dadurch den Kelch fast zweilippig 
erscheinen lassen (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig; Blätter 
genagelt, Fahne rot, die anderen Blätter weiß, Schiffehen mit violettem 
Schnabel (Fig. 3). — Staubblätter zehn, zweibrüderig verwachsen. — 
Fruchtknoten einblätterig, einfächerig; Griffel aufwärts gebogen; 
Narbe kopfförmig (Fig. 3). — Frucht eine vierkantige, aufrecht- 
stehende, an den Gliedern zusammengezogene Hülse, die reif, leicht 
in die einzelnen Glieder auseinanderfällt; Same länglich, braun (Fig. 5). 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. An den Fiederblättern legen sich des Nachts 
die Blättchen, regelmäßig sich aufwärts richtend, paarweise 
gegeneinander; sie gehen in Schlafstellung und sind in dieser Lage 
gegen zu starke Abkühlung geschützt. — Übertragung des Blüten- 
staubes: Die beiden seitlichen Blumenblätter (die Flügel) sind nach 
oben zu konvex und bilden einen über dem Schiffchen gewölbten 
Sattel. Mit dem Schiffehen stehen sie durch einen faltenförmigen 
Vorsprung, der in eine entsprechende Furche des Schiffchens paßt, in 
Verbindung. Eine Hummel, die sich auf jenen Sattel niederläßt, 
drückt diesen und auch das Schiffehen nach unten. In der Spitze 
des Schiffehens liegen fünf mit verdickten Enden versehene Staub- 
fäden (die anderen Staubfäden sind zusammengeschrumpft) um die 
Narbe zusammengedrängt. Die Staubbeutel öffnen sich und entlassen 
den Blütenstaub in die Spitze des Schiffehens. Wird dieses nach unten 
gedrückt, so wirkt der Staubfadenkeil wie der Stempel einer Pumpe 


102 Bunte Kronwicke. 


und preßt den Blütenstaub an der Spitze heraus, wo er an den Unter- 
leib des Insektes angeheftet wird; läßt der Druck nach, so kehrt das 
Schiffichen in seine frühere Lage zurück. Beim folgenden Insekten- 
besuche kommt durch den Druck die Narbe zum Vorschein, wird an 
den Unterleib des Insektes angedrückt uud mit dort anhaftendem 
Blütenstaub belegt. — Die Pflanze besitzt in der in Blättern und 
Stengeln enthaltenen Gerbsäure einen Schutz gegen Schneckenfraß. — 
Über die Wurzelknöllchen und die Aufnahme des Stickstofis der Luft 
siehe Cytisus laburnum. 

Standort und Verbreitung. An Zäunen, auf trockenen Wiesen 
und sonnigen Hügeln, zerstreut durch ganz Mittel- und Südeuropa; 
kommt in den Gebieten der Nord- und Ostsee nicht vor. 

Gift und dessen Wirkung. Das Kraut dieser Pflanze soll früher 
als Volksmittel gegen Fieber, vielleicht auch in Verwechselung mit 
dem Kraute ‘des Fieberklees (Menyanthes trifol.) benutzt worden sein 
und dann Giftwirkungen gezeigt haben. — Aus den Samen hat man 
ein Glykosid, das Coronillin 2(C,H,;,0) gewonnen, dessen physio- 
logische Wirkung noch nicht erforscht ist. Der von einigen angegebene 
Cytisingehalt (siehe Cytisus laburnum) der Samen von Coronilla var. 
ist noch nicht als sicher vorhanden erwiesen. 


Tafel 53. Tafel 53. 


Bunte Kronwicke. Coronilla varia L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Hülsen. 5 Same im 
Längsschnitt. 2, 3, 5 vergr. 


Blasenstrauch. 103 


Blasenstrauch. Colutea arborescens (z,. 


Tafel 54. 


Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae. 


Kolutea, von koelün (gr.), höhlen, nennt Theophrast diesen Strauch wegen 
der aufgeblasenen Hülsen. 
Colutea hirsuta Roth. 


Beschreibung. Buschiger Strauch, bis über4m hoch werdend; 
Zweige in der Jugend graugrün, an der Sonnenseite rötlich, angedrückt 
behaart. — Blätter unpaarig gefiedert, drei- bis sechspaarig, auf 
langem, oberseits rinnigem Stiele; Blättchen rundlich-oval, an der 
Spitze abgestutzt und ausgerandet, oberseits kahl, grün, unterseits 
behaart und bläulichgrün; Nebenblätter sehr kurz, dreieckig, spitz 
(Fig. 1). — Blüten in achselständigen, zwei-, drei- bis fünfblütigen, 
langgestielten, lockeren Trauben; Einzelblüte gestielt, vor dem Auf- 
blühen gestürzt (Fig. 1). — Kelch glockig, behaart, mit spitzen, drei- 
eckigen Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, hellgelb; Fahne groß, 
rundlich, mit braunrotem Fleck im Grunde, abstehend, an der Spitze 
ausgerandet, kurz genagelt, mit zwei Höckern über dem Nagel (Fig. 2); 
Flügel länglich, spitz, kürzer als das Schiffehen, am Grunde lappig 
geöhrt (Fig. 3); Schiffchen an der Spitze abgestutzt (Fig. 4). — Staub- 
blätter zehn, zweibrüderig verwachsen. — Fruchtknoten einblätterig, 
gestielt, mit vielen Samenknospen; Griffel gekrümmt, an der Innen- 
seite bärtig behaart; Narbe seitenständig, unter der Spitze des hakig- 
gekrümmten Griffels (Fig. 5). — Frucht eine nicht aufspringende, 5 bis 
7Tcm lange, 2 bis 3 cm breite, länglich-eiförmige, kahle, aufgeblasene, 
vielsamige Hülse (Fig. 6). — Same etwas seitlich zusammengedrückt, 
braun (Fig. 7), mit gekrümmtem, vom Sameneiweiß eingeschlossenen 
Embryo (Fig. 8). 

Blütezeit: Ende Mai bis September. 


Biologisches. Die Blätter gehen des Abends in Schlaf- 
stellung, siehe Coronilla. — Die Blüten werden von zahlreichen 
Insekten beflogen, in Südeuropa unter anderen von dem kleinen 
Tagfalter Lycaena baetica, dessen Weibchen die Eier in die 


104 Blasenstrauch. 


Fruchtknoten ablegen. Die aus den Eiern entschlüpfenden Räupchen 
ernähren sich von einem Teil der jungen Samen. 


Standort und Verbreitung. Im Gebüsch, auf Hügeln und Bergen, 
in Mitteleuropa, z. B. im Elsaß, in Baden, Bayern, Tirol; in Südeuropa 
und im Orient. Bei uns in Anlagen ein allgemein angepflanzter, be- 
liebter Zierstrauch. 


Gift und dessen Wirkung. In der Pflanze findet sich das giftige 
Alkaloid: Cytisin (siehe Cytisus laburhum). 


Tafel 54. Tafel 54. 


Blasenstrauch. (Colutea arborescens L. 


ı Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3, 4 Blüte nach Entfernung der 
Blumenkronblätter. 5 Griffel und Narbe. 6 Frucht. 7 Same. 8 Same im Quer 


schnitt. 2, 5, 8 vergr. 


Glyzine. 105 


Glyzine. Wistaria sinensis (D.C). 


Tafel 5. 


Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae. 


Wistaria, nach Wistar, Professor der Anatomie in Philadelphia, gestorben 
1818, benannt. — Glyzine, von glykys (gr.), süß, weil einige Glyzinearten süßlich 
schmeckende Knollen haben. 

Wistaria polystachya (K. Koch), Glyeine floribunda (Willd.), Glycine sinensis 
(Sims)., Doliehos polystachyos (Thunb.). 


Beschreibung. Ein kletternder Strauch (Liane), mit in der 
Jugend grünen, weich behaarten und graubraunen älteren Zweigen. — 
Blätter unpaarig gefiedert, mit drei bis fünf Blattpaaren; Blattspindel 
oberseits rinnig, dicht behaart. Blättchen gestielt, eiförmig bis lan- 
zettlich, zugespitzt, am Rande gewimpert, in der Jugend beiderseits 
anliegend behaart, später oberseits kahl; Nebenblättchen klein, pfriem- 
lich (Fig. 1). — Blüten in 20 bis 25 cm langen, hängenden, lockeren 
Trauben gestielt (Fig. 1). — Kelch breit, glockig, zweilippig, mit 
spitzen Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, blauviolett oder hell- 
blau, wohlriechend; Fahne groß, rundlich, mit zwei spitzen Anhängseln, 
kurz genagelt, an der Spitze ausgerandet (Fig. 3). Flügel kürzer als 
die Fahne, verkehrt-eiförmig, am Grunde eckig geöhrt. Schiffchen 
gekrümmt, abgestumpft (Fig. 2). — Staubblätter zehn, zweibrüderig 
verwachsen. — Fruchtknoten einblätterig, gestielt, behaart, mit sechs 
bis acht Samenknospen; Griffel bis zur Mitte behaart. — Frucht 
eine längliche, stachelspitzige, 10 bis 12cm lange, knotige, schwarz- 
braune, behaarte Hülse. 

Ändert in der Kultur ab mit weißen und mit gefüllten Blüten. 


Blütezeit: Mai, vor Ausbruch des Laubes; oft im August zum 
zweiten Male. 


Biologisches. Linkswindende Schlingpflanze mit aus- 
dauerndem, verholzendem Stamm (Liane). — Die Blätter senken 
sich des Abends, bis sie vertikal stehen und sich mit ihren Rücken- 
flächen decken. — Die stark, den Alpenveilchen ähnlich, duftende 
Blüte wird von zahlreichen Insekten besucht. 


106 Glyzine. 


Standort und Verbreitung. Einheimisch in China und der 
Mongolei; in Japan kultiviert; 1820 in Europa eingeführt; jetzt ein 
beliebter kletternder Strauch, der in milderen Gegenden Deutschlands, 
ohne zu leiden, den Winter aushält. 


Gift und dessen Wirkung. Die Teile der Pflanze, besonders 
die Rinde, enthalten ein giftiges, kristallisierbares Glykosid: das 
Wistarin, dessen chemische Zusammensetzung noch nicht‘ näher be- 
kannt ist; außerdem soll darin noch ein gleichfalls giftiges Harz vor- 
kommen. 


Tafel 55. Tafel 55. 


Glyzine. Wistaria chinensis D. 6. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Oberes Kronenblatt (die Fahne 
der Blüte). 2, 3 vergr. 


Cypressen-Wolfsmilch. 107 


Cypressen-Wolfsmilch. Euphorbia 
ceyparissias (Z..t 


Tafel 56. Wandtafel 11. 


Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Euphorbia, nach Euphörbos (gr.), dem Arzte des Königs Juba Il. von 
Mauretanien benannt, wie Plinius berichtet. Cyparissias, von Kypaärissos (gr.), 
Cypresse, weil die beblätterten Triebe denen der Cypresse ähneln. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem Wurzel- 
stocke, aus dem zahlreiche, einjährige, bis !/;,m hohe, kahle Sprosse 
austreiben, die teils steril bleiben, teils Blütendolden hervorbringen; 
in der oberen Hälfte trägt der Sproß zahlreiche Seitenzweige (Fig. 1). 
— Blätter linealisch, ganzrandig, stumpf, kahl, meist bläulichgrün 
(Fig. 1). — Blüten in gipfelständigen Trugdolden, reichblütig (Fig. 1). 
Die Dolden setzen sich zusammen aus zahlreichen Einzelblütenständen: 
„Cyathien“, bestehend aus einer langgestielten, gipfelständigen Frucht- 
blüte und vielen diese umgebenden, auf ein einzelnes Staubblatt be- 
schränkten Staubblüten; zwischen letzteren spreublattartige Schuppen 
(Fig.2 u. 3). Das Cyathium wird von einem Kelch von fünf bauchigen 
Blättern umschlossen, von denen vier am oberen Rande Honigdrüsen 
tragen (Fig. 5). Das Cyathium wird von breitherzförmigen, gelblich- 
grünen Hüllblättchen gestützt, die zur Zeit der Fruchtreife oft hochrot 
anlaufen. — Drüsen breit, halbmondförmig, orangegell (Fig.2 u. 3). 
-- Staubblüten aus einem einzelnen runden, gegliederten Staubfaden 
und zwei an der Spitze dieser stehenden, eiförmigen längsaufspringenden 
Staubbeuteln bestehend (Fig.3). — Fruchtblüte gestielt, nach unten 
überhängend; Fruchtknoten dreifächerig, mit je einer Samenanlage 
(Fig. 4 u. 5); Griffel dreiteilig. — Frucht. eine dreifächerige, elastisch 
aufspringende, fast kugelige, feinwarzige Kapsel; Fächer einsamig. — 
Same glatt, mit dicker Nabelwarze (Fig. 6). 

Blütezeit: April, Mai. 

Biologisches. Alle Woltsmilcharten sind scharfe Gift- 
pflanzen, welche von Tieren nicht angerührt werden, da der 
unter Druck stehende scharfe Milchsaft an den verletzten Stellen so- 
fort in größerer Menge herausgetrieben wird und sich in den Mund 
des angreifenden Tieres ergießt, noch ehe es sich zurückziehen kann. 


108 Cypressen-Wolfsmilch. 


Einer Raupe (der Sphinx Euphorbiae) dient das Laub von Euphorbia 
cyparissias zur ausschließlichen Nahrung, und zwar wird nur solches 
Laub von derselben verzehrt, welches im Besitze des scharfen Milch- 
saftes ist. — Einhäusige Pflanze mit erstweiblichen (protero- 
gynen) Blüten. Die Honigabsonderung erfolgt von den ovalen 
Drüsen am Rande der bauchigen Kelchblätter. — Besucher 
sind hauptsächlich Fliegen und Glasflügler (Sesien), denen der 
ganz freiliegende Honig leicht zugänglich ist. — Die meist hellgelb 
gefärbten Hüllblättchen des Cyathiums dienen als Schau- 
apparate zur Anlockung der Insekten. — Nach der Befruchtung 
senkt sich der Fruchtknoten, und die einzelnen Staubblätter erheben 
sich nacheinander. — Das Ausschleudern der Früchte wird da- 
durch bewirkt, daß die von oben sich öffnenden Kapselklappen auf 
die Samen einen Druck ausüben. 

Standort und Verbreitung. An Wegerändern, auf steinigen, 
sandigen, trockenen Triften; durch ganz Mittel- und Nordeuropa. 

Gift und dessen Wirkung. Die Wolfsmilcharten gehören zu 
den scharfen Giftpflanzen; alle enthalten in dem Milchsafte giftige, 
höchst scharfe Stoffe, die im einzelnen noch nicht näher erforscht 
sind; in den meisten Euphorbiaarten ist das Euphorbon ((,,H,,0), 
eine kristallisierende, leicht veränderliche, bei 71° © schmelzende, im 
übrigen noch wenig aufgeklärte Substanz, enthalten. Schwere Ver- 
siftungsfälle ereigneten sich bei Anwendung der Pflanze als Haus- 
mittel, besonders als Abführmittel; die Samen von Euphorbia lathyris 
sind unter dem Namen Purgierkörner bekannt; von anderen (Euphorbia 
cyparissias, Euphorbia esula) werden die Wurzeln zu dem genannten 
Zwecke benutzt. Innerlich angewandt, kann diese Pflanze zu schweren 
Vergiftungen führen, die, beginnend mit Brennen im Munde, An- 
schwellen der Zunge, zu Magenschmerzen, Kälte der Haut, Schwindel, 
Ohnmachten und nach zwei- bis dreitägiger Dauer selbst zum Tode 
führen. Auch die äußerliche Anwendung des Milchsaftes (zur Ver- 
treibung der Warzen u. dgl.) ist nicht ungefährlich; denn es können 
durch Verspritzen des Saftes auf der Haut Geschwüre entstehen; auf 
die Schleimhaut des Auges oder der Nase gebracht, erzeugt der Milch- 
saft schwere Entzündungen, die im ersteren Falle mit Verlust der 
Sehkraft enden können. 


Tafel 56. 


Tafel 56. 


Euphorbia eyparissias L. 


ileh 


1 Blühende Pflanze. 2 Teil der Trugdolde, 


Cypressen-Wolfsm 
knoten im Längsschnitt. 


4 Frucht- 


6 Same, nat. Größe u. vergr. 


seitlich geöffnet. 


3 Blütenstand, 


5 Fruchtknoten im Querschnitt. 


d vergr. 


3 bis 


Sonnenwendige Wolfsmilch. 109 


Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia 
helioscopia /Z,.} 


Tafel 57. 


Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Euphorbia siehe Euphorbia cyparissias; helioseopia von helios (gr.), Sonne 
und skopein (gr.), hinschauen, weil sich nach Plinius die Dolde der Sonne zu- 
wenden soll. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit rundem, kahlem bis 
30 em hohem, dickem, einfachem, oder am Grunde zwei kleine Seiten- 


äste tragendem Stengel. — Blätter zerstreut, umgekehrt eiförmig 
oder keilförmig, gestielt, vorn gesägt, nach unten zu ganzrandig (Fig. 1). 
— Blütendolden fünfstrahlig, zwei- und dreigabelig.. — Hüll- 


blätter der Dolde umgekehrt eiförmig, groß; Hüllblättchen kleiner: 
Hüllkelch des Cyathiums mit vier Zipfeln (Fig. 12). — Honigdrüsen 
rundlich, grün, mit den Zipfeln abwechselnd. — Staubblüten aus 
meist acht einzelnen, gegliederten Staubfäden bestehend; Staubbeutel 
kugelig (Fig. 3 u. 4). — Fruchtblüte gestielt, überhängend; Frucht- 
knoten dreifächerig mit je einer Samenanlage (Fig. 3 u. 5); Griffel 
dreiteilig. — Frucht eine glatte, dreifächerige, aufspringende Kapsel 
(Fig. 6). — Same braun, eiförmig netzgrubig, mit nierenförmigem 
Nabelwulste (Fig. 7). 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches siehe Euphorbia cyparissias. 

Standort und Verbreitung. Auf gutem Garten- und Acker- 
boden; in ganz Deutschland überall, oft als lästiges Unkraut vor- 
kommend. In ganz Europa, von Lappland bis nach Italien; nach 
Amerika eingeschleppt. 

Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias. 


110 Garten-Wolfsmilech. 


Garten-Wolfsmilch. Euphorbia Peplus (z..+ 


Tafel 58. 


Auf der Tafel ist die Pflanze irrtümlicherweise als Euphorbia esula 
bezeichnet. 


Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Euphorbia siehe Euphorbia ceyparissias. Peplus — Name einer Wolfs- 
milchart bei Plinius. — Teufelsmilch, Warzenkraut. 

Beschreibung. Einjährige, bis 30 cm hohe Pflanze — 
Stengel rund, vom Grunde aus verzweigt (Fig. 1). — Blätter ab- 
wechselnd oder zerstreut stehend, gestielt, umgekehrt eirund, ganz- 
randig, kahl, abgestutzt, von unten nach oben größer werdend (Fig. 1). 
— Blüten in dreistrahligen, wiederholt drei- bis sechsmal gegabelten 
Dolden; Hüllblätter elliptisch (Fig.2). Hüllkelch des Cyathiums bauchig. 
— Drüsen grün, mit zwei seitlichen, langen, parallel verlaufenden 
Fortsätzen (Fig. 3 u. 6). — Staubblüten mit dickem, rundem, ge- 
gliedertem Staubfaden und eiförmigen, gelben Staubbeuteln (Fig. 4 u.5). 
— Fruchtblüte gestielt, überhängend. Fruchtknoten dreifächerig, mit 
je einer Samenanlage (Fig. 2). — Frucht eine kugelförmige, auf- 
springende, tief dreifurchige Kapsel, deren glatte Fächer auf dem 
Rücken in der Mitte eine ausgezackte Längsleiste tragen (Fig. 7). — 
Same glänzend, grauweiß, eiförmig-zylindrisch, an der Rückenfläche 
reihenweise tiefe Punkte, an der vorderen Seite zwei bogenförmige 
Gruben und neben diesen drei punktförmige Gruben tragend (Fig. 8). 

Blütezeit: Juni bis Oktober. 

Biologisches siehe Euphorbia cyparissias. 

Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, von England 
und Norwegen bis nach Griechenland; in Syrien, Ägypten, Arabien; 
nach Nordamerika eingeschleppt. In ganz Deutschland, in Gärten ein 
sehr häufiges Unkraut. 

Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias. 


Tafel 57. | Tafel 57. 


Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia helioscopia L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Teil der Trugdolde. 3 Blütenstand, längs durchschnitten. 
4 Staubblüte. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht. 7 Same, vergr. und nat. 
Größe. 2 bis 6 vergr. 


Tafel 58. Tafel 58. 


Gemeine Wolfsmilch. EZuphorbia Esula L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blütenstand im ersten (weiblichen) Zustande. 3 Blütenstand 
im zweiten (männlichen) Zustande. 4 Blütenstand im Längsschnitt. 5 Staubblüte. 
6 Randdrüsen des Blütenstandes. 7 Fruchtstand. 8 Same. 2 bis 8 vergr. 


Tafel 59. 


Tafel 59. 


Euphorbia Peplus L. 


Garten-Wolfsmilch. 
1 Nichtblühender Sproß. 2 Blühender Sproß. 


3 Blütenstand, vergr. 


Gemeine Wolfsmilch. 171 


(emeine Wolfsmilch. Euphorbia esula (z,.: 


Tafel 59. 


Auf der Tafel ist die Pflanze irrtümlicherweise als Euphorbia 
Peplus bezeichnet. 


Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Euphorbia siehe Euphorbia cyparissias; esula von esu (keltisch), scharf, 
wegen des scharfen Milschsaftes. — Teufelsmileh. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, ästigem, 
bleistiftdiekem Wurzelstocke, welcher nicht sehr zahlreiche, bis 50 cm 
hohe Stengel treibt. — Stengel rund, unten meist unbeblättert (Fig. 1), 
in den Achseln der Blätter kurze Seitensprosse tragend. — Blätter 
sitzend, lineal-lanzettlich, kahl, gelbgrün (Fig. 1 u. 2). — Blüten in 
vielstrahliger Dolde (Fig. 2); Hüllblätter der Dolde lanzettlich, stachel- 
spitzig. Deckblätter der Blüte breit-herzförmig, hellgrünlichgelb. Hüll- 
kelch des Cyathiums (siehe Euphorbia cyparissias) glockig, oben vier 
rotgelbe, mondsichelförmige Drüsen tragend. — Staubblüten aus 
gegliederten, in der Mitte keulenförmig verdickten, runden Staubfäden 
mit eiförmigen Staubbeuteln bestehend (Fig. 3). — Fruchtblüte ge- 
stielt, überhängend; Fruchtknoten runzelig, dreifächerig (Fig. 3); 
Griffel dreiteilig mit je zwei Narben. — Frucht eine dreifächerige, 
aufspringende, tief dreifurchige, runzelige Kapsel. — Same glatt, 
graubraun, umgekehrt-eiförmig. Eine im Habitus sehr abändernde 
Pflanze, von der eine große Anzahl von Formen teils als besondere 
Arten beschrieben werden. 

Blütezeit: Mai, Juli. 

Biologisches siehe Euphorbia cyparissias. 

Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, von Schottland 
bis nach Italien und Spanien; in Mittelasien. In Deutschland auf 
trockenen Wiesen, an Wegen, Gebüschen, aber nicht überall vorkom- 
mend; fehlt meist auf Kalkboden.. 

Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias. 


112 IKreurblätterige Wollnmileh, 


Kreuzblätterige Wollsmileh. Buphorbia 
Lathyris (2.1 


Tafel 60, 


l'am.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Wuphorbin wohe BKuphorbin oyparianian Lathyria bei Pliniun, lathuyris 
(em) bei Dionkoriden von thus (en), ungentim, heftig, mit der vorntirkenden 
Vorschlagmilbe „la", wegen der nturk purpioronden Wirkung der Pilnnze, die den 
Arston den Altertumn schon bekannt war, — Springkorn wegen dor aulspringenden 
Sumenkanpeln, 

Boschreibung,. Zweijäührige Pflanze mit fingerdickem, kriechen- 
dem Wurzolstocke, der bis Im hohe, dicke, stiolrunde, zuweilen vor- 
ästelte, bläulich bereilte Sprosse treibt (Wie. 1). Blütbter sitzend, 
krouzständig, eilanzottlich, Iinenlisch, kahl, dunkelgrün mit weiber 
Mittelrippe (lie. 1). Rlüten in vierstrahliger Dolde; Hüllblätter 
breit- oilörmig, mit breitem Grunde sitzend (lie. 2). Kelch des 
Uyathiums (sioho Euphorbia eyparissias) glockig, mit spitzen Zähnen, — 
Drüsen halbmondlörmig, an den Spitzen koplartig abserundet, gelbrot 
(ig. 4), — Staubblüten zahlreich, aus einzelnen Staublüden mit Staub- 
beuteln bestohend. — Fruchtblüte gestielt, überhängend; Kruchtknoten 
dreifächerig, Grillel dreiteilig (lie. 3 u. D). rucht eine glatte, aul- 
springendo, dreilächerige, bieflurchige Kapsel (Nig. 6). — Same eilörmig, 
runzelig, dunkelbraun (Mie. 7). 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches sicho Iuphorbia oyparissias. 

Standort und Verbreitung. Aufl bobautem und unbebautem 
Lande; in Nord- und Mittelitalion, in Tirol; in Deutschland atellen- 
weise vorwildert, 

Gilt und dessen Wirkung siohe Kuphorbia oyparissins. 


Tafel 60, Tafel 60, 


Kreouzblättrige Wolfsmilch,. Euphorbia Lathyris L. 


| Sproß im ersten Jahre, 2 Teil don Spronses im zweiten Jahre mit Blüten und 
Krüchten, 3 Blütenstand, 4 Blütenstand im Längsschnitt. 5 Wruchtknoten im 


(Jusrschnitt, 6 Fruchtstand mit Samenträger, 7 Same, 3 bis 7 vergr, 


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Einjähriges Bingelkraut. 113 


Einjähriges Bingelkraut. Mercurialis 
annua (Z£.) 


Tafel 61. 


Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae. 


Herba Mercurialis des Plinius, nach welchem Mercur die Heilkraft des 
Krautes entdeckt haben soll. 


Beschreibung. Einjährige, krautartige Pflanze, mit vier- 
kantigem, auf fettem Boden meist verästetem, bis 50 cm hohem, kahlem 
Stengel (Fig. 1 u. 2). — Blätter gestielt, eiförmig, lanzettlich, grob 
gesägt, kahl (Fig.1). — Blüten zweihäusig; Staubblüten in langen 
Ähren, die aus den Achseln der Blätter entspringen (Fig.1). — Kelch 
drei- oder vierblätterig; Blätter dreieckig, eiförmig, grünlich. — Krone 
fehlt. — Staubblätter 9 bis 12; Staubfäden fadenförmig. Staub- 
beutel zweifächerig (Fig. 3). — Fruchtblüten meist paarig, achsel- 
ständig (Fig. 4). — Kelch drei- oder vierblätterig. — Blumenkrone 
fehlt. — Fruchtknoten eiförmig; borstig, seitlich zusammengedrückt, 
zweifächerig mit hängenden Samenknospen. Griffel kurz, mit zwei 
drüsig behaarten Narben; zuweilen befinden sich in der Fruchtblüte 
drei verkrümmte Staubblätter. — Frucht eine zwei- oder dreifächerige 
Kapsel mit einem hängenden Samen in jedem Fache (Fig. 5 u. 6). — 
Same umgekehrt-eiförmig mit dünner, schwacher, brauner Schale. 


Blütezeit: Juli bis zum Eintritt starken Frostes. 


Biologisches. Zweihäusige Pflanze; sehr selten werden Staub- 
und Fruchtblüten auf demselben Stocke beobachtet. Die Blüten sind 
‚klein, unscheinbar und geruchlos; erstweiblich; die Übertragung 
des Blütenstaubes erfolgt durch den Wind. — Die Samenanlagen 
nehmen oft ohne Befruchtung die Gestalt von Keimlingen an, welche 
äußerlich in nichts von den (durch Befruchtung entstandenen Samen 
zu unterscheiden sind und früher als parthenogenetisch entstandene 
Samen angesehen wurden. 


Standort und Verbreitung. In ganz Europa als Unkraut auf 
bebautem und unbebautem Lande; in Gärten ein sehr lästiges Un- 
kraut. 


Esser, Giftpflanzen. 8 


114 Einjähriges Bingelkraut. 


Gift und dessen Wirkung. Stengel und Blätter der Pflanze 
gelten als giftig oder doch als giftverdächtig; in ihnen ist Trimethyl- 
amin nachgewiesen, welches, wie in zahlreichen anderen Fällen, viel- 
leicht auch hier als Zersetzungsprodukt des „Cholins“, einer giftigen 
Base, auftritt. Sie sind stark abführend und brechenerregend. Seit 
alten Zeiten (schon von Dioscorides) wurden sie von der Arzneikunde 
gebraucht. Die Pflanze wird von Weidevieh nicht gefressen. 


Tafel 61. Tafel 61. 


Einjähriges Bingelkraut. Mercurialis annua L. 


1 Pflanze mit Staubblüten. 2 Pflanze mit Fruchtblüten. 3 Staubblüte. 4 Frucht- 
blüte. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Samenträger. 3 bis 6 vergr. 


Gift-Sumach. 115 


Gift-Sumach. Rhus toxicodendron (z.).+ 
Tafel 62. 


Fam.: Sumachgewächse. Anacardiaceae. 


Rhüs (gr.) bezeichnet bei Theophrast eine Sumachart; toxicodendron 
— Giftbaum, von toxikön (gr.), Gift, und dendron (gr.), Baum. — „Sumach“ oder 
„Smak“ (vom arab. summak = hoch sein) ist die Bezeichnung der Araber für 
einige Rhusarten. 

Toxicodendron pubescens Mill. Rhus pubescens Englm. 

Beschreibung. Strauch, der anfangs niederliegt, später au 
Bäumen, mit Hilfe von Haftwurzeln emporrankt und sich über 
Sträuchern ausbreitet. Die schlanken Zweige anfangs grün, weich 
behaart, später braun. Knospen rund, gelbbraun, seidig behaart 
(Fig. 1). — Blätter dreizählig auf 8 bis 14cm langem, behaartem, 
am Grunde rinnenförmigem Stiele. Blättchen oberseits dunkel, unter- 
seits heller grün, zerstreut behaart, am Grunde und an der Spitze 
ganzrandig, sonst grob und ungleichseitig gesägt (Fig. 1). — Blüten 
in Rispen in den Achseln der Blätter, diözisch. Die Einzelblüte ge- 
stielt, in den Achseln ‚kleiner, abfallender Deckblättchen. Staub- 
blüten in längeren, ziemlich schlaffen Rispen. — Kelchblätter 
3 bis 6, lanzettförmig, abfallend (Fig. 2). — Blumenblätter 3 bis 6, 
länglich, bei geöffneter Blüte zurückgeschlagen, weißgrün. — Staub- 
blätter 3 bis 6; Staubfaden kurz, flach, rötlich; Staubbeutel oval, 
am Rücken angeheftet, zweifächerig, längsaufspringend. — In der 
Mitte der Blüte ein kleiner, rudimentärer Stempel. — Fruchtblüten 
in kürzeren, gedrängteren Rispen. — Kelchblätter 3 bis 6, lanzett- 
lich, abfallend. — Blumenkronblätter 3 bis 6; rundlich, grünlich- 
weiß. — Staubblätter klein, unfruchtbar. — Fruchtknoten eiförmig, 
grün, einfächerig mit einer Samenanlage, die bogig-gekrümmt an 
einem auf dem Grunde des Fruchtknotens sich erhebenden Nabel- 
strange hängt (Fig.3 u. 4). Griffel dreispaltig; Narben rundlich, nach 
auswärts gekrümmt. — Frucht eine einsteinige, fast kugelige; trockene, 
gelb oder gelblichweiße, mit zehn Furchen versehene Steinbeere, deren 
äußere, dünne Fruchthaut sich leicht von der weißen Mittelschicht los- 
löst. Steinkern rund-eiförmig, etwas zusammengedrückt, braun. — 
Same zusammengedrückt, die Steinschale ganz ausfüllend, mit einer 
braunen Samenhaut bedeckt. — Eine häufig in Gärten verbreitete und 


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Io) 


116 Gift-Sumach. 


auch verwilderte Form ist Rhus toxicodendron radicans, die, am Boden 
niederliegend, an den Gelenken Wurzeln treibt, in ausgeprägter Form 
auch an den ganzrandigen, unbehaarten Blättern kenntlich ist; sie 
geht je nach dem Standort, in die vorgenannte Form über. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die Form Rhus toxicodendron. var. radicans klet- 
tert mit Hilfe von Haftwurzeln an Stämmen empor: Wurzelkletterer. 
— Blüten meist zweihäusig, außerdem kommen Blütenstände mit 
echten Zwitterblüten, mit Fruchtblüten und mit Staubblüten vor. — 
Die Zwitterblüten sind erstweiblich (proterogynisch). — In der 
Mitte der beckenförmigen Blüte ist eine fleischige Scheibe, an deren 
ganzer Oberfläche freiliegender Honig abgeschieden wird. — Die 
grüngelblichen Blüten werden gern von Fliegen besucht. 

Standort und Verbreitung. Ein häufig in Gärten verbreiteter 
und auch verwilderter Strauch. In ganz Nordamerika, von Britisch- 
Columbia bis Florida, in Japan und Nordasien verbreitet; seit langer Zeit 
in Europa in Kultur und daher an manchen Orten (Thüringen, Böhmen) 
verwildert. In Gärten zuweilen zum Bedecken der Mauern und des 
Bodens angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze gehört zu jenen gefähr- 
lichen Giftpflanzen, die durch bloße Berührung schon Vergiftungs- 
'erscheinungen hervorbringen können. Das Auftreten einer Vergiftung 
ist jedoch ganz von einer individuellen Veranlagung dazu abhängig. 
Einzelne Personen sind ganz immun oder sehr wenig empfänglich für 
das Gift, andere sind so empfindlich, daß eine bloße Berührung der 
Pflanze Geschwulst der Hand und des Armes, Blasenbildung, heftige 
Schmerzen und ausgeprägte Blutvergiftung hervorruft, an denen sie oft 
wochenlang zu leiden haben. In Amerika ist der Baum seiner Giftig- 
keit wegen sehr gefürchtet. Auch bei uns sind Fälle bekannt geworden, 
wo Gartenarbeiter, die an dem Baume einen Ast absägten, erblindeten, 
und andere, die mit ihren schwieligen Händen Zweige oder Blätter 
abpflückten, entzündliche, eiternde Geschwülste an Händen und Armen 
davontrugen. Selbst das lange Verweilen unter oder in der Nähe des 
Strauches, besonders abends und in der Nacht soll gefährlich sein 
und Hautentzündungen herbeiführen können. Bei der Anpflanzung in 
Gärten ist daher die größte Vorsicht in der Wahl des Standortes 
walten zu lassen. 

Das Gift ist in den Milchsaftgefäßen der Pflanze enthalten. Die 
feinen Haare auf der Oberfläche von Stengeln und Blättern stehen mit 
jenen Schläuchen in Verbindung; . bei der Berührung entleeren sie 
ihren Inhalt. Über den Giftstoff selbst ist noch wenig bekannt; es 
soll eine phenolartige Substanz: Toxicodendrol sein. 


Tafel 62. 


Tafel 62. 


Rhus toxicodendron L. 


Gift-Sumach. 


4 Fruchtknoten. 


3 Blüte im Längsschnitt. 


2 Blüte. 


1 Blühender Zweig. 


2, 3, 4 vergr. 


5 Fruchtstand. 


Europäisches Pfaffenhütchen. 117 


Europäisches Pfaffenhütchen. Evonymus 
europaeus (Z.. 


Tafel 63. 


Fam.: Baumwürgergewächse. Celastraceae. 


Euönymos (gr.) von eu (gr.), wohl, und önoma (gr.), Name (in ironischer 
Bedeutung), wurde von den Griechen ein dort einheimischer Strauch genannt; 
nach einigen Evonymus latifol., nach anderen der Oleander. 

Pfaffenhütchen, weil die Fruchtkapseln den viereckigen Hütehen der Geist- 
lichen ähnlich sehen; Spindelbaum, weil das Holz sich besonders zur Anfertigung 
von Spindeln eignet. 

Evonymus vulgaris Mill. 


Beschreibung. Baumartiger, 3 bis 6 m hoher Strauch mit 
vierkantigen, grünen, braungrauen, geflügelten Ästen und grünen, vier- 
kantigen Zweigen (Fig.1 u. 2). — Blätter gegenständig, mit oberseits 
rinnigen Stielen, eiförmig bis eilanzettlich oder oval, spitz, ungleich 
gesägt; oberseits dunkelgrün, kahl, unterseits heller grün, kahl oder 


an den Nerven behaart. — Blüten in achselständigen, aufrechten 
Scheindolden, zwitterig. — Kelch vierblätterig, abstehend; Blättchen 
rundlich (Fig. 3). — Blumenkrone vierblätterig; Blätter länglich 
spitz, gelblichweiß (Fig. 3). — Staubblätter 4, auf einer polster- 
förmigen Scheibe stehend; Staubfäden rund, fest; Staubbeutel gelb 
(Fig. 3). — Fruchtknoten ganz in die Scheibe eingesenkt, drei- bis 


vierfächerig; Griffel kurz mit drei- bis vierlappiger Narbe (Fig. 4). — 
Frucht eine lederartige, an der Spitze eingedrückte, außen abgerundete 
oder stumpfkantige, drei- bis vierfächerige, später klappig aufspringende, 
rosa-karminrote Kapsel (Fig.2 u. 5). — Same von einem orangegelben 
Samenmantel umgeben, weiß (Fig.6 u. 7). 

Der Strauch ändert ab, besonders in den Blättern, in die Formen: 
ovata mit eirunden Blättern; latıfolia mit besonders breiten Blättern 
und angustifolia mit besonders schmalen Blättern; variegata mit weiß- 
gelb gefleckten Blättern; ferner gibt es Arten mit roten und mit weißen 
Fruchtkapseln. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die trübgelben Blüten werden vorzüglich von 
Dipteren (Fliegen und anderen) besucht; diese laufen unregelmäßig 
über die Blüten umher, saugen den flachliegenden Honig und bringen 


118 Europäisches Pfaffenhütchen. 


ihren Körper mit den Staubgefäßen, in anderen Blüten mit der Narbe 
in Berührung. Der Honig liegt frei auf einer den Griffel um- 
gebenden fleischigen Scheibe. Die Blüte ist erstmännlich (proter- 
andrisch). Die vier Staubgefäße stehen auf steifen Stielen von der 
Narbe entfernt und springen nach außen auf zu einer Zeit, wo die 
Narbe noch nicht entwickelt ist; erst später breiten sich die Lappen 
der Narbe auseinander, um sich nach erfolgter Bestäubung wieder zu 
schließen. Fremdbestäubung ist bei dieser Pflanze also die 
Regel und Eigenbestäubung fast ganz ausgeschlossen. — Die Samen 
sind von dem hochrot gefärbten, fleischigen Samenmantel 
umgeben, der zur Zeit der Reife aufspringt; die lebhaft rot ge- 
färbten Samen hängen an Fäden aus dem Samenmantel heraus, 
werden von Vögeln verzehrt und so wird die Pflanze verbreitet. 

Standort und Verbreitung. In Europa und den gemäßigten 
Gegenden Asiens; in lichten Waldungen, an den Rändern der Ge- 
büsche, an Hecken. 

Gift und dessen Wirkung. Die grünen Teile der Pflanze 
riechen widerlich. Das Holz soll bei der Verarbeitung (zu Drechsler- 
arbeiten) Schwindel und Übelkeit verursachen. Man zählt die Pflanze 
zu den stark giftverdächtigen, scharf wirkenden Gewächsen. In der 
Rinde der Evonymusarten wurde ein chemisch nicht näher erforschtes 
Glykosid: das Evonymin, gefunden, dessen physiologische Wirkungen 
aber auch noch nicht festgestellt wurden. 


Tafel 63. Tafel 63. 


Europäisches Pfaffenhütehen. Zuonymus europaeus L. 


1 Zweig mit Blüten. 2 Zweig mit Früchten. 3 Blüte. 4 Blüten im Längsschnitt. 
5 Frucht im Querschnitt. 6 Same. 7 Same im Längsschnitt. 3 bis 7 vergr. 


Seidelbast. 119 


Seidelbast. Daphne Mezereum (z,.; 


Tafel 64. Wandtafel 12. 


Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae. 


Däphne (gr.) Bezeichnung für den Lorbeer; Mezereum soll von dem italie- 
nischen ammazzare, nach anderen von persischen ähnlich lautenden Namen der 
Pflanze herkommen. Thymlaia (gr.) [von Thyjmos (gr.), Thymian, wegen des Ge- 
ruches, und elaia (gr.), Ölbaum, wegen der Früchte] war bei den Alten der süd- 


europäische Seidelbast (D. cnidium), eine geschätzte Arzneipflanze. — Seidelbast: 
nach Grimm war die Pflanze dem alten Gott Ziu heilig. — Kellerhals: vom alt- 
hochdeutsehen chelten — quälen, was beim Genusse den Hals quält. — Deutscher 


Pfeffer, Bergpfeffer, Beißbeere, wegen der beißend schmeckenden Früchte. — 
Thymelaea Mezereum Scop. 

Beschreibung. Kleiner, bis 1,20 m hoher, verzweigter Strauch 
mit rutenförmigen, graubraunen Ästen. — Blätter zerstreut stehend, 
verkehrt-eiförmig, in den kurzen Stiel verschmälert, ganzrandig, hell- 
grün, beiderseits kahl, mit deutlichen Nerven (Fig. 2). — Blüten im 
Anfang des Frühjahres (Ende Februar, März), seitenständig an den 
vorjährigen Zweigen erscheinend (Fig. 1), zu zwei bis drei dicht ge- 
büschelt stehend. — Zwitterblüten. — Blütenhülle rot, rötlich- 
violett, zuweilen weiß, röhrig, mit regelmäßigem, vierteiligem Saume; 
Röhre außen behaart (Fig. 3). — Staubblätter 8, in zwei Reihen 
stehend, 4 im Schlunde der Röhre, 4 am oberen Rande derselben. 
Staubfäden unten mit der Blütenhülle verwachsen, oben frei; Staub- 
beutel länglich-oval, orangegelb, zweifächerig, längsaufspringend (Fig. 3). 
— Fruchtknoten aus einem Fruchtblatte gebildet, eiförmig, ein- 
fächerig, mit einer hängenden Samenanlage; Griffel sehr kurz; Narbe 
flach, kreisrund, dicht mit Papillen besetzt (Fig. 4). — Frucht im 
August, September reifend, eine eiförmige, rote, einsamige, saftige 
Beere (Fig. 2 u. 5). — Same eiförmig, mit einer krustenartigen, 
zerbrechlichen äußeren und einer dünnen, häutigen, inneren Samen- 
haut (Fig. 6). 

Blütezeit: Februar, März, April. 

Biologisches. Die ganze Pflanze ist durch den brennend 
scharfen Saft auch im schärfsten Winter vor Tierfraß geschützt. 
Die Blüten erscheinen vor den Blättern und sind dadurch, sowie 
infolge ihrer Häufung am Stamm und durch ihre leuchtende 
Farbe weithin sichtbar. Hierdurch und durch den angenehmen 


120 Seidelbast. 


Mandelduft werden Bienen und Schmetterlinge, weniger die kurz- 
rüsseligen Fliegen angelockt. Der Honig wird am Grunde des 
Fruchtknotens abgeschieden; bei dessen Entnahme muß der 
Rüssel des Insektes in der engen Blumenkronröhre an den in zwei 
Reihen angeordneten Staubbeuteln vorbeigleiten und sich dabei mit 
Blütenstaub bedecken; der beim Besuch der folgenden Blüte auf die 
breite Narbe abgelagert wird. — Die roten, leuchtenden Früchte 
werden trotz ihres Giftes von Bachstelzen, Drosseln, Hänf- 
lingen und Rotkehlchen gern gefressen und dabei werden die 
Samen verschleppt. 

Standort und Verbreitung. In Europa, im Orient, in Nord- 
asien; in schattigen, feuchten Bergwäldern allgemein verbreitet, aber 
immer nur vereinzelt oder in wenigen Exemplaren zusammen vor- 
kommend. 

Gift und dessen Wirkung. Die Daphnearten enthalten besonders 
in der Rinde, dem Rindenparenchym und in den Samen beißend 
scharfe Stoffe. Bei Kindern kamen wiederholt schwere, sogar tödliche 
Vergiftungsfälle durch den Genuß der roten Beere vor. Die Samen 
wurden gefährlich bei der Benutzung als Purgiermittel. Die Pflanze 
gehört zu den scharfen Giften. In leichten Fällen äußert sich die 
Wirkung nur in heftigem Brennen in der Mundhöhle und Rachen- 
entzündung; in schwereren Fällen treten narkotische Nebenwirkungen 
mit Krämpfen auf. 

Die Giftwirkung schreibt man dem in den genannten Teilen der 
Pflanzen vorkommenden giftigen Daphnin (C,,H,,;O0,), dem Glykosid 
des Daphnetins zu. — In der Heilkunde wurden früher benutzt: 
die im Frühjahre vom Stamme und den mehrjährigen Ästen 
gesammelte Rinde (Cortex Mezerei). 


Tafel 64. Tafel 64. 


Seidelbast. Daphne Mezereum L. 


1 Blühender Zweig. 2 Zweig mit Früchten. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Frucht- 
knoten mit Narbe. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Same. 3, 4, 5 vergr. 


Tafel 65. Tafel 65. 


Lorbeerblättriger Kellerhals. Daphne Laureola L. 


1 Blütenzweig. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Zweig mit Früchten. 5 Frucht. 


- 


6 Frucht im Längsschnitt. 7 Same. 2, 3 u. 5, 6, 7 vergr. 


Lorbeerblätteriger Kellerhals. 191] 


Lorbeerblätteriger Kellerhals. Daphne 
Laureola (Z.). 


Tafel 65. 


Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae. 


Daphne siehe Daphne Mezereum. Laureola, weil ein Zweig der Pflanze 
einem kleinen Lorbeerzweige ähnlich sieht. 

Daphne major Lam.; Thymelaea Laureola Scop. 

Beschreibung. Kleiner, bis 3/), m hoher, wenig verästelter 
Strauch mit bräunlich-grünen Zweigen (Fig. 4). — Blätter aus- 
dauernd, abwechselnd stehend, an der Spitze der Zweige, verkehrt- 
lanzettförmig bis keilförmig, in den kurzen Stiel verschmälert, kahl, 
oberseits dunkelgrün, glänzend; unterseits heller. — Blüten achsel- 
ständig, in vier- bis zehnblütigen Büscheln, im März, April an den 
vorjährigen oder diesjährigen Zweigen (Fig. 1); zwitterig; Blüte kurz 
gestielt mit häutigen, abfallenden Deckblättchen. — Blütenhülle mit 
langer, walzenförmiger Röhre: Saum mit vier eiförmigen, spitzen 
Zipfeln, gelb (Fig. 2). — Staubblätter 8, in zwei Reihen stehend: 
4 ın der Mitte der Röhre und 4 am oberen Ende derselben; Staub- 
fäden mit der Röhre verwachsen. Staubbeutel zweifächerig, längs- 


aufspringend.. — Fruchtknoten aus einem Fruchtblatte gebildet, 
länglich, kahl; Griffel kurz; Narbe knopfförmig (Fig. 3). — Frucht 
eine fleischige, blauschwarze Beere (Fig.5 u. 6). — Same eiförmig 


mit doppelter Samenhaut, einer inneren dünnen und einer äußeren 
kräftigen (Fig. 7). 

Blütezeit: März, April. 

Biologisches siehe Daphne Mezereum. Die in den Blattachseln 
stehenden Blüten ziehen jedoch weniger durch ihre Farbe als durch 
ihren Duft die Insekten an. 

Standort und Verbreitung. In gebirgigen Gegenden von Süd- 
und Mitteleuropa und Kleinasien. In Deutschland nur hier und da 
verwildert; in Gärten zuweilen als kleiner, immergrüner Strauch an- 
gepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung siehe Daphne Mezereum. 


1223 Wohlriechender Seidelbast. 


Wohlriechender Seidelbast. Daphne 
Uneorum (Z.). 


Tafel 66. 


Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae. 


Daphne siehe Daphne Mezereum. Cneorum von kneoron (gr.), wie bei 
den Griechen einige Seidelbastarten genannt wurden. 

Daphne odorata Lam. Thymelaea Cneorum Seop. 

Beschreibung. Kleines, 25 bis 30 cm hohes, viel verzweigtes 
Sträuchlein, ausdauernd. — Blätter lederartig, ausdauernd, fast 
sitzend, lineal-lanzettlich, abwechselnd und dicht gedrängt stehend, 
oberseits dunkelgrün, glänzend; unterseits hellgraugrün (Fig. 1). — 
Blütem in endständigen, vielblütigen Köpfchen, fast sitzend. — 
Blütenhülle mit schmaler, walzenförmiger Röhre; Saum mit vier 
eiförmigen, abstehenden Zipfeln, heller oder dunkler rot, außen be- 


haart, wohlriechend (Fig. 2 u. 3). — Staubblätter 8; 4 in der 
Mitte der Röhre, 4 am oberen Ende, etwas über dieselbe hinaus- 
ragend (Fig. 4); Staubfäden mit der Röhre verwachsen. — Frucht- 


knoten weich behaart, aus einem Fruchtblatte gebildet, mit einer 
hängenden Samenanlage; Griffel sehr kurz; Narbe breit, knopfförmig 
(Fig. 4). — Frucht eine länglich-eirunde, rotgelbe, trockene Beere. — 
Same schwarz, glänzend. 

Blütezeit: Mai bis Juli. 

Biologisches siehe Daphne Mezereum. 

Standort und Verbreitung. In den Gebirgen Europas, in der 
Schweiz, in Tirol, in Istrien, in Bayern, im Schwarzwald, in der 
Rheinpfalz und an anderen Orten. 

Gift und dessen Wirkung siehe Daphne Mezereum. 


Tafel 66. Tafel 66. 


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Wohlriechender Kellerhals. Daphne Cneorum L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte geschlossen. 3 Blüte geöffnet. 4 Blüte im Längs- 
schnitt. 2, 3, 4 vergr. 


Große Sterndolde. 123 


Grosse Sterndolde. Astrantia major (z.). 


Tafel 67. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Astrantia von dstron (gr.), Stern, und dntios (gr.), gleichend, ähnlich. 

Strenze; Meisterwurz. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit schwarzbraunem 
Wurzelstocke. Stengel aufrecht, bis 1 m hoch, der Länge nach mit 
feinen Riefen versehen, hohl (Fig. 1). — Blätter: Grundblätter lang- 
gestielt, handförmig, fünfspaltig, ungleichmäßig eingeschnitten und 
scharf gesägt (Fig. 1). Die Zähne mit feiner Stachelspitze (Fig. 1). 
Stengelblätter an scheidigen Stielen sitzend, in der Blütenregion kleiner 
und einfacher ausgebildet (Fig.1). — Blüten (Fig. 2) in vielblütigen 
Dolden mit Staubblüten und Zwitterblüten. Dolde von drei- bis vier- 
blätteriger Hülle umgeben; Döldchen mit sternförmig ausgebreiteter 
Hülle, deren 15 bis 20 lineallanzettliche, an der Spitze grüne, weiße 
oder rötliche Blättchen wenig länger sind, als die äußeren Blüten der 
Dolde. — Staubblüten (Fig. 2) langgestielt; Stiel rot. — Kelch 
fünfblätterig, so lang wie die Blumenkronblätter. — Blumenkron- 
blätter aufrecht stehend, nach innen umgebogen, weiß oder rosa. — 
Staubblätter vor dem Aufblühen einwärts gebogen; Staubfäden 


pfriemlich, weiß; Staubbeutel länglich-eiförmig, weiß. — Zwitter- 
blüten (Fig. 3): Kelch, Blumenkron- und Staubblätter wie in den 
Staubblüten. — Fruchtknoten mit zehn hohlen, gezähnten Riefen, 


zweifächerig, in jedem Fache eine hängende Samenanlage (Fig. 4). 
Griffel lang, fadenförmig, oben auseinandergehend; Narbe klein, ab- 
gestumpft. — Frucht oval zusammengedrückt, an der Spitze noch 
Teile des Kelches und die Griffel führend. Teilfrüchte ohne Striemen, 
mit fünf hohlen, aufgeblasenen, gezähnten Riefen. 

Die Pflanze ändert in der Blüte ab und kommt vor mit sehr 
langen Hüllblättchen (var. involucrata L., Astrantia carinthiaca Hoppe) 
und mit blassen, anstatt mit roten Blütenstielen und Blütenblättern. 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches. Die weiße oder rötliche Hülle der in Dolden 
angehäuften Blüten erhöht deren Sichtbarkeit. — In jeder Dolde 
finden sich neben echten Zwitterblüten auch reine Staubblüten. 


124 Große Sterndolde. 


Die Zwitterblüten entfalten sich zuerst und sind erstweiblich 
(proterogyn); so wird bei Insektenbesuch zuerst fremder Blütenstaub 
auf die Narbe gebracht werden; später wird auch solcher aus den 
benachbarten Staubblüten Verwendung finden. Die Blütenstiele biegen 
sich auf mechanischen Reiz hin, z. B. durch dem Regen vorhergehende 
Windstöße, nach unten und bleiben einige Zeit in dieser Lage, wo- 
durch das Innere der Blüte gegen das Eindringen des Regens ge- 
schützt ist. — Allgemeines über die Blütenbiologie der Dolden- 
gewächse siehe bei Oenanthe aquatica (S. 131). 

Standort und Verbreitung. Auf Bergwiesen und in der Ebene 
durch ganz Mitteleuropa. Sehr häufig in den Alpen, in Böhmen, 
Schlesien, Thüringen, im Harz, in Brandenburg. In Gärten oft als 
Zierstaude angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze, besonders 
der schwarzbraune Wurzelstock, werden als giftig genannt; sie haben 
stark purgierende Eigenschaften. Die wirksamen Bestandteile sind 
noch nicht festgestellt. 


Tafel 67. Tafel 67. 


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Große Sterndolde. Astrantia major L. 


1 Blühender oberer Teil der Pflanze und Grundblatt. Staubblüte. 3 Zwitterblüte. 


2 
4 Zwitterblüte im Längsschnitt. 2, 3, 4 vergr. 


Giftiger Schierling. 19 


or 


Giftiger Schierling. Cicuta virosa (Z,.+ 
Tafel 68. Wandtafel 15. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Cieuta nennt Plinius den gefleckten Schierling (Conium maculatum). 

Giftiger Wüterich. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit dickem, rundem, 
fleischigem, querflächig-hohlem Wurzelstocke und einem 1 bis 1!/, m 
hohem, ziemlich dieckem, hohlem, kahlem und rötlich angelaufenem 
Stengel (Fig.1), der sich nach oben hin vielfach verästelt. — Blätter: 
Wurzelblätter zwei- bis dreifach gefiedert; Blättchen lineal-lanzettlich, 
spitz, gesägt, mit runden, hohlen Blattstielen; Stengelblätter kleiner, 
nach oben zu einfacher gefiedert, mit drei-, zwei- oder einzähligen 
Blättchen und kurzen, unten scheidigen Stielen (Fig. 2). — Blüten 
in zusammengesetzten Dolden, mit Zwitterblüten und Staubblüten; 
Hülle fehlt; Hüllchen vielblätterig (Fig. 2). — Zwitterblüten (Fig. 3); 
Kelchrand mit fünf Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, mit 
abgerundeten, fast herz-eiförmigen, kurzgenagelten, weißen, an der 
Spitze einwärts gebogenen Blumenkronblättern. — Staubblätter 5, 
länger als die Blumenkronblätter; Staubfäden pfriemlich; Staubbeutel 
rund. — Fruchtknoten halbkugelig, zweifächerig, mit je einer Samen- 
knospe; Griffel 2, fadenförmig, zuerst aufrechtstehend, genähert, später 
nach außen gebogen, abstehend; Narbe undeutlich-kugelig. — Frucht- 
träger dick, nach dem Rande hin etwas verdünnt, ausgeschweitt 
(Fig.4). — Frucht eine fast kugelförmige oder eiförmige, seitlich zu- 
sammengedrückte Spaltfrucht; Fruchtträger zweiteilig; Teilfrüchtchen 
mit fünf flachen Rippen; die Furchen mit je einer etwas vorspringenden 
Ölstrieme; Fuge flach, mit zwei Ölstriemen (Fig.5). — Staubblüten, 
in der Hauptdolde selten, in den Nebendolden zuweilen in der Mitte 
vorkommend, unterscheiden sich von den Zwitterblüten nur durch 
unvollkommene Ausbildung oder gänzliches Fehlen von Fruchtknoten 
und Griffel. 

Eine niedrige Form mit dünnem Wurzelstocke und kleinen linea- 
lischen Blättchen wird als Cicuta tenuifolia Froel. oder Cicuta an- 
sustifolia Koch unterschieden. 

Blütezeit: Juli, August. 


126 Giftiger Schierling. 


Biologisches. Ein starkes Gift schützt die saftige Pflanze gegen 
Vernichtung durch Weidetiere. — Die Blütenbiologie der Dolden- 
gewächse siehe bei Oenanthe aquatica (8.131). 

Standort und Verbreitung. In langsam fließenden Gewässern, 
Sümpfen, Gräben, Teichen, durch ganz Europa und Nordasien. 

Gift und dessen Wirkung. Der Wasserschierling ist das gif- 
tigste unserer einheimischen Doldengewächse. Je nach der Jahreszeit 
und den klimatischen Verhältnissen ist seine Wirksamkeit jedoch eine 
verschiedene; am giftigsten ist der Wurzelstock im Frühjahre. — Am 
meisten zu Vergiftungen führt die Verwechselung des großen Wurzel- 
stockes mit demjenigen von Sellerie oder mit Petersilienwurzeln; für 
Kinder ist der Wurzelstock besonders gefährlich, weil er süßlich 
schmeckt. — Sehr gefährlich ist die Pflanze auch für die Weidetiere, 
wenn sie die fleischigen Stengel und Wurzelstöcke verzehren, oder 
wenn Teile der Pflanze in das Heu kommen; das Gift wird durch das 
Trocknen nämlich nicht zerstört. In der Wurzel wurde ein nicht näher 
erforschtes Alkaloid: Cieutin, und als Träger der Giftwirkungen das 
Cieutoxin aufgefunden, eine amorphe, zähflüssige, in heißem Wasser 
lösliche Substanz, die in der trockenen Wurzel zu 3,5 Proz. enthalten 
ist. — Das Cieutoxin hat scharf narkotische Wirkungen mit schnell 
eintretendem, tödlichem Ausgange. Die Vergiftungserscheinungen, die 
mit Schluckbeschwerden, Steifheit der Zunge und Speichelfluß beginnen 
und mit Verlust des Bewußtseins und heftigen Krämpfen enden, 
treten meist nicht sofort nach dem Genusse, sondern erst nach einer 
Stunde ein. 


Tafel 68. Tafel 68. 


Giftiger Schierling.. Cicuta virosa L. 


1 Wurzelstoek (seitlich aufgeschnitten) und grundständiges Blatt. 2 Sproß mit 
Blüten und Früchten. 3 Blüte 4 Fruchtknoten mit Griffeln im Längsschnitt. 
; 5 Samenträger mit Samen. 3, 4, 5 vergr. 


Breitblätteriger Merk. 187 


Breitblätteriger Merk. Sium latifolium (z,). 


Tafel 69. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Soll Sion (gr.) des Dioskorides sein. 

Coriandrum latifol. (Crantz). 

Sumpf-Merk; Wasserpastinake. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem Wurzel- 
stocke und !/,m hohen, aufrechten, dicken, hohlen, kantig-gefurchten, 
verästelten Stengeln. — Blätter gefiedert mit lanzettförmigen Spitzen, 
am Grunde ungleich scharf gesägten Blättchen und hohlen Blatt- 
stielen; die Stengelblätter kürzer gestielt oder sitzend (Fig. 1); die 
untergetauchten Blätter vielfach zerschlitzt. — Blüten in meist end- 
ständigen, zusammengesetzten Dolden. Hülle und Hüllchen vielblätterig. 
— Zwitterblüten und reine Staubblüten. — Kelch undeutlich 
oder fünfzähnig (Fig.1). — Blumenkronblätter 5, eiförmig, an der 
Spitze einwärts gebogen, mit kurzem Nagel, weiß (Fig. 2). — Staub- 
blätter 5, länger als die Blumenkronblätter; Staubfäden pfriemlich; 
Staubbeutel rundlich-eiförmig. — Fruchtknoten oval oder rundlich, 
mit zehn Riefen, zweifächerig mit je einer hängenden Samenanlage; 
Griffel 2, fadenförmig, bald kurz, bald lang; Griffelpolster mehr oder 
weniger gewölbt (Fig. 3). — Frucht länglich-oval, seitlich zusammen- 
gedrückt, Teilfrüchtchen dem Fruchtträger teilweise angewachsen, mit 
fünf gleichen, schmäleren oder breiteren, dicken Rippen. Die Furchen 
mit je drei Ölstriemen (Fig.4, 5, 6). 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Die ersten Dolden bestehen vorherrschend 
aus echten Zwitterblüten, zwischen denen ganz vereinzelt Staub- 
blüten stehen; die später aufblühenden Dolden führen aus- 
schließlich Staubblüten. — Die Zwitterblüten sind unvoll- 
kommen-erstmännlich (proterandrisch). Die Staubfäden legen sich 
einer nach dem anderen so, daß die Staubbeutel in der Mitte der 
Blüte stehen; dort wird einen Tag lang von jedem Staubblatte Blüten- 
staub ausgeboten. Nachher werden die Narben belegungsfähig; werden 
diese nun in den nächsten Tagen nicht durch Insekten mit Blüten- 
staub anderer Stöcke bestäubt, so erfolgt die Bestäubung durch die 


128 Breitblätteriger Merk. 


Dolden mit reinen Staubblüten, die unterdessen an den jüngeren Trieben 
gebildet wurden. Diese Dolden sind über die älteren Dolden empor- 
gewachsen, und zuweilen lösen sich an ihnen die Staubbeutel und fallen 


auf die Narben der Zwitterblüten herab. — Allgemeines über die 
Blütenbiologie der Doldengewächse siehe Oenanthe aquatica 
(5.331); 


Standort und Verbreitung. In Gräben und Sümpfen, auf nassen 
Wiesen, zerstreut durch ganz Europa; in manchen Gegenden Deutsch- 
lands selten oder ganz fehlend. 

Gift und dessen Wirkung. Blätter und besonders die Wurzel 
gelten als giftig. Über die giftigen Eigenschaften und das Gift selbst 
ist Näheres nicht bekannt. 


Tafel 69. | Tafel 69. 


Breitblättriger Merk. Sium latifolium L. 


1 Sproß mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Früchtchen, 
vom Rücken gesehen. 5 Früchtchen, von der Seite gesehen. 6 Frucht im Quer- 
schnitt. 2 bis 6 vergr. 


Tafel 70. Tafel 70. 


Berte. Berula angustifolia Koch. 


1 Pflanze mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Frucht. 4 Frucht, quer durch- 
schnitten. 2, 3, 4 vergr. 


Berle. 129 


Berle. Berula angustifolia (Xoer). 
Tafel 70. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Herkunft des für die Pflanze im Mittelalter gebräuchlichen Namens Berula ist 
unbekannt. 

Sium angustifolium (L.), Sium erectum (Huds.). 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze, die aus dem dicht- 
faserigen Wurzelstocke lange, runde, an den Knoten wurzelnde Aus- 
läufer treibt (Fig. 1). — Stengel !/, bis ®/, m hoch, hohl, kahl, sehr 


verästelt. — Blätter gefiedert, mit eiförmigen, ungleich-grob gesägten, 
sitzenden Blättchen, kahl, dunkelgrün, glänzend; Blattstiel am Grunde 
scheidig. — Blüte in gipfelständigen oder blattgegenständigen Dolden. 


— Hülle aus fünf großen, ungleichen, dreifach-fiederspaltigen Blättern; 
Hüllchen aus fünf ganzrandigen oder zwei- oder dreiteiligen kleineren 
Blättchen bestehend. — Zwitterblüten. — Kelch fünfzähnig, klein. 
— Blumenkronblätter 5, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach 
innen umgebogen, weiß. — Staubblätter 5, mit pfriemlichen, nach 
außen gebogenen Staubfäden und ovalen, rötlichen Staubbeuteln 
(Fig. 2). — Fruchtknoten eiförmig, zweifächerig, mit je zwei hän- 
genden Samenanlagen; Griffel fadenförmig; Griffelpolster kurz-kegel- 
förmig, von einem breiten Rande umgeben. — Frucht rund; Frucht- 
träger mit den Teilfrüchtchen verwachsen, zweiteilig; Teilfrüchtchen 
mit fünf gleichen, fadenförmigen Rippen und vielen Ölstriemen, die 
von einer dicken, rindenartigen Fruchthülle überdeckt sind (Fig. 3 u. 4). 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Die Vorgänge bei der Bestäubung sind die- 
selben wie bei Sium latifolium. Allgemeines über die Blütenbio- 
logie der Doldengewächse siehe bei Oenanthe aquatica (S. 131). 

Standort und Verbreitung. In Gräben und Bächen, an Teich- 
rändern; durch ganz Europa bis zum Kaukasus; in manchen wasser- 
reichen Gegenden Deutschlands häufig, in höheren Gebirgen seltener, 
in den Alpen bis 720 m vorkommend. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein zu den 
als giftig verdächtigen gerechnet; über ihre Eigenschaften und Inhalts- 
stoffe ist wenig bekannt. 


Esser, Giftpflanzen. g 


130 Wasserfenchel. 


Wasserfenchel. Oenanthe aqualica (Zam.). 
Tafel 71. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Oinanthe (gr.) von oina (gr.), Weinstock, und anthos (gr.), Blume, wurde bei 
an eine nach Weinblüten duftende Oenanthe genannt (Oenanthe pimpi- 
nellifol.). 

Phellandrium aquaticum (L.); Oenanthe Phellandrium (Lam.). 

Phellandrion (gr.) von phellos (gr.), Kork, und andrion (gr.), Männchen, be- 
zeichnete bei den Griechen eine uns unbekannte Pflanze. 

Roßkümmel; Pferdesamen ; Wasserkerbel. 


Beschreibung. Zweijährige Pflanze, mit verdickter Wurzel, 
an der unter dem Wasserspiegel quirlförmig haar- und fadenförmige 
Wurzeln entspringen (Fig. 1). — Stengel sehr dick, rund, aufrecht, 
bis 11/,m hoch. Der untere im Wasser stehende Teil ist geringelt, 
mit kurzen Gliedern, an denen Wurzeln hervorbrechen; der obere Teil 
des Stengels ist hin und her gebogen, abstehend verästelt, kahl, mit 
Längsriefen; innen mit großem, meist hohlem Mark (Fig. 2). — Blätter 
zerstreut stehend, langgestielt; Stiel am Grunde scheidig, kantig, ober- 
seits rinnig; Blattspreite zurückgebogen, drei- bis mehrfach fiederteilig; 
Fiederblättchen eiförmig, eingeschnitten-gesägt; Zipfel spitz mit Stachel- 
spitze. — Blüten in endständigen oder blattgegenständigen, viel- 
strahligen Dolden. — Hülle fehlt; Hüllchen vielblätterig, aus kleinen 
pfriemlichen Blättchen bestehend (Fig. 2). — Zwitterblüten. — 
Kelch fünfzähnig, bleibend. — Blumenkrone fünfblätterig, weiß; 
Blättchen eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach innen um- 
gebogen. — Staubblätter 5; Staubfäden pfriemlich, länger als die 
Blumenkronblätter; Staubbeutel rundlich, am Rücken angeheftet, zwei- 
fächerig, rötlich (Fig. 3). — Fruchtknoten umgekehrt-eiförmig, seit- 
lich etwas zusammengedrückt, zweifächerig, mit je einer hängenden 
Samenknospe; Griffel 2, auseinander gebreitet; Griffelpolster kegel- 
förmig (Fig. 4). — Frucht länglich, fast rund; Teilfrüchte zusammen- 
hängend, dem Fruchtträger angewachsen, mit fünf wenig hervor- 
tretenden stumpfen Rippen; in den Furchen je eine Ölstrieme (Fig. 5 
und 6). 


Blütezeit: Juli, August. 


Tafel 71. Tafel 71. 


Wasserfenchel. Oenanthe aquatica Lam. 


1 Wurzelstock und Hauptstengel. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Fruchtknoten 
mit Narbe. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Frucht im Querschnitt. 3 bis 6 vergr. 


Wasserfenchel. 131 


Biologisches. Verbreitung der Samen durch Wasservögel, 
an deren Gefieder die schwimmenden Samen ‚hängen bleiben. 

Die Bestäubungsverhältnisse sind bei dem größten Teile der 
Doldengewächse (Umbelliferen) dieselben. 

Die sehr kleinen aber sehr zahlreichen Blüten werden erst 
in ihrer Gesamtheit, zu einer Dolde vereinigt, auffallend. 
Meist fällt den am Umfang der Dolde stehenden Blüten und auch 
diesen nur durch Vergrößerung ihrer nach außen stehenden Blumen- 
blätter, die Aufgabe zu, die Dolde noch weiter sichtbar zu 
machen. — Durch den Aufbau der Blüte auf einer wenig vertieften 
Scheibe und durch den offen dargebotenen Honig, der von einem, 
den Fruchtknoten umgebenden Polster abgeschieden wird, sind die 
anfliegenden Käfer, Fliegen, Wespen und Bienen in den Stand 
gesetzt, viele Blüten bei einmaligem Besuche zu bestäuben. 
Die Blüten der Dolden blühen von außen nach innen auf; neben echten 
Zwitterblüten finden sich außen scheinzwitterige Fruchtblüten und in 
der Mitte reine Pollenblüten; auch treten ganze Dolden auf, die nur 
Fruchtblüten enthalten. — Die Zwitterblüten sind bei den meisten 
Gattungen erstmännlich (proterandrisch); bei der Reife der Staub- 
beutel, die sich nach außen öffnen, neigen sich die Staubfäden einzeln 
und der Reihe nach über die Mitte der Blüte, um sich nach Abnahme 
des Blütenstaubes wieder nach außen zu krümmen. Erst wenn die 
Staubblätter fast sämtlich verblüht sind, werden die Narben belegungs- 
fähig. So ist bei den Blüten der meisten Doldengewächse 
durch zeitliche und räumliche Trennung von Staubbeuteln und 
Narben der Eigenbestäubung möglichst vorgebeugt. — Nach der 
Befruchtung neigen sich bei den meisten Doldengewächsen die Blüten- 
stiele nach innen zusammen und verhindern dadurch, daß die noch 
jungen Früchte zu früh von der Mutterpflanze abgetrennt werden. — 
Reif sind die Früchte bei den meisten Doldengewächsen mit 
widerhakigen Borsten versehen, zum Anheften an Haare und 
Federn der Tiere, wodurch die Verbreitung der Pflanze auf weite 
Strecken ermöglicht wird. 


Standort und Verbreitung. In Gräben, Teichen, nassen Wiesen, 
an Flußniederungen, meist an etwas beschatteten Stellen; durch ganz 
Europa und Nordasien. 


Gift und dessen Wirkung. Der Wasserfenchel schmeckt und 
riecht unangenehm scharf aromatisch. Von einigen wird die Pflanze, 
besonders die Früchte und die Wurzeln als giftig angesehen; andere 
halten diese Pflanze jedoch für nicht giftig; wahrscheinlich wird der 
verschiedenartige Standort seinen Einfluß auf den Giftgehalt der Pflanze 
ausüben. Jedenfalls muß sie als sehr giftverdächtig angesehen werden. 


g* 


132 Wasserfenchel. 


— Als Träger der giftigen Eigenschaften wurde das „Phellandrin“ 
bezeichnet; außerdem enthält die Pflanze (besonders die Samen) ein 
ätherisches Öl von durchdringendem Geruch, dessen Hauptbestandteil 
auch Phellandrin ist; dieses soll aber keineswegs der Träger des Giftes 
sein. — Das giftige „Oenanthotoxin“, welches von einigen als im 
Kraute der Pflanze vorkommend angegeben wurde, ist bis jetzt in ihr 
mit Sicherheit noch nicht nachgewiesen (s. Oenanthe fistulosa). — 
In der Heilkunde werden benutzt: die im August gesammelten 
reifen Früchte (Fructus Phellandrii). 


Tafel 72. 


Tafel 72. 


Oenanthe fistulosa L. 


Röhrige Pferdesaat. 


1 Blühender Sproß. 


4 Blüte 


3 Blüte von der Seite. 


2 Fruchttragender Sproß. 


3, 4, D vergr. 


5 Frucht. 


von oben. 


Röhrige Pferdesaat. 133 


köhrige Pferdesaat. Oenanthe fistulosa (z.). 
Tafel 72. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Oenanthe siehe Oenanthe aquatica. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit geglie- 
dertem, ästigem, im Boden wagerecht wachsendem Wurzelstocke und 
büschelig stehenden Wurzeln, mit rübenförmig verdickten Fasern. — 
Stengel '/, bis 1 m hoch, aufrecht, röhrig, glatt, Ausläufer treibend. 
— Blätter mit röhrigen, am Grunde scheidigen Stielen. Spreite der 
Grundblätter meist doppelt gefiedert, dreilappig oder einfach, die der 
Stengelblätter einfach, lineal-lanzettlich, ganzrandig. — Blüten in 
zusammengesetzten Dolden. Hauptdolde meist dreistrahlig, fruchtbar; 
die Nebendolden drei- bis siebenstrahlig, unfruchtbar. Dolde ohne, 
Döldchen mit lanzettlichen Hüllblättchen. — Zwitterblüten weiß. — 
Kelch fünfzähnig, bleibend. — Blumenkronblätter 5, weiß oder 
rötlich angelaufen, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach innen 
gebogen; diejenigen der Randblüten strahlend (Fig. 3 und 4). — 
Staubblätter 5, vor dem Aufblühen einwärts gebogen, mit faden- 
förmigen Staubfäden und gelben, eiförmigen Staubbeuteln (Fig. 3). — 
Fruchtknoten zylindrisch, zweifächerig, mit zwei langen Griffeln; 
Griffelpolster kegelförmig (Fig. 5). — Frucht kreiselförmig, an der 
Spitze die langen Griffel tragend; Teilfrüchte zusammenhängend; an 
undeutlich erkennbarem Fruchtträger, mit fünf stumpfen Rippen; 
Furchen durch die nahe aneinander gerückten Rippen verdeckt, mit 
je einer Ölstrieme. 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches siehe Oenanthe aquatica. 

Standort und Verbreitung. In Sümpfen und auf überschwemmten 
Wiesen, durch ganz Europa zerstreut vorkommend. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird überall als stark 
giftverdächtig angegeben. Es sind einige Fälle bekannt, wo Vergif- 
tungen mit tödlichem Ausgange durch Genuß von Teilen der Pflanze 
vorgekommen sind. In dem Safte der Pflanze ist das Oenanthotoxin 
nachgewiesen, ein Gift, welches dem Coniin an heftiger Wirkung gleich- 
kommt, und welches in besonders hohem Maße in Oenanthe crocata, 
einer Pflanze des westlichen und südlichen Europa (England, Frank- 
reich, Südnorwegen) vorkommt. 


134 Hundspetersilie. 


Hundspetersilie. Aethusa eynapium (Z,. 
Tafel 73. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Aethusa. von ditho (gr.), brennen, glänzen; cynapium von Äkyjon (gr.), 
Hund und dpion (gr.), Petersilie. 

Glanzpetersilie, Gleibe. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit einfacher, dünner, 
spindelförmiger Wurzel (Fig. 1). — Stengel 10 cm bis 1m hoch, 
rund, hohl, fein gestreift, bereift, gabelig verästelt, kahl (Fig. 2). — 
Blätter gestielt; Stiel ganz eine offene Scheide bildend; Blattspreite 
der jungen Pflanze einfach, dreiteilig, der älteren Pflanze dreifach 
gefiedert (Fig. 1). Blättchen fiederspaltig eingeschnitten, mit feiner 
Haarspitze, kahl, oberseits dunkelgrün, unterseits heller und stark 
slänzend, beim Zerreiben stark und unangenehm riechend. — Blüten 
in langgestielten, dem Blatte gegenüberstehenden Dolden. Dolden flach, 
vielstrahlig, ohne Hülle. Döldchen vielblütig, mit ungleich langen 
Blütenstielchen, mit einem Hüllchen, das aus drei linealischen, nach 
außen gerichteten und schräg abwärts gekehrten Blättchen besteht. — 
Zwitterblüten. — Kelch fünfblätterig, verwachsen, mit undeutlichem 
Rande. — Blumenkrone fünfblätterig, weiß, Kronblätter eiförmig, an 
der Spitze eingekerbt und eingebogen, die äußeren etwas strahlend 
(Fig. 3). — Staubblätter 5, etwas länger als die Blumenkronblätter; 
Staubfäden pfriemlich, an der Spitze etwas einwärts gebogen. Staub- 
beutel eiförmig. — Fruchtknoten eiförmig, zweifächerig, mit je einer 
Samenanlage (Fig. 5). — Frucht (Fig.4 u. 5) kugelig-eiförmig; Frucht- 
träger zweiteilig, Teilfrucht mit fünf dicken, hohen, scharf gekielten 
Rippen; in den Furchen je eine Ölstrieme (Fig. 6). — Same halb- 
kugelig. — Die Pflanze ändert ab und findet sich auf Äckern in Zwerg- 
form, kaum fingerlang: Aethusa pygmaea (Koch), als hochwachsende, 
bis 1,20 m hohe Form mit kurzen Hüllblättchen: Aethusa elata (Friedl.) 
und in anderen Formen. 

Die Hundspetersilie unterscheidet sich von der echten 
Petersilie durch den unangenehmen, nicht gewürzhaften Geruch, 
durch die nach außen stehenden, aus drei Blättchen bestehenden, ab- 
wärts gewandten Hüllchen der Döldchen, die bei der echten Petersilie 


Tafel 73. Tafel 73. 


Hundspetersilie. Aethusa eynapium L. 


1 Junge Pflanze. 2 Sproß mit Blüten und Früchten. 3 Blüte. 4 Frucht. 5 Frucht 
im Längsschnitt. 6 Frucht im Querschnitt. 3 bis 6 vergr. 


Hundspetersilie. 135 


aus sechs bis acht kurzen, pfriemlichen Deckblättern besteht, durch 
die glänzenden Blätter und durch ihr schnelleres Wachstum, wodurch 
sie, mit Petersilie gemischt wachsend, diese schnell überragt. Wählt 
man zur Aussaat im Garten Samen der krausblätterigen Petersilie, so 
kann beim Pflücken der Blätter eine Verwechselung mit etwa wild 
aufgewachsener Hundspetersilie nicht vorkommen, da diese keine kraus- 
blätterige Abart hat. 

Blütezeit: Juni bis Herbst. 

Biologisches. Die Blüten sind im Gegensatz zu denen der 
meisten Doldengewächse erstweiblich (proterogyn); beim Öffnen der 
Blüte sind die Narben schon befruchtungsfähig, die Staubbeutel aber 
noch geschlossen und die Staubfäden wie eine Uhrfeder unter den 
Blumenkronblättern zusammengerollt. — Die Blütenbiologie der 
Doldengewächse siehe Oenanthe aquatica (8.131). 

Standort und Verbreitung. Als Unkraut in Gärten und Feldern 
überall, auf bebautem Lande und auf Schutthaufen durch ganz Europa. 

Gift und dessen Wirkung. Die Ansichten über die Giftigkeit 
der Pflanze gehen sehr auseinander; während einzelne dieselbe für 
harmlos halten, gilt sie bei anderen als starke Giftpflanze. Es sind 
eine ganze Reihe von Vergiftungsfällen, sogar solche mit tödlichem 
Ausgange, bekannt. Es ist noch nicht ermittelt, welcher Stoff als 
Träger der giftigen Eigenschaften anzusehen ist. Alkaloide fehlen in 
der Pflanze; das Vorhandensein eines von einigen angegebenen flüssigen 
Alkaloides ist nicht bestätigt worden; ebensowenig dasjenige des 
Cynapins. 


156 Taumelkerbel. 


Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum (z.. 
Tafel 74. 
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Chaerophyllum: die Angaben zur Ableitung dieses Wortes sind sehr ver- 
schieden und unsicher; temulum betäubend. 

Myrrhis temula (All... Scandix temula (Roth). 

Kälberkropf. 

Beschreibung. Zweijährige Pflanze mit spindelförmiger, röt- 
lichgelber Wurzel (Fig. 1). — Stengel aufrecht, 40 bis 80 cm hoch, 
rund, fein gerieft, hohl, unter den Gelenken verdickt, in seiner ganzen 
Länge purpurrot gefleckt, in den unteren Teilen durch steife Haare 
rauh, oben anliegend behaart (Fig. 1 u. 2). — Blätter unten doppelt, 
oben dreifach fiederschnittig, mit fiederteiligen Abschnitten und un- 
gleich gekerbten Lappen. Blattstiele der Stengelblätter scheidig, oberseits 
rinnenförmig, mit kurzen Haaren besetzt. — Blüten in end- und blatt- 
gegenständigen sechs- bis zwölfstrahligen, flachen Dolden, meistens ohne 
Hülle; Döldchen mit sechs- bis achtblätterigen Hüllchen, deren zurück- 
geschlagene, lanzettförmige Blättchen mit feiner Spitze. — Zwitter- 
blüten.— Kelch mit undeutlichem Rande. — Blumenkronblätter 5, 
weiß, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und einwärts gebogen (Fig. 3 
u.4); die äußeren Blätter größer. — Staubblätter 5, etwas länger als 
die Blumenkrone; Staubfäden und Staubbeutel weiß. — Fruchtknoten 
länglich, seitlich zusammengedrückt, zweifächerig. Griffel kurz zurück- 
gekrümmt, so lang wie das Griffelpolster (Fig. 5). — Frucht länglich, 
seitlich zusammengedrückt; Fruchtträger zweiteilig, frei. Teilfrüchtchen 
mit fünf gleichen, flachen Rippen, in den Furchen je eine Ölstrieme. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Durch ein, wenn auch nur schwaches Gift ist die 
Pflanze, die sich außerdem gern im Schutze der Dornhecke ansiedelt, 
gegen Tierfraß geschützt. — Allgemeines über die Blütenbiologie 
der Doldengewächse siehe bei Denanthe aquatica (S.131.) — Die 
Blütenstiele krümmen sich des Nachts und bei Regenwetter 
zum Schutze der Blüten herab. 

Standort und Verbreitung. An Zäunen, in Hecken und Ge- 
büschen durch ganz Europa. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein für giftig 
erklärt, obschon bestimmt nachgewiesene Fälle von Vergiftungen nicht 
verzeichnet sind. Jedenfalls wird man sie zu den als giftig verdächtigen 
Pflanzen stellen dürfen. 


Tafel 74. Tafel 74. 


Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum L. 


1 Wurzel mit Grundblatt. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte 4 Blumenkronblatt. 
5 Frucht. 3,4, 5 vergr. 


Gefleckter Schierling. 137 


Gefleckter Schierling. Conium macu- 
latum (Z..+ 


Tafel 75. 


Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae. 


Köneion (gr.) bei Theophrast ist unsere Cicuta virosa. 

Cieuta maculata (Lam.). Coriandrum maculatum (Roth). 

Erdschierling; Wüterich; Teufelspeterlein. 

Beschreibung. Zweijährige Pflanze mit weißer, spindelförmiger 
Wurzel. — Stengel bis 2 m und darüber hoch, aufrecht, rund, hohl, 
an den Knoten geschlossen, undeutlich gefurcht, bläulich bereift, am 
unteren Ende unregelmäßig purpurrot gefleckt (Fig. 1); vielfach ver- 
ästelt; Äste blattwinkelständig,. gabelteilig rot gefleckt (Fig. 2). — 
Blätter gestielt; Stiel mit scheidigem, rinnenförmigem Grunde. Blatt- 
spreite der unteren Blätter sehr groß, etwa 11, m lang, nach oben 
kleiner werdend, bis zu 5 cm, dreifach gefiedert; Blättchen länglıch, 
fiederspaltig oder tiefgezähnt, etwas stachelspitzig. — Blüten in flachen, 
12- bis 20strahligen Dolden (Fig. 2); Hülle fünfblätterig, zurück- 
geschlagen, mit lanzettförmlichen, spitzen Blättchen. — Hüllchen 
drei- bis vierblätterig, einseitig nach außen gerichtet, Blättchen 
eiförmig, am Grunde verwachsen, am Rande häutig (Fig. 3). — 
Zwitterblüten. — Kelch ohne Randzähne. — Blumenkronblätter 5, 
weiß oder gelblichweiß, umgekehrt-herzförmig, an der Spitze gekerbt 
und mit kurzer, einwärts gebogener Spitze, gar nicht oder in den 
Randblüten kaum strahlig. — Staubblätter 5, in der Knospe ein- 
wärts gebogen; Staubfäden weiß, Staubbeutel rundlich, am Rücken an- 
geheftet (Fig. 4). — Fruchtknoten zweifächerig; Griffel kurz und 
aufrecht oder länger und zurückgebogen; Narbe stumpf; Griffelpolster 
zweilappig, grünlichweiß, gewölbt, am Rande gekerbt. — Frucht 
(Fig. 5, 6 u. 7) eiförmig, grünlichbraun, seitlich zusammengedrückt. 
Fruchtträger an der Spitze zweispaltig; Teilfrüchtchen eiförmig mit 
fünf gleichen, wellenförmig gekerbten Rippen; Furche ohne Ölstriemen, 
an der Fugenseite gewölbt und mit Längsfurche. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Stengel und Blätter enthalten Gift und be- 
sitzen einen widerlichen, mäuseartigen Geruch, beides Schutzmittel 
gegen Tierfraß. Allgemeines über die Blütenbiologie der Dolden- 


138 Gefleckter Schierling. 


gewächse siehe Oenanthe aquatica (8.131). — Die honigduften- 
den Blüten sind erstmännlich (proterandrisch). — Die Staubfäden 


liegen anfangs horizontal zwischen den Blütenblättern. Sobald die 
nach oben sich öffnenden Staubbeutel reif werden, heben sich die 
Staubfäden nacheinander über die noch unentwickelten Griffel und 
kehren nach Entlassung des Blütenstaubes wieder in die frühere Lage 
zurück. Erst nachdem die Staubblätter abgefallen sind, richten sich 
die Griffel mit den knopfförmigen Narben auf. — Durch den Honig- 
duft der Blüte werden Bienen, Fliegen und Käfer angelockt. 

Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Stellen von 
Mauern und Hecken, auf Schutt; durch ganz Europa, mit Ausnahme 
des hohen Nordens; ferner in Nord-, Mittel- und Westasien, überall 
zerstreut; in einzelnen Teilen des Gebietes (z. B. in der Schweiz) fehlt 
die Pflanze gänzlich, in anderen (z. B. in Ungarn) findet sie sich 
massenhaft. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze sind mehr 
oder weniger giftig, am meisten die Früchte, am wenigsten die Wurzel, 
die letztere nur im Frühjahre; das Kraut besonders im Sommer bis 
Juni. In allen Teilen der Pflanze sind giftige Alkaloide nach- 
gewiesen, unter denen das Coniin (C;H,;N) die Hauptbase ist; außer 
diesem findet sich noch als Begleitalkaloid das viel giftigere Conicein 
(C,H,, N), ferner das Methylconiin (C,H,,N), das gleichfalls giftige 
Conhydrin (C;H,;NO), das Pseudoconhydrin und andere. Das 
Goniin ist in reinem Zustande eine ölige, farblose, leicht füchtige 
Flüssigkeit, die sich an der Luft schnell unter Braunfärbung zersetzt, 
und welche den der ganzen Pflanze eigentümlichen, mäuseartigen Ge- 
ruch besitzt. — In den Früchten ist dieses Alkaloid nur in den inneren 
Schichten der Schale zu 0,8 bis 1,3 Proz. enthalten. Das Coniin wirkt 
sehr giftig, besonders auf das Rückenmark und die Nerven des Her- 
zens und der Atmungsorgane. Schwindel, Lahmheit in den unteren 
Gliedmaßen, Atmungsstörungen, Sinken des Pulses treten im Beginne 
der Giftwirkung auf, die nach einer bis drei Stunden unter Krämpfen 
und allgemeiner Lähmung, meist ohne Schmerzen zum Tode führt. 
Vergiftungen können vorkommen durch Verwechselung der Samen mit 
denen anderer im Haushalte des Menschen benutzter Doldenfrüchte 
(z. B. Anis) und durch Verwechselung der Wurzeln mit denen der 
Petersilie oder der Pastinake. Im Altertum sollen die Gifttränke, mit 
denen auch Sokrates, Phaion und andere ihr Leben endeten, als Haupt- 
bestandteil den Saft von Conium maculatum enthalten haben. — In 
der Heilkunde werden benutzt: die Blätter und die blühenden 
Spitzen der Pflanze (Herba Conii), früher auch die Früchte 
(Fructus Conii). 


Tafel 75. 


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Gefleckter Schierling. Conium maculatum L. 


1 Stück des Stengels. 2 Blühender Sproß. 3 Döldchen, von unten gesehen. 4 Blüte. 
5 Frucht. 6 Frucht im Längsschnitt. 7 Frucht im Querschnitt. 3 bis 7 vergr. 


— 


Efeu. 139 


Efeu. Hedera Helix (z.. 
Tafel 76. 


Fam.: Efeugewächse. Araliaceae. 


Hedera, nach einigen Autoren von hedra (gr.), Sitz, weil die Pflanze sich 
auf der Unterlage festklammert, nach anderen vom keltischen hedea = Strick, 
mit der Wurzel „hed“, greifen. Helix von helix (gr.) = Windung, wegen der 
windenden Stengel. 

Efeu — Ewig Heu; in alten Schriften Ive, Iben, Eifen. 

Beschreibung. Kletternder, immergrüner Strauch, der sich 
entweder am Boden ausbreitet oder mit Haftwurzeln an Bäumen und 
Mauern emporklettert. — Stamm in warmen Gegenden armdick wer- 
dend. Die im Alter erscheinenden fruchtbaren Äste ragen, nicht an 
der Unterlage durch Haftwurzeln befestigt, frei in die Luft und bilden 
im Laufe der Zeit eine größere oder kleinere runde Krone. — Blätter 
abwechselnd, lederartig, bleibend, kahl, oberseits dunkelgrün, unter- 
seits hellgrün, auf langen, unbehaarten Stielen; an den unfruchtbaren 
Zweigen (Fig. 1) mehr oder weniger fünflappig, am Grunde herzförmig; 
an den fruchtbaren Zweigen (Fig. 2) ungeteilt, breit-eiförmig oder 
elliptisch oder undeutlich dreilappig, am Grunde abgerundet. — Blüten 
in endständigen, langgestielten, einzeln stehenden oder zu einer Rispe 
vereinigten, behaarten Dolden. — Zwitterblüten.— Kelchblätter 5, 
mit dem Fruchtknoten verwachsene, mit fünf kleinen, bleibenden 
Zähnen. — Blumenkronblätter 5, länglich-eiförmig, spitz, gelbgrün, 
mit breitem Grunde, dem Fruchtknoten aufsitzend (Fig. 3), auf der 
Oberseite mit hervortretender Mittelrippe. — Staubblätter 5, frei: 
Staubfäden pfriemlich, weiß; Staubbeutel am Rücken angeheftet (Fig. 4). 
— Fruchtblätter 5, in einem fünffächerigen, oben kegelförmigen 
Fruchtknoten verwachsen (Fig. 5). Griffel kurz, zylindrisch, mit fünf 
wenig hervortretenden Narben. — Frucht eine erbsengroße, kugelige, 
schwarze, glänzende, fünffächerige Steinbeere mit meist zwei bis drei 
Samen (Fig.6). — Same verhältnismäßig groß, weiß, mit dünnwandiger 
Schale (Fig. 5). — Der Efeu kommt sowohl wild als auch in Kultur in 
vielen Abarten vor, von denen die bekanntesten sind: Hedera hibernica, 
schottischer Efeu mit größeren Blättern; Hedera canariensis, auf den 
Kanarischen Inseln mit sehr großen Blättern; Hedera chrysocarpa, 
gelbfrüchtiger Efeu, in Italien und Südfrankreich vorkommend, mit 


140 Efeu. 


goldgelben Schuppen an den Blüten und Früchten. Hedera arborea 
ist nur eine in der Kultur aus Stecklingen von Blütenzweigen erzeugte 
Form, die in Wuchs und Blattbildung nicht zur Jugendform zurück- 
kehrt, sondern die Tracht des fruchtbaren Zweiges dauernd beibehält. 

Blütezeit: Ende August und September; Fruchtreife im folgenden 
Frühjahre. 

Biologisches. Die Pflanze hat zweierlei Sprosse: 1. solche, 
die an der Erde und der Borke alter Baumstämme hinkriechen: 
Schattentriebe und 2. solche, die an der äußersten Spitze alter Efeu- 
stöcke entspringen: Lichttriebe. Die ersteren entwickeln Haft- 
wurzeln und tragen mattes, weiß geadertes, gelapptes Laub, das in- 
folge seiner mosaikartigen Lagerung auf dem Untergrunde des Waldes 
das Licht möglichst auszunutzen sucht, die letzteren bilden keine Haft- 
wurzeln, und ihr glänzendes, nicht geadertes Laub ist herzförmig. Alle 
Blätter sind durch eine starke Oberhaut gegen zu starke Verdunstung 
und durch einen bitteren Giftstoff gegen Tierfraß geschützt. Sie sind 
lederartig, immergrün, so daß sie auch im Winter, wenn die über ihnen 
stehenden Waldbäume entlaubt sind, das Licht zur Assimilation aus- 
nutzen können. — Nur die Lichttriebe tragen Blütendolden. Die 
stark faulig duftenden, unscheinbaren Blüten sind erstmänn- 
lich; sie bieten den Honig offen dar und werden durch Fliegen 
befruchtet. — Die Samen werden von Vögeln (Drosseln, Gras- 
mücken) verzehrt und verschleppt. 

Standort und Verbreitung. In ganz Europa und Nordafrika, 
im Orient, im Himalaja, in Mittelasien bis nach Nordostasien, auf 
den Azoren und den Kanarischen Inseln; auf dem Boden kriechend 
oder an Bäumen und Mauern emporkletternd. 

Gift und dessen Wirkung. Die Blätter und Beeren schmecken 
bitter; die ganze Pflanze, besonders die schwarzen Beeren enthalten 
einen Stoff, der eine stark brechenerregende und heftig purgierende 
Wirkung ausübt. Ob und inwieweit dabei das in den Blättern und 
Samen gefundene Hederaglykosid: Hederin (C,,H,.0,5[?]) oder 
das in der Pflanze enthaltene Harz, welches im Süden aus den älteren 
Stämmen ausfließt („Gummi hederae“) beteiligt ist, bleibt noch nach- 
zuweisen. 


Tafel ER Tafel 76. 


NA) ISA 
DI Sn \ SV, 


ern, 


Efeu. Hedera Helix L. 


1 Kriechender Sproß. 2 Aufrechter, blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Blüte im Längs- 


schnitt. 5 Fruchtknoten mit Griffel. 6 Fruchtstand. 7 Same, nat. Größe u. vergr. 


3, 4, 5 vergr. 


Europäische Haselwurz. 141 


Europäische Haselwurz. Asarum 
europaeum (Z.). 
Tafel 77. 


Fam.: Osterluzeigewächse. Aristolochiaceae. 


Asarum von Asaron (gr.), zweiglos, a-privativum und sdron (gr.) Zweig. 

Haselwurz, weil die Pflanze gern unter Haselsträuchern wächst. 

Beschreibung. Ausdauernde, krautartige Pflanze (Fig. 1), 
mit bleistiftdickem, üher den Boden kriechendem, behaartem, deutlich 
gegliedertem Wurzelstocke, der an den einjährigen Trieben mit gelblich- 
grünen Schuppenblättern besetzt ist und der an den Knoten nach 
unten dünne Wurzeln treibt. — Blätter (Fig.1) langgestielt, behaart, 
nierenförmig, an der Spitze abgestutzt oder eingekerbt, fleischig, aus- 
dauernd, oberseits glänzend. — Blüte (Fig. 1 u. 2), an der Spitze 
der Triebe entstehend, überhängend, kurzgestielt. — Zwitterblüte 
ohne Kelch und Blumenkrone, die durch eine glockenförmige, unten 
verwachsene, oben in drei zurückgeschlagene Zipfel auslaufende Hülle 
ersetzt werden. — Staubblätter 12, frei (Fig. 3), auf dem Frucht- 
knoten um den Griffel stehend; Staubfäden (Fig. 4), frei, über die 
Staubbeutel in einen pfriemlichen Fortsatz verlängert; Staubbeutel 
zweifächerig, Fächer nach außen längsaufspringend. — Fruchtknoten 
(Fig. 3), mit dem unteren Teile der Hülle verwachsen, sechsfächerig 
(Fig. 6), mit vielen Samenanlagen; Griffel eine kurz säulenförmige 
Griffelsäule bildend (Fig.5); Narbe groß, sechsteilig. — Frucht (Fig.7) 
eine sechsfächerige, unregelmäßig aufspringende Kapsel, die noch von 
der Blütenhülle bedeckt ist. — Same (Fig. 8) eiförmig, mit häutiger 
Schale und großer, fleischiger, längslaufender Keimwarze. 

Blütezeit: März bis Mai, in höheren Lagen auch noch später. 

Biologisches. Die großen, flachen, zum Auffangen von mög- 
lichst vielen Lichtstrahlen eingerichteten Blätter kennzeichnen die 


Pflanze als Schattengewächs. — Die Farbe und der aasartige 
Duft der Blüten ziehen zahlreiche kleine Fliegen solcher 
Arten an, die gewöhnlich. auf Tierkadavern sich aufhalten. — Die 


Blüten sind erstweiblich (proterogyn). Die Blütenhülle bildet 
einen Hohlkegel. Sie öffnet sich zuerst durch drei enge Spalten nur 
soweit, daß sich zwischen den drei Perigonzipfeln drei enge Ein- 


142 Europäische Haselwurz. 


gangspforten für kleine Insekten ausbilden. Dicht hinter diesen 
Spalten stehen die Narben; Fliegen, die von einer älteren Blüte mit 
Blütenstaub beladen ankommen, müssen notwendig einen Teil des- 
selben auf der Narbe zurücklassen. Erst später, wenn die Narbe be- 
legt ist, öffnet sich die Blüte vollständig. — Die Früchte besitzen 
eine seitliche Nabelschwiele, die von den Ameisen gern ab- 
sefressen wird; diese Tiere schleppen die Samen zu ihren Ne- 
stern oder lassen sie, nachdem die Nabelschwiele abgefressen ist, 
auf dem Wege dorthin liegen und sorgen so für die Verbreitung der 
Pflanze. 

Standort und Verbreitung. In schattigen Laubwäldern, unter 
Gebüsch, besonders in Gebirgsgegenden; in ganz Europa und Nord- 
asien; in Deutschland in den östlichen Gegenden mehr als in den 
westlichen. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze, besonders die Wurzel 
derselben, wirkt brennend und stark brechenerregend und muß, wie 
Versuche an Tieren erwiesen haben, den scharf wirkenden Giftpflanzen 
zugezählt werden, wenn auch über Vergiftungsfälle bei Menschen keine 
Mitteilungen vorliegen. Ob das in ihr enthaltene zu den Benzol- 
derivaten gehörige: Asaron (C,H,,0;) giftig ist, oder welchem 
Inhaltsstoffe der Pflanze die Giftwirkung zukommt, bleibt noch nach- 
zuweisen. — In der Heilkunde wurde früher benutzt: der Wurzel- 
stock (Radix Asari). 


Tafel 77. | Tafel 77. 


Europäische Haselwurz. Asarum europaeum L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Lage der Frucht- 
blätter und Staubblätter in der Blütenknospe. 5 Die Griffelsäule 6 Fruchtknoten 
im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Same. 2 bis 8 vergr. 


Mistel. 143 


Mistel. Viscum album (z.). 
Tafel 78. 
Fam.: Mistelgewächse. Loranthaceae. 


Visceum von Viscus, Vogelleim; Mistel vom althochdeutschen „Mistil“. 

Beschreibung. Ein kleiner, als Schmarotzer auf Laub- und 
Nadelhölzern wachsender, gabelästiger Strauch, mit kurzem, dickem 
Stamm (Fig. 1). Jedes Glied der Gabel endet in einer meist blüten- 
tragenden Spitze. Unter dieser entspringen in den Achseln zweier 
Blätter zwei neue Äste. Zweige an den Stengelgliedern leicht ab- 
brechend, mit dicker, grüner Rinde — Blätter breit- zungenförmig, 
lederig, fast zwei Jahre bleibend, zu zwei gegenständig an der Spitze 
der Sprosse, von zwei bis drei derben Längsnarben durchzogen. — 
Blüten (Fig. 1), auf kurzen Sprossen am Ende der Zweige, in den 
Achseln kleiner Hochblätter entstehend. — Blüten dioecisch. — Staub- 
blüten (Fig. 2). — Kelch fehlt. — Blütenhülle fleischig, gelb, 
unten verwachsen, oben vier-, zuweilen dreiteilis, mit aufrechten, drei- 
eckigen oder elliptischen Zipfeln. — Staubblätter 4, ohne Staub- 
fäden, Staubbeutel den Zipfeln der Blütenhülle angewachsen. — 
Fruchtblüten (Fig. 3 u. 4) ohne Kelch; Blütenhülle gelb, fleischig, 
unten verwachsen, oben mit vier freien Zipfeln. — Fruchtknoten 
eiförmig, unterständig, einfächerig, mit einer Samenanlage; Griffel 
fehlt; Narbe sitzend. — Frucht (Fig. 1 u. 5) eine einsamige, zuerst 
grüne, nachher weiße, saftige Beere. — Samen (Fig. 6) dreieckig, weiß, 
am Grunde genabelt, in der Beere mitten in einer weißlichen, klebrigen 
Substanz liegend. 

Blütezeit: März, April. 

Biologisches. Die Mistel ist eine grüne, selbst assimilierende 
Schmarotzerpflanze, die ihrem Wirte nur Wasser und in 
diesem gelöste unorganische Nährsalze entnimmt. Bei der 
Keimung der durch Vögel an die Äste angehefteten Samen biegt sich 
das grün gefärbte hypocotyle Glied des Keimlings der Unterlage zu, und 
verbreitert sich zu einer Haftscheibe, aus deren Mitte sich die erste 
„Senkerwurzel“ entwickelt. Diese dringt durch die Rinde senkrecht 
bis zur Astachse vor. Im folgenden, dem zweiten Jahre, entspringen 
senkrecht zu ihr mehrere grüne Wurzelstränge, die parallel mit der 
Astachse unter der Rinde verlaufen. Von diesen „Rindenwurzeln“ 
zweigen sich nun alljährlich im rechten Winkel, also wieder senkrecht 


144 Mistel. 


zur Astachse, Senkerwurzeln zweiten Grades ab, die, Bast und Cambium 
durchbrechend, jedesmal bis zum Holzkörper vor-, aber nicht in denselben 
eindringen. Beim Dickenwachstum des Baumes werden die Senkerwurzeln 
von dem Holzkörper umwachsen und eingeschlossen, aber nicht von 
der Rindenwurzel abgeschnürt, da sie in der Gegend des Astcambiums 
jahrzehntelang wachstumsfähig bleiben und sich dort in dem Maße 
verlängern, wie der Ast sich verdickt. — Die lederartigen, fleischigen 
Blätter schützen die Pflanze im Winter vor zu starkem Wasserverlust. 
— Zweihäusige Pflanze mit unscheinbaren, früh sich öffnenden 
Blüten. Die Stöcke mit Fruchtblüten und diejenigen mit Staubblüten 
kommen meist auf demselben Baume dicht nebeneinander vor. Die 
Blüten enthalten Honigdrüsen und locken die Insekten auch durch 
ihren süßlichen Duft an. — Bestäuber sind meist Fliegen. — Die 
im Mai angelegten Fruchtknoten sind erst im Herbst voll ent- 
wickelt und werden im März oder April des folgenden Jahres 
bestäubt. Die Beeren entwickeln sich nun langsam, und die Samen- 
reife tritt erst Ende des Jahres (gegen Weihnachten) ein. — Die 
Verbreitung der weißen Lockbeeren, deren Samen von einer 
klebrigen Hülle (Vogelleim) umgeben sind, erfolgt durch die Vögel, 
vor allem durch die Drosseln. 

Standort und Verbreitung. In Europa, Nordasien und Japan. 
In Nordeuropa seltener, jedoch noch im mittleren Schweden und im 
südlichen Norwegen. Die Pflanze kommt allgemein auf Laub- und 
Nadelhölzern vor. Es sind jedoch deutlich im Wuchs der Pflanze und 
in Form der Beere unterscheidbare Abarten vorhanden und unter- 
scheidet man: 

1. die Laubholzmistel, nur auf Laubhölzern vorkommend, z. B. 
auf Pappeln, Weiden, Nußbäumen, Birken, Kastanien, Apfel- und Birn- 
bäumen, Pflaumen- und Kirschbäumen, Mandeln, Robinien, Ahorn, 
Linden usw.; 

2. die Tannenmistel, nur auf Tannen; wächst nicht auf Laub- 
hölzern und auf Kiefern; 

3. die Kiefernmistel, wächst nur auf Kiefern, sehr selten auf 

Fichten. 
Seit den ältesten Zeiten spielt die Mistel eine Rolle in den Sagen 
und im Aberglauben der Völker, besonders jener der nördlichen Gegen- 
den. In ihrem zur Winterszeit kahlem Walde kam ihnen das immer- 
grüne Sträuchlein als von den Göttern hingesät vor. 

Gift und dessen Wirkung. Blätter und Zweige waren früher 
als Mittel gegen Epilepsie gebräuchlich. — Die grünen Teile der 
Pflanze, sowie auch die Beeren werden in vielen Büchern als giftig bzw. 
als ‚giftverdächtig bezeichnet. Untersuchungen über den Inhalt der 
Pflanzensäfte scheinen noch nicht angestellt zu sein. 


En. 78. Tafel 78. 


> 


Mistel. Viscum album L. 


1 Teile der Pflanze mit Blüten und Früchten. 2 Staubblüten. 3 Fruchtblüten. 
4 Längsschnitt durch eine Fruchtblüte. 5 Längsschnitt durch die Beere. 6 Same. 
2 bis 6 vergr. 


Poleiblätterige Gränke. 145 


Poleiblätterige Gränke. Andromeda 
polifolia (z.). 


"Tafel 79. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Von Linne nach Andromeda, der schönen Tochter des äthiopischen Königs 
Cepheus benannt; polifolia, die Blüten sind der Polei (Teuerium polium) ähnlich. 

Rhododendron polifolium‘(Seop.). 

Rosmarinheide, Lavendelheide. 

Beschreibung. Ein 30 bis 50cm hohes Sträuchlein mit grauen, 
kahlen, aufsteigenden Ästen und Zweigen (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) 
sitzend oder kurzgestielt, lederartig, immergrün, länglich -lanzettlich 
oder linealisch, mit stechender Spitze und ganzem, zurückgerolltem 
Rande; oberseits dunkelgrün, unterseits blaugrün bis bläulichweiß, 
kahl.— Blüten auf schlanken, kahlen, rötlichen, von schuppenförmigen 
Deckblättern gestützten Stielen, an der Spitze der Zweige zu vier bis 
acht in einer Dolde vereinigt (Fig. 1). — Zwitterblüten. — Kelch 
fünfblätterig; Blättchen am Grunde etwas verwachsen, bleibend. — 
Blumenkronblätter 5, verwachsen. Blumenkrone kugelförmig bis 
krugförmig, abfallend, weiß oder rötlich (Fig. 1 u. 2). — Staub- 
blätter 10, unterständig; Staubfäden am Grunde verbreitert, behaart. 
Staubbeutel (Fig. 2) nach innen gewandt, zweifächerig, unten ab- 
gerundet, an der Spitze mit runder Öffnung aufspringend und über 
dieser in eine nach außen gebogene, grannenähnliche Spitze auslaufend. 
— Fruchtknoten (Fig. 2 u. 4) fünffächerig, kugelförmig, am Grunde 
einer drüsigen Scheibe aufsitzend, mit zahlreichen Samenanlagen; 
Griffel säulenförmig, mit abgestutzter, undeutlich fünflappiger Narbe. 
— Frucht (Fig. 5) eine rundliche, fünffächerige, fünfklappig auf- 
springende Kapsel, unten den Kelch und an der Spitze den Griffel 
führend. — Same zusammengedrückt, mit glatter oder grubiger, leder- 
artiger Haut. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Pflanze mit immergrünen Rollblättern (siehe 
Rhododendron hirsutum). Diese sind auf ‘der unteren, die Spalt- 
öffnungen führenden Seite, mit Wachs überzogen. Eine Benetzung 


dieser Seite und ein dadurch etwa hervorgebrachter Verschluß der 
Esser, Giftpflanzen. 10 


146  Poleiblätterige Gränke. 


Luftwege wird so verhindert. An der Wurzel Lebensgemeinschaft 
mit einem Pilz: Pilzwurzel siehe Rhododendron hirsutum (S. 150). 

Standort und Verbreitung. In Sümpfen und Mooren Nord- 
und Mitteleuropas, Nordasiens und Nordamerikas. 

Gift und dessen Wirkung. Die Blätter und Blüten enthalten 
ein giftiges Glykosid: das Andromedotoxin oder Asebotoxin 
(C;,H,, 0,0), das noch nicht näher chemisch untersucht ist. Der 
Genuß der Pflanzenteile erzeugt Schwindel, Erbrechen und Krämpfe. 


Tafel 79. Tafel 79. 


Poleiblättrige Gränke. Andromeda polifolia L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtknoten im 
Querschnitt. 5 Früchte. 2, 3, 4 vergr. 


Sumpfporst. 147 


Sumpfporst. Ledum palustre (z,. 
Tafel 80. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Ledon bei Plinius, ledon (gr), bei Dioskorides von ledos (gr.), Kleid, Woll- 
stoff, wegen der unterseits sehr filzigen Blätter, bezeichnete nicht die vorliegende 
Pflanze, sondern den in Griechenland wachsenden Cistus cereticus. Linne leitete 
das Wort von laedere, verletzen, ab, wegen des starken Geruches der Blätter. 

Mottenkraut, Wanzenkraut, wilder Rosmarin. 

Beschreibung. Ein 30 bis 60 cm hohes, locker-verästeltes, auf- 
rechtes Sträuchlein, mit rostfarbigen, filzig behaarten Zweigen (Fig. 1). 
— Blätter kurzgestielt, schmal linealisch, am Grunde abgerundet, 
lederartig, ganzrandig, mit stark zurückgerolltem Rande; oberseits 
glänzend, dunkelgrün, runzelig; unterseits filzig, in der Jugend weißlich, 
im Alter rostfarbig behaart (Fig. 1). — Blüten auf schlanken Stielen, 


am Ende der Zweige, in vielblütigen Doldentrauben. — Zwitter- 
blüten. — Kelch klein, fünfzähnig, bleibend. — Blumenkrone fünf- 
blätterig, flach ausgebreitet, weiß. — Staubblätter 10, länger als 


die Blumenkronblätter; Staubfaden fadenförmig, weiß; Staubbeutel 
gelb, an der Spitze mit runden Löchern sich öffnend (Fig. 2). — 
Fruchtknoten fünffächerig, mit vielen Samenanlagen; Griffel faden- 


förmig, mit kleiner, fünflappiger Narbe (Fig. 2 u. 3). — Frucht eine 
längliche, fünffächerige, vom Grunde zur Spitze hin aufspringende, 
vom nase Griffel gekrönte Kapsel (Fig. 4). — Same linealisch, 


an beiden Seiten mit häutigem Flügel. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die Blätter sind nach unten hin zusammen- 
gerollt und auf der Unterseite mit einem feinen Filze von 
rötlichbraunen Haaren bekleidet. Die letzteren verhindern die 
Benetzung der Blattunterseite und den Verschluß der Spalt- 
öffnungen durch etwa eindringendes Wasser. — An der Wurzel 
Lebensgemeinschaft mit einem Pilze: Pilzwurzei siehe Rho- 
dodendron hirsutum (S. 150). 

Standort und Verbreitung. In Sümpfen und torfigen Gegenden 
in Europa, Nordasien und Nordamerika. In Deutschland häufiger im 
Norden als im Süden, hier in Sachsen und Böhmen; fehlt im Westen, 
mit Ausnahme einiger Stellen, z. B. im Schwarzwald. 

10* 


148 Sumpfporst. 


Gift und dessen Wirkung. Blätter und Zweige werden vielfach 
gegen Motten, Wanzen und sonstiges Ungeziefer gebraucht, das durch 
den starken Geruch vertrieben werden soll. Bei der Bierbereitung 
sollen die Blätter, die einen scharf bitteren Geschmack enthalten, miß- 
- bräuchlich benutzt werden. — Die genannten Pflanzenteile enthalten 
ein flüssiges, stark riechendes Öl und in diesem ein narkotisch-erregend 
wirkendes, starkes Nervengift: den Ledumkampfer: Ledol (C,,H,,0). 
Näheres über diesen Stoff ist nicht bekannt. 


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a" 


Tafel 80. Tafel 80. 


Sumpfporst. Ledum palustre L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt. 
4 Aufgesprungene Frucht. 2, 3, 4 vergr. 


Rauhhaarige Alpenrose. 149 


Rauhhaarige Alpenrose. Rhododendron 
hirsutum (zZ. 


Tafel 81. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Rhododendron von rhödon (gr.), Rose, und dendron (gr.), Baum, Rosen- 
baum, wegen der roten Blüten; im Altertum bezeichnete Rhododendron den 
Oleander. 

Beschreibung. Ein bis 1 m hoher, aufrechter, verästelter 
Strauch, mit braunen, in der Jugend behaarten Zweigen (Fig. 1). — 
Blätter kurzgestielt, oval-elliptisch, nach dem Grunde zu verschmälert, 
spitz oder stumpf, dünn, lederartig, ganzrandig, am Rande gewimpert; 
oberseits dunkelgrün, kahl; unterseits hellgrün und drüsig punktiert. 
— Blüten am Ende der Zweige in vielblütiger Doldentraube. Blüten- 
stiele lang behaart und mit weißen Schüppchen. — Kelch mit lanzett- 
lichen Blättern, fünfzähnig, mit Wimperhaaren und Schüppchen be- 
setzt, bleibend (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig, verwachsen, 
trichterförmig, außen mit gelblichweißen Schüppchen besetzt und mit 
fünf zurückgebogenen, etwas ungleichen Zipfeln (Fig. 2). — Staub- 
blätter 10 (Fig.3); Staubfäden pfriemlich, am Grunde behaart; Staub- 
beutel am Rücken angeheftet, zweifächerig, an der Spitze mit zwei 
Löchern sich öffnend. Pollen durch Viscinfäden zusammengehalten. — 
Fruchtknoten (Fig.4 u. 5) fünffächerig, verwachsen, länglich - kegel- 
förmig mit vielen Samenanlagen; Griffel lang; Narbe abgestutzt, fünf- 
lappig. — Frucht (Fig. 6) eine fünffächerige, aufspringende Kapsel. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches. Die Unterseite des Blattes ist mit zahl- 
reichen scheibenförmigen Drüsen besetzt, die auf den Blatt- 
nerven, d. h. den Endigungen des Gefäßsystems der Pflanze stehen 
und quellbare, schleimige Stoffe enthalten. Auf die Blattoberseite 
auffallende Regen- oder Tautropfen gleiten am Rande herab zur Unter- 
seite; das Wasser wird dort von den sogenannten Drüsen aufgenommen 
und an die wasserleitenden Gefäße abgegeben. Bei trockenem Wetter 
treten die harzig-schleimigen Stoffe aus den Drüsen aus, überziehen 
als braune, krümelige Kruste die Blattunterseite und schützen diese 
vor zu starkem Wasserverlust. — Die Pflanze lebt an der Wurzel in 


| 


150 -Rauhhaarige Alpenrose. 


Lebensgemeinschaft mit einem Pilze; sie besitzt eine sogenannte 
Pilzwurzel (Mykorhiza), siehe Juniperus Sabina (S.18). Die Rhododen- 
dronarten und andere Moorpflanzen beherbergen aber die 
Pilze nicht nur an derOÖberfläche, sondern auch im Innern der 
weiten Oberhautzellen der Wurzel; letzteres, ohne daß das Proto- 
plasma der betreffenden Zellen geschädigt wird. Die Anwesenheit des 
Pilzes scheint im Gegenteil der Pflanze Vorteil zu gewähren; zunächst 
dadurch, daß die Pilzfäden, die Wurzelhaare der Pflanze ersetzend, 
die Aufnahme des Wassers und der Nährsalze des Bodens, sowie die 
Zersetzung der Humussubstanzen des letzteren besorgen; ferner scheint 
der Pflanze aus dieser Lebensgemeinschaft ein Gewinn an fertig ge- 
bildeten Eiweißstoffen zu erwachsen, dadurch, daß die im Innern der 
Zelle vorhandenen Pilzballen auf dem Höhepunkte ihrer Entwickelung 
vom Protoplasma der Nährpflanze erdrückt und ihrer organischen 
Stoffe beraubt werden. — Die hochrote Blumenkrone bildet einen 
wirksamen Schauapparat zur Anlockung der Insekten. — Die 
Blumenstaubkörner sind durch dünne Fäden einer klebrigen, 
zähen Masse: „Viscin“, zusammengehalten. Insekten, welche die 
Blüten besuchen, nehmen dadurch meist gleich den ganzen Inhalt 
- eines Staubbeutels mit for. — Die Blüten sind erstmännlich 
(proterandrisch. Die Honigabscheidung findet im Grunde der 
Blüte an der Blumenkrone 'statt. — Besucher der Blume sind 
Bienen und Hummeln. — Als Schutzmittel des Honigs gegen 
Entnahme durch unberufene Gäste (kleine, anfliegende oder an- 
kriechende Insekten) dient ein Haarbesatz des unteren Teiles der 
Blumenkrone und der Staubfäden. 

Standort und Verbreitung. Durch die ganze Alpenkette ver- 
breitet, meist auf Kalkboden. 

Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum. 


Tafel 81. Tafel 81. 


Rauhhaarige Alpenrose. Ahododendron hirsutum L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Längsschnitt und 
5 Querschnitt durch den Fruchtknoten. 6 Aufgesprungene Frucht. 2 bis 6 vergr. 


Rostblätterige Alpenrose. 151 


Rostblätterige Alpenrose. Rhododendron 
ferrugineum (Z.). 


Tafel 82. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum. 


Beschreibung. Ein 1 m hoher, vielfach verästelter Strauch, 
mit graubraunen Zweigen. — Blätter (Fig. 1) kurzgestielt, länglich- 
oder breit-elliptisch, dick-lederartig, mit etwas zurückgerolltem Rande, 
ganzrandig oder an der Spitze seicht gekerbt; oberseits glänzend 
dunkelgrün; unterseits dicht mit rostfarbenen Schüppchen besetzt. — 
Blüten in Doldentrauben am Ende des Zweiges auf langen, mit 
Schüppchen bedeckten Stielen (Fig. 1). — Kelch fünfblätterig, mit 
kurzen, eirundlichen Abschnitten. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) heller 
oder dunkler karminrot, selten weiß, trichterförmig, Saum mit läng- 
lichen Zipfeln, dicht mit Schüppchen besetzt. — Staubblätter 10, 
Staubfäden pfriemlich, am Grunde behaart; Staubbeutel zweifächerig, 
an der Spitze mit zwei Löchern aufspringend. Blütenstaub durch 
Viscinfäden zusammengehalten. — Fruchtknoten fünffächerig, mit 
vielen Samenanlagen; Griffel lang; Narbe abgestutzt, fünfteilig. — 
Frucht eine fünffächerige, längsaufspringende Kapsel. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches siehe Rhododendron hirsutum. 

Standort und Verbreitung. Vorzugsweise auf Granit- und 
Schieferboden, sehr selten im Kalkgebirge; durch die ganze Alpen- 
kette, in den Pyrenäen und Karpathen. Bildet in den granitischen 
Alpen die Grenze der Holzregion; steigt selten in die Täler hinab. 

Gift und dessen Wirkung. Blätter und Blüten der Rhododendron- 
arten, selbst der Honig in den Blüten, wirken narkotisch erregend. 
In den genannten Pflanzenteilen ist das giftige Glykosid: Andromedo- 
toxin (s. Andromeda polifolia) enthalten; außerdem sind in denselben 
noch zwei weitere Glykoside: das Rhododendrin (C,;H;,0), welches 
das kampferartige Rhododendrol liefert, und das Erieolin (C,, H,,O,,) 
nachgewiesen. Ob den letzteren auch eine Giftwirkung zuzusprechen 


152 Rostblätterige Alpenrose. 


ist, steht in Frage; vorläufig wird man dem erstgenannten diese Eigen- 
schaft zuzuweisen haben. Auch im Honig der verschiedenen Alpen- 
rosen ist das Andromedotoxin nachgewiesen worden, und man nimmt 
an, daß die Vergiftungserscheinungen, die sich bei einem Teile der 
auf dem Rückzug aus Asien befindlichen 10000 Griechen nach dem 
Genusse von Honig einstellten (worüber uns Xenephon berichtet), durch 
Honig erfolgten, den die Bienen von den Blüten der in jenen Gegenden 
zahlreich vorkommenden Rhododendronarten gesammelt hatten. 


1 52. 
Tafe Tafel 82. 


Rostblättrige Alpenrose. Rhododendron ferrugineum L. 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte, längs durchschnitten. 


Tafel 53. Tafel 3. 


Pontische Alpenrose. ARhododendron ponticum L. 


Blühender Zweig. 


Pontische Alpenrose. 153 


Pontische Alpenrose. Rhododendron 
ponticum (Z,. 


Tafel 83. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum; ponticum = am Schwarzen 
Meere (Pontus euxinus) wachsend. 

Rhododendron laneifol. (Möneh); Rhododendron speciosum (Salish.). 

Beschreibung. Ein verästelter, buschiger, 1 bis 2m hoher 
Strauch. — Blätter immergrün, meist zwei Jahre dauernd, dick- 
lederartig, deutlich gestielt, länglich-lanzettförmig oder elliptisch, nach 
dem Grunde verschmälert, spitz, flach, ganzrandig, 8 bis 12 em lang; 
oberseits glänzend dunkelgrün; unterseits heller. — Blüten in viel- 
blütigen Doldentrauben am Ende der Zweige, auf langen, behaarten 
Stielen, die von länglichen, abfallenden Deckblättchen gestützt sind; 
hellpurpurfarben oder violett, auf dem oberen Blumenkronblatt mit 
bräunlichen Flecken. — Kelch fünfblätterig, klein, mit breitrundlichen 
Zähnen. — Blumenkrone glockenförmig, 5 bis 6 cm im Durchmesser, 
fünfklappig, mit länglichen, spitzen, oft etwas ausgerandeten Ab- 
schnitten. — Staubblätter 10, Staubfäden fadenförmig, abwärts 
geneigt, an der Spitze gekrümmt; Staubbeutel am Rücken befestigt, 
nach innen gewandt, an der Spitze sich mit zwei Löchern öffnend. — 
Fruchtknoten fünffächerig, Griffel lang, an der Spitze aufwärts ge- 
bogen, mit dicker, kopfförmiger, fünflappiger Narbe. — Frucht eine 
fünffächerige, vielsamige, aufspringende Kapsel. 

Blütezeit: Mai, Juni. 

Biologisches siehe Rhododendron hirsutum. 

Standort und Verbreitung. Einheimisch in Kleinasien, Armenien, 
den Pyrenäen. — Ein in Gärten vielfach angepflanzter Strauch, der 
in der Kultur eine große Anzahl von Formen gebildet hat. Besonders 
in der Farbe der Blüten zeigt sich eine große Mannigfaltigkeit von 
Dunkelpurpur, Lilafarbe, Rosenrot, Rötlichweiß bis Reinweiß. Der 
Strauch hält in niederen Gegenden Deutschlands im Winter gut aus, 
in rauheren Gegenden: bedarf er einer leichten Winterdecke. 

Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum. 


154 Pontischer Felsenstrauch. 


Pontischer Felsenstrauch. Rhododendron 
flavum (G. Don.). 


Tafel S4. 


Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae. 


Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum; flavum wegen der gelben 
Blüten. 

Azalea pontica (L.). 

Beschreibung. Ein bis 1 m hoher, verästelter Strauch mit 
behaarten Zweigen. — Blätter (Fig. 1) kurzgestielt, länglich - lanzett- 
förmig oder verkehrt-eiförmig, spitz, beiderseits, besonders an den 
Nerven, im Frühjahr dicht behaart, abfallend, oberseits lichtgrün; 
unterseits hell- oder graugrün, am Rande gewimpert, bis 10 cm lang. 
— Blüten (Fig. 1 u. 2) am Ende der vorjährigen Zweige in lockeren 
Doldentrauben, auf langen, behaarten Stielen, die durch abfallende, 
lanzettförmige Blätter gestützt sind. — Zwitterblüten. — Kelch mit 
fünf kurzen Zähnen. — Blumenkrone trichterig-glockig mit drüsig 
behaarter Röhre und fünf gleichen, länglichen, welligen Abschnitten; 
5 bis 6 cm breit, gelb, wohlriechend, nach Nelken duftend. — Staub- 
blätter 5 (Fig. 2 u. 3); Staubfäden kahl, gelblichweiß, aus der Blüte 
hervorragend; Staubbeutel orangefarben, am Rücken angeheftet, mit 
zwei Löchern an der Spitze sich öffnend. Pollen durch Viscinfäden 


zusammengehalten. — Fruchtknoten kegelförmig, fünffächerig; 
Griffel lang, weiß, unbehaart, aus der Blüte weit hervorragend; Narbe 
knopfförmig, grün. — Frucht eine fünffächerige, aufspringende Kapsel. 


Blütezeit: Mai. 

Biologisches siehe Rhododendron hirsutum. 

Standort und Verbreitung. Im Orient, Kaukasus und Pontus. 
In Gärten, wo er nur in rauhen Gegenden Deutschlands des Winter- 
schutzes bedarf, häufig als Zierstrauch, aber nur selten in der reinen 
Art. Meist sind es in der Kultur entstandene oder durch Bastardie- 
rung mit anderen, besonders mit amerikanischen und chinesischen 
Felsenstraucharten erzeugte Formen, die vor allem ın der Blüte 
mannigfach abwechseln von Orange-Goldgelb, Hellgelb bis zu Rot. 

Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum. 


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Tafel 84. Tafel 84. 


Pontischer Felsenstrauch. ARhododendron flavum (G. Don.) 


o 


1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt (vergr.). 


ot 


Europäisches Alpenveilchen. 15 


Europäisches Alpenveilchen. Cyelamen 
europaeum (Z.). 


Tafel 8. 


Fam.: Primelgewächse. Primulaceae. 


Cyelamen von Ayklos (gr.), Kreis, wegen des kreisförmigen Wurzelstockes, 
verstümmelt aus Kykläminos (gr.), wie Hippokrates zwei in Griechenland vor- 
kommende Cyclamenarten (Cyclamen graecum Lk. und Cyelamen persicum Mill.) 
benannte. 


Erdscheibe, Saubrot. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit knolligem, rundem, 
von oben etwas zusammengedrücktem Wurzelstocke (Fig. 1). — Blätter 
(Fig. 1) aus der Vegetationsspitze, die in einer Einsenkung oben auf 
der Knolle liegt, sich entwickelnd, langgestielt; Stiel kahl, rötlich; 
Blattspreite rundlich oder eirund, am Grunde tief herzförmig, kahl, 
lederig, oberseits glänzend grün mit weißlichen Flecken, unterseits 
rötlich; Nerven auf der Unterseite stark hervortretend, Rand klein 
gekerbt. — Blüten (Fig. 1) einzeln, auf langem, rötlichem Stiele. — 
Zwitterblüten nickend. — Kelch fünfteilig, regelmäßig, bleibend. — 
Blumenkrone fünfblätterig (Fig. 2 u. 3) mit kurzer, glockenförmiger 
Röhre und fünfteiligem Rande, mit zugespitzten Zipfeln, rot. — Staub- 
blätter 5, am Grunde der Blumenkrone angewachsen (Fig. 3), auf- 
recht, zusammengeneigt; Staubfäden (Fig. 4) sehr kurz; Staubbeutel 
pfeilförmig, zweifächerig, nach dem Inneren der Blüte mit Längsspalt 
aufspringend.. — Fruchtknoten (Fig. 5) eiförmig, einfächerig, mit 
vielen Samenanlagen an zentralem Samenträger; Griffel gerade, faden- 
förmig, die Staubblätter etwas überragend. Narbe spitz. — Frucht 
eine kugel- oder eiförmige, fünffächerige, vielsamige Kapsel, zur Zeit 
der Reife an dem spiralig gedrehten Stiele dem Erdboden aufliegend. 
— Same oben abgeflacht, unten zusammengepreßt, kantig. 

Blütezeit: August bis Oktober. 

Biologisches. Die Blätter sind an der vom Lichte ab- 
gewandten Unterseite durch Anthokyangehalt der Zellen rot 
gefärbt; vielleicht werden in dieser Schicht die von den blattgrün- 
haltigen Geweben nicht aufgenommenen Lichtstrahlen aufgefangen und 
in Wärmestrahlen umgewandelt. — Die Blüten sind zuerst an Be- 
stäubung durch Insekten angepaßt, zuletzt sind sie „wind- 


156 Europäisches Alpenveilchen. 


blütig“. Berührt man eine frisch aufgegangene Blüte an der Spitze 
des Staubblattkegels, so quillt der Blütenstaub in dicken, gelben 
Klumpen heraus, ohne zu verstäuben; berührt man hingegen eine 
ältere Blüte, so fliegt aus ihr ein Wölkchen von weißlichem Blüten- 
staub heraus. Die gelbe Farbe und das Zusammenkleben des Blüten- 
staubes der jungen Blüten wird durch ein dem Blütenstaub anhaftendes 
Öl bewirkt, nach dessen Verdunstung der Blütenstaub weißlich und 
stäubend wird. — Der Honig wird im Grunde der Blüte ab- 
geschieden und ist durch die zu einem Kegel zusammengestellten 
Staubblätter gegen Entnahme durch unberufene Gäste geschützt. — 
Anlockung der Insekten (Hummeln) durch die Blütenfarbe und 
den Duft. 

Standort und Verbreitung. An schattigen, feuchten Orten; 
durch die ganze Alpenkette, vom Jura bis nach Österreich, in Salz- 
burg, in Böhmen und Mähren, im bayerischen Hochlande. 

Gift und dessen Wirkung. Die Knollen der Pflanze sind den 
scharf wirkenden Giftpflanzen, deren Genuß zunächst Entzündung des 
Schlundes und Magens, dann schwerere Störungen des Allgemein- 
befindens hervorruft, zuzuzählen. — Die Knolle enthält ein in seinen 
sonstigen Eigenschaften und Wirkungen weniger bekanntes amorphes, 
weißes, geruchloses, scharf schmeckendes Glykosid: das Cyelamin 
(C5;H,5 0,5) (bei seiner Auffindung durch Saladin „Arthamitin“ ge- 
nannt). — In Sizilien werden die Knollen der Pflanze zum Betäuben 
‘der Fische benutzt. 


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NEED 5 


u N b 


Tafel 85. Tafel 85. 


Europäisches Alpenveilchen. Cye/amen europaeum L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkrone ausgebreitet. 4 Ein- 
zelnes Staubblatt. 5 Fruchtknoten im Längsschnitt. 2 bis 5 vergr. 


Oleander. 157 


OÖleander. Nerium Oleander (z.). 
Tafel 86. 


Fam.: Hundsgiftgewächse. Apocynaceae. 


Nerium des Plinius; nerion (gr.) des Dioskorides von n£ros (gr.), wasser- 
liebend, weil er an Flußufern wächst; bei Dioskorides auch rhododendron (gr.), 
Rosenbaum, genannt. ÖOleander, vielleicht verstümmelt aus Rhododendron oder 
aus eldia (gr.), Ölbaum, und dendron (gr.), Baum, wilder Ölbaum, weil die Blätter 
denen des Ölbaumes ähnlich sind. 

Beschreibung. Baum oder Strauch mit runden, in der Jugend 
hellgrünen Zweigen. — Blätter (Fig. 1) gestielt, lederartig, lanzett- 
lich, ganzrandig, spitz, am Grunde in den Stiel verschmälert, aus- 
dauernd; Mittelnerv beiderseits deutlich hervortretend.. — Blüten 
(Fig. 1) in endständigen, trugdoldigen Rispen, an den Verzweigungen 
dieser kleine, abfallende Deckblättehen. — Zwitterblüten. — Kelch 
fünflappig, an der inneren Seite drüsig behaart, bleibend. — Blumen- 
krone (Fig. 3) präsentiertellerförmig mit trichterförmiger Röhre und 
fünfteiligem Saume mit ungleichen Abschnitten; im Schlunde bekrönt 
mit kleinen zerspaltenen Läppchen; rosenrot, wohlriechend. — Staub- 
blätter 5 (Fig. 4), in der Mitte der Blumenkronröhre eingefügt; 
Staubfäden aufrecht, kurz, das Mittelband derselben über den Staub- 
beuteln in einen langen, seidig behaarten, spiralig gedrehten Schwanz 


auslaufend. — Fruchtknoten zweifächerig, mit vielen Samenanlagen; 
Griffel aufrecht, zylindrisch, an der Spitze keilförmig, unter derselben 
ein häutiger Ring (Fig. 5). — Frucht säulenförmig, aus zwei ver- 


wachsenen Balgkapseln bestehend, zweifächerig, vielsamig, aufspringend. 
— Same seidig und schopfig behaart. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. j Die großen, trichterförmigen Blüten besitzen 
auf den hochrotenBlumenkronblättern eine fünfteilige, rosen- 
rote, geschlitztblätterige Nebenkrone. Jedes Blättchen der 
letzteren führt als „Saftmahl“ einen dunkelroten Längs- 
streifen. — Der Honig wird am Grunde der Blumenkronröhre 
abgesondert. — Die fünf oberen fuchsschwanzartigen Fortsätze 
der Staubblätter sind zusammengewunden und bilden einen 
Pfropf, der den Eingang in die Blüte soweit verschließt, daß nur an 
einzelnen Stellen dünne Insektenrüssel durchdringen können. Die 


158 Oleander. 


Staubblätter selbst sind zu einem Kegel zusammengerückt, 
der mit dem Rande des Narbenkopfes verwachsen ist; in dem hier- 
durch gebildeten oberen Hohlraum sammelt sich der klebrige Blüten- 
staub an. — Bestäuber: Langrüsselige Nachtfalter, z. B. der 
Oleanderschwärmer (Sphinx nerü).— Die Blüte duftet des Abends. 

Standort und Verbreitung. Im Gebiete des Mittelländischen 
Meeres, an Bächen häufig. Bei uns als beliebte Zierpflanze in Töpfen 
und Kübeln, auch mit weißen und gelben Blüten und gefüllt- blühend 
vorkommend (Fig. 2). 

Gift und dessen Wirkung. Giftig sind besonders die bitter 
und scharf schmeckenden Blätter der Pflanze. Heftiges Erbre hen, 
Ohnmachten, Krämpfe, allgemeine Schwäche und Lähmungen sind 
die nach einer Vergiftung mit vorliegender Pflanze auftretenden Er- 
scheinungen; der Tod tritt manchmal schnell, manchmal nach acht 
bis neun Tagen ein. Die Pflanze war schon Plinius und Galenus 
als giftig bekannt. Über Vergiftungen mit derselben liegen viele Be- 
richte vor. — Die Giftwirkung wird man wohl einem der Glykoside, 
die in der Pflanze vorkommen, zuzuschreiben haben, von denen als 
Hauptglykosid das Oleandrin anzusehen ist; begleitet wird dieses von 
dem digitaleinartigen Neriin und dem Neriantin. Näheres über die 
chemische Zusammensetzung und physiologische Wirkung dieser Stoffe 
liegt noch nicht vor. 


Tafel S6. j Tafel 86. 


Oleander. Nerium Oleander L. 


1:Blühender Zweig. 2 Blüte der gefüllt blühenden Form. 3 Blüte im Längsschnitt. 
4 Staubblatt. 5 Griffel. 4, 5 vergr. 


Seidenpflanze. 159 


Seidenpflanze. Asclepias Cornuti (2. C.. 
Tafel 87. | 


Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae. 


Asclepias nach Aselepios oder Äsculap, dem Gotte der Heilkunde. — Cor- 
nuti, ein französischer Arzt, der Canada bereiste und dessen Flora beschrieb; 


gestorben 1651 zu Paris. 
Ascelepias syriaca (L.) von Linne so genannt, weil ihm diese Pflanze, von 


Südosteuropa her zuerst bekannt wurde. 

Seidenpflanze, die in den Samenkapseln enthaltenen langen Samenhaare be- 
sitzen einen starken seidigen Glanz. — Schwalbenkraut, weil man in den auf- 
platzenden Samenkapseln Ähnlichkeit mit einer fliegenden Schwalbe sah. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit krautigem, ver- 
ästeltem, 1!/;, m hohem, milchsaftführendem Stengel. — Blätter 
eiförmig-elliptisch mit kurzer Spitze; unterseits grausamtig behaart; 
oberseits kahl, mit hervortretenden Rippen, kurzgestielt (Fig. 1). — 
Blüten in vielblütigen, gestielten, end- oder seitenständigen Dolden 
(Fig. 1). Blütenstielchen behaart. — Regelmäßig gebaute Zwitter- 
blüte.— Kelch bleibend, fünfblätterig; Blätter eiförmig.— Blumen- 
krone fünfblätterig; Blätter eiförmig, mit zurückgebogenen braunroten 
Zipfeln (Fig. 3). — Staubblätter 5 (Fig. 4); Staubfäden verbreitert, 
um den Fruchtknoten zu einer Röhre verwachsen; Staubbeutel auf- 
recht, nach innen stehend, zweifächerig, längsaufspringend. Das Mittel- 
band derselben an der Spitze zu einer häutigen, der Narbe eng an- 
liegenden Platte verbreitert. Auf dem Rücken der Staubfadenröhre 
eine fünfteilige Nebenkrone (Fig. 3 u. 4), mit mützenförmigen, zurück- 
gebogenen, rot gefärbten Blättchen. Die Blütenstaubkörner eines jeden 
Faches sind zu oben spitz zulaufenden Pollenmassen (Pollinarien) ver- 
klebt, die zu zwei mit den oben spitz zulaufenden Enden an einer der 
Narbe seitlich aufsitzenden Klebdrüse hängend, angeheftet sind (Fig. 5). 
— Fruchtblätter 2, ın den Fruchtknoten und Griffeln voneinander 
getrennt in der fünfteiligen, fast schildförmigen Narbe verwachsen. — 
Frucht (Fig. 2) eine längsaufspringende, zweifächerige, vielsamige, 
dichtfilzig behaarte und mit weichen Stacheln besetzte Balgkapsel. — 
Same flach, mit häutigem Rande, an der Spitze mit einem Schopfe 
langer, weißer, seidenglänzender Haare. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Die Übertragung des Blütenstaubes ist bei 
den Asclepiaden in hohem Grade an die sie besuchenden In- 


160 Seidenpflanze. 


sekten angepaßt, und der Bau der komplizierten Blüte ist nur 
verständlich als ungemein vollkommene Anpassung an die In- 
sekten: Die Säule, welche den Fruchtknoten umschließt, trägt am 
oberen Ende fünf Staubblätter und fünf Honigblätter; die ersteren 
liegen dieht um einen fleischigen Narbenkopf. Jedes Staubblatt be- 
herbergt in zwei Taschen, die nach dem Kopfe zu offen liegen, zwei 
Staubkölbehen. Der häutige Lappen auf der Oberfläche des Narben- 
kopfes breitet sich nach beiden Seiten zu einer von der Säule ab- 
stehenden blattartigen Fläche aus, die sich an die entsprechende 
Fläche des nebenstehenden Staubgefäßes so dicht anlegt, daß nur ein 
schmaler Schlitz zwischen beiden bleibt; hinter diesem liegt die zur 
Aufnahme des Blütenstaubes empfängliche Narbe. Die Staubmassen 
zweier benachbarter Staubgefäße sind mittels zwei Schenkel an einem 
schwarzen Klemmkörper befestigt. Außerhalb der Staubgefäße liegen 
am oberen Ende der Staubfadensäule fünf Honig absondernde Blätter. 
— Insekten, die, durch den Duft der Blüte angelockt, auf derselben 
sich niederlassen, geraten bei dem Versuche, sich festzuhalten, mit 
den Krallen des Fußes in den Schlitz ibis zu dem genannten Klemm- 
körper, der sich an den Fuß festklemmt. Beim Herausziehen des letz- 
teren wird der Klemmkörper mit den Staubkölbehen herausgezogen 
und von dem Insekte am Fuße fortgetragen. Die beiden anfangs aus- 
einandergespreizten Kölbchen rücken beim Fluge des Tieres infolge 
des Austrocknens der beiden Schenkel zusammen, legen sich parallel 
aneinander und werden beim Niederlassen auf eine andere Blüte durch 
den Schlitz eingeführt und in der Narbenkammer auf die Narbe auf- 
gedrückt; hierbei reißen die Staubkölbchen ab, während die Klemm- 
körper am Fuße des Tieres haften bleiben. 

Standort und Verbreitung. Nordamerika. Schon 1629 nach 
Europa eingeführt. Seit langer Zeit in Gärten als Zierpflanze vielfach 
angepflanzt, findet sich jetzt häufig verwildert. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze ist wegen ihrer scharf- 
giftigen Wirkung bekannt. — In Stengel und Blättern ist das Gly- 
kosid: Aselepiadin und im Milchsafte der Pflanze, besonders am 
Wurzelstocke, das Asklepion enthalten, welches man als ein Spaltungs- 
produkt des erstgenannten zu betrachten geneigt ist. Außerdem soll 
in der Pflanze noch das giftige Glykosid: Vincetoxin vorkommen. 
Welchem von diesen vornehmlich die Giftwirkungen zuzuschreiben 
sind, ist nicht näher bekannt. Im Milchsafte der Pflanze ist außerdem 
bis 1,61 Proz. Kautschuk vorhanden. 


Tafel 87. Tafel 87. 


Seidenpflanze. Asc/epias Cornuti Dee. 


1 Blühender Sproß. 2 Sproß mit Frucht und verwelkten Blüten. 3 Blüte. 4 Blüte 
im Längsschnitt. 5 Staubblatt. 3 bis 5 vergr. 


Gemeine Schwalbenwurz. 161 


Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxiecum 
offieinale (Meneh). 


Tafel 88. 


Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae. 


Vineetoxieum von vincere, besiegen, und töxikon (gr.), Gift, also Gift- 
besieger, weil sie als Gegengift angesehen wurde. 

Schwalbenwurz oder Schwalbenkraut siehe Aselepias Cornuti. 

Asclepias vincetoxieum (L.), Cynanchum vineetoxicum (L.). 

Hundswürger. Cynanchum von kyon (gr.), Hund, und äncho (gr.), würgen, 
weil nach Ansicht der Alten die Pflanze Hund und Wolf töten könne. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit aufrechtem, krau- 
tigem, 30 bis 60 cmi hohem, Milchsaft führendem Stengel (Fig. 1). — 
Blätter gegenständig, kurzgestielt, herzförmig oder herz-eiförmig; die 
oberen lineal-lanzettlich, zugespitzt, kahl, am Rande und an den 
Nerven flaumig behaart. — Blüten in blattwinkelständigen, gestielten 
Trugdolden (Fig. 2). — Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 3) fünf- 
blätterig, Blättchen lanzettlich. — Blumenkrone trichterförmig mit 
fünf Lappen, eiförmig, zugespitzt, gelblichweiß (Fig. 3). — Staub- 
blätter 5, dem Grunde der Blumenkronblätter aufsitzend; Staubfäden 
am Grunde zu einer Röhre verwachsen (Fig. 4); Staubbeutel aufrecht, 
zweifächerig, nach innen aufspringend; auf dem Rücken der Staub- 
fadenröhre eine fünfteilige Nebenkrone (Fig. 3) mit eiförmigen, flei- 
schigen, gelben Lappen, die durch feine, durchscheinende Häutchen 
verbunden sind. Blütenstaubkörner eines jeden Faches zu Pollenmassen 
(Pollinarien) verklebt, die zu zwei, mit den nach oben spitz zulaufenden 
Enden, einer der breiten Narbe seitlich aufsitzenden Klebdrüse an- 
geheftet sind (Fig. 5). — Fruchtblätter 2, in dem Fruchtknoten und 
den Griffeln völlig getrennt, mit gemeinsamer, fünfteiliger, flacher 
Narbe. — Frucht (Fig. 6) eine eilanzettliche, walzenförmige, auf- 
springende, vielsamige Kapsel. — Same (Fig.7u.8) eiförmig, schwarz- 
braun, mit einem Schopf seidenartiger, weißer Haare. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die Blüteneinrichtung zeigt im wesentlichen 
dieselben Vorrichtungen wie die von Asclepias syriaca; nur 
wird die Übertragung des Staubkölbehens nicht wie dort durch die 

Esser, Giftpflanzen. 11 


162 Gemeine Schwalbenwurz. 


Beine der Insekten, sondern durch den Rüssel derselben vollzogen. — 
Verbreitung der Samen durch den Wind. 

Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, an trockenen 
Felsen, an trockenen Stellen in Wäldern. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein als giftig 
oder doch als stark giftverdächtig angegeben. Aus früherer Zeit, wo 
die Pflanze als Volksheilmittel gebraucht wurde (die Wurzel ist brechen- 
erregend und schweißtreibend), sind einige Vergiftungsfälle selbst mit 
tödlichem Ausgange bekannt. — In der Pflanze. ist das Glykosid: 
Vincetoxin (siehe Asclepias Cornuti) nachgewiesen. 


Tafel 88. \ Tafel 88. 


Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxicum offieinale Moench. 


I, 2 Pflanze 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten mit Staubfadenröhre. 
5 Staubblatt und Pollinarien mit Klebdrüse. 6 Frucht, geschlossen und aufgesprungen. 


7, 8 Same. 3, 4, 5, 7, 8 vergr. 


Gemeiner Stechapfel. 163 


(Gemeiner Stechapfel. Datura 
Stramonium (Z£..t 


Tafel 89. Wandtafel 14. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Das Wort Datura soll indischen Ursprungs sein, von „Datiro“, nach anderen 
vom arabischen „Tatörah“ herkommen und ursprünglich verschiedene andere 
Steehapfelarten bedeuten. — Stramonium, wahrscheinlich entstellt aus strychnos 
manikös (gr.), rasend machendes Strychnos, das aber nicht die Datura gewesen zu 
sein scheint. 


Beschreibung. Einjährige Pflanze mit kahlem, aufrechtem, 
grünem, krautartigem, unten einfachem und rundem, oben gabelästig 


verzweigtem und kantigem, hohlem Stengel. — Blätter (Fig. 1) ge- 
stielt, eiförmig, ungleichbuchtig gezähnt, spitz, oben dunkelgrün, unten 
heller; Blattstiel oberseits mit einer Furche. — Blüten (Fig. 1) ein- 


zeln in den Gabeln der Äste, gestielt. — Zwitterblüten. — Kelch 
(Fig. 1) fünfkantig, fünfzähnig, meist kurzbehaart; nach dem Verblühen 
im oberen Teile abfallend, im unteren, derberen Teile bleibend (Fig. 3). 
— Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, mit weitem, offenem, ge- 
faltetem, fünfzähnigem Saume, weiß, abfallend. — Staubblätter 5, 
Staubfäden der Blumenkrone bis zur Hälfte angewachsen, oben frei, 
unten fein behaart; Staubbeutel am Grunde angeheftet, länglich, zwei- 
fächerig, gelblich, längsaufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 3 u. 4) 
eiförmig, mit kurzen, weichen Stacheln besetzt; unten vier-, oben 
zweifächerig mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, lang; 
Narbe hufeisenförmig, zweilappig. — Frucht (Fig. 5) eine eiförmige, 
vierseitige Kapsel mit dieken, spitzen Dornen besetzt, vierklappig auf- 
springend.. — Same (Fig. 6 u. 7) platt, nierenförmig, fein punktiert 
oder grubig, schwarz. Als Abart dieser wird von manchen die bläulich 
blühende Datura tatula angesehen. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Diese Giftpflanze mit unangenehm riechendem 
Laube wird von Tieren nicht angegriffen. — Die Blüten öffnen sich 
abends zwischen 7 bis 8 Uhr und verbreiten einen starken 
Duft; die weiße Farbe macht sie auch des Nachts sichtbar: Nacht- 
falterblüte. Die Bestäubung wird hauptsächlich durch Nacht- 
schwärmer vollzogen; nur diese können mit ihren langen Rüsseln 

11* 


164 Gemeiner Stechapfel. 


den Honig erreichen, der tief in der Blüte, in den Rinnen der leisten- 
förmig vorspringenden Staubfäden aufgespeichert ist. — Die Samen- 
kapseln sind mit Stacheln besetzt zum Schutze gegen An- 
griffe seitens der Tiere. Beim Eintrocknen der Kapselwände springt 
die Kapsel auf, und die Samen werden frei; sie werden teils vom 
Winde verstreut, teils aber auch, trotz ihres Giftes, von Vögeln, be- 
sonders Meisen, gefressen und verschleppt. 

Standort und Verbreitung. Ob die Pflanze den Alten bekannt 
gewesen ist, läßt sich nicht mehr nachweisen. Ihre Heimat sind wahr- 
scheinlich die Gegenden um das Schwarze Meer. Heute ist sie fast 
über die ganze Erde verbreitet. In Europa reift sie noch ihre Samen 
in Skandinavien bei 70° nördlicher Breite. Sie bevorzugt Schutthaufen, 
wüste Stellen in Gärten und an Feldern. Die Verbreitung des Stech- 
apfels schreibt man den Zigeunern zu, die Kraut und Samen der 
Pflanze zur Bereitung ihrer Hexensalben benutzten. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze sind giftig, 
besonders die Samen. Dieselben enthalten größere Mengen Hyos- 
eyamin (siehe Hyoscyamus niger), sowie etwas Atropin (siehe Atropa 
belladonna) und Skopolamin, drei sehr giftige Alkaloide, die in einer 
Gesamtmenge von 0,48 bis 3,33 Proz. in den Blättern, 0,43 Proz. ın 
den Blüten und 0,1 Proz. in der Wurzel vorkommen. Datura Stra- 
monium enthält vorwiegend Hyoscyamin. Die Giftwirkung der 
Pflanze gleicht sehr derjenigen der Tollkirsche und des Bilsenkrautes; 
jedoch ist die Wirkung eine schnellere und intensivere. — In der 
Heilkunde wurden früher benutzt: die zur Zeit der Blüte ge- 
sammelten Blätter (Folia Stramonii) und die reifen Samen (Semen 
Stramoni). 


Tafel S9. Tafel 89. 


 Stechapfel. Datura Stramonium L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten. 4 Fruchtknoten 
im Querschnitt. 5 Frucht, aufgesprungen. 6 Same, nat. Größe u. vergr. 7 Same 


im Längsschnitt. 3, 4, 5, 7 vergr. 


Virginischer Tabak. 165 


Vireinischer Tabak. Nicotiana labacum (z,). 


Tafel 90. 
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Nieotiana zu Ehren Jean Nicots, des französischen Gesandten am portu- 
giesischen Hofe, der 1560 zuerst Samen dieser Pflanze nach Paris brachte; tabacum 
von „Tabak“, womit die Eingeborenen St. Domingos die Pfeife bezeichneten, deren 
sie sich zum Rauchen der Blätter bedienten. 

Beschreibung. Einjährige, bis 2m hohe Pflanze mit ein- 
fachem, wenig verästeltem, krautigem, rundem, drüsig-behaartem Stengel. 
— Blätter zerstreut; Wurzelblätter länglich -elliptisch, in den Blatt- 
stiel verschmälert; untere Stengelblätter (Fig. 1) länglich, sitzend, oft 
etwas stengelumfassend, zugespitzt; die oberen Blätter allmählich 
kleiner werdend bis zu lanzettförmigen Deckblättchen. Alle Blätter 
drüsig-behaart, klebrig. — Blüten (Fig. 1) in endständiger, fast dolden- 
traubiger, klebrig-behaarter Rispe; Blütenstielchen rund. — Zwitter- 
blüten. — Kelch (Fig. 1) glockenförmig, bleibend, fünfspaltig; Zipfel 
zugespitzt. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) trichterförmig; Röhre lang, 
walzenförmig; Saum fünfspaltig, ausgebreitet; Lappen zugespitzt, unten 
grünlich, oben rot, außen behaart. — Staubblätter 5 (Fig. 2), vier 
längere und ein kürzeres, fast zur Hälfte der Blumenkronröhre an- 
gewachsen, oben frei; Staubfäden pfriemlich, unten behaart; Staub- 
beutel eiförmig, am Rücken befestigt, zweifächerig, längsaufspringend. 
— Fruchtknoten (Fig. 2) oberständig, eiförmig, kahl, beiderseits mit 
einer Furche, zweifächerig (Fig. 3) mit zahlreichen Samenanlagen ; 
Griffel fadenförmig, lang; Narbe kopfförmig abgeplattet, schwach- 
zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 4) eine eiförmige, vom Kelch um- 
hüllte, zweiklappige Kapsel mit vielen Samen. — Same (Fig. 5) klein, 
braun, eiförmig oder nierenförmig, an der Oberfläche fein netzgrubig; 
Embryo bogenförmig, rund, keulenförmig (Fig. 6). Die Pflanze ändert 
ab in Blättern und Blüten; besonders sind bei den in Kultur genom- 
menen Pflanzen viele Formen entstanden. 

Blütezeit: September, Oktober. 2 

Biologisches. Die Blüten sind in der Heimat der Pflanze 
an die Bestäubung durch langrüsselige Tagfalter und durch 
kleine, langschnäbelige Vögel (Kolibri und Honigvögel) angepaßt. 
— Die Staubbeutel stehen im Anfang unterhalb der Narbe, erheben 


166 Virginischer Tabak. 


sich aber im Verlaufe des Blühens mit der Streckung der Blumen- 
krone, erreichen die Narbe und bringen Eigenbestäubung zuwege, falls 
Fremdbestäubung nicht erfolgte. 

Standort und Verbreitung. Das Vaterland ist wahrscheinlich 
Südamerika. Die Pflanze war zur Zeit der Entdeckung jenes Erdteiles 
schon ein dort allgemein angebautes Gewächs, dessen Blätter in be- 
sonderen Pfeifen geraucht wurden. Romano Pane, ein Reisegefährte 
des Kolumbus, sandte 1518 zuerst Samen der Pflanze an Karl V.; heute 
ist sie in vielen Teilen der Erde eine wichtige Kulturpflanze. Als 
Zierpflanze findet sie sich häufig in Gärten. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Tabakarten sind starke Gift- 
pflanzen; weniger die frischen Pflanzenteile, als die zum Rauchen, 
Kauen, Schnupfen verwendeten getrockneten Blätter geben Veranlassung 
zu Vergiftungen. Mit Ausnahme der Samen, die kein Alkaloid ent- 
halten, findet sich in allen Teilen der Tabakpflanze das sehr giftige 
Alkaloid: Nieotin (C,,H,.N;), in reinem Zustande eine. farblose 
Flüssigkeit, die an der Luft schnell gelb und braun wird, von bren- 
nend scharfem Geschmack und tabakartigem Geruch. Diese Base 
findet sich in den Blättern von 0,6 bis 0,8 Proz. und zwar an Apfel- 
säure oder Zitronensäure gebunden; außer ihr sind in geringer Menge 
als Begleitalkaloide in den Tabaksblättern gefunden worden: das 
sleichfalls giftige, flüssige Nieoteäin (C,.H,;N,), das flüssige Nicotimin 
(C,.H,,N,;), isomer mit Nicotinin, und das feste, kristallinische Nico- 
tellin (C,,H;N;). Der Alkaloidgehalt des Tabaks ist sehr verschieden, 
je nach den Bodenverhältnissen und der Kultur der Pflanze. — Die 
Wirkung des Nicotins ist eine äußerst rasche und kommt derjenigen 
der Blausäure und des Coniins an Schnelligkeit gleich. Das Gift wirkt 
in allen Fällen, gleichviel, auf welche Weise es in den Körper ge- 
bracht wird. — In der Heilkunde werden benutzt: Die an der 
Luft getrockneten Blätter (Folia Nicotianae). 


Tafel 90. Tafel 90. 


Virginischer Tabak. Nicotiana tabacum 1. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt. 
4 Fruchtkapsel. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt. 3, 5, 6 vergr. 


Tafel 91. . Tafel 91. 


Bauern-Tabak. Nicotiana rustica L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Kelch mit Stempel. 4 Frucht- 
knoten mit Griffe. 5 Frucht im Querschnitt. 6 Frucht (Samenkapsel). 7 Same, 


nat. Größe u. vergr. 2 bis 6 vergr. 


Bauern-Tabak. 167 


Bauern-Tabak. Niecotiana rustica (Z.. 
Tafel 91. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Nieotiana siehe Nicotiana tabacum; rustica, weil als geringe Sorte von 
den Bauern (rusticus) gebraucht. 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit stielrundem, krautigem, 
verästeltem, drüsig-behaartem, bis 11/;, m hohem Stengel. — Blätter 
(Fig. 1) zerstreut, gestielt, eiförmig, stumpf, am Rande wellenförmig, 
dunkelgrün, klebrig-behaart, nach oben zu kleiner werdend. Blattstiel 
rinnig. — Blüte (Fig. 1) in dicht gedrängter, endständiger, klebriger 
Rispe. — Kelch glockenförmig, dunkelgrün, fünflappig; Lappen un- 
gleich; bleibend (Fig. 3). — Blumenkrone (Fig. 2) tellerförmig, 
mit walzenförmiger, am Schlunde aufgeblasener Röhre. Saum fünf- 
lappig, ausgebreitet, Lappen stumpf-eiförmig, gelblichgrün. — Staub- 
blätter 5 (Fig. 2), am Grunde mit der Blumenkrone verwachsen; 
Staubfäden pfriemlich, unten behaart; Staubbeutel länglich- eiförmig, 
am hücken befestigt, zweifächerig, längsaufspringend. — Frucht- 
knoten (Fig. 4 u. 5) oberständig, rund-eiförmig, seitlich etwas zu- 
sammengedrückt, beiderseits mit einer Furche, zweifächerig, mit zahl- 
reichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, lang, abfallend. Narbe 
kopfförmig, abgeplattet, zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 6) eine 
rundlich-eiförmige Kapsel, länger als der bleibende Kelch. — Same 
(Fig. 4) sehr klein, bräunlich, eiförmig, an der Oberfläche fein netz- 
grubig. 

Blütezeit: August bis Oktober. 

Biologisches siehe Nicotiana tabacum. 

Standort und Verbreitung. Stammt aus Mexiko und dem nörd- 
lichen Teile von Mittelamerika. War wahrscheinlich jene Tabakpflanze, 
mit welcher die Spanier 1492 auf Kuba zuerst bekannt wurden. Heute 
wird sie besonders in Südeuropa, Westasien und Afrika angebaut. 

Gift und dessen Wirkung siehe Nicotiana tabacum. 


168 Sehwarzes Bilsenkraut. 


Schwarzes Bilsenkraut. Hyoseyamus 
niger (Z..} 


Tafel 92. Wandtafel 15. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Hyoscyamus von hs (gr.), Schwein, und kıyjamos (gr.), Bohne = Schweins- 
bohne, Saubohne, weil, gemäß dem Berichte von Aelian, nach Ansicht der Alten, 
die Schweine das Kraut ohne Nachteil fressen können. Niger — schwarz. 

Bilsenkraut vom althochdeutschen „belisa“, mit der Wurzel, „bal“, töten, also 
todbringendes Kraut; „Belinuntia“ hieß es nach Plinius bei den Galliern; Dullkraut, 
weil sein Genuß Schwindel erzeugt; Zigeunerkorn, weil es von den Zigeunern zur 
Herstellung der Hexensalbe verwendet wurde. 

Beschreibung. Einjährige, zuweilen zweijährige Pflanze 
mit einfachem oder verästeltem, bis !/, m hohem, undeutlich fünf- 
kantigem, zottig-behaartem, hohlem Stengel und einfacher oder rüben- 
förmiger Wurzel. — Blätter (Fig. 1) zerstreut stehend, eilänglich, 
buchtig-gezähnt; die unteren gestielt; die oberen halbstengelumfassend; 
dicht mit Drüsenhaaren besetzt. — Blüten (Fig. 1) einzeln, achsel- 


ständig, fast sitzend, einseitswendig, an der Spitze des schneckenförmig - 


sebogenen Stengels eine einseitswendige Ähre bildend. — Zwitter- 
blüten. — Kelch becherförmig, fünfzähnig, drüsig-behaart, bleibend 
und später die Frucht als grüner Becher umschließend. — Blumen- 
krone (Fig. 2) unregelmäßig, trichterförmig; Röhre becherförmig, 
dunkelviolett, weich behaart; Saum gelblichviolett geadert, ungleich; 
Oberlippe kürzer, zweilappig; Unterlippe dreilappig; Lappen ab- 
gerundet. — Staubblätter 5 (Fig. 2), drei längere und zwei kürzere, 
auf der Blumenkrone stehend; Staubfäden pfriemlich, fein behaart, 
weiß; Staubbeutel länglich, violett, zweifächerig, nach innen längs- 
aufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 2).oberständig, eilänglich, kahl, 
seitlich etwas zusammengedrückt, zweifächerig, mit zahlreichen Samen- 
anlagen; Griffel fadenförmig, violett, fein behaart, oben kahl; Narbe 
kopfförmig, platt gedrückt. — Frucht (Fig. 4 u.5) eine eiförmige, 
vom Kelch umschlossene, zweifächerige, mit einem Deckel sich öffnende 
Kapsel. — Same (Fig. 6) klein, graubraun, nierenförmig, netzgrubig. 

Ändert in der Blüte ab: Hyoscyamus pallidus (Dun.), mit ein- 
farbigen, gelblichen Blüten; Hyoscyamus agrestis (Nees), einjährige 
Pflanze mit wenigen Blüten. 


Tafel 92. | Tafel 92. 


Schwarzes Bilsenkraut. Hyoscyamus niger L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht im Kelch. 4 Frucht mit 
aufgesprungenem Deckel. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Same, vergr. u. nat. Größe, 


Schwarzes Bilsenkraut. 169 


Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die Pflanze ist durch den unangenehmen Ge- 
ruch der grünen Teile und durch das Gift vor tierischen An- 
griffen geschützt. — Die violetten Striche auf dem Blüten- 
saume werden als „Saftmale“ gedeutet. — Der im Grunde der 
Blumenkronröhre abgeschiedene Honig ist durch die dichte 
Behaarung des unteren Teiles der Staubfäden gegen Raub durch 
kleine Insekten geschützt. — Staubbeutel und Narben sind zu 
gleicher Zeit reif. Platzwechsel zwischen der Narbe und den 
Staubbeuteln: In der jungen Blüte steht die Narbe in der Mitte, 
während die Staubbeutel an die Wand der Blumenkrone angelehnt 
sind; in der älteren Blüte haben dieselben ihren Platz gewechselt: 
die Staubbeutel stehen jetzt in der Mitte, und der Griffel hat sich 
der Blumenkrone zu gebogen. Die Insekten beladen sich also in der 
älteren Blüte mit Blütenstaub und übertragen denselben auf die in 
der jungen Blüte an der Eingangspforte stehende empfängnisreiche 
Narbe. Die Bestäubung wird vornehmlich durch Hummeln 
vollzogen. 

Standort und Verbreitung. Wächst mit Ausnahme der tro- 
pischen Gegenden und des äußersten Nordens auf der ganzen nörd- 
lichen Erdhälfte der Alten Welt, mehr oder weniger häufig; auf Schutt- 
‘haufen, an Hecken, Zäunen und Wegen. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze ist in allen Teilen giftig 
und äußert eine stark narkotische Wirkung, die derjenigen der Toll- 
kirsche ähnlich ist. — Die Giftwirkung wird dem in allen Teilen der 
Pflanze, besonders in den Wurzeln enthaltenen Alkaloid: Hyoseyamin 
(C,;H,;NO,) zugeschrieben, das in seinen Eigenschaften dem Atropin 
(siehe Atropa belladonna) sehr ähnlich ist und auch leicht in dieses 


übergeht. — Dioskorides und Plinius führen die Pflanze schon als 
giftig an. Im Altertum und im ganzen Mittelalter war dieselbe schon 
in der Arzneikunde im Gebrauch. — In der Heilkunde werden jetzt 


benutzt: die beblätterten Stengel im blühenden Zustande (Herba 
Hyoscyami). 


170 Bittersüß. 


Bittersüss. Solanum dulcamara (z.). 
Tafel 93. Wandtafel 16. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Solanum ein bei Plinius vorkommender Pflanzenname; vielleicht von so- 
lare, einen Sonnenstich verursachen; also verrückt machen, von der giftigen 
Wirkung der mit Solanum bezeichneten Pflanze; duleamara von duleis, süb, 
und amarus, bitter, wegen des anfangs bitteren, später süßen Geschmacks der 
Stengel; daher deutsch „Bittersüß“. — Mäuseholz, die Pflanze diente zum Vertreiben 
der Mäuse; Waldnachtschatten. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, hol- 
zigem Wurzelstock und verholzten, kletternden, niederliegenden, ver- 
zweigten, bis 1!/; m langen, kantigen Stengeln und abstehenden, in 
der Jugend grünen, kantigen Ästen (Fig. 1). — Blätter zerstreut- 
stehend, langgestielt, eiförmig, zugespitzt; die oberen pfeilförmig ganz- 
vandig, kahl oder schwach behaart, dunkelgrün. — Blüten (Fig. 1) 
in wiederholt gabelteiligen Trugdolden, deren Äste sparrig sind; 
Blütenstiel blattgegenständig oder verschoben, kurz behaart; Stielchen 
der Einzelblüten abstehend, lang, meist kurz behaart, nach oben zu 
verdickt. — Zwitterblüten. — Kelch becherförmig, fünfzähnig, kurz, 
bleibend, grün. — Blumenkrone regelmäßig, abfallend, violett, 
selten weiß; Röhre kurz; Saum fünfteilig, abstehend, später zurück- 
sebogen; Lappen eilänglich, nach der Spitze zu verschmälert; in der 
Mitte deutlich der Länge nach gefaltet, am Grunde zwei drüsige, grüne 
oder weiße Flecken tragend. — Staubblätter (Fig. 2) 5, Staubfäden 
kurz, pfriemlich; Staubbeutel lanzettförmig, am Grunde den Fäden an- 
gewachsen, mit den Rändern zu einer kegelförmigen Röhre verwachsen, 
hochgelb, zweifächerig, an der Spitze mit zwei Löchern aufspringend. 
Fruchtknoten (Fig. 2) oberständig, kegelförmig, kahl, zweifächerig, 
mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, länger als die 
Staubgefäße; Narbe kopfförmig, stumpf. — Frucht (Fig. 3, 4, 5) eine 
hängende; saftige, ovale, rote, glänzende Beere. — Same nierenförmig, 
platt, weiß. ; 

Die Pflanze ändert ab in der Behaarung und kommt, an Stengel 
und Blättern behaart vor, als var. tomentosa, oft im südlichen Teile 
ihres Verbreitungsgebietes. 

Blütezeit: Mai bis Herbst. 


Tafel 9. Tafel 93. 


Bittersüß. Solanum dulcamara L. 


1 Blühender Sproß. 2 Innerer Teil der Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtstand. 
4 Frucht im Querschnitt. 5 Frucht im Längsschnitt. 2, 4, 5 vergr. 


Bittersüb. 171 


Biologisches. In der Mitte der einen violetten Stern bil- 
denden Blumenkrone sitzt ein gelber, die Augenfälligkeit der 
Blüte erhöhender Staubbeutelkegel; er dient zugleich als An- 
flugplatz für die Insekten. Honig wird nicht abgesondert, 
ebenso ist die Menge des Blütenstaubes gering; infolgedessen ist der 
Insektenbesuch spärlich, und Eigenbestäubung häufig. Der pulver- 
förmige Blütenstaub, zu dessen Schutz die Blüte seitwärts gestellt 
oder nach unten gerichtet ist, wird aus zwei Öffnungen an der 
Spitze der Staubbeutel entlassen. — Die Beeren werden von 
Vögeln verzehrt und so die Samen verbreitet. 

Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Stellen in 
Gebüschen, an Bach- und Flußufern, durch die nördliche Hälfte der 
Alten Welt. In Europa von den Ländern des Mittelmeeres bis fast 
zum Polarkreis. In Nordamerika eingeschleppt und ziemlich verbreitet. 

Gift und dessen Wirkung. Über Solanin, welches in der Pflanze 
vorkommt, siehe Solanum nigrum. In den Blättern und jungen Trieben 
des Bittersüß wurde neben Solanin auch freies Solanidin reichlich 
gefunden; in den Früchten ist das Solanin in 0,3 bis 0,7 Proz. enthalten. 
In den Stengeln der Pflanze wurde ein noch nicht näher erforschtes 


Glykosid: das Duleamarin nachgewiesen. — Vergiftungen sollen vor- 
gekommen sein durch Genuß der schönen, roten Beeren; von anderen 
wird diesen aber die Giftigkeit abgesprochen. — In der Heilkunde 


wurden früher benutzt: die nach dem Abfallen der Blätter, im 
Herbst, gesammelten zwei- bis dreijährigen Sprosse (Stipites 
Dulcamarae). 


172 Sehwarzer Nachtschatten. 


Schwarzer Nachtschatten. Solanum 
nIETUM (7.). 
Tafel 94. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Solanum siehe Solanum dulcamara; nigrum = schwarzer, wegen der 
Farbe der reifen Beeren. 
Nachtschatten, im Mittelalter „Nachtschade* — schwarzer Schade —= Feind, 


Widersacher, wegen der Giftigkeit dieser Pflanze. 

Solanum melanocerasum (Willd.). 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit vielfach sparrig - ver- 
ästeltem, krautigem, 30 bis 50 cm hohem, kahlem oder wenig be- 
haartem, kantigem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) gestielt, 
eiförmig, ganzrandig oder buchtig-gezähnt, am Grunde in den Blatt- 
stiel verschmälert, dunkelgrün. — Blüten (Fig. 1) in Doldentrauben 
an kurzen, blattgegenständigen oder seitenständigen Stielen. — 
Zwitterblüten. — Kelch fünfspaltig, bleibend (Fig. 3 u. 5). — 
Blumenkrone regelmäßig (Fig. 2), mit kurzer Röhre; Saum aus- 
gebreitet, fünfspaltig, abfallend, weiß; Zipfel länglich -eiförmig, zu- 
gespitzt. — Staubblätter 5 (Fig. 4), frei; Staubfäden kurz, dick; 
Staubbeutel aufrechtstehend, kegelförmig zusammengeneigt, breit, zwei- 
fächerig, an der Spitze nach oben mit zwei Löchern aufspringend, gelb. 
— Fruchtknoten oberständig, eiförmig; Griffel säulenförmig mit 
stumpfer Narbe. — Frucht (Fig. 1 u. 5) eine kugelige, fleischige, 
schwarze, vielsamige Beere. — Same (Fig. 6) platt, eiförmig. 

Die Pflanze ändert ab in der Form der Blätter und in der Farbe 
der Früchte; außer schwarzfrüchtigen kommen gelb-, grün- und rot- 
früchtige (var. miniatum) Formen vor. 

Blütezeit: Juli bis Spätherbst. 

Biologisches. Honiglose Blüte, die im Bau derjenigen von 
Solanum dulcamara ähnlich ist. Insektenbesuch nicht häufig. 

Standort und Verbreitung. Auf bebautem und unbebautem 
Lande, in Gärten, an Wegen; in ganz Europa, Asien und Amerika, 
mit Ausnahme der eigentlichen Tropen und der Gegenden des höchsten 
Nordens; allgemein verbreitetes Unkraut. 

Gift und dessen Wirkung. In einer Reihe von Nachtschatten- 
arten, der Gattung Solanum angehörend (Solanum dulcamara, nıgrum, 


Tafel 4. | Tafel 9. 


Schwarzer Nachtschatten. Sol/anum nigrum L. 


1 Sproß mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staub- 
blatt. 5 Frucht, längs durchschnitten. 6 Same, nat. Gr. 4 vergr. 


Schwarzer Nachtschatten. 173 


tuberosum und anderen) finden sich giftige Basen mit Glykosid- 
charakter. Die bekannteste ist das seiftige Alkaloid: Solanin 
(C,H,; NO,,). Dieses ist durch verdünnte Mineralsäure spaltbar in 
Zucker und das gleichfalls siftige Solanidin. — Das Solanin kri- 
stallisiert in weißen, bitter schmeckenden Nadeln, die in Wasser und 
kaltem Alkohol wenig löslich sind. — Die physiologische Wirkung der 
beiden genannten Alkaloide ist der des Saponins ähnlich. Das Solanin 
gehört zu den scharf narkotischen Giften, das lähmend auf das Rücken- 
mark einwirkt; den Tod führt es durch Lähmung der Respirations- 
muskeln herbei. Der Beginn der Vergiftung zeigt sich an durch Schwindel, 
Verlust der Sprache, Krämpfe, Bewußtlosiskeit; Pupillenerweiterung 
tritt nicht auf. Selten führt die Vergiftung zum Tode, da der Solanin- 
gehalt aller Pflanzenteile kein sehr hoher ist. — Giftig sind von So- 
lanum nigrum die Beeren, besonders diejenigen der rotfrüchtigen 
Abart (var. miniatum); von anderen wird die Giftigkeit und das Vor- 
handensein von Solanin in den Beeren bestritten. Vielleicht sind auch 
die äußeren Verhältnisse, unter denen die Pflanze aufwächst (Standort, 
Bodenverhältnisse u. dgl.), von Einfluß auf die Bildung des Giftes. In 
geringer Menge wurde außerdem eine dem Atropin nahestehende Pu- 
pillen erweiternde Base in der Pflanze gefunden. 


174 Kartoffel. 


Kartoffel. Solanum tuberosum (z.. 
Tafel 9. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Solanum siehe Solanum duleamara ; tuberosum, knollentragend. 

Kartoffel, eine Verstümmelung des italienischen Namens „Tartuffoli“ — Erd- 
apfel. 

Beschreibung. Pflanze mit einjährigem, knolligem Wurzel- 
stocke (Fig. 1), aus dem lange, unterirdische Ausläufer hervorwachsen, 
die sich stellenweise zu knospentragenden Knollen verdicken. — 
Stengel aufrecht oder niederliegend, verästelt, krautartig, kantig, mit 
schmalen Seitenleisten, bis 1m lang. — Blätter (Fig. 1) unpaarig- 
sefiedert; Blättchen ganzrandig, am Grunde ungleich-herzförmig; unter- 
seits zottig- behaart; oberseits unbehaart. — Blüten (Fig. 1 u. 2) in 
langgestielten Trugdolden, end- und seitenständig; Blütenstiele in der 
Mitte gegliedert. — Zwitterblüten. — Kelch einblätterig, mit fünf 
kurzen, elliptischen Zipfeln. — Blumenkrone (Fig. 2) regelmäßig, 
radförmig, einblätterig, mit fünf durch seichte Einbuchtung des Randes 
wenig deutlichen Lappen; Saum gefaltet, weiß, bläulich oder rötlich. — 
Staubblätter (Fig.3 u. 4) 5, der Blumenkrone am Grunde aufsitzend; 
Staubfäden breit; Staubbeutel frei, aufrecht, nach der Mitte zu einem 
Kegel zusammengeneigt, zylindrisch, zweifächerig, orangefarbig, an der 
Spitze mit zwei Löchern aufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 3 u. 5) 
zweifächerig, oval; Griffel keulenförmig, weiß; Narbe kopfförmig, grün. 
— Frucht (Fig. 6) eine kugelrunde, gelbgrüne, fleischige, vielsamige 
Beere. — Same (Fig. 3) klein, nierenförmig, platt. 

Die Pflanze hat unzählige in der Tracht, der Form der Blätter, 
Farbe der Blüten, Gestalt und Farbe der Knollen sich unterscheidende 
Abarten gebildet. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Zur Blütezeit stellen sich die Blütenstiele fast 
wagerecht und die Blumenkronen breiten sich zu senkrechtstehenden 
Flächen aus. Die fünf kegelförmig zusammenstehenden, gelben Staub- 
eefäße umschließen den Griffel, während die Narbe über sie hinausragt 
und sich mehr oder weniger abwärts richtet. — Farbenkontrast des 
selben Staubbeutelkegels gegen die violetten Blumenblätter 


Kartoffel. 173 


zur Verstärkung des Schauapparates. — Honiglose Blüte mit 
spärlichem Insektenbesuch, in der daher Eigenbestäubung 
häufig eintreten muß. — Die Blütenblätter falten sich abends 
zusammen und werden durch Krümmen der Blütenstiele nickend, 
zum Schutze des Blütenstaubes gegen Nässe. 

Standort und Verbreitung. Angebaut in fast allen Teilen der 
Erde, in denen das Klima dieses zuläßt. Die jetzt in unzähligen 
Formen kultivierte, botanisch als Solanum tuberosum bezeichnete 
Pflanze, entstammt nicht einer einzigen der wildwachsenden knollen- 
tragenden Nachtschattengewächse Amerikas, sondern ist ein Erzeugnis 
vielhundertjähriger Kultur, zu dessen Entstehung vielleicht auch Ver- 
mischung mehrerer Solanumarten beigetragen hat. Als Ursprungsarten 
sieht man an: die in Chile, Peru, Olivia und nördlich bis Zentral- 
amerika vorkommende Solanum Maglia (Schlecht) und die in Ura- 
zuay bis nach Brasilien wachsende Solanum Commersoni (Dunal). 
(Geschichtlich ist erwiesen, daß der, schon vor Entdeckung Amerikas, 
wenn auch als wenig wichtige Kulturpflanze dort angebaute knollen- 
tragende Nachtschatten auf zwei Wegen nach Europa gelangte: 1. aus 
dem südlichen Teile Nordamerikas nach England gegen 1580 und 
2. nach Südeuropa durch die Spanier vor 1586. Im Jahre 1588 wurde 
die Pflanze durch den Botaniker Clusius nach Deutschland gebracht. 
Dieser Franzose hatte sie von einem päpstlichen Gesandten unter dem 
für die Pflanze in Italien gebräuchlichen Namen „Taratoufli* erhalten. 
Hiervon leitet sich der deutsche Name Kartoffel ab. 

Gift und dessen Wirkung. Über Solanin siehe Solanum nigrum. 
Es findet sich bei der Kartoffel in allen Teilen der Pflanze, und zwar 
besonders reichlich in der Nähe der Vegetationspunkte in jungen 
Blättern, Blüten und in den grünen Beeren sowie in den Knollen. — 
Im Hochsommer enthält das frische Kraut 0,0925 Proz. des Alkaloids. 
im Spätsommer nur 0,0374 Proz. und noch weniger. In den Knollen 
findet sich das Solanin in den inneren Schichten der Rinde, und be- 
trägt der Durschnittsgehalt 0,0124 Proz.; er ist aber nach den Sorten 
wechselnd; die rotschaligen sollen etwas mehr Solanin enthalten als 
die gelbschaligen Sorten. Weiterhin soll die Feuchtigkeit des Bodens 
großen Einfluß auf den Solaningehalt der Kartoffelknolle ausüben; 
feuchter Boden soll einen höheren Solaningehalt der Knollen ver- 
ursachen als trockener; bei Stickstoffdüngung soll er ferner höher sein 
als bei Kalidüngung. Im Stärkeparenchym wurden 0,002 Proz. ge- 
funden. In frischen Frühjahrstrieben der Kartoffel wurde bis 1,5 Proz. 
Solanin gefunden; auch die Knollen selbst, welche junge Triebe tragen, 
sind reicher an giftigen Alkaloiden, als zur Zeit, wo sie noch nicht 
austreiben. In sehr geringer Menge ist in der Pflanze ein dem Atropin 
nahestehendes, die Pupille erweiterndes Alkaloid nachgewiesen worden. 


2 


176 Kartoffel. 


— Besonders hoch ist der Solaningehalt in den Knollen, die längere 
Zeit dem Lichte ausgesetzt gewesen. und dadurch grün geworden sind; 
hier steigt derselbe um das Dreifache, und es findet sich die stärkste 
Zunahme nicht in der Schale selbst, sondern in den unmittelbar unter 
dieser liegenden, blattgrünhaltigen Geweben. Ungesund ist nach dem 
oben Gesagten der Genuß von gekeimten und von grünschaligen Kar- 
toffeln. — Über die physiologische Wirkung des Solanins siehe bei 
Solanum nigrum. 


Tafel 95. Tafel 95. 


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Kartoffel. So/anum tuberosum 1. 


l Knollen. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht- 
knoten mit Griffel. 6 Frucht. 7 Same, vergr. u. nat. Größe. 3, 4, 5 vergr. 


+ 


Tollkirsche. 17 


| 


Tollkirsche. Atropa belladonna (z.).; 
Tafel %. Wandtafel 17. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Atropa von dtropos (gr.), unabwendbar, Name derjenigen der drei Parzen. 
die den Lebensfaden abschneidet, wegen der großen Giftigkeit der Pflanze; Bella 
donna (schöne Frau) von dem Botaniker Tournefort genannt, weil die Italiene- 
rinnen sich mit dem Safte der Beeren schminkten. 

Tollkirsche, Tollkraut, Schwindelkirsche, Schlafkirsche, wegen ihrer schwindel- 
erregenden Wirkung; Teufelskirsche; Waldnachtschatten. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fleischigem, braunem, 
verästeltem Wurzelstocke und aufrechten, bis 1!1/, m hohen, etwas 
kantigen, weichhaarigen, oben verästelten, grünen, oft rötlichbraunen 
Stengeln. — Blätter (Fig.1) am Hauptstengel zerstreut stehend, ge- 
stielt, groß; an den Ästen paarweise nebeneinander stehend, mit unter 
sich an Größe ungleichen Paaren; oval oder eiförmig, zugespitzt, ganz- 
randig, oberseits dunkelgrün, kahl; unterseits heller, am Blattstiel und 
an den Nerven drüsig behaart. — Blüten (Fig. 1) einzeln, gestielt, 
hängend, blattwinkelständig; Stiel drüsig behaart. — Zwitterblüten. 
— Kelch fünfspaltig, Lappen eiförmig, zugespitzt, drüsig behaart, grün, 
bleibend. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) glockenförmig, außen drüsis 
behaart, abfallend; Saum fünflappig; Lappen abgerundet, zurückgerollt; 
unten grünlichgelb, oben braunviolett. — Staubblätter 5 (Fig. 2), 
am Grunde der Blumenkrone eingefügt; Staubfäden pfriemlich, weiß, 
unten zottig behaart, oben kahl, gekrümmt; Staubbeutel oval, am 
Rücken angeheftet, zweifächerig, blaßgelb, längsaufspringend. — 
Fruchtknoten (Fig.2) auf einer ringförmigen Scheibe, eiförmig, seit- 
lich kaum merklich zusammengedrückt, zweifächerig, kahl, mit vielen 
Samenanlagen; Griffel fadenförmig, unten violett, oben grün; Narbe 
zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 3 u. 4) eine vom grünen Kelche 
gestützte, plattkugelige, glänzend schwarze, zweifächerige, saftige Beere, 
in der die Samen in violettem Safte eingebettet sind. — Same (Fig. 5) 
nierenförmig bis eiförmig, mit harter, körnig-warziger Schale; Embryo 
stielrund; Samenlappen hakenförmig gebogen (Fig. 6). 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches. Während das Laub für die größeren Weide- 
tiere als Gift wirkt, bildet es für ein kleines Käferchen (Haltica 

Esser, Giftpflanzen 12 


178 Tollkirsche. 


atropae) das hauptsächlichste Nahrungsmittel. — Zwecks Ausnutzung 
der ganzen zu Gebote stehenden Lichtmenge sind an dieser, 
im Waldschatten lebenden Pflanze, die Blätter an den Zweigen so 
verteilt, daß die größeren der Außenseite, die kleineren dem 
Stengel der Pflanze zugekehrt sind, und zwar so, daß sie den 
Raum zwischen den größeren Blättern und dem Stengel ausfüllen. — 
Die Blüte, in der Knospe nach oben gerichtet, kommt vor dem 
Öffnen durch Krümmung des Stieles in eine gestürzte Lage, zum 
Schutze des Blütenstaubes gegen Nässe. — Am Grunde der 
Staubblätter stehen vor der Nektarhöhle Haarbüschel als Schutzwehr 
(Saftdecke) gegen unberufene, d.h. keine Bestäubung bewirkende Gäste, 
z. B. kleine Insekten. — Platzwechsel der Staubbeutel und 
Narben zur Begünstigung der Kreuzbestäubung: in der jungen 
Blüte sind die Staubbeutel der Wand angelehnt, die Narbe nimmt die 
Mitte der Blüte ein; nach einigen Tagen ist der Griffel, falls er noch 
nicht abgefallen ist, an Stelle der Staubbeutel getreten, und diese 
stehen in der Mitte der Eingangspforte der Blüte. Keimung der Blüten- 
staubkörner und Eindringen der Keimschläuche in den Griffel vollziehen 
sich sehr rasch; gleich darauf welkt die Narbe, und der Griffel fällt 
ab. — Die großen, schwarzblauen Beeren werden trotz ihres 
Giftgehaltes von Amseln und Drosseln verzehrt und dadurch die 
Samen verbreitet. 

Standort und Verbreitung. In Bergwäldern, besonders auf 
Kalkboden, zuweilen recht häufig; in ganz Süd- und Mitteleuropa und 
Westasien. 

Gift und dessen Wirkung. Die Tollkirsche ist eine der gefähr- 
lichsten Giftpflanzen, da das Gift auch in den schönen, großen, appetit- 
lichen Beeren enthalten ist, die von Kindern und auch von Erwachsenen 
bei Unkenntnis ihrer Giftigkeit gesammelt und genossen werden 
können, was um so leichter vorkommt, als die Beeren süßlich 
schmecken. — Die Pflanze enthält in allen Teilen das sehr giftige 
Alkaloid: Atropin (C,,H,NO,), das, rein dargestellt, nadelförmige 
Kristalle bildet, die sehr bitter schmecken. Dieses Alkaloid steht sehr 
nahe dem Hyoseyamin und läßt sich in dieses überführen, wie auch 
andererseits Hyoscyamin leicht in Atropin übergeht. In der Tat hat 
man in der Tollkirschpflanze in gewissen Teilen oder in gewissen Ent- 
wickelungszuständen nicht Atropin, sondern Hyoscyamin gefunden, und 
man faßt diese beiden Basen nebst dem Skopolamin (C,H, N0,) 
und einiger in geringer Menge vorkommenden (Hyosein, Atropamin, 
Belladonnin) als Basen der Atropingruppe zusammen. — Der Gehalt 
an Gesamtalkaloiden ist bei Atropa Belladonna am größten in der 
Wurzel (0,4 bis 1 Proz.); dieselbe enthält jedoch in frischem Zustande 
nur Hyoseyamin, kein Atropin. Blätter und Früchte enthalten weniger 


Tafel 96. Tafel 96. 


 Tollkirsche. Atropa belladonna L. 


1 Sproß mit Blüten und Frucht. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht im Längs- 
schnitt. 4 Frucht im Querschnitt. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt. 2 u. 6 vergr. 
5 nat. Größe u. vergr. 


Tollkirsche. 179 


Alkaloide, auch sind kultivierte Pflanzen alkaloidärmer (0,26 Proz.) als 
wildwachsende (0,4 Proz... In frischem Zustande scheint die Pflanze 
fast nur Hyoscyamin zu enthalten; jedoch widersprechen sich die An- 
gaben, was möglicherweise einer Nichtbeachtung der leichten Über- 
führbarkeit des Hyoscyamins in Atropin zuzuschreiben ist; wahrschein- 
lich bildet sich das Atropin der Hauptmasse nach überhaupt erst bei 
seiner Herstellung in den abgestorbenen Pflanzenzellen aus dem Hyos- 
cyamin. Genuß der Pflanzenteile wirkt stark narkotisch, besonders auf 
das Gehirn; es stellen sich Betäubung und Delirien ein; eigentümlich 
ist ferner die durch das Atropin bewirkte Starrheit der Pupille und 
die Erweiterung derselben. — In der Heilkunde werden benutzt: 
die von wildwachsenden Pflanzen zur Zeit der Blüte gesam- 
melten Blätter (Folia Belladonnae) und früher auch die in der 
Ruhezeit der Pflanze gesammelten Wurzeln (Radix Belladonnae). 


180 Gemeiner Boeksdorn. 


(remeiner Bocksdorn. Lyeium halimi- 
folium (am.). 


Tafel 97. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Lyeium, Lykion (gr.) (Ableitung unbekannt), nannten die Alten den in 
Kleinasien einheimischen Strauch Rhamnus infeetoria; der Name Lycium wurde 
später von Linne auf die vorliegende, mit der genannten gar nieht verwandten 
Pflanzengattung übertragen; halimifolium — mit Blättern, denen des Halimoden- 
dron ähnlich. 

Lyeium megistocarpum (D. C.); Lyeium barbarum (Ait.); Lycium europaeum 
(Lam.). 

Beschreibung. Bis 2m hoher Strauch, mit grauen, aufrecht- 
stehenden, mehr oder weniger bedornten Stengeln und schwach über- 
hängenden Ästen und Zweigen (Fig. 1). — Blätter (Fig. 2) kurz- 
gestielt, Spreite allmählich in den Stiel verschmälert, lanzettförmig 
oder elliptisch - lanzettlich, glatt, oben hellgrün, unten graugrün. — 
Blüten (Fig. 1) einzeln oder zu drei bis vier in den Blattachseln, ge- 
stielt. — Zwitterblüten. — Kelch glockig, dreizähnig, kahl. — 
Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, im Schlunde behaart; Saum 
ausgebreitet, mit fünf eiförmigen, zurückgeschlagenen, hellvioletten 
Zipfeln. — Staubblätter 5 (Fig.2), der Mitte der Blumenkrone auf- 
sitzend; Staubfäden unten mit einem Haarkranze (Fig. 3); Staubbeutel 
eiförmig, längsaufspringend. — Fruchtknoten oberständig, zweifächerig 
(Fig. 5), oval; Griffel (Fig. 4) fadenförmig; Narbe knopfförmig, schwach 
zweilappig. — Frucht (Fig. 6) eine eilängliche, etwas ungleichseitige, 
zweifächerige, orangefarbige oder korallenrote Beere. Same nieren- 
förmig (Fig. 7). 

Blütezeit: Mai bis Oktober. 

Biologisches. Der Strauch hält sich mit seinen langen, gerten- 
förmigen Sprossen in und auf den Zweigen anderer Sträucher fest, 
wobei die Stacheln das Festhalten erleichtern: Spreizklimmer. — 
Der Honig wird vom Fruchtknoten abgesondert und im Grunde 
der Blumenkronröhre abgelagert; die letztere ist am oberen, trichter- 
förmig erweiterten Ende durch die wolligen, um jeden Staubfaden in 
F’orm eines Ringes stehenden Haarkränze abgeschlossen, und dadurch ist 
das Innere gegen das Eindringen des Regens geschützt. — Die Blüten 


Tafel 97. Tafel 97. 


Gemeiner Bocksdorn. Lyeium halimifolium (Mill.). 


1 Zweig mit Blüten und Früchten. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Frucht- 
knoten. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht im Längsschnitt. 7 Same. 


2 bis 7 vergr. 


(remeiner Bocksdorn. 181 


sind erstweiblich (proterogyn); die Narbe steht zunächst über den 
Staubbeuteln; diese werden durch nachträgliches Wachstum der Staub- 
fäden in die Höhe gerückt. 

Standort und Verbreitung. Dieser Strauch stammt aus China 
und kommt in Kleinasien, Nordafrika, Süd- und Mitteleuropa ver- 
wildert vor. Bei uns in Anlagen vielfach angepflanzt. 

Gift und dessen Wirkung. In der Pflanze ist ein zur Gruppe 
der giftigen Atropin- bzw. Hyoscyaminbasen gehörendes, chemisch 
noch nicht näher untersuchtes, pupillenerweiterndes Alkaloid, aller- 
dings nur in geringer Menge vorkommend, nachgewiesen worden. Die 
seit langem bestehende Giftverdächtigkeit der Pflanze wird dadurch 
bestätigt. 


182 Judenkirschartige Giftbeere. 


Judenkirschartige Giftbeere. Nicandra 
physaloides (Gaerm.). 


Tafel 98. 


Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae. 


Nieandra nach dem Arzte Nicander (um 160 v. Chr.) aus Kolophon; 
physaloides — der Physalis (Judenkirsche) ähnlich. 

Physalis peruviana (Mill.). 

Beschreibung. Einjährige Pflanze mit aufrechtem, viel ver- 
zweigtem, bis 1,30 m hohem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) ab- 
wechselnd, eilänglich, mit gebuchtetem Rande, kahl, in den Stiel ver- 
schmälert. — Blüten (Fig. 1) einzeln, gestielt, achselständig oder meist 
außerhalb der Blattwinkel stehend, überhängend. — Zwitterblüten. 
— Keleh (Fig. 1) fünfteilig, fünfkantig, aufgeblasen, mit pfeilförmigen 
Zipfeln, kahl. — Blumenkrone (Fig. 2) glockenförmig, mit gefaltetem 
Rande, schwach fünflappig, violett. — Staubblätter 5 (Fig. 2); 
Staubfäden am Grunde verbreitert, pfriemlich; Staubbeutel eiförmig, 
längsaufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 2) fünffächerig, mit vielen 
Samenanlagen; Griffel fadenförmig; Narbe kopfförmig, — Frucht 
(Fig. 3 u. 4) eine saftlose, drei- bis vierfächerige, vom blasenförmigen 
Kelche eingeschlossene, braune, vielsamige Beere. — Same nieren- 
förmig, platt, braun. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Die Staubblätter bilden im Grunde der Blüte 
einen Hohlkegel, der den darunter liegenden Honig schützend 
überdeckt. Die Blüte, bei der Entfaltung aufwärts oder seitwärts 
gewendet, wird nach der Bestäubung nach abwärts geneigt, 
und die reifende Frucht wird von dem bleibenden Kelche umschlossen 
und geschützt. 

Standort und Verbreitung. Stammt aus Peru; wird in Gärten 
als Zierpflanze gezogen und findet sich vielfach verwildert. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze, wurde früher als giftig 
oder doch als giftverdächtig angegeben; einige hielten sie jedoch nicht 
für giftig. Neuerdings ist durch mikrochemischen Nachweis ein den 
Hyoscyamin- oder Atropinbasen nahestehendes, chemisch noch 
nicht näher untersuchtes Alkaloid in der Pflanze aufgefunden worden. 


Tafel 98. Tafel 98. 


Judenkirschartige Giftbeere. Nicandra physaloides Gaertn. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht. 4 Frucht im Querschnitt. 
2 vergr. 


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Roter Fingerhut. 183 


Roter Fingerhut. Digitalis purpurea (Z..+ 
Tafel 99. Wandtafel 18. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 


Digitalis von Digitale — Fingerhut, wegen der Form der Blumenkrone; 
purpureus — rot, wegen der purpurroten Blüte. 

Waldglöckehen, Waldschelle. 

Beschreibung. Pflanze mit zweijährigem Wurzelstocke. — 
Stengel einjährig, krautig, aufrecht, bis 2m hoch, einfach, selten später 
verästelt, undeutlich fünfkantig, weich behaart. — Blätter: Wurzel- 
blätter langgestielt (Fig. 1); Stengelblätter zerstreutstehend, länglich, 
gekerbt, runzelig, behaart, in den dreikantigen Blattstiel verschmälert, 
nach oben hin bis zu Deckblättern kleiner werdend.. — Blüten 
(Fig. 2) in endständiger, einseitswendiger Traube mit großen, hängenden 
Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 2 u. 5) tief fünfteilig; Zipfel eiförmig, 
weich behaart, bleibend. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 3) unterständig, 
unregelmäßig glockenförmig, mit schiefem, lippenförmigem, gewimpertem 
Saume; Oberlippe kurz, mit zurückgeschlagenen Zipfeln. Unterlippe 
dreilappig, Mittellappen groß, innen lang behaart, purpurrot, zuweilen 
weiß, im Schlunde weiß, mit kleinen roten Tüpfeln. — Staubblätter 4 
(Fig. 2 u. 4), ungleichgroß, am Rande der Blumenkrone eingefügt; 
die beiden längeren Staubfäden gerade, die beiden kürzeren knie- 
förmig gegeneinander gebogen, platt, weiß. Staubbeutel groß, länglich, 
zweifächerig, paarweise genähert, gelb mit roten Punkten; Fächer an 
der Spitze zusammenhängend, mit gemeinsamer Spalte sich öffnend. — 
Fruchtknoten (Fig.5) schief-kegelförmig, drüsig behaart, zweifächerig, 
mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel lang, fadenförmig, kahl; Narbe 
spitz, zweispaltig. — Frucht (Fig. 6) eine kegelförmige, seitlich etwas 
zusammengedrückte Kapsel; beiderseits mit vertiefter Naht; reif, zwei- 
klappig aufspringend. — Same (Fig. 7) sehr klein, rotbraun, vier- 
kantig, mit netzgrubiger Oberfläche. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Die Blätter bilden im ersten Jahre eine 
grundständige Rosette; sie beschatten im Umkreise der Wurzel 
den Boden und verhindern dadurch ein schnelles Austrocknen des- 
selben. Das auf die Blätter auffallende Regenwasser wird 


184 Roter Fingerhut. 


durch die Stellung derselben der Pfahlwurzel zugeführt. — 
Die filzige Behaarung der Blätter bildet einen Schutz gegen 
zu starke Ausdünstung des Wassers. — Der weithin sichtbare 
Blütenstand bildet eine einseitige Ähre; die einzelnen Blüten 
richten sich nach der Seite hin, von der das meiste Licht 
kommt, und woher deshalb die meisten Insekten zu erwarten sind. — 
Der Honig wird von einem ringförmigen Wulste des Frucht- 
knotens abgeschieden. — Die Blüte ist dem Besuche von 
Hummeln und größeren Bienen angepaßt, welche auch häufig 
in ihr übernachten. Beim Heranfliegen lassen sich die Besucher auf 
der etwas vorstehenden Unterlippe nieder, halten sich an den dort 
befindlichen aufrecht stehenden Borsten, die ungebetenen kleineren 
Gästen den Zutritt verwehren, fest, und kriechen dann ganz in die 
Blüte hinein. Die Blüte ist erstmännlich (proterandrisch); die 
Insekten finden also anfangs nur die im oberen Teile der Blüte 
befindlichen Staubbeutel reif und bedecken sich auf dem Rücken mit 
Blütenstaub; erst in älteren Blüten sind auch die Narben der Griffel 
auseinander gespreizt und belegungsfähig. — Bei ausbleibendem 
Insektenbesuch erfolgt Eigenbestäubung dadurch, daß Blüten- 
staub auf die herabgebogene Narbe herabrieselt, oder daß gegen Ende 
der Blütezeit die Blumenkrone sich ablöst, mit den Staubbeuteln über 
die Narbe hinweg gleitet und dabei den Blütenstaub auf die letztere 
überträgt. — Die Blüte, in der Knospe aufwärts gerichtet, kommt 
durch Krümmung des Blütenstieles kurz vor dem Öffnen in 
eine gestürzte Lage, in der sie so lange verharrt, als der Blüten- 
staub des Schutzes gegen Regen bedarf; nach dem Abblühen streckt 
sich der Blütenstiel wieder. Infolge dieser Stellung der reifen Samen- 
kapsel kann der Wind die zahlreichen kleinen Samen weithin ver- 
streuen, die im anderen Falle einfach gleich neben der Mutterpflanze 
zur Erde fallen würden. 

Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden Westeuropas; 
in Deutschland östlich bis zum Harz, in einzelnen Gebieten, so am 
Rhein, in den Vogesen, im Schwarzwald in großer Menge; fehlt im 
Jura, in den Alpen und in den österreichischen Gebirgen. In Gärten 
häufig als Zierpflanze. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Digitalisarten, be- 
sonders Blätter und Samen, sind giftig. Vergiftungen sind viele be- 
kannt, meist vorübergehende, seltener tödliche, durch Verwechselung 
mit anderen Kräutern, durch Mißbrauch als Hausmittel gegen Wasser- 
sucht, Herzklopfen u. dgl. und durch zu starke Gaben in der Heil- 
kunde. — In den genannten Teilen der Pflanze sind eine Reihe nahe 
verwandter, giftiger Glykoside und Bitterstoffe gemischt vor- 
handen: 1. das Digitalin (C,,H-,O,,), rein dargestellt ein weißes, 


Tafel 99. ” Tafel 99. 


Roter Fingerhut. Digitalis purpurea L. 


1 Grundblätter. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 
5 Fruchtknoten im Längsschnitt. 6 Frucht. 7 Same, nat. Größe und vergr. 


4, 5 vergr. 


Roter Fingerhut. 185 


amorphes, in Wasser und Alkohol schwer lösliches Pulver; 2. das 
Digitonin (C,-H,,O,;), kristallisierbar, in Wasser leicht löslich; 3. das 
‘ Digitalein, nur in geringer Menge in der Pflanze vorhanden; 4. das 
Digitoxin (C;,H,,0,,); 5. das Digitophyllin (C.,H-,O,,), ein kristalli- 
sierbares Glykosid der Digitalisblätter. Der Gehalt an den genannten 
giftigen Glykosiden ist sehr vom Standorte der Pflanze abhängig; 
wildwachsende Pflanzen sind wesentlich glykosidreicher, also giftiger, 
als die in Gärten kultivierten. Die genannten Glykoside wirken in 
charakteristischer Weise lähmend auf die Herzmuskeln. — In der 
Heilkunde werden benutzt: die von wildwachsenden Pflanzen 
zur Blütezeit gesammelten Blätter (Folia Disgitalis). 


156 Gelber Fingerhut. 


Gelber Fingerhut. Digitalis lutea (Z.. 
Tafel 100. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 
Digitalis siehe Digitalis purpurea; luteus — gelb. 
Digitalis parvifl. (All.). 
Beschreibung. Zweijährige oder ausdauernde Pflanze mit 


l m hohem, aufrechtem, kahlem Stengel. — Blätter (Fig. 1) länglich; 
die oberen lanzettförmig; spitz gezähnt; Wurzelblätter gestielt; Stengel- 


blätter sitzend, stengelumfassend. — Blüten (Fig. 1 u. 2) in end- 
ständigen, einseitswendigen Trauben. — Zwitterblüten. — Kelch 
fünfblätterig, mit lanzettlichen Zipfeln, bleibend. — Blumenkrone 


gelb, röhrenförmig, oben wenig bauchig erweitert, mit ungleichmäßigem, 
vierzipfeligem Saume; der obere Zipfel breit, zweispaltig; der untere 
und die beiden seitlichen gleich, spitz, dreieckig. — Staubbeutel 4, 
am Grunde der Blumenkronröhre angewachsen; Staubfäden weiß, 
fadenförmig, so lang wie die Blumenkronröhre; Staubbeutel zusammen- 


geneigt, zweifächerig, längsaufspringend, braungelb. — Fruchtknoten 
eiförmig, zweifächerig; Griffel fadenförmig; Narbe spitz. — Frucht 
eine braune, zweiteilige, aufspringende, vielsamige Kapsel. — Same 


klein, gelbbraun. 

Blütezeit: Juni bis August. 

Biologisches siehe Digitalis purpurea. 

Standort und Verbreitung. In den Gebirgen von Mittel- und 
Südeuropa. In Deutschland im Nahe-, Mosel- und Saargebiete, in den 
Vogesen, im Schwarzwald und in der Pfalz. 

Gift und dessen Wirkung siehe Digitalis purpurea. 


Tafel 100. Tafel 100. 


Gelber Fingerhut. Digitalis /utea L. 


1 Teile der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 


r 


a Pe 


Tafel 101. Tafel 101. 


Blaßgelber Fingerhut. Digitalis ambigua Murray. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte mit aufgeklappter Blumenkrone. 3 Staubblatt. 
4 Fruchtknoten mit Griffel im Längsschnitt. 2, 3, 4 vergr. 


Blaßgelber Fingerhut. 187 


Blassgelber Fingerhut. Digitalis 
ambigua (Murrey). 


Tafel 101. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 


Digitalis siehe Digitalis purpurea; ambiguus — schwankend, weil man 
die Pflanze für einen Bastard hält. 

Digitalis grandiflora (All.); Digitalis ochroleuca (Jacq.). 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit plattem oder drüsig 
behaartem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) eiförmig oder länglich- 
lanzettlich; unterseits netzadrig; Wurzelblätter gestielt; Stengelblätter 
stengelumfassend, gesägt, in der Blütenspindel zu einfachen, lanzett- 
lichen Deckblättchen werdend. — Blüten in endständiger, einseits- 
wendiger Traube; Spindel filzig behaart. — Zwitterblüten. — Kelch 
fünfblätterig, mit lanzettförmigen, spitzen Zipfeln, behaart, bleibend. 
— Blumenkrone (Fig. 2) ungleichmäßig, glockig, mit nach oben 
bauchig erweiterter Röhre; Rand mit vier ungleichen dreieckigen 
Zipfeln, von denen der obere breiter und ausgerandet ist; gelblich, im 
Verblühen gelbrot, innen netzförmig rot geadert; außen drüsig behaart. 
— Staubblätter 4 (Fig. 2 u. 3) am Grunde mit der Blumenkrone 
verwachsen; Staubfäden fadenförmig, die beiden längeren am Grunde 
gebogen; Staubbeutel gelb, eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend. 
— Fruchtknoten (Fig. 2 u. 4) eiförmig, seitlich zusammengedrückt, 
beiderseits mit deutlicher Naht, grün, glatt, zweifächerig; Griffel faden- 


förmig; Narbe spitz. — Frucht eine längliche, seitlich zusammen- 
gedrückte, vom Kelche gestützte, zweifächerige Kapsel. — Same klein, 
elliptisch. 


Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches siehe Digitalis purpurea. 

Standort und Verbreitung. In trockenen Bergwäldern Mittel- 
europas von Frankreich bis zum Ural zerstreut vorkommend. 

Gift und dessen Wirkung siehe Digitalis purpurea. 


188 Wald-Läusekraut. 


Wald-Läusekraut. Pedieularis silvatica (z.. 
Tafel 102. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 


Pedieularis von pediculus, Laus; silvatica = im Walde wachsend. 


Beschreibung. Zwei- oder mehrjährige Pflanze (Fig. 1) mit 
kahlen, vom Grunde aus verästelten, niederliegenden, beblätterten 
Stengeln. — Blätter (Fig. 1) abwechselnd gefiedert; Fieder breit ein- 
geschnitten, gezähnt, hellgrün. — Blüten (Fig. 2 u. 3) in endständigen, 
aufrechten Ähren. — Zwitterblüten. — Kelch weit, bauchig, mit 
fünf Zähnen; Zähne oben blattartig, bleibend. — Blumenkrone zwei- 
lippig; Röhre zylinderförmig, am Schlunde erweitert; Oberlippe helm- 
artig, seitlich zusammengedrückt, mit kurzem, abgestutztem, beiderseits 
einen Zahn tragendem Schnabel; Unterlippe ‘ausgebreitet, dreizipfelig; 
Zipfel rundlich, rot. — Staubblätter 4 (Fig. 3 u. 4), zwei längere 
und zwei kürzere, am Grunde mit der Blumenkronröhre verwachsen; 
Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel am Rücken angeheftet, 
eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend, gelb. — Fruchtknoten 
(Fig. 3) eiförmig, zweifächerig, mit vielen Samenanlagen; Griffel faden- 
förmig; Narbe undeutlich kopfförmig. — Frucht (Fig. 5 u. 6) eine 
vom Kelche umschlossene, halbkugelige, zweifächerige, zusammen- 
sedrückte, aufspringende Kapsel. — Same (Fig. 6 u. 7) eiförmig, 
kantig, mit grubiger Nabelwarze. 

Blütezeit: Mai bis Juli. 


Biologisches. Die Läusekrautarten sind sogenannte Halb- 
schmarotzer, d.h. Pflanzen, denen man die schmarotzende Ernährungs- 
weise nicht ansieht; sie tragen große, grüne Blätter, bedürfen aber 
zur vollständigen Entwickelung fremder Pflanzen, an deren 
Wurzeln sie sich mit Hilfe scheibenförmiger Saugorgane 
(Haustorien) festsaugen, und aus denen sie Nährstoffe ent- 
nehmen. Die Läusekrautarten schmarotzen auf Gräsern, an deren 
Wurzeln sie sich mit kleinen Saugwurzeln festsetzen. — Die Unter- 
lippe dient den Insekten als Anflugplatz; die Oberlippe wölbt sich 
als schützendes Dach über die Staubbeutel. — Der Honig wird 
von einem einseitigen Wulst am Grunde des Fruchtknotens 


Tafel 102 Tafel 102. 


. Wald-Läusekraut. Pedicularis silvatica L. 


1 Blühende Pflanze. 2 Blüte mit Stützblatt. 3 Blüte im ‚Längsschnitt. 4 Staub- 
blatt. 5 Frucht. 6 Frucht im Querschnitt. 7 Aufgeschnittene Samenkapsel. 
8 Same. 2 bis 5 vergr., 8 nat. Größe u. vergr. 


Wald-Läusekraut. - 189 


abgeschieden. — Im Bau ihrer Blüten sind diese Pflanzen an die 
Bestäubung durch Hummeln und Bienen angepaßt. 


Standort und Verbreitung. In moorigen Wiesen und an feuchten 
Waldstellen; in Westeuropa, in der Schweiz und in Böhmen. 


Gift und dessen Wirkung. Stengel und Blätter von Pedicularis 
silvatica und Pedicularis palustris riechen und schmecken unangenehm 
scharf; sie werden vom Weidevieh verschmäht und allgemein als giftig 
betrachtet. Früher dienten die Teile der Pflanze als Volksheilmittel 
zur Vertreibung von Läusen. In der Pflanze wurde ein, auch in den 
Rhinanthus- und Melampyrumarten vorkommendes Glykosid: Rhi- 
nanthin, gefunden, dessen chemische Zusammensetzung und physio- 
logische Wirkung jedoch noch unbekannt sind. 


190 Sumpf-Läusekraut. 


Sumpf-Läusekraut. Pedicularis palustris (z.). 
Tafel 103. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 


Pedieularis siehe Pedieularis silvatica; palustris — im Sumpfe wachsend. 


Beschreibung. Zwei- oder mehrjährige Pflanze, mit auf- 
rechtem, verästeltem, kahlem, kantigem Stengel (Fig. 1). — Blätter 
unregelmäßig gefiedert oder doppelt gefiedert; Fiederchen länglich, 
eingeschnitten-gezähnt, hellgrün. — Blüten (Fig. 1) einzeln in den 
Achseln der Blätter; die oberen ährenförmig zusammengedrängt. — 
Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 2) bleibend, bauchig-aufgeblasen, mit 
zweilappigem Rande; Lappen eingeschnitten, gezähnt und gekräuselt. 
— Blumenkrone (Fig. 2) zweilippig; Röhre - weit, zylindrisch, auf- 
rechtstehend; Oberlippe helmartig, seitlich zusammengedrückt, vorn 
undeutlich abgestumpft, mit zwei seitlichen Zähnen; Unterlippe ab- 
stehend, dreilappig; Lappen gleich, rundlich, rot. — Staubblätter 4 
(Fig. 2), zwei längere und zwei kürzere, am Grunde mit der Blumen- 
kronenröhre verwachsen; Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel 


am Rücken eingefügt, zweifächerig, längsaufspringend.. — Frucht- 
knoten (Fig. 2) eiförmig, zweifächerig, mit vielen Samenanlagen; 
Griffel fadenförmig; Narbe kopfförmig. — Frucht (Fig. 3) eine vom 


Kelche umgebene, halbkugelige, zweifächerige, aufspringende Kapsel. 
— Same (Fig. 4) eiförmig, kantig, netzgrubig, mit Nabelwarze. 

Blütezeit: Mai bis Juli. 

Biologisches siehe Pedicularis silvatica. 

Standort und Verbreitung. In Europa und Nordasien auf 
Moorboden und sumpfigen Wiesen. 

Gift und dessen Wirkung siehe Pedicularis silvatica. 


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Tafel 105. Tafel 103. 


Sumpf-Läusekraut. Pedieularis palustris L. 


1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt, vergr. 3 Frucht, aufgesprungen. 
4 Same, vergr. u. nat. Größe. 


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Gottesgnadenkraut. 191 


Gottesgnadenkraut. Gratiola officinalis (zZ, 
Tafel 104. 


Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae. 


Gratiola, Verkleinerungsform von gratia —= Gnade; Gnadenkraut, weil man 
die Pflanze, der früher ganz besondere Heilwirkungen zugeschrieben wurden, für 
eine besondere Grabe göttlicher Gnade hielt. 

Giehtkraut, Purgierkraut. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, weißen 
oder bräunlichem, ästigem Wurzelstocke und aufrechten, verästelten, 
unten runden, oben vierkantigen, bis !/; m hohen Stengeln (Fig. 1). — 
Blätter (Fig. 1) gegenständig, sitzend, halbstengelumfassend, lanzett- 
förmig; in der oberen Hälfte gesägt, kahl; die unteren fünfnervig, 
die oberen schmäler und dreinervig. — Blüten (Fig. 1 u. 3) einzeln, 
achselständig, langgestielt. — Zwitterblüten. — Kelch von zwei 
kleinen Deckblättern gestützt, fünfteilig; Zipfel gleich, schmal, spitz, 
bleibend. — Blumenkrone (Fig. 3) trichterförmig, undeutlich zwei- 
lippig; Röhre bräunlich, stumpfkantig; im Schlunde unter der Ober- 
lippe mit gelben Haaren besetzt; Saum undeutlich zweilippig; Ober- 
lippe zweilappig, zurückgebogen; Unterlippe dreilappig; Lappen 
abgerundet. — Staubblätter 4 (Fig. 3), zwei längere und zwei 
kürzere, im Grunde mit der Blumenkronröhre verwachsen; nur die 
beiden oberen fruchtbar, die beiden unteren unfruchtbar; Staubfäden 
kurz, kahl; Staubbeutel weiß, zweifächerig; Fächer querliegend (Fig. 4). 
— Fruchtknoten (Fig. 5 u. 7) eilänglich, zweifächerig, mit vielen 
Samenanlagen; Griffel (Fig. 6) lang, oben gekrümmt; Narbe zweilappieg. 
— Frucht (Fig.7) eine eiförmige, zweifächerige, vom Kelche gestützte, 
zweiklappig aufspringende Kapsel. — Same sehr klein, an der Ober- 
tläche netzartig. 

Blütezeit: Juli bis August. 


Standort und Verbreitung. In sumpfigen Wiesen von Mittel- 
und Südeuropa, in Mittelasien und im südlichen Nordamerika. 

Gift und dessen Wirkung. Kraut und besonders die sehr bitter 
schmeckende Wurzel wirken stark purgierend und führten, als Volks- 
mittel angewandt, schon häufig Vergiftungen herbei. — Aus den ge- 


192 Gottesgnadenkraut. 


nannten Teilen wurden verschiedene einander nahestehende giftige 
(lykoside dargestellt: 1. das @ratiolin (C,;H,,0,,), ein Doppel- 
slykosid, welches zunächst in Zucker und Gratioligenin (C;, H,;,0,,) 
zerfällt; das letztere liefert im weiteren Zerfall Glukose und Gratio- 
genin (C,,H,,0,); neuerdings wird außerdem noch ein weiteres Gly- 
kosid: Gratiolinin, als darin vorkommend angegeben. Welchem von 
den genannten Stoffen vorwiegend die Giftwirkung zuzuschreiben ist, 
bleibt noch festzustellen. Auch die getrocknete Pflanze wirkt giftig. 


Tafel 104. Tafel 104. 


Gottesgnadenkraut. Gratiola offieinelis L. 


1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht- 
knoten im Längsschnitt. 6 Narbe. 7 Fruchtknoten im Querschnitt. 8 Frucht. 
3 bis 8 vergr. 


Zwerg-Hollunder. 193 


Zwerg-Hollunder. Sambucus Ebulus (z.). 
Tafel 105. 


Fam.: Geilsblattgewächse. Caprifoliaceae. 


Sambucus von sdmbyx (gr.), eine rote Farbe oder eine Pflanze mit rotem 
Safte. Die Griechen nannten die Sambueusarten Aktaia (gr.) [von dgnymi (gr.), 
breehen] oder akte (gr.), von diesem der deutsche Name Attich. — Ebulus (Ab- 
leitung unbekannt) ist die Bezeichnung der Römer für diese Pflanze. 

Hollunder, Holler von „Holla tar“ — Baum der Holla. Der Hollunder war 
der von unseren altheidnischen Vorfahren der allverehrten Göttin Holla geweihte 


Baum. 
Ebulum humile (Garke). 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit dickem, 
kriechendem, oft tief im Boden liegendem Wurzelstocke und 1 bis 
2 m hohem, aufrechtem, rundem, stark gefurchtem und mit Warzen 
besetztem, krautigem Stengel. — |Blätter (Fig. 1) gegenständig, un- 
paarig gefiedert, mit sieben bis neun Fiederblättern; Blattstiel kahl 
oder kurz behaart, gefurcht; Fiederblätter kurzgestielt, eirund-lanzett- 
lich, scharf gesägt, oben kahl, unten kurz behaart; Nebenblätter am 
Grunde des Blattstieles eirundlich, spitz, gesägt. — Blüten (Fig. 1) 
in endständigen, dichten Doldentrauben; Blütenstiele kurz behaart, 
zuweilen rot angelaufen. — Zwitterblüten, stark duftend. — Kelch 
(Fig. 3), einblätterig, zu einer den Fruchtknoten umschließenden Röhre 
verwachsen, mit fünf kurzen Zipfeln. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 3) 
regelmäßig, fünfblätterig, unten zu feiner |kurzen Röhre verwachsen, 
abfallend; Zipfel eirund, zurückgeschlagen, weiß oder rötlich. — 
Staubblätter 5 (Fig. 2 u. 3), der Blumenkrone aufsitzend; Staub- 
fäden pfriemlich, weiß; Staubbeutel eiförmig, zweifächerig, längs- 
aufspringend, anfangs rötlich, später braunrot. — Fruchtknoten 
(Fig. 3) eirund, stumpf, mit dem Kelche verwachsen, einfächerig, mit 
drei Samenanlagen; die drei sitzenden Narben stumpf. — Frucht 
(Fig.4 u. 5) eine einfächerige, drei-, zuweilen viersamige, runde, glän- 
zend schwarze Beere. — Same (Fig. 6) eiförmig, fast dreieckig; Innen- 
seite flach; Rückenseite gewölbt. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Häufung |der kleinen Einzelblüten zur Er- 


richtung eines weithin sichtbaren Schauapparates. Die Blüte 
Esser, Giftpflanzen. 13 


194 Zwerg-Hollunder. 


hat Vanillenduft, ist aber honiglos. Der Kreis der die Blüte be- 
suchenden Insekten ist sehr klein. — Verbreitung der Samen 
durch Vögel, welche die schwarze Beere gern verzehren. 

Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, an feuchten 
Stellen in Gehölzen, an Waldrändern, zuweilen (wegen der tiefliegenden 
Wurzelstöcke) ein lästiges Unkraut auf Äckern. 

Gift und dessen Wirkung. Die Blätter des Attichs riechen un- 
angenehm und wirken wie die Beeren brechenerregend und stark pur- 
gierend. Bei der Verwendung der Pflanze als Volksmittel zu genannten 
Zwecken kamen verschiedentlich Vergiftungen mit tödlichem Ausgange 
vor. Welchen Stoffen der Pflanze die Giftwirkung zukommt, ist un- 
bekannt. 


Tafel 105. 


Tafel 105. 


Sambucus Ebulus L. 


Holunder. 


Zwerg- 


2 Blüte. 


5 Frucht im Querschnitt. 


3 Blüte mit abgestoßener Krone. 


1 Sproß mit Blüten und Früchten. 


2 bis 6 vergr. 


6 Same. 


4 Frucht. 


Schneeball. 195 


Schneeball. Viburnum Opulus (z.,. 
Tafel 106. 


Fam.: Geilsblattgewächse. Caprifoliaceae. 


Viburnum, Ableitung unbekannt, vielleicht von viere — flechten. Opulus, 
Name des Ahorns bei den Römern, die ihn wegen der Ähnlichkeit der Blätter 
auf den vorliegenden Strauch en 

En lobatum (Lam.). — Schlinge. 

Beschreibung. Ein sparrig, oft baumartig wachsender, 4 bis 5m 
hoher Strauch. — Blätter rundlich bis eirund, mit pfriemlichen 
Nebenblättern, dreilappig; die unteren Lappen oft geteilt, spitz, am 
Grunde abgerundet oder keilförmig, zuweilen herzförmig, entfernt- und 
unregelmäßig-gezähnt, am Grunde ganzrandig, oberseits kahl, hellgrün, 
unterseits blaugrün und kurzbehaart. — Blüten (Fig.1) in lockeren, 
flach ausgebreiteten Scheindolden; die inneren Blüten zwitterig, die 
Randblüten unfruchtbar; Blumenkrone der letzteren etwa 2 cm im 
Durchmesser, leuchtend weiß, flach ausgebreitet, aus fünf verkehrt- 


eiförmigen, abgerundeten Zipfeln gebildet. — Kelch der Zwitter- 
blüte klein, fünfzähnig, bleibend (Fig. 3). — Blumenkrone 
(Fig. 2) regelmäßig, fünflappig, zu einer kurzen, trichterförmigen Röhre 
verwachsen; Saum radförmig, weiß. — Staubblätter 5 (Fig. 2), 


am Grunde der Blumenkrone eingefügt, hervorragend; Staubfäden 
pfriemlich; Staubbeutel eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend, gelb. 
— Fruchtknoten (Fig. 2) mit dem Kelche verwachsen, grün, drei- 
fächerig, mit je einer Samenanlage; Griffel sehr kurz, drei sitzende 


Narben. — Frucht (Fig. 4) eine runde oder eiförmige, fleischige, 
durch Fehlschlagen von zwei Samenanlagen nur einsamige, rote Beere, 
die auf dem Scheitel die Kelchblätter trägt. — Same (Fig. 5 u. 6) 


herzförmig, flach. 
Der Strauch kommt als beliebte Zierpflanze: Viburnum Opulus 


roseum oder Viburnum Opulus flor. plen. vor, mit völlig unfruchtbaren 
Blüten, die, eine kugelige Scheindolde bildend, wie die Randblüten der 
Hauptform eine große, flache Blumenkrone und völlig verkümmerte 
Staub- und Fruchtblätter besitzen. 
Blütezeit: Mai, Juni; die Beeren reifen im September. 
Biologisches. Auf den Blattstielen stehen polsterförmige 
(extranuptiale) Nektarien, die oft rötlich gefärbt sind. Die Be- 


13* 


196 Schneeball. 


deutung dieser Gebilde soll darin liegen, daß sie eine Besiedelung 
des Baumes mit Ameisen begünstigen und dadurch seine Blätter und 
Blüten gegen den Fraß anderer Tiere (Insekten, Raupen) schützen. 
— Arbeitsteilung im Blütenstande: die Randblüten haben auf 
Kosten der Geschlechtsorgane ihre Blumenkrone vergrößert, machen 
den Blütenstand auffallend und sichern den Insektenbesuch; die 
inneren Blüten mit unbedeutender Blumenkrone besitzen Staubbeutel 
und Stempel. Narbe und Staubbeutel sind gleichzeitig ent- 
wickelt, doch ragen letztere über die Blumenkrone hervor, während 
die ersteren dicht auf dem Fruchtknoten aufsitzen. Bei dem schnellen 
Überschreiten der Blütenstände berühren die Insekten mit Rüssel und 
Beinen Staubbeutel und Narben der verschiedenen Blüten und bringen 
Fremdbestäubung zuwege. Der freiliegende Honig bildet eine 
flache Schicht, deren Ausbeute nur für kurzrüsselige Insekten 
(Fliegen usw.) lohnend ist. Einige in Gärten kultivierte Abarten (so- 
genannte gefülltblühende Schneeballsträucher) besitzen Blütenstände, 
deren sämtliche Blüten taub, also zu sogenannten Randblüten ge- 
worden sind. 

Standort und Verbreitung. In Wäldern, an etwas feuchten 
Stellen in Gebüschen, an Flußufern und Bächen; durch ganz Europa, 
in Mittelasien und in Sibirien. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein als gift- 
verdächtig angegeben. Die Beeren wirken brechenerregend; selbst die 
Vögel verzehren sie nur ungern. Über die Inhaltsstoffe derselben ist 
nichts Näheres bekannt. — Aus der Rinde der Pflanze wurde ein nicht 
näher untersuchter Bitterstoff: das Viburnin, gewonnen. 


Tafel 106. Tafel 106. 


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Scehneeball. Viburnum opulus L. 


I Blühender Zweig. 2 Teil der Blütendolde. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Frucht- 
zweig. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt 2 bis 6 vergr. 


Rotbeerige Zaunrübe. 197 


Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioica (Jacg.). 


Tafel 107. Wandtafel 19. 


Fam.: Kürbisgewächse. Cucurbitaceae. 


Bryonia, Dbryonia (gr.) [von brjo (gr.), wachsen, klettern], griechischer 
Name für kletternde Pflanzen; dioica — zweihäusig. 

Zaunrübe wegen der rübenförmigen Wurzelstöcke und ihres Standortes. 

Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmigem, 
fleischigem, gelblichem, übelriechendem Wurzelstocke, und mittels spi- 
ralig-gewundenen Ranken hoch kletterndem, verästeltem, eckigem, 
federkieldickem, einjährigem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) 
gestielt, herzförmig - handförmig, fünflappig; Endlappen größer als die 
anderen; Rand gebuchtet, beiderseits mit kurzen, steifen Haaren be- 
setzt; oberseits dunkler igrün. — Blüten (Fig. 1) in Doldentrauben 
neben den Blattachseln stehend, zweihäusig. — Staubblüten und 
Fruchtblüten gleich groß. — Kelch (Fig. 2 u. 4) fünfblätterig; Kelch 
der Fruchtblüte halb so lang wie die Blumenkrone; Kelchzähne zurück- 
gekrümmt. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 4) glockenförmig; Saum aus- 
gebreitet, fünfzipfelig; Zipfel eiförmig, weißlich, mit grünen Nerven. — 
Staubblätter 5 (Fig. 2 u. 5); dreibrüderig verwachsen; Staubfäden 
kurz, weiß, am Grunde behaart, der Blumenkrone eingefügt; Staub- 


‚beutel gelb, hin und her gewunden. — Fruchtknoten (Fig.4 u. 5) 
der Fruchtblüten unterständig, kugelrund, dreifächerig; Griffel 3 
(Fig. 6), grün, auswärts gebogen, mit je zwei Narben. — Frucht 
(Fig. 7 u. 8) eine runde, fleischige, rote, wenigsamige Beere. — Same 


(Fig. 9) länglich-rund, etwas zusammengedrückt, grau. 

Kommt auch mit gelben Früchten vor: Bryonia dioica var. lutea. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches. Die Pflanze hält sich mit korkzieherartig 
gewundenen, einfachen und ungeteilten Ranken fest; diese krümmen 
sich sichtbar bei eintretender Berührung, eine Erscheinung, die durch 
das Vorhandensein besonders ausgebildeter Fühlzellen erklärt wird. — 
Ein giftiger Stoff, der sich besonders in der rübenförmigen Wurzel 
findet, dient der Pflanze als Schutz. — Die Blüten sind zwei- 
häusig. Der Blütenstaub klebt zusammen; die Bestäubung kann also 
nur durch Insekten erfolgen. Die Staubblüten, die zuerst von den 


1985 Rotbeerige Zaunrübe. 


Insekten besucht werden, sind größer und augenfälliger; die Frucht- 
blüten sind etwas kleiner, von grünlicher Farbe, fast ohne Geruch und 
unter dem Laube halb verborgen; dennoch werden sie von den Insekten 
wahrgenommen, und von einer Erdbiene (Andrena florea) besonders 
bevorzugt. — Die Beeren werden von Vögeln gefressen und 
damit die Samen verschleppt. 

Standort und Verbreitung. In Zäunen und Gebüschen, an Fluß- 
ufern, durch ganz Deutschland; im Westen und Süden häufiger als im 
Osten. 

Gift und dessen Wirkung. Giftig sind die ekelhaft riechenden 
und stark bitter schmeckenden Wurzelstöcke der Bryonia dioica und 
der Bryonia alba, die als Volksmittel als Abführmittel gebraucht werden. 
Sie wirken scharf reizend auf den Darmkanal und ihr Genuß kann 
Unterleibsentzündungen, starkes Erbrechen, Krämpfe erzeugen, die mit 
dem Tode enden können. Der wirksame Bestandteil ist das giftige 
Glykosid: Bryonin (C,,H;; O,,); außer diesem soll noch ein zweites 
Glykosid: Bryonidin darin vorkommen. — Auch die Beeren werden 
allgemein als mindestens giftverdächtig bezeichnet. — In der Heil- 
kunde wurden früher benutzt: die Wurzelstöcke (Radix Bryoniae). 


Tafel 107. Tafel 107. 


Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioica L. 


I Blühender Sproß. 2 Staubblüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblüte. 
5 Fruchtblüte im Längsschnitt. 6 Griffel. 7 Zweig mit Früchten. 8 Frucht im 
Längsschnitt. 9 Samen. 2 bis 6 u. 8 vergr., 9 nat. Größe u. vergr. 


Tafel 108. Tafel 108. 


Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba L. 


1 Sproß mit Staubblüten. 2 Sproß mit Fruchtblüten. 3 Staubblüte. 4 Staub- 
blüte im Längsschnitt. 5 Staubblatt. 6 Fruchtblüte 7 Fruchtknoten im Quer- 
schnitt. 8 Früchte.- 9 und 10 Same. 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10 vergr. 


Schwarzbeerige Zaunrübe. 199 


Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba (z.,. 
Tafel 108. 


Fam.: Kürbisgewächse. Cucurbitaceae. 


Bryonia siehe Bryonia dioica; alba, wegen der im Vergleich zur vorigen 
mehr weiß gefärbten Blüte. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmigem, 
fleischigem, weißlichgelbem, wulstig geringeltem, übelriechendem Wurzel- 
stocke, und einem, mittels einfachen Ranken kletterndem, federkiel- 
dickem, rauh behaartem, einjährigem Stengel (Fig. 2). — Blätter 
(Fig. 2) gestielt, am Grunde herzförmig, fünflappig, spitz; oberseits 
grün, mit kurzen, steifen Härchen besetzt; unterseits blasser, schwach 
glänzend, mit deutlich hervortretenden Nerven. — Blüten (Fig. 1) 
in Doldentrauben neben den Blattachseln stehend. Einhäusig; die 
unteren Blüten Staubblüten, die oberen Fruchtblüten; die letzteren 
kleiner als die ersteren. — Kelch der Staubblüten (Fig. 4) kürzer, 
derjenige der Fruchtblüten (Fig. 6) so lang wie die Blumenkrone; 
fünfblätterig; Zipfel zurückgebogen. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 6) 
glockenförmig; Saum ausgebreitet, fünfzipfelig; Zipfel eiförmig, weiß- 
grün mit grünen Nerven. — Staubblätter 5 (Fig. 4 u. 5), drei- 
brüderig verwachsen, halb so lang wie die Blumenkrone; Staubfäden 
kurz, kahl; Staubbeutel gelb, hin und her gewunden (Fig. 5). — 
Fruchtknoten (Fig. 6 u. 7) unterständig, kugelförmig, dreifächerig ; 
Griffel 3, grün, mit je zwei lanzettlichen, nach außen und abwärts ge- 
richteten Narben. — Frucht (Fig. 8) eine runde, fleischige, schwarze, 
wenigsamige Beere. — Same (Fig. 9 u. 10) eiförmig, etwas zusammen- 
gedrückt und gerandet. 

Blütezeit: Juni, Juli. 

Biologisches siehe Bryonia dioica. Die Blüten sind ein- 
häusig. Zuerst werden an dem Triebe die Staubblüten angelegt, 
die also im unteren Teile des Triebes erscheinen; später im oberen 
Teile die Fruchtblüten. 

Standort und Verbreitung. An Zäunen und in Gebüschen, be- 
sonders an Fluß- und Bachrändern, durch ganz Deutschland; im Osten 
und Norden häufiger als im Westen, wo sie manchmal z. B. im ganzen 
Rheingebiete, fehlt. Häufig in Thüringen, Bayern, Sachsen. 

Gift und dessen Wirkung siehe Bryonia dioica! 


200 Wasser-Lobelie. 


Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna (z.). 
Tafel 109. 


Fam.: Lobeliengewächse. Lobeliaceae. 


Lobelia, nach dem Fotbotaniker Jakobs I. von England, Lobelius oder. 


Matthias L’Obel, geb. 1538, gest. 1616 in London. Dortmanna nach Dortmann, 
einem Gröninger Apotheker. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit kleinem, 
aus fadendünnen, weißen Wurzelfasern gebildetem Wurzelstocke. — 
Blätter am Wurzelstocke gedrängt stehend, linealisch, stumpf, Milch- 
saft führend, innen mit zwei Höhlungen, unter dem Wasserspiegel 
wachsend. — Blüten (Fig.1) ın wenig blütiger Traube an der Spitze 
eines über das Wasser emporragenden, mit einem kleinen Deckblättchen 
besetzten, milchsaftführenden Schaftes. — Zwitterblüten. — Kelch 
(Fig. 1 u. 6) oberständig, glockig, mit fünf kleinen Zipfeln, grün. — 
Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, unregelmäßig, zweilippig. Ober- 
lippe aus zwei schmalen, auswärts gebogenen, Unterlippe aus drei 
eirunden, stumpfen Zipfeln gebildet; die Kronenröhre zylindrisch, an 
der oberen Seite tief aufgeschlitzt, weiß oder blau. — Staubblätter 5 
(Fig. 3); Staubfäden weiß, unten frei, oben zu einer Röhre verwachsen; 
Staubbeutel verwachsen, violett, an der Spitze mit weißen Haaren be- 
setzt. — Fruchtknoten (Fig. 6) mit dem Kelch verwachsen, zylin- 
drisch, violett, unter den Narben behaart. Narbe zweilappig, beim 
Aufblühen geschlossen und in der Griffelröhre verborgen. — Frucht 
(Fig. 6) eine aufspringende Kapsel. — Samen zahlreich, sehr klein. 

Blütezeit: Juli, August. 

Biologisches. Übertragung des Blütenstaubes: In dem Hohl- 
zylinder, der von den Staubbeuteln gebildet wird, sammelt sich der 
von den Staubbeuteln nach innen entlassene Blütenstaub. Der Griffel 
reicht zunächst mit den beiden geschlossenen, aneinanderliegenden 
Narbenlappen bis an den Eingang des Staubbeutelzylinders; allmählich 
wächst er durch denselben hindurch und fegt dabei mit einem dicht 
unter der Narbe stehenden Haarkranze den Blütenstaub aus dem 
Hohlzylinder heraus. Insekten, welche die Blüte jetzt besuchen, be- 
decken sich mit Blütenstaub. Ist die Narbe ganz aus der vorderen 
Öffnung herausgetreten, so breiten sich die Narbenlappen aus, und 


Tafel 109. Tafel 109. 


Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna L. 


1 Pflanze. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Narbe in der Staubbeutelröhre. 5 Narbe 
geschlossen. 6 Narbe geöffnet im Längsschnitt. 7 Junge Frucht. 3 bis 7 vergr. 


Wasser-Lobelie. 201 


es bietet sich nun den Insekten die belegungsfähige Narbe zur Be- 
rührung dar. 

Standort und Verbreitung. In Moorsümpfen und moorigen 
Seen, in Nord- und Ostdeutschland zerstreut vorkommend. 

Gift und dessen Wirkung. Alle Lobeliaarten, außer der vor- 
liegenden, auch die häufig als Zierpflanzen angebaute Lobelia syphilitica, 
Lobelia fulgens, Lobelia splendens, Lobelia cardinalis sind Giftpflanzen; 
sie besitzen in allen Teilen einen scharfen Milchsaft. — Das Kraut der 
Pflanze erregt heftiges Erbrechen und wirkt außerdem narkotisch. — 
Als wirksamer Bestandteil wurde das Alkaloid Lobelin (C,,;H,; N O,) 
erkannt. 


202 Gift-Lattich. 


Gift-Lattich. Lactuca virosa (Z,).+ 
Tafel 110. Wandtafel 20. 


Fam.: Korbblütler. Compositae. 


Lactuca, vielleicht von Lactiduca = Milchführerin (wegen des Saftes) ab- 
zuleiten; virosa giftig. 

Lattich verstümmelt aus Lactuca. 

Beschreibung. Pflanze mit zweijähriger Wurzel; bildet im 
ersten Jahre eine Blattrosette; im zweiten Jahre einen einjährigen, 
aufrechten, 1 bis 1!/;, m hohen, runden, hohlen, unten einfachen, oben 
rispig-verzweigten Stengel. — Blätter (Fig. 1) zerstreut, sitzend, 
stengelumfassend, mit pfeilförmigem Grunde, umgekehrt-eiförmig, ganz- 
randig, wagerecht abstehend, an der Mittelrippe unterseits mit steifen 
Borsten besetzt; in den Verästelungen in lanzettförmige Deckblätter 
übergehend. — Blütenkörbehen in einer Rispe an der Spitze [des 
Stengels (Fig. 1), Körbchen strahlenförmig (Fig. 2); Blütenboden flach, 
kahl; Hüllkelch kahl, walzenförmig; Deckblätter dachziegelförmig, nach 


innen länger und schmäler werdend. — Blüten (Fig. 2 u. 3) sämtlich 
zungenförmige Zwitterblüten. — Kelch eine haarförmige, silber- 
weiße Haarkrone von der Länge der Blumenkronröhre — Blumen- 
kronblätter zungenförmig, gelb. — Staubblätter 5 (Fig. 3), aus 


der Blüte hervorragend; Staubfäden frei; Staubbeutel schmal, zwei- 
fächerig, zu einer Röhre verwachsen, nach innen längsaufspringend, 
am Grunde in einen geteilten Fortsatz endigend.. — Fruchtknoten 
unterständig, länglich-oval, einfächerig, mit einer Samenanlage; Griffel 
fadenförmig, behaart; Narben 2, zurückgekrümmt, außen behaart. — 
Früchte (Fig. 4) umschlossen von dem Hüllkelche, langgeschnäbelt, 
mit der Haarkrone an der Spitze, seitlich zusammengedrückt, mit 
fünf Längsriefen, breit berandet, in einen langen, an der Spitze kahlen 
Schnabel auslaufend, schwarz. 

Blütezeit: August, September. 

Biologisches. Häufung der kleinen Einzelblüten zur Ge- 
nossenschaft in einem Blütenkörbchen, zwecks Vergrößerung 
der Augenfälligkeit. — Der Honig ist in der engen, kurzen 
Blumenkronröhre eingeschlossen und füllt dieselbe bis oben an, 
wodurch er auch kurzrüsseligen Insekten zugängig wird. — Der Kelch 


Tafel 110. 


Tafel 110. 


Gift-Lattich. Lactuca virosa L. 


4 Einzelne Blüte. 


3 Blütenköpfehen im Längsschnitt. 


1, 2 Blühender Sproß. 


3, 4, 5 vergr. 


5 Frucht. 


Gift-Lattich. 203 


der Blüte, zu einer weißen Haarkrone umgebildet, dient als 
Flugapparat und Fallschirm zur Erleichterung der Ausbrei- 
tung der Samen durch den Wind. — Gegen unberufene, den 
Stengel hinauf kriechende Insekten schützen sich der Gift- und der 
wilde Lattich in eigentümlicher Weise. Die Deckblätter der Blüten- 
körbchen, die Blütenstiele und die oberen kleinen Laubblättchen führen 
in den Zellen der Oberhaut einen weißen Milchsaft, der bei der ge- 
ringsten Verletzung der äußeren Zellwand mit Gewalt hervorquillt. 
Kleine Insekten, z. B. Ameisen, die, beim Ersteigen der Stengel in die 
Blütenregion gelangend, mit den Krallen ihrer Füße jene von Milch- 
saft strotzenden Zellen ritzen, werden sofort von dem weißen, klebrigen 
Safte bedeckt. Ein Entrinnen ist für die Tiere meist nicht möglich, 
da der Saft an der Luft schnell zu einer zähen, später braun werdenden 
Masse erhärtet. Leichen von Ameisen, Aphisarten und anderen kleinen 
Insekten findet man oft massenhaft an den Blütenständen festgekittet. 

Standort und Verbreitung. An trockenen, sonnigen, felsigen 
Orten, auf hellen Waldplätzen, durch West- und Südeuropa; im Westen 
Deutschlands häufig. Wurde früher an manchen Orten (z. B. bei 
Zell an der Mosel) zur Gewinnung des Saftes kultiviert. 

Gift und dessen Wirkung. Die Lactucaarten sind leicht nar- 
kotisch wirkende Pflanzen, in ihrer Wirkung dem Bilsenkraut in etwas 
ähnlich. Sie besitzen einen äußerst bitter schmeckenden, eigentümlich 
betäubend riechenden Milchsaft, der eingetrocknet gelbbraune, innen 
weiße Klumpen bildet, die als „Lactucarium“ in der Medizin ver- 
wandt werden. Aus diesem und direkt aus dem Milchsafte wurde als 
wirksamer Bestandteil das Latucerin (C,,H,,0,) als blaßgelbe, bitter 
schmeckende Nadeln dargestellt. Die dem Opium ähnliche Wirkung 
des Milchsaftes war schon den Alten bekannt (Thridax ayrıa des 
Dioskorides, auch von Plinius wird sie erwähnt). Außerdem finden sich 
als Bitterstoffe unbekannter Zusammensetzung häufig das Laetupikrin 
und (bis 0,5 Proz.) das kristallisierbare Laetuein. — In der Heilkunde 
wurde früher benutzt: der aus der kultivierten Pflanze durch 
Abschneiden der Stengel gewonnene und eingetrocknete 
Milchsaft (Lactucarium germanicum). 


204 Wilder Lattich. 


Wilder Lattich. Lactuca scariola (Z.. 
Tafel 111. 


Fam.: Korbblütler. Compositae. 


Lactuea siehe Laectuca virosa; scariola soll aus seriola [von seris (gr.), 
Lattich] verstümmelt sein. 

Lactuca silvestris (Lam.). 

Beschreibung. Pflanze mit zweijähriger Wurzel; im ersten 
Jahre oben mit einer dichten Blattrosette besetzt; im zweiten Jahre 
einen einjährigen, 1 bis 11/;m hohen, aufrechten, verästelten, runden, 
hohlen, glatten Stengel treibend. — Blätter (Fig. 1) eirund bis läng- 
lich, pfeilförmig, fiederspaltig, sägeförmig, an den Rändern stachelig 
bewimpert, stachelspitzig, an sonnigen Stellen die Ränder nach unten 
und oben kehrend; unterseits an der Mittelrippe mit stacheligen Bor- 
sten besetzt; nach oben in schmale, lanzettförmige Deckblätter über- 
gehend. — Blütenkörbchen in pyramidenförmigen Rispen (Fig. 2). — 
Körbehen strahlig; Blütenboden flach, kahl; Hüllkelch kahl, walzen- 


förmig; Deckblätter dachziegelförmig. — Blüten zungenförmig; zwit- 
terig.. — Kelch von einer silberweißen Haarkrone gebildet. — 


Blumenkrone einblätterig, zungenförmig, unten röhrig, blaßgelb. — 
Staubblätter 5 (Fige.3 u. 4), aus den Blüten hervorragend; Staub- 
fäden frei; Staubbeutel tiefgelb, schmal, zu einer Röhre verwachsen, 
nach innen längsaufspringend.. — Fruchtknoten unterständig, 
länglich - oval, einfächerig, mit einer Samenanlage, behaart; die zwei 
Narben zurückgebogen, außen behaart. — Früchte (Fig.5, 6 u. 7) 
vom Hüllkelch umschlossen, braun, beiderseits mit fünf Riefen, schmal 
berandet, mit langem, fadenförmigem Schnabel, mit der Haarkrone an 
der Spitze. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches siehe Lactuca virosa. Eine sogenannte „Kompab- 
pflanze“: die Blätter der freistehenden Pflanze drehen sich so, dab 
ihre Spitzen nach Norden und Süden, die Ränder nach oben und unten 
gerichtet sind. Diese Stellung wird durch das Licht bedingt. 

Standort und Verbreitung. In Mittel- und Südeuropa. In 
Deutschland überall an Wegen, trockenen Abhängen, auf steinigen 
Stellen, Schutthaufen u. dgl. 

Gift und dessen Wirkung siehe Lactuca virosa! 


Tafel 111. Tafel 111. 


(G 
7 


Wilder Lattich. Lactuca scariola L. 


1, 2 Blühender Sproß. 3 Blütenköpfchen im Längsschnitt. 4 Einzelblüte. 5 Frucht. 
6 Same, nat. Größe. 7 Desgl., vergr. 3, 4, 6, 7 vergr. 


Wasserdost. 205 


Wasserdost. Eupatorium cannabinum (z,. 
Tafel 112. 


Fam.: Korbblütler. Compositae. 


Die Pflanze hat ihren NameniEupatorium von der Verwechslung derselben 
mit Agrinonia Eupatoria, die von Mithridates Eupator (ein die Heilkraft der 
Pflanzen studierender pontischer König, gest. 64 v. Chr.) gegen Leberleiden 
empfohlen wurde; cannabinum von Cannabis — Hanf, weil die Stengel wie die- 
jenigen der Hanfpflanze benutzt wurden. 

Wasserhanf; Kunigundenkraut. 


Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit starkem, kriechendem 
Wurzelstock und aufrechten, krautigen, bis 2 m hohen, verästelten 
Stengeln (Fig.1). — Blätter (Fig. 1) gegenständig, gestielt, drei- bis 
fünfteilig; Zipfel lanzettlich, gesägt, rauhhaarıg. — Blütenkörbcehen 
(Fig. 1) in doldentraubiger, reichblütiger Rispe an der Spitze der 
Triebe; Blütenstiele behaart; Hüllkelch der Körbchen länglich - zylin- 
drisch; Deckschuppen länglich-lanzettlich, weißlich, dachig. In jedem 
Körbchen fünf bis sechs Blüten (Fig. 2); Blütenboden flach, kahl; 
Blüten alle gleich, zwitterig. — Kelch (Pappus) haarförmig, ein- 
reihig. — Blumenkrone (Fig. 3) röhrig, oben etwas erweitert, mit 
fünfteiligem Rande, rötlich, wohlriechend. — Staubblätter (Fig. 3) 
in der Blumenkrone eingeschlossen; Staubfäden fadenförmig, frei; 
Staubbeutel aufrecht, linealisch, zu einer Röhre verwachsen, nach 
innen aufspringend.. — Fruchtknoten (Fig. 3) unterständig, mit 
dem haarförmigen Kelche verwachsen; Griffel am Grunde verdickt, 
von der Mitte an zweiteilig gespalten; Äste halbzylindrisch, außen 
behaart, innen rinnenförmig, an den Seiten mit Narbenpapillen be- 
setzt. — Früchte (Fig. 4) länglich, gerieft, kantig, fünfseitig, gekrönt 
von der einreihigen, weißen Haarkrone. 

Blütezeit: Juli bis September. 

Biologisches. Die Blüten sind erstmännlich (proterandrisch). 
— Die Griffel sind tief gespalten; die obere Hälfte trägt Fege- 
haare; die untere bildet die belegungsfähige Narbe. Anfangs 
stecken die Griffel in dem Staubbeutelzylinder, fegen beim Strecken 
aus diesem den Blütenstaub heraus und bieten ihn den ;Insektenjdar; 
nachher spreizen sich die Griffeläste auseinander. Da die fünf Blüten 
eines Köpfchens nacheinander aufblühen, so stehen ältere und jüngere 


206 Wasserdost. 


Blüten nebeneinander und Kreuzbestäubung ist unvermeidlich. Der 
3au der Blüte ermöglicht Bienen, Hummeln und Schmetter- 
lingen die Entnahme des Honigs. Die Augenfälligkeit der 
kleinen Blüten wird vermehrt durch Zusammenstellung der- 
selben in doldenförmigen Köpfchen, in denen die weit hervor- 
ragenden, schneeweißen Griffeläste gegen die rötlichen 
Blumenkronblätter scharf hervortreten. 

Standort und Verbreitung. In ganz Europa und Vorderasien, in 
Deutschland überall verbreitet; an Waldbächen, an feuchten Stellen, 
an Felsen und im Walde; an trockenen Stellen nur, wenn sie etwas 
beschattet sind. 

Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird als giftverdächtig 
angesehen. Kraut und besonders die Wurzel schmecken bitter und 
scharf; sie wirken brechenerregend und werden als Volksmittel gegen 
Wassersucht, Hautausschläge usw. angewandt. In der Pflanze kommt 
ein Glykosid: Eupatorin, vor, dessen chemische Zusammensetzung 
und Eigenschaften noch nicht näher erforscht sind. 


Tafel 112. 


Tafel 112. 


Wasserdost. Eupatorium cannabinum L. 


1 Blühender Sproß. 


3 Blüte im Längsschnitt. 4 Same. 


2 Blütenköpfchen. 


2, 3, 4 vergr. 


Er 
2 


- 


SACHREGISTER. 


(Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Einleitung.) 


A: 


Aconitin XV, 66. 

Aconitsäure XY. 

Aconitum XI, XIV, XVI. 

— Cammarum (Jacq.) 67. 

— Lyeoetonum (L.) 68. 

— Napellus (L.) XV, 64. 

— variegatum (L.) 67. 

Actaea spicata (L.) 85. 

Adonidin 82. 

Adonin 82. 

Adonis aestivalis (L.) 83. 

— citrina (Hoffm.) 83. 

— flava (D.C.) 83. 

— Frühlings- 82. 

— maculata (Wall.) 83. 

— miniata (Jacq.) 83. 

— Sommer- 83. 

— vernalis XVII, 82. 

Aethusa XVI. 

— cynapium (L.)XTIV, 134. 

Agaricaceae 1, 2,6, 11,12, 
13. 

Agarieus bulbosus (Bull.) 3. 

— emeticus (Sehaeff.) 6. 

— foetens (Pers.) 13. 

—- muscarius (L.) 1. 

— pantherinus (D.C.) 12. 

— torminosus (Schaeff.)11. 

Agrostemma XVII. 

— Githago (L.) XIII, 46. 

Asrostemma-Sapotoxin 47. 

Acrostemmin 47. 

Ahlbaum 96. 

Ahlkirsche 96. 

Akelei, gemeine 58. 

Alkaloide XIV. 

—, Bedeutung für die 
Pflanze XV. 

—, biologisehe Bedeutung 
XVl. 


Alkaloide, Entstehung XV. | 


Alpenrose, pontische 153. 
—, rauhhaarige 149. 
—, rostblätterige 151. 
Alpenveilchen XIII, 155. 
Amanita bulbosa (Pers.) 3. 


| — eaesarea (L.) 1. 


— formosa (Rabenh.) 1. 


— muscaria (Pers.) XXI, 1. 
| — pantherina (D.C.) XXI, 


12. 
— phalloides (Fr.) 3. 
— puella (Pers.) 1. 


| Amanitin XXI, 2. 
| Amaryllidaceae 41. 


Amaryllisgewächse 41. 


| Amygdalae amarae 93. 
| Amygdalin XIX, 93, 95. 


Amygedalinsäure 93. 

Amyedalus communis (L.) 
XIX, 92. 

Anacardiaceae 115. 

Andromeda polifolia (L.) 
XVIII, 145. 


Andromedovtoxin 146, 151. 
| Anemone nemorosa (L.) 69. 


— Pulsatilla (L.) XII, 71. 


| Anemonenkampfer 72. 
| Anemonin 72, 77. 
| Anemoninsäure 72. 


Antoniusfeuer 9. 
Apoeynaceae 157. 
Aprikose XIX. 
Aquilegia vulgaris (L.) 58. 
Araceae XVII, 25, 27. 
Araliaceae 141. 
Arongewächse 25, 27. 
Aronsstab XIV, 25. 
Arthamitin 156. 

Arum XVII. 

— maculatum (L.) 25. 
Asaron 142. 


Asarum europaeum (L.) 
141. 

Asclepiadaceae X VIII, 159, 
161. 

Asclepiadin 160. 

Asclepias XIII. 


| — Cornuti (D.C.) 159. 


— syriaca (L.) XVII, 159. 
— vincetoxicum (L.) 161. 


ı Asclepion 160. 


Asebotoxin 146. 


| Astrantia carinthiaca 


(Hoppe) 123. 


| — major (L.) 123. 
| Atropa XIH, XV, XVI. 


— belladonna (L.) 177. 


| Atropamin XVI, 178. 


Atropin XII, XVII, 164,178. 
Attich 193. 

Azalea XVIDO. 

— pontica (L.) 154. 


B. 


Bauchpilze 5. 
Baumwürgergewächse 117. 
Beißbeere 119. 
Belladonnin XVI, 178. 
Benzaldehyd 93. 
Bergpfeffer 119. 


| Berle 129. 


Berserkerwut 2. 


' Berula angustifolia (Koch) 


129. 
Besenginster 100. 
Bilsenkraut XI, XIII. 
—, schwarzes 168. 
Bingelkraut, einjähriges 
113. 
Birkenritsche 11. 
Bittermandelöl XIX, 93. 
Bittermandelwasser XX. 


208 


Bittersüß 170. 

Bitzblume 71. 

Blätterpilze 1, 2, 6, 11, 12, 
13. 

Blasenstrauch 103. 

Blausäure XIX, 26, 59, 93, 
95, 97. 

Blutkraut 90. 

Blutpilz 7. 

Bocksdorn, gemeiner 180. 

Bohnenbaum 98. 

Boletol 7. 

Boletus erythropus 
(Kranb.) 14. 

— lupinus (Fr.) 14. 

— luridus (L.) 7. 


— Satanas 7. 

Bromus temulentus 
(Bernh.) 22. 

Bryonia XIII, XVI. 

— alba 199. 

— dioica 197. 

Bryonidin 193, 

Bryonin 198, 

Bunter Sturmhut 67. 

Butterblume 54, 78. 


. C. 


Calla XVII. 

— palustris (L.) 54. 

Caltha palustris (L.) 54. 

Cannaben 44. 

Cannabin 44. 

Cannabinin 44. 

Cannabis XIII. 

— sativa (L.) 43. 

Caprifolaceae 193—196. 

Caryophyllaceae X'VIII, 
46, 48. 

Chaerophyllum temulum! 
(L.) 136. 

Champignon 3. 

Chelerythrin 91. 

Chelidonin 91. 

Chelidonium XVI. 

— - Alkaloide 91. 

— majus (L.) 90. 

— laeiniatum (Mill.) 91. 

Chelidonsäure 39. 

Cholin XXI, 2, 12, 114. 

Christophskraut 85. 

Christrose 50. 

Christwurz 50. 

Celastraceae 117. 

Cieuta XVI. 


Sachregister. 


| Cieuta angustifolia (Koch) | 


125. 
— maculata (Lam.) 137. 


| — tenuifolia (Fr.) 125. 


—2y1r082. (IB) AXIRy, 125: 
Cieutin 126. 
Cicutoxin 126. 


Daphne major (Lam.) 121. 
— Mezereum (L.) 119. 
— odorata (Lam.) 122. 
Daphnetin 120. 

Daphnin 120, 


| Datura XV, XVI. 
| — Stramonium (L.) XIV, 


Claviceps purpurea XIII, 


XXI, 8. 
Clematis recta (L.) 73. 
— vitalba (L.) 73. 
— viticella (L.) 74. 
Codein XVI, 89. 


| Colehiein XVI, 31. 


sanguineus (Kranb.) 7. 


Colehieum XI, XIV, XVI. 
— autumnale (L.) 30. 
Colutea XVI. 

— arborescens (L.) 103. 
— hirsuta (Roth.) 103. 
Compositae 202—206. 
Conhydrin 138. 


| Conicein 138, 


Conin 138. 


| Conium XI, XV, XVL 


— maeulatum (L.) 137. 


ı Convallamarin 29. 


Convallaria majalis (L.) 28. 

Convallarin 29. 

Coriandrum maculatum 
(Roth.) 137. 

Cornutin 10. 


' Coronilla X VIII. 
| — varia (L.) 101. 
' Coronillin 102. 


Cortex Mezerei 120. 


163. 
Delphinin 62. 
Delphinium XV, XVI. 
— - Alkaloide 62. 
— chinense (Fisch) 60. 
— grandiflorum (L.) 60. 
— staphysagria (L.) 42. 
Delphinoidin 63. 
Delphisin 63. 
Digitalein 185. 
Digitalin XIII, 184, 
Digitalis XIII, XVII. 
— ambigua (Murr.) 187. 
grandiflora (All.) 187. 
ochroleuca (Jacgq.) 187. 
parviflora (All.) 186. 
purpurea (L.) 183. 
Digitonin 185. 
Digitophyllin 185. 
Digitoxin 185. 
Doldengewächse 123—137. 
Dolichos polystachyos 

(Thunb.) 105. 
Dosis letalis XII. 
— toxica XIII. 
Dotterblume 54. 


' Drachenwurz 27. 


 Craepeliatemulenta (Schr.) 


22. 


Crataegus oxyacantha XXI. 


Cucurbitaeeae XVI, 197 
Ch) 


| Cyanwasserstoff XIX. 


Cyclamen XIII, XVII. 

— europaeum 155. 

Cycelamin 156. 

Cynanchum vincetoxicum 
(L.) 161. 

Cynapin 135. 

Cypressen-Wolfsmilch 107. 

Cytisin 100, 104. 

Cytisus XIII, XV, XVI. 

— alpinus (L.) 100. 


| — Laburnum (L.) 98. 


D. 


Daphne Cneorum (L.) 122. 
— Laureola (L.) 121. 


Duleamarin 171. 
Dullkraut 168. 


E. 


Ebulum humile (P.) 193. 
Efeu 139. 

Efeugewächse 139. 

Eibe XIV, 20. 
Eibengewächse 20. 
Eichelpilz 15. 

Einbeere 36. 


| Eisenhut XI, XIV,XV, 64. 
Elfenbusch 96. 


Emulsin XIX, 93, 95. 
Erdapfel 174. 
Erdscheibe 155. 
Erdschierling 137. 
Ergosterin 10. 


| Ergot de seigle 10. 


Ergotin 10. 
Ergotinin 10. 
Ergotinsäure 10. 


Ericaceae X VIII, 145—154. | 


Ericelin 151. 

Eupatorin 206. 

Eupatorium cannabinum 
(L.) 205. 

Euphorbiaceae XIII, XIV, 
107—113. 

Euphorbia eyparissias (L.) 
107. 

— esula (L.) 111. 

— helioscopia (L.) 109. 

— Lathyris (L.) 112. 

— Peplus (L.) 110. 

Euphorbon 108. 

Evonymin 118. 

Evonymus europaeus (L.) 
10107. 


F. 


Faulbaum XIX. 

Felsenstrauch, pontischer 
154. 

Fingerhut XII, XIV. 

—, blaßgelber 187. 

—, gelber 186. 

—, roter 183. 

Fischerkappe 64. 

Flammulae Jovis 73. 

Fliegenpilz XVI, XXL, 1. 

—, graubrauner 12. 

Folia Aconiti 66. 

Belladonnae 179. 

Digitalis 185. 

Laurocerasi 95. 

Nicotianae 166. 

Stramonii- 164. 

Fritillaria XV1. 

— imperialis (L.) 33. 

— inodora 33. 

— Meleacris (L.) 35. 

Fructus Cannabis 45. 

— Conii 138. 

— Papaveris 89. 

— Phellandrü 132. 

Fuchsbeere 36. 


6. 
Gaisklee 98. 
Gasteromycetes 6. 
Geißblattgewächse 193 

—196. 

Germer XIH. 
—, schwarzer 40. 
—, weißer 38. 
Gichtkraut 191. 
Gichtmorchel 15. 
Giehtmorchelpilze 15. 
Gichtschwamm 3. 


Esser, Giftpflanzen. 


| 


Sachregister. 


Giftbeere , judenkirsch- 
artige 132. Ä 

Gifte, Einteilung XIII. 

Gifthahnenfuß 76. 

Gift-Lattich XII, 202. 

Giftmilchling 11. 

Giftranunkel 76. 

Giftreizker 11. 

Giftschwanz 85. 

Gift-Sumach 115. 

Giftwicke 101. 

Githago segetum (Desf.) 46. 

Glykoside XVII. 

— , biol. Bedeutung XVIII. 

—, physiolog. Bedeutung 
xVvI. 

Glycine floribunda (Willd.) 
105. 

— sinensis (Sims) 105. 

Glyzine 105. 

Goldkraut 90. 

Goldregen XIII, 98. 

Goldwurz 90. 

Gottesgnadenkraut XIII, 
197: 

Gränke 145. 

Gräser XI, 22. 

Gramineae XI, 22. 

Gratiogenin 192. 

Gratiola offieinalis XIII, 
XVII, 191. 

Gratioligenin 192. 

Gratiolin 192. 

Gratiolisin 192. 

Gummi hederae 140. 


H. 


Hahnenfuß, blasenziehen- 
der 76. 

—, brennender 81. 

—, Gift- 76. 

—, knolliger 80. 

—, scharfer 78. 

—, sellerieblätteriger 76. 

Hahnenfußgewächse XI, 
XII, 50—86. 

Hahnensporn 8. 

Hain-Anemone 69. 

Hanf XIII, 43. 

Hartbovist 5. 

Haselwurz, europäische 
141. 

Heckenkirsche XII. 

Hedera canariensis 139. 

— chrysocarpa 139. 

— Helix (L.) 139. 


| — hibernica 139. 


209 


Hederin 140. 

Heidekrautgewächse 145 
—154. 

Helleborein 51. 

Helieborin 51. 

Helleborus XVII. 

— foetidus (L.) 51, 52. 

— niger (L.) 50. 

— viridis (L.) 51, 53. 

Herba Cannabis 45. 

— Coniü 138. 

— Hyoscyami 169. 

Herbstzeitlose XII, XIV, 
30. 

Hermer 38. 

Hexenei 15. 

Hexenpilz 7. 

Holler 193. 

Hollunder, Zwerg- 193. 

Hundsgiftgewächse 157. 

Hundspetersilie XIV, 134. 

Hundswürger 161. 

Hungerkorn 8. 

Hyosein 178. 

Hyoscyamin X’VI, 164, 169. 

Hyoseyamus XI, XII, 
xXVI. 

— niger (L.) 168. 


I. 
Ibe 20. 
Imperialin 34. 


J. 


Jervasäure 39. 

Jervin 39. 

Jungfern-Rosmarin 17. 

Juniperus Sabina (L.) XI, 
17. 

— — cupressifolia (Ait) 17. 

— — prostrata (Hort.) 17. 

— — tamariseifol. (Ait.) 
NE 

— — variegata (Hort.) 17. 


K. 


Kälberkropf 136. 
Kaiserkrone 33. 

Kartoffel XIV, 174. 
Kartoffelbovist 5. 
Kartoffelbrätling 5. 
Kellerhals 119. 

—, lorbeerblätteriger 121. 
Kernpilze 8. 

Kiebitzei 35. 
Kirsehlorbeer XIX, 94. 


' Kirschlorbeerwasser XX. 


14 


210 


Knollenblätterpilz 3. 
Knollenschwamm 3. 
Knollenwulstling 3. 
Korbblütler 202—206. 
Kornrade XIII, 46. 
Kornzapfen 8. 
Kribbelkorn 8. 
Kribbelkrankheit 9. 
Kronwicke, bunte 101. 
Kuckucksblume 69. 
Küchenschelle 71. 
Kürbisgewächse 197—199. 
Kuhschelle 71. 
Kunigundenkraut 205. 


L. 


Laburnum vulgare 
(Grieseb.) 98. 

Lactarinsäure 11. 

Lactarius delieiosus 11. 

— torminosus (Fr.) 11. 

Lactuca XIV. 

— scariola (L.) 204. 

— silvestris (Lam.) 204. 

— virosa (L.) XIII, 202. 

Lactucarium 203. 

Laetucerin 203. 

Läusekorn 62. 

Läusekraut, Sumpf- 190. 

—, Wald- 188. 

Lattich, Gift- XIII, 202. 

—, wilder 204. 

Latticharten XIV. 

Laurocerasin 93, 95, 97. 

Lausblume 30. 

Lavendelheide 145. 

Leeithine XXI. 

Ledol 148. 

Ledum palustre (L.) 147. 

Liliaceae XVI, 28, 30, 33, 
35, 38, 40. 

Liliengewächse 28, 30, 33, 
35, 38, 40. 

Lilium convallium 
(Tournf.) 28. 

Lobelia cardinalis 20. 

Dortmanna XIV, 200. 

fulgens 201. 

splendens 201. 

syphilitiea 201. 

Lobelie 200. 

Lobelin 201. 

Löcherpilze 7. 

Lolium annuum (Gillib.) 
22, 

— jtalieum (L.) 23. 

— linicolum (L.) 23. 


Sachregister. 


Lolium perenne (L.) 23. 

— temulentum (L) XII, 
22. 

Loranthaceae 143. 

Luridussäure 7. 

Lyeium XV1. 

— europaeum (Lam.) 180. 

— barbarum (L.) 180. 

— halimifolium (Mill.) 180. 

— megistocarpum (D. C.) 
180. 


M. 


Mäuseholz 170. 
Maiglöckchen 28. 
Mandelbaum 92. 
Mandeln XX. 
Mattensafran 30. 
Meisterwurz 123. 
Mekonsäure 89. 
Melampyrum 139. 
Mereurialis annua (L.) 113. 
Merk, breitblätteriger 127. 
Methyleoniin 138. 
Michelsblume 30. 
Milchblätterschwamm 11. 
Milchsäfte, giftige XIV. 
Mistel 143. 
Mistelgewächse 143. 
Mönchskappe 64. 
Mohngewächse 87, 90. 


| Morphin XV], 89. 


Morphium XII. 
Mottenkraut 147. 
Muscarin XXT, 2, 7, 12. 


| Mutterkorn XII, XVI, 


XXL, 8. 
Mykorhiza 2, 18, 21. 
Myrrhis temula (All.) 136. 


N. 


Nachtschatten, Schwarzer 
172. 

—, Wald- 170, 177. 

Nachtschattengewächse 
XI, XIV, 163—185. 

Nadelhölzer 17. 

Nareissus pseudonareissus 
(L.) 41. 

Nareitin 42. 

Narkotin XVI, 89. 

Narzisse, unechte 41. 

Nelkengewächse 46, 48. 

Neriantin 158. 

Neriin 158. 

Nerium XIV. 

— Oleander (L.) 157. 


I 


Neurin XXI. 4 

Nicandra physaloides 
(Gaertn.) 182. 

Nieotein 166. 

Nieotellin 166. 

Nieotiana XIV, XV, XVI, 

— rustiea (L.) 167. 

— tabacum (L.) 165. 

Nicotimin 166. 

Nicotin XVI, 166. 

Nieswurz 38. 

—, falsche 85. 

—, grüne 53. 

—, schwarze 50. 

—, stinkende 52. 

Nitrilglykoside XIX. 


0. 


Ochsenpinsel 30. 

Oenanthe aquatica (Lam.) 
130. 

— crocata (L.) 133. 

— fistulosa (L.) 133. 

— Phellandrium (Lam.) 
130. 

Oenanthotoxin 132, 133. 

Oleander XIV, 157. 

Oleandrin 158. 


' Opium 88. 


Opiumbasen XVI, 88. 


| Osterblume 69, 71. 


Osterluzeigewächse 141. 


P. 


Paris quadrifolia (L.) 36. 

Paristyphnin 37. 

Pantherinussäure 12. 

Pantherpilz XXI, 12. 

Pantherwulstling 12. 

Papaver XV. 

— somniferum (L.) XIII, 
XV], 87. 

Papaveraceae XVI, 87, 90. 

Papaverin XVI, 89. 

Papilionaceae XI, XVI, 
XVII, 98—105. 

Paridin 37. 

Pedieularis XVII. 

— palustris (L.) 190. 

— silvatiea (L.) 188. 


‚ Peltschen 101. 


Pfaffenhütchen, europä- 
isches 117. 

Pflanzengifte, betäubende 
RUHT. 


| az narkotische XIII. 


‚ scharfe XII. 


Pfianzengifte, scharf-nar- 
kotische XIII. 
Pferdesaat, röhrige 133. 
Pferdesamen 130. 
Pfirsich XIX. 
Pflaume XIX. 
Phacelinsäure 10. 
Phacelotoxin 10. 
Phallaceae 15. 
Phallin 4. 
Phallus impudieus (L.) 15. 
Phellandrin 132. 
Phellandrium aquaticum 
(L.) 130. 
Physalis peruviana (Mill.) 
182. 
Pieroselerotin 10. 
Pilzgift 2. 
Pilzwurzel 2, 18, 21. 
Pinaceae 17. 
Poleiblätterige Gränke 145. 
Polyporaceae 7, 14. 
Porst 147. 
Primelgewächse 155. 
Primulaceae XVIIL, 155. 
Prulaurocerasin XIX, 95. 
Prunus Amygdalus(St.) 92. 
— laurocerasus (Mill.) 
XIX, 94. 
— Padus (L.) XIX, 96. 
— bracteata 96. 
commutata 96. 
cornuta 96. 
leucocarpa 96. 
pendula 96. 
rotundifolia 96. 
— serotina 97. 
virginiana 97. 
Pseudoconhydrin 138. 
Pseudojervin 39. 
Pseudomuscarin 2. 
Pseudonareissin 42. 
Pulsatilla vulgaris (Mill.) 
al 
Pulsatillakampfer 72. 
Purgierkörner 108. 
Purgierkraut 191. 
Pyrenomycetes 8. 


R. 


Rachenblütler XI, 183 
—-192. 

Radix Asari 142. 

Belladonnae 179. 

Bryoniae 198. 

Hellebori viridis 53. 

Saponariae rubrae 49. 


Sachregister. 


Ranunculaceae XI, XIII, 
XVI, XVIH, 50—86. 
Ranunculus acer (L.) 76,78. 

— auricoma (L.) 76. 
— bulbosus (L.) 76, 80. 
ficaria (L.) 76. 
flammula (L.) 76, 81. 
— lanuginosus (L.) 76. 
Lingua (L.) 76. 
— polyanthos (L.) 76. 
repens (L.) 76. 
— sceleratus (L.) 76. 
Thora (L.) 76. 
Reiterkappe 64. 
Rittersporn XVII. 
—, großblumiger 60. 
—, Läusekorn- 62. 
Rhinanthin 189. 
Rhinanthus XVIII, 189. 
Rhizoma Veratri 39. 
Rhododendrin 151. 
Rhododendrol 151. 
Rhododendron XVII. 
— ferrugineum (L.) 151. 
— flavum (G. Don.) 154. 
— hirsutum (L.) 149. 
— laneifolium (Moench.) 
153. 
— polifolium (Scop.) 145. 
— ponticum (L.) 153. 
— speciosum (Salisb.) 153. 
Rhus XIV. 
— pubescens (Engelh.)115. 
— toxicodendron (L.) 115. 
— — radieans 116. 
Röhrige Pferdesaat 133. 
Roggenmutter 8. 
Rosaceae 92, 94, 96. 
Rosmarin, wilder 147. 
Rosmarinheide 145. 
Roßkümmel 130. 
Roteibe 20. 
Rubjjervin 39. 
Rückenmarksnarkotika 
XII. 
Russula emetica (Fr.) 6. 
— foetens (Fr.) 13. 
Russularot 6. 


S. 


Sabina officinalis (Garke) 
170 

Sabina-Öl 19. 

Sabinen 19. 

Sabinol 19. 

Sadebaum XIII, 17. 

Sadebaumöl XIV. 


211 


Säulentax 20. 

Sambucus Ebulus (L.) 193. 

Sapogenine XVII. 

Saponaria XVII. 

— officinalis (L.) 48. 

Saponarin 49. 

Saponine XVIII. 

—, Giftwirkung XVII. 

—, physiologische Bedeu- 
tung XVIL. 

Saporubrin 49. 

Satanspilz 7. 

Satansröhrling 7. 

Saubrot 155. 

Scandix temula (Roth.) 136. 

Schachbrettblume 35. 

Schierling, gefleckter XI, 
RV137e 

—, giftiger XIV, 125. 

Schierlingspilz 3. 

Schlafkirsche 177. 

Schlafkorn 22. 

Schlafmohn XIII, 87. 

Schlangenkraut 27. 

Schlangenwurzel 27. 

Schlinge 195. 

Schmalzblume 54. 

Schmetterlingsblütler XI, 
98—105. 

Schneeball 195. 

Schöllkraut 90. 

Schönfußröhrling 7. 

Schwalbenkraut 159, 161. 

Schwalbenwurz 90, 161. 

Schweinetrüffel 5. 

Schwindelhafer 22. 

Schwindelkirsche 177. 

Schwindelweizen 22. 

Sclererythrin 10. 

Scleroderma vulgare (Fr.) 
5. 

Selerotinsäure 10. 

Scrophulariaceae XT, XIII, 
183—192. 

Secale cornutum 10. 

Segelbaum 17. 

Segenbaum 17. 

Seidelbast 119. 

—, wohlriechender. 122. 

Seidelbastgewächse XIII, 
119—123. 

Seidenpflanze XIII, 159, 
161. 

Seifenkraut 48. 

Semen Colchiei 32. 


| — Papaveris 89. 


— Stramonii 164. 


, Sevenbaum 17. 


14* 


212 


Sevibaum 17. 

Siebenbaum 17. 

Sium angustifolium (L.) 
129. 

— erectum (Huds.) 129. 

— latifolium (L.) 127. 

Skopolamin 164, 178. 

Solanaceae XI, XIV,XVI, 
173—185. 

Solanidin 171, 173. 

Solanin XVI, 171, 173, 175. 

Solanum XVI. 

— Commersoni (Dunal.) 
175. 

— dulcamara (L.) 170. 

— Maglia (Schlecht.) 175. 

— melanocerasum (Willd.) 
172. 

— nigrum (L.) 172. 

— tuberosum (L.) 174. 

Sophora 100. 

Spartein 100. 

Speitäubling 6. 

Speiteufel 6. 

Sphacelia segetum (Lev.) 8. 

Spindelbaum 117. 

Springkorn 112. 

Staphysagroin 63. 

Stechapfel XIV, XV. 

—, gemeiner 163. 

Sterndolde, große 123. 

Stickstoffbasen 14. 

Stinkholz 17. 

Stinkmorchel 15. 

Stinktäubling 13. 

Stinkwacholder 17. 

Stipites Dulcamarae 171. 

Strenze 123. 

Sturmhut, echter 64. 

Sumach XIV, 115. 

Sumachgewächse 115. 

Summitates Sabinae 19. 

Sumpfdotterblume 54. 

Sumpf-Merk 127. 

Sumpfporst 147. 


m: 


Tabak XIV. 

—, Bauern- 167. 

—, virginischer 165. 
Taubenkutsche 64. 
Taumelhafer 22. 
Taumelkerbel 136. 
Taumellolch XIII, 22. 
Tax 20. 

Taxaceae 20. 


Sachregister. 


Taxenboom 20. 

Taxin 21. 

Taxus XIV. 

— baccata (L.) 20. 

— — cuspidata (Hort.) 20. 

— — fastigiata (Hort.) 20. 

Temulin 23. 

Tetancannabin 44. 

Teufelsauge 82. 

Teufelsei 15. 

Teufelskirsche 177. 

Teufelsmilch 110, 111. 

Teufelspeterlein 137. 

Thebain XVI, 89. 

Thymelaeaceae 119—122. 

Thymelaea Cneorum 
(Scop.) 122. 

— Laureola (Scop.) 121. 

— Mezereum (Scop.) 119. 

Tollgerste 22. 

Tollkirsche XII, XIII, XV, 
177. 

Tollkorn 22. 

Tollkraut 22, 177. 

Toxalbumine XIV, 4. 

Toxieodendrol XIV, 116. 

Toxieodendron pubescens 
(Mill.) 115. 

Traubenkirsche 96. 


| Trimethylamin XXI, 2, 


10, 114. 

Trollblume 56. 
Trollius europaeus 56. 
Trüffel 5. 

Tschaupe 28. 

Tuber Aconiti 66. 


U. 
Ulex europaeus (L.) 100. 


Umbelliferae XVI, 123 


—ılBirl. 


V. 


Venuswägelchen 64. 

Veratridin 39. 

Veratrin XV. 

Veratrum XII, XV. 

— album (L.) 38. 

— nigrum (L.) 40. 

Veratrumsäure XV. 

Vergiftung, Behandlung 
derselben XXI. 

Viburnin 196. 

Viburnum lobatum (Lam.) 
195. 

— Opulus (L.) 195. 


| Viburnum Opulus flor. 
plen. (Hort.) 195. 

 — — roseum (Hort.) 195. 

Vincetoxicum XVII. 

— offieinale (M.) 161. 

Vincetoxin 160, 162. 

Viscum album (L.) 143. 


W. 


Waldglöckchen 183. 
Waldrebe, gemeine 74. 
—, italienische 75. 
—, steife 73. 
Waldschelle 183. 
Wanzenkraut 147. 
Warzenkraut 90, 110. 
Wasserdost 205. 
Wasserfenchel 130. 
Wasserhanf 205. 
Wasserkerbel 130. 
Wasser-Lobelie XIV, 200. 
Wasser-Pastinake 127. 
 Weihnachtsrose 50. 
Weißdorn XXI. 
Wiesenhahn 30. 
Windröschen, gemeines 69. 
Winterrose 50. 
| Wistaria XVII. 
— polystachya (Koch) 105. 
— sinensis (D.C.) 105. 
Wistarin 106. 
Wolfsbeere 36. 
Wolfseisenhut 68. 
Wolfsmileh, Cypressen- 
107, 
—, Garten- 110. 
—, gemeine 111. 
—, kreuzblätterige 112. 
—, sonnenwendige 109. 
Wolfsmilehgewächse XII, 
XIV, 107—113. 
Wolfspfote 71. 
Wolfs-Röhrenpilz 14. 
Wolfswurz 68. 
Wüterich 137. 
—, giftiger 125. 


2. 


Zaunrübe XIII. 

—, rotbeerige 197. 

—, schwarzbeerige 199. 
Zaupe 28. 

Zehrwurz 25. 
Zigeunerkorn 168. 
Zwerg-Hollunder 193. 
Zwetschenwasser XX. 


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baum. 37. Schlitzblätteriger Brotfruchtbaum. 38. Edelkastanie. 39. Korkeiche. 40. Ramie- 
pflanze und Jutepflanze. 41. Indigopflanze. 42. Gummiakazie. 43. Weinrebe. 44. Ölbaum, 
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50 u. 51. Kleinfrucht. Elfenbeinpalme (2 Tafeln). 52. Malobar-Cardamome. 53. Kampferbaum. 
54. Amerikanischer Kopalbaum und Lokustbaum. 55. Kampecheholzbaum. 56. Kretischer 
Tragantstrauch. 57. Erdnuß. 58. Indischer Mangobaum. 59. Mat6-Pfianze und Paraguay-Tee- 
strauch. 60. Affenbrotbaum. 61. Kolabaum. 62. Echter Gummiguttbaum. 63. Melonenbaum, 
64. Afrikanischer Butterbaum und Mahwabaum. 65. Ebenholzbaum. 66. Schönblühende Kaut- 
schukliane. 67. Spanischer Pfeffer. 68. Indischer und weißer Sesam. 


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