DIE GIFTPFLANZEN
DEUTSCHLANDS
VON
P.ESSER
FRIEDR. VIEWEG & SOHN BRAUNSCHWEIG
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DIE
GIFTPFLANZEN DEUTSCHLANDS
“ DIBRARY
NEW YORK
BOTANICAL
Für die Zwecke des Unterrichts sind die wichtigsten der in diesem Werke dargestellten
Giftpflanzen in vergrößertem Maßstabe auf in feinstem Farbendruck ausgeführten
Wandtafeln (Format 55/75 em) wiedergegeben; dieselben erscheinen gleichzeitig
unter dem Titel:
DIE GIFTPFLANZEN DEUTSCHLAN DS
20 FARBIGE WANDTAFELN MIT 150 EINZELDARSTELLUNGEN
VON
DER: P. ESSER
DIREKTOR DES BOTANISCHEN GARTENS DER STADT CÖLN
Preis 24 Mark.
DIE
GIFTPFLANZEN
DEUTSCHLANDS
VON
Dr. P. ESSER
104
DIREKTOR DES BOTANISCHEN GARTENS
DER STADT CÖLN
WIBRARY
NEW VORK
BOTANICAL
(GARDEN.
MIT 660 EINZELDARSTELLUNGEN
AUF 113 ZUM TEXT GEHÖRENDEN FARBENTAFELN
BRAUNSCHWEIG
DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN
i9r0
namentlich das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen, vorb
Alle Rechte,
Copyright, 1910, by Friedr. Vieweg & Sohn,
Braunschweig, Germany.
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OEWORT.
Di; Tatsache, daß ständig noch Fälle vorkommen, wo Menschen
durch den Genuß giftiger Pflanzenteile ihr Leben einbüßen, und zwar
in der überwiegenden Mehrzahl aus Unkenntnis der Pflanzen, recht-
fertigt wohl die Herausgabe eines Werkes, dessen vornehmliche Be-
stimmung ist, die Kenntnis der Giftpflanzen allgemeiner zu
machen.
Diesem Zweck soll das Buch auch in der Hand des Lehrers dienen,
dem nächst den Eltern die Aufgabe zufällt, aufklärend und warnend
die Kinder auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die beim Ge-
nusse von Teilen unbekannter Pflanzen ihnen drohen.
Das Buch würde nach dieser Richtung hin seinen Zweck nicht
ganz erfüllen, wenn es sich mit der Beschreibung der Pflanzen begnügt
hätte. Das berechtigte Bestreben, im Unterricht die „biologischen
Erscheinungen“ mehr in den Vordergrund treten zu lassen, war
Veranlassung, bei jeder Pflanze eine Zusammenstellung etwa zu
machender biologischer Beobachtungen zu geben.
In der vorliegenden Bearbeitung sind jene Gewächse der deutschen
Flora aufgenommen, in denen das Vorhandensein giftigwirkender Stoffe
chemisch nachgewiesen ist, ferner solche, durch welche nachweislich
Vergiftungen vorgekommen sind, wenn auch die Gifte selbst noch nicht
ermittelt wurden, sowie endlich einige, deren Giftwirkung mit Sicherheit
noch nicht nachgewiesen wurde, die aber allgemein als giftig angesehen
werden, und denen gegenüber also Vorsicht am Platze ist. Einige
giftführende Zierpflanzen, die zwar nicht der wildwachsenden Flora
Deutschlands angehören, die aber in Gärten und öffentlichen Anlagen
allgemein zu finden, und deshalb den Bewohnern der Städte bekannter
sind als manche unserer einheimischen Pflanzen, glaubte ich gleichfalls
aufnehmen zu müssen.
VI Vorwort.
Bei Angabe der Gifte habe ich mich darauf beschränkt, diese
chemisch zu charakterisieren und ihre physiologischen Wirkungen, wo
es angebracht erschien, unter Zeichnung der Symptome, unter denen
die Vergiftung sich zeigt, anzugeben. Weil der Zweck des vorliegenden
Werkes weniger in der Verbreitung der Kenntnis der „Gifte“ als viel-
mehr der „Giftpflanzen“ liegt, habe ich es unterlassen, Angaben über
die Anwendung von Gegenmitteln in den einzelnen Vergiftungsfällen zu
machen. Dies gehört in das Gebiet der praktisch-medizinischen Gift-
lehre, und darauf bezügliche Anordnungen zu treffen, ist Sache des
Arztes. Schon die Diagnose einer Vergiftung ist oft mit Schwierigkeiten
verknüpft und kann nur durch einen erfahrenen Arzt vorgenommen
werden. Einige allgemein gültige Angaben über die erste Be-
handlung vergifteter Personen finden sich am Schlusse der Ein-
leitung.
Bei Auswahl der Abbildungen auf den Wandtafeln habe ich
darauf Bedacht genommen, möglichst Pflanzen aus den verschiedensten
Familien darstellen zu lassen, damit die Tafeln auch sonst für den
botanischen Unterricht Verwendung finden können.
Dem bereitwilligen Entgegenkommen des Verlegers, der u. a. gerne
die bedeutenden Kosten für die Herstellung der farbigen Tafeln, die
für das vorliegende‘ Werk sämtlich nach der Natur neu gezeichnet
wurden, aufwandte, ist die vornehme Ausstattung des Buches zu ver-
danken. Auch Herr Direktor Prof. Dr. Thom& hat in dankenswerter
Weise durch mannigfache Ratschläge dem Werke seine Unterstützung
zuteil werden lassen.
In der Herstellung der prachtvollen Wandtafeln hat die Kunst-
anstalt des Herrn C. Bollmann in Gera ihren Ruf bewährt, die
schönen Texttafeln wurden von Herrn Walter Müller-Gera angefertigt.
Cöln, im Januar 1910.
Der Verfasser.
INHALTSVERZEICHNIS.
Re Re 1 a EA ee A here "Re
Fam.:
Fam.:
Fan.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Blätterpilze. Agaricaceae.
Fliegenpilz. Amanita muscaria. Tafel 1. Wandtafell.....
Knollenblätterpilz.. Amanita bulbosa. Tafel 1. Wandtafell....
Speiteufel. Russula emetica. Tafel 1. Wandtafell......
Giftreizker. Lactarius torminosus. Tafel3 ......222..
Pantherpilz. Amanita pantherina. Tafell4 ..... 2.2 22..
Stinktäubling. Russula foetens. Tafel5 .... „un 2 u.
Bauchpilze. Gasteromycetes.
Kartoffelbovist. Sceleroderma vulgare. Tafel 1. Wandtafell..
Gichtmorchelpilze. Phallaceae.
Giehtmorchel. Phallus impudieus. Tafel 7 .. ......
Löcherpilze. Polyporaceae.
Satanspilz. Boletus Satanas. Wandtafell........
Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus. Tafel6. . ..
Kernpilze. Pyrenomycetes.
Mutterkorn. Claviceps purpurea. Tafel 1 u. 2. Wandtafell.
Nadelhölzer. Pinaceae.
Sadebaum. Juniperus Sabina. Tafel 8. Wandtafel 2
Eibengewächse. Taxaceae.
Eibe. Taxus baecata. Tafel 9 ..... AA EULSTEN 17
Gräser. Gramineae.
Taumelloleh. Lolium temulentum. Tafel 10
Arongewächse. Araceae.
Gefleekter Aronsstab. Arum maeulatum. Tafel 11. Wandtafel 3. .
Schlangenkraut. Calla palustris. Tafel 2 ......
Liliengewächse. Liliaceae.
Maiglöckehen. Convalarias majalis. Tafel 3 .. .-:..!...
Herbstzeitlose. Colchicum autumnale. Tafel 14. Wandtafel 4 ...
Kaiserkrone. Fritillaria imperialis. Tafel 15
Schaehbrettblume. Fritillaria Meleagris. Tafel 6 ......-
Vierblätterige Einbeere. Paris quadrifolia. Tafel 17.......
Weißer Germer. Veratrum album. Tafel 18
Schwarzer Germer. Veratrum nigrum. Tafel 19 .......
Amaryllisgewächse. Amaryllidaceae.
Unechte Narzisse. Narcissus pseudonareissus. Tafel 20
VII
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Nesselgewächse. Urticaceae.
Hanf. Cannabis"satiyar "Tateleol nr. 43
Nelkengewächse. Caryophyllaceae.
Kornrade, Agrostemma Gitkago, TatelB2nı. .... 2... 46
Gemeines Seifenkraut. Saponaria offieinalis. Tafel 23
Hahnenfußgewächse. Ranunculaceae.
Schwarze Nieswurz. Helleborus niger. Tafel 24. Wandtafel 5 .. 50
Stinkende Nieswurz. Helleborus foetidus. Tafel 5. ....... 52
Grüne Nieswurz. Helleborus viridis. Tafel 6 ....... 2 20.. 53
Sumpfdotterblume. Caltha palustris. Tafel 7 ........2..2..: 54
Trollblume.. Trollras 'europaeus. Tafel BITTEN 56
Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris. Tafel 9 ........ Se
Großblumiger Rittersporn. Delphinium grandiflorum. Tafel 30... 60
Läusekorn-Rittersporn. Delphinium staphysagria. Tafel 31 ..... 62
Echter Sturmhut. Aconitum Napellus. Tafel 52. Wandtafel 6 . . 64
Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum. Tafel 3......... 67
Wolfseisenhut. Aconitum Lycoetonum. Tafel 4. .......2.. 68
Gemeines Windröschen. Anemone nemorosa. Tafel 5 ....... 69
Kuhschelle. Anemone Pulsatilla. Tafel 6... . 2... 22.2... 71
Steife Waldrebe. Clematis’ reeta. Tafel 37. . ...2... 2. Ges 73
Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba. Tafel 8 ...... 2... 74
Italienische Waldrebe. Clematis viticella. Tafel 39... .2.... 75
Gifthahnenfuß. Ranuneulus sceleratus. Tafe] 40. Wandtafel 7 .. 76
Scharfer Hahnenfuß. Ranunculus acer. Tafel 414 ...... 2... 78
-Knolliger Hahnenfuß. Ranunculus bulbosus. Tafel 42 ....... 80
Brennender Hahnenfuß. Ranunculus ffammula. Tafel 43 ...... 81
Frühlings-Adonis. Adonis vernalis. Tafel 4... .. 2.2.2.2... 82
Sommer-Adonis. Adonis aestivalis. Tafel 55. .......2..2.2... 83
Christophskraut. Actaea spieata. Tafel 46... ..2...... 5 WERE
Mohngewächse. Papaveraceae.
Schlafmohn. Papaver somniferum. Tafel 47. Wandtafel8.... 8
Schöllkraut. Chelidonium majus. Tafel 8. .......2. 2.2.2.0. 90
Rosenblütige Gewächse. Rosaceae.
Gemeiner Mandelbaum. Amygdalus communis. Tafel 49 ...... 92
Kirsehlorbeer. Prunus laurocerasus. Tafel 50 .....: 22.2020. 94
Tranbenkirsche. Prunus Padus.Tafel51 27 .. 2.2. 12 2 Zn. Ze 96
Schmetterlingsblütler. Papilionaceae.
Goldregen. Cytisus Laburnum. Tafel 52. Wandtafel9...... 98
Bunte Kronwicke. Coronilla varia. Tafel 53. Wandtafel 10... . 101
Blasenstrauch. Colutea arboreseens. Tafel 54 ..... 2.2... 103
Glyzine.- 'Wästaria. sinensis.) (Tafellnb Er ns, 06. ee 105
Wolfsmilehgewächse. Euphorbiaceae.
Cypressen - Wolfsmilch. Euphorbia cyparissias. Tafel 56. Wand-
tafel let... = 1 27. GT NOREREEg 107
Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia helioscopia. Tafel 57... . 109
Garten-Wolfsmilch. Euphorbia Peplus. Tafel 58.......... 110
Gemeine Wolfsmileh. Euphorbia esula. Tafel 59. ......... 111
Kreuzblätterige Wolfsmileh. Euphorbia Lathyris. Tafel 60..... 112
Einjähriges Bingelkraut. Mereurialis annua. Tafel61 ....... 113
Inhaltsverzeichnis. IX
Fam.: Sumachgewächse. Anacardiaceae.
Gift-Sumaeh. Rhus toxicodendron. Tafel 2... . 2.2.2222... 115
Fam.: Baumwürgergewächse. Celastraceae.
Europäisches Pfaffenhütehen. Evonymus europaeus. Tatel 63. ... 117
Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae.
Seidelbast. Daphne Mezereum. Tafel 64. Wandtafel 2 ..... 19
Lorbeerblätteriger Kellerhals. Daphne Laureola. Tafel 65 ..... 121
Wohlriechender Seidelbast. Daphne Cneorum. Tafel 6 ......1%
Fam.: Doldengewächse.: Umbelliferae.
Große Sterndolde Astrantia major. Tafel 67... . 2.2. 2 2 2. 123
Giftiger Schierling. Cieuta virosa. Tafel 68. Wandtafel 13.... 18
Breitblätteriger Merk. Sium latifolium. Tafel 69 ... 2.2.2... 127
Bere. BerulasansnkikolarTateli70 I. Br sr re 129
Wasserfenchel. Oenanthe aquatiea. Tafel 1 .. 2.2.22... ..180
Röhrige Pferdesaat. Oenanthe fistulosa. Tafel 2 ......... 135
Hundspetersilie. Aethusa cynapium. Tafel 73 ..... 2.222... 134
Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum. Tafel 74 ..... rt 5
Gefleckter Schierling. Conium maeulatum. Tafel 75 ..... TR
Fam.: Efeugewächse. Araliaceae.
Hiensstledersg Helıx ZTatel ve u 0 N. Den en 139
Fam.: Osterluzeigewächse. Aristolochiaceae.
Europäische Haselwurz. Asarum europaeum. Tafel 77 ........ 141
Fam.: Mistelgewächse. Loranthaceae.
Vista Nincazılalhurm: jslafeh7astee Rassı sad. >. eier 143
Fam.: Heidekrautgewächse. Erieaceae.
Poleiblätterige Gränke. Andromeda polifolia. Tafel 79....... 145
Pumpiporst. Dedum palusire: Tafel 0... 2.2.2.2 et
Rauhhaarige Alpenrose. Rhododendron hirsutum. Tafel 81..... 149
Rostblätterige Alpenrose. Rhododendron ferrugineum. Tafel 82... 151
Pontische Alpenrose. Rhododendron ponticum. Tafel 8 ...... 153
Pontischer Felsenstrauch. Rhododendron flavum. Tafel 4 .... . 154
Fam.: Primelgewächse. Primulaceae.
Europäisches Alpenveilchen. Cyelamen europaeum. Tafel 85 ... . 155
Fam.: Hundsgiftgewächse. Apocynaceae.
Olkander: Nerimm Gleander: „Tafels86 : u 2) ur). een 157
Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae.
Serdenplanze. Aselepian ;Cormütz.. Tarel 87.2... u. 0.n. 159
Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxicum offieinale. Tafel 8. .... 161
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Gemeiner Stechapfel. Datura Stramonium. Tafel 89. Wandtafel 14 163
Virginischer Tabak. Nicotiana tabacum. Tafel |) . ........ 165
Bauern-Tabak. Nieotiana rustica. Tafel 1 ....... 22... 167
Schwarzes Bilsenkraut. Hyoseyamus niger. Tafel 92. Wandtafel 15 168
Bittersüß. Solanum duleamara. Tafel 93. Wandtafel 16 ..... 170
Schwarzer Nachtschatten. Solanum nigrum. Tafel 9 ....... 172
Kartoftel- "Belsgam.tuberosum. Tafel 5 ....2002 000000 174
Tollkirsche. Atropa belladonna. Tafel 96. Wandtafel 17 ..... 177
Gemeiner Bocksdorn. Lyeium halimifolium. Tafel 7 ....... 180
Judenkirschartige Giftbeere. Nieandra physaloides. Tafel 98 . . . . 182
x
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fam.:
Fan. :
Inhaltsverzeichnis.
Rachenblütler. Serophulariaceae.
Roter Fingerhut. Digitalis purpurea. Tafel 99. Wandtafel 18 .. 183
Gelber Fingerhut. : Digitalis lutea. Tafel 100. ..:.........% 186
Blaßgelber Fingerhut. Digitalis ambigua. Tafel 101 ........ 137
Wald-Läusekraut. Pediecularis silvatica. Tafel 12 ......... 188
Sumpf-Läusekraut. Pedicularis palustris. Tafel 158 ........ 190
Gottesgnadenkraut. Gratiola offieinalis. Tafel 114 ......... 191
Geißblattgewächse. Caprifoliaceae.
Zwerg-Hollunder. Sambucus Ebulus. Tafel 105 ....... a
Sehneeball. Viburnum .Opulus.” "Tafel 1067 Ten. 195
Kürbisgewächse. Cucurbitaceae.
Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioiea. Tafel 107. Wandtafel 19 . 197
Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba. Tafel 18 ........ 199
Lobeliengewächse. Lobeliaceae.
Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna. Tafel 109 .......... 200
Korbblütler. Compositae.
Gift-Lattich. Lactuca virosa. Tafel 110. Wandtafel 20 ..... 202
Wilder Lattieh! TactueaScariala.’ Tatel 111 22%... Zoe 204
Wasserdost. Eupatorium cannabinum. Tafel 112... ..:.... 205
Abkürzungen und Zeichenerklärungen.
(gr.) griechisch.
+ bezeichnet die stark giftigen Pflanzen.
Druckfehlerverzeichnis.
Auf Tafel 58 muß es heißen: Euphorbia Peplus anstatt Euphorbia esula,
Auf Tafel 59 muß es heißen: Euphorbia esula anstatt Euphorbia Peplus.
Auf Tafel 70 lies Berle statt Berte.
Einleitung.
Nahrungsmittel in fast unendlicher Fülle, Stoffe mannigfacher
Art für alle möglichen Bedürfnisse des Lebens entnehmen wir dem
Pflanzenreiche. Deshalb pflegen Darstellungen, welche die Beziehungen
zwischen Pflanzenwelt und Mensch zum Gegenstande haben, gewöhnlich
und mit Recht den großen materiellen Nutzen der ersteren in den
Vordergrund zu stellen, während der gesundheitsschädlichen Pflanzen-
stoffe seltener gedacht wird. Es kommt nämlich im Stoffwechsel zahl-
reicher Pflanzen auch zur Bildung von Substanzen, die, dem mensch-
lichen oder tierischen Körper einverleibt, hier die Gesundheit schädigend
oder das Leben vernichtend einwirken.
Derartige Pflanzen bezeichnet man als Giftpflanzen, und gibt
es solche sowohl unter den Kryptogamen als unter den Phanero-
gamen. |
Während in manchen großen Pflanzenfamilien (z. B. den Gräsern
[Gramineen] und den Schmetterlingsblütlern [Papilionaceen]) nur ver-
einzelt eine giftige Gattung oder Art vorkommt, treffen wir in anderen
(z. B. den Hahnenfuß- [Ranunculaceen] und. Nachtschattengewächsen
[Solanaceen], den Rachenblütlern [Serophulariaceen] und anderen) einen
großen Reichtum an solchen an, und nicht mit Unrecht kann zuweilen
eine Pflanze schon durch ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fa-
milie als giftig angesehen werden. Oft ist auch bei zwei nahe ver-
wandten Arten die eine giftig, die andere nicht, und es kann sogar
bei ein und derselben Pflanzenart unter Umständen die Bildung des
Giftes ganz unterbleiben. So soll z.B. der Gefleckte Schierling (Conium
maculatum) im hohen Norden kein Coniin enthalten. Bei manchen
Pflanzen finden sich weiterhin die giftigen Eigenschaften‘ nur zu einer
bestimmten Jahreszeit, und soll unter anderen die Wurzel des Bilsen-
krautes (Hyoscyamus niger) im Winter ganz ungiftig sein; die Eisen-
Xu Einleitung.
hut- (Aconitum-) Arten enthalten kurz vor der Blütezeit, die Zwiebel
der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) im Herbste (September bis
Oktober) das meiste Gift.
Nicht in allen Fällen, in denen nach dem Genuß eines Pflanzen-
teiles Unwohlsein oder selbst eine stärkere Schädigung der Gesundheit
sich zeigt, liegt die Wirkung eines Giftes vor. Wenn z. B. jemand
nach dem Genusse unreifer Früchte krank wird, oder wenn Kinder, die
halbreife Beeren der Heckenkirsche in großer Menge verzehrt hatten,
starben, so wird es niemandem einfallen, die betreffenden Pflanzen
ohne weiteres als giftig zu bezeichnen. Auch die eigenartigen Er-
krankungen, die bei manchen Menschen regelmäßig nach dem Genusse
gewisser Früchte (z. B. der Erdbeere) oder anderer Pflanzenteile sich
einstellen, dürfen nicht als Vergiftungserscheinungen angesehen werden.
Ebensowenig berechtigt die hautreizende Wirkung, welche die Sekrete
einiger drüsig behaarter Primelarten (Primula obconica, P. sinensis,
P. Sieboldi, P. cortusoides) auf manche Personen ausüben, dazu, diese
Pflanzen als Giftgewächse zu bezeichnen; denn jene Erkrankungen
sind doch allzusehr auf eine individuelle Empfindlichkeit gegen jene
Sekrete zurückzuführen und pflegen trotz der weiten Verbreitung der
genannten hübschen Zierpflanzen doch verhältnismäßig selten auf-
zutreten.
Zur Charakterisierung einer Pflanze als Giftpflanze ist
es von wesentlicher Bedeutung, daß sie einen Stoff enthält,
der schon in verhältnismäßig kleiner Menge im menschlichen
oder tierischen Körper eine gesundheitsschädliche Wirkung
ausübt und zwar letzteres dadurch, daß er in chemische Be-
ziehungen zu wesentlichen Bestandteilen der lebenden Sub-
stanz tritt, durch seine chemisch-molekularen Wirkungen den
molekularen Aufbau der lebenden Substanz tierischer Zellen
vernichtet und Störungen des Stoffwechsels oder sonstiger
Lebensvorgänge verursacht.
Die wirksamen Bestandteile zahlreicher Giftpflanzen sind von der
Chemie ermittelt und rein dargestellt worden; dadurch wurde es mög-
lich, ihre physiologischen Wirkungen in wissenschaftlich einwandfreier
Weise festzulegen. Es fand sich hierbei, daß die Giftwirkung einer
Substanz nicht von ihrer Qualität allein abhängt, sondern
auch von der Quantität der Menge des dem Körpers einverleibten
Giftes. “Selbst bei den stärksten Giften ist nämlich bei entsprechen-
der Verdünnung eine gesundheitsschädliche Wirkung ausgeschlossen.
Manche Pflanzengifte, z. B. diejenigen der Tollkirsche (Atropim), des
Einleitung. XII
‘ Fingerhutes (Digitalin), des Schlafmohns (Morphium) u. a. werden in
der Arzneikunde als unentbehrliche Heilmittel geschätzt. Ausgespro-
chene Vergiftungserscheinungen pflegen erst dann einzutreten, wenn
das Gift in hinreichender Menge zur Wirkung kommt. Diese, die
dosis toxica, ist für alle Gifte, die auch medizinisch Verwendung
finden, sowie für manche der anderen genau bestimmt, ebenso kennen
wir die tödlich wirkende Menge der meisten Gifte, die dosis letalis.
Nicht unerwähnt darf jedoch bleiben, daß manchmal eine indivi-
duelle Veranlagung die Wirkung eines Giftes steigern oder ab-
schwächen kann; ebenso können Alter. und Geschlecht, gute oder
schlechte Körperbeschaffenheit, Ernährungszustand u. dgl. dieselbe be-
einflussen.
Versuchen wir die Pflanzen mit Rücksicht auf die in ihnen
vorkommenden Gifte zu ordnen, so kann dieses erfolgen, entweder
nach der Natur der Gifte oder nach ihren physiologischen Wirkungen
auf bestimmte Organe (Nerven-, Herz-, Blut-, Protoplasmagifte u. dgl.)
oder auch nach den äußerlich am meisten wahrnehmbaren Erschei-
nungen (scharfe, narkotische und scharf-narkotische Gifte). Die letzt-
genannte Einteilung wird, weil für die ärztliche Behandlung einer
Vergiftung praktisch, seit langem in der Heilkunde mit Vorliebe
befolgt.
Als scharfe, ätzende Pflanzengifte bezeichnet man solche, die
mit den inneren Organen des menschlichen Körpers (der Speiseröhre,
dem Magen und dem Darnkanal) in Berührung gebracht, einen starken
örtlichen Reiz und eine Entzündung hervorbringen. Hierhin gehören
die Gifte der Anemonen (Anemone Pulsatilla), der Hahnenfuß-(Ranun-
culus-) und Wolfsmilch- (Euphorbia-) Arten, der Seidelbaste (Daphne),
des Gottesgnadenkrautes (Gratiola officinalis), der Zaunrübe (Bryonia),
der Seidenpflanze (Asclepias), des Alpenveilchens (Cyclamen), des Sade-
baumes (Juniperus Sabina) u. a.
Die narkotischen oder betäubenden Gifte wirken entweder
allein oder doch vorwiegend auf das Gehirn (Gehirnnarkotika) oder
vorwiegend auf das Rückenmark (Rückenmarknarkotika). Zu ersteren
gehören die Gifte der Kornrade (Agrostemma Githago), des Schlaf-
mohns (Papaver somniferum), der Toollkirsche (Atropa belladonna), des
Bilsenkrautes (Hyoscyamus niger), des Hanfes (Cannabis sativa), der
Goldregen- (Cytisus-) Arten, des Gift-Lattichs (Lactuca virosa); zu letz-
teren zählt man unter anderen die Gifte des Mutterkorns (Ulaviceps
purpurea), des Taumellolchs (Lolium temulentum), der Germer- (Vera-
trum-) Arten.
XIV Einleitung.
Die scharf-narkotischen Gifte vereinigen mehr oder weniger
die giftigen Eigenschaften der beiden vorgenannten Gruppen. Hierhin
gehören die Gifte der Eibe (Taxus), der Eisenhut- (Aconitum-) Arten,
der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), des Stechapfels (Datura
stramonium), des Tabaks (Nicotiana tabacum u. a.), der Fingerhut-
(Digitalis-) Arten, des giftigen Schierlings (Cicuta. virosa), der Hunds-
petersilie (Aethusa cynapium), des Oleanders (Nerium), der Nacht-
schatten- (Solanum-) Arten, der Wasserlobelie (Lobelia Dortmanna) u.a.
Nicht aus dem Auge zu lassen ist jedoch bei dieser Einteilung, daß
sie die Gifte nur betrachtet nach der äußerlich sich ähnlich zeigenden
Wirkung auf den menschlichen Körper, während zweifelsohne jedes
Gift, seiner chemischen Konstitution gemäß, seine eigene, wenn auch
für uns noch nicht klar erkennbare spezifische Wirkung ausübt.
Manche Gifte, besonders die flüchtigen, können durch Erhitzen,
Kochen, Trocknen u. dgl. aus den betreffenden Pflanzenteilen entfernt
werden. Diese verlieren dadurch ihre Giftigkeit, und manche stärke-
haltige (z. B. die Knollen des Aronsstabs, der Kartoffel u. a.) können
dann als Nahrungsmittel dienen.
Betrachten wir die in den Pflanzen enthaltenen Gifte vom
rein chemischen Standpunkte, so finden wir manche, deren
chemische Konstitution noch nicht über: jeden Zweifel sichergestellt
ist. Hierhin gehören z. B. die Bestandteile des Sadebaumöls, die
phenolartige Giftsubstanz der Sumach- (Rhus-) Arten: das Toxicodendrol.
Auch die scharfen Stoffe mancher Milchsäfte, z. B. der Wolfsmilch-
(Euphorbia-) Arten, der Lattich- (Lactuca-) Arten u.a. sind hinsichtlich
ihrer giftig wirkenden Bestandteile gleichfalls noch wenig durchforscht;
noch weniger wissen wir über die unter dem Gesamtnamen „Toxalbu-
mine“ zusammengefaßten sehr gefährlichen Gifte.
Die meisten der in unseren einheimischen Pflanzen vor-
kommenden Gifte gehören chemisch zu den beiden umfang-
reichen Gruppen der Alkaloide und G@lykoside. Da diese beiden
Bezeichnungen bei den Giften der einzelnen Gewächse häufig wieder-
kehren, so dürfte eine allgemeine Charakteristik dieser beiden Gruppen
hier am Platze sein.
Alkaloide nennt man Erzeugnisse des Lebensprozesses gewisser
Pflanzen mit ausgesprochen basischen Eigenschaften. Sie enthalten
alle Stickstoff bei sonstiger großer Verschiedenheit im molekularen
Aufbau. Man unterscheidet sauerstofffreie und sauerstoffhaltige
Stickstoffbasen.
Einleitung. XV
Die Alkaloide kommen gewöhnlich in der Pflanze nicht im freien
Zustande, sondern gebunden an. weit verbreitete organische Säuren
(Apfel-, Oxal-, Gerbsäure u. a.), zuweilen auch an spezielle Säuren
(Aconitin an Aconitsäure, Veratrin an Veratrumsäure u. a.) vor.
Fast alle Alkaloide sind, rein dargestellt, farblos und entweder
(die sauerstoffhaltigen) feste, kristallisierende oder amorphe Stoffe oder
(die sauerstofffreien) leicht und unzersetzt flüchtige Flüssigkeiten. Sie
besitzen einen brennenden, bitteren Geschmack. Die spezifisch physio-
logischen, in den meisten Fällen sehr charakteristischen Wirkungen
der giftigen Alkaloide lassen sich zurzeit chemisch noch nicht erklären.
Über die Entstehung der Alkaloide in den Pflanzen und
die Bedeutung in deren Lebensprozesse wissen wir zurzeit nichts
Bestimmtes; dieselben sind, entsprechend der Verschiedenheit ihres
Aufbaues, auch wohl nicht bei allen Pflanzen die gleichen. Die früher
häufig geäußerte Ansicht, die Alkaloide spielten eine Rolle als Reserve-
stoffe, ist wohl nicht mehr aufrecht zu halten. Allgemeine Erzeug-
nisse des Stoffwechsels der Pflanze sind die Alkaloide nicht; denn sie
bilden sich nur in bestimmten Pflanzen, sind also nur charakteristisch
für den Stoffwechsel der betreffenden. Zweifelsohne steht ihre Bildung
in irgend einer Beziehung zum Eiweißstoffwechsel; vielleicht sind es
Umwandlungsprodukte, die durch den Zerfall zusammengesetzter stick-
stoffhaltiger Elemente, etwa der Eiweißsubstanzen, entstehen. Ob
äußere Einflüsse und welche im einzelnen Falle die Bildung des be-
treffenden Alkaloides in der Pflanze veranlassen, ist gleichfalls noch
unerforscht; doch ist erwiesen, daß Klima und Standort der Pflanze
in vielen Fällen den Alkaloidgehalt der Pflanze beeinflussen. Tatsache
ist, daß die wildwachsenden Individuen im allgemeinen alkaloid-
reicher, bei den Giftpflanzen also giftiger sind als die kultivierten.
Dies ist z. B. erwiesen für die Tollkirsche (Atropa), den Stechapfel
(Datura), den Gefleckten Schierling (Conium), den Eisenhut (Aco-
nıtum), den Rittersporn (Delphinium); bei den Cytisusarten sollen
jedoch die kultivierten Exemplare alkaloidreicher sein als die wild-
wachsenden.
Die Ansammlung der Alkaloide kann in allen Teilen der Pflanze
erfolgen; in vielen Fällen ist kein Organ der betreffenden Pflanze
alkaloidfrei, z. B. bei der Tollkirsche (Atropa), andererseits gibt es
Pflanzen, bei denen der Alkaloidgehalt auf bestimmte Organe beschränkt
und oft nur in ganz bestimmten Teilen der letzteren nachweisbar ist.
So sind z.B. die Alkaloide der Frucht von Conium maculatum nur
in der Fruchtschale, diejenigen der Frucht von Colchicum nur in der
XVI Einleitung.
Samenschale, die der Aconitumarten nur im Nährgewebe der Samen
vorhanden; die Papaver- und Nicotianaarten beherbergen die Alkaloide
nur in Stengeln und Blättern, während ihre Samen ganz alkaloidfrei
sind. Reichlich treten sie im allgemeinen in den jungen Organen,
z. B. in den Vegetationspunkten, also dort, wo die Lebenstätigkeit am
kräftigsten ist, auf. Den Ort ihrer ersten Bildung haben wir zweifellos
in den Blättern zu suchen, die vielleicht als ihre Hauptbildungsstätten
anzusehen sind, aus denen sie sich dann in regelmäßigem Strome in
die übrigen Teile der Pflanze verteilen und an einzelnen Orten an-
häufen. Letzteres besonders im Parenchym, in besonderen Behältern
(z. B. den Milchröhren), ferner im Mark in der Peripherie des Stengels
und in der Rinde.
Verbreitet finden sich die Pflanzenbasen in fast allen Gruppen
des Pflanzenreiches, besonders bei den höheren Pflanzen. Durch
Reichtum an giftigen Alkaloiden zeichnen sich aus: die
Liliaceen (Colehicum, Veratrum, Fritillaria), Ranunculaceen (Del-
phinium, Aconitum), Papaveraceen (Papaver, Chelıdonium), Papi-
lionaceen (Üytisus, Colutes), Umbelliferen (Conium, Aethusa, Ci-
cuta), Solanaceen (Nicotiana, Atropa, Datura, Hyoscyamus, Lycium,
Solanum), Cucurbitaceen (Bryonia). Sie finden sich aber auch bei
den Pilzen, z. B. im Mutterkorn, im Fliegenpilz u. a.
Selten findet man dieselbe Base in mehreren Familien verbreitet,
meist ist ihr Vorkommen auf eine Pflanzenart oder doch auf eine
bestimmte Familie beschränkt und oft charakteristisch für dieselbe;
so kommt das Colchicin nur in Colchicumarten, das glykosidartige
Alkaloid Solanin in den Solanumarten, das Nikotin in Nicotiana
vor. Arten oder Gattungen, die sich durch Alkaloidreichtunı aus-
zeichnen, enthalten oft nicht eine einzige, sondern mehrere, sich
chemisch nahestehende Basen, die einen gemeinsamen Ursprung haben
oder leicht ineinander übergehen, z. B. die Opiumbasen: Morphin,
CGodein, Thebain, Papaverin, Narkotin, die alle im Milchsafte
von Papaver somniferum enthalten sind; das Atropin, Hyoscyamin,
Atropamin, Belladonnin, die zusammen oder einzeln in Atropa,
Hyoscyamus und Datura vorkommen.
Ob einzelnen Alkaloiden nach ihrer Bildung noch eine weitere
Bedeutung für den pflanzlichen Stoffwechsel beizulegen ist, bedarf
noch näherer Untersuchung. Für manche ‚giftige Alkaloide ist eine
solche als Schutzmittel gegen Tierfraß allgemein angenommen, und
scheint ihre Ablagerung in den äußeren Gewebslagen, in der Rinde,
den Haaren und den Milchsaftgefäßen auch für die Richtigkeit dieser
Einleitung. Xxvi
Annahme zu sprechen. Manche Tiere sind aber augenscheinlich gegen
bestimmte giftige Alkaloide völlig immun, z. B. die Tollkirschen ver-
zehrenden Vögel.
Die Alkaloide der Giftpflanzen zählen zu den stärksten
Giften, die, in kleiner Menge genossen, schon die Gesundheit schä-
digen oder den Tod herbeiführen können. Mehrere, z. B. Atropin,
werden in der Heilkunde angewandt. Die Vergiftungserscheinungen
sind häufig so charakteristisch, daß aus ihnen schon auf das in Frage
kommende Gift geschlossen werden kann. Im allgemeinen ge-
hören die Alkaloide zu den narkotisch wirkenden Stoffen, die
kurz nach der Aufnahme in den menschlichen Körper Schwindel,
Ohrensausen, zuweilen Kopfschmerz verursachen. Nach einer oft kaum
bemerkbaren, oft starken Aufregung, die sich bis zum Delirium stei-
gern kann, und die oftmals mit Krämpfen verbunden ist, tritt eine
allgemeine Erschlaffung und das Gefühl völliger Betäubung ein. Der °
Vergiftete fällt allmählich in Schlaf. Die Haut ist unempfindlich und
kalt, das Gesicht bleich, die Pupillen sind erweitert oder verengt, der
Atem ist langsam und mühsam. Unter allgemeinen Lähmungserschei-
nungen tritt nach 2 bis 12 Stunden der Tod ein. Auf Genesung ist
zu hoffen, wenn es gelingt, bald reichliches Erbrechen zu erzeugen,
was übrigens meist nur durch Anwendung starker Mittel möglich ist,
und durch kalte Umschläge auf Kopf und Gesicht der zunehmenden
Betäubung Einhalt zu tun, oder endlich, wenn bei reichlichem Schweiß-
ausbruch der Kranke in einen natürlichen, ruhigen Schlaf fällt.
Die Glykoside sind meist kristallisierende in den verschiedenen
Pflanzenteilen und zwar besonders in der Rinde, den Wurzelstöcken
und Früchten, aber auch in krautartigen Teilen, gelöst im Zellsaft,
vorkommende Stoffe, die unter der Einwirkung von Säuren
oder Enzymen in einen Zucker (Traubenzucker, Galaktose oder
Rhamnose) und andere Stoffe (Aldehyde, Alkohole, Säuren) zer-
fallen. Die Glykoside sind in Wasser meist leicht löslich und besitzen
einen bitteren Geschmack. Ihr molekularer Aufbau ist größtenteils
noch unbekannt und die Zusammenfassung der hierhin gezählten Stoffe
mehr durch ihr gemeinsames physiologisches, als durch ihr chemisches
Verhalten berechtigt.
Die physiologische Bedeutung der Glykoside für die Pflanze
ist vielleicht darin zu suchen, daß der Zucker einen, allerdings erst
unter bestimmten Bedingungen, nämlich bei Einwirkung eines spezi-
fischen Enzyms, freiwerdenden Reservestoff darstellt. — Inwieweit den
Glykosiden oder den durch Spaltung daraus hervorgehenden Stoffen
Esser, Giftpflanzen. TI
XVII Einleitung.
eine biologische Bedeutung für die betreffende Pflanze, etwa als
Schutzstoffe gegen Angriffe seitens der Tiere, zuzusprechen ist, bedarf
noch eingehender Nachforschung.
Giftige Glykoside kommen in den verschiedensten Pflanzenfamilien
vor; nicht selten treten sie im Inhalte von Milchröhren auf; besonders
reich sind an ihnen: die Ranunculaceen (Adonis, Helleborus), Papilio-
naceen (Coronilla, Wistaria), Ericaceen (Andromeda, Rhododendron,
Azalea), Asclepiadaceen (Asclepias, Vincetoxicum), Scrophularia-
ceen (Gratiola, Digitalis, Pedicularis, Rhinanthus). Auch bei den
glykosidhaltigen Pflanzen sind die wildwachsenden giftiger als die
kultivierten, z. B. die Fingerhut- (Digitalis-) Arten.
Ihrer chemischen Natur nach zu den Glykosiden sind auch die
Saponine zu rechnen, Stoffe, die in dem Pflanzenreiche und zwar
gelöst im Zellsafte gleichfalls sehr viel, durch 46 Familien, in über
200 Arten verbreitet und meist giftig sind. Über ihre physiologische
Bedeutung in der Pflanze ist man noch ganz im Unklaren. Wahr-
scheinlich werden sie in den Blättern gebildet und von dort zu den
anderen Organen (Stengeln, Wurzeln) geleitet, wo sie vielleicht ein
Schutzmittel gegen Angriffe seitens der Tiere bilden. Die Saponine
bilden amorphe, weiße Substanzen, von brennendem, bitterem Ge-
schmack, die in Pulverform stark zum Nießen reizen. Sie sind un-
löslich oder kaum löslich in Alkohol und Äther; in Wasser wenig
lösbar. Die Lösung ist schon bei geringem Saponingehalt stark schäu-
mend, daher die Bezeichnung und die Verwendung an Stelle von Seife
zum Waschen.
Als Glykoside zerfallen die Saponine bei Behandlung mit Säuren
in Zucker und spezifische „Sapogenine“, deren chemische Zusammen-
setzung bisher in keinem Falle festgestellt worden ist.
Besonders reich an giftigen Saponinen sind von den ein-
heimischen Pflanzen diejenigen aus der Familie der Araceen (Arum,
Calla), Caryophyllaceen (Saponaria, Agrostemma), Primulaceen
(Cyelamen).
Die Giftwirkung der Saponine, die teilweise schon bei
kleiner Menge derselben sich äußert, tritt am intensivsten
auf bei direktem Eintritt in das Blut; sie besitzen neben einer
protoplasmaabtötenden Wirkung die Fähigkeit, die Blutkörperchen auf-
zulösen. Dieser Vorgang äußert sich am intensivsten an Blut, welches
vom Serum befreit worden; das letztere scheint demnach einen Schutz-
körper gegen die Wirkung der Saponinsubstanzen zu besitzen, und ver-
mutet man jenen im Cholesterin des Serums, welches die Saponine
Einleitung. XIX
chemisch zu verbinden vermag. Auf Fische wirken Saponine noch in
sehr großer Verdünnung giftig; saponinhaltige Pflanzenteile finden
daher vielfach zur Betäubung der Fische beim Fischfangen Verwendung.
Glykosidischen Ursprunges ist auch die Blausäure (der
Cyanwasserstoff CHN), welche im Pflanzenreiche, wenn auch oft nur
vorübergehend und in geringer Menge, weit verbreitet vorkommt.
Blausäure liefernde Glykoside (Nitrilglykoside) sind Stoffe, die
unter Einwirkung äußerer Agenzien (z. B. durch bestimmte Fer-
mente) eine Zersetzung erleiden, die stets Zucker und Cyan-
wasserstoff (Blausäure) liefert. In den meisten Fällen hat man
in den Teilen der betreffenden Pflanze neben den Glykosiden auch
die diese spaltenden Stoffe, in Form von Enzymen gefunden.
Die hier in Frage kommenden Glykoside entstehen in den grünen
Blättern der blausäurehaltigen Pflanze und finden sich meist in den
jungen Teilen der Triebe, z.B. in den Blattknospen; sie spielen in den
Stoffwechselvorgängen der Zellen dieser Pflanzenteile vielleicht eine
bedeutungsvolle, zurzeit jedoch noch unbekannte Rolle; abgelagert
treffen wir sie als stickstoffhaltige Reservestoffe weiterhin in manchen
Samen, und zwar reichlicher in denen mehrerer Gattungen aus der
Familie der Rosaceen.
Das am längsten bekannte, blausäureabspaltende Glykosid ist das
in den Samen, der Rinde und den Blättern vieler Pomaceen und
Prunaceen, z. B. reichlich in den Samen der bitteren Mandeln
(Amygdalus communis), in geringerer Menge in denjenigen der Pfir-
siche, Aprikosen und Pflaumen und in der Rinde des Faulbaumes
(Prunus padus) vorkommende Amygdalin (C,H,;,NO,,), das rein dar-
gestellt farblose, gut kristallisierende Prismen bildet; es zersetzt sich
erst bei 200°C. In den Blättern und Stengeln des Kirschlorbeeres
(Prunus laurocerasus) kommt das Glykosid: Prulaurasin (C,,H,-NO,)
vor. Die das Amygdalin spaltenden Enzyme, deren chemische Natur
zurzeit noch ebenso unbekannt ist wie diejenige der meisten anderen
Fermente, faßt man als Emulsin zusammen. So viel steht fest,
daß auf bestimmte Glykoside nur bestimmte Enzyme, z. B. auf das
Amygdalin nur das Emulsin zerspaltend einwirken können. Das letz-
tere scheint vorwiegend im Strangsystem der Pflanzenteile abgelagert
zu sein, während das Amygdalin in den Parenchymgeweben ver-
breitet ist.
Weder das Amygdalin noch das Emulsin sind für sich allein
giftig. Auch das Bittermandelöl, der Träger des eigentümlichen
“ Geruchs der Blausäure, ist an sich nicht giftig; aber es bindet Blau-
AR; Einleitung.
säure und wird dadurch giftig. Reichlich finden sich Amygdalin und
Emulsin gemeinschaftlich, aber getrennt voneinander in den Keim-
blättern der Früchte des Mandelbaumes, den sogenannten „bitteren
Mandeln“. Die Einwirkung des Fermentes Emulsin auf das Glykosid
und die Bildung von Blausäure kann also erst erfolgen, wenn die
Zellen der Keimblätter zerstört, z. B. die bitteren Mandeln zerrieben
oder gekaut werden. Die Wirksamkeit des Emulsins wird durch Er-
hitzen über 100°C, sowie durch Pepsin und durch eine 0,135 prozentige
Salzsäurelösung aufgehoben. Beim Verzehren von bitteren Mandeln
gelangt also nur diejenige Menge Blausäure in den Körper, die beim
Zerkauen der Samen im Munde entstanden ist, da im Magen die
weitere Abspaltung jenes Giftes durch den pepsin- und salzsäurehaltigen
Magensaft unterbunden wird.
Die wasserfreie Blausäure ist eine Flüssigkeit, die bei
— 15°C erstarrt und bei + 26,5°C siedet; bei gewöhnlicher Tienttpekiifik:
verdunstet sie also schon stark. Der ihr eigentümliche Geruch rührt
von Bittermandelöl her. — In verdünnter Lösung, z. B. im „Bitter-
mandelwasser“* und im „Kirschlorbeerwasser* (enthält bis zu 0,1 Proz.
Blausäure) wird die Blausäure medizinisch angewandt. Im „Kirsch“-
und im „Zwetschenwasser“ sind gleichfalls geringe, aus den Obstkernen
stammende Mengen Blausäure enthalten.
Die Blausäure gehört zu den auf den tierischen Organis-
mus am stärksten giftig wirkenden Stoffen. Sie äußert ihre
Wirkung stets, gleichviel auf welchem Wege sie in den Körper gelangt.
In konzentrierter Form, als flüssige Blausäure eingenommen, treten die
ersten Vergiftungserscheinungen schon nach wenigen Sekunden oder
ein bis zwei Minuten ein. Auf welche Organe und auf welche Weise
die Blausäure auf diese einwirkt, ist noch nicht mit Sicherheit fest-
gestellt; nach einigen sollen Gehirn und Rückenmark, nach anderen
das Herz und Gefäßsystem gelähmt werden. Je nach dem Grade der
Vergiftung äußert sich die Wirkung verschieden. Bei starker Ver-
giftung durch Blausäure stürzt der Vergiftete, oft einen Schrei aus-
stoßend, zusammen und stirbt gefühl- und bewußtlos, ohne Krämpfe,
nach einigen Minuten; bei schwacher Vergiftung ist die Haut kalt und
gefühllos, die Atmung langsam, krampfhaft, der Atem selbst riecht
nach bitteren Mandeln; der Puls wird langsam, und unter Krämpfen
erfolgt nach einer Viertel- bis halben Stunde der Tod. Rettung ist
nur bei leichten Vergiftungsfällen durch sofortige Hilfe, und zwar in
erster Linie durch Entfernung der blausäurehaltigen rkei aus
dem Magen möglich.
. Einleitung. XXI
Unter gewissen, noch nicht näher bekannten Bedingungen soll
auch in anderen, bisher nicht für giftig gehaltenen Samen einzelner
Pflanzen aus der Familie der Rosaceen Blausäure entstehen. So wurde
solche z. B. in den Samen des Weißdorns (Ürataegus oxyacantha)
nach einer vorgekommenen Vergiftung durch den Genuß von Beeren
dieses Strauches nachgewiesen.
Für nicht ganz ungiftig wird das in manchen Pflanzen frei vor-
kommende, chemisch zur Gruppe der Lecithine gehörende Cholin ge-
halten. Wenn auch die direkte Giftigkeit desselben vielfach noch an-
sezweifelt wird, so kann es doch durch Bildung des giftigen Neurins
zum Ausgangspunkt von Vergiftungen werden. Frei kommt es vor unter
anderem im Pantherpilz (Amanita pantherina), im Fliegenpilz
(Amanita muscaria), im Mutterkorn (Claviceps purpurea) und in
manchen Samen höherer Pflanzen. In naher Beziehung zum Cholin
steht das in den genannten Pilzen vorkommende Musecarin; als Zer-
setzungsprodukt des Cholins und des Muscarins tritt in den genannten
Pflanzen das „Trimethylamin“ auf; mit Cholin identisch soll das
Amanitin des Fliegenpilzes sein. Über den Ort und die Art der Bil-
dung: der genannten Stoffe in der Pflanze sind wir zurzeit noch sehr
ungenügend unterrichtet.
Vergiftungen durch Pflanzen können sehr verschiedene
Ursachen zugrunde liegen, und die Veranlassungen dazu recht
mannigfaltige sein. Meist erfolgen sie durch Genuß giftiger
Pflanzenteile, vornehmlich aus Unkenntnis derselben veranlaßt; in
anderen Fällen kann unvorsichtige, oft leichtsinnige An-
wendung giftiger Pflanzenteile in größeren Mengen, etwa als
Arzneistoffe in sogenannten Volks- oder Hausmitteln, Veranlassung
zu schweren Erkrankungen werden! — Selbstvergiftungen,
.d. h. Selbstmorde durch Pflanzengifte, stehen schon im Altertume
nicht vereinzelt da. — Benutzung der Giftpflanzen zum Morde
finden wir schon in den ältesten Zeiten bei allen Völkern verbreitet,
und seit der Tätigkeit der berühmten Giftmischerin Medea hat es
bis in die neueste Zeit nicht an Beispielen von Giftmischerei, besonders
durch Frauen ausgeführt, gefehlt.
Die rationelle Behandlung der Vergiftung, d. h. die Besei-
tigung der Krankheitserscheinungen nach den Regeln der
Wissenschaft, ist Aufgabe des Arztes. Lediglich dieser kann
nach Beobachtung der Vergiftungserscheinungen, nach Feststellung des
Grades der Vergiftung und nach genauer Untersuchung des Kranken,
beurteilen, welche weitere Behandlung Platz zu greifen hat, und welche
XXI Einleitung.
arzneilichen Gegenmittel in Anwendung gebracht werden dürfen. Der
Laie möge sich bis zur Ankunft des Arztes darauf be-
schränken, unter Anwendung aller zu Gebote stehenden
Mittel, das Gift aus dem Körper zu entfernen, oder bei Ver-
wundungen die Weiterverbreitung des Giftes durch Unter-
bindung der Blutbahn zu verhindern, und bei narkotischen
Giften die zu befürchtende Betäubung nicht aufkommen zu
lassen. Das letztere läßt sich erreichen, wenn der Kranke, von zwei
Personen gestützt, in frischer Luft unaufhaltsam hin und her geführt
wird, wobei durch beständiges Sprechen und Fragen seine Aufmerk-
samkeit rege zu halten ist. Kalte Wassergüsse oder Eisumschläge
auf den Kopf sind weiterhin als lindernde und ableitende Mittel an-
gebracht.
Zur Entfernung des Giftes aus dem Magen nehmen die brechen-
erregenden Mittel seit alter Zeit eine hervorragende Stelle ein.
Manche Gifte reizen schon von Natur zum Erbrechen, in welchem
Falle das letztere nach Möglichkeit zu begünstigen ist. Durch Kitzeln
des Schlundes und Gaumens mit dem Finger oder einer Feder, durch
Gaben von das Brechen erleichternden Flüssigkeiten (lauwarmes Wasser,
schwacher Kaffee, Kamillenaufguß oder anderer Mittel, die gerade zur
Hand oder schnell zu beschaffen sind) ist dafür zu sorgen, daß der
Magen rasch von dem Gifte geleert wird; hierbei ist sehr wichtig, die
Anwendung der Brechmittel solange fortzusetzen, bis man annehmen
darf, daß kein Rest des Giftes mehr im Magen zurückgeblieben ist.
Bei Vergiftungen durch die sogenannten scharfen Gifte stellt sich
in den meisten Fällen das Erbrechen von selbst ein oder es ist mit
den oben genannten Mitteln leicht hervorzurufen.
Narkotische Gifte bewirken bald eine Lähmung des Magens, und
kann dann das Erbrechen meist nur durch die stärksten Mittel erregt
werden. Die Wirkung des letzteren kann dadurch begünstigt werden,
daß man den Kranken, wie vorhin angegeben, in beständiger Bewegung
hält. Der Arzt wird in solchen Fällen ohne Verzug zum Auspumpen
des Magens schreiten.
Fliegenpilz. 1
Flieeenpilz Amanita muscaria (Pers.).t
Tafel l, Fig. 1. Wandtafel 1, Fig. 3.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Amanita von amanitai (gr.), womit die Griechen alle Erdschwämme be-
zeichneten. Agaricus muscarius L.
Agaricus von agarikön (gr.), dem Zunderschwamm, nach Dioskorides von
einer Landschaft Sarmatiens „Agaria“ genannt; muscarius von musca, Fliege.
Fliegenpilz, weil er, in Milch gekocht, zur Vertilgung der Fliegen benutzt wird.
Beschreibung. Hut und Stiel sind im Jugendzustande in einer
gemeinsamen Hülle eingebettet, welche später, wenn der Stiel sich
streckt, zerreißt; ihr unterer Teil bleibt am knolligen Grunde des
Stieles als Scheide sitzen, ihr oberer Teil bleibt dem Hute zunächst
fest angeheftet, zerreißt aber bei der Ausdehnung des letzteren in
Stücke, die als weiße Fetzen an demselben sitzen. Der Rand des Hutes
ist mit dem Stiel durch einen Schleier verbunden, der später zerreißt
und als häutiger Ring (Manschette) um den Stiel angeheftet bleibt. —
Der Stiel ist oberhalb des Ringes fein längsgestreift (es sind die
Stellen, an denen im Jugendzustande des Hutes die Blätter desselben
mit ihrer unteren Schneide auflagen), unterhalb des Ringes glatt, meist
weiß gefärbt, innen weiß, zuerst markig, später hohl. — Der Hut
ist zuerst halbkugelig, scharlachrot, er breitet sich allmählich flach
aus, und im Alter erhebt sich der Rand etwas, so daß der Hut
innen schwach vertieft ist. Seine Färbung geht dann ins Gelbrote
und zuletzt ins Ledergelbe über. Die Oberfläche ist glänzend; ın
der Jugend ist er von den weißen Fetzen der Überreste der Hülle
wie mit weißen Warzen bekleidet, die jedoch später vom Regen fort-
gespült werden. — Die Blätter (Lamellen) sind weiß, radial am
Stiele angeordnet, mit messerschneideförmigem, unterem Rande. —
Fleisch weiß, an der Luft unveränderlich, hat einen faden Geschmack
und Duft.
Der Pilz ändert ab in der Größe aller Teile (Amanita puella
Fers.) und kommt auch mit gelblichem Stiele vor (Amanita formosa
Rabenh.). Verwechselungen dieses Giftpilzes mit ähnlichen kommen
in Deutschland im allgemeinen nicht vor, da er durch seine Färbung
‘zu leicht kenntlich ist. In Südeuropa dagegen findet sich der ihm
ähnliche, als Speisepilz geschätzte Kaiserschwamm (A. caesaria), der
Esser, Giftpflanzen. 1
2 Fliegenpilz.
nördlich vereinzelt auch in Böhmen, in der Lausitz und in Baden vor-
kommt. Blätter, Stiel und Fleisch des letzteren sind aber gelb.
Biologisches. Der Fliegenpilz nimmt teil an der Pilzwurzel-
bildung (Mykorhiza) der Waldbäume (siehe Juniperus Sabina).
Standort und Verbreitung. In lichten Nadel- und Laubholz-
wäldern, am Rande von Waldwiesen von August bis Oktober in Deutsch-
land allgemein verbreitet.
Gift und dessen Wirkung. Der Fliegenpilz ist der augenfälligste
Pilz unserer Wälder, der nur im Jugendzustande mit eßbaren Pilzen
verwechselt werden und zu Vergiftungen Veranlassung geben kann. Er-
brechen, Leibschmerzen, Schwindel, Ohnmacht, schwacher Puls sind die
Erscheinungen, welche sich nach dem Genuß von Fliegenpilzen ein-
stellen, meist führt die Vergiftung jedoch nicht zum Tode. — Eine
Abkochung der Pilze in Milch wird zur Tötung der Fliegen benutzt. —
Der Träger des Giftes ist das Alkaloid: Muscarin (C,H,,NO,), rein
dargestellt geruch- und geschmacklose, farblose, an der Luft leicht
zerfließliche Kristalle. — Das Muscarin steht in naher Beziehung zu
dem „Cholin*, aus dem es durch Oxydation entstehen kann. Mit
Cholin ist das nicht giftige „Amanitin“ des Fliegenpilzes identisch,
welch letzteres aber leicht in das giftige sog. „Pseudomuscarin“
übergehen kann. — Beim Erhitzen des Muscarins bildet sich Trimethyl-
amin. — Das Muscarin ist ein sehr intensiv wirkendes Gift, welches
die Herztätigkeit lähmt, die Pupille verengt und hierin sowie in seiner
sonstigen Einwirkung auf den tierischen Körper eine dem Atropin
(siehe Atropa belladonna) entgegengesetzte Wirkung ausübt, so daß
eine Vergiftung durch Muscarin durch eine Atropingabe schnell ge-
hoben werden kann. — Außer dem Muscarin soll der Fliegenpilz noch
ein besonderes, leicht zersetzliches, nicht näher bekanntes „Pilzgift“
enthalten. — Der Fliegenpilz ist frisch und gekocht giftig, jedoch
scheint der Giftgehalt nicht an allen Standorten der gleiche zu sein;
in manchen Gegenden wird er abgekocht, nach Abgießen des Koch-
wassers, in anderen Gegenden, z. B. im Erzgebirge, wird er ohne ent-
giftende Vorbereitung gegessen. In Japan ist er z. B. weit weniger
giftig als in Europa. In Lappland, in Kamtschatka und Ostsibirien
wird er noch verzehrt und zur Herstellung eines berauschenden Ge-
tränkes benutzt, das in eigentümlicher Weise eine Erhöhung der
Körper- und Geisteskräfte, die mit Wahnvorstellungen aller Art ver-
bunden ist, bewirkt. In diesen Fällen ist die Wirkung des Giftes auf
die einzelnen Individuen sehr verschieden; während die einen in traurige
Stimmung versetzt werden, ‚geraten die anderen in hochgradige Er-
regung und Wut, in der sie zu außergewöhnlichen Kraftleistungen
befähigt sind. Die „Berserkerwut“ der Nordmänner soll gleichfalls -
eine Folge des Genusses von Fliegenpilzen sein.
Tafel 1. Tafel 1.
7
7370 3
Ban EN Ü Ih 1120. y) WIR
—
1 Fliegenpilz. Amanita muscaria Pers. 2 Knollenblätterpilz. Amanita
bulbosa Pers. 3 Mutterkorn. Claviceps purpurea Tul. 4 Kartoffelbovist.
Seleroderma vulgare Fr. 5 Speiteufel. Russula emetica Fr.
Knollenblätterpilz. 5
Knollenblätterpilz. Amanita bulbosa (Pers.).t
Tafel 1, Fig.2. Wandtafel 1, Fig. 2.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Amanita siehe Amanita musearia; bulbosus mit einer Knolle versehen.
Amanita phalloides Fr.; Agarieus bulbosus Bull.
Knollenwulstling, Knollenschwamm, Sehierlingspilz, Gichtschwamm.
Beschreibung. Hut und Stiel in der Jugend in einer gemein-
samen Hülle eingebettet, die bei der Streckung des Stieles an der
Spitze des Hutes aufbricht und teils am Grunde des Stieles als Scheide
um den knolligen Fuß des Stieles sitzen bleibt, teils die Oberfläche
des Hutes in Form von großen, gelblichgrünen Warzen bedeckt. Der
Stiel entspringt aus einer kugelförmigen, braunhäutigen Knolle; er ist
etwa fingerhoch, unten dick, nach oben sich schnell verjüngend; weiß,
mit häutigem, herabhängendem, zerrissenem, weibem oder gelblichem
gestreiftem, leicht vergänglichem Ring; oberhalb des letzteren ist der
Stiel feingestreift, unterhalb desselben mit kleinen Fäserchen bedeckt;
im Innern zuerst voll, nachher oben hohl. Hut anfangs glockenförmig,
später flachgewölbt bis 8 cm breit, schwach glänzend, feucht, etwas
klebrig, glatt oder mit großen gelblichgrünen, vom Regen leicht ab-
spülbaren Warzen bedeckt. Die Farbe des Hutes ändert sehr ab von
weiß, gelblichweiß, schwefelgelb, gelbgrün bis olivenbraun. — Die
Blättchen (Lamellen), am Stiel radial angeordnet, dichtstehend, an
geöffneten Pilzen stets weiß, nie rosa oder bräunlich, in noch ge-
schlossenen Hüten jedoch, wie beim Champignon, rötlich. — Das
Fleisch riecht widerlich nach rohen Kartoffeln; Geschmack desselben
anfangs milde, nachher bitter.
Der Pilz ändert ab in der Farbe des Hutes (siehe oben) und sind
die verschiedenen Abarten nach dieser benannt.
Verwechselungen dieses Pilzes mit dem ihm sehr ähnlich sehen-
den echten Champignon sind leicht möglich; die meisten Pilzvergiftungen
sind auf eine solche zurückzuführen. Er unterscheidet sich vom Cham-
pignon durch die weißen, den Stiel berührenden (beim Champignon
rötlichen, den Stiel nicht berührenden) Blätter; die grünlichgelbe,
feuchte, schmierige, glänzende, unverletzt oft mit Warzen bedeckte
Oberfläche des Hutes, die beim Champignon weiß oder bräunlich,
trocken, faserig-schuppig ist; durch den knolligen, braunhäutigen Fuß
1*
4 Knollenblätterpilz.
des Stieles; durch den unangenehmen Geruch des Fleisches nach rohen
Kartoffeln, während derjenige des Champignons aromatisch-anisartig ist.
Standort und Verbreitung. In lichten Wäldern, an Waldrändern,
auf Moosplätzen, von Juli bis September, oft schon im Mai, zuweilen
recht zahlreich.
Gift und dessen Wirkung. Der Knollenblätterpilz ist einer
unserer gefährlichsten Giftpilze, der wegen seiner Ähnlichkeit mit dem
Champignon bei den meisten und schlimmsten, fast stets zu Tode
führenden Vergiftungställen eine Rolle spielt; die Vergiftungserschei-
nungen treten verhältnismäßig spät nach dem Genuß der Pilze, meist erst
10 bis 12 Stunden nachher auf, währenddessen sich das Gift durch den
ganzen Körper ausgebreitet hat. — Das Gift des Knollenblätterpilzes
ist das Phallin; es gehört zu den Toxalbuminen, d. h. zu den
giftigen, eiweißhaltigen, noch wenig erforschten Stoffen, die in tierischen
und pflanzlichen Organismen vorkommen. Das Phallin ist, wie alle
Toxalbumine, ein Blutgift, welches die roten Blutkörperchen zerstört.
— Außer diesem ist in dem Knollenblätterpilz noch ein seiner Wirkung
nach nicht näher erforschtes Alkaloid nachgewiesen.
Kartoffelbovist.
ou
Kartoffelbovist. Seleroderma vulgare (Fr.).
Tafel 1, Fig. 4. Wandtafel 1, Fig. 6.
Fam.: Bauchpilze. Gasteromycetes.
Scleroderma von sklerös (gr.), hart, und derma (gr.), Haut, wegen der festen
Schale; vulgare gemein, überall vorkommend.
Kartoffelbrätling; Hartbovist; Schweinetrüffel.
Beschreibung. Der Fruchtkörper entwickelt sich aus einem
dichten Mycel unter der Erdoberfläche, durchbricht diese aber bald
und erhebt sich auf stielförmigem Fußteile über die Erde, an der er
durch dicke, wurzelähnliche Mycelstränge befestigt ist. Fruchtkörper
fast kugelrund, 2 bis 7’cm im Durchmesser, etwas abgeplattet. Die
Hülle desselben ist dick, lederartig, hart, anfangs glatt, später im
oberen Teile rissig, gefeldert; braun, unten gelblich, im Alter auch
oberseits gelb. Das Innere ist von einer trockenen, festen, blauschwarzen
Masse angefüllt, die von feinen, weißen Fäden durchzogen ist; im Alter
zerfällt die Masse in schwarzen Staub (die Sporen) und braune Flocken;
das Innere des Pilzes duftet widrig scharf.
Verwechselungen mit Trüffeln sind bei dem ausgesprochen un-
angenehmen Duft, bei einiger Kenntnis des Pilzes und bei nötiger
Vorsicht kaum möglich. Häufig sollen von gewissenlosen Trüffelhändlern
junge, noch unreife, zerschnittene Kartoffelboviste den echten Trüffeln
beigemischt worden sein.
Standort und Verbreitung. In Wäldern, Wiesen, auf Heideland,
auf Weideplätzen, häufig unter Kiefern von Juli bis November, durch
ganz Deutschland verbreitet.
Gift und dessen Wirkung. Der Pilz wird allgemein als giftig
bezeichnet; jedenfalls ist der Genuß desselben gesundheitsschädlich;
auch getrocknet oder abgekocht verliert er nichts von seinen giftigen
Eigenschaften. Im frischen Zustande ist er an Geruch und Färbung
so gekennzeichnet, daß er wohl nicht leicht zu Vergiftungen Ver-
anlassung gibt. Junge Exemplare des Pilzes sollen in Scheiben ge-
schnitten oft in betrügerischer Absicht von Händlern den Trüffeln bei-
gemengt werden. In Böhmen und im Osten Deutschlands soll ein
Auszug des Pilzes wegen des Aromas als Brühe in der Küche Verwendung
finden. — Über die Inhaltsstoffe des Pilzes ist Näheres nicht bekannt.
6 Speiteufel.
Speiteufel. Russula emetica (Fr). +
Tafel 1, Fig.5. Wandtafel 1, Fig. 5.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Russula, Verkleinerungsform von russus, rötlich; emeticus, brechenerregend.
Agaricus emeticus Schaeff.
Speitäubling.
Beschreibung. Stiel etwa 4 bis 5cm hoch, 1 bis 1,5 cm dick,
glatt, meist etwas rötlich, selten ganz weiß, anfangs voll, später hohl,
ohne Ring. — Hut bis zu 13cm breit, anfangs glockig, später flach,
tellerförmig, mit etwas erhobenem Rande; Oberhaut glänzend, in’ der
Farbe veränderlich, je nach Standort und Alter, meist dunkelbraunrot
oder braungelb bis gelbrot. — Blättchen (Lamellen) sehr steif, weit-
läufig stehend, nicht mit dem Stiel verwachsen, sehr zerbrechlich, ohne
Milchsaft, mit scharfer Schneide, grauweiß. Fleisch weiß, unter der
Haut rötlich, unangenehm duftend und scharf schmeckend.
Verwechselungen mit eßbaren Russulaarten sind leicht möglich
infolge seiner sehr wechselnden Färbung.
Standort und Verbreitung. In feuchten Wäldern, Gehölzen, auf
feuchten Waldwiesen, stellenweise häufig vom Frühjahr bis zum Herbst.
Gift und dessen Wirkung. Von den Russulaarten gelten Rus-
sula emetica als sehr giftig, Russula foetens als weniger giftig. Der
Genuß des ersteren verursacht meist schwere Entzündungen des Magens
und Darmes und führt gewöhnlich zum Tode. Schon der widerliche
Geruch verursacht Kopfschmerzen und Schwindel. — Über die giftigen
Bestandteile dieser Pilze ist nichts Näheres bekannt. Der rote Farb-
stoff rührt von dem in den Pilzwandungen eingelagerten „Russula-
rot“, einem in Wasser und Alkohol löslichen Farbstoff, her.
Satanspilz.
Satanspilz. Boletus Satanas (Lenz).
Wandtafel 1, Fig. 1.
Fam.: Löcherpilze. Polyporaceae.
Bolites (gr.) bezeichnet bei den Griechen eine bestimmte Art ebbarer Pilze,
boletus bei den Römern; satanas, Satan. — Boletus sanguineus Kromh.
Blutpilz, Satansröhrling.
Beschreibung. Stiel anfangs dick, bauchig, später walzenförmig,
bis Scm hoch, oben schön gelb, mit einem purpurroten und zwischen
diesem noch mit einem gelben Adernetz gezeichnet. — Hut anfangs
halbkugelig, später polsterförmig, bis 20 cm breit; Oberhaut gelb oder
gelbbraun, mit grünlichem Ton, im feuchten Zustande schleimig. —
Röhrchen an der Unterseite des Hutes unter sich verwachsen, vom
Fleisch des Hutes leicht trennbar, am Stiel frei, innen gelb, an der
Mündung blutrot. — Fleisch dick, weiß oder gelblich, wird im Bruch
zuerst rot, dann schnell tiefblau; Geruch und Geschmack schwach,
nicht unangenehm.
Verwechselungen dieses Pilzes mit anderen kommen selten vor,
da er nicht häufig ist. Durch seine Färbung und sonstige bestimmte
Merkmale ist er so charakterisiert, daß er sich von einigen anderen
Boletusarten leicht unterscheidet. Ähnlichkeit hat er mit dem Schön-
fußröhrling und mit Boletus luridus, dem Hexenpilz.
Standort und Verbreitung. In Gebirgswäldern, unter Büschen,
auf Viehtriften und Grasplätzen im August, September, jedoch selten.
Gift und dessen Wirkung. Der Satanspilz gilt allgemein als
giftig, besonders im rohen Zustande; von anderen wird seine Giftigkeit
jedoch bezweifelt und darauf hingewiesen, daß er in Böhmen und
Schlesien als Speisepilz benutzt wird. Fälle von Vergiftungen durch
diesen Pilz dürften selten vorkommen, da er durch seine Färbung leicht
kenntlich ist, und weil er zu den selten vorkommenden Pilzen gehört.
— Die Inhaltsstoffe der giftigen Boletusarten sind noch nicht näher
bekannt; wahrscheinlich ist die Giftigkeit bedingt durch Muscarin
(siehe Amanita muscaria) oder ein diesem nahestehendes Alkaloıd. —
Die rote Färbung einzelner Teile des Pilzes wird von einigen dem nicht
näher untersuchten, rein dargestellt rote Kristalle bildenden „Boletol“,
von anderen der in manchen Boletusarten vorkommenden „Luridussäure“
zugeschrieben.
8 Mutterkorn.
Mutterkorn. CGlaviceps purpurea (Tulasne).t
Tafel 1, 2a und 2b. Wandtafel 1, Fig. 4.
Fam.: Kernpilze. Pyrenomycetes.
Claviceps von clava, Keule, und ecaput, Kopf; purpurea — purpurrot.
Hungerkorn, Hahnensporn, Kribbelkorn, Roggenmutter, Kornzapfen.
Beschreibung und Entwickelung. Die erste Entwickelung dieses
Pilzes, die zur Bildung des Mutterkornes führt, nimmt ihren Anfang
mit dem Anfliegen einer Sklerotiumspore des Pilzes zur Blütezeit des
Kornes auf den Fruchtknoten. Der aus der Spore austretende Keim-
schlauch durchbricht die Wand des Fruchtknotens, dringt in das Innere
desselben ein und erzeugt ein Geflecht vielfach verzweigter Pilzfäden,
die bald den ganzen unteren Teil des Fruchtknotens durchwachsen
haben (Tafel 2a, Fig. 1). Die Außenschicht dieses Pilzgewebes durch-
bricht später die Fruchtknotenwand und bildet an der Oberfläche in
die Luft hinausragende, schlauchförmige Zellen, die an ihrem äußeren
Ende zahlreiche weiße, ovale Zellen (Conidien) abschnüren (Tafel 2b,
Fig. 9 und 10). Diese Conidienzellen schwimmen in einer gleichfalls
von dem Pilze erzeugten klebrigen, gelben, süßen Flüssigkeit, dem
sogenannten „Honigtau“; sie sind befähigt, sofort zu keimen, wenn sie
auf einen anderen Fruchtknoten gelangen. Unter für den Pilz gün-
stigen Umständen wird durch sie die Krankheit schnell verbreitet, teils,
indem die angesteckten Ähren durch den Wind mit noch gesunden
in Berührung gebracht werden, teils auch durch zahlreiche Insekten,
die, der süßen Flüssigkeit nachstellend, die Sporen auf noch gesunde
Fruchtknoten übertragen. In diesem conidienbildenden Zustande ist
der Mutterkornpilz, bevor seine weitere Entwickelung bekannt war, als
Sphacelia segetum Lev. beschrieben worden. Die Pilzfäden dieser
Sphaceliaform wachsen nun, vom Grunde des Fruchtknotens nach oben
fortschreitend, zu einem die Form des Fruchtknotens im allgemeinen
beibehaltenden Pilzkörper aus (Tafel 2a, Fig. 2, 3, 4). Der letztere,
welcher an der Spitze zuerst noch die Überreste des jungen Frucht-
knotens als Mützchen trägt, wandelt sich allmählich in ein festes, dick-
wandiges, etwas hornförmig gekrümmtes, fettreiches, außen violett bis
violettbraun gefärbtes Gebilde: ein Sklerotium, das sogenannte Mutter-
korn, um (Tafel 1, Fig. 4; Tafel 2a, Fig. 4). Nach einer Ruhe von
Tafel 2a. Tafel 2a.
Claviceps purpurea.
1 Junger Fruchtknoten vom Spermogon erfüllt (12 mal vergr.). 2 Älteres Stadium
junger Fruchtknoten im Längsdurchschnitt (12 mal vergr.). 3 Beginn der Sklero-
tiumbildung (12 mal vergr.). 4 Halbentwickeltes Sklerotium (12 mal vergr.). 5 Halb-
entwickeltes Sklerotium im Längsdurchschnitt (12 mal vergr.). 6 Sklerotium mit
Fruchtkörpern. 7 Fruchtkörper (12 mal vergr.). 8 Fruchtkörper im Längsdurch-
schnitt (12 mal vergr.). |
Tafel 2b. | Tafel 2b.
RR
4 hr)
SAU )R/)
—
K
0'o 90,
15 Claviceps purpurea.
9 Querschnitt aus dem spermogonhaltigen Teile des Fruchtknotens (150 mal vergr.).
10 Mycelfaden vorstehenden Stadiums mit Conidien (300 mal vergr.). 11 Pilzparen-
chym eines Sklerotiums im Längsschnitt (300 mal vergr.). 12 Teil eines Frucht-
körpers mit zwei Perithecien (150 mal vergr.). 13 Einzelnes Perithecium (300 mal
vergr.). 14 Sporenschläuche aus dem Peritheeium (400 mal vergr.). 15 Sporen-
schlauch, fadenförmige Sporen entlassend (450mal vergr.). 16 Einzelne Sporen
(450 mal vergr.).
Mutterkorn. 1)
mehreren Monaten, die das Sklerotium am besten unter leichter Erd-
bedeckung zubrachte, treten aus seiner Oberfläche rötliche oder gelb-
liche Fruchtlager hervor, die in ihrer weiteren Entwickelung zu einem
Fruchtträger werden, bestehend aus einem bis 1 cm großen Stielchen
mit einem rotbraunen Köpfchen (Tafel 2a, Fig 6). Je nach der Größe
des Sklerotiums entstehen wenige oder viele solcher Fruchtträger. Die
runden Köpfchen sind bedeckt mit zahlreichen warzenförmigen Er-
hebungen (Tafel 2a, Fig. 7). Von diesen ist jede die sich später erst
öffnende Ausmündungsstelle eines länglichen, flaschenförmigen Behälters
(Tafel 2a, Fig. 8; Tafel 2b, Fig. 12), der von zahlreichen keulenförmigen,
an seinem Grunde entspringenden Schläuchen ausgefüllt ist. Jeder
dieser Schläuche birgt im Innern acht fadenförmige Sporen (Tafel 2b,
Fig. 14, 15, 16). Durch die Öffnungen auf den Warzen des Köpfchens
gelangen diese nach außen. Werden diese Sporen auf die Frucht-
knoten blühender Roggenpflanzen übertragen — in der Natur besorgen
Wind und Insekten dieses —, so keimen sie, und der geschilderte Ent-
wickelungsgang beginnt von neuem.
Standort und Verbreitung. Die Hauptnährpflanze des Mutter-
kornpilzes ist der Roggen; außerdem finden sich noch Clavicepsarten
auf zahlreichen anderen Gräsern. Noch unentschieden ist jedoch, ob
es sich in allen Fällen um dieselbe Art handelt, oder ob deren mehrere,
auf bestimmte Grasarten beschränkte, zu unterscheiden sind. Leicht
übertragbar ist Claviceps purpurea durch Sporen auf Gerste, Spelt,
Dactylis glomer., Anthoxanthum odor., Arrhenatherum elatius, Poa-
arten u. a.; nicht übertragbar auf Lolium, Brachypodium silv., Milium
effusum u. a. Da die auf den letzteren vorkommenden Ulavicepsarten
morphologisch gar nicht von Claviceps purpurea zu unterscheiden sind,
so nimmt man an, daß es nur biologische Formen einer einzigen mor-
phologischen Art sind.
Gift und dessen Wirkung. Der Mutterkornpilz ist giftig im
Sklerotienzustande. Der Genuß solcher Sklerotien oder von Brot, das
stark durch solche verunreinigt ist, erzeugt gefährliche Krankheiten,
die in früheren Zeiten, in denen der Getreidebau und die Reinigung
des Getreides weniger sorgfältig betrieben wurden, besonders in Jahren,
wo die Witterung die Entwickelung des Pilzes begünstigte, in fast allen
Ländern Europas seuchenartig auftraten. Von dem eigentümlichen
Gefühle des Kribbelns (Juckens) in Händen und Füßen, mit dem die
Krankheit beginnt, hat sie den Namen der „Kribbelkrankheit“ erhalten.
Im Mittelalter wurde sie in Deutschland fast allgemein „Antoniusfeuer“
genannt, weil man glaubte, durch Verehrung der Reliquien des hl. An-
tonıus könne der Seuche Einhalt getan werden. Starke Vergiftungen
durch Mutterkorn führen stets unter Krämpfen, Schwindel, Ohren-
sausen, furchtbaren Schmerzen, Atemnot zum Tode. In schweren Fällen
10 Mutterkorn.
werden die Glieder brandig und lösen sich vor dem Tode in den Ge-
lenken vom Körper ab; nach leichten Erkrankungen bleiben noch lange
schwere Nervenstörungen zurück. — Unsere Kenntnis von den giftigen
Inhaltsstoffen des Mutterkornpilzes ist sehr ungenügend und bedarf in
vielen Teilen noch der Aufklärung. Als unzweifelhaft giftig werden
angegeben das Alkaloid: Ergotin (C,,H;;N;0,) (von Ergot de seigle,
der französischen Bezeichnung für das Mutterkorn); das Cornutin, ein
sehr giftiges Alkaloid; die Sklerotinsäure und die vielleicht mit ihr
identische Ergotinsäure, beides stickstoffhaltige Glykoside; sodann
das Pierosklerotin, ein sich leicht zersetzendes und sehr giftiges
Alkaloid, endlich die stickstofffreie giftige Phacelinsäure.
Nach neueren Untersuchungen, die jedoch noch der Bestätigung
bedürfen, soll die Giftwirkung des Mutterkornes ausschließlich an ein
stickstofffreies Harz, das Phacelotoxin, gebunden sein.
Außer den genannten Stoffen sind im Mutterkorn noch zahlreiche
andere nachgewiesen, die nicht giftig sind, oder deren Giftigkeit noch
in Frage steht, so das Trimethylamin, das wohl auch hier, wie in
vielen Fällen, ein Zersetzungsprodukt des giftigen Cholins ist; das
Ergotinin, ein bis 0,1 Proz. im Mutterkorn enthaltenes kristallisier-
bares Alkaloid (C,,H,,N,0,); das Ergosterin (C,H, O0H--H,0), ein
kristallisierbares Phytosterin. Außerdem enthält das Mutterkorn reich-
lich Fett, Eiweißstoffe, sodann einen Farbstoff, das Sklererythrin, in
der dünnen äußeren Schicht des Kornes, etwas Zucker, Zellstoff u. a. —
Zu Heilzwecken fanden die Sklerotien, „das Mutterkorn“ (Secale
cornutum) schon im 16. Jahrhundert Verwendung. Allgemein werden
sie in der Heilkunde seit Ende des 17. Jahrhunderts benutzt.
Tafel 3. d Tafel 3.
Giftreizker. Lactarius torminosus Fr.
Von verschiedenen Seiten gesehen und längs durchschnitten.
Giftreizker. 11
Giftreizker. Lactarius {orminosus (Fr.).
Tafel 3.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Laetarius von lae= Milch, wegen des Milchsaftes; torminosus = tormina
— Leibweh, hervorbringend.
Agarieus torminosus Schaeff.
Giftiger Milehblätterschwamm, Birkenrietsche, weil mit Vorliebe unter Birken
wachsend; Giftmilehling.
Beschreibung. Der Stiel ist kurz, dick, brüchig, hohl, rötlich
gefärbt, Fleisch weiß. — Der Hut, 5 bis 8cm breit, jung flach ge-
wölbt mit stark eingebogenem Rande, später flacher, in der Mitte ein-
gedrückt, zuletzt oft schüsselförmig mit erhobenem Rande. Oberfläche
schwach klebrig, zottig, gegen den Rand zu weißzottig; in der Jugend
fleischrot, später rotgelb, zuletzt bräunlich mit dunkleren Zonen. —
Blättehen (Lamellen) gelblichweiß, dem Stiel angeheftet und an ihm
eine kurze Strecke herablaufend. — Fleisch weiß, brüchig, unver-
änderlich, von gefäßartigen Schläuchen durchsetzt, die einen weißen,
scharf schmeckenden Milchsaft enthalten, der bei der Verletzung des
Pilzes tropfenförmig herausquillt.
Verwechselung mit dem echten Reizker (Lactarius deliciosus) ist
kaum möglich, da letzterer an der ziegelroten Milch und dem grün-
spanfarbigen Hut leicht kenntlich ist.
Standort und Verbreitung. Auf Sandboden, in Laubwäldern,
besonders unter Birken und auf Heideplätzen; Juni bis November, am
häufigsten im Spätherbst.
Gift und dessen Wirkung. Das Fleisch bzw. der Milchsaft des
Pilzes besitzt einen rettichartigen, scharfen, beißenden Geschmack; die
Zusammensetzung des Milchsaftes, der in besonderen röhrenartigen
Sekretbehältern enthalten ist, bedarf noch näherer Untersuchung; ebenso
ist noch nicht festgestellt, ob die im Pilz vorkommende Lactarius-
säure (C,;H,,0;) in den Milchschläuchen abgelagert ist. Der Gift-
reizker gilt allgemein als giftig, und hat der Genuß ähnliche Wirkung
wie der Speiteufel (Russula emetica), jedoch weniger heftig.
12 Pantherpilz.
Pantherpilz. Amanita pantherina (2. C..
Tafel 4.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Amanita siehe Amanita muscaria; pantherinus, wie ein Panther gefleckt.
Agarieus pantherinus D. C.
Pantherwulstling, graubrauner Fliegenpilz.
DD
Beschreibung. Die in der Jugend Hut und. Stiel gemeinsam um-
schließende braune Hülle reißt bei der Streckung des Stieles unten an
letzterem ab, bleibt ganz auf dem Hute sitzen und bedeckt diesen
später in Form von braunen Flecken. Stiel, bald hohl werdend,
am Grunde knollig, mit bräunlicher Scheide, mit weißem, herab-
hängendem, etwas einseitig ausgebildetem Ringe, etwa fingerhoch, weiß.
— Der Hut ist zuerst glockenförmig, später ausgebreitet-gewölbt, bis
16 cm breit, mit klebriger, graubrauner, mit kleinen Wärzchen besetzter
Oberfläche; Rand des Hutes gestreift. — Blättchen (Lamellen) radial
um den Stiel angeordnet, weiß, den Stiel nicht berührend. — Fleisch
weiß, fade schmeckend und duftend, nach dem Durchbrechen an der
Luft sich nicht verfärbend.
Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden, in Nadel- und
Laubwäldern, an Wegrändern, von Juli bis Oktober, zuweilen schon
im Juni.
Gift und dessen Wirkung. In diesem Pilze sind dieselben Stoffe:
Musecarin und Cholin nachgewiesen, welche im Fliegenpilz vorkommen
(siehe 8.2). — Das Gift soll besonders in der Oberhautschicht des Hutes
enthalten sein, und sollen enthäutete Pilze vielfach genossen werden. —
Die Färbung des Hutes wird durch die in Wasser leicht lösliche Pan-
therinussäure bewirkt, die, rein dargestellt, gelbbraune, krusten-
förmig zusammengeballte Kristalle bildet. Auch der Pantherpilz soll,
je nach Klima und Standort, mehr oder weniger giftig sein und be-
sonders in Ostasien (Japan) zu den gefährlichsten Pilzen gehören,
während er in Europa weniger Giftstoffe enthält als andere, z. B. der
Fliegenpilz.
Tafel 4.
Tafel 4.
Amanita pantherina D.C.
Pantherpilz.
Tafel 5. Tafel 5.
Stinktäubling. ARussula foetens Fr.
Stinktäublinge. 13
Stinktäublinge. Russula foetens (F..,.
Tafel 5.
Fam.: Blätterpilze. Agaricaceae.
Russula siehe Russula emetica; foetens = stinkend.
Agaricus foetens Pers.
Beschreibung. Stiel bis 10 cm hoch, dick, im Alter hohl, weiß
oder gelblichweiß, nach unten zu abgerundet. — Hut glockenförmig
buckelig, mit unregelmäßigem, im Alter erhobenem, gefurchtem Rande;
Oberfläche gelbbraun, bei feuchter Witterung mit dickem Schleim be-
deckt, bei trocknem Wetter glänzend. — Blättchen (Lamellen) dick,
steif, zerbrechlich, weitläufig stehend und vielfach gabelig geteilt,
schmutzigweiß. — Fleisch gelblichweiß, ekelhaft duftend und beißend
scharf schmeckend.
Verwechselungen mit anderen Russulaarten sind wegen des
höchst unangenehmen Duftes ausgeschlossen.
Standort und Verbreitung. In Wäldern und Gebüschen von
Juli bis Oktober nicht selten.
Gift und dessen Wirkung siehe Russula emetica.
14 Wolfs-Röhrenpilz.
Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus (#r.).
Tafel 6.
Fam.: Löcherpilze. Polyporaceae.
Boletus siehe Boletus Satanas; lupinus von lupus — Wolf.
Boletus erythropus Kranbh.
Beschreibung. Stiel bis 8cm hoch, dick, am Grunde bauchig
erweitert, oben blutrot, undeutlich geadert. — Hut bis 10cm breit,
halbkugelig, mit unregelmäßig gebuchteter Oberfläche und unregel-
mäßigem Rande; zuerst blaugrünlich, später gelblich. — Röhren unter
sich verwachsen, am Stiel frei, vom Hutfleisch leicht ablösbar; an der
Mündung hochrot. — Fleisch gelblich, bei Verletzung schnell blau
werdend. Geruch und Geschmack etwas säuerlich.
Standort und Verbreitung. In Wäldern von August bis Oktober
nicht selten.
Gift und dessen Wirkung. Dieser Pilz, dessen Fleisch etwas
säuerlich riecht und schmeckt, ist sehr giftig; die Wirkungen sind denen,
die nach dem Genuß von Fliegenpilzen eintreten, sehr ähnlich. —
Über unsere Kenntnis von den Inhaltsstoffen siehe Boletus Satanas.
Tafel 6. Tafel 6.
Wolfs-Röhrenpilz. Boletus lupinus Fr.
Gichtmorchel. 15
Gichtmorchel. Phallus impudieus (z,.
Tafel 7.
Fam.: Gichtmorchelpilze. Phallaceae.
Phallus vom griechischen Phallos, wegen der Gestalt; impudicus = un-
verschämt.
Stinkmorchel, Eichelpilz.
Beschreibung. Das im Boden in Form von starken, vielverzweigten,
weit hinkriechenden, wahrscheinlich ausdauernden Strängen lebende
Mycel bildet, sobald es genügend erstarkt ist, Fruchtkörper, die zu-
nächst in Form erbsengroßer Knöllchen auftreten. Aus diesen wachsen
allmählich bis gänseeiergroße runde Fruchtkörper heran (Fig. 1), die
vom Volke als „Teufelsei* oder „Hexenei* bezeichnet werden. — In
diesem ausgewachsenen Zustande besteht der junge Fruchtkörper
äußerlich aus einer weißgelben Fruchthülle (Fig. 2), an der drei Ge-
webslagen sich unterscheiden lassen: eine dicke, weiße, feste äußere
Haut, eine feste, dünne innere Haut und zwischen diesen gelegen eine
breite, mittlere Lage, die aus einer weichen, schleimigen Masse besteht.
Die Mitte des Fruchtkörpers nimmt ein spindelförmiger Teil ein, der
den Stiel darstellt. Zwischen diesem und der innern Gewebepartie
der Hülle lagert der sporenerzeugende Apparat in Form einer Glocke.
Diese trägt fast in senkrechter, aufrechter Richtung niedrige Blättchen
(Lamellen), die, wabenartig verbunden, zahlreiche Abteilungen bilden.
Zwischen Stiel und Hut liest eine Gewebeschicht, die sich später gallert-
artig erweicht. Zur Reifezeit des Fruchtkörpers verdickt und
streckt sich der Stiel plötzlich ganz bedeutend und ragt als festes,
außen wabiges Gebilde in die Luft. Infolge dieses Vorganges wird die
Hülle an der Spitze gesprengt, und der Hut (Fig. 3), der jetzt entfernte
Ähnlichkeit mit einer Morchel hat, wird emporgehoben. Während
dieses Vorganges beginnen die Gewebeelemente auf der Oberfläche des
Hutes zu verschleimen und fließen schließlich, vermischt mit den
Sporen, als höchst unangenehm riechende Masse an den Waben des
Hutes herab. — Aasfliegen, die, durch den Duft angelockt, sich auf
den grünen Schleimmassen niederlassen und mit denselben bedecken,
verbreiten die Sporen.
Standort und Verbreitung. Auf sandigem und lehmigem Boden,
an Hecken, in Gebüschen und Wäldern, auf feuchtem Boden, von Juni
bis September, besonders nach warmem Regen.
16 Giehtmorchel.
Gift und dessen Wirkung. Der vorliegende Pilz wird vielfach
als giftig angegeben, von auderen wird er jedoch als unschädlich be-
zeichnet, wenigstens im jungen, noch geschlossenen Zustande. Es ist
nicht ausgeschlossen, daß die übelriechende, grüne Schleimmasse des
entwickelten Pilzes giftige Bestandteile enthält. Zum Genuß kann er
höchstens im jungen Zustande verlocken, später schreckt der aasartige
Geruch vor solchem zurück. — Über die Bestandteile des Fruchtkörpers
des Pilzes ist Näheres nicht bekannt, außer daß ein fettes Öl und ein
walratartiges Fett in ihm nachgewiesen wurde. — Früher wurde der
Pilz als Volksheilmittel gegen Gicht gebraucht.
Tafel 7. Tafel 7.
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Gichtmorehel. Phallus impudieus L.
1 Junger Fruchtkörper. 2 Junger Fruchtkörper im Längsschnitt. 3 Entwickelter
Fruchtkörper.
Jh
Sadebaum. 17
Sadebaum. Juniperus Sabina (z..:
Tafel Ss. Wandtafel 2.
Fam.: Nadelhölzer. Pinaceae.
Juniperus, Bezeiehnung für den Strauch bei den Römern (Vergil); auch
Herba Sabinae genannt (nach Plinius), weil die Sabiner die Blätter benutzten.
Sabina ofhieinalis (Garke).
Gemeiner Sevenbaum, Siebenbaum (Eifel); Sevibaum (Schweiz); Segelbaum
oder Segenbaum (Bayern, Österreich); Stinkholz, Stinkwacholder, Jungfern-Rosmarin
(Salzburg).
Beschreibung. Strauch mit mehr oder weniger niederliegenden,
oft fast am Boden kriechenden Ästen oder schräg aufstrebendem, oft
7 bis 8m hohem Stamm mit unregelmäßiger Krone. Rinde aschgrau,
im Alter rötlich, abblätternd.. — Blätter ausdauernd; an jungen
Pflanzen nadelförmig, linealisch, stachelspitzig, abstehend, oben blau-
grün, auf dem Rücken mit länglicher Drüse. Die zierlichen, lang-
gestreckten grünen Zweige tragen nach dem achten bis zehnten Jahre
außer den vorgenannten Blättern vorwiegend solche von rhombischer
oder rhombisch-lanzettlicher Gestalt, kreuzweise gegenständig, kaum
2 mm lang; auch hier liegt in der Mitte der konvexen Rückseite eine
ovale Öldrüse. Gerieben verbreiten die Zweige einen balsamischen,
widrigen Geruch. — Blüten eingeschlechtlich, meist zweihäusig, zu-
weilen einhäusig, Die länglich-eiförmigen Staubblüten (Fig. 3), an
der Spitze kleiner Zweige (Fig. 2) stehend, werden von 10 bis 14 drei-
eckigen, schuppenförmigen, kreuzweise angeordneten Staubblättern ge-
bildet, die an der unteren Seite drei bis sechs kugel- bis eiförmige
Staubbeutel tragen (Fig. 4, 5, 6). Fruchtblüten, einzeln an der Spitze
kleiner aufrechter Zweige stehend (Fig. 7), aus vier gelblichweißen, zur
Bestäubungszeit strahlig ausgebreiteten fleischigen Schuppenblättern
bestehend, welche drei aufrechte Samenanlagen umschließen (Fig. 7 u. 8).
— Frucht im reifen Zustande eine an zurückgekrümmten Zweiglein
hängende blauschwarze, oft bläulich bereifte, erbsengroße, kugelige Beere:
Beerenzapfen mit 1 bis 3 Samen (Fig. 2 u. 9).
Von den zahlreichen, auch in Gärten jetzt häufig angepflanzten
Formen seien erwähnt: der tamariskenblätterige Sadebaum (J. Sab.
tamaricifolia Ait.), der zypressenblätterige S. (J. Sab. cupressifol. Ait.),
der kriechende S. (J. Sab. prostrata Hort.), der buntblätterige S. (J. Sab.
variegata Hort).
Esser, Giftpflanzen.
186)
18 Sadebaum.
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches. Die Spaltöffnungen liegen auf der Oberseite der
Blätter, zweireihig. Zum Schutze gegen das Vordringen des
Wassers bis zu den Spalten ist die Blattoberfläche, soweit sie mit
Spaltöffnungen besetzt ist, mit einem Wachsüberzuge, in Form von
zwei weiblichen Streifen sichtbar, bedeckt. — Zweihäusige Pflanzen,
d. h. auf dem einen Stocke reine Staubblüten, auf dem anderen reine
Fruchtblüten; selten einhäusig, mit Staub- und Fruchtblüten auf dem-
selben Stocke. — Übertragung des Blütenstaubes durch den
Wind. Der aus den reifen Staubbeuteln ausfallende Blütenstaub lagert
sich zunächst auf der Rückseite des unter ihnen stehenden Staubblattes
ab und wird dann, wenn die äußeren Verhältnisse zu seiner Ver-
breitung geeignete sind (trockenes, sonniges Wetter), vom Winde weg-
geblasen und auf die Fruchtblüten abgelagert. — Als Schmarotzer
kommt an den Ästen und Stämmen der wirtswechselnde Pilz: Gym-
nosporangium Sabinae, kenntlich an knotigen, krebsigen Auftreibungen
der Rinde, vor, der in der anderen Entwickelungsstufe als „Gitterrost*:
Roestelia cancellata auf den Blättern des Birnbaumes, des Weißdornes
und anderen Pomaceen lebt. — An der Wurzel Symbiose mit Pilzen
eine beständige Erscheinung. Die Wurzel ist eine sog. Pilzwurzel
(Mykorhiza), d. h. das ganze Wurzelsystem, insbesondere sämtliche
Saugwurzeln, sind, wie bei allen Nadelhölzern, zahlreichen Waldbäumen
sowie heide- und moorbewohnenden Sträuchern, regelmäßig von einem
Pilzgewebe, wie von einenı Mantel völlig bedeckt und verwachsen derart
mit diesem, daß Pilz und Wurzel ein einheitliches Ganze, eine sogenannte
Pilzwurzel darstellen. Die Pilzfäden dringen auch zwischen die Ober-
hautzellen der Wurzel ein und umspinnen die einzelnen Zellen. Die
eigentlichen Saugorgane der Pflanzen, die Wurzelhaare, fehlen bei
diesen Gewächsen; sie werden durch den Pilz ersetzt, der zahlreiche
Fäden in das Erdreich aussendet und die ganze Ernährung der Pflanze
aus dem Boden besorgt, vor allem die Herbeischaffung des gesamten
Wassers und die Erschließung des Humus als Stickstoffquelle. Viel-
leicht erhält der Pilz von der Wirtspflanze als Gegenleistung orga-
nische Stoffe, die diese im Sonnenlichte in den Blättern erzeugte, so
daß zwischen beiden eine Ernährungsgenossenschaft besteht. An der
Bildung der Pilzwurzel sind die Mycelien einer großen Anzahl be-
kannter Pilze: Geaster fimbriatus, Amanita muscaria, Lactarius piperatus,
Elaphomycesarten und zahlreicher anderer beteiligt. Die Pilzwurzelu
sind unschwer zu erkennen an ihrem korallen- oder büschelförmigen
Aussehen, eine Folge ihres stark verminderten 'Längenwachstums.
Standort und Verbreitung. Auf steinig-felsigem Boden, in
den Gebirgen Südeuropas, den Alpen, im Ural und in Zentralasien.
Seit alter Zeit, in Deutschland schon vor Karl dem Großen, viel-
Yateld.
Tafel 8.
Sadebaum. Juniperus Sabina L.
1 Zweig mit Fruchtblüten und reifen Früchten. 2 Zweig mit Staubblüten. 3 Staub-
blüte. 4 Staubblüte im Längsschnitt. 5 Staubblatt von außen. 6 Staubblatt von
der Seite gesehen. 7 Fruchtblütee 8 Fruchtblüte im Längsschnitt. 9 Frucht
(Beere) im Längsschnitt. 3 bis 9 vergr.
Sadebaum. 19
fach angepflanzt und zu medizinischen und abergläubischen Zwecken
benutzt.
Gift und dessen Wirkung. In den jungen Trieben und in den
Blättern, in letzteren eingeschlossen in einer Öldrüse auf der Rück-
seite des Blattes, findet sich das giftige, farblose, helle, an der Luft
gelb werdende, stark riechende Sabinaöl. Reichbeblätterte Zweige
liefern bis 4 Proz. desselben. Die wesentlichen Bestandteile des Öles
sind das Sabinol, ein ungesättigter Alkohol (C,.H,,[OH]), der als
schwach angenehm riechendes Öl teils frei, teils esterifiziert darin vor-
kommt, und das Sabinen (C,,H,,), wahrscheinlich der Stammkohlen-
wasserstoff des Sabinols. — Die physiologische Wirkung des
Sabinaöls scheint durch den Sabinolgehalt bedingt zu sein. In geringerer
Menge enthalten auch andere der obengenannten Juniperusarten das
giftige Öl. — Das Sabinaöl gehört zu den kräftigsten, irritierenden
Giften; es wirkt zunächst örtlich auf die Häute des Darmkanals; Magen-
und Darmentzündungen sind die nächsten Folgen des Genusses; ferner
wirkt es sehr kräftig auf die Unterleibsorgane. Als Nebenerscheinung
bei der Vergiftung treten auf: Verlangsamung des Pulses, Krämpfe,
Betäubung. Der Tod tritt frühestens nach 12 bis 14 Stunden, meist
erst später ein. — In der Heilkunde werden gebraucht: die Zweig-
spitzen (Summitates Sabinae) der wilden und der kultivierten
Pflanzen.
106)
20 Eibe.
Eibe. Taxus baccata (z.).
Tafel 9.
Fam.: Eibengewächse. Taxaceae.
Taxus von taxos (gr.), Bezeichnung für den Baum bei Dioskorides; bac-
cata — beerentragend.
Eibe vom althochdeutschen „iwa“, das sowohl den Baum als auch Bogen aus
dessen Holz bezeichnet.
Ibe (Schweiz); Roteibe (Österreich); Tax, Taxenboom (Norddeutschland); Taxe
(Österreich).
Beschreibung. Bildet ausgewachsen einen immergrünen, dicht-
verzweigten Baum von 12 bis 15 m Höhe mit über 1 m Durchmesser,
findet sich jedoch meist strauchartig. — Stamm mit rötlicher Borke
bekleidet, die sich später in dünnen, blattartigen Stücken ablöst. —
Äste abstehend, Zweige etwas hängend, kurz, Holz hart und dicht. —
Blätter ausdauernd, abwechselnd oder spiralig stehend, oberseits
glänzend, dunkelgrün, unterseits matt hellgrün, linealisch, flach, kurz-
stachelspitzig, kurzgestielt. — Blüten zweihäusig, auf der Unterseite
der Zweige in den Achseln der vorjährigen Blätter stehend. Die Staub-
blüten (Fig. 1) werden schon im Herbst angelegt; sie bestehen aus
einer Anzahl schuppenförmiger Blättchen und aus 6 bis 15 schild-
förmigen Staubblättern (Fig. 4 u. 5), deren jedes 5 bis 9 Pollensäckchen
trägt (Fig. 6), die sich nach unten öffnen. — Fruchtblüten (Fig. 2)
werden gleichfalls im Herbst angelegt. Sie entstehen einzeln als Achsel-
sprosse an der Spitze der vorjährigen Triebe und als Achselsprosse der
obersten Blattanlage. Sie bestehen aus einer einzelnen, aufrechten
Samenanlage, die in einen napfförmigen Becher eingebettet ist (Fig. 7
u. 8). Nach der Befruchtung wächst dieser zu einem im Reifezustande
rotgefärbten, fleischigen Samenmantel (Arillus) aus, der den braunen
Samen (Fig. 11) im unteren Teile umschließt (Fig. 1, 9 u. 10).
Von den zahlreichen Formen, die teils durch Klima oder Standort
hervorgebracht, wild, teils in den Kulturen entstanden sind, seien er-
wähnt: der irländische oder Säulentax (Taxus baccata fastigiata), auch
in goldbunten Abarten vorkommend; ferner Taxus baccata Dovastoni
mit überhängenden Ästen und Taxus baccata cuspidata mit schwärz-
licher Stachelspitze an den Blättern.
Blütezeit: März, April.
Biologisches. Gegen Tierfraß geschützt durch die Giftigkeit
seiner Blätter. — Zweihäusiger Strauch. Übertragung des
Tafel 9. ' Tafel 9.
Eibe. Taxus baccata L.
1 Zweig mit Staubblüten. 2 Zweig mit Fruchtblüten. 3 Zweig mit Früchten.
4 Staubblüte. 5 Staubblüte im Längsschnitt. 6 Staubblatt. 7 Fruchtblüte. 8 Frucht-
blüte im Längsschnitt. 9 Frucht. 10 Frucht im Längsschnitt. 11 Same.
4 bis 10 vergr.
Eibe. 21
Blütenstaubes durch den Wind. — Verbreitung des mit leuchtend-
rotem Samenmantel umgebenen Samens durch beerenfressende
Vögel. — An den Zweigen kommen kleine, durch eine Gallmücke
(Phytoptus psilaspis) verursachte Gallen vor. — Über die Pilzwurzel
der Pflanze siehe bei Juniperus Sabina.
Standort und Verbreitung. An schattigen und halbschattigen
Stellen, als Unterholz in Laub- und Nadelholzwäldern von Südskan-
dinavien bis Südeuropa (hier in den Gebirgen), in Nordafrika, Arme-
nien, im Kaukasus, im Himalaja, in China, Japan und im westlichen
Nordamerika vorkommend, aber niemals größere Bestände bildend.
Als Waldbaum spielte die Eibe einst in den germanischen Ländern
eine nicht unbedeutende Rolle. Im Zeitalter der ältesten Pfahlbauten
war sie schon in der Schweiz verbreitet, wie Funde von Gegenständen
aus Holz des Baumes (Bogen, Messer, Kämme usw.) erweisen. Zu
Cäsars Zeiten war der Baum in Germanien und Gallien sehr häufig.
Im Mittelalter lieferten die Wälder Deutschlands noch genügend Eiben-
holz zur Verfertigung von Bogen und anderen Gerätschaften. Die
stete Abholzung der Eibenhorste rottete den Baum, der bei seinem
langsamen Wachsen nicht imstande war, die Lücken schnell auszu-
füllen, in den genannten Gebieten allmählich fast ganz aus. Einige
größere Eibenbestände finden sich noch im Harz, im Thüringer Wald,
in der Rhön und im Bayerischen Jura.
Gift und. dessen Wirkung. Die jungen Triebe, Blätter und
Samen (nicht der Samenmantel) enthalten neben ätherischem Öl und
Harz ein amorphes, weißes, bitter schmeckendes, giftiges Alkaloid:
das Taxin (C,,H,,;NO,,); in den Blättern ist dieses gegen 2 Proz. ent-
halten. — Die Wirkung des Giftes ist betäubend, narkotisch; sie äußert
sich selbst bei kleinen Gaben durch Müdigkeit, Schwindel, Schläfrig-
keit, bei stärkerer Vergiftung, die sich beim Menschen erst nach dem
Genuß größerer Mengen der giftigen Pflanzenteile zeigt, durch Unruhe,
Flimmern vor den Augen, Ohnmacht, Verlangsamung des Pulses, Be-
täubung, Pupillenerweiterung; der Tod tritt meist plötzlich ein. — Da
'Gegengifte nicht bekannt sind, ist reichliches Erbrechen Haupt-
erfordernis. — Vergiftungen können vorkommen beim Gebrauch der
Blätter gegen Würmer, beim Genuß der schönen roten Früchte. —
Nicht selten sind Vergiftungen durch Taxblätter bei Tieren (Pferden,
Rindern, Schafen und Ziegen) beobachtet worden; deshalb soll man
den Strauch nicht an den Weideplätzen anpflanzen. — Die Giftigkeit
der Eibe war schon den alten Römern, Griechen und Kelten bekannt.
Sie war ein den Todesgöttern geweihter Baum. Catuvolcus, König der
Eburonen, vergiftete sich mit Taxgift, als er sich nicht mehr zu retten
wußte.
22 Taumellolch.
Taumelloleh. Lolium temulentum (zZ.
Tafel 10.
Fam.: Gräser. Gramineae.
Lolium, Bezeichnung der Pflanze bei Ovid, Vergil, Horaz und anderen
römischen Schriftstellern; temulentum = berauschend.
Lolium annuum (Gilib); Craepelia temulenta (Schrank), Bromus temulentus
(Bernh.).
Taumelhafer, Schwindelhafer, Schwindelweizen, Tollkorn, Tollkraut, Tollgerste,
Schlafkorn und zahlreiche andere deutsche Volksnamen, die sich alle auf die taumel-
erregenden Eigenschaften des Samens dieser Pflanze beziehen.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit 30 bis 100. cm hohem,
meist steif aufrechtem, selten geknicktem, scharfem, rauhem Halme. —
Blätter schmal, bandförmig, nebst den Blattscheiden oberseits rauh.
— Ähre 15 bis 20 cm lang, locker, mit starrer, welliger Spindel (Fig. 1).
Ährchen zweizeilig stehend, 5- bis 9blütig. Die seitlichen Ährchen mit
einer Hüllspelze von gleicher Länge wie das Ährchen (Fig. 2). Das
Gipfelährehen hat 2 Hüllspelzen. Deckspelze unten knorpelig mit langer
Granne (Fig. 2 und 3). Vorspelze unbegrannt, zweikielig, mit gewim-
pertem Rande und ausgerandeter Spitze (Fig. 3). Die zweispitzigen
Lodiculae fleischig, länger als der Fruchtknoten (Fig. 4). — 5 Staub-
blätter, Staubfaden dünn, fadenförmig; Staubbeutel am Rücken be-
festigt, an den Staubfäden pendelnd. — Fruchtknoten glatt mit zwei
kurzen Griffeln; Narbe federartig. — Frucht länglich (Fig. 6), von
den Spelzen eingeschlossen (Fig. 5).
Die Pflanze ändert zuweilen ab, und kommt vor mit völlig kahlen
Stengeln: var. laeve, ohne oder mit ganz kurzen Grannen: var. arvense u.a.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Übertragung des Blütenstaubes durch den
Wind. Die an langen, dünnen Fäden pendelnden Staubbeutel ragen
außerhalb der Spelzen in die Luft; die geringste Bewegung der letzteren
erschüttert die Beutel, wodurch der Blütenstaub verweht und den
Narben zugeführt wird. Diese sind federförmig und fangen den Blüten-
staub leicht auf. — Die Samenkörner besitzen zwischen Samen-
schale und Aleuronschicht ein dichtes Hyphengeflecht eines
Pilzes, dessen systematische Stellung noch unbekannt ist, da er nie-
mals Sporen erzeugt, sondern sich immer nur vegetativ durch Wachstum
des Mycels fortpflanzt. Dieser Pilz tritt bei der Keimung in den
Taumellolch. 23
Vegetationspunkt des Stengels und wächst während der ganzen Ent-
wickelung desselben mit diesem weiter; nachher dringt er in die Ähren,
in die Spelzen und schließlich in die Fruchtknoten ein. Während das
Pilzmycel in allen vegetativen Teilen der Pflanze sich nur spärlich aus-
breitet, entwickelt es sich im Fruchtknoten reichlich. Eine Schädigung
der Pflanze durch den Pilz ist nicht nachzuweisen. Seine Anwesenheit
scheint der Pflanze die Assimilation des freien Stickstoffs der Luft zu
ermöglichen; der Stickstoffgewinn wird jedoch kein sehr großer sein.
Nicht alle Taumellolchpflanzen beherbergen den Pilz; man hat oft 20
bis 30 Proz. derselben ganz pilzfrei gefunden. Nach Ansicht der meisten
Forscher, die sich mit der Untersuchung des Taumellolches beschäftigten,
ist der Pilz allein der Träger des „Temulins“, d.h. des in den Samen
enthaltenen Giftes. Pilzfreie Samenkörner, die sich übrigens äußerlich
nicht von den pilzhaltigen unterscheiden, wären demnach nicht giftig.
— An allen Standorten der Pflanze: in Chile, Brasilien, Südafrika,
Persien, Spanien, Frankreich, Schweden, Deutschland usw. konnte in den
Samen der Pilz nachgewiesen werden. Auch aus den ägyptischen Königs-
gräbern entnommene, fast 3000 Jahr alte Samen zeigten sich von dem
Pilz durchwachsen. Jahrtausende hindurch hat dieser sich also in rein
vegetativrem Wachstum ohne Fortpflanzung durch Sporenbildung er-
halten. Auch die Samen anderer Loliumarten sind zuweilen pilzhaltig
gefunden worden, so Lolium linicolum, Lolium perenne, Lolium itali-
cum u. a. Die beiden letzteren, wichtige Futtergräser, weisen glück-
licherweise selten den Pilz in ihren Samen auf.
Standort und Verbreitung. In Getreidefeldern unter dem Korn
häufiger als unter dem Hafer und der Gerste. In ganz Europa, Mittel-
asien, Nordafrika; in den anderen Kulturländern durch Saatgut ein-
geschleppt und jetzt weit verbreitet. Der Taumellolch kam schon 2500
v. Chr. als Unkraut in den Getreidefeldern Ägyptens vor, wie die
Untersuchungen der Samen aus den Königsgräbern der 5. Dynastie
ergaben.
Gift und dessen Wirkung. Die Samen waren schon den Alten
als giftig bekannt; Vergil nennt die Pflanze „Lolium infelix*; in den
meisten Sprachen weist der Name der Pflanze auf ihre betäubenden
Eigenschaften hin.
Das Gift ist ein betäubendes (narkotisches) Alkaloid: das Temu-
lin (C,H,;N;0), welches in der pilzführenden Schicht des Samenkorns
seinen Sitz hat und als ein Erzeugnis des Pilzes anzusehen ist. Es
wären also nur die pilzhaltigen Loliumsamen giftig, was man daraus
schließt, daß in pilzfreien Samen Temulin nicht nachzuweisen ist.
Fütterungsversuche bei Tieren zur endgültigen Entscheidung der Frage
sind noch nicht angestellt worden. Der Temulingehalt der Samen
beträgt etwa 0,06 Proz.; er ist also ein sehr geringer, und Vergiftungs-
24 Taumellolch.
erscheinungen machen sich erst bemerkbar, wenn größere Mengen von
Taumellolchsamen ins Getreide geraten. Erkrankungen durch Genuß
taumellolchhaltigen Brotes sind früher nicht selten vorgekommen. —
Die Wirkung des Giftes erstreckt sich auf Gehirn und Rücken-
mark. Heftige Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel, Ohrensausen,
Verminderung des Sehvermögens und vor allem eine eigentümliche
Art der Trunkenheit, sowie in schweren Fällen allgemeine Betäubung
sind die Haupterscheinungen einer Temulinvergiftung. Selten endet
eine solche Vergiftung mit dem Tode. — Um das Bier berauschender
zu machen, sollen die Samen absichtlich der Gerste beigemischt werden.
Tafel 10. Tafel 10.
{ il F
Taumellolch. Lolium temulentum L.
1 Ganze Pflanze. 2 Ährchen, auseinandergezogen. 3 Einzelne Blüte. 4 Frucht-
knoten mit Staubblättern und den Lodiculae. 5 Spelze mit Samen. 6 Same, nat.
Gr. u. vergr. 2 bis 6 vergr.
Gefleckter Aronsstab. 25
Gefleckter Aronsstab. Arum maculatum (Z..
Tafel 11. Weandtafel 3.
Fam.: Arongewächse. Araceae.
Arum, Name der Pflanze bei den alten Römern; Aron, der griech. Name
für die Pflanze; maculatus = gefleckt, wegen der zuweilen gefleckten Blätter.
Zur Bezeichnung „Aronsstab“, die sich schon im frühen Mittelalter findet,
gab wohl der stabförmige Blütenkolben im Zusammenhang mit dem Gleichklang
der latein. Bezeichnung mit dem Namen des Hohenpriesters Aron Veranlassung.
In Schlesien heißt die Pflanze Zehrwurz, weil die stärkemehlhaltigen Knollen
getrocknet gegessen werden können.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit weißem, knolligem
Wurzelstock (Fig. 1). — Blätter (Fig. 2) pfeilförmig, gleichmäßig grün-
oder rotgefleckt, an langen Stielen mit scheidenförmigem Grunde.
Blütenstand von einer grünlichweißen, unten eingerollten Scheide
umgeben. — Blüten einhäusig (Fig. 3), ohne Blütenhülle, dicht um
einen von der Scheide umschlossenen, fleischigen Kolben gestellt, dessen
verdickte, gelblich bis dunkelrote, blütenlose Spitze aus der Scheide
etwas hervorrast. — Die Fruchtblüten (Fig. 6), bestehend aus einem
einfächerigen, mehrsamigen Fruchtknoten mit breiter, ovaler, fein-
gewimperter Narbe, stehen am Grunde des Kolbens. — Die Staub-
blüten (Fig. 4), bestehend aus drei bis vier zweifächerigen Staubbeuteln,
sitzen über den Fruchtblüten. Getrennt sind beide durch einen Kranz
schildförmiger Gebilde mit borstigen Spitzen, die als umgewandelte
Fruchtblüten betrachtet werden (Fig.3 u. 5). Über den Staubblüten
steht ein ähnlicher Kranz verkümmerter Staubblüten (Fig 3). — Die
Frucht (Fig. 7) ist eine fleischige, eiförmige, einfächerige, rote Beere.
Blütezeit: April bis Juni.
Biologisches. Die großen Blätter zeigen durch ihre Stel-
lung und Form deutlich eine Zuleitung des auffallenden Regen-
wassers zum Wurzelstock hin. Stengel und Blätter der Pflanze
sind mit spitzen, nadelförmigen Kristallen (Rhaphiden von Kalkoxalat)
durchsetzt, welche Schutz gegen Angriffe der Schnecken gewähren. —
Der Blütenstand wird durch die eigentümliche Ausbildung der Scheide
zu einer „Kesselfalle“. Die durch den aasartigen Geruch angelockten
Fliegen können durch die am Eingang in den Kessel stehenden starren
Fäden (unfruchtbare Staubblüten) in denselben ein-, und an den noch
geschlossenen Staubblüten vorbei bis zu den in der Tiefe stehenden
26 Gefleekter Aronsstab.
reifen Fruchtblüten vordringen und auf diese aus anderen Blüten mit-
gebrachten Blütenstaub übertragen. Die borstigen Spitzen an dem
Kranze der die Frucht- und Staubblüten trennenden schildförmigen
Gebilde welken sodann und gestatten den eingeschlossenen Tieren den
Zutritt zu den Staubblüten, wo sie sich mit Blütenstaub bedecken.
Welken nach einigen Tagen auch die über den Staubblüten stehenden,
das Abschlußgitter der ganzen inneren Blüte bildenden Haare, so ist
den Tieren der Austritt ermöglicht. — Die Bestäubung vollzieht vor-
nehmlich eine kleine Mücke (Psychoda phalaenoides).
Standort und Verbreitung. In schattigen, etwas feuchten Laub-
wäldern und an Hecken, in Mitteleuropa von Norditalien bis nach
Skandinavien; kommt in Deutschland in Brandenburg, Preußen und
Posen nicht vor.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze enthält in allen Teilen
scharfe, auf den Schleimhäuten blasenziehende Stoffe, die aber zum
Teil flüchtig sind, d. h. sich durch Erhitzen (Kochen u. dgl.) entfernen
lassen. Die so entgifteten Knollen der Pflanze können zur Gewinnung
von Stärke, die reichlich in ihnen aufgespeichert ist, benutzt werden.
In den Knollen wurde verschiedentlich Blausäure (siehe Bittermandel
u. Einleitung) nachgewiesen. Die eigentliche Giftwirkung der Pflanze soll
aber auf der Gegenwart eines Saponins (siehe Einleitung) beruhen, das
in den Knollen und Früchten aufgefunden wurde. — Vergiftungen sind
vorgekommen durch Verzehren der schönen, roten Beeren und durch
Kauen der anfangs säuerlich, dem Sauerampfer ähnlich schmeckenden
Blätter, deren Genuß Magenentzündung erzeugt. Schleimige Getränke,
fette Öle u. dgl. kommen zur Hebung der letzteren in Anwendung.
u a
Tafel 11. Tafel 11.
Aronsstab. Arum maculatum L.
1, 2 Blühende Pflanze. 3 Der Kolben der Blüte. 4 Staubblüten. 5 Verkümmerte
Blüten. 6 Fruchtblüte 7 Fruchtstand.
Tafel 12. Tafel 12.
Schlangenkraut. Calla palustris L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blütenstand mit Hüllblatt von der Seite. 3 Blüte. 4 Staub-
blatt. 5 Fruchtstand. 6 Einzelne Frucht. 7 Frucht im Längsschnitt. 8 Same.
3, 4, 6, 8 vergr.
Schlangenkraut. 97
Schlangenkraut. Calla palustris (z.,.
Tafel 12.
Fam.: Arongewächse. Araceae.
Calla, latein. Bezeichnung unbekannter Abstammung für mehrere Pflanzen;
palustris = im Sumpfe wachsend.
Schlangenkraut, Schlangenwurzel, Drachenwurz, weil früher gegen Schlangen-
biß gebraucht.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, rundem,
gegliedertem Wurzelstock. — Blätter grundständig, langgestielt, herz-
förmig (Fig. 1). — Der Blütenschaft, aus scheidenförmigen Nieder-
blättern sich erhebend, ist rund; die aus einem Blatte bestehende,
außen grüne, innen weiße Scheide ist anfangs dütenförmig (Fig. 2),
breitet sich später aus (Fig. 1). — Kolben am Grunde nackt, im oberen
Teile ganz mit Blüten bedeckt, an der Spitze des Kolbens oft nur
Staubblätter. — Die dicht gedrängt stehenden Fruchtknoten direkt
aufsitzend, rund (Fig. 3). — Staubblätter zu 7 bis S den Frucht-
knoten umgebend, mit langen Staubfäden und an der Spitze stehenden
zweifächerigen, länglich runden, längs aufspringenden Beuteln (Fig. 4). —
Frucht eine scharlachrote, mehrsamige, fleischige Beere (Fig. 6 u.7). —
Same eiförmig, mit lederartiger, etwas rippiger Schale und einem seit-
lich der Länge nach verlaufenden dicken Nabelwulste (Fig. 8).
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches. Gegen Tierfraß ist die Pflanze geschützt
durch zahlreiche nadelförmige Kristalle aus Kalkoxalat (Rha-
phiden) und durch unangenehmen Geruch.
Standort und Verbreitung. An sumpfigen Stellen, in Torfbrüchen,
langsam fließenden Bächen; im Norden Deutschlands häufiger als im
Süden.
Gift und dessen Wirkung. Der Pflanze werden ähnliche giftige
Wirkungen zugeschrieben wie dem gefleckten Aronsstab.
28 Maiglöckchen.
Maiglöckchen. Convallaria majalis (z.).
Tafel 13.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Convallaria wird von convallis, Tal, abgeleitet, im Tale wachsend;
majalis, im Mai blühend. — In den früher slawischen Ländern Sachsen, Schle-
sien, Böhmen heißt die Pflanze Zaupe, Tschaupe, vom wendischen tschup = Grind,
Schorf, gegen den das Kraut gebraucht wurde.
Lilium convallium (Tournf.).
Beschreibung. Ausdauernde, krautartige Pflanze mit kriechen-
dem Wurzelstock und grundständigen, gewöhnlich zu zwei zwischen
scheidenförmigen Niederblättern sich erhebenden Laubblättern. — Blatt-
stiele lang; Blattfläche oval-elliptisch, allmählich in den Stiel über-
gehend. — Blütenschaft nackt, halbstielrund, scharfkantig. Blüten
nickend, in einseitswendiger, lockerer Traube stehend (Fig. 1). Blüten-
hülle glockenförmig, mit sechsspaltigem Rande, weiß (Fig. 2 u. 3). —
Die sechs freien, aufrechtstehenden Staubblätter stehen auf dem Boden
der Blütenhülle (Fig. 3). Die zweifächerigen Staubbeutel Öffnen sich
mit Längsspalten (Fig. 4). — Fruchtknoten eiförmig, dreifächerig
(Fig. 6). Griffel säulenförmig mit dreikantiger, stumpfer Narbe (Fig. 5).
— Frucht eine fleischige, kugelrunde, dreifächerige, rote Beere (Fig. 7
u. 8). — Same weiblich, länglich, kantig (Fig. 9).
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die Blätter sind so gestellt, daß das auf-
fallende Regenwasser zum Wurzelstock zugeleitet wird. —
Die Blüten werden von Weidetieren nicht angefressen; sie enthalten
einen Giftstoff. — Aus den fächerförmigen, in den Knospen nach oben
gerichteten Blüten werden beim Öffnen hängende Glöckchen zum
Schutze des Blütenstaubes bei eintretendem Regenwetter. — Als
Anlockmittel für die Insekten dient der Duft. — Die Blüten sind
erstmännlich (proterandrisch). — Den Insekten wird kein Honig,
sondern nur Blütenstaub geboten, der von Bienen reichlich ge-
sammelt wird. Bei fehlendem Insektenbesuche tritt regelmäßig Eigen-
bestäubung ein, die leicht erfolgt, da die Staubbeutel dicht um den
Griffel stehen. — Die roten Beeren werden von Waldvögeln verzehrt
und dadurch die Samen verschleppt.
Tafel 13. Tafel 13
Maiglöckehen. Convallaria majalis L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht-
knoten. 6 Fruchtknoten im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Frucht im Querschnitt.
9 Same. 2 bis 9 vergr.
Maiglöckcehen. 239
Standort und Verbreitung. In Laubwäldern vom Mittelländi-
schen Meere bis nach Nordeuropa und in Nordasien, stellenweise sehr
häufig.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird, wenn auch eigent-
liche Vergiftungen noch nicht bekannt geworden sind, doch allgemein
zu den giftverdächtigen Pflanzen gezählt. — In allen Teilen der
Pflanze sind zwei kristallisierbare, hinsichtlich ihrer Wirkung auf den
tierischen Organismus noch nicht näher erforschte Glykoside: des
Convallamarin, C,H,,0,s (zu 0,2 Proz.) und das Convallarin ent-
halten.
30 Herbstzeitlose.
Herbstzeitlose. Colchieum autumnale (Z,.+
Tafel 14. Wandtafel 4.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Colehicum nennt Dioskorides ein in Messenien und im Lande der Kolchier
wachsendes Kraut, das giftige Knollen besitze und bei den Römern „bulbus
agrestis“ heiße; man vermutet in diesem die vorliegende Pflanze, welche die Sage
aus dem Zaubertranke der Medea, von dem einige Tropfen zur Erde fielen, ent-
stehen ließ; autumnale = im Herbst blühend. „Zeitlose“, weil sie nicht zur Zeit
der anderen Wiesenblumen blüht.
Andere deutsche Namen sind: Lausblume, Mattensafran, Michelsblume, Wiesen-
hahn, Ochsenpinsel, nackte Jungfer.
Bei den Alten hieß sie auch „FEphemeron“, weil man annahm, der Genuß einer
Zwiebel führe in einem Tage den Tod herbei.
Beschreibung. Zwiebelgewächs, mit dichtfleischiger, eiförmiger
Zwiebel, die, ziemlich tief in der Erde liegend, mit einer oder wenigen
braunen, trockenhäutigen Schalen bedeckt ist (Fig. 1). — Nach dem
Blühen stirbt die Zwiebel ab; währenddessen entwickelt der fleischige
Wurzelstock an einer Seite eine, seltener zwei Knospen. — Blätter
zu 3 bis 4 stehend, sich scheidenartig umfassend, breit, lanzettförmig,
parallelnervig, werden im Herbst mit den Blüten angelegt, treten aber
erst im nächsten Frühling an die Oberfläche. — Blüten zwitterig, zu
1 bis 3 am Grunde einer seitlichen Rinne der Zwiebel entstehend,
kurz gestielt (Fig. 2). Blütenhülle (Fig. 3) trichterförmig; Röhre der-
selben sehr lang, dreiseitig aus der Zwiebel hervortretend und aus der
Erde hervorragend; Blütensaum lila, zuweilen weiß, trichterförmig,
sechsteilig; die Abschnitte lanzettlich, am inneren Grunde mit fein-
behaarter Rinne und einem gelblichen Streifen (Fig. 4). — Die sechs
Staubblätter, von denen die drei des inneren Kreises länger sind als
die des äußeren, stehen vor den Perigonblättern und sind mit der Röhre
verwachsen; Staubbeutel gelb, oval, zweifächerig, der Länge nach auf-
springend; Pollenkörner orangefarbig. — Fruchtknoten unterirdisch
(Fig. 2), aus drei einfächerigen, in der Mitte zusammenhängenden
Fruchtblättern, die zahlreiche Samenanlagen bergen, bestehend; auf
dem Fruchtknoten drei fadenförmige, an der Spitze zurückgebogene,
unten weiße, oben lilafarbige Griffel, etwas länger als die Staubblätter;
Narbe auf der oberen äußeren Seite mit gelbweißen Papillen besetzt. —
Herbstzeitlose. 3]
Frucht (Fig. 5) im Frühjahr mit den Blättern aus dem Boden hervor-
tretend; eine dreihäusige, aufgeblasene, zuerst grüne, später braune,
häutige (Fig. 6), dreiklappig aufspringende (Fig. 7) Kapsel. — Samen
zahlreich, rundlich, eiförmig, dunkelbraun, etwas runzelig, am Grunde
mit einem weißen, fleischigen, nachher eintrocknenden Wulste (Fig. 8).
Blütezeit: August, September.
Biologisches. Die Pflanze enthält in allen Teilen ein
scharfes Gift und wird deshalb von Weidetieren unberührt
gelassen. Die Nährstoffe werden in einer Knolle in Form von Stärke
abgelagert. Der Fruchtknoten liegt in der Knolle, die so tief in
den Boden eingesenkt ist, daß sie gerade an der Frostgrenze
liegt; ihre Lage kann also zur Feststellung dieser benutzt werden.
Im Herbst treibt die Knolle ihre um diese Zeit gerade so auf-
fallende Blüte. Die Staubbeutel öffnen sich nach außen und biegen
sich nach dorthin. Da der Honig an der Außenseite der Staubfäden
von kleinen Nektarien abgeschieden und in den von Haaren über-
deckten Rinnen der Blumenkrone aufbewahrt wird, müssen sich die
honigsuchenden Bienen und Hummeln notwendig mit Blütenstaub be-
decken. — Die Blüte ist erstweiblich. Die Narben bleiben
empfängnisfähig bis zur Entwickelung des Blütenstaubes; daher ist
auch Selbstbestäubung möglich, die dann eintritt, wenn die
am Abend sich schließenden Blüten die Griffeläste mit den Staub-
beuteln in Berührung bringen. Die Samen der erst im nächsten Früh-
jahr sich entwickelnden Früchte besitzen eine große klebrige Warze,
mittels derer sie sich an die Füße der Weidetiere anheften und so
verschleppt werden.
Standort und Verbreitung. Auf den nassen Wiesen der Ebenen
und in den Bergländern von Mittel- und Westeuropa; in den Alpen
bis über 2000 m, fehlt ım östlichen Europa; findet sich dagegen in
einzelnen Teilen Südeuropas und im Kaukasus. In manchen Gegenden
als lästiges Unkraut massenhaft in den Wiesen.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze war schon im Altertum
und im Mittelalter als Giftgewächs bekannt. — In allen Teilen der
Pflanze ist ein sehr giftiges Alkaloid: das Colehiein (C,,H,,NO,)
enthalten und zwar, jedoch nach der Jahreszeit verschieden, vorzugs-
weise in den Knollen (0,2 Proz. in unmittelbarer Umgebung der Gefäb-
bündel) und in den Schalen der Samen (0,4 bis 0,6 Proz.), während
in den Blättern nur Spuren davon nachgewiesen sind. Rein dar-
gestellt, ist es ein in Wasser und Alkohol leicht lösliches amorphes,
gelbliches, bitteres, klebriges Pulver. Alle Teile der Pflanze besitzen
einen starken bitteren Geschmack; ihr Genuß bewirkt brennende
Schmerzen im Munde, Zusammenziehen des Schlundes, später Magen-
schmerzen und heftige Magenentzündung; in schweren Vergiftungs-
32 Herbstzeitlose.
fällen zeigen sich Kälte der Haut, schwacher Puls und Krämpfe; der
Tod erfolgt gewöhnlich nach 24 bis 30 Stunden, oft nach zwei bis drei
Tagen. — Vergiftungen von Weidetieren (Pferden und Rindern, sel-
tener Schweinen und Schafen) kommen nicht selten vor, wenn die
Tiere im Frühjahr die kräftigen Triebe der Pflanze verzehren, oder
wenn sie stark mit Herbstzeitlosen versetztes Heu, zu Häcksel ge-
schnitten, als Futter erhalten, da es im letzteren Falle den Tieren
nicht möglich ist, die giftigen Pflanzenteile zur Seite zu werfen. —
In der Heilkunde werden benutzt: die Samen (Semen Colchici).
Tafel 14. Tafel 14.
Herbstzeitlose. Colchieum autumnale L.
1 Zwiebele 2 Zwiebel im Längsschnitt, 3 Blüte. 4 Blüte im Längsschnitt.
5 Blätter mit Frucht. 6 Frucht, aufgesprungen. 7 Frucht im Querschnitt. 8 Same.
8 nat. Größe u. vergr.
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Kaiserkrone. 33
Kaiserkrone. Fritillaria imperialis (z.).
Tafel 15.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Fritillaria, weil die Blüte die Gestalt eines Fritillus, d. h. des Bechers,
hat, aus dem die Würfel geworfen werden; imperialis, kaiserlich, wegen des
kronenartigen Blattbüschels über dem Blütenstande.
Beschreibung. Ausdauernde Zwiebelpflanze; Zwiebel mit gelb-
lichweißen Schuppen. — Stengel bis Im und höher, beblättert. —
Blätter spitz, eirund, glänzend grün (Fig. 1). Zwischen den obersten
Blättern und den Blüten ist der Stengel nackt; an seiner Spitze trägt
er wieder einen Schopf von Blättern. — Blüten zwitterig, hängend,
aus den Achseln der unteren Blätter des Blattschopfes entspringend.
Blütenhülle aus sechs ziegelrot oder hochrot gefärbten Blättern be-
stehend, die am Grunde eine längliche, elfenbeinweiße Honiggrube
tragen (Fig. 3). — Die sechs Staubblätter, auf dem Grunde der Blumen-
krone entspringend (Fig. 2), länglich; Staubbeutel zweifächerig, der
Länge nach aufspringend. — Fruchtknoten dreikantig, dreifächerig,
mit vielen Samenknospen. Griffel lang, gerade, mit dreiteiliger Narbe.
— Frucht eine dreikantige, dreifächerige, vielsamige Kapsel.
In der Kultur sind eine Menge von Abarten entstanden, die sich
vor allem in der Farbe der Blütenblätter, von Schwefelgelb bis Hochrot
in fast allen Abstufungen, unterscheiden; in allen Farben gibt es auch
Formen mit gefüllten Blüten und solche mit gelbbunten Blättern. Eine
geruchlose Art (Fritillaria inodora), die aus Buchara stammen soll,
besitzt nicht den unangenehmen, betäubenden Geruch der gewöhnlichen
Kaiserkrone.
Blütezeit: März bis Mai.
Biologisches. Vegetative Vermehrung durch kleine Zwiebelchen,
die sich zuweilen in den Achseln der Blätter bilden.
Die zuerst aufrechten Blütenstiele krümmen sich vor dem
Öffnen der Blumenkrone, so daß der Eingang zur Blüte dem
Boden zugewendet ist zum Schutze gegen eindringendes
Wasser, und ferner eine Anpassung an die Gewohnheit der
Hummeln und Bienen, wenn möglich von unten her an die Blüte zu
fliegen; sie erfassen die Narbe und den Griffel und klettern an diesen
zu den Honigbehältern empor, die in Form einer runden Grube auf den
Esser, Giftpflanzen, 3
34 Kaiserkrone.
Blumenblättern stehen. Von den sechs Staubblättern sind drei kürzer
als die anderen; letztere stehen neben der Narbe. Die ersteren Öffnen
sich einen Tag früher als die letzteren, welche, falls Fremdbestäubung
nicht erfolgte, Selbstbestäubung vollziehen. — Der platte Same ist
mit einem als Flugapparat dienendem Saume umgeben.
Standort und Verbreitung. Sehr verbreitete Gartenpflanze, die
aus Persien stammt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts gelangte sie
nach Konstantinopel, von dort nach Wien, von wo ihre Verbreitung
durch die kaiserlichen Gärten erfolgte.
Gift und dessen Wirkung. Die im übrigen sehr stärkereiche
und deshalb zur Herstellung von Stärke benutzte Zwiebel enthält im
frischen Zustande ein giftiges Alkaloid: das Imperialin (C,,H,,NO,),
über dessen Eigenschaften und dessen Verbreitung in anderen Teilen
der Pflanze bis jetzt nur unsichere Angaben vorliegen. Dasselbe
Alkaloid ist auch bei anderen Fritillariaarten, z. B. Fritillaria Melea-
gris, nachgewiesen.
Tafel 15. Tafel 15.
4
im an
Kaiserkrone. Fritillaria imperialis L.
1 Oberer Teil der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkronenblatt mit
Honigdrüse.
4
Tafel 16. Tafel 16.
I ı E24 „uE ET BE5
Sehachbrettblume. Fritillaria Meleagris L.
1 und 2 Pflanze mit Zwiebel und Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten
im Querschnitt, vergr.
Schachbrettblume.
©
(Si
Schachbrettblume. Fritillarıa Meleagris (z.).
Tafel 16.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Fritillaria siehe Fritillaria imp.
Meleagris (gr. Perlhuhn) wegen der Zeichnung der Blütenblätter; Schach-
brettblume wegen der Würfelflecken auf den Blütenblättern; Kiebitzei wegen Form
und Zeichnung der Knospe.
Beschreibung. Zwiebelpflanze mit kleiner, kugeliger, etwas
abgeplatteter Zwiebel (Fig. 1). — Stengel 20 bis 30, bis 50 cm hoch,
beblättert. — Blätter graugrünlich, wechselständig, linealisch, rinnen-
förmig. — Blüte einzeln, selten zu zweien an der Spitze des Stengels,
nickend, becherförmig. — Blütenhülle aus sechs rötlichen, seltener
gelblichen oder weißen, würfelfleckig gezeichneten, ovalen Blättern be-
stehend, deren Spitze einwärts geneigt ist, und die am Grunde eine
linealische Honiggrube tragen. — Sechs Staubblätter. — Frucht-
knoten dreifächerig; Griffel an der Spitze tief dreispaltig. — Frucht
eine kugelige oder längliche dreifächerige, vielsamige Kapsel. — Viele
(artenformen mit reingelben, reinweißen oder mit violett-, rötlichbraun-
oder grüngefleckten Blumenblättern und mit gefüllten Blüten.
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches. Die biologischen Verhältnisse in der Blüte sind
denen von Fritillaria imperialis gleich.
Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen in ganz Deutsch-
land, besonders im Norden, meist zerstreut, zuweilen häufiger vorkom-
mend; ferner in Südschweden, von Nordfrankreich bis Südrußland
und zum Kaukasus. — Wird in den schöneren Formen häufig als
Gartenzierpflanze in feuchtem Boden gezogen.
Gift und dessen Wirkung siehe Fritillaria imperialis.
Fu Du ae
En TE un
et er Egg
36 ' Vierblätterige Einbeere.
Vierblätterige Einbeere. Paris quadrifolia (z.).
Tafel 17.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Die Herkunft des Namens „Paris“ ist mit Sicherheit nicht festzustellen. Ein-
beere, weil jede Pflanze nur eine Beere trägt. — Wolfsbeere, Fuchsbeere.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit kriechendem
Wurzelstock. — Stengel einfach, bis 50 cm hoch, mit einem Wirtel
von vier breiteiförmigen, zugespitzten Blättern. — Blüte einzeln,
gipfelständig, zwitterig. — Blütenhülle aus acht, seltener zehn freien,
grünlichgelben, nach der Blüte nicht abfallenden Blättern bestehend;
die vier äußeren lanzettlichen, grünlichgefärbten größer als die vier
inneren linealischen (Fig. 2). — Staubblätter acht oder zehn. Die
Staubfäden im Grunde der Blütenhülle befestigt, fadenförmig, oben in
eine lange Spitze endigend (Fig. 3). Staubbeutel zweifächerig, in der
Mitte der Staubfäden zu beiden Seiten der Länge nach befestigt,
längsaufspringend. — Fruchtknoten rotbraun, eiförmig, vier- oder
fünffächerig, mit vier oder fünf freien Griffeln (Fig. 4). — Frucht
eine fleischige, vier- oder fünffächerige, vielsamige, blauschwarze Beere
(Fig.5), die von den acht grünen Blättern der Hülle umgeben ist. —
Same eiförmig (Fig. 6).
Blütezeit: Mai.
Biologisches. Die nach oben gerichtete Blüte bietet den
Insekten die ausgebreitete sternförmige Narbe als An-
flugsplatz. — Die Pflanze ist erstweiblich. Die Staubbeutel
stehen anfänglich von der Narbe entfernt; erfolgt auf dieser keine
Übertragung fremden Blütenstaubes, so biegen sich später die Staub-
fäden so, daß die Staubbeutel mit der Narbe in Berührung kommen.
Standort und Verbreitung. An schattigen, feuchten Plätzen
und in Waldungen Mittel- und Nordeuropas häufig, im Süden seltener.
Gift und dessen Wirkung. Früchte und Wurzelstock der Pflanze
besitzen scharfe, etwas narkotische Eigenschaften, denjenigen der
Ipekakuanha ähnlich. Besonders die schönen, dunkelblauen Früchte
sind gefährlich, weil sie so leicht von Kindern oder auch von Er-
Tafel 17. Tafel 17.
Vierblättrige Einbeere. Paris quadrifolia L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Griffel und Narben.
5 Frucht. 6 Same. 2, 3, 4, 6 vergr.
Vierblätterige Einbeere. 37
wachsenen durch Verwechselung mit anderen Beeren genossen werden
können. Ausgesprochene Vergiftungserscheinungen treten beim Men-
schen erst nach Genuß einer größeren Menge (30 bis 40 Stück) der
Beeren auf; beim Federvieh (Hühner usw.) sollen die Beeren jedoch,
schon in geringer Menge verzehrt, sehr giftig wirken. — Die Gift-
wirkung beruht auf der Gegenwart eines Saponins (siehe Einleitung),
und zwar soll dieses in der Pflanze als Doppelglykosid: Paristyph-
nin (C;;H,;,0,s) vorhanden sein, welches in Paridin (C,,H,;0-) und
Zucker spaltbar ist.
35 Weißer Germer.
Weisser Germer. Veratrum album (Z).+
Tafel 18.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Als Veratrum (Ableitung bisher nicht festgestellt) führte Plinius die von
Theophrast und Dioskorides Elleboros leukös (gr.) (siehe unter Helleb. niger)
genannte Pflanze auf. — Germer oder Hermer, die altdeutsche Bezeichnung der
Pflanze. — Nieswurz, weil die gepulverte Wurzel zum Niesen reizt.
Beschreibung. Staude mit knolligem, schwärzlichem Wurzel-
stock. — Stengel einjährig, stielrund, hohl, bis 1 m hoch, mit groben,
scheidenartigen, am unteren Teile des Stengels mit breit-ovalen, am
oberen länglichen bis lanzettförmigen, längsfaltigen, stengelumfassenden,
unten weichhaarigen, dunkelgrünen Blättern besetzt (Fig. 1). — Blüten
in endständigen, rispigen, weichhaarigen, vielblütigen Trauben. Einzel-
blüten in den Achseln eiförmiger, zugespitzter Deckblätter entstehend,
polygamisch; Zwitterblüten (Fig. 4) oder nur Staubblüten (Fig. 3) tragend.
— Blütenhülle sechsblätterig, regelmäßig, ausgebreitet, Blütenblätter
weiß oder grünlich, mit grünen Nerven, am Rande kerbig gesägt. —
Sechs am Grunde der Blütenblätter und vor diesen befestigte Staub-
blätter. Staubfäden pfriemenförmig. Staubbeutel nierenförmig, am
Rücken des Staubfadens angefügt, querspaltig, nach außen hin auf-
springend. — Fruchtknoten (Fig. 5, 6 u. 7) in den Zwitterblüten aus
drei am Grunde zusammenhängenden, einfächerigen, länglichen Frucht-
blättern gebildet. Drei kurze, pfriemliche, freie, nach außen gebogene
Griffel. — Frucht (Fig. 8) eine längliche, bräunliche, oben aufspringende
Kapsel, die von der bleibenden Blütenhülle umgeben ist. — Samen in
jedem Fruchtblatte bis zu zwölf, flach, länglich, blaßrötlich, mit einem
breiten, häutigen Rande (Fig. 9). — Die Abart mit hellgrünen Blüten
führt auch den besonderen Namen Veratrum Lobelianum (Bernh.).
Blütezeit: Juli, August, September.
Biologisches. Jedes der konkaven Blätter hat an der
oberen Seite eine Menge tiefer Längsrinnen, die alle am
Blattgrunde zusammenmünden. Das auffallende Regenwasser
sammelt sich hier und fließt am Stengel herab zu den
Wurzeln hin. In den giftigen Alkaloiden hat die Pflanze einen Schutz
gegen Tierfraß. — An jedem Stocke finden sich neben echten
Zwitterblüten auch reine Staubblüten. — Die Samen haben
Tafel 18. Tafel 18.
Weißer Germer. Veratrum album L.
1 Sproß mit Blättern und Blüten, verkleinert. 2 Staubblüte. 3 Staubblüte, längs
durchschnitten. 4 Zwitterblüte. 5 Fruchtknoten mit Griffel. 6 Fruchtknoten, längs _
durchschnitten. 7 Fruchtknoten, quer durchschnitten. 8 Frucht. 9 Samen.
2.bis 9 vergr.
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Weißer Germer. 39
in dem geflügelten, häutigen Rande eine Ausrüstung zur
Verbreitung durch den Wind.
Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen der Gebirge
und Hochebenen von Spanien bis zum Nordkap in den meisten Ländern
Europas und Nordasiens bis nach Japan, fehlt in manchen Ländern
ganz, z. B. in Griechenland, England und Dänemark. In Deutschland
mehr im Süden, in den Alpen und im Riesengebirge, fehlt aber auch
in manchen Teilen Deutschlands, z. B. im Schwarzwalde.
Gift und dessen Wirkung. Veratrum album und Veratrum
nigrum enthalten in den Wurzelstöcken und Wurzeln, hier namentlich
in der Oberhaut und den Schutzscheidezellen, weniger in den Stengeln
und Blättern stark, narkotische Gifte, welche die Tätigkeit des Rücken-
marks lähmen. In früberer Zeit wurde der Saft der Pflanze als Pfeil-
gift benutzt. — Man hat in der Pflanze fünf Basen nachgewiesen, die
alle an die (mit der Chelidonsäure identische) Jervasäure gebunden
sind: Jervin (C,;H;,N0,), Rubijervin (0,,H,NO,), Pseudojervin
(C,H,,NO,), Veratrin (C,,H;, NO,,) und Veratridin (C,,H,;NO,). Ein
trockener Wurzelstock enthält bis 1,5 Proz. dieser Alkaloide. Die
stärksten Giftwirkungen äußert das Veratrin, rein dargestellt, ein
weißes, geruchloses, kristallinisches, etwas scharf bitter schmeckendes
Alkaloid. Auf der Haut erzeugt dasselbe das Gefühl des Stechens,
Brennens und Juckens. In die Nase gebracht, erregt es ein oft stunden-
lang anhaltendes, heftiges Niesen. Die Vergiftungserscheinungen sind
im allgemeinen den durch die Herbstzeitlose hervorgebrachten ähn-
lich, nur weit heftiger; sie gehen bis zur völligen Betäubung und Ge-
fühllosigkeit, Zittern der Glieder und Krämpfen. — In der Heilkunde
wird benutzt: der Wurzelstock von Veratrum album (Rhizoma veratri).
Bu Se u 2 cu Se u a 2 = —
40 Schwarzer Germer.
Schwarzer Germer. Veratrum nigrum (Z..t
Tafel 19.
Fam.: Liliengewächse. Liliaceae.
Veratrum siehe Veratrum album.
Beschreibung. Staude mit knolligem Wurzelstock. — Stengel
bis 1!/, m hoch, beblättert. — Blätter breitelliptisch, kahl; die grund-
ständigen sehr groß, in den Blattscheiden verschmälert, längsfaltig
(Fig. 1). — Blüten in großen, rispigen, filzig behaarten Trauben,
polygamisch (Zwitterblüten und Staubblüten). Blütenhülle regelmäßig
sechsblätterig, ihre Blättchen so lang wie die Blütenstiele, braunrot,
elliptisch, ganzrandig, bleibend (Fig. 3). — Staubblätter sechs, Staub-
beutel, am Rücken den Staubfäden angeheftet, einfächerig, querspaltig
sich öffnend (Fig. 6). — Fruchtknoten in den Staubblüten rück-
gebildet, in den Zwitterblüten aus drei einfächerigen, vielsamigen
Fruchtblättern bestehend. — Frucht eine dreifächerige Kapsel in der
bleibenden, rotbraunen Blütenhülle stehend (Fig. 4 u. 5).
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Siehe Veratrum album.
Standort und Verbreitung. In Bergwäldern und Kalkböden Süd-
europas; in Krain, Kroatien, Ungarn, Dalmatien, in Böhmen bei Schlan.
— Wird als dekorative Pflanze häufig in Gartenanlagen angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung siehe Veratrum album.
Tafel 19. Tafel 19.
Schwarzer Germer. Veratrum nigrum L.
1 Grundständige Blätter. 2 Teil eines Blütenstandes. 3 Blüte. 4 Blüte mit
junger Frucht. 5 Frucht im Querschnitt. 6 Staubblätter. 3 bis 6 vergr.
Unechte Narzisse. 41
Unechte Narzisse. Narcissus pseudo-
narcissus (Z.).
Tafel 20.
Fam.: Amaryllisgewächse. Amaryllidaceae.
Nareissus, bei Dioskorides narkissos (gr.) genannt, von narkös (gr.), Be-
täubung, wegen des betäubenden Geruches vieler Narzissen. — Pseudonareissus
— falsche, unechte Narzisse.
Beschreibung. Zwiebelpflanze mit eiförmiger, großer, von
schwarzbrauner, häutiger Schale bedeckter Zwiebel (Fig. 1). — Blätter
flach, linealisch, rinnenförmig, graugrün, etwa 30 cm lang. — Blüten-
schaft zweischneidig, einblütig. — Blüte in einer häutigen Blüten-
scheide, zwitterig, regelmäßig. Blütenhülle gelb, tellerförmig, sechs-
teilig, Zipfel eirund, am Grunde zu einer Röhre verwachsen, auf der
sich eine glockenförmige, goldgelbe Nebenkrone erhebt, deren oberer
Saum unregelmäßig gelappt und wellig gehalten ist. — Die sechs
Staubblätter sind im Grunde der Röhre befestigt. Die Staubfäden
sind kurz; die Staubbeutel am Rücken angeheftet, länglich, zwei-
fächerig; sie öffnen sich mit einer Längsspalte nach innen. — Frucht-
knoten stumpf, dreikantig, dreifächerig, mit vielen Samenanlagen.
Griffel lang, fadenförmig; Narbe platt, dreiteilig. — Frucht eine läng-
liche, stumpf dreikantige, dreifächerige, aufspringende Kapsel. — Same
halbkugelig.
Blütezeit: März, April.
Biologisches. Nadelförmige Kristalle (Rhaphiden) in Blättern
und Stengeln gewähren Schutz gegen Tierfraß. — Die Innenseite
der röhrenförmigen Nebenkrone ist unten in ein honigabson-
derndes Gewebe umgewandelt. — Bestäubung der in der Dunkel-
heit noch sichtbaren gelben Blüten erfolgt meist durch Nacht-
schmetterlinge, aber auch am Tage durch Hummeln und Bienen. —
Die Blüte ist erstweiblich (proterogyn). Der feingezähnte Rand
der Narbe ist als Vorrichtung zum bessern Festhalten des Blüten-
staubes anzusehen, da die Insekten beim Eindringen .in die Blüten
die Narbe nur am Rande berühren.
Standort und Verbreitung. Auf Bergwiesen von Südeuropa
(besonders in Spanien) bis nach dem südlichen Skandinavien. In
42 Unechte Narzisse.
Deutschland stellenweise sehr häufig, so in der Rheinprovinz (in der
Eifel bei Malmedy, auf dem Hundsrück und an anderen Orten), in Hessen,
in den Hochvogesen. — An vielen Stellen verwildert. Wird häufig in
Gärten angepflanzt und hat in der Kultur viele schöne Abarten erzeugt.
Gift und dessen Wirkung. Die Zwiebel und in geringem Maße
die übrigen Teile der Pflanze enthalten ein narkotisch wirkendes Gift,
als welches das in seinen Eigenschaften nicht näher bekannte, bitter
schmeckende, brechenerregende Pseudonarcissin (Narcitin) an-
gesehen wird.
Tafel 20.
Tafel 20.
Wlzıiiie
Unechte Narzisse.
Nareissus pseudonarcissus L.
1 Zwiebel. 2 Blätter, Knospe und Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt.
4 Staubblatt.
5 Narbe. 6 Fruchtknoten im Querschnitt. 4
‚5, 6 vergr.
Hanf. 43
Hanf. Cannabis sativa (zZ.
Tafel 21.
Fam.: Nesselgewächse. Urticaceae.
Kännabis (gr.) bei Herodot und Dioskorides; Cannabis sativa ist bei
Plinius die Bezeiehnung für diese Pflanze. Man leitet dieselbe ab vom Altindischen
und nennt von der Pflanze die Sanskritnamen „Banga“ und „Gangika“, deren Wurzel
„ang“ oder „an“ sich in allen indoeuropäischen und semitischen Sprachen wieder-
findet, z. B. „Bang“ im Persischen, „Ganga“ in Bengalen, „Kanas“ im Keltischen,
„Cannab“ im Arabischen, „Hanaf“ im Althochdeutschen, „hänep“ im Angelsäch-
sischen, „hanpr“ im Altnordischen, endlich der heutige deutsche Name „Hanf“. —
Die Benennungen „Femmel“, „Fimmel“ für den männlichen und „Mastel“ für den
weiblichen Hanf werden auf die lateinische bzw. italienische Bezeichnung femella
und masculus zurückgeführt, allerdings in umgekehrter Anwendung, was sich aber
vielleicht aus der sehr verschiedenen Größe der beiden Geschlechter dieser Art
erklärt, von denen die weibliche, weil stärker entwickelt, dem Volke als männlich
erscheint.
Beschreibung. Einjährige, krautige Pflanze mit weiber,
spindelförmiger Pfahlwurzel. — Stengel bis 3m hoch, aufrecht, un-
deutlich vierkantig, innen hohl, verästelt, mit steifen Borstenhaaren
dicht besetzt. — Blätter gestielt; Stiel rinnenförmig; die unteren
Blätter fünf- bis neunfach gefingert, die oberen einfacher bis zu
kleinen lanzettlichen Blättern, unten gegenständig, oben zerstreut; Blätt-
chen schmal, lanzettlich, spitz, grobgesägt (Fig. 2). — Blüten zwei-
häusig; bei der Pflanze mit Staubblüten (der männlichen) in achsel-
und endständigen Trauben (Fig. 1); bei derjenigen mit Fruchtblüten
(der weiblichen) in achselständigem, ährigem Blütenstande (Fig. 2). —
Staubblüten hängend; Blütenhülle fünfblätterig (Fig. 3); Blättchen der-
selben länglich, gleich lang, die drei äußeren mit häutigem Rande und
grünen Mittelnerven, die drei inneren schmäler, grünlich. — Die fünf
Staubblätter am Grunde der Kronblätter angeheftet; Staubfäden
kurz, fadenförmig; Staubbeutel länger, fast vierkantig, zweifächerig, mit
Öldrüsen besetzt, der Länge nach aufspringend (Fig. 4). — Frucht-
blüten zu je zwei von einem gemeinschaftlichen und jede einzelne
von einem besonderen Deckblatte gestützt. Blüte von einem krautigen,
mit Drüsen und Haaren besetzten, bauchigen, scheideförmigen Hüll-
blättchen umschlossen (Fig. 5). — Fruchtknoten länglichrund, ein-
fächerig, einsamig (Fig. 6); zwei Griffel, kurz, in zwei längere, faden-
förmige, behaarte Narben auslaufend (Fig. 5). — Frucht ein eiförmiges,
44 Hanf.
etwas zusammengedrücktes, nicht aufspringendes Nüßchen, das von den
scheidenförmigen Hüllblättchen umschlossen bleibt (Fig. 7). — Same
hängend, von einem feinen, grünen Häutchen bedeckt (Fig. 8). Embryo
weiß, gekrümmt (Fig. 9). Cotyledonen ölig, fleischig.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches.. Zweihäusige, erstweibliche (proterogyne)
Pflanze. Erst vier bis fünf Tage, nachdem die weiblichen Pflanzen be-
fruchtungsfähig geworden, öffnen sich an den männlichen die Staub-
beutel, die an zarten Fäden pendeln, und der Wind trägt den Blüten-
staub auf die Narben (windblütige Pflanzen).
Standort und Verbreitung. Der Hanf wird wild gefunden in
den weiten Gebieten Mittel- und Nordasiens, in Mittel- und Südrußland,
in Sibirien, in Persien, in Kaschmir, im Himalaja bis zu 3000m und in
China. Seit den ältesten Zeiten in den genannten Gegenden kultiviert.
Nach Herodot bauten die Skythen die Pflanze an; im 3. Jahrh. v. Chr.
soll schon die Hanffaser zur Ausrüstung der Schiffe in Sizilien aus
Gallien hergebracht worden sein. Danach hätten die nordeuropäischen
Völker die Pflanze schon sehr früh gekannt, und nimmt man an, daß
die Germanen dieselbe und den Namen dafür aus der Aralgegend mit-
brachten. In den Überresten der Schweizer Pfahlbauten fehlt der
Flachs. Die Ausbreitung über weite, klimatisch so verschiedene Ge-
biete und mehrtausendjährige Kultur haben die Pflanze im Aussehen
zwar wenig,.in ihren Eigenschaften und ihren physiologischen Wir-
kungen dagegen sehr verändert. Unter den klimatischen Verhältnissen
des Nordens ist sie zur Faserpflanze, durch die Sonne des Südens zur
Arzneipflanze und zum Reizmittel geworden.
Gift und dessen Wirkung. Das Kraut der Pflanze besitzt aus-
gesprochen narkotische Wirkung. Die Giftwirkung wird einem
Alkaloid: dem Cannabin, Cannabinin oder Tetancannabin zuge-
schrieben. Eigenschaften und chemische Zusammensetzung dieses Stoffes
sind nicht näher bekannt, wie auch sein Vorhandensein in der Hanf-
pflanze von einigen Chemikern in Zweifel gezogen wird. Die letzteren
nehmen an, daß es sich nicht um ein spezifisches Alkaloid, sondern
um „Cholin“, eine auch sonst im Pflanzenreich vorkommende giftige
Base handelt. Von anderen wird die physiologische Wirkung dem in
den ätherischen Ölen der Pflanze enthaltenen Cannaben (C,,H,,) einem
Sesquiterpen zugeschrieben. Der in Indien kultivierte, auch Cannabis
indica genannte Hanf enthält die erwähnten Stoffe in weit reichlicherer
Menge als die in nördlichen Gegenden zur Fasergewinnung angebaute
Pflanze. — Die Ausdünstungen der Pflanze erregen Kopfschmerzen und
Schwindel. In geringer Menge eingenommen oder geraucht, verursachen
die Blätter und Stengel eine Art Rausch, dem Opiumrausche sehr
ähnlich. Der von den Bewohnern Hindostans, Arabiens, Persiens,
Tafel 21. Tafel 21.
Hanf. Cannabis sativa L.
1 Sproß der männlichen Pflanze. 2 Sproß der weiblichen Pflanze. 3 Staubblüte.
4 Staubblatt. 5 Fruchtblüte. 6 Fruchtknoten. 7 Frucht. 8 Same, nat. Größe
u. vergr. 9 Same inı Längsschnitt. 3 bis 7 u. 9 vergr.
Hanf. 45
Algiers, der Türkei und benachbarter Länder zur Berauschung benutzte
„Haschisch“ wird von den vor der Fruchtreife gesammelten und ge-
trockneten Spitzen der Pflanze bereitet oder aus dem Harze, das durch
Abschaben von den Stengeln und Blättern der weiblichen Pflanze ge-
wonnen wird. Die auch in der Heilkunde benutzte Wirkung des
Hanfes richtet sich vor allem auf die Tätigkeit des Gehirns und des
Herzens. Der Gebrauch größerer Mengen des Giftes führt bei solchen
Personen, die an dasselbe nicht gewöhnt sind, nach einer aufheiternden
Wirkung schnell Betäubung und Verlust des Gefühls herbei. Die Nach-
wirkungen der Vergiftung (Atemnot, Muskelschwäche u. dgl.) sind oft
von langer Dauer; unmäßiger Gebrauch hat häufig zu Wahnsinn geführt.
— In der Heilkunde werden benutzt: die Spitzen der weiblichen
Pflanze mit den jungen Früchten (Herba Cannabis) und die
reifen Früchte (Fructus Cannabis).
46 Kornrade.
Kornrade Agrostemma Githago (Z,.
Tafel 22.
Fam.: Nelkengewächse. Caryophyllaceae.
Acrostemma von agrös (er.), Feld, und stemma (gr.), Kranz, Krone. Diese
Feldpflanze, die Dioskorides „Feldnelke“, Iychnis agria (gr.), nennt, wurde zu
Kränzen gebraucht. Githago, eine bei Plinius „Gith“ genannte, in den Samen
dem Schwarzkümmel ähnliche Pflanze.
Rade von raden — ausroden.
Githago segetum (Desf.). Segetum, in der Saat wachsend.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit einfachem oder wenig
verzweigtem Stengel, !/, bis Im hoch, weißfilzig, behaart. — Blätter
linealisch, die unteren gestielt, die oberen ungestielt, lang zugespitzt,
unten verbreitert, entgegengesetzt stehend (Fig. 1). — Blüten zwitterig,
auf langen Stielen, gipfelständig. — Kelch unterständig, bauchig-
röhrig, rippig, in fünf linealen, die Blumenkrone um das Doppelte über-
ragenden Zipfeln endigend. — Blumenkrone fünfblätterig; Blumen-
blätter unten genagelt; Platte breit ausgerandet, rot. — Staubblätter
zehn; Staubbeutel länglich, am Rücken den Staubfäden angeheftet, längs-
spaltig sich öffnend; Staubfäden lang, fadenförmig, weiß (Fig. 2). —
Fruchtknoten kegelförmig, einfächerig; Samenträger grundständig;
die fünf langen, fadenförmigen Griffel an der Spitze nach links zurück-
gebogen, drüsig behaart (Fig. 3). — Frucht eine vom Kelch um-
schlossene Kapsel, an der Spitze in fünf Zähnen aufspringend (Fig. 5).
— Samen zahlreich, dreieckig, rund, etwas. zusammengedrückt, mit
schwarzer; konzentrisch mit kleinen Warzen besetzter Schale (Fig.5 u. 6).
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Erstmännliche Blüte. — Die Übertragung
des Blütenstaubes erfolgt durch Schmetterlinge (Tagfalter). —
Bleibt Fremdbestäubung aus, so strecken die Staubfäden sich so weit,
daß ihre Staubbeutel mit der Narbe in Berührung kommen und Eigen-
bestäubung erfolgt.
Standort und Verbreitung. Als Unkraut in Getreidefeldern durch
ganz Europa und Asien. Erhebliche Verunreinigung des Getreides ist
jedoch bei Anwendung der Mehl- und Getreidereinigungsmaschinen
ausgeschlossen
Gift und dessen Wirkung. Die Samen der Pflanze enthalten bis
6,56 Proz. eines giftigen glykosidischen Saponins, welches als
Tafel 22. Tafel 22.
Kornrade. Agrostemma Githago L.
1 Blühender Sproß. 2 Blumenkronenblatt und Staubgefäße. 3 Fruchtknoten mit
Griffel. 4 Frucht. 5 Frucht (Samenkapsel) im Längsschnitt. 6 Same. 3, 6 vergr.
Kornrade. 47
Agrostemma-Sapotoxin, Githagin oder Agrostemmin (2C,-H;:0,,)
bezeichnet wird, in reinem Zustande eine weiße, amorphe, geruchlose
Masse. — Über die Saponine und ihre physiologischen Wirkungen
siehe Einleitung. — Das Gift ist ausschließlich im Embryo, der Radicula
und den Keimblättern enthalten. — Die Wirkung ist eine narkotische;
auf die Nasenschleimhaut gebracht, erregt es heftiges Niesen. — Vor
allgemeiner Einführung der Getreidereinigungsmaschinen kamen die
Samen als Verunreinigungen häufig in größerer Menge ins Brot, machten
dieses unangenehm bitter schmeckend und in hohem Grade gesundheits-
schädlich; auch sind Vergiftungen mit tödlichem Ausgange vorgekommen
beim Gebrauch von Kornkaffee, in dem, wie die Untersuchung ergab,
eine größere Menge von Radesamen enthalten war. Durch den Röst-
prozeß war also das giftige Glykosid nicht zerstört worden.
48 Gemeines Seifenkraut.
(Gemeines Seifenkraut. Saponaria
offieinalis (z.).
Tafel 23.
Fam.: Nelkengewächse. Caryophyllaceae.
Saponaria von sapo —= Seife, weil die zerstoßenen, im Wasser schäumenden
Wurzeln statt Seife gebraucht werden können. — Offieinalis, in der Heilkunde
gebräuchlich.
Beschreibung. Staude mit kriechendem, rötlichem Wurzelstock.
— Stengel 30 bis 50 cm hoch, steif, aufrecht, stielrund, knotig, fast
kahl oder fein behaart, beblättert. — Blätter glatt, länglich-elliptisch,
von drei bis fünf starken Rippen durchzogen, am Grunde in einen
kurzen, breiten Stiel verschmälert, scharfrandig, — Blütenstand
rispig. — Kelch zylinderförmig, etwas rötlich, nackt oder behaart. —
Blumenkronblätter fünf, hell-fleischfarbig, in einen langen Nagel
ausgezogen, mit herzförmiger Platte, an deren Grunde mit zwei spitzen
Zähnen. — Staubblätter zehn, mit bläulichen Staubbeuteln. — Frucht-
knoten einfächerig, mit zwei Griffeln. — Frucht eine einfächerige,
an der Spitze in vier Zähnen aufspringende Kapsel. — Samen nieren-
förmig, schwarzbraun, feingekörnt.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Die Blüte ist an die Bestäubung durch Abend-
und Nachtschmetterlinge angepaßt: die Blumenblätter sind hell,
einfarbig und duften am stärksten des Abends; der tief in der Blumen-
krone abgelagerte Honig ist nur dem langen Schmetterlingsrüssel zu-
gängig. — Erstmännliche (proterandrische) Blüte. — Besucher sind
der Ligusterschwärmer (Sphinx ligustri) und Nachtschmetterlinge aus
den Gattungen Diathoecia und Mamestra. Die letzteren benutzen
den Fruchtknoten als Brutstätte für ihre Nachkommenschaft,
indem sie mittels der langen Legröhre ihre Eier in denselben bringen.
Die Räupchen ernähren sich von den Fruchtanlagen und verlassen
ihre Wohnstätte erst, wenn sie sich zum Verpuppen in die Erde be-
geben wollen.
Standort und Verbreitung. Auf Sandboden, an Wegrändern und
Hecken, auf Hügeln, an Flußufern und auf Schuttplätzen; in Mittel-
und Südeuropa sehr verbreitet.
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Tafel 23. Tafel 23.
Seifenkraut. Saponaria officinalis L.
1 Blühender und nichtblühender Sproß.
blatt mit vor- und nebenstehenden Staubblättern. 4 Blumenkronblatt. 5 Frucht-
knoten im Längsschnitt.
2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkron-
6 Fruchtknoten im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Same.
2 bis 8 vergr. |
Gemeines Seifenkraut. 49
Gift und dessen Wirkung. In der ganzen Pflanze, besonders
in der Wurzel, ist ein giftiges, glykosidisches Saponin: das
Saponarin (C,,H;,0,,)? enthalten, von anderen wird es Saporubrin
genannt; seine chemische Zusammensetzung ist noch ganz unsicher.
Über Saponine siehe Einleitung. — Es bildet, rein dargestellt, nadel-
förmige, stark hygroskopische Kristalle. — In der Heilkunde wurde
früher benutzt: der im Ruhezustande der Pflanze gesammelte
Wurzelstock (Radix Saponariae rubrae).
Esser, Giftpflanzen. 4
50 Schwarze Nieswurz.
Schwarze Nieswurz. Helleborus niger (Z,.+
Tafel 24. Wandtafel >.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Helleboros, Elleboros (gr.), von hellein (gr.), töten und bora (gr.), Speise,
weil der Genuß den Tod bringt; nach anderen von einem Flusse Helleborus auf der
Insel Antikyra, wo diese seit den ältesten Zeiten als Elleboros melas (gr.) bezeichnete
Pflanze medizinisch benutzt und von den griechischen Ärzten gesammelt wurde.
Nieswurz, weil die gepulverte Wurzel zum Niesen reizt. — Winterrose, Christ-
wurz, Christrose, Weihnachtsrose, weil die Pflanze zur Weihnachtszeit blüht.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fast senkrecht
stehendem, ein- oder vielköpfigem, dunkelbraunem Wurzelstock. —
Blätter grundständig, langgestielt, fußförmig, mit fünf bis neun kahlen,
glatten, lederigen, oben dunkel-, unten hellgrünen, verkehrt lanzett-
förmigen, spitzen, gegen die Spitze zu grobgesägten Blättchen (Fig. 1).
— Blütenschaft aufrecht, stielrund, blattlos, grünlich, oft unten röt-
lich angelaufen, aus einem breiten, abgerundeten Niederblatt ent-
springend, mit einer oder zwei, zuweilen drei, von einem eiförmigen
Niederblatt gestützten Blüten. — Blüte groß, zwitterig. — Kelch fünf-
blätterig, ausgebreitet, blumenblattartig; Blätter breit-eirund, weiß,
bleibend; beim Aufblühen blaßrötlich, nach dem Verblühen grün wer-
dend. — Blumenkronblätter 13 bis 20, klein, zu dütenförmigen, zwei-
lippigen, gelblichgrünen Honigbehältern (Nektarien) umgewandelt; Honig-
drüse im Grunde des Nektariums (Fig.2 und 35). — Staubblätter
zahlreich; Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel länglichrund, gelb,
zweifächerig, längsaufspringend. — Fruchtblätter zwei bis neun, frei,
länglich, seitlich zusammengedrückt; Samenanlagen zahlreich, zweireihig,
an der Bauchnaht befestigt; Griffel pfriemlich, nach außen gebogen;
Narbe nierenförmig (Fig. 2). — Frucht eine am Grunde etwas ver-
wachsene Teilkapsel, an der Bauchnaht der Länge nach aufspringend
(Fig. 4).
Blütezeit: Dezember bis März.
Biologisches. Die Pflanze wird von Tieren unberührt ge-
lassen infolge des in den grünen Teilen enthaltenen Giftes.
— An den großen, honigreichen Blüten sind die eigentlichen Blumen-
blätter zu dütenförmigen „Nektarien“ umgewandelt; ihre Rolle über-
nehmen die Kelchblätter, welche, im Anfang, durch ihre blendendweiße
Tafel 24. Tafel 24.
Schwarze Nieswurz. Helleborus niger L.
1 Blühende Pflanze. 2 Innere Teile der Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der
inneren Blütenhülle (Honigdrüse). 4 Frucht. 3 vergr.
Schwarze Nieswurz. 51
Farbe gegen das dunkle Grün abstechend, weithin sichtbar sind. Nach-
dem sie zur Anlockung der Insekten gedient, fallen sie nicht, wie die
Blumenkronblätter der meisten Blüten, ab, sondern bleiben erhalten
und bilden in ihrem Innern Blattgrün; die weiße Farbe geht allmäh-
lich in eine grüne über. — Platzwechsel .der Staubblätter. Die
Staubblätter sind in mehreren Wirteln um die Fruchtblätter gruppiert.
Um sie herum steht der Nektarienkranz, und dieser ist umgeben von
den Blumenkronblättern; die besuchenden Insekten (Hummeln, Bienen)
werden also dem Rande der Blüte zustreben. In der jungen, sich eben
öffnenden Blüte sind die Griffel so auseinandergespreizt und gekrümmt,
daß die Narben über den Nektarien stehen; die Staubbeutel sind noch
vollständig geschlossen. Die Blüte ist also ausgesprochen erstweiblich.
Ist die Bestäubung vollzogen, so öffnen sich die Staubbeutel des
äußersten Wirtels der Staubblätter, und die Staubfäden strecken,
krümmen und drehen sich so, daß die Staubbeutel genau über die
Mündung der kleinen, honigführenden Becher zu stehen kommen. In-
sekten, welche den Honig entnehmen wollen, streichen unvermeidlich
an den Staubbeuteln vorbei. Am folgenden Tage biegen sich die
Staubfäden dieses ersten Wirtels weiter nach außen gegen die blumen-
blattartigen Kelchblätter hin, und an ihre Stelle treten die Staubblätter
des nächsten Wirtels; auch diese werden am folgenden Tage nach außen
gerückt und durch Glieder des folgenden Wirtels ersetzt. Dies wieder-
holt sich Tag für Tag, bis sämtliche Staubblätter mit größter Genauig-
keit ihre Staubbeutel über die Nektarien gestellt haben.
Standort und Verbreitung. Auf Kalkboden in schattigen Tälern
und Waldungen Süddeutschlands, Österreich-Ungarns und Südeuropas;
bei uns oft in Gärten angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. Alle Nieswurzarten gehören zu den
scharfnarkotischen Giftpflanzen. Im Wurzelstock und in den Grund-
blättern von H. niger, H. viridis und H. foetidus sind zwei sehr
giftige, kristallisierbare, in Wasser schwer, in Alkohol leicht lösbare
Glykoside enthalten (über Glykoside siehe Einleitung): Das Helle-
borin (C,H,,0), besonders reichlich in H. viridis, und das Helleborein
(C;;H;;0;), besonders in H. niger. Diese Glykoside sollen besonders
in den äußeren Lagen des Rindenparenchyms von Wurzel und Wurzel-
stock vorkommen. Die frische Wurzel riecht widrig und schmeckt
etwas bitter; auf der Haut bringt sie Rötung und Blasenbildung her-
vor; genossen, erregt sie Schwindel, Erbrechen, Durchfall und führt
zuletzt durch Krämpfe, Lähmung zum Tode. — Die Wurzel von H. niger
war früher als Heilmittel gegen Geisteskrankheiten berühmt.
4*
52 Stinkende Nieswurz.
Stinkende Nieswurz. Helleborus
foetidus (Z..+
Tafel 25.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Helleborus siehe Helleborus niger.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit spindelförmigem,
ästigem Wurzelstock. — Stengel bis 35 cm hoch, aufrecht, fingerdick,
steif, rund, beblättert. — Blätter: die unteren langgestielt, mit rin-
nigem Blattstiel und mit scheidigem Grund, Blattspreite lederartig,
dunkelgrün, kahl, fußförmig, mit sieben bis neun lanzettlichen, spitzen,
feingesägten Blättchen; die oberen mehr oder weniger nur aus breiter
Scheide mit sehr kleinen Blattzipfeln, weiter nach oben übergehend
in die ovalen Deckblätter des Blütenstandes (Fig. 1). — Blütenstand
rispenartig doldentraubig, reichblütig. — Blüten nickend, Blütenstiele
kurz behaart. — Kelch fünfblätterig mit glockenförmig zusammen-
geneigten, länglichrunden, grünen, braunrot gesäumten Blättern (Fig. 2).
— Blumenkronblätter zu schlauchförmigen, offenen, abgestutzten,
gezähnelten Honigbehältern umgewandelt (Fig. 3). — Staubblätter
so lang wie der Kelch. Staubfäden weiß, Staubbeutel gelb. — Frucht-
blätter zwei bis drei, aufgeblasen, kurz behaart, im unteren Drittel
verwachsen, vielsamig. Griffel pfriemenförmig (Fig. 4). — Frucht
eine aufspringende Kapsel (Fig. 5). — Samen eiförmig, mit einer weiß-
lichen Nabelwarze (Fig. 6).
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches siehe Schwarze Nieswurz.
Standort und Verbreitung. An halbschattigen, steinigen Stellen,
auf Kalkboden, in Süd- und Mitteleuropa. In Deutschland nur in be-
stimmten Gebieten, z. B. im Rheintale und seinen Nebentälern, in der
Pfalz, in Baden und Thüringen.
Gift und dessen Wirkung siehe Helleborus niger.
Tafel 25. j Tafel 25.
Stinkende Nieswurz. Helleborus foetidus L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Honigdrüse. 4 Fruchtblatt.
5 Samenkapsel. 6 Same. 2, 3, 4 vergr.
Tafel 26. : Tafel 26.
Grüne Nieswurz. Helleborus viridis L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der inneren Blütenhülle
(Honigdrüse). 4 Einzelnes Fruchtblatt.
Grüne Nieswurz. 53
- Grüne Nieswurz. Helleborus viridis (z..+
Tafel 26.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Helleborus siehe Helleborus niger.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem, mehr-
köpfigem, kriechendem, geringeltem, braunem Wurzelstocke. — Wurzel-
blätter fußförmig, langgestielt, die Blättchen lanzettförmig, dünn, nicht
lederartig, zurückgekrümmt, am ganzen Rande dicht scharf gesägt,
dunkelgrün, an der Unterseite mit hervortretenden Adern, kahl oder
an der Rippe fein behaart. — Stengel blattlos, rund, einblütig, oft
verzweigt, dann an der Verzweigungsstelle ein kleineres, fingerig zer-
teiltes Blatt mit breiten Scheidenstielen (Fig.1). — Blüten einzeln,
groß, angenehm schwach duftend. — Kelch fünfblätterig, breit, oval,
ausgebreitet, dunkelgrün (Fig. 1). — Blumenkronblätter zu gelb-
grünen, dütenförmigen, unbestimmt zweilippigen Honigbehältern um-
gewandelt (Fig. 5). — Staubblätter zahlreich; Staubfäden fadenförmig,
weiß; Staubbeutel länglich, gelblichweiß (Fig. 2). — Fruchtblätter
meist drei, frei, aufgeblasen, grün; Griffel pfriemlich, zurückgebogen
(Fig. 4). — Frucht eine dreispaltige Kapsel mit geradem Rücken (Fig. 1).
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches siehe Helleborus niger.
Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden an Waldrändern
im westlichen und mittleren Europa; nicht häufig in Deutschland: in
Schlesien, Böhmen, Sachsen, im Harz, in Hannover, Westfalen, Hessen
und in der Eifel.
Gift und dessen Wirkung siehe Helleborus niger. — In der
Heilkunde wurde früher benutzt: der Wurzelstock (Radix Helle-
bori viridis), gesammelt in der Ruheperiode der Pflanze.
54 Sumpfdotterblume.
Sumpfdotterblume. Caltha palustris (zZ.
Tafel 27.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Ableitung des Wortes unbestimmt; vielleicht von Calathus — Schale, Körb-
chen, wegen der Blütenform.
Schmalzblume, Butterblume, von der gelben Farbe.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit sehr kurzem Wurzel-
stock, der mit einem dichten Büschel langer, dicker, weißer Wurzeln
besetzt ist (Fig. 1). — Stengel aufsteigend oder niederliegend, in
letztem Falle an den Knoten oft wurzelnd und neue Pflanzen bildend,
röhrig, saftig, kahl. — Wurzelblätter gestielt, nieren-herzförmig,
kahl, gekerbt, am Grunde scheidenartig erweitert. Stengelblätter kurz
gestielt, stengelumfassend, oft mit dütenartiger, häutiger, vertrock-
nender Blattscheidee — Blüten einzeln auf kräftigem, gefurchtem
Stiel (Fig. 1). — Kelch fünf-, zuweilen siebenblätterig. Kelchblätter
groß, oval, abgerundet, deutlich geädert, glänzend, gelb, außen am
Grunde grün, abfallend (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. — Staub-
blätter zahlreich. Staubfäden linealisch, wie die elliptischen, vier-
fächerigen Staubbeutel gelb (Fig.2). — Fruchtblätter vier bis
fünfzehn, sitzend, vielsamig, frei. Narbe sitzend, schrägstehend, ge-
schnabelt (Fig. 3). — Frucht eine sternförmig ausgebreitete, auf-
springende Teilfrucht (Fig. 4). — Samen länglich, schwarz, mit einer
langen, fleischigen, kammartigen Nabelwarze (Fig. 5).
Blütezeit: April, Juni, Juli.
Biologisches. Die fünf gelbgefärbten Kelchblätter bilden
einen auf weite Entfernung sichtbaren Schauapparat. — Am
Grunde zu beiden Seiten jeden Fruchtblattes zwei Honiggruben, die
reichlich Honig absondern. — Staubblätter und Narbe reifen
gleichzeitig; durch die nach außen aufspringenden Staubbeutel aber
wird Fremdbestäubung begünstigt. Der Insektenbesuch ist ein sehr
starker.
Tafel 27. Tafel 27.
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Sumpf-Dotterblume. Caltha palustris L.
4
1 Teile der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Einzelnes Fruchtblatt. 4 Frucht-
stand. 5 Same. 2 bis 5 vergr.
Sumpfdotterblume. 55
Standort und Verbreitung. In Wassergräben, Sümpfen und
Teichen, auf nassen Wiesen durch ganz Nord- und Mitteleuropa, Asien
und Nordamerika.
Gift und dessen Wirkung. Eigentliche Vergiftungen durch die
Pflanze sind noch nicht nachgewiesen; sie wird jedoch allgemein den
giftverdächtigen, scharfen Pflanzen zugezählt. — In der Pflanze ist das
Vorhandensein eines Alkaloides nachgewiesen worden, welches aber
noch nicht rein dargestellt und untersucht wurde.
56 Trollblume.
Trollblume. Trollius europaeus (Z.).
Tafel 28.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Trollius, Ableitung unbestimmt, vielleicht mit Bezug auf die kugelrunde
Blüte vom althochdeutschen troll = kugelrund, oder von trulleus = rundes
Gefäß.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem Wurzelstock,
der viele lange, hellbraune Wurzeln und oben die Überreste der vor-
jährigen Blätter als braune, borstige Fasern trägt (Fig. 1). — Stengel
aufrecht, bis Im hoch, rund, kahl, wenig verästelt, meist einblütig
(Fig. 1). — Blätter meist sitzend, mit fünfteiliger Blattspreite; Blatt-
zipfel breit, rautenförmig, dreispaltig, eingeschnitten. Wurzelblätter
langgestielt; Stiel rinnig, anı Grunde scheidenförmig erweitert (Fig.1).
— Blüte groß, hellgelb, kugelförmig. — Kelch fünf- bis fünfzehn-
blätterig; Kelchblätter blumenblattartig, hellgelb, oval-schalenförmig,
dachziegelig übereinander liegend, abfallend (Fig. 2). — Blumenkron-
blätter (Fig. 3) acht bis vierzehn, klein, zu Honigbehältern umgewandelt,
aus einem kleinen, hohlen, linealen Nagel mit aufsitzender, zungen-
förmiger Platte bestehend. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden
gelb; Staubbeutel linealisch, gelb (Fig.2). — Fruchtblätter zahlreich,
frei. — Frucht eine vielsamige Teilfrucht; Fächer vielsamig, mit auf-
rechtem Schnabel, nach innen aufspringend (Fig. 4 u. 5). — Same drei-
seitig, schwarz (Fig. 6).
Die Pflanze ändert nach dem Standorte vielfach ab, und man
unterscheidet die Formen Trollius europaeus humilis Crantz (die alpine
Form); Trollius europaeus altissimus Crantz (auf besonders feuchten,
nahrhaften Wiesen, sehr hoch werdend).
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches. Die dachig übereinanderliegenden Kelch-
blätter umschließen das Innere der Blüte wie eine Kapsel, um
die Staubblätter vor Benetzung durch Regen zu schützen. —
Anlockung der Insekten durch die hochgelben Kelchblätter
und durch den Duft. — Als Genußmittel wird den Insekten Honig
geboten. — Die Blüte ist erstmännlich (proterandrisch). — Die
Entwickelung der Staubblätter und ihr Platzwechsel mit den Narben
Tafel 28. Tafel 28.
Trollblume. Tro/lius europaeus L.
1 Pflanze in zwei Teilen. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blatt der inneren Blüten-
hülle mit Honigdrüse, vergr. u. nat. Größe. 4 Fruchtstand. 5 Einzelfrucht. 6 Same,
nat. Größe u. vergr. 2,5 vergr.
Trollblume. 57
vollzieht sich genau wie bei Helleborus (siehe Helleborus niger). —
Bestäuber: Bienen, Hummeln, Fliegen und kleine Käfer.
Standort und Verbreitung. Auf feuchten Wiesen, in Nord- und
Mitteleuropa; in Südeuropa in den Gebirgen; zerstreut, an manchen
Orten seltener.
Gift und dessen Wirkung. Wirkliche Vergiftungen durch die
Pflanze sind noch nicht bekannt geworden; sie wird aber als Hahnen-
fußgewächs mit scharfem Safte allgemein als giftverdächtig angegeben.
58 N Gemeine Akelei.
Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris (Z..
Tafel 29.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Das Wort Aquilegia wird abgeleitet von aqua — Wasser und legere,
schöpfen; wasserschöpfend in bezug auf die Form der Blumenkronblätter; andere
leiten es von aquilina ab, im Hinblick auf die den Krallen eines Adlers gleich
sekrümmten Blumenkronblätter.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit ästigem, mehr-
köpfigem, hellbraunem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis
ı, m hoch, stielrund, einfach oder verzweigt, mehrblütig. — Wurzel-
blätter langgestielt. Stiel dreiteilig, unten scheidenförmig. Blättchen
doppelt dreizählig, oben dunkel-, unten bläulichgrün. Stengelblätter
an den Astteilungen einfacher, kurzgestielt oder sitzend, die Blätter
unter den Blütenstielen oval-lanzettlich (Fig. 2). — Blüten groß,
nickend. Blütenstiele mit feinen Haaren und Drüsen besetzt. —
Kelch fünfblätterig. Kelehblätter blumenblattartig, meist violett, ab-
stehend, eilanzettlich (Fig. 4). — Blumenkrone fünfblätterig. Kron-
blätter kapuzenförmig, nach hinten in einen hakenförmigen Honigsporn
auslaufend (Fig.5).-— Staubblätter zahlreich, mehrreihig; die innersten
unfruchtbar, zu breiten Staminodien mit weißem, krausem, welligem
Rande umgewandelt (Fig. 6). Staubfäden etwas länger als die Blumen-
kronblätter. Staubbeutel gelb (Fig. 3). — Fruchtblätter fünf bis zehn
(Fig. 7), frei; Griffel lang, an der Spitze nach außen gebogen. —
Frucht eine Teilfrucht, deren runde, feinbehaarte, nach oben in den
langen, aufrechten Griffelschnabel verlängerte, vielsamige Einzelfrüchte
nach innen aufspringen. — Samen länglich, platt, schwarz.
Kommt in mehreren Standortformen vor mit blauen, schwarz-
violetten, rötlichen, weißen und mit gefüllten Blüten und in zahllosen
Gartensorten.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die becherförmige Blüte ist in der Knospenlage
nach oben gerichtet, vor dem Öffnen krümmt sich jedoch der
Stiel, und die Blüte wird zu einer hängenden Glocke zum
Schutz des Blütenstaubes gegen Nässe; später streckt sich der Stiel
wieder gerade, und die Fruchtkapseln sind nach oben gerichtet. —
Ausgesprochen insektenblütige Pflanze. — Jedes Kronblatt
Tafel 29. Tafel 29
Gemeine Akelei. Aquilegia vulgaris L.
1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Blatt der äußeren
und 5 Blatt der inneren Blütenhülle. 6 Fruchtknoten und Griffel. 7 Fruchtknoten
im Querschnitt. 8 Frucht. 9 Same, nat. Größe u. vergr. 6 u. 7 vergr.
Gemeine Akelei. 59
ist in den Honigsporn ausgezogen, an dessen kolbenförmig ver-
dicktem Ende der Honig abgeschieden wird; auch die gefärbten Kelch-
blätter wirken anlockend auf die Insekten. Die Staub- und Frucht-
blätter sind auffallend gelb gefärbt, ragen aus der Blüte hervor und
werden von den Besuchern als Anflugplatz benutzt und um-
klammert. — Die Blüte ist an die Bestäubung durch Hummeln
angepaßt, aber auch von diesen können nur die langrüsseligen Arten
(Bombus hortorum) bis zum Honig gelangen; andere Hummeln und
manche Bienenarten beißen ein Loch in den Sporn und begehen Honig-
raub. — Die Blütenstiele sind klebrig zum Abhalten kleiner,
ungeflügelter, an die Blumen herankriechender Insekten, die
Honig zu stehlen beabsichtigen. — Die Blüten sind erstmänn-
lich. — Die Staubblätter sind anfangs zum Blütengrunde hingebogen
und strecken sich beim Öffnen der Blüte; die später reifenden Staub-
blätter bewegen sich etwas nach auswärts. Fremdbestäubung ist die
Regel, bei ihrem Ausbleiben erfolgt Selbstbestäubung.
Standort und Verbreitung. In Laubwäldern, auf Waldwiesen
und in Gebirgen von Südeuropa bis nach Schweden. In Gärten oft
angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird als giftig angegeben,
obschon über Vergiftungen durch Genuß von Teilen der Pflanze keine
Berichte vorliegen; Alkaloide sind in ihr nicht gefunden worden. Neuer-
dings wurde in den Blättern, Blumen und besonders in den jungen
Samenkapseln der Akelei Blausäure nachgewiesen. Man muß bis auf
weiteres die Pflanze zu den sehr giftverdächtigen rechnen.
60 Großblumiger Rittersporn.
Grossblumiger Rittersporn. Delphinium
orandillorum (Z.).
Tafel 30.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Delphinion (gr.) nannte Dioskorides diese Gattung, weil die Blütenknospen
einem Delphin ähnlich seien.
Rittersporn, wegen des Sporns am oberen Kelchblatte.
Delphinium chinense (Fisch.).
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit 60 bis 80 cm hohem
Stengel. — Blätter handförmig, vielspaltig, mit linealen Zipfeln, glatt
(Fig. 1). — Blütentraube reichblütig; Blüten groß. — Kelch fünf-
blätterig, blumenblattartig, unregelmäßig, das oberste Kelchblatt ge-
spornt (Fig. 2). — Blumenkrone vierblätterig; Blumenblätter frei,
kürzer als die Kelchblätter, die zwei oberen gespornt, Honig führend,
blau, in den Sporn des Kelches eingeschlossen. — Staubblätter zahl-
reich; Staubfäden verbreitert (Fig. 3). — Fruchtblätter drei bis fünf,
vielfrüchtig (Fig. 4, 5 u.6). — Frucht eine vielsamige, aufspringende
Teilfrucht (Fig. 7). — Same kantig (Fig. 8).
Blütezeit: Juni bis September.
Biologisches. Der Honig ist in dem langen, hohlen Sporn
abgelagert und nur langrüsseligen Insekten zugänglich. — Die
Bestäubung wird besonders durch die Gartenhummel bewirkt.
Die Häufung der Blüten zu einer lockeren Traube und die blumen-
blattartige Färbung der Kelchblätter machen die Blüte auffallend. Als
Anflugplatz für die Besucher dient das durch gelbe Haarbüschel
gekennzeichnete „Saftmal“. Beim Hindurchzwängen des Kopfes
durch den engen Blüteneingang treffen die Hummeln in jüngeren
Blüten auf die reifen, nach außen aufspringenden Staubbeutel; erst
wenn diese abgeblüht sind, wird die Narbe belegungsfähig. Die Blüte
ist also ausgeprägt erstmännlich (proterandrisch). — Honig-
raub, durch Zerbeißen der Safthülle, wie dieses häufig bei anderen
Spornblüten vorkommt, ist hier dadurch erschwert, daß der Honig
Tafel 30. | Tafel 30.
Großblumiger Rittersporn. Delphinium grandiflorum L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte-im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblattbündel.
5 Junge Teilfrucht im Längsschnitt. 6 Fruchtknoten im (Querschnitt. 7 Samenkapsel.
8 Same. 3, 4, 8 vergr.
Großblumiger Rittersporn. 61
durch zwei Wandungen, diejenige des Kelchsporns und diejenige des
Blumenblattsporns, geschützt ist.
Standort und Verbreitung. In Sibirien und China. In Gärten
als schönblühende Staude vielfach angepflanzt, besonders auch in
zahlreichen schönen lila-, azurblau-, fleischfarben-, weiß- und anders
gefärbt blühenden Formen; auch mit gefüllten Blüten vorkommend.
Gift und dessen Wirkung siehe Delphinium Staphysagria.
62 Läusekorn-Rittersporn.
Läusekorn -Rittersporn. Delphinium
staphysagria (z..
Tafel 31.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Delphinium siehe Delphinium grandiflorum; staphysagria von staphis
(gr.), Rosine, Traube, und dgria (gr.), wild, weil die Blätter denen des Weinstockes
etwas ähnlich sehen.
Läusekorn, weil die Samen früher zur Vertilgung des Ungeziefers benutzt
wurden.
beschreibung. Ein- oder meist zweijährige Pflanze mit
fleischiger Pfahlwurzel. — Stengel bis Im hoch, steif, aufrecht, wenig
verzweigt, überall drüsig behaart. — Blätter gestielt, zerstreut stehend,
handförmig, drei-, fünf- bis siebenteilig; die Zipfel länglich zugespitzt;
Stützblätter am Grunde der Blütenstiele als kleine drei-, zwei- oder
einzipfelige Blättchen ausgebildet (Fig. 1). — Blütentraube reich-
blütig, locker; Blütenstiele zweimal länger als die Blüten, drüsig behaart.
— Kelch fünfblätterig, breit-eiförmig, blumenblattartig, violett, außen
behaart; das obere Blatt mit einem kurzen, hakenförmigen Sporn. —
Blumenkrone vierblätterig; die zwei oberen Blätter länglich, etwas
gebogen, hinten mit einem kurzen Sporn, bläulichweiß; die zwei unteren
spatelförmig, etwas gekerbt. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden
fadenförmig, weiß; Staubbeutel grünlichgelb (Fig. 2 u. 3). — Frucht-
blätter drei, frei, aufgeblasen, behaart, mit langem Griffel (Fig. 2). —
Frucht eine kurz aufgetriebene, dreifächerige, wenigsamige Teilfrucht
(Fig. 4). — Same groß, braun.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches siehe Delphinium srandiflorum.
Standort und Verbreitung. In Südeuropa, Istrien, Dalmatien.
Bei uns in Gärten als Zierpflanze.
Gift und dessen Wirkung. Von den Ritterspornarten ist als
wirklich giftig Delphinium staphysagria bekannt; die anderen sind es
in niederem Grade; immerhin sind sie als giftverdächtig anzusehen.
Die meisten Ritterspornarten sind reich an Alkaloiden, den sogenannten
Delphiniumalkaloiden, die zum Teil noch sehr wenig bekannt sind.
Allgemein verbreitet scheint das Delphinin (C,,H,-,NO,) zu sein, das
Tafel 31. Tafel 31.
Läusekorn-Rittersporn. Delphinium Staphysagria L.
1 Blühender Sproß. 2 Die Fruchtblätter und die Staubblätter der Blüte. 3 Einzelnes
Staubblatt. 4 Frucht. 2, 3, 4 vergr.
Läusekorn-Rittersporn. 63
schon 1819 aufgefunden wurde; es ist ein weißgelber, harzähnlicher
Körper, fast unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, von scharfem Ge-
schmack. Außer diesem letzteren fanden sich in den Samen von Del-
phinium staphysagria: das Delphinoidin, das Delphisin und dasSta-
physagroin; das letztere hält man jedoch für ein Gemenge von vier
weiteren Alkaloiden. Die Alkaloide sind nur im Nährgewebe des
Samens vorhanden.
Die Giftwirkung des Delphinins ist derjenigen des Veratrins (siehe
S. 39) sehr ähnlich, auch erregt es, wie dieses, auf die Nasenschleim-
haut gebracht, heftiges Niesen.
64 Echter Sturmhut.
Echter Sturmhut. Aconitum Napellus (Z,.+
Tafel 32. Wandtafel 6.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Aköniton (gr.), bei Theophrast eine en akönais — auf schroffen Felsen
wachsende Pflanze. Napellus Deminutivum von napus = Rübe, mit Bezug auf
die rübenartige Wurzel.
Sturmhut. Eisenhut von der helmartigen Form der Blüte, ebenso Mönchs-
kappe, Fischerkappe, Reiterkappe; in den Bezeiehnungen Venuswägelchen, Tauben-
wägelchen, Taubenkutsche werden die zwei Blumenkronblätter mit Tauben ver-
glichen, die in der Blüte als ihrem Wagen sitzen.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmiger, flei-
schiger, brauner, unangenehm rettichartig riechender, knolliger Wurzel,
die mit zahlreichen Wurzelfasern besetzt ist. — Stengel aufrecht, bis
11/,m hoch, rund, kahl, einfach oder verästelt. — Blätter groß, tief
dreiteilig; mittlerer Zipfel dreispaltig, die Seitenzipfel tief zweispaltig,
zerstreut stehend, langgestielt, oben dunkelgrün, glänzend, unterseits
heller; obere Blätter einfacher, kleiner, sitzend, zuletzt in einfache
Deckblätter übergehend (Fig. 1). — Blütenstand eine dichtere oder
lockere Traube oder Rispe, mit kurzen, weichen Haaren besetzt. —
Blüten groß, veilchenblau, violett oder lila; Blütenstiel an der Spitze
verdickt und mit Deckblättchen besetzt. — Kelch fünfblätterig, un-
regelmäßig, blumenblattartig, das obere Blatt helmförmig, die mittleren
umgekehrt eiförmig (Fig. 2). — Blumenkrone zweiblätterig; jedes
Blatt zu einem dütenförmigen, in einen kopfförmigen Sporn auslaufenden
Honigbehälter umgewandelt, der auf langem Stiele wagerecht, nickend
angebracht ist und unter der Haube verdeckt liest (Fig. 2). — Staub-
blätter zahlreich; Staubfäden weiß, aufrecht, von unten bis zur Mitte
verbreitert, kahl, oben fadenförmig und behaart, an der Spitze zurück-
gebogen; Staubbeutel am Grunde angewachsen, rundlich, zweifächerig,
längsaufspringend, schwarz (Fig. 3). — Fruchtblätter drei, selten
vier bis fünf, frei, länglich, kahl, mit pfriemförmigem, auf der inneren
Seite gefurchtem Griffel (Fig. 4); Samenknospen in zwei Reihen (Fig. 5).
— Frucht eine Teilfrucht; die einzelnen Kapseln an der Bauchnaht
aufspringend (Fig. 6). — Same drei- bis sechskantig, umgekehrt pyra-
midenförmig, braun (Fig. 7).
Die Pflanze ändert sehr ab in der Höhe der Stengel, in der
Form der Blätter und der Behaarung, im Blütenstande, der Form
Tafel 32. Tafel 32. .
Echter Sturmhut. Aconitum Napellus L.
1 Blühender Sproß und Grundblatt. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt.
4 Die Fruchtblätter. 5 Fruchtblatt im Querschnitt. 6 Frucht. 7 Same, nat. Größe
u. vergr. 2 bis 6 vergr.
Eehter Sturmhut. 65
des Helmes und des Honigspornes; alle diese Formen wurden früher
als besondere Arten angesehen.
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches. Besitzt in seinem scharfen Gifte einen Schutz
gegen Angriffe seitens der Tiere; daher sein oft massenhaftes
Vorkommen auf Weideplätzen. — Von den ursprünglich vorhandenen
fünf Blumenkronblättern sind die zwei oberen zu kapuzenförmigen
Honigbehältern umgewandelt, die drei anderen fast gänzlich zurück-
gebildet. Die Rolle der Blumenkronblätter haben die entsprechend
umgestalteten und gefärbten Kelchblätter übernommen. Durch die
seitliche Stellung der Blütenöffnung und durch die dachförmige Wöl-
bung des oberen Kelchblattes ist das Innere gegen Nässe geschützt.
In der jungen Blüte liegen Staubbeutel und Griffel eng an das dach-
förmige Kelchblatt angeschmiegt; beim Aufblühen reifen die Staubbeutel
zuerst und stellen sich an den Eingang der Blüte; die Pflanze ist
also ausgesprochen erstmännlich. Später biegen sich die Griffel
nach unten, und die Narben werden belegungsfähig. So tritt regel-
mäßig Fremdbestäubung ein, da die Insekten zuerst die unteren
(älteren) Blüten des Blütenstandes besuchen und dort den Blütenstaub
der Nachbarpflanze abladen, darauf in die oberen (jüngeren) Blüten
hinaufsteigen und neuen Blütenstaub aufnehmen. — Zum Anflug
dienen die beiden unteren Kelchblätter. Die Befruchtung er-
folgt ausschließlich durch Hummeln, von denen die Pflanze reich-
lich besucht wird; sie findet sich auch nur dort verbreitet, wo jenes
Insekt schwärmt. — Während die Besucher den dichtbehaarten Leib
zwischen den napfartigen, seitlichen Kelchblättern hindurchzuzwängen
suchen, stoßen sie gegen die ihnen im Wege stehenden Staubblätter
und bedecken sich am Unterleib mit Blütenstaub. Der untere Teil
der Nektarien, der rinnenförmig gestaltet ist, zeigt ihnen den Weg zu
den Honigbehältern. — Kurzrüsselige Hummelarten beißen ein
Loch in die Blütenhülle und begehen Honigraub; die so entstan-
‚denen Öffnungen benutzen dann auch die Bienen zu gleichen Zwecken.
Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden Mittel- und
Südeuropas, bis nach Norwegen, besonders auf steinigen, gedüngten
Stellen in den deutschen und österreichischen Gebirgen, in Schlesien,
Schwarzwald, Vogesen, Hessen, Westfalen, in der Eifel; in den Alpen
bis zu 2300 m, seltener in der Norddeutschen Tiefebene, auf feuchten
Weiden und in Gebüschen. Ferner im Himalaja und den Gebirgen
Südsibiriens. In Gärten vielfach als Zierpflanze. — Die Pflanze war
den Griechen und Römern schon als Giftpflanze bekannt; in Ovid
Metam. wird sie mehrfach erwähnt.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze enthält in allen
Teilen ein schon in geringer Menge sehr heftig wirkendes, giftiges
Esser, Giftpflanzen. 5
66 Eehter Sturmhut.
Alkaloid: das Akonitin (C,,H,,NO,,), welches, rein dargestellt, kri-
stallisiert oder ein amorphes, bitter scharf schmeckendes Pulver bildet.
In den Knollen der Pflanze ist dieses Alkaloid in 0,17 bis 0,28 Proz.,
in den Blättern und Blüten weniger reichlich enthalten. — Es gehört
zu den stark scharf narkotischen Giften. — Seine Wirkung erstreckt
sich vor allem auf die Nerven des Herzens und der Atmungsorgane;
es wird schnell unverändert durch den Urin und Speichel aus dem
Körper ausgeschieden. — Die Blätter der Pflanze schmecken erst matt,
dann scharf brennend. Die Knolle hat frisch einen dem Rettich ähn-
lichen Geruch und schwach süßlichen Geschmack, der aber bald äußerst
scharf brennend und zusammenziehend wird. Die Vergiftungserschei-
nungen treten meist schon nach wenigen Minuten ein und zeigen sich
an durch Kopfschmerz, Schmerz in der Schläfengegend, Ohrensausen,
Ekel, Magenschmerz, Erbrechen, Kribbeln in den Zehen und den Fingern;
später tritt Verlust des Gehörs und Sehvermögens, Schwindel, schwereres
Atmen, Verminderung des Pulsschlages (auf 40 bis 50 Schläge in der
Minute) und bedeutende Vergrößerung der Pupille ein. Nach dem Auf-
treten kalten Schweißes und großer Angst erfolgt zwischen einer bis
acht Stunden, sehr selten noch später, der Tod nach sehr schnellen
Atemzügen. Das Bewußtsein bleibt meist bis fast zum Tode erhalten.
— Die höchst giftigen Eigenschaften der Aconitumarten waren schon
den alten Griechen und Römern bekannt. Plinius u. a. bezeichneten
die Pflanze als „vegetabilisches Arsenik“. — Bei Ovid und anderen
Dichtern kommt das Wort „Aconitum“ als Kollektivname für starke
Gifte vor. — In der Heilkunde wird benutzt: der rübenförmige
Wurzelstock (Tuber Aconiti, Akonitknollen), zuweilen auch die Blätter
(Folia Aconiti). |
Tafel 33. Tafel 33.
Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Honigdrüse. 4 Staubblatt.
5 Fruchtblatt. 2 bis 5 vergr.
Bunter Sturmhut. 67
Bunter Sturmhut. Aconitum variegatum (Z.).
Tafel 33.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Aconitum siehe Aconitum Napellus; variegatus, mit mehrfarbigen Blüten-
blättern.
Aconitum Cammarum Jaqu.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze, mit knolligem, rettich-
artigem Wurzelstocke. — Stengel bis 1m hoch, schwach, oft nieder-
sebogen. — Blätter gestielt, fünf- bis siebenspaltig, die Zipfel drei-
zählig geteilt, mit lanzettlichen Abschnitten, dunkelgrün, glänzend; die
älteren hart, lederartig (Fig. 1). — Blütenstand rispig; Blüten groß,
unregelmäßig, hellblau, in der Mitte weiß; Blütenstiele lang, auf-
steigend, oben mit zwei Deckblättchen. — Kelch fünfblätterig; das
obere Blatt eine große, weitgewölbte, aufgeblasene Haube, mit vor-
gezogenem, spitzem Schnabel von den anderen Kelchblättern abstehend;
die seitlichen Blätter groß, rundlich; die unteren länglich (Fig. 2). —
Blumenkrone zweiblätterig; beide zu einem auf langem, starkem Stiele
stehendem, aufwärts gerichtetem Honigbehälter umgewandelt, mit keulen-
förmigem, abwärts gekrümmtem, grüngelbem Sporn und aufsteigender
bläulicher Lippe (Fig. 5). — Staubblätter zahlreich, unten breit, kahl,
weiß, oben allmählich fadenförmig werdend, gekrümmt; Staubbeutel gelb
(Fig. 4). — Fruchtblätter fünf, frei, zylindrisch, kahl oder fein be-
haart, in der Jugend aufrecht (Fig.5). — Frucht eine fünfteilige
Teilfrucht. — Samen scharf dreikantig, auf dem Rücken geflügelt.
Ändert sehr ab in der Größe der Blätter und der Blüten, die
violett, blau, weiß und blauweiß-gescheckt vorkommen.
Blütezeit: August, September.
Biologisches siehe Aconitum Napellus.
Standort und Verbreitung. In Bergwäldern. In den Alpen, in
Steiermark, Krain, Salzburg, Ungarn, Böhmen, Schlesien, Posen, im Erz-
gebirge, Thüringen, im Harz.
Gift und dessen Wirkung siehe Aconitum Napellus.
68 Wolfseisenhut.
‚Wolfseisenhut. Aconitum Lyeoctonum (Z.,.
Tafel 34.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Aconitum siehe Aconitum Napellus. Lyeoctonum von lykös (gr.), Wolf,
und kteino (gr.), töten, weil die Wurzeln schon von den Römern zu Dioskorides’ Zeit
zum Vergiften der Wölfe gebraucht wurden.
Wolfswurz.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit ästigem Wurzel-
stocke. — Stengel aufrecht, bis Im hoch. — Blätter groß, kreis-
rund, tief herzförmig, handförmig, tief drei- bis fünflappig, Lappen
dreispaltig, zerschlitzt; an der Unterseite behaart (Fig. 1). — Blüten
in langen, dichtblütigen Trauben, gelb. Blütenstiele kürzer als die
Blüte, an ihrer Spitze zwei lineale Deckblättchen (Fig. 2). — Kelch
fünfblätterig, abfallend, das obere Blatt zu einer walzen- oder keulen-
förmigen Haube umgewandelt. Die mittleren und unteren Blätter (Fig. 3)
gleich lang, gelb. — Blumenkronblätter zu zwei in der Haube
liegenden Honigbehältern umgebildet, die auf gerade aufrechtstehenden
Stielen stehen. Honiggefäß schlank, Lippe wagerecht stehend, abwärts
gerichtet. Sporn gekrümmt und an der Spitze spiralig eingerollt (Fig. 4).
— Staubblätter zahlreich, Staubfäden am Grunde verbreitert, ge-
flügelt, den Fruchtblättern dicht anliegend, am oberen Ende nach außen
zurückgekrümmt; Staubbeutel länglich, gelb (Fig. 5). — Fruchtblätter
drei, frei, zylindrisch, aufgeblasen, meist kahl. — Frucht eine auf-
springende Teilfrucht mit wagerecht abstehendem Schnabel an jedem
Fruchtblatt (Fig. 6). Samen zusammengedrückt, vierkantig, ae
geschuppt (Fig. 7).
Die Pflanze ändert in der Größe aller Teile sehr ab. Die ver-
schiedenen Standortsformen sind früher als besondere Arten: A. pyre-
naicum, A. penninum, A. grandiflorum, A. carpathicum u. a. beschrieben
worden.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches siehe Aconitum Napellus.
Standort und Verbreitung. In den Gebirgswaldungen der Alpen
und der deutschen Mittelgebirge; am Rhein, im Harz, in Thüringen
und Bayern.
Gift und dessen Wirkung siehe Aconitum Napellus.
Tafel 34.
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blätter. 5 Staubblatt.
Tafel 34.
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Wolfs-Eisenhut. Aconitum Lycoctonum L.
1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Blüte ohne Kelch-
7 Same, nat. Größe u. vergr.
6 Stück eines Fruchtzweiges.
Gemeines Windröschen. 69
Gemeines Windröschen. Anemone
NEeMOTOSa (Z.).
Tafel 35.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Anemone von dnemos (gr.), Wind, weil der leiseste Wind die Blüten bewegt;
nemorosa — in Laubwäldern wachsend.
ÖOsterblume, Hain-Anemone, Kuckucksblume.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, dünnem,
hellbraunem Wurzelstocke. An der jungen, noch nicht blühbaren
Pflanze meist nur ein einzelnes langgestieltes, handförmiges, fünfteiliges,
eingeschnittenes, gesägtes Blatt. — Die blühbare Pflanze treibt einen
etwa 20 bis 25cm langen Blütenstengel, an dem ein Wirtel von drei
drei- bis fünfteiligen, kurzgestielten Blättern steht (Fig. 1). Stengel
meist einblütig. — Blüten regelmäßig, weiß, zuweilen rötlich. —
Kelch meist sechsblätterig; Kelchblätter elliptisch, beiderseits kahl,
weiß, zuweilen an der Unterseite rötlich angelaufen oder ganz rot
(Fig. 2), seltener bläulich. — Blumenkronblätter fehlen (Fig. 3). —
Staubblätter zahlreich; Staubfäden fadenförmig, Staubbeutel ellip-
tisch. — Fruchtblätter zahlreich, einsamig, behaart (Fig. 4). —
Früchtchen eiförmig, ungeschwänzt, behaart (Fig. 5). — Ändert ab in
der Behaarung des Blattstieles und der Blätter, in der Zahl der Kelch-
blätter.
Blütezeit: März bis Mai.
Biologisches. Die unter der Blüte stehenden dreiteiligen Blätter
sind Hüllblätter der Blüte; das eigentliche Blatt (es wird nur eines
gebildet), entspringt dem Wurzelstock neben dem Blütenstiel; es ist
groß und zart gebaut (Schattenpflanze), und es fehlen ihm Haargebilde
oder sonstige, die Verdunstung hemmende Einrichtungen; deshalb welken
die abgeschnittenen Triebe sehr bald. Gegen den Sommer hin stirbt
der oberirdische Sproß, dem der grüne Laubwald das Licht entzieht,
bald ab. — Durch Gift ist die Pflanze vor Tierfraß geschützt, was dem
frühaustreibenden Windröschen von besonderem Nutzen ist. — Die
Blüten stehen auf langen Stielen, welche sich des Nachts und
bei Regenwetter krümmen, so daß die offenen Blüten nach
unten gerichtet werden, und das Innere der Blüte gegen die kalte
70 Gemeines Windröschen.
Nachtluft und gegen Tau und Regen geschützt ist. — Die Kelch-
blätter übernehmen an Stelle der fehlenden Blumenkron-
blätter das Anlocken der Insekten. — Die Blüten sind erst-
weiblich (proterogyn); die in der Mitte der Blüte büschelförmig
zusammenstehenden Griffel dienen den Insekten als Anflug-
platz. Die Blüte ist honiglos; die Insekten finden nur Blütenstaub,
der ihnen aber in der ersten Frühlingszeit sehr willkommen ist.
Standort und Verbreitung. Auf Rasenplätzen, in dichten Wal-
dungen, auf Mooren und Heiden; durch ganz Süd- und Mitteleuropa,
Asien und Nordamerika, in den Gebirgen undäden Ebenen überall
vorkommend. N
Gift und dessen Wirkung siehe Anemone Pulsatilla. Die Pflanze
äußert jedoch weniger scharfe Wirkung als die vorgenannte; in Kam-
tschatka soll der Saft früher als Pfeilgift benutzt worden sein.
Tafel 35. Tafel 35.
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—
Gemeines Windröschen.
1 Blühende Pflanze.
Anemone nemorosa L.
2 Sproß der rotblühenden Form. 3 Blüte im Längsschnitt.
4 Einzelnes Fruchtblatt. 5 Fruchtstand. 3, 4, 5 vergr.
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Kuhschelle. Fa
Kuhschelle. Anemone Pulsatilla (z.).
Tafel 36.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Anemone siehe Anemone nemorosa; pulsatilla von pulsare, heftig hin
und her stoßen oder schlagen, weil die Blüten durch den Wind hin und her be-
wegt werden, einer läutenden Glocke ähnlich.
Pulsatilla vulgaris Mill.
Küchenschelle, Osterblume, Wolfspfote, Bitzblume.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fingerdickem, braunem,
kurzem Wurzelstocke, der oben dicht mit braunen Schuppen und den
Überresten der Blattstiele besetzt ist. — Blätter grundständig, drei-
fach fiederspaltig mit linealen, spitzen Zipfeln, dicht mit seidigen
Haaren bedeckt (Fig. 1). — Blüten einzeln, aufrecht, etwas vor den
Blättern, auf kurzem Schaft und bedeckt von den Hüllblättern, er-
scheinend. Schaft zur Zeit der Blüte 20 bis 30 cm hoch; Blütenstiel
je nach Standort kürzer oder länger, zottig behaart (Fig.2). Blüten-
hülle aus drei sitzenden, vielfach fingerteiligen, dicht behaarten, von
der Blüte entfernt stehenden Blättern bestehend. — Kelch sechs-
blätterig; Blätter blumenkronartig, länglich, spitz, am Grunde glockig
zusammengeneigt, von der Mitte an zurückgebogen, außen seidig be-
haart, blauviolett (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. — Staubblätter
zahlreich, vielreihig, halb so lang wie die Kelchblätter. Staubfäden
dünn, Staubbeutel oval, gelb. Zwischen Kelchblättern und Staubblättern
eine Reihe gestielter Drüsen (Fig. 2 u. 3). — Fruchtblätter zahlreich,
länglich, dicht gedrängt auf dem Blütenboden stehend, behaart, Griffel
lang behaart (Fig. 4). — Früchtchen mit langen, zottig behaarten
Schweifen (Fig. 5).
Blütezeit: März bis Mai.
Biologisches. Durch das Gift ist die Pflanze gegen Weidetiere
geschützt. — Die Verkleinerung der Blattfläche und die starke
Behaarung der ganzen Pflanze gewährt Schutz gegen zu starke
Ausdünstung des Wassers. Bei bedecktem Himmel und bei
Regenwetter werden die Blüten nickend. Die Bestäubung
erfolgt vornehmlich durch Bienen; Fremdbestäubung ist dadurch
erleichtert, daß die Narben über den Staubbeuteln stehen und zuerst
reifen. Die Samen besitzen eine Einrichtung zur Verbreitung
12 Kuhschelle.
durch den Wind in Gestalt des stark verlängerten, federartigen
Griffels.
Standort und Verbreitung. Auf trockenen, sonnigen Grasflächen,
an sonnigen Abhängen, auf Heiden, in lichten, trockenen Waldungen
in Süd- und Westdeutschland, im Norden seltener; in Ostdeutschland
fehlend; in Sibirien.
Gift und dessen Wirkung. Alle Anemonen besitzen frisch gif-
tige Eigenschaften. Der scharfe Geschmack rührt von dem auf der
Haut blasenziehenden Anemonen- oder Pulsatillakampfer her, der
von selbst schon in der Pflanze in Anemoninsäure und Anemonin
(C,,Hs0,) einen sehr giftigen, narkotisch wirkenden, weißen, geruch-
losen, in langen Nadeln kristallisierenden Stoff zerfällt, der weder zu
den Alkaloiden noch zu den Glykosiden gehört, sondern als Aldehyd
mit den Eigenschaften eines Säureanhydrids anzusehen ist. Das Ane-
monin wirkt zunächst auf das Rückenmark, später auf das Gehirn
unter ähnlichen Vergiftungserscheinungen, wie sie beim Aconitin (siehe
Acon. Nap.) und dem Nicotin (siehe Nicot. Tab.) beschrieben wurden.
— Der Saft der Pflanze wurde früher als Volksmittel zur Erzeugung
von Hautreiz gebraucht. Das getrocknete Kraut ist weit schwächer
giftig, als das frische.
Tafel 36.
Tafel 36.
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N,
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Anemone Pulsatilla L.
Kuhschelle.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblatt. 5 Frucht.
3, 4, 6, 7 vergr.
7 Same im Längsschnitt.
6 Same.
Tafel 37. Tafel 37.
Steife Waldrebe. Clematis recta L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte. 3 Die Fruchtblätter. 4 Same. 2, 3, 4 vergr.
Steife Waldrebe. 73
Steife Waldrebe. Clematis recta (Z..
Tafel 37.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Clematis von klematis (klema [gr.], Ranke). Griechischer Name für ver-
schiedene Kletterpflanzen; recta, gerade, aufrecht.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit vielköpfigem Wurzel-
stock. — Stengel aufrecht, kahl, rötlich angelaufen, schwach gefurcht,
1 bis 11/,;,m hoch, einfach oder oben wenig verzweigt, im Herbst ab-
sterbend (Fig. 1). — Blätter gegenständig gefiedert; Blättchen eiförmig,
ganzrandig; in der Jugend behaart, später kahl, dreinervig, ohne Ranke
(Fig. 1). — Blüten weiß, auf langem Stiel, in endständigen, rispigen
Trugdolden, mit eirunden Deckblättchen am Grunde (Fig. 2). — Kelch
vier- bis fünfblätterig, Blätter blumenblattartig, länglich, kahl, am
Rande auswärts pflaumisch behaart, weiß (Fig. 27). — Blumenkrone
fehlt. — Staubblätter zahlreich, Staubfäden fadenförmig; Staubbeutel
linealisch, nach außen längsaufspringend. — Fruchtblätter zahlreich,
frei; Fruchtknoten rund, grün; Griffel lang, zurückgebogen, grünlichweiß
(Fig.3 u. 4). — Frucht einsamig, nicht aufspringend, langgeschwänzt.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die Blüte ist undeutlich erstmännlich (pro-
terandrisch), honiglos und wird nur von Blütenstaub suchenden In-
sekten beflogen. Zuerst biegen sich die äußeren Staubblätter nach
auswärts, dann nach und nach die nach innen stehenden; erst später,
wenn der Blütenstaub von den Insekten größtenteils entfernt worden
ist, werden die Narben empfängnisfähig, und die auf ihnen sich nieder-
lassenden Insekten bewirken Fremdbestäubung.
Standort und Verbreitung. An Ufern, auf trockenen Wiesen,
an Abhängen, an Waldrändern. In den Alpen, im Donautale, in
Bayern, Oberschlesien, im Maintal, im westlichen und nördlichen Deutsch-
land seltener.
Gift und dessen Wirkung. Die Clematisarten enthalten in ihrem
auf der Haut blasenziehenden Safte scharf wirkende Gifte, die noch
nicht näher untersucht sind. Die blasenziehende Eigenschaft der Säfte,
früher auch in der Heilkunde (flammulae Jovis) benutzt, wird jetzt noch
hier und da als Volksmittel zur Reizung der Haut in Anwendung ge-
bracht.
14 Gemeine Waldrebe.
(Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba (Z..
Tafel 38.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Clematis siehe Clematis reeta; vitalba, weiß blühende Rebe. }
Beschreibung. Wurzelstock ausdauernd, vielköpfig, Triebe
in der Jugend behaart, später verholzt, glatt, gefurcht, sehr lang über
Felsen hinkriechend und in Gebüschen und am Zaune emporrankend,
ausdauernd (Fig. 1). — Blätter entgegengesetzt, langgestielt, gefiedert,
Blättchen auf langen, starken, rankenden Stielen herz- oder eiförmig,
oft lappig eingeschnitten, kahl (Fig. 1). — Blüten weiß in Trugdolden,
achsel- und endständig (Fig. 1 u.2). — Kelch vier- bis fünfblätterig,
blumenkronartig, länglich, auf beiden Seiten filzig behaart (Fig. 2). —
Blumenkrone fehlt. — Staubblätter zahlreich, Staubfäden gelblich
(Fig. 4). Staubbeutel länglich, weiß, längsaufspringend. — Frucht-
blätter zahlreich, frei, dichtstehend (Fig. 3 u. 5). — Frucht ein eiför-
miges, einsamiges, nicht aufspringendes, feinbehaartes Nüßchen mit
langem, federartigem, bogig gekrümmtem Schweif (Fig. 6).
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die Pflanze klettert mit Hilfe der Blatt-
stiele, die sich durch Berührungsreiz krümmen und zu Ankerhaken
werden; darauf werden sie fester und verholzen. — Die gehäuft-
stehenden Blüten machen die Pflanze weithin sichtbar und
ziehen nebst ihrem Dufte Bienen und Fliegen heran. Die Blüten
sind erstweiblich (proterogyn). — Die Griffel der Früchte werden
zu einem langen, gewundenen Anhängsel, wodurch der Wind sie
leicht entführen kann.
Standort und Verbreitung. In Gebüschen und lichten Wäldern,
in Hecken und Zäunen, an Felsen und an Burgruinen, besonders auf
Kalkboden; in Mittel- und Südeuropa, Griechenland. In Süddeutsch-
land in den Alpen (bis 500m), am Rhein, in Westdeutschland bis in
die Eifel, im Teutoburger Walde, im Harz; fehlt weiter nördlich und
östlich; in Schlesien selten.
Gift und dessen Wirkung siehe Clematis recta.
Tafel 38. Tafel 38.
Gemeine Waldrebe. Clematis vitalba L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtblattbündel. 4 Staubblatt.
5 Einzelnes Fruchtblatt. 6 Frucht. 7 Same. 2, 3, 4, 5, 7 vergr. ;
Tafel 39. Tafel 39.
Italienische Waldrebe. C/ematis viticella L,
1 Blühender Zweig. 2 Blumenkronblatt. 3 Die Frucht- und die Staubblätter.
4 Staubblatt. 5 Fruchtblatt. 6 Frucht. 7 Samen im Längsschnitt. 3, 4, 5 vergr.
Italienische Waldrebe.
I
on
Italienische Waldrebe. Clematis viticella (z..
Tafel 39.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Clematis siehe Clematis recta; vitieella = kleine Rebe.
Beschreibung. Die ausdauernde. Wurzel treibt mehrere krau-
tige, 3m lange, kletternde, an einzelnen Stellen rötlich angelaufene,
gefurchte Stengel (Fig.1). — Blätter gefiedert, langgestielt, an der
Ansatzstelle der Blättchen meist knieförmig gebogen (Fig.1). Blättchen
gestielt, eiförmig, ganzrandig, kahl, manchmal zwei- bis dreilappig. —
Blüten rot, violett oder bläulich (Fig. 2). — Blumenkrone fehlt. —
Staubblätter zahlreich, frei; Staubfäden breit, weiß, an der oberen
Hälfte beiderseits herablaufend die gelben, längsaufspringenden Staub-
beutel (Fig. 4). — Fruchtblätter zahlreich, frei; Fruchtknoten eirund;
Griffel lang, kahl, oben bogig gekrümmt (Fig.3 u.5). — Frucht ein
einsamiges, nicht aufspringendes, ovales, seitlich etwas zusammen-
gedrücktes, braunes, schmalgerandetes Nüßchen mit kurzem, kahlem
Schnäbelchen (Fig.6 u.7).
Blütezeit: Mai bis August.
Biologisches siehe Clematis vitalba.
Die Kelchblätter bilden durch ihre Größe und Färbung einen
weithin sichtbaren Schauapparat für die honiglose Blüte.
Standort und Verbreitung. In Gebüschen und Zäunen in Spa-
nien, Portugal, Italien, Istrien, Triest, Türkei, Kleinasien, Dalmatien,
Montenegro. Bei uns in Gärten als rankende, schön blühende Zier-
pflanze vielfach angepflanzt, besonders in den vielen schönen Formen
mit purpurnen, hellblauen, karmesinroten und weißen Blüten, die in
der Kultur entstanden sind.
Gift und dessen Wirkung siehe Clematis recta.
76 Gifthahnenfuß.
Gifthahnenfuss. Ranunculus sceleratus (Z).+
Tafel 40. Wandtafel 7.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Ranuneulus = kleiner Frosch, von rana = Frosch, weil viele Ranunkeln
am Wasser wachsen; seceleratus — verbrecherisch, wegen seiner großen Giftig-
keit. Hahnenfuß wegen der Form der Blätter.
Blasenziehender Hahnenfuß; Giftranunkel; sellerieblätteriger Hahnenfub.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit büschelartigem Wurzel-
stock. — Stengel ästig, kahl, 20 bis 75cm hoch, je nach dem Stand-
orte; beblättert, gefurcht, hohl (Fig.1). — Unterste Blätter hand-
förmig, drei- bis fünfteilig, die einzelnen Abschnitte dreilappig, stumpf,
mit oberseits tief gefurchtem Stiel, glatt, hellgrün, glänzend (Fig. 2);
die oberen Blätter dreispaltig mit linealen Zipfeln. — Blüten kleine,
auf steifen, feingefurchten, etwas behaarten Stielen. — Kelch fünf-
blätterig; Blätter gelblichgrün, kahl, zurückgeschlagen (Fig. 4). —
Blumenkrone fünfblätterig; Kronblätter klein, eirund, glänzend gelb,
Honigsgrübchen am Nagel der Blüte mit kleiner Schuppe (Fig. 4). —
Staubblätter zahlreich, mit gelben, fadenförmigen Staubfäden und
elliptischen Staubbeuteln (Fig. 5). — Fruchtblätter zahlreich in einem
länglichen, walzenförmigen Köpfchen zusammenstehend. — Frücht-
chen klein, fein runzelig, unbekıelt (Fig. 6).
Blütezeit: Mai bis September.
Biologisches siehe Ranunculus acer.
Standort und Verbreitung. In Sümpfen und Teichen, an Bächen
und Flüssen, in Wiesen an sehr sumpfisen Stellen; überhaupt fast
überall vorkommend, wo reichlich Wasser sein Fortkommen ermöglicht.
Durch ganz Europa, Nord- und Mittelasien.
Gift und dessen Wirkung. Unter den zahlreichen giftigen Ranun-
culusarten sind als besonders gefährlich zu nennen: Ranunculus
sceleratus, Ranunculus acer, Ranunculus bulbosus, Ranun-
culus flammula, Ranunculus Thora; weniger giftig sind: Ranun-
culus lingua, Ranunculus auricomus, Ranunculus ficaria,
Ranunculus lanuginosus; kaum giftig: Ranunculus repens und
Ranunculus polyantheus.
Der Saft des Stengels und bei Ranunculus bulbosus auch der des
dicken, knolligen Wurzelstockes enthält einen beißend scharfen, die
Tafel 40. 5 Tafel 40.
Gift-Hahnenfuß. Ranunculus sceleratus L.
1 Pflanze. 2 Grundständiges Blatt. 3 Zweig mit Früchten. 4 Blüte. 5 Blüte im
Längsschnitt. 6 Same. 4, 5, 6 vergr. :
Gifthahnenfuß. 77
Schleimhäute stark reizenden, bitteren, flüssigen Stoff, dessen chemische
Zusammensetzung und Eigenschaften noch nicht näher festgesetzt
wurden; man glaubt, daß er mit dem Anemonin der Anemonen iden-
tisch ist. — Der Saft mancher Ranunculusarten soll früher von den
Bewohnern der Alpen und der Pyrenäen zum Vergiften der Pfeile be-
nutzt worden sein. — Der Saft wirkt, auf die Haut gebracht, sehr
kräftig reizend, ätzend und blasenziehend. Seine Giftwirkung ist
eine vorwiegend scharfe, weniger eine narkotische. Vergiftungsfälle mit
tödlichem Ausgange sind bei Menschen selten; auf Tiere (Hunde)
scheinen geringere Mengen tödlich zu wirken.
Am gefährlichsten ist der Gifthahnenfuß, Ranunculus sceleratus;
schon der Genuß einer einzigen Blüte ruft beim Menschen ähnliche Ver-
giftungserscheinungen hervor, wie die Anemone, Zeitlose und Germer-
arten. i
78 Scharfer Hahnenfuß.
Scharfer Hahnenfuss. Ranunculus acer (Z.).
Tafel 41.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Ranunculus siehe Ranunculus sceleratus; acer — scharf, wegen des scharfen
Geschmacks.
Butterblume.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kurzem, abgebissenem
Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis Im hoch, rund, hohl,
kahl, glatt, bläulich bereift, die Äste zuweilen etwas behaart. — Blätter
sattgrün, glänzend, schwach behaart. Wurzelblätter langgestielt, am
Grunde scheidig, handförmig, fünf- bis siebenteilig. Abschnitte lineal-
zerschlitzt, in der Mitte auf der Ansatzstelle des Stieles oft schwarz-
gefleckt. Stengelblätter linealisch, dreiteilig oder einfach (Fig. 1 u. 2).
— Blüten gelb, auf festen, langen, runden, etwas behaarten Stielen
(Fig.1). — Kelch fünfblätterig, Blätter oval, gelblich, in der Mitte
grün, außen wenig behaart, wagerecht abstehend (Fig.2). — Blumen-
krone fünfblätterig; Blätter glänzend gelb, umgekehrt eiförmig; Honig-
grübchen mit Deckschuppe (Fig. 4), — Staubblätter zahlreich;
Staubfäden lang, fadenförmig, gelb; Staubbeutel oval, zweifächerig,
längsaufspringend (Fig. 5), — Fruchtblätter zahlreich, auf einem
eiförmigen Fruchtboden, linsenförmig zusammengedrückt, gerändert
(Fig. 6). — Frucht linsenförmig mit kurzhakigem Schnabel (Fig. 7,
8 und 9).
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches. Der scharfgiftige Saft schützt die Pflanze gegen
Tierfraß. — Besucher der Blüten sind kurzrüsselige Bienen,
Schwebfliegen und blütenstaubsammelnde Käfer; den ersteren wird
Honig in einer Nektarschuppe am Grunde eines jeden Blumenblattes
dargeboten. Die hochgelbe Blüte bildet einen weithin sicht-
baren Schauapparat. — Die Blüten sind erstmännlich (pro-
terandrisch), die Narbe entwickelt sich jedoch vor dem vollständigen
Abblühen der Staubbeutel, so daß Eigenbestäubung möglich ist. Die
Tafel 41. Tafel 41.
Scharfer Hahnenfuß. Aanunculus acer L.
4 Blumenkronenblatt mit Nektarium.
1, 2 Pflanze. 3 Blüte im Längsschnitt.
5 Staubblatt. 6 Staubblatt im Längsschnitt. 7 Fruchtstand. 8 Same. 9 Same
im Längsschnitt. 3 bis 9 vergr.
u
mc
Seharfer Hahnenfub. 79
Staubbeutel öffnen sich in Kreisen von außen nach innen
innerhalb mehrerer Tage. Nachts und bei Regenwetter werden die
Blüten nickend.
Standort und Verbreitung. Auf Wiesen mit fruchtbarem Boden
allgemein verbreitet; in ganz Europa, Nord- und Mittelasien und (eın-
seschleppt) in Nordamerika.
Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus.
50 Knolliger Hahnenfuß.
Knolliger Hahnenfuss. Ranunculus
bulbosus (z.).
Tafel 42.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Ranuneulus siehe Ranuneulus sceleratus; bulbosus, knollentragend (bulbus,
Knolle).
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit am Grunde stark
knollig verdicktem Stengel. — Stengel ohne Ausläufer, bis 30 cm
hoch, aufrecht, wenig verästelt (Fig. 1). — Blätter gestielt, dreizählig
oder doppeldreizählig, sitzend, eingeschnitten, gezähnt. Stengelblätter
mit schmalen Abschnitten, die ganze Pflanze dicht behaart, daher matt
sraugrün aussehend. — Blüten gelb, auf langen, gefurchten Stielen.
— Kelch fünfblätterig, außen grün, innen gelblich, zurückgeschlagen,
außen behaart (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig, glänzend gelb;
Honiggrube mit ausgerandeter Schuppe bedeckt (Fig. 3). — Staub-
blätter zahlreich; Staubfäden kurz, mit langen Staubbeuteln (Fig. 4).
— Fruchtblätter zahlreich, frei, auf kugelförmigem Fruchtboden
(Fig.5). — Frucht linsenförmig zusammengedrückt, berandet, glatt
(Fig. 5).
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches siehe Ranunculus acer. :
Standort und Verbreitung. Auf trockenen Rainen, an Wald-
rändern und Wegen, auf Feldern und Triften, durch ganz Mitteleuropa
überall vorkommend, im Osten seltener werdend; in Nordamerika ein-
geschleppt.
Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus.
Tafel 42. Tafel 42.
Knolliger Hahnenfuß. ARanunculus bulbosus L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Kronenblatt mit Nektarium. 4 Staub-
blatt. 5 Fruchtblatt. 2 bis 5 vergr.
Tafel 43. Tafel 48.
Brennender Hahnenfuß. Ranunculus Flamula L.
1, 2 Blühende Pflanze. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Same. 3, 4 vergr.
Brennender Hahnenfuß. 31
Brennender Hahnenfuss.. Ranunculus
fllammula (z.).
Tafel 43.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Ranunculus siehe Ranunculus sceleratus; flammula = kleine Flamme,
wegen des brennendscharfen, blasenziehenden Saftes der Pflanze.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit faserigem Wurzel-
stock, zuweilen mit Ausläufern (Fig.1). — Stengel aufsteigend, bis
30 cm hoch, oft niederliegend und an den Knoten wurzelnd, kahl, fein-
gefurcht (Fig. 2). — Wurzelblätter langgestielt, zuweilen mit großen,
weißen Scheiden, ei-lanzettlich, glatt, ganzrandig oder mit schwach säge-
zähnigem Rande; Stengelblätter sitzend, lineal-lanzettlich (Fig. 1). —
Blüten klein, hellgelb, auf stumpfkantigen Stielen. — Kelch fünf-
blätterig, gelb; abstehend (Fig. 3). — Blumenkrone fünfblätterig,
Blätter gelb, Honiggrube mit einer fleischigen, aufwärts gerichteten
Schuppe bedeckt. — Staubblätter zahlreich, frei. — Fruchtblätter
zahlreich, frei, auf kugelförmigem Fruchtboden stehend (Fig. 5). —
Früchte umgekehrt eiförmig, gewölbt, glatt, nicht oder kaum merklich
berandet, mit sehr kurzem Schnabel (Fig. 4).
Die Pflanze ändert, je nach Standort und äußeren Wachstums-
bedingungen, außerordentlich ab in der Größe von Stengel, Blatt und
Blüte; die Form mit dünnem, niederliegendem Stengel wird als Ranun-
culus reptans bezeichnet.
Blütezeit: Mai bis September.
Biologisches siehe Ranunculus acer.
Standort und Verbreitung. An Gräben und Teichen, an Bach-
und Flußufern, auf sehr nassen Wiesen; durch ganz Europa, Asien und
Nordamerika überall vorkommend.
Gift und dessen Wirkung siehe Ranunculus sceleratus.
Esser, Giftpflanzen. 6
82 Frühlings-Adonis.
Frühlings-Adonis. Adonis vernalis (Z..
Tafel 44.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Adonis, „Adonium“ des Plinius; nach Adonis, dem von einem Eber getöteten
mythologischen Jäger, aus dessen Blute der Sage nach Aphrodite eine Adonispflanze
entstehen ließ; vernalis = im Frühjahr blühend. Teufelsauge.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit meist mehrköpfigem,
schwarzbraunem, dicht befasertem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel
aufrecht, beblättert, am Grunde mit breiten, häutigen Schuppen um-
geben, zur Blütezeit bis 25 cm hoch. — Blätter sitzend, zwei- bis
dreifach gefiedert, schmal, mit linealen Blättchen. — Blüten einzeln,
auf kurzem Stiel an der Spitze der Triebe. — Kelch fünfblätterig,
elliptisch, muschelförmig, gelblichgrün, fein behaart. — Blumenkrone
12- bis 20blätterig, ausgebreitet; Blätter länglich, an der Spitze hier
und da schwach gezähnt, ohne Honiggrube, zitronengelb, vor dem Auf-
blühen unterseits rötlich. — Staubblätter zahlreich; Staubfäden faden-
förmig, an der Spitze beiderseits einen längsaufspringenden, gelben
Staubbeutel tragend. — Fruchtblätter zahlreich, ein länglichrundes
Fruchtköpfchen bildend. — Früchtchen kugelig-eiförmig, netzartig
gerunzelt, fein behaart, mit kurzer, hakiger Schnabelspitze.
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches siehe Adonis aestivalis.
Standort und Verbreitung. Auf sonnigen, kalkhaltigen Hügeln,
zwischen kurzem Rasen; durch ganz Süd- und Mitteleuropa und Mittel-
asien; in Deutschland im Elsaß, im Ober-Rheintale, in Thüringen, in
Bayern; im Osten seltener.
Gift und dessen Wirkung. Die Adonisarten gelten allgemein
als giftig oder doch stark giftverdächtig, — Aus dem Kraute von
Adonis vernalis hat man ein in seinen Eigenschaften noch nicht
näher erforschtes Glykosid: das Adonidin, und aus Adonis aesti-
valis ein anderes, das vielleicht von dem vorgenannten nicht ver-
schieden ist: das Adonin (0,,H,,0,) gefunden.
Tafel 44. Tafel 44.
Frühlings-Adonis. Adonis vernalis L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blatt. 3 Staubblatt. 4 Frucht. 5 Same. 2 bis 5 vergr.
Sommer-Adonis. 83
Sommer-Adonis. Adonis aestivalis (Z,.
Tafel 45.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Adonis siehe Adonis vernalis; aestivalis = im Sommer blühend.
Adonis miniata (Jaeg.); Adonis flava (Schlecht.); Adonis maculata (Wallr.).
Beschreibung. Einjährige Pflanze. — Stengel bis !/,m hoch,
sefurcht, kahl, einfach oder oben wenig verästelt (Fig. 1). — Blätter
dreifach gefiedert; Blättchen linealisch, stengelumfassend, an den
unteren Blättern breiter und gestielt, kahl (Fig. 1). — Blüten einzeln,
endständig. — Kelch fünfblätterig, rot oder gelb; Blättchen länglich,
stumpf, glatt, den Blumenblättern anliegend (Fig.2). — Blumen-
krone ausgebreitet, meist achtblätterig; Blättchen doppelt so lang wie
die Kelchblätter, länglich eirund, mennigrot oder gelb, am Grunde
mit einem mehr oder weniger deutlichen schwarzen Fleck, der aber
auch ganz fehlen kann, ohne Honiggrube (Fig.2 u. 3). — Staub-
blätter zahlreich; Staubfäden kurz; Staubbeutel kugelig, braunrot. —
Fruchtblätter zahlreich, in langen, lockern, spindelförmigen Köpfchen
(Fig. 4). — Früchtchen etwas zusammengedrückt, schief-eiförmig,
unten und oben kielig gerandet, oberer Kiel am Grunde mit einem
Höcker (Fig. 5). — Die Pflanze ändert in der Blütenfarbe ab; neben
rotblühenden kommen auch gelbblühende Formen vor: Adonis citrina
(Hofim.), Adonis flava (Dec.) u. a.
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches.. Durch Krümmung der Blütenstiele werden
die Blüten bei ungünstiger Witterung überhängend, und wird
hierdurch der Blütenstaub gegen Nässe geschützt. — Bei Adonis
vernalis wird der aus den 12 bis 20 hochgelben Blumenkron-
blättern gebildete Schauapparat durch den Farbenkontrast
mit den orangegelben Staubbeuteln den Insekten noch leichter
bemerkbar gemacht; bei Adonis aestivalis bilden die zahlreichen
schwarzen Staubbeutel und die schwarzen Flecken im Grunde
der Blumenkrone ein scharf gezeichnetes, dunkles Zentrum
6*
54 Sommer-Adonis.
auf hochrotem oder hellgelbem Grunde. — Die erstweib-
lichen (proterogynen) Blüten sind völlig duft- und honiglos.
Standort und Verbreitung. Auf Äckern mit schwerem Kalk-
und Tonboden unter dem Getreide Durch ganz West- und Mittel-
europa; in Deutschland bis nach Westpreußen; im Westen häufiger
als im Osten.
Gift und dessen Wirkung siehe Adonis vernalis.
Tafel 45. Tafel 45.
Sommer-Adonis. Adonis aestivalis L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte von der Seite. 3 Blüte der gelbblühenden Form. 4 Frucht-
stand. 5 Früchtchen. 4, 5 vergr.
Christophskraut. 85
Christophskraut. Actaea spicata (Z.).
Tafel 46.
Fam.: Hahnenfussgewächse. Ranunculaceae.
Actaea, weil die Blätter Ähnlichkeit haben mit Sambucus, den die Griechen
Actdia (von dgnymi — breche) nannten, wegen des brüchigen Holzes; spicata
— ährig. — Die Pflanze war dem hl. Christophorus, dem Meister aller Geister, ge-
widmet und wurde im Mittelalter beim „Christopheln“, d. h. Beschwören der bösen
Geister, gebraucht.
Falsche Nieswurz, Giftschwanz.}
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit gelbbraunem, finger-
dickem Wurzelstock (Fig. 1). — Stengel aufrecht, bis 3/,m hoch, rund,
glatt und kahl, mit zwei bis drei Blättern besetzt. — Blätter doppelt
dreizählig gefiedert, zusammengesetzt; Blättchen herz- oder eiförmig,
dreispaltig, ungleich eingeschnitten und gesägt, zugespitzt, glänzend
hellgrün (Fig. 2). — Blüten endständig, in eiförmigen, vielblätterigen
Trauben. — Kelch vierblätterig, abfallend, Blättchen umgekehrt
eiförmig. — Blumenkrone vier- bis sechsblätterig; Blätter spatel-
förmig, weiß (Fig.3). — Staubblätter zahlreich; Staubfäden faden-
förmig, weiß, ragen mit ihrer Spitze über die am oberen Ende seit-
lich angebrachten runden, weißen Staubbeutel hervor (Fig. 4). —
Fruchtblatt eins, eiförmig, einfächerig; Griffel sehr kurz; Narbe
länglich rund, schief (Fig. 4). — Frucht eine oval-runde, mehrsamige,
blauschwarze Beere (Fig. 5 und 6), — Same platt, halbkreisrund
(Fig. 7).
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches. Die Blüten werden dadurch augenfällig, daß
die Staubfäden blendend weiß gefärbt sind; die kleinen, weib-
grünlichen Blumenkronblätter kommen bei der Bildung des Schau-
apparates wenig zur Geltung. — Die honiglosen Blüten sind weder
ausgesprochen insektenblütig, noch ausgesprochen wind-
blütig; sie bilden den Übergang der einen Form in die andere.
Von Insekten werden sie eifrig beflogen; sie bieten denselben jedoch
nur Blütenstaub.
NW ————
Tr m m Da nr
86 Christophskraut.
Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Orten in
Gebirgswäldern. Durch ganz Deutschland, im nordwestlichen Deutsch-
land jedoch fehlend.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wurde früher gegen
Asthma gebraucht; sie gilt allgemein als mindestens giftverdächtig.
Nähere Untersuchungen ihrer Bestandteile liegen noch wenige vor. Es
scheint jedoch festzustehen, daß sie keine Alkaloide enthält. — Der
Wurzelstock ist dem von Helleborus niger sehr ähnlich und wird oft
mit diesem verwechselt.
Tafel 46. Tafel 46.
Christophskraut. Actaea spicata L.
1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Fruchtblatt und Staubblatt.
5 Fruchttragender Sproß. 6 Beere, quer durchschnitten. 7 Same, vergr. und
nat. Größe. 3, 4, 6 vergr.
Schlafmohn. 87
Schlafmohn. Papaver somniferum (Z..t
Tafel 47. Wandtafel 8.
Fam.: Mohngewächse. Papaveraceae.
Papaver, Name der Pflanze bei ‚Plinius; somniferum =/schlafmachend.
Mohn, slawisch „Mak“, altdeutsch „Mago“, „Mage“, im Mittelalter „Män“, griech.
„Mekon“, weist auf orientalische Herkunft des Wortes.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit runder, meist einfacher
Pfahlwurzel. Die Pflanze enthält in allen Teilen Milchsaftgefäße mit
einer weißen Milch. — Stengel aufrecht, rund, verästelt, 1 bis 1:/, m
hoch, kahl, bläulich bereift (Fig.1). — Blätter zerstreut stehend, läng-
lich, eingeschnitten, gezähnt, kahl, grün, die unteren gestielt, die oberen
mit herzförmigem Grunde und stengelumfassend (Fig.1). — Blüten
einzeln, endständig, langgestielt, in der Knospenlage überhängend,
nachher aufrecht; Stiele rund, blaugrün, borstig behaart (Fig. 1). —
Kelch zweiblätterig, länglich, kahnförmig, kahl, bläulich bereift; beim
Aufblühen am Grunde sich lösend und abfallend. — Blumenkrone
vierblätterig, regelmäßig; Blumenkronblätter umgekehrt eirund, ganz-
randig oder geschweift, abfallend, in der Knospe unregelmäßig ge-
faltet. — Staubblätter zahlreich, frei; Staubfäden fadenförmig, oben
verbreitert; Staubbeutel zweifächerig, blaßgelb, längsaufspringend (Fig. 2).
— Fruchtknoten rund, kahl, blaugrün bereift, einfächerig mit vielen
Samenanlagen; aus 8 bis 15 Fruchtblättern und den Samenträgern zu
einem Gehäuse verwachsen; Samenträger wandständig; Griffel fehlt
(Fig. 4); Narbe breit, sitzend, strahlig, acht- bis zehnlappig (Fig. 3). —
Frucht eine kugelrunde Kapsel, geschlossen bleibend oder unterhalb
der Narben sich mit runden Löchern öffnend. — Samen sehr zahl-
reich, klein (Fig. 5), nierenförmig, weiß, bläulich oder grau, außen
netzgrubig.
Ändert ab in der Größe und Farbe der Blüte, kommt auch ge-
füllt vor als Gartenzierpflanze.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. In dem giftigen Milchsaft besitzt die Pflanze
Schutz gegen Tierfraß. — Die Knospe ist bis zum Aufblühen,
wo die beiden Kelchblätter abfallen, nickend. An der geöffneten
88 Schlafmohn.
Blüte falten sich des Abends die Blumenkronblätter zusammen zum
Schutze des Blütenstaubes und der Narben. — Die auf die große,
weithin sichtbare, schalenförmige Blüte auffliegenden Insekten
finden nur Blütenstaub, keinen Honig. Die zahlreichen Staub-
beutel öffnen sich schon vor dem Aufblühen der Blüte und bedecken
sich ringsum mit Blütenstaub; über ihnen stehen die Narbenlappen.
Die gegen die lilafarbigen Blumenkronblätter als gelber Kreis sich ab-
hebenden Staubgefäße zeigen auf die Mitte der Blüte als die geeignetste
Aufflugstelle für die Insekten, und durch die Stellung der Narben ist
Fremdbestäubung gesichert. — Bestäuber sind Bienen, Hummeln
und Schwebfliegen, auch kleine Käfer, die sich oft mehrere Tage
in der Blüte aufhalten. — Die Frucht gleicht einer Streusand-
büchse; es entstehen an ihr am oberen Rande infolge Schrumpfung
der äußeren Zellwand jedem Fruchtfach entsprechende kleine Löcher,
durch die der Wind beim Anstoßen der holzig und trocken gewordenen
Stengel die zahlreichen Samen herausschleudert.
Standort und Verbreitung. Ist in wirklich wildwachsendem Zu-
stande bisher noch nicht gefunden worden; in einzelnen Gegenden Süd-
europas ist sie den Kulturen entronnen und hat sich verwildert hier
und da angesiedelt. Man nimmt an, daß Papaver somniferum ein Ab-
kömmling des in Europa häufig wild vorkommenden und vereinzelt
auch kultivierten Papaver setigerum ist, den auch die Bewohner der
Pfahlbauten gemäß aufgefundenen Kapseln schon anbauten. Da der
letztgenannte Mohn in Asien nicht vorkommt, so muß, die Abstammung
des Schlafmohns von ihm als richtig vorausgesetzt, der Anbau der
Mohnpflanze in Südeuropa und Nordafrika seinen Ursprung haben. Die
Kultur der Pflanze in Griechenland und Vorderasien geht bis in vor-
geschichtliche Zeiten zurück. Homer und Theophrast kannten die
Pflanze und ihre schlafmachenden Eigenschaften, zu Dioskorides’ Zeit
gab es schon die Abarten mit weißen Samen; zu Plinius’ Zeit war der
Mohn eine Kulturpflanze Ägyptens. Wann er nach Indien gekommen
ist, läßt sich nicht mehr feststellen; heute nimmt die Kultur der Pflanze
dort und in China zur Gewinnung des Opiums an Ausdehnung stets
zu. Allgemein wird der Schlafmohn wegen des aus den Samen ge-
wonnenen Mohnöles angebaut.
Gift und dessen Wirkung. Giftig sind alle milchsaftführenden
Teile der Pflanze, Stengel, Blätter und unreife Samenkapseln, und zwar
ist das Gift in dem Milchsaft enthalten, der eingetrocknet das Opium
darstellt. Infolge der ausgedehnten Anwendung, die das Opium seit
langer Zeit in der Heilkunde gefunden, ist der Milchsaft chemisch
genau untersucht, und es sind in demselben zahlreiche Alkaloide
nachgewiesen, die ihrer chemischen Zusammensetzung und physiologi-
schen Wirkung nach sehr genau bekannt sind.
Tafel 47. Tafel 47.
x
\
R
Schlafmohn. Papaver somniferum L.
1 Blühender Sproß. 2 Staubblatt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt. 4 Fruchtknoten
im Längsschnitt. 5 Same. 2 bis 5 vergr.
Schlafmohn. 39
Man kann dieselben in zwei Gruppen einteilen:
1. Die Papaveringruppe: Papaverin (C,H,, NO,) und Nar-
cotin (C,H,NO, 4 H,O); ersteres im Milchsaft zu 0,5 bis 1,0 Proz.,
letzteres zu 4 bis 8 Proz. darin vorhanden. Beide sind von geringerer
physiologischer Wirkung.
2. Die Morphingruppe, welche die drei sehr giftigen
Basen enthält: Morphin [C,-H,;NO(OH,)], zu 9 bis 23 Proz.,
Codein [C,-H,,NO(OH)(OCH;)], zu 0,2 bis 0,8 Proz., und Thebain
[C,-,H,; NO(OCH,),], zu 0,2 bis 0,5 Proz. Die letztgenannte ist die
giftigste der drei Alkaloide, ein Krampfgift. Die Hauptgift-
wirkung wird jedoch durch das die anderen Basen an Menge weit
übertreffende, betäubend wirkende Morphin hervorgebracht, und sind
die Erscheinungen diejenigen, die von stark narkotischen Giftstoffen
erzeugt werden. Die Hauptwirkung der Opiumalkaloide richtet sich
auf das Centralnervensystem und in erster Linie auf das Gehirn.
Außer den genannten Alkaloiden findet sich im Milchsaft der vor-
liegenden Pflanze eine organische Säure: die Mekonsäure, an welche
die genannten Alkaloide gebunden zu sein scheinen, die aber selbst
nicht giftig ist. — Vergiftungen kommen weniger durch direkten Genuß
von Teilen der Pflanze, als durch Mißbrauch opium- bzw. morphin-
haltiger Präparate vor, sowie durch das in manchen Ländern ver-
breitete Opiumrauchen oder Opiumessen, das von der Türkei und
Ägypten aus sich über den Orient und im Gefolge der mohammedani-
schen Eroberungszüge nach Indien und Ostasien ausbreitete. — In der
Heilkunde werden benutzt: Die in unreifem Zustande gesam-
melten und getrockneten Fruchtkapseln (Fructus Papaveris), die
reifen Samen (Semen Papaveris) und der durch Einschnitte in
die unreife Kapsel gewonnene und eingetrocknete Milchsaft
(Opium).
90 Schöllkraut.
Schöllkraut. Chelidonium majus (Z.).
i Tafel 48.
Fam.: Mohngewächse. Papaveraceae.
Chelidonium, nach Dioskorides von Chelidön (gr.), Schwalbe, weil die
Pflanze zur Zeit des Erscheinens der Schwalben austreibt und beim Wegzuge der-
selben abstirbt; daher wohl auch die deutsche Bezeichnung Schwalbenwurz. Schöll-
kraut oder Sehellkraut entstanden aus Chelidonium. Goldwurz, Goldkraut von der
gelben Wurzel, in der die Alchimisten den Stein der Weisen, die Kunst des Gold-
machens vermuteten; sie legten dem Namen die Bedeutung eoeli donum —= Him-
melsgabe unter. Blutkraut (Oestr.) mit Bezug auf den rotgelben Saft. Warzen-
kraut, weil die gelbe Milch Warzen schnell zum Verschwinden bringen soll.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fingerdickem, walzen-
förmigem, gelbem Wurzelstock. — Stengel einjährig, bis 1m hoch,
aufrecht, rund oder etwas kantig, gegliedert, knotig, gabelästig, ab-
stehend behaart, hohl, in allen Teilen orangegelbe Milch führend
(Fig. 1). — Blätter unpaarig gefiedert; die unteren Blätter vielpaarig,
die oberen einfacher; Fieder eilänglich, gelappt und gekerbt; die unter-
sten Fieder gestielt, die obersten sitzend und herablaufend, oberseits
grün, kahl, unterseits blaugrün, behaart (Fig.1). — Blüten in lang-
gestielten Dolden; Hüllblättchen am Grunde der Dolde schmal lanzett-
lich. Blüten regelmäßig, gestielt; Stiele behaart. — Kelch zwei-
blätterig; Blätter muschelförmig, am Grunde sich lösend und abfallend,
behaart, grünlich. — Blumenkrone vierblätterig; Blätter umgekehrt
eirund, abgerundet, flach, hochgelb (Fig. 1). — Staubblätter zahlreich
(Fig. 2); Staubfäden gelb, etwas zusammengedrückt, nach oben breiter
werdend; Staubbeutel eiförmig, aufrecht, zweifächerig, längsaufspringend
(Fig. 3). — Fruchtblätter zwei, mit ihren Rändern an den beiden
fadenförmigen Samenträgern verwachsen; Fruchtknoten stumpf, vier-
kantig bis walzenförmig, einfächerig, mit vielen Samenknospen; Griffel
sehr kurz; Narbe undeutlich zweilappig (Fig. 4 u.5). — Frucht eine
schotenförmige, etwas zusammengedrückte Kapsel, vom Grunde nach
der Spitze hin zweiklappig aufspringend; Samenträger gegenständig,
fadenförmig, unten und oben durch den Griffel verbunden und daher
einen Rahmen bildend, ohne Scheidewand (Fig. 6). — Samen zwei-
reihig, zahlreich, eiförmig bis nierenförmig, glänzend schwarzbraun,
Schale feinkörnig gezeichnet, mit großem, kammartigem, fleischigem,
weißem Nabelwulste (Fig. 7).
Tafel 48. Tafel 48.
Schöllkraut. Chelidonium majus L.
1 Blühender Sproß. 2 Fruchtknoten und Staubblätter. 3 Staubblatt. 4 Frucht-
knoten mit Narbe. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht, geöffnet. 7 Same.
2, 3, 4, 5, 7 vergr.
Sehöllkraut. 91
Die Pflanze ändert in den Blättern ab und findet sich u. a. mit
fiederspaltig zerschlitzten Blättchen: Chelidonium laciniatum (Mill.).
Blütezeit: Mai bis Herbst.
Biologisches. Der giftige, gelbrote Milchsaft schützt die
Pflanze gegen Tierfraß; in großer Menge findet er sich in der Wurzel
und dient hier wohl in erster Linie als Nahrungsreserve. — Auf den
Blättern kommen zuweilen Adventivknospen vor, welche, zur Erde ge-
langt, Wurzeln treiben. — Narben und Staubbeutel sind fast
gleichzeitig entwickelt; die erstere überragt die letztere etwas, so
daß beim Niedersetzen von Insekten auf die Blüte Fremdbestäubung
möglich ist; Eigenbestäubung wird aber auch nicht selten vorkommen,
dadurch, daß bei Regenwetter die Blüte länger geschlossen bleibt, und
die seitlich aufspringenden Staubblätter an die Narbe angedrückt
werden; auch bei offenen Blüten legen sich die Staubfäden gegen Ende
der Blütezeit dem Griffel an. — Die Blütenstiele richten sich vor dem
Aufblühen aufrecht, senken sich aber zur Nachtzeit und bei Regen-
wetter. — Die Verbreitung des Samens erfolgt häufig durch
Ameisen, deren Zugstraßen man häufig ganz mit diesen Pflanzen be-
setzt gefunden hat. Die Tiere verzehren die kammartige Nabelschwiele
und lassen die Samen liegen.
Standort und Verbreitung. Auf Schutthaufen, an Wegen und
Hecken, an Mauern und Felsen, auch auf bebautem Boden, durch ganz
Europa.
Gift und dessen Verbreitung. Das Schöllkraut enthält eine
Reihe von Alkaloiden, die mit dem Gesamtnamen: Chelidonium-
Alkaloide bezeichnet werden, und welche Träger der giftigen Eigen-
schaften der Pflanze sind. Jene Alkaloide sind im Milchsafte der
Pflanze, der in besonderen Milchgefäßen eingeschlossen ist, enthalten.
— Das Chelidonin (C,H, NO; + H,O), rein farblose, tafelförmige,
bitterschmeckende Kristalle darstellend, besonders reichlich in der
Wurzel vorkommend, scheint nicht giftig zu sein; dagegen ist das
Chelerythrin (C,,H,-NO,), das, auf die Nasenschleimhaut gebracht.
heftiges Niesen, in den Magen gebracht, starkes Erbrechen hervorruft,
giftig. Außerdem findet sich im Safte die nicht giftige Chelidon-
säure. Vergiftungen sind bekannt durch unvorsichtigen Gebrauch des
Saftes der Pflanze als Volksheilmittel, als hautreizendes Mittel gegen
Fieber u. dgl., sowie durch die Verwechselung der Wurzel mit der des
Meerrettichs.
92 Gemeiner Mandelbaum.
Gemeiner Mandelbaum. Amygdalus
communis (Z..}
Tafel 49.
Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae.
Griech. Amygdaäle, bei den attischen Komikern schon vorkommend; Herleitung
des Wortes noch nicht erwiesen; nach einigen soll das Wort semitischen, nach
anderen griechischen Ursprungs sein.
Prunus Amygdalus (Stokes),
Beschreibung. Baum oder Strauch mit abstehenden, in der
Jugend grünen, kahlen, später braunen Ästen. — Knospen eiförmig-
rundlich mit braunen Deckschuppen. — Blätter lanzettförmig, gestielt,
scharf gesägt, kahl, oberseits glänzend grün; am Blattstiel zuweilen
eine oder mehrere Drüsen (Fig. 1), oftmals ganz drüsenlos. — Blüten
einzeln oder zu mehreren an den vorjährigen Zweigen, vor dem Aus-
bruch der Blätter sich öffnend, auf kurzen, kahlen, grünen Stielen
(Fig. 1). — Blütenboden glockenförmig, kahl, am Stiele grün, nach
oben rötlich; innen mit honiggelber, drüsiger Scheibe und im Grunde
behaart (Fig. 2). — Kelch fünfblätterig, dem oberen Rande des Blüten-
bodens aufsitzend; Kelchblätter eiförmig-lanzettlich, stumpf, abstehend,
am Rande behaart. — Blumenkrone regelmäßig fünfblätterig; Blätter
eiförmig, viermal so lang wie der Kelch, dem Rande des Blütenbodens
aufsitzend, abfallend, hellrosa (Fig. 1). — Staubblätter 20 bis 40,
frei, zweireihig stehend; Staubfäden unten behaart, rosenrot, in der
Knospe einwärts gekrümmt; Staubbeutel auf dem Rücken angeheftet,
oval, zweifächerig, längsaufspringend. — Fruchtblätter einblätterig
mit zwei Samenknospen, oberständig (Fig. 2); Fruchtknoten eiförmig,
zusammengedrückt, behaart, mit einer Furche; Griffel fadenförmig,
unten zottig behaart; Narbe platt, seitlich ausgerandet, gelb (Fig. 3).
— Frucht eiförmig, seitlich zusammengedrückt, die äußere, anfangs
grünliche, später rotbraune Schale samtig grauweiß behaart, mit einer
Längsfurche; an dieser bei der Reife aufspringend und sich ablösend
(Fig. 4). Steinschale mit einem oder zwei Samen, beiderseits gerandet,
eiförmig, seitlich zusammengedrückt, hellbraun, 'tief gefurcht und punk-
tiert, hart (Fig. 5). — Same eiförmig, platt, braungelb, am Embryo
das kurze Würzelchen nach oben gewendet, die beiden Keimblätter
weiß, fleischig, ölhaltig (Fig.7 u. 8).
Tafel 49. Tafel 49.
Bitter-Mandel. Amygdalus communis L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten mit Griffel. 4 Zweig
mit Früchten. 5 Die Steinfrucht. 6 Steinfrucht im Längsschnitt. 7 Same. 8 Same
im Längsschnitt. 2, 3 vergr. 5 bis 8 unb. Größe.
Gemeiner Mandelbaum. 93
Als besondere Formen werden unterschieden: Amygdalus amara,
die Bittermandel, mit meist drüsenlosem Blattstiele, unten behaarten
Staubfäden und bitteren Samen, und Amygdalus dulecis, die süße
Mandel, mit drüsigem Blattstiele, unbehaarten Staubfäden und süßen
Samen.
Blütezeit: März, April.
Biologisches. Die an dem Blattstiele, also ganz außerhalb der
Blüte stehenden Honigdrüsen sind sogenannte „extranuptiale
Nektarien“. Diese Gebilde sollen eine Besiedelung des Baumes mit
Ameisen begünstigen und dadurch seine Blätter und Blüten gegen den
Fraß anderer Tiere (Insekten, Raupen usw.), deren Feinde die Ameisen
sind, schützen.
Standort und Verbreitung. Wild wachsend, sowohl die Form
mit bittern als wie mit süßen Früchten, gefunden in Turkestan,
Afghanistan, dann im oberen Zarafshantal, in den südlichen und öst-
lichen Provinzen Transkaukasiens, in Mesopotamien und in Kurdistan.
‘ Im Altertum war die Mandel schon als Fruchtibaum bekannt; Moses
erwähnt ihn für Palästina, Theophrast für Griechenland; von hier kam
er früh nach Italien, wo die Früchte Avellanae graecae hießen. Schon
zur Zeit Karls des Großen, der die Anpflanzung des Baumes auf seinen
Gütern anbefahl, war der Mandelbaum in Deutschland bekannt. Im
15. Jahrhundert wurde der Baum schon vielfach in Süddeutschland
angepflanzt. Jetzt wird derselbe im ganzen Mittelmeergebiete gezogen;
in günstigen Lagen Mitteleuropas gedeiht er noch gut; er kommt auch
noch im Süden von England und Norwegen fort; in Süddeutschland
wächst er ohne Winterschutz, in Norddeutschland bedarf er jedoch
eines solchen.
Gift und dessen Wirkung. Die Samen enthalten Blausäure.
Vergiftungen können vorkommen durch Genuß der Samen von Bitter-
mandeln, sowie durch die aus den Samen oder dem Bittermandelöl
hergestellten Genußmittel (Liköre, Backwerke u. dgl.). Die Samen ent-
halten ein, rein dargestellt, in farblosen Prismen kristallisierendes,
bitterschmeckendes Glykosid: das Amygdalin und ein seiner Natur
nach noch nicht näher bekanntes Enzym: das Emulsin. Das letztere .
spaltet, wenn es auf das Glykosid einwirkt, dieses in Blausäure, Bitter-
mandelöl (Benzaldehyd) und Zucker. Zusammen mit dem Amygdalin
findet sich in jungen Samen das Laurocerasin, welches eine Ver-
bindung von Amygdalin mit Amygdalinsäure ist. Weiteres über
Blausäure und ihre Giftwirkung siehe Einleitung. — In der Heil-
kunde werden benutzt: die Samen (Amygdalae amarae).
94 Kirschlorbeer.
Kirschlorbeer. Prunus laurocerasus (Mill.).t
Tafel 50.
Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae.
Prunus von Prinos (gr.), wilder Pflaumenbaum; laurocerasus von laurus
— Lorbeer, wegen der lorbeerähnlichen Blätter und cerasus = Kirsche,. wegen
der kirschförmigen Früchte.
Beschreibung. In der Heimat ein Baum, 3 bis 10m hoch, bei
uns nur strauchartig; Zweige rund, grün. — Blätter 8 bis 16cm lang
und 4 bis 6cm breit, dick, lederartig, oval-länglich, kurzgestielt, am
Rande zurückgebogen, ganzrandig oder entfernt gezähnt, kurz gespitzt,
oberseits dunkelgrün, glänzend, unterseits hellgrün mit stark hervor-
tretender Mittelrippe, die unten zwei bis vier Drüsen trägt (Fig.1). —
Blüten in achselständigen, 10 bis 12cm langen Trauben (Fig. 1).
Blüten kurz gestielt. Blütenboden krugförmig, außen gelblich, glatt.
— Kelch fünfblätterig; Blätter klein, rundlich, dreieckig (Fig. 2). —
Blumenkrone fünfblätterig; Blätter oval, weiß, am Rande des Blüten-
bodens stehend (Fig. 2 u.3). — Staubblätter zahlreich, am Rande
des Blütenbodens eingefügt; Staubfäden weiß; Staubbeutel gelb, oval,
zweifächerig. — Fruchtblätter einblätterig, mit zwei Samenknospen;
Fruchtknoten oval, einfächerig (Fig. 4); Griffel endständig, fadenförmie.
— Frucht eine ovale, schwarze Steinbeere mit fleischigem Frucht-
fleische und glattem Steine (Fig. 5, 6 u. 7).
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches siehe Prunus Padus.
Standort und Verbreitung. Der Strauch wurde wildwachsend
gefunden in Nordpersien und Transkaukasien, in den südlichen und
südöstlichen Küstengebieten des Schwarzen Meeres und im südlichen
Balkan; im Kaukasus in Höhen bis 2000 m. Angepflanzt als Zierstrauch
in allen wärmeren Ländern Europas, hält er in Süd- und Westdeutsch-
land bei nicht zu starker Winterkälte aus; im Norden bedarf er im
Winter fast stets des Schutzes. Kam, 1546 von Belon bei Trapezunt
aufgefunden, schon früh nach Europa; 1558 standen schon Exemplare
in den Gärten des Fürsten Doria zu Genua; 1574 kam die erste Pflanze
in die kaiserl. Gärten nach Wien; 1597 wird sie schon als Zierstrauch
in England erwähnt.
Tafel 50. Tafel 50,
Kirsehlorbeer. Prunus Laurocerasus Mill.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten im Quer-
schnitt. 5 Fruchtstand. 6 Steinkern. 7 Längsschnitt durch den Steinkern und
Samen. 2,3, 4, 7 vergr.
Kirschlorbeer. 95
Gift und dessen Wirkung. Die Blätter des Kirschlorbeers sind
unversehrt völlig geruchlos; zerquetscht entströmt ihnen ein starker
Bittermandelgeruch. Mit Wasser destilliert liefern sie Blausäure. In
den Blättern sind die Glykoside: Amygdalin, Laurocerasin und
Prulaurosin (C,,H,,NO,), sowietdas Enzym: Emulsin nachgewiesen,
durch deren Einwirkung aufeinander die Blausäure entsteht (siehe
Amygdalus communis sowie Einleitung). — Der Amygdalingehalt soll im
Juli, August am größten sein. Während die Glykoside im Parenchym-
gewebe des Blattes abgelagert sind, hat das Enzym seinen Sitz in
den Stranggeweben, in der Innenrinde und dem Pericycle der Leit-
bündel. Weiteres über Blausäure und ihre Giftwirkung siehe Einleitung.
— In der Heilkunde wurden früher benutzt: die im Juli bis August
gesammelten Blätter (Folia Laurocerasi).
96 Traubenkirsche.
Traubenkirsche. Prunus Padus (z..
Tafel 51.
Fam.: Rosenblütige Gewächse. Rosaceae.
Prunus siehe Prunus laurocerearus; Padus von Paddos (gr.), des Theophrast.
Padus avium (Mill... Cerasus Padus (D. C.).
Ahlbaum, Ahlkirsche, Elfenbusch.
Beschreibung. Ein bis 8m hoher Baum oder großer Strauch
mit in der Jugend grünen, später braunen oder graubraunen Zweigen,
die mit gelblichen, länglichen Rindenhöckerchen besetzt sind. —
Blätter dünn, gestielt; an den oft rötlichen Stielen zwei bis vier
Drüsen; Blattspreite elliptisch, scharf stachelspitzig; Rand einfach oder
doppelt gesägt, oberseits lebhaft grün, kahl, unterseits blaßgrün, in den
Aderwinkeln behaart (Fig. 1). — Blüten in 8 bis 12 cm langen, ein-
fachen, hängenden Trauben, gestielt. Blütenboden glockig, kahl, oben
mit fünf eiförmigen Kelchblättchen besetzt (Fig. 1). — Blumenkrone
fünfblätterig. Blumenblätter verkehrt eirund, vorn gezähnt, weiß. —
Staubblätter zahlreich, etwas kürzer als die Blumenkronblätter, dem
tande des Blütenbodens eingefügt (Fig.2 u. 3). — Fruchtknoten ein-
blätterig, rund, Griffel einfach, etwas kürzer als die Staubblätter; Narbe
flach (Fig. 3). — Frucht kugelförmig, schwarz glänzend; Fruchtfleisch
saftig, von bitterem, süßlichem, zusammenziehendem Geschmack; Stein
oval, runzelig (Fig. 4).
Ändert sehr ab in der Form der Blätter und Zweige und der
Früchte: Prunus Padus rotundifol, pendula, bracteata, commutata, cor-
nuta, leucocarpa u. a.
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches. Die Bedeutung der Honigdrüsen an den
Blättern siehe Afygdalus communis. — Die Blüten sind erst-
weiblich (proterogyn); die Narbe ist beim Aufblühen vollständig ent-
wickelt; erst nachher öffnen sich die Staubbeutel, welche aber während
der ganzen Blütezeit etwas nach einwärts geneigt sind, so daß Eigen-
bestäubung möglich ist. — Den Blüten entströmt nur tagsüber ein
zarter Honigduft. — Die in der Reife blauschwarzen Früchte sind,
gegen die rotgelbe herbstliche Färbung der Blätter sich deutlich ab-
hebend, den sie verzehrenden und so für die Verbreitung der
Pflanze sorgenden Vögeln (Drosseln, Rotkehlchen usw.) weithin
Tafel 51.
Tafel 51.
e)- EN
3: fi Traubenkirsche. Prunus Padus L. ?
1 Zweig mit Blütentraube 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtstand.
5 Same. 2 bis 5 vergr.
Traubenkirsche. j 97
sichtbar. — Die Blätter haben, solange sie jung sind, eine durch
Anthokyan hervorgerufene rötliche Farbe, die als Schutzmittel
des Blattes gegen Einwirkung zu starken Lichtes dienen, nach anderen
zur besseren Ausnutzung des Sonnenlichtes, dessen Lichtstrahlen in der
rotgefärbten Zellschicht in Wärmestrahlen übergeführt und dadurch der
Pflanze nutzbar gemacht würden.
Standort und Verbreitung. In Laubwäldern und an Flußufern,
in ganz Europa und Nordasien, im Orient, in der Mongolei, Man-
dschurei, Nordchina und Japan; in Gartenanlagen als Zierstrauch häufig
angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. Rinde, sowie besonders die Blatt-
und Blütenknospen, sind blausäurehaltig, weniger die ausgewachsenen
Blätter. Es findet sich in den genannten Teilen das Glykosid:
Laurocerasin und ein Enzym. Weiteres über diese Stoffe, sowie
über die Bildung der Blausäure und ihre Giftwirkung, siehe Einleitung,
sowie bei Amygdalus communis und Prunus laurocerasus.
Auch in der Rinde, in den Blättern und Blüten der in Anlagen
angepflanzten Prunus virginiana und Prunus serotina sind Blausäure
bzw. Amygdalin und Emulsin nachgewiesen.
Esser, Giftpflanzen.
|
98 Goldregen.
Goldregen. Cytisus Laburnum (zZ.
Tafel 52. Wandtafel 9.
Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae.
Cytisus von griech. Kytisos, das aber nicht die vorliegende Pflanze, sondern
die der mediterranen Flora angehörige Medicago arborea bezeichnete. Laburnum
von alburnum (von albus, weiß), mit weißem Splint.
Laburnum vulg. (Grisebach).
Bohnenbaum, Gaisklee.
Beschreibung. Ein 5 bis 6m hoher Strauch mit graugrünen,
in der Jugend etwas hängenden Zweigen. — Blätter dreizählig, auf
langen, anliegend behaarten Stielen; Blättchen kurzgestielt, mehr oder
weniger elliptisch oder lanzettlich, zugespitzt, stachelspitzig, ganzrandig,
oberseits dunkelgrün, unterseits heller, anliegend behaart (Fig.1). —
Blüten in hängenden Trauben, gestielt (Fig. 1). — Kelch glockig, mit
zweizähniger Oberlippe und dreizähniger Unterlippe, grün, behaart. —
Blumenkrone fünfblätterig; Blumenblätter genagelt, gelb; Fahne läng-
lich, eirund, aufrechtstehend, größer als die anderen Blumenblätter, am
Grunde mit zwei braunroten Streifen gezeichnet. Flügel verkehrt-
eiförmig, faltig-runzelig. Schiffehen aus zwei an der Spitze zusammen-
hängenden Blättern gebildet (Fig. 2). — Staubblätter zehn, mit ihren
Staubfäden fast bis an die Staubbeutel zu einer Röhre verwachsen. —
Fruchtknoten länglich, seitlich zusammengedrückt, einfächerig, mit
vielen Samenknospen, angedrückt behaart. Frucht eine mehrsamige,
länglich-lineale, seitlich zusammengedrückte Hülse, bis 6cm lang, in
der Jugend grün, behaart, im Alter braun (Fig. 4). — Same schwarz
(Fig. 5).
Der Baum ändert in verschiedenen Standformen ab, die in der
Gestalt und Größe der Blätter, in der Farbe und Tracht der Zweige
und, wenn auch weniger in der Form der Blumenblätter sich unter-
scheiden. Dazu kommen noch viele in der Kultur entstandene Garten-
formen.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die Pflanze ist durch 'das in allen Teilen
enthaltene Gift gegen Tierfraß geschützt. — Die dreizähligen
Blättchen werden des Abends dem Stengel der Pflanze an-
sepreßt (Schlafbewegung der Blätter) zum Schutz gegen zu großen
Tafel 52. | Tafel 52.
Goldregen. Cytisus Laburnum L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Innere Teile der Blüte. 4 Unreife
Hülse. 5 Same. 2, 3, 5 vergr.
Goldregen. 99
Wärmeverlust während der Nacht. — An der Wurzel der Pflanze
finden sich ziemlich große Knöllchen, die im Inneren Spaltpilze
beherbergen. Diese Knöllchen kommen bei allen Schmetterlingsblütlern
vor und begünstigen die Ernährungsverhältnisse derselben, derart, daß
man von einer Lebensgemeinschaft der Schmetterlingsblütler
(Papilionaceen) mit Spaltpilzen spricht. Die Keime dieser Spaltpilze,
die in den meisten Bodenarten verbreitet sind, entwickeln sich nur, wenn .
sie mit der Wurzel der betreffenden, als Herberge dienenden Pflanze
in Berührung kommen. Sie bilden einen Keimschlauch, der in die
Wurzel eindringt; diese schafft ihrerseits dem Eindringling durch Aus-
bildung eines gallenartigen Knöllchens eine Wohnstätte, in der alsbald
ganze Kolonien von Spaltpilzen sich bilden. Das freudige Wachstum
der Pflanzen, wenn die Bildung der Knöllchen beginnt und die außer-
ordentliche Vermehrung der Spaltpilze, weisen auf eine zum gegen-
seitigen Nutzen geschaffene Lebensgemeinschaft hin. Die Pilze ent-
. nehmen der Pflanze fertig zubereitete Kohlenhydrate, wogegen sie
durch ihre Fähigkeit, den freien Stickstoff der atmosphärischen Luft
aufzunehmen, ihrer Nährpflanze stickstoffhaltige Nahrung liefern. Die
Schmetterlingsblütler gedeihen also ohne Zufuhr stickstoffhaltiger
Substanzen aus dem Boden, deren Vorhandensein für alle anderen
Pflanzen durchaus notwendig ist. In den Pilzlagern der Knöllchen
findet man später übergroß gewordene Spaltpilze (Bacteroiden), die
allmählich von der Pflanze ihrer reichlich Stickstoff führenden Bestand-
teile beraubt werden. Ein Teil der Bakterien bleibt jedoch normal und
diese gelangen beim Absterben des Knöllchens als Keime in den Boden.
— Die Landwirtschaft, welche viele Schmetterlingsblütler (Erbse, Bohne,
Wicke, Klee usw.) als wichtige Kulturpflanzen anbaut, bezeichnet die-
selben als Stickstoffsammler und benutzt sie in ausgiebigster Weise
als Gründüngung.
Die Blüten sind besonders durch ihre Häutung in langen
Trauben auffallend. — Solange die Blüten noch Kncspen sind, steht
die Spindel des Blütenstandes aufrecht; dabei steht das Schiffchen
nach unten, die Fahne nach oben. Später wird der Blütenstand
hängend, so daß das Schiffehen nach oben zu stehen kommt. Kurz
vor dem Öffnen der Blüte dreht sich darauf der Blütenstiel so, daß
die einzelnen Teile wieder ihre richtige Lage erhalten. — Das Auf-
laden des Blütenstaubes auf die Insekten geht so vor sich, daß
das Schiffehen beim Auffliegen der Tiere heruntergedrückt wird; die
Staubbeutel werden dadurch entblößt, gegen den Körper des Tieres
angedrückt und der Blütenstaub an dasselbe abgestrichen. Beim Weg-
fliegen des Tieres tritt das Schiffehen wieder in seine frühere Lage
und birgt die Staubbeutel bis zu einem neuen Besuche. Die Möglich-
keit einer Übertragung von Blütenstaub auf die Narbe derselben Blüte
7*
100 Goldregen.
ist dadurch ausgeschlossen, daß die Narben in den jüngeren Blüten
borstige Haare tragen, die erst nach Entfernung des Blütenstaubes ein-
schrumpfen. — Die Blüten bieten den Insekten keinen freien Honig,
sondern nur im Zellgewebe eingeschlossenen Saft in einer dicken,
saftreichen Anschwellung am unteren Teile der Fahne. Den Weg zu
diesem Honigpolster zeigen die braunen Saftmale auf der Fahne. —
. Größere, kurzrüsselige Insekten, z. B. Erd- und Steinhummeln, beißen
sich häufig am Grunde der Fahne von außen einen Weg zu diesem
Honigpolster hin. — Die Samen bleiben während des Winters in den
Hülsen und werden erst im Frühjahr durch Aufspringen und
Auseinanderrollen der Hülsen ausgeschleudert.
Standort und Verbreitung. In Gebirgswäldern Osteuropas, ın
Italien und in der Schweiz; bei uns als Zierstrauch in Gärten allgemein
verbreitet.
Gift und dessen Wirkung. In den Samen, Samenschoten, der
Rinde und in den Blüten der vorliegenden Pflanzen und anderer
Cytisusarten (z. B. Cytisus alpinus) findet sich (in den Samen bis
1,5 Proz.) ein giftiges, in Wasser‘ leicht lösliches, kristallisierbares
Alkaloid: das Cytisin (C,,H,,N,0), das auf den menschlichen Orga-
nismus krampferregend, ähnlich wie Strychnin, wirkt. Vergiftungen
durch den Genuß der Samen dieses Baumes, der wegen seiner schönen
Blüten in den öffentlichen Anlagen mit Vorliebe angepflanzt wird, sind
bei Kindern häufig vorgekommen. Die Wirkung des Giftes äußert
sich in Erbrechen, Magen- und Brustschmerzen, Zittern, Krämpfen,
Ohnmacht, Pulsschwäche, Pupillenerweiterung. — Das Cytisin kommt
auch vor in dem in Gartenanlagen häufig angepflanzten Blasenstrauch
(siehe S.103), ferner, wenn auch in geringerer Menge, in Ulex europ.
und den in Anlagen zuweilen angepflanzten Sophoraarten. — Im
Besenginster findet sich in sehr geringer Menge das flüchtige, giftige,
dem Cytisin sehr ähnliche Alkaloid: Spartein.
Bunte Kronwicke. 101
Bunte Kronwicke. Coronilla varia (z.).
Tafel 53. Wandtafel 10.
Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae.
Coronilla —= kleine Krone (von ecorona), wegen der kronenförmigen Blüten-
dolden; varia = verschiedenfarbig.
Giftwicke, Peltschen,
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit krautigen, einjäh-
rigen, dünnen, bis Im langen, ästigen, niederliegenden Stengeln (Fig.1).
— Blätter unpaarig gefiedert; Blättchen länglich, abgestutzt, kurz-
gestielt. Nebenblättchen klein, lanzettförmig, frei. — Blüten in
12- bis 20blütigen Dolden, die auf langen Stielen stehen (Fig. 1).
— Kelch kurz, glockig, mit fünf Zähnen, von denen die zwei oberen
nahe aneinandergerückt sind und dadurch den Kelch fast zweilippig
erscheinen lassen (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig; Blätter
genagelt, Fahne rot, die anderen Blätter weiß, Schiffehen mit violettem
Schnabel (Fig. 3). — Staubblätter zehn, zweibrüderig verwachsen. —
Fruchtknoten einblätterig, einfächerig; Griffel aufwärts gebogen;
Narbe kopfförmig (Fig. 3). — Frucht eine vierkantige, aufrecht-
stehende, an den Gliedern zusammengezogene Hülse, die reif, leicht
in die einzelnen Glieder auseinanderfällt; Same länglich, braun (Fig. 5).
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. An den Fiederblättern legen sich des Nachts
die Blättchen, regelmäßig sich aufwärts richtend, paarweise
gegeneinander; sie gehen in Schlafstellung und sind in dieser Lage
gegen zu starke Abkühlung geschützt. — Übertragung des Blüten-
staubes: Die beiden seitlichen Blumenblätter (die Flügel) sind nach
oben zu konvex und bilden einen über dem Schiffchen gewölbten
Sattel. Mit dem Schiffehen stehen sie durch einen faltenförmigen
Vorsprung, der in eine entsprechende Furche des Schiffchens paßt, in
Verbindung. Eine Hummel, die sich auf jenen Sattel niederläßt,
drückt diesen und auch das Schiffehen nach unten. In der Spitze
des Schiffehens liegen fünf mit verdickten Enden versehene Staub-
fäden (die anderen Staubfäden sind zusammengeschrumpft) um die
Narbe zusammengedrängt. Die Staubbeutel öffnen sich und entlassen
den Blütenstaub in die Spitze des Schiffehens. Wird dieses nach unten
gedrückt, so wirkt der Staubfadenkeil wie der Stempel einer Pumpe
102 Bunte Kronwicke.
und preßt den Blütenstaub an der Spitze heraus, wo er an den Unter-
leib des Insektes angeheftet wird; läßt der Druck nach, so kehrt das
Schiffichen in seine frühere Lage zurück. Beim folgenden Insekten-
besuche kommt durch den Druck die Narbe zum Vorschein, wird an
den Unterleib des Insektes angedrückt uud mit dort anhaftendem
Blütenstaub belegt. — Die Pflanze besitzt in der in Blättern und
Stengeln enthaltenen Gerbsäure einen Schutz gegen Schneckenfraß. —
Über die Wurzelknöllchen und die Aufnahme des Stickstofis der Luft
siehe Cytisus laburnum.
Standort und Verbreitung. An Zäunen, auf trockenen Wiesen
und sonnigen Hügeln, zerstreut durch ganz Mittel- und Südeuropa;
kommt in den Gebieten der Nord- und Ostsee nicht vor.
Gift und dessen Wirkung. Das Kraut dieser Pflanze soll früher
als Volksmittel gegen Fieber, vielleicht auch in Verwechselung mit
dem Kraute ‘des Fieberklees (Menyanthes trifol.) benutzt worden sein
und dann Giftwirkungen gezeigt haben. — Aus den Samen hat man
ein Glykosid, das Coronillin 2(C,H,;,0) gewonnen, dessen physio-
logische Wirkung noch nicht erforscht ist. Der von einigen angegebene
Cytisingehalt (siehe Cytisus laburnum) der Samen von Coronilla var.
ist noch nicht als sicher vorhanden erwiesen.
Tafel 53. Tafel 53.
Bunte Kronwicke. Coronilla varia L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Hülsen. 5 Same im
Längsschnitt. 2, 3, 5 vergr.
Blasenstrauch. 103
Blasenstrauch. Colutea arborescens (z,.
Tafel 54.
Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae.
Kolutea, von koelün (gr.), höhlen, nennt Theophrast diesen Strauch wegen
der aufgeblasenen Hülsen.
Colutea hirsuta Roth.
Beschreibung. Buschiger Strauch, bis über4m hoch werdend;
Zweige in der Jugend graugrün, an der Sonnenseite rötlich, angedrückt
behaart. — Blätter unpaarig gefiedert, drei- bis sechspaarig, auf
langem, oberseits rinnigem Stiele; Blättchen rundlich-oval, an der
Spitze abgestutzt und ausgerandet, oberseits kahl, grün, unterseits
behaart und bläulichgrün; Nebenblätter sehr kurz, dreieckig, spitz
(Fig. 1). — Blüten in achselständigen, zwei-, drei- bis fünfblütigen,
langgestielten, lockeren Trauben; Einzelblüte gestielt, vor dem Auf-
blühen gestürzt (Fig. 1). — Kelch glockig, behaart, mit spitzen, drei-
eckigen Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, hellgelb; Fahne groß,
rundlich, mit braunrotem Fleck im Grunde, abstehend, an der Spitze
ausgerandet, kurz genagelt, mit zwei Höckern über dem Nagel (Fig. 2);
Flügel länglich, spitz, kürzer als das Schiffehen, am Grunde lappig
geöhrt (Fig. 3); Schiffchen an der Spitze abgestutzt (Fig. 4). — Staub-
blätter zehn, zweibrüderig verwachsen. — Fruchtknoten einblätterig,
gestielt, mit vielen Samenknospen; Griffel gekrümmt, an der Innen-
seite bärtig behaart; Narbe seitenständig, unter der Spitze des hakig-
gekrümmten Griffels (Fig. 5). — Frucht eine nicht aufspringende, 5 bis
7Tcm lange, 2 bis 3 cm breite, länglich-eiförmige, kahle, aufgeblasene,
vielsamige Hülse (Fig. 6). — Same etwas seitlich zusammengedrückt,
braun (Fig. 7), mit gekrümmtem, vom Sameneiweiß eingeschlossenen
Embryo (Fig. 8).
Blütezeit: Ende Mai bis September.
Biologisches. Die Blätter gehen des Abends in Schlaf-
stellung, siehe Coronilla. — Die Blüten werden von zahlreichen
Insekten beflogen, in Südeuropa unter anderen von dem kleinen
Tagfalter Lycaena baetica, dessen Weibchen die Eier in die
104 Blasenstrauch.
Fruchtknoten ablegen. Die aus den Eiern entschlüpfenden Räupchen
ernähren sich von einem Teil der jungen Samen.
Standort und Verbreitung. Im Gebüsch, auf Hügeln und Bergen,
in Mitteleuropa, z. B. im Elsaß, in Baden, Bayern, Tirol; in Südeuropa
und im Orient. Bei uns in Anlagen ein allgemein angepflanzter, be-
liebter Zierstrauch.
Gift und dessen Wirkung. In der Pflanze findet sich das giftige
Alkaloid: Cytisin (siehe Cytisus laburhum).
Tafel 54. Tafel 54.
Blasenstrauch. (Colutea arborescens L.
ı Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3, 4 Blüte nach Entfernung der
Blumenkronblätter. 5 Griffel und Narbe. 6 Frucht. 7 Same. 8 Same im Quer
schnitt. 2, 5, 8 vergr.
Glyzine. 105
Glyzine. Wistaria sinensis (D.C).
Tafel 5.
Fam.: Schmetterlingsblütler. Papilionaceae.
Wistaria, nach Wistar, Professor der Anatomie in Philadelphia, gestorben
1818, benannt. — Glyzine, von glykys (gr.), süß, weil einige Glyzinearten süßlich
schmeckende Knollen haben.
Wistaria polystachya (K. Koch), Glyeine floribunda (Willd.), Glycine sinensis
(Sims)., Doliehos polystachyos (Thunb.).
Beschreibung. Ein kletternder Strauch (Liane), mit in der
Jugend grünen, weich behaarten und graubraunen älteren Zweigen. —
Blätter unpaarig gefiedert, mit drei bis fünf Blattpaaren; Blattspindel
oberseits rinnig, dicht behaart. Blättchen gestielt, eiförmig bis lan-
zettlich, zugespitzt, am Rande gewimpert, in der Jugend beiderseits
anliegend behaart, später oberseits kahl; Nebenblättchen klein, pfriem-
lich (Fig. 1). — Blüten in 20 bis 25 cm langen, hängenden, lockeren
Trauben gestielt (Fig. 1). — Kelch breit, glockig, zweilippig, mit
spitzen Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, blauviolett oder hell-
blau, wohlriechend; Fahne groß, rundlich, mit zwei spitzen Anhängseln,
kurz genagelt, an der Spitze ausgerandet (Fig. 3). Flügel kürzer als
die Fahne, verkehrt-eiförmig, am Grunde eckig geöhrt. Schiffchen
gekrümmt, abgestumpft (Fig. 2). — Staubblätter zehn, zweibrüderig
verwachsen. — Fruchtknoten einblätterig, gestielt, behaart, mit sechs
bis acht Samenknospen; Griffel bis zur Mitte behaart. — Frucht
eine längliche, stachelspitzige, 10 bis 12cm lange, knotige, schwarz-
braune, behaarte Hülse.
Ändert in der Kultur ab mit weißen und mit gefüllten Blüten.
Blütezeit: Mai, vor Ausbruch des Laubes; oft im August zum
zweiten Male.
Biologisches. Linkswindende Schlingpflanze mit aus-
dauerndem, verholzendem Stamm (Liane). — Die Blätter senken
sich des Abends, bis sie vertikal stehen und sich mit ihren Rücken-
flächen decken. — Die stark, den Alpenveilchen ähnlich, duftende
Blüte wird von zahlreichen Insekten besucht.
106 Glyzine.
Standort und Verbreitung. Einheimisch in China und der
Mongolei; in Japan kultiviert; 1820 in Europa eingeführt; jetzt ein
beliebter kletternder Strauch, der in milderen Gegenden Deutschlands,
ohne zu leiden, den Winter aushält.
Gift und dessen Wirkung. Die Teile der Pflanze, besonders
die Rinde, enthalten ein giftiges, kristallisierbares Glykosid: das
Wistarin, dessen chemische Zusammensetzung noch nicht‘ näher be-
kannt ist; außerdem soll darin noch ein gleichfalls giftiges Harz vor-
kommen.
Tafel 55. Tafel 55.
Glyzine. Wistaria chinensis D. 6.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Oberes Kronenblatt (die Fahne
der Blüte). 2, 3 vergr.
Cypressen-Wolfsmilch. 107
Cypressen-Wolfsmilch. Euphorbia
ceyparissias (Z..t
Tafel 56. Wandtafel 11.
Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Euphorbia, nach Euphörbos (gr.), dem Arzte des Königs Juba Il. von
Mauretanien benannt, wie Plinius berichtet. Cyparissias, von Kypaärissos (gr.),
Cypresse, weil die beblätterten Triebe denen der Cypresse ähneln.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem Wurzel-
stocke, aus dem zahlreiche, einjährige, bis !/;,m hohe, kahle Sprosse
austreiben, die teils steril bleiben, teils Blütendolden hervorbringen;
in der oberen Hälfte trägt der Sproß zahlreiche Seitenzweige (Fig. 1).
— Blätter linealisch, ganzrandig, stumpf, kahl, meist bläulichgrün
(Fig. 1). — Blüten in gipfelständigen Trugdolden, reichblütig (Fig. 1).
Die Dolden setzen sich zusammen aus zahlreichen Einzelblütenständen:
„Cyathien“, bestehend aus einer langgestielten, gipfelständigen Frucht-
blüte und vielen diese umgebenden, auf ein einzelnes Staubblatt be-
schränkten Staubblüten; zwischen letzteren spreublattartige Schuppen
(Fig.2 u. 3). Das Cyathium wird von einem Kelch von fünf bauchigen
Blättern umschlossen, von denen vier am oberen Rande Honigdrüsen
tragen (Fig. 5). Das Cyathium wird von breitherzförmigen, gelblich-
grünen Hüllblättchen gestützt, die zur Zeit der Fruchtreife oft hochrot
anlaufen. — Drüsen breit, halbmondförmig, orangegell (Fig.2 u. 3).
-- Staubblüten aus einem einzelnen runden, gegliederten Staubfaden
und zwei an der Spitze dieser stehenden, eiförmigen längsaufspringenden
Staubbeuteln bestehend (Fig.3). — Fruchtblüte gestielt, nach unten
überhängend; Fruchtknoten dreifächerig, mit je einer Samenanlage
(Fig. 4 u. 5); Griffel dreiteilig. — Frucht. eine dreifächerige, elastisch
aufspringende, fast kugelige, feinwarzige Kapsel; Fächer einsamig. —
Same glatt, mit dicker Nabelwarze (Fig. 6).
Blütezeit: April, Mai.
Biologisches. Alle Woltsmilcharten sind scharfe Gift-
pflanzen, welche von Tieren nicht angerührt werden, da der
unter Druck stehende scharfe Milchsaft an den verletzten Stellen so-
fort in größerer Menge herausgetrieben wird und sich in den Mund
des angreifenden Tieres ergießt, noch ehe es sich zurückziehen kann.
108 Cypressen-Wolfsmilch.
Einer Raupe (der Sphinx Euphorbiae) dient das Laub von Euphorbia
cyparissias zur ausschließlichen Nahrung, und zwar wird nur solches
Laub von derselben verzehrt, welches im Besitze des scharfen Milch-
saftes ist. — Einhäusige Pflanze mit erstweiblichen (protero-
gynen) Blüten. Die Honigabsonderung erfolgt von den ovalen
Drüsen am Rande der bauchigen Kelchblätter. — Besucher
sind hauptsächlich Fliegen und Glasflügler (Sesien), denen der
ganz freiliegende Honig leicht zugänglich ist. — Die meist hellgelb
gefärbten Hüllblättchen des Cyathiums dienen als Schau-
apparate zur Anlockung der Insekten. — Nach der Befruchtung
senkt sich der Fruchtknoten, und die einzelnen Staubblätter erheben
sich nacheinander. — Das Ausschleudern der Früchte wird da-
durch bewirkt, daß die von oben sich öffnenden Kapselklappen auf
die Samen einen Druck ausüben.
Standort und Verbreitung. An Wegerändern, auf steinigen,
sandigen, trockenen Triften; durch ganz Mittel- und Nordeuropa.
Gift und dessen Wirkung. Die Wolfsmilcharten gehören zu
den scharfen Giftpflanzen; alle enthalten in dem Milchsafte giftige,
höchst scharfe Stoffe, die im einzelnen noch nicht näher erforscht
sind; in den meisten Euphorbiaarten ist das Euphorbon ((,,H,,0),
eine kristallisierende, leicht veränderliche, bei 71° © schmelzende, im
übrigen noch wenig aufgeklärte Substanz, enthalten. Schwere Ver-
siftungsfälle ereigneten sich bei Anwendung der Pflanze als Haus-
mittel, besonders als Abführmittel; die Samen von Euphorbia lathyris
sind unter dem Namen Purgierkörner bekannt; von anderen (Euphorbia
cyparissias, Euphorbia esula) werden die Wurzeln zu dem genannten
Zwecke benutzt. Innerlich angewandt, kann diese Pflanze zu schweren
Vergiftungen führen, die, beginnend mit Brennen im Munde, An-
schwellen der Zunge, zu Magenschmerzen, Kälte der Haut, Schwindel,
Ohnmachten und nach zwei- bis dreitägiger Dauer selbst zum Tode
führen. Auch die äußerliche Anwendung des Milchsaftes (zur Ver-
treibung der Warzen u. dgl.) ist nicht ungefährlich; denn es können
durch Verspritzen des Saftes auf der Haut Geschwüre entstehen; auf
die Schleimhaut des Auges oder der Nase gebracht, erzeugt der Milch-
saft schwere Entzündungen, die im ersteren Falle mit Verlust der
Sehkraft enden können.
Tafel 56.
Tafel 56.
Euphorbia eyparissias L.
ileh
1 Blühende Pflanze. 2 Teil der Trugdolde,
Cypressen-Wolfsm
knoten im Längsschnitt.
4 Frucht-
6 Same, nat. Größe u. vergr.
seitlich geöffnet.
3 Blütenstand,
5 Fruchtknoten im Querschnitt.
d vergr.
3 bis
Sonnenwendige Wolfsmilch. 109
Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia
helioscopia /Z,.}
Tafel 57.
Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Euphorbia siehe Euphorbia cyparissias; helioseopia von helios (gr.), Sonne
und skopein (gr.), hinschauen, weil sich nach Plinius die Dolde der Sonne zu-
wenden soll.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit rundem, kahlem bis
30 em hohem, dickem, einfachem, oder am Grunde zwei kleine Seiten-
äste tragendem Stengel. — Blätter zerstreut, umgekehrt eiförmig
oder keilförmig, gestielt, vorn gesägt, nach unten zu ganzrandig (Fig. 1).
— Blütendolden fünfstrahlig, zwei- und dreigabelig.. — Hüll-
blätter der Dolde umgekehrt eiförmig, groß; Hüllblättchen kleiner:
Hüllkelch des Cyathiums mit vier Zipfeln (Fig. 12). — Honigdrüsen
rundlich, grün, mit den Zipfeln abwechselnd. — Staubblüten aus
meist acht einzelnen, gegliederten Staubfäden bestehend; Staubbeutel
kugelig (Fig. 3 u. 4). — Fruchtblüte gestielt, überhängend; Frucht-
knoten dreifächerig mit je einer Samenanlage (Fig. 3 u. 5); Griffel
dreiteilig. — Frucht eine glatte, dreifächerige, aufspringende Kapsel
(Fig. 6). — Same braun, eiförmig netzgrubig, mit nierenförmigem
Nabelwulste (Fig. 7).
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches siehe Euphorbia cyparissias.
Standort und Verbreitung. Auf gutem Garten- und Acker-
boden; in ganz Deutschland überall, oft als lästiges Unkraut vor-
kommend. In ganz Europa, von Lappland bis nach Italien; nach
Amerika eingeschleppt.
Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias.
110 Garten-Wolfsmilech.
Garten-Wolfsmilch. Euphorbia Peplus (z..+
Tafel 58.
Auf der Tafel ist die Pflanze irrtümlicherweise als Euphorbia esula
bezeichnet.
Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Euphorbia siehe Euphorbia ceyparissias. Peplus — Name einer Wolfs-
milchart bei Plinius. — Teufelsmilch, Warzenkraut.
Beschreibung. Einjährige, bis 30 cm hohe Pflanze —
Stengel rund, vom Grunde aus verzweigt (Fig. 1). — Blätter ab-
wechselnd oder zerstreut stehend, gestielt, umgekehrt eirund, ganz-
randig, kahl, abgestutzt, von unten nach oben größer werdend (Fig. 1).
— Blüten in dreistrahligen, wiederholt drei- bis sechsmal gegabelten
Dolden; Hüllblätter elliptisch (Fig.2). Hüllkelch des Cyathiums bauchig.
— Drüsen grün, mit zwei seitlichen, langen, parallel verlaufenden
Fortsätzen (Fig. 3 u. 6). — Staubblüten mit dickem, rundem, ge-
gliedertem Staubfaden und eiförmigen, gelben Staubbeuteln (Fig. 4 u.5).
— Fruchtblüte gestielt, überhängend. Fruchtknoten dreifächerig, mit
je einer Samenanlage (Fig. 2). — Frucht eine kugelförmige, auf-
springende, tief dreifurchige Kapsel, deren glatte Fächer auf dem
Rücken in der Mitte eine ausgezackte Längsleiste tragen (Fig. 7). —
Same glänzend, grauweiß, eiförmig-zylindrisch, an der Rückenfläche
reihenweise tiefe Punkte, an der vorderen Seite zwei bogenförmige
Gruben und neben diesen drei punktförmige Gruben tragend (Fig. 8).
Blütezeit: Juni bis Oktober.
Biologisches siehe Euphorbia cyparissias.
Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, von England
und Norwegen bis nach Griechenland; in Syrien, Ägypten, Arabien;
nach Nordamerika eingeschleppt. In ganz Deutschland, in Gärten ein
sehr häufiges Unkraut.
Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias.
Tafel 57. | Tafel 57.
Sonnenwendige Wolfsmilch. Euphorbia helioscopia L.
1 Blühende Pflanze. 2 Teil der Trugdolde. 3 Blütenstand, längs durchschnitten.
4 Staubblüte. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht. 7 Same, vergr. und nat.
Größe. 2 bis 6 vergr.
Tafel 58. Tafel 58.
Gemeine Wolfsmilch. EZuphorbia Esula L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blütenstand im ersten (weiblichen) Zustande. 3 Blütenstand
im zweiten (männlichen) Zustande. 4 Blütenstand im Längsschnitt. 5 Staubblüte.
6 Randdrüsen des Blütenstandes. 7 Fruchtstand. 8 Same. 2 bis 8 vergr.
Tafel 59.
Tafel 59.
Euphorbia Peplus L.
Garten-Wolfsmilch.
1 Nichtblühender Sproß. 2 Blühender Sproß.
3 Blütenstand, vergr.
Gemeine Wolfsmilch. 171
(emeine Wolfsmilch. Euphorbia esula (z,.:
Tafel 59.
Auf der Tafel ist die Pflanze irrtümlicherweise als Euphorbia
Peplus bezeichnet.
Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Euphorbia siehe Euphorbia cyparissias; esula von esu (keltisch), scharf,
wegen des scharfen Milschsaftes. — Teufelsmileh.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, ästigem,
bleistiftdiekem Wurzelstocke, welcher nicht sehr zahlreiche, bis 50 cm
hohe Stengel treibt. — Stengel rund, unten meist unbeblättert (Fig. 1),
in den Achseln der Blätter kurze Seitensprosse tragend. — Blätter
sitzend, lineal-lanzettlich, kahl, gelbgrün (Fig. 1 u. 2). — Blüten in
vielstrahliger Dolde (Fig. 2); Hüllblätter der Dolde lanzettlich, stachel-
spitzig. Deckblätter der Blüte breit-herzförmig, hellgrünlichgelb. Hüll-
kelch des Cyathiums (siehe Euphorbia cyparissias) glockig, oben vier
rotgelbe, mondsichelförmige Drüsen tragend. — Staubblüten aus
gegliederten, in der Mitte keulenförmig verdickten, runden Staubfäden
mit eiförmigen Staubbeuteln bestehend (Fig. 3). — Fruchtblüte ge-
stielt, überhängend; Fruchtknoten runzelig, dreifächerig (Fig. 3);
Griffel dreiteilig mit je zwei Narben. — Frucht eine dreifächerige,
aufspringende, tief dreifurchige, runzelige Kapsel. — Same glatt,
graubraun, umgekehrt-eiförmig. Eine im Habitus sehr abändernde
Pflanze, von der eine große Anzahl von Formen teils als besondere
Arten beschrieben werden.
Blütezeit: Mai, Juli.
Biologisches siehe Euphorbia cyparissias.
Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, von Schottland
bis nach Italien und Spanien; in Mittelasien. In Deutschland auf
trockenen Wiesen, an Wegen, Gebüschen, aber nicht überall vorkom-
mend; fehlt meist auf Kalkboden..
Gift und dessen Wirkung siehe Euphorbia cyparissias.
112 IKreurblätterige Wollnmileh,
Kreuzblätterige Wollsmileh. Buphorbia
Lathyris (2.1
Tafel 60,
l'am.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Wuphorbin wohe BKuphorbin oyparianian Lathyria bei Pliniun, lathuyris
(em) bei Dionkoriden von thus (en), ungentim, heftig, mit der vorntirkenden
Vorschlagmilbe „la", wegen der nturk purpioronden Wirkung der Pilnnze, die den
Arston den Altertumn schon bekannt war, — Springkorn wegen dor aulspringenden
Sumenkanpeln,
Boschreibung,. Zweijäührige Pflanze mit fingerdickem, kriechen-
dem Wurzolstocke, der bis Im hohe, dicke, stiolrunde, zuweilen vor-
ästelte, bläulich bereilte Sprosse treibt (Wie. 1). Blütbter sitzend,
krouzständig, eilanzottlich, Iinenlisch, kahl, dunkelgrün mit weiber
Mittelrippe (lie. 1). Rlüten in vierstrahliger Dolde; Hüllblätter
breit- oilörmig, mit breitem Grunde sitzend (lie. 2). Kelch des
Uyathiums (sioho Euphorbia eyparissias) glockig, mit spitzen Zähnen, —
Drüsen halbmondlörmig, an den Spitzen koplartig abserundet, gelbrot
(ig. 4), — Staubblüten zahlreich, aus einzelnen Staublüden mit Staub-
beuteln bestohend. — Fruchtblüte gestielt, überhängend; Kruchtknoten
dreifächerig, Grillel dreiteilig (lie. 3 u. D). rucht eine glatte, aul-
springendo, dreilächerige, bieflurchige Kapsel (Nig. 6). — Same eilörmig,
runzelig, dunkelbraun (Mie. 7).
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches sicho Iuphorbia oyparissias.
Standort und Verbreitung. Aufl bobautem und unbebautem
Lande; in Nord- und Mittelitalion, in Tirol; in Deutschland atellen-
weise vorwildert,
Gilt und dessen Wirkung siohe Kuphorbia oyparissins.
Tafel 60, Tafel 60,
Kreouzblättrige Wolfsmilch,. Euphorbia Lathyris L.
| Sproß im ersten Jahre, 2 Teil don Spronses im zweiten Jahre mit Blüten und
Krüchten, 3 Blütenstand, 4 Blütenstand im Längsschnitt. 5 Wruchtknoten im
(Jusrschnitt, 6 Fruchtstand mit Samenträger, 7 Same, 3 bis 7 vergr,
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Einjähriges Bingelkraut. 113
Einjähriges Bingelkraut. Mercurialis
annua (Z£.)
Tafel 61.
Fam.: Wolfsmilchgewächse. Euphorbiaceae.
Herba Mercurialis des Plinius, nach welchem Mercur die Heilkraft des
Krautes entdeckt haben soll.
Beschreibung. Einjährige, krautartige Pflanze, mit vier-
kantigem, auf fettem Boden meist verästetem, bis 50 cm hohem, kahlem
Stengel (Fig. 1 u. 2). — Blätter gestielt, eiförmig, lanzettlich, grob
gesägt, kahl (Fig.1). — Blüten zweihäusig; Staubblüten in langen
Ähren, die aus den Achseln der Blätter entspringen (Fig.1). — Kelch
drei- oder vierblätterig; Blätter dreieckig, eiförmig, grünlich. — Krone
fehlt. — Staubblätter 9 bis 12; Staubfäden fadenförmig. Staub-
beutel zweifächerig (Fig. 3). — Fruchtblüten meist paarig, achsel-
ständig (Fig. 4). — Kelch drei- oder vierblätterig. — Blumenkrone
fehlt. — Fruchtknoten eiförmig; borstig, seitlich zusammengedrückt,
zweifächerig mit hängenden Samenknospen. Griffel kurz, mit zwei
drüsig behaarten Narben; zuweilen befinden sich in der Fruchtblüte
drei verkrümmte Staubblätter. — Frucht eine zwei- oder dreifächerige
Kapsel mit einem hängenden Samen in jedem Fache (Fig. 5 u. 6). —
Same umgekehrt-eiförmig mit dünner, schwacher, brauner Schale.
Blütezeit: Juli bis zum Eintritt starken Frostes.
Biologisches. Zweihäusige Pflanze; sehr selten werden Staub-
und Fruchtblüten auf demselben Stocke beobachtet. Die Blüten sind
‚klein, unscheinbar und geruchlos; erstweiblich; die Übertragung
des Blütenstaubes erfolgt durch den Wind. — Die Samenanlagen
nehmen oft ohne Befruchtung die Gestalt von Keimlingen an, welche
äußerlich in nichts von den (durch Befruchtung entstandenen Samen
zu unterscheiden sind und früher als parthenogenetisch entstandene
Samen angesehen wurden.
Standort und Verbreitung. In ganz Europa als Unkraut auf
bebautem und unbebautem Lande; in Gärten ein sehr lästiges Un-
kraut.
Esser, Giftpflanzen. 8
114 Einjähriges Bingelkraut.
Gift und dessen Wirkung. Stengel und Blätter der Pflanze
gelten als giftig oder doch als giftverdächtig; in ihnen ist Trimethyl-
amin nachgewiesen, welches, wie in zahlreichen anderen Fällen, viel-
leicht auch hier als Zersetzungsprodukt des „Cholins“, einer giftigen
Base, auftritt. Sie sind stark abführend und brechenerregend. Seit
alten Zeiten (schon von Dioscorides) wurden sie von der Arzneikunde
gebraucht. Die Pflanze wird von Weidevieh nicht gefressen.
Tafel 61. Tafel 61.
Einjähriges Bingelkraut. Mercurialis annua L.
1 Pflanze mit Staubblüten. 2 Pflanze mit Fruchtblüten. 3 Staubblüte. 4 Frucht-
blüte. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Samenträger. 3 bis 6 vergr.
Gift-Sumach. 115
Gift-Sumach. Rhus toxicodendron (z.).+
Tafel 62.
Fam.: Sumachgewächse. Anacardiaceae.
Rhüs (gr.) bezeichnet bei Theophrast eine Sumachart; toxicodendron
— Giftbaum, von toxikön (gr.), Gift, und dendron (gr.), Baum. — „Sumach“ oder
„Smak“ (vom arab. summak = hoch sein) ist die Bezeichnung der Araber für
einige Rhusarten.
Toxicodendron pubescens Mill. Rhus pubescens Englm.
Beschreibung. Strauch, der anfangs niederliegt, später au
Bäumen, mit Hilfe von Haftwurzeln emporrankt und sich über
Sträuchern ausbreitet. Die schlanken Zweige anfangs grün, weich
behaart, später braun. Knospen rund, gelbbraun, seidig behaart
(Fig. 1). — Blätter dreizählig auf 8 bis 14cm langem, behaartem,
am Grunde rinnenförmigem Stiele. Blättchen oberseits dunkel, unter-
seits heller grün, zerstreut behaart, am Grunde und an der Spitze
ganzrandig, sonst grob und ungleichseitig gesägt (Fig. 1). — Blüten
in Rispen in den Achseln der Blätter, diözisch. Die Einzelblüte ge-
stielt, in den Achseln ‚kleiner, abfallender Deckblättchen. Staub-
blüten in längeren, ziemlich schlaffen Rispen. — Kelchblätter
3 bis 6, lanzettförmig, abfallend (Fig. 2). — Blumenblätter 3 bis 6,
länglich, bei geöffneter Blüte zurückgeschlagen, weißgrün. — Staub-
blätter 3 bis 6; Staubfaden kurz, flach, rötlich; Staubbeutel oval,
am Rücken angeheftet, zweifächerig, längsaufspringend. — In der
Mitte der Blüte ein kleiner, rudimentärer Stempel. — Fruchtblüten
in kürzeren, gedrängteren Rispen. — Kelchblätter 3 bis 6, lanzett-
lich, abfallend. — Blumenkronblätter 3 bis 6; rundlich, grünlich-
weiß. — Staubblätter klein, unfruchtbar. — Fruchtknoten eiförmig,
grün, einfächerig mit einer Samenanlage, die bogig-gekrümmt an
einem auf dem Grunde des Fruchtknotens sich erhebenden Nabel-
strange hängt (Fig.3 u. 4). Griffel dreispaltig; Narben rundlich, nach
auswärts gekrümmt. — Frucht eine einsteinige, fast kugelige; trockene,
gelb oder gelblichweiße, mit zehn Furchen versehene Steinbeere, deren
äußere, dünne Fruchthaut sich leicht von der weißen Mittelschicht los-
löst. Steinkern rund-eiförmig, etwas zusammengedrückt, braun. —
Same zusammengedrückt, die Steinschale ganz ausfüllend, mit einer
braunen Samenhaut bedeckt. — Eine häufig in Gärten verbreitete und
Q x
Io)
116 Gift-Sumach.
auch verwilderte Form ist Rhus toxicodendron radicans, die, am Boden
niederliegend, an den Gelenken Wurzeln treibt, in ausgeprägter Form
auch an den ganzrandigen, unbehaarten Blättern kenntlich ist; sie
geht je nach dem Standort, in die vorgenannte Form über.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die Form Rhus toxicodendron. var. radicans klet-
tert mit Hilfe von Haftwurzeln an Stämmen empor: Wurzelkletterer.
— Blüten meist zweihäusig, außerdem kommen Blütenstände mit
echten Zwitterblüten, mit Fruchtblüten und mit Staubblüten vor. —
Die Zwitterblüten sind erstweiblich (proterogynisch). — In der
Mitte der beckenförmigen Blüte ist eine fleischige Scheibe, an deren
ganzer Oberfläche freiliegender Honig abgeschieden wird. — Die
grüngelblichen Blüten werden gern von Fliegen besucht.
Standort und Verbreitung. Ein häufig in Gärten verbreiteter
und auch verwilderter Strauch. In ganz Nordamerika, von Britisch-
Columbia bis Florida, in Japan und Nordasien verbreitet; seit langer Zeit
in Europa in Kultur und daher an manchen Orten (Thüringen, Böhmen)
verwildert. In Gärten zuweilen zum Bedecken der Mauern und des
Bodens angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze gehört zu jenen gefähr-
lichen Giftpflanzen, die durch bloße Berührung schon Vergiftungs-
'erscheinungen hervorbringen können. Das Auftreten einer Vergiftung
ist jedoch ganz von einer individuellen Veranlagung dazu abhängig.
Einzelne Personen sind ganz immun oder sehr wenig empfänglich für
das Gift, andere sind so empfindlich, daß eine bloße Berührung der
Pflanze Geschwulst der Hand und des Armes, Blasenbildung, heftige
Schmerzen und ausgeprägte Blutvergiftung hervorruft, an denen sie oft
wochenlang zu leiden haben. In Amerika ist der Baum seiner Giftig-
keit wegen sehr gefürchtet. Auch bei uns sind Fälle bekannt geworden,
wo Gartenarbeiter, die an dem Baume einen Ast absägten, erblindeten,
und andere, die mit ihren schwieligen Händen Zweige oder Blätter
abpflückten, entzündliche, eiternde Geschwülste an Händen und Armen
davontrugen. Selbst das lange Verweilen unter oder in der Nähe des
Strauches, besonders abends und in der Nacht soll gefährlich sein
und Hautentzündungen herbeiführen können. Bei der Anpflanzung in
Gärten ist daher die größte Vorsicht in der Wahl des Standortes
walten zu lassen.
Das Gift ist in den Milchsaftgefäßen der Pflanze enthalten. Die
feinen Haare auf der Oberfläche von Stengeln und Blättern stehen mit
jenen Schläuchen in Verbindung; . bei der Berührung entleeren sie
ihren Inhalt. Über den Giftstoff selbst ist noch wenig bekannt; es
soll eine phenolartige Substanz: Toxicodendrol sein.
Tafel 62.
Tafel 62.
Rhus toxicodendron L.
Gift-Sumach.
4 Fruchtknoten.
3 Blüte im Längsschnitt.
2 Blüte.
1 Blühender Zweig.
2, 3, 4 vergr.
5 Fruchtstand.
Europäisches Pfaffenhütchen. 117
Europäisches Pfaffenhütchen. Evonymus
europaeus (Z..
Tafel 63.
Fam.: Baumwürgergewächse. Celastraceae.
Euönymos (gr.) von eu (gr.), wohl, und önoma (gr.), Name (in ironischer
Bedeutung), wurde von den Griechen ein dort einheimischer Strauch genannt;
nach einigen Evonymus latifol., nach anderen der Oleander.
Pfaffenhütchen, weil die Fruchtkapseln den viereckigen Hütehen der Geist-
lichen ähnlich sehen; Spindelbaum, weil das Holz sich besonders zur Anfertigung
von Spindeln eignet.
Evonymus vulgaris Mill.
Beschreibung. Baumartiger, 3 bis 6 m hoher Strauch mit
vierkantigen, grünen, braungrauen, geflügelten Ästen und grünen, vier-
kantigen Zweigen (Fig.1 u. 2). — Blätter gegenständig, mit oberseits
rinnigen Stielen, eiförmig bis eilanzettlich oder oval, spitz, ungleich
gesägt; oberseits dunkelgrün, kahl, unterseits heller grün, kahl oder
an den Nerven behaart. — Blüten in achselständigen, aufrechten
Scheindolden, zwitterig. — Kelch vierblätterig, abstehend; Blättchen
rundlich (Fig. 3). — Blumenkrone vierblätterig; Blätter länglich
spitz, gelblichweiß (Fig. 3). — Staubblätter 4, auf einer polster-
förmigen Scheibe stehend; Staubfäden rund, fest; Staubbeutel gelb
(Fig. 3). — Fruchtknoten ganz in die Scheibe eingesenkt, drei- bis
vierfächerig; Griffel kurz mit drei- bis vierlappiger Narbe (Fig. 4). —
Frucht eine lederartige, an der Spitze eingedrückte, außen abgerundete
oder stumpfkantige, drei- bis vierfächerige, später klappig aufspringende,
rosa-karminrote Kapsel (Fig.2 u. 5). — Same von einem orangegelben
Samenmantel umgeben, weiß (Fig.6 u. 7).
Der Strauch ändert ab, besonders in den Blättern, in die Formen:
ovata mit eirunden Blättern; latıfolia mit besonders breiten Blättern
und angustifolia mit besonders schmalen Blättern; variegata mit weiß-
gelb gefleckten Blättern; ferner gibt es Arten mit roten und mit weißen
Fruchtkapseln.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die trübgelben Blüten werden vorzüglich von
Dipteren (Fliegen und anderen) besucht; diese laufen unregelmäßig
über die Blüten umher, saugen den flachliegenden Honig und bringen
118 Europäisches Pfaffenhütchen.
ihren Körper mit den Staubgefäßen, in anderen Blüten mit der Narbe
in Berührung. Der Honig liegt frei auf einer den Griffel um-
gebenden fleischigen Scheibe. Die Blüte ist erstmännlich (proter-
andrisch). Die vier Staubgefäße stehen auf steifen Stielen von der
Narbe entfernt und springen nach außen auf zu einer Zeit, wo die
Narbe noch nicht entwickelt ist; erst später breiten sich die Lappen
der Narbe auseinander, um sich nach erfolgter Bestäubung wieder zu
schließen. Fremdbestäubung ist bei dieser Pflanze also die
Regel und Eigenbestäubung fast ganz ausgeschlossen. — Die Samen
sind von dem hochrot gefärbten, fleischigen Samenmantel
umgeben, der zur Zeit der Reife aufspringt; die lebhaft rot ge-
färbten Samen hängen an Fäden aus dem Samenmantel heraus,
werden von Vögeln verzehrt und so wird die Pflanze verbreitet.
Standort und Verbreitung. In Europa und den gemäßigten
Gegenden Asiens; in lichten Waldungen, an den Rändern der Ge-
büsche, an Hecken.
Gift und dessen Wirkung. Die grünen Teile der Pflanze
riechen widerlich. Das Holz soll bei der Verarbeitung (zu Drechsler-
arbeiten) Schwindel und Übelkeit verursachen. Man zählt die Pflanze
zu den stark giftverdächtigen, scharf wirkenden Gewächsen. In der
Rinde der Evonymusarten wurde ein chemisch nicht näher erforschtes
Glykosid: das Evonymin, gefunden, dessen physiologische Wirkungen
aber auch noch nicht festgestellt wurden.
Tafel 63. Tafel 63.
Europäisches Pfaffenhütehen. Zuonymus europaeus L.
1 Zweig mit Blüten. 2 Zweig mit Früchten. 3 Blüte. 4 Blüten im Längsschnitt.
5 Frucht im Querschnitt. 6 Same. 7 Same im Längsschnitt. 3 bis 7 vergr.
Seidelbast. 119
Seidelbast. Daphne Mezereum (z,.;
Tafel 64. Wandtafel 12.
Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae.
Däphne (gr.) Bezeichnung für den Lorbeer; Mezereum soll von dem italie-
nischen ammazzare, nach anderen von persischen ähnlich lautenden Namen der
Pflanze herkommen. Thymlaia (gr.) [von Thyjmos (gr.), Thymian, wegen des Ge-
ruches, und elaia (gr.), Ölbaum, wegen der Früchte] war bei den Alten der süd-
europäische Seidelbast (D. cnidium), eine geschätzte Arzneipflanze. — Seidelbast:
nach Grimm war die Pflanze dem alten Gott Ziu heilig. — Kellerhals: vom alt-
hochdeutsehen chelten — quälen, was beim Genusse den Hals quält. — Deutscher
Pfeffer, Bergpfeffer, Beißbeere, wegen der beißend schmeckenden Früchte. —
Thymelaea Mezereum Scop.
Beschreibung. Kleiner, bis 1,20 m hoher, verzweigter Strauch
mit rutenförmigen, graubraunen Ästen. — Blätter zerstreut stehend,
verkehrt-eiförmig, in den kurzen Stiel verschmälert, ganzrandig, hell-
grün, beiderseits kahl, mit deutlichen Nerven (Fig. 2). — Blüten im
Anfang des Frühjahres (Ende Februar, März), seitenständig an den
vorjährigen Zweigen erscheinend (Fig. 1), zu zwei bis drei dicht ge-
büschelt stehend. — Zwitterblüten. — Blütenhülle rot, rötlich-
violett, zuweilen weiß, röhrig, mit regelmäßigem, vierteiligem Saume;
Röhre außen behaart (Fig. 3). — Staubblätter 8, in zwei Reihen
stehend, 4 im Schlunde der Röhre, 4 am oberen Rande derselben.
Staubfäden unten mit der Blütenhülle verwachsen, oben frei; Staub-
beutel länglich-oval, orangegelb, zweifächerig, längsaufspringend (Fig. 3).
— Fruchtknoten aus einem Fruchtblatte gebildet, eiförmig, ein-
fächerig, mit einer hängenden Samenanlage; Griffel sehr kurz; Narbe
flach, kreisrund, dicht mit Papillen besetzt (Fig. 4). — Frucht im
August, September reifend, eine eiförmige, rote, einsamige, saftige
Beere (Fig. 2 u. 5). — Same eiförmig, mit einer krustenartigen,
zerbrechlichen äußeren und einer dünnen, häutigen, inneren Samen-
haut (Fig. 6).
Blütezeit: Februar, März, April.
Biologisches. Die ganze Pflanze ist durch den brennend
scharfen Saft auch im schärfsten Winter vor Tierfraß geschützt.
Die Blüten erscheinen vor den Blättern und sind dadurch, sowie
infolge ihrer Häufung am Stamm und durch ihre leuchtende
Farbe weithin sichtbar. Hierdurch und durch den angenehmen
120 Seidelbast.
Mandelduft werden Bienen und Schmetterlinge, weniger die kurz-
rüsseligen Fliegen angelockt. Der Honig wird am Grunde des
Fruchtknotens abgeschieden; bei dessen Entnahme muß der
Rüssel des Insektes in der engen Blumenkronröhre an den in zwei
Reihen angeordneten Staubbeuteln vorbeigleiten und sich dabei mit
Blütenstaub bedecken; der beim Besuch der folgenden Blüte auf die
breite Narbe abgelagert wird. — Die roten, leuchtenden Früchte
werden trotz ihres Giftes von Bachstelzen, Drosseln, Hänf-
lingen und Rotkehlchen gern gefressen und dabei werden die
Samen verschleppt.
Standort und Verbreitung. In Europa, im Orient, in Nord-
asien; in schattigen, feuchten Bergwäldern allgemein verbreitet, aber
immer nur vereinzelt oder in wenigen Exemplaren zusammen vor-
kommend.
Gift und dessen Wirkung. Die Daphnearten enthalten besonders
in der Rinde, dem Rindenparenchym und in den Samen beißend
scharfe Stoffe. Bei Kindern kamen wiederholt schwere, sogar tödliche
Vergiftungsfälle durch den Genuß der roten Beere vor. Die Samen
wurden gefährlich bei der Benutzung als Purgiermittel. Die Pflanze
gehört zu den scharfen Giften. In leichten Fällen äußert sich die
Wirkung nur in heftigem Brennen in der Mundhöhle und Rachen-
entzündung; in schwereren Fällen treten narkotische Nebenwirkungen
mit Krämpfen auf.
Die Giftwirkung schreibt man dem in den genannten Teilen der
Pflanzen vorkommenden giftigen Daphnin (C,,H,,;O0,), dem Glykosid
des Daphnetins zu. — In der Heilkunde wurden früher benutzt:
die im Frühjahre vom Stamme und den mehrjährigen Ästen
gesammelte Rinde (Cortex Mezerei).
Tafel 64. Tafel 64.
Seidelbast. Daphne Mezereum L.
1 Blühender Zweig. 2 Zweig mit Früchten. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Frucht-
knoten mit Narbe. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Same. 3, 4, 5 vergr.
Tafel 65. Tafel 65.
Lorbeerblättriger Kellerhals. Daphne Laureola L.
1 Blütenzweig. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Zweig mit Früchten. 5 Frucht.
-
6 Frucht im Längsschnitt. 7 Same. 2, 3 u. 5, 6, 7 vergr.
Lorbeerblätteriger Kellerhals. 191]
Lorbeerblätteriger Kellerhals. Daphne
Laureola (Z.).
Tafel 65.
Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae.
Daphne siehe Daphne Mezereum. Laureola, weil ein Zweig der Pflanze
einem kleinen Lorbeerzweige ähnlich sieht.
Daphne major Lam.; Thymelaea Laureola Scop.
Beschreibung. Kleiner, bis 3/), m hoher, wenig verästelter
Strauch mit bräunlich-grünen Zweigen (Fig. 4). — Blätter aus-
dauernd, abwechselnd stehend, an der Spitze der Zweige, verkehrt-
lanzettförmig bis keilförmig, in den kurzen Stiel verschmälert, kahl,
oberseits dunkelgrün, glänzend; unterseits heller. — Blüten achsel-
ständig, in vier- bis zehnblütigen Büscheln, im März, April an den
vorjährigen oder diesjährigen Zweigen (Fig. 1); zwitterig; Blüte kurz
gestielt mit häutigen, abfallenden Deckblättchen. — Blütenhülle mit
langer, walzenförmiger Röhre: Saum mit vier eiförmigen, spitzen
Zipfeln, gelb (Fig. 2). — Staubblätter 8, in zwei Reihen stehend:
4 ın der Mitte der Röhre und 4 am oberen Ende derselben; Staub-
fäden mit der Röhre verwachsen. Staubbeutel zweifächerig, längs-
aufspringend.. — Fruchtknoten aus einem Fruchtblatte gebildet,
länglich, kahl; Griffel kurz; Narbe knopfförmig (Fig. 3). — Frucht
eine fleischige, blauschwarze Beere (Fig.5 u. 6). — Same eiförmig
mit doppelter Samenhaut, einer inneren dünnen und einer äußeren
kräftigen (Fig. 7).
Blütezeit: März, April.
Biologisches siehe Daphne Mezereum. Die in den Blattachseln
stehenden Blüten ziehen jedoch weniger durch ihre Farbe als durch
ihren Duft die Insekten an.
Standort und Verbreitung. In gebirgigen Gegenden von Süd-
und Mitteleuropa und Kleinasien. In Deutschland nur hier und da
verwildert; in Gärten zuweilen als kleiner, immergrüner Strauch an-
gepflanzt.
Gift und dessen Wirkung siehe Daphne Mezereum.
1223 Wohlriechender Seidelbast.
Wohlriechender Seidelbast. Daphne
Uneorum (Z.).
Tafel 66.
Fam.: Seidelbastgewächse. Thymelaeaceae.
Daphne siehe Daphne Mezereum. Cneorum von kneoron (gr.), wie bei
den Griechen einige Seidelbastarten genannt wurden.
Daphne odorata Lam. Thymelaea Cneorum Seop.
Beschreibung. Kleines, 25 bis 30 cm hohes, viel verzweigtes
Sträuchlein, ausdauernd. — Blätter lederartig, ausdauernd, fast
sitzend, lineal-lanzettlich, abwechselnd und dicht gedrängt stehend,
oberseits dunkelgrün, glänzend; unterseits hellgraugrün (Fig. 1). —
Blütem in endständigen, vielblütigen Köpfchen, fast sitzend. —
Blütenhülle mit schmaler, walzenförmiger Röhre; Saum mit vier
eiförmigen, abstehenden Zipfeln, heller oder dunkler rot, außen be-
haart, wohlriechend (Fig. 2 u. 3). — Staubblätter 8; 4 in der
Mitte der Röhre, 4 am oberen Ende, etwas über dieselbe hinaus-
ragend (Fig. 4); Staubfäden mit der Röhre verwachsen. — Frucht-
knoten weich behaart, aus einem Fruchtblatte gebildet, mit einer
hängenden Samenanlage; Griffel sehr kurz; Narbe breit, knopfförmig
(Fig. 4). — Frucht eine länglich-eirunde, rotgelbe, trockene Beere. —
Same schwarz, glänzend.
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches siehe Daphne Mezereum.
Standort und Verbreitung. In den Gebirgen Europas, in der
Schweiz, in Tirol, in Istrien, in Bayern, im Schwarzwald, in der
Rheinpfalz und an anderen Orten.
Gift und dessen Wirkung siehe Daphne Mezereum.
Tafel 66. Tafel 66.
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Wohlriechender Kellerhals. Daphne Cneorum L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte geschlossen. 3 Blüte geöffnet. 4 Blüte im Längs-
schnitt. 2, 3, 4 vergr.
Große Sterndolde. 123
Grosse Sterndolde. Astrantia major (z.).
Tafel 67.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Astrantia von dstron (gr.), Stern, und dntios (gr.), gleichend, ähnlich.
Strenze; Meisterwurz.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit schwarzbraunem
Wurzelstocke. Stengel aufrecht, bis 1 m hoch, der Länge nach mit
feinen Riefen versehen, hohl (Fig. 1). — Blätter: Grundblätter lang-
gestielt, handförmig, fünfspaltig, ungleichmäßig eingeschnitten und
scharf gesägt (Fig. 1). Die Zähne mit feiner Stachelspitze (Fig. 1).
Stengelblätter an scheidigen Stielen sitzend, in der Blütenregion kleiner
und einfacher ausgebildet (Fig.1). — Blüten (Fig. 2) in vielblütigen
Dolden mit Staubblüten und Zwitterblüten. Dolde von drei- bis vier-
blätteriger Hülle umgeben; Döldchen mit sternförmig ausgebreiteter
Hülle, deren 15 bis 20 lineallanzettliche, an der Spitze grüne, weiße
oder rötliche Blättchen wenig länger sind, als die äußeren Blüten der
Dolde. — Staubblüten (Fig. 2) langgestielt; Stiel rot. — Kelch
fünfblätterig, so lang wie die Blumenkronblätter. — Blumenkron-
blätter aufrecht stehend, nach innen umgebogen, weiß oder rosa. —
Staubblätter vor dem Aufblühen einwärts gebogen; Staubfäden
pfriemlich, weiß; Staubbeutel länglich-eiförmig, weiß. — Zwitter-
blüten (Fig. 3): Kelch, Blumenkron- und Staubblätter wie in den
Staubblüten. — Fruchtknoten mit zehn hohlen, gezähnten Riefen,
zweifächerig, in jedem Fache eine hängende Samenanlage (Fig. 4).
Griffel lang, fadenförmig, oben auseinandergehend; Narbe klein, ab-
gestumpft. — Frucht oval zusammengedrückt, an der Spitze noch
Teile des Kelches und die Griffel führend. Teilfrüchte ohne Striemen,
mit fünf hohlen, aufgeblasenen, gezähnten Riefen.
Die Pflanze ändert in der Blüte ab und kommt vor mit sehr
langen Hüllblättchen (var. involucrata L., Astrantia carinthiaca Hoppe)
und mit blassen, anstatt mit roten Blütenstielen und Blütenblättern.
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches. Die weiße oder rötliche Hülle der in Dolden
angehäuften Blüten erhöht deren Sichtbarkeit. — In jeder Dolde
finden sich neben echten Zwitterblüten auch reine Staubblüten.
124 Große Sterndolde.
Die Zwitterblüten entfalten sich zuerst und sind erstweiblich
(proterogyn); so wird bei Insektenbesuch zuerst fremder Blütenstaub
auf die Narbe gebracht werden; später wird auch solcher aus den
benachbarten Staubblüten Verwendung finden. Die Blütenstiele biegen
sich auf mechanischen Reiz hin, z. B. durch dem Regen vorhergehende
Windstöße, nach unten und bleiben einige Zeit in dieser Lage, wo-
durch das Innere der Blüte gegen das Eindringen des Regens ge-
schützt ist. — Allgemeines über die Blütenbiologie der Dolden-
gewächse siehe bei Oenanthe aquatica (S. 131).
Standort und Verbreitung. Auf Bergwiesen und in der Ebene
durch ganz Mitteleuropa. Sehr häufig in den Alpen, in Böhmen,
Schlesien, Thüringen, im Harz, in Brandenburg. In Gärten oft als
Zierstaude angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze, besonders
der schwarzbraune Wurzelstock, werden als giftig genannt; sie haben
stark purgierende Eigenschaften. Die wirksamen Bestandteile sind
noch nicht festgestellt.
Tafel 67. Tafel 67.
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Große Sterndolde. Astrantia major L.
1 Blühender oberer Teil der Pflanze und Grundblatt. Staubblüte. 3 Zwitterblüte.
2
4 Zwitterblüte im Längsschnitt. 2, 3, 4 vergr.
Giftiger Schierling. 19
or
Giftiger Schierling. Cicuta virosa (Z,.+
Tafel 68. Wandtafel 15.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Cieuta nennt Plinius den gefleckten Schierling (Conium maculatum).
Giftiger Wüterich.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit dickem, rundem,
fleischigem, querflächig-hohlem Wurzelstocke und einem 1 bis 1!/, m
hohem, ziemlich dieckem, hohlem, kahlem und rötlich angelaufenem
Stengel (Fig.1), der sich nach oben hin vielfach verästelt. — Blätter:
Wurzelblätter zwei- bis dreifach gefiedert; Blättchen lineal-lanzettlich,
spitz, gesägt, mit runden, hohlen Blattstielen; Stengelblätter kleiner,
nach oben zu einfacher gefiedert, mit drei-, zwei- oder einzähligen
Blättchen und kurzen, unten scheidigen Stielen (Fig. 2). — Blüten
in zusammengesetzten Dolden, mit Zwitterblüten und Staubblüten;
Hülle fehlt; Hüllchen vielblätterig (Fig. 2). — Zwitterblüten (Fig. 3);
Kelchrand mit fünf Zähnen. — Blumenkrone fünfblätterig, mit
abgerundeten, fast herz-eiförmigen, kurzgenagelten, weißen, an der
Spitze einwärts gebogenen Blumenkronblättern. — Staubblätter 5,
länger als die Blumenkronblätter; Staubfäden pfriemlich; Staubbeutel
rund. — Fruchtknoten halbkugelig, zweifächerig, mit je einer Samen-
knospe; Griffel 2, fadenförmig, zuerst aufrechtstehend, genähert, später
nach außen gebogen, abstehend; Narbe undeutlich-kugelig. — Frucht-
träger dick, nach dem Rande hin etwas verdünnt, ausgeschweitt
(Fig.4). — Frucht eine fast kugelförmige oder eiförmige, seitlich zu-
sammengedrückte Spaltfrucht; Fruchtträger zweiteilig; Teilfrüchtchen
mit fünf flachen Rippen; die Furchen mit je einer etwas vorspringenden
Ölstrieme; Fuge flach, mit zwei Ölstriemen (Fig.5). — Staubblüten,
in der Hauptdolde selten, in den Nebendolden zuweilen in der Mitte
vorkommend, unterscheiden sich von den Zwitterblüten nur durch
unvollkommene Ausbildung oder gänzliches Fehlen von Fruchtknoten
und Griffel.
Eine niedrige Form mit dünnem Wurzelstocke und kleinen linea-
lischen Blättchen wird als Cicuta tenuifolia Froel. oder Cicuta an-
sustifolia Koch unterschieden.
Blütezeit: Juli, August.
126 Giftiger Schierling.
Biologisches. Ein starkes Gift schützt die saftige Pflanze gegen
Vernichtung durch Weidetiere. — Die Blütenbiologie der Dolden-
gewächse siehe bei Oenanthe aquatica (8.131).
Standort und Verbreitung. In langsam fließenden Gewässern,
Sümpfen, Gräben, Teichen, durch ganz Europa und Nordasien.
Gift und dessen Wirkung. Der Wasserschierling ist das gif-
tigste unserer einheimischen Doldengewächse. Je nach der Jahreszeit
und den klimatischen Verhältnissen ist seine Wirksamkeit jedoch eine
verschiedene; am giftigsten ist der Wurzelstock im Frühjahre. — Am
meisten zu Vergiftungen führt die Verwechselung des großen Wurzel-
stockes mit demjenigen von Sellerie oder mit Petersilienwurzeln; für
Kinder ist der Wurzelstock besonders gefährlich, weil er süßlich
schmeckt. — Sehr gefährlich ist die Pflanze auch für die Weidetiere,
wenn sie die fleischigen Stengel und Wurzelstöcke verzehren, oder
wenn Teile der Pflanze in das Heu kommen; das Gift wird durch das
Trocknen nämlich nicht zerstört. In der Wurzel wurde ein nicht näher
erforschtes Alkaloid: Cieutin, und als Träger der Giftwirkungen das
Cieutoxin aufgefunden, eine amorphe, zähflüssige, in heißem Wasser
lösliche Substanz, die in der trockenen Wurzel zu 3,5 Proz. enthalten
ist. — Das Cieutoxin hat scharf narkotische Wirkungen mit schnell
eintretendem, tödlichem Ausgange. Die Vergiftungserscheinungen, die
mit Schluckbeschwerden, Steifheit der Zunge und Speichelfluß beginnen
und mit Verlust des Bewußtseins und heftigen Krämpfen enden,
treten meist nicht sofort nach dem Genusse, sondern erst nach einer
Stunde ein.
Tafel 68. Tafel 68.
Giftiger Schierling.. Cicuta virosa L.
1 Wurzelstoek (seitlich aufgeschnitten) und grundständiges Blatt. 2 Sproß mit
Blüten und Früchten. 3 Blüte 4 Fruchtknoten mit Griffeln im Längsschnitt.
; 5 Samenträger mit Samen. 3, 4, 5 vergr.
Breitblätteriger Merk. 187
Breitblätteriger Merk. Sium latifolium (z,).
Tafel 69.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Soll Sion (gr.) des Dioskorides sein.
Coriandrum latifol. (Crantz).
Sumpf-Merk; Wasserpastinake.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem Wurzel-
stocke und !/,m hohen, aufrechten, dicken, hohlen, kantig-gefurchten,
verästelten Stengeln. — Blätter gefiedert mit lanzettförmigen Spitzen,
am Grunde ungleich scharf gesägten Blättchen und hohlen Blatt-
stielen; die Stengelblätter kürzer gestielt oder sitzend (Fig. 1); die
untergetauchten Blätter vielfach zerschlitzt. — Blüten in meist end-
ständigen, zusammengesetzten Dolden. Hülle und Hüllchen vielblätterig.
— Zwitterblüten und reine Staubblüten. — Kelch undeutlich
oder fünfzähnig (Fig.1). — Blumenkronblätter 5, eiförmig, an der
Spitze einwärts gebogen, mit kurzem Nagel, weiß (Fig. 2). — Staub-
blätter 5, länger als die Blumenkronblätter; Staubfäden pfriemlich;
Staubbeutel rundlich-eiförmig. — Fruchtknoten oval oder rundlich,
mit zehn Riefen, zweifächerig mit je einer hängenden Samenanlage;
Griffel 2, fadenförmig, bald kurz, bald lang; Griffelpolster mehr oder
weniger gewölbt (Fig. 3). — Frucht länglich-oval, seitlich zusammen-
gedrückt, Teilfrüchtchen dem Fruchtträger teilweise angewachsen, mit
fünf gleichen, schmäleren oder breiteren, dicken Rippen. Die Furchen
mit je drei Ölstriemen (Fig.4, 5, 6).
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Die ersten Dolden bestehen vorherrschend
aus echten Zwitterblüten, zwischen denen ganz vereinzelt Staub-
blüten stehen; die später aufblühenden Dolden führen aus-
schließlich Staubblüten. — Die Zwitterblüten sind unvoll-
kommen-erstmännlich (proterandrisch). Die Staubfäden legen sich
einer nach dem anderen so, daß die Staubbeutel in der Mitte der
Blüte stehen; dort wird einen Tag lang von jedem Staubblatte Blüten-
staub ausgeboten. Nachher werden die Narben belegungsfähig; werden
diese nun in den nächsten Tagen nicht durch Insekten mit Blüten-
staub anderer Stöcke bestäubt, so erfolgt die Bestäubung durch die
128 Breitblätteriger Merk.
Dolden mit reinen Staubblüten, die unterdessen an den jüngeren Trieben
gebildet wurden. Diese Dolden sind über die älteren Dolden empor-
gewachsen, und zuweilen lösen sich an ihnen die Staubbeutel und fallen
auf die Narben der Zwitterblüten herab. — Allgemeines über die
Blütenbiologie der Doldengewächse siehe Oenanthe aquatica
(5.331);
Standort und Verbreitung. In Gräben und Sümpfen, auf nassen
Wiesen, zerstreut durch ganz Europa; in manchen Gegenden Deutsch-
lands selten oder ganz fehlend.
Gift und dessen Wirkung. Blätter und besonders die Wurzel
gelten als giftig. Über die giftigen Eigenschaften und das Gift selbst
ist Näheres nicht bekannt.
Tafel 69. | Tafel 69.
Breitblättriger Merk. Sium latifolium L.
1 Sproß mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Früchtchen,
vom Rücken gesehen. 5 Früchtchen, von der Seite gesehen. 6 Frucht im Quer-
schnitt. 2 bis 6 vergr.
Tafel 70. Tafel 70.
Berte. Berula angustifolia Koch.
1 Pflanze mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Frucht. 4 Frucht, quer durch-
schnitten. 2, 3, 4 vergr.
Berle. 129
Berle. Berula angustifolia (Xoer).
Tafel 70.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Herkunft des für die Pflanze im Mittelalter gebräuchlichen Namens Berula ist
unbekannt.
Sium angustifolium (L.), Sium erectum (Huds.).
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze, die aus dem dicht-
faserigen Wurzelstocke lange, runde, an den Knoten wurzelnde Aus-
läufer treibt (Fig. 1). — Stengel !/, bis ®/, m hoch, hohl, kahl, sehr
verästelt. — Blätter gefiedert, mit eiförmigen, ungleich-grob gesägten,
sitzenden Blättchen, kahl, dunkelgrün, glänzend; Blattstiel am Grunde
scheidig. — Blüte in gipfelständigen oder blattgegenständigen Dolden.
— Hülle aus fünf großen, ungleichen, dreifach-fiederspaltigen Blättern;
Hüllchen aus fünf ganzrandigen oder zwei- oder dreiteiligen kleineren
Blättchen bestehend. — Zwitterblüten. — Kelch fünfzähnig, klein.
— Blumenkronblätter 5, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach
innen umgebogen, weiß. — Staubblätter 5, mit pfriemlichen, nach
außen gebogenen Staubfäden und ovalen, rötlichen Staubbeuteln
(Fig. 2). — Fruchtknoten eiförmig, zweifächerig, mit je zwei hän-
genden Samenanlagen; Griffel fadenförmig; Griffelpolster kurz-kegel-
förmig, von einem breiten Rande umgeben. — Frucht rund; Frucht-
träger mit den Teilfrüchtchen verwachsen, zweiteilig; Teilfrüchtchen
mit fünf gleichen, fadenförmigen Rippen und vielen Ölstriemen, die
von einer dicken, rindenartigen Fruchthülle überdeckt sind (Fig. 3 u. 4).
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Die Vorgänge bei der Bestäubung sind die-
selben wie bei Sium latifolium. Allgemeines über die Blütenbio-
logie der Doldengewächse siehe bei Oenanthe aquatica (S. 131).
Standort und Verbreitung. In Gräben und Bächen, an Teich-
rändern; durch ganz Europa bis zum Kaukasus; in manchen wasser-
reichen Gegenden Deutschlands häufig, in höheren Gebirgen seltener,
in den Alpen bis 720 m vorkommend.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein zu den
als giftig verdächtigen gerechnet; über ihre Eigenschaften und Inhalts-
stoffe ist wenig bekannt.
Esser, Giftpflanzen. g
130 Wasserfenchel.
Wasserfenchel. Oenanthe aqualica (Zam.).
Tafel 71.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Oinanthe (gr.) von oina (gr.), Weinstock, und anthos (gr.), Blume, wurde bei
an eine nach Weinblüten duftende Oenanthe genannt (Oenanthe pimpi-
nellifol.).
Phellandrium aquaticum (L.); Oenanthe Phellandrium (Lam.).
Phellandrion (gr.) von phellos (gr.), Kork, und andrion (gr.), Männchen, be-
zeichnete bei den Griechen eine uns unbekannte Pflanze.
Roßkümmel; Pferdesamen ; Wasserkerbel.
Beschreibung. Zweijährige Pflanze, mit verdickter Wurzel,
an der unter dem Wasserspiegel quirlförmig haar- und fadenförmige
Wurzeln entspringen (Fig. 1). — Stengel sehr dick, rund, aufrecht,
bis 11/,m hoch. Der untere im Wasser stehende Teil ist geringelt,
mit kurzen Gliedern, an denen Wurzeln hervorbrechen; der obere Teil
des Stengels ist hin und her gebogen, abstehend verästelt, kahl, mit
Längsriefen; innen mit großem, meist hohlem Mark (Fig. 2). — Blätter
zerstreut stehend, langgestielt; Stiel am Grunde scheidig, kantig, ober-
seits rinnig; Blattspreite zurückgebogen, drei- bis mehrfach fiederteilig;
Fiederblättchen eiförmig, eingeschnitten-gesägt; Zipfel spitz mit Stachel-
spitze. — Blüten in endständigen oder blattgegenständigen, viel-
strahligen Dolden. — Hülle fehlt; Hüllchen vielblätterig, aus kleinen
pfriemlichen Blättchen bestehend (Fig. 2). — Zwitterblüten. —
Kelch fünfzähnig, bleibend. — Blumenkrone fünfblätterig, weiß;
Blättchen eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach innen um-
gebogen. — Staubblätter 5; Staubfäden pfriemlich, länger als die
Blumenkronblätter; Staubbeutel rundlich, am Rücken angeheftet, zwei-
fächerig, rötlich (Fig. 3). — Fruchtknoten umgekehrt-eiförmig, seit-
lich etwas zusammengedrückt, zweifächerig, mit je einer hängenden
Samenknospe; Griffel 2, auseinander gebreitet; Griffelpolster kegel-
förmig (Fig. 4). — Frucht länglich, fast rund; Teilfrüchte zusammen-
hängend, dem Fruchtträger angewachsen, mit fünf wenig hervor-
tretenden stumpfen Rippen; in den Furchen je eine Ölstrieme (Fig. 5
und 6).
Blütezeit: Juli, August.
Tafel 71. Tafel 71.
Wasserfenchel. Oenanthe aquatica Lam.
1 Wurzelstock und Hauptstengel. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Fruchtknoten
mit Narbe. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Frucht im Querschnitt. 3 bis 6 vergr.
Wasserfenchel. 131
Biologisches. Verbreitung der Samen durch Wasservögel,
an deren Gefieder die schwimmenden Samen ‚hängen bleiben.
Die Bestäubungsverhältnisse sind bei dem größten Teile der
Doldengewächse (Umbelliferen) dieselben.
Die sehr kleinen aber sehr zahlreichen Blüten werden erst
in ihrer Gesamtheit, zu einer Dolde vereinigt, auffallend.
Meist fällt den am Umfang der Dolde stehenden Blüten und auch
diesen nur durch Vergrößerung ihrer nach außen stehenden Blumen-
blätter, die Aufgabe zu, die Dolde noch weiter sichtbar zu
machen. — Durch den Aufbau der Blüte auf einer wenig vertieften
Scheibe und durch den offen dargebotenen Honig, der von einem,
den Fruchtknoten umgebenden Polster abgeschieden wird, sind die
anfliegenden Käfer, Fliegen, Wespen und Bienen in den Stand
gesetzt, viele Blüten bei einmaligem Besuche zu bestäuben.
Die Blüten der Dolden blühen von außen nach innen auf; neben echten
Zwitterblüten finden sich außen scheinzwitterige Fruchtblüten und in
der Mitte reine Pollenblüten; auch treten ganze Dolden auf, die nur
Fruchtblüten enthalten. — Die Zwitterblüten sind bei den meisten
Gattungen erstmännlich (proterandrisch); bei der Reife der Staub-
beutel, die sich nach außen öffnen, neigen sich die Staubfäden einzeln
und der Reihe nach über die Mitte der Blüte, um sich nach Abnahme
des Blütenstaubes wieder nach außen zu krümmen. Erst wenn die
Staubblätter fast sämtlich verblüht sind, werden die Narben belegungs-
fähig. So ist bei den Blüten der meisten Doldengewächse
durch zeitliche und räumliche Trennung von Staubbeuteln und
Narben der Eigenbestäubung möglichst vorgebeugt. — Nach der
Befruchtung neigen sich bei den meisten Doldengewächsen die Blüten-
stiele nach innen zusammen und verhindern dadurch, daß die noch
jungen Früchte zu früh von der Mutterpflanze abgetrennt werden. —
Reif sind die Früchte bei den meisten Doldengewächsen mit
widerhakigen Borsten versehen, zum Anheften an Haare und
Federn der Tiere, wodurch die Verbreitung der Pflanze auf weite
Strecken ermöglicht wird.
Standort und Verbreitung. In Gräben, Teichen, nassen Wiesen,
an Flußniederungen, meist an etwas beschatteten Stellen; durch ganz
Europa und Nordasien.
Gift und dessen Wirkung. Der Wasserfenchel schmeckt und
riecht unangenehm scharf aromatisch. Von einigen wird die Pflanze,
besonders die Früchte und die Wurzeln als giftig angesehen; andere
halten diese Pflanze jedoch für nicht giftig; wahrscheinlich wird der
verschiedenartige Standort seinen Einfluß auf den Giftgehalt der Pflanze
ausüben. Jedenfalls muß sie als sehr giftverdächtig angesehen werden.
g*
132 Wasserfenchel.
— Als Träger der giftigen Eigenschaften wurde das „Phellandrin“
bezeichnet; außerdem enthält die Pflanze (besonders die Samen) ein
ätherisches Öl von durchdringendem Geruch, dessen Hauptbestandteil
auch Phellandrin ist; dieses soll aber keineswegs der Träger des Giftes
sein. — Das giftige „Oenanthotoxin“, welches von einigen als im
Kraute der Pflanze vorkommend angegeben wurde, ist bis jetzt in ihr
mit Sicherheit noch nicht nachgewiesen (s. Oenanthe fistulosa). —
In der Heilkunde werden benutzt: die im August gesammelten
reifen Früchte (Fructus Phellandrii).
Tafel 72.
Tafel 72.
Oenanthe fistulosa L.
Röhrige Pferdesaat.
1 Blühender Sproß.
4 Blüte
3 Blüte von der Seite.
2 Fruchttragender Sproß.
3, 4, D vergr.
5 Frucht.
von oben.
Röhrige Pferdesaat. 133
köhrige Pferdesaat. Oenanthe fistulosa (z.).
Tafel 72.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Oenanthe siehe Oenanthe aquatica.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit geglie-
dertem, ästigem, im Boden wagerecht wachsendem Wurzelstocke und
büschelig stehenden Wurzeln, mit rübenförmig verdickten Fasern. —
Stengel '/, bis 1 m hoch, aufrecht, röhrig, glatt, Ausläufer treibend.
— Blätter mit röhrigen, am Grunde scheidigen Stielen. Spreite der
Grundblätter meist doppelt gefiedert, dreilappig oder einfach, die der
Stengelblätter einfach, lineal-lanzettlich, ganzrandig. — Blüten in
zusammengesetzten Dolden. Hauptdolde meist dreistrahlig, fruchtbar;
die Nebendolden drei- bis siebenstrahlig, unfruchtbar. Dolde ohne,
Döldchen mit lanzettlichen Hüllblättchen. — Zwitterblüten weiß. —
Kelch fünfzähnig, bleibend. — Blumenkronblätter 5, weiß oder
rötlich angelaufen, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und nach innen
gebogen; diejenigen der Randblüten strahlend (Fig. 3 und 4). —
Staubblätter 5, vor dem Aufblühen einwärts gebogen, mit faden-
förmigen Staubfäden und gelben, eiförmigen Staubbeuteln (Fig. 3). —
Fruchtknoten zylindrisch, zweifächerig, mit zwei langen Griffeln;
Griffelpolster kegelförmig (Fig. 5). — Frucht kreiselförmig, an der
Spitze die langen Griffel tragend; Teilfrüchte zusammenhängend; an
undeutlich erkennbarem Fruchtträger, mit fünf stumpfen Rippen;
Furchen durch die nahe aneinander gerückten Rippen verdeckt, mit
je einer Ölstrieme.
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches siehe Oenanthe aquatica.
Standort und Verbreitung. In Sümpfen und auf überschwemmten
Wiesen, durch ganz Europa zerstreut vorkommend.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird überall als stark
giftverdächtig angegeben. Es sind einige Fälle bekannt, wo Vergif-
tungen mit tödlichem Ausgange durch Genuß von Teilen der Pflanze
vorgekommen sind. In dem Safte der Pflanze ist das Oenanthotoxin
nachgewiesen, ein Gift, welches dem Coniin an heftiger Wirkung gleich-
kommt, und welches in besonders hohem Maße in Oenanthe crocata,
einer Pflanze des westlichen und südlichen Europa (England, Frank-
reich, Südnorwegen) vorkommt.
134 Hundspetersilie.
Hundspetersilie. Aethusa eynapium (Z,.
Tafel 73.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Aethusa. von ditho (gr.), brennen, glänzen; cynapium von Äkyjon (gr.),
Hund und dpion (gr.), Petersilie.
Glanzpetersilie, Gleibe.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit einfacher, dünner,
spindelförmiger Wurzel (Fig. 1). — Stengel 10 cm bis 1m hoch,
rund, hohl, fein gestreift, bereift, gabelig verästelt, kahl (Fig. 2). —
Blätter gestielt; Stiel ganz eine offene Scheide bildend; Blattspreite
der jungen Pflanze einfach, dreiteilig, der älteren Pflanze dreifach
gefiedert (Fig. 1). Blättchen fiederspaltig eingeschnitten, mit feiner
Haarspitze, kahl, oberseits dunkelgrün, unterseits heller und stark
slänzend, beim Zerreiben stark und unangenehm riechend. — Blüten
in langgestielten, dem Blatte gegenüberstehenden Dolden. Dolden flach,
vielstrahlig, ohne Hülle. Döldchen vielblütig, mit ungleich langen
Blütenstielchen, mit einem Hüllchen, das aus drei linealischen, nach
außen gerichteten und schräg abwärts gekehrten Blättchen besteht. —
Zwitterblüten. — Kelch fünfblätterig, verwachsen, mit undeutlichem
Rande. — Blumenkrone fünfblätterig, weiß, Kronblätter eiförmig, an
der Spitze eingekerbt und eingebogen, die äußeren etwas strahlend
(Fig. 3). — Staubblätter 5, etwas länger als die Blumenkronblätter;
Staubfäden pfriemlich, an der Spitze etwas einwärts gebogen. Staub-
beutel eiförmig. — Fruchtknoten eiförmig, zweifächerig, mit je einer
Samenanlage (Fig. 5). — Frucht (Fig.4 u. 5) kugelig-eiförmig; Frucht-
träger zweiteilig, Teilfrucht mit fünf dicken, hohen, scharf gekielten
Rippen; in den Furchen je eine Ölstrieme (Fig. 6). — Same halb-
kugelig. — Die Pflanze ändert ab und findet sich auf Äckern in Zwerg-
form, kaum fingerlang: Aethusa pygmaea (Koch), als hochwachsende,
bis 1,20 m hohe Form mit kurzen Hüllblättchen: Aethusa elata (Friedl.)
und in anderen Formen.
Die Hundspetersilie unterscheidet sich von der echten
Petersilie durch den unangenehmen, nicht gewürzhaften Geruch,
durch die nach außen stehenden, aus drei Blättchen bestehenden, ab-
wärts gewandten Hüllchen der Döldchen, die bei der echten Petersilie
Tafel 73. Tafel 73.
Hundspetersilie. Aethusa eynapium L.
1 Junge Pflanze. 2 Sproß mit Blüten und Früchten. 3 Blüte. 4 Frucht. 5 Frucht
im Längsschnitt. 6 Frucht im Querschnitt. 3 bis 6 vergr.
Hundspetersilie. 135
aus sechs bis acht kurzen, pfriemlichen Deckblättern besteht, durch
die glänzenden Blätter und durch ihr schnelleres Wachstum, wodurch
sie, mit Petersilie gemischt wachsend, diese schnell überragt. Wählt
man zur Aussaat im Garten Samen der krausblätterigen Petersilie, so
kann beim Pflücken der Blätter eine Verwechselung mit etwa wild
aufgewachsener Hundspetersilie nicht vorkommen, da diese keine kraus-
blätterige Abart hat.
Blütezeit: Juni bis Herbst.
Biologisches. Die Blüten sind im Gegensatz zu denen der
meisten Doldengewächse erstweiblich (proterogyn); beim Öffnen der
Blüte sind die Narben schon befruchtungsfähig, die Staubbeutel aber
noch geschlossen und die Staubfäden wie eine Uhrfeder unter den
Blumenkronblättern zusammengerollt. — Die Blütenbiologie der
Doldengewächse siehe Oenanthe aquatica (8.131).
Standort und Verbreitung. Als Unkraut in Gärten und Feldern
überall, auf bebautem Lande und auf Schutthaufen durch ganz Europa.
Gift und dessen Wirkung. Die Ansichten über die Giftigkeit
der Pflanze gehen sehr auseinander; während einzelne dieselbe für
harmlos halten, gilt sie bei anderen als starke Giftpflanze. Es sind
eine ganze Reihe von Vergiftungsfällen, sogar solche mit tödlichem
Ausgange, bekannt. Es ist noch nicht ermittelt, welcher Stoff als
Träger der giftigen Eigenschaften anzusehen ist. Alkaloide fehlen in
der Pflanze; das Vorhandensein eines von einigen angegebenen flüssigen
Alkaloides ist nicht bestätigt worden; ebensowenig dasjenige des
Cynapins.
156 Taumelkerbel.
Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum (z..
Tafel 74.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Chaerophyllum: die Angaben zur Ableitung dieses Wortes sind sehr ver-
schieden und unsicher; temulum betäubend.
Myrrhis temula (All... Scandix temula (Roth).
Kälberkropf.
Beschreibung. Zweijährige Pflanze mit spindelförmiger, röt-
lichgelber Wurzel (Fig. 1). — Stengel aufrecht, 40 bis 80 cm hoch,
rund, fein gerieft, hohl, unter den Gelenken verdickt, in seiner ganzen
Länge purpurrot gefleckt, in den unteren Teilen durch steife Haare
rauh, oben anliegend behaart (Fig. 1 u. 2). — Blätter unten doppelt,
oben dreifach fiederschnittig, mit fiederteiligen Abschnitten und un-
gleich gekerbten Lappen. Blattstiele der Stengelblätter scheidig, oberseits
rinnenförmig, mit kurzen Haaren besetzt. — Blüten in end- und blatt-
gegenständigen sechs- bis zwölfstrahligen, flachen Dolden, meistens ohne
Hülle; Döldchen mit sechs- bis achtblätterigen Hüllchen, deren zurück-
geschlagene, lanzettförmige Blättchen mit feiner Spitze. — Zwitter-
blüten.— Kelch mit undeutlichem Rande. — Blumenkronblätter 5,
weiß, eiförmig, an der Spitze eingekerbt und einwärts gebogen (Fig. 3
u.4); die äußeren Blätter größer. — Staubblätter 5, etwas länger als
die Blumenkrone; Staubfäden und Staubbeutel weiß. — Fruchtknoten
länglich, seitlich zusammengedrückt, zweifächerig. Griffel kurz zurück-
gekrümmt, so lang wie das Griffelpolster (Fig. 5). — Frucht länglich,
seitlich zusammengedrückt; Fruchtträger zweiteilig, frei. Teilfrüchtchen
mit fünf gleichen, flachen Rippen, in den Furchen je eine Ölstrieme.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Durch ein, wenn auch nur schwaches Gift ist die
Pflanze, die sich außerdem gern im Schutze der Dornhecke ansiedelt,
gegen Tierfraß geschützt. — Allgemeines über die Blütenbiologie
der Doldengewächse siehe bei Denanthe aquatica (S.131.) — Die
Blütenstiele krümmen sich des Nachts und bei Regenwetter
zum Schutze der Blüten herab.
Standort und Verbreitung. An Zäunen, in Hecken und Ge-
büschen durch ganz Europa.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein für giftig
erklärt, obschon bestimmt nachgewiesene Fälle von Vergiftungen nicht
verzeichnet sind. Jedenfalls wird man sie zu den als giftig verdächtigen
Pflanzen stellen dürfen.
Tafel 74. Tafel 74.
Taumelkerbel. Chaerophyllum temulum L.
1 Wurzel mit Grundblatt. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte 4 Blumenkronblatt.
5 Frucht. 3,4, 5 vergr.
Gefleckter Schierling. 137
Gefleckter Schierling. Conium macu-
latum (Z..+
Tafel 75.
Fam.: Doldengewächse. Umbelliferae.
Köneion (gr.) bei Theophrast ist unsere Cicuta virosa.
Cieuta maculata (Lam.). Coriandrum maculatum (Roth).
Erdschierling; Wüterich; Teufelspeterlein.
Beschreibung. Zweijährige Pflanze mit weißer, spindelförmiger
Wurzel. — Stengel bis 2 m und darüber hoch, aufrecht, rund, hohl,
an den Knoten geschlossen, undeutlich gefurcht, bläulich bereift, am
unteren Ende unregelmäßig purpurrot gefleckt (Fig. 1); vielfach ver-
ästelt; Äste blattwinkelständig,. gabelteilig rot gefleckt (Fig. 2). —
Blätter gestielt; Stiel mit scheidigem, rinnenförmigem Grunde. Blatt-
spreite der unteren Blätter sehr groß, etwa 11, m lang, nach oben
kleiner werdend, bis zu 5 cm, dreifach gefiedert; Blättchen länglıch,
fiederspaltig oder tiefgezähnt, etwas stachelspitzig. — Blüten in flachen,
12- bis 20strahligen Dolden (Fig. 2); Hülle fünfblätterig, zurück-
geschlagen, mit lanzettförmlichen, spitzen Blättchen. — Hüllchen
drei- bis vierblätterig, einseitig nach außen gerichtet, Blättchen
eiförmig, am Grunde verwachsen, am Rande häutig (Fig. 3). —
Zwitterblüten. — Kelch ohne Randzähne. — Blumenkronblätter 5,
weiß oder gelblichweiß, umgekehrt-herzförmig, an der Spitze gekerbt
und mit kurzer, einwärts gebogener Spitze, gar nicht oder in den
Randblüten kaum strahlig. — Staubblätter 5, in der Knospe ein-
wärts gebogen; Staubfäden weiß, Staubbeutel rundlich, am Rücken an-
geheftet (Fig. 4). — Fruchtknoten zweifächerig; Griffel kurz und
aufrecht oder länger und zurückgebogen; Narbe stumpf; Griffelpolster
zweilappig, grünlichweiß, gewölbt, am Rande gekerbt. — Frucht
(Fig. 5, 6 u. 7) eiförmig, grünlichbraun, seitlich zusammengedrückt.
Fruchtträger an der Spitze zweispaltig; Teilfrüchtchen eiförmig mit
fünf gleichen, wellenförmig gekerbten Rippen; Furche ohne Ölstriemen,
an der Fugenseite gewölbt und mit Längsfurche.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Stengel und Blätter enthalten Gift und be-
sitzen einen widerlichen, mäuseartigen Geruch, beides Schutzmittel
gegen Tierfraß. Allgemeines über die Blütenbiologie der Dolden-
138 Gefleckter Schierling.
gewächse siehe Oenanthe aquatica (8.131). — Die honigduften-
den Blüten sind erstmännlich (proterandrisch). — Die Staubfäden
liegen anfangs horizontal zwischen den Blütenblättern. Sobald die
nach oben sich öffnenden Staubbeutel reif werden, heben sich die
Staubfäden nacheinander über die noch unentwickelten Griffel und
kehren nach Entlassung des Blütenstaubes wieder in die frühere Lage
zurück. Erst nachdem die Staubblätter abgefallen sind, richten sich
die Griffel mit den knopfförmigen Narben auf. — Durch den Honig-
duft der Blüte werden Bienen, Fliegen und Käfer angelockt.
Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Stellen von
Mauern und Hecken, auf Schutt; durch ganz Europa, mit Ausnahme
des hohen Nordens; ferner in Nord-, Mittel- und Westasien, überall
zerstreut; in einzelnen Teilen des Gebietes (z. B. in der Schweiz) fehlt
die Pflanze gänzlich, in anderen (z. B. in Ungarn) findet sie sich
massenhaft.
Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze sind mehr
oder weniger giftig, am meisten die Früchte, am wenigsten die Wurzel,
die letztere nur im Frühjahre; das Kraut besonders im Sommer bis
Juni. In allen Teilen der Pflanze sind giftige Alkaloide nach-
gewiesen, unter denen das Coniin (C;H,;N) die Hauptbase ist; außer
diesem findet sich noch als Begleitalkaloid das viel giftigere Conicein
(C,H,, N), ferner das Methylconiin (C,H,,N), das gleichfalls giftige
Conhydrin (C;H,;NO), das Pseudoconhydrin und andere. Das
Goniin ist in reinem Zustande eine ölige, farblose, leicht füchtige
Flüssigkeit, die sich an der Luft schnell unter Braunfärbung zersetzt,
und welche den der ganzen Pflanze eigentümlichen, mäuseartigen Ge-
ruch besitzt. — In den Früchten ist dieses Alkaloid nur in den inneren
Schichten der Schale zu 0,8 bis 1,3 Proz. enthalten. Das Coniin wirkt
sehr giftig, besonders auf das Rückenmark und die Nerven des Her-
zens und der Atmungsorgane. Schwindel, Lahmheit in den unteren
Gliedmaßen, Atmungsstörungen, Sinken des Pulses treten im Beginne
der Giftwirkung auf, die nach einer bis drei Stunden unter Krämpfen
und allgemeiner Lähmung, meist ohne Schmerzen zum Tode führt.
Vergiftungen können vorkommen durch Verwechselung der Samen mit
denen anderer im Haushalte des Menschen benutzter Doldenfrüchte
(z. B. Anis) und durch Verwechselung der Wurzeln mit denen der
Petersilie oder der Pastinake. Im Altertum sollen die Gifttränke, mit
denen auch Sokrates, Phaion und andere ihr Leben endeten, als Haupt-
bestandteil den Saft von Conium maculatum enthalten haben. — In
der Heilkunde werden benutzt: die Blätter und die blühenden
Spitzen der Pflanze (Herba Conii), früher auch die Früchte
(Fructus Conii).
Tafel 75.
ulR* re
LEN
Be 7 LE
Gefleckter Schierling. Conium maculatum L.
1 Stück des Stengels. 2 Blühender Sproß. 3 Döldchen, von unten gesehen. 4 Blüte.
5 Frucht. 6 Frucht im Längsschnitt. 7 Frucht im Querschnitt. 3 bis 7 vergr.
—
Efeu. 139
Efeu. Hedera Helix (z..
Tafel 76.
Fam.: Efeugewächse. Araliaceae.
Hedera, nach einigen Autoren von hedra (gr.), Sitz, weil die Pflanze sich
auf der Unterlage festklammert, nach anderen vom keltischen hedea = Strick,
mit der Wurzel „hed“, greifen. Helix von helix (gr.) = Windung, wegen der
windenden Stengel.
Efeu — Ewig Heu; in alten Schriften Ive, Iben, Eifen.
Beschreibung. Kletternder, immergrüner Strauch, der sich
entweder am Boden ausbreitet oder mit Haftwurzeln an Bäumen und
Mauern emporklettert. — Stamm in warmen Gegenden armdick wer-
dend. Die im Alter erscheinenden fruchtbaren Äste ragen, nicht an
der Unterlage durch Haftwurzeln befestigt, frei in die Luft und bilden
im Laufe der Zeit eine größere oder kleinere runde Krone. — Blätter
abwechselnd, lederartig, bleibend, kahl, oberseits dunkelgrün, unter-
seits hellgrün, auf langen, unbehaarten Stielen; an den unfruchtbaren
Zweigen (Fig. 1) mehr oder weniger fünflappig, am Grunde herzförmig;
an den fruchtbaren Zweigen (Fig. 2) ungeteilt, breit-eiförmig oder
elliptisch oder undeutlich dreilappig, am Grunde abgerundet. — Blüten
in endständigen, langgestielten, einzeln stehenden oder zu einer Rispe
vereinigten, behaarten Dolden. — Zwitterblüten.— Kelchblätter 5,
mit dem Fruchtknoten verwachsene, mit fünf kleinen, bleibenden
Zähnen. — Blumenkronblätter 5, länglich-eiförmig, spitz, gelbgrün,
mit breitem Grunde, dem Fruchtknoten aufsitzend (Fig. 3), auf der
Oberseite mit hervortretender Mittelrippe. — Staubblätter 5, frei:
Staubfäden pfriemlich, weiß; Staubbeutel am Rücken angeheftet (Fig. 4).
— Fruchtblätter 5, in einem fünffächerigen, oben kegelförmigen
Fruchtknoten verwachsen (Fig. 5). Griffel kurz, zylindrisch, mit fünf
wenig hervortretenden Narben. — Frucht eine erbsengroße, kugelige,
schwarze, glänzende, fünffächerige Steinbeere mit meist zwei bis drei
Samen (Fig.6). — Same verhältnismäßig groß, weiß, mit dünnwandiger
Schale (Fig. 5). — Der Efeu kommt sowohl wild als auch in Kultur in
vielen Abarten vor, von denen die bekanntesten sind: Hedera hibernica,
schottischer Efeu mit größeren Blättern; Hedera canariensis, auf den
Kanarischen Inseln mit sehr großen Blättern; Hedera chrysocarpa,
gelbfrüchtiger Efeu, in Italien und Südfrankreich vorkommend, mit
140 Efeu.
goldgelben Schuppen an den Blüten und Früchten. Hedera arborea
ist nur eine in der Kultur aus Stecklingen von Blütenzweigen erzeugte
Form, die in Wuchs und Blattbildung nicht zur Jugendform zurück-
kehrt, sondern die Tracht des fruchtbaren Zweiges dauernd beibehält.
Blütezeit: Ende August und September; Fruchtreife im folgenden
Frühjahre.
Biologisches. Die Pflanze hat zweierlei Sprosse: 1. solche,
die an der Erde und der Borke alter Baumstämme hinkriechen:
Schattentriebe und 2. solche, die an der äußersten Spitze alter Efeu-
stöcke entspringen: Lichttriebe. Die ersteren entwickeln Haft-
wurzeln und tragen mattes, weiß geadertes, gelapptes Laub, das in-
folge seiner mosaikartigen Lagerung auf dem Untergrunde des Waldes
das Licht möglichst auszunutzen sucht, die letzteren bilden keine Haft-
wurzeln, und ihr glänzendes, nicht geadertes Laub ist herzförmig. Alle
Blätter sind durch eine starke Oberhaut gegen zu starke Verdunstung
und durch einen bitteren Giftstoff gegen Tierfraß geschützt. Sie sind
lederartig, immergrün, so daß sie auch im Winter, wenn die über ihnen
stehenden Waldbäume entlaubt sind, das Licht zur Assimilation aus-
nutzen können. — Nur die Lichttriebe tragen Blütendolden. Die
stark faulig duftenden, unscheinbaren Blüten sind erstmänn-
lich; sie bieten den Honig offen dar und werden durch Fliegen
befruchtet. — Die Samen werden von Vögeln (Drosseln, Gras-
mücken) verzehrt und verschleppt.
Standort und Verbreitung. In ganz Europa und Nordafrika,
im Orient, im Himalaja, in Mittelasien bis nach Nordostasien, auf
den Azoren und den Kanarischen Inseln; auf dem Boden kriechend
oder an Bäumen und Mauern emporkletternd.
Gift und dessen Wirkung. Die Blätter und Beeren schmecken
bitter; die ganze Pflanze, besonders die schwarzen Beeren enthalten
einen Stoff, der eine stark brechenerregende und heftig purgierende
Wirkung ausübt. Ob und inwieweit dabei das in den Blättern und
Samen gefundene Hederaglykosid: Hederin (C,,H,.0,5[?]) oder
das in der Pflanze enthaltene Harz, welches im Süden aus den älteren
Stämmen ausfließt („Gummi hederae“) beteiligt ist, bleibt noch nach-
zuweisen.
Tafel ER Tafel 76.
NA) ISA
DI Sn \ SV,
ern,
Efeu. Hedera Helix L.
1 Kriechender Sproß. 2 Aufrechter, blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Blüte im Längs-
schnitt. 5 Fruchtknoten mit Griffel. 6 Fruchtstand. 7 Same, nat. Größe u. vergr.
3, 4, 5 vergr.
Europäische Haselwurz. 141
Europäische Haselwurz. Asarum
europaeum (Z.).
Tafel 77.
Fam.: Osterluzeigewächse. Aristolochiaceae.
Asarum von Asaron (gr.), zweiglos, a-privativum und sdron (gr.) Zweig.
Haselwurz, weil die Pflanze gern unter Haselsträuchern wächst.
Beschreibung. Ausdauernde, krautartige Pflanze (Fig. 1),
mit bleistiftdickem, üher den Boden kriechendem, behaartem, deutlich
gegliedertem Wurzelstocke, der an den einjährigen Trieben mit gelblich-
grünen Schuppenblättern besetzt ist und der an den Knoten nach
unten dünne Wurzeln treibt. — Blätter (Fig.1) langgestielt, behaart,
nierenförmig, an der Spitze abgestutzt oder eingekerbt, fleischig, aus-
dauernd, oberseits glänzend. — Blüte (Fig. 1 u. 2), an der Spitze
der Triebe entstehend, überhängend, kurzgestielt. — Zwitterblüte
ohne Kelch und Blumenkrone, die durch eine glockenförmige, unten
verwachsene, oben in drei zurückgeschlagene Zipfel auslaufende Hülle
ersetzt werden. — Staubblätter 12, frei (Fig. 3), auf dem Frucht-
knoten um den Griffel stehend; Staubfäden (Fig. 4), frei, über die
Staubbeutel in einen pfriemlichen Fortsatz verlängert; Staubbeutel
zweifächerig, Fächer nach außen längsaufspringend. — Fruchtknoten
(Fig. 3), mit dem unteren Teile der Hülle verwachsen, sechsfächerig
(Fig. 6), mit vielen Samenanlagen; Griffel eine kurz säulenförmige
Griffelsäule bildend (Fig.5); Narbe groß, sechsteilig. — Frucht (Fig.7)
eine sechsfächerige, unregelmäßig aufspringende Kapsel, die noch von
der Blütenhülle bedeckt ist. — Same (Fig. 8) eiförmig, mit häutiger
Schale und großer, fleischiger, längslaufender Keimwarze.
Blütezeit: März bis Mai, in höheren Lagen auch noch später.
Biologisches. Die großen, flachen, zum Auffangen von mög-
lichst vielen Lichtstrahlen eingerichteten Blätter kennzeichnen die
Pflanze als Schattengewächs. — Die Farbe und der aasartige
Duft der Blüten ziehen zahlreiche kleine Fliegen solcher
Arten an, die gewöhnlich. auf Tierkadavern sich aufhalten. — Die
Blüten sind erstweiblich (proterogyn). Die Blütenhülle bildet
einen Hohlkegel. Sie öffnet sich zuerst durch drei enge Spalten nur
soweit, daß sich zwischen den drei Perigonzipfeln drei enge Ein-
142 Europäische Haselwurz.
gangspforten für kleine Insekten ausbilden. Dicht hinter diesen
Spalten stehen die Narben; Fliegen, die von einer älteren Blüte mit
Blütenstaub beladen ankommen, müssen notwendig einen Teil des-
selben auf der Narbe zurücklassen. Erst später, wenn die Narbe be-
legt ist, öffnet sich die Blüte vollständig. — Die Früchte besitzen
eine seitliche Nabelschwiele, die von den Ameisen gern ab-
sefressen wird; diese Tiere schleppen die Samen zu ihren Ne-
stern oder lassen sie, nachdem die Nabelschwiele abgefressen ist,
auf dem Wege dorthin liegen und sorgen so für die Verbreitung der
Pflanze.
Standort und Verbreitung. In schattigen Laubwäldern, unter
Gebüsch, besonders in Gebirgsgegenden; in ganz Europa und Nord-
asien; in Deutschland in den östlichen Gegenden mehr als in den
westlichen.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze, besonders die Wurzel
derselben, wirkt brennend und stark brechenerregend und muß, wie
Versuche an Tieren erwiesen haben, den scharf wirkenden Giftpflanzen
zugezählt werden, wenn auch über Vergiftungsfälle bei Menschen keine
Mitteilungen vorliegen. Ob das in ihr enthaltene zu den Benzol-
derivaten gehörige: Asaron (C,H,,0;) giftig ist, oder welchem
Inhaltsstoffe der Pflanze die Giftwirkung zukommt, bleibt noch nach-
zuweisen. — In der Heilkunde wurde früher benutzt: der Wurzel-
stock (Radix Asari).
Tafel 77. | Tafel 77.
Europäische Haselwurz. Asarum europaeum L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Lage der Frucht-
blätter und Staubblätter in der Blütenknospe. 5 Die Griffelsäule 6 Fruchtknoten
im Querschnitt. 7 Frucht. 8 Same. 2 bis 8 vergr.
Mistel. 143
Mistel. Viscum album (z.).
Tafel 78.
Fam.: Mistelgewächse. Loranthaceae.
Visceum von Viscus, Vogelleim; Mistel vom althochdeutschen „Mistil“.
Beschreibung. Ein kleiner, als Schmarotzer auf Laub- und
Nadelhölzern wachsender, gabelästiger Strauch, mit kurzem, dickem
Stamm (Fig. 1). Jedes Glied der Gabel endet in einer meist blüten-
tragenden Spitze. Unter dieser entspringen in den Achseln zweier
Blätter zwei neue Äste. Zweige an den Stengelgliedern leicht ab-
brechend, mit dicker, grüner Rinde — Blätter breit- zungenförmig,
lederig, fast zwei Jahre bleibend, zu zwei gegenständig an der Spitze
der Sprosse, von zwei bis drei derben Längsnarben durchzogen. —
Blüten (Fig. 1), auf kurzen Sprossen am Ende der Zweige, in den
Achseln kleiner Hochblätter entstehend. — Blüten dioecisch. — Staub-
blüten (Fig. 2). — Kelch fehlt. — Blütenhülle fleischig, gelb,
unten verwachsen, oben vier-, zuweilen dreiteilis, mit aufrechten, drei-
eckigen oder elliptischen Zipfeln. — Staubblätter 4, ohne Staub-
fäden, Staubbeutel den Zipfeln der Blütenhülle angewachsen. —
Fruchtblüten (Fig. 3 u. 4) ohne Kelch; Blütenhülle gelb, fleischig,
unten verwachsen, oben mit vier freien Zipfeln. — Fruchtknoten
eiförmig, unterständig, einfächerig, mit einer Samenanlage; Griffel
fehlt; Narbe sitzend. — Frucht (Fig. 1 u. 5) eine einsamige, zuerst
grüne, nachher weiße, saftige Beere. — Samen (Fig. 6) dreieckig, weiß,
am Grunde genabelt, in der Beere mitten in einer weißlichen, klebrigen
Substanz liegend.
Blütezeit: März, April.
Biologisches. Die Mistel ist eine grüne, selbst assimilierende
Schmarotzerpflanze, die ihrem Wirte nur Wasser und in
diesem gelöste unorganische Nährsalze entnimmt. Bei der
Keimung der durch Vögel an die Äste angehefteten Samen biegt sich
das grün gefärbte hypocotyle Glied des Keimlings der Unterlage zu, und
verbreitert sich zu einer Haftscheibe, aus deren Mitte sich die erste
„Senkerwurzel“ entwickelt. Diese dringt durch die Rinde senkrecht
bis zur Astachse vor. Im folgenden, dem zweiten Jahre, entspringen
senkrecht zu ihr mehrere grüne Wurzelstränge, die parallel mit der
Astachse unter der Rinde verlaufen. Von diesen „Rindenwurzeln“
zweigen sich nun alljährlich im rechten Winkel, also wieder senkrecht
144 Mistel.
zur Astachse, Senkerwurzeln zweiten Grades ab, die, Bast und Cambium
durchbrechend, jedesmal bis zum Holzkörper vor-, aber nicht in denselben
eindringen. Beim Dickenwachstum des Baumes werden die Senkerwurzeln
von dem Holzkörper umwachsen und eingeschlossen, aber nicht von
der Rindenwurzel abgeschnürt, da sie in der Gegend des Astcambiums
jahrzehntelang wachstumsfähig bleiben und sich dort in dem Maße
verlängern, wie der Ast sich verdickt. — Die lederartigen, fleischigen
Blätter schützen die Pflanze im Winter vor zu starkem Wasserverlust.
— Zweihäusige Pflanze mit unscheinbaren, früh sich öffnenden
Blüten. Die Stöcke mit Fruchtblüten und diejenigen mit Staubblüten
kommen meist auf demselben Baume dicht nebeneinander vor. Die
Blüten enthalten Honigdrüsen und locken die Insekten auch durch
ihren süßlichen Duft an. — Bestäuber sind meist Fliegen. — Die
im Mai angelegten Fruchtknoten sind erst im Herbst voll ent-
wickelt und werden im März oder April des folgenden Jahres
bestäubt. Die Beeren entwickeln sich nun langsam, und die Samen-
reife tritt erst Ende des Jahres (gegen Weihnachten) ein. — Die
Verbreitung der weißen Lockbeeren, deren Samen von einer
klebrigen Hülle (Vogelleim) umgeben sind, erfolgt durch die Vögel,
vor allem durch die Drosseln.
Standort und Verbreitung. In Europa, Nordasien und Japan.
In Nordeuropa seltener, jedoch noch im mittleren Schweden und im
südlichen Norwegen. Die Pflanze kommt allgemein auf Laub- und
Nadelhölzern vor. Es sind jedoch deutlich im Wuchs der Pflanze und
in Form der Beere unterscheidbare Abarten vorhanden und unter-
scheidet man:
1. die Laubholzmistel, nur auf Laubhölzern vorkommend, z. B.
auf Pappeln, Weiden, Nußbäumen, Birken, Kastanien, Apfel- und Birn-
bäumen, Pflaumen- und Kirschbäumen, Mandeln, Robinien, Ahorn,
Linden usw.;
2. die Tannenmistel, nur auf Tannen; wächst nicht auf Laub-
hölzern und auf Kiefern;
3. die Kiefernmistel, wächst nur auf Kiefern, sehr selten auf
Fichten.
Seit den ältesten Zeiten spielt die Mistel eine Rolle in den Sagen
und im Aberglauben der Völker, besonders jener der nördlichen Gegen-
den. In ihrem zur Winterszeit kahlem Walde kam ihnen das immer-
grüne Sträuchlein als von den Göttern hingesät vor.
Gift und dessen Wirkung. Blätter und Zweige waren früher
als Mittel gegen Epilepsie gebräuchlich. — Die grünen Teile der
Pflanze, sowie auch die Beeren werden in vielen Büchern als giftig bzw.
als ‚giftverdächtig bezeichnet. Untersuchungen über den Inhalt der
Pflanzensäfte scheinen noch nicht angestellt zu sein.
En. 78. Tafel 78.
>
Mistel. Viscum album L.
1 Teile der Pflanze mit Blüten und Früchten. 2 Staubblüten. 3 Fruchtblüten.
4 Längsschnitt durch eine Fruchtblüte. 5 Längsschnitt durch die Beere. 6 Same.
2 bis 6 vergr.
Poleiblätterige Gränke. 145
Poleiblätterige Gränke. Andromeda
polifolia (z.).
"Tafel 79.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Von Linne nach Andromeda, der schönen Tochter des äthiopischen Königs
Cepheus benannt; polifolia, die Blüten sind der Polei (Teuerium polium) ähnlich.
Rhododendron polifolium‘(Seop.).
Rosmarinheide, Lavendelheide.
Beschreibung. Ein 30 bis 50cm hohes Sträuchlein mit grauen,
kahlen, aufsteigenden Ästen und Zweigen (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1)
sitzend oder kurzgestielt, lederartig, immergrün, länglich -lanzettlich
oder linealisch, mit stechender Spitze und ganzem, zurückgerolltem
Rande; oberseits dunkelgrün, unterseits blaugrün bis bläulichweiß,
kahl.— Blüten auf schlanken, kahlen, rötlichen, von schuppenförmigen
Deckblättern gestützten Stielen, an der Spitze der Zweige zu vier bis
acht in einer Dolde vereinigt (Fig. 1). — Zwitterblüten. — Kelch
fünfblätterig; Blättchen am Grunde etwas verwachsen, bleibend. —
Blumenkronblätter 5, verwachsen. Blumenkrone kugelförmig bis
krugförmig, abfallend, weiß oder rötlich (Fig. 1 u. 2). — Staub-
blätter 10, unterständig; Staubfäden am Grunde verbreitert, behaart.
Staubbeutel (Fig. 2) nach innen gewandt, zweifächerig, unten ab-
gerundet, an der Spitze mit runder Öffnung aufspringend und über
dieser in eine nach außen gebogene, grannenähnliche Spitze auslaufend.
— Fruchtknoten (Fig. 2 u. 4) fünffächerig, kugelförmig, am Grunde
einer drüsigen Scheibe aufsitzend, mit zahlreichen Samenanlagen;
Griffel säulenförmig, mit abgestutzter, undeutlich fünflappiger Narbe.
— Frucht (Fig. 5) eine rundliche, fünffächerige, fünfklappig auf-
springende Kapsel, unten den Kelch und an der Spitze den Griffel
führend. — Same zusammengedrückt, mit glatter oder grubiger, leder-
artiger Haut.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Pflanze mit immergrünen Rollblättern (siehe
Rhododendron hirsutum). Diese sind auf ‘der unteren, die Spalt-
öffnungen führenden Seite, mit Wachs überzogen. Eine Benetzung
dieser Seite und ein dadurch etwa hervorgebrachter Verschluß der
Esser, Giftpflanzen. 10
146 Poleiblätterige Gränke.
Luftwege wird so verhindert. An der Wurzel Lebensgemeinschaft
mit einem Pilz: Pilzwurzel siehe Rhododendron hirsutum (S. 150).
Standort und Verbreitung. In Sümpfen und Mooren Nord-
und Mitteleuropas, Nordasiens und Nordamerikas.
Gift und dessen Wirkung. Die Blätter und Blüten enthalten
ein giftiges Glykosid: das Andromedotoxin oder Asebotoxin
(C;,H,, 0,0), das noch nicht näher chemisch untersucht ist. Der
Genuß der Pflanzenteile erzeugt Schwindel, Erbrechen und Krämpfe.
Tafel 79. Tafel 79.
Poleiblättrige Gränke. Andromeda polifolia L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtknoten im
Querschnitt. 5 Früchte. 2, 3, 4 vergr.
Sumpfporst. 147
Sumpfporst. Ledum palustre (z,.
Tafel 80.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Ledon bei Plinius, ledon (gr), bei Dioskorides von ledos (gr.), Kleid, Woll-
stoff, wegen der unterseits sehr filzigen Blätter, bezeichnete nicht die vorliegende
Pflanze, sondern den in Griechenland wachsenden Cistus cereticus. Linne leitete
das Wort von laedere, verletzen, ab, wegen des starken Geruches der Blätter.
Mottenkraut, Wanzenkraut, wilder Rosmarin.
Beschreibung. Ein 30 bis 60 cm hohes, locker-verästeltes, auf-
rechtes Sträuchlein, mit rostfarbigen, filzig behaarten Zweigen (Fig. 1).
— Blätter kurzgestielt, schmal linealisch, am Grunde abgerundet,
lederartig, ganzrandig, mit stark zurückgerolltem Rande; oberseits
glänzend, dunkelgrün, runzelig; unterseits filzig, in der Jugend weißlich,
im Alter rostfarbig behaart (Fig. 1). — Blüten auf schlanken Stielen,
am Ende der Zweige, in vielblütigen Doldentrauben. — Zwitter-
blüten. — Kelch klein, fünfzähnig, bleibend. — Blumenkrone fünf-
blätterig, flach ausgebreitet, weiß. — Staubblätter 10, länger als
die Blumenkronblätter; Staubfaden fadenförmig, weiß; Staubbeutel
gelb, an der Spitze mit runden Löchern sich öffnend (Fig. 2). —
Fruchtknoten fünffächerig, mit vielen Samenanlagen; Griffel faden-
förmig, mit kleiner, fünflappiger Narbe (Fig. 2 u. 3). — Frucht eine
längliche, fünffächerige, vom Grunde zur Spitze hin aufspringende,
vom nase Griffel gekrönte Kapsel (Fig. 4). — Same linealisch,
an beiden Seiten mit häutigem Flügel.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die Blätter sind nach unten hin zusammen-
gerollt und auf der Unterseite mit einem feinen Filze von
rötlichbraunen Haaren bekleidet. Die letzteren verhindern die
Benetzung der Blattunterseite und den Verschluß der Spalt-
öffnungen durch etwa eindringendes Wasser. — An der Wurzel
Lebensgemeinschaft mit einem Pilze: Pilzwurzei siehe Rho-
dodendron hirsutum (S. 150).
Standort und Verbreitung. In Sümpfen und torfigen Gegenden
in Europa, Nordasien und Nordamerika. In Deutschland häufiger im
Norden als im Süden, hier in Sachsen und Böhmen; fehlt im Westen,
mit Ausnahme einiger Stellen, z. B. im Schwarzwald.
10*
148 Sumpfporst.
Gift und dessen Wirkung. Blätter und Zweige werden vielfach
gegen Motten, Wanzen und sonstiges Ungeziefer gebraucht, das durch
den starken Geruch vertrieben werden soll. Bei der Bierbereitung
sollen die Blätter, die einen scharf bitteren Geschmack enthalten, miß-
- bräuchlich benutzt werden. — Die genannten Pflanzenteile enthalten
ein flüssiges, stark riechendes Öl und in diesem ein narkotisch-erregend
wirkendes, starkes Nervengift: den Ledumkampfer: Ledol (C,,H,,0).
Näheres über diesen Stoff ist nicht bekannt.
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Tafel 80. Tafel 80.
Sumpfporst. Ledum palustre L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt.
4 Aufgesprungene Frucht. 2, 3, 4 vergr.
Rauhhaarige Alpenrose. 149
Rauhhaarige Alpenrose. Rhododendron
hirsutum (zZ.
Tafel 81.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Rhododendron von rhödon (gr.), Rose, und dendron (gr.), Baum, Rosen-
baum, wegen der roten Blüten; im Altertum bezeichnete Rhododendron den
Oleander.
Beschreibung. Ein bis 1 m hoher, aufrechter, verästelter
Strauch, mit braunen, in der Jugend behaarten Zweigen (Fig. 1). —
Blätter kurzgestielt, oval-elliptisch, nach dem Grunde zu verschmälert,
spitz oder stumpf, dünn, lederartig, ganzrandig, am Rande gewimpert;
oberseits dunkelgrün, kahl; unterseits hellgrün und drüsig punktiert.
— Blüten am Ende der Zweige in vielblütiger Doldentraube. Blüten-
stiele lang behaart und mit weißen Schüppchen. — Kelch mit lanzett-
lichen Blättern, fünfzähnig, mit Wimperhaaren und Schüppchen be-
setzt, bleibend (Fig. 2). — Blumenkrone fünfblätterig, verwachsen,
trichterförmig, außen mit gelblichweißen Schüppchen besetzt und mit
fünf zurückgebogenen, etwas ungleichen Zipfeln (Fig. 2). — Staub-
blätter 10 (Fig.3); Staubfäden pfriemlich, am Grunde behaart; Staub-
beutel am Rücken angeheftet, zweifächerig, an der Spitze mit zwei
Löchern sich öffnend. Pollen durch Viscinfäden zusammengehalten. —
Fruchtknoten (Fig.4 u. 5) fünffächerig, verwachsen, länglich - kegel-
förmig mit vielen Samenanlagen; Griffel lang; Narbe abgestutzt, fünf-
lappig. — Frucht (Fig. 6) eine fünffächerige, aufspringende Kapsel.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches. Die Unterseite des Blattes ist mit zahl-
reichen scheibenförmigen Drüsen besetzt, die auf den Blatt-
nerven, d. h. den Endigungen des Gefäßsystems der Pflanze stehen
und quellbare, schleimige Stoffe enthalten. Auf die Blattoberseite
auffallende Regen- oder Tautropfen gleiten am Rande herab zur Unter-
seite; das Wasser wird dort von den sogenannten Drüsen aufgenommen
und an die wasserleitenden Gefäße abgegeben. Bei trockenem Wetter
treten die harzig-schleimigen Stoffe aus den Drüsen aus, überziehen
als braune, krümelige Kruste die Blattunterseite und schützen diese
vor zu starkem Wasserverlust. — Die Pflanze lebt an der Wurzel in
|
150 -Rauhhaarige Alpenrose.
Lebensgemeinschaft mit einem Pilze; sie besitzt eine sogenannte
Pilzwurzel (Mykorhiza), siehe Juniperus Sabina (S.18). Die Rhododen-
dronarten und andere Moorpflanzen beherbergen aber die
Pilze nicht nur an derOÖberfläche, sondern auch im Innern der
weiten Oberhautzellen der Wurzel; letzteres, ohne daß das Proto-
plasma der betreffenden Zellen geschädigt wird. Die Anwesenheit des
Pilzes scheint im Gegenteil der Pflanze Vorteil zu gewähren; zunächst
dadurch, daß die Pilzfäden, die Wurzelhaare der Pflanze ersetzend,
die Aufnahme des Wassers und der Nährsalze des Bodens, sowie die
Zersetzung der Humussubstanzen des letzteren besorgen; ferner scheint
der Pflanze aus dieser Lebensgemeinschaft ein Gewinn an fertig ge-
bildeten Eiweißstoffen zu erwachsen, dadurch, daß die im Innern der
Zelle vorhandenen Pilzballen auf dem Höhepunkte ihrer Entwickelung
vom Protoplasma der Nährpflanze erdrückt und ihrer organischen
Stoffe beraubt werden. — Die hochrote Blumenkrone bildet einen
wirksamen Schauapparat zur Anlockung der Insekten. — Die
Blumenstaubkörner sind durch dünne Fäden einer klebrigen,
zähen Masse: „Viscin“, zusammengehalten. Insekten, welche die
Blüten besuchen, nehmen dadurch meist gleich den ganzen Inhalt
- eines Staubbeutels mit for. — Die Blüten sind erstmännlich
(proterandrisch. Die Honigabscheidung findet im Grunde der
Blüte an der Blumenkrone 'statt. — Besucher der Blume sind
Bienen und Hummeln. — Als Schutzmittel des Honigs gegen
Entnahme durch unberufene Gäste (kleine, anfliegende oder an-
kriechende Insekten) dient ein Haarbesatz des unteren Teiles der
Blumenkrone und der Staubfäden.
Standort und Verbreitung. Durch die ganze Alpenkette ver-
breitet, meist auf Kalkboden.
Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum.
Tafel 81. Tafel 81.
Rauhhaarige Alpenrose. Ahododendron hirsutum L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Längsschnitt und
5 Querschnitt durch den Fruchtknoten. 6 Aufgesprungene Frucht. 2 bis 6 vergr.
Rostblätterige Alpenrose. 151
Rostblätterige Alpenrose. Rhododendron
ferrugineum (Z.).
Tafel 82.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum.
Beschreibung. Ein 1 m hoher, vielfach verästelter Strauch,
mit graubraunen Zweigen. — Blätter (Fig. 1) kurzgestielt, länglich-
oder breit-elliptisch, dick-lederartig, mit etwas zurückgerolltem Rande,
ganzrandig oder an der Spitze seicht gekerbt; oberseits glänzend
dunkelgrün; unterseits dicht mit rostfarbenen Schüppchen besetzt. —
Blüten in Doldentrauben am Ende des Zweiges auf langen, mit
Schüppchen bedeckten Stielen (Fig. 1). — Kelch fünfblätterig, mit
kurzen, eirundlichen Abschnitten. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) heller
oder dunkler karminrot, selten weiß, trichterförmig, Saum mit läng-
lichen Zipfeln, dicht mit Schüppchen besetzt. — Staubblätter 10,
Staubfäden pfriemlich, am Grunde behaart; Staubbeutel zweifächerig,
an der Spitze mit zwei Löchern aufspringend. Blütenstaub durch
Viscinfäden zusammengehalten. — Fruchtknoten fünffächerig, mit
vielen Samenanlagen; Griffel lang; Narbe abgestutzt, fünfteilig. —
Frucht eine fünffächerige, längsaufspringende Kapsel.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches siehe Rhododendron hirsutum.
Standort und Verbreitung. Vorzugsweise auf Granit- und
Schieferboden, sehr selten im Kalkgebirge; durch die ganze Alpen-
kette, in den Pyrenäen und Karpathen. Bildet in den granitischen
Alpen die Grenze der Holzregion; steigt selten in die Täler hinab.
Gift und dessen Wirkung. Blätter und Blüten der Rhododendron-
arten, selbst der Honig in den Blüten, wirken narkotisch erregend.
In den genannten Pflanzenteilen ist das giftige Glykosid: Andromedo-
toxin (s. Andromeda polifolia) enthalten; außerdem sind in denselben
noch zwei weitere Glykoside: das Rhododendrin (C,;H;,0), welches
das kampferartige Rhododendrol liefert, und das Erieolin (C,, H,,O,,)
nachgewiesen. Ob den letzteren auch eine Giftwirkung zuzusprechen
152 Rostblätterige Alpenrose.
ist, steht in Frage; vorläufig wird man dem erstgenannten diese Eigen-
schaft zuzuweisen haben. Auch im Honig der verschiedenen Alpen-
rosen ist das Andromedotoxin nachgewiesen worden, und man nimmt
an, daß die Vergiftungserscheinungen, die sich bei einem Teile der
auf dem Rückzug aus Asien befindlichen 10000 Griechen nach dem
Genusse von Honig einstellten (worüber uns Xenephon berichtet), durch
Honig erfolgten, den die Bienen von den Blüten der in jenen Gegenden
zahlreich vorkommenden Rhododendronarten gesammelt hatten.
1 52.
Tafe Tafel 82.
Rostblättrige Alpenrose. Rhododendron ferrugineum L.
1 Blühender Zweig. 2 Blüte, längs durchschnitten.
Tafel 53. Tafel 3.
Pontische Alpenrose. ARhododendron ponticum L.
Blühender Zweig.
Pontische Alpenrose. 153
Pontische Alpenrose. Rhododendron
ponticum (Z,.
Tafel 83.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum; ponticum = am Schwarzen
Meere (Pontus euxinus) wachsend.
Rhododendron laneifol. (Möneh); Rhododendron speciosum (Salish.).
Beschreibung. Ein verästelter, buschiger, 1 bis 2m hoher
Strauch. — Blätter immergrün, meist zwei Jahre dauernd, dick-
lederartig, deutlich gestielt, länglich-lanzettförmig oder elliptisch, nach
dem Grunde verschmälert, spitz, flach, ganzrandig, 8 bis 12 em lang;
oberseits glänzend dunkelgrün; unterseits heller. — Blüten in viel-
blütigen Doldentrauben am Ende der Zweige, auf langen, behaarten
Stielen, die von länglichen, abfallenden Deckblättchen gestützt sind;
hellpurpurfarben oder violett, auf dem oberen Blumenkronblatt mit
bräunlichen Flecken. — Kelch fünfblätterig, klein, mit breitrundlichen
Zähnen. — Blumenkrone glockenförmig, 5 bis 6 cm im Durchmesser,
fünfklappig, mit länglichen, spitzen, oft etwas ausgerandeten Ab-
schnitten. — Staubblätter 10, Staubfäden fadenförmig, abwärts
geneigt, an der Spitze gekrümmt; Staubbeutel am Rücken befestigt,
nach innen gewandt, an der Spitze sich mit zwei Löchern öffnend. —
Fruchtknoten fünffächerig, Griffel lang, an der Spitze aufwärts ge-
bogen, mit dicker, kopfförmiger, fünflappiger Narbe. — Frucht eine
fünffächerige, vielsamige, aufspringende Kapsel.
Blütezeit: Mai, Juni.
Biologisches siehe Rhododendron hirsutum.
Standort und Verbreitung. Einheimisch in Kleinasien, Armenien,
den Pyrenäen. — Ein in Gärten vielfach angepflanzter Strauch, der
in der Kultur eine große Anzahl von Formen gebildet hat. Besonders
in der Farbe der Blüten zeigt sich eine große Mannigfaltigkeit von
Dunkelpurpur, Lilafarbe, Rosenrot, Rötlichweiß bis Reinweiß. Der
Strauch hält in niederen Gegenden Deutschlands im Winter gut aus,
in rauheren Gegenden: bedarf er einer leichten Winterdecke.
Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum.
154 Pontischer Felsenstrauch.
Pontischer Felsenstrauch. Rhododendron
flavum (G. Don.).
Tafel S4.
Fam.: Heidekrautgewächse. Ericaceae.
Rhododendron siehe Rhododendron hirsutum; flavum wegen der gelben
Blüten.
Azalea pontica (L.).
Beschreibung. Ein bis 1 m hoher, verästelter Strauch mit
behaarten Zweigen. — Blätter (Fig. 1) kurzgestielt, länglich - lanzett-
förmig oder verkehrt-eiförmig, spitz, beiderseits, besonders an den
Nerven, im Frühjahr dicht behaart, abfallend, oberseits lichtgrün;
unterseits hell- oder graugrün, am Rande gewimpert, bis 10 cm lang.
— Blüten (Fig. 1 u. 2) am Ende der vorjährigen Zweige in lockeren
Doldentrauben, auf langen, behaarten Stielen, die durch abfallende,
lanzettförmige Blätter gestützt sind. — Zwitterblüten. — Kelch mit
fünf kurzen Zähnen. — Blumenkrone trichterig-glockig mit drüsig
behaarter Röhre und fünf gleichen, länglichen, welligen Abschnitten;
5 bis 6 cm breit, gelb, wohlriechend, nach Nelken duftend. — Staub-
blätter 5 (Fig. 2 u. 3); Staubfäden kahl, gelblichweiß, aus der Blüte
hervorragend; Staubbeutel orangefarben, am Rücken angeheftet, mit
zwei Löchern an der Spitze sich öffnend. Pollen durch Viscinfäden
zusammengehalten. — Fruchtknoten kegelförmig, fünffächerig;
Griffel lang, weiß, unbehaart, aus der Blüte weit hervorragend; Narbe
knopfförmig, grün. — Frucht eine fünffächerige, aufspringende Kapsel.
Blütezeit: Mai.
Biologisches siehe Rhododendron hirsutum.
Standort und Verbreitung. Im Orient, Kaukasus und Pontus.
In Gärten, wo er nur in rauhen Gegenden Deutschlands des Winter-
schutzes bedarf, häufig als Zierstrauch, aber nur selten in der reinen
Art. Meist sind es in der Kultur entstandene oder durch Bastardie-
rung mit anderen, besonders mit amerikanischen und chinesischen
Felsenstraucharten erzeugte Formen, die vor allem ın der Blüte
mannigfach abwechseln von Orange-Goldgelb, Hellgelb bis zu Rot.
Gift und dessen Wirkung siehe Rhododendron ferrugineum.
w
Tafel 84. Tafel 84.
Pontischer Felsenstrauch. ARhododendron flavum (G. Don.)
o
1 Blühender Zweig. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt (vergr.).
ot
Europäisches Alpenveilchen. 15
Europäisches Alpenveilchen. Cyelamen
europaeum (Z.).
Tafel 8.
Fam.: Primelgewächse. Primulaceae.
Cyelamen von Ayklos (gr.), Kreis, wegen des kreisförmigen Wurzelstockes,
verstümmelt aus Kykläminos (gr.), wie Hippokrates zwei in Griechenland vor-
kommende Cyclamenarten (Cyclamen graecum Lk. und Cyelamen persicum Mill.)
benannte.
Erdscheibe, Saubrot.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit knolligem, rundem,
von oben etwas zusammengedrücktem Wurzelstocke (Fig. 1). — Blätter
(Fig. 1) aus der Vegetationsspitze, die in einer Einsenkung oben auf
der Knolle liegt, sich entwickelnd, langgestielt; Stiel kahl, rötlich;
Blattspreite rundlich oder eirund, am Grunde tief herzförmig, kahl,
lederig, oberseits glänzend grün mit weißlichen Flecken, unterseits
rötlich; Nerven auf der Unterseite stark hervortretend, Rand klein
gekerbt. — Blüten (Fig. 1) einzeln, auf langem, rötlichem Stiele. —
Zwitterblüten nickend. — Kelch fünfteilig, regelmäßig, bleibend. —
Blumenkrone fünfblätterig (Fig. 2 u. 3) mit kurzer, glockenförmiger
Röhre und fünfteiligem Rande, mit zugespitzten Zipfeln, rot. — Staub-
blätter 5, am Grunde der Blumenkrone angewachsen (Fig. 3), auf-
recht, zusammengeneigt; Staubfäden (Fig. 4) sehr kurz; Staubbeutel
pfeilförmig, zweifächerig, nach dem Inneren der Blüte mit Längsspalt
aufspringend.. — Fruchtknoten (Fig. 5) eiförmig, einfächerig, mit
vielen Samenanlagen an zentralem Samenträger; Griffel gerade, faden-
förmig, die Staubblätter etwas überragend. Narbe spitz. — Frucht
eine kugel- oder eiförmige, fünffächerige, vielsamige Kapsel, zur Zeit
der Reife an dem spiralig gedrehten Stiele dem Erdboden aufliegend.
— Same oben abgeflacht, unten zusammengepreßt, kantig.
Blütezeit: August bis Oktober.
Biologisches. Die Blätter sind an der vom Lichte ab-
gewandten Unterseite durch Anthokyangehalt der Zellen rot
gefärbt; vielleicht werden in dieser Schicht die von den blattgrün-
haltigen Geweben nicht aufgenommenen Lichtstrahlen aufgefangen und
in Wärmestrahlen umgewandelt. — Die Blüten sind zuerst an Be-
stäubung durch Insekten angepaßt, zuletzt sind sie „wind-
156 Europäisches Alpenveilchen.
blütig“. Berührt man eine frisch aufgegangene Blüte an der Spitze
des Staubblattkegels, so quillt der Blütenstaub in dicken, gelben
Klumpen heraus, ohne zu verstäuben; berührt man hingegen eine
ältere Blüte, so fliegt aus ihr ein Wölkchen von weißlichem Blüten-
staub heraus. Die gelbe Farbe und das Zusammenkleben des Blüten-
staubes der jungen Blüten wird durch ein dem Blütenstaub anhaftendes
Öl bewirkt, nach dessen Verdunstung der Blütenstaub weißlich und
stäubend wird. — Der Honig wird im Grunde der Blüte ab-
geschieden und ist durch die zu einem Kegel zusammengestellten
Staubblätter gegen Entnahme durch unberufene Gäste geschützt. —
Anlockung der Insekten (Hummeln) durch die Blütenfarbe und
den Duft.
Standort und Verbreitung. An schattigen, feuchten Orten;
durch die ganze Alpenkette, vom Jura bis nach Österreich, in Salz-
burg, in Böhmen und Mähren, im bayerischen Hochlande.
Gift und dessen Wirkung. Die Knollen der Pflanze sind den
scharf wirkenden Giftpflanzen, deren Genuß zunächst Entzündung des
Schlundes und Magens, dann schwerere Störungen des Allgemein-
befindens hervorruft, zuzuzählen. — Die Knolle enthält ein in seinen
sonstigen Eigenschaften und Wirkungen weniger bekanntes amorphes,
weißes, geruchloses, scharf schmeckendes Glykosid: das Cyelamin
(C5;H,5 0,5) (bei seiner Auffindung durch Saladin „Arthamitin“ ge-
nannt). — In Sizilien werden die Knollen der Pflanze zum Betäuben
‘der Fische benutzt.
Se
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Tafel 85. Tafel 85.
Europäisches Alpenveilchen. Cye/amen europaeum L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Blumenkrone ausgebreitet. 4 Ein-
zelnes Staubblatt. 5 Fruchtknoten im Längsschnitt. 2 bis 5 vergr.
Oleander. 157
OÖleander. Nerium Oleander (z.).
Tafel 86.
Fam.: Hundsgiftgewächse. Apocynaceae.
Nerium des Plinius; nerion (gr.) des Dioskorides von n£ros (gr.), wasser-
liebend, weil er an Flußufern wächst; bei Dioskorides auch rhododendron (gr.),
Rosenbaum, genannt. ÖOleander, vielleicht verstümmelt aus Rhododendron oder
aus eldia (gr.), Ölbaum, und dendron (gr.), Baum, wilder Ölbaum, weil die Blätter
denen des Ölbaumes ähnlich sind.
Beschreibung. Baum oder Strauch mit runden, in der Jugend
hellgrünen Zweigen. — Blätter (Fig. 1) gestielt, lederartig, lanzett-
lich, ganzrandig, spitz, am Grunde in den Stiel verschmälert, aus-
dauernd; Mittelnerv beiderseits deutlich hervortretend.. — Blüten
(Fig. 1) in endständigen, trugdoldigen Rispen, an den Verzweigungen
dieser kleine, abfallende Deckblättehen. — Zwitterblüten. — Kelch
fünflappig, an der inneren Seite drüsig behaart, bleibend. — Blumen-
krone (Fig. 3) präsentiertellerförmig mit trichterförmiger Röhre und
fünfteiligem Saume mit ungleichen Abschnitten; im Schlunde bekrönt
mit kleinen zerspaltenen Läppchen; rosenrot, wohlriechend. — Staub-
blätter 5 (Fig. 4), in der Mitte der Blumenkronröhre eingefügt;
Staubfäden aufrecht, kurz, das Mittelband derselben über den Staub-
beuteln in einen langen, seidig behaarten, spiralig gedrehten Schwanz
auslaufend. — Fruchtknoten zweifächerig, mit vielen Samenanlagen;
Griffel aufrecht, zylindrisch, an der Spitze keilförmig, unter derselben
ein häutiger Ring (Fig. 5). — Frucht säulenförmig, aus zwei ver-
wachsenen Balgkapseln bestehend, zweifächerig, vielsamig, aufspringend.
— Same seidig und schopfig behaart.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. j Die großen, trichterförmigen Blüten besitzen
auf den hochrotenBlumenkronblättern eine fünfteilige, rosen-
rote, geschlitztblätterige Nebenkrone. Jedes Blättchen der
letzteren führt als „Saftmahl“ einen dunkelroten Längs-
streifen. — Der Honig wird am Grunde der Blumenkronröhre
abgesondert. — Die fünf oberen fuchsschwanzartigen Fortsätze
der Staubblätter sind zusammengewunden und bilden einen
Pfropf, der den Eingang in die Blüte soweit verschließt, daß nur an
einzelnen Stellen dünne Insektenrüssel durchdringen können. Die
158 Oleander.
Staubblätter selbst sind zu einem Kegel zusammengerückt,
der mit dem Rande des Narbenkopfes verwachsen ist; in dem hier-
durch gebildeten oberen Hohlraum sammelt sich der klebrige Blüten-
staub an. — Bestäuber: Langrüsselige Nachtfalter, z. B. der
Oleanderschwärmer (Sphinx nerü).— Die Blüte duftet des Abends.
Standort und Verbreitung. Im Gebiete des Mittelländischen
Meeres, an Bächen häufig. Bei uns als beliebte Zierpflanze in Töpfen
und Kübeln, auch mit weißen und gelben Blüten und gefüllt- blühend
vorkommend (Fig. 2).
Gift und dessen Wirkung. Giftig sind besonders die bitter
und scharf schmeckenden Blätter der Pflanze. Heftiges Erbre hen,
Ohnmachten, Krämpfe, allgemeine Schwäche und Lähmungen sind
die nach einer Vergiftung mit vorliegender Pflanze auftretenden Er-
scheinungen; der Tod tritt manchmal schnell, manchmal nach acht
bis neun Tagen ein. Die Pflanze war schon Plinius und Galenus
als giftig bekannt. Über Vergiftungen mit derselben liegen viele Be-
richte vor. — Die Giftwirkung wird man wohl einem der Glykoside,
die in der Pflanze vorkommen, zuzuschreiben haben, von denen als
Hauptglykosid das Oleandrin anzusehen ist; begleitet wird dieses von
dem digitaleinartigen Neriin und dem Neriantin. Näheres über die
chemische Zusammensetzung und physiologische Wirkung dieser Stoffe
liegt noch nicht vor.
Tafel S6. j Tafel 86.
Oleander. Nerium Oleander L.
1:Blühender Zweig. 2 Blüte der gefüllt blühenden Form. 3 Blüte im Längsschnitt.
4 Staubblatt. 5 Griffel. 4, 5 vergr.
Seidenpflanze. 159
Seidenpflanze. Asclepias Cornuti (2. C..
Tafel 87. |
Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae.
Asclepias nach Aselepios oder Äsculap, dem Gotte der Heilkunde. — Cor-
nuti, ein französischer Arzt, der Canada bereiste und dessen Flora beschrieb;
gestorben 1651 zu Paris.
Ascelepias syriaca (L.) von Linne so genannt, weil ihm diese Pflanze, von
Südosteuropa her zuerst bekannt wurde.
Seidenpflanze, die in den Samenkapseln enthaltenen langen Samenhaare be-
sitzen einen starken seidigen Glanz. — Schwalbenkraut, weil man in den auf-
platzenden Samenkapseln Ähnlichkeit mit einer fliegenden Schwalbe sah.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit krautigem, ver-
ästeltem, 1!/;, m hohem, milchsaftführendem Stengel. — Blätter
eiförmig-elliptisch mit kurzer Spitze; unterseits grausamtig behaart;
oberseits kahl, mit hervortretenden Rippen, kurzgestielt (Fig. 1). —
Blüten in vielblütigen, gestielten, end- oder seitenständigen Dolden
(Fig. 1). Blütenstielchen behaart. — Regelmäßig gebaute Zwitter-
blüte.— Kelch bleibend, fünfblätterig; Blätter eiförmig.— Blumen-
krone fünfblätterig; Blätter eiförmig, mit zurückgebogenen braunroten
Zipfeln (Fig. 3). — Staubblätter 5 (Fig. 4); Staubfäden verbreitert,
um den Fruchtknoten zu einer Röhre verwachsen; Staubbeutel auf-
recht, nach innen stehend, zweifächerig, längsaufspringend. Das Mittel-
band derselben an der Spitze zu einer häutigen, der Narbe eng an-
liegenden Platte verbreitert. Auf dem Rücken der Staubfadenröhre
eine fünfteilige Nebenkrone (Fig. 3 u. 4), mit mützenförmigen, zurück-
gebogenen, rot gefärbten Blättchen. Die Blütenstaubkörner eines jeden
Faches sind zu oben spitz zulaufenden Pollenmassen (Pollinarien) ver-
klebt, die zu zwei mit den oben spitz zulaufenden Enden an einer der
Narbe seitlich aufsitzenden Klebdrüse hängend, angeheftet sind (Fig. 5).
— Fruchtblätter 2, ın den Fruchtknoten und Griffeln voneinander
getrennt in der fünfteiligen, fast schildförmigen Narbe verwachsen. —
Frucht (Fig. 2) eine längsaufspringende, zweifächerige, vielsamige,
dichtfilzig behaarte und mit weichen Stacheln besetzte Balgkapsel. —
Same flach, mit häutigem Rande, an der Spitze mit einem Schopfe
langer, weißer, seidenglänzender Haare.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Die Übertragung des Blütenstaubes ist bei
den Asclepiaden in hohem Grade an die sie besuchenden In-
160 Seidenpflanze.
sekten angepaßt, und der Bau der komplizierten Blüte ist nur
verständlich als ungemein vollkommene Anpassung an die In-
sekten: Die Säule, welche den Fruchtknoten umschließt, trägt am
oberen Ende fünf Staubblätter und fünf Honigblätter; die ersteren
liegen dieht um einen fleischigen Narbenkopf. Jedes Staubblatt be-
herbergt in zwei Taschen, die nach dem Kopfe zu offen liegen, zwei
Staubkölbehen. Der häutige Lappen auf der Oberfläche des Narben-
kopfes breitet sich nach beiden Seiten zu einer von der Säule ab-
stehenden blattartigen Fläche aus, die sich an die entsprechende
Fläche des nebenstehenden Staubgefäßes so dicht anlegt, daß nur ein
schmaler Schlitz zwischen beiden bleibt; hinter diesem liegt die zur
Aufnahme des Blütenstaubes empfängliche Narbe. Die Staubmassen
zweier benachbarter Staubgefäße sind mittels zwei Schenkel an einem
schwarzen Klemmkörper befestigt. Außerhalb der Staubgefäße liegen
am oberen Ende der Staubfadensäule fünf Honig absondernde Blätter.
— Insekten, die, durch den Duft der Blüte angelockt, auf derselben
sich niederlassen, geraten bei dem Versuche, sich festzuhalten, mit
den Krallen des Fußes in den Schlitz ibis zu dem genannten Klemm-
körper, der sich an den Fuß festklemmt. Beim Herausziehen des letz-
teren wird der Klemmkörper mit den Staubkölbehen herausgezogen
und von dem Insekte am Fuße fortgetragen. Die beiden anfangs aus-
einandergespreizten Kölbchen rücken beim Fluge des Tieres infolge
des Austrocknens der beiden Schenkel zusammen, legen sich parallel
aneinander und werden beim Niederlassen auf eine andere Blüte durch
den Schlitz eingeführt und in der Narbenkammer auf die Narbe auf-
gedrückt; hierbei reißen die Staubkölbchen ab, während die Klemm-
körper am Fuße des Tieres haften bleiben.
Standort und Verbreitung. Nordamerika. Schon 1629 nach
Europa eingeführt. Seit langer Zeit in Gärten als Zierpflanze vielfach
angepflanzt, findet sich jetzt häufig verwildert.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze ist wegen ihrer scharf-
giftigen Wirkung bekannt. — In Stengel und Blättern ist das Gly-
kosid: Aselepiadin und im Milchsafte der Pflanze, besonders am
Wurzelstocke, das Asklepion enthalten, welches man als ein Spaltungs-
produkt des erstgenannten zu betrachten geneigt ist. Außerdem soll
in der Pflanze noch das giftige Glykosid: Vincetoxin vorkommen.
Welchem von diesen vornehmlich die Giftwirkungen zuzuschreiben
sind, ist nicht näher bekannt. Im Milchsafte der Pflanze ist außerdem
bis 1,61 Proz. Kautschuk vorhanden.
Tafel 87. Tafel 87.
Seidenpflanze. Asc/epias Cornuti Dee.
1 Blühender Sproß. 2 Sproß mit Frucht und verwelkten Blüten. 3 Blüte. 4 Blüte
im Längsschnitt. 5 Staubblatt. 3 bis 5 vergr.
Gemeine Schwalbenwurz. 161
Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxiecum
offieinale (Meneh).
Tafel 88.
Fam.: Seidenpflanzen. Asclepiadaceae.
Vineetoxieum von vincere, besiegen, und töxikon (gr.), Gift, also Gift-
besieger, weil sie als Gegengift angesehen wurde.
Schwalbenwurz oder Schwalbenkraut siehe Aselepias Cornuti.
Asclepias vincetoxieum (L.), Cynanchum vineetoxicum (L.).
Hundswürger. Cynanchum von kyon (gr.), Hund, und äncho (gr.), würgen,
weil nach Ansicht der Alten die Pflanze Hund und Wolf töten könne.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit aufrechtem, krau-
tigem, 30 bis 60 cmi hohem, Milchsaft führendem Stengel (Fig. 1). —
Blätter gegenständig, kurzgestielt, herzförmig oder herz-eiförmig; die
oberen lineal-lanzettlich, zugespitzt, kahl, am Rande und an den
Nerven flaumig behaart. — Blüten in blattwinkelständigen, gestielten
Trugdolden (Fig. 2). — Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 3) fünf-
blätterig, Blättchen lanzettlich. — Blumenkrone trichterförmig mit
fünf Lappen, eiförmig, zugespitzt, gelblichweiß (Fig. 3). — Staub-
blätter 5, dem Grunde der Blumenkronblätter aufsitzend; Staubfäden
am Grunde zu einer Röhre verwachsen (Fig. 4); Staubbeutel aufrecht,
zweifächerig, nach innen aufspringend; auf dem Rücken der Staub-
fadenröhre eine fünfteilige Nebenkrone (Fig. 3) mit eiförmigen, flei-
schigen, gelben Lappen, die durch feine, durchscheinende Häutchen
verbunden sind. Blütenstaubkörner eines jeden Faches zu Pollenmassen
(Pollinarien) verklebt, die zu zwei, mit den nach oben spitz zulaufenden
Enden, einer der breiten Narbe seitlich aufsitzenden Klebdrüse an-
geheftet sind (Fig. 5). — Fruchtblätter 2, in dem Fruchtknoten und
den Griffeln völlig getrennt, mit gemeinsamer, fünfteiliger, flacher
Narbe. — Frucht (Fig. 6) eine eilanzettliche, walzenförmige, auf-
springende, vielsamige Kapsel. — Same (Fig.7u.8) eiförmig, schwarz-
braun, mit einem Schopf seidenartiger, weißer Haare.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die Blüteneinrichtung zeigt im wesentlichen
dieselben Vorrichtungen wie die von Asclepias syriaca; nur
wird die Übertragung des Staubkölbehens nicht wie dort durch die
Esser, Giftpflanzen. 11
162 Gemeine Schwalbenwurz.
Beine der Insekten, sondern durch den Rüssel derselben vollzogen. —
Verbreitung der Samen durch den Wind.
Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, an trockenen
Felsen, an trockenen Stellen in Wäldern.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein als giftig
oder doch als stark giftverdächtig angegeben. Aus früherer Zeit, wo
die Pflanze als Volksheilmittel gebraucht wurde (die Wurzel ist brechen-
erregend und schweißtreibend), sind einige Vergiftungsfälle selbst mit
tödlichem Ausgange bekannt. — In der Pflanze. ist das Glykosid:
Vincetoxin (siehe Asclepias Cornuti) nachgewiesen.
Tafel 88. \ Tafel 88.
Gemeine Schwalbenwurz. Vincetoxicum offieinale Moench.
I, 2 Pflanze 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Fruchtknoten mit Staubfadenröhre.
5 Staubblatt und Pollinarien mit Klebdrüse. 6 Frucht, geschlossen und aufgesprungen.
7, 8 Same. 3, 4, 5, 7, 8 vergr.
Gemeiner Stechapfel. 163
(Gemeiner Stechapfel. Datura
Stramonium (Z£..t
Tafel 89. Wandtafel 14.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Das Wort Datura soll indischen Ursprungs sein, von „Datiro“, nach anderen
vom arabischen „Tatörah“ herkommen und ursprünglich verschiedene andere
Steehapfelarten bedeuten. — Stramonium, wahrscheinlich entstellt aus strychnos
manikös (gr.), rasend machendes Strychnos, das aber nicht die Datura gewesen zu
sein scheint.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit kahlem, aufrechtem,
grünem, krautartigem, unten einfachem und rundem, oben gabelästig
verzweigtem und kantigem, hohlem Stengel. — Blätter (Fig. 1) ge-
stielt, eiförmig, ungleichbuchtig gezähnt, spitz, oben dunkelgrün, unten
heller; Blattstiel oberseits mit einer Furche. — Blüten (Fig. 1) ein-
zeln in den Gabeln der Äste, gestielt. — Zwitterblüten. — Kelch
(Fig. 1) fünfkantig, fünfzähnig, meist kurzbehaart; nach dem Verblühen
im oberen Teile abfallend, im unteren, derberen Teile bleibend (Fig. 3).
— Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, mit weitem, offenem, ge-
faltetem, fünfzähnigem Saume, weiß, abfallend. — Staubblätter 5,
Staubfäden der Blumenkrone bis zur Hälfte angewachsen, oben frei,
unten fein behaart; Staubbeutel am Grunde angeheftet, länglich, zwei-
fächerig, gelblich, längsaufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 3 u. 4)
eiförmig, mit kurzen, weichen Stacheln besetzt; unten vier-, oben
zweifächerig mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, lang;
Narbe hufeisenförmig, zweilappig. — Frucht (Fig. 5) eine eiförmige,
vierseitige Kapsel mit dieken, spitzen Dornen besetzt, vierklappig auf-
springend.. — Same (Fig. 6 u. 7) platt, nierenförmig, fein punktiert
oder grubig, schwarz. Als Abart dieser wird von manchen die bläulich
blühende Datura tatula angesehen.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Diese Giftpflanze mit unangenehm riechendem
Laube wird von Tieren nicht angegriffen. — Die Blüten öffnen sich
abends zwischen 7 bis 8 Uhr und verbreiten einen starken
Duft; die weiße Farbe macht sie auch des Nachts sichtbar: Nacht-
falterblüte. Die Bestäubung wird hauptsächlich durch Nacht-
schwärmer vollzogen; nur diese können mit ihren langen Rüsseln
11*
164 Gemeiner Stechapfel.
den Honig erreichen, der tief in der Blüte, in den Rinnen der leisten-
förmig vorspringenden Staubfäden aufgespeichert ist. — Die Samen-
kapseln sind mit Stacheln besetzt zum Schutze gegen An-
griffe seitens der Tiere. Beim Eintrocknen der Kapselwände springt
die Kapsel auf, und die Samen werden frei; sie werden teils vom
Winde verstreut, teils aber auch, trotz ihres Giftes, von Vögeln, be-
sonders Meisen, gefressen und verschleppt.
Standort und Verbreitung. Ob die Pflanze den Alten bekannt
gewesen ist, läßt sich nicht mehr nachweisen. Ihre Heimat sind wahr-
scheinlich die Gegenden um das Schwarze Meer. Heute ist sie fast
über die ganze Erde verbreitet. In Europa reift sie noch ihre Samen
in Skandinavien bei 70° nördlicher Breite. Sie bevorzugt Schutthaufen,
wüste Stellen in Gärten und an Feldern. Die Verbreitung des Stech-
apfels schreibt man den Zigeunern zu, die Kraut und Samen der
Pflanze zur Bereitung ihrer Hexensalben benutzten.
Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Pflanze sind giftig,
besonders die Samen. Dieselben enthalten größere Mengen Hyos-
eyamin (siehe Hyoscyamus niger), sowie etwas Atropin (siehe Atropa
belladonna) und Skopolamin, drei sehr giftige Alkaloide, die in einer
Gesamtmenge von 0,48 bis 3,33 Proz. in den Blättern, 0,43 Proz. ın
den Blüten und 0,1 Proz. in der Wurzel vorkommen. Datura Stra-
monium enthält vorwiegend Hyoscyamin. Die Giftwirkung der
Pflanze gleicht sehr derjenigen der Tollkirsche und des Bilsenkrautes;
jedoch ist die Wirkung eine schnellere und intensivere. — In der
Heilkunde wurden früher benutzt: die zur Zeit der Blüte ge-
sammelten Blätter (Folia Stramonii) und die reifen Samen (Semen
Stramoni).
Tafel S9. Tafel 89.
Stechapfel. Datura Stramonium L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten. 4 Fruchtknoten
im Querschnitt. 5 Frucht, aufgesprungen. 6 Same, nat. Größe u. vergr. 7 Same
im Längsschnitt. 3, 4, 5, 7 vergr.
Virginischer Tabak. 165
Vireinischer Tabak. Nicotiana labacum (z,).
Tafel 90.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Nieotiana zu Ehren Jean Nicots, des französischen Gesandten am portu-
giesischen Hofe, der 1560 zuerst Samen dieser Pflanze nach Paris brachte; tabacum
von „Tabak“, womit die Eingeborenen St. Domingos die Pfeife bezeichneten, deren
sie sich zum Rauchen der Blätter bedienten.
Beschreibung. Einjährige, bis 2m hohe Pflanze mit ein-
fachem, wenig verästeltem, krautigem, rundem, drüsig-behaartem Stengel.
— Blätter zerstreut; Wurzelblätter länglich -elliptisch, in den Blatt-
stiel verschmälert; untere Stengelblätter (Fig. 1) länglich, sitzend, oft
etwas stengelumfassend, zugespitzt; die oberen Blätter allmählich
kleiner werdend bis zu lanzettförmigen Deckblättchen. Alle Blätter
drüsig-behaart, klebrig. — Blüten (Fig. 1) in endständiger, fast dolden-
traubiger, klebrig-behaarter Rispe; Blütenstielchen rund. — Zwitter-
blüten. — Kelch (Fig. 1) glockenförmig, bleibend, fünfspaltig; Zipfel
zugespitzt. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) trichterförmig; Röhre lang,
walzenförmig; Saum fünfspaltig, ausgebreitet; Lappen zugespitzt, unten
grünlich, oben rot, außen behaart. — Staubblätter 5 (Fig. 2), vier
längere und ein kürzeres, fast zur Hälfte der Blumenkronröhre an-
gewachsen, oben frei; Staubfäden pfriemlich, unten behaart; Staub-
beutel eiförmig, am Rücken befestigt, zweifächerig, längsaufspringend.
— Fruchtknoten (Fig. 2) oberständig, eiförmig, kahl, beiderseits mit
einer Furche, zweifächerig (Fig. 3) mit zahlreichen Samenanlagen ;
Griffel fadenförmig, lang; Narbe kopfförmig abgeplattet, schwach-
zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 4) eine eiförmige, vom Kelch um-
hüllte, zweiklappige Kapsel mit vielen Samen. — Same (Fig. 5) klein,
braun, eiförmig oder nierenförmig, an der Oberfläche fein netzgrubig;
Embryo bogenförmig, rund, keulenförmig (Fig. 6). Die Pflanze ändert
ab in Blättern und Blüten; besonders sind bei den in Kultur genom-
menen Pflanzen viele Formen entstanden.
Blütezeit: September, Oktober. 2
Biologisches. Die Blüten sind in der Heimat der Pflanze
an die Bestäubung durch langrüsselige Tagfalter und durch
kleine, langschnäbelige Vögel (Kolibri und Honigvögel) angepaßt.
— Die Staubbeutel stehen im Anfang unterhalb der Narbe, erheben
166 Virginischer Tabak.
sich aber im Verlaufe des Blühens mit der Streckung der Blumen-
krone, erreichen die Narbe und bringen Eigenbestäubung zuwege, falls
Fremdbestäubung nicht erfolgte.
Standort und Verbreitung. Das Vaterland ist wahrscheinlich
Südamerika. Die Pflanze war zur Zeit der Entdeckung jenes Erdteiles
schon ein dort allgemein angebautes Gewächs, dessen Blätter in be-
sonderen Pfeifen geraucht wurden. Romano Pane, ein Reisegefährte
des Kolumbus, sandte 1518 zuerst Samen der Pflanze an Karl V.; heute
ist sie in vielen Teilen der Erde eine wichtige Kulturpflanze. Als
Zierpflanze findet sie sich häufig in Gärten.
Gift und dessen Wirkung. Alle Tabakarten sind starke Gift-
pflanzen; weniger die frischen Pflanzenteile, als die zum Rauchen,
Kauen, Schnupfen verwendeten getrockneten Blätter geben Veranlassung
zu Vergiftungen. Mit Ausnahme der Samen, die kein Alkaloid ent-
halten, findet sich in allen Teilen der Tabakpflanze das sehr giftige
Alkaloid: Nieotin (C,,H,.N;), in reinem Zustande eine. farblose
Flüssigkeit, die an der Luft schnell gelb und braun wird, von bren-
nend scharfem Geschmack und tabakartigem Geruch. Diese Base
findet sich in den Blättern von 0,6 bis 0,8 Proz. und zwar an Apfel-
säure oder Zitronensäure gebunden; außer ihr sind in geringer Menge
als Begleitalkaloide in den Tabaksblättern gefunden worden: das
sleichfalls giftige, flüssige Nieoteäin (C,.H,;N,), das flüssige Nicotimin
(C,.H,,N,;), isomer mit Nicotinin, und das feste, kristallinische Nico-
tellin (C,,H;N;). Der Alkaloidgehalt des Tabaks ist sehr verschieden,
je nach den Bodenverhältnissen und der Kultur der Pflanze. — Die
Wirkung des Nicotins ist eine äußerst rasche und kommt derjenigen
der Blausäure und des Coniins an Schnelligkeit gleich. Das Gift wirkt
in allen Fällen, gleichviel, auf welche Weise es in den Körper ge-
bracht wird. — In der Heilkunde werden benutzt: Die an der
Luft getrockneten Blätter (Folia Nicotianae).
Tafel 90. Tafel 90.
Virginischer Tabak. Nicotiana tabacum 1.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtknoten im Querschnitt.
4 Fruchtkapsel. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt. 3, 5, 6 vergr.
Tafel 91. . Tafel 91.
Bauern-Tabak. Nicotiana rustica L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Kelch mit Stempel. 4 Frucht-
knoten mit Griffe. 5 Frucht im Querschnitt. 6 Frucht (Samenkapsel). 7 Same,
nat. Größe u. vergr. 2 bis 6 vergr.
Bauern-Tabak. 167
Bauern-Tabak. Niecotiana rustica (Z..
Tafel 91.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Nieotiana siehe Nicotiana tabacum; rustica, weil als geringe Sorte von
den Bauern (rusticus) gebraucht.
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit stielrundem, krautigem,
verästeltem, drüsig-behaartem, bis 11/;, m hohem Stengel. — Blätter
(Fig. 1) zerstreut, gestielt, eiförmig, stumpf, am Rande wellenförmig,
dunkelgrün, klebrig-behaart, nach oben zu kleiner werdend. Blattstiel
rinnig. — Blüte (Fig. 1) in dicht gedrängter, endständiger, klebriger
Rispe. — Kelch glockenförmig, dunkelgrün, fünflappig; Lappen un-
gleich; bleibend (Fig. 3). — Blumenkrone (Fig. 2) tellerförmig,
mit walzenförmiger, am Schlunde aufgeblasener Röhre. Saum fünf-
lappig, ausgebreitet, Lappen stumpf-eiförmig, gelblichgrün. — Staub-
blätter 5 (Fig. 2), am Grunde mit der Blumenkrone verwachsen;
Staubfäden pfriemlich, unten behaart; Staubbeutel länglich- eiförmig,
am hücken befestigt, zweifächerig, längsaufspringend. — Frucht-
knoten (Fig. 4 u. 5) oberständig, rund-eiförmig, seitlich etwas zu-
sammengedrückt, beiderseits mit einer Furche, zweifächerig, mit zahl-
reichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, lang, abfallend. Narbe
kopfförmig, abgeplattet, zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 6) eine
rundlich-eiförmige Kapsel, länger als der bleibende Kelch. — Same
(Fig. 4) sehr klein, bräunlich, eiförmig, an der Oberfläche fein netz-
grubig.
Blütezeit: August bis Oktober.
Biologisches siehe Nicotiana tabacum.
Standort und Verbreitung. Stammt aus Mexiko und dem nörd-
lichen Teile von Mittelamerika. War wahrscheinlich jene Tabakpflanze,
mit welcher die Spanier 1492 auf Kuba zuerst bekannt wurden. Heute
wird sie besonders in Südeuropa, Westasien und Afrika angebaut.
Gift und dessen Wirkung siehe Nicotiana tabacum.
168 Sehwarzes Bilsenkraut.
Schwarzes Bilsenkraut. Hyoseyamus
niger (Z..}
Tafel 92. Wandtafel 15.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Hyoscyamus von hs (gr.), Schwein, und kıyjamos (gr.), Bohne = Schweins-
bohne, Saubohne, weil, gemäß dem Berichte von Aelian, nach Ansicht der Alten,
die Schweine das Kraut ohne Nachteil fressen können. Niger — schwarz.
Bilsenkraut vom althochdeutschen „belisa“, mit der Wurzel, „bal“, töten, also
todbringendes Kraut; „Belinuntia“ hieß es nach Plinius bei den Galliern; Dullkraut,
weil sein Genuß Schwindel erzeugt; Zigeunerkorn, weil es von den Zigeunern zur
Herstellung der Hexensalbe verwendet wurde.
Beschreibung. Einjährige, zuweilen zweijährige Pflanze
mit einfachem oder verästeltem, bis !/, m hohem, undeutlich fünf-
kantigem, zottig-behaartem, hohlem Stengel und einfacher oder rüben-
förmiger Wurzel. — Blätter (Fig. 1) zerstreut stehend, eilänglich,
buchtig-gezähnt; die unteren gestielt; die oberen halbstengelumfassend;
dicht mit Drüsenhaaren besetzt. — Blüten (Fig. 1) einzeln, achsel-
ständig, fast sitzend, einseitswendig, an der Spitze des schneckenförmig -
sebogenen Stengels eine einseitswendige Ähre bildend. — Zwitter-
blüten. — Kelch becherförmig, fünfzähnig, drüsig-behaart, bleibend
und später die Frucht als grüner Becher umschließend. — Blumen-
krone (Fig. 2) unregelmäßig, trichterförmig; Röhre becherförmig,
dunkelviolett, weich behaart; Saum gelblichviolett geadert, ungleich;
Oberlippe kürzer, zweilappig; Unterlippe dreilappig; Lappen ab-
gerundet. — Staubblätter 5 (Fig. 2), drei längere und zwei kürzere,
auf der Blumenkrone stehend; Staubfäden pfriemlich, fein behaart,
weiß; Staubbeutel länglich, violett, zweifächerig, nach innen längs-
aufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 2).oberständig, eilänglich, kahl,
seitlich etwas zusammengedrückt, zweifächerig, mit zahlreichen Samen-
anlagen; Griffel fadenförmig, violett, fein behaart, oben kahl; Narbe
kopfförmig, platt gedrückt. — Frucht (Fig. 4 u.5) eine eiförmige,
vom Kelch umschlossene, zweifächerige, mit einem Deckel sich öffnende
Kapsel. — Same (Fig. 6) klein, graubraun, nierenförmig, netzgrubig.
Ändert in der Blüte ab: Hyoscyamus pallidus (Dun.), mit ein-
farbigen, gelblichen Blüten; Hyoscyamus agrestis (Nees), einjährige
Pflanze mit wenigen Blüten.
Tafel 92. | Tafel 92.
Schwarzes Bilsenkraut. Hyoscyamus niger L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht im Kelch. 4 Frucht mit
aufgesprungenem Deckel. 5 Frucht im Längsschnitt. 6 Same, vergr. u. nat. Größe,
Schwarzes Bilsenkraut. 169
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die Pflanze ist durch den unangenehmen Ge-
ruch der grünen Teile und durch das Gift vor tierischen An-
griffen geschützt. — Die violetten Striche auf dem Blüten-
saume werden als „Saftmale“ gedeutet. — Der im Grunde der
Blumenkronröhre abgeschiedene Honig ist durch die dichte
Behaarung des unteren Teiles der Staubfäden gegen Raub durch
kleine Insekten geschützt. — Staubbeutel und Narben sind zu
gleicher Zeit reif. Platzwechsel zwischen der Narbe und den
Staubbeuteln: In der jungen Blüte steht die Narbe in der Mitte,
während die Staubbeutel an die Wand der Blumenkrone angelehnt
sind; in der älteren Blüte haben dieselben ihren Platz gewechselt:
die Staubbeutel stehen jetzt in der Mitte, und der Griffel hat sich
der Blumenkrone zu gebogen. Die Insekten beladen sich also in der
älteren Blüte mit Blütenstaub und übertragen denselben auf die in
der jungen Blüte an der Eingangspforte stehende empfängnisreiche
Narbe. Die Bestäubung wird vornehmlich durch Hummeln
vollzogen.
Standort und Verbreitung. Wächst mit Ausnahme der tro-
pischen Gegenden und des äußersten Nordens auf der ganzen nörd-
lichen Erdhälfte der Alten Welt, mehr oder weniger häufig; auf Schutt-
‘haufen, an Hecken, Zäunen und Wegen.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze ist in allen Teilen giftig
und äußert eine stark narkotische Wirkung, die derjenigen der Toll-
kirsche ähnlich ist. — Die Giftwirkung wird dem in allen Teilen der
Pflanze, besonders in den Wurzeln enthaltenen Alkaloid: Hyoseyamin
(C,;H,;NO,) zugeschrieben, das in seinen Eigenschaften dem Atropin
(siehe Atropa belladonna) sehr ähnlich ist und auch leicht in dieses
übergeht. — Dioskorides und Plinius führen die Pflanze schon als
giftig an. Im Altertum und im ganzen Mittelalter war dieselbe schon
in der Arzneikunde im Gebrauch. — In der Heilkunde werden jetzt
benutzt: die beblätterten Stengel im blühenden Zustande (Herba
Hyoscyami).
170 Bittersüß.
Bittersüss. Solanum dulcamara (z.).
Tafel 93. Wandtafel 16.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Solanum ein bei Plinius vorkommender Pflanzenname; vielleicht von so-
lare, einen Sonnenstich verursachen; also verrückt machen, von der giftigen
Wirkung der mit Solanum bezeichneten Pflanze; duleamara von duleis, süb,
und amarus, bitter, wegen des anfangs bitteren, später süßen Geschmacks der
Stengel; daher deutsch „Bittersüß“. — Mäuseholz, die Pflanze diente zum Vertreiben
der Mäuse; Waldnachtschatten.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, hol-
zigem Wurzelstock und verholzten, kletternden, niederliegenden, ver-
zweigten, bis 1!/; m langen, kantigen Stengeln und abstehenden, in
der Jugend grünen, kantigen Ästen (Fig. 1). — Blätter zerstreut-
stehend, langgestielt, eiförmig, zugespitzt; die oberen pfeilförmig ganz-
vandig, kahl oder schwach behaart, dunkelgrün. — Blüten (Fig. 1)
in wiederholt gabelteiligen Trugdolden, deren Äste sparrig sind;
Blütenstiel blattgegenständig oder verschoben, kurz behaart; Stielchen
der Einzelblüten abstehend, lang, meist kurz behaart, nach oben zu
verdickt. — Zwitterblüten. — Kelch becherförmig, fünfzähnig, kurz,
bleibend, grün. — Blumenkrone regelmäßig, abfallend, violett,
selten weiß; Röhre kurz; Saum fünfteilig, abstehend, später zurück-
sebogen; Lappen eilänglich, nach der Spitze zu verschmälert; in der
Mitte deutlich der Länge nach gefaltet, am Grunde zwei drüsige, grüne
oder weiße Flecken tragend. — Staubblätter (Fig. 2) 5, Staubfäden
kurz, pfriemlich; Staubbeutel lanzettförmig, am Grunde den Fäden an-
gewachsen, mit den Rändern zu einer kegelförmigen Röhre verwachsen,
hochgelb, zweifächerig, an der Spitze mit zwei Löchern aufspringend.
Fruchtknoten (Fig. 2) oberständig, kegelförmig, kahl, zweifächerig,
mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel fadenförmig, länger als die
Staubgefäße; Narbe kopfförmig, stumpf. — Frucht (Fig. 3, 4, 5) eine
hängende; saftige, ovale, rote, glänzende Beere. — Same nierenförmig,
platt, weiß. ;
Die Pflanze ändert ab in der Behaarung und kommt, an Stengel
und Blättern behaart vor, als var. tomentosa, oft im südlichen Teile
ihres Verbreitungsgebietes.
Blütezeit: Mai bis Herbst.
Tafel 9. Tafel 93.
Bittersüß. Solanum dulcamara L.
1 Blühender Sproß. 2 Innerer Teil der Blüte im Längsschnitt. 3 Fruchtstand.
4 Frucht im Querschnitt. 5 Frucht im Längsschnitt. 2, 4, 5 vergr.
Bittersüb. 171
Biologisches. In der Mitte der einen violetten Stern bil-
denden Blumenkrone sitzt ein gelber, die Augenfälligkeit der
Blüte erhöhender Staubbeutelkegel; er dient zugleich als An-
flugplatz für die Insekten. Honig wird nicht abgesondert,
ebenso ist die Menge des Blütenstaubes gering; infolgedessen ist der
Insektenbesuch spärlich, und Eigenbestäubung häufig. Der pulver-
förmige Blütenstaub, zu dessen Schutz die Blüte seitwärts gestellt
oder nach unten gerichtet ist, wird aus zwei Öffnungen an der
Spitze der Staubbeutel entlassen. — Die Beeren werden von
Vögeln verzehrt und so die Samen verbreitet.
Standort und Verbreitung. An feuchten, schattigen Stellen in
Gebüschen, an Bach- und Flußufern, durch die nördliche Hälfte der
Alten Welt. In Europa von den Ländern des Mittelmeeres bis fast
zum Polarkreis. In Nordamerika eingeschleppt und ziemlich verbreitet.
Gift und dessen Wirkung. Über Solanin, welches in der Pflanze
vorkommt, siehe Solanum nigrum. In den Blättern und jungen Trieben
des Bittersüß wurde neben Solanin auch freies Solanidin reichlich
gefunden; in den Früchten ist das Solanin in 0,3 bis 0,7 Proz. enthalten.
In den Stengeln der Pflanze wurde ein noch nicht näher erforschtes
Glykosid: das Duleamarin nachgewiesen. — Vergiftungen sollen vor-
gekommen sein durch Genuß der schönen, roten Beeren; von anderen
wird diesen aber die Giftigkeit abgesprochen. — In der Heilkunde
wurden früher benutzt: die nach dem Abfallen der Blätter, im
Herbst, gesammelten zwei- bis dreijährigen Sprosse (Stipites
Dulcamarae).
172 Sehwarzer Nachtschatten.
Schwarzer Nachtschatten. Solanum
nIETUM (7.).
Tafel 94.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Solanum siehe Solanum dulcamara; nigrum = schwarzer, wegen der
Farbe der reifen Beeren.
Nachtschatten, im Mittelalter „Nachtschade* — schwarzer Schade —= Feind,
Widersacher, wegen der Giftigkeit dieser Pflanze.
Solanum melanocerasum (Willd.).
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit vielfach sparrig - ver-
ästeltem, krautigem, 30 bis 50 cm hohem, kahlem oder wenig be-
haartem, kantigem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) gestielt,
eiförmig, ganzrandig oder buchtig-gezähnt, am Grunde in den Blatt-
stiel verschmälert, dunkelgrün. — Blüten (Fig. 1) in Doldentrauben
an kurzen, blattgegenständigen oder seitenständigen Stielen. —
Zwitterblüten. — Kelch fünfspaltig, bleibend (Fig. 3 u. 5). —
Blumenkrone regelmäßig (Fig. 2), mit kurzer Röhre; Saum aus-
gebreitet, fünfspaltig, abfallend, weiß; Zipfel länglich -eiförmig, zu-
gespitzt. — Staubblätter 5 (Fig. 4), frei; Staubfäden kurz, dick;
Staubbeutel aufrechtstehend, kegelförmig zusammengeneigt, breit, zwei-
fächerig, an der Spitze nach oben mit zwei Löchern aufspringend, gelb.
— Fruchtknoten oberständig, eiförmig; Griffel säulenförmig mit
stumpfer Narbe. — Frucht (Fig. 1 u. 5) eine kugelige, fleischige,
schwarze, vielsamige Beere. — Same (Fig. 6) platt, eiförmig.
Die Pflanze ändert ab in der Form der Blätter und in der Farbe
der Früchte; außer schwarzfrüchtigen kommen gelb-, grün- und rot-
früchtige (var. miniatum) Formen vor.
Blütezeit: Juli bis Spätherbst.
Biologisches. Honiglose Blüte, die im Bau derjenigen von
Solanum dulcamara ähnlich ist. Insektenbesuch nicht häufig.
Standort und Verbreitung. Auf bebautem und unbebautem
Lande, in Gärten, an Wegen; in ganz Europa, Asien und Amerika,
mit Ausnahme der eigentlichen Tropen und der Gegenden des höchsten
Nordens; allgemein verbreitetes Unkraut.
Gift und dessen Wirkung. In einer Reihe von Nachtschatten-
arten, der Gattung Solanum angehörend (Solanum dulcamara, nıgrum,
Tafel 4. | Tafel 9.
Schwarzer Nachtschatten. Sol/anum nigrum L.
1 Sproß mit Blüten und Früchten. 2 Blüte. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staub-
blatt. 5 Frucht, längs durchschnitten. 6 Same, nat. Gr. 4 vergr.
Schwarzer Nachtschatten. 173
tuberosum und anderen) finden sich giftige Basen mit Glykosid-
charakter. Die bekannteste ist das seiftige Alkaloid: Solanin
(C,H,; NO,,). Dieses ist durch verdünnte Mineralsäure spaltbar in
Zucker und das gleichfalls siftige Solanidin. — Das Solanin kri-
stallisiert in weißen, bitter schmeckenden Nadeln, die in Wasser und
kaltem Alkohol wenig löslich sind. — Die physiologische Wirkung der
beiden genannten Alkaloide ist der des Saponins ähnlich. Das Solanin
gehört zu den scharf narkotischen Giften, das lähmend auf das Rücken-
mark einwirkt; den Tod führt es durch Lähmung der Respirations-
muskeln herbei. Der Beginn der Vergiftung zeigt sich an durch Schwindel,
Verlust der Sprache, Krämpfe, Bewußtlosiskeit; Pupillenerweiterung
tritt nicht auf. Selten führt die Vergiftung zum Tode, da der Solanin-
gehalt aller Pflanzenteile kein sehr hoher ist. — Giftig sind von So-
lanum nigrum die Beeren, besonders diejenigen der rotfrüchtigen
Abart (var. miniatum); von anderen wird die Giftigkeit und das Vor-
handensein von Solanin in den Beeren bestritten. Vielleicht sind auch
die äußeren Verhältnisse, unter denen die Pflanze aufwächst (Standort,
Bodenverhältnisse u. dgl.), von Einfluß auf die Bildung des Giftes. In
geringer Menge wurde außerdem eine dem Atropin nahestehende Pu-
pillen erweiternde Base in der Pflanze gefunden.
174 Kartoffel.
Kartoffel. Solanum tuberosum (z..
Tafel 9.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Solanum siehe Solanum duleamara ; tuberosum, knollentragend.
Kartoffel, eine Verstümmelung des italienischen Namens „Tartuffoli“ — Erd-
apfel.
Beschreibung. Pflanze mit einjährigem, knolligem Wurzel-
stocke (Fig. 1), aus dem lange, unterirdische Ausläufer hervorwachsen,
die sich stellenweise zu knospentragenden Knollen verdicken. —
Stengel aufrecht oder niederliegend, verästelt, krautartig, kantig, mit
schmalen Seitenleisten, bis 1m lang. — Blätter (Fig. 1) unpaarig-
sefiedert; Blättchen ganzrandig, am Grunde ungleich-herzförmig; unter-
seits zottig- behaart; oberseits unbehaart. — Blüten (Fig. 1 u. 2) in
langgestielten Trugdolden, end- und seitenständig; Blütenstiele in der
Mitte gegliedert. — Zwitterblüten. — Kelch einblätterig, mit fünf
kurzen, elliptischen Zipfeln. — Blumenkrone (Fig. 2) regelmäßig,
radförmig, einblätterig, mit fünf durch seichte Einbuchtung des Randes
wenig deutlichen Lappen; Saum gefaltet, weiß, bläulich oder rötlich. —
Staubblätter (Fig.3 u. 4) 5, der Blumenkrone am Grunde aufsitzend;
Staubfäden breit; Staubbeutel frei, aufrecht, nach der Mitte zu einem
Kegel zusammengeneigt, zylindrisch, zweifächerig, orangefarbig, an der
Spitze mit zwei Löchern aufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 3 u. 5)
zweifächerig, oval; Griffel keulenförmig, weiß; Narbe kopfförmig, grün.
— Frucht (Fig. 6) eine kugelrunde, gelbgrüne, fleischige, vielsamige
Beere. — Same (Fig. 3) klein, nierenförmig, platt.
Die Pflanze hat unzählige in der Tracht, der Form der Blätter,
Farbe der Blüten, Gestalt und Farbe der Knollen sich unterscheidende
Abarten gebildet.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Zur Blütezeit stellen sich die Blütenstiele fast
wagerecht und die Blumenkronen breiten sich zu senkrechtstehenden
Flächen aus. Die fünf kegelförmig zusammenstehenden, gelben Staub-
eefäße umschließen den Griffel, während die Narbe über sie hinausragt
und sich mehr oder weniger abwärts richtet. — Farbenkontrast des
selben Staubbeutelkegels gegen die violetten Blumenblätter
Kartoffel. 173
zur Verstärkung des Schauapparates. — Honiglose Blüte mit
spärlichem Insektenbesuch, in der daher Eigenbestäubung
häufig eintreten muß. — Die Blütenblätter falten sich abends
zusammen und werden durch Krümmen der Blütenstiele nickend,
zum Schutze des Blütenstaubes gegen Nässe.
Standort und Verbreitung. Angebaut in fast allen Teilen der
Erde, in denen das Klima dieses zuläßt. Die jetzt in unzähligen
Formen kultivierte, botanisch als Solanum tuberosum bezeichnete
Pflanze, entstammt nicht einer einzigen der wildwachsenden knollen-
tragenden Nachtschattengewächse Amerikas, sondern ist ein Erzeugnis
vielhundertjähriger Kultur, zu dessen Entstehung vielleicht auch Ver-
mischung mehrerer Solanumarten beigetragen hat. Als Ursprungsarten
sieht man an: die in Chile, Peru, Olivia und nördlich bis Zentral-
amerika vorkommende Solanum Maglia (Schlecht) und die in Ura-
zuay bis nach Brasilien wachsende Solanum Commersoni (Dunal).
(Geschichtlich ist erwiesen, daß der, schon vor Entdeckung Amerikas,
wenn auch als wenig wichtige Kulturpflanze dort angebaute knollen-
tragende Nachtschatten auf zwei Wegen nach Europa gelangte: 1. aus
dem südlichen Teile Nordamerikas nach England gegen 1580 und
2. nach Südeuropa durch die Spanier vor 1586. Im Jahre 1588 wurde
die Pflanze durch den Botaniker Clusius nach Deutschland gebracht.
Dieser Franzose hatte sie von einem päpstlichen Gesandten unter dem
für die Pflanze in Italien gebräuchlichen Namen „Taratoufli* erhalten.
Hiervon leitet sich der deutsche Name Kartoffel ab.
Gift und dessen Wirkung. Über Solanin siehe Solanum nigrum.
Es findet sich bei der Kartoffel in allen Teilen der Pflanze, und zwar
besonders reichlich in der Nähe der Vegetationspunkte in jungen
Blättern, Blüten und in den grünen Beeren sowie in den Knollen. —
Im Hochsommer enthält das frische Kraut 0,0925 Proz. des Alkaloids.
im Spätsommer nur 0,0374 Proz. und noch weniger. In den Knollen
findet sich das Solanin in den inneren Schichten der Rinde, und be-
trägt der Durschnittsgehalt 0,0124 Proz.; er ist aber nach den Sorten
wechselnd; die rotschaligen sollen etwas mehr Solanin enthalten als
die gelbschaligen Sorten. Weiterhin soll die Feuchtigkeit des Bodens
großen Einfluß auf den Solaningehalt der Kartoffelknolle ausüben;
feuchter Boden soll einen höheren Solaningehalt der Knollen ver-
ursachen als trockener; bei Stickstoffdüngung soll er ferner höher sein
als bei Kalidüngung. Im Stärkeparenchym wurden 0,002 Proz. ge-
funden. In frischen Frühjahrstrieben der Kartoffel wurde bis 1,5 Proz.
Solanin gefunden; auch die Knollen selbst, welche junge Triebe tragen,
sind reicher an giftigen Alkaloiden, als zur Zeit, wo sie noch nicht
austreiben. In sehr geringer Menge ist in der Pflanze ein dem Atropin
nahestehendes, die Pupille erweiterndes Alkaloid nachgewiesen worden.
2
176 Kartoffel.
— Besonders hoch ist der Solaningehalt in den Knollen, die längere
Zeit dem Lichte ausgesetzt gewesen. und dadurch grün geworden sind;
hier steigt derselbe um das Dreifache, und es findet sich die stärkste
Zunahme nicht in der Schale selbst, sondern in den unmittelbar unter
dieser liegenden, blattgrünhaltigen Geweben. Ungesund ist nach dem
oben Gesagten der Genuß von gekeimten und von grünschaligen Kar-
toffeln. — Über die physiologische Wirkung des Solanins siehe bei
Solanum nigrum.
Tafel 95. Tafel 95.
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Kartoffel. So/anum tuberosum 1.
l Knollen. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht-
knoten mit Griffel. 6 Frucht. 7 Same, vergr. u. nat. Größe. 3, 4, 5 vergr.
+
Tollkirsche. 17
|
Tollkirsche. Atropa belladonna (z.).;
Tafel %. Wandtafel 17.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Atropa von dtropos (gr.), unabwendbar, Name derjenigen der drei Parzen.
die den Lebensfaden abschneidet, wegen der großen Giftigkeit der Pflanze; Bella
donna (schöne Frau) von dem Botaniker Tournefort genannt, weil die Italiene-
rinnen sich mit dem Safte der Beeren schminkten.
Tollkirsche, Tollkraut, Schwindelkirsche, Schlafkirsche, wegen ihrer schwindel-
erregenden Wirkung; Teufelskirsche; Waldnachtschatten.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit fleischigem, braunem,
verästeltem Wurzelstocke und aufrechten, bis 1!1/, m hohen, etwas
kantigen, weichhaarigen, oben verästelten, grünen, oft rötlichbraunen
Stengeln. — Blätter (Fig.1) am Hauptstengel zerstreut stehend, ge-
stielt, groß; an den Ästen paarweise nebeneinander stehend, mit unter
sich an Größe ungleichen Paaren; oval oder eiförmig, zugespitzt, ganz-
randig, oberseits dunkelgrün, kahl; unterseits heller, am Blattstiel und
an den Nerven drüsig behaart. — Blüten (Fig. 1) einzeln, gestielt,
hängend, blattwinkelständig; Stiel drüsig behaart. — Zwitterblüten.
— Kelch fünfspaltig, Lappen eiförmig, zugespitzt, drüsig behaart, grün,
bleibend. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 2) glockenförmig, außen drüsis
behaart, abfallend; Saum fünflappig; Lappen abgerundet, zurückgerollt;
unten grünlichgelb, oben braunviolett. — Staubblätter 5 (Fig. 2),
am Grunde der Blumenkrone eingefügt; Staubfäden pfriemlich, weiß,
unten zottig behaart, oben kahl, gekrümmt; Staubbeutel oval, am
Rücken angeheftet, zweifächerig, blaßgelb, längsaufspringend. —
Fruchtknoten (Fig.2) auf einer ringförmigen Scheibe, eiförmig, seit-
lich kaum merklich zusammengedrückt, zweifächerig, kahl, mit vielen
Samenanlagen; Griffel fadenförmig, unten violett, oben grün; Narbe
zweilappig, grün. — Frucht (Fig. 3 u. 4) eine vom grünen Kelche
gestützte, plattkugelige, glänzend schwarze, zweifächerige, saftige Beere,
in der die Samen in violettem Safte eingebettet sind. — Same (Fig. 5)
nierenförmig bis eiförmig, mit harter, körnig-warziger Schale; Embryo
stielrund; Samenlappen hakenförmig gebogen (Fig. 6).
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches. Während das Laub für die größeren Weide-
tiere als Gift wirkt, bildet es für ein kleines Käferchen (Haltica
Esser, Giftpflanzen 12
178 Tollkirsche.
atropae) das hauptsächlichste Nahrungsmittel. — Zwecks Ausnutzung
der ganzen zu Gebote stehenden Lichtmenge sind an dieser,
im Waldschatten lebenden Pflanze, die Blätter an den Zweigen so
verteilt, daß die größeren der Außenseite, die kleineren dem
Stengel der Pflanze zugekehrt sind, und zwar so, daß sie den
Raum zwischen den größeren Blättern und dem Stengel ausfüllen. —
Die Blüte, in der Knospe nach oben gerichtet, kommt vor dem
Öffnen durch Krümmung des Stieles in eine gestürzte Lage, zum
Schutze des Blütenstaubes gegen Nässe. — Am Grunde der
Staubblätter stehen vor der Nektarhöhle Haarbüschel als Schutzwehr
(Saftdecke) gegen unberufene, d.h. keine Bestäubung bewirkende Gäste,
z. B. kleine Insekten. — Platzwechsel der Staubbeutel und
Narben zur Begünstigung der Kreuzbestäubung: in der jungen
Blüte sind die Staubbeutel der Wand angelehnt, die Narbe nimmt die
Mitte der Blüte ein; nach einigen Tagen ist der Griffel, falls er noch
nicht abgefallen ist, an Stelle der Staubbeutel getreten, und diese
stehen in der Mitte der Eingangspforte der Blüte. Keimung der Blüten-
staubkörner und Eindringen der Keimschläuche in den Griffel vollziehen
sich sehr rasch; gleich darauf welkt die Narbe, und der Griffel fällt
ab. — Die großen, schwarzblauen Beeren werden trotz ihres
Giftgehaltes von Amseln und Drosseln verzehrt und dadurch die
Samen verbreitet.
Standort und Verbreitung. In Bergwäldern, besonders auf
Kalkboden, zuweilen recht häufig; in ganz Süd- und Mitteleuropa und
Westasien.
Gift und dessen Wirkung. Die Tollkirsche ist eine der gefähr-
lichsten Giftpflanzen, da das Gift auch in den schönen, großen, appetit-
lichen Beeren enthalten ist, die von Kindern und auch von Erwachsenen
bei Unkenntnis ihrer Giftigkeit gesammelt und genossen werden
können, was um so leichter vorkommt, als die Beeren süßlich
schmecken. — Die Pflanze enthält in allen Teilen das sehr giftige
Alkaloid: Atropin (C,,H,NO,), das, rein dargestellt, nadelförmige
Kristalle bildet, die sehr bitter schmecken. Dieses Alkaloid steht sehr
nahe dem Hyoseyamin und läßt sich in dieses überführen, wie auch
andererseits Hyoscyamin leicht in Atropin übergeht. In der Tat hat
man in der Tollkirschpflanze in gewissen Teilen oder in gewissen Ent-
wickelungszuständen nicht Atropin, sondern Hyoscyamin gefunden, und
man faßt diese beiden Basen nebst dem Skopolamin (C,H, N0,)
und einiger in geringer Menge vorkommenden (Hyosein, Atropamin,
Belladonnin) als Basen der Atropingruppe zusammen. — Der Gehalt
an Gesamtalkaloiden ist bei Atropa Belladonna am größten in der
Wurzel (0,4 bis 1 Proz.); dieselbe enthält jedoch in frischem Zustande
nur Hyoseyamin, kein Atropin. Blätter und Früchte enthalten weniger
Tafel 96. Tafel 96.
Tollkirsche. Atropa belladonna L.
1 Sproß mit Blüten und Frucht. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht im Längs-
schnitt. 4 Frucht im Querschnitt. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt. 2 u. 6 vergr.
5 nat. Größe u. vergr.
Tollkirsche. 179
Alkaloide, auch sind kultivierte Pflanzen alkaloidärmer (0,26 Proz.) als
wildwachsende (0,4 Proz... In frischem Zustande scheint die Pflanze
fast nur Hyoscyamin zu enthalten; jedoch widersprechen sich die An-
gaben, was möglicherweise einer Nichtbeachtung der leichten Über-
führbarkeit des Hyoscyamins in Atropin zuzuschreiben ist; wahrschein-
lich bildet sich das Atropin der Hauptmasse nach überhaupt erst bei
seiner Herstellung in den abgestorbenen Pflanzenzellen aus dem Hyos-
cyamin. Genuß der Pflanzenteile wirkt stark narkotisch, besonders auf
das Gehirn; es stellen sich Betäubung und Delirien ein; eigentümlich
ist ferner die durch das Atropin bewirkte Starrheit der Pupille und
die Erweiterung derselben. — In der Heilkunde werden benutzt:
die von wildwachsenden Pflanzen zur Zeit der Blüte gesam-
melten Blätter (Folia Belladonnae) und früher auch die in der
Ruhezeit der Pflanze gesammelten Wurzeln (Radix Belladonnae).
180 Gemeiner Boeksdorn.
(remeiner Bocksdorn. Lyeium halimi-
folium (am.).
Tafel 97.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Lyeium, Lykion (gr.) (Ableitung unbekannt), nannten die Alten den in
Kleinasien einheimischen Strauch Rhamnus infeetoria; der Name Lycium wurde
später von Linne auf die vorliegende, mit der genannten gar nieht verwandten
Pflanzengattung übertragen; halimifolium — mit Blättern, denen des Halimoden-
dron ähnlich.
Lyeium megistocarpum (D. C.); Lyeium barbarum (Ait.); Lycium europaeum
(Lam.).
Beschreibung. Bis 2m hoher Strauch, mit grauen, aufrecht-
stehenden, mehr oder weniger bedornten Stengeln und schwach über-
hängenden Ästen und Zweigen (Fig. 1). — Blätter (Fig. 2) kurz-
gestielt, Spreite allmählich in den Stiel verschmälert, lanzettförmig
oder elliptisch - lanzettlich, glatt, oben hellgrün, unten graugrün. —
Blüten (Fig. 1) einzeln oder zu drei bis vier in den Blattachseln, ge-
stielt. — Zwitterblüten. — Kelch glockig, dreizähnig, kahl. —
Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, im Schlunde behaart; Saum
ausgebreitet, mit fünf eiförmigen, zurückgeschlagenen, hellvioletten
Zipfeln. — Staubblätter 5 (Fig.2), der Mitte der Blumenkrone auf-
sitzend; Staubfäden unten mit einem Haarkranze (Fig. 3); Staubbeutel
eiförmig, längsaufspringend. — Fruchtknoten oberständig, zweifächerig
(Fig. 5), oval; Griffel (Fig. 4) fadenförmig; Narbe knopfförmig, schwach
zweilappig. — Frucht (Fig. 6) eine eilängliche, etwas ungleichseitige,
zweifächerige, orangefarbige oder korallenrote Beere. Same nieren-
förmig (Fig. 7).
Blütezeit: Mai bis Oktober.
Biologisches. Der Strauch hält sich mit seinen langen, gerten-
förmigen Sprossen in und auf den Zweigen anderer Sträucher fest,
wobei die Stacheln das Festhalten erleichtern: Spreizklimmer. —
Der Honig wird vom Fruchtknoten abgesondert und im Grunde
der Blumenkronröhre abgelagert; die letztere ist am oberen, trichter-
förmig erweiterten Ende durch die wolligen, um jeden Staubfaden in
F’orm eines Ringes stehenden Haarkränze abgeschlossen, und dadurch ist
das Innere gegen das Eindringen des Regens geschützt. — Die Blüten
Tafel 97. Tafel 97.
Gemeiner Bocksdorn. Lyeium halimifolium (Mill.).
1 Zweig mit Blüten und Früchten. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Frucht-
knoten. 5 Fruchtknoten im Querschnitt. 6 Frucht im Längsschnitt. 7 Same.
2 bis 7 vergr.
(remeiner Bocksdorn. 181
sind erstweiblich (proterogyn); die Narbe steht zunächst über den
Staubbeuteln; diese werden durch nachträgliches Wachstum der Staub-
fäden in die Höhe gerückt.
Standort und Verbreitung. Dieser Strauch stammt aus China
und kommt in Kleinasien, Nordafrika, Süd- und Mitteleuropa ver-
wildert vor. Bei uns in Anlagen vielfach angepflanzt.
Gift und dessen Wirkung. In der Pflanze ist ein zur Gruppe
der giftigen Atropin- bzw. Hyoscyaminbasen gehörendes, chemisch
noch nicht näher untersuchtes, pupillenerweiterndes Alkaloid, aller-
dings nur in geringer Menge vorkommend, nachgewiesen worden. Die
seit langem bestehende Giftverdächtigkeit der Pflanze wird dadurch
bestätigt.
182 Judenkirschartige Giftbeere.
Judenkirschartige Giftbeere. Nicandra
physaloides (Gaerm.).
Tafel 98.
Fam.: Nachtschattengewächse. Solanaceae.
Nieandra nach dem Arzte Nicander (um 160 v. Chr.) aus Kolophon;
physaloides — der Physalis (Judenkirsche) ähnlich.
Physalis peruviana (Mill.).
Beschreibung. Einjährige Pflanze mit aufrechtem, viel ver-
zweigtem, bis 1,30 m hohem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) ab-
wechselnd, eilänglich, mit gebuchtetem Rande, kahl, in den Stiel ver-
schmälert. — Blüten (Fig. 1) einzeln, gestielt, achselständig oder meist
außerhalb der Blattwinkel stehend, überhängend. — Zwitterblüten.
— Keleh (Fig. 1) fünfteilig, fünfkantig, aufgeblasen, mit pfeilförmigen
Zipfeln, kahl. — Blumenkrone (Fig. 2) glockenförmig, mit gefaltetem
Rande, schwach fünflappig, violett. — Staubblätter 5 (Fig. 2);
Staubfäden am Grunde verbreitert, pfriemlich; Staubbeutel eiförmig,
längsaufspringend. — Fruchtknoten (Fig. 2) fünffächerig, mit vielen
Samenanlagen; Griffel fadenförmig; Narbe kopfförmig, — Frucht
(Fig. 3 u. 4) eine saftlose, drei- bis vierfächerige, vom blasenförmigen
Kelche eingeschlossene, braune, vielsamige Beere. — Same nieren-
förmig, platt, braun.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Die Staubblätter bilden im Grunde der Blüte
einen Hohlkegel, der den darunter liegenden Honig schützend
überdeckt. Die Blüte, bei der Entfaltung aufwärts oder seitwärts
gewendet, wird nach der Bestäubung nach abwärts geneigt,
und die reifende Frucht wird von dem bleibenden Kelche umschlossen
und geschützt.
Standort und Verbreitung. Stammt aus Peru; wird in Gärten
als Zierpflanze gezogen und findet sich vielfach verwildert.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze, wurde früher als giftig
oder doch als giftverdächtig angegeben; einige hielten sie jedoch nicht
für giftig. Neuerdings ist durch mikrochemischen Nachweis ein den
Hyoscyamin- oder Atropinbasen nahestehendes, chemisch noch
nicht näher untersuchtes Alkaloid in der Pflanze aufgefunden worden.
Tafel 98. Tafel 98.
Judenkirschartige Giftbeere. Nicandra physaloides Gaertn.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt. 3 Frucht. 4 Frucht im Querschnitt.
2 vergr.
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Roter Fingerhut. 183
Roter Fingerhut. Digitalis purpurea (Z..+
Tafel 99. Wandtafel 18.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Digitalis von Digitale — Fingerhut, wegen der Form der Blumenkrone;
purpureus — rot, wegen der purpurroten Blüte.
Waldglöckehen, Waldschelle.
Beschreibung. Pflanze mit zweijährigem Wurzelstocke. —
Stengel einjährig, krautig, aufrecht, bis 2m hoch, einfach, selten später
verästelt, undeutlich fünfkantig, weich behaart. — Blätter: Wurzel-
blätter langgestielt (Fig. 1); Stengelblätter zerstreutstehend, länglich,
gekerbt, runzelig, behaart, in den dreikantigen Blattstiel verschmälert,
nach oben hin bis zu Deckblättern kleiner werdend.. — Blüten
(Fig. 2) in endständiger, einseitswendiger Traube mit großen, hängenden
Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 2 u. 5) tief fünfteilig; Zipfel eiförmig,
weich behaart, bleibend. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 3) unterständig,
unregelmäßig glockenförmig, mit schiefem, lippenförmigem, gewimpertem
Saume; Oberlippe kurz, mit zurückgeschlagenen Zipfeln. Unterlippe
dreilappig, Mittellappen groß, innen lang behaart, purpurrot, zuweilen
weiß, im Schlunde weiß, mit kleinen roten Tüpfeln. — Staubblätter 4
(Fig. 2 u. 4), ungleichgroß, am Rande der Blumenkrone eingefügt;
die beiden längeren Staubfäden gerade, die beiden kürzeren knie-
förmig gegeneinander gebogen, platt, weiß. Staubbeutel groß, länglich,
zweifächerig, paarweise genähert, gelb mit roten Punkten; Fächer an
der Spitze zusammenhängend, mit gemeinsamer Spalte sich öffnend. —
Fruchtknoten (Fig.5) schief-kegelförmig, drüsig behaart, zweifächerig,
mit zahlreichen Samenanlagen; Griffel lang, fadenförmig, kahl; Narbe
spitz, zweispaltig. — Frucht (Fig. 6) eine kegelförmige, seitlich etwas
zusammengedrückte Kapsel; beiderseits mit vertiefter Naht; reif, zwei-
klappig aufspringend. — Same (Fig. 7) sehr klein, rotbraun, vier-
kantig, mit netzgrubiger Oberfläche.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Die Blätter bilden im ersten Jahre eine
grundständige Rosette; sie beschatten im Umkreise der Wurzel
den Boden und verhindern dadurch ein schnelles Austrocknen des-
selben. Das auf die Blätter auffallende Regenwasser wird
184 Roter Fingerhut.
durch die Stellung derselben der Pfahlwurzel zugeführt. —
Die filzige Behaarung der Blätter bildet einen Schutz gegen
zu starke Ausdünstung des Wassers. — Der weithin sichtbare
Blütenstand bildet eine einseitige Ähre; die einzelnen Blüten
richten sich nach der Seite hin, von der das meiste Licht
kommt, und woher deshalb die meisten Insekten zu erwarten sind. —
Der Honig wird von einem ringförmigen Wulste des Frucht-
knotens abgeschieden. — Die Blüte ist dem Besuche von
Hummeln und größeren Bienen angepaßt, welche auch häufig
in ihr übernachten. Beim Heranfliegen lassen sich die Besucher auf
der etwas vorstehenden Unterlippe nieder, halten sich an den dort
befindlichen aufrecht stehenden Borsten, die ungebetenen kleineren
Gästen den Zutritt verwehren, fest, und kriechen dann ganz in die
Blüte hinein. Die Blüte ist erstmännlich (proterandrisch); die
Insekten finden also anfangs nur die im oberen Teile der Blüte
befindlichen Staubbeutel reif und bedecken sich auf dem Rücken mit
Blütenstaub; erst in älteren Blüten sind auch die Narben der Griffel
auseinander gespreizt und belegungsfähig. — Bei ausbleibendem
Insektenbesuch erfolgt Eigenbestäubung dadurch, daß Blüten-
staub auf die herabgebogene Narbe herabrieselt, oder daß gegen Ende
der Blütezeit die Blumenkrone sich ablöst, mit den Staubbeuteln über
die Narbe hinweg gleitet und dabei den Blütenstaub auf die letztere
überträgt. — Die Blüte, in der Knospe aufwärts gerichtet, kommt
durch Krümmung des Blütenstieles kurz vor dem Öffnen in
eine gestürzte Lage, in der sie so lange verharrt, als der Blüten-
staub des Schutzes gegen Regen bedarf; nach dem Abblühen streckt
sich der Blütenstiel wieder. Infolge dieser Stellung der reifen Samen-
kapsel kann der Wind die zahlreichen kleinen Samen weithin ver-
streuen, die im anderen Falle einfach gleich neben der Mutterpflanze
zur Erde fallen würden.
Standort und Verbreitung. In Gebirgsgegenden Westeuropas;
in Deutschland östlich bis zum Harz, in einzelnen Gebieten, so am
Rhein, in den Vogesen, im Schwarzwald in großer Menge; fehlt im
Jura, in den Alpen und in den österreichischen Gebirgen. In Gärten
häufig als Zierpflanze.
Gift und dessen Wirkung. Alle Teile der Digitalisarten, be-
sonders Blätter und Samen, sind giftig. Vergiftungen sind viele be-
kannt, meist vorübergehende, seltener tödliche, durch Verwechselung
mit anderen Kräutern, durch Mißbrauch als Hausmittel gegen Wasser-
sucht, Herzklopfen u. dgl. und durch zu starke Gaben in der Heil-
kunde. — In den genannten Teilen der Pflanze sind eine Reihe nahe
verwandter, giftiger Glykoside und Bitterstoffe gemischt vor-
handen: 1. das Digitalin (C,,H-,O,,), rein dargestellt ein weißes,
Tafel 99. ” Tafel 99.
Roter Fingerhut. Digitalis purpurea L.
1 Grundblätter. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt.
5 Fruchtknoten im Längsschnitt. 6 Frucht. 7 Same, nat. Größe und vergr.
4, 5 vergr.
Roter Fingerhut. 185
amorphes, in Wasser und Alkohol schwer lösliches Pulver; 2. das
Digitonin (C,-H,,O,;), kristallisierbar, in Wasser leicht löslich; 3. das
‘ Digitalein, nur in geringer Menge in der Pflanze vorhanden; 4. das
Digitoxin (C;,H,,0,,); 5. das Digitophyllin (C.,H-,O,,), ein kristalli-
sierbares Glykosid der Digitalisblätter. Der Gehalt an den genannten
giftigen Glykosiden ist sehr vom Standorte der Pflanze abhängig;
wildwachsende Pflanzen sind wesentlich glykosidreicher, also giftiger,
als die in Gärten kultivierten. Die genannten Glykoside wirken in
charakteristischer Weise lähmend auf die Herzmuskeln. — In der
Heilkunde werden benutzt: die von wildwachsenden Pflanzen
zur Blütezeit gesammelten Blätter (Folia Disgitalis).
156 Gelber Fingerhut.
Gelber Fingerhut. Digitalis lutea (Z..
Tafel 100.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Digitalis siehe Digitalis purpurea; luteus — gelb.
Digitalis parvifl. (All.).
Beschreibung. Zweijährige oder ausdauernde Pflanze mit
l m hohem, aufrechtem, kahlem Stengel. — Blätter (Fig. 1) länglich;
die oberen lanzettförmig; spitz gezähnt; Wurzelblätter gestielt; Stengel-
blätter sitzend, stengelumfassend. — Blüten (Fig. 1 u. 2) in end-
ständigen, einseitswendigen Trauben. — Zwitterblüten. — Kelch
fünfblätterig, mit lanzettlichen Zipfeln, bleibend. — Blumenkrone
gelb, röhrenförmig, oben wenig bauchig erweitert, mit ungleichmäßigem,
vierzipfeligem Saume; der obere Zipfel breit, zweispaltig; der untere
und die beiden seitlichen gleich, spitz, dreieckig. — Staubbeutel 4,
am Grunde der Blumenkronröhre angewachsen; Staubfäden weiß,
fadenförmig, so lang wie die Blumenkronröhre; Staubbeutel zusammen-
geneigt, zweifächerig, längsaufspringend, braungelb. — Fruchtknoten
eiförmig, zweifächerig; Griffel fadenförmig; Narbe spitz. — Frucht
eine braune, zweiteilige, aufspringende, vielsamige Kapsel. — Same
klein, gelbbraun.
Blütezeit: Juni bis August.
Biologisches siehe Digitalis purpurea.
Standort und Verbreitung. In den Gebirgen von Mittel- und
Südeuropa. In Deutschland im Nahe-, Mosel- und Saargebiete, in den
Vogesen, im Schwarzwald und in der Pfalz.
Gift und dessen Wirkung siehe Digitalis purpurea.
Tafel 100. Tafel 100.
Gelber Fingerhut. Digitalis /utea L.
1 Teile der Pflanze. 2 Blüte im Längsschnitt.
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a Pe
Tafel 101. Tafel 101.
Blaßgelber Fingerhut. Digitalis ambigua Murray.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte mit aufgeklappter Blumenkrone. 3 Staubblatt.
4 Fruchtknoten mit Griffel im Längsschnitt. 2, 3, 4 vergr.
Blaßgelber Fingerhut. 187
Blassgelber Fingerhut. Digitalis
ambigua (Murrey).
Tafel 101.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Digitalis siehe Digitalis purpurea; ambiguus — schwankend, weil man
die Pflanze für einen Bastard hält.
Digitalis grandiflora (All.); Digitalis ochroleuca (Jacq.).
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit plattem oder drüsig
behaartem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1) eiförmig oder länglich-
lanzettlich; unterseits netzadrig; Wurzelblätter gestielt; Stengelblätter
stengelumfassend, gesägt, in der Blütenspindel zu einfachen, lanzett-
lichen Deckblättchen werdend. — Blüten in endständiger, einseits-
wendiger Traube; Spindel filzig behaart. — Zwitterblüten. — Kelch
fünfblätterig, mit lanzettförmigen, spitzen Zipfeln, behaart, bleibend.
— Blumenkrone (Fig. 2) ungleichmäßig, glockig, mit nach oben
bauchig erweiterter Röhre; Rand mit vier ungleichen dreieckigen
Zipfeln, von denen der obere breiter und ausgerandet ist; gelblich, im
Verblühen gelbrot, innen netzförmig rot geadert; außen drüsig behaart.
— Staubblätter 4 (Fig. 2 u. 3) am Grunde mit der Blumenkrone
verwachsen; Staubfäden fadenförmig, die beiden längeren am Grunde
gebogen; Staubbeutel gelb, eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend.
— Fruchtknoten (Fig. 2 u. 4) eiförmig, seitlich zusammengedrückt,
beiderseits mit deutlicher Naht, grün, glatt, zweifächerig; Griffel faden-
förmig; Narbe spitz. — Frucht eine längliche, seitlich zusammen-
gedrückte, vom Kelche gestützte, zweifächerige Kapsel. — Same klein,
elliptisch.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches siehe Digitalis purpurea.
Standort und Verbreitung. In trockenen Bergwäldern Mittel-
europas von Frankreich bis zum Ural zerstreut vorkommend.
Gift und dessen Wirkung siehe Digitalis purpurea.
188 Wald-Läusekraut.
Wald-Läusekraut. Pedieularis silvatica (z..
Tafel 102.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Pedieularis von pediculus, Laus; silvatica = im Walde wachsend.
Beschreibung. Zwei- oder mehrjährige Pflanze (Fig. 1) mit
kahlen, vom Grunde aus verästelten, niederliegenden, beblätterten
Stengeln. — Blätter (Fig. 1) abwechselnd gefiedert; Fieder breit ein-
geschnitten, gezähnt, hellgrün. — Blüten (Fig. 2 u. 3) in endständigen,
aufrechten Ähren. — Zwitterblüten. — Kelch weit, bauchig, mit
fünf Zähnen; Zähne oben blattartig, bleibend. — Blumenkrone zwei-
lippig; Röhre zylinderförmig, am Schlunde erweitert; Oberlippe helm-
artig, seitlich zusammengedrückt, mit kurzem, abgestutztem, beiderseits
einen Zahn tragendem Schnabel; Unterlippe ‘ausgebreitet, dreizipfelig;
Zipfel rundlich, rot. — Staubblätter 4 (Fig. 3 u. 4), zwei längere
und zwei kürzere, am Grunde mit der Blumenkronröhre verwachsen;
Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel am Rücken angeheftet,
eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend, gelb. — Fruchtknoten
(Fig. 3) eiförmig, zweifächerig, mit vielen Samenanlagen; Griffel faden-
förmig; Narbe undeutlich kopfförmig. — Frucht (Fig. 5 u. 6) eine
vom Kelche umschlossene, halbkugelige, zweifächerige, zusammen-
sedrückte, aufspringende Kapsel. — Same (Fig. 6 u. 7) eiförmig,
kantig, mit grubiger Nabelwarze.
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches. Die Läusekrautarten sind sogenannte Halb-
schmarotzer, d.h. Pflanzen, denen man die schmarotzende Ernährungs-
weise nicht ansieht; sie tragen große, grüne Blätter, bedürfen aber
zur vollständigen Entwickelung fremder Pflanzen, an deren
Wurzeln sie sich mit Hilfe scheibenförmiger Saugorgane
(Haustorien) festsaugen, und aus denen sie Nährstoffe ent-
nehmen. Die Läusekrautarten schmarotzen auf Gräsern, an deren
Wurzeln sie sich mit kleinen Saugwurzeln festsetzen. — Die Unter-
lippe dient den Insekten als Anflugplatz; die Oberlippe wölbt sich
als schützendes Dach über die Staubbeutel. — Der Honig wird
von einem einseitigen Wulst am Grunde des Fruchtknotens
Tafel 102 Tafel 102.
. Wald-Läusekraut. Pedicularis silvatica L.
1 Blühende Pflanze. 2 Blüte mit Stützblatt. 3 Blüte im ‚Längsschnitt. 4 Staub-
blatt. 5 Frucht. 6 Frucht im Querschnitt. 7 Aufgeschnittene Samenkapsel.
8 Same. 2 bis 5 vergr., 8 nat. Größe u. vergr.
Wald-Läusekraut. - 189
abgeschieden. — Im Bau ihrer Blüten sind diese Pflanzen an die
Bestäubung durch Hummeln und Bienen angepaßt.
Standort und Verbreitung. In moorigen Wiesen und an feuchten
Waldstellen; in Westeuropa, in der Schweiz und in Böhmen.
Gift und dessen Wirkung. Stengel und Blätter von Pedicularis
silvatica und Pedicularis palustris riechen und schmecken unangenehm
scharf; sie werden vom Weidevieh verschmäht und allgemein als giftig
betrachtet. Früher dienten die Teile der Pflanze als Volksheilmittel
zur Vertreibung von Läusen. In der Pflanze wurde ein, auch in den
Rhinanthus- und Melampyrumarten vorkommendes Glykosid: Rhi-
nanthin, gefunden, dessen chemische Zusammensetzung und physio-
logische Wirkung jedoch noch unbekannt sind.
190 Sumpf-Läusekraut.
Sumpf-Läusekraut. Pedicularis palustris (z.).
Tafel 103.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Pedieularis siehe Pedieularis silvatica; palustris — im Sumpfe wachsend.
Beschreibung. Zwei- oder mehrjährige Pflanze, mit auf-
rechtem, verästeltem, kahlem, kantigem Stengel (Fig. 1). — Blätter
unregelmäßig gefiedert oder doppelt gefiedert; Fiederchen länglich,
eingeschnitten-gezähnt, hellgrün. — Blüten (Fig. 1) einzeln in den
Achseln der Blätter; die oberen ährenförmig zusammengedrängt. —
Zwitterblüten. — Kelch (Fig. 2) bleibend, bauchig-aufgeblasen, mit
zweilappigem Rande; Lappen eingeschnitten, gezähnt und gekräuselt.
— Blumenkrone (Fig. 2) zweilippig; Röhre - weit, zylindrisch, auf-
rechtstehend; Oberlippe helmartig, seitlich zusammengedrückt, vorn
undeutlich abgestumpft, mit zwei seitlichen Zähnen; Unterlippe ab-
stehend, dreilappig; Lappen gleich, rundlich, rot. — Staubblätter 4
(Fig. 2), zwei längere und zwei kürzere, am Grunde mit der Blumen-
kronenröhre verwachsen; Staubfäden fadenförmig, weiß; Staubbeutel
am Rücken eingefügt, zweifächerig, längsaufspringend.. — Frucht-
knoten (Fig. 2) eiförmig, zweifächerig, mit vielen Samenanlagen;
Griffel fadenförmig; Narbe kopfförmig. — Frucht (Fig. 3) eine vom
Kelche umgebene, halbkugelige, zweifächerige, aufspringende Kapsel.
— Same (Fig. 4) eiförmig, kantig, netzgrubig, mit Nabelwarze.
Blütezeit: Mai bis Juli.
Biologisches siehe Pedicularis silvatica.
Standort und Verbreitung. In Europa und Nordasien auf
Moorboden und sumpfigen Wiesen.
Gift und dessen Wirkung siehe Pedicularis silvatica.
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Tafel 105. Tafel 103.
Sumpf-Läusekraut. Pedieularis palustris L.
1 Blühender Sproß. 2 Blüte im Längsschnitt, vergr. 3 Frucht, aufgesprungen.
4 Same, vergr. u. nat. Größe.
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Gottesgnadenkraut. 191
Gottesgnadenkraut. Gratiola officinalis (zZ,
Tafel 104.
Fam.: Rachenblütler. Scrophulariaceae.
Gratiola, Verkleinerungsform von gratia —= Gnade; Gnadenkraut, weil man
die Pflanze, der früher ganz besondere Heilwirkungen zugeschrieben wurden, für
eine besondere Grabe göttlicher Gnade hielt.
Giehtkraut, Purgierkraut.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit kriechendem, weißen
oder bräunlichem, ästigem Wurzelstocke und aufrechten, verästelten,
unten runden, oben vierkantigen, bis !/; m hohen Stengeln (Fig. 1). —
Blätter (Fig. 1) gegenständig, sitzend, halbstengelumfassend, lanzett-
förmig; in der oberen Hälfte gesägt, kahl; die unteren fünfnervig,
die oberen schmäler und dreinervig. — Blüten (Fig. 1 u. 3) einzeln,
achselständig, langgestielt. — Zwitterblüten. — Kelch von zwei
kleinen Deckblättern gestützt, fünfteilig; Zipfel gleich, schmal, spitz,
bleibend. — Blumenkrone (Fig. 3) trichterförmig, undeutlich zwei-
lippig; Röhre bräunlich, stumpfkantig; im Schlunde unter der Ober-
lippe mit gelben Haaren besetzt; Saum undeutlich zweilippig; Ober-
lippe zweilappig, zurückgebogen; Unterlippe dreilappig; Lappen
abgerundet. — Staubblätter 4 (Fig. 3), zwei längere und zwei
kürzere, im Grunde mit der Blumenkronröhre verwachsen; nur die
beiden oberen fruchtbar, die beiden unteren unfruchtbar; Staubfäden
kurz, kahl; Staubbeutel weiß, zweifächerig; Fächer querliegend (Fig. 4).
— Fruchtknoten (Fig. 5 u. 7) eilänglich, zweifächerig, mit vielen
Samenanlagen; Griffel (Fig. 6) lang, oben gekrümmt; Narbe zweilappieg.
— Frucht (Fig.7) eine eiförmige, zweifächerige, vom Kelche gestützte,
zweiklappig aufspringende Kapsel. — Same sehr klein, an der Ober-
tläche netzartig.
Blütezeit: Juli bis August.
Standort und Verbreitung. In sumpfigen Wiesen von Mittel-
und Südeuropa, in Mittelasien und im südlichen Nordamerika.
Gift und dessen Wirkung. Kraut und besonders die sehr bitter
schmeckende Wurzel wirken stark purgierend und führten, als Volks-
mittel angewandt, schon häufig Vergiftungen herbei. — Aus den ge-
192 Gottesgnadenkraut.
nannten Teilen wurden verschiedene einander nahestehende giftige
(lykoside dargestellt: 1. das @ratiolin (C,;H,,0,,), ein Doppel-
slykosid, welches zunächst in Zucker und Gratioligenin (C;, H,;,0,,)
zerfällt; das letztere liefert im weiteren Zerfall Glukose und Gratio-
genin (C,,H,,0,); neuerdings wird außerdem noch ein weiteres Gly-
kosid: Gratiolinin, als darin vorkommend angegeben. Welchem von
den genannten Stoffen vorwiegend die Giftwirkung zuzuschreiben ist,
bleibt noch festzustellen. Auch die getrocknete Pflanze wirkt giftig.
Tafel 104. Tafel 104.
Gottesgnadenkraut. Gratiola offieinelis L.
1 Wurzelstock. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Staubblatt. 5 Frucht-
knoten im Längsschnitt. 6 Narbe. 7 Fruchtknoten im Querschnitt. 8 Frucht.
3 bis 8 vergr.
Zwerg-Hollunder. 193
Zwerg-Hollunder. Sambucus Ebulus (z.).
Tafel 105.
Fam.: Geilsblattgewächse. Caprifoliaceae.
Sambucus von sdmbyx (gr.), eine rote Farbe oder eine Pflanze mit rotem
Safte. Die Griechen nannten die Sambueusarten Aktaia (gr.) [von dgnymi (gr.),
breehen] oder akte (gr.), von diesem der deutsche Name Attich. — Ebulus (Ab-
leitung unbekannt) ist die Bezeichnung der Römer für diese Pflanze.
Hollunder, Holler von „Holla tar“ — Baum der Holla. Der Hollunder war
der von unseren altheidnischen Vorfahren der allverehrten Göttin Holla geweihte
Baum.
Ebulum humile (Garke).
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit dickem,
kriechendem, oft tief im Boden liegendem Wurzelstocke und 1 bis
2 m hohem, aufrechtem, rundem, stark gefurchtem und mit Warzen
besetztem, krautigem Stengel. — |Blätter (Fig. 1) gegenständig, un-
paarig gefiedert, mit sieben bis neun Fiederblättern; Blattstiel kahl
oder kurz behaart, gefurcht; Fiederblätter kurzgestielt, eirund-lanzett-
lich, scharf gesägt, oben kahl, unten kurz behaart; Nebenblätter am
Grunde des Blattstieles eirundlich, spitz, gesägt. — Blüten (Fig. 1)
in endständigen, dichten Doldentrauben; Blütenstiele kurz behaart,
zuweilen rot angelaufen. — Zwitterblüten, stark duftend. — Kelch
(Fig. 3), einblätterig, zu einer den Fruchtknoten umschließenden Röhre
verwachsen, mit fünf kurzen Zipfeln. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 3)
regelmäßig, fünfblätterig, unten zu feiner |kurzen Röhre verwachsen,
abfallend; Zipfel eirund, zurückgeschlagen, weiß oder rötlich. —
Staubblätter 5 (Fig. 2 u. 3), der Blumenkrone aufsitzend; Staub-
fäden pfriemlich, weiß; Staubbeutel eiförmig, zweifächerig, längs-
aufspringend, anfangs rötlich, später braunrot. — Fruchtknoten
(Fig. 3) eirund, stumpf, mit dem Kelche verwachsen, einfächerig, mit
drei Samenanlagen; die drei sitzenden Narben stumpf. — Frucht
(Fig.4 u. 5) eine einfächerige, drei-, zuweilen viersamige, runde, glän-
zend schwarze Beere. — Same (Fig. 6) eiförmig, fast dreieckig; Innen-
seite flach; Rückenseite gewölbt.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Häufung |der kleinen Einzelblüten zur Er-
richtung eines weithin sichtbaren Schauapparates. Die Blüte
Esser, Giftpflanzen. 13
194 Zwerg-Hollunder.
hat Vanillenduft, ist aber honiglos. Der Kreis der die Blüte be-
suchenden Insekten ist sehr klein. — Verbreitung der Samen
durch Vögel, welche die schwarze Beere gern verzehren.
Standort und Verbreitung. Durch ganz Europa, an feuchten
Stellen in Gehölzen, an Waldrändern, zuweilen (wegen der tiefliegenden
Wurzelstöcke) ein lästiges Unkraut auf Äckern.
Gift und dessen Wirkung. Die Blätter des Attichs riechen un-
angenehm und wirken wie die Beeren brechenerregend und stark pur-
gierend. Bei der Verwendung der Pflanze als Volksmittel zu genannten
Zwecken kamen verschiedentlich Vergiftungen mit tödlichem Ausgange
vor. Welchen Stoffen der Pflanze die Giftwirkung zukommt, ist un-
bekannt.
Tafel 105.
Tafel 105.
Sambucus Ebulus L.
Holunder.
Zwerg-
2 Blüte.
5 Frucht im Querschnitt.
3 Blüte mit abgestoßener Krone.
1 Sproß mit Blüten und Früchten.
2 bis 6 vergr.
6 Same.
4 Frucht.
Schneeball. 195
Schneeball. Viburnum Opulus (z.,.
Tafel 106.
Fam.: Geilsblattgewächse. Caprifoliaceae.
Viburnum, Ableitung unbekannt, vielleicht von viere — flechten. Opulus,
Name des Ahorns bei den Römern, die ihn wegen der Ähnlichkeit der Blätter
auf den vorliegenden Strauch en
En lobatum (Lam.). — Schlinge.
Beschreibung. Ein sparrig, oft baumartig wachsender, 4 bis 5m
hoher Strauch. — Blätter rundlich bis eirund, mit pfriemlichen
Nebenblättern, dreilappig; die unteren Lappen oft geteilt, spitz, am
Grunde abgerundet oder keilförmig, zuweilen herzförmig, entfernt- und
unregelmäßig-gezähnt, am Grunde ganzrandig, oberseits kahl, hellgrün,
unterseits blaugrün und kurzbehaart. — Blüten (Fig.1) in lockeren,
flach ausgebreiteten Scheindolden; die inneren Blüten zwitterig, die
Randblüten unfruchtbar; Blumenkrone der letzteren etwa 2 cm im
Durchmesser, leuchtend weiß, flach ausgebreitet, aus fünf verkehrt-
eiförmigen, abgerundeten Zipfeln gebildet. — Kelch der Zwitter-
blüte klein, fünfzähnig, bleibend (Fig. 3). — Blumenkrone
(Fig. 2) regelmäßig, fünflappig, zu einer kurzen, trichterförmigen Röhre
verwachsen; Saum radförmig, weiß. — Staubblätter 5 (Fig. 2),
am Grunde der Blumenkrone eingefügt, hervorragend; Staubfäden
pfriemlich; Staubbeutel eiförmig, zweifächerig, längsaufspringend, gelb.
— Fruchtknoten (Fig. 2) mit dem Kelche verwachsen, grün, drei-
fächerig, mit je einer Samenanlage; Griffel sehr kurz, drei sitzende
Narben. — Frucht (Fig. 4) eine runde oder eiförmige, fleischige,
durch Fehlschlagen von zwei Samenanlagen nur einsamige, rote Beere,
die auf dem Scheitel die Kelchblätter trägt. — Same (Fig. 5 u. 6)
herzförmig, flach.
Der Strauch kommt als beliebte Zierpflanze: Viburnum Opulus
roseum oder Viburnum Opulus flor. plen. vor, mit völlig unfruchtbaren
Blüten, die, eine kugelige Scheindolde bildend, wie die Randblüten der
Hauptform eine große, flache Blumenkrone und völlig verkümmerte
Staub- und Fruchtblätter besitzen.
Blütezeit: Mai, Juni; die Beeren reifen im September.
Biologisches. Auf den Blattstielen stehen polsterförmige
(extranuptiale) Nektarien, die oft rötlich gefärbt sind. Die Be-
13*
196 Schneeball.
deutung dieser Gebilde soll darin liegen, daß sie eine Besiedelung
des Baumes mit Ameisen begünstigen und dadurch seine Blätter und
Blüten gegen den Fraß anderer Tiere (Insekten, Raupen) schützen.
— Arbeitsteilung im Blütenstande: die Randblüten haben auf
Kosten der Geschlechtsorgane ihre Blumenkrone vergrößert, machen
den Blütenstand auffallend und sichern den Insektenbesuch; die
inneren Blüten mit unbedeutender Blumenkrone besitzen Staubbeutel
und Stempel. Narbe und Staubbeutel sind gleichzeitig ent-
wickelt, doch ragen letztere über die Blumenkrone hervor, während
die ersteren dicht auf dem Fruchtknoten aufsitzen. Bei dem schnellen
Überschreiten der Blütenstände berühren die Insekten mit Rüssel und
Beinen Staubbeutel und Narben der verschiedenen Blüten und bringen
Fremdbestäubung zuwege. Der freiliegende Honig bildet eine
flache Schicht, deren Ausbeute nur für kurzrüsselige Insekten
(Fliegen usw.) lohnend ist. Einige in Gärten kultivierte Abarten (so-
genannte gefülltblühende Schneeballsträucher) besitzen Blütenstände,
deren sämtliche Blüten taub, also zu sogenannten Randblüten ge-
worden sind.
Standort und Verbreitung. In Wäldern, an etwas feuchten
Stellen in Gebüschen, an Flußufern und Bächen; durch ganz Europa,
in Mittelasien und in Sibirien.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird allgemein als gift-
verdächtig angegeben. Die Beeren wirken brechenerregend; selbst die
Vögel verzehren sie nur ungern. Über die Inhaltsstoffe derselben ist
nichts Näheres bekannt. — Aus der Rinde der Pflanze wurde ein nicht
näher untersuchter Bitterstoff: das Viburnin, gewonnen.
Tafel 106. Tafel 106.
2
€
ne ee
Scehneeball. Viburnum opulus L.
I Blühender Zweig. 2 Teil der Blütendolde. 3 Blüte im Längsschnitt. 4 Frucht-
zweig. 5 Same. 6 Same im Längsschnitt 2 bis 6 vergr.
Rotbeerige Zaunrübe. 197
Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioica (Jacg.).
Tafel 107. Wandtafel 19.
Fam.: Kürbisgewächse. Cucurbitaceae.
Bryonia, Dbryonia (gr.) [von brjo (gr.), wachsen, klettern], griechischer
Name für kletternde Pflanzen; dioica — zweihäusig.
Zaunrübe wegen der rübenförmigen Wurzelstöcke und ihres Standortes.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmigem,
fleischigem, gelblichem, übelriechendem Wurzelstocke, und mittels spi-
ralig-gewundenen Ranken hoch kletterndem, verästeltem, eckigem,
federkieldickem, einjährigem Stengel (Fig. 1). — Blätter (Fig. 1)
gestielt, herzförmig - handförmig, fünflappig; Endlappen größer als die
anderen; Rand gebuchtet, beiderseits mit kurzen, steifen Haaren be-
setzt; oberseits dunkler igrün. — Blüten (Fig. 1) in Doldentrauben
neben den Blattachseln stehend, zweihäusig. — Staubblüten und
Fruchtblüten gleich groß. — Kelch (Fig. 2 u. 4) fünfblätterig; Kelch
der Fruchtblüte halb so lang wie die Blumenkrone; Kelchzähne zurück-
gekrümmt. — Blumenkrone (Fig. 2 u. 4) glockenförmig; Saum aus-
gebreitet, fünfzipfelig; Zipfel eiförmig, weißlich, mit grünen Nerven. —
Staubblätter 5 (Fig. 2 u. 5); dreibrüderig verwachsen; Staubfäden
kurz, weiß, am Grunde behaart, der Blumenkrone eingefügt; Staub-
‚beutel gelb, hin und her gewunden. — Fruchtknoten (Fig.4 u. 5)
der Fruchtblüten unterständig, kugelrund, dreifächerig; Griffel 3
(Fig. 6), grün, auswärts gebogen, mit je zwei Narben. — Frucht
(Fig. 7 u. 8) eine runde, fleischige, rote, wenigsamige Beere. — Same
(Fig. 9) länglich-rund, etwas zusammengedrückt, grau.
Kommt auch mit gelben Früchten vor: Bryonia dioica var. lutea.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches. Die Pflanze hält sich mit korkzieherartig
gewundenen, einfachen und ungeteilten Ranken fest; diese krümmen
sich sichtbar bei eintretender Berührung, eine Erscheinung, die durch
das Vorhandensein besonders ausgebildeter Fühlzellen erklärt wird. —
Ein giftiger Stoff, der sich besonders in der rübenförmigen Wurzel
findet, dient der Pflanze als Schutz. — Die Blüten sind zwei-
häusig. Der Blütenstaub klebt zusammen; die Bestäubung kann also
nur durch Insekten erfolgen. Die Staubblüten, die zuerst von den
1985 Rotbeerige Zaunrübe.
Insekten besucht werden, sind größer und augenfälliger; die Frucht-
blüten sind etwas kleiner, von grünlicher Farbe, fast ohne Geruch und
unter dem Laube halb verborgen; dennoch werden sie von den Insekten
wahrgenommen, und von einer Erdbiene (Andrena florea) besonders
bevorzugt. — Die Beeren werden von Vögeln gefressen und
damit die Samen verschleppt.
Standort und Verbreitung. In Zäunen und Gebüschen, an Fluß-
ufern, durch ganz Deutschland; im Westen und Süden häufiger als im
Osten.
Gift und dessen Wirkung. Giftig sind die ekelhaft riechenden
und stark bitter schmeckenden Wurzelstöcke der Bryonia dioica und
der Bryonia alba, die als Volksmittel als Abführmittel gebraucht werden.
Sie wirken scharf reizend auf den Darmkanal und ihr Genuß kann
Unterleibsentzündungen, starkes Erbrechen, Krämpfe erzeugen, die mit
dem Tode enden können. Der wirksame Bestandteil ist das giftige
Glykosid: Bryonin (C,,H;; O,,); außer diesem soll noch ein zweites
Glykosid: Bryonidin darin vorkommen. — Auch die Beeren werden
allgemein als mindestens giftverdächtig bezeichnet. — In der Heil-
kunde wurden früher benutzt: die Wurzelstöcke (Radix Bryoniae).
Tafel 107. Tafel 107.
Rotbeerige Zaunrübe. Bryonia dioica L.
I Blühender Sproß. 2 Staubblüte im Längsschnitt. 3 Staubblatt. 4 Fruchtblüte.
5 Fruchtblüte im Längsschnitt. 6 Griffel. 7 Zweig mit Früchten. 8 Frucht im
Längsschnitt. 9 Samen. 2 bis 6 u. 8 vergr., 9 nat. Größe u. vergr.
Tafel 108. Tafel 108.
Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba L.
1 Sproß mit Staubblüten. 2 Sproß mit Fruchtblüten. 3 Staubblüte. 4 Staub-
blüte im Längsschnitt. 5 Staubblatt. 6 Fruchtblüte 7 Fruchtknoten im Quer-
schnitt. 8 Früchte.- 9 und 10 Same. 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10 vergr.
Schwarzbeerige Zaunrübe. 199
Schwarzbeerige Zaunrübe. Bryonia alba (z.,.
Tafel 108.
Fam.: Kürbisgewächse. Cucurbitaceae.
Bryonia siehe Bryonia dioica; alba, wegen der im Vergleich zur vorigen
mehr weiß gefärbten Blüte.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit rübenförmigem,
fleischigem, weißlichgelbem, wulstig geringeltem, übelriechendem Wurzel-
stocke, und einem, mittels einfachen Ranken kletterndem, federkiel-
dickem, rauh behaartem, einjährigem Stengel (Fig. 2). — Blätter
(Fig. 2) gestielt, am Grunde herzförmig, fünflappig, spitz; oberseits
grün, mit kurzen, steifen Härchen besetzt; unterseits blasser, schwach
glänzend, mit deutlich hervortretenden Nerven. — Blüten (Fig. 1)
in Doldentrauben neben den Blattachseln stehend. Einhäusig; die
unteren Blüten Staubblüten, die oberen Fruchtblüten; die letzteren
kleiner als die ersteren. — Kelch der Staubblüten (Fig. 4) kürzer,
derjenige der Fruchtblüten (Fig. 6) so lang wie die Blumenkrone;
fünfblätterig; Zipfel zurückgebogen. — Blumenkrone (Fig. 1 u. 6)
glockenförmig; Saum ausgebreitet, fünfzipfelig; Zipfel eiförmig, weiß-
grün mit grünen Nerven. — Staubblätter 5 (Fig. 4 u. 5), drei-
brüderig verwachsen, halb so lang wie die Blumenkrone; Staubfäden
kurz, kahl; Staubbeutel gelb, hin und her gewunden (Fig. 5). —
Fruchtknoten (Fig. 6 u. 7) unterständig, kugelförmig, dreifächerig ;
Griffel 3, grün, mit je zwei lanzettlichen, nach außen und abwärts ge-
richteten Narben. — Frucht (Fig. 8) eine runde, fleischige, schwarze,
wenigsamige Beere. — Same (Fig. 9 u. 10) eiförmig, etwas zusammen-
gedrückt und gerandet.
Blütezeit: Juni, Juli.
Biologisches siehe Bryonia dioica. Die Blüten sind ein-
häusig. Zuerst werden an dem Triebe die Staubblüten angelegt,
die also im unteren Teile des Triebes erscheinen; später im oberen
Teile die Fruchtblüten.
Standort und Verbreitung. An Zäunen und in Gebüschen, be-
sonders an Fluß- und Bachrändern, durch ganz Deutschland; im Osten
und Norden häufiger als im Westen, wo sie manchmal z. B. im ganzen
Rheingebiete, fehlt. Häufig in Thüringen, Bayern, Sachsen.
Gift und dessen Wirkung siehe Bryonia dioica!
200 Wasser-Lobelie.
Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna (z.).
Tafel 109.
Fam.: Lobeliengewächse. Lobeliaceae.
Lobelia, nach dem Fotbotaniker Jakobs I. von England, Lobelius oder.
Matthias L’Obel, geb. 1538, gest. 1616 in London. Dortmanna nach Dortmann,
einem Gröninger Apotheker.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze (Fig. 1) mit kleinem,
aus fadendünnen, weißen Wurzelfasern gebildetem Wurzelstocke. —
Blätter am Wurzelstocke gedrängt stehend, linealisch, stumpf, Milch-
saft führend, innen mit zwei Höhlungen, unter dem Wasserspiegel
wachsend. — Blüten (Fig.1) ın wenig blütiger Traube an der Spitze
eines über das Wasser emporragenden, mit einem kleinen Deckblättchen
besetzten, milchsaftführenden Schaftes. — Zwitterblüten. — Kelch
(Fig. 1 u. 6) oberständig, glockig, mit fünf kleinen Zipfeln, grün. —
Blumenkrone (Fig. 2) trichterförmig, unregelmäßig, zweilippig. Ober-
lippe aus zwei schmalen, auswärts gebogenen, Unterlippe aus drei
eirunden, stumpfen Zipfeln gebildet; die Kronenröhre zylindrisch, an
der oberen Seite tief aufgeschlitzt, weiß oder blau. — Staubblätter 5
(Fig. 3); Staubfäden weiß, unten frei, oben zu einer Röhre verwachsen;
Staubbeutel verwachsen, violett, an der Spitze mit weißen Haaren be-
setzt. — Fruchtknoten (Fig. 6) mit dem Kelch verwachsen, zylin-
drisch, violett, unter den Narben behaart. Narbe zweilappig, beim
Aufblühen geschlossen und in der Griffelröhre verborgen. — Frucht
(Fig. 6) eine aufspringende Kapsel. — Samen zahlreich, sehr klein.
Blütezeit: Juli, August.
Biologisches. Übertragung des Blütenstaubes: In dem Hohl-
zylinder, der von den Staubbeuteln gebildet wird, sammelt sich der
von den Staubbeuteln nach innen entlassene Blütenstaub. Der Griffel
reicht zunächst mit den beiden geschlossenen, aneinanderliegenden
Narbenlappen bis an den Eingang des Staubbeutelzylinders; allmählich
wächst er durch denselben hindurch und fegt dabei mit einem dicht
unter der Narbe stehenden Haarkranze den Blütenstaub aus dem
Hohlzylinder heraus. Insekten, welche die Blüte jetzt besuchen, be-
decken sich mit Blütenstaub. Ist die Narbe ganz aus der vorderen
Öffnung herausgetreten, so breiten sich die Narbenlappen aus, und
Tafel 109. Tafel 109.
Wasser-Lobelie. Lobelia Dortmanna L.
1 Pflanze. 2 Blühender Sproß. 3 Blüte. 4 Narbe in der Staubbeutelröhre. 5 Narbe
geschlossen. 6 Narbe geöffnet im Längsschnitt. 7 Junge Frucht. 3 bis 7 vergr.
Wasser-Lobelie. 201
es bietet sich nun den Insekten die belegungsfähige Narbe zur Be-
rührung dar.
Standort und Verbreitung. In Moorsümpfen und moorigen
Seen, in Nord- und Ostdeutschland zerstreut vorkommend.
Gift und dessen Wirkung. Alle Lobeliaarten, außer der vor-
liegenden, auch die häufig als Zierpflanzen angebaute Lobelia syphilitica,
Lobelia fulgens, Lobelia splendens, Lobelia cardinalis sind Giftpflanzen;
sie besitzen in allen Teilen einen scharfen Milchsaft. — Das Kraut der
Pflanze erregt heftiges Erbrechen und wirkt außerdem narkotisch. —
Als wirksamer Bestandteil wurde das Alkaloid Lobelin (C,,;H,; N O,)
erkannt.
202 Gift-Lattich.
Gift-Lattich. Lactuca virosa (Z,).+
Tafel 110. Wandtafel 20.
Fam.: Korbblütler. Compositae.
Lactuca, vielleicht von Lactiduca = Milchführerin (wegen des Saftes) ab-
zuleiten; virosa giftig.
Lattich verstümmelt aus Lactuca.
Beschreibung. Pflanze mit zweijähriger Wurzel; bildet im
ersten Jahre eine Blattrosette; im zweiten Jahre einen einjährigen,
aufrechten, 1 bis 1!/;, m hohen, runden, hohlen, unten einfachen, oben
rispig-verzweigten Stengel. — Blätter (Fig. 1) zerstreut, sitzend,
stengelumfassend, mit pfeilförmigem Grunde, umgekehrt-eiförmig, ganz-
randig, wagerecht abstehend, an der Mittelrippe unterseits mit steifen
Borsten besetzt; in den Verästelungen in lanzettförmige Deckblätter
übergehend. — Blütenkörbehen in einer Rispe an der Spitze [des
Stengels (Fig. 1), Körbchen strahlenförmig (Fig. 2); Blütenboden flach,
kahl; Hüllkelch kahl, walzenförmig; Deckblätter dachziegelförmig, nach
innen länger und schmäler werdend. — Blüten (Fig. 2 u. 3) sämtlich
zungenförmige Zwitterblüten. — Kelch eine haarförmige, silber-
weiße Haarkrone von der Länge der Blumenkronröhre — Blumen-
kronblätter zungenförmig, gelb. — Staubblätter 5 (Fig. 3), aus
der Blüte hervorragend; Staubfäden frei; Staubbeutel schmal, zwei-
fächerig, zu einer Röhre verwachsen, nach innen längsaufspringend,
am Grunde in einen geteilten Fortsatz endigend.. — Fruchtknoten
unterständig, länglich-oval, einfächerig, mit einer Samenanlage; Griffel
fadenförmig, behaart; Narben 2, zurückgekrümmt, außen behaart. —
Früchte (Fig. 4) umschlossen von dem Hüllkelche, langgeschnäbelt,
mit der Haarkrone an der Spitze, seitlich zusammengedrückt, mit
fünf Längsriefen, breit berandet, in einen langen, an der Spitze kahlen
Schnabel auslaufend, schwarz.
Blütezeit: August, September.
Biologisches. Häufung der kleinen Einzelblüten zur Ge-
nossenschaft in einem Blütenkörbchen, zwecks Vergrößerung
der Augenfälligkeit. — Der Honig ist in der engen, kurzen
Blumenkronröhre eingeschlossen und füllt dieselbe bis oben an,
wodurch er auch kurzrüsseligen Insekten zugängig wird. — Der Kelch
Tafel 110.
Tafel 110.
Gift-Lattich. Lactuca virosa L.
4 Einzelne Blüte.
3 Blütenköpfehen im Längsschnitt.
1, 2 Blühender Sproß.
3, 4, 5 vergr.
5 Frucht.
Gift-Lattich. 203
der Blüte, zu einer weißen Haarkrone umgebildet, dient als
Flugapparat und Fallschirm zur Erleichterung der Ausbrei-
tung der Samen durch den Wind. — Gegen unberufene, den
Stengel hinauf kriechende Insekten schützen sich der Gift- und der
wilde Lattich in eigentümlicher Weise. Die Deckblätter der Blüten-
körbchen, die Blütenstiele und die oberen kleinen Laubblättchen führen
in den Zellen der Oberhaut einen weißen Milchsaft, der bei der ge-
ringsten Verletzung der äußeren Zellwand mit Gewalt hervorquillt.
Kleine Insekten, z. B. Ameisen, die, beim Ersteigen der Stengel in die
Blütenregion gelangend, mit den Krallen ihrer Füße jene von Milch-
saft strotzenden Zellen ritzen, werden sofort von dem weißen, klebrigen
Safte bedeckt. Ein Entrinnen ist für die Tiere meist nicht möglich,
da der Saft an der Luft schnell zu einer zähen, später braun werdenden
Masse erhärtet. Leichen von Ameisen, Aphisarten und anderen kleinen
Insekten findet man oft massenhaft an den Blütenständen festgekittet.
Standort und Verbreitung. An trockenen, sonnigen, felsigen
Orten, auf hellen Waldplätzen, durch West- und Südeuropa; im Westen
Deutschlands häufig. Wurde früher an manchen Orten (z. B. bei
Zell an der Mosel) zur Gewinnung des Saftes kultiviert.
Gift und dessen Wirkung. Die Lactucaarten sind leicht nar-
kotisch wirkende Pflanzen, in ihrer Wirkung dem Bilsenkraut in etwas
ähnlich. Sie besitzen einen äußerst bitter schmeckenden, eigentümlich
betäubend riechenden Milchsaft, der eingetrocknet gelbbraune, innen
weiße Klumpen bildet, die als „Lactucarium“ in der Medizin ver-
wandt werden. Aus diesem und direkt aus dem Milchsafte wurde als
wirksamer Bestandteil das Latucerin (C,,H,,0,) als blaßgelbe, bitter
schmeckende Nadeln dargestellt. Die dem Opium ähnliche Wirkung
des Milchsaftes war schon den Alten bekannt (Thridax ayrıa des
Dioskorides, auch von Plinius wird sie erwähnt). Außerdem finden sich
als Bitterstoffe unbekannter Zusammensetzung häufig das Laetupikrin
und (bis 0,5 Proz.) das kristallisierbare Laetuein. — In der Heilkunde
wurde früher benutzt: der aus der kultivierten Pflanze durch
Abschneiden der Stengel gewonnene und eingetrocknete
Milchsaft (Lactucarium germanicum).
204 Wilder Lattich.
Wilder Lattich. Lactuca scariola (Z..
Tafel 111.
Fam.: Korbblütler. Compositae.
Lactuea siehe Laectuca virosa; scariola soll aus seriola [von seris (gr.),
Lattich] verstümmelt sein.
Lactuca silvestris (Lam.).
Beschreibung. Pflanze mit zweijähriger Wurzel; im ersten
Jahre oben mit einer dichten Blattrosette besetzt; im zweiten Jahre
einen einjährigen, 1 bis 11/;m hohen, aufrechten, verästelten, runden,
hohlen, glatten Stengel treibend. — Blätter (Fig. 1) eirund bis läng-
lich, pfeilförmig, fiederspaltig, sägeförmig, an den Rändern stachelig
bewimpert, stachelspitzig, an sonnigen Stellen die Ränder nach unten
und oben kehrend; unterseits an der Mittelrippe mit stacheligen Bor-
sten besetzt; nach oben in schmale, lanzettförmige Deckblätter über-
gehend. — Blütenkörbchen in pyramidenförmigen Rispen (Fig. 2). —
Körbehen strahlig; Blütenboden flach, kahl; Hüllkelch kahl, walzen-
förmig; Deckblätter dachziegelförmig. — Blüten zungenförmig; zwit-
terig.. — Kelch von einer silberweißen Haarkrone gebildet. —
Blumenkrone einblätterig, zungenförmig, unten röhrig, blaßgelb. —
Staubblätter 5 (Fige.3 u. 4), aus den Blüten hervorragend; Staub-
fäden frei; Staubbeutel tiefgelb, schmal, zu einer Röhre verwachsen,
nach innen längsaufspringend.. — Fruchtknoten unterständig,
länglich - oval, einfächerig, mit einer Samenanlage, behaart; die zwei
Narben zurückgebogen, außen behaart. — Früchte (Fig.5, 6 u. 7)
vom Hüllkelch umschlossen, braun, beiderseits mit fünf Riefen, schmal
berandet, mit langem, fadenförmigem Schnabel, mit der Haarkrone an
der Spitze.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches siehe Lactuca virosa. Eine sogenannte „Kompab-
pflanze“: die Blätter der freistehenden Pflanze drehen sich so, dab
ihre Spitzen nach Norden und Süden, die Ränder nach oben und unten
gerichtet sind. Diese Stellung wird durch das Licht bedingt.
Standort und Verbreitung. In Mittel- und Südeuropa. In
Deutschland überall an Wegen, trockenen Abhängen, auf steinigen
Stellen, Schutthaufen u. dgl.
Gift und dessen Wirkung siehe Lactuca virosa!
Tafel 111. Tafel 111.
(G
7
Wilder Lattich. Lactuca scariola L.
1, 2 Blühender Sproß. 3 Blütenköpfchen im Längsschnitt. 4 Einzelblüte. 5 Frucht.
6 Same, nat. Größe. 7 Desgl., vergr. 3, 4, 6, 7 vergr.
Wasserdost. 205
Wasserdost. Eupatorium cannabinum (z,.
Tafel 112.
Fam.: Korbblütler. Compositae.
Die Pflanze hat ihren NameniEupatorium von der Verwechslung derselben
mit Agrinonia Eupatoria, die von Mithridates Eupator (ein die Heilkraft der
Pflanzen studierender pontischer König, gest. 64 v. Chr.) gegen Leberleiden
empfohlen wurde; cannabinum von Cannabis — Hanf, weil die Stengel wie die-
jenigen der Hanfpflanze benutzt wurden.
Wasserhanf; Kunigundenkraut.
Beschreibung. Ausdauernde Pflanze mit starkem, kriechendem
Wurzelstock und aufrechten, krautigen, bis 2 m hohen, verästelten
Stengeln (Fig.1). — Blätter (Fig. 1) gegenständig, gestielt, drei- bis
fünfteilig; Zipfel lanzettlich, gesägt, rauhhaarıg. — Blütenkörbcehen
(Fig. 1) in doldentraubiger, reichblütiger Rispe an der Spitze der
Triebe; Blütenstiele behaart; Hüllkelch der Körbchen länglich - zylin-
drisch; Deckschuppen länglich-lanzettlich, weißlich, dachig. In jedem
Körbchen fünf bis sechs Blüten (Fig. 2); Blütenboden flach, kahl;
Blüten alle gleich, zwitterig. — Kelch (Pappus) haarförmig, ein-
reihig. — Blumenkrone (Fig. 3) röhrig, oben etwas erweitert, mit
fünfteiligem Rande, rötlich, wohlriechend. — Staubblätter (Fig. 3)
in der Blumenkrone eingeschlossen; Staubfäden fadenförmig, frei;
Staubbeutel aufrecht, linealisch, zu einer Röhre verwachsen, nach
innen aufspringend.. — Fruchtknoten (Fig. 3) unterständig, mit
dem haarförmigen Kelche verwachsen; Griffel am Grunde verdickt,
von der Mitte an zweiteilig gespalten; Äste halbzylindrisch, außen
behaart, innen rinnenförmig, an den Seiten mit Narbenpapillen be-
setzt. — Früchte (Fig. 4) länglich, gerieft, kantig, fünfseitig, gekrönt
von der einreihigen, weißen Haarkrone.
Blütezeit: Juli bis September.
Biologisches. Die Blüten sind erstmännlich (proterandrisch).
— Die Griffel sind tief gespalten; die obere Hälfte trägt Fege-
haare; die untere bildet die belegungsfähige Narbe. Anfangs
stecken die Griffel in dem Staubbeutelzylinder, fegen beim Strecken
aus diesem den Blütenstaub heraus und bieten ihn den ;Insektenjdar;
nachher spreizen sich die Griffeläste auseinander. Da die fünf Blüten
eines Köpfchens nacheinander aufblühen, so stehen ältere und jüngere
206 Wasserdost.
Blüten nebeneinander und Kreuzbestäubung ist unvermeidlich. Der
3au der Blüte ermöglicht Bienen, Hummeln und Schmetter-
lingen die Entnahme des Honigs. Die Augenfälligkeit der
kleinen Blüten wird vermehrt durch Zusammenstellung der-
selben in doldenförmigen Köpfchen, in denen die weit hervor-
ragenden, schneeweißen Griffeläste gegen die rötlichen
Blumenkronblätter scharf hervortreten.
Standort und Verbreitung. In ganz Europa und Vorderasien, in
Deutschland überall verbreitet; an Waldbächen, an feuchten Stellen,
an Felsen und im Walde; an trockenen Stellen nur, wenn sie etwas
beschattet sind.
Gift und dessen Wirkung. Die Pflanze wird als giftverdächtig
angesehen. Kraut und besonders die Wurzel schmecken bitter und
scharf; sie wirken brechenerregend und werden als Volksmittel gegen
Wassersucht, Hautausschläge usw. angewandt. In der Pflanze kommt
ein Glykosid: Eupatorin, vor, dessen chemische Zusammensetzung
und Eigenschaften noch nicht näher erforscht sind.
Tafel 112.
Tafel 112.
Wasserdost. Eupatorium cannabinum L.
1 Blühender Sproß.
3 Blüte im Längsschnitt. 4 Same.
2 Blütenköpfchen.
2, 3, 4 vergr.
Er
2
-
SACHREGISTER.
(Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Einleitung.)
A:
Aconitin XV, 66.
Aconitsäure XY.
Aconitum XI, XIV, XVI.
— Cammarum (Jacq.) 67.
— Lyeoetonum (L.) 68.
— Napellus (L.) XV, 64.
— variegatum (L.) 67.
Actaea spicata (L.) 85.
Adonidin 82.
Adonin 82.
Adonis aestivalis (L.) 83.
— citrina (Hoffm.) 83.
— flava (D.C.) 83.
— Frühlings- 82.
— maculata (Wall.) 83.
— miniata (Jacq.) 83.
— Sommer- 83.
— vernalis XVII, 82.
Aethusa XVI.
— cynapium (L.)XTIV, 134.
Agaricaceae 1, 2,6, 11,12,
13.
Agarieus bulbosus (Bull.) 3.
— emeticus (Sehaeff.) 6.
— foetens (Pers.) 13.
—- muscarius (L.) 1.
— pantherinus (D.C.) 12.
— torminosus (Schaeff.)11.
Agrostemma XVII.
— Githago (L.) XIII, 46.
Asrostemma-Sapotoxin 47.
Acrostemmin 47.
Ahlbaum 96.
Ahlkirsche 96.
Akelei, gemeine 58.
Alkaloide XIV.
—, Bedeutung für die
Pflanze XV.
—, biologisehe Bedeutung
XVl.
Alkaloide, Entstehung XV. |
Alpenrose, pontische 153.
—, rauhhaarige 149.
—, rostblätterige 151.
Alpenveilchen XIII, 155.
Amanita bulbosa (Pers.) 3.
| — eaesarea (L.) 1.
— formosa (Rabenh.) 1.
— muscaria (Pers.) XXI, 1.
| — pantherina (D.C.) XXI,
12.
— phalloides (Fr.) 3.
— puella (Pers.) 1.
| Amanitin XXI, 2.
| Amaryllidaceae 41.
Amaryllisgewächse 41.
| Amygdalae amarae 93.
| Amygdalin XIX, 93, 95.
Amygedalinsäure 93.
Amyedalus communis (L.)
XIX, 92.
Anacardiaceae 115.
Andromeda polifolia (L.)
XVIII, 145.
Andromedovtoxin 146, 151.
| Anemone nemorosa (L.) 69.
— Pulsatilla (L.) XII, 71.
| Anemonenkampfer 72.
| Anemonin 72, 77.
| Anemoninsäure 72.
Antoniusfeuer 9.
Apoeynaceae 157.
Aprikose XIX.
Aquilegia vulgaris (L.) 58.
Araceae XVII, 25, 27.
Araliaceae 141.
Arongewächse 25, 27.
Aronsstab XIV, 25.
Arthamitin 156.
Arum XVII.
— maculatum (L.) 25.
Asaron 142.
Asarum europaeum (L.)
141.
Asclepiadaceae X VIII, 159,
161.
Asclepiadin 160.
Asclepias XIII.
| — Cornuti (D.C.) 159.
— syriaca (L.) XVII, 159.
— vincetoxicum (L.) 161.
ı Asclepion 160.
Asebotoxin 146.
| Astrantia carinthiaca
(Hoppe) 123.
| — major (L.) 123.
| Atropa XIH, XV, XVI.
— belladonna (L.) 177.
| Atropamin XVI, 178.
Atropin XII, XVII, 164,178.
Attich 193.
Azalea XVIDO.
— pontica (L.) 154.
B.
Bauchpilze 5.
Baumwürgergewächse 117.
Beißbeere 119.
Belladonnin XVI, 178.
Benzaldehyd 93.
Bergpfeffer 119.
| Berle 129.
Berserkerwut 2.
' Berula angustifolia (Koch)
129.
Besenginster 100.
Bilsenkraut XI, XIII.
—, schwarzes 168.
Bingelkraut, einjähriges
113.
Birkenritsche 11.
Bittermandelöl XIX, 93.
Bittermandelwasser XX.
208
Bittersüß 170.
Bitzblume 71.
Blätterpilze 1, 2, 6, 11, 12,
13.
Blasenstrauch 103.
Blausäure XIX, 26, 59, 93,
95, 97.
Blutkraut 90.
Blutpilz 7.
Bocksdorn, gemeiner 180.
Bohnenbaum 98.
Boletol 7.
Boletus erythropus
(Kranb.) 14.
— lupinus (Fr.) 14.
— luridus (L.) 7.
— Satanas 7.
Bromus temulentus
(Bernh.) 22.
Bryonia XIII, XVI.
— alba 199.
— dioica 197.
Bryonidin 193,
Bryonin 198,
Bunter Sturmhut 67.
Butterblume 54, 78.
. C.
Calla XVII.
— palustris (L.) 54.
Caltha palustris (L.) 54.
Cannaben 44.
Cannabin 44.
Cannabinin 44.
Cannabis XIII.
— sativa (L.) 43.
Caprifolaceae 193—196.
Caryophyllaceae X'VIII,
46, 48.
Chaerophyllum temulum!
(L.) 136.
Champignon 3.
Chelerythrin 91.
Chelidonin 91.
Chelidonium XVI.
— - Alkaloide 91.
— majus (L.) 90.
— laeiniatum (Mill.) 91.
Chelidonsäure 39.
Cholin XXI, 2, 12, 114.
Christophskraut 85.
Christrose 50.
Christwurz 50.
Celastraceae 117.
Cieuta XVI.
Sachregister.
| Cieuta angustifolia (Koch) |
125.
— maculata (Lam.) 137.
| — tenuifolia (Fr.) 125.
—2y1r082. (IB) AXIRy, 125:
Cieutin 126.
Cicutoxin 126.
Daphne major (Lam.) 121.
— Mezereum (L.) 119.
— odorata (Lam.) 122.
Daphnetin 120.
Daphnin 120,
| Datura XV, XVI.
| — Stramonium (L.) XIV,
Claviceps purpurea XIII,
XXI, 8.
Clematis recta (L.) 73.
— vitalba (L.) 73.
— viticella (L.) 74.
Codein XVI, 89.
| Colehiein XVI, 31.
sanguineus (Kranb.) 7.
Colehieum XI, XIV, XVI.
— autumnale (L.) 30.
Colutea XVI.
— arborescens (L.) 103.
— hirsuta (Roth.) 103.
Compositae 202—206.
Conhydrin 138.
| Conicein 138,
Conin 138.
| Conium XI, XV, XVL
— maeulatum (L.) 137.
ı Convallamarin 29.
Convallaria majalis (L.) 28.
Convallarin 29.
Coriandrum maculatum
(Roth.) 137.
Cornutin 10.
' Coronilla X VIII.
| — varia (L.) 101.
' Coronillin 102.
Cortex Mezerei 120.
163.
Delphinin 62.
Delphinium XV, XVI.
— - Alkaloide 62.
— chinense (Fisch) 60.
— grandiflorum (L.) 60.
— staphysagria (L.) 42.
Delphinoidin 63.
Delphisin 63.
Digitalein 185.
Digitalin XIII, 184,
Digitalis XIII, XVII.
— ambigua (Murr.) 187.
grandiflora (All.) 187.
ochroleuca (Jacgq.) 187.
parviflora (All.) 186.
purpurea (L.) 183.
Digitonin 185.
Digitophyllin 185.
Digitoxin 185.
Doldengewächse 123—137.
Dolichos polystachyos
(Thunb.) 105.
Dosis letalis XII.
— toxica XIII.
Dotterblume 54.
' Drachenwurz 27.
Craepeliatemulenta (Schr.)
22.
Crataegus oxyacantha XXI.
Cucurbitaeeae XVI, 197
Ch)
| Cyanwasserstoff XIX.
Cyclamen XIII, XVII.
— europaeum 155.
Cycelamin 156.
Cynanchum vincetoxicum
(L.) 161.
Cynapin 135.
Cypressen-Wolfsmilch 107.
Cytisin 100, 104.
Cytisus XIII, XV, XVI.
— alpinus (L.) 100.
| — Laburnum (L.) 98.
D.
Daphne Cneorum (L.) 122.
— Laureola (L.) 121.
Duleamarin 171.
Dullkraut 168.
E.
Ebulum humile (P.) 193.
Efeu 139.
Efeugewächse 139.
Eibe XIV, 20.
Eibengewächse 20.
Eichelpilz 15.
Einbeere 36.
| Eisenhut XI, XIV,XV, 64.
Elfenbusch 96.
Emulsin XIX, 93, 95.
Erdapfel 174.
Erdscheibe 155.
Erdschierling 137.
Ergosterin 10.
| Ergot de seigle 10.
Ergotin 10.
Ergotinin 10.
Ergotinsäure 10.
Ericaceae X VIII, 145—154. |
Ericelin 151.
Eupatorin 206.
Eupatorium cannabinum
(L.) 205.
Euphorbiaceae XIII, XIV,
107—113.
Euphorbia eyparissias (L.)
107.
— esula (L.) 111.
— helioscopia (L.) 109.
— Lathyris (L.) 112.
— Peplus (L.) 110.
Euphorbon 108.
Evonymin 118.
Evonymus europaeus (L.)
10107.
F.
Faulbaum XIX.
Felsenstrauch, pontischer
154.
Fingerhut XII, XIV.
—, blaßgelber 187.
—, gelber 186.
—, roter 183.
Fischerkappe 64.
Flammulae Jovis 73.
Fliegenpilz XVI, XXL, 1.
—, graubrauner 12.
Folia Aconiti 66.
Belladonnae 179.
Digitalis 185.
Laurocerasi 95.
Nicotianae 166.
Stramonii- 164.
Fritillaria XV1.
— imperialis (L.) 33.
— inodora 33.
— Meleacris (L.) 35.
Fructus Cannabis 45.
— Conii 138.
— Papaveris 89.
— Phellandrü 132.
Fuchsbeere 36.
6.
Gaisklee 98.
Gasteromycetes 6.
Geißblattgewächse 193
—196.
Germer XIH.
—, schwarzer 40.
—, weißer 38.
Gichtkraut 191.
Gichtmorchel 15.
Giehtmorchelpilze 15.
Gichtschwamm 3.
Esser, Giftpflanzen.
|
Sachregister.
Giftbeere , judenkirsch-
artige 132. Ä
Gifte, Einteilung XIII.
Gifthahnenfuß 76.
Gift-Lattich XII, 202.
Giftmilchling 11.
Giftranunkel 76.
Giftreizker 11.
Giftschwanz 85.
Gift-Sumach 115.
Giftwicke 101.
Githago segetum (Desf.) 46.
Glykoside XVII.
— , biol. Bedeutung XVIII.
—, physiolog. Bedeutung
xVvI.
Glycine floribunda (Willd.)
105.
— sinensis (Sims) 105.
Glyzine 105.
Goldkraut 90.
Goldregen XIII, 98.
Goldwurz 90.
Gottesgnadenkraut XIII,
197:
Gränke 145.
Gräser XI, 22.
Gramineae XI, 22.
Gratiogenin 192.
Gratiola offieinalis XIII,
XVII, 191.
Gratioligenin 192.
Gratiolin 192.
Gratiolisin 192.
Gummi hederae 140.
H.
Hahnenfuß, blasenziehen-
der 76.
—, brennender 81.
—, Gift- 76.
—, knolliger 80.
—, scharfer 78.
—, sellerieblätteriger 76.
Hahnenfußgewächse XI,
XII, 50—86.
Hahnensporn 8.
Hain-Anemone 69.
Hanf XIII, 43.
Hartbovist 5.
Haselwurz, europäische
141.
Heckenkirsche XII.
Hedera canariensis 139.
— chrysocarpa 139.
— Helix (L.) 139.
| — hibernica 139.
209
Hederin 140.
Heidekrautgewächse 145
—154.
Helleborein 51.
Helieborin 51.
Helleborus XVII.
— foetidus (L.) 51, 52.
— niger (L.) 50.
— viridis (L.) 51, 53.
Herba Cannabis 45.
— Coniü 138.
— Hyoscyami 169.
Herbstzeitlose XII, XIV,
30.
Hermer 38.
Hexenei 15.
Hexenpilz 7.
Holler 193.
Hollunder, Zwerg- 193.
Hundsgiftgewächse 157.
Hundspetersilie XIV, 134.
Hundswürger 161.
Hungerkorn 8.
Hyosein 178.
Hyoscyamin X’VI, 164, 169.
Hyoseyamus XI, XII,
xXVI.
— niger (L.) 168.
I.
Ibe 20.
Imperialin 34.
J.
Jervasäure 39.
Jervin 39.
Jungfern-Rosmarin 17.
Juniperus Sabina (L.) XI,
17.
— — cupressifolia (Ait) 17.
— — prostrata (Hort.) 17.
— — tamariseifol. (Ait.)
NE
— — variegata (Hort.) 17.
K.
Kälberkropf 136.
Kaiserkrone 33.
Kartoffel XIV, 174.
Kartoffelbovist 5.
Kartoffelbrätling 5.
Kellerhals 119.
—, lorbeerblätteriger 121.
Kernpilze 8.
Kiebitzei 35.
Kirsehlorbeer XIX, 94.
' Kirschlorbeerwasser XX.
14
210
Knollenblätterpilz 3.
Knollenschwamm 3.
Knollenwulstling 3.
Korbblütler 202—206.
Kornrade XIII, 46.
Kornzapfen 8.
Kribbelkorn 8.
Kribbelkrankheit 9.
Kronwicke, bunte 101.
Kuckucksblume 69.
Küchenschelle 71.
Kürbisgewächse 197—199.
Kuhschelle 71.
Kunigundenkraut 205.
L.
Laburnum vulgare
(Grieseb.) 98.
Lactarinsäure 11.
Lactarius delieiosus 11.
— torminosus (Fr.) 11.
Lactuca XIV.
— scariola (L.) 204.
— silvestris (Lam.) 204.
— virosa (L.) XIII, 202.
Lactucarium 203.
Laetucerin 203.
Läusekorn 62.
Läusekraut, Sumpf- 190.
—, Wald- 188.
Lattich, Gift- XIII, 202.
—, wilder 204.
Latticharten XIV.
Laurocerasin 93, 95, 97.
Lausblume 30.
Lavendelheide 145.
Leeithine XXI.
Ledol 148.
Ledum palustre (L.) 147.
Liliaceae XVI, 28, 30, 33,
35, 38, 40.
Liliengewächse 28, 30, 33,
35, 38, 40.
Lilium convallium
(Tournf.) 28.
Lobelia cardinalis 20.
Dortmanna XIV, 200.
fulgens 201.
splendens 201.
syphilitiea 201.
Lobelie 200.
Lobelin 201.
Löcherpilze 7.
Lolium annuum (Gillib.)
22,
— jtalieum (L.) 23.
— linicolum (L.) 23.
Sachregister.
Lolium perenne (L.) 23.
— temulentum (L) XII,
22.
Loranthaceae 143.
Luridussäure 7.
Lyeium XV1.
— europaeum (Lam.) 180.
— barbarum (L.) 180.
— halimifolium (Mill.) 180.
— megistocarpum (D. C.)
180.
M.
Mäuseholz 170.
Maiglöckchen 28.
Mandelbaum 92.
Mandeln XX.
Mattensafran 30.
Meisterwurz 123.
Mekonsäure 89.
Melampyrum 139.
Mereurialis annua (L.) 113.
Merk, breitblätteriger 127.
Methyleoniin 138.
Michelsblume 30.
Milchblätterschwamm 11.
Milchsäfte, giftige XIV.
Mistel 143.
Mistelgewächse 143.
Mönchskappe 64.
Mohngewächse 87, 90.
| Morphin XV], 89.
Morphium XII.
Mottenkraut 147.
Muscarin XXT, 2, 7, 12.
| Mutterkorn XII, XVI,
XXL, 8.
Mykorhiza 2, 18, 21.
Myrrhis temula (All.) 136.
N.
Nachtschatten, Schwarzer
172.
—, Wald- 170, 177.
Nachtschattengewächse
XI, XIV, 163—185.
Nadelhölzer 17.
Nareissus pseudonareissus
(L.) 41.
Nareitin 42.
Narkotin XVI, 89.
Narzisse, unechte 41.
Nelkengewächse 46, 48.
Neriantin 158.
Neriin 158.
Nerium XIV.
— Oleander (L.) 157.
I
Neurin XXI. 4
Nicandra physaloides
(Gaertn.) 182.
Nieotein 166.
Nieotellin 166.
Nieotiana XIV, XV, XVI,
— rustiea (L.) 167.
— tabacum (L.) 165.
Nicotimin 166.
Nicotin XVI, 166.
Nieswurz 38.
—, falsche 85.
—, grüne 53.
—, schwarze 50.
—, stinkende 52.
Nitrilglykoside XIX.
0.
Ochsenpinsel 30.
Oenanthe aquatica (Lam.)
130.
— crocata (L.) 133.
— fistulosa (L.) 133.
— Phellandrium (Lam.)
130.
Oenanthotoxin 132, 133.
Oleander XIV, 157.
Oleandrin 158.
' Opium 88.
Opiumbasen XVI, 88.
| Osterblume 69, 71.
Osterluzeigewächse 141.
P.
Paris quadrifolia (L.) 36.
Paristyphnin 37.
Pantherinussäure 12.
Pantherpilz XXI, 12.
Pantherwulstling 12.
Papaver XV.
— somniferum (L.) XIII,
XV], 87.
Papaveraceae XVI, 87, 90.
Papaverin XVI, 89.
Papilionaceae XI, XVI,
XVII, 98—105.
Paridin 37.
Pedieularis XVII.
— palustris (L.) 190.
— silvatiea (L.) 188.
‚ Peltschen 101.
Pfaffenhütchen, europä-
isches 117.
Pflanzengifte, betäubende
RUHT.
| az narkotische XIII.
‚ scharfe XII.
Pfianzengifte, scharf-nar-
kotische XIII.
Pferdesaat, röhrige 133.
Pferdesamen 130.
Pfirsich XIX.
Pflaume XIX.
Phacelinsäure 10.
Phacelotoxin 10.
Phallaceae 15.
Phallin 4.
Phallus impudieus (L.) 15.
Phellandrin 132.
Phellandrium aquaticum
(L.) 130.
Physalis peruviana (Mill.)
182.
Pieroselerotin 10.
Pilzgift 2.
Pilzwurzel 2, 18, 21.
Pinaceae 17.
Poleiblätterige Gränke 145.
Polyporaceae 7, 14.
Porst 147.
Primelgewächse 155.
Primulaceae XVIIL, 155.
Prulaurocerasin XIX, 95.
Prunus Amygdalus(St.) 92.
— laurocerasus (Mill.)
XIX, 94.
— Padus (L.) XIX, 96.
— bracteata 96.
commutata 96.
cornuta 96.
leucocarpa 96.
pendula 96.
rotundifolia 96.
— serotina 97.
virginiana 97.
Pseudoconhydrin 138.
Pseudojervin 39.
Pseudomuscarin 2.
Pseudonareissin 42.
Pulsatilla vulgaris (Mill.)
al
Pulsatillakampfer 72.
Purgierkörner 108.
Purgierkraut 191.
Pyrenomycetes 8.
R.
Rachenblütler XI, 183
—-192.
Radix Asari 142.
Belladonnae 179.
Bryoniae 198.
Hellebori viridis 53.
Saponariae rubrae 49.
Sachregister.
Ranunculaceae XI, XIII,
XVI, XVIH, 50—86.
Ranunculus acer (L.) 76,78.
— auricoma (L.) 76.
— bulbosus (L.) 76, 80.
ficaria (L.) 76.
flammula (L.) 76, 81.
— lanuginosus (L.) 76.
Lingua (L.) 76.
— polyanthos (L.) 76.
repens (L.) 76.
— sceleratus (L.) 76.
Thora (L.) 76.
Reiterkappe 64.
Rittersporn XVII.
—, großblumiger 60.
—, Läusekorn- 62.
Rhinanthin 189.
Rhinanthus XVIII, 189.
Rhizoma Veratri 39.
Rhododendrin 151.
Rhododendrol 151.
Rhododendron XVII.
— ferrugineum (L.) 151.
— flavum (G. Don.) 154.
— hirsutum (L.) 149.
— laneifolium (Moench.)
153.
— polifolium (Scop.) 145.
— ponticum (L.) 153.
— speciosum (Salisb.) 153.
Rhus XIV.
— pubescens (Engelh.)115.
— toxicodendron (L.) 115.
— — radieans 116.
Röhrige Pferdesaat 133.
Roggenmutter 8.
Rosaceae 92, 94, 96.
Rosmarin, wilder 147.
Rosmarinheide 145.
Roßkümmel 130.
Roteibe 20.
Rubjjervin 39.
Rückenmarksnarkotika
XII.
Russula emetica (Fr.) 6.
— foetens (Fr.) 13.
Russularot 6.
S.
Sabina officinalis (Garke)
170
Sabina-Öl 19.
Sabinen 19.
Sabinol 19.
Sadebaum XIII, 17.
Sadebaumöl XIV.
211
Säulentax 20.
Sambucus Ebulus (L.) 193.
Sapogenine XVII.
Saponaria XVII.
— officinalis (L.) 48.
Saponarin 49.
Saponine XVIII.
—, Giftwirkung XVII.
—, physiologische Bedeu-
tung XVIL.
Saporubrin 49.
Satanspilz 7.
Satansröhrling 7.
Saubrot 155.
Scandix temula (Roth.) 136.
Schachbrettblume 35.
Schierling, gefleckter XI,
RV137e
—, giftiger XIV, 125.
Schierlingspilz 3.
Schlafkirsche 177.
Schlafkorn 22.
Schlafmohn XIII, 87.
Schlangenkraut 27.
Schlangenwurzel 27.
Schlinge 195.
Schmalzblume 54.
Schmetterlingsblütler XI,
98—105.
Schneeball 195.
Schöllkraut 90.
Schönfußröhrling 7.
Schwalbenkraut 159, 161.
Schwalbenwurz 90, 161.
Schweinetrüffel 5.
Schwindelhafer 22.
Schwindelkirsche 177.
Schwindelweizen 22.
Sclererythrin 10.
Scleroderma vulgare (Fr.)
5.
Selerotinsäure 10.
Scrophulariaceae XT, XIII,
183—192.
Secale cornutum 10.
Segelbaum 17.
Segenbaum 17.
Seidelbast 119.
—, wohlriechender. 122.
Seidelbastgewächse XIII,
119—123.
Seidenpflanze XIII, 159,
161.
Seifenkraut 48.
Semen Colchiei 32.
| — Papaveris 89.
— Stramonii 164.
, Sevenbaum 17.
14*
212
Sevibaum 17.
Siebenbaum 17.
Sium angustifolium (L.)
129.
— erectum (Huds.) 129.
— latifolium (L.) 127.
Skopolamin 164, 178.
Solanaceae XI, XIV,XVI,
173—185.
Solanidin 171, 173.
Solanin XVI, 171, 173, 175.
Solanum XVI.
— Commersoni (Dunal.)
175.
— dulcamara (L.) 170.
— Maglia (Schlecht.) 175.
— melanocerasum (Willd.)
172.
— nigrum (L.) 172.
— tuberosum (L.) 174.
Sophora 100.
Spartein 100.
Speitäubling 6.
Speiteufel 6.
Sphacelia segetum (Lev.) 8.
Spindelbaum 117.
Springkorn 112.
Staphysagroin 63.
Stechapfel XIV, XV.
—, gemeiner 163.
Sterndolde, große 123.
Stickstoffbasen 14.
Stinkholz 17.
Stinkmorchel 15.
Stinktäubling 13.
Stinkwacholder 17.
Stipites Dulcamarae 171.
Strenze 123.
Sturmhut, echter 64.
Sumach XIV, 115.
Sumachgewächse 115.
Summitates Sabinae 19.
Sumpfdotterblume 54.
Sumpf-Merk 127.
Sumpfporst 147.
m:
Tabak XIV.
—, Bauern- 167.
—, virginischer 165.
Taubenkutsche 64.
Taumelhafer 22.
Taumelkerbel 136.
Taumellolch XIII, 22.
Tax 20.
Taxaceae 20.
Sachregister.
Taxenboom 20.
Taxin 21.
Taxus XIV.
— baccata (L.) 20.
— — cuspidata (Hort.) 20.
— — fastigiata (Hort.) 20.
Temulin 23.
Tetancannabin 44.
Teufelsauge 82.
Teufelsei 15.
Teufelskirsche 177.
Teufelsmilch 110, 111.
Teufelspeterlein 137.
Thebain XVI, 89.
Thymelaeaceae 119—122.
Thymelaea Cneorum
(Scop.) 122.
— Laureola (Scop.) 121.
— Mezereum (Scop.) 119.
Tollgerste 22.
Tollkirsche XII, XIII, XV,
177.
Tollkorn 22.
Tollkraut 22, 177.
Toxalbumine XIV, 4.
Toxieodendrol XIV, 116.
Toxieodendron pubescens
(Mill.) 115.
Traubenkirsche 96.
| Trimethylamin XXI, 2,
10, 114.
Trollblume 56.
Trollius europaeus 56.
Trüffel 5.
Tschaupe 28.
Tuber Aconiti 66.
U.
Ulex europaeus (L.) 100.
Umbelliferae XVI, 123
—ılBirl.
V.
Venuswägelchen 64.
Veratridin 39.
Veratrin XV.
Veratrum XII, XV.
— album (L.) 38.
— nigrum (L.) 40.
Veratrumsäure XV.
Vergiftung, Behandlung
derselben XXI.
Viburnin 196.
Viburnum lobatum (Lam.)
195.
— Opulus (L.) 195.
| Viburnum Opulus flor.
plen. (Hort.) 195.
— — roseum (Hort.) 195.
Vincetoxicum XVII.
— offieinale (M.) 161.
Vincetoxin 160, 162.
Viscum album (L.) 143.
W.
Waldglöckchen 183.
Waldrebe, gemeine 74.
—, italienische 75.
—, steife 73.
Waldschelle 183.
Wanzenkraut 147.
Warzenkraut 90, 110.
Wasserdost 205.
Wasserfenchel 130.
Wasserhanf 205.
Wasserkerbel 130.
Wasser-Lobelie XIV, 200.
Wasser-Pastinake 127.
Weihnachtsrose 50.
Weißdorn XXI.
Wiesenhahn 30.
Windröschen, gemeines 69.
Winterrose 50.
| Wistaria XVII.
— polystachya (Koch) 105.
— sinensis (D.C.) 105.
Wistarin 106.
Wolfsbeere 36.
Wolfseisenhut 68.
Wolfsmileh, Cypressen-
107,
—, Garten- 110.
—, gemeine 111.
—, kreuzblätterige 112.
—, sonnenwendige 109.
Wolfsmilehgewächse XII,
XIV, 107—113.
Wolfspfote 71.
Wolfs-Röhrenpilz 14.
Wolfswurz 68.
Wüterich 137.
—, giftiger 125.
2.
Zaunrübe XIII.
—, rotbeerige 197.
—, schwarzbeerige 199.
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5. Kakaobaum. 6. Zuckerrohr. 7. Gemeiner Mandelbaum. 8. Zitrone. 9. Vanille. 10. Ceylo-
nischer Zimtbaum. 11. Schwarzer Pfeffer. 12. Nelkenpfeffer. 13. Gewürznelkenbaum. 14. Echter
Ingwer. 15. Muskatnußbaum. 16. Edler Lorbeer. 17. Fieberrindenbaum. 18. Hirse und Reis.
19. Maniok- oder Kassawastrauch. 20. Guttaperchabaum. 21. Kautschukbaum. 22. Mahagonibaum.
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Flachs und amerikanische Agave. 31. Angebauter Yams. 32. Krokus und Kappernstrauch,
33. Echte Banane. 34. Arrowrootpflanze. 35. Gemeiner Walnußbaum. 36. Gewöhnlicher Feigen-
baum. 37. Schlitzblätteriger Brotfruchtbaum. 38. Edelkastanie. 39. Korkeiche. 40. Ramie-
pflanze und Jutepflanze. 41. Indigopflanze. 42. Gummiakazie. 43. Weinrebe. 44. Ölbaum,
45. Batate. 46. Brechnußbaum.
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50 u. 51. Kleinfrucht. Elfenbeinpalme (2 Tafeln). 52. Malobar-Cardamome. 53. Kampferbaum.
54. Amerikanischer Kopalbaum und Lokustbaum. 55. Kampecheholzbaum. 56. Kretischer
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strauch. 60. Affenbrotbaum. 61. Kolabaum. 62. Echter Gummiguttbaum. 63. Melonenbaum,
64. Afrikanischer Butterbaum und Mahwabaum. 65. Ebenholzbaum. 66. Schönblühende Kaut-
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