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DIE HOHEN SCHULEN ZU BERN
IN IHRER OESCHICHTUCHEN ENTWICKLUNO VON 1528 BIS 1834
^
DftB FnunUameridotter.
sie doch unter der strengen Disziplin eines Or-
dens standen. Für ihre Niederlassung bedurfte
es femer geringerer Oeldmittel als bei andern
Orden, denn sie sorgten fitr ihren Lebensunter-
halt selbst durch Almosensammeln.
Wann und woher die Barf&sser, wie der
populäre deutsche Name lautete, nach Bern
kamen, wissen wir nicht genaue So viel ist
sicher, dass sie von der Bürgerschaft inständig
gebeten wurden zu kommen (instanter vocati)
und im März 1255 ihr Konvent in Bern schon
organisiert war; denn damals stellte der Bruder
Härtung, Guardian der Minderbrüder in Bern,
eine Urkunde aus und besiegelte dieselbe. Es
ist daher nicht unmöglich, dass die Nachricht
von Tsdiamser in der Klosterchronik von
Thann, die Brüder seien 1251 nach Bern ge-
kommen und hätten innerhalb vier Jahren ihr
Ktoster vollendet, richtig ist^ Doch darf man
nicht darauf bauen. Die Chronica de Bemo
meldet kurz: aimo 1255 fratres minores intra-
verunt Bemam.^ Eine Uiicunde über die Auf-
nahme durch die Stadt ist nicht vorhanden, wie
denn überhaupt nur höchst spärliches Material
sowohl über das innere als das äussere Leben
des Klosters erhalten ist Wir schliessen da-
raus, dass die Stellung des Bemer Konventes
weder im Orden noch in der Stadt eine her-
vorragende war.
Die allgemeine Ersdieinung, dass die Fran-
ziskaner von der Pfarrgeistlichkeit als Eindring-
linge betrachtet und bekämpft wurden, zeigte
sich auch in Bern. Der Deutschorden madite
als Inhaber der Parochialredite der Stadt hef-
tige Opposition gegen seine Konkurrenten; er
konnte aber ihre Aufnahme nicht verhindern,
weil offenbar die Stadt selbst den nötigen Platz
für die Gründung des Kk>sters einräumte und
die päpstlichen Privilegien dem Orden sdion
grosse Selbständigkeit verliehen hatten. Im In-
teresse des friedlichen Wirkens der Minder-
brüder musste jedoch eine Aussöhnung der
Parteien herbeigeführt werden, wofür sich die
Stadt eifrig bemühte. Sie gelangte am 6. Ja-
51
nuar 1257^ zu ihrem Ziele, indem an diesem
Tage die Deutschherren vor dem Bisdiof von
Lausanne den Bitten der Rite und der Ge-
meinde von Bern willfahrten und «der fried-
lichen und ruhigen Niederlassung der Mino-
riten in freundlidier Weise und freiwillig ihre
Zustimmung erteilten, aber dabei die Beding-
ung stellten, dass ihren Parodiialrediten nidit
auf betrügerische Weise Eintrag getan werde ».
Der Fall wurde auch votgesehen, dass die
Minderbrüder wieder von Bern fortziehen soll-
ten, in weldiem Falle niemand ohne Einwilli-
gung der Deutschherren in ihre Kirche einge-
setzt werden dürfe. Zum Danke für dieses Ent-
gegenkommen nahm die Stadt die DeutBch-
herren mit allen Besitzungen in der Pfarrei Kö-
niz in ihren Sdiirm und Verband auf und ver-
pfliditete sich, die Rechte derselben zu wahren.
Eine Reihe von Jahren wurde der Friede
nicht getrübt, auch nicht als 1268 der zweite
Mendikantenorden, die Dominikaner, sidi in
Bern niedeiüessen. Später aber bradi Streit
aus zwisdien den Dominikanern und den Fran-
ziskanern einerseits und den Deutschherren
anderseits, so dass der SdiuHheiss Ritter Jakob
von Kienberg und der Ratsherr Konrad Vischer
1293^ als Vermittler auftreten und den Streit
beilegen mussten. Offenbar hatten die Deutsrfi-
herren die Rechte der Bettehnönche beschnei-
den wollen; derm es wurde bestimmt, dass
diese bei den Rechten, Freiheiten und guten
Gewohnheiten verbleiben sollten, deren sie
während 30, 20 oder 15 oder 10 Jahren ge-
nossen hätten, da sie in Liebe und in Frieden
und ohne Streit mit den damaligen Leutprie-
Stern des Deutschordens gelebt hätten. Um die
Aufhebung der in Bern verkündeten Kirchen-
bänne sollten sidi beide Parteien bemühen,
über weldie Personen sie audi verhängt sein
mochten.
Damit war noch kein dauerndes Einverneh-
men mit den Deutschherren hergesteUt; es
brachen viebnehr bald wieder Zerwürfhisse
schlimmster Art aus, wobei die Deutsdiherren
n^
Das Franzislauieildoster.
mit den schärfsten Waffen kämpften. Der Streit
drelite sich um die sog. Br&der und Schwes-
tern von der Busse.
Um seinem Orden eine breitere Grundlage
zu geben, gründete nämlich der heilige Franzis-
kus neben dem Männerorden und dem Frauen-
orden der Klarissen noch einen Orden für Welt-
licfae beiderlei Geschlechts, den sogenannten
dritten Orden oder de penitentia. Die Glieder
dieses letztem, auch Tertiarier genannt muss-
ten zwar eine gewisse Ordensregel befolgen,
die ihnen Pfliditen auferlegte, aber sie brauch-
ten den weltlichen Stand nicht aufeugeben, so
dass sie eine treue Gemeinde im Volk draussen
bildeten. Oft wählten sie sich allerdings auch
eine gemeinsame Wohnung und führten ein
klosterähnliches Leben, so besonders die Frauen
in den Regelhäusem. In Bern bestand wenig-
stens um 1288 schon ein solches Haus der
Schwestern an der Brugg vor dem untern Tore,
das bei der Belagerung der Stadt durch König
Rudolf un genannten Jahre zerstört vnmie.
Gegen diese Tertiarier, die den Einfluss der
Barfüsser beim gemeinen Volke verbreiteten,
richteten sich die Angriffe der Deutschherren.
Aus dem vom Papste Bonifazius VIII. am
15. Juli 1297 an den Abt von St Gallen gerich-
teten Befehle,^ zwischen den streitenden Par-
teien ein Urteil zu fällen, erfahren wir die Kla-
gen der Barfüsser. Der Leutpriester von Bern,
Bruder Trutmann vom Deutschorden, hatte sich
nicht gescheut, den Franziskanerorden nuf frevle
Weise zu verfolgen und die Brüder zu schmä-
hen. Er hatte es gewagt sie in ihrer Kirche
in schändlicher Weise vor einer Menge Volkes
zu beschuldigen, sie seien seit 30 Jahren Be-
trüger und Fälscher gewesen. Die Pfange-
nossen, die die Barfüsserkirche ohne Beein-
trächtigung der Pfarrkirdie der Andacht wegen
zu besuchen pflegten, zwang er durch Entzug
der Kommunion und durch Erpressung von
Eidschwüren, nicht mehr in diese IQrdie zu
gehen zur Anhörung des Gottesdienstes. Und
was nodi sdilimmer war, sowohl der Leut-
^
priester als auch der Landkomtiiur und ihre
IMitbrüder hatten die Barfüsser oft mit dem
Tode bedroht, so dass diese aus Furdit-
nicht mehr die öffentlichen Strassen zu wan-
deln wagten. Der Leutpriester hatte femer
mehreren Brüdern und Schwestern von der
Busse und andern seiner Pfarrkinder, die
ausserhalb der österlichen Zeit von den Bar-
füssem ohne Beeinträchtigung der Pfarrkirche
die heilige Kommunion empfangen hatten,
durch den Diözesanbischof verbieten lassen,
noch weiter von einem andern als dem Leut-
priester die Sakramente zu empfangen, und
femer sollten diese innerhalb einer bestimmten
Frist wegen der empfangenen Sakramente dem
Leu^riester Genugtuung leisten. Da inzwischen
der Leutpriester wegen seiner Sünden durdi
den Bmder Rudolf vom Predigerorden, der
vom Papst als Ketzerrichter für jene Gegenden
bestellt war, kraft seines Amtes exkommuni-
ziert und die Kirdie von Bern mit dem Inter-
dikt belegt worden war, mieden ihn viele Per-
sonen von der Busse. Er aber liess die Güter
von 130 derselben durch die weltliche Gewalt
konfiszieren und sie selbst zur Stadt hinaus-
werfen. Weil das Vorgehen des Bischofs die
Barfüsser und die Brüder und Schwestem von
der Busse schwer sdiädigte und sie von ihm
weitere Verfolgungen befürchten mussten, ap-
pellierten sie rechtzeitig und aus rechtmässigen
Gründen an den apostolischen Stuhl. Der Bi-
schof verachtete diese Appellation und exkom-
munizierte die Brüder und Schwestern von der
Busse und dazu einige Pfarrgenossen von Bern
wegen Verweigerung des Gehorsams gegen
seinen Befehl, den sie doch nicht zu befolgen
schuldig waren.
Indem der Leu^riester jenes Vorgehen
verschwieg und lügnerischer Weise vorgab,
die genannten Pfangenossen hatten die Kirdie
von Bem verlassen und von einer andem Kirche
die Sakramente zu empfangen gewagt, und der
Bischof hätte deswegen die Exkommunikation
ausgesprochen, erlangte er vom Papste einen
^
Dm Pfindtkanerkloster.
»
Auftrag «n den Ardiidiakon von Lausanne und
andere Richter, jenes UrteO des Bischofs zur
Ausführung zu bringen. Der Provinzial der Bar-
fusser und die Brüder und Schwestern von der
Busse baten nun den Papst um Aufhebung des
Exkommunikationsurteils und um eine neue
Untersuchung der Sache, was denn auch t>eides
dem Abte von St Oallen aufgetragen wurde.
Gegen sein Urteil sollte keine Appellation mehr
statthaben.
Wir kennen den Ausgang der Sache nicht
Gewiss werden die Barfiisser wieder zu ihren
Rechten gekommen sein ; denn erst unter dem
nachfolgenden Papste begannen Verfolgungen
dieser sog. Beginen und Begharden. Interessen*
koOisionen zwischen den beiden Parteien blie-
ben aber stetsfort möglidi, namentlidi bot das
BegrS>nisrech^ das dem Franaskanerorden von
den Päpsten verliehen worden war, Anlass da-
zu. Da die Glaubigen sich für die Wahl ihrer
letzten Ruhestitte oft an die Franziskaner wand-
ten, und in diesem Falle der Pfarrer der ge-
wohnten Opfer und Gefälle veriustig ging,
musste die Eifersucht des Leutpriesters oft ge-
nug entfacht worden sein. Doch kam der Pfarr-
kirche gemäss päpstlichen Bullen die Quarta
canottica, ein Viertel von den Funeralien oder
den Opfern und Gefällen bei Begräbnissen in
andern Kirchen zu. Im Dezember 1339 ^ erregte
ein soldi^ Streit über die Bestattung einer
Greda von Toffen peinliches Aufsehen. Die
Stadfbehörden mussten sich ins Mittel legen,
und durdi den Vizedekan wurde gestützt auf
Zeugenaussagen der Ansprudi des Leutprie-
sters abgewiesen, und der Leichnam wurde den
Barffissem zur Bestattung in ihrer Kirche über-
geben. 1342^ musste ein Streit über das Testa-
ment des Johann von Habstetten entschieden
werden, wobei sidi die Barfüsser zu Injurien
gegenüber den Deutschherren hinreissen Hes-
sen. Die erstem mussten sich zur Revokation
im Gottesdienst in ihrer Kirche bequemen,
schoben aber die Revokation selbst stets hinaus
und hielten die darüber gemachte Urkunde,
die sie neu besiegehi sollten, in doloser Weise
zurück und ebenso die Urkunde, die sie zur
Entrichtung der Quart an die Pfankirdie ver-
pflichtete. VieUeicht war schon damals zwi-
sdien den Barfüssem und den Deutschherren
für die Quart die Entrichtung emer Aversal-
summe vereinbart worden, die 1355^ für die
Dominikaner auf 3 Pfund oder auf vier zu
den vier Fronfasten fälligen Raten von 15 Seh.
festgesetzt wurde.
Das 1481 an Stelle der Deutschherren einge-
setzte weltliche Choriierrenstift trat ganz in
die Rechte der Voigänger und sudite diese
Rechte noch zu erweitem, im folgenden Falle
ireiUch veigeblich. Der Kustos des Stiftes be-
klagte sich über die Prediger und die Bar^
fifisser, sie predigten zum Naditeil der Pfarr-
kniche zu unerlaubten Stunden, während diese
erklärten, sich stets an die alte Sitte gdiaUen
zu haben. Der Bisdiof von Lausanne entsdiied
den Streit am 29. November 1491,^ indem er
die bisherige Uebung sanktionierte. Damadi
durften die Mönche des Vormittags die ganze
Advent- und Fastenzeit durch und an den Fest-
tagen ihrer Ordens- und Kuchenpatrone, auch
wenn diese auf einen vorbehaltenen Sonn- oder
Festtag fielen, und femer an allen Heiligen-
tagen predigen, mit Ausnahme von Weihnach-
ten, Ostern, Pfingsten, AUeriieiligen, Mariae
Lichtmess und Geburt, Dreikönigentag, Auf-
fahrt, der Aposteltage und der Festtage der
Kirchenpatrone der Stiftskirche. An diesen vor-
behaltenen Tagen durften die Möndie nicht
des Morgens vor Beendigung des Hodumites
in der Pfarrkirche, sondern erst nachmittags
nach Schluss des Pfarrgottesdienstes predigen.
— Von andern Streitigkeiten haben wir keine
Kunde.
Als die Franziskaner nach Bern kamen,
rddite die Stadt erst bis zum Zeitglocken-
turme. Für die mit offenen Armen empfange-
nen Mönche musste daher noch innerhalb der
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eisten Staditimwalltiiig Platz gefunden werden.
Er bot sich für Kloster, Kirdie und Kirchhof
in schönster nadi Süden gerichteter Lage in
der südwestlichen Ecke der Stadt an der Ring-
mauer. Zum guten Teile dürften die Qebäude
aus Holz konstruiert worden sein, wie es uns
von der Kirche ausdrücklich bezeugt ist Erst
70 Jahre später (also 1325) wurde der Chor
der Kirdie (in Stern) zu bauen angefangen und
nach jahrelangem Unteibruche zu Ende ge-
führt Erbauer war, wie uns Justinger in seiner
Chronik meldet,^ der Weiicmeister von Bern,
der auch den Chor in Königsfelden und den-
jenigen zu Sadüngen schuf. Die Barfüsser tru-
gen sich zu Ende des 14. Jahrhunderts mit
dem Oedanken eines Neubaues von Kirdie und
Kloster und suchten dafür einen Baufonds zu
gründen. Die Summe von 400 Qulden, womit
die Witwe des Ratsherrn OQian Spilmann im
Jahre 1400* eine tag^che auf dem Fronaltar
der Barffisserkirche zu celebrierende IVlesse
stiftete, wurde dazu bestimmt Quardian und
Konvent verpflichteten sidi dazu, dass das Geld
«in unser nüwen kildien und gotzhuses ane-
vange und buwe ze Beme bekert und nach
dem allemutzlichosten angeleit und gewert
solle werden». Früher als beabsichtigt war,
musste der Neubau unternommen werden;
denn im grossen Stadtbrande vom 14. Mai
1405 verzehrte das Feuer auch das Barfüsser-
kloster.^ Die allgemeine Noflage der Stadt ver-
hinderte auch jetzt wieder einen soliden Neu-
bau, namentlidi die Errichtung der Kirche aus
Stein, und erlaubte nur eine notdürftige Her-
stellung, 80 dass mit der Zeit durchgreifende
Neubauten zur Notwendigkeit wurden. In den
Jahren 1479—1483 wurde dieses Werk, das die
Kräfte des kk>sters bedeutend überstieg, mit
Hülfe der Stadt und der Qläubigen des ganzen
Landes ausgeführt Diebold Schilling^ meldet,
dass nadi mehr als vierjähriger Aibeit am
30. November 1483 Kirche, Kreuzgang, «Tor-
ment», d h. dormitorium oder der Hauptteil
des lOosteigebäudes und alle andern Qebäude
inwendig und auswendig ausgebaut dastanden.
Die Stadt unterstützte den Bau durch beson-
dere Beiträge und förderte ihn nodi wesent-
lich dadurch, dass sie die Untertanen, die an-
dern Gotteshäuser und die Geistlichen zur Dar-
bringung von Gaben aufforderte. Zu diesem
Zwecke stellte der Rat am 29. Juni 1479 und
am 9. Oktober 1481 den Barfüssem sogenannte
Bettelbriefe aus, worin sie für müdtätige Bei-
steuern empfohlen wurden. Der Abt von Frie-
nisberg musste auf Weisung des Rates 10 bis
12 Mütt Korn als Bausteuer schicken, der Abt
von St Urban 20 Mütt und ebensoviel der Abt
von Trüb. Die Stadt Thun hatte 100 Mütt Kalk
zu liefern. Dekan und Kapitel von Münsingen
wurden auch zu einer Liebessteuer angehalten.
Die Leute von Diesbadi ersuchte man, Bau-
hölzer von Röthenbach nach Kiesen an die
Aare zu führen. Noch am 27. September 1483
wurden die Barfüsser den Simmentalem für
Beisteuern an den Bau empfohlen.
Die rasche und glückliche Durchführung des
Baues war dem Baumeister Ludwig HtU>schi
von Bern m verdanken, der denn auch in An-
erkennung dieses Verdienstes zum Stadtwerk-
meister bestellt wurde. Durdi Hübschi wurde
die bis dahin nur aus Holz konstruierte Kirdie
aus Stein aufgeführt^
Am 23. August 1520^ empfahl der Rat die
Franziskaner wiederum den Untertanen zur
Hilfeleistung, weil «in kurtz verluffnen tagen
durch ungewitter des hageis, so über unser statt
eigangen, das gotzhus sant Frandscusordens
also geschädiget und sunst ouch an etlidien
andern orten desselben gotzhus ein buw vor-
handen zu bessern und zu machen notwendig»,
dass fremde Hülfe angerufen werden müsse.
Der «Predikant» des Kk>sters, Herr Johannes
Tämpfli, wurde zum Aufnehmen der Almosen
ausgesandt und zu diesem Zwecke vom Rate
dringend empfohlen.
Als der Franziskaner Konvent in Bern ge-
gründet wurde, war das ursprüngliche Verbot
^
Dts ftanztslametldotter.
^
der vollkommenen Armut längst aufgegeben;
denn sobald feste Niederlassungen entstanden,
war zu ihrer Erhaltung Qeld und Out nötig.
Das strömte aus den Kreisen der Olaubigen
zusammen, die sich der Gnaden und Tröstun-
gen der Kirche teilhaftig machen wollten. So
erhielt das Kloster reiche Veiigabungen durch
die Stiftungen von Jahrzeiten und Messen und
indem sich seine Anhänger das Recht erwar-
ben, beim Kloster oder in der Kirche selbst
begraben zu werden. Andere Oaben flössen für
die Aussdunfidcung der Kirdie und für die
Anschaffung von Kiichenzieraten. Auf diese
Weise mehrte sich der Besitz des Klosters ste-
tig und breitete sich in verschiedenen Landes-
gegenden aus. Freilich haben wü- nur von den
wenigsten Vergabungen Kunde, weil nur we-
nige Urkunden als Besitztitel für ehemalige
Kk>stergüter noch nach der Reformation er-
halten blieben.
Schon vor dem Jahre 1308 bestand in Thun
eine Herberge und ein Schaffner der Barfflsser
von Bern. Die Herberge Mrurde 1308 ^ an den
Vikar Rudolf in Steffisburg veräussert; doch
besassen vielleicht die Bemer Barfusser später
nodi ein Hospitium in Thun, das zeitweise
von Brüdern besetzt war. Wenigstens wurde
1346' offenbar BarfQssem in Thun ein Zins
veigabt, aber 1385 wird ein BarfQsserbruder,
Arnold Pfister von Hasle nur als Erbe eines
Weinbergs in Thun genannt' Aus Irrtum wurde
aus diesen Stellen auf eine besondere Nieder-
lassung der Franziskaner in Thun geschlossen.*
Junker Wilhekn von Burgistein stiftete sidi
1360 bei den Barf&ssem eine Jahrzei^ Junker
Hemrich von Resti tat dies ffinf Tage nachher.^
Anna Seiler, die Gründerin des Seilerinspitals,
schenkte 1360 ihre Öflter zu Lohnstorf, Ubich
von Buch 1382 Einkünfte zu Wentschatzwil bei
StetÜen, der Kirchherr Wemher Stettier eine
halbe Schuppose zu Trimstein 1388, Verena von
Seedorf Güter zu Ersigen 1393, und von Johann
Lisser von Biel vaude eüie Komrente in Lyss
1395 vergabt* In mehreren Generationen bis
zum Aussterben des Geschlechts war die Fa-
milie von Seftigen Guttäterin der Minoriten.
Für die Jahrzeit des letzten Sprossen des Jun-
kers Anton von Seftigen schenkte dessen Erbe
Franz von Schamachtal 1420^ dem Kk>ster
einen Teil der Herrschaftsrechte auf dem Belp-
berg und femer einen Vierteil von Twing und
Bann zu Stodcen, von welchen Rechten jedoch
das erste schon 1425, das andere 1472 wieder
veräussert wurde. Die verschiedenen übrigen
Vergabungen der Familienglieder, die auf dem
Sässhaus in Bem lasteten, wies Agnes von Sef-
tigen 1421 9 auf Güter in Amsoldingen, Pohlem
und Uebeschi an, wo das Kloster sdion aus
Schenkungen von Schwestern von Lindnadi be-
gütert war. Dazu kauften die Barfusser im
gleichen Jahre aus der reichen Vergabung des
Geryo Adibermann, die 350 rheinische Gul-
den betrug, die Hälfte der Herrschaftsrechte
von Uebeschi und viele Güter daselbst Dazu
stand eben damals auch der Anfall von Gutem
in Uebesdii von der Witwe des Peter Rubin
bevor, so dass der dortige Besitz des Klosters,
zu dem auch die Bachalp und die Aelpitalalp
(Elbental^) am Stockhom gehörten, wertvoll
und abgerundet war. In Uebeschi war ein be-
sonderer Schafher eingesetzt zum Bezug der
Einkünfte.
1520 erwarben sich Guardian und Konvent
einen grossen Besitz an Weinbergen und Wein-
renten bei Neuenstadt durch Kauf von Junker
Christoffel von Diesbach. Die Weinberge
stammten aus dem Erbe der Ringoltinger her,
waren aber so mit Schulden überladen, dass
die Barfusser durch Uebemahme derselben
(2000 Gulden) Eigentümer vmrden.^^'
Der Seckehneister Peter von Wabem stiftete
in der Franziskaneridrche eine ewige Messe
und ein ewiges Licht, die der Enkel Ritter
Peter von Wabem 1400 noch mit einer Rente
von 30 Gulden dotierte. Offenbar hatten die
Wabem eine besondere Kapelle in der Kirche ;
denn der genannte Peter, Schultiieiss der Stadt,
liess durch den Maler Diebold Hett eine Ka-
Ifl
Dia Frmzbkaiieridoster.
»
pelle zu den Barfussern bemalen und bekam
vftg^n der Bezahlung mit ihm Differenzen. Er
musste jedoch laut Urteil die restierenden 50
Pfund der mit den Kosten auf 120 Pfund ge*
schätzten Arbeit noch in zwei Raten entrichten.^
Fernere Quttater waren Henmann Thiiring
1426, Peter Matter, Frau Barbara von Eriach
geb. vom Stein, 1467, die bei sich zu Hause
«den Barfuss Herrn Hans Bene» als Kaplan
hielt, Mafgret Brfiggler 1520 etc.^ Rudolf von
Lindnach sorgte 1344 durch die Vergabung
einer Rente daffir, dass die Minderbrüder an
den Fronfasten genügend Wein und Fische auf
ihren Tisch bekamen. Ebenso bestimmte Jo-
hannes von Seedorf 1349 eine Rente von vier
Mütt Dinkel dafür, dass die Brüder «gut wm,
fleisch und fisch» auf ihren Tisch eiiiielten.^
Bernhard Süriand, dessen Vorfahren bei den
Barfussern ruhten, verordnete diesen 1499 eine
Rente von 6 Säumen Wein.^ 4 Saume hatte
Jakob vom Stein vergabt, die der Sohn Kaspar
und der Enkel Jakob jähriich entrichteten.^
In und bei der Kirche wurden im Laufe der
Zeit versdiiedene AHare und Kapellen gestiftet,
wovon wir noch folgende zu konstatieren im-
stande sind Frau Aima Seiler errichtete nach
der Verordnung ihres Vaters Peter ab Berg
1348 eine Kapelle von 20 Fuss Lange und 14
Fuss Breite neben dem Chor und weihte sie
den Heiligen Katharina und Ursula und den
andern 11000 Jungfrauen. Auf dem Altar der
Alma Seiler sollte täglich eine Messe gelesen
werden; aber vor diesem Altar befand sich
noch ein zweiter, der dem Kloster gehörte.
Oegen die Aufhebung oder Veränderung von
Altar und K^)elle schützte sich Anna Seiler
durch das Versprechen der Barfüsser, in die-
sem Falle mit Enthaltung vom Weine zu büssen,
absque vino et vini potu zu bleiben.^
Wahrscheinlich wurde infolge des grossen
Brandes von 1405 eine Veränderung an diesen
zwei vorgenannten Altaren vorgenommen ; we-
nigstens lesen vnr in einer Urkunde von 1413,
dass die Messe der Anna Seiler auf dem Al-
tar des heiligen Franziskus gestiftet sei, und
ebendamals verpflichteten sich die Barfüsser,
eine von Nikiaus Käsli nach dem Willen seiner
verstorbenen Frau Agnes Eyer gestiftete Messe
auf eben diesem Altare taglich und zwar vor
der Messe der Seilerin zu halten.'^
Von einem Altare, der auf der Schwelle am
Eingange in den Chor und zwar auf der rech-
ten Seite stand, meldet uns eine Urkunde von
1411. Er war Johaimes dem Täufer, dem heili-
gen Laurenz und allen Märtyrern geweiht, und
auf ihm erklärten die Barfüsser die von Peter
Rubi, Bürger zu Thun, gestiftete tägliche Messe
lesen zu wollen.^
Wahrscheinlich besass auch die Familie von
Sdiamachtal einen AUar in der Kirche. Meh-
rere ihrer Glieder fanden dort ihre letzte Ruhe-
stätte. So wählte sich Kaspar von Schamachtal,
Herr zu Brandis, mit seiner Qemahlin Perre-
neta von Villarsel 1472 ihr Grab bei den Bar-
fussern, um «bi andern unsem vordem ze ra-
wen ».^ Audi Frau Barbara von Eriach geb. von
Schamachtal wollte dort bei ihren Kindem und
andem Verwandten liegen und bestimmte, dass
die Barfüsser nach ihrem Tode bis zum Dreis-
sigsten täglich zwei Messen «uf unserm altar»
halten soUten.^^ Die Beisetzung des Ritters
Hans Rudolf von Scharaachtal, Schultheissen
der Stadt, am 6. Juni 1513 meldet uns die
Chronik des Valerius Anshelm. Schamachtal
war auf einer Gesandtschaft zum Herzog von
Savoien in Genf plötzlidi gestorben. Sein Leich-
nam wurde mit grossem savoyiscfaen Ehrenge-
leite nach Bem gebradit und vom Stadttor an
in Prozession in die Barfüsserkirche geleitet
und daselbst in der Familiengmft bestattet^^
Dem Beispiele der Vorfahren folgend hatte
Schamachtel in seinem Testament dem Kloster
100 Gulden vergabt und femer bestimmt, dass
zwei sdiwarze Leviteru-öcke und ein Messrock
mit dem Schilde des Donators und demjenigen
seiner Gemahlin gemacht werden sollten.^' Wir
führen noch an, dass der Venner Peter Simon
drei Gräber bei den Barfüssem hatte,^^ und der
^
Du Franzislcanerldotter.
51
Venner Kaspar Wyler 1517 in der Jahreszeitstif-
tting auch sein Qrab bei den Franziskanern zn
schmücken befahl^
Nicht dem frommen Sinne der Qlaubigen,
sondern eher dem Eifer des Konventes selbst
scheint die Kapelle des heiligen Bemhardinus»
eines Franziskaners von der strengem Rich-
tung des Ordens, der 1444 starb, ihren Ur-
sprung verdankt zu haben. Die Kapelle wurde
kurz nach diesem genannt, obschon sie in erster
Linie der IMaria, in zweiter den Heiligen Bem-
hardinus, Hilarius und Küryn = Quirinus ge-
weiht war. Auf dem Altare dieser Kapelle stif-
teten im Jahre 1464^ Glieder der Oesellschaft
zu Schuhmachern, nämlich der Qrossweibel
Imer Qrafhans und Qilian Aeschler und ihre
Frauen und' mit ihnen die Witwe Heminy
Hüninger eine täglich durch die BarfQsser zu
celebrierende Messe. Die Stifter befolgten da-
mit das Beispiel, das ihnen eben damals in den
zahlreichen Altar- und Messestiftungen in der
St Vincenzenkirche gegeben wurde. Nur hat-
ten sie es hier etwas bequemer, da kein be-
sonderer Kaplan zu besolden war. Die Bar-
fQsser verpflichteten sich, gegen Empfang der
Stiftungssumme von 400 Pfund die Messe re-
gelmässig zu lesen und den Altar mit Altar-
tüchem, Messgewand, Kelch und MessbQchem
zu versehen. Die Aufsicht über die Stiftung
wurde in der Folge der Handwerksgesellschaft
der Schuhmacher übergeben, so dass diese
gleidi alle ihre Stubengenossen der aus dem
Oottesdienste erwachsenden Gnaden teilhaftig
machte, sie in eine Bruderschaft organisierte
und den Altar den Patronen des Handwerks,
den Heiligen Crispin und Crispinian widmete.
An der Stiftungssumme der 400 Pfund waren
bis 1494 erst 300 bezahlt, aber auch für die
stiftungsgemässe Verwendung dieser 300 Pfund
wollten die Schuhmacher Sicherheit haben und
Hessen sich dieselbe auf den Gütern des Klo-
sters in Uebeschi leisten.^ Den Altar be-
dachte 1483 Margret Eyers mit einer Rente von
einem Pfund und mit der Dotierung eines
ewigen Nachflidites vor demselben,^ und 1402
sorgte Eis Schilt dadurdi für ihr Seelenheil,
dass sie zwei neue wöchentliche Messen auf
dem Altare zu lesen verordnete.^ Nikbuis
Meyenberg sidierte sich 1486 die Begehung
seiner Jahrzeit in besonders soletmer Weise
am Tage der HeUigen Crispin und Crispuiian.^
Viel langer dauerte esj bis die Gesellsdiaft
der Weber eine regehnässige dauernde Messe
gestiftet und ihre Genossen in eine Bruder-
schaft vereinigt hatte. Am Festtage ihres Hand-
werkspatrons liess die Gesellschaft in der Leut-
Idrche einen Gottesdienst abhalten, dem eine
Mahlzeit folgte, aber zu weiteren Leistungen
waren die Geldmittel vorderhand nicht aubu-
bringen. Bei Anlass eines solchen Festgottes-
dienstes eridärte sich der Zunftgenosse Nikiaus
Bütschbach bereit, an die Errichtung eines Al-
tars oder einer Messe 100 Pfund zu schenken
und Rudi Jucher und seine Frau gaben gleich
zu diesem Zwecke einen silbernen Becher her,
damit er zu einem Kelche umgewandelt würde.
Da die Ausführung des Vorhabens unterblieb,
verfügte Bütschbach in semer letzten Willens-
verordnung zu andern frommen Zwecken ; aber
auf Klage der Gesellschaft der Weber hielt der
Rat durch Urteil das Sdienkungsversprechen
des Verstorbenen aufrecht, so dass die 100
Pfund der Grundstock für Messe und AHar
der Weber wurden.^ Waim diese wirklidi er-
richtet wurden, ist uns nicht überliefert; nur
zufallig wird uns eiiunal, 1522, die Bruder-
schaft der Weber bei den Barfüssem genannt^
Das fahrende Volk der Spielleute hatte be-
sondere Ursache, sich zu einer Bruderschaft zu-
sammenzusdiUessen und an einem bestimmten
Orte für das Seelenheil seiner Genossen zu
sorgen. Wir wissen aber nicht, warm die Spiel-
leute des bemisdien Gebietes unter einem be-
sondem Pfeiferkönig und in einer Bruderschaft
organisiert wurden, noch wissen wir, ob diese
Bruderschaft gleich von Anfang an ihren Gottes-
dienst in der Franziskanerkirdie abhalten liess.
1498 beklagten sich König und Statthalter der
m&^m^B^m^^^^^^
S%1>
m^m^^mämm.'
DECKENFRIESE
AUS DEM ERDGESCMOSS-GANG DES ALTEN KLOSTERS
Das Franziskanerkloster.
Brudersdiaft beim Rate von Bern über einige
Spielleute der berniscfaen Lande, die in die
Bruderschaft gehörten, aber weder Aufnahme-
noch Bruderschaftsgeld noch Jahropfer entrich-
teten, so dass die Anfertigung der beschlosse-
nen Altartafel in der Barffisserkirche und an-
derer notwendigen « Oezierden » verzögert wür-
den. Die hierauf den bemischen Amtleuten er-
teilte Weisung, beim Einsammeln des Geldes
wenn nötig ihre Hülfe zu bieten, dürfte den er-
wünschten Erfolg gehabt haben.^ Innere Ver-
hältnisse regelte die im Jahre 1507 vom Rat
erteilte Ordnung, worin die Stadtpfeifer ver-
pflichtet wurden, der Bruderschaft beizutreten
und das Wachsopfer und die Oeldauflagen zu
entrichten. Femer wurden darin einige Miss-
bräuche abgestellt, die. Wahl eines Pfeiferkö-
nigs aus den Stadtpfeifem und zweier Schaffher
unter Aufsicht des Orossweibels genehmigt und
die päpstlichen und kaiserlichen Privilegien der
^ielleute im übrigen bestätigt^
Eine viel bedeutendere Gründung als diese
kleineren Bmderschaften war diejenige der
Bruderschaft zu Ehren «des Himmelsfürsten
und Zwölfboten St. Jakob» im Jahre 1501. Sie
verdankte ihre Entstehung der privaten Initia-
tive von Bürgern von Bern, denen auch der
Rat seine Mithülfe insofem angedeihen liess,
als er am 20. März 1501 beim Bischof von
Lausanne um die Bewilligung nachsuchte^ und
dann am 24. August 1501 dem zum Werben von
Mitgliedern Ausgesandten ein Attest mitgab.*
Vom Bischöfe war offenbar der Bmderschaft
ein Ablass gewährt worden ; aber « eine päpst-
liche vollkommene Indulgenz» wurde für nö-
tig' erachtet, um die Bmderschaft gross und
kräftig werden zu lassen. Da der Altar in der
Barfüsserkirdie errichtet war, suchte man die
Unterstützung des Barfüsserordens in Rom zu
erlangen. Auch hiebei bemühte sich der Rat,
indem er nach einem ersten Schreiben am
24. April 1504 wieder beim Barfüsser-Provinzial
zu Händen des Provinzialkapitels intervenierte.^
Der Zweck wurde jedoch erst im Jahre 1512
erreicht Am 15. April 1506^ kam zwischen
der Bmderschaft und den Barfüssem in Gegen-
wart des Provinzials der oberdeutschen Lande
ein Vertrag zu stände, worin erstere verspra-
chen, dem Kloster 800 Pfund in acht Jahres-
raten zu bezahlen, letztere sich verpflichteten,
dafür täglich auf dem Altar der Bmderschaft
eine Messe zu halten und alle Mitglieder der
Bmderschaft als Brüder und Schwestern des
St Franziskusordens anzunehmen und sie aller
Guttaten des Ordens der oberdeutschen Pro-
vinz teilhaftig zu machen. Genaue Bestimmun-
gen regelten den Anteil des Klosters an den
Geldopfem und Kerzen, die auf den Altar fie-
len, femer die Abhaltung der Totenmessen für
die Verstorbenen und der allgemeinen Jahrzeit
Wie ein erhaltener Rodel ausweist, zählte die
Bmderschaft bald über 400 Mitglieder^ und er-
starkte so, dass sie um 1521 eine neue Kapelle
für ihren Altar bauen liess.
1522 versetzte die Gesellschaft der Rebleute
ihren Altar, der dem heiligen Urban, dem Be-
schützer der Rebe, gewidmet war, infolge von
Zwistigkeiten mit den Antoniera aus der An-
tonierkapelle an der Postgasse in die Franzis-
kanerkirche. Sie erhielten vier Gräber vor dem
Altar ohne Entgelt, hatten jährlich 7 Pfund an
das Kloster zu entrichten, wofür dieses wöch-
entlich eine Messe auf dem Altar zu lesen und
am StUrbanstage ein Seelenamt abzuhalten
hatte.8
Nirgends ist uns mit direkten V(^orten über-
liefert, wem der Hauptaltar der Kirche geweiht
war; doch müssen wir es indirekt dem Be-
schlüsse entnehmen, den der Rat am 27. Juni
1468 während des Kriegszuges in den Sundgau
fasste. Er befahl nämlich, «al fritag mit der
procession in der lütkilchen zu singen de sancto
Vincenzio, zun barfüssen de sancta trinitate,
zu den predigera de beata virgine, zu dem
obern spital de sancto spiritu». Da nun die
Leutkirche dem heiligten Vincenz und die Pre-
digerkirche der Maria geweiht war und der
Titel der Spitalkirche zum Heiligen Geist lau-
ü^
Das Fratiziskaneridoster.
tete, so wurde also zur Prozession ein Qesang
vom Kirdienpatron oder vom Titel der betref-
fenden Kirche anbefohlen. Mit grösster Wahr-
scheinlichkeit dürfen wir darauf schliessen, dass
auch in der Barfüsserkirche ein Gesang vom
Titulus dieser Kirche vorgeschrieben war, und
also der Hauptaltar bei den Barfüssem und
damit die Kirche der Dreifaltigkeit geweiht
waren.^
Ueber den Friedhof des Klosters, der sich
auf der nördlichen Seite des Gebäudes befand
und bis 1789 als Begräbnisplatz erhalten blieb,
haben wir nur zwei Nachrichten, und doch wird
die Pietät der Bemer gewiss auch ihn mit
Kreuzen, Bildstöcken, Kapellen etc. geschmückt
haben. Wir wissen, dass 1352 Peter von Krat-
tingen ein ewiges Nachtlicht auf dem Kirchhofe
und vor dem Lichte ein Gemälde stiftete, das
mit einem Dache versehen war, also einen gros-
sem beleuchteten Bildstock.^ Aus dem Jahre
1521 hören wir von einer neuen Kapelle des
Venners Baumgartner im Beinhause der Bar-
füsser. Eben in dieser Kapelle und in der da-
mals im Bau begriffenen neuen Kapelle der
St Jakobs-Bruderschaft stiftete im genannten
Jahre Nikiaus Isenbach zwei wöchentliche Mes-
sen.3 Nicht auf dem Friedhofe, sondern bei
seinen Gräbern in der Kirche verordnete 1502
der Ratsherr Peter Heriswand ein ewiges Licht
und femer eine ewige Messe.^
Es bleibt uns nur noch zu erwähnen übrig,
dass 147Q Galterius de Villario sein Grab bei
den Barfüssem wählte und dafür die Erstel-
lung eines Glasfensters im Chore der Kirche
befahl. Damnter ist doch wohl ein gemaltes
Fenster zu verstehen.^
Aus all diesen Stiftungen ersehen wir, dass
die Kirche wohl ausgerüstet war, sich in stei-
gendem Masse der Gunst der Bemer erfreute
und eine nicht unbedeutende Stellung im reli-
giösen Leben der Stadt einnahm.
Ueber das innere Leben im Bemer Kon-
vente sind wir wie über seine äussem Verhält-
51
nisse nur sehr mangelhaft unterrichtet Wir
wissen nicht, inwieweit auch die Bemer Mino-
riten Anteil an der mystischen Bewegung des
14. Jahrhunderts hatten und in welchem Masse
die Bestrebungen, eine strengere Observanz
der Ordensregel einzuführen, auch sie beschäf-
tigt und beunruhigt hat Die Vorgänge im
nahen Basel, wo die Anhänger der Observanz
über die sogenannten Konventualen siegten
(1440), eine Reformation des Klosters durch-
führten und dem Gebote der Armut grössere
Nachachtung verschaffend die Klostergüter dem
Rate der Stadt übergaben,^ mussten die Frage
der Reformierung auch in Bem aufrollen, und
dies um so eher, als hier offenbar eine freiere
Auffassung der Ordensregel herrschte, spe-
ziell das Gebot der Armut nicht strikte auf
den Einzelnen angewandt wurde. Im Jahre
1450 nahm Uelli Paternoster, der eine auf der
Stadt Freibuig i. B. lastende Rente von 10
rheinischen Gulden vergabte, auf den Fall Be-
dacht, dass das Bemer Ktoster auch reformiert
würde, « also dass si den orden halten und alle
ding gemein syen, daz ir deheiner nützit eigens
hätt)». In diesem Falle sollte die Rente dem
ganzen Konvente für die Verbessemng der
Mahlzeiten und anderes zukommen ; im andem
Falle waren für den Konvent nur 5 Gulden
bestimmt, und die übrigen 5 waren unter die
die Jahrzeit des Testators feiemden Priester,
Novizen und Schüler zu gleichen Teilen zu ver-
teilen.'^ Wenn auch der Bemer Konvent den
sogenannten Konventualen erhalten blieb und
nicht zu den Observanten übertrat, so beschäf-
tigte sich der Rat doch mit einer Reformierung
des Klosters. Am 5. April 1466 erhielt eine
Ratskommission von 6 Mitgliedem den Auf-
trag, «darüber ze sitzen und sich ze underreden
von der Barfüssen wegen ein reformation ze
tunde».^ Das Resultat dieser Verhandlungen
kennen wir nicht; der Rat beschränkte sich
wohl darauf, ein Aufsichtsrecht über die Ver-
waltung des Klosters zu beanspmchen und
über dasselbe ein Ratsglied als Vogt zu setzen.
«
Das Franzisicanerkloster.
»
1471—1474 tritt Ritter Nikiaus von Scharnach-
tal, alt-Schultheiss, in Verträgen des Klosters
über Vermögensverhandlungen als dessen Vogt
auf; 1479, 81 und 92 ist Bendicht Tschachtlan
als Vogt genannt, 1486 Dietrich Hüpschi, 1502
Schultheiss Rudolf von Erlach, 1517—1522 Jun-
ker Hans von Erlach, 1527 Junker Barthlome
May.^ Der Rat liess sich auch oft die Rech-
nung durch den Ouardian oder den Sdiaffher
vorlegen, so 1490, wo 1672 Pfd. und 4 Pf . an
Einnahmen und 1786 Pfd., 7 Seh. und 8 Pf . an
Ausgaben und ein Guthaben des Quardians
Joh. Küng gegenüber dem Kloster im Betrage
von 109 Pfd., 3 Seh. und 4 Pf. konstatiert wur-
den.^ Die Rechnung voirde gelobt 1495, 1505
und 1507,3 und zwar teilte der Rat dem Pro-
vinzial 1505 mit, «dass wir als schirmer und
ufseher des gotzhuses daran gut benügen ha-
ben und uns ouch wil bedunken, desselben
Sachen in gutem stand und wäsen sin». 1507
bezeugte der Rat über die Amtsverwaltung des
Schaffners, «dass wir des gotzhuses nutz da-
mit gefürdert sin gespürt», aber der Ouardian
Joh. Hassler hatte eine Einnahme von 12 Pfd.
verheimlicht und konnte nachher die Verwen-
dung des Geldes nicht mehr nachweisen. 1513
wurde Ersetzung des Guardians verlangt, weil
der Rat aus der Rechnung nicht fand, «dass
wol und nützlich husgehalten worden; dann
es stat eine erbare geltschuld zu bezalen vor-
handen und erzeigt sich sonst allerlei mangel
und abgang».^
Der Rat dehnte seine Aufsicht auch auf das
kirchliche Leben im Konvente aus, auf die Auf-
führung und die Leistungen der einzelnen Kon-
venti>rüder und verwendete sich öfter beim
Provinzial für die Versetzung oder die Nicht-
versetzung einzelner. Im Franziskanerorden be-
stand nämlich keine stabilitas loci, kein Ge-
bundensein der Brüder an ein bestimmtes Klo-
ster, sondern es fand ein steter Wechsel der
Konventglieder innerhalb der Provinz gemäss
den Entscheidungen des Provinzialkapitels statt.
Am meisten hielt der Rat darauf, dass die
Stelle des Lesemeisters oder Lektors, wofür
auch die Bezeichnungen Predikant und Pre-
diger vorkommen, gut besetzt war, nämlich so,
«dass es dem orden und dem kloster löblich
und uns nutzlich und tröstlich sin möchte».^
Oft war daher die Lektorstelle der Gegenstand
der bernischen Schreiben an den Provinzial.
1467 bedauerte der Rat, dass ein gelehrter Prä-
dikant, der lange Zeit in Bern gewesen war,
durch ebien andern ersetzt wurde und letzterer
auch wieder abberufen wurde. Der Provinzial
wurde daher ernstlich gebeten, einen «gelerten
und wisen und 1er mittönigen und nachvölgigen
lässmeister und predikanten» zu schicken.*
1478 lautete das Lob des Predikanten also: «er
hat truwlich zugewachet und hat keine miss-
helligkeit noch andere untougliche gebrüche
ufkommen lassen », weshalb man diesen Lektor
gerne behalte.*^ Von t>esonderem Eifer war
Bruder Jakob Damp, von dem der Chronist
Diebold Schilling meldet, dass er, « gar ein wol-
gelerter junger Mann», 1481 bei der Veikündi-
gung des grossen Ablasses der Johanniter vom
31. März bis zum 29. April im Münster dem ge-
meinen Volke, Weltlichen und Geisflichen zu
grossem Wohlgefallen gepredigt habe. Auch
zur Förderung des Kirchenbaues seines Klo*
sters trugen Damps Predigten nicht wenig bei.^
Auch der Rat spendete ihm Lob in einem Schrei-
ben an das Provinzialkapitel in Schlettstadt :
das Kloster in Bern sei mit einem Lesemeister,
dem wolgelehrten Bruder Jakob Tammen, gut
versehen, so dass «sin 1er uns und unser gan-
tzen gemeind empfenklich heilsam und tröst-
lich ist». Seine Versetzung könnte man nicht
(( erdulden ». Auch Bruder Rudolf Kartenmacher
sei wegen seiner Kenntnis der welschen Spra-
che jetzt in Bern sehr nötig, weil eben viele
«Walchen» in der Stadt seien, die in der Krank-
heit und sonst der geistlichen Tröstung bedürf-
tig seien.d Vielleicht betraf es trotz dieser In-
terzession einen andern Lesemeister, als sich
1485 der Rat für das Verbleiben eines solchen
mit den Worten verwendete: «wir haben be-
Hl
Das Fnnziskanerkloster.
»
sundere Neigung, bi uns sölich verrümpt lüt zu
wüsseni die das götlich wort mit Vernunft und
guter gründung mögen usrüffen»; der gegen-
wärtige Lesmeister sei aber fruchtbar und gut,
man möge ihn daher hier lassen und ihm be-
fehlen, «wie bisher ernstliche üebung in be-
leitung göttlichen wortes anzukeren».^ Die
Klagen über den Lesemeister des Jahres 1493
sollte der Bote dem Provinzial mündlich mit-
teilen; im Schreiben war nur über das «un-
ordentliche wesen» desselben geklagt, er sei
«fast (= sehr) zu unruwen geneigt» und solle
durch einen ersetzt werden, «der dann mit
kunst und gottesvorcht für (== vor) ander
begäbet ist».^ Oanz schlimm trieb es jedoch
ein Lesemeister im Jahre 1495; sein unordent-
liches Wesen, schrieb der Rat, sei nicht nur
dem Orden, sondern auch aller Erbarkeit un-
gemäss und widerwertig.^ Gewiss wurde die
sofortige Ersetzung ohne weiteres gewährt
Ein neuer Lesemeister wurde verlangt 1504,
ebenso 1513; dagegen wurde der Lesemeister
gelobt 1506, 1507, 1518 und 1523>
Die Wichtigkeit des Lesemeisteramtes zeigt
sich auch in der Fürsorge, die ihm Frau Ur-
sula Zurkinden, Witwe des Lienhard Schaller,
noch 1525 zu teil werden liess. Sie schenkte
nämlich dem Kloster 600 Pfd. und bestimmte
die Zinsen, 12 Pfd., für den Predikanten zu
seinem Lohne der Predikatur.^
Ueber «das unordentliche wäsen» eines
Quardians und eines Bruders Jörg musste 1490
geklagt werden, «besunders das sie in vier
oder dry jaren ungeverlichen ungebicht be-
liben und also der Ordnung der heiigen chri-
stenlichen kirchen, die zum minsten järige bicht
ervordert, widerwertig gewesen, was uns billig
zu herzen gat». Die Nichtversetzung müsste
dem Kloster and dem Orden zum Schaden ge-
reichen.^ Mit dem Guardian und dem Lese-
meister war 1513 auch der Vizeguardian zu
ersetzen, weil man bei ihm «allerlei liecht-
vertigkeit» begegne. 1511 bedauerte der Rat
sehr, dass der neugeordnete Guardian, der als
Stadtkind und wegen seines guten «Wesens
und Wandels» geachtet und wohlgelitten war,
wegen eines Missverständnisses mit dem Schaff-
ner plötzlich ohne Urlaub wegging.^ Mehrmals
drang der Rat darauf, dass bemische Landes-
kinder in das Kfoster nach Bern versetzt wür-
den. So wünschte er 1493, dass die Brüder
Heinrich Sibentakr, Heinrich Schürisen, Lien-
hard von Mülhusen und Jakob Spangler in
Bern blieben.® Als Bruder Lienhard doch ver-
setzt war, wurde er 1500 zuerst durch den alt-
Schultheissen Rudolf von Erlach, dann durdi
den Rat wieder hergebeten.^ 1504 sollte er als
Quaestk>nierer oder Almosensammler wieder
herkommen, da «er den unsem uf dem land
bekannt und angenäm ist».^^ 1505 wurde wie-
der dem Provmzial empfohlen, «fürer unsers
landes inerbome dann die frömden usslendigen»
hieher zu verordnen.^^
Die ordenfliche Zahl der Priester ergibt sich
aus dem Steuerbudie der Stadt von 1448, wo
6 Priester, 5 Schüler, ein weltlicher Schaffner
und zwei Diener als Insassen und Bewohner
des Klosters verzeichnet sind. Diese Zahl der
Priester blieb offenbar bis zu Ende des 15.
Jahrhunderts unverändert; denn bei der Rech-
nunsgablage des Quardians Küng am 28. Ok-
tober 1490, wo Küng mit fünf andern Prie-
stern vor dem Rate erschien, war offenbar der
ganze Konvent anwesend.^^ Dieselbe Zahl er-
gibt sich aus der Testamentsbestimmung des
Glasmalers Urs Werder von 1491, die aus
einer Rente von 5 Pfd. jedem Priester 13 Seh.,
also 6 Priestern 78 Sdi. und je 7 Seh. den Schü-
lern oder 3 Schülern 21 Seh., zusammen 99 Seh.
zuwies.^^ Die Vermehrung des Gottesdienstes
infolge der Messe- und Altarstiftungen machte
jedoch auch eine Vermehrung der Priester not-
wendig. 1511 rügte der Rat, dass Guardian,
Lesemeister und einige Priester fehlten und
deren nur noch sechs vorhanden seien; aber
wahrscheinlich war dieser Mangel am 16. April
1512 noch nicht ganz gedeckt, als der Rat dem
Provinzial schrieb, dass mit Einschluss des
tl^
Dm Fniudslouieridotter.
Herrn Schärisen zehn Priester und femer ein
Epistier und ein Evangelier (d. h. ein Subdiaoon
und ein Diaoon) und vier Knaben (oder Scho-
laren) im Kloster zu halten seien.^
Von den Minoriten, die in Bern gewirkt
haben und deren Namen wir kennen, bean-
spruchen nur drei ein besonderes Interesse,
nämlich Johannes Pauli, Dr. Thomas Mumer
und Dr. Sebastian Meyer. Der erste, der Ver-
fasser des beliebten Volksbuches « Schimpf und
Ernst» und Herausgeber der Predigten des
Geiler vom Kaiserberg, war vor 1504 Guardian
in Bern gewesen und hatte sich als solcher so
«erberlich und wohl gehalten», dass der Rat
ihn am 11. Juli 1504 vom Provinzial nach Bern
zuräckerbat^ Dr. Thomas Mumer, der fmdit-
bare Pamphletist im Interesse der kattiolischen
Sache und heftige Gegners Luthers und Zwing-
lis, weilte von 1508 auf 1509 als Lesemeister im
Beraer Barffisserkloster, also gerade zur Zeit
des Jetzerprozesses, den er denn auch in einer
lateinischen Schrift und in deutschen Reimen
darstellte. Bei der Gegnerschaft der Franzis-
kaner und Dominikaner dürfen wir uns nicht
darüber verwundem, dass Mumers Darstel-
lung ganz gegen die vier verarteilten Domini-
kaner geriditet war.^
Sebastian Meyer war einer der ersten Geist-
lichen in Bem, die sich der evangelischen Be-
wegung anschlössen. Wir finden ihn von 1521
bis 1524 als Lesemeister der Barfüsser in Bem
und zu gleicher Zeit mit dem Amt eines Kustos
der Basler Kustodie bekleidet^ Hodigelehrt
und Doktor der heiligen Schrift, ein gef lissener,
tapferer, evangelischer Wahrheit Zuständer und
Schirmer, wie ihn Anshelm nennt, benutzte er
die Kanzel seiner Kirche, um die neue Lehre
zu predigen. Er gehörte der Kommission von
Weltlichen und Geistiichen an, die am 29. Au-
gust 1522 un Barfüsserkloster öffenflich die An-
klage gegen den Pfarrer Georg Bmnner von
Kleinhöchstetten und die Verteidigung seiner
reformatorischen Predigten anhörte und in
ihren Antragen an den Rat den eifrigen Pfarrer
schützte. Am 20. Dezember musste Meyer die
Hülfe des Rates gegen Wilhehn Zieli, den Be-
arbeiter französischer Romane, in Anspmch
nehmen, weil ihn dieser Ketzer gescholten
hatte. Laut Meyers an Zwingli gerichteten Brie-
fes vom 11. November 1522 war er der Autor
des Kommentars zur «christlichen Ermahnung»
des Bischofs von Konstanz.
Im Frühjahr 1523 befürchtete der Rat, das
Provinzialkapitel, das auf Quasimodo nach
Schlettstadt zusammenbemfen war und wohin
auch Sebastian Meyer geladen war, möchte
diesen von Bem wegnehmen und versetzen —
vielleicht strafweise. In einem Schreiben vom
T.April wurde daher Meyer dem Provinzial
sehr empfohlen, da durch die Versetzung «uns
nit kleiner mangel und abgang der götüichen
und evangelischen 1er zustan wurde, ^weliche
wir geneigts willens zu hören; und die nach
unserem vermögen zufürdem, ouch in und
ander, die uns dero underrichten, zu handhaben
und zu schirmen», sollte Meyer wieder herge-
schickt werden, um wie bisher zu predigen.
Das Kapitel willfahrte und beliess den Lese-
meister in Bem.
Eine Anklage der Alte^ubigen gegen Dr.
Thomas Wyttenbach, Dr. Sebastian Meyer und
Berchtokl Haller wegen eines von Haller am
29. September 1523 im Inselkloster mit einer
Nonne geführten Gesprächs konnte von den
evangelischen Parteigängem im Grossen Rate
zurückgewiesen werden, indem sie den Be-
schluss durchsetzten, die Predikanten sollten
ihrer Kanzel warten und des Kk>sters müssig
gehen. Aber im folgenden Jahre war die Stel-
lung der reformfreundlichen Partei so schwie-
rig geworden, dass sie den Barfüsser Lese-
meister nicht euimal in einer Sache zu schüt-
zen vermochte, in die er nur mittelbar hinein-
gezogen worden war. Bei einem Angriffe, den
nach vielen andern der I>ominikaner Lese-
meister Hans Heim auf der Kanzel gegen die
Evangelischen führte, war er von zwei Bürgern,
Das Fnmzislaineiidoster.
Lienhard Tremp und Thomas von Höfen, Lag-
ner genannt worden. Als hierauf am 26. Ok-
tober 1524 vor dem Grossen Rate und den hie-
zu berufenen Propst, Dekan und Predikant der
Stiftskirche und Dr. Sebastian Meyer zwischen
den zwei gefangen gesetzten Bürgern und dem
Dominikaner ein heftiger Wortstreit entstand,
suchte man, um beiden Parteien zu dienen, die
Sache dadurch kurzerhand zu erledigen, dass
man beiden Lesemeistem, Heim und Meyer, in-
nert drei Tagen Stadt und Land zu verlassen
befahl und bis auf weiteres das Predigen in
den Klöstern untersagte. Damit hatte Meyers
Tätigkeit in Bern ein Ende erreicht; er trat
aus dem Orden, verheiratete sich und predigte
dann in Schaffhausen, Strassbui^ und Augs-
burg. Von 1536 — 1540 wirkte er wieder als
Prediger in Bern, kehrte dann aber nach Strass-
burg zurück.
Nach Meyers Wegzug sehen wir keinen Bar-
ffisser von Bern mehr einen hervorragenden
Anteil an der Reformation nehmen. Die ka-
tholischgesinnte Mehrheit des Rates hielt re-
formfreundliche Priester fem, wie das Schrei-
ben an den Kustos Heinrich Sinner, Ouardian
zu Königsfelden, vom 17. März 1525 beweist^
Darin bat der Rat den Kustos, zur Ergänzung
von Lücken «zwen fromm dapfer priester, so
da erbers wandeis und mit der Luterschen sect
nit bemasget noch dero anhängig syent, haruf
in unser gotzhus zum fürderlichsten zu ver-
schaffen». Doch wurde der Rat durch die Macht
der Verhältnisse gedrängt immer noch zu ein-
zelnen Reformen gedrängt So hatte er — um
nur zu erwähnen, was unser Kloster angeht —
schon am 19. November 1524 das Almosen-
sammeln für Klöster und Kirchen verboten und
dabei den Verkauf des Ablasses verurteilt Nur
für die Barfüsser, Prediger, das Heiliggeist-
spital und das Inselkloster in der Stadt, so-
wie für das Kloster auf dem St Bernhard und
in Ruffach wurde eine Ausnahme gestattet^
Am 29. Juni 1526 wurde den Barfüssem und
den Predigern verboten «Oastung und Wirt-
j»
Schaft» mehr zu halten; «wo si aber etlich
laden, sollen sie das in iren costen thun».^
Nachdem zu Ostern 1527 die Evangelisch-
gesinnten in den Räten die Mehrheit erlangt
hatten, kam die Saat der neuen Lehre zur
Reife. Am 4. August 1527 wurden den Klö-
stern Vögte als Verwalter vorgesetzt ; den Bar-
füssem wurde Oilian Sibold als Vogt gegeben,
und am 30. November wurde alles im Kloster
zu inventarisieren befohlen.^ Als beim Mangel
an Priestern in der Stiftskirche Barfüsser und
Prediger dort Messe lasen, wurde ihnen dies
am 24. November 1527 untersagt^ Vom 6. bis
zum 26. Januar endlich fand in der mit Biihnen
und Bänken dazu eingerichteten Barfüsserkirche
die Disputation statt, die mit dem Siege der
neuen Lehre endete.^ So wurde die Barfüsser-
kirche die Geburtsstätte der bemischen Refor-
mation. Der Guardian Johannes Hug unter-
schrieb selbst mit zwei seiner Priester, Georg
Zumüss und Johann Michel, die Schlussreden
der Disputation und ebenso der frühere Schaff-
ner Nikiaus Willenecker.'' Andere wurden mit
je 100 Pfd. ausgesteuert und zogen weg.
Wir tragen noch nach, dass schon im Jahre
1294 die Franziskanerkirche der Schauplatz
wichtiger Veränderungen in der Verfassung der
Stadt war. Am 18. Februar 1294 (oder 1295?)
leistete die neu eingesetzte Behörde der Sechs-
zehner in der Kirche der Minoriten ihren Amts-
eid und ebenso der Rat der 200.^ Noch oft
mögen dort die Bürgerschaft und die Behörden
versammelt gewesen sein, ohne dass uns da-
von Kunde erhalten ist Am 18. September
1334 beurteilten im Refektorium (Ref ender)
der Barfüsser der Grosse und Kleine Rat unter
dem Vorsitz des Freiherm Johann von Kram-
burg eine Klage der Aebtissin von Fraubrunnen
gegen zwei Bürger.^ Eine zufällige Notiz mel-
det uns, dass am hohen Donnerstag 1470 «zu
den Barfussen nach der predye» der Schult-
K^
Das Franaskancridostcr.
heiss von Scharnachtal, die alt-Schultheissen
von Diesbach und von Ringoltingen und die
Ratsherren Hetzel, von Mulern, Tschachtlan
und andere ein nach Mülhausen abzufertigen-
deä Schreiben genehmigten.^ Die Predigten
der Barfüsser besuchten also auch die hohen
Magistratspersonen. Am 6. November 1465 wur-
den einige Ratsherren auf dem Barfüsser Kirch-
hof zu einer kurzen Ratssitzung versammelt,
wo die Mehrzahl wohl zufällig bei einem Got-
tesdienst anwesend war.^ Auf Kosten der Stadt
wurde alljährlich die Jahrzeit des Stad^grun-
ders, des Herzogs Berchtold von Zähringen,
in der Barfüsserkirche b^angen.
Provinzialkapitel fanden im Barfüsserkloster
in Bern nur selten statt, nämlich in den Jahren
1308 zu Pfingsten, 1337 um Mariae Geburt
(8. September) und 1443, wo die Anhänger des
Gegenpapstes Felix V. den Provinzial für Sach-
sen, Dr. Mathias Döring, zum Ordensgeneral
erwählten.^ In der Bemer Stadtrechnung des
ersten Halbjahres 1443 hat sich als einzige
Spur dieser Versammlung die Verzeichnung
von 9 «(Schenkinen» an Wein erhalten, die
unter vier verschiedenen malen von der Stadt
den Barfüssem kredenzt wurden.
»
Unsere Darstellung wäre unvollständig, wenn
wir nicht noch über die Regelschwestem oder
die Schwestern des dritten Ordens des heiligen
Franziskus einige Mitteilungen machten. In
dem oben angeführten grossen Streite mit den
Deutschherren über die Tertiarier vom Jahre
12Q7 wird das einzige Mal von Brüdern de
penitentia in Bern gesprochen, dagegen kehren
die Schwestern de penitentia oft wieder. Wir
haben die Schwestern an der Brügg, die 1288
bei der Belagerung der Stadt ihr Haus vor
der untern Brücke verloren, schon erwähnt;
sie bewohnten in der Folge ein Haus der
Herrengasse (Nr. 9) und hiessen von ihrer Klei-
dung her gewöhnlich die grauen Schwestern.^
Die Schwestern in Isenhutshaus wohnten zuerst
in einem von Frau Ita Isenhut 1340 als Pfrün-
derhaus für 13 arme Frauen bestimmten Hause
an der Kramgasse; aber schon 1389 waren sie
in das Haus umgezogen, das der obem Hälfte
der heutigen Nr. 37 an der Junkemgasse ent-
spricht Es ist unbekannt, aus welcher Zeit die
Gründung des Hauses der willigen Armen vor
den Predigern datierte (es war vermutlich Nr. 25
an der Zeughausgasse). Die Vereinigung exi-
stierte schon, als 1360 Agnes von Rotwyl den
Schwestern jährlich zwei graue grobwollene
Röcke zu geben verordnete. Die vierte Beginen-
vereinigung bildeten die sechs Schwestern, die
nach der Bestimmung des Peter von Krattingen
von 1356 in seinem Hause an der Herrengasse
(im untern Teil von Nr. 6) wohnten. Nach
einem Testamente von ca. 1482 erhielten die
Schwestern, «die da sind in Krattingers hus
gesin», eine Vergabung. Wohin sie gezogen
waren, wissen wir nicht 1389 finden wir im
obem Teile von Nr. 21 an der Marktgasse (cdie
Schwestern in meister Dietrichs huse». Sie
sollen sich 1434 mit den Schwestern zu den
willigen Armen vereüiigt haben. Laut einer
Urkunde vom 27. Januar 1358^ befand sich in
der Nähe des deutschen Hauses (Stift) «cein
samnung» Barfüsserordens, welchem die Kom-
thurei Münchenbuchsee jährlich 8 Mütt Roggen
zu entrichten hatte. Als die Vereinigung mit
Einwilligung der Stadtbehörden aufgelöst wor-
den war, verweigerte der Komtfiur den zwei
letzten Schwestern die Bezahlung. Er wurde
aber gerichtlich dazu angehalten, da seine Ver-
pflichtung ausdrücklich so lange dauerte, als
die Schwestern oder eine von ihnen noch am
Leben sei. Den Tellbüchem von 1389 und
1448 zufolge gab es noch eine Anzahl einzeln
wohnender Beginen in der Stadt; ein Klaris-
senkloster gab es dagegen nie in Bern.
Die Schwestern der dritten Regel des hei-
ligen Franziskus in Bern erlangten am 30. Au-
gust 1357^ vom Papste Innocenz VI. das Pri-
vilegium, in der von Anna Seiler bei den Bar-
^
Das Fraazitlauieiidotter.
ffissern gestifteten KapeUe der heiligen Ursula
und der 11000 Jungfrauen die heilige Kommu-
nion zu empfangen ohne besondere Erlaubnis
des Rektors der Pfarrkirche, wann sie wollten,
mit Ausnahme der drei höchsten christlichen
Feste Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Da-
rin lag eine wertvolle Anerkennung der Regel-
schwestem, deren Unterdrückung eine Reihe
von Erlassen von Clemens V. bis Bonifaz IX.
anbefohlen hatten. Das Leben und Treiben
der Beginen gab aber immerfort Anlass zu
Klagen ; namentlich erschien es ungehörig, dass
dieselben, die doch als Laien galten, vom Bet-
tel leben sollten. Der grosse Beginenstreit in
Basel, der im Jahre 1400 unter Anführung des
Dominikaner-Lesemeisters Johannes Mulbeig
seinen Anfang nahm und zur Unterdrückung
der Beginen führte, entfachte auch in Bern
eine Bewegung gegen die Beginen, über die
uns Konrad Justinger in seiner Chronik eine
kurze Darstellung zum Jahre 1404 gegeben
hat^ Der Beginen nahmen sich billigerweise
die Barfüsser an, indem sie sich auf päpstliche
Bullen beriefen. Der von der Stadt herbeige-
rufene Offizial von Lausanne und «die ge-
lehrte Pfaffheit» verhörten diese Bullen, aber
gaben trotzdem das Gutachten ab, dass die-
jenigen Beginen, die sich ohne Almosen er-
halten könnten, ihren Stand au^ben sollten.
Gestützt hierauf befahl der Rat diesen Be-
ginen, ihre Kopfbedeckung, «die Kabisköpfe»,
weg zu tun und Tüchlein « haruszuhenken »
oder zu tragen. Aber bald war das Verbot ver-
gessen.
Dass die Barfüsser ihr Aufsichtsrecht über
diese Schwesternhäuser wirklich ausübten, be-
weist die ihnen am 29. März 1501 vom Rate
erteilte Ermächtigung, das Schwesternhaus vor
den Predigern zu reformieren.^ Die Schwestern
hatten einige Zeit lang die Regel (nämlich die
dritte Regel des Franziskanerordens) nicht
pflichtgemäss gehalten ; deshalb sollten die Bar-
füsser das Haus « in ir zimlich gewaltsami ne-
men und die sdiwestem in geistlichen stand
51
und wäsen und under der regel iis ordens
halten» dürfen; doch ohne das Vermögen des
Hauses zu vermindern. Da sich aber die Schwe-
stern renitent zeigten, erlaubte der Rat am
3. Oktol>er 1502,^ dass bei fernerer Weigerung
die Barfüsser das Vermögen des Hauses in Be-
sitz nehmen dürften. Die gewünschte Wirinuig
wird damit gewiss erzielt worden sein.
Nach der Reformation wurden offenbar die
grauen Schwestern, ebenso wie die weissen
Schwestern, die stets dem Leutpriester unter-
worfen waren, auf den Aussterbeetat gesetzt,
während die andern Schwesternhäuser wohl
sofort aufgehoben wurden.^
Als am 27. Januar 1528 der Bildersturm in
der St. Vincenzenkirche fesbrach,^ wurden wahr-
scheinlich zu gleicher Zeit audi die Altäre aus
der Franziskaneiicirche entfernt, und damit hatte
wenigstens der regelmässige Gottesdienst in
der Kirche sein Ende erreicht Sie diente wohl
nodi für die Predigtübungen der Mönche und
alten Priester, die im Predigen unterrichtet
wurden. Im Jahre 1529 wurden Lettner und
Kreuzgang durch den Maler Eliseus Walther
geweisst, ein Beweis dafür, dass sie mit Wand-
gemälden geschmückt waren.^ Die Kirdie wurde
gar den Bürgern als Aufbewahrungsort für die
leeren Fässer angewiesen, doch ist es fraglich,
ob der Beschluss wirklich ausgeführt wurde.^
Nachdem der Rat am 18. Mai 1530 beschlossen
hatte, die Kirche geschlossen zu halten, wurde
sie am I.August 1532 für den Konfirmanden-
unterricht und für die Anstellung der neuen
Pfarrer bestimmt Aber wiederum wurde ihre
Schliessung verfügt (am 25. April 1533), und
da man keine Verwendung mehr für sie hatte,
sich aber für die Benutzung des Materials
eine gute Gelegenheit bot, wurde der Ab-
bruch am 23. April 1535 beschlossen.^ Mit dem
Material wurden 24 vier Tage vorher durch
eine Feuersbrunst eingeäscherte Häuser an der
DECKENFRIESE
AUS DE« ERDGESCHOSS-GANQ DES ALTEN KLOSTERS
l
I
Ift_
Das Fnuizisbmerklosier.
Spitalgasse wieder aufgebaut^ Die Fenster der
Kirche erwarb offenbar der Glasmaler Hans
Funk ; denn das Choif^eridit sprach d^n Junker
Hans Beat von Schamacfatal gegenüber Funk
die gemalten Wappenscheiben der Vorfahren
in der Barfusserkirche zu.^ Der Platz der
Kirche wurde zum Steinwerkhof gemacht, bis
das Scfaulgebäude die Stelle einnahm.
Das Klostei^ebäude nahm in den Tagen nach
der Reformation die Mönche der andern Klö-
ster und die Priester auf, die zur Reformation
fibertraten und noch keine Verwendung als
Pfarrer fanden. Sie wurden zum Besuche der
Predigt und der Lektionen angehalten beim
Verlust ihrer Pfründen. Zuletzt bedrohte man
diejenigen, die nicht studieren wollten, damit,
dass sie Holz spalten mfissten.' Die Zahl dieser
« zun Barfussen » verpfrfindeten Oeistiichen ver-
minderte sich übrigens sehr rasch.^ Dafür
brachte neues Leben in die ehemaligen Klo-
sterräume die am 16. und 20. November 1528
^
beschlossene und gleich nadiher eingeführte
Anstalt des Musshafens, einer Suppenanstalt,
die für die Unterstützung der Hausannen der
Stadt errichtet wurde. In einem aus dem Schlosse
Neuenburg erkauften ehernen Kessel wurde das
Muss gekocht, und morgens um 9 Uhr wurde
nach einem Glockenzeichen den eingeschrie-
benen Armen und bald auch Schülern eine
Kelle Muss und ein Brot gereicht^ Infolge von
entstandenen Missbräudien und der grossen
Kosten wurde aber am 16. April 1535 der Muss-
hafen in der bisherigen Form der Naturalver-
pflegung aufgehoben, und das Gebäude erhielt
kurz darauf eine neue Bestimmung, indem es
die Theologieschule aufnahm. Die Güter und
Einkünfte des Barfüsserklosters verblieben dem
Musshafen-Fundus, die Weinberge in Neuen-
stadt und der Weinbei^ hinter dem Kloster
bis zur Aare hinunter wurden dem Stiftamte
übergeben.^
H.TORLER
^ü^
Die Gründung der Obern Schule
und ihre Schicksale bis 1548.
«
Die hohen Schulen zu Bern verdanken ihre
Entstehung der Reformation, sie sind ein Kind
der Reformation, zu weldier in Bern durch das
Religionsgespräch vom 7. bis zum 26. Januar
1528 der Qrund gelegt wurde.^ Bald nachher,
den 12. Februar, beschloss der Tägliche Rat,
eine Bildungsanstalt für evangelische Qeist-
Uche zu errichten und einige sprachen- und
schriftkundige Männer kommen zu lassen, wel-
che derselben vorstehen sollten. Bereitwillig
traten die Zürcher ihren Miteidgenossen drei
ihrer Gelehrten ab, den Megander^ (Kaspar
Orossmann), den Dr. B a s t i a n (Sebastian Hof-
meister) und den R h e 1 1 i k a n (Johann Müller),
die sofort nach Bern zogen und ihre «Lätz-
gen», die lectiones publicas, eröffneten. Hof-
meister verliess freilich schon im Mai die Stadt
Bern, um in Zofingen als Prädikant zu wirken.
Seine beiden Kollegen hielten ihre Vorlesungen
erst an verschiedenen Orten, so im Chorhaus
an der Herrengasse, im sog. Chorstfibli, oder
im Chor des Münsters,' bis ihnen durch Rats-
beschluss vom 16. Juni 1535 das Barfüsser-
kloster zu einem eignen Heim übergeben wtu*-
de ; von jetzt an hiess die hohe Schule zu Bern
das CoUegium zun Barfüssen.
Aus dem Anhang zu Meganders Kommentar
zum Oalaterbrief^ erfahren wir, worin und nach
welcher Methode die beiden Zürcher unterrich-
teten. Das Alte Testament interpretierten beide,
Rhellikan allein das Neue ; dieser führte sodann
seine Schüler in die Dialektik und Rhetorik ein
und zwar auf Grund von Sallusts Schriften und
des Erasmus Büchlein «de utraque copia».^
Interessant ist die Methode, nach welcher
das Alte Testament behandelt wurde. Zuerst
wurde ein gewisser Abschnitt in der lateini-
V
sehen Uebersetzung, der Vulgata, vorgelesen,
darauf in der griechischen Uebersetzung, der
Septuaginta, und jetzt erst wurde der hebrä-
ische Text selber zur Hand genommen und
wörtlich nach den Regeln der Granmiatik inter-
pretiert unter beständiger Vergleichung mit der
Vulgata und Septuaginta. Schliesslich wurde
die deutsche Uebersetzung der auf besagte
Weise behandelten Stelle vorgetragen, dann
das Ziel und der Hauptinhalt derselben vorge-
wiesen und gelehrt, wie das einzelne für die
Kanzel zu verwerten sei.
In derselben Weise wurde auch mit der In-
terpretation des Neuen Testamentes die Homi-
letik, die Kunst des Predigens, beständig ver-
bunden.
Unsem beiden Professoren lag auch noch
die Leitung der Dienstags-CoUoquien
ob, in welchen den evangelischen Priestern auf
dem Lande, welche am Markttage in die Stadt
pilgerten, Gelegenheit gegeben war, sich im
neuen Glauben zu festigen und weiter auszu-
bilden. Da stiegen, wie uns Rhellikan mitteilt,
die Professoren in die «Arena» hinab und be-
handelten die ihnen von den Landpfarrem
vorgelegten schwierigen Stellen der Heiligen
Schrift und rüsteten sie zur Ueberwindung der
Päpstler und der Wiedertäufer gehörig aus.
So hatte es die Synode der bernischen Geist-
lichen vom Januar 1532 beschlossen und zwar
auf Anregung des Strassburger Reformators
Wolf gang Capito, welcher der Synode bei-
gewohnt hatte.^
Als hn Sommer 1535 die Lätzgen in das Fran-
ziskanerkloster verlegt wurden, wirkte mit den
beiden Zürcher Gelehrten an der Auferziehung
der jungen Geistiichen bereits ein dritter Ge-
IR.
Die Gründung der Obern Schule und ihre Schicksale bis 1548.
»
lehrter, der Bemer Simon Sulzer, der mit
Unterstützung der Regierung in Strassburg und
Basel studiert und an diesem Ort schon Vor-
lesungen gehalten hatte.^ Die Studierenden
standen unter seiner besondem Aufsicht, er
kann also als der erste Vorsteher, der erste
«Schulmeister» des CoUegiums zun Barfus-
sen betrachtet werden, behielt jedoch dieses
Amt nur ein Jahr, da er, wie der ungltickselige
Sakramentstreit ausbrach, mit seinen besten
Schülern, 6 an Zahl, von der Regierung nach
Basel geschickt wurde, damit dieselben unter
seiner Führung in dorten in guten Künsten und
Sitten weiter kämen, als dies in Bern möglich
wäre!^ An Sulzers Stelle im Barfüsserkloster
kam auf seinen Wunsch Thomas Orynaeus
aus Basel, der Vetter des dortigen Professors
Simon Orynaeus ; als aber ein Jahr nachher in-
folge des Sakramentstreites Megander entlas-
sen wurde, Ende 1537, und bald darauf auch
Rhellikan der Stadt Bern den Rücken kehrte,
da trat Sulzer, in seine Vaterstadt zurückberu-
fen, an die Stelle der Zürcher Professoren und
wirkte mit Orynaeus zusammen bis zum Som-
mer 1541, da er zum Kirchendienst überging.^
Seinen Lehrstuhl erhielt wieder ein Bemer,
Bernhard Tillmann (Telamonius) , der
Sohn des Alt-Seckelmeisters Tillmann, der in
Paris studiert hatte.
Noch wütete der Sakramentstreit weiter und
forderte neue Opfer. Selbstverständlich nah-
men auch die Studenten im Barfüsserkloster
lebhaften Anteil daran und waren in zwei feind-
liche Lager getrennt, bis im Jahr 1546 ihren
Schwärmereien ein jähes Ende bereitet wurde
durch den sog. Zellerhandel, der für den
Oeist jener Zeit in jeder Beziehung bezeich-
nend ist und uns vor allem zeigt, wie man da-
mals im Kloster die Disziplin handhabte.^
Der Studiosus Peter Zeller, der dem
Handel den Namen gab, verfasste ein Oedicht
zu Ounsten der Lutherischen Abendmahlslehre,
in welchem er auf die Oegner derselben ver-
schiedene satirische Ausfälle machte; darauf
dichtete sein Kommilitone Ismael Buchser
ein SpotÜied auf die Lutheraner, unter die er
auch den Thomaeus Orynaeus zählte, und ent-
blödete sich nicht den Zeller beim Rat zu ver-
klagen : so hoch gingen auch unter den jungen
Leuten die Wogen der Leidenschaft Der Rat
liess dem Schulmeister zu Barfüssen den Be-
fehl zukommen den Zeller zu züchtigen; Ory-
naeus führte denselben aus, war aber so un-
vorsichtig auch dem Buchser eine gehörige
Tracht aufzumessen, so dass dieser Klage führ-
te, er habe noch mehr Streiche erhalten, denn
sein geliebter Mitschüler. Orynaeus und Zeller
wurden nun vor den Rat entboten. Jener hatte
sich wegen der unbefugten Bestrafung Buch-
sers und wider die Anklage, er sei lutherisch,
vor Ihr Onaden zu verteidigen. Er sagte aus,
er richte sich nicht nach des Luthers Opinion,
sondern nach dem, was Jesus Christus gelehrt
habe und was den Buchser anbetreffe, so habe
er ihn geschlagen, weil er « ein ungschickt lied
gmacht» und dasselbe hinter seinem Rücken
verbreitet habe. Zeller stand zu seuiem «Schwär-
merlied» und behauptete es allein verfasst zu
haben.
Nun wurden alle Schüler — es waren da-
mals ihrer 19 — vor den Rat citiert und wegen
allfälliger Teilnahme an der Entstehung des
« schantiichen Liedes » einvernommen. Alle
stellten in Abrede dem Zeller bei seinem Opus,
das leider nicht auf uns gekommen ist, gehol-
fen zu haben, sagten aber zum höchsten Miss-
fallen der gnädigen Herren, die zu ihrer Sitz-
ung auch die Prädikanten der Stadt Bern zu-
gezogen hatten, aus, das Zeller-Ued gefalle
ihnen, ausgenommen die in demselben sich be-
findenden Schmähworte. Ausser dem Buchser
fanden sich nur noch zwei, die es missbilligten.
Deshalb kam die Sache vor den grossen Rat;
den 22. November hatten alle Studierenden vor
den Zweihundert zu erscheinen. Man kann sich
denken, welche Aufregung an diesem Tage
zu Barfüssen herrschte. Wie sie vor die hohe
Versammlung getreten waren, wurde ihnen das
«
Die Orfindung der Obern Sdiule und ihre Schidcsale bis 154a
»
Lied, 80 Peter Zeller gemacht, vorgelesen und
darauf die Frage an sie gestellt, ob «sie das
handhaben und schirmen wellen». Einer nach
dem andern gab seine Antwort 16 approbier-
ten das Lied mit Ausnahme der Schmähworte ;
ein Teil derselben bekannte sich zu der Ansicht,
dass im Nachtmahl das Fleisch und Blut Christi
wesentlich gegeben und empfangen werde, dass
es aber nicht durch Verwandlung des Brotes
und Weines, wie die PäpsÜer nach ihrer Trans-
sidistantiationslehre glaubten, sondern sonst
auf eine wunderbare Weise gegenwärtig sei;
ein andrer Teil begnügte sich zu erklären, dass
das Nachtmahl communicatio corporis et san-
guinis Christi sei u.s.w. Buchser aber und
seine Partner Schnewli und Kissling gaben
ihre Meinung über das Sakrament in ganz ent-
gegengesetztem, in zwinglischem Sinne ab.
Nachdem die künftigen Diener Gottes vor
dem hohen Rate lange gesprochen hatten, hiess
man sie abtreten. Fast einstimmig beschlossen
die Zweihundert den Zeller zu verweisen, eben-
so den Schulmeister Thomas Orynaeus «und
hab er etwas guter hie, das er die verkouffen
möge und hinzuchen und min herm rüwig las-
sen». Die Studenten, die das «Schmachlied»
approbiert hatten, sollten für einen Tag ins
Gefängnis geworfen werden; dann sollte der
neue Schulmeister, des Grynaeus Nachfolger,
sie insbesondere in der 4. Schlussrede der Dis-
putation unterrichten, die da lautet: «Das der
lyb und das blut Christi, wäsentiich und üb-
lich in dem brot der Dancksagung empfangen
weide, mag mit Biblischer gesdirifft nit by-
bracht werden.» Welche sodann innerthalb
Monatsfrist bekennen würden, dass sie ge-
fehlt und sich geirrt hätten und den Rat um
Begnadigung anfleheten, denen sollte verziehen
und ihr Stipendium nicht entzogen werden;
welche von ihnen aber sich nicht dazu ver-
stehen würden, die sollten das Schicksal Zel-
lers teilen.
Zum neuen Schulmeister zun Barfüssen wur-
de Nikiaus Pfister^ (Artopoeus, wie er sich
mit griechischer Uebersetzung seines lateini-
schen Namens nannte) aus Brugg herbenifen;
er hatte fürderiich in die Hauptstadt zu reisen
und beschwor zu Ende des Jahres 1546 mit
dem Vorsteher der Lateinschule, Eberhard
von Rflmlang,' vor dem versammelten Rat
den neuen Schulmeistereid,^ der ihm unter an-
derem folgendes anbefahl:
«zu den schulen und aller und jeder sdiu-
lem, riehen, armen, frombden und heimbschen
und insonders deren, so min g[nädig] herren in
irem kosten erhalten und verlegen, mit gantzen
trüwen flyss und ernst ze achten und soig ze
haben und jeden nach siner gesdiiddidikett;
gelägenheit und nach dem eins jeden Ingenium
vassen und ertragen mag, ze leren und under-
wysen, ouch in gutten sitten, gepärden, zudit
und erUchen Übungen uf ze erzüdien».
«Item dieselbigen schulen wäder in offnen,
gemeinen, noch sonderbaren lectionibus nfitzit
underwysen, leren, noch inen vorläsen, fur-
tragen, noch fürschryben, das heiliger biblischer
Schrift nüws und alts testaments und der än-
lichkeit des waren alten christenlichen glou-
bens zu wider ist»
«Sonders die zechen schlussreden loblicher
disputation und das jenig, damit dieselbigen
uf miner g. Herren von Bern predicanten siten
erhalten ist, trüwlich und flissig ze leren und
den schulem inzbilden, damit sy des, so man
sy examinieren und ervordem, b'sdieid wfis-
sind ze geben.»
« Item kein nüwe dogmata, ceremonien, kil-
chenbuch, dann die so bishar geprucht und in
Übung gsin sind, inzefüren, noch ze leren. Ouch
für sich selbs kheins wegs wider ol^emelte
disputation und zehen schlussreden ze striten,
vechten, arguiren, disputieren, noch ze sduy-
ben; desgUchen söUichs den schulem ouch nit
ze gestatten.»
Im IGoster sollte es also nicht gestattet sein,
von den in der Disputation aufgestellten Schluss-
reden abzuweichen; Professoren wie Studen-
ten sollten an den einmal gewonnenen Er-
^
Die Orfindung der Obern Schule und ihre Schicksale bis 154a
rungenschaflen fesflialten; für alle Zukunft
sollten die 10 Thesen der Bemer Disputation
der heilige, unverrückbare Fels des Glaubens
sein, der dem Denken und Reden der Lehrer
und Schüler den einen und unverinderiichen
Kurs zu geben hätte, den der Staat und seine
Kirche verlangte.
So sehr uns moderne Menschen in dieser Be-
ziehung «der Schulmeystem in der Alten Schul
und zum Barfüssem Eyd» stösst, obwohl wir
den Standpunkt der Regierung, die damals auf
Einigkeit dringen musste, wenn sie das Ge-
wonnene nicht preisgeben wollte, begreifen,
so sehr freut uns der zuerst dtierte Punkt des-
selben, welcher den Professoren ans Herz legt,
die ihrer Unterweisung anvertrauten Schüler
nach eines jeden Ingenium individuell zu be-
handeln und über dem Unterricht die Erziehung
nicht zu vergessen.
Wir faid>en oben, pag. 19, erwähnt, dass der
gelehrte Simon Sulzer, der erste Schubneister
zun Barffissen, beim Ausbruch des Sakrament-
streites mit sechs seiner Schüler nadi Basel
zog. Wie er zu Pfingsten 1538 sich wieder nach
Bern zurückzubegeben hatte, schickte der Rat
vier derselben nach Strassbuig, wo sie unter
der Leitung des berühmten Schulmannes Jo-
hannes Sturm ihre Studien fortsetzen soll«
ten.i
Diese vier Studenten sind die ersten, welche
auf Kosten des Staates auf fremde Universitä-
ten, ad academias, oder, wie der deutsche 1 1
heisst; wyter geschickt wurden, eine Einrich-
tung, über welche alle Schulordnungen, wie
wir sehen werden, nähere Bestimmungen ent-
halten; den Nutzen derselben wohl einsehend
hielt man zu allen Zeiten im Schosse der Be-
hörde mit Zähigkeit daran fest und scheute die
Kosten nie, um talentvollen jungen Leuten auf
diese Weise den Horizont zu erweitem. In-
folge des Sakramentstreites wurde freilich den
Studenten der Besuch der fremden Universi-
täten verboten, die zu Strassburg wurden heim-
berufen und eine Zeit lang wurden diejenigen,
^
welche man weiter ausbilden wollte, nach Zü-
rich geschickt, damit sie ja das Gift der Luthe-
rischen Abendmahlslehre nicht einsaugen könn-
ten. Uebrigehs ist es rührend zu sehen, mit
weldier Liebe der bemische Rat sich dieser
jungen Leute annahm und wie ihm deren leib-
liches und geistiges Wohl am Herzen lag. Zum
Beweise sei hier das Schreiben von Schultheiss
und Rat der Stadt Bern an den Antistes H. Bul-
linger in Zürich wiedergegeben, mit welchem
zwei Bemer Studenten diesem empfohlen wer-
den^ (dieselben sind tms schon bekannt, näm-
lich Ismael Buchser und Samuel Schnewli) :
«Damit wir für und für versatz habind der
dieneren gottes worts, sind wir in willen kom-
men, diss zwen knaben Samuelem Schneuwli
und Ismahelem Budiser zu üch ze vertigen, da-
selbst ze studieren und der heUigen schrift ob-
zeligen, üch zum fründlichesten pittende, sy in
günstigem bevelch ze halten, acht und ufsechen
uf sy ze haben und w^ann sy sich lämens, lä-
bens, sytten, gepärden und anderer stucken
halb nit gepürlich hieltind, sy darob ze strafen. »
Der neue Schulmeister zu Barfüssen, Nik-
iaus Pfister,^ musste sich, obwohl insbesonders
für das Hebräische angestellt, mit seinem Kol-
legen Tillmann in alle die Aufgaben teilen, wel-
che die Heranbildung der jungen Geistlichen
erforderte, dodi bald sollte die hohe Schule im
Kloster neu geordnet werden und das Lehrer-
kollegium einen kleinen Zuwachs erhalten.
Den 5. Juni 1548 beschloss nämlich der Rat
die Schulen auf dem Land und in der Stadt
zu reformieren und es wurde den Prädikanten
und Schulmeistem die Aufgabe zu teil eine be-
stimmte Ordnung für dieselben zu verfassen,
nach welcher in Zukunft gelehrt und gelemt
werden sollte. Die Gestaltung dieser ersten
bernischen Schulordnung verdanken wir
vor allem dem jungen Johannes Haller,
der kurze Zeit vorher als Nachfolger Simon Sul-
zers in das Kollegium der bemischen Prädikan-
ten eingetreten war.^ Er scheint von den Prä-
iten und Sdiuhneistem mit der Anferti-
21
«
Die OrQndung der Obern Schule und ihre Schicksale bis 1548.
gung des ersten Entwurfes beauftragt worden
zu sein, wie man seinem Brief an Bullinger in
Zürich vom 24. Juni 1548^ entnehmen kann, in
welchem er mit einem wohl allzu harten Urteil
über die bisherigen Leistungen der Schule zu
Barfüssen sagt:
« mir liegt jetzt besonders die Fürsorge dafür
ob, dass die Schulen auf dem Land und in der
Stadt reformiert werden. Unsere Herren wen-
den wahrlich grosse Kosten auf, aber ohne alle
Ordnung und daher auch ohne Gewinn und
Frucht»
Und in dem Brief an eben denselben vom
16. Juli zählt er dem Freunde in Zürich auf,
was er und seine Kollegen für die Reform der
Schule verlangten. Den 16. August 1548
wurde die Ordnung von der Obrigkeit sank-
tioniert Bevor wir aber zu der Besprechung
derselben übergehen, haben wir noch einiger
Einrichtungen zu gedenken, welche schon vor
dem Jahre 1548 getroffen worden waren.
Was zunächst die Aufsicht über die im
Jahr 1528 gegründete theologische Schule an-
betrifft, so kam dieselbe zuerst dem Chor-
gericht zu, d. h. dem Ehe- oder Sittengericht,
welches aus zwei Geistlichen und 6 Mi^liedem
des Rates bestand; die finanziellen Angelegen-
heiten besorgte die Vennerkammer.^ An Stelle
des Chorgerichts trat vom November 1539 an
ein besonderer Schulrat, bestehend aus drei
Mi^liedem des Rates und den sogenannten
Gelehrten (Pfarrer und Schulmeister) ; das wa-
ren die Schulherren.^
Schon das Chorgericht hatte vom Venner-
kollegium (den 2. Juni 1531) den Auftrag er-
halten ein Pädagogium « anzesechen » ; d. h. für
die Studiosi theologiae ein Alumnat zu errich-
ten, eine Anstalt, in der dieselben vom Staat
beköstigt und nötigenfalls auch bekleidet wür-
den, wodurch man der Kirche mehr und wür-
digere Diener zuzuführen hoffte. Die Sache
kam aber erst zur Ausführung, als das Bar-
f üsserkloster der Schule übergeben wurde ; ^ da
gab es Platz und der «Stüblinen» genug für
J»
die der Theologie beflissenen jungen Leute,
iM-auchte man doch der Auditorien nur zwei,
eins für den Sommer und eins für den Winter ;
und Platz genug war auch für den Aufseher
der Studenten, den «Schulmeister», vorhanden.
Der «Stipendiaten» waren freilich in den er-
sten Dezennien nicht viele: im Jahr 1539^ sas-
sen am Tisch des Schulmeisters Thomas Gry-
naeus deren nur 12. Verwöhnt werden sie da
nicht gerade geworden sein, denn ihr «Herr»
eriiielt für einen jeden jährlich nur 10 Gulden
und 6 Mütt Dinkel, wofür er ihnen aber immer-
hin eine gesunde Hausmannskost zu geben im
stände war, an der sie sich ersättigen konnten ;
in einem Privathaus kam der Tisch freilich be-
deutend höher zu stehen.^ Gewiss dürfen wir
auch annehmen, dass für die Stipendiaten von
Anfang an besondere Gesetze, die leges do-
mesticae, aufgestellt wurden, welche ihr «Leb-
wesen» und ihre Studien genau regelten und
sie von allen weltlichen Freuden und Genüssen
ferne hielten. Es geht dies unter anderm auch
daraus hervor, dass die Externen zur Strafe
für Unfleiss und schlechtes Betragen unter die
Alumnen aufgenommen wurden. So wurde in
demselben Jahr der Studiosus Bernhard Funst,
der die Censur eriiielt: «loufft in der statt
umbher; wil hoffertig sin und by liederlicher
gselschafft», den Alumnen beigesellt um ihm
sein Vagieren abzustecken.^
Die Stipendiaten rekrutierten sich aus Kna-
ben aus der Stadt Bern und aus Schülern, wel-
che von Thun, Zofingen und Brugg kamen.
Schon im Jahr 1531 waren an diesen Orten auf
Befehl der Obrigkeit die Schulen nach dem
Muster der Lateinschule zu Bern eingerichtet
worden, damit sie Knaben unterrichteten, die
zu Prädikanten herangebildet werden könnten ;
mit grosser Genugtuung vernahmen auf der
Konferenz zu Zürich vom 5. März 1531 die Ab-
geordneten von Zürich, Basel und Schaffhausen
aus dem Munde ihrer Miteidgenossen von Bern,
wie man in dieser Stadt für die Aeufnung der
Kirche besorgt seL
22
«
Die Orfindung der Obern Schule und ihre Schicksale bis 1548.
51
Noch älter als das Alumnat ist in unserer
Stadt die Stiftung des Musshafens, die er-
ste Stiftung, zu der Klostergut verwendet Mrur-
de. Schon den 16. November 1528, kurze Zeit
nach der Gründung der Schule, wurde dieses
«tägliche Almosen an Mus und Brot» f&r dürf-
tige Schüler und Studenten eingerichtet Es
scheinen anfänglich nur 12 Schüler den Mus-
hafen gehabt zu haben,^ aber da auch Private
bald zu dieser frommen Stiftung reichlich bei-
steuerten, so nahm die Unterstützung durch
den Mushafen, wie wir im Verlauf unserer Dar-
stellung sehen werden, mit der Zeit einen gros-
sen Umfang an. Von Anfang an gab es einen
einfachen und doppelten Mushafen.^ Denjeni-
gen, die nicht im Kloster wohnten, konnte ne-
ben dem Mushafen noch ein Beitrag an die
Kosten für die Wohnung verabreicht werden;
das war der sog. Wochenschilling, wödi-
entlich einen Schilling betragend.
Mit der Einsetzung der Schulherren hängt
das Institut des sog. Schulseckels zusam-
men, der, für Schulzwecke eingerichtet, aus
jährlichen Zuschüssen von je 100 Pfund aus
den 4 Klöstern Interlaken, Frienisberg, Zofin-
gen und Königsfelden fundiert wurde.
Zum Schluss dieser unserer Bemerkungen
wollen wir noch anführen, dass die Besoldung
der Professoren in dieser ersten Periode 160
Phmd, 20 Mütt Dmkel, 5 Mütt Haber und 6
Saum Wein betrug,^ eine Besoldung, aus der
man damals gar nicht übel leben konnte.
Die Schulordnung von 1548.^
Der 13. Abschnitt der Schulordnung beschäf-
tigt sich mit dem Kollegium zun Barfüssen. Die
Ordnung setzt vor allem, und das interessiert
uns am meisten, die Vorlesungen und die Zahl
der Professoren fest. Während bis anhin ge-
wöhnlich zwei Docenten in die ganze Lehrauf-
gabe sich hatten teilen müssen, sollten von jetzt
an gesetzlich deren drei sein und zwar der er-
ste, der Theologus, die eigentliche Oottes-
gelehrsamkeit, der zweite die Sprachen, d. h.
Hebräisch und Griechisch, der dritte die Dia-
lektik und Rhetorik, sowie die Mathematik und
Physik profitieren. Von selber versteht es sich,
dass der Professor der Sprachen das Alte und
Neue Testament im Urtext zu interpretieren
hatte und der dritte Professor die Logik und
Rhetorik im Anschluss an die Lektüre lateini-
scher Klassiker lehrte. Wir gehen wohl auch
nicht irre, wenn wir annehmen, dass der Pro-
fessor graecus et hebraicus in einer Person
seine Schüler nicht erst in die beiden Öibel-
sprachen einzuführen hatte, sondern dass
dieselben schon an den beiden obersten Klas-
sen^ der Lateinschule, oder der «Undem Schul;»,
wie sie in der Ordnung heisst, in die Elemente
des Hebräischen und des Griechischen einge-
führt wurden, wenn dies freilidi auch erst in
der Confirmatio scholarum trivialium vom Jahr
1600 mit aller Deutiichkeit gefordert wird. Qanz
bestimmt aber wissen wir, dass die dedamatio,
in der die rhetorisch-logische Wissenschaft je-
ner Zeit gipfelte, ihre eifrige und regeh^chte
Pflege fand, wenn sie auch in unserer Ordnung
noch nicht erwähnt wird; denn wenn J. Haller
in seinem Brief an Bullinger vom 27. Juni 1549^
diesem schreibt, dass jeden Dienstag deutsche
und jeden Samstag lateinische Deklamationen
in Gegenwart der Professoren und Prädikanten
stattfänden, so sind dies wohl durch bestimmte
Verordnung und Abmachung für ein- und alle-
mal festgesetzte Uebungen gewesen, setzen
doch die Ordnungen des folgenden Jahrhun-
derts die Deklamationen und Disputationen für
dieselben Tage an. Aus demselben Brief und
demjenigen vom 16. Juli des vorbeigehenden
Jahres an Bullinger erfahren wir, dass jeder
Deklamator aus einer vom Rate jährlich ausge-
richteten Summe von I2V2 Gulden eine Prämie
von 3 Batzen erhielt, nach dem heutigen Geld-
wert ungefähr 4 Franken. Schon anno 1539
hatte die Regierung auf Sulzers Antrag be-
schlossen, dass die Studenten für eine Dekla-
mation je einen halben Batzen erhalten soll-
Die Orfindung der Obern Sdnile und ihre
bis 1548.
ten, die Institution war aber bald wieder ein-
gegangen ; die Studierenden werden eben durdi
solch minime Qabe nicht sehr «aufgemuntert»
worden sein.
In ihren Vorlesungen waren die Professoren
vollständig frei und ungebunden; ausser dem
Fach schrieb ihnen die Ordnung nichts vor.
Im Reformationsjahrhundert gingen die Behör-
den von der richtigen Ansicht aus, dass sie den
Lehrer, dem sie ihr Zutrauen geschenkt hatten,
in der seinem Ingenium entspringenden Me-
thode gewähren lassen und ihm nicht sagen
sollten, nach was fiir einem Handbüchelchen
er in seiner Wissenschaft vorgehen und wel-
che Autoren er seinem Unterricht zu Orunde
legen sollte. Das sollte leider im folgenden
Jahrhundert anders konunen! So bewegten
sich denn die Gelehrten, die um die Zeit un-
serer Schulordnung wirkten, in ihren Vorie-
sungen vollständig frei und pflegten mit Vor-
liebe auch die profane Litteratur: damals wurde
im Griechischen Lukian und Isocrates gelesen,^
Schriftsteller, welche die pedantische Schablone
der folgenden Zeiten ins Reich der Vergessen-
heit versenkte.
Der zweite Punkt, welchen die Ordnung von
1548 regelte, war das Stipendienwesen. Die
Zahl der Alumnen wurde nun auf 16 fixiert,
mit der Bestimmung, dass dieselbe im Inter-
esse der Kirche nicht gemindert werden dürfe ;
zehn Platze waren denjenigen, welche die Un-
tere Schule zu Bern absolviert hatten, vorbehal-
ten, die übrigen sechs wurden von Schülern
aus Thun, Zofingen und Brugg besetzt, von je
zweien aus diesen 3 Städten. Zehn der Stipen-
diaten wurden aus dem Stiftsgut, «der Stift»,
erhalten, die 6 vom Lande aus dem Schulherren-
seckel. Wenn ein Platz frei wurde, so sollten,
wie die Ordnung ausdrücklich vorschreibt, nur
die tüchtigsten an Kenntnissen und Moralität
und die im Alter am weitesten vorgerüdcten
aufgenommen werden, «damit man sy bald
bruchen und anstellen könde». Die Aufnahme
sollte nur zu Frohnfasten geschehen. So schrieb
die Ordnung auch für den Eintritt in das Col-
legium überiiaupt eine strenge Prüfung vor
und die «Gelehrten» allein hatten darüber zu
entscheiden. Man hatte es offenbar bis dahin
mit alleriiand zweifelhaften Elementen zu tun
gehabt, wie man aus folgendem Satz der Ord-
nung deutiich genug herauslesen kann:
«Die knaben, so in der undem schul nodi
sind, sollend nit ad publicas lectiones gan, sy
werdend dann darzu geschickt erfunden und
verordnet, sunder flissig in die under schul gan,
bis man sy darus nimpt, darmit sy sich nit us
der undem schul verschleickend und mit der
obem versprechen und aber in dewederer*
gsin syend.»
Besonders eindringlich aber wird die Schule
zun Barfüssen davor gewarnt von Thun, Zo-
fingen und Brugg, wo meine gnädigen Herren
je vier Stipendiaten erhielten, Knaben aufzu-
nehmen, die noch nicht im stände wären «pub-
licas lectiones zu hören und mit Nutz fürzu-
fahren ». Offenbar schob man von diesen Orten
die Stipendiaten gern nach Bern ab, um neuen
Platz zu machen und setzte alle möglichen Mit-
tel in Bewegung, um auch talentiosen oder
nichtsnutzigen Knaben eine Unterkunft im Klo-
ster zu Bern zu verschaffen und derselben los
zu werden. Die Stipendiaten vom Lande soll-
ten von jetzt ab nur noch aufgenommen wer-
den «mit vorwüssen und rechtgeschaffnem ur-
theyl der schulherm, darin ein jedes gesdiick-
lickheit, flyss, Ingenium, gestalt des lybs, per-
son und gemüts etc. so vil müglich bedacht
und ermessen soll werden, sy zum kilchendienst
nach gottes eer und der kilchen nutz ze fürdem
und uffzebringen ».
Die Stipendiaten verpflichtete die Schulord-
nung jeden Tag zur Predigt zu gehen, «da-
durch sy sich dest bas zum predig ampt in-
schicken und von anderen leren mögend». Die
Strafe für eine versäumte Predigt war eine sehr
empfindliche : die Entziehung des Weins an
demselbigen Tag! Die Gabe des gütigen Got-
tes wussten die Alumnen zu Barfüssen jeder
€
Die Orundung der Obern Sditile und ihre Sdiicksale bis 1548.
^
Zeit zu schätzen, wie wir noch genugsam sehen
werden.
Zur Kontrolle ihres Fleisses und ihrer Fort-
sdiritte setzt die Ordnung f&r die Studierenden
Examina an, welche alle Frohnfasten für und
für ohne alles Unterlassen stattfinden sollten
und mit diesen Examina verband man die Cen-
sur, aber nicht bloss der Schäler, sondern auch
ihrer Lehrer über Lehr und Leben : da wurden
nach der Forderung der Schulordnung einem
jeden seine Fehler und Mängel angezeigt mit
dem der Sadie angemessenen Ernst in der Er-
wartung baldiger Besserung und mit der An-
drohung der Strafe, wo die erwartete Besse-
rung sich nicht einstelle, sei es durch Entlas-
sung, oder was immer nur Meine gnädigen
Herren, als oberste und letzte Instanz in Schul-
sachen, oder die Schulherren über die Unver-
besserlichen verhängen würden.
Qanz besondere Aufmerksamkeit schenkt die
Schulordnung von 1548 denen «die man witer
sdiickt», d. h. denjenigen Stipendiaten, die man
zur weitem Ausbildung auf fremde Schulen
schickte, talentvollen jungen Leuten» welche
man vorzüglich zu Lehrern heranziehen wollte.
Man hatte bis anhin mit denselben nicht immer
gute Erfahrungen gemacht und doch hatte der
Staat so viel Geld für sie ausgegeben, dass er
es kaum verantworten konnte ;i deshalb be-
stimmte man jetzt für einen jeden die Summe,
die ihm während seines Aufenthalts auf den
fremden hohen Schulen für je ein Jahr aus-
bezahlt werden sollte und die nicht überschrit-
ten werden dürfte; sie betrug 40 Oulden,^ die
ausreichen mochten, wenn der Stipendiat be-
scheiden lebte und keinerlei Luxus sich er-
laubte. Und um sich zu vergewissem, ob sie
das halbjährlich oder zu Frohnfasten ihnen
überschickte Geld richtig verwendeten und
nicht etwa «unnütz und üppig» verschwende-
ten, bestimmte man, dass sie der Behörde von
ihren Ausgaben genaue Rechnung stellen und
überschicken sollten.
Einige Jahre nach der Einführung der Schul-
Ordnung machten sich auch wieder freiere An-
sichten geltend in Bezug auf die Auswahl der
hohen Schulen, auf die man die Stipendiaten
schidrte; vom Jahre 1557 an treffen wir sie be-
reits wieder auf deutschen Universitäten, so
in Marburg und Heidelberg.^
Nachdem die Ordnung erwähnt hat, dass
den Stipendiaten, welche die Predigt versäum-
ten, an demselbigen Tag der Wein entzogen
werden sollte, sagt sie folgendes:
«Item sy band ouch andere leges im Col-
legio, denen sollend sy nachleben, sich frünt-
lich, ghorsam und erberlich tragen, wie züdi-
tigen Jünglingen anstat Wer es übersidit, soO
nach den l^bus oder sunst durch den Schul-
meister gestraft werden, nach gstalt der sach
und grosse siner uberträttung. Es möchte sich
ouch einer in mas verschulden, er wurde gar
verwysen ; das muss aber durdi die schulherren
oder mit vorwüssen m. g. herren beschechen. »
Leider teilt uns unsere Schulordnung diese
« andem » Gesetze nicht mit, welche für die Stu-
dierenden anno 1548 aufgestellt wurden oder
bereits schon vorher au^estellt worden waren.
Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen,
dass es die leges domesticae sind, welche die
Alumnen insbesondere zu beobachten hatten,
inbegriffen die Bestimmungen über den Se-
nat der Studenten, die leges communes der
Schulordnung von 1591. Die Disziplinarord-
nung, welche uns in dieser und der folgenden
Ordnung von 1616 gegeben ist, war mehr oder
weniger schon im Jahre 1548 gültig^ und das
Leben der Studenten, namentlich der Alum-
nen, war sdion jetzt ebenso geregelt, wie zu
Ende des 16. Jahrhunderts und iii den darauf
folgenden Zeiten.
Mit dem Gesagten haben wir den Inhalt der
Ordnung von 1548 bereits vollständig mitge-
teilt Dieselbe ist, wie man sieht, keine grosse
Schöpfung, welche der bemischen Schule neue
Bahnen eröffnet und höhere Gesichtspunkte
aufgestellt, ihren Horizont erweitert und ihr
neues Leben eingehaucht hätte; sie hat sozu-
Il(
Die Or&ndung der Obern Schule und ihre Sdriduale bis 1548.
sagen konservativen und prohibitiven Charak-
ter: sie will, was bereits eingeführt worden, er-
halten und gesetzlich festlegen und fixieren
und alles fernhalten, was dem Eingeführten be-
reits hinderlich gewesen war und in immer
grösserm Umfang hätte sdiaden können.
Bestätiget wurde die Ordnung, wie wir schon
^
dien, pag. 22, bemerkt haben, den 16. August
1548 und zwar mit dem Anhang, dass jeder Sti-
pendiat, der ohne Vorwissen und Erlaubnis der
Gnädigen Herren ein Weib ndune, ohne Ver-
zug aus dem Kkister Verstössen werden solle
und alle Kosten, die der Staat an ihn gewen-
det, zurückzuerstatten habe.
I^Die Entwicklung der Obern Schule in der
^ zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts.
Lehre und Lehrer.
Die Ordnung forderte drei Lectores für das
Kollegium zu Barfussen ; als sie verf asst wurde,
lehrten aber nur zwei an demselben,^ die sich
hl alle Au^ben, welche der Anstalt zufielen,
teilen mussten. Deshalb wurde den 16. August
1548, damit der Ordnung Oenfige getan werde,
der Schulmeister von der Lateinschule, Eber-
hard von Rfimlang, für eine unbestimmte
Zeit mit Vorlesungen im Kloster betraut und
die Disziplinen also verteilt, dass er die eigent-
liehe Theologie, Nikiaus Pfister die Sprachen
und Tillmann Dialektik und Rhetorik samt den
mathematischen Wissenschaften vertreten soll«
te. Und nun verging nur kurze Zeit, bis zwei
glänzende Lehrkräfte und zwar vorzüglich auf
Betreiben Hallers für unsere Schule gewonnen
wurden: Wolfgang Musculus, der um die
Zeit der Entstehung unserer Schulordnung sein
geliebtes Augsburg hatte veriassen müssen, und
der Bemer Stipendiat Bendicht Marti,^ der
bereits Professor an der Maiburger Hochschule
geworden war, wurden im Februar 1549 nadi
Bern berufen, jener für die theologische Pro-
fessur, dieser zunächst für das Schulmeister-
amt an der Untern Schule. Zu Ostern 1549
wiricten die beiden bereits an den ihnen an-
vertrauten Stellen.
Da zu dieser Zeit Eberhard von Rümlang
ebenfalls noch angestellt war, lasen also vier
Professoren. Ein Brief Hallers an Bullinger
vom 27. Juni 1549^ besagt uns, wie sich die
viere in ihre Aufgabe teilten. Musculus las im
Psalterio «mit einem solchen methodo, das un-
möglich, das einer nit bald überkomme com-
modissimam tractandarum scripturarum ratio-
nem». Eberhard erklärte daneben die Theolo-
gie aus dem Neuen Testament und interpre-
tierte den Hebräerbrief. Aber in einer andern
Vorlesung behandelte er einen profanen Auto-
ren, «sive Oraecum sive Latinum», setzt Haller
hinzu, woraus ersehen werden kann, dass da-
mals noch die Pensa der einzelnen Professoren
nicht genau gegen einander abgegrenzt wa-
ren und der eine oft in das Gebiet des andern
hinübergriff. Der Professor linguarum, Nik-
iaus Artopoeus, las zu der Zeit, da Haller un-
sem Brief schrieb, un Griechischen einen Pro-
fanschriftsteller, den Ludan und zwar den Ti-
mon desselben, um nach der Beendigung dieser
Lektüre zu den Reden des Isocrates überzu-
gehen. Da er auch noch das Hebräische zu
vertreten hatte, behandelte er die Grammatik
dieser Sprache und daneben den Jesaias. Auch
ihm erteilt Haller für seinen f^eiss und seine
Geschicklichkeit ein Lob: «in qua professione
ut est diligentissimus ita exerdtatissimus, ut
non sine magno fructu audiri possit»
Interessant ist die Tatsache, dass der «Läs-
meister» der Sprachen im Griechischen sich
nicht auf die Lektüre des Neuen Testamentes
beschränkte, sondern in seinen Vorlesungen
der profanen Litteratur des Hellenenvolkes den
für die Geistesbildung ihr zukommenden Raum
in vollem Masse gewährte. Den Isocrates wird
der gelehrte Artopoeus namentiich aus rheto-
rischen Gründen mit seinen Schülern traktiert
haben, um dem Professor artium, der die Ju-
gend vorzüglich auf Grund der lateinischen
Klassiker in die Kunst der Beredsamkeit einzu-
führen hatte, hülfreiche Hand zu bieten, und
zum Lukian, aus dem er zweifelsohne verschie-
dene Stücke^ mit seinen Schülern gelesen hat.
^
Die Entwicklung der Obern Schule in der zweiten HUfte des Refomiationsjalirinmdertt.
fljfarte ihn das ethische Moment, und dem Theo-
logen der Reformationszeity der gegen die Fin-
sternis ebenso ankämpfte, wie der Samosaten-
ser gegen den Aberglauben und die Heuchelei
und die Dunkehnänner seiner Zeit, werden die
Schriften des Lukianos mit ihrer feinen Satire
auf die Verkehrtheiten der Menschen besonders
sympathisch gewesen sein; so werden denn
des Artopoeus Schäler namentlich aus seinen
Vorlesungen über Lukian den grossen Nutzen
gezogen haben, von dem Haller spricht
Der Professor artium endlich, Bernhard Till-
mann, behandelte die Dialektik nach Melanch-
thons erotemata dialectices, die in vier Büchern
die Kunst der Dialektik vollständig darlegt
Daneben trieb er mit den Studenten Mathema-
tik, von den Anfangsgründen an, da das ganze
Jahrhundert an der Untern Schule dieses Fach
noch nicht berücksichtigt wurde, und las die
Sphaera des Johannes Sacrobustanus.^
Bald nachdem Haller seinen Brief, der uns
in dieser Weise über die Vorlesungen am Bar-
füsserkoUegium orientiert, an Bullinger abge-
schickt hatte, verliess Eberhard von Rümlang
das Kloster und nun war Wolfgang Musculus
der einzige Professor für die eigenfliche theo-
logische Wissenschaft; er vertrat sie mit stei-
gendem Ruhm bis zu seinem Tode im Jahr
1563. Auf dem Lehrstuhl für die Sprachen folgte
den 8. Juni 1553 seinem Kollegen Artopoeus,
der in diesem Jahr starb, der bisherige Schul-
meister an der Lateinschule, Benedictus
Aretius,^ der dann seinerseits nach dem
Tode Müslins, den 26. November 1563, zum
Theologus vorrückte; an seiner Stelle erhielt
der Pfarrer Valentin Rebmann (Ampel-
ander) den 3. Dezember das Lasmeisteramt für
Griechisch und Hebräisch, dem den 30. Sep-
tember 1573 der Schulmeister Christian
A m p o r t nachfolgte. Bernhard Tillmann lehrte
«die Künste» bis 1558 und nach ihm Peter
Schneeberger vom 10. März dieses Jahres
bis zum Jahr 1574.
Die Zahl der Vorlesungen, welche im Kol-
^
legium 'zu Barfüssen gehalten wurden, war nach
dem Gesagten nidit gross, so dass auch neben
der Zeit, welche die Dienstagsdeklamationen
in deutscher und die Samstagsdeklamationen in
lateinischer Spradie beanspruchten,' den Stu-
denten nicht wenig Müsse übrig blieb für ihre
Privatiektüre. Dass sie diese in weitem Um-
fange zu treiben hatten, wissen wir ausser aus
andern Andeutungen namentiich aus einem
Pergamentblatt, welches unser Artopoeus, von
seiner Hand beschrieben, seinem lateinisdien
Ludan^ auf dem Schlussdeckel aufklebt hatte.
Dasselbe enthält — jede andere Deutung ist
ausgeschlossen — die Anweisungen an die
Studenten für ihre Privatiektüre. Artopoeus
war von 1547 bis zum Jahr 1553, seinem Todes-
jahr, Schulmeister im Kollegium und hatte in
dieser Eigenschaft natürlich die Privatiektüre
der ihm untergebenen Alumnen zu leiten und
zu beaufsichtigen. Seine Anweisungen dafür
sind nun höchst interessant Sie zeigen uns
vor allem, dass man im Reformationsjahrhun-
dert im Barfüsserkfoster zu Bern bei der Aus-
wahl der Lektüre nicht bloss die sprachliche
Seite der Autoren berücksichtigte, sondern auch
von ethischen Gründen sich leiten liess. Es
sollten solche Autoren gelesen werden, wekAe
auf die Bildung des Charakters einwirkten und
dem Menschen zu einem glücklichen Dasein
verhelfen könnten. Deshalb sollen die Studen-
ten ausser dem Cicero auch die Schriften des
Seneca und die Biographien und moralischen
Abhandlungen des Plutarch, sowie eine An-
zahl Dialoge des Plato lesen, und von diesen
in erster Linie diejenigen, welche sich auf die
Staatsverwaltung beziehen; des fernem die
Briefe des Hieronymus, dies und jenes von
Augustin, von Erasmus die Institutio prindpis
Christiani, das Enchiridion miiitis Christian!
und seine Paraphrasen zu den neutestament-
lichen Schriften, von Thomas Monis die Uto-
pia sive de optimo genere reipublicae. Das
Studium der alten Geschichte hat mit dem
Justin, Florus und Valerius Maximus zu be-
«
Die Entwicklung der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Refomutionsjahriiundefls.
ginnen. Von den christlichen Dichtem werden
Prudentius, Sidonius, Paulinus, Arator, Pros-
per und Juvencus anempfohlen, die an vielen
Stellen den Vergleich mit jedem altidassischen
Autoren aushalten könnten, soviel die Eleganz
der Dichtung anbetreffe.
Artopoeus sieht also in seinem Programme
fär die Privatlekture nicht auf die Klassizität
der zu lesenden Autoren; dieselben gehören
allen möglichen Zeiten an bis zu den Neu-
lateinem hinauf; nicht die Form, sondern der
Inhalt gab dem Schulmeister zu Barffissen den
Ausschlag. Nicht als ob er nicht gewünscht
hätte, dass auch die Form von seinen Alum-
nen berücksichtigt würde. Es sollte auch die
Privatlektüre dazu dienen, denselben das Ver-
ständnis für die Eleganzen der lateinischen
Sprache zu vertiefen und ihre Fähigkeit, sich in
gutem Latein gewandt auszudrücken, zu er-
höhen und dies sollte gerade durch das Stu-
dium des Spradigebrauches der Schriftsteller
verschiedener Zeiten und durch die Vergleich-
ung des Sprachgebrauches mit den Regeln der
Grammatik erreicht werden. Es sollten die Stu-
denten zu diesem Zwecke auch Collectanea an-
legen und in denselben alle elegantiae linguae
latinae, auf die sie in ihrer Lektüre stiessen,
gewissenhaft verzeichnen, neben den histori-
schen Charakterzügen von Männern, die für
ihr Leben ein Vorbild werden müssten.
Auch aus diesen Mitteilungen geht hervor,
dass um die Mitte des 16. Jahrhunderts an
der bemischen Obern Schule ein reges wissen-
schaftliches Leben herrschte und dass die gros-
sen Qelehrten, die an ihr doderten, auf die Bil-
dung und Erziehung der Jugend vortrefflich
einzuwirken verstanden.
Im Qeist des Artopoeus fuhr Aretius fort,
der nach dessen Tode Schulmeister im Kloster
wurde und mit seinem umfangreichen philolo-
gischen Wissen die Studien seiner Alumnen
ebenso gewissenhaft und mit demselben pä-
dagogischen Takt leitete, wie sein Vorgänger.^
51
Sdton ein Jahr, nachdem er ins Barfüsser-
kloster eingezogen war, 1554, führten seine
Studenten den Plutus des Aristopha-
nes^ auf; ob im Urtext oder in der lateini-
schen Uebersetzung, erfahren wir leider nicht
Meine gnädigen Herren schenkten ihnen an die
Kosten der Aufführung 20 Kronen; was übrig
bliebe, sollte dem Meister Bendichten, also dem
Professor Aretius, für seine Mühe und Arbeit
zukommen.^ Natürlich leitete Aretius nicht bloss
die Auffühmng, sondern er las auch den Plutus
mit seinen Schülem und interpretierte ihnen die
Komödie und wir dürfen wohl annehmen, dass
auch noch andere Stücke des Aristophanes im
Kloster gelesen und erklärt wurden, und es
mag wohl schon Nikiaus Pfisters Vorgänger,
Thomas Orynaeus, im Barfüsserkloster zu Bem
den griechischen Komödiendichter interpretiert
haben nach dem Vorgang seines berühmten
Vetters, des Simon Orynaeus, der in der Basler
Aristophanesausgabe vom Jahre 1532 (apud
Cratandmm et Joa. Bebelium) auseinander-
setzt, wie der Lehrer seine Knaben über den
schlüpfrigen Boden der im Aristophanes ge-
schilderten Laster hinwegführen tmd auch diese
Lektüre in den Dienst der Ethik stellen soll:
in vitiis non vitia, sed virtutem interpretabitur
et illustriorem reddet, quod praecipuum esse
in omni puerili institutione consilium debet.
Uebrigens war schon unter Thomas Qry-
naeus und Simon Sulzer im Januar 1540 ein
«Spil» aufgeführt worden, dessen Titel uns
aber nidit überliefert wird,^ und neun Jahre
nachher ein anderes, in welchem die katho-
lische Kirche verspottet wurde; eine Messe, in
welcher Teufel den Altar bedienten, kam darin
zur Darstellung.^ Diese Aufführung erregte An-
stoss ausserhalb des Kantons und nach Bem
wurde berichtet, die katholischen Orte wer-
den sich die Verspottung dessen, was ihnen
heilig sei, nicht gefallen lassen und sie werden
sich zu rächen wissen. In Bem wollte man
dieses Spiels wegen mit den Katholiken keine
Fehde beginnen und gab deshalb den 23. Ja-
^
Die Entwiddung der Obern Schule in der zweiten HJElfte des ReformationsjahrfnindertB.
nuar 1550 den Boten nach Baden die Instruk-
tion, sie sollten den Stand Bern bei allfalliger
Interpellation entschuldigen und sagen, das
Stück wäre nicht aufgeführt worden, wenn man
hätte voraussetzen müssen, dass die Katholiken
Verdruss darob empfangen wurden ; es sei auch
nichts neues, sondern schon früher zu Strass-
burg gedruckt und bei beschlossenen Türen
aufgeführt worden.^ Die Interpellation blieb
aus und so fiihrte denn dieses Spiel zu keinen
weitem diplomatischen Auseinandersetzungen.
Wir werden aber annehmen dürfen und müs-
sen, dass von nun an in Bern von den Studen-
ten keine katholikenfeindlichen Spiele mehr auf-
geführt wurden, und vielleicht auch nur bei
ganz besondem Gelegenheiten, wie den 31. De-
zember 1561 ^ zum Empfang des Herzogs von
Longueville und den 10. Oktober 1593 bei Oe-
l^enheit der Hochzeit des Hans Willading, das
Schuldrama gepflegt wurde.
Im Jahr 1574 wurde die Aufgabe des Sprach-
lehrers erleichtert, indem jetzt für die hebrä-
ische Sprache eine besondere Professur errich-
tet wurde, so dass von nun an zu Barfüssen
regelrecht vier Professoren wirkten: der
Theologus, der Professor graecus, der Pro-
fessor hebraicus und der Professor artium oder,
wie er jetzt schon hiess, der Professor philo-
sophiae.
Der erste Professor hebraicus war Joan-
nes Hortinus, der zu Heidelberg studiert
hatte, und den 17. Mai 1574 provisorisch an-
gestellt wurde. Den 7. Juli 1575 wurde er in
seinem Amt bestätigt ftir so lange, als «es
minen Herren gefallt und er sich wol haltet».
In demselben Jahr, da er seine Vorlesungen
begann, wurde der Professor artium Peter
Schneebeiiger als Schulmeister an die Untere
Schule versetzt und zum Nachfolger auf seinem
Lehrstuhl der junge Qabriel Blauner ge-
wählt, den 12. Februar 1574, mit dem Qeding,
dass er sich neben der Professur zum Predig-
amt übe und brauchen lasse; es war dies we-
nige Tage vor dem Tode Bendicht Martis, an
»
dessen Stelle Thfiring Rust, der Pfarrer zu
Teufelen, trat, so dass zu Ende des Jahres
1574 folgende vier Professoren im KoU^um
zu Barfüssen wirkten:
1. Thüring Rust für die eigenüiche Theologie,
2. Christian Amport als Professor graecus,
3. Johann Hortin als Professor hebraicus,
4. Gabriel Blauner als Professor artium.
Hortin behielt seinen Lehrstuhl bis zum
Jahr 1597 ; da wurde er wegen ärgerlichen
Lebenswandels seines Dienstes entlassen und
vom Rathausammann sein Studierstüblin ver-
schlossen. Nachdem sein Nachfolger, der Zo-
finger Balthasar Seelmatter, nur 3 Mo-
nate lang gewirkt hatte, wurde Peter Schnee-
berger, der vom Jahre 1587 an wieder an der
Obern Schule als Professor graecus tätig ge-
wesen war, auf den hebräischen Lehrstuhl be-
rufen (den 30. März 1598), den er bis zu seinem
Tod inne hielt Ihm folgte den 25. Juni 1612
Emanuel Zeender, der Schulmeister zu
Bern, der 1600 ab academiis gekommen und
erst Präceptor an der Lateinschule geworden
war, und nun wurde vom Täglichen Rat die
Einrichtung getroffen, dass der Hebräische Pro-
fessor in allen Stücken dem Theologus gleich
gestellt, «beide einsteils glyche Arbeit und
Dienst^ vertretten, anders vils aber ouch in
glychem Ansechen, Wurde und Owalt syn söl-
lindt ».
Die beiden hatten von nun an miteinander
die Theologiam zu profitieren, wie das betref-
fende Ratsdekret besagt, der eine aus dem
Alten und der andere aus dem Neuen Testa-
ment, und auch im übrigen dieselben Funk-
tionen; immerhin blieb dem Theologus veteris
testamenti nach wie vor die Aufgabe, die gram-
matikalischen Kenntnisse, die die Studenten an
der obersten Klasse der Untern Schule bereits
sich erworben hatten,^ zu erweitem und zu
vertiefen, « dass er zuglych us dem hebräischen
Text die Fundament derselbigen Sprach nach
Anwysung der Orammatik dergstalt der Jugend
^
Die Entwicklung der Obern Schule in der zweiten Haute des Reformationsjahrhunderts.
fOrtrage» nach dem es ihnen nützlich und erbuw-
lichy damit also der hebräischen Sprach hiemit
nüt benommen, sonder dieselbe mit höchstem
Flyss den Studenten fürtragen werde».
Beide hatten abwechslungsweise die Dis-
putationen zu leiten, welche jeden Donners-
tag Nachmittag stattfanden ; da hatten sich von
2 — 4 Uhr zuerst die Studenten in der Kunst des
Disputierens zu tU>en, worauf dann die Herren
Qeistlichen und andere gelehrte Leute, wenn
solche anwesend waren, freundlich angespro-
chen und invitiert wurden, an der Disputation
teilzunehmen. War es ihnen gefällig etwas
c ffirzubringen », so wurden sie angehört und
ihnen in aller Bescheidenheit die übrige Zeit
bis um 5 Uhr gewidmet und Antwort gegeben.
Ebenso wechselten sie jeden Samstag in
der Verhörung der Predigten ab, welche die
Studenten auf diesen Tag zu komponieren hat-
ten und unterwiesen sie in der Kunst der Kom-
position derselben. Zusammen stellten sie end-
lich die theologischen Examina an.
Zeenders Kollege, mit dem er sich in diese
Verrichtungen zu teilen hatte, war der den
8. August 1598 aus Qenf berufene Theologus
Hermann Dürrholz (Lignaridus),^ der an
die Stelle Jakob Haberreuters getreten
war. Haberreuter, vorher Prädikant zu Nidau,
hatte den theologischen Lehrstuhl vom 17. No-
vember 1595 an versehen und war selber der
Nachfolger des Theologus Huldreich von
Bergen, der anno 1590 aus seinem Diakonat
zu Bern in das Kloster zu Barfüssen berufen
worden war (31. März). Vor ihm hatte Chri-
stian Amport die Theologie doziert, nachdem
ihn die Regierung den 17. März 1578 von
der griechischen Professur zur theologischen
promoviert hatte. Thüring Rust, den wir
im Jahr 1574 die theologische Professur haben
bekleiden sehen, lehrte ganz kurze Zeit; man
warf ihm alleriei Mängel vor, und es folgte ihm
den 29. Dezember 1575 Blasius Markward,
früher Professor in Lausanne, der aber auch
nur drei Jahre, bis 1578, im Kloster tätig war.
^
Noch rascher war der Lehrerwedisel auf
dem griechischen Katheder. Christian Amport
wurde den 17. März 1578 durch Valentin Reb-
mann ersetzt, der bereits früher schon einmal
als Sprachlehrer gewirkt hatte und ihm in die-
sem Amt vorausgegangen war.^ Schon nach
zwei Jahren wurde Rebmann zum Prädikanten
in Bremgarten gewählt (1580); auf ihn folgte
den 8. Juni 1580 der Schulmeister zu Buigdorf
Peter Hibner,» 1586 durch Peter Schnee-
berger ersetzt, nachdem dieser 12 Jahre lang,
von 1574 an, das Schulmeisteramt im Pädago-
gium versehen hatte. Fünf Jahre später, vom
6. August 1591 an, sehen wir den Peter Hib-
ner, der inzwischen Schulmeister gewesen war,
wieder auf dem griechischen Lehrstuhl und
unser Peter Schneeberger wandert wieder auf
die Schul, um hier aufs neue die Rute zu
V schwingen und die bösen Buben in Zucht und
Ordnung zu halten. Fünf Jahre sass nun Hib-
ner noch einmal auf dem griechischen Kathe-
der; ihm folgte den 15. März 1596 Balthasar
Seelmatter, den wir als Professor hebraicus be-
reits kennen gelernt haben, und wieder nach
zwei Jahren, den 2. Februar 1598, Huldreich
H e r 1 i n , der volle acht Tage in seinem Amte
tätig war, um hernach den philosophischen
Lehrstuhl zu besteigen. Wie ungünstig dieser
rasche Lehrerwechsel auf die ganze Anstalt ein-
wirkte, braucht nicht weiter ausgeführt zu wer-
den. Ende März 1598 wurde Nikiaus Henzi,
der Schulmeister zu Aarau, auf den Lehrstuhl
der griechischen Sprache erhoben; er beklei-
dete ihn bis zu seinem Tode volle 37 Jahre.
1574 war, wie wir gesehen haben, Gabriel
Blauner der Professor artium ; ihm folgte den
17. März 1578 Samuel Bläpp, der Schul-
meister zu Zofingen, 1583, den 8. November,
Johannes Hasler, 1590, den 4. September,
der Pfarrer in Köniz Huldreich Trog und
den 30. März 1598, wie wir bereits wissen.
Huldreich Herlin. Herlins Nachfolger war, vom
17. Mai 1611 an, Emanuel Zeender, nach zwei
Jahren wiederum zum Professor hebraicus in
Die Entwiddiing der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Reffonnationsjahrhunderts.
gleidiem Rang mit dem Theologus berufen,
worauf den 26. Januar 1613 Marcus Rfitimeier^
als Professor der Philosophie in das Kloster
einzog.
Die Lehrerbesoldungen
und das Alumnat auf der SchuL
Der rasche Lehrerwechsel hatte seinen
Hauptgrund in der geringen Besoldung der
Professoren. Vielmalen wurde der hohen Re-
gierung geklagt, «wie gring und schlecht der
hiesigen Professoren Bsoldungen syend, und
dass deswegen niemands gern sich darin bru-
chen lasse». Schliesslich gingen solche Klagen
den Gnädigen Herren doch zu Herzen, und als
den 30. März 1598 drei Professuren auf einmal
besetzt werden mussten, beschlossen sie schon
einige Tage nachher die sehnlichst erhoffte
Aufbesserui^ der Pensionen. Es war freilich
seit der Einführung der Schulordnung vom
Jahr 1548 das Einkommen des Professoren^
bereits etwas gestiegen und zwar um 26 Pfund
in Geld und um ein weniges in Naturalien, so
dass nach dem Befunde der Venneren, die jetzt
die Ertragenheit der Corpora zu «erduren» hat-
ten, ein jeder der vier Professoren von «der
Stift» für seine Dienste für das Kollegium zu
Barfüssen bezog:
an Geld 186 Pfd., 13 Seh., 4 Pfenn.,
Dinkel 26 Mütt, 8 Mass,
Haber 6 Mütt, 8 Mass,
Wein 7 Saum, 33 Mass.
Die Teuerungsverhältnisse waren aber an-
dere geworden, so dass diese Corpora in der
Tat sogar von den Finanzfaerren als zu leicht er-
funden wurden, und nadi ihrem «Bedenken»
wurde den 4. April 1598 dekretiert, jedes Cor-
pus um 33 Pfund, 6 Seh. und 8 Pfennige, 9
Mütt und 4 Mass Dinkel und 3 Mütt und 4
Mass Haber und sogar um 67 Mass Wein zu
vermehren und zu erbesseren,^ so dass jetzt
eines jeden Professors Besoldung betrug:
an Geld 220 Pfund,
Dinkel 36 Mütt,
Haber 10 Mütt,
Wem 8 Saum.
Die Aufbesserung kam aber nur denjenigen
zu statten, welche neben dem Schuldienst nicht
noch andere mit einer Besoldung verbundene
Dienste versahen, also nicht denjenigen, wel-
che noch einen bestimmten Kilchendienst ver-
sahen, wie denn zur Zeit dieses Ratsbeschlus-
ses der philosophische Professor Herlin zu-
gleich als Prädikant fungierte und vom letzten
Tag des Jahres 1605 an regehecht zwei Pro-
fessoren die Kanzeln zu Bremgarten und in
der Kirche zum Heil. Geist in der Stadt be-
dienten. Erst den 9. März 1632 wurden diese
beiden Dienste den Herren Professoren ab-
genommen — es waren damals der Professor
graecus N. Henzi und der Professor linguae
hebraicae David Maser — und nun wurden
allen vier Professoren dieselben Pensionen aus-
gerichtet*
Der Tägliche Rat liess seine Gnade noch
weiter walten und schüttete neuen Segen auch
über die Alumnen des Klosters aus. Nachdem
dessen « Herr » bis anhin für einen jeden seiner
Untergebenen an Geld 12 Kronen erhalten
hatte, wurden ihm vom 6. Mai 1598 an^ deren
15 ausgerichtet, zur Hälfte aus dem Stift, zur
Hälfte aus dem Schulherrenseckel.
Bereits im Jahr 1549 waren dem Vorsteher
des Kollegiums zu Barfüssen, dem Nikiaus
Pfister, für jeden Alumnen an Geld 20 Gulden
= 12 IOt>nen ausbezahlt worden,^ aber seit je-
nem Jahr waren die Ausgaben des Staates für
die Beköstigung der künftigen Theologen ge-
waltig angewachsen, indem zwei Dezennien
nachher die Zahl der Alumnen von 16, wie sie
die Ordnung von 1548 bestimmt hatte,^ auf 36
erhöht wurde. Im Jahr 1577 wurde nämlich
der Bau einer neuen Behausung für die Un-
tere Schule auf dem Platz der ehemaligen
Franziskanerkirche zu oberst an der Herren-
gasse begonnen, damit Kloster und Sdiul auch
DAS PAEDAGOGlUn
IR^
Die Eniwiddung der Obern Schule (n der zweiten Hilfte des Retormaiionsjahriiunderte.
^
räumlich mit einander in Verbindung kämen
und ein grosses Ganze bildeten; es ist die
jetzige « Hochschulbibliothek »y die bis zum
Jahr 1884 die auf die Akademie vorbereitende
Unterrichtsanstalt beherbeigte. Durch diesen
Bau wollte man zugleich für die notwendig er-
achtete Erweiterung des Alumnates den er-
forderlichen Raum gewinnen. Die Behörden
mussten zu ihrer Betrübnis ersehen, wie die
Sitten der Studenten, die ausser dem Kloster
wohnten, immer mehr sich lockerten, und ent-
schlossen sich deshalb, «die erwachsenen
Studenten sammethaft inzusperren)»,
damit es ihnen wieder ermöglicht würde, sie
unter guter Disziplin und Zucht zu halten.^
Deshalb wurden die Klassenzimmer der La-
teinschule alle im untern Stockwerk eingerich-
tet, das obere wurde zum Bau von neuen Stüb-
linen verwendet und im mittlem eine bequeme
Wohnung für den Praepositus der Alumnen,
welcher der Sdiulmeister der Lateinschule war,
helgestellt Im Kloster waren bis jetzt 16 Alum-
nen' beherbeigt worden; diese Zahl übertrug
man jetzt auf die neue Schule und baute hier
vier Stüblinen für je vier Studenten, im Kloster
aber erhöhte man die Zahl der Losamente und
unterhielt von jetzt an daselbst 20 Alumnen.
Bei dieser Gelegenheit gab man den drei
Städten Thun, Zofingen und Brugg das Recht
auf je zwei neue Stipendien. Im Jahre 15823
unterrichteten die Provisoren bereits in der
« Nüwen Schul )», nachdem dieselbe durch einen
feierlichen Akt eingeweiht worden war, und der
neue Präpositus waltete mit Ernst und Würde
seines mühevollen Amtes.
Mit Unrecht wendet sich Schärer in seiner
Schulgeschichte gegen den Verfasser der De-
lidae unserer Stadt,^ der den Beginn des Baues
ins Jahr 1577, die Einweihung auf den 8. Juni
1581 ansetzt, indem er aus der an dem Schul-
hause angebrachten Inschrift den Schluss zieht,
dasselbe sei schon den neunten Tag vor den
Kaienden des Mai 1577 eingeweiht worden.
Nadi dem Ratsmanual^ fertigte der Tägliche Rat
den 3. Juni 1581 an den Bauherrn den Zettel aus :
«söUendt die gemach zu dem Paedagogio uff
der nüwen schul fürderlich ussmachenn, und
vor wynther zytfi volenden lassen ». Im Sommer
1581 war demnach das dritte Stockwerk mit den
Stüblinen für die Alumnen noch nicht vollendet,
weshalb wir anzunehmen haben, die « Pädago-
gianer» seien erst im Winter nach der Einweih-
ung in ihr neues Heim eingezogen.^ Unsere
Annahme wird bestätigt durch das Schreiben
des Rates an die Schulregenten und Venner
vom 1. Dezember 1581, in welchem diesen
befohlen wird, dem Schulmeister Schneebei^r
die Besoldung zu erhöhen « diewyl er die Kna-
ben, so min G. H. in dem nüw gebuwenn Pe-
di^gio erhaltenn lassen, zunn hut und pfläg
haltenn und ouch inen ir spyss und trandc be-
reichen lassen soll, und aber vonn wägen söl-
licher siner muey und arbeit ime kein sonder-
bare belonung verordnet». Die Inschrift vom
Jahr 1577 bezieht sich also offenbar auf die
Grundsteinlegung, die auch mit einer gewissen
Feierlichkeit wird begangen worden sein. Bei
derselben waren nach der erwähnten Inschrift
die drei Schulherren (Scholarchen) Nikiaus von
Diesbach, Nikiaus von Graffenried und Hie-
ronymus Manuel anwesend. Im Jahr 1580 aber
wird das Kollegium der Sdiulherren um ein
Mitglied vermehrt und besteht von jetzt an
aus vier Mitgliedern, unter denen vom Jahr
1585 an^ regelrecht der Schultheiss erscheint
Ebenso wurde es Usus, auch die beiden Seckel-
meister zu Schulherren zu erwählen. 1602 wurde
dann bestimmt, dass wegen der Arbeitsüber-
häufung des im Amte stehenden Schultheissen
das Schulherrenamt vom alten Schultheissen,
der nidit im Amte steht, versehen werden solle.®
Dass die Sitzungen der Schulherren von 1585 an
vom Sdiultheissen präsidiert wurden, ist selbst-
verständlich, aber gerade der Umstand, dass
der oberste Beamte der Republik im Schulrat,
wenn wir diese Bezeichnung schon gebrauchen
dürfen, den Vorsitz führte, zeigt uns, welche
Bedeutung der Stand Bern im Reformations-
33
^
Die Entwicklung der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Reformationtjahrhttnderls.
Jahrhundert den hohem Schulen beimass. —
Noch soll hier erwähnt werden, dass das De-
kret des Täglichen Rates wegen des allzufrühen
Heiratens der Studenten, welches auch vom
3. Juni 1581 datiert ist, mit den Worten be-
gmnt: «Wir thund khund hiemitt, dem-
nach wir hievor und langezytt har by ettiüdien
Stipendiaten und SchuUerenn, die in unserm Co-
legio zu den Barhissenn, und von dem Almusen
genampt zum musshafenn, allhie zu unseren
kilchen- und Schul-Dienstenn erhaltenn, und
ufferzogenn werden » Es ist also hier nur
von dem einen Alumnat im Kloster die Rede;
un Sommer 1581 bestand eben das «Pädago-
gium » auf der Schul noch nicht.
DltdpllnarbMtimmungen.
In demselben Jahr sah sich die Regie-
rung genötigt gegen die überhand nehmende
Verwilderung der Studierenden ein scharfes
Dekret zu erlassen (den 3. Juni 1581).^ Statt
die Vorlesungen zu besuchen und zu Hause
den Studien obzuliegen, führten manche, wel-
che die Stipendien des Staates genossen, ein
müssiges und ausschweifendes Leben, zogen
in den Strassen der Stadt als « Qassentretter »
hin und her und ärgerten die ehrsamen Burger
durch ihr stolzes Gebaren und ihr herausfor-
derndes Auftreten. Wundere man sich aber
nicht über den anstössigen Lebenswandel, den
damals viele unter den künftigen Dienern Got-
tes führten; es stand nicht viel besser unter
denjenigen, weldie bereits als Hirten der Herde
vorstanden. Es ist bezeichnend in dieser Hin-
sicht, dass in demselben Jahr 1581 (den 11. Sep-
tember) der Schultheiss Beat Ludwig von Mü-
linen im Ratfiaus den versammelten Prädikan-
ten des ganzen deutsdien Kantonsteils vor-
hielt, dass «viele unter ihnen seien, die in
offnen Sünden li^en, als fümemlich in Hurey,
Ehebruch, Gotteslästerung, Trunkenheit, Geiz,
Wucher» und dass die Reformation der Sitten
zunächst beim geistlichen Stand anzuheben
habe.'
»
Ganz besondere Aergemts erregten diejeni-
gen, welche sich während ihrer Stndienieit
heimlidi und ohne Erlaubnis veriieirateten. Die
Ordnung von 1548 hatte zwar in ihrem An-
hang bestimmt,' dass solche unwürdige Stipen-
diaten ohne weiters Verstössen wünlen, aber
diese Bestimmung wurde nidit durchgeführt,
oder, wenn audi die Schulherren es taten, so
wurden die von ihnen Verstossenen vom Täg-
lichen Rat wieder begnadigt, und es gelang
einem jeden, audi wenn er nachher wieder
die Studien vemadilässigte, durch unablässiges
Nachhinlaufen in den Kirchendienst sich ein-
zuflidcen.^ Deshalb beschloss nun die Regie-
rung im Jahr 1581 zunächst, dass flberiuuipt
kein Studiosus mehr, bevor er einen Kirdien-
dienst erhalten hätte und in demselben be-
stätigt worden, die Eriaubnis erhalten sollte,
sich mit einer Tochter oder Witwen zu ver-
ehelichen. Die Zuwiderhandelnden, mit was
Gedingen und Fürworten oder Casualitäten
das immer geschehen möchte, sollten ihrer Sti-
pendien und Benefizien beraubt werden, aber
auf Wohlverhalten hin die Erlaubnis eriuHen,
ihre Studien ausserhalb des Klosters tortzu-
setzen und nur dann zum Kirchendienst zu-
gelassen werden, wenn sie in der Zeit ihrer
Privation alle Pflichten der Studenten erfüllt
und von jedem Professor das Zeugnis offen-
barer Bekehrung und Besserung erhalten hät-
ten. « Im fhal aber — so heisst es in dem De-
kret weiter — solliche ungehorsame und pri-
vierten inn irem muttwyllen eriierrtten und in
der dissolution sich dermassen erzeigen wur-
den, das khein besserung von innen zehoffen,
dieselben werden wir handhafften, und gefenk-
lich zu wasser, muss, und brott, so lang ent-
halten lassen, untzitt sy denn kostenn so wir
mit Inen erlitten, üi parem gelt wider bekhert,
oder jeden tag, unnd nacht ein halben guldin
abverdient habind, hienäben ouch sy zu khei-
nen kilchen, noch Schul Dienstenn nimmermeer
annemmen, noch bruchen lassen.»
Dieselbe Strafe bestimmte dann der Tag-
«
Die Entwkkluiig der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Refömiationsjahrhunderts.
»
Hche Rat auch fOr diejenigen, welche durch
andere Mittel, denn durch unzeitiges Weihen,
gegen die Disziplin sich Verstössen und durch
einen ärgerlichen Lebenswandel die Ungnade
der Obern sidi zuziehen sollten, für alle Aus-
schweifigen, Qassentretter und Mfissiggänger,
die in ihren Lastern hartnäckig verharrten und
<Üe dutiaren Oemfiter der andern korrumpier-
ten. Und um solchem Unrat zuvorzukommen,
beschloss er einen ehrbaren Pedellen und « Uf -
achteren» anzustellen, welcher den Alumnen
ihre notwendigen Qeschafte in der Stadt ver-
riditen sollte, so dass ihnen aller Qrund, sich
des Klosters zu entäussem, benommen würde.
Welche dies deiuioch ohne Erlaubnis täten,
tags oder nachts, die sollte der Pedell dem
Praepositus angeben und verzeigen, damit sie
nadi Gestalt der Sache gestraft werden könn-
ten. Den Urlaub selber sollte nur der Praepo-
situs geben können und die Beurlaubten waren
gehalten, sich bei ihm unverzüglich zu stellen,
sobald sie wieder «anheimsch» geworden waren.
Das ganze Dekret wurde in eine Tafel ge-
sdvieben und auf Befehl der Obrigkeit im
Kk>ster aufgehängt
Da der Pedell in keiner Ordnung und in
keinem weitem Erlass mehr erwähnt wird,
müssen wir annehmen, dass diese letzte Be-
stimmung des Dekrets von 1581 gar nicht aus-
geführt wurde und der angedrohte Ufaditer,
wohl zur Freude der Studenten, seinen Einzug
ins Ktoster noch nicht hielt
Die Schulordnung des Jahres 1501.
Die Kenntnis der Ordnung von 1591 ver-
danken wir dem unermüdlictaen Forsdiereifer
des Herrn Fluri;^ bis vor kurzem wusste man
nichts von ihrer Existenz. Leider ist sie nicht
ganz vollständig, doch führt uns die Ver-
gleidmng mit der folgenden Ordnung zur Ver-
mutung, dass nicht viel verioren gegangen
ist' Leider auch fehlt jede Jahrzahl ; der
Titel heisst einfach «Ordnung der Schul
zu Bern»; die Zeit der Abfassung oder der
Corroboration durch die Obrigkeit wird am
Ende gestanden haben. Sie zerfällt in fünf Ab-
schnitte oder Kapitel; das erste hat den Titel
«Die erste Abtheilung der Schul» und be-
spricht in Kürze — um nur über das zu refe-
rieren, was sich auf die Obere Schule bezieht
— den Zweck der Lehranstalt im Barfüsser-
kloster, die Aufgaben und Vorlesungen der
Professoren und die Examina. Das zweite Ka-
pitel « Die andere Abtfieilung der Schul » spricht
vom Zweck der Alumnate auf Kloster und
Schul, das dritte von der «Regierung der
Schul», das vierte von «Der Studenten Senat»
und das letzte endlich macht uns mit den
«Gemeinen Satzungen der Studenten im Klo-
ster und uf dem Paedagogio» bekannt Zwi-
schen dem zweiten und dritten Kapitel sind
unter dem Titel «Verbesserung etlicher artick-
len in der Schul Ordnung» eine Anzahl Kor-
rekturen von Bestimmungen, die sich in den
einzelnen der genannten Kapitel finden, ein-
geschaltet; sie sagen uns, dass und in welcher
Weise der ursprünglich festgesetzte Text der
Ordnung in einer Reihe von Paragraphen nach-
träglich geändert worden ist^ Der ursprüng-
liche Text muss nach dem Einzug der 16
Alumnen in das Pädagogium und vor dem
September 1590 verfasst worden sein.^ Da nun
im Juni und September des Jahres 1591 vom
Täglichen Rat aus die Weisung zur Reform
der Schulordnung erging,^ so gehen wir wohl
nicht irre, wenn wir nach dem Voigang von
Fluri annehmen, dass die nachträglichen Aen-
derungen aus diesem Jahr 1591 stammen und
wenn wir deshalb die zu besprechende Schul-
ordnung diejenige des Jahres 1591 nennen.^
Die Bedeutung dieser Schulordnung liegt
darin, dass wir aus ihr die leges domesticae
der Alumnen auf Schul und Kloster erfahren,
die Gesetze, nach denen ihr Leben genau ge-
regelt war, die Strafen, welche die Uebertreter
derselben trafen, sowie die Organisation des
Studentensenates.
in
Die Entwiddinii^ ilcr ^)eni Schule in der zwetten Hälfte des Reforauitfcmtlilnlmuderti*
29. Wan die Studenten hinuss glassen wer«
den 80 man ubeis blut richieti so sollend sy
um die IZ stund all wider anheimsch werden,
wo einer darüber etüich stund ussblibe der
soll exdudiert werden. Welcher aber uss dem
ein anlass näme den gantzen tag oder oudi
die nacht fiber da ussen zeblyben, der soll dar-
fur gfaalten werden, als wan er ohne erloubt-
nuss sich geiisseret hätte.
30. Die Studenten und Schuler sollend an
khein Hochzyt weder in der Statt noch ussetfa
der Statt glassen werden, es sy denn sach, das
einem der Brätgam oder brutt noch geschwe-
gerdt oder bhitverwandt sye. Nach ludt der
hohen Oberckeyt Satzung anno 1557 uff den
21. Jan. darüber gmachet
31. Dennen in der Statt an ein Hodizyt ze«
gan vergöndt wir^ die sollen sich nach ver*
richtetem mal wider an ir gwarsamy machen,
welcher das fibertrittet, der soll exdudiert wer-
den«
32 Welcher aber Tantzen oder zu Tantz
machen wurde, der soll uss dem Kloster oder
Paedagogio Verstössen werden, uff gnad der
hohen Oberckeyt
33. Welche usserth der Statt an Hochzytten
oder sunst zu iren fründen reisen, und uff dem
bestimpten tag nit wider erschinen, die sol-
lend, wo sie nit wichtige ursach haben, glych-
lig gstraft werden.
34. Von dem Moigenbrott an btss um 11
uren, und vom Nachtmal biss um 7 uren, ist
den Studenten»
Mit diesen Worten, zu Ende eines Blattes
stehend, bricht die Schulordnung ab.
Das vierte Kapitel derselben enthält die Be*
Stimmungen über den Studentensenat, der
(nach § 1) schon bald nach der Gründung der
Schule eingeführt worden war nach dem Vor-
bilde Trotzendorfs in seiner berühmten Sdiule
zu Qoldbei^. In Bern bildeten alle Alumnen
den Senat, der die Aufgabe hatte, die Vergeh-
ungen derselben gegen die Gesetze selber zu
^
beurteilen, die geringem an den Sündern nadi
den gegebenen Straf bestimmungen, wie wir sie
aus den leges communes ersehen können, zu
bestrafen, die schwerem aber an den Praepo-
Situs und die Sdmiherren zu weisen. Auch in
Bern sollten die Schüler sich selber
regieren lernen, denn diesem Prinzip ver-
dankte die Einrichtung des Studentensenati
ihre Entstehung. Aeusseriich äffte er die Em-
richtung des römischen Staatswesens nadi, wie
später der Aeussere Stand den bemisdien Staat;
natürlich führte er seine Verhandlungen auch
in der ^)rache des Volkes, das ihm als Vor-
bild diente. Der Präsidierende war der Kon-
sul; zu seinem Stabe gehörte der Aedilis, der
über die Ordnung im Hause zu wachen hatte,
der Quaestor, der die Bussen einziehen musste
und die Censoren, denen die undankbare Pflidit
oblag, die beobachteten Uebertretungen beim
Senat anhängig zu machen. Die Diener dieses
Beamtenstabes waren die Apparitores.
Die Bestimmungen über den Senat lauten
in der Schulordnung 1591:
«1. Wytter so ist von den frommen alten,
hoch und wolgelerten Herren, so zum ersten
nadi der Reformation das CoUegium und Sdiul
in Ordnung bracht, angsen und geordnet, ouch
mermalen widerum bestetiget, das die Studen«
ten im Closter iren eignen Senat aU wuchen
drye mal halten sollend, darinnen sy yer be-
velch und amptslüt habind, die sy all monat
einest abwechslind.
2. Die sollend ouch verbunden syn ob allen
Satzungen vlyssig ze halten, und die minderen
Sachen an einanderen ze straffen, wo sy aber
hierin seumig sin wurdind, sollend sy der ge-
bür nach gestraft werden.
3. Was aber wichtig ist an Herren ze ap-
pellieren, und imme dasselbig für zebringen.
Glycher gstalt soll es im Paedagogio ouch
gfaalten werdenn.
4. In disem Senat sol kheiner wider sin
Oberckeyt oder Praeoeptor ützit statuieren,
noch understan Conspiration und anhang zma-
«
Die EntwkUniig der Obern Schule in der zweiten Hilfte des ReformatiotttlfthfliundertB.
dien, wdchtf darin betretten wurd, der sol an-
gentz I1S8 dem Kloster oder Paedagt^o ver^
werfen werden.
Hiemitt wirt aber den Studenten nidit be-
nommen die freihei^ sidi bei den H. praedi-
kanten und dem theologo zu beklagen, wo ent-
weder in der lehr oder ihrer tractation mangell
befanden wurde, wetehe den verpfliditet sein
sollen, Adit zu haben, dass beides in lectioni-
bus und oudi in speiss und dranck den Stu-
denten fOrgedragen werde, so ihnen gezlmbt
und gebäret^
5. Ittem so ieniger uss kyb nit urtheilen
weite, der soll exdudiert sin und geben 5 Pfen.
6. Weldier oudi nadi gunst urtheilte, soll
glydier straff underworfen sin.» —
Die Sdiulordnung von 1616 fügt diesen Be-
stimmungen nodi weitere fünf hinzu, weldie
wir zur Vervollständigung des Bildes gleidi
hier ansdiliessen wollen, da sie offenbar audi
sdion fOr die Zeit galten, von der wir hier
spredien.
«a. Wann der Consul dn Senat ohne Ver-
willigung dess Praepositi suspendieren wurde,
so sol er ein Monat apparitor seyn.
b. Der Aedilis im Ctoster, auf der Sdiul der
CttrtoSySon verbunden seyn, zum gantzen Hauss
gut Aditung zu geben, damit, wo etwas zer-
brodien wurde, er es anzeige. Sie sollen audi
das Tbor und Hauathür alle Abend zu ge-
wohnlicher Stund bey ihren guten Trewen zu-
sdiliessen. Und wo sie daran sefimig erfunden
wurden, aollen sie, anstatt der Rutten, verbun-
den aeyn, etwas so ihnen von ihren Praepositis
aoferl^ wirt, ausswendig zu lehmen, und zur
Buss offentUdi vor den Studiosis redtieren.
Und wo aokhes zum oftermahlen besdiehe,
sollen sie erstlidi für den Underen, und her-
nach für den Oberen Schulraht gestelt werden.
c. Der Quaesior sol verbunden seyn, seinem
Praeposito all Monat Rechnung zu geben, und
das Qett ihme hinderlegen. Welches dann nicht
an Fressereyen sonder an gdiürUdie Sadien
Ä
— auss des Praepositj Raht und Verwilligung —
als an Büdier und Kertzen u. s. w. sol gewendt
werden. Wo einer daran seumig seyn wurde,
sol er so lang exdudiert bleiben, biss dass er
diser Ordnung statt getfaan.
d. Die Censores und Scribae sollen fleissig
die Ubertretter der Ordnungen Notieren, und
damit sie gestraft werden, an gebühriichen Or-
then, dahin die Leges die Straf bestimbt, näm-
lichen dem Praeposito, oder Rectorj, oder
Sdiolarchen, anzeigen; Wo sie fahrlessig
oder untrew erfunden wurden, sollen sie über
ihr ordenflidie Straf bey dem Rectorj verklagt,
und in MonaÜichen Censuren gestraft, oder
dem Obersten SdiulRaht angeben werden.
e. Es mag auch zugelassen werden, am
Newen Jahr und in der Herbstnadit aich zu-
eigetzen, mit einem besdieidenlichen Mahl,
und weyter nichts zedien.»^
Wir fügen hier noch bei, was aus den übri-
gen Kapiteln unserer Schulordnung für die Ent-
wicklung der Anstatt und die innere und ius-
sere Gestattung derselben, soweit wir sie noch
nidit kennen gdemt haben, eruiert werden
kann.
Unter den Zwanzigen im Kloster mussten
je sechs oder sieben Examinaten sein, also
solche, welche die Promotio ad ministerium
berdts hinter sich hatten und «zum Predig-
amt abgerichtet waren». Sie hatten, wenn es
nötig war, auf dem Lande zu predigen.^
Wie vor Zdten fanden die Examina und
Censuren alle Frohnfasten statt, aber die Stu-
denten kümmerten sidi nicht vid um dieselben
und bereiteten sich gar nicht mehr gewissen-
haft auf diese Tage vor, da de von ihrem
Wissen und ihren Fortschritten Rechensdurft
geben sollten, deshalb sagt ihnen die neue Ord-
nung, «de sollend in dem Examen ire Ant-
wort nit uss den Bücheren lisen und dch nit
aOem uff euie oder zwo Lectiones gebst
machen, sonder nff aOe die, so sy ghört von
einer Fronfasten biss zur anderen ». Nach den
Resultaten des Examens fanden dam die Be-
tfl
Die Entwiddung der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Refönnationtjalirhunderts.
förderungen statt, denn die Fleissigen — so
will es das Gesetz — sollten ihres Fleisses
billig gemessen, einem Unfleissigen und Unge-
lemigen vorgesetzt werden mid in der BefQr-
denmg zmn Predigeramt einem anderen billig
vorgehen, ein Unfleissiger und Ungehorsamer
aber seines Unfleisses entgelten, bass abhin-
gesetzt und desto länger unbefördert bleiben.
Von den vier Professoren, die jetzt an der
Obern Schule wirkten,^ hatte der Theologus
als der erste und vornehmste unter ihnen wö-
chenflicfa nur drei Vorlesungen zu halten und
daneben am Samstag die Predigten der Stu-
denten zu verhören. Der Hebraicus hingegen
hatte alle Tage eine Stunde im Hebräischen
zu lesen, der Professor artium ausser dem Sam-
stag, da die Deklamationen und Disputationen
gehalten wurden, jeden Tag ein der Philoso-
phia oder fryen Künsten», ebenso der vierte,
der Professor graecus, tagtäglich eine Stunde
in griechischer Sprache mit Ausnahme des Dien-
stags, da er die Themata examinierte, d. h.
die Exerdtia stili sowol in griechischer, als in
lateinischer Sprache, in Prosa und ligata ora-
tione.*
Die Studenten waren also mit Vorlesungen
nicht sehr überladen ; wenn sie auch alles hät-
ten hören müssen, was die Professoren lasen,
hätten sie täglich nur drei Stunden im Audito-
rium zubringen müssen. Das wird aber nicht
der Fall gewesen sein; es wird schon damals
bestimmte Abteilungen der Studierenden ge-
geben haben, wenn uns auch nichts darüber
überliefert worden ist Man wollte damals den
Studenten für ihre privaten Studien und na-
mentlich auch für die Vorbereitungen für die
Samstagspredigten, die Deklamationen und Dis-
putationen die nötige Müsse verschaffen.^
Die Inspedores und Superintendentes der
Schule blieben die Prädikanten der Stadt In
allen wichtigen Fällen und Angelegenheiten
und namentlich in den Dingen, die vor den
Täglichen Rat zu bringen waren, hatte man
sich zuerst an sie zu wenden und sie anzu-
51
spredien und erst dann, wenn sie nidit von
sich aus entsdieiden wollten («wo sy sieb die
sach abzeschaffen, beschwären wurdend»), hat-
ten die Petenten von ihnen, als den inneren
Schulherren an die usseren Schulher-
ren sich zu wenden, deren nun, wie wir be-
reits gesehen haben, vier waren,* von einem
Ehrsamen Rat dazu verordnet In weniger
wichtigen («schiächten») und täglich vorfallen-
den Dingen hatten die Studenten einzig an
ihre Präceptoren und Präpositi sidi zu wenden
und nur diese konnten den Urlaub von den
Lektionen und den beiden Häusern erteilen.
Ganz besonders erschwerte man jetzt die
Erlaubnis, die Stadt verlassen zu dürfen « notfa-
wendigen Geschäften halb ». Da hatte sich der
Student zuerst an seinen Praepositus zu wen-
den und dieser das Gesuch genau zu prüfen;
bewilligte er den Urlaub, so hatte er es auf
einen Zettel zu schreiben mit Angabe des Ta-
ges der Wiederkunft Den Zettel hatte der
Studiosus sodann zu allen andern Professoren
zu tragen und von diesen zu dem Primarius
der Prädikanten, d. h. dem Dekan und bei
allen diesen Herren auch um Urlaub zu wer-
ben ; unterschrieben sie den Zettel , den er
schliesslich dem Praepositus zurückzubringen
hatte, so durfte er seinen Urlaub antreten;
weigerte sich einer dessen, so war ihm die
Reise versperrt
Durch diese pedantische Massregel hoffte
man «vil unnützes vagieren und umschweiffen
zu vermiden und abzestellen ».
Auch mit den Stipendiaten, die man auf die
hohen Schulen schickte, beschäftigt sidi die
Schulordnung von 1591. Damit nur würdige
und fähige Elemente dazu auserwählt würden,
was bis anhin eben nicht immer der Fall ge-
wesen war, bestimmte sie, dass «allein die
ussgsendt werden, von denen man hoffet, dass
sy etwas fümehms studieren werdend» und
welche von ihrem Praepositus ein heiteres und
beständiges Zeugniss ihres Fleisses, ihrer Got-
tesfurcht und ihres Gehorsams erhalten.
«
Die EnMddiMf der Olieni Sdittk in der cweüen Hüfte des RefforMalioBtjaliriitiiideHt.
^
Aiifi aeue wird bes tbiinity dass sie nur da-
Us gdKo dürfen, wo die ReUgion retii ist und
dass sie an dem Orte zu verlsieiben haben,
wohin sie gesandt worden sind. Wer ohne der
Geistlichen Herren Ounst, Wüssen und Willen
an einen andern Ort sich begibt, wird seines
Slipen<fiuais beraubt
Bevor die Stq)endiaten ihre Vaterstadt ver-
lassen, mfissea sie «ier Gonfession in Qsdbrifft
steHen und hinder inen lassen, und wan sy
wider anfaeimsch weiden, widerum iie Con-
fesnott stellen und exinhieren, ouch einem Exa-
men sich underwerfen». So gross war immer
noch die Furcht, dass die jungen Herzen mit
gottlosen Irdehren befleckt werden könnten,
wenn sie nicht mdir unter der Zudit derSchule
zun Barfässen standen.
Mit dcflienigen, wekhe wahrend ihrer Stu-
dienzeit in Bern gegen die Gesetze, welchen
ein jeder zu gehorsamen duidi ein Handge-
Ittbde sich verpflkhien musste, sich vergehen
wärden und auf die warnende Stimme der Vor-
gesetzten nicht acUeten, aoUie von nun an
kurzer Prozess gemacht werden, indem die
Onlnuag bestimmte:
«Die Unghorsamen und Halsstarrigen und
an denen nfilzit zeverbesseren noch zehoffen
ist, sMlend ohne Verzug, und unangesahen,
win Sf angfaorend, anderen zum Exempel ge-
nrbubt weiden, und uss der Schul oder Gol-
legio on alle Qnad Verstössen: in Ansahen, das
von semlichen uutzit zeverhoffen, sonder sy
a aUen kddidien Dingen ungschikt und un-
tugenfich aind, niit destminder anderen, von
denen vil guls zehoffen, den Platz verschla-
heodt Und wo sy mit groben Lasteren sökhe
VccsiDssnng verdient heiten, söQen sy unseren
Qnad igen Henren allen angewenten Unkosten
wider ecstatten.»
Damit die Einspenuqg der Koüegianlen und
Pidagogianer vollständig durdbgeführt winde
und nidit etwa der sBndhafte Wunsch nach
griSsscner Ereifaeit unter ihnen entstehen und
WM aussen genährt werden könnte, solUe es
w>n nun an den «Ausseren», die in den Vci^
dacht kämen, die Alumnen heimlich aufzuwei-
sen und zu verfuhren und die Disziplin in den
Häusern zu verwirren, veiboten sein, ohne be-
sondere £ri»ibnis des Praepositus ausser der
Zeit der Lektionen das Kloster zu betreieiL
Merkw&rdigerweise dehnt die Ordnung dieses
Verbot auch auf die Provisoren ansl
Das Kapitel von der Regierung der Schule
schliesst sie ab mit der Weisung an den
«Herrn», aus der ZjM der Studiosen zu meh-
rerer Erhaltung guter Disziplin, Zucht und Ehr-
barkeit zwei oder drei auszuwählen, die in-
sonderheit verpflichtet und verbunden sein soll-
ten, grobe unzüchtige Sachen und FeUer in
allen Treuen zur Anaeige zu bringen.
Das lUrtsdekret des Jahres MIO.
Neben den Alumnen unterscheidet die Schul-
ordnung von 1591 die usseren Studenten,
die Nahrung und Kleidung zum Teil von der
Oberkeit, nämlich durch das Mittel des Muss-
hafens und des Schubeckek, zum Teil von ihren
Ettem und Anverwandten erhielten und «us-
sert dem Collegk> und Paedagogio wohnten».
Aus ihrer Zahl wurden die vakant gewordenen
Plätze im Kloster und dem Pädagogium wieder
besetzt, soweit sie nidit den Thunem, Z(h
fingern und Bruggem gehörten. Es war kein
grosses Veignugen fiir sie, die Freiheit, die
sie bis anhin genossen, mit dem einsamen und
freudenleeren IGosteileben zu vertauschen, und
immer mdir kam es vor, dass die dahin Be-
nifenen sich weigerten, dem Befehl der Pro-
fessoren Folge zu geben und ausserhalb Schul
und Ktoster ihres Oefallens daher lebten, weil
sie es da vid besser hatten und ihren irden
Zug unverpeinigt behalten wcrftten, trotzdem
aber und wohl audi noch früher als die Oe-
horsamen, promoviert und auf Pfriinden be-
fördert wurden durch die Ounst der Pradikan-
ten und Räte, die sie durch aUerhand Intriguen
«
Die Entwiddung der Obern Schule in der zweiten HUfte des Reformationt jahrinmdertt.
^
hinter dem Rücken der Professoren sich zu er-
werben wussten.
Um dieser Unordnung ein Ende zu machen,
beschloss der Tägliche Rat den 27. September
1610,^ dass den Musshafengenössigen, welche
sich weigerten, gebührender Ordnung nach auf
die Schul oder ins Kloster sich zu begeben,
alle und jede Benefizien, die sie bis anhin ge-
nossen, gänzlich abgestricket und benommen
sein sollten und dass die auf diese Weise Pri-
vierten ihre Klägden und Besdiwerden nur
noch bei den Venneren, als den verordneten
Kassenvögten des Musshafens, anbringen dürf-
ten, welchen die Praepositi nach besonderen
Oelfibden alljährlich genaue Verzeichnisse über
Handel und Wandel der Musshafenstipendia-
ten von nun an einzugeben hatten.
Dasselbe Ratsdekret suchte nodi gegen einen
andern Unfug einzuschreiten, der nachgerade
zu einem unerträglichen «Brästen» geworden
war.
Schon nach der Ordnung von 1548 sollten
die Städte Thun, Brugg und Zof ingen nur dann
Stipendiaten nach Bern schicken, wenn einer
ihrer Plätze im Kloster oder Pädagogium frei
geworden war. Zu Anfang des 17. Jahrhun-
derts kümmerten sie sich gar nicht mehr um
diese Bestimmung, wozu wohl auch der Um-
stand beigetragen haben mag, dass sie in der
Schulordnung von 1591 nicht wiederholt und
aufgefrischt wurde. Zu Ende des Schuljahres
schoben sie aus ihrer Lateinschule alle armen
Knaben ab in die Hauptstadt, gleidiviel, ob sie
das Ingenium zum Studieren hatten oder nidit,
um andern ihrer Knaben die ihren Schulen zu-
gewiesenen Stipendien zuwenden zu können
und jener los zu werden, wobei sich die « Stett
im Eigöuw» besonders auszeichneten. «Mit
gantzer schwalU zogen die Knaben in Bern
ein und warteten hier auf die Vacation der
Plätze beim Musshafen, denselben beschwe-
rend und einer Burgerschaft entziehend. An-
statt dass die erwachsenen Studenten, wie man
durch den Bau des Pädagogiums beabsichtigt
hatte, sammethaft eingesperrt waren und guter
Zucht sich befleissigten, geschah es nun infolge
des genannten unordentlichen Zulaufs, dass
sich deren Zahl anstatt der 36 oft auf 60 oder
70 erstreckte, also dass davon viele, wie unser
Ratsdekret besagt, in Stüblinen ausserhalb des
Paedagogü wohnen mussten und sich dann
vielmehr aufs Zechen, Umbschweifen und der-
gleichen Liederlichkeiten, denn auf gute Zudit
und die Studia verlegten und endlich also ver-
wilderten, dass sie nachher, wenn sie ihre
Plätze auf der Schul oder im Kloster erhielten,
nur «schwärlich und mit grosser Müe zu rech-
ter Ohorsame» gebracht werden konnten, so
dass nicht allein das Studieren, sondern auch
der Küchendienst in Veraditung zu geraten
drohte.
Deshalb wandte sich der Täglidie Rat m
unserm Dekret von 1610, nachdem er die alten
Ordnungen für sich genommen und «erduret»
hatte, auch an die Scholarchen und Amtsleute
der betreffenden Städte, und schärfte ihnen mit
allem Ernste ein, nadi altem Braudie keinen
Knaben nach Bern zu scfaidcen, bevor er dahin
beschrieben würde, und sodann nicht einen
jeden beliebigen, sondern nur tugendliche Per-
sonen und ehrlicher Leuten Kinder.
Zu guter Letzt bringt das Ratsdekret noch
eine Bestimmung gegen diejenigen Studenten,
welche als « Halsstarrige »^ ihrer Benefizien und
Stipendien priviert worden waren. Von diesen
klagt es gar jämmerlich «dass sie sich allhie
in der Statt unverpenigett aller Oeystlichen und
buigerlichen bschwärden quitt enthaltendt, kei-
nen Exerdtiis noch Uebungen obliegendt, die
Lectiones — biss etwan, da sy bald b^[nadett
zu werdent veriioffendt — keinswegs besudi-
endt, sonder dess müssiggangs und der lieder-
lichkeit sidi beflyssend undt, was noch eiger,
offt noch andere zu deiglydiem üppigem Wäsen
veranlassendt, ihre Praeceptores hin und wider
verleident, grosse Unordnungen anriditendt und
die sach dahin bringendt, dass bemelte ihre
Praeceptores sy in die Refoimation dess Muss-
f
^
Die Entwiddimg der Obern Schule in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrfaunderts.
haffens nit vermelden (wyl sy doch nachmalen
zum Predigampt qualificiert, und ihnen hie-
durch zu ewigen fyenden uffgetrochen werden
möchtendt), noch die Untugenden haifiir zie-
chen dörffendt»
Diesem Uebelstand hoffte der Rat dadurch
zuvorzukommen, dass er bestimmte, die Prae-
positi sollten in Zukunft solcher untugenlicher
und liederlkher Personen Namen schriftlich
verzeichnen und dem Schultfaeissen oder älte-
sten Venner zustellen, sowie der Kanzlei, wo
sie zum ewigen Gedächtnis einregistriert wer-
den mussten.
Die Schultfaeissen oder Venner aber hatten
sie für den Rat zu tragen und diejenigen, die
in der Stadt Bern erboren oder Buigerssöhne
wären, zur Erlernung eines ehrlichen Hand-
werks zu vermahnen, die übrigen aber und mit
Ihnen alle andern Fremdlinge aus ihr Gnaden
Stadt wegzuweisen, damit Ihr Gnaden der-
gleichen unnützen Leute entladen, grosse Aer-
gemuss vermieden und der Küchendienst mit
tugenlichen Personen zu Fortpflanzung der
Ehre Gottes jeder Zeit versehen werde.
JSH
Schon drei Jahre vorher hatte sich der Täg-
liche Rat auch wieder mit den zu frühe wei-
benden Studenten zu beschäftigen gehabt Es
lag ihm ein Antrag der Scholarchen und Ge-
lehrten vor in Sachen «der jungen Schülern,
welche sich vor ordenlich zyt in die Ehe ver-
stricken wurdent», welcher dahin ging, dass
dieselben vor den Konvent zu weisen seien
und dieser über das fernere Verbleiben der
Uebertreter der Schuldisziplin an der Schule
oder deren Ausstossung aus der Zahl der Stu-
dierenden beschliessen solle auf Grund der
Zeugnisse über ihr bisheriges Lebwesen. Der
Tägliche Rat hatte nichts dagegen, dass der
Konvent über solche «fählbare Gsellen» ab-
spreche, verlangte aber, dass alle Beschlüsse
des Konvents über Annahme und Ausstossung
derselben ihm zur Ratifikation vorgetragen
würden.^
In der betreffenden Sitzung des Täglichen
Rates hatte der «Herr Christoffel», d. i. der
Pfarrer am Münster Christof Lüthard,
über diese Angelegenheit referiert
43
Die Schulordnung des Jahres 1616.
zahl aus dem TigUdien Rat und das» vier Mit-
glieder des Orossen Ratea zn bestinmieii, weldie
ab Scbalrat fimgieren tind zitnadist eine neue
und den Erfordernissett der Zeit entsprediende
Schulordnung aufgtellen aoUteni durch wdcbe
die Schulen von Bern und Lausanne io die
richtige Uebereinstinnnung kamen and nicht
nur der Kirche und ihren Bedfirfnisseni sondern
auch der Auferziehung und wissenscbaftlichen
Bildung der Laien und besonders der IdtarfU-
gen Regenten voUe Reduiui^ getragen würde.
Es soltten die Schiden, wie mm ansdrücUicli
betont wurde, nicht mehr bloss die Pflanzstttie
für die künftigen Diener der Kürdie sein, soo*
dem auch dem Regiment rnid dem aUgemeinen
Stand dienen und durch dieselben cdie eia-
gerissene Barbaries, allgemeine Unwissenheit
und Unkönnenheit mit Hilf und Qnade Gottes
abgesdiaffet werden».
Diese Absicht gab der Rat der Zweihundert
auch in seinem Befehl iiber die Zusammen-
setzung des neuen Schulrates deutlidi kund :
auf der weltlichen Bank sollten zehen, auf der
geistlichen Bank nur sechs Mitglieder sitzen
und zwar wählten nun die Venner aus der
Zahl der Gelehrten die vier im Amte stehen-
den Professoren, an erster Stelle den Profes-
Sorem theologiae novi testamenti Hermann
Lignaridus, dann seinen Kollegen, den Pro-
fessor theok^[iae veteris testamenti Emanuel
Zeender, der offenbar auch bei den nun fol-
genden Beratungen die Hauptrolle spielte, fer-
ner Niclaus Henzi, den Lehrer der Grie-
chischen Sprache, und Max Rfitimeier, den
Professor der Philosophie; sodann den Schul-
meister auf der Lateinschule, David Maseru
und aus der Zahl der Prädikanten Stephan
Die Schulordnung des Jalves 1616 hat ihrt
Süssere Veranlassung in der Visitation der Aka-
demie und der Schulen zn Lausanne, mit wel-
cher schon im Jahr 1615 der Teutsch Seckel-
meister Antoni von Graffenried und der
Professor helMaicns Emanuel Zeender be-
traut worden waren, um den Mängeln und De-
fekten der genannten Anstalten nachzuforschen,
ZBgfeidi mit dem Auftrag, fiber die Mittel, wie
densdben abzuhelfen wäre, an die Behörde zu
racnercn«
Den 4. Januar 1616^ wurde in der Sitmng
des Grossen Rats iiber diese Angelegenheit
vüOi Täglichen Rat Bericht erstattet Bei dieser
Gelegenheit mussten sich aber die Zweihundert
sagen, dase auch in Bern nnd an den Latein-
schulen auf dem Lande der Unordnungen viele
seien und äberaU Ihr Gnaden Schulen von Tag
zu Tag je länger je mehr in Abgang und Ver-
minderung geraten und dass ihre Anordnun-
gen und Dekrete früherer und erst kurzlich
vergangener Jahre^ nicht so viel «erschossen»,
dass einige Verbesserungen gespürt worden
und erfolget seien. Desludb beschloss die ge-
setzgebende Behörde, nachdem sie den beiden
Vtsitatoren aufs wärmste ihre Arbeit und Mühe
verdankt hatte, zu einer ausserordentlichen
Massregel zu greifen und mit dem System,
nac;h welchem bis dahin die Schulen geleitet
und beaufsichtigt worden waren und das zu
so schlechten Resultaten geführt hatte, mit der
Einrichtung der Schulherren, zu brechen und
an deren Stelle einen Schulrat mit fester
Gliederung und ausgedehnten Kompetenzen zu
erwählen.
Der Grosse Rat gab den Vennem den Be-
fehl, sechs von den Gelehrten, eine gleiche An-
^
Die Sdratadnang de» Jilire» 161(L
»
Seh m id. Aaf die welilidie Bank beriefen die
Venner die beiden Seckebneisler Anton i von
Orafienried nnd Abraftam Stfirter mit
den beiden Vemern Rndolf Hnber und
Peter von Werdt, und von weitem Mil-
giedem des Tag^idien f^ats Franz Lodwigf
von Erlach nnd David Ammann; a«
der Zahl der Zweihundert den Oroesweibel
Burckhard Fischer mit dem Oeriditsehrei-
her Hans Weiss und den Stiftschaffner Pe-
ter Bücher, ab vierten Samuel Zehnder.
Der so zusammengesetzte Schukat bekam
aber vom Orossen Rat nicht bk)ss den Auf-
trag die Schuk>rdnung auszuarbeiten, sondern
auch durchzufuhren und ins Leben zu setzen
und <dme weitere Anfrage und Anbringen bei
den Raten, wenn es ihm wegen ffirfaUender
Dinge nidit notwendig erschiene, «ins Werk
zu richten». Und da man bei diesen ausser-
oidentÜdien Vorgehen auf Opposition, nament-
Udi von Seiten der Geistlichkeit, zu stossen
voraosaehen musste, so verpflichteten sich die
Zweihundert, die gewählten «Schulräte und
ihr Oud>efinden in Anstellung und Instauration
der Sduilen wider jedermenniglich, so sich dar-
wider setzen, sie anfechten, molestieren und
beleidigen wurde, mit Wort oder Thaten, in
einicben Weg, zu handhaben, schützen und
schirmen». Dagegen wurde aber auch dem
neuen Schulrat eingebunden, die Fehler und
Verschulden derjenigen, welche die gegenwär-
tigen Unordnungen veranlasset, zu verschwei-
gen und ihre Namen nicht auszubringen, « Un-
willen, Unfründischaft und Bitterkeit zu ver-
meiden ».^
Schon den 11. Januar traten die neuen Schul-
rife zusammen nnd «nadiher nodi efiiche male,
nahmen zu der ihnen anbefohlenen Schulin-
stanratioo das Wort Ooties, allerlei von den
gdekrtesicn Theotogeo und Philosophen aus*
gegangenes S duilten , die alten nnd neuen
Sdmfoidnungen Ihr Gnaden des Täglichen Ra*
tes, sowie auch etlkdier anderer Schulen Brauch
uad Oewohshetten vor die Hand, erdanerten
dieseK>es vnd beratsddagten, ordneten, sdi^'
ten ond bestätigten nut Hilf, Qnad nnd Ble»-
stand Gottes» die Ordnung, die wir nun des
nähern zn bespredien haben.*
Die Schulordnung des Jahres 1616 bringt
vor allem eine feste Organisation in die Lei-
tung und Beaufsiditigung der hohem Schal»
anstalten mit genauer Abgrenzung der Kom-
petenzen der einzelnen Instanzen ; an die Stelle
der paar vagen Aeusserungen der atten Ord-
nnngcs über die Handhabung der Disziplin
treten jetzt ausfiihrlidie und nidit misszuver-
slehende Bestnnraungen &bcr die Rechte und
PSiditen der einzelnen Organe, aus denen die
Schulregierung zusammengesetzt ist, weldie die
An^be hat «die Schulen zu conservieren und
zn erhalten».
Die Schttlbehörden.
An der Spitze des neuen Schulstandes ste-
hen die
SdMareken,
d, h. die wdtlidien, aus dem Tagtichen und
dem Orossen Rate gewählten Mitglieder des
Schnlrates. Gott hat den Stand der Obrigkeit
dazn verordnet — heisst es — seine Gebote
zu hancHuiben und Schulen aufzurichten; an
seiner Stdle regieren nnd erhalten dieselben,
da ihm dies wichtigerer Qesdiafte hatt)er nidit
möglich ist, die ans seiner Mitte erwählten
Sdiobuchen, weshalb diese ffir die Hänpter
der Sdttden gehalten werden sollen, denen
nächst Gott und dem «Hödisten Oewalt»^
anch das höchste Ansehen zukommt
Die Sdiolardien haben neben der ober-
sten Aufsicht aber aSe und jede Schulen
ihr Gnaden Gebiets das SchiedsricMeramt in
Streitigkeiten zwischen den SchnhUenem; sie
sind die obersten Richter, wenn unter
denselben Gezänk und Zwietracht skh zutra-
gen wfirde; dieseUrigen sollen sie «zerleggen»^
darüber absprechen, die Parteien vereinbaren
Hl
Die Scfauloidnung des Jahres 1616.
^
und die Gezänk aufheben. Um ihres Amtes
willen sollten die Professoren und Präoepto-
ren nur bei den Herren Scholarchen verklagt
werden dürfen, die dann verpflichtet wäreui
als Maecenaten die Unschuldigen treu zu hand-
haben und bei den Schuldigen zu versdiaffen»
dass sie ihr Amt gebührlicher massen und mit
guten Treuen ausrichteten.
Sie verwalten den Sdiulseckel und die zu
Aeufnung und Erhaltung der Schulen vergab-
ten Legate, sorgen für präzise Ausrichtung der
Besoldungen an alle Lehrer und Erhaltung der
Häuser, die denselben zugewiesen waren, in
gutem Wesen und Bau. Sie visitieren end-
lich jährlich zwei mal zu Mitterfasten auf Lae-
tare und in der Wochen vor Verenae die Schu-
len und wohnen den Examina und Censuren
bei, die der Visitation nadifolgen.
Mit den Professoren zusammen bilden die
Scholarchen den
Obern Sdiulrat;
demselben gehört auch der Oymnasiarcha, der
Leiter der Untern Schule, an.
Der Obere Sdiub^t wählt alljährlich ab-
wechselnd aus den Professoren den Rektor,
dessen Wahl aber der Bestätigung durch den
Täglichen Rat unterliegt Den 1. IVlai wird er
jeweilen auf folgende Weise inauguriert:
Im Auditorio theologioo resigniert der alte
Rektor im Beisein der Scholarchen und ande-
rer zu dieser Feierlichkeit eingeladenen Spek-
tatoren und übergibt dann nach Verlesung der
leges scholasticae dem neuen Rektor sein Amt
und seinen Qewali Hierauf hält dieser in la-
teinischer Sprache eine orationem panegyri-
cam, worauf er von den Herren Scholarchen,
Professoren und geladenen Ehrengästen in
feierlichem Zuge zu einem bereit gehaltenen
Gastmahl geführt wird.
Der obere Schulrat nominiert bei vorkom-
menden Vakanzen die Professoren und Pro*
visoren und schlägt sie dem Täglichen Rat
zur Wahl vor.^
Vor ihn gelangen die schwereren Veigehen
der Studenten zur Aburteilung und Bestrafung.
Vor sein Forum gehören die Halsstarrigen
und die Vaganten mit ähnlichen Strafl>estim-
mungen, zum TeO in denselben Ausdrüdcen,
wie wir sie aus den Ratsdekreten von 1591
und 1610 kennen gelernt haben:
« Die Ungehorsamen und Halsstarrigen und
an denen nichts zu verbesseren, sollen ohne
Verzug, unangesehen wen sie angehörind, vor
den Oberen Schulrath dtiert, und anderen zum
exempel gentzlich aussgemustert und zu einer
ehrlichen und redlichen Handtierung gewiesen :
und wofehr sie äussert der Statt, hie oder zu
Losanna gebürtig, angentz, damit sie andre nit
verführind, widerumb heimgeschickt: Ihre Na-
men einem Schuldthessen angeben und in der
Kantzley auferzeichnet werden, damit sie we-
der für Raht, noch die Herren Scholarchen mehr
gelassen, und ihr Gnaden dei^leichen unnützen
Leuthen entladen, auch Ergemuss und Vermin-
derung dess Kirchendiensts vermitten werde.
Und wo fehr sie umb grober Lasteren willen
solche Verstossung verdient hetten, oder sonst
mutwilliger weyss ihr Studia verliessen, und
dess Vermögens weren, dass sie den angewen-
ten Kosten ihr Gnaden ersetzen möchten, sollen
sie schuldig seyn, denselben wider zu erstatten.
Die so ohne erlaubtnuss ihrer Fürgesetzten
auss dem Kloster, oder Paedagogio, oder ohne
Zulassung dess Rectoris und Professoren, auss
der Statt vagieren wurden, die sollen dem
Scholarchae^ verzeigt, und nach gestaltsamme
der Sach gestrafft, oder für den Schukaht dtiert
und gerechtfertiget werden.»
Ueber die übrigen grossen Sünder sdireibt
die Ordnung vor:
«Wo aber emer sidi mit groben Lasteren,
als Hurey, Diebstahl, Besdiiss, Betrug, erger-
lidien FüUerey, grossen Geltschulden, und der-
gleichen vertieffen wurde, der sol für den Obe-
ren Schul Raht gestelt und je nach gestalt-
same der Sachen mit ihme gehandlet werden.
n^
Die Schidordnimg des Jthre» 161<^
$
Die so sich ihren Praeceptoribus bosshafftig
widersetzen, sie iesiereni verachten, hinder-
reden, und sonst anderer gestalt beleidigen
wurden, sollen für den Obersten Schulraht ge-
forderet, und gerechtfertiget werden.
So einer liurch den Rectoren für den Unteren
Sdiulraht dtiert wurde, er aber auss Halss-
starrigkeit nit erscheinen weite, so soll er als
ein Widerspenstiger von dem Obern Schulraht
gestraft werden.»
Vor den obem Sdiulrat gehören auch all-
fallige Veigehungen des Lehrpersonals:
« Es sollen gleicher gestalt alle Praeceptores,
so entweders üi ihr^n Ampt und Dienst un-
fleissig, oder in ihrem Leben ergerlich sich
erzeigen, das sie privation oder andere Leybs-
oder Outsstraffen verschuldet, vor disen Schul-
raht dtiert, und dem verdienen nach gestrafft
oder der hochen Oberkeit verzeigt werden.»
Ihm liegt die Promotion der Disdpeln der
Undem Schul von der fünften Klasse an ob.^
Die Promotion von Klasse zu Klasse, in die
Obere Schule und daselbst von Orad zu Grad
gesdiieht auf Qrund eines Examens, zu wel-
diem keiner zugelassen werden darf, er habe
denn ein wahrhaftes Zeugnis von seinen Prä*
ceptoren der wahren Gottesfurcht und bestän-
digen Fleisses in seinem Studieren, als der
alles, so er bisher studieren sollen, getan habe.
Nach seiner Könnenheit im Examen wird so-
dann ein jeder, ohne Ansehen der Person, be-
fördert und gesetzt, also dass der erste, andere,
dritte U.S.W. an Gottesfurcht und Gelehrte
den ersten, andern, dritten Platz u.s.w. in
semer Ordnung einnehmen soll.
Nach angestellter Collocation werden die
Promovierten «als in ebiem Triumph» öffent-
lieh in die grosse Leutkirchen geffihrt und all-
da wird ein jeder nach seiner Gelehrte und dem
erhaltenen Platz . proklamiert, um die Jugend
zu grösserem Eifer, Lust und Arbeit im Stu-
dium anzureizen, wobei nach Gefallen der
Scholarchen Prämien ausgeteilt werden. Als-
dann hat einer der Professoren eine zierliche
51
und sdiöne Rede von der Unterweisung der
Jugend, der Nutzbarkeit der Sdiulen u.s.w.
in deutscher Sprache an die versammelte Menge
zu halten, um die Leute zu bewegen ihre Khi-
der zu den Schulen zu befördern. Nachdem
er gesprodien, tritt einer der promovierten Dis-
dplen auf und sagt in einer lateinischen
Oration oder einem schönem Carmen semen
Promotoribus den gebührenden Dank. Zum
Schluss werden die Vergabungen verlesen, wel-
che gottselige Leute dem Schulsedcel zur För-
derung der Schulen testierten.
Dies die Feier der Solennität im gros-
sen Münster.'
Der obere Schulrat hat auch die Promo-
tionen ad ministerium, ad academias und auf
die Pfründe zu verrichten.
Die Promotio ad ministerium ge-
schieht auf Grund eines Examens, welches die
Professoren in der Philosophie, den Spradien
und der Theologie im Beisein der Scholarchen
und «der gemeinen Kirchendiener» abzuneh-
men haben, worauf dann durch diese letztem
die Handauflegung, die Impositio manu-
um, mit gebührlicher Solennität und Gebet zu
Gott vofgenommen wird.
Die Promotion aus dem Kloster auf
fremde Universitäten geht genau in der
Weise vor sich, wie sie durch die Schulord-
nung von 1591 bestimmt wurde. Nur kommt
hinzu, dass die Stipendiaten von den Univer-
sitäten, wo sie ihre Studien weiter geführt
hatten, Zeugnisse über ihr Leben und ihren
Fleiss mitzubringen hatten und, anheimbsdi ge-
worden, auf Verlangen des Sdiulrates auch
einer Disputation sich zu unterwerfen hatten.
Auch verspricht jetzt die Schulordnung zur An-
spomung der Stipendiaten denjenigen, welche
auswärts einen Gradum doctoratus in philo-
sophia oder theologia erlangt, oder sonst mit
Lob publice disputiert hätten, besondere Geld-
prämien aus dem SchulseckeL
Unter dem Titel «Die Promotion auf
die Pfründ» besagt unsere Ordnung:
Die Sdniiordmuig des JaIucs 1614^
^
« Es 9ol keiiier ans der zahl der Stedeolen
auff etnicbe Pfrund promovieit, uad geffinkrt
werden ohne vorwäseen, iniistinuiittiig, nod
aciigmtas der Proiessoren und des Schulrahts.»
Natärlicfa spielen auch die frühe weibenden
Stadeatefl in unserer Ordnung eine RoSk. Es
soH in folgender Weise mit ihnen verfahren
werden:^
«So femants auss den Examinalis auss be-
weglichen Ursadien sich mit Ehrlichen Per-
sonen in die Ehe zu begelien bedadit weie,
der sol vor allem sich fiir die Scholarchen stel-
len, seine Ursachen trewlich fiirhringen. Da
sollen alsdann seine Praeceptores seines wol-
oder id>e]haltens zeuginuss geben, und hernach
nach sestaltsame der sacken md gelegenint
ihme sein begeren nachgelassen oder abge-
schlagen werden. Wofehr aber jemand ohne
edaubäiuss sich eheBch verpflichten wuide, wol
er nicht desto minder citiert, und gleicher ge-
stalt mit ihme gdiandlet werden. Und wo als-
dann dem einen, oder dem anderen vergün-
stiget oder zugelassen wurde, dass ersieh ehe-
lich einlassen möchte, so soll ein solcher äussert
dem Cdllegio in seinm Kosten leben,' und
in visitandis lectionibns, exeicitijs etc. alles das
thun, was anderen aufferlegt, so da promo-
viert werden sollen. Es sol auch weder er,
nodi seine Kinder einer Buigerschalft «ber-
ingen seyn.»
Neben dem Obern Schulrat fungiert der
Untat Schalmi,
ans den Professoren und dem Oymnasiarcha
zusammengesetzt und vom Rector prisidieit.
Er wickelt die weniger wichtigen und täglidi
lürfallenden Geschäfte ab. Seine Disziplinar'-
gewalt nmschieibt die Ordnung also (wobei
wir als die nennenswerteste Neuerung die Ab-
schaffungder Rntenstrafe im Kloster
hervorheben wollen; die Rute solHe von jetzt
an nur noch der Schufaneister auf der Schul
schwingen dfirfen, freilich auch auf den ihm
unteisebenen Stndiosis pfailosophiael):
€ welcher ein Zanck anhebt, and von anderen
darvon abzustahn vermahnt wird, er aber nat
folget, sonder f&rfahrt, oder von worten sieh
zun streichen bq^ebe: Hem, wo jemandts mit
Wein sich ubememmen wurde, dass er Eiger-
nnss gebe. Item so der Gonsnl zuliesse, und
sem praqx>situm nit vermahnete, denn dass die
Studiosi ohne erlaubtnnss ingemein Wein be-
schicken liessen und jemants aitss den Studen-
ten solchen zutrfige ; Item wer unfleissig ober
gethane Wahmnu^ der Professoren m den lec-
tionibus und repetiticMi&us seyn wurde. Oder
sidi in offne Wirtsheuser, Qsellschaf^ Sddupff-
wincfcel zu dem Zechen begeben wurde; heua-
Uch oder offenhch tantza oder zm tantzen
machen: Auff t>estimpte zeit gegebnen uriaubs*
sich nicht stellen wurde, der sol bejr dem Rec-
torj angeben, nnd nach erfcandhmss dess Un-
deren Schulrahts, mit Oefangenschafft oder an-
deren dem Feienden nutzlichen straffen geifich-
tiget werden; Jedoch wejrl obgedachte Feier
die Rutenstratf bissher anff sich getragen, so
mögen dieselbigen an den Stediosis phibso-
phiae, wo es einen Underen Schulraht mitzlidi
und rahtsam seyn bednnckt, nodnnahlen er-
stattet werden. Die Studiosi aber Theologiae
sollen gentzlich von der Rntan erlediget seyn.
« Wer etwas in ihr Gnaden Hauas mutwillig
zerbrich^ dass der Obetheit ist, der sol dem
Rectori angdien, den Schaden ersetzen, nnd
nach verdienen gcstmfft werden«
«Wo einer in ubertrettung der Satzungen
trug und gferd biaudien, oder auss mntwillen
die Sach ubertreyben, und etwan die geringen
Straffen verachten wurde, d^ sol ffir den Un-
deren Schulraht dtiert, nnd nach gestattsamme
der Sach g e s t rafft werden.
«Es sol em jeder Student, sonssertdem Gol-
kgio wohnet, bey nnverifimbdeten, ehrbaren
Leuten wohnen, und dem Redorj seyn Woh-
nung anmelden, wer darüber thete, sol fikr
den Schukaht gestelt werden.
«Die so nachtiicher weil nnifa6chweJfien,Oa8-
satum gafand, oder sonst in Winokkn agchenri,
Ift
Die Schulordnung des Jahres 1616.
iH
sollen von einer hohen Oberkeit Dieneren ge-
fencklidi angenommen, und ihr Namen mor-
gends dem Rectorj angeben werden, damit dem
Oassentretten, und vagieren gewehrt, und den
Rechtschuldigen ihr verdienter Lohn werde)).
Der Untere Schulrat besetzt die 36 Stipendia
auf Kloster und Schul, d. h. er besorgt die Pro-
motionen in das Pädagogium, das Alumnat auf
der Schul, und von diesem in das Kloster. Da-
bei hat er nach den althergebraditen Satzun-
gen darauf zu sehen, dass jeweilen zwölf Plätze
den Thunem, Zofingem und Bruggem reser-
viert werden, die andern 24 den Stadtbemem,
Aarauem, Lenzbuigem und Burgdorfem heim-
dienen und dass zu Vermeidung der früher
vorgefaUenen Uebelstände^ aus den drei erst-
genannten Städten nur taugliche und wohl-
empfohlene Subjekte und «von ehrlichen Leu-
ten her erboren» in den Qenuss der Stipen-
dien eintreten. Die Regierung will aber diesen
drei Städten von jetzt an noch weiter entgegen-
kommen, als bis anhin, indem sie zugibt, dass
an die Plätze der ad academias ausgeschickten
Thuner, Zofinger und Brugger andere succe-
dieren könnten.
Aufs neue schärft die Ordnung die Bestim-
mung ein, dass diejenigen Bemer, welche im
Qenuss des Musshafens, des Wochenschillings
und noch anderer Stipendien seien und sich
bei ereignender Vakanz weigerten, die Pro-
motion in das Pädagogium anzunehmen, aller
Stipendien verlustig gehen sollten.^
Der Rektor
endlich hat darüber zu wachen, dass der auf-
gestellten Schulordnung nachgelebt werde, und
ein jeder tue, was ihm dieselbe vorschreibt;
die Saumseligen hat er zu vermahnen und, wo
Strafe am Platz ist, die Sache vor den Untern
oder Obern Schulrat zu bringen.
Er hat auch die Pflicht, den vorgeschriebenen
Disputationen beizuwohnen, vor allem den zu
druckenden.^ Die Professoren hatten sich näm-
lich anerboten, jährlich wenigstens 12 Disputa-
tionen drucken zu lassen und die Regierung
setzte in der Schulordnung fest, dass die Druck-
kosten aus dem Schulseckel bestritten und von
eben da sowohl dem Praesidi, als dem Res-
pondenti ein bestimmtes Praemium ausgeridi-
tet werde.
In Bern hatten demnach die Professoren seit
dem Jahr 1616 Oelegenheit, ihre Ansichten und
Forschungen ihren Fachgenossen kund zu ge-
ben, ohne einen Respondenten suchen zu müs-
sen, der das Geld für die Druckkosten hergab,
oder selber in die Tasche greifen zu müssen.
Aber die Regierung wollte nicht bloss den Pro-
fessoren Gelegenheit geben, schriftstellerisch
auftreten zu können — Hallers Wort: «eruditi
viri, quos alii labores aut vitae genus aut im-
pedimenta quaecunque a majoribus operibus
deterrent, ingenii sui monimenta non alia saepe
relinquunt praeter disputationes »^ gilt nament-
lich auch von seinen eignen Landsleuten —
auch die Studiosi, von denen ja ein Teil dem
hohem Lehramt sich zu widmen bestimmt war,
sollten schriftsteilem lemen. Die Ordnung be-
stimmte nämlich des weitem, dass «einem je-
den, der sich in disem fürtreffenlichen Exer-
citio begehrt zu üben», die Disputation auf
Kosten des Schulseckels gedmckt werden solle,
«so offt es von ihnen, es seye, welchem es
welle, begert wirt und die Materia, von deren
man disputieren sol, vom Praeside ist bewilli-
get worden, zu disputieren ». Es ist mit diesen
Worten freilich nicht ausdrücklich gesagt, dass
der Staat den Dmck von Studentendissertatio-
nen fibemommen habe, aber ohne Zweifel
denkt die Ordnung dabei in erster Linie an die
Examinanden und Examinaten.
Die Abteilungen der Obern Schule»
Was die Oi^ganisation der Obern Schule
selber betrifft, so schuf die neue Schulordnung
im Sinn des Fortschrittes eine wichtige und
tief einschneidende Veränderung: Die Schule
wurde in zwei grosse Abteilungen getrennt,
49
tu
bie Sdiulordnung des jähret 1616.
Philosophie und die Theologie, jene
für die jungem, diese ffir die altern Studenten ;
für den philosophisdien Cursus wurde das
Triennium angesetzt, die Professoren der Theo-
logie aber hatten ihr Pensum in zwei Jahren
zu Ende zu lesen. Alle diejenigen, die ad s. mi-
nisterium aspirierten, hatten erst die Philoso-
phie zu absolvieren, bevor sie in das theolo-
gische Auditorium eintreten durften, und die
Promotion in dasselbe geschah auf Orund eines
strengen Examens über den ganzen Unterrichts-
stoff in der philosophischen Abteilung, sowohl
in artibus als in Unguis.
Der Abteilung der Philosophie dienten zwei
Katheder, die professio graeca und die profes-
sio philosophica, der Theologie die professio
theologica novi testamenti und die professio
tfaeologica veteris testamenti. Alle Studiosi aber
wurden verbunden, sowohl die philosophischen
als auch die theologischen Disputationen, wie
auch die Samstagpredigten und Deklamationen
anzuhören und sich in denselben zu üben.
Die Zahl der Studiosi theologiae grenzt die
Ordnung von 1616 auf zwanzig ein;^ nur
diese haben alle Tage in der Ordnung in die
grosse Leutkirdien zu gehen und die Predigten
zu besuchen, während die Phiiosophanten al-
lein an Sonn- und Betiagen den Gottesdienst
besuchen mfissen.
Die vier Lehrstfihle.
Den Inhabern derselben wird genau vot^e-
schrieben, was sie mit ihren Schülern zu trak-
tieren haben: der Lehrfreiheit des 16. Jahr-
hunderts macht die neue Schulordnung ein
Ende.
1) Die Professio graeca.
Die Lektüre des Professoris graed be-
schränkt sich in der Prosa auf das Neue Testa-
ment und die vornehmsten Orationes patrum
Oraecorum, in der Poesie auf des Nonnus
metaphrasis evangelii secundum Joannem (ver-
sibus heroids) und des ApoUinarius in-
terpretatio psalmorum (in demselben Metrum).
m
Die profane Litteratur der alten HeUenen,
die nach der Reformation auch in Bern die
liebevollste Pflege gefunden hatte, wurde so-
mit aus den Vorlesungen im Barffisseridosta'
ausgeschlossen! An die Erklärung der ge-
nannten Texte, die Analysis, sollte sidi dann
die Genesis anschliessen, d. h. die Aneignung
des Gelernten durch die Nachahmung. Des-
halb schreibt die Ordnung dem Professor grae^
cus in zweiter Linie vor: «dise auttiores soll
er Grammatice, Rhetorice, Logice, doch kurtz
und ohne weitläufige commentaria resolvieren
Die schönsten phrases, gnomas, sententias,
adagia, und was zur Zierlichkeit der Griedii-
schen Sprach dienen mag, fleissig anzeigen
und dictieren». Dazu hatte er alle 14 Tage
ein Exerdtium stili, das eine Mal in griedit-
scher, das andere Mal in lateinischer Sprache,
sowohl in prosa, wie ligata oratione anzu-
stellen.
2) Die Professio philosophica.
Statt des einen Lehrstuhls, <ler für die Phi*
losophie bis jetzt bestanden hatte, sieht die
Schulordnung wenigstens drei voraus, damit
diese Abteilung der Schule auch dem Regi-
ment und dem allgemeinen Stande diene und
die wissenschaftlidie Bildung der Laien beför^
dere.*
Der erste Philosophus sollte nach der Me-
thode des Ramus — dem Ramismus huldigte
man jetzt in Bern durchweg — von den prak-
tischen Disziplinen der Philosophie die Ethi-
cam, Politicam, Oeconomicam, Scholasticam
und Ecdesiasticam in drei Jahren absolvieren
und nacheinander durch Lesen und fleissiges
Repetieren also traktieren, <cdass die studiosi
dieselbigen ausswendig lehmen, und verstahn
könnind ».
Der zweite hat denselben aus den ttieore-
tischen Teilen der Philosophie, methodo Ra-
maea beschrieben, die Metaphysik und Physik,
den praktischen die Logik und Rhetorik inner*
50
m
Die Schulordnung des Jahres 1616.
halb derselben Frist zu lesen und mit ihnen zu
fiben und zu repetieren und zwar so, dass er
zuerst des Ramus Dialectica und Aisteds Ora-
tor absolvieren sollte, nachher dann Martinii
Physica «oder sonst andere gute authores me-
thodo Ramaea conformiert».
Der dritte hat innerhalb drei Jahren die
Arithmeticam und Qeometriam Rami, sowie
die Astronomiam zu absolvieren.
Wie im Reformationsjahrhundert der Unter-
richt im docere und disputare bestand, so legte
man audi jetzt wieder den Schwerpunkt des
Studiums in das Disputieren, der Exer-
dtatio, durch welche das in den Vorlesungen
Gehörte erst redit befestigt wurde und aus der
man die wissenschaftlichen Fortschritte der Stu-
diosen konstatieren konnte. Deshalb schreibt
die Ordnung den Vertretern der Philosophie
vor, eine Woche um die andere eine Dispu-
tation zu halten über ein Thema aus den ihnen
zugewiesenen artibus. Daneben sollte auch die
declamatio gepflegt werden und alle Studiosi
philosophiae verbunden sein, dieselbe Dekla-
mation zu komponieren, wenn sie auch nur
von einem aus ihrer Zahl pronuntiert wurde.
Für die Disputationen wurde die Zeit von drei
Stunden angesetzt
Den dritten Philosophen nahm die Schul-
ordnung in bestimmteste Aussicht und der
Schulrat scheint sich der Hoffnung hingegeben
zu haben, dass die Wahl desselben in kurzer
Zeit erfolgen werde, aber — die Professio
matheseos wurde erst im folgenden Jahrhun-
dert erriditet Der Professor graecus N i k 1 a u s
Henzt übernahm, «so lang biss dass Qott
bessere glegenheit schicken wirt», die dem
ersten Philosophus zugewiesenen Disziplinen
und versprach dieselben neben seiner ordent-
lichen Profession zu dozieren; aber Qott liess
das Kloster gar lange mit seiner Oabe warten,
und es blieb bei dem einen Philosophus bis
zur nächsten Reform der Obern Schule und
noch lange Zeit darüber hinaus. Auch wissen
wir nicht, wie und wie lange « der Herr Nikiaus
umb der Ehr Gottes willen und seiner Ober-
keit zu ehren und gefallen » die oben genannten
disciplinas practicas der Phik>sophie lehrte.
Die Mathematik und Astronomie wird wahr-
scheinlich der bereits angestellte Philosophus
Marcus Rütimeier übernommen haben
(wie ja diese Disziplinen schon das vorbeige-
hende Jahrhundert vom Professor artium ge-
pflegt worden waren), wenigstens besagt un-
sere Schulordnung, dass sich ausser Henzi auch
noch andere Professores anerboten hätten, «bei
dem Mangel an Hilf und in der Underweisung »
weitere Arbeit auf sich zu nehmen. Auf keinen
Fall aber brachte die neue Ordnung der Dinge
der politischen Jugend den ihr notwendigen
Unterricht
Die Schulordnung von 1616 belehrt uns auch
über die Unterrichtszeit der einzelnen Profes-
soren ; darnach ist der Stundenplan für die Stu-
diosos philosophiae auf Seite 52 konstruiert
3) Die beiden professbnes äieob^gicae
blieben so geordnet, wie sie im Jahr 1613 an-
geordnet worden waren ; die Inhaber derselben
waren dessen offenbar zufrieden.
Dem Professor novi testamenti war aufge-
tn^en «den Text in einem gwüssen Buch
Novi Testamenti, den Studiosis auff das aller-
kürtzest zu resolvieren, und wo etwan sonder-
bare difßculteten einfallen, zu enodieren. Unnd
neben dissem die Armillam auream Periünsi,^
oder sonst einen anderen nützlichen orthodo-
xum oompendii Theologici autorem, explideren,
damit die discipuli dieselbigen verstahn, und
ausswendig könnind. Doch dass innerttialb 2
Jahren gedachte Authores einmal absolviert
werden ».
In die Lektüre sollten die « nohtwendigsten
Religionsstreit zugleich inseriert», der Autor
aber, der etwa an Stelle des Peikins treten
würde, vom Schulrat erst approbiert werden.
Hl
Die Schulordnung des Jähret 1616.
^
Stundenplan
der
STUDIOSI PHILOSOPH
Im Winiit
sind die VormiäagS'
stunden
von 7—9 Uhr
angeseizL
a. 1616
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
6-7
Prof*
Prof.
philosopliiie
Prof«
phOosopIdae
7-8
Prof« fpwbCBB
Prof« gnecns
Prof. gnecns
Predigten der
Examtnaten mit
den sind. theoL
1
12-1
Praf*
phfloiaphitc
Prof.
phüosophiae
Prof.
pldlosopUae
1-2
Prof« gnecns
Prof. gnecns
Prof. gmcns
2-5
Die situ Woche
ezerdtfaun stili
dieoAdkrvditpn-
tatio beim Pr.
gnecns
Theologisehg
mit den ttud. theol.
zusammen
aUe 14 Tage
dlspntatio nnd
oiedamatfo
bdffl Pr. pidlos.
Der Professor veteris testamenti hat in zwei
Jahren «ein gwüssen theil» des Alten Testa-
ments analysi logica, rhetorica, grammatica zu
durchlaufen und wenn von nöten, die hebrä-
ische Grammatik Martini] oder Buxtorfij zu
repetieren und den Studenten zu proponieren.i
Beide Professoren der Theologie haben ab-
wechselnd jede Woche eine theologische Dis-
putation zu leiten und zwar in der Weise, dass
durch dieselben die «fümemsten» Controver-
siae und Religionsstreite jährlich durchdispu-
tiert werden ; sie finden jeden Donnerstag Nach-
mittag statt, und sie sind natürlich die Haupt-
sache des ganzen Unterrichts, in ihnen gipfelt
der ganze wissenschaftiiche Betrieb im Bar-
fOssericIoster. Wie anno 1613, so wird auch
jetzt wieder vor^reschrieben «dass umb die
zwey nach Mittag der Anfang gemacht, die
Studenten zwo Stund einanderen nach sich
übind, und dann umb viere, so etliche von
anderen verbanden, sollen dieselben auch
freünlich angesprochen und invitiert, auch, wo
ihnen gef ellig, etwas fürzubringen, angehört
und in aller bescheidenheit ihnen die übrige
zeit biss umb fünf Uhr antwort geben werden ».
Des weitem haben die beiden Theologen
jeden Samstag Morgen die Predigten der Exa-
minaten anzuhören und sie in der Kunst zu
predigen zu unterrichten.
Der Stundenplan der theologischen Abtei-
lung ist folgender:
tu
Die Schulordnung des Jahres 1616.
^
Stundenplan
der
DIOSI THBOLO
a. 1616
Im Winter
sind die Vormittags'
stunden
von 7^10 Uhr
angesetxt.
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
« 7
/
die eine Woche
betau Pr.tfaeol.n.t
die andere befan
Pr. tfaeol. ▼. t
7-«
Prof . flieolosiae
Prof. theoL
I10¥a tCtt.
Prof» tlieoL
nov* tett*
VertaAren
der Predigten der
abwectodnd bd
beiden Profciiorc n
»-•
Prof. theologlae
Prof* flieoL
TCL tctt*
Prof« flieola
vet* teit«
1
2-5
aUe 14 Tage
uisiiiitatio
mit doi itad. phU.
Biminmcii
/mtaüon
abwechselnd beim
Prcrfi tlicol. nov. nnd
vet* teit«
alle 14 Tage
dinmtatio und
dedamatio
mit den ttnd. phü.
An letzter Stelle bringt uns die Schulordnung
von 1616 die disdplina domestica im Kloster
und auf der Schul, über welche zunächst die
beiden Praepositi zu wachen hatten. Dieselbe
heisst:!
«1) So soll keinem Studioso zugelassen seyn,
ohne Urlaub seines fOrgesetzten, es sye Tags
oder Nachts, hinauss zugehn. Welcher solches
ubertrittet, sol nach gestaltsamme der Sach
gestrafft werden.
2) Welche miteinanderen aussgehn, sollen
auff bestimbte Zeit mit einanderen wider an-
heimbsch werden. Der Uebertretter soll umb
4 pf. gestrafft werden.
3) Welcher sich in- oder ausserthalb dem
Hauss ungebfirllch halten wurde, Ehrwürdigen
und alten Leuten nicht ihr gebürliche Ehr an-
thun, der sol 8. Tag exdudiert seyn, und dem
praeposito verzeigt werden.
Nota. Es sol die exdusion gehalten werden,
wie von altem her, also dass die Exdudierten
ausserthalb dem Tisch, und den Stüblinen, von
den anderen Studenten sollen abgesünderet
seyn, auch in der zeyt kein Urlaub nicht nem-
men, und wo ingemein Urlaub vergönt wird,
dessen ihrer Person halb beraubet seyn.
4) Wo einer mit unfletigkeit das Hauss ver-
wüsten wurde, sol er seinem Praeposito ver-
zeigt werden, sein unradt selbs hinweg thun,
und 8. krfitzer Straaff geben.
5) Welcher anderen ihre Kleider, Bücher etc
verwüsten und zerbrechen wurde, sol zwen'
Senat exdudiert werden, und den Schaden er-
setzen. Wer den anderen verlachet, oder ihm
ubemamen auflegt, der sol 10. pf. geben.
«
Die Sdndofdnmig des Jahres 1616.
6) Welcher in emer L4ig ergriffen wirt, sol
Z batzen verfallen seyn.
7) Welcher aber seynem Praeceptori die Un-
wahrheit fOigibt, der sol anstatt der Ruten 4.
Wochen» oder nach gestalt der Sachen, exdu-
diert werden.
8) Wan einer Weyn in das Collegium oder
Paedagogium ohne erlaubtnuss tragen, oder
ein anderen einzutragen bestellen wurde, so
sol das Qeschier dem Herren verfallen sein,
und diejenigen ihre verdiente Straff empfachen.
9) Es sol keiner vor dem Closter oder newen
Schul stotEcn, welcher das thut, sol ein Senat
exdudiert seyn.
10) Auf den Professoren, der lesen wil, sol
man in dem Auditorio, und nicht darvor auf
der Oassen warten. Welcher darwider thete,
sol 4 pf. verfallen seyn.
11) Welcher in der Kirchen nit in sein orden-
lichen Stand und Platz staht, der sol die über-
trättung bfissen mit fünf Haller.
12) Welcher mit seinen consorten oder prae-
ceptoribus teutsch reden wurde, der sol umb
vier Hauer gestrafft werden, welcher aber den
asinum beherbergen wurde, sol acht Haller
geben.
13) Welcher ein Predig, Lection, Qsang etc
ohne Urlaub seines Praeceptoris versäumt, der
ist ein Creutzer verfallen.
14) Es sollen die Studios] in CoUegüs Mor-
gen und Abendts zu gewohnter zeit ein gantzes
Capitul auss der Bibel Piscatoris lesen, sampt
den Ausslegungen und den Lehren, und her-
nadi ihr gewohnlich Bett verrichten. Der söl-
lidies versäumte, sol denselbigen tag exdu-
diert, und vom Tisch abgsOnderet seyn, und
mit Muss hinder der Thfir gespeisst werden.i
15) Welcher ein Exerdtium disputationis,
dedamattonis, styli, condonis Sabbat: versäu-
men wurd, der sol für das erst 2 kr. für das
ander 3. für das 3. vier verfallen sein. Wo-
fehr aber er weiters fahrlessig erfunden wurde,
soll er dem Rectorj verzeigt werden.
16) Welcher am Abend predigen sol, und
nIt gerfist ist, soll sich bey dem Herren endt-
schuldigen, hat er nicht gute ursadi, sol er
gestrafft werden.
17) Die Studenten sollen nicht gewalt haben
einidie lection abzustellen, ohne vorwfissen dess
Herren im Closter. Wan sie das theten, so
sol ihr OratcMT anstatt der Ruten 4. Wudien ex-
dudiert seyn.
18) Wann die Studenten hinaussgelassen
werden, in der Zeit so ubers Blut gerichtet
wul,' so sollen sie nit auss dem Kloster und
paedagogio gehn, biss dass man leutet; und
umb die zwey all vrider anheimsdi werden.
Welcher aber solches ubertretten wurd, sol
nach gestaltsame dess aussbleibens exdudiert
werden.
19) Die Studenten unnd Schuler sollen an
kein Hochzeit gelassen werden, es seye dann
w^gen nadier Verwandtschafft, Also dass der
Hochzeiter, oder Hochzeiterin einessin Vatter,
Muter, Bruder, Schwester etc seye, oder ihre
condisdpulj, und in dem Fahl über sedis nicht
20) Denen in der Statt an ein Hochzeit zu
gähn vergönnt wirt, die sollen sidi nadi der
Oluckwfinschung angentz wider in das Closter
begeben, ire Lectiones zu visitieren, und her-
nach sich nach verrichter 1^4ahlzeit angentz wi-
derumb an ihre Qwarsame machen. Der uber-
tretter sol exdudiert werden, nach gstaltsamme
der ubertrettung.
21) Welche aus der Statt an Hochzeit reisen
wurden, sollen auf bestimmten tag wider an-
heimsdi werden, oder ihrem verdienen nach
ein straff aussstahn.
22) So jemandts ohne Oheiss oder Erlaubt-
nuss in die Qärten oder Closterhatden gehn
wurde, der sol zween senat exdudiert werden.
23) So jemandts auf der Aren ohne Uriaub
fahren thäte, der sol acht Tag exdudiert seyn.
24) Es sol ein jeder exammat verbunden
seyn, sein Kragenrock in die lectiones, dispu-
<
«
Die Schulofdnitng des Jähret 1616.
^
hitioneSy Predig, Senat, und wo er auss dem
Ooster anderswo hingahn wil, alss ein Kir-
chendiener anzutragen. Der solches übersieht,
aol alle mahl zween Senat exdudiert seyn.»
Die Bestimmungen über den Senat im Klo-
ster und auf der Schul haben wir bereits oben,
p. 38 und 39, kennen gelernt
Schliesslich erwähnt unsere Schulordnung
noch der «sonderbaren Satzungen»,
welche die Studenten in ihrem Senat zu halten
haben und die, in lateinischer Sprache beschrie-
ben, seit der Reformation unverändert geblie-
ben seien, leider ohne sie uns mitzuteilen.
Kampf der Geistlichkeit
g^gen die Schulordnung von 1616.
Die Sdiulordnung von 1616 schloss die Prä-
dikanten von der Inspektion der Schulen, die
sie bis anhin gehabt, aus und verlangte ihre
Mitwirkung einzig und allein bei der Promotio
ad ministerium. Man kann sich denken, welche
Aufregung dieser Staatsstreich nicht bloss unter
der Geistlichkeit der Stadt, sondern auch des
ganzen Landes hervorrief. Schon der Umstand,
dass in den Schulrat, den vielköpfigen, ein ein-
ziger Prädikant und dieser mit Uebergehung
des Dekans berufen worden war, wird genug
Unzufriedenheit hervorgerufen haben, aber man
mochte sich in den beteiligten Kreisen mit der
Hoffnung getröstet haben, dass die Professoren
ihre geistlichen Bräder nicht desavouieren und
dafür sofgen würden, dass ihnen die durch die
Ordnung von 1548 gegebene Stellung bliebe.
Gross war die Enttäuschung, wie die neue
Ordnung bekannt Mrurde, und die Prädikanten
beschuMigten die Professoren des Verrates an
der gemeinsamen Sache der Kirchendiener; ihr
Mass warf sich namentlich auf den Professor
Zeender, den man als den Urheber der neuen
Ordnung ansah,^ und nun verfolgten sich die
beklen Parteien eine Zeit lang in Wort und
Sduift Der Ausschluss der Prädikanten «von
der Aufskrht, Sorg und Regierung der Schulen»
machte audi aussertialb des Standes Bern Auf-
sehen und namentlich in dem befreundeten
Zürich fOrchtete man, die neue Schufordnung
werde zum Samen der Spaltung und Zwie-
tracht werden. Nachdem die Bemer Prädi-
kanten ihren Amtsbriidem in dorten die ge-
druckte Ordnung überschickt hatten, sandten
ihnen diede den 26. März 1617 als Antwort ein
ausführliches Gutachten über die ganze An-
gelegenheit, offenbar an die Adresse des Täg-
lichen Rates und des neu gewählten Schulrats.
Es ist im Namen der Prediger und Professoren
der Kirche und Sdiul zu Zürich von dem Prä-
dikanten Johann Jakob Breitinger und dem
Scholarchen J. J. Huldricus unterschrieben und
in deutscher und lateinischer Sprache abge-
fasst,^ ein wahres diplomatisches Meisterstück,
das entschieden zur Versöhnung der Gemüter
und friedlichen Ausgleidiung der Sache vieles
beigetragen hat, interessant auch wegen der
damaligen Ansdiauungen von dem Verhältnis
zwischen Kirche und Schule. Alle Parteien wer-
den darin durch das ihnen gespendete Lob
von vorneherein günstig gestimmt und der
ausgesprochene Tadel ist in euie so liebens-
würdige Form gehüllt, dass er denjenigen, den
er traf, unmöglidi verletzen konnte. Da wird
denn in gelehrter Auseinandersetzung aus der
Bibel und der Kirdiengesdiidite zu erweisen
gesucht, dass die Prediger gleichsam die von
Gott eingesetzten Hirten nicht bloss der Ge-
meinde, sondern auch der Sdiule seien, in
einer Gemeinschaft mit den Lehrern zu glei-
cher Obsoig und Beratschlagung, wie denn
auch zu Basel, Sdiaffhausen, Genf und Zürich
in der Verwaltung und Regierung der Schulen
die Kirchendiener und die Professoren mit-
einander vereinigt seien, und namentlich zu
Züridi als die fümemste Ursache der durdi
ein ganze» Saeculum genossenen Ruhe, Einig-
keit und Wohlfahrt nächst Gott die einträch-
tige Aufsicht und Regierung der Kirchen und
Sdiulen durch die Prädikanten und Professoren
angesehen werden müsse.
€
Die Schuloninuiig des Jahres 1616.
Das Recht und die Pflicht der Prädikanten
zur Aufsicht über die hohen Schulen folgern die
Züricher auch |ius dem Akt der Handauflegung,
der ihren Brüdern zu Bern auch nach der
neuen Schulordnung noch verblieb, da es ihnen
unmöglich sein müsste, einzig aus dem Exa-
men pro ministerio die Kandidaten zu beur-
teilen, und wenn ihnen keine Gelegenheit ge-
geben wäre, Zeugen ihrer Erziehung und In-
formierung von Anfang an zu sein und sich zu
überzeugen, ob sie nicht Irrtümer ein-
gesogen hätten; denn es wäre dann zu
spät, dieselben ausrotten zu wollen, wenn sie
viele Jahre im Oemüt der Jugend sich einge-
wurzelt hätten. Aber noch immer müsse man
der Irrlehren wegen auf der Hut sein; in der
Beziehung könne Zürich als leuchtendes Vor-
bild dienen. «Es hatte vor etwas Zeits der
Schul zu Zürich nit geringen Dienst geleistet
der sehr fromme und hochgelehrte Theodorus
Bibliander; weil er aber auch ein Mensch wäre,
hatte er seine menschliche Schwachheit nit we-
nig sehen lassen in der Lehre von der Gnaden
Wahl Darüber ihne Gualtherus seeliger Oe-
dächtnuss, dazumalen Prediger zu St Peter,
weil er in den Examinibus und Lectionibus oft
zugegen wäre, offentiich bestrafft; Alsobald da«»
rauff auss einhäligem rath der Kirchen-Diener
und Professoren ward Bibliander unter dem
Vorwand Hochen Alters seines Diensts er-
lassen ; wordurch dan nit nur das ansehen eines
so wolverdienten Mans beschützet, sonder auch
die wahre Lehr der Helvetischen Glaubens-
Bekantnuss unverletzt erhalten wurde. »
Den Professoren zu Bern wird zu verstehen
gegeben, dass es ihre Pflicht gewesen wäre,
wenn die Regierung die Administration der
Schulen ihnen allein übergeben wollte, bei der-
selben anzuhalten und zu begehren, dass ihnen
die Kirchendiener zugegeben würden. Denn
die Trennung der beiden Stände müsse des
weitem auch auf die Studierenden den ver-
derblichsten Einfluss ausüben und sie dazu
führen, namentlich «wenn der Lehrenden Fiend-
schafft und Hass sich emüyet», zuerst die Pre-
diger, dann die Wahrheit Gottes selbst gering
zu schätzen und zu verachten. Bezeuge doch
auch Erasmus, von dem verschiedene Sprüche
der Schulordnung vorgesetzt waren, herrlich
und weitläuftig, es seie kein König, der an
Würdigkeit nicht einmal einem Dor^rediger
gleichkomme. «Wir können unss fürwar nit
erinneren — heisst es weiter — wo, nach dem
Urtheil Erasmi, die Kirchen den Schulen, die
Kirchendiener den Schuldieneren solten wei-
chen, und im ansehen geringer seyn. Vil-
mehr, weil die Schulen sind um der Kirchen
willen, die Kirchen nit um der Schulen willen,
so erforderet die natur der Subordination und
die Verwaltung der Kirche, dass gleich wie die
Soi^g und Aufsicht des Paedagogij und underen
Schulen zustaht den Professoren, dass gleicher-
massen den Kirchendieneren gebührt die Auf-
sicht der of entlichen Lectionen.»
«Gönnet den Jesuiten audi nicht den ge-
ringsten schatten einiger sönderung, denen
unsere biterkeit ist die siisseste wollust, da-
rin sie sich belustigen. Glaubets, dass sehr vQ
fromme und gelehrte Männer, die euch lieben,
durch eure Vereinigung hertzlich werden er-
quickt und getröstet werden. So ihr eine sol-
che freud so vilen getreuen Dieneren Christi
nit gönnen woltet, wurdet Ihr eine solche Sund
begehen, darüber ihr zu seiner Zeit Buss thun
müesstet »
So die' Zürcher den Bemem !
Schliesslich stellten sich beide Parteien vor
dem Täglichen Rat ein; es geschah im Sep-
tember 1617. Die Herren Prädikanten mit samt
den Helfern beschwerten sich « träff enlich » ,
dass sie von Schulen und Schulsachen aus-
geschlossen sein sollten, dagegen die Profes-
soren, von den Scholarchen vom weltlichen
Stand unterstützt, ihre Verfechtung aller Länge
nach auch dartaten, wobei die einen gegen die
andern «zimlich scharpf usgebrochen », der-
massen, dass die Gnädigen Herren des Täg-
56
^
Schulordnung des Jähret 1616,
Ib
lidien Rats zunächst in ihrer Session eine fried-
liche Pazifikation unter den Streitenden trafen
und den feierlichen Spruch fäUten,^ «das uss
oberkeitlichem wolbefuegtem gwalt und an-
sachen, undt vons besten wägen« alle wort undt
wärcky schrifft- undt mundtliches, so zwüschen
allersyts partien diss orts verlüffen, ufgehept,
zerschlagen, hin, todt, ab, und vergraben, der-
selben gantze gedechtnuss vertilget syn, undt
weder dem einen, anderen, noch dritten teil
an ihren ehren, guten namen, wirde, stand und
reputation schädlich, noch verwysslich syn,
sonders sy derseB>en irer ehren und Eeren-
ständen gantz wol yngesetzt, verwahrt, Einer
dem anderen das veigangene mit Hertzen und
Mundt vertzychen, veigäben; sy desselbigen
einanderen zu ungutem noch unglimpff nim-
mermeer gedencken, unndt inskünfftig, wie
Christen undt solchen Standtspersoonen ge-
btirt, sich lieben; insonderheit die schrifften,
so sy diser Sachen halb gägen einanderen ge-
stelt haben mögendt, Dominis consulibus über-
gäbenn söllindt, sy nach gepür undt nootdurfft
abzeschaff en ».
Ob dem Verlangen der Prädikanten ent-
sprochen werden sollte, wagten die Räte von
sich aus nicht zu entscheiden, sondern sie be-
schlossen, dass der «weit aussehende Handel }»
zu ftiglicher Gelegenheit vor den Rat der Zwei-
hundert gebracht werden solle. Zwei volle
Tage, den 27. und 28. November, verhandelten
sodann diese die Angelegenheit, der beste Be-
weis für die gegenseitige Aufregung, sowie
auch andrerseits für die Wichtigkeit, die man
der Sache beimass. Weitaus die Mehrzahl der
zahlreich versammelten Burger war der Mei-
nung, dass man die Prädikanten nicht mit Recht
« so rauh » ausgeschlossen habe und so erfolgte
der Beschluss, sie seien nach dem Inhalt der
Schulordnung von 1548 in die Inspektion
der Schulen und Schulsachen wieder
einzusetzen und sollten auch bei der Aus-
teilung der Legate und bei den Censuren an-
wesend sein; des fernem, dass es bei der ge-
ordneten Zahl der SchuhAte aus dem Kleinen
und Grossen Rate sein Verbleiben haben toUei
der Kleine Rat aber die Gewalt habe, die be-
reits gewählten zu bestätigen oder an ihre
SteUe andere zu ordnen.
Als die weltiichen Scholarchen daraufhin
ihre Demission eingaben, wurden sie den 4. De-
zember 1617 vom Rat aufs neue bestätigt und
gebeten, die Exekution der Schulordnung ins
Werk zu setzen.^ Es blieb aber immer noch
ein Stachel zurück, und es bedurfte auf die
Klagen der Professoren hin, dass man mit der
Beratung verschiedener dringender Schulange-
legenheiten immer noch zuwarte und sie nicht
wüssten, an wen sie sich wenden sollten, einer
neuen Mahnung an den Seckehneister v. Oraf-
fenried, den Präsidenten des Obern Schulrats,
sein Kollegium zu versammeln und die not-
wendigen Geschäfte abzuwandeln und auch in
Zukunft zu tun, was seines Amtes sei'
Bald nachher wurden die drei Prädikanten
zum erstenmal wieder in den Obern Schulrat
berufen, doch dessen waren sie noch nicht zu-
frieden : sie wollten auch zu den Sitzungen des
Untern Schulrats zugezogen sein.
In der Konventssitzung vom 4. März 1619,^
der die drei Prädikanten sowie die Professoren
und der Gymnasiarcha beiwohnten, beklagte
sich der Dekan Lüthard in der Prädikanten
Namen, dass er und seine Amtsgenossen wohl
in den Obern, aber noch nie in den Untern
Schulrat berufen worden seien, deshalb wolle
er wissen, «ob man si ouch welle laut der er-
kantnuss auss anno 1548 by Verwaltung aller-
ley Schulsachen bywonen lassen, oder nit Dan
im faal ihnen solches abgeschlagen, wurdent
sy verursachet by der Obrigkeit dessenthalben
hilf zu suchen: das si doch nit gern tetindt,
sonder möchtindt wünschen, dass solches sonst
freündtiich verwilliget wurde: welches dann
widerumb zu guter alter einigkeit ein mittel
sein wurde».
Das Begehren kam den Professoren offen-
bar etwas stark vor, und sie nahmen für einige
«
t)ic Sdiulordoiuig des Jahres 1616.
Stunden einen « Verdanck ». Nachdem derselbe
geschehen war, willigten sie in die Forderung
der Prädikanten ein und wie sie nun noch zu
wissen begehrten, ob es die Prädikanten bei
der Ordnung des Recioris halb bleiben lassen
wollten, und dieselben baten «den Schulrat
JÜl
mit mehreren Personen nit zu beladen >, er-
hielten sie die bezeichnende Antwort: est las-
sind es des übrigen halb bliben, wie es von Ihr
Gnaden des einen und andern halb geoidnet
wäre: denen es auch allein zustünde hier in
etwas enderung fürzenemmen ».
58
Die Obere Schule von 1616-1674.
Die Vorlesungen.
Während dieser ganzen Zeit scheinen sich
die Vorlesungen nach der Ordnung von 1616
gestaltet zu haben, sofern es die beiden theo-
logischen und den griechischen Lehrstuhl be-
trifft; bald genug aber werden sich die philo-
sophischen Vorlesungen auf Physik, Metaphy-
sik, Logik und Rhetorik und vielleicht auch
noch auf etwas Mathematik beschränkt haben,
was wir schon aus dem Umstand schliessen
können, dass die Schulordnung von 1676, die
nur noch eine philosophische Professur kennt,
vom Professor philosophiae einzig den Unter-
richt in den genannten vier theoretischen Dis-
ziplinen verlangt und von allen andern Zweigen
dieser Wissenschaft, welche die Ordnung vcn
1616 aufzählt, kein Wort mehr sagt Die Ord-
nung von 1676, zufrieden mit dem, was man
vor dem Jahr 1616 gehabt hatte, bestätigte den
Status quo, der aber offenbar schon längere
Zeit geherrscht hatte. Sie änderte auch an den
Pensen der übrigen drei Stühle, wie sie die
Ordnung von 1616 vorschreibt, nichts Wesent-
liches, so dass wir auch für diese, wie bereits
bemerkt, keine Erweiterungen, keinen Fort-
schritt anzunehmen haben.
Nur vorübergehend treffen wir in unserer
Periode einen fünften Professor, den der Zu-
fall nach Bern brachte. Im Februar 162Q kam
der kurpfälzische Professor der Eloquenz in
Heidelbeig, Dominus Conradus Schoppius,
um seines Glaubens willen aus seiner Heimat
vertrieben, in unsere Stadt und erhielt von der
Regierung, die sich der verfolgten Protestan-
ten jederzeit liebend annahm, die Stelle des
Lehrers der Musik und Arithmetik an der Un-
tern Schule mit dem Auftrag zugleich an der
Obern Schule wöchentlich eine Stunde Ora-
toriam zu lesen und am gesetzten Tag die
Exercitia stili abzulesen und zu corrigieren
und die dedamantes abzuhören.^
Im folgenden Jahr schickte er ein weh- und
demütiges Schreiben an den Täglichen Rat
(das uns die « Unnützen Papiere » ^ aufbewahrt
haben) mit der Bitte um Vermehrung seines
Einkommens, worauf er für seine Oratori-
sehe Profession ein ordentliches Honorar er-
hielt, nämlich an Dinkel 40 Mütt, an Hafer
8 Mütt, 220 Pfd. in Geld und 6 Saum Wein,
und nun wurden, damit der Staat nicht um-
sonst solche Gnadenakte walten lassen müsse,
im Oktober 1630 die Herren Studiosi vermahnt,
die Exercitia stili zu komponieren, zu dekla-
mieren und die Lectiones oratorias fleissig an-
zuhören und niederzuschreiben.^ Seine Auf-
gabe war also in der Hauptsache dieselbe, wie
des Professors eloquentiae gegen Ende des
Jahrhunderts, d. h. der Latinität der Studiosen
aufzuhelfen, und wir dürfen wohl annehmen,
dass mit der Aufbesserung seiner Besoldung
auch die Zahl seiner Vorlesungen vermehrt
wurde.
Zu Anfang des Jahres 1635 ist Schoppius
bereits nicht mehr in Bern; dass seine Tätig-
keit nicht ohne Erfolg war, kann aus dem
Umstand erschlossen werden, dass die mei-
sten seiner Funktionen dem Professor graecus
N. Henzi und dem Professor philosophiae
übergeben wurden,^ jenem die Exercitia stili,
diesem die Deklamationsübungen.^ Und nun
erhoben nicht weniger als fünf Lehrer An-
spruch auf Vermehrung ihres Gehaltes aus
dem von dem Stift ausbezahlten Stipendium des
«^
Die Obere Sdiule von 1616—1674.
gewesenen Professoris eloquentiae, drei Pro-
visoren und die beiden Professoren Henzi und
Haberreuter «nit unbülidi vermeinend, dass,
wie inen die mehrste beschwerd H. Schoppii
profession uferlegt und zu theil worden, sie
nun auch in der theilung synes gehabten sti-
pendii zu Vermehrung irer sonst nit gar star-
ken besoMung nit ussgesdilossen werden söl-
lint». Der Tägliche Rat befahl der Venner-
kammer, ihr Ober dieses Begehren ein Out-
achten abzugeben (den 8. Januar 1635) ; nach
demselben wurden die beiden Professoren mit
leerer Hand abgewiesen.
Dass die Regierung nidit gewillt war, dem
Herrn «Nikiaus» die Besoldung zu erhöhen,
begreifen wir vollkommen, da er schon wah-
rend emer Reihe von Jahren nicht einmal
seinen übrigen Amtspflichten genfigt hatte.^
Er starb audi kurz nadiher. Seinem Kollegen
Haberreuter aber wurde die gevdinschte Oe-
haltsaufbesserung nach einigen Jahren zu teil.
Die OehUter der Professoren
und der Praepositi«
Während des dreissigjährigen Krieges waren
bekanntlich die Lebensmittel derartig in ihrem
Preise gestiegen, dass die Fixbesoldeten in
die grösste Not kamen, weshalb sich der Staat
gezwungen sah, ihnen zu Hülfe zu kommen.
Dies geschah den Professoren gegenüber im
Jahr 1640 ; durch den Ratsbeschluss vom
10. Marz^ wurde deren Besoldung so normiert,
dass sie nun fast das Doppelte der Besoldung
von 1598 betrug,^ nämlich für die drei Profes-
soren der hebräischen und griechischen Sprache
sowie der Philosophie
an Oeld
an Dinkel
an Haber
400 Pfttnd,
56Mütt,
16
>i
für den Theologus aber, d. h. den Professor
der Theologie des Neuen Testaments^
51
an Oeld
an Dinkel
an Haber
500 Pfund,
60Mfit^
20
»f
und den 14. März desselben Jahres wurden den
erstem dreien je zwei Saum Wein vermeh-
rungsweise hinzugetan, sowie dem Theologo
«ein Ryffass mit wyn us dem welschen Kel-
ler.»
Durch dasselbe Dekret vom 10. März 1640
wurde auch der Oehalt der beiden Praepositi
wieder normiert; es besagt uns darüber:
«Dem Herrn Fürgesetzten im Kloster über
die alte bestallung ist (in bestätigung des raht-
sdilags vom 2. Dezember 1629) hinzugethan
und geordnet
an Oelt 50 L
„ Dinkel 8 Mütt
Dem Herrn uff der Schul soll fürtfain (in be-
stetigung der Vermehrung vom 12. Januar 1637)
zu seinem vorigen Stipendio bestendig ussge-
richt werden
an Oelt
Dinkel
>»
100 L
4 Mütt»
Unter diesem Stipendium ist die Summe
zu verstehen, welche die Praepositi zur Unter-
haltung ihrer Alumnen aus dem Stift und dem
Schulseckel erhielten. Im Jahr 1629 war in
der Tat dem Herrn im Kloster die besagte
Aufbesserung zugesprochen worden und zu-
gleich auch dem Herrn auf der Schul eine
solche, bestehend in 60 Pfund, 6 Mütt Dinkel
und 2 Mütt Haber. Beide hatten dem Kleinen
Rat ihre Not dargestellt und geschildert, wie
es ihnen bei der gegenwärtigen herben und
teuem Zeit nicht mehr möglich sei, sidi und
die Studenten zu ernähren, worauf die Onä-
digen Herren dem Stiftschaffner den Befehl
erteilten, obige Erhöhung jährlich auszurich-
ten;^ aber volle sieben Jahre lang
wurde, wie uns eine Aufzeichnung in den
«Unnützen Papieren» (XVIII, Nr. 35) besagt.
ü^
Die Obere Scliiile vcm 1616—1674.
dieser Befehl nicht ausgeführt und
weder das Geld, noch das Korn ab dem Stift
dem Herrn im Kloster entrichtet» und offen-
bar auch dem Herrn auf der Schul nichts Das
Stift steuerte damals an das Kostgeld der Kol-
kgianer jahrlidi
an Oelt
an Dinkel
und der Sdiulseckel
an Oett
660 Pfund,
152 Mfitt
390 Pfund.
Dazu kamen zum Kochen und Badcen und
für die Heizung der grossen Oefen in den Au-
ditorüs «12 buchin Stuck oder Stammtrom,
denn die grotzen und est behäng in dem Brem-
garten».
In das Rechnungsbuch und die irdisdien
Sorgen der geistlichen Herren auf der Schul
gestattet uns eine erhaltene Eingabe des Schul-
meisters Christoffel Müller (Molitor) einen
EmbUck;> Müller war von 1628—1635 Schul-
meister und Paedagogiardia und schreibt an
die Gnädigen Herren über seinen Haushalt
also:
« Uff erzeichnuss des järlichen ynkcmimens
der 16 Studenten uff der Schul.
Ersflicfa US dem Schulseckel järlich an
Pfen.
159 Kronen.
Demnach us dem St Johansen Hus järlich
15 Kronen.
bringt sammentfaaft 174 Kronen.
Disers ihn 16 tfaeil abgetheilt, zücht jedem
Studenten järiich 10 Kronen, 22 Bz., 3 Crüzer,
4 Haller. Us disem mus man die Studenten
mit nachtracht spysen; sonderlich wuchenflidi
zweymal Fleisch gäben, jedem allemal 1 Pfund.
Naben disem mus man auch ein Jungfrouw,
ouch underwylen werckwyber zum bestrychen*
und waschen mit spys und lohn erhalten:
bringt järlich auch über die 40 krönen.
^
So brucht man auch järlich zu bryen: item
zweymal der Studenten betigwandt zu bestiy-
chen, auch brott zu milchbrochen,^ völlig 6.
müt kom. Und 2 mütt haber zu habermäl.
Ich will geschwygen der anderen spysen, wel-
che alle man jetziger Zyt mit zwyfachem galt
ynkauffen mus, us^on, was man us dem
garten hat, welcher aber mit kosten muss ge-
buwet werden.
Es wirdt zwar von Ihr Qnd. den Studenten
zwyfach mus und brott gäben;^ es weis aber
hieiby ohn zwyffel Ihr Ond., das andre kna-
ben, die auch zwyfach muss und brott haben,
noch jerlich 15 oder 16 krönen, ja auch jetzi-
ger zyt mehr dischgält gäben müssen : mit wel-
chen man doch nit so vil unmuss und un-
glägenheit han mus, wie man tag und nadit
mit den Studenten haben muss.
Zu disem allem wirdt auch zwar von Un-
Sern Ond. H. holtz gäben, wyl aber die buchen
von jar zu jar kleiner geführt werden, auch
jetziger Zyt zwen grosse offen mehr als vor
ettlich Jahren geheitzt werden, so mag man nit
gnug haben; es sye dann, das man die kna-
ben im winter übel muss erfrieren lassen.»
Den 14. Januar 1637 wurde sodann des
Schulmeisters Corpus über seine vorige Be-
stallung verbessert^ und zwar
an Holz um 4 wärschafte Fuder (2 von
Tannenholz und 2 von Buchenholz),
an Wein 2 Saum,
an Oeld fronfastlich 25 Pfund,
an Kom „ 1 Mütt Dmkel
und diese Vermehrung wurde im März 1640,
wie wir bereits sahen,^ bestätigt
Der Schulseckel, der für die Studenten auf
der Schul namentlich in Anspruch genommen
wurde, war durch eine lange Reihe von Ver-
mächtnissen bereits zu einem stattlichen Ka-
pital angewachsen. Die Vergabungen betrugen
bis zum Jahr 1630 die Summe von 27530
Pfund.^ In dieser Summe sind aber nidit in*
Fen (al^esehen von den 400 Pfund, die
tfl
Die Obere Schule von 1616—1674.
»
ihm jährlich von den Klöstern Königsfelden,
Zofingen, Interlaken und Frienisberg durch die
Amtsleute zuzuwenden waren) :^
1. das Fädmingersche Legat im Be-
trag von 5000 Pfund, dessen Zinsen laut Te-
stament des im Jahr 1586 verstorbenen De-
kans Fädminger^ nach dem Tode seiner Gattin
jährlich den HH. Prädikanten, Helfern, Pro-
fessoren und Schulmeistern zugestellt werden
sollten, damit diese daraus 12 in guten Treuen
erkieseten Schülern von guter Art und einem
zuchtigen Wandel und die sich zu Kilchen-
und Schuldiensten verpflichten wollten, an ihre
Unterhaltung 240 Pfund ausrichteten und zwar
den ersten sechs je 25 Pfund, den andern je 15
Pfund. Die übrig bleibenden 10 Pfund sollten
den obengenannten Herren für ihre Mühe und
Arbeit zustehen, um sie ihrer Gelegenheit
freundlich mit einander zu verzehren ; ^
2. das Tillier-Stipendium, d. h. das
Stipendium des Ratsherrn Hans Anton Tillier
«zu Uffererzüchung frommer Jünglingen» im
Betrage von 1200 Goldkronen;
3. das Legat des Seckelmeisters Vincenz
Dachselhofer von 2000 Kronen «zu Uff-
erzüchung tugendliebender Jünglingen». 1627
wurde durch den jungen Dachselhofer diese
Stiftamg um 400 Kronen vermehrt, so dass nun
zwei Stipendien von je 60 Kronen ausgerich-
tet werden konnten. Die Erben Dachselhofers
hatten cfie Stipendiaten zu bezeichnen.
Die Musshafenordnung des Jahres 1643.
Aus der mitgeteilten Eingabe des Schul-
meisters Molitor ist ersichtiich, dass die Stu-
denten auf der Schul den Musshafen genossen ;
infolgedessen waren die Geldbeiträge für die
16 auf der Schul verhältnismässig viel kleiner
als diejenigen für die 20 Kollegianer, welche
vom Musshafen nichts bezogen. Die Herren
Studiosi auf der Schul waren also auch der
Musshafenmusterung unterworfen, was
ihnen wohl nicht gerade behagt haben mag.
Dieselbe fand alljährlich einmal im Juni oder
Juli an einem Donnerstag alsobald nach der
Predigt in der Vennerkammer statt und zwar
nach folgendem Ceremoniale : ^
Nachdem sich das Vennerkollegium, dem
der Musshafen unterstellt war, mit den Herren
Geistlidien, sämtiichen Professoren und dem
Prinzipalen der Untern Schule versammelt
hatte, eröffnete der Seckelmeister die Feierlich-
keit mit einer kurzen Anrede, worin er aus-
einandersetzte, warum es zu tun sei. Dann
überreicht der Rektor im Namen seiner Kol-
legen dem Seckelschreiber das Verzeichnis der
Musshafengenössigen samt ihren Testimoniis
und dieser ruft nach demselben einen Studio-
sus nach dem andern in die Kammer hinein;
jeder Eintretende hat mit adsum zu antworten.
Sind alle in der Kammer versammelt, so pero-
riert der Seckelmeister auf eine der Feierlich-
keit angemessene Form und nach der Oration
lobt er die Fleissigen und schilt die Unfleis-
sigen, diese zu mehrerem Eifer anmahnend.
Die zur Besserung keine Hoffnung mehr lassen,
priviert er des Musshafenbeneficii und ver-
weist sie ad aliud vitae genus. Nach dieser
Remonstranz fragt er die Professoren und
Geistiichen an, ob sie noch etwas anzubringen
haben, worauf die Studiosi entiassen werden.
Hierauf kommt die Reihe an die Knaben
der Untern Schule, mit denen in ähnlicher
Weise voi^egangen wird. Nachdem auch diese
entiassen sind, werden jedem der Professoren
ein Gulden, dem Teutsch-Sedcelmeister, den
Vennem und deren Sekretarius je 10 Pfd. aus-
gerichtet^
Nicht jedem Seckelmeister mag diese Ora-
tion und Censur angenehm gewesen sein, und
gerade in unserer Periode drohte die Muss-
hafenmusterung ausser Gebrauch zu kommen.
Die Herren Geistiichen mahnten deshalb
zum Aufsehen, und so erging den 10. Jenner
1640^ folgender Ratszettel an das Vennerkol-
legium:
«
Die Obere Sdiule von 1616—1674.
«Nachdem meine gnädig Herren uff der
Herren der Oeistlichen uff hütt gethanen an-
zug in obachtung genommen, was vill unfleis-
sige unnd untugenüiche Schuler biss dahar den
Musshaffen unwürdig genossen, und derowe-
gen hoch von nöthen seye, dass demselben
gebärender massen vorgebuwen, die inertes
scholastid darvon Verstössen, und die tugent-
lichen in das benefidum uff- und angenom-
men werdind: habend Ihr Ond. nit Umbgang
nemmen wollen, Euch mhE. Herren den Ven-
neren ze bevelchen, altem, nun ein oder zwei
Jahr underlassnem Bruch nach, die jehrlichen
musterungen an gewohntem ortt ernstlich an-
zestelleUy die praeceptores umb eines jeden
Schulers Verhaltens, Fleiss oder Unfleisses halb
grundtUdi ze vememmen, zun dem end und das
hernach nach gegebner zugsame dem ein und
anderen der Musshaffen gegeben oder abge-
strickt werde. Massen Ir das ein unndt andere
in wfirdclichen effect stellen, und alle untugent-
lichen Schuler dess benefidi oUae abschaffen
und durchwQsdien werdind, Ir Qn. Euch woU
vertruwend. »
In den Musshafen, der ebenfalls, wie der
Schulseckel, durch manche Legate gottseliger
und guttatiger Leute «bis auf ein feines jähr-
liches Einkommen » vermehrt worden war, war
aber auch noch in anderer Beziehung in der
Zeit, von der wir handeln, grosse Unordnung
gekommen: nicht bloss unwürdige, sondern
auch viel zu viele Schüler drängten sich an den-
selben heran und genossen das begehrenswerte
Benefidum, ja es gelang sogar Subjekten, die
nach dem Wortlaut der Stiftungen gar kein An-
recht an den Musshafen hatten, in die Küche
im Dominikanerkloster, wo in einem grossen
Kessel vom geschäftigen Musshafenkoch das
wohlschmeckende Essen angerichtet wurde,
sich einzuschleichen, und an gewissen Tagen,
wenn Fleisch gekocht und ausgeteilt wurde,
lagerten ganze Bettlerscharen im Hof vor der
Küche und wussten sich Fleisch, Muss und
Brot zu erobern. Es war zu Anfang der Vier-
»
zigerjahre des 17. Jahrhunderts so weit ge-
kommen, dass die Qeldausgaben die Einnah-
men überstiegen und aus dem Stadtgut ein
erhebliches Quantum Getreide zu demjenigen,
was dem Musshafen einging, dargestreckt wer-
den musste. Deshalb schritt die Regierung im
Frühjahr 1643 zu einer vollständigen Reform
des Musshafens und ernannte eine Kommis-
sion, bestehend aus je vier Mitgliedern des
Kleinen und Grossen Rates, welche mit Ab-
schaffung aller eingeschlichenen Missbräuche
eine feste Ordnung einführen und vor allem
die Zahl der Musshafengenössigen normieren
sollte, damit das Ausgeben das Einnehmen
nicht mehr überschritte und das gewünschte
finanzielle Gleichgewicht wieder hergestellt
werden könnte.
Nach dieser Musshafenordnung^ erhielten
die Sechszehn auf der Schul täglich ein jeder
an Brot «ein gross Mütschen» von zwei Pfund
Gewicht und «eine Kellen mit Muss, ein Mas
haltend ».
Neben den Pädagogianem erhielten 15 Stu-
denten aus der Zahl der Exteri das Recht, den
Musshafen zu geniessen und zwar den doppel-
ten, d. h. täglich zwei Kellen mit Muss und
ein Vi Pfund schweres Brot*
Unter 17 malen des Jahrs bekamen alle
Musshafengenössige, sei es dass sie einfachen
oder doppelten Musshafen hatten, dritthalb
Pfund Fleisch; an diesen Tagen hatte ein
« Kärlismann » für 15 Kronen Fleisch aus der
Schal zu dem Musshafen zu führen, allwo
es gekocht und verteilt wurde. Daneben wurde
unsem Pädagogianem zweimal im Jahr, zu
Weihnachten und Ostern, ein ganz besonderer
Leckerbissen zu teil, den der unverdorbene
Alamannenmagen heutzutage noch nicht zu
verschmähen pflegt, nämlich jedesmal 10 Pfund
Kutteln von den zwei auf diese hohen Fest-
tage geschlachteten Rindern.^
Während der Austeilung aller dieser Gaben
Gottes und der Gnädigen Herren wurde im
Dominikanerkloster militärisch strenge Diszi-
Dk Obere Sehnte von 1616-1674.
51
plin gehalten und der Musshafenkoch, der im
Staate Bern nicht der letzte war, wurde durch
die Ordnung ematiich vermahnt, «niemand in
die Kudie zu lassen, sondern das Mus einem
jeden nach der Ordnung des Catalogi, wie er
abgelesen wird, anzerichten ». Der Herr auf
der Schul hatte wöchentlich einmal «eine Vi-
sitation zum Mushafen zu tun» und sich zu
fiberzeugen, ob alles in der vorgeschriebenen
Ordnung vor sich gehe; dafür eriiielt er am
Samstag ein Paar einfadie Mutschen! Sechs
Offidarii, der 7. Klasse entnommen, unter-
stutzten den Koch in seinem schweren Amt;
jeder derselben hatte seine ganz bestimmte
Aulgabe, und die Braven erhielten, wenn sie
ihre «Aemtlenen» nach der Meinung ihres
Chefs untadelig verrichteten, wödientlich zu
ihrem Ordinari-Musshafen drei einfach Mut-
schen samt dreien Kellen mit Muss. Fürsttidi
aber wurde ihr Chef selber, der Koch, hono-
riert Alle Tage erhielt er vier zweifach Mat-
schen und sechs Kellen mit Muss und an je-
dem geordneten Fleischtag 10 Pfund ReisdL
Von manchem Burger wurde er beneidet!
Wer unter den Exteri der Studenten den
Musshafen bekommen sollte, lag in der Hand
und Gewalt der Venner und der Herren Geist-
lichen. Sie hatten alle halbe Jahre nach der
Vornahme der Promotionen diese Stipendia
nach der Würde, dem Fleiss und der Dürftig-
keit eines jeden zu besetzen und wenn in der
Zwischenzeit ein Platz verlediget wurde, sei
es durch « Abstossen » der zum Studieren Un-
tauglichen oder auf andere Weise, denselben
sofort einem andern zu übergeben.
Bei der Besetzung des Musshafenstipendi-
ums hatten die Schüler und Studenten von
Thun, Zofiugen und Brugg dasselbe Anredit,
wie alle übrigen Bemer; sie sollten hierin
«dessen, dass von einem jeden Ort eine ge-
wüsse Anzahl Studenten auf der Schul und im
Kbster erhalten werden, nfltzit zu entgelten
haben».
Die Schttlrefemuitloii des Jahres 1643.
Zugleich mit der Musshafenreformation
wurde auch eine Schulreformation vorgenom-
men,^ nach dem Consultum der Professoren
und Geistlichen vom Täglichen Rat den 16. No-
vember 1643 gutgeheissen und bestätigt
Diese sogenannte Schulreformation bezieht
sich nur auf die beiden Alumnate auf Kloster
und Schul, wo es um die genannte Zeit etwas
kunteii>unt her- und zuging. Schon im Jahre
1639 hatte der Tägliche Rat gegen die Aus-
schreitungen der Pädagogianer einschreiten
und in einem Konflikt, den diese mit ihrem
Praepositus, dem Herrn Adunüller hatten, sich
ins Mittel legen müssen. Gegen diesen waren
die Studenten wegen mangelhafter Traktation
und Excessen in der Castigation klaghaft ge-
worden und bei der Untersudiung hatte es
sich herausgestellt, dass die Pädagogianer, die
sich über schlechte Beköstigung beklagten, ihre
grossen Musshafenmütschen um Geld verkauf-
ten und den Gewinn in den «Kellerhälsen»
vertranken, auch geheime, ihrer Hausordnung
widersprechende Gesetze hatten, in wekhen
die Geldpressuren die Hauptrolle spielten, und
überhaupt ein zäum- und zügelloses Leben
führten. Nach dem Abschluss der Untersuch-
ung hatten die Herren Geistiichen den Auf-
trag erhalten, die Schuldigen züchtigen zu las-
sen, ihnen die geheimen Gesetze abzufordern
und alle «zur schuldigen Gehorsamme, Gotts-
forcht und Observation Ihr Gnaden Ordnung
und mehreren Respeds-Erzeigung gegen il
Der Herren Geistiichen Anmahnung zeitigte
nicht viele Frucht, nach vier Jahren ging's im
Kloster und auf der Schul wieder drunter und
drüber. Schuld war aber auch teilweise die
Nachlässigkeit der Herren Fürgesetzten, weldie
die Aufsicht gar zu gemütiidi führten. Im
Kloster lag dieselbe jetzt dem Professor he*
braicus David Maser ob, der im Jahre 1632
Die Obere Schule von 1616—1674.
^
an die Stelle des altersblöden Herrn Nikiaus
getreten war, nachdem die KoUegianer gegen
ihn eine förmliche Rebellion in Szene gesetzt
hatten^i aber auch Maser wurde in der Er-
füllung seiner Pflichten bald nachlässig. Das
ganze Lebwesen der Studierenden war an-
stössig; sie schweiften in der Stadt herum, wie
uns unsere Schulreformation mitteilt, jagten
die ganze Zeit dem Wein nach und in ihren
Stfiblinen tranken sie des öftem bis um Mitter-
nacht Das Qeld zu diesen Excessen brachten
sie durch die sogenannten Pressuren auf, die
namentlich an den «Untersten», den armen
Füchsen, vorgenommen wurden. Diese muss-
ten für die altem die Lektionen und Predigten
besuchen und wenn sie's nicht taten, für eine
jede 6 Kreuzer bezahlen. Wer Exlex, von
allen Strafen, die die Hausordnung bestimmte,
frei sein wollte, bezahlte je nach seinem Platz
zu 60 Batzen in die geheime Kasse. Wer in
das Kloster eintrat, musste 3 Kronen in die-
selbe erlegen, dasselbe geschah beim Austritt
In einem «sonderbaren Rodel» wurde über
alle diese Gelder Buch geführt
Auch an die Kleiderordnung kehrten sich die
gottk)sen Studenten nicht mehr: sie trugen
gar zu breite, oder sogar Sammet-Krägen auf
ihren Mänteln, hatten lange Hosen und Schuh-
bendel, item grosse Halskrägen und derglei-
chen mehr. Wider das ausdrückliche Verbot
der Schulordnung « stotzten » sie vor dem Klo-
ster, der Schul und andern nächst gelegenen
Orten und im Kloster selber schrieen, pfiffen
und randalierten sie und führten andere der-
gleichen «grobianische Stuck» auf, kurz ihre
Sitten und Qebärden waren je länger je
schlediter geworden. Damit ging Hand in
Hand, dass sie in ihrem Studieren insgemein
hin- und fahrlässig waren und die Predigten
und gemeinen Qebete schlechtlich besuchten
und nicht die kleinste Klage war die, dass sich
bei ihnen in der lateinischen Sprache grosser
Mangel zeigte; das sah man genugsam aus
ihren Reden und « Qschriften ».
Um all diesem Unheil und all den Miss-
bräuchen abzuhelfen, beschloss der Kleine Rat
1. in Bezug auf die Mängel im Studieren der
KoUegianer:
dass sie unter sich und mit ihrem Herrn
nach altem Brauch nur Latein reden dürften
und zu diesem Zwecke vom Präpositus ge-
heime Aufseher zu halten seien, welche die
Fehlbaren anzeigten, damit diese ernstlich ab-
gestraft und nötigenfalls beim Konvent verzeigt
werden könnten;
dass zu dem Kapitel der Heiligen Schrift,
welches jeden Abend nach der Schulordnung
gelesen werden musste, an den Tagen, da
keine Predigten gehalten wurden, eine Ana-
lysis logica in lateinischer Sprache von den
Studenten hinzugetan und angewendet, so ein
Kapitel aber weitläufig, nur ein Teil auf diese
Weise traktiert werde;
dass die KoUegianer in monatlichen Exa-
mina über ihre Kenntnisse und Fortschritte
Rechenschaft zu geben und jeden Monat der
Reihenfolge nach unter der Anleitung des Pro-
fessors der Philosophie eine Oration aus dem
Katechismus zu halten verpflichtet werden und
dass ihr Präpositus so oft als möglich im
Klosterhof sich einfinde, wenn seine Unterge-
benen zum Zug in die grosse Leutkirche sich
formieren und der Catalogus verlesen wird,
damit er sich selber überzeuge, ob alle die
Predigten und Oebete besuchen oder ob je-
mand fehle.
2. in Beziehung auf das Lebwesen der Alum-
nen im Kloster,
dass sie in ihrem Senat dem Herrn zu ge-
k)ben haben, weder von den Eintretenden, noch
von den Austretenden Oeld zu erheben, so-
wie aUe Pressuren und geheimen Rodel ab-
zuschaffen und die gesetzlich eingezogenen
Strafgelder monatUch dem Präpositus abzuUe-
fem bei Strafe der Remotion;
dass diejenigen, so ohne des Herrn Vor-
wüssen den Untersten Wein ins Kk>ster zu
tragen befehlen oder selber solchen herein-
tf^
Die Obere Schule von 1616--1674.
»
Recht ab, von ihren Kommilitonen, namentlich
den jungem, für ihr eignes Interesse so viel
Oeld als möglidi herauszupressen. Deutlich
ersehen wir auch aus diesem Aktenstück, wie
die durch das Gesetz eingeführten Qeldbussen
zur Immoralität fährten und um so mehr dazu
fuhren mussten, als die Quästur von den ver-
fallenen und nicht einbezahlten Geldern auch
die Zinsen zu berechnen und zu erheben hatte.
Das waren die Exdusionen. «Sollen wir dann
— sagen die Exteri — mit unserer höchsten
unglegenfaeit, erst so viel gelt zu wegen brin-
gen, umb dasselbig ihnen einzuliferen, da sie
es doch nur zum Unnutz anwenden? Wurden
nicht hierdurch nur unsere Eiteren, zu dieser be-
schwerlichen Zeit fumemlich, da kein gelt zu
bekommen, gestrafft? Insonderheit weil durch
die übertriebnen Exclusiones die schulden also
gehäuffet worden, dass die Exclusiones bald
über die quästur, d. i. der Zins über die Haupt-
schuld auffgest^en waren; da doch geordnet
sol worden sein, es solle zu Monaten nur 3
mal, und zwar erst nach verfliessung eines
Monats, exdudiert werden ».^
Mit dem Versprechen, dem Studieren in Zu-
kunft eifrig obzuliegen, da die Kriegszeiten
vorüber und es wieder Studierenszeit geworden
sei, erwarten die Studenten die gnädige Ant-
wort ihrer Obem.^
In demselben Jahr richteten die Alumnen
im Kloster eine Eingabe an den Täglichen Rat
mit der flehentlichen Bitte, des mühevollen und
dem Studieren hinderlichen Klosterlebens er-
lassen zu werden.^ Wir bringen dieselbe an
dieser Stelle zum Abdruck,^ weil sie uns von
allen Dokumenten aus jener Zeit den besten
Einblick in das Leben der damaligen Studenten
gewährt; zudem mag es unsere Leser inter-
essieren, wie das Deutsch lautete, das die
jungen Leute schrieben, welche in den Vor-
lesungen nur Latein hörten und in ihrem Hause
nur Latein reden durften und die deutsche
Schriftsprache nur aus ihrer Piscatorbibel, den
religiösen Uebungen in der grossen Leutkirche
und den Predigtübungen im Kloster kannten
oder vielmehr kennen lernen sollten. Wenn
man das bedenkt, wird man sich billig über
den lesbaren Stil, in dem unser Gutachten ab-
gefasst ist, wundem, aber — naturam expellas
furca, tamen usque recurret
« Hochgeachte, Gnedige Herren und
Oberen.
Obglich wol ein Hoche Gnedige Obrigkeit
Sehr grosse sorg tregt, damit die Lehr des
H. Evangelij, wie auch die rechte wahre er-
kandtnus Gottes und sines Heil. Worts in
Ihren Landen und gebieten erhalten werde,
welches dan gnugsam us dem ersdiint, das
sy by zitten die studierende Jugendt als pfläntz-
ling in den zu den studijs bequemlichen ohrten
lasset pflantzen und ufferzüchen, damit sy zu
der von Gott bestimbten Zeitt der Herd Christi
wol vorstehint, und durch die Evangelische
Lehr beides, andere und sich selbst, selig ma-
chen könnint; so geschieht dennoch leider vil
mahlen, das ein Hoche Gnädige Obrigkeit
dises Ihres Zwäcks beraubet wirt, nit zwar,
das dessen Ihr Gnad einiche schuld tragint,
sondern wil solches herfliest von anderen dem
studieren sehr verhinderlichen imkomlichkeiten
und ungelegenheiten, welche disem Zwädc
hefftig zuwider sindt : Wie dan solche eben
alhier in unserem Kloster, welches sonsten
ein eriialterin und emehrerin des studierens
sin sölte, sich vilfaltig ereugen und spüren
lasset
Ist derowegen von Ihr Gnaden alumnis in
dem Kloster offtmalen gewünscht worden, das
doch bequemliche gelegenheiten sich wurden
zutragen, das unser arbeitseliges Klosterleben
Ihr Gnaden in recht wahren Dreuwen ohne
einichen betrug könte angezeigt und eröffnet
werden; Wilen wir dan nun solchen den Stu-
dijs veriiinderlichen und sehr schädlichen un-
geiegenheitten, um etwas fleysiger nachgefor-
schet und selbige erduret, als verhoffen wir
es werde Ihr Gnaden keinen misfallen noch
iR
Die Obere Schule von 1616—1674.
^
Unwillen dafx>b fassen, so wir supplicantes die-
selbigen sampt der gantzen beschaffenheit des
Klosters Ihr Gnaden fürbringen werdint, wie
dan hiermit in aller underthänigkeit geschehen
soll, bittende Ihr Gnaden gantz hoch und flä-
hentlich uns giinstige, gnedige Ohren darzu-
reichen.
Damit nun Hochgeacht Ihr Gnaden einen
grundtlichen bericht fassen möge, wohar so-
wol die dem studieren verhinderiichen unge-
legenheitten, als auch das hierus entstehende
liederiiche und ihren vorgeschribnen Ordnun-
gen zuwiderlaufende läbwesen ihren eigent-
lichen Ursprung gewinnint, kan solches Ihr
Gnaden nit besser fürgebracht und beschriben
werden, als wan wir Ihr Gnaden berichten
Erstlichen unserer Tractation, wie wir
mit speis und tranck versechen siyind ? zum
Anderen, unserer Habitation oder Woh-
nung, wie die Studier- unnd Schlaffstuben wie
auch anders mehr beschaffen seie? zum
Tritten unser Conversation, oder was sich
bi unser bisamen Wohnung unvermidenlich zu-
trage?
Betreffent nuhn die Tractation der Studen-
ten im Kloster bestehet dieselbige in Ordinari
und Extraordinari speisen.
Die Ordinari speysen so uns durch das
gantze Jahr von tag zu tag uffgestelt werden,
sindt nachfolgende:
Am Sontag morgens wirt uns dargestelt
suppen und fleisch, uns aber ist unbewüsst wie
viel pfund von Ihr Gnaden uns verordnet seien.
Abendts aber stelt man uns uff ein gewermbte
fleischsuppen, darzu Winters Zeits ein Hirs,
Sommers Zeit ein salat oder zun Zeiten kabis
oder kraut
Montags am Morgen ein gärstenmuss, zur
Nachtracht milch, Sommer Zeits kalt, Winters
Zeit warm; Abendts widerum gärstenmuss,
hierzu köli, oder schnitz oder kraut
Dinstags, für das Morgenbrott ein ärbs-
muss, hierzu aber Winter Zeits ein haberbrey
oder kürbis. Sommers Zeits ein Weissenbrey
oder krautstilen. Abendts suppen und fleisch.
Mitwochen, Morgendts ein gewermbte
fleischsuppen, darzu meistentheils kirssuppen
oder Kürbs, Abendts ein erbsmus, darzu weis
Rüeben oder Schnitz.
Donnerstag, Morgendts ein Erbsmus sampt
einer kalten oder warmen milch. Abendts
suppen und fleisch.
Freitag, Morgens ein gewermbte fleisch-
suppen und dameben ein wiser brey. Abendts
ein Dinckelkemenmuss, darzu gälbi rübli oder
kraut
Samstag Morgens ein Dinckelkemen Mus,
übrigs im Winter ein haberbrey oder kürbs,
Sommers Zeit ein pfäffer oder krautstilen.
Abents ein Mälsuppen, darzu kraut oder Weis-
rüben.
Zu Mittag aber empfachet ein Jeder durch
das Jahr alletag nichts als ein trocken studc
brot
Und sind der tischen, uff welche dise speis-
sen dargestelt, zwen, auff dero ein Jedem alle
morgen und abendt ein Zechen-crützer werti-
ges brott für 10 persohnen dargelegt wirt
Zu disen Obenerzehlten speysen werden
alle abendt durch das gantze Jahr, wie auch
Sontag Morgendts 3 mas Wein us Ihr Gnaden
Tütschem Keller, durch einen der sechs under-
sten im Kloster abgeholt und under zwäntzig
usgetfaeilt
Die Extraordinari speyssen belangent, wirt
uns von unserem Herren praeposito eines Jahrs
5. oder uff das höchste 6. mal späck, denne
auch an gewüssen festlagen entweders ge-
brattens fleisch oder Pasteten uffgestelt, für
welche Ihme durch unseren verordneten Ora-
torem gebürlich gedancket, auch unsere ver-
mügenliche Dienst anert)otten, auch zun Zeit-
ten, so wir darzu von ihme vermant, geleistet
werden.
Obermelte Ordinari speisen aber, werden
uns Sommers Zeit um 9. Winterszeit um 10.
Uhren Morgents, Abendts aber durch das
<1
Die Obere Schule von 1616—1674.
f^
gantze Jahr um 5. Uhren fürgestelt, welche
wir zwar keines Wegs verachten, sonder als
heylige gaben Gottes mit höchster Danck-
sagung beides gegen Gott, und gegen Ihr
Gnaden annemmen. Wylen sy aber mehrtheils^
den Studierenden, insonderheit aber den Exa-
minaten, so teglich hin und wider zu predigen
gerüst und bereit sein sollen, unbequemlich
fuigestelt werden, entspringen darus dem stu-
dieren hoch schädliche nachfo^nde ungele-
genheiten und veriiindemussen, als
Erstlich, wyl bi solcher Tradation offt keiner
nach Notiiurfft sich kan ersettigen, pflegen die
mehrer theil vilmehr nach allerley dem
studieren gewonlich verhinderlichen mittlen zu
trachten, wie sy Ihnen selbs notwendige speyss
und tranck könnint zuwegenbringen, als aber
dem studieren nachzusinnen.
Zum Anderen, das etliche die dise mittel nit
haben, gezwungen werden gelt uffzubrechen,
sich in schulden zu stecken, oder andere mittel
für zu nemmen, darunter auch dis eins ist,
das schädliche allzufrühe weihen, dardurch nit
allein die eiteren hefftig bekümmeret werden,
auch solches an Ihrem zeitlichen gutt beduriich
empfinden, sonder auch etliche nach Ihrer
von Gott und einer Gnäd. Obrigkeit erlangten
Condition offt lange Jahre an ihren zuvor uff-
gefoffenen geltschukien zu bezahlen haben.
Zum Tritten, das Ihrer etliche zu Ihren El-
theren, fründ und anderen bekandten sich ver-
fügen, daselbst eine bessere underhaltung zu
suchen, ab welchem dan Eiteren und verwandte
offtmahlen einen grossen Unwillen fassen, ver-
meinende sy solten nunmehr des über das
studieren Ihrer Kinderen ergehenden Kostens
erlediget seyn.
Viertens, das so der eint und andere mit
einer leybskranckheit von Gott heimgesucht
wirt, er entweders Ihme selbs raht zu schaffen
und sich mit anderen siner gesundtiieit mehr
befüiderlichen speyssen ze versechen; oder
aber sich us dem Kloster änderst wohin in kost
zu begeben, genötiget wirt
Endtlich, das wegen solchem unoidenli-
chem essen und trincken, auch usgestande-
ner kelte vilen Seel und Lybsgaben sindt ge-
schwecht worden, wie es die Erfahrenheit by
vil Jahren daher mehr dan gnugsam bezüget,
inmassen Ihrer vil beides, noch allhier im
Kloster, als auch hernach vil Schwere krandc-
heitten erlitten und usgestanden.
Betreffendt jetz für das Ander die Habitation
oder Wohnung, ist selbige zwar unlengst ver-
besseret worden, indem Ihr Gnaden 4 nüwe
Studierstuben und 2 Öfen darinnen, sampt bi-
gefügten schlaffkammeren bauwen lassen, wor-
für Ihr Gnaden deroselben alumni höchsten
Danck zu erwisen wüssen: Jedoch sindt noch
übrig 3. alte stüblin, darinnen schon efliche
Jahr sehr schlechte und gäntzlich verschlissene
offen, zerbrochene fenster und wend gewesen
sindt, also das kein oder gar wenig werme
darinnen verbliben mag: die übrigen drü kön-
nen US mangel der Öfen gar nit gewermt wer-
den, und sindt noch überdis schlechtlich inge-
macht, mit zieglen beschossen, inmasen die 6.
understen Winters Zeits grosse kelte darinnen
usstehen müssen.
Im übrigen sindt ins gemein alle Stüblin
gantz schlechtlich bestelt, in ansehen der gli-
geren, dann
Erstlich, so sindt die Underbeht in das Klo-
ster gehörig, sampt den Hauptküssenen alters
halber nunmehr so schwär und verderbt, dass
selbige alzumal widerum zu verbesseren nit
müglich.
Zum Anderen sindt der mehrertheil dersel-
ben gantz bloss, mit wenig federen erfült, und
wo noch Ziechen sind, gantz blöd und fast
zerbrochen.
Zum tritten sindt die strauwseck c rever.
darvon zu reden theils mit 20jehrigem strauw
usgefüllt und theyls aber gentzlich verfuhlet,
wie dan verschinenen tagen die Wol Edle frauw
Seckelmeysterin, sampt anderen Ehrbahren frau-
wen dis beduriich angesechen und gnugsamen
bericht werden geben können.
«
Die Obere Schule von 1616-1674.
Hieraus nun erwachsen abermahlen nach-
folgende dem Studieren hoch schädliche ver-
hindemussen
Erstlich, das diejenigen, die zwar us Ihr
Gnaden vätterlicher fürsorg feine mit Öfen ver-
sehene stüblin haben, dennoch durch den gan-
tzen Winter, us eigenem kosten Holtz kauffen
müssen, welcher sich dan eines jeden Winters
uff eine zimliche Summ ufflaufft
Zum Anderen, das diejenigen, so in den
übrigen treyen uralten stüblinen jeder Zeit
haben wohnen müssen, nit in geringer gefahr
des feuers halben gewesen, sintemal alles nur
höltzine, und gantz verdorrete wendt darby
sind!
Zum tritten, das die 6. understen den gan-
tzen Winter in kalten stuben sich uffhalten, die
nacht hindurch bi solchen elenden geliger übel
erfrieren, und morgens in die kalten, offt halb
gefrome kleider schlieffen müssen.
Darus dan erfolget, dass etliche zu gewonter
predigstundt nit auffstehen, auch Ihr ordenlich
studieren entweders gar underlassen, oder aber
in der algemeinen Convent-Stuben (alda dan
teglich zweymal die Lection, morgendt und
abendt gebett, predigen und andere Exerd-
tia gehalten, bineben auch das morgen- und
nachtmal genossen werden) mit grösster un-
komlichkeit und ungelegenheit verrichten müs-
sen.
Viertens, dass etliche die Deckbett und Lein-
lachen, etliche aber noch hierzu die ziechen
an die Undert>ett und küsse, ja auch etliche die
küsse selbst, sampt früschem strow nit ohne
beschwemus Ihrer Eiteren, fründen und pfleg-
vögten (besonders denen so nit allhier, sonder
fehme von hinnen gebürtig) nit ohne grossen
umkosten ins Kloster schaffen müssen.
Unsere Conversation für das
Tritte belangent ist bekandt, das die Stu-
denten in dem Kloster alzeit zu zween und
zween in einem studier und schlaaffstübli by
einanderen offt wider Ihren willen und gele-
genheit wohnen müssen.
^
Aus welchem abermahlen vil unkomlich-
keiten und hindemussen entstehen.
Erstlich, glichwie die Naturen underschiden-
lich, und wie in allen Conversationen nit alle
gleicher humor und Conversation sindt: also
in warheit sindt die ingenia im Kloster einan-
deren vilmahlen zuwider, also das anstatt einer
dem anderen in lehr und gottseligkeit voriüch-
ten sollte, [es] vilmehr das widerspill geschieht,
idass Verführungen und anmahnungen zu sched-
lichen Sachen erwachsen.
Zum Anderen, das, so einer, der gern sin
bestes thäte, bald kan von seinem guetten vor-
haben abgehalten werden, inmasen offt der
einte die Studia tractiert, der ander aber sel-
bige negligirt und den anderen auch sine hind-
anzusetzen veranlasset: wie es dan leider die
Erfahrenheit bezüget, das vil gutte fleysige
Knaben, offter an disem ohrt sindt nachlesiger
worden. Ja wo sich mancher nit mit gewalt
der geselschafft entzogen, er fillicht gentzlich
sich des Studierens entwohnt hette.
Disem allem wirt noch hinzugesetzt etiüche
beschwerden und hindemussen des Studierens,
die theils alle im Kloster obligen, theils ins
besonders die 6. Understen betreffen.
Belangent die algemeinen hindemussen, sindt
selbige
Erstlichen, das die Studenten im IQoster
alle Jahr in dem Meyen die 12 buchen, wel-
che, unsere Ordinari speys damit zu kochen,
alhar geführt werden, selbs spalten sollen.
Zum Anderen, das sy alle morgen von dem
ersten Zeichen an bis zu gewohnter predig-
stund, auch abendts von 5 bis um 9 Uhren
Winters Zeitts 2 liechter by dem Nachtessen
oder den predigen und anderen Exercitiis bru-
chen, auch den Examinaten wöchentlich gwüsse
verordnete kertzen geben müssen, welches sich
alles mit einanderen Winters Zeit hoch ufflaufft
Zum tritten, das sy Ihnen selbs betten, ihre
stüblin selbs uskehren, und anders deigleichen
verrichten müssen.
#^
Die Obere Schule von 1616—1674.
^
Ins besonder aber die 6. andersten betref*
fendt, ist ihnen ufferlegt, die Ordenlichen hus-
gescfaefft zu verrichten, alsda ist das gantze
Kloster, den Hoff, Crfitzgang, Dorment, Con-
ventstuben und Auditoria zu butzen, zu be-
stimbten Zeitten wasser unndt Ordinari wein
holen, und einem jeden sein bescheidnen theil
ausschencken, die geschir schwencken. Item
alle ohrt sauber und rein zu behalten, als da
sindt tisch und bände, Handbecke und giess-
fass, und anderes allhier nit zu namsen, den
brunnen zu sQberen, und das gantze huss in
ehren zu halten ; den tisch decken und uffheben,
einbrocken und einschneiden, alle versäum-
nussen ordenlich uffzuschreyben und anzu-
zeygen.
Aus welchem allem abermahlen nachfol-
gende unvermidenliche hindemussen des Stu-
dierens und beschwemussen entstehen.
Erstlich wyl wir dises jährliche holzspalten
unserem studieren sehr nachtheylig erachtet,
haben wir selbiges durch gewüsse darzu ge-
dingete taglöhner bishero jederzeit in unserem
eygnen kosten schiten lassen, welches nit we-
nig kostet
Zum anderen, wyl nit alles von den Studen-
ten kan verrichtet werden, als gemelte ohrt
wüschen und waschen, betten und anders, so
ist US sonderbahrer bewilligung unsers Hoch-
ehrenden Herren praepositi ein gwüsse alte
magt im Closter, welche das, so den Studenten
unanstendig, in Ihrem namen verrichtet Dise
aber wirt wegen Ihres Diensts ins besonder
von den 6. understen monatlich mit etwas gelts
veisökiet: In gemein aber müssen järlich alle
Studenten im Kk>ster sy für betten, wüschen,
und weschen, und heitzen, und deiglichen be-
fridigen, welches sich, wie wol zu erachten,
abeimahlen hoch uff laufft
Zum tritten, ist es ein grosse verhindemus
des Studierens der 6. understen, da insonder-
heit ehe einer von derselben Zahl kan erlöst
werden, ein gantzes Jahr, auch offtermahlen
mehr als 2 Jahr verlaufft; in welcher Zeitt sy
binachem alle Ihre studia quittieren und hindan
setzen müssen.
Viertens, so das einte oder ander von den
6 understen versaumbt wirt, ist eine gwüsse
straaff daruff, welche dann, wylen ohne diesel-
bige sonsten alles wurde underlassen werden,
notwendig ist zu bezächen. Daruss dann vol-
get das gelt uffbrechen unnd schulden machen,
wyl die versaumnus diser geschefften und auch
die darüber gesetzte straaff monatlich hoch
uffsteygen kan. Endtlich, und
zum fünften, das so gar unanstendige, wüste
und allen Studenten verwisliche, doch by sol-
cher beschaffenheit unvermidenliche, gantz
besuche weinreichen, wie dan gemeinlich zu
geschehen pflegt, das us einem Defect offt ein
Excess erfolget
Bis hiehar ist Ihr Gnaden die beschwerden
des Closterlebens, und andere hindemussen
des Studierens, so kurtz als müglich gewesen,
erzehlet worden: Es möchten aber, so es vil-
licht Ihr Gnaden belieben wurde, das Qoster-
Leben, zu vermidung offt gesagter Unkomlig-
keiten abzuschaffen (worinnen wir doch Ihr
Gnaden gantz nützit vorgeschriben, sonder Ihr
Gnaden aller wisesten discretion und vitter-
lichem guten Willen zu erduren heimgestelt
haben wollen) etliche andere unkomlichkeiten,
die darus entspringen könten, füigeworffen
werden. Als
Erstlich wurdint hierdurch vil guette, wol-
anstendige auch notwendige gebrüch und Ord-
nung underlassen werden; als die 3 wuchent-
liche Senatstagen, an welchen die, alle Monat
uff ein nüwes erweite Officiarij, Consules, Cen-
sores, Scribae und deiglichen, so wol sich
Selbsten im Closter, als Ussere Studenten
im Zaum, und in ordenlichen schrancken
Ihrer von Ihr Gnaden vorgeschobnen gesatzen
zu halten, alle versaumnussen in ein rodeil
zu schreyben, monatlich zu computieren, und
alles den Herrn Maecenates zu erzeygen ver-
ordnet sind.
72
Die Obere Schule von 1616-1674.
^
Zum Anderen, wurdint auch von Ihnen den
Studenten im Closter die Ordnung in die pre-
digen und gemeinen gebett, in Cantzelröcken
zu gehen, underlassen werden.
Trittens wurdint die Morgen und Abendt
gebett im Closter, auch die Ordentlich Abendt-
predigen und andere Exerdtia die man durch
das gantze Jahr haltet, verabsumpt werden.
Viertens, möchte auch ingeworffen werden,
als wurdint ermälte Studenten, so sy us dem
Closter gelassen und Ihnen hin und wider in
der statt zu wohnen vergünstiget wurde, offt
Nachts uff der gassen umeinanderen schweyf-
fen, und also der burgerschafft grosse ungleg-
heit machen, wo si nit mehr in solcher Ihrer
Herren fürgesetzten gwalt und uffsicht weren.
Disere erzelte unglegenheiten, scheinen zwar
für sich selbs, als sölten sy us angedüteter ab-
schaffung des beschwerlichen Closterlebcns
notwendig entspringen: Aber disen allen und
derglichen so noch möchten fürgeworffen wer-
den, zu begegnen, sindt theils Ihr Qnaden vil-
faltige und krefftige mittel in banden, theyls
dann auch sindt disere in ansechen deren, oder
derjenigen, so us dem einzigen Closterlebens
unvermidenlich herfliessen, wenig zu rech-
nen. In massen es Gott und siner H. Kirchen
mehr gedienet, wan der gantze pflantzgarten
der studierenden Jugendt von allem, sinem
Wachstum verhinderlichem unraht und unkrut
gesüberet und gereiniget wurde, als das man
selbig, wegen etlicher usserlichen Zierden (ver-
stehen etliche nunmehr eingeführte gebrüch)
in dem innem solte lassen wüst ligen und
verhüllen.
Wiewol wir doch Lobliche, anstendige und
der Ehrbarkeit befürderliche, auch allen Stu-
dierenden Jünglingen wol gezimende gebrüch
und Ordnungen, so wol Ihr leben als lehr be-
treffendt nit wollen gemeint noch verstanden
haben: Warum wir dann auff oberzehlte ein-
wfirff zu antworten noch hierby nit übergehen
können.
Erstlich könten nach Ihr Gnaden wilkur
und belieben die Ordinari Senatstag, die bis-
her gehalten, die Officiarij, sowol sich als an-
dere in den schrancken und gesatzen zu halten,
gesetzt, die versaumnussen eingeschriben, und
änderst, nach altem gebrüch, verrichtet werden.
Zum Anderen, könte, das in Cantzeköcken
zu predig gehen (welches doch nur ein tisser-
licher und der Ehrbarkeit weder befürderlicher
noch auch verhinderlicher gebrüch) weiters
nach Ihr Gnaden belieben, als us dero vetter-
licher und Gnädigen Mittheilung wir solche
empfachen, gehalten und in Obacht genommen
werden.
Trittens, belangendt die Morgent und Abendt
gebett könten zwar selbige, nit wie sonst, da
stetig all by einanderen, verrichtet werden : Je-
doch wurde ussert allem Zweyffel keiner sein,
der nit seine ordenliche gebett Morgendt und
Abendts, besonders vmrde verrichten.
Die Predigen aber und andere Exerdtia so
abendts zwüschen 7. und 8. Uhren bisher sindt
gehalten worden, könten Sommers Zeits, wie
vorhin beschechen, ohne hindemuss verrichtet
werden, inmassen beides die usseren Studiosi
Theologiae ihre Abendtpredigen in dem Closter
nach Ordnung gehalten, als auch denzumal
übrige Studiosi philosophiae selbige zu besu-
chen, darzu sindt gehalten worden. Winters
Zeits aber, so nur eine frühere stund bestimbt
wurde, möchten selbig auch wie zuvor empsig
fortgesetzt werden.
Viertens, belangend das nechtlicfae um ein-
anderen schweyffen der Studenten, sindt aber-
mahlen krefftige mittel in banden, dardurch sel-
bige sowol, als andere in der statt wonhaffte
Studenten (welche offt der burgerschafft necht-
licher Zeit überlegen) hiervon ab und zu Ihrem
Studieren in ihren gewarsammen ohrten mögen
angemant werden.
Aus betrachtung nun solcher vorermelten,
unertreglichen beschwerden und hindemussen
des Studierens, haben Ihr Gnaden alumni us
guttem yfer nit underiassen können, [den] Ihre
IK
Die Obere Schule von 1616—1674.
^
der alumnonim getreuwe Vetter und Schutz-
htrren hödist demütig und underthänigst ze
bitten, disere unsere dem Studieren gifftige be-
schwerden, mit günstigen äugen anzuschau-
wen, selbige, so es Ihr Onaden belieben wurde,
uffzuheben unnd abzuschaffen ; Einem jeden mit
ertheilung sines von Ihr Gnaden verordneten
Siipendij (So jeder Zeit dem Herren Oeconomo
in dem Kloster durch Ihr Gnaden verordnete
für einen jeden ist usgerichtet worden) hin
und wider in der statt an gebührenden ohrten
zu wohnen und sich an tisch zu verdingen ver-
günstigen ; In verhoff nung nun einer gnedigen
wilfahrung versprechen Ihr Gnaden alumni nit
allein mit bistandt Gottes und seines H. Geysts
einen gröseren fleys und mehrere zunemmung
'm den studijs wie auch ein ingezognes stilles
leben zu erzeygen; Sonder auch in allen be-
gdienden oocasionen sich gegen hochgeadit
Ihr Gnaden dienst- und bereitwUlig inzustellen,
auch den Gnedigen Almechtigen Gott für wol
Ermeldt Ihr Gnaden langes leben, Edle Ge-
sundtheit, glücklichen Wolstand und fridfertige
regierung jederzeit anzurueffen und zu bitten.
Der Studenten in dem Closter
IDemütiger
Fürtrag »
Die gnädigen Herren erfasste ein menschlich
Rühren, wie ihnen in ihrer Sitzung vom 26. No-
vember 1653 dieser demütige Fürtrag vorgele-
sen wurde: sie beschlossen zwar nach einem
ihnen bereits vorliegenden Gutachten der Geist-
lichkeit in dieser Angelegenheit, dass es bei der
alten wohleingeführten Ordnung sein Verblei-
ben haben solle und die Studenten des Klosters
nicht eriassen werden dürfen, dass aber «die
klagenden mengel der tractation und schlechten
k)6amenten halb repariert unnd verbesseret wer-
dint». So gaben sie der Vennerkammer den Auf-
trag, «sich aller Mänglen zu erkundigen und wie
dieselben, sonderlich der Speissen, gmachen
unnd gligeren halb zu verbesseren, ihr gutach-
ten uffzusetzen unnd Ihnen widerzubringen».
Zweimal sassen der Teutsch-Seckebnelster
und die Herren Venner des mächtigen Standes
Bern in dieser hochwichtigen Angel^enheit;
und zweimal erwogen sie der Studenten Klag-
ten Punkt für Punkt und erdauerten, welche
Aufbesserung in der Traktation bei den schwe-
ren Zeiten ertrag- und erschwenglich seie. Dann
schlugen sie dem Täglichen Rat vor, dass den
KoUegianern dreimal in der Woche, am Mon-
tag, Mittwoch und Freitag des Abends zu den
oben genannten Speisen jedem ein Stück Speck
verabreicht werde und dass zur bessern Zu-
bereitung der Speisen dem Herrn im Kloster
alljährlich aus dem Kloster in Interlaken zwei
Zentner Anken und ein vierjähriges gemäste-
tes Rind, ab den Klöstern Frienisberg, Frau-
brunnen und Thorberg aber von jedem jährlich
zwei zweijährige gemästete Schweine «einzu-
metzgen » überschickt werden sollen. Aber noch
mehr! Auch die Gabe des gütigen Gottes sollte
von nun an im Barfüsserkloster reichlicher flies-
sen! Der Wein war ja jetzt ganz wohlfeil ge-
worden und so lange er nicht «aufschlagt»,
sollten statt der drei Mass täglich volle 5 Mass
aus dem Tütschen Weinkeller den Zwanzigen
verabreicht werden, «so jedem ein Vierteil
zeucht», aber unter der Bedingung, dass sie
sich in ihrem Leben und ihren Studien gut
einstellten, ansonst auf das alte Quantum wie-
der zurückgegangen würde. Auch wegen des
irdischen Brotes stellte das Vennerkollegium
genaue Berechnungen an, fand aber, dass die
dem Kk>ster bereits verordneten 160 Mütt
Dinkel dem Bedürfnis vollständig genügten.
110 Mütt sollten den Studenten heimdienen und
zu Mütschen veii)acken werden (aus jedem Mütt
66 Mütschen), die übrigen 50 ihrem Herrn, «da-
raus er den Studenten Moigens unnd Abendts
in die Suppen, Milch und Mus nach Nohtdurfft
ynschneiden und ynbrochen vnude».
Den Wunsch der KoUegianer, zur Beheizung
ihrer Stüblinen vom Staat etwas Holz geliefert
zu erhalten, glaubten die Finanzherren rund-
weg abschlagen zu müssen; «sy mögen — so
74
^
Die Obere Sdrale von 1616—1674.
»
lautete Sir Besdieid — ihre Straffgelter, so sy
under einanderen bezeuchend, by einanderen
behalten iinnd daraus Holtz ynkauffen». Hin-
gegen wollten sie zugeben, dass die Alumnen
inskünftig nicht mehr zum Holzscheiten, zum
Qärtnem und dei^ichen ihrem Beruf nicht an-
ständigen Arbeiten und Werken gebraucht wür-
den.i
Den T.März 1654 korrobierte der Tägliche
Rat die Anträge der Vennerkammer und liess
im Dezember desselben Jahres auch den Alum-
nen auf der Schul noch einen Qnadenakt zu-
kommen, indem diese wie am Sonntag und
Donnerstag, nun auch noch am Dienstag Abend
ein jeder ein Pfund Fleisch und ein Vierteil
Wein eriialten sollten.
Damit er aber, nadidem er das Füllhorn
seiner Qaben in so reichlicher Weise auf die
Studenten ausgeschüttet hatte, in Zukunft von
Seiten derselben Ruhe hätte und mit keinen
Klagen mehr belästigt würde, gab er den
25. Juni 1655^ eine verschärfte Ordnung für
das Kloster heraus, die dessen Insassen mit
besonderer Feierlichkeit mitgeteilt und insinu-
iert wurde und also lautet:
«1) Soll keinem Studioso zugelassen sein,
ab der Tractation wider Seinen fürgesetzten
zu klagen, es seye, wo es wolle, es geschehe
dan mit verwilligung des gantzen Consortii,
durch die Mehreren Stimm.
2) Es soll hinfüro des ohrts durch zween dar-
zu verordnete Geistliche Herren alle Monat ein-
mal uff das wenigest unversechens visitirt, unnd
alle halb Jahr Mghh. Seckelmeister unnd Ven-
neren das befinden fürgebracht werden.
3) Wo die Klag ung^[ründet unnd uss Raach-
gierigkeit, Meisterlosigkeit, uss hass guter dis-
dplin harkombt, soll alsdan eine Realische
Straff, anderen zum exempel, an solche ungute
unnd undanckbare verleider angelegt werden.
4) Es mögend an den bestimbten tagen in
der Wuchen die einen unnd anderen zur be-
scheidenen recreation, auch Verrichtung ihrer
Nohtwendigen geschefften, an den geordneten
Stunden, ohne Urlaub nemmen, uss: unnd yn-
gähn. Darüber uss aber <^ne sonderbare Be-
willigung des H. fürgesetzten nit ussbleiben,
weniger sich ohnbefragt usserthalb finden las-
sen; Bey poen des ersten mahls einer guten
Censur; des anderen mahls der gfangensdiafft,
auch anderwerths mit anderwertiger straff jehe
nach beschaffenheit der Sach, so Ihr Onäden
uff beharrende ungehorsamme Ihnen vorbe-
haltend.
5) Dass keine, so geweybet, unnd sidi ver-
tenkt, wan die Sach gnugsamm bekandt unnd
offenbar ist, inn das Collegium sollen promo-
viert, oder auch inn das künfftig darin geduldet
werden; der Meinung, dass steiff darob ge-
halten werden solle.
6) Diejenigen betreffend, so morgens dem
gebätt ohne gnugsamme ursach nit beiwoh-
nend, denselbigen soll für das erst mahl der
wyn benommen, das ander mahl aber gegen
denselben die excommunicierung vom Tisch
angewendt werden, und uff nit erfolgende Bes-
serung mehrere Straff vorbehalten sein.
7) Dass die Examinaten von den predbus
matutinis unnd vespertinis, von Exercitijs Ana-
lyticis et condonatoriis nit sollen eximiert sein.
8) Dass die Teütschredenden jedesmahls mit
erlag eines Kreutzers gestrafft werden söllind.
9) Dass der von Ihr Gnaden verwilligte fa-
famulus usserth dem ordinär] wyn den Stu-
diosis ohne verwilligung dess Herrn praepo-
sitj nit schuldig sein solle, wyn oder anders
inn das Kloster zetragen.
10) Den Studiosis ist nachgelassen, den von
Ihr Gnaden geordneten wyn, als dess tags fOnff
Maas zu nacht oder am moi^n abgetiieilt oder
samenthafft zu nemmen unnd abholen ze las-
sen. Alles so lang es Ihr Gnaden gnedig be-
lieben unnd gefallen vriri» —
So waren denn wieder einmal für das Klo-
ster und seine Insassen schöne Vorschriften zu
Papier gebracht und es war dafür gesorgt, dass
«
Die Obere Schule von 1616—1674.
»
— alles beim alten bleibe, ein bisschen Speck
und Wein ausgenommen!
Wie es aber um das Lebwesen unserer ber-
nisdien Studenten in der Mitte des 17. Jahr-
hunderts in Wahrheit stand, zeigt eindringlich
das bekannte Abenteuer des Theobaldus Wein-
zapfli, über welches wir im Konventsarchiv fol-
gendes eingetragen finden:
«den 23. Mai 1654 fiel Theobaldus Wein-
zapfli, Stud. colleg. morgens zwiischen 3 und
4 uhren Ober die Kyrchhofmaur hinab, ein we-
nig änet dem absatz ohngefahr in der mitte,
gegen der Quggerenhaus ; brach den lincken
Schendcel zwey mal entzwey, die lincke achsel,
auf welche er gefallen, entsetzt; fiel aber nit
zu todt, war wol bezieht, hatte sich gsetzt auf
ein Säfimerross, und auf den Kyrchhof grennt,
endlich vom ross über die maur geworffen, weil
etliche Politid, so mit ihm die nacht durch zum
Sternen gesoffen, es gesprengt»^
Die Eingabe seiner Alumnen an den Täg-
lichen Rat vom Jahr 1653 machte dem dama-
ligen Herrn im Kloster, dem H. David, keine
grosse Freude; er gab seine Entlassung ein
und erhielt sie auch.
Die Lehrer.
David Maser hatte, wie wir bereits be-
merkt haben,^ den Lehrstuhl des Mannes inne,
welchem namentlich die Ordnung von 1616 zu
verdanken ist Als Zeender dem Mass gegen
ihn hatte weichen müssen, wurde zunächst der
Provisor der 6. Klasse, Daniel Berner, an
seine Stelle gewählt (den 14. Januar 1619); er
hatte zu gleicher Zeit die von seinem Kollegen
Nikiaus Henzi bis jetzt versehene Kanzel zu
Bremgarten zu bedienen.^ Nach seinem Tod
wurde David Maser, nachdem er schon eine
Reihe von Jahren als Schuhneister die Untere
Schule zu Bern geleitet hatte, den 13. Oktober
1628 Professor hebraicus. Wie die Behörde im
Jahr 1654 eingesehen hatte, dass er mit der
Jugend nicht mehr auskomme und sie nicht
mehr im Zaum zu halten vermöge, schuf sie
zu seiner Entlastung ein Stipendium pro extra-
ordinario catecheseos professore et paedagogii
inspedore, welches bis zum Tod Masers dau-
ern sollte und in 326 Pfd. an Geld, 48 Mütt
Dinkel, 10 Mütt Hafer und 10 Saum Land-
wein bestand.* Zum Professor extraordinarius
wurde nun der Prädikant zu Belp, Nikiaus
Müller, gewählt (4. Juli 1654) und wie er
Helfer zu Bern geworden war, den 29. März
1658 der gelehrte Thuner Pfarrer Rudolf
Hibner, der aber auch nur ein Jahr an dieser
Stelle wirkte, um zunächst als Diakon in Bern
eine ruhmvolle Carriere zu beginnen. An seine
Stelle im Kloster trat den 29. April 1659 Jo-
hann Ruef, der Prädikant zu Brugg, wel-
cher zwei Jahre nachher, nach dem Tode Ma-
sers, ordentlicher Professor wurde und nun
dessen volle Stelle und die Präpositur im Klo-
ster bekleidete, doch nur ein Jahr, bis er Hel-
fer am Münster wurde. Sein Nachfolger war
vom 5. Mai 1662 an Johannes Nicolaus,
der ebenfalls zum Helfer am Munster vorrückte
(1668) und im Kloster durch den Professor phi-
losophiae David Wyss den 12. Jenner 1669
ersetzt wurde.
Weniger Wechsel erlitt der Lehrstuhl des
Professors novi testamenti, des Theologus
Nadidem Lignaridus nach langer und frucht-
barer Wirksamkeit den 2. September 1628
plötzlich gestorben war, wurde der Philoso-
phus Christof Lüthard den 13. Oktober
desselben Jahres an seine Stelle gewählt ;
er war eine Zierde der bemischen Akademie
und veröffentlichte eine lange Reihe von Schrif-
ten, unter denen seine Ethica Christiana be-
sondere Beachtung fand. Erfolgreich wirkte er
35 Jahre lang in dieser seiner Stellung; sein
Nachfolger wurde der oben genannte Rudolf
Hibner, den 16. Februar 1663, der aber schon
nach acht Jahren das Kloster verliess und Pfar-
rer am Münster und bald nachher Dekan wurde.
Seine Stelle versah vom 30. Oktober 1671 an
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Die Obere Sdiule von 1616—1674.
der bisherige Professor hebraicus Johann
Nicolaus.
Bereits haben wir gesagt, dass Christof Lüt-
hard von seiner philosophischen Profession
weg auf den theologischen Katheder berufen
wurde; er hatte dieselbe als Nachfolger des
Marcus Rütimeier zu Ende des Jahres 1618 an-
getreten. Seine Nachfolger auf dem philoso-
phischen Lehrstuhl waren die beiden Pfarr-
herren David Herlin (vom 18. Oktober 1628
an) und Samuel Haberreuter (vom 19.JuU
1633 an), die beide vom Kloster weg der Kan-
zel sich wieder zuwandten. Im Jahr 1645, den
11. Dezember, rückte dann der Oymnasiarch
Samuel Rohr von der Schul aufs Kk>ster;
nach seinem Tod im Jahr 1658 kam vom Pro-
visorat der . 7. Klasse der uns schon bekannte
Johannes Nicolaus auf den philosophi-
schen Lehrstuhl (den 23. April) und nach ihm,
wie er hebräischer Professor geworden war,
den 5. Mai 1662 der Academicus David Wyss^
und wie dieser den hebräischen Lehrstuhl be-
stiegen hatte, der Academicus David Bour-
geois.
Auf dem griediischen Lehrstuhl folgten dem
anno 1635 selig entschlafenen Nikiaus Henzi
der Provisor der 7. Klasse, Berchtold Hal-
ler (vom 13. Juli an), und nach dessen Tod
im Jahr 1659 der Academicus Emanuel
Lutz (vom 24. Oktober an), der schon nach
vier Jahren dem Kirchendienst sich wieder zu-
wandte und durch den Belper Pfarrer Samuel
Henzi ersetzt wurde. Henzi wurde zugleich
Präpositus im Kloster und unter ihm wurde
dieses Gebäude restauriert^
Der Schttlseckel.
Die Besoldung der Professoren blieb so,
wie sie im Jahr 1640 normiert worden war.
Im Jahr 1674 wurde aber die Verteilung der
Ausgaben für die ganze Lehranstalt auf Stift
und Schulseckel geändert Es war so gekom-
men, dass das Ordinari-Einkommen des Stifts
an Qeldzinsen für die dem Hause obliegen-
den Ordinari-Besoldungen nicht mehr genfigen
konnte und der Stiftsschaffner das mangelnde
Qeld vorschiessen oder aber die Komfruchte,
so das Haus über die Ordinaria hatte, zur Un-
zeit und mit Schaden vericaufen musste. Des-
halb besdiloss der Rat den 2. Juni 1674^ auf
den Antrag der Vennerkammer und das in-
ständige Anhalten des damaligen Stiftschaff-
ners Tribolet, der dem Staat bereits eine nam-
hafte Summe vorgeschossen hatte, die Ausga-
ben des Stifts für den Oeoonomus im Kloster
an Geld, inklusive dessen Besoldung ffir das
Professorat, dem Schulseckel zu iibeibinden.
Dieselben betrugen 1164 Pfd., nämlich:
für die Kollegianer:
das alte Betreffnis von 660
dazu der Zuschlag von 50
für Holz, so dem Praepositus
weniger geliefert wurde 4
Aufbesserung zu Pfingsten 50
= 764
Für die Versehung des Katfieders = 400
zusammen 11 64 Pfd.
Der Schulseckel vermochte es wohl, diese
Ausgabe dem Stift abzunehmen, nahm er doch
bereits von seinem Kapital über 4000 Pfund
Zinsen ein, da ihm schon lange Zeit jähriich
über das Ausgeben «ein feines» übrig blieb.
So konnte er im Jahr 1684^ aus dem an
196 Orten angelegten Kapital — der Stifts-
schaffner hatte für sein Einkommen von 300
Pfund keine kleine Art>eit zu leisten — fol-
gende auf Kloster und Schule verwendete Or-
dinari-Ausgaben bestreiten:
Dem Herrn Vorgesetzten im Klo-
ster jedes Vierteljahr je 363 Pfd.
10 Seh. und auf Pfingsten Besse-
rung 50 Pfd. und im Herbst für
Holz auch 50 Pfd. Macht jährlich
zusammen
(d. i. 1164 Pfd., v^lche das
Stift friiher bezahlte und 390 Pfd.,
1554 Pfd.
«
Die Obere Sdmle von 1616—1674.
weldie der Sdiulseckel immer bei-
tfUg.)
Dem Vollbesetzten auf der Schul fron-
fastlich 166 Pfd. und auf Pfingsten
Besserung 30 Pfd.. Macht zusam-
men jährlich
(d. i. 15Q Kronen, die Krone
ungefähr zu 3V> Pfd. berechnet^
und die 1640 zugesetzten 100 Pfd.
Vermehrung samt den erwähnten
30 Pfd.)
Den 12 Stipendiaten, so H. Fed-
mingers seL Stipendium genies-
sen, fronf. 60 Pfd. Macht jährlich
Den 4 Academids auf Weihnacht und
Pfingsten, jedesmal 12 Dukaten^
Den Studenten im Kloster der Frl.
NoUin Veigabung jährL auf Pfing-
sten 71/2 Kronen
Denselben die von Hm. Wymann sei.
jährlich verordneten 15 Kronen f&r
Holz auf Martini
Den Studenten auf der Schul Frl.
Oerigenen Vergabung fiir Ziger
jährlich auf Martini
Auf die Promotion fiir Büdier den
armen Knaben
Den Studenten im Kloster fitr vier
Riss Papier und 15 Batzen für
Kerzen, jährlich zusammen
Den Examinaten der Frl. Lantzenen
Vergabung auf Martini 3 Kronen
Den fleissigen Knaben in der Schul,
auf Weihnacht und Pfingsten je-
desmal 16 Kronen praemia auszu-
theilen
Für Kerzen auf die Schul den Stu-
denten jährlich 15 b.
H. Rinders sei. Legat, den Studen-
ten auf der Schul jährlich auf Ja-
kobi
694 Pfd.
240 Pfd.
192 Pfd.
25 Pfd.
50 Pfd.
5 Pfd.
100 Pfd.
20 Pfd.
10 Pfd.
106 Pfd.
2 Pfd.
5 Pfd.
Neben andern Qrdinari-Ausgaben zu kirch-
lichen Zwecken zusammen 3784 Pfd.
^
So hat denn das Stift an Qeld für Kloster
und Schul im Jahre 1684 nur noch folgendes
zu entrichten:
Dem Theologus
Dem IHiilosophus
Dem Professor hebraicus
Dem Professor juris
Dem Phik>sophus aus der Haber-
reuterschen Vergabung
Den Studiosis im Kloster für die ge-
haltenen Predigten, Oratorien und
Disputationen
Die Wochenschilling an die Muss-
hafen Schuleren
500 Pfd.
400 Pfd.
400 PM.
400 Pfd.
10 Pfd.
38 Pfd.
261 Pfd.
In zweiter Linie wurde im Jahre 1674 be-
schlossen, die vier Stipendien, welche das Stift
bis anhin den Academici im Wert von 1280
Pfd. (= 160 Dukaten) jährUch ausbezahlt hatte,
dem Seckelmeister Teutschen Landes zu uber-
binden, und drittens übernahm jetzt der Staat
auch die bis anhin den Provisoren, Studenten
und Schuleren jährlich gelieferten Kanzelröcke,
Mäntlen, Kleider und Schuhe, wofür er nach
dem bisherigen Bedarf eine Summe von 3700
Pfd. einsteUte.^
Mit diesen finanziellen Auseinandersetzun-
gen verbinden wir noch die Mitteilung, dass
im Jahr 1655 Herr Dekan Haberreuter
zwei Stipendien stiftete, eines zu Gunsten des
philosophischen Katheders in Bern im Betrag
von 200 Pfd., und ein zweites für die Stu-
dierenden der Philosophie im Betrage von
600 Pfd.
1682 testierte der Schultheiss Samuel Fri-
sch ing 1000 Pfd. dem Schulherrenseckel zu
beliebiger Verwendung.
Die Auirflhrung von Schuldramen
durch die Studenten«
Aus dem 17. Jahrhundert sind uns zwei
Sdiuldramen erhalten,^ von denen das eine,
«
Die Obere Sdiule von 1616—1674.
»
« Einfältiges Gespräch zwischen Eugenitim, Lu-
danum, Martialem und seinem Jungen », den
7. Mai 1663 nach der Promotion im Münster
aulgeführt wurde. Sein Verfasser ist der Oym-
nasiarch J.A. Vulpius,^ der auch das andere
uns erhaltene Stück gedichtet haben muss mit
dem Titel «Zweyer Vätter ungleich gereiste
Kinder» und welches die Fortsetzung des erst
genannten bildet Beide schildern in der Per-
son des Eugenius den braven, wohlgeratenen
Studenten, der nach seinen Studien in Bern
ad academias reist und in Leyden mit Ruhm
disputiert und doktoriert, und in der Person
des Martialis, des leibhaftigen Pyrgopolinices
in Plautus' miles gloriosus, den missratenen,
renommierenden und leichtiebigen Musensohn,
der nach Paris zieht, dort in die « Kef i » kommt
und nach Bern zurückgekehrt von seinem Vater
für immer Verstössen wird.
Beide Stücke sind ein genaues Abbild der
studentischen Gebräuche und Sitten und der
Sdraleinrichtungen unserer Stadt in damaliger
Zeit und unser Martialis ist nicht besser und
nicht schlechter als der Studiosus Theobal-
dus Weinzäpfli, der neun Jahre vor der
Auffiihning des Vulpius'schen Spiels sich un-
sterbikh gemacht hatte.^ Vulpi selber ist aber
hoffentiidi ein besserer Lehrer als Poet ge-
wesen; seine beiden Dramen sind erbärmlich
fade, witz- und phantasiearme Machwerke,
schulmeisterliche Prosa in schlechten Ver-
sen, was die Schlussworte genügend zeigen:
«Sacht da ihr Knaben ms gemein,
Diss soll euch eine wamung sein.
Secht, wie es gehet solchen gsellen.
Die niemand mehr gehorchen wollen.
Nicht also ihr, ihr liebe kind:
Den eiteren gehorsam sind.
Und leget an die edle Zyt
Nicht liederlich in Üppigkeit,
In Müssiggang und andren sachen.
So eüem eitern kummer machen;
Vil mehr den büchem lieget ob
Und habt all euer Freud darob.
Geht gern in d'sdiul und fördit den
Herren
So Wirt er euch syn segen bscberen.
Er wird eudi segnen und bewaren
Vor allem schaden und gefahren.
Und geben allen mit der Zyt
Die Ewig freud und säligkeit.»
Grosses Aufsehen, um gleich an dieser Stelle
die Geschichte der bemischen Schul- und Stu-
dentenkomödie, soweit sie uns bekannt ge-
worden, weiter zu führen, erregte die Auf-
führung vom Jahr 1692, über welche uns Daniel
Müslin in seiner Selbsti>iographie als Mitspie-
lender also belehrt:^
« 1692 hat er (Müslin als Stud. philosophiae)
an der Komödie über den Grossen Krieg in
Europa nach König Jakobi II. Dethronisation
teilgenommen, die von dem berühmten Herrn
Kunstmaler Joseph Werner, Vater, angegeben
und wol dirigirt worden. An dieser Komödie
repräsentierte er den Frieden, mit Versen, Klei-
dung und Stellung, die zu seiner Person sich
aufs beste haben schicken sollen. Da aber
solche von dem französischen Ambassadoren
sehr übel aufgenommen und eine insolence
outrde genannt worden, ist er sammt übrigen
24 Mitagenten und Studiosis pro forma auf
die Kefi gangen und in derselben, gleichwie
von Grossweibel Nikiaus May selber, also auch
von anderen Herren Fründen und Partikularen
mit allerlei Niedlichem gegen 24 Stunden lang
vergnüglichst und reputirlichst traktirt und ge-
halten worden.»
An der Aufführung hatte also männiglich
seine Freude gehabt, aber die Behörden sahen
sich nun doch veranlasst, solchen «Komedenen»
ein Ziel zu stecken, wie denn der Schulrat
den 16. April 1696 also beschloss:^
«...im übrigen (es ist voilier von der So-
lennität die Rede gewesen) sind die bisher
geübten Comedene und extra vaganten tfaea-
tralisdi representationen gäntzlich abgestelt,
und hingegen erlaubt redende knaben einzu-
führen, es seyend dialogi oder anderes, so da
^
Die Obere Schule von 1616—1674.
A
entweder zum Ijob Gottes, einer hohen Obrig-
keit, kirchen und schulen oder einig und an-
derer tugend eingerichtet etc Dennoch das
die Materi bevorderst iederzeit Mnhh. zur ap-
probation communicirt werde und befohlen
diess zu könfftiger nachricht hier einzuver-
leiben. »
So war denn über das Schuldrama die Cen-
sur verhängt und als im Jahr 1700 die Studen-
ten eine «Komödi» über den Risswickischen
Frieden zur Aufführung an der Solennität kom-
poniert hatten, erinnerten sich Meine Herren
des Schulrates oben genannter Einverleibung
in ihrem Manual und interdicierten die Auf-
führung in der Kirche.^
Im Jahr 1719 versuchten es die Knaben und
Studenten wieder eine Komödie aufeuführen,
wurden aber vom Schulrat mit folgendem Hof-
bescheid beehrt: 2 «Auff anbringen Msh. Rec-
toris wassmassen eint und andere knaben eine
Comoedy zu spiehlen bey haltender soUenitet
gesinnet seyen, wo Ihnen Mehwh. die Schul-
räthe die hohe favor erweissen und den ge-
sezten Sollenitetstag umm etwass Zeith zuruk-
sezen möchten, habendt Mnhgh. ess bey der
gewohnten Zeith bewenden, und solche abzu-
enderen nicht gut befunden ; Ihnen gleich wohl
freystellende, obbemelte Comoedy hernach zu
spihlen, wo sie deren Thema bevor Mmh.
Rectorj und beiden Mnhh. Corredoren Ober-
keitl. bücheren vorweissindt, und die Haltung
derselben nicht etwann in die heilige Zeith
falle. »
Zehn Jahre nachher (1729) versuchten es die
Studenten zuerst mit dem Täglichen Rat und
baten diesen um die Eriaubnis, an der Solenni-
tät eine anständige Komödie spielen zu dür-
fen. Der Tägliche Rat wies aber die Angele-
genheit an den Schulrat und nachdem dieser
die Herren Studiosos in seine Versammlung
berufen und ihr Begehren und Projekt ange-
hört hatte, fand er dasselbe bedenklich und
verlangte, dass ihm etwelche Actus der Co-
moedi vorgewiesen werden, bevor er die Ent-
scheidung treffe und dem Rate über die An-
gelegenheit referiere. Da weder im Rats- noch
im Schulratsmanual weiteres darüber steht, so
schliessen wir, dass die Studenten von ihrem
Vorhaben abstanden.
Eine weitere Notiz im Schulratsmanual vom
4. April 1740^ belehrt uns, dass man zu dieser
Zeit auch die Aufführung unschuldiger lehr-
hafter Stücke an der Solennität im Chor der
grossen Kirche für unanständig zu halten an-
fing. Es hatte der damalige Prinzipal Samuel
Schmidt, welcher mehr als 30 Jahre lang
(1735—1766) die Schule leitete, eine ganz artige
Komödie von der Auferzeuchung der
J u g e n d zu Papier gebracht und sdion freute
sich die Jungmannschaft darauf, an der kom-
menden Solennität dieselbe aufführen zu dür-
fen. Vergeblich, denn der Schulrat beschloss
nach weitläufigen Ratiociniis pro et contra,
die Darstellung in der Kirche nicht zu gestat-
ten, wohl aber zu dulden, dass die Schüler
in deigleichen Representationen an andern
Orten sich übten.
Damit war der Aufftüirung von Schuldramen
vor einem grossem Publikum und am Ehren-
tag der bemischen Jugend ein unwillkommenes
Ende gemacht
80
Die Schulordnung von 1676.
In der ganzen Zeit seit dem Kampf der
Geistlichkeit um die Herrschaft iiber die Schule,
wie wir ihn oben beschrieben haben, herrsch-
ten die Geistlichen der Stadt Bern in Verbin-
dung mit den Professoren sozusagen allein im
Kloster, die Scholarchen, d. h. die weltlichen
Mitglieder des Obern Schulrates standen nur
auf dem Papier. In ihrer Totalität hatten sie
sich wohl gar nie versammelt, da sie alle mit
Geschäften überhäuft waren, und wenn ein-
zelne derselben sich in einer Sitzung des Obern
Schulrates einfanden, so spielten sie auf ihrer
weltlichen Bank der geschlossenen Mehrheit
der Geistlichen g^enüber eine gar bescheidene
Rolle. Sassen doch auf der geistlichen Bank
seit dem Jahr 1630 nicht bloss die drei Prädi-
kanten, sondern sogar auch noch die drei
Helfer der Stadt Bem.^
Erschienen also hin und wieder einzelne
Scholarchen in der Sitzung, so mussten sie sich
jedesmal voricommen wie ein fünftes Rad am
Wagen. Infolgedessen ging natürlich auch im
Täglichen Rat das Interesse an der Institution
der Scholarchen verloren und wenn Vakanzen
eintraten, so nahm man gewöhnlich die Er-
gänzungswahlen gar nicht vor.
Der beste Beweis, dass man sich in den po-
litischen Behörden um die organisatorischen
Bestimmungen der Schulordnung von 1616 gar
nicht mehr kümmerte und die Verwaltung der
Schulen eben einfach der Geistlichkeit überliess,
ist der Umstand, dass bald nach der Einfüh-
rung der Schulordnung sogar die Rektorats-
stelle einging. Erst im Jahr 1643, als im Klo-
ster alles drunter und drüber ging, wurde be-
schlossen, im Interesse der Ordnung den Rek-
torat wieder einzuführen. Es war die Zeit,
:, da I der
81
an Professor Masers Stelle Professor Haller
Herr im Kloster wurde. Im Schosse des Rates
konsultierte man jetzt sogar darüber, ob nicht
auch die Prädikanten in ihrem Kehr die Stelle
des Rektors verwalten sollten. Doch diese stan-
den freiwillig davon ab. Zum Rektor wurde
der Theologus Lüthard gewählt^
Nur einige Male erinnerte man sich im täg-
lichen Rat oder wurde daran erinnert, dass in
der Schulordnung das Institut der Scholarchen
voigesehen sei. So im NisA 1631, als der Theo-
logus Lüthard und Markus Rütimeyer
um Erneuerung des weltlichen Schulrates ein-
kamen und baten, solche Mitglieder zu wäh-
len, welche dem Schulrat ernstlich beiwohnten.^
Der Bitte wurde damals willfahren und aus
einer Notiz im fünften Bande des Konvents-
archives^ erfahren wir, dass im November des-
selben Jahres eine vom Statthalter Weyermann
präsidierte Schulratssitzung stattfand, in wel-
cher auf der weltlichen Bank noch die beiden
Seckelmeister und ein Venner Platz genom-
men hatten.
Als im Jahr 1643 der Rektorat wieder einge-
führt wurde, gab der Tägliche Rat den Ven-
nem den Befehl, den Schulrat zu erneuern.
Ob es geschah, wissen wir nicht, wahrscheinlich
aber haben die vielbeschäftigten Venner den
Befehl gar nicht ausgeführt
Im Jahr 1659 forderte der Tägliche Rat^ von
der Geistlichkeit ein Gutachten, ob nicht der
schon längere Zeit «discontinuirte» Schulrat
wieder einzuführen sei ; die Herren Geistlichen
scheinen sich mit der Antwort nicht sehr be-
eilt zu haben; Tatsache ist, dass zehn Jahre
nachher noch immer kein Schulrat im Sinne
Ordnung von 1616 bestand.
^
Die Sdnilordnung von 1676.
Im März 1669 veraahm der Tägliche Rat zu
seinem Entsetzen, dass der anderswo verwor-
fene Philosophus Cartesius im Kloster in-
troduziert worden war; er traf deshalb seine
Massregeln und erinnerte sich bei der Gele-
genheit wieder, dass es eigentlich Sache des
Schubates sei, solchen Unzukömmlichkeiten zu-
vonukommen. Deshalb trug er dem Teutsch-
Seckelmeister und den Vennera auf, die Frage
zu diskutieren, ob es jetzt nicht am Platze sei,
den Schulrat endlich wieder aufzurichten.^ Das
Vennericollegium riet von der Einführung ab,
da die Mitglieder des Kleinen und Grossen
Rates, mit Geschäften überladen, doch keine
Zeit fänden, den Sitzungen beizuwohnen und
es bald wieder so gehen wtirde wie nach dem
Jahr 1616. Man solle, sagten sie in ihrer Ant-
wort, die (Regierung der Schule der Geistlidi-
keit überlassen, die in wichtigen Fällen schon
wissen werde, an wen sie sich zu wenden
habe; der Tägliche Rat soll einfach der Geist-
lichkeit die Weisung erteilen, dahin zu wirken,
dass auf der Beobachtung der Schulordnung
strenge gehalten werde. Mehr sei nicht von
Nöten.
Erst zu Anfang des Jahres 1674 beschloss
der Tägliche Rat, den Schulrat wieder einzu-
führen, und gab deshalb der Vennerkammer
nach altheigebrachter Sitte den Auftrag, ein Be-
finden über diese Angelegenheit abzufassen
und ihm einzugeben. Nachdem dies geschehen
war, bestimmte er in der Sitzung vom 30. März
1674,2 dass gewisse Staatsämter mit der Zu-
gehörigkeit zum Schulrat unzertrennlich ver-
bunden seien und dass in Zukunft auf der
weltlichen Bank desselben die jewesenden
Herren Seckehneister Teutschen und Welschen
Lands, die zwei jüngsten Venner, beide Herren
Heimlidier von Buigem und der jewesende
Stiftsschaffner und Grossweibel sitzen sollten.
Durch diese Bestimmung war der Eventualität
voigebeugt, dass, wie es eben geschehen war,
wegen eingetretener Vakanzen und Unterias-
sung von Ergänzungswahlen der Schulrat «in
^
Abgang kommen » könnte, und in der Tat funk-
tionierte von jetzt an derselbe ohne Unter-
brechung und gestaltete sich bald zu einer
kompetenzenreichen und vielbeschäftigten Kör-
perschaft^ deren notwendige Existenz allge-
mein anerkannt wurde und die deshalb in der
fest gegliederten Kette der bemischen Behör-
den verblieb und ihre Bedeutung beibehielt
auch ab die Art der Zusammensetzung wieder
geändert wurde. Auf der geistiicfaen Bank
sollten nd>en dem jewesenden Herrn Dekan
(damals H. Hühner) die Herren Professoren
(damals vier an der Zahl : Nioolaus, Wyss,
Samuel Henzi und Bourgeois) und der Prin-
zipal (also der uns schon bekannte Vulpi)
tagen; das Präsidium hatte selbstverständlich
der Teutsch-Seckelmeister als der oberste Be-
amte des Kollegiums zu führen.
Der so bestellte neue Schulrat erhielt von
der Regierung die Weisung, den ihm überge-
benen Schulstand nach den in der Ordnung
von 1616 begriffenen Gesetzen in gutem Gang
und Wesen zu erhalten und sich «in allen vor-
fallenden Sachen zu dem Ende zu versammeln ».
Dieser Weisung kam er getreulich nach ; wie er
gewillt war, den pedantischen Forderungen der
alten Ordnungen Geltung zu verschaffen, zei-
gen am besten zwei Eintragungen in dem
Manual, das er führte und das uns glücklicher-
weise mit denjenigen seiner Nachfolger bis
zum Jahr 1798 erhalten ist; sie lauten:^
« Dieweil die Studenten noch allezeit tag und
Nacht auff den gassen sich sehen lassen. Mit
breiten hüten, Wehren an der selten. Stecken in
Händen, ja auch mit prüglen, Frembden habit
und sonderlich mit grauwen Mänteln, damü
sie nicht erkennet werdind ; Und neben demme
auch die Töchteren in und äussert der Statt
an henden führen. Und alleriey anderes üppiges
und Unanstendiges wesen führen, hat man
Ihnen sokhes mit allem Ernst vorgehalten,
Und bey straff der privation, sie darvon abzu-
stehen angemant»
82
«
Die Sdittloidnung von 1676.
Und:
« Under anderen Unreimlidikeiten^ ist eflich
Jahr dahar under den Studenten auch einge-
rissen, dass viel under denselbigen, anstat den
baselhüten, die breite hüt auffsezen, Und also
sich der gesatzen und Ordnung entziehen, Und
die libertet suchen. Dieweil aber diesses Ihrem
Studieren höchst schädlich ist, und hierauss
grosse Confusionen entstehen, ist erkent wor-
den, dass von nun an alle Studiosi, welche ad
ministerium asphieren, sie seyen, wer sie wol-
lind, ftmemm oder sdilecht, burger oder un-
buiffer, den baselhut wider auffsezen. Und allen
Legibus Scholastids, gleich wie anderen sich
underwerffen soUind; da sie das auch nicht
sdiinnen soll, wan sie schon zuvor zu Lo-
sannen oder Oenff und anderen Orten gewesen
sind; Und ist hierbey heiter gesezet worden,
dass weldie sich hierin ungehorsam erzeigen
soHen, nicht mehr für Studenten soUind gehal-
ten, Und Keiner zu Einichem Examen sive ad
Theologiam oder Ministerium zugelassen wer-
den.»
Die Qeisflidikeit war es nicht zufrieden,
dass von den Prädikanten der Stadt Bern nur
einer, der Dekan, dem Schuhat angehören
sollte, nachdem diese sich ein halbes Jahr-
hundert vorher das Recht erkämpft hatten, voll-
zahlig darin vertreten zu sein. Sie wandten sich
an den Täglichen Rat und verlangten von ihm
das alte Recht zurück, wurden aber abgewie-
sen,^ aber schon im folgenden Jahr wurde
ihnen die Konzession gemacht, dass ausser
dem Dekan von den übrigen zwei Prädikanten
je einer nach dem andern altematim ein Jahr
lang dem Scfaulrat angehören sollte.^
Im Februar 1676 erteilte die Regierung dem
Schulrat den Auftrag, die Schulordnung von
1616, von der keine gedruckten Exemplare
mehr vorhanden waren, wieder aufzulegen mit
Auslassung dessen «so sich nit mehr in ge-
genwärtige Zeit schicket »> JMit lobenswertem
Eifer machte sich der Schulrat an die ihm ge-
wordene Aufgabe und arbeitete eine neue Ord-
nung aus, die bereits den 17. März 1676 von
den Räten gu^geheissen und dem Druck über-
geben wurde.
Wer diese neue Ordnung mit derjenigen
von 1616 vetgleicht, begreift es, dass sie in so
kurzer Zeit entstehen konnte. Die Herren,
welche vom Schulrat mit dem Entwurf beauf-
tragt worden waren, nämlich der Prädikant
Rossele^ der Professor Bouigeois und der
Prinzipal Vulpi,^ hatten in der alten Ordnung
einfach gestrichen, was seit ihrem Inkrafttre-
ten wieder ausser Qebrauch gekommen oder
überhaupt nie ins Leben getreten war, das
Zusammengehörige besser zusammengestellt,
von neuem aber kaum Nennenswertes hinzu-
getan und der Schulrat hatte den Entwurf ge-
nehmigt, weil ja der Tägliche Rat auch nichts
anderes verlangt hatte.
Weggelassen ist in der neuen Ordnung alles,
was die alte für die Bildung des weltlichen
Standes vorgesehen hatte: es sollte bei
den vier Professoren verbleiben,
welche einzig und allein die Bildung
der künftigen Geistlichen zu Vermit-
teln hatten ; der theologische Cursus selber
wurde um ein Jahr erweitert, so dass nun auf
dieselbe wenigstens sechs Jahre verwendet
wurden. Gesetzlich wurde jetzt festgelegt, dass
an der philosophischen Abteilung ein einziger
Dozent die Philosophie lehren sollte und zwar
die Oratoriam, die Logicam (diese nach Ra-
mus) und die Physicam und Metaphysicam
nach eigens erkieseten und vom Obern Schul-
rat gutgeheissenen Autoren mit fleissiger Be-
obachtung der Orthodoxia.
Von der Mathematik und Astronomie ist in
der neuen Ordnung keine Rede mehr, ja in
der Untern Schule wird die Mathematik auf
die oberste Klasse beschränkt und in dersel-
ben die Spedes zu lehren befohlen, das Latein
aber schon mit der untersten Klasse begonnen
und den Provisoren euigeschärft «durch stä-
tige Uebung die
dahin zu bringen,
^
Die Sdiulordnung von 1676.
m
dass sie auf der Qassen auf Latin sich mit
einander besprechind ». Wären diese nicht durch
die bereits schon vorher eingeführte Janua
linguarum reserata des Comenius ein bisschen
mit der modernen Zeit bekannt gemacht wor-
den,^ so hätten sie von allem, was in der Welt
seit dem Untei^ang des römischen Reiches
voigingy nichts erfahren.
Nach dem Oesagten bedeutet die Schtdord-
nung von 1676 einen grossen Rückschritt gegen
diejenige von 1'616. Bezeichnend ist es auch
für den Geist, aus dem heraus jene entstand,
dass der Artikel der alten Ordnung über die
Aufnahme der Schüler: «es sollen von den
Praeceptoribus ohne Ansehen der Person aOer«
ley Jugend, niemand ausgeschlossen, zu dis-
dplen angenommen und zu dem Studieren ver-
anlasset werden» weggelassen wurde; die be-
dauernswerten Folgen werden wir im Veriauf
unserer Darstellung zu schildern haben.
Als bereits veraltet wurde die Bestimmung
über die obem Zwanzig, die allein Studiosi
theologiae sein sollten, gestrichen und wenn
wir in den Disziplinarbestimmungen, die sonst
aUe stehen blieben, die Rutenstrafe, welche
die Ordnung von 1616 für die philosophiebe-
flissenen Studenten noch vorsah, nicht mehr
erwähnt finden, so dürfen wir wohl annehmen,
Stundenplan
der
STUDIOSI PHILOSOPH
a. 1676
!m WbUer
sM die VarmäißgS'
stundoi
von 8^10 Uhr
iUUPßtfZt*
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freiti«
Samstag
7-8
Prof« £raecQs
Prof. graecns
Prof« graecns
ft-4»
Prof,
phiioBopliiae
Disptttationen
eic beim
Prof. graecof
Prof.
phUoaopUae
Prof.
phflosopiiiae
9-10
12—1
Prof. graecns
Prof. graecns
Prof. graecns
Dinutalionen
etc. beim
tTOI.
phflosophiae
1-2
Prof.
pliflosophiae
Prof.
phflosopiiiae
Prof.
philosophiae
H
Um 3 Uhr die hebr. und katecfaetischen CoUegU, wie D. Mflaliii als stod. phil. in sciBer Biognpliie mitteilt B. T. 18S7, p. U. H
«n
Die Scfaulordnung von 1676.
^
Stundenplan
der
DIOSI THEOLO
a. 1676
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
8-9
Prof*
UMOlogiae
DisiNttelioiMn
ete. bdm
mit den lind*
philotopbite
Prof.
theotogbic
dispatatUmcs
theologicAe
Prof.
ttieologiae
Prof.
theologlae
9^10
12-1
^
Dinnititionen
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Prof.
* pUloeopUae
mit den ttnd.
phllosopiüae
ztmumoctt
1-2
*-4
Prof«
hcbnkiM
Prof*
hebralcns
Prof.
hebralcns
Prof.
hebraiaif
dass sie schon längere Zeit nicht mehr zur
Anwendui^ gekommen war.
Die neue Ordnung nennt, wie es ja schon
Braudi geworden war, den frühem Professor
novi testamenti den Professor theologiae (d. i.
der Theologus) und den frühem Professor ve-
teris testamenti den Professor lii^nuae hebraicae
et catedieseos. Jener hat den Studlosis theo-
logiae das Neue Testament durchzuerUären,
die locos communes zu traktieren, die Memo-
riam praeceptorum des compendii Wollebij den
Studiosis abzufordem und jeden Samstag Mor-
gen m der Kunst zu predigen, zu unterrichten ;i
dieser applizierte das Alte Testament und re-
solvierte die Kapitel in ihren fümehmsten Tei-
len und hatte daneben zwei hebräische, sowie
zwei katechetische Lektionen zu erteilen. Der
Professor graecus durfte nun — das ist der
einzige Fortschritt, den wir in der neuen Ord-
nung zu verzeichnen haben — neben den grie-
chischen Kirchenvätem auch noch andere gute
Autoren nach Gutfinden traktieren sowohl in
prosa wie in ligata oratione. Daneben hatte
er die Ethik zu behandeln nach Lüthards Hand-
buch oder einem andem orthodoxen Autoren,
wenn es der Obere Schuhat gestattete. Im
übrigen war des Ramus Methode immer noch
die massgebende und um sein Andenken wach
zu halten, wurde sogar angeordnet, dass ein
Studiosus philosophiae alljährlich einmal in
laudem Petri Rami eine orationem halten solle.
Bereits war es auch schon Brauch gewor-
«t
Die Schitlordiiiiiig von 1676.
den, dass die LehrstQhle auf Orund vorange-
gangener Proben neu besetzt wurden, des-
halb finden wir in der neuen Ordnung die Be-
stimmung: «keiner soll zu einicher Profession,
weder hier noch zu Lausannen ohne vorher-
gehende Prob beffirdert werden ; es wäre dann,
das einer wegen wichtigen Considerationen
m
von dem Obern Schubaht derselben möchte
fiberhebt werden».
Als einzig wichtige Neuerung haben wir
hervorzuheben, dass die Dauer des Rektorats
auf drei Jahre ausgedehnt wurde.
Die Stundenpläne sind auf den voifaeigehen-
den zwei Seiten zusammengestellt
^ü^
Die Untenichtsanstalten für die politische
Jugend.
«
L Die ProfeMio juris.
Schon vor der Revision der Sdiulordnung
von 1616 regte sich unter den bemiscfaen Staats-
männern der Wunsch, die Obere Schule zu Nutz
und Frommen der politischen Jugend zu er-
weitem und den ktinftigen Regenten Qelegen-
heii zu geben, in ihrer Vaterstadt in der Rechts-
gelfhrsamkeit und der Geschichte sich aus-
bilden zu können. So wurde in der Sitzung
des Täglichen Rates vom 28. November 1671 ^
die Anfrage gestellt, ob es nicht möglich wäre,
ffir das Jus und die Historie «tugenliche» Pro-
fessores anzustellen und zu Unterhaltung der-
selben den reichen Schulseckel anzugreifen.
Die Anfrage hatte den Auftrag an die Venner-
kammer zur Fcdge, sie wolle untersuchen, was
in Sachen zu gutem Nutzen der Jugend vorzu-
nehmen sei, und ihr Befinden sodann Ihro Gna-
den eingeben. Die Vennericammer aber hatte
anderes und — ihrer Ansicht nach — wich-
tigeres zu tun und kam dem ihr gewordenen
Auftrag gar nicht nach. Nun kam nach einigen
Jahren die Reviston der alten Schulordnung;
da hätte man erwarten sollen, dass jener
Wunsch verwirklicht worden wäre. Es ge-
sduüi nicht, die Obere Schule wurde aufs neue
zu einer puren Theologenschule zugestutzt^
Wh- dürfen aber gewiss nicht annehmen, dass
es bei den Verhandlungen in den Räten über
den ihnen voigelegten Entwurf an Stimmen ge-
fehlt habe, welche die Kreierung besonderer
Lehrstühle für die Ausbildui^ der künftigen
Staatsmänner verlangten, aber es wird densel-
ben entgegnet worden sein, dass es schwer
halten werde, einheimische tüchtige Kräfte für
solche Stühle zu finden, und daneben werden
^
b
audi finanzielle Bedenken sich geltend ge-
madit haben, war doch in dem neu bestellten
Schulrat die Finanzwelt im Vordergrund.
Dass ich mit dieser meiner Vennutung wohl
nicht Unrecht habe, zeigten schon die folgen-
den Jahre. 1679 kehrte der Zofinger Caspar
Seelmatter, der von 1663 an in Bern Theo-
logie studiert, daneben aber mit aUem Eifer auf
das Studium der Jurisprudenz sich verlegt und
die letzten drei Jahre in Leyden als Honorar-
professor das Jus naturae, gentium et publi-
cum öffentlich gelehrt hatte, in seine Vater-
stadt zurück und anerbot sich der Regierung
in Bern als Professor der Rechte zu wirken « nit
zweifflend, dan dass seine arbeit dem gemei-
nen Stand und Vatterland zum besten gerei-
chen wurde ».3 IMit Freuden ging die Regierung
auf den Vorschlag ein in Betraditung, «dass die
durch den Segen Gottes allhiessige grosse Jur
gend zu deigkichen Juridisch-politiachen Stu-
dien biss dahar wenig oder gar keine gel^fen-
beit gehabt, und hiemit solche entweders under-
lassen, oder doch mit grossen Costen und
beschwerd ihrer Eltern ussert lands, in der
Frembde erlernen müssen, da doch solches all-
hie ebensowol, mit ersparung eines grossen
gelts und under der Inspection der Eiteren und
Verwanten geschehen könte». Im Prinzip be-
schloss sie bereits die Kreierung eines juridi-
schen Katheders und sprach dem Schulrat ge-
genüber die Geneigtheit aus, dem Petenten die
Professur zu übertragen, wenn sie seiner dazu
erforderlichen Kapazität versichert sein könne.
Der Sdiulrat sollte zuvor dieselbe eruieren.
In einer von dieser Behörde angeordneten Prä-
lektion und einer Disputation wies sidi sodann
Seehnatter über seine juridisdien Kenntnisse
Die Unterridiisanstalten ffir die politisdie Jugend.
aus und die Herren Scfaulräte mussten aner«
kennen, dass er dem Katiieder gewachsen sei,
obwoM sie es gerne gesehen hätten, «dass die
disputation bei gelerteren und geübteren Op-
ponenten angehebt hätte, damit man seine
wfissenschaft desto besser hätte sehen kön-
nen ».^ Auf ihren Antrag wurde Seehnatter pro-
visorisch für ein Jahr zum Professor juris ge-
wählt und ihm als Besoldung an Qeld 400 Pfd.,
an Dinkel 20 Mütt und an Wein ein Landfass
zuerkannt In drei wöchentlichen Stunden hatte
er über die Fundamente der Rechten, nämlich
das Jus naturae, Jus gentium und Jus publi-
cum sowie über die Politik zu lesen und alle
14 Tage eine Disputation zu halten.
Seelmatters Vorlesungen zogen Jung und
Alt an, so dass den I.April 1680 seine defi-
nitive Wahl erfolgte, doch wurde er schon 1686
auf die Pfarre zu Mett befördert und sein Lehr-
stuhl blieb nun längere Zeit verwaist Die po-
litische Jugend zog sich von der Schule wieder
zurück und die Behörden mussten sehen, wie
die jungen Leute, die sich dem Staatsdienst zu
widmen beabsichtigten, sobald sie ad lectiones
publicas promoviert worden waren, den Degen
sich umschnallten, ein müssiges Leben führten,
in aller Freiheit und ungescheut zur grossen
Betrübnis ihrer Eltern die schlimmsten Aus-
schreitungen sich erlaubten^ und dadurch na-
türlich auch auf diejenigen, welche den stren-
gen akademischen Gesetzen unterworfen wa-
ren, einen schlechten Einfluss ausübten. Als
daher im Februar 1705 der Tägliche Rat den
Schulrat aufforderte, sich darüber auszuspre-
chen, wie der politischen Jugend mehr Gele-
genheit zu ihrer Ausbildung gegeben werden
könnte, setzte dieser der Behörde in einem
längern Gutachten auseinander, dass zu diesem
Behuf neben der Professio humanitatum, die
an die Stelle der frühem Eloquenz zu treten
habe, und der neu einzurichtenden Professio
matheseos auch die Professio juris wieder auf-
zurichten sei. Es dauerte mehr als fünf Jahre,
bis Rät und Burger beschlossen, den 20. Sep-
tember 1709, vorerst die Professio humanita-
tum und die Professio juris einzurichten und
dass alle Studenten zwei Jahre lang die Hu-
manitäten hören mussten, bevor sie zu den
eigentlichen Fachstudien zugelassen würden.
Durch folgenden in jeder Beziehung interessan-
ten Zeddel des Grossen Rates an den Schul-
rat wurden die Erfordernisse und Pflichten des
juridischen Professors festgestellt^ und der
Schulrat selber eingeladen, nach einer tüchti-
gen Lehrkraft sich umzusehen:
«Weilen Megh. und Obere bereits die Auf-
richtung einer juridischen Profession erkent,
und aus Euerm Mrhwh. Gutachten ersehen,
wie die Persohn eines solchen Professoris zu
Erhaltung des suchenden Zwecks beschaffen
seyn, auch worin dessen Pflicht bestehen solle,
Als haben Ihr Gnaden in gutheissung Euers
Mrhwh. bedenkens, gefunden, dass derselbe
mit folgenden qualiteten versehen sein sollte:
1. Dass er seye ein Mann von exemplari-
scher Gottesforcht und Lebwesens, guter Lefim-
den und Reputation, lehrhaft, freundlich, von
aprobierter Gelehrtheit und Erudition, ein
Doctor juris oder graduierte Persohn und ap-
plaudierter Mann, der bereits die Profession
mit Lob versehen, der nicht nur in jure dvili
erfahren, Rabulas und Legulejos aufzustellen,
deren es sich hier nicht bedarf, sondern der
das Jus publicum, naturae et gentium wohl
verstehe, und dahero auch Ihr Gnaden Juris-
diction, Munidpal- Grentz- und andere Redite,
um solche gegen andere Stände zu defendieren,
wie nicht weniger, der da über allerhand recht-
liche Casus, was Natur sie seyen, gute, satte
und wohl gegründete Consulta zu geben, anbey
aber auch allhiesige Jugend insonderheit ha-
rinn wohlverständig zu machen den Nahmen
und die Dexterität habe.
2. Dessen Pflichten dann belangend, soll
Ihme obliegen, vor allem das Jus naturae und
gentium und, neben der Politic und davon un-
separirlichen Historie, methodice, das ist all-
wegen vom leichteren zum schwereren das
88
Die Unterrichtsanstalten fiir die politische Jugend
Jus publicum zu tractiren, mit solchen Anno-
tationen begleitet, die nach dem Zustand un-
serer Respublic eingerichtet, dero ersprieslidi
und dem Captu der Disdplen und Auditoren
angemessen, so seiner Prudenz und Dexteritet
zu überlassen:
Weiters soll Ihme obliegen von Zeit zu
Zeit öffentliche Disputationen zu verrichten und
wodientlich vier Lectiones, auch alle vierzehen
Tag eine Conferenz aber allerhand nutzliche
Materien, item CoUegia privata zu halten, und
zwar aus dem privat Seckel. Wollen dem-
nach etc. »
Volle neun Jahre verflossen, bis die Pro-
fessur besetzt wurde. Nachdem inzwischen der
Schubat darauf aufmericsam gemacht hatte,^
dass in oben miigeteilter Ordnung vom Pro-
fessor juris zu viel verfangt werde und dass
von den ihm aufzutragenden Pensen ein jedes
einen eignen Mann erfordern wurde, es also
viel besser wäre, wenn man dem zu wählenden
die Pensa selbst zu erkiesen und einzuteilen
fiberlassen wfirde, beschloss die Regierung, vor
allzugrossen Ausgaben zurfickschreckend, es
der Prudenz des Professors zu überlassen «die
Sadien also einzurichten, dass ein Cursus im
Rechten sobald immer möglich publice absol-
viert, und die Studiosi juris zu erforderlicher
Wissensduft gebradit werden mögen».'
Den 9. Juni 1718 wurde Dr. Johann Ru-
dolf Waldkirch von Basel, der sich durch
verschiedene juridische Werke bereits vorteil-
haft bekannt gemacht hatte, gewählt und ihm
der Rang zugewiesen, dass er bis an die Herren
Theologos rucken solle. Seine Besoldung wurde
auf 1500 Pfd. fes^esetzt, in Geld, Korn und
Wein auszurichten.
WakUüitfa blieb nur bis Neujahr 1722 in
Bern; er ging nach Basel zurfick, wo er die
Professio institutionum imperialium et juris
poblid antrat und bald darauf zum Rektor der
Universität erwählt wurde. Sein Erfolg auf dem
juridischen Katheder in Bern war nicht gross
gewesen: die Zahl seiner Zuhörer hatte be-
ständig abgenommen und schliesslidi hatte sich
oft niemand zu seiner Vorlesung eingefunden.'
In demselben Schreiben, da der Schukat fiber
die Tätigkeit Waldkirdis Bericht erstattete,
setzte er der Behörde ausffihrlich auseinander,
wie die juridische Profession einzurichten wäre,
damit das Auditorium genugsam Zuhörer er-
halte und der unverantwortlichen Nachlässig-
keit vieler Eltern gesteuert werden könne. Zu
diesem Zwecke sollten nach seiner Meinung
alle diejenigen juridische Vorlesungen zu be-
suchen verpflichtet sein, immatrikuliert und
strengen Examina unterworfen werden, welche
Notare, Advokaten und Prokuratoren werden
wollten, des fernem alle, welche im Kommis-
sariat, der Kanzlei, der Seckelschreiberei und
in den Laridschreibereien Stellen zu erhalten
trachteten, die juridische Kenntnisse erforder-
ten. Und alle diese jungen Leute sollten vor
der Zulassung zum juridischen Auditorium von
den über dasselbe eingesetzten Inspektoren
examiniert werden, «ob ihr Judicium genug-
sam formiert und ob sie ihre Vorwissenschaf-
ten, insonderheit die Latinität und die Logik
wol besitzen».
Sowohl für diese immatrikulierten Studen-
ten, wie für die freiwilligen Zuhörer, d. h. die
künftigen Regenten, wünscht der Schulrat einen
zweijährigen Kursus. Das erste Jahr soll nach
seiner Ansicht der Professor juris ein Kom-
pendium des Naturrechts lesen und daneben
die institutiones Justiniani erklären, wobei er
zwischen diesen und der bemischen Stadtsatz-
ung beständig die nötigen Vei^leiche zieht
und zu diesem Zweck die Institutionen in la-
teinischer, die Stadtsatzung aber in deutscher
Sprache ablesen lässt und bei den Abweichun-
gen beider die Gründe und Ursachen aus-
einandersetzt Das zweite Jahr sodann soll
mit der Behandlung der Institutiones auf die-
selbe Weise fortgefahren, anstatt des Juris
naturae aber die Historia patria vom ersten
Sdiweizerbund an bis auf die Gegenwart be-
«
Die Unterriditsantfahen für die politisdie Jugend
handett werden mit Hinzufflgung dessen, was
zum Jus publicum Helveticum dient
Auf dieses Outachten des Schulrates hin
wurde das juridisdie Auditorium so eingerich-
tet, dass zwar für die Behandlung der Institu-
tiones und Puffendorfs de officio hominis et d-
vis ein einjähriger Kurs vorgeschrieben wurde ;
aber das vaterländische Recht und die vater-
ländische Oeschichte, die in einem zweiten
Jahreskurs hätten traktiert werden sollen, nahm
die Regierung noch nicht unter die Pensa des
zu wählenden Professors auf und bestimmte
leider auch nichts über die Zuhörer.^ Ganz un-
b^freiflich aber ist es, dass sie des weitem
bestimmte, dass der Professor juris auf höch-
stens sechs Jahre zu wählen und nicht mehr
Mitglied des Schulrates sei, wie seine geist-
lichen Kollegen an der Obern Schule, wodurch
natürlich dem Vertreter der Jurisprudenz eine
ganz inferiore SteUung angewiesen war. Und
doch zog jetzt ein Mann in das juridische Audi-
torium, auf den die Bemer stote sein durften,
Nikiaus Bernoulli, der Sohn des grossen
Mathematikers Johannes Bernoulli, der schon
mit 16 Jahren Magister der Philosophie und
nachher Licentiat in der Jurisprudenz gewor-
den war; auf grossen Reisen hatte er sodann
seine Kenntnisse erweitert und wie nach seiner
Rückkehr in Basel eine juridische Professur
ledig geworden war, war er unter den drei
Bewerbern, welche für die tüchtigsten erachtet
wurden. Als ihn das Los nicht begünstigte,
meldete er sich nach Bern und legte mit sechs
andern Subjekten* die voigesdiriebenen öffent-
lichen Proben ab. Der Schuhat schlug ihn in
erster Linie vor, worauf er den 29. Jenner 1723
von der R^erung gewählt wurde.
Sein Wirken in unserer Stadt dauerte nur
zwei Jahre; von Peter dem Grossen als Mit-
g^ed und Professor an der neugegründeten
Akademie der Wissenschaften nadi Petersburg
berufen, verliess er 1725 die Schweiz und zog
mit seinem Bruder Daniel nach der nordischen
Metropole.
^
Auf die Frage der Regierung, ob in den
Pensen des abgegangenen Professors etwas
zu ändern sei, übermittelte ihr der Schulrat
den Wunsch, es möchten von nun an zwei
Dozenten für die Jurisprudenz gewählt werden,
einer für das Jus naturae, der andere für das
Jus dvile. Die Obrigkeit trat auch auf diesen
Wunsdi nicht ein und beschloss, dass es vor-
läufig bei einem Dozenten verbleiben solle,
welcher in Zukunft das eine Jahr das Jus na-
turae, das andere Jahr das Jus dvile zu lesen
habe ; damit es aber dennoch möglich sei, dass
ein Student in e i n e m Jahr seinen cursum juris
absolvieren könne, so habe der Vertreter dieses
Faches, wenn er das eine der beiden Rechte
publice lese, das andere gleichzeitig auf Ver-
langen privatim zu traktieren; auch habe er
bei der Behandlung des Jus dvile vergleichs-
wdse die bemische Stadtsatzung zu behandeln
(27. März 1726).
BemouUis Nachfolger wurde den 24. Mai
1726 Oottlieb Jenner, der 1721 Kandidat
der Theologie geworden war, sodann unter
der Leitung der ersten Rechtslehrer in Halle
und Leyden Jurisprudenz studiert und 1725 in
Leyden den Qrad eines Doktors beider Rechte
sich erwoit>en hatte. Mit sieben Konkurrenten,
die aOe vom Schulrat zur Wahl vorgeschlagen
wurden, bestand er die öffentlichen Proben;
das Judicium über ihn lautete : '
«O. Jenner, beyder Rechten Doctor, ist ein
wol meritierter und capadtierter Mann und
nicht allein in der rechtsgelehrtheit, sondern
auch in andern wüssenschaften wohl erfahren,
wie er denn schon vor etwas mehr als 6 Jahren
für die griechische und moralische profession
mit gutem Lob disputiert In der Juris prudentz
hat er sich sehr geübet und selbiger seyt ver-
schiedenen Jahren fleissig obgelegen auf unter-
schiedenlidien Universitäten und den gradum
Doctoris mit sonderbarem lob erlanget; hat
mit einer anständigen proposition zu jeder-
manns Vemügen seine specimina verrichtet,
bey dem allem eine solide wüssenschaf^ grosse
90
n^
Unierricfateanstalten für die pollttsdie Jugend.
fectur und träfHicfaen talent zu dodren ge-
zeigt»
Bald nach seiner Wahl wurde Jenner auch
Mitglied des Schulrates und dadurdi seinen
Kollegen an der Obern Schule gleichgestellt;
er bekleidete die Professio juris bis zum Jahr
1748» da er als Landvogt nach Erlach ging.
1733 wurde noch einmal die Klage laut, dass
das Studium juris nicht recht gedeihe, und eine
Kommission ernannt um Abhälfe zu schaffen,
über deren Tätigkeit wir aber nichts erfahren.
Jedoch ist den Schukatsmanualen zu entneh-
men, dass Professor Jenners Tätigkeit mit der
Zeit sich erweiterte und Schüler und Lehrer
seine Vorlesungen immer mehr schätzten.
Nachdem Professor Jenner als Landvogt
nach Erlach gewählt worden war, wurden zu
den ausgeschriebenen Proben vom Schulrat 10
und vom Kleinen Rat noch drei weitere Per-
sonen eingeladen, aber nur drei Kandidaten
fanden sich zu denselben ein: Sigmund Lud-
wig Lerber, der von seinen Studien auf ver-
schiedenen Universitäten^ zurückgekehrt war,
der Fürsprecher Rosselet, J. U. Doktor, und
Vicat, der Professor juris zu Lausanne. Wie
zu erwarten, wurde S.L. Lerber gewählt den
3. Juni 1748, obwohl er noch nichts veröffent-
licht hatte. Doch zeigte seine Praelectio de
fontibus juris patrii, die bald hernach im Druck
erschien, dass er ein Gelehrter von ausseige-
wöhnlicher Begabung war; in der Tat war
Lerber, wie seine späteren Ari)eiten genug be-
wiesen, seiner berühmten Voij^änger nicht un-
würdig,' und er hat nicht bk)ss der Schule,
sondern auch dem Staate grosse Dienste ge-
leistet Und das Geschick wollte es, dass er
einen ebenbürtigen Nachfolger erhielt, wie er
im Jahr 1763 Landvogt von Trachselwald wurde.
Derselbe war der Appellationsschreiber Da-
niel Fellenberg, der schon drei Jahre vor-
her durch ein grösseres rechtshistorisches Werk,
die jurisprudentia antiqua, sich in den wei-
testen Kreisen bekannt gemacht hatte und auch
ab praktisdier Jurist in seiner Vaterstadt eines
51
solchen Rufes genoss, dass der Sdiulrat in
seiner Mehrheit dem Täglichen Rat beantragte,
diesmal von Proben ganz abzusehen und dem
gelehrten Appellationsschreiber das vakante Ka-
theder ohne weiteres zu übeiigeben. Es ge-
schah dies den 25. April 1763.
Bis zum Jahr 1763 waren im juridischen Au-
ditorium keine Veränderungen mehr vorgenom-
men worden und als Fellenbeiig gewählt wor-
den war, verordnete der Schulrat, er habe sich
an die den 27. März 1726 für den juridischen
Lehrstuhl bestimmten Pensa zu halten. Auch
die Schulordnung von 1770 nahm dieselben un-
verändert wieder auf, indem sie einzig noch
hinzufügte, dass der juridische Professor alle
Monate einmal durch gutfindende Exerdtia
oder Kompositionen seine Disdpel prüfen solle.
Als Fellenbeis^ anno 1777 demissionierte,
musste man wieder zu den Proben greifen;
sechs Kandidaten bestanden dieselben, da-
runter der 23jährige Patrizier Karl Ludwig
Tscharner,^ der sich durch seltene Bekannt-
schaft mit den griechischen und römischen
Schriftstellern und fertigen Gebrauch der la-
teinischen Sprache auszeichnete, weshalb er
vom Schulrat in erster Linie zur Wahl vorge-
schlagen wurde. Der Tägliche Rat säumte
nkht, den 26. Juni dem jungen Mann das Ka-
theder zu übeigeben. Es war in dem Jahr, da
Nikiaus Emanuel Tsdiamer die Revision der
Schulordnung von 1770 an die Hand nahm;
dass diese sich auch auf die Revision des ju-
ridischen Katheders beziehen müsse, war ihm
klar und so erhielten nach der Wahl Tschamers
dieser und sein Vorgänger den Auftrag, der
Schulkommission ein jeder darüber Bericht zu
erstatten, wie das juridische Auditorium an-
ders einzurichten sei, damit es zur Heranbil-
dung der bemischen Staatsmänner besser diene,
als bis jetzt ^ Weder der eine, noch der
andere der Beauftragten scheint seinem Auf-
trag nachgekommen zu sein; vielleicht liegt
der Grund darin, dass zu derselben Zeit Gott-
lieb Walther zum ausserordenüichen Professor
«
Die Unierrichteaiisiilten für die politiadie Jugend
fOr das bernische Recht berufen wurde und
dass infolgedessen Fellenberg und Tsdiamer
glaubten, es sei damit für die Erweiterung des
Auditoriums vorläufig genug getan. Und nun
kam ja auch bald die Zeit, da man das Poli-
tische Institut ins Leben rief, durch welches
an die SteHe der einen Professio juris eine
förmliche Rechlsschule treten sollte.
Die Berufung Walthers wurde veranlasst
durdi einen Anzug, den der alt-Venner Hans
Rudolf Manuel in der Sitzung des Täglichen
Rates vom 3. Juni 1777 tat, ob nicht die be«
sondern Talente und die umfangreichen Kennt-
nisse des Fürsprechs Oottlieb Walther
entweder dem hohen Stand oder der jungen
Buigerschaft allhier nützlich zu machen seien
und allfallig wie ? In der Tat waren Walttiers
Kenntnisse sowohl im Gebiet der Geschichte,
als der Jurisprudenz ungewöhnlich umfang-
reich und tiefgehend und sein kritischer Blick
von seltener Schärfe, wie er namentlich durch
seinen Versuch zur Erläuterung der Ge-
schichte des vaterländischen Rechts
schon 12 Jahre vorher gezeigt hatte, und mit
Recht bedauerte es Manuel, dass ihm keine Ge-
legenheit gegeben worden war, seine Talente
zum Nutzen der politischen Jugend zu verwen-
den.^ Nachdem der Grosse Rat, an den die
Angelegenheit weiterging, dieselbe der Venner-
kammer zur Beratung übeigeben hatte, über-
schickte diese den 10. September 1777 dem
Täglichen Rat das Resultat ihrer eingehenden
Besprechungen in einem hochinteressanten Gut-
aditen' und riet der Behörde, dem Herrn Wal-
lher öffentliche und unentgeltliche Vorlesungen
in deutscher Sprache über die vaterländische
Historie und das vaterländische Recht zu Gun-
sten der politischen Jugend aufzutragen und
dieselben nadiwärts drucken zu lassen, damit
männiglich darvon profitieren könne.
Im Januar 1778 beschloss sodann der Grosse
Rat, der diesem Traktandum grosse Wichtig-
keit beimass,^ die seltenen und schönen Ta-
lente des Herrn Walthers in den bürgerlichen
»
Rediten und der vaterländisdien Oeschidiie
gemeimiützig zu machen und ihm mit dem
Titel eines Prof essoris honorarii histo-
riae patriae eine jährlidie Pension von 400
Kronen zu geben; diese Station solle aber
einzig und allein auf seine Person gerichtet
und zugleich auch nur auf eine Probe von 10
Jahren ericannt sein.
Der Vennerkammer wurde zugleich der Auf-
trag gegeben, mit Zuzug beliebiger Personen
zu begutachten, welches die off ida und prae-
standa des neuen Honorarprofessors sein sollen
und ob ihm Sitz und Stimme im Obern Scfaul-
rat zuzuerkennen sei. Die Vennerkammer liess
es sich angelegen sein, die wägsten und besten
Bürger, die in Sachen ein kompetentes Urteil
hatten, ins Vertrauen zu ziehen und zog zu
ihren Verhandlungen herbei neben dem alt-
Venner IManud, der die ganze Angelegenheit
in Fluss gebracht hatte, den bekannten Histo-
riker Alexander Ludwig von Watten-
wyl,^ die beiden Rechtsprofessoren S.L.Ler-
ber und seinen Nachfolger Karl Ludwig Tsduu*-
ner, sowie den alt-Landvogt von Aubonne, Vin-
cenz Bernhard Tschamer.^
Auf Grund des ausführlichen Gutachtens der
Vennerkammer^ beschloss der Grosse Rat den
26. März 1778 in endgültiger Erledigung der
Berufung Walthers, dass derselbe über die
vaterländische Historie, das bemische bürger-
liche Recht und die beraischen Lehen-Rechte
arbeiten und zu dem Ende von Martini bis zu
Anfang der Emteferien wödientlich vier Stun-
den an einem öffentlichen Ort und ohne Ent-
gelt des Publid Voriesungen halten, seine Kol-
legien aber so einrichten solle, dass selbige
nachher zum Druck befördert werden könnten.
Des fernem erkannte der Grosse Rat, dass
eine besondere Kommission aus der welflidien
Bank des Schulrates von dieser Behörde zu er-
wählen sei, welcher die Au^g[abe zukomme,
die Pensa für Herm Wallfaer im Detail zu be-
stimmen und die Werke, die er für den Dmck
ausgearbeitet habe, zu censurieren und dann
«
Die Unteniditsanstalten fflr die politische Jugend.
^
auf Kosien des Staates imprimieren zu lassen.
Er selber solle weder Sitz noch Stimme im
Sdnihrat haben.
Der Schub-at wählte in die sog. Walther-
kommission den Ratsherrn Franz Lud-
wig Lerber, den Landvogt v. Watten-
wyl von Nidau und Professor Tschar-
ne r. Diese liess die Waltherschen Bücher^ in
Auflagen von 1000 Exemplaren drucken. 300
Exemplare mussten zu Händen der Obrigkeit
zur Verteilung an Rät und Burger abgegeben
werden, die übrigen 700 dienten Waltiiem zu
freier Verfügung anheim.'
Walther wusste der Regierung und dem
Grossen Rat für alle diese Opfer wenig Dank ;
er hielt seine Vorlesungen mit grosser Nadi-
lässigkeit, ohne alle Vorbereitung und mit
vielen willkürlichen Unterbrechungen und nie
brachte er einen Kursus zu Ende, so dass er
schliesslich auch die treuesten seiner Schüler
abstiess und abschreckte. Er eigab sich dem
Trunk und von der Mitte der achtziger Jahre
an fing er überhaupt gar nicht mehr zu lesen
an und kam von da an ünmer mehr herunter.
Im Juni 1785 schrieb Viktor von Bonstetten
seinem Freunde Johannes Müller nach Schaff-
hausen, er solle nach Bern kommen, denn er
hoffe zuversichtlich, dass er den kommenden
Winter an Stelle Waltiiers, der die auf ihn ge-
setzten Hoffnungen getäuscht habe, zum Oe-
sdiichtsprofessor gewählt werde.^
li der Errichtung des Politischen Instituts
wollte man auch Walther zum Unterricht her-
anziehen; er erklärte, er habe mit dieser An-
stalt nichts zu tun und gab seine Demission ein,
welche von der Behörde den 21. Mai 1788 an-
genommen wurde. In Würdigung der Ver-
dienste aber, die er sich friiher um den Staat
erworben, beliess ihm der Rat die Hälfte seines
bisherigen Einkommens und den Titel eines
Professoris honorarii und Historiographi rei-
pttblicae mit dem Wunsch, dass er seine an-
gefangenen Werke zu Ende führe.
Die Vorlesungen, die man Waltfaer am Po-
litischen Institut zugedacht hatte, wurden dem
spätem ersten helvetischen Präsidenten Bern-
hard Friedrich Kuhn übertragen.^
2. Die Profestlo matheseos.
Bereits haben wir gesehen, dass im Jahr
1705 der Schulrat der Regierung auf deren An-
frage, wie der politischen Jugend mehr und
bessere Gelegenheit zu ihrer Ausbildung, als
sie bis dahin erhalten hatte, gegeben werden
könnte, den Wunsch ausdrückte, dass neben
einer Professio humanitatum und juris auch ein
Lehrstuhl der Mathematik eingerichtet werden
sollte, dass aber im Jahr 1709 Rät und Burger
beschlossen, dass man sich vorläufig auf die
Errichtung der Professio humanitatum und der
Professio iuris beschränken wolle.
Die Verhandlungen wegen des mathemati-
schen Katheders wurden erst im Jahr 1736
wieder aufgenommen und fanden zwei Jahre
darauf ihren vorläufigen Abschluss darin, dass
der Professor extraordinarius Samuel Kö-
nig*^ verpflichtet wunie, tiber Arithmetik und
Geometrie Vorlesungen zu halten, nachdem er
der Professur für die orientalischen Sprachen
entbunden worden war. Er las wöchentlich
sechs Stunden, aber niemand wurde zu seinen
Vorlesungen verpflichtet, jedoch wurde be-
stimmt, dass auf seinen jährlichen Bericht hin
seinen Schülern ein Praemium gegeben werden
könne. Derselben waren natüriich nicht viele,
aber sie leisteten etwas und wiesen sich in
dem neuen Fadie zur Zufriedenheit der Be-
hörde aus.
Professor König stari> zu Anfang des Jahres
1750. Schon zwei Jahre vorher, im Januar 1748,
war in Sachen der mathematischen Profession
ein wichtiger Schritt getan worden. Den 20. De-
zember 1747 nämlich hatte der alt-Landvogt
von Signau, Bernhard von Oraffenried,
in der Sitzung des Orossen Rates den Anzug
getan, wie nötig es wäre, eine mathematische
«
Die Unterrichisanstalten für die politisdie Jugend.
Profession aufniriditen, damit die politische
Jugend und namentlich audi die künftigen Of-
fiziere in der Geometrie, der Architectura civilis
und militaris, sowie auch in der Hydraulik
unterwiesen werden könnten. In der Sitzung
der Zweihundert vom 2. Januar 1748^ sodann
brachte der Schultheiss den Anzug zur Behand-
lung, nachdem demselben noch beigefügt wor-
den war, dass mit der Mathematik auch die Ex-
perimentalphysik doziert werden solle. Bei der
Umfrage wurde der Anzug Oraffenrieds für
würdig erachtet, in Konsultation genommen zu
werden, und infolgedessen der Schulrat beauf-
tragt, dem Grossen Rat ein ausführliches Gut-
achten einzugeben, wie die gewünschte Pro-
fession eingerichtet werden könnte. Eine aus
zwei weltiidien und zwei geistiichen Gliedern
des Schulrates bestehende Kommission ver-
fasste dasselbe und kam darin zu dem Schluss,
es solle dem Obersten Gewalt angeraten wer-
den, statt eines eigentlichen Professors nur
einen Lektor anzustellen, welcher die elementa
et rudimenta matheseos der Jugend beibrächte.'
Es waren die alten kleinlichen Gründe, welche
immer ins Feld geführt wurden, wenn es sich
um die Erweiterung der Obern Schule handelte,
die auch jetzt wieder von der Schulratskommis-
sion geltend gemacht wurden : niemand werde
sich in den bemischen Landen finden, der im-
stande sem möchte, den grossen Anforderun-
gen, die man an eine solche Professur stellte,
zu genügen; wollte man aber von auswärts
einen tüchtigen Gelehrten berufen, so müsste
man ihm eine Besoldung von wenigstens 1000
Pfd. bieten, dazu für die nötigen Instrumente
namhafte Summen auswerfen, was alles über
die Kräfte des Staates hinausgehe. Für die bei-
den Herren Geistiichen aber war natürlich der
Gedanke schrecklich, dass der zu wählende
Professor Sitz und Stimme im Schulrat ver-
langen könnte und die weltiiche Bank schon
wieder um ein Glied vermehrt würde. So ver-
einigte sich die Furcht vor Mehrausgaben mit
dem ängstlichen Kampf um den alten Besitz-
stand und beide Momente führten zu dem er-
wähnten Antrage, der nun zur Einsicht den
Zweihundert auf den Kanzleitisch gelegt wurde.
Offenbar erregte er hier nicht kleinen Unwillen
und es wurde in der denkwiirdigen Grossrats-
sitzung vom 22. Januar 1749 gerade das Ge-
genteil beschlossen von dem, was der Schulrat
beantragt hatte, gerade das, was er verhüten
zu müssen glaubte, dass nämlich eine or-
dentliche mathematische Profession
mit Sitz und Stimme ihres Inhabers
im Schul rat und einer Besoldung von
1000 Pfd. in barem Geld ohne Säumen
zu errichten sei. Um dem Sdiulrat zu zei-
gen, wie wichtig dieser neu kreierte Katheder
sei und dass er dem höchsten Gewalt nicht
weniger am Herzen liege, als die bereits be-
stehenden, beschloss der Grosse Rat des wei-
tem, dass er, und nicht der Tägliche Rat, dem
die Professorenwahlen sonst zukamen, dies-
mahlen und in aller Zukunft den Professor ma-
theseos wählen werde. Das war für den Schul-
rat, vor allem aber für die geistiiche Bank des-
selben, eine deutiiche und nicht misszuverste-
hende Sprache ; schade, dass wir in die Diskus-
sion, die in dieser Sitzung waltete, keinen Ein-
blick tun können!
Die ausserordentiiche Wahlart des Profes-
sors der Mathematik, welche die Zweihundert
in ihrer Begeisterung für die Sache votiert
hatten, musste freilich den Täglichen Rat ver-
letzen; bald fanden in dieser Angelegenheit
weitere Verhandlungen statt und den 2. Mai
nahm der Grosse Rat seinen Beschluss zurück
und übertrug auch die Wahl des Professors
der Mathematik, gleich derjenigen aller übrigen
Professoren den Gnädigen Herren des Täg-
lichen Rats.
Schon in der Sitzung vom 22. Januar hatte
der Grosse Rat dem Schulrat aufgetragen, von
sich aus die Praestanda und täglichen Lektio-
nen des neuen Professors zu reglieren, nach
tauglichen Subjectis sich umzusehen und das
Nachdenken zu haben, «was für Spedmina, in
«
Die Unterrichtsansttlien für die politische Jugend.
»
ihrer Cäpadtät sie zu fecken, ihnen vorzulegen
sein wollen».
Nun durften die Herren Schulräte nicht säu-
men; sie hatten offenbar den Wink von oben
verstanden. Bereits den 7. Februar stellten sie
ffir das mathematische Auditorium folgendes
Programm fest^ in Uebereinstimmung mit dem-
jenigen anderer Akademien:
Von den sechs wöchentlichen Stunden, wel-
che der Professor matheseos zu lesen hat, sind
die ersten zwei dem Pensum arithmeticum zu
widmen, «da sonderlich die arithmetica geo-
metrica, in der arithmetica decimali, progres-
sionibus et proportionibus, geometrids et arith-
meticis, extractione radicis quadratae et cu-
bicae, in den logaritiimis simplidum ect. sinuum
bestehend, soll dodert werden».
Die folgenden zwei sind für das Pensum
geometricum, sowohl theoreticum als practi-
cum, zu verwenden. Die letzten zwei Stunden
sind ffir das Pensum geographicum bestimmt,
da sowohl die geographia physica de affectio-
nibus telluris generalioribus, übrigen Weltkör-
pem und systematibus mundi, als die geogra-
phia sphaerica oder astronomia kann abgewan-
delt werden.
In zwei Jahren sollen diese Disziplinen ab-
solviert werden, so dass dann ein neuer Kurs
wieder anheben kann, und damit die Behörde
sich immer überzeugen kann, in wie weit die
Auditoren in den zu erlernenden Wissenschaf-
ten zunehmen, soll der Professor, wie sdne
Kollegen alle, jährlich zweimal Examina hal-
ten. Nach einigen Jahren, wenn die jungen
Leute hinlängliche Fortschritte zeigen, sollen
dann von den der Mathematik eingeräumten
sechs Stunden zwei für die Mechanik, sowie für
die Architectura dvilis et militaris verwendet
werden.
Den Kandidaten für das neue KaÜieder be-
stimmt der Schulrat die bisher bei Besetzung
vakanter Stühle üblichen Proben, eine öffent-
liche Praeledion über eine mathematische Ma-
terie und eine Disputation über Theses und
Problemata aus allen Teilen der Mathematik
zusammengestellt
Wohl mit Recht sagt Wolf in seiner Bio-
graphie Blauners,^ dass es den Bemem nicht
schwer hätte fallen dürfen, einen tüchtigen
Mathematiker für den neuen Lehrstuhl zu ge-
winnen, da gerade damals an hervorragen-
den Gelehrten in dieser Wissenschaft kein
Mangel war; zur Ehre des Schuhates muss
auch gesagt werden, dass er sich gehörig um-
sah und der Behörde für die Proben eine ganze
Reihe von Leuten vorschlug, unter denen einige
von bedeutendem Ruf waren.' Aber der Täg-
liche Rat bedeutete ihm durch einen Zeddel
vom 3. März, dass die ausser Lands wohnen-
den Kandidaten und diejenigen, weldie die
deutsche Sprache nicht beherrschten, nicht auf
die Kandidatenliste genommen werden dürf-
ten.^ Schliesslich unterzogen sich nur drei Kan-
didaten den ausgeschriebenen Proben, der ber-
nische Theologe Nikiaus Blauner und die
beiden Waadtländer Jean Philippe Loysde
Cheseaux und Jean Castillion, zwei be-
rühmte Mathematiker, die schon damals in der
ganzen wissenschaftlichen Welt bekannt waren.
Diese beiden aber — so lesen wir im Schul-
ratsmanual und wir diirfen wohl an der Rich-
tigkeit der Angabe nicht zweifeln — liessen
von vorneherein den Schulrat wissen, dass sie
auf die bemische Professur nicht reflektierten,
wie ja in der Tat viele Gelehrte die TeUnahme
an solchen Disputationen für Lehrstühle als
Sport betrieben, und so blieb denn freilidi der
Regierung nichts mehr übrig — worüber aber
weder sie, noch der Schulrat getrauert ha-
ben wird — y als den Nikiaus Blauner zu wäh-
len, welchen der Schulrat ihr als Schüler Ber-
noullis für den Lehrstuhl ganz besonders em-
pfahl. Er wurde gewählt den 6. Mai 1749 zum
Schaden der Schule und der lieben Jugend,
denn bald genug stellte es sich heraus, dass er
seiner Stelle nicht im mindesten gewachsen
war; bald genug wurde er der Spott der Stu-
dierenden. Uebrigens sagte sich Blauner selber,
95
^
Unterrichtsaiitfalten für die politisdie Jugend.
19b
dass er sich erst noch weiter ausbilden müsse,
bevor er den an ihn gestellten Anforderungen
geniigen könne, und in dieser seiner Selbster-
kenntnis kam er um einen zweijährigen Uriaub
ein, um sich an äussern Orten in seinem Fach,
besonders in der Mechanik und der Architek-
tur, zu vervollkommnen und um auch m der
Experimentalphysik die nötige Wissenschaft zu
erlangen, damit er auch in hoc genere in seiner
Vaterstadt etwas prästieren könnte.
Der Urlaub wurde ihm gewährt mit Oenies-
sung seines Oehalts.
Im Jenner 1750 schickte Blauner von Paris
aus einen Brief an den Präsidenten des Schul-
rats, worin er ihm über seine Reisen und
Studien zu Turin und Paris Bericht erstattete;
zu gleicher Zeit anerbot sich der Abh6 NoUet,
der in Paris Experimentalphysik dozierte und
damals einer der Ersten seines Faches war,^
in einem Sdhreiben an ebendenselben, Herrn
Blauner in sein Fach vollständig einzufuhren,
wenn die bemische Behörde im Sinne habe,
ihn nach seiner Rückkehr die Experimental-
physik öffentlich dozieren zu lassen; die dazu
nötigen Instrumente wollte Nollet bei bewähr-
ten Meistern unter seiner Direktion anfertigen
lassen. Eine Liste samt Devis und Preiscourant
folgten nach; darnach belief sich die Summe
der Kosten fär die vorgeschlagenen Instru-
mente auf 1200 Thaler Bemer Valuta.
Bereitwilligst und mit warmem Dank an den
zuvorkommenden Pariser Gelehrten ging man
in Bern auf dessen Anerbieten ein und der
Grosse Rat bewilligte den 11. März 1750 die
besagte Summe ohne Anstand. Noch in dem-
selben Jahr kamen die für jene Zeit vortreff-
lichen Apparate an und bildeten, im grossen
Sommerauditorium aufgestellt, den Grundstock
für die bemische Sammlung physikalischer In-
strumente.
Nach seiner Rückkehr wurde Blauner ver-
pflichtet, wöchentlich eine Stunde Experimental-
physik zu lesen und alle 14 Tage einmal vor
dem gesamten Publikum mit den neuen Instm-
menten die ffimehmsten und nfltzlidisten Ex-
perimente anzustellen.
Wohl satisf äderte er das Publikum' mit
seinen Versudien, aber in seinen matfiemati-
schen Voriesungen fehlten die Studenten. Des-
halb verpflichtete der Schulrat durch sein Edikt
vom 26. Mai 1757, um dem Auditorium aufzu-
helfen, die Eloquenzer zum Besuch der zwei
Arithmetikstunden, die Philosophen aber zum
Besuch der zwei Geometriestunden, der Oeo-
graphiestunde und der Physikstunde, die Blau-
ner zu lesen hatte.^ Von nun an hatte sidi in
seinen Lektionen ein Censor einzufinden, wie
bei allen für die Theologen obligatorischenVor-
lesungen, den Catak>gum abzulesen und die
Unfleissigen aubuzeichnen und zur Bezahlung
der Mulkten anzuhalten. Die übrigen Studiosi
wurden eingeladen, freiwillig an den Voriesun-
gen teilzunehmen, und es hoffte der Schulrat,
— freilich ganz vergeblich — es werde sich der
Herr Professor angelegen sein lassen, die junge
Burgerschaft in seine Lektionen anzuziehen und
durch die Menge freiwilliger Zuhörer einen
Ruhm zu erwert>en trachten.
Nach der Vorschrift des Schulrates hatte sidi
Blauner von nun an für die Arithmetik und
Geometrie nach Wolfens Auszug aus den An-
fangsgründen der mathematischen Wissensdiaf-
ten zu richten, für die Geographie nach Nerenij
geographia universalis oder Hockers Himmel
und Erdkugel ; in den physikalischen Lektionen
nach Abb^ NoUets le^ons de physique exp^ri-
mentale.
Die Schulordnung von 1770, von der ynr
unten zu reden haben werden, brachte dem ma-
thematischen Auditorium keine Aenderung;
Blauner unterrichtete in seiner Weise weiter
bis zu Ende des Jahres 1784, da er seine De-
mission eingab und seiner Stelle enti>unden
wurde. Aber die Zeiten und die Anschauungen
hatten sich inzwischen geändert tüchtige und
aulgeklärte Manner waren in den Schulrat ge-
kommen, denen der alte Schlendrian verhasst
war und die die Bedürfnisse der Zeit mit hellem
DIE BIBLI0THEK5-GALLERIE
(ERBAUT 1775)
Die Unicrriditsanstftlteii für die pc^ftlsdie Jugend.
Blick erkannten ; da wirkte nun vor allem Viktor
von Bonstetten, der, wie man schon aus seinem
Buch Ober die Erziehung der bemischen Patri-
zier weiss^i bestrebt war, die bemische Aka-
demie zu einer würdigen Stitte der Wissen-
schaft umzuwandeln und die ersten und be-
lühmtesten Gelehrten m seine Vaterstadt zu
zidien.
Nadidem durch die Anstrengungen NikL E.
Tsdumers die Verbesserungen der Untern
Sdnde durchgeführt worden wareui hatte zu
derselben Zeit, da Blauner demissionierte, der
Sdiulrat beschlossen, die Revision der Akade-
mie an die Hand zu nehmen, und nach seinem
Antrag bestimmte dann die Regierung (den
3. Fd>ruar 1785), es solle mit der Besetzung des
mathematischen Katheders zugewartet werden,
bis die geplante Revision der Akademie zu
Ende beraten seL Anfang Juni beriet sich die
Revisk>nskommission namentlich darüber, ob
für Mathematik, Physik, Naturwissenschaften
und Chemie nicht zwei Stühle zu kreieren seien.
Unserm Bonstetten schritten diese Beratungen
und Veriiandhuigen zu langsam vorwärts; er
liess durch den Historiker Johannes Müller,
der auf seine Veranlassung hin nach Bern ge-
kommen war,' an den Anatomen Sömmering ui
Mainz schreiben, ob er nicht um Blauners Stelle
sich beweiben wolle; Sömmering schlug aus
und empfahl den jungen Joh. Oeorg Tral-
les aus Hambuig, der von 1782 an in Oöt-
tingen studiert, und in dorten durch seme aus-
seiordentlichen Talente die Auimeiksamkeit der
Qelehrtenwett auf sich gezogen hatte. Sofort
teilte Bonstetten seinen Kollegen vom SdmI-
rat mit, was für «ein seltenes und ausgesuchtes
Subjekt zu Bekfeidung der Stelle eines Lehrers
in den mathematischen Wissenschaften, der Ex-
perimentalphysik, Chimiae und Naturhistorie
entdeckt worden sei», und legte in der Sitzung
vom 13. September die Testimonia des Hof rats
Kistner und des Professors Lichtenberg in Oöt-
tugen über Tralles vor,^ welche ihn bereits zu
den besten Köpfen ihrer Zeit zählten.
Auf diese Nachricht ersuchte der Sdmhat
den Täglichen Rat, er möge in Aufhebung des
Beschlusses vom 3. Februar ihm gestetten, mit
TraUes wegen Uebemahme der mathematischen
Professur in Verbindung zu treten. Auch der
Tagliche Rat war erfreut über die Nadiricbt;
dass die Gelegenheit gekommen sei, an Bhiu-
ners Stelle einen berühmten Mann gewinnen
zu können und begwältigte den Schulrat auf
obrigkeitliche Kosten den Tralles nach Bern
kommen zu lassen und sich mit ihm über die
Anstellungsbedingungen mündlich zu unter-
reden.
TraUes kam ui^esaumt nach Bern; bald
wurde man mit ihm in aOen Punkten einig und
nachdem er stett der üblidien Proben vor einem
grossem PuUikum über eme in seine Fädier
einschlagende Materie einige Vorlesungen mit
Experimenten verbunden gehalten hatte, virurde
er den 14. Dezember 1785 von dem Rat ge-
wählt mit der Besoldung von 640 Kronen und
Sitz und Stimme im Schulrat gegen die Ver-
pflichtung von sechs wödientlichen Vorlesun-
gen, deren Einrichtung der Schulrat noch näher
bestimmen sollte. Zu gleicher 2^it beschliesst
die Regierung, das physikalische Kabinett mit
den von dem neuen Professor geforderten Ap-
paraten zu vermehren. Auch nach der Wahl
kamen die Behörden den Wünschen des jungen
Qelehrten in der liberalsten Weise entgegen
und schreckten vor keinen Opfern zurüde, wenn
es galt das mathematisch^hysikalische Audi-
torium mit dem auszustatten, was die Fort-
schritte der Wissenschaft erforderten. Es war
freilich hohe Zeit, dass in dier Richtung Er-
kleckliches geschah: seit dem Jahre 1750 war
kein einager Apparat mehr angeschafft worden
und die Pariser Instrumente selber^ waren tefls
veraltet, teils durch die ungeschidcte Hand Kau-
ners unbrauchbar geworden. Tralles drängte zu
grossem Anschaffungen; sdion im Februar
1786 gab deshalb der Schulrat dem Täglichen
Rat einen langem Vortrag ein über die Not-
wendigkeit der Anschaffung neuer Apparate
«
Die Uotoik liimitliltCB rar die poiitifciie Jii^cbiL
im Betrag voo 500 Lonisd'or und es ver-
ging nidit mclir ak eioe Woche, so bewillig-
ten Ritimd Bmger bedingangslos und freudig
die ganze Foffdening. Die Instrumente wurden
aOe in Fngtand bestellt und dort in der renom-
mierten Fabrik des Sdiaffhausers Hurter in
untMldiger Weise verfertigt; man war in Bern
nicht wenig stoh darauL Aber damit war die
Opferfreudigkeit der Behörden noch nicht er-
schöpft Als Tralles fiir diese Apparate einen
windigen AufeteDungsraum und fiir seine Vor-
lesungen und Experimente ein grosses und
lichtes Auditorium verlangte,^ wurde sofort eine
Kommission ernannt, welche die Sache ener-
gisch an die Hand nahm und in kürzester Zeit
zum Ziel gdangte. Schon seit mehreren Jahren
hatte man sich mit dem Plan der Veri^;ung
der Bibliothek aus dem Kloster beschäftigt;
war aber zu keinem Resultat gekommen;' nun
schlug die Aen erwähnte Kommission vor,
das Komhaus auf der Ankenwaag zur Biblio-
thdc umzubauen und die dadurdi freigewor-
denen Räumlichkeiten im Kloster fiir das ma-
thematische Auditorium und das physikalische
Kabinett zu verwenden. Der Vorsdilag fand
iiberall Anklang, Devise und Plane wurden an-
gefertigt und bereits den 4. Juni 1787 be-
schlossen Rät und Burger den Neubau der
Bibliothek für 7884 Kronen und den Umbau
des alten Bibliotheksaales zum mathematischen
Auditorium und physikalischen Kabinett für
2566 Kronen« So verdanken wir denn unser
sdiönes Bibliottiekgebäude indirekt wenigstens
dem Professor matheseos Tralles.
Wie der neue berfihmte Mathematiklehrer
nach Bern kam, schmeichelte man sich mit der
Hoffnung, dass es nun nicht mehr nötig sei,
die Ek>quenzer und Philosophanten durch Ge-
setz und Censor zum Besuch seiner Voriesun-
gen zu verpflichten, dass dieselben freiwillig
vom Born der Wissenschaft schöpfen würden,
und befreite sie deshalb von dem bisherigen
Zwang. Aber die Herren Schuhäte täuschten
sidi: die künftigen Diener Oottes kümmerten
»
sich um den im atten Kloster neu ausgegange-
nen Stern nicht vid und erschienen im maflie-
matisdien Auditorium nur selten. Freilich lag
die Schuld auch mit an Tralles selber, da er bei
seinen Hörern zu viel voraussetzte und infcdge-
dessen ihnen unverständlich ward, überhaupt
anfänglich etwas vornehm sich über alles hin-
wegsetzte und manche vor den Kopf stiess.'
Sdion den 30. November 1786 beschloss der
Schulrat, den status quo ante wieder beizustel-
len,^ und beauftragte Tralles, mit den Studenten
der Eloquenz und Philosophie bei den Ele-
menten der Madiematik zu beginnen. Leider
erfahren wir nicht, wie dann in den folgenden
Jahren der Unterridit mit den angehenden
Theologen eingerichtet wurde, dodi ist es
wahrscheinUch, dass Tralles denselben an Hand
seines mathematisdien Lehrlwches, welches er
un Auftrag der R^erung zu dieser Zeit ver-
fasste,^ gegd)en hat, wenigstens wurde das-
selbe ün Jahr 1788 allen Shidiosen der Ek>-
quenz und Philosophie gratis ausgeteilt
3. Die Professio eloqnentlac
Für die politisdie, wie für die geistUche Ju-
gend wurde im Jahr 1684 der Lehrstuhl der
Eloquenz errichtet zu dem Zweck, dieselbe
auf Grund der Lektüre lateinisdier Autoren in
die Kunst der Beredsamkeit einzuführen. Nach-
dem der Tägliche Rat den 25. August auf An-
sudien des Schulrates denselben kreiert hatte,^
wurden die Proben festgestellt, bestehend in
einer Lektion und einer Oration aus der Ma-
terie der Lektion und der Disputation aus dem
Gebiet der Logik, Grammatik, Rhetorik, Geo-
graphie etc. Nach Abhaltung derselben wurde
den 21. November 1684 der Professor der Phäo-
sophie zu Lausanne, Emanuel Bondeli, der
w^en «sonderbarer Eloquenz und wegen der
Poesey » grosses Lob sich erworben, zum Pro-
fessor eloquentiae erwählt Bondeli war der
erste weifliche Professor, der ins Kloster ein-
zog, von 1691 ab zugleich Mitglied des Grossen
Rates.
Ift
Die Unterriditsanstalten fQr die politisdie Jugend.
»
Die Errichtung dieser Professur mochte den
Gnädigen Herren nicht schwer gefallen sein, da
sie kein Geld kostete. Man hob nämlich die
unterste Klasse der Untern Schule auf und gab
die Besoldung des supprimierten Provisorats
dem neu erwählten Professor eloquentiae mit
dem Bedeuten, «dass er sich ohne suchende
weitere Vermehrung damit vemügen solle»,
bis Professor Seelmatter auf eine Pfründe be-
fördert werde; alsdann werde seine Pension
um das Salarium Seelmatters vermehrt werden.
Zu Anfang des Jahres 1697 erhielt Bondeli
von der Regierung Urlaub für längere Zeit,
um auf Ansuchen des Kurfürsten von Branden-
buig die Erziehung des Kurprinzen zu leiten,
und nun wurde bis zu seiner Rückkehr sein
Lehramt von « tugentlichen Vicariis » versehen.^
1701 kam Bondeli zurück, aber nicht um seine
Professur fortzuführen, sondern die Landvogtei
von Aubonne zu übernehmen. Vom Täglichen
Rat um seine Ansicht über die Wiederbesetzung
der vakanten Stelle befragt, beantragte der
Schulrat, die Professur auf demselben Fuss
wieder einzurichten, wie sie bis anhin bestan-
den hatte, da seit etlichen und 20 Jahren die
Studentenzahl bis auf die Hälfte angewachsen
sei, Mutwillen und Licenz aber bei den Stu-
diosen mehr zu- als abgenommen habe.^ Oeko-
nomische Rücksichten bestimmten den Täg-
lichen Rat, diesem Antrag keine Folge zu
geben, und so verband denn der Schulrat die
Eloquenz mit der Professur der Philosophie
und übeigab sie dem um eben diese Zeit
(Juni 1701) gewählten Professor Benoit, der
bei den Proben für den philosophischen Lehr-
stuhl die Anwesenden durch «Gravität, An-
ständigkeit und Lieblichkeit im Reden» ent-
zückt hatte.
Was Bondeli mit seinen Schülern alles ge-
trieben hatte, erfahren wir aus den Manualen
des Schulrates nicht, doch besagt uns eine Notiz
in der Selbstbiographie Daniel Müslins,' dass
er seinen Vorlesungen einen viel weitem Rah-
men gab, als nachher offiziell bestimmt wurde.
dass er nicht bloss einzelne Autoren traktierte,
sondern über lateinische Litteratur zusammen-
hangende Vorträge hielt und auch die Ge-
schichte und die Geographie behandelte. Aber
bald nach seinem Weggang nach Berlin, im
Jahr 1797, wurde dieser Rahmen verengt und
der Unterricht auf die Latinität zi^espitzt Es
war in diesem Jahr, wie so oft, über den Rück-
gang der Latinität bei den Studenten bittere
Klage geführt worden und die Abhülfe er-
hoffte man vom Professor der Eloquenz.* In-
folgedessen setzte der Schulrat für diesen fol-
gendes fest:^
«1. Das man hauptsädilich Pensa enderen
und mit Namen brauchen solle des Virgüij Hb.
Aeneidos, den Curtium, Salustium, item die of-
ficia Ciceronis.
Z Das man beim Salustio anfangen und
grosse Pensa vorschreiben solle, von 2. 3. Blät-
tern.
3. Das man Sie (d. h. die studiosos eloquen-
tiae) daraus fragen solle, in so weit die Ve-
higkeit solcher knaben es zulasst, namenflich
grammatice und Rhetorice, nit aber Critice und
Mythologioe.
4. Das man sie Exerdre im vertiren, Com-
poniren, Notas machen, in gegenwart sein des
Herrn Professoris selbs, demme jeder Studio-
sus sein sach schriftlich übergeben und ad In-
terim Ihme obligen solle custodj zu halten.
5. Das zu allen Zeiten, Er gegen Ihnen im
Methodo Instituendi vorsichtig gehe und zu
dem end im ersten Jahr sie Chrias und Epistlen
und im andern Jahr Dedamationen componi-
ren machen solle, under seines Custodj, wie
gesagt, welche Exerdtia sie hernach in den
Examinibus vorweisen sollen.
6. und entlich, das man Sie durch viel fra-
gen zu antworten so gewehnen soll, das die
Latinitet je länger je besser einwachsen mög. »
Aus diesen Bestimmungen ersehen wir auch,
dass schon damals der Unterricht in der Elo-
quenz auf zwei Jahre berechnet war.
«
Die Unterridifstiistalteii für die pditisdie Jugend.
^
In derOesdiidite des juridischen Lehrstuhles
haben wir erwähnt,^ dass im September 1709
Rit und Buiger beschlossen, neben der Pro-
fessk) juris auch eine Professiohumanita-
tum einzurichten. Diese letztere war dasselbe,
was die ahe Prof essio eloquentiae ; ihr 21iel, die
Sdiüler zum sprachrichtigen und logisch durdi-
sichtigen Vortrag in lateinischer Sprache zu be-
fähigen, zu der Kunst, ohne welche man sich
immer noch mit dem Praeceptor Oermaniae
die wahre Humanität nicht denken konnte, wie
denn auch der Schulrat hoffte, dass durch die
einzuführenden Uebungen die Moralität der Ju-
gend gewinne und wachse. Dem neuen Pro-
fessor humanitatum sollte es nach dem obrig-
keitlich bestätigten Reglement obliegen,* cden
Knaben mit aller Sanffanuth und Lehrhaftigkeit,
Einfalt und Klarheit durch Pensa und Exerdtia
den Stilum und eigentlichen Verstand der latei-
nischen Autoren neben daraus ziehender mo-
rale beizubringen, und die zwey Jahre durch,
sie dennassen capadtirt zu machen zu suchen,
damit sie in denen obem Auditoriis desto unge-
hinderter fordcommen können»; und femer
«soll Er sich voraus angelegen seyn lassen,
dass, durch hoch Stilisirte Lectionen, er nicht
sich selbst, sondern lediglich den profect seiner
Disdplen in Litteris et Moribus suche, und audi
allwegen einen Autorem nicht nur anfange, son-
dern in so kurzer Zeit als möglich absolvire
und sich darin nicht ohne Noht lang aufhalte ».
Ein Fortschritt gegen früher geschah da-
durch, dass nun offiziell die Geschichte und die
Geographie in die Obere Schule eingeführt
wurde,^ und wenn diese Fächer freilich auch
nur mit je einer Stunde wöchentlich bedacht
waren, so war doch damit zur Modernisierung
der Schule der Grundstein gelegt, auf den mit
der Zeit, wenn auch langsam, weitere Bau-
steine gefügt wurden. Indem zugleich die Lo-
gik dem Professor der Philosophie abgenom-
men und mit der Eloquenz verbunden wurde,
riditete man das Auditorium humanitatum —
es sollte auch ein neuer Hörsaal hergestellt
werden — abo ein, dass der Professor des-
selben in neun wöchentiidien Stunden die Col-
loquia des Erasmus, den Terenz und den Vergü
traktierte (4 Stunden), des fernem die Logik
(1 Stunde), die Geographie nach einem kurzen
Kompendium und ebenso die Historiam uni-
versalem (beides je 1 Stunde), alles in latei-
nischer Sprache. Eine Stunde wurde zur Kate-
diisation nach dem Heidelberger und zu exer-
dtatkmibus piis verwendet In der neunten
Stunde sollten mit der obera Promotion die
Chriae, oratumculae und epistulae besprodien
werden, weldie die Studenten die Woche durdi
komponiert hätten mit der Weisung «allwegen
em paar Vers beizusetzen», während die untere
Promotion aus dem Deutschen ins Lateinisdie
translatieren sollte, aber audi umgekehrt aus
dem Lateinischen ins Deutsche, «damit ihnen
der Genuis der TeutBchen Sprach audi ein-
wadise».
Alle Studiosi, sowohl des weltlichen wie des
geistlichen Standes, wurden verpflichtet, zwei
Jahre lang die Humanitäten anzuhören, jene,
bevor sie in das juridische, diese, bevor sie in
das philosophische Auditorium gelangten, so
dass also von jetzt an die Obere Schule in drei
Abteilungen zerfiel: die Eloquenz, die Phi-
losophie und die Theologie. Die künfti-
gen Theologen hatten natüriich, so lang sie in
der Eloquenz studierten, ihr Griechisch und He-
bräisch fortzusetzen und auch die Uebungen
und Vorlesungen des Professors der griechi-
schen und der hebräischen Sprache zu besu-
chen. Punkto Disziplin und Habit wurden die
Eloquenzer gleich gehalten, wie die Studiosen
der übrigen Auditorien ; sie erhielten Censoren
und hatten auf den Gassen, in den IQrchen und
Lektionen mit den « Mäntlen » zu erscheinen.
Die Besoldung des Professors im neuen Au-
ditorium wurde auf 300 Kronen fixiert und man
erwartete von ihm, dass er auf Ansuchen auch
ooll^a privata halte, aber unter moderierter
Belohnung und in
«
Die Unterriditsansiahen iflr die politisdie Jugend.
m
Zum Professor der Humanitäten wurde den
2. Dezember 1709 Samuel Scheurer erwählt;
er war noch Studiosus, aber mit solch seltenen
Talenten b^abt, dass ihn die Schulräte nach
glänzenden Proben^ ohne Bedenken zur Wahl
vorsdihigen. Er wurde eine der ersten Zierden
der Akademie und waltete seines Amtes in
80 vofzüglicher Weise, dass der Schulrat im
Sommer 1716, vrie er bereits Rektor geworden
war, ihm ein ganz ausserordentliches Zeichen
seiner Dankbarkeit zukommen lassen m müssen
glaubte« Da gerade zwei Stipendien ledig wa-
ren, schickte er ihn mit dem Ertrag derselben,^
wozu der Tägliche Rat noch ein Viaticum von
100 Thalem hinzulegte, für 14 Monate auf
Reisen, damit er sidi mit den gelehrtesten
ItAämiem des Auslandes bekannt mache, die
beriifamtesten Bibliotheken besehe und «gute
Corrcspondenzen aufrichte ». Das geschah denn
auch ; Scheurer wurde MHglied der königlichen
Sodetäten von London und Berlin und durch
seine wissenschaftliche Tätigkeit überall be-
kannt
Nach seiner Rückkehr (1718) wurde ihm die
Professio hebraica übertragen und auch in die-
sem Amt wirkte er so, dass die Z^ seiner
Schüler von Jahr zu Jahr sich mehrte.
Scheurers Nachfolger in der Eloquenz war
vom 4. Juli 1718 an der allbekannte bemische
Historiker Johann Jakob Lauf fer, der bis
zu seinem plötzlich erfolgten Tode 1734 der
CX)eni Schule angehörte. Auch Lauffer hatte
einen würdigen Nachfolger, Johann Georg
Altmann, gewählt den 7. Juni, der durch
seine wissenschaftliche Tätigkeit sich ebenso
bekannt machte, wie Samuel Scheurer, und in-
folgedessen von der Akademie der Wissen-
sdiaften zu Berlin zu ihrem Mitglied ernannt
wurde. Altmann war zum Professor eloquen-
tiae ganz besonders qualifiziert nicht bloss
wegen seiner philosophischen, sondern auch
wegen seiner archäologischen Kenntnisse, na-
mentlich im Gebiet der römischen Altertums-
wissenschaft, war er doch schon im Jahr 1723
von der Regierung abgeordnet worden, um
im welßchen Land von den noch vorhandenen
Antiquitäten und Medaillen zum Behuf des An-
kaufes von Seiten des Staates ein Verzeichnis
anzulegen.^ Insofern ist es eigentlich zu be-
dauern, dass er schon ein Jahr nach seiner
Wahl die Professur der Eloquenz mit derjeni-
gen der griechischen Sprache, d. h. der Inter-
pretation des Neuen Testamentes, vertauschte.
Mit ihm erlöschen auch auf dem Lehrstuhl der
Humanitäten die glänzenden Sterne, die nach-
einander der bemischen Akademie besondem
Ruhm verliehen.
Mit Altmann hatte ün Jahr 1734 für den Lehr-
stuhl der Eloquenz « Herr Haller», d. i. Albredit
HaQer disputiert; 12 Kandidaten waren deno-
mmiert worden und die Proben sollten den
10. Mai beginnen. Am 3. Mai konnten die Kan-
didaten «die Materie» abholen> Bei dieser Ge-
legenheit wollen wir die Thesen mitteilen, wel-
che Herrn Haller aufgegeben wurden, damit
unsere Leser von den Disputationen, welche bei
Oelegenheit der Professorenwahlen mit den
Kandidaten jeweikn veranstaltet wurden, ein
kleines Bild erhalten.^ Ende Mai sprach Haller,
als die Reihe an ihn gekommen war, im Audi-
torio theologico majore des Morgens über das
Thema: «veteres industria et eruditione ante-
oellere modemos», des Mittags dann dispu-
tierte er über folgende Fragen :
«cl. Quid tenendum de libris Hermetis Tris-
megisti, an ejus, quam prae se ferunt, antiqui-
tatis, an vero a quodam recentiore Semichri-
stiano conficti aut interpolati fuerint?
2. Quot sint characteres et quam certi sint,
quibus vulgo nummi antiqui genuini a sup-
posititiis distingui solent?
3. An Satumus a satar, absoonditus, ideo
dictais fuerit, quod prisci Italiae coloni hunc
suum parentem ignoraverint, ita, ut Satumus
idem sit ac si diceres, incognitus ille deus
noster.
4. Undenam Helvetiorum origo et deno-
minatio?
«
Die Unterrichtsanstahen ffir die politische Jugend.
5. An Zigeuni sint populus aliquis particu-
laris, an vero ex variis coUuvies et undenam
eomm origo arcessenda?
6. Quis ad oomparandum nitidissimum sti-
lum imitandus ex veteribus in soluta, quis in
ligata oratione?
7. An eadem regnl Thebanorum a Cadmo
ex Phoenida, quae Aflieniensium a Cecrope
ex Aegypto erecti epocha statuenda?
8. An annus Romuli 10 an vero 12 menses
habuerit?
9. Quinam dies apud Romanos fasti et ne-
fasti^ oomitiales et comperendini, atri et inno-
minales dicti fuerint?
10. Quodnam per Astarten idolum Phoenices
inteDexerint? et unde idolo hoc nomen hae-
serit?
11. Utrum ars critica plus damni attukrit
quam commodi?
12. An quae veteres mythologi de Satumo,
JanOy item et Baccho, quin et Priapo tradunt,
in Noachum quadrent?
13. Quid Sit 16 sublime in oratione?
14. An antiquissimi Italiae coloni dialectum
habuerint hebraizantem ?
15. An Syllogismus recte dicatur ratiocinii
distincta expressio?
16. An definitio nominalis sit quae nomen
ceu terminum, realis vero quae rem ipsam
explicat?
17. An apostoli Christi omnes fuerint Cate-
chistae, in spede Philippus act VIII. catechi-
zaverit cubicularium reginae Candaces?
18.^ An non nisi ex revelatione sdamus
deum creasse coelos et terram?»
Diese in jeder Beziehung interessanten und
für die Studien jener Zeit so l>ezeichnenden
Fragen zeigen uns, wie in diesen Disputationen
alles Mögliche und Unmögliche von den Kan-
didaten verlangt wurde. Leider ist das Urteil,
das der Schulrat über die Proben des Jahres
^
1734 abgab, in seinem Manual nicht emge-
schrieben.
Altmanns Nachfolger, Johann Rodolf
Brunner, gewählt den 13. Juni 1735, wurde
sdion nadi einem Jahr Professor der Philo-
sophie; vom 4. April 1737 an amtete Fried-
rich Kirchberger, der im Jahr 1758 als
Pfarrer nach Ins ging, worauf Ludovicus
Rudolf, den 15. Juni 1758 erwählt, fast
50 Jahre den Lehrstuhl der Eloquenz inne
hielt, sanft und ernsthaft seinem Amt sich hin-
gab und seiner Schüler mit Liel>e und Auf-
opferung sich annahm. Im hohen Alter von
79 Jahren gab er seine Demission, wie die
Akademie unter dem Kanzler Mutach neu ein-
geriditet wurde.
Sofort nachdem Rudolf seine Professur an-
getreten hatte, wurden die Pensa des eloquen-
zischen Lehrstuhls neu geordnet Schon im
Jahr 1740 war nach der Anregung Professor
Kirchbergers die Logik in die philosophische
Abteilung herübergenommen worden ; man
hatte im Lauf der Jahre einsehen gelernt, dass
14- und 15jährige Knaben noch nicht befähigt
seien, einem in lateinischer Sprache gehaltenen
Kurs iiber Logik zu folgen.' An die Stelle der
Logik war theoretische und praktische Rhe-
torik getreten. Diese Aenderung wurde bei der
Reform des Jahres 1758 beibehalten und der
Professor eloquentiae zudem verpflichtet, die
Studiosos der zwei ersten Jahre in der Abtei-
lung der Philosophie in einer zweiten Stunde
in der Rhetorik weiterzuführen und sie in der
Redtation kleinerer Reden zu üben. Auch die
Schriftsteller änderte man jetzt :^ die colloquia
des Erasmus liess man ganz fallen und an die
Stelle des Terenz trat der Livius, bei dessen
Lektüre die Zierlichkeiten der Lateinischen
Sprache und die Altertümer ausgelegt werden
sollten, die Mythologey und Prosodey in Ver-
bindung mit dem Virgil. Dem Lehrer wurde
ans Herz gelegt, sich in allen seinen Lektionen
des Lateinredens zu befleissen und seine Schü-
ler anzuhalten, ihre Oedanken in lateinischer
102
^
Die Unterriditsanstalten für die politische Jugend.
Sprache nach den besten Vorbildern des Alter-
tums ausdrücken zu lernen. Ferner wurde ihm
befohlen, die Eloquenzer zur Privatlektüre an-
zuleiten und ihnen vorzuschreiben, was ein
jeder nach seinem Bedürfnis bei Hause trak-
tieren solle und ihn darüber von Zeit zu Zeit
ernstlich zu examinieren; endlich lag es nach
j»
diesem neuen Reglement dem Professor elo-
quentiae ob, die Studiosen dieser Abteilung
jeden Winter in drei wöchenflichen Stunden
zum Tisch des Herrn vorzubereiten.
An diesem Programm für die Eloquenz
wurde in der Ordnung vom Jahr 1770 nichts
geändert
Die theologische Lehranstalt in der Zeit
von 1676— 1770,
Carteslua. Die Pietistenbewegung.
Der zweite theologische Lehrstuhl.
In die Zeit zwischen der Wiedereinsetzung
des Schulrates und der Promulgation der neuen
Schulordnung fällt die Annahme der Formula
consensus, welche mit der Lehre von der Gött-
lichkeit jedes Buchstabens, auch der Vokale
des alttestamenüichen Bibeltextes, festsetzte,
Christus sei nur für die durch den ewigen Rat-
schluss Gottes zur Seligkeit Auserwählten ge-
storben und Gott habe nicht den Vorsatz ge-
habt sich aller zu erbarmen, sondern nur eines
Teiles der IMenschheit^ Noch während der Er-
eignisse, welche der Abfassung der Formel
vorangingen, währenddem man sich in der
Schweiz sammelte, um die Kirche gegen die
von Saumur ausgehenden Irrlehren zu schützen
und die reine reformierte Lehre zu erhalten,
ging man in Bern gegen die cartesianische
Philosophie vor, mit welcher der Professor
philosophiae David Wyss die studierende
Jugend bekannt madite, zum Aergemis der
oräiodoxen Geistiichkeit, an deren Spitze der
Dekan Hummel stand. Ein Gutachten des
Konvents veranlasste den Ratsbeschluss vom
21. April 1669,^ welcher die Lehre des Carte-
sius für gefährlich und schädlich er-
klärte, da sie verschiedene Irrtümer gegen die
Heilige Schrift und die bisher geübte reine
Lehre enthalte, und die Behandlung derselben
auf dem Katheder, in den Disputationen, sowie
in den Privatkollegien verbot Dessen wurde
David Wyss berichtet und ebenso die auf den
fremden Universitäten studierenden Akademi-
ker, damit sie das in dem abgeschafften Autor
begriffene schädliche «Gesäme» nicht weiter
in sich wurzeln Hessen.
Das Verbot des Rats nützte nichts; Ihr
Gnaden mussten zu ihrem nicht geringen Miss-
fallen vernehmen, was massen der verworfene
Autor von vielen gelesen und daraus ungute
und höchst bedenkliche Reden geführt wurden,
und dass es bei dem bekannten Sprüchlem ver-
blieb: nitimur in vetitum semper cupimusque
negata. Aus Furcht, dass mfolgedessen « leicht-
lich von diesem Unkraut bei der lieben Poste-
rität etwas aufwachsen und dadurch der bis-
hero rühmlich fortgepflanzeten orthodoxischen
Lehr widriges entspringen möchte, wan sel-
biges nicht radidtus abgeschafft würde», ge-
bot der Rat den 2L Mäiz 1671 ^ aufs neue, dass
der Cartesius weder heimlich noch öffentiich
gelehrt werde und dass die Studiosen ihn gar
nicht lesen dürften und die Exemplaria, die sie
in Händen hätten, abliefern müssten. Dasselbe
Dekret trug den Geistlichen auf, für das Klo-
ster geheime Aufseher zu bestellen, und
bestimmte, dass der Professor, der von den-
selben im Ungehorsam gegen dieses Verbot
betroffen würde, in seinem Amte eingestellt
werde und dass diejenigen Studenten, welche
sich noch weiters mit dem Cartesius beschäf-
tigten, ihrer Stipendien priviert werden soll-
ten. Zugleich wurde an die Buchhändler der
Befehl gegeben, keine Exemplare des Carte-
sius in die Stadt zu schaffen.
Solche Blüten trieb bereits schon der reli-
giöse Fanatismus und nun kam denn 1675 die
Einführung der Formula oonsensus, welche für
lange Zeit die Freiheit den Denkens in Fesseln
legte; fast 50 Jahre lang musste dieselbe von
den bemischen Geistiichen an Eidesstatt unter-
schrieben werden. Aengstiidi bewachte man in
der ersten 2^t alles, was im Ktoster gmg, und
104
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
Ib
man traute wohl auch dem Nachfolger des
Professors Wyss« der im Jahr 166Q Professor
hebraicus geworden war, dem Professor Da-
vid Bourgeois, nicht recht Im Frühjahr
1680 wurde in den Bemer und Langenthaler
Kapiteln angezogen, dass «unter den Studiosen
in Bern opiniones im schwang gehen, die nach
dem Arminianismus, ja sogar nadi dem Sod-
nianismus schmecken thiten^». Sofort wurde
von dem Rat eine Kommission ernannt, wel-
che dem bösen Qerficht nachforschen sollte.
Die Studenten, die man im Verdacht der He-
terodoxie hatte, wurden verhört und die Pro-
fessoren eingezogen und vernommen, alles,
wie wir aus dem Schreiben des Täglichen Rates
an den Schulrat in Sachen schliessen mässen,i
mit grosser Rücksichtslosigkeit und Lieblosig-
keit Die Re^erung besorgte, es werde durch
sokhe Dinge die Schule in Verachtung geraten
und der bemische Kirchenstand an benach-
barten und äussern Orten m Verdacht kommen,
«ob wäre allhier der Religion und Orthodoxey
halb alles zweifelhaftig und wfisste man nicht,
was in Qlaubenssachen man statuieren solle».
Deshalb verordnete sie durch ihr Dekret vom
17. März 1680 die drei Prädikanten der
Stadt zu Aufsehern im Kloster mit der
Kompetenz, jederzeit nach Outfinden den Stu-
denten ihre Schriften abfordern und examinie-
ren zu können und je nadi ihrem Befinden die
nötigen Schritte zu tun.
Den Aerger der Professoren wegen dieser
unwürdigen Behandlung kann man sidi den-
ken, aber sie mussten ihn als Ihr Onaden ge-
treue Diener geduldig herunterschlucken, denn
diese statuierten, «dass alles, so dieses Oe-
sdiäfts wegen vorgegangen, von Oberkeits-
wegen teiminirt, ausgemacht und erörtert sein,
Auch dessen nichts mehr gedenkt werden solle ».
Zu gleicher Zeit wurde das Edilct vom Jahr
1671 gegen die Lehre des Cartesius in seiner
ganzen Sdiärfe aufgefrischt und den Studiosen
und Kandidaten im Kloster eingeschärft, über
die Sachen, welche die Orthodoxiam berühren,
nidit ohne Bedacht zu reden und imr an ge-
bührenden Orten, und femer « in dem Predigen
sich eines solchen Stili und redensart zu be-
fleissen, die heiliger Biblischer Schrift und der
materi, die sie tractiren, gemäss seye; und
hingegen der affectierten ungewohnten neuen
Teutsch sich zu müssigen, als welche die ver-
ständigen nur ärgert, und das gemeine Volck zu
ihrem Cfaristenthumb nichts underweisen thut ».
Endlich beschlossen die Räte in derselben
Sitzung, alle drei Prädikanten der Stadt dem
Schulrat wiederum beizuordnen; des wird die
Geistlichkeit zufrieden gewesen sein und der
liebe Gott wird, wie die Behörde zu Ende ihrer
Weisung an den Schulrat wünschte, zu allem
seinen heiligen Segen gegeben haben.^
Schon stehen wir am Vorabend der Pie-
tistenbewegung in Bera,^ die gegen Ende des
Jahriiunderts stattfand und in die auch das
IQoster und der Schukat verwickelt wurde.
Den 31. Mai 1693 wurde der Schulrat neu
bestellt Die Wahlart desselben, wie sie durch
die Schulordnung von 1676 festgestellt worden
war, hatte zu mancherlei Unzukömmlichkeiten
geführt; vor allem waren seine Mitglieder der-
art mit Geschäften überhäuft gewesen, dass sie
der Schule nur wenig Aufmerksamkeit hatten
schenken können und diesem Umstand schrieb
man es zu, dass an ihr manches nicht war, wie
es sein sollte, vor allem, dass bei den Promo-
tionen allerhand untaugliche Subjecta durch-
schlüpften, die nun den Musshafen und andere
Largitionen genossen ; man klagte laut darüber,
dass man deigleichen «Stock in den Obern
Schulen behalten musste, nur damit sie und die
Ihrigen zu essen hatten». So fassten denn Rät
und Burger den Beschluss, die Wahl zum
weltlichen Scholarchen von jeder Charge un-
abhängig zu machen und die Neuwahl der Be-
hörde anzuordnen ; die Gewählten sollten stän-
dige Mitglieder des Schukates bleiben und die
Zahl der weltiichen Mitglieder sollte, vom Vor-
sitzenden abgesehen, derjenigen der geistiichen
^
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
Mitglieder, resp. der Professoren und Pradi-
kanten gleichkommen. Da die Zahl der letz-
tem bereits auf neun angewachsen war, so
waren also mit dem Vorsitzenden 10 weltliche
Schulräte zu wählen ; die Nomination kam den
Vennem zu.^
Zu einem «Haupt oder Praesidi» wurde
dann der Teutsch-Seckelmeister J. Bernhard
von Muralt gewählt und zu Assessoren drei
Ratsherren und sechs von den Bürgern, tüch-
tige und gebildete Männer, welche in der bald
folgenden pietistischen Bewegung dem Kon-
vent gegenüber freiere Ansichten vertraten und
gewillt waren, ihre Rechte zu behaupten und
der Oeistiichkeit keine Konzessionen zu ma-
chen. Das kam schon im Jahr 1606 zum deut-
lichen Ausdruck.^ Stellte da in der Sitzung des
Schub-ates vom Z Juli der Konvent durch den
Dekan das Begehren, es solle inskünftig die
Promotio ad ministerium einzig und allein von
den Geistlichen besorgt werden gegen den
klaren Wortlaut der Schulordnungen von 1616
und 1676, welche die Mitwirkung der weltlichen
Scholarchen bei besagter Promotion und deren
Anwesenheit beim Examen promovendorum ad
ministerium verlangten und feststellten. Mit
Unwillen nahmen die weltlidien Schulräte diese
Rechtsprätention auf und meinten, dass durch
ihre Präsenz das Examen der Theologen nicht
profaniert werde und dass es ihrerseits eine
Pflichtverletzung wäre, wenn sie dem Buch-
staben des Gesetzes nicht nachkämen.^ Die An-
gelegenheit kam vor die Regierung, welche die
weiflichen Schulräte gegen die Anmassung des
Konvents in Schutz nahm und entschied, dass
es beim Inhalt der Schulordnung zu verbleiben
habe.«
Schon nach zwei Jahren änderte sich das
Verhältnis zwischen Regierung und Schulrat
und es kam zwischen beiden zum offenen
Konflikt
Nachdem es eine Zeit lang geschienen hatte,
als ob in der bemischen Kirche die pietistische
»
Richtung die Oberhand gewinne und der pie-
tistisdie Pfarrer Güldin sogar Mitg^ed des
Konvents geworden war und dem Dekan Bach-
maim, der bis dahin als bester Prediger der
Stadt gegolten hatte, den Rang streitig madite,
gelang es im Jahr 1698 der Geistiichkeit, die
den alten kirchlichen Standpunkt vertrat, der
Regierung die Pietisten als eine renitente Par-
tei darzustellen, gegen die man mit Gewalt
vorgehen müsse. Im August dieses Jahres soll-
ten in einer Grossratssitzung die Massregeln
zur Sprache kommen, welche gegen die «Sec-
tierer» zu ergreifen waren. Unter den Verdäch-
tigen fanden sidi auch drei Studiosi, Nikiaus
Tscher, Nikiaus Mass£ und Samuel
Lutz, welche den 22. August nebst ihren Kom-
militonen nach der Anordnung des Schulrates
das Examen ad ministerium bestehen und acht
Tage nachher, falls sie das Examen bestanden
hätten, die Impositio manuum erhalten sollterL
Da gebot der Tägliche Rat mit Zettel vom
20. August dem Schulrat «um eingefallener
wichtiger Ursachen willen », aber ohne nähere
Angabe der Gründe, das Examen ad ministe-
rium um eine Woche hinauszuschieben. Der
Schulrat wusste wohl, worum es sich handelte
und dass gerade in dieser Woche die ent-
scheidende Sitzung der Zweihundert stattfin-
den sollte. Besorgt um das Schicksal der drei
genannten Studenten, von denen verlautete,
«dass sie etwas haben von sich verspühren
lassen, so da Ihre Lehr und übriges Lebwesen,
uff eint oder andere weis solle verdächtig ma-
chen»,^ gab er den beiden Professoren der
Theologie, dem uns schon bekannten David
Wyss und Johann Rudolf Rodolff ^ den
Auftrag, dieselben zu examinieren und auf die
gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu prü-
fen. Es war der 22. August; die Untersuchung
sollte von den zwei Beauftragten sofort an die
Hand genommen und so durchgeführt werden,
dass der Schulrat auf Grund derselben sdion
den 25. August die gebührenden Mensuren in
Sachen ergreifen könnte.
K^
Die theologische Lehransialt in der Zeit von 1676—1770.
^
Die beiden Examinatoren, die keineswegs
unparteiische Richter waren, statteten ihren
Bericht dahin ab, « dass sie nit durchaus satis-
fadrt worden » seien ; infolgedessen beschieden
die Schulräte in der Sitzung vom 25. August
die drei Angeschuldigten vor sich, um sie über
die Punkte, da sie den zwei Professoren nicht
lauter schienen, selber zu quästionieren. Dabei
wurden sie völliglich contentiert und es ver-
blieb ihnen wegen der Orthodoxei der Drei
gar kein Scrupel mehr, um so weniger, als sich
dieselben freiwillig anerboten hatten, vor der
Konsekration eine authentische Glaubenskon-
fession sdiriftlich von sich zu geben. Der Prä-
sident J. B. von Muralt wurde darnach beauf-
tragt, das alles den folgenden Tag Räten und
Buigem in deren Sitzung vorzutragen und zu
verlangen, dass nun mit dem Examen pro mi-
nisterio der Anfang gemacht werde, weil auch
von den übrigen Examinanden nichts zu ge-
fährden sei, immerhin mit dem Vort>ehalt, dass,
wo über kurz oder lang am eint und andern
etwas Verdächtiges in Lehr und Leben herfür
komme, alsdann dem Täglichen Rat gebührend
ferneres Einsehen vorbehalten sein und bleiben
solle.^
Zahlreich versammelten sich den 26. August
Rät und Bürger zu der wichtigen Sitzung, auf
deren Resultat man allgemein gespannt war.
Schon vorher hatte der Tägliche Rat eine Kom-
mission ernannt zur Untersuchung «der ver-
däditigen Ingeister und Sectierer», welche ihre
Tätigkeit bereits begonnen hatte. Sie bestand
aus dem Venner Abraham Tillier, einem Manne
von konservativen Anschauungen und unbeug-
samer Strenge, als ihrem Präsidenten, dem
Venner Willading, ^alt-Venner Jenner, den Heim-
lichem von Oraffenried und Wurstemberger,
femer den Professoren Wyss und Rudolf, dem
Dekan Bachmann und Pfarrer Eyen. Diese so-
genannte Religionskommission Moirde,
nachdem sie des ganzen Pietistengeschäfts hal-
ber eine vollständige Relation abgestattet hatte,
von den Zweihundert bestätigt, begwältigt und
befelchnet, in der begonnenen Untersuchung
fortzufahren und ohne Unterschied der Per-
sonen nach der Instmktion und Wegweisung
zu verfahren, die ihr vom Rat bereits erteilt
worden, oder noch erteilt werden möchte. Ver-
geblich hatte Muralt im Namen des Schulrates
auseinandergesetzt, dass die Examination der
drei verdäditigen Studenten nach der Schul-
ordnung nur dieser Behörde zustehen könne;
man antwortete ihm, dass die Religionssadien,
also audi die Untersuchung der wider die Re-
ligion gerichteten irrigen Meinungen der Obrig-
keit und in dero Namen denen zuständig sei,
welche sie nach Belieben dazu verordnen wolle.
Die Religionskommission fuhr mit allem
Emst und Eifer, wie ihr vom Grossen Rat auf-
getragen worden war,^ in der Untersudiung
der verdächtigen Personen, namentiich der jun-
gen Geistlichen fort und verhörte audi unsere
Studenten. Es wurde ihnen zwar gestattet, dem
Examen pro ministerio, das nun begirmen
sollte, sich zu unterziehen, aber mit der Hand-
auflegung sollte bis nach Schluss der ganzen
Untersuchung zugewartet werden.^ Tsdier und
Mass£ wurden zur Imposition zugelassen ; nidit
so gut ging es dem Samuel Lutz. Die Reli-
gionskommission stellte fest, dass er mit Pie-
tisten Umgang gehabt und junge Knaben an
sich gezogen und übemachtet habe. E>eshalb
wurde besdilossen, dass er bei der Handauf-
legung übergangen werde, bis man seiner Per-
son vollständig versichert sein könne; inzwi-
schen habe er in Bem seine Studien fortiu-
setzen.^
Der Sdiulrat hatte diese Weisung dem Stu-
diosus Lutz zu eröffnen. In ihrem gerechten
Zorn über das fanatische Voigehen der Reli-
gionskommission und das ungerechtfertigte Ur-
teil über den talentvollen Samuel Lutz, gaben
die weltlichen Mitglieder des Schulrates ihre
Demission ein ; sie verdienen dämm einen
Ehrenplatz in der beraischen Schulgeschidite !
Erst nach einem Interstitium von mehreren
Monaten nalmien sie den 8. Dezember ihre
n^
Die tiieologlsdie Lehnuistalt in der Zeit von 1676^1770.
51
Sitzungen wieder auf, nachdem der Tagliche
Rat sie dringend gebeten hatte, ihren Ent-
schluss zurückzunehmen «neben Bezeugung
eines gnädigen und satten Vergnügens ab ihren
bisherigen Verrichtungen».
Der Pietistenhandel erreichte seinen Höhe-
punkt mit der Festsetzung des Associa-
tionseides und der Durchführung desselben
bei der ganzen Oeistiidikeit im September
1699.
Als im Frühling 1700 wieder eine Kandida-
tenpromotion stattfinden sollte, wurde Samuel
Lutz von der Religionskommission befragt, ob
er dem Pietismus abzusagen und bei der wah-
ren reformierten Religion zu veibleiben ent-
schk)ssen sei und den Assodationseid beschwö-
ren könne. Als er sich dazu bereit erklärte, er-
hielt er die Handauflegung und tat den Eid.^
Zwei Jahre nachher wurde er vom Schulrat zu
den Proben für das erledigte hebräische Ka-
theder in Lausanne vorgeschlagen und bestand
dieselben in so glänzender Weise, dass er dem
Täglichen Rat in erster Linie zur Wahl empfoh-
len wurde ; ^ bei derselben wurde ihm aber ein
Waadfländer voigezogen.
Ein anderes Opfer der Pietistenbewegung
war der Spitalprediger Samuel König, der
schon während seiner Studienzeit tiefgehende
Studien auf dem Gebiet der orientalischen Spra-
dien und der Mathematik getrieben hatte. Im
Juni 1699 wurde er auf Grund der Untersuch-
ungen der Religionskommission seines geist-
lidien Charakters priviert und des Landes ver-
wiesen und erhielt nach einem langen Wander-
leben 1711 die französische Hofpredigerstelle
zu Büdingen, wo er 18 Jahre blieb und seine
Kenntnisse namentlich der orientalischen Spra-
dien noch mehr vertiefte. Nachdem in Bern
im zweiten Dezenniiun des 18. Jahrhunderts
der Fanatismus der letzten Jahre des vorher-
gdienden Säkulums liberaleren Ansichten und
einem mildem Geist gewichen war, durfte auch
König an die Rückkehr ins Vaterland denken.
Er kam bei der Regierung um Begnadigung ein
mit der Versidierung, sich der Kirdienordnung
in allen Stücken unterwerfen zu wollen.
ZweSiundert wiesen sein Gesuch erst an
Religionskommission ^ (Mai 1730) und diese
stattete ihnen den Bericht ab, daiss der Petent
zwar «particularer Meinung sei wegen des tau-
sendjährigen Reichs, der Gnadenwahl, Wieder-
bringung aller Dingen und Notwendigkeit der
Wiedeigdnirt eines Predigers», dass er sidi
aber eidlich verpflicfaten wolle, selbige weder
heimlich noch öffentUcfa zu lehren.^ Daraufhin
hob der Grosse Rat die Bannisation auf und
erkannte den 13. September 1730, dass der
Herr König, da er in den orientalisdien Spra«
dien sonderbare Wüssenschaft habe, zu einem
Professore honorario in denselben zu ernennen
sei. Nach dem Antrag des Sdiulrates wurden
ihm mit einer BesoMung von 1200 Pfd. fünf
wöchentliche Unterrichtsstunden zugewiesen
und zwar zwei mit den untern Studiosis für
die Grammaticalia in der hebräischen Sprache
und eine mit den obem für den Talmud. In
zwei weitem Stunden sollte er sowohl geisfliche
als weltliche Disdpulos in mathesi cals einem
sehr nützlichen studio» instruieren.^
Lehrerfolge scheint König in seiner neuen
Stellung keine gehabt zu haben. Schon im zwei-
ten Jahr seiner Wirksamkeit hatte er sich vor
dem Rat zu verantworten, warum er ohne Ur-
laub im Land herumlaufe und warum seine
ehemaligen Disdpebi (»eine Lektionen nicht
mehr besuchten.^ Dabei darf man freilich nicht
ausser Acht lassen, dass in der Obem Schule
die Stellung des Extraordinarius eine ausser-
ordentlich schwierige war; wo derCensor sein
Handwerk nidit ausüben musste, war böse
Disziplin und niemals waren die Studenten
roher, als gerade in den ersten Dezennien des
18. Jahrhunderts. Ueberdies war man immer
noch mtsstrauisch gegen König seiner religio*
sen Ansichten wegen, und so wird wohl der
Schulrat anno 1738 sehr zufrieden gewesen
sein, dass er ihn der hebräischen Professur
entheben konnte.
«
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
^
Bereits schon wihrend der Pietistenbewe-
gung war im Frfihjahr 1698 ein zweiter theo-
logisdier Lehrstuhl gegründet worden.
Als Orund für die Notwendigkeit desselben
machte der Schulrat in seiner Eingabe an den
Taglidien Rat^ in erster Linie geltend, dass
jetzt in Bern mehr Theologen studierten, als in
Basel, Genf, Zärich, Herbom und noch andern
Akademien, und dodi in Ztirich und Herbom
zwei, in Basel und Qenf sogtar drei Theologi
dozierten ; dass infolgedessen die Studiosi theo-
logiae in Bern nicht genug Occupationen hätten
und dass es einem einzigen Lehrer nicht mög-
lich wäre, locos oommunes und controversias zu-
gleidi zu traktieren ; dass auch die Stipendiaten,
wenn der anbegehrte Stuhl errichtet würde,
nidit mehr ins Ausland gehen mfissten, son-
dern in Bern fänden, was sie bis dahin ander-
wärts gesucht hätten.
Die Regierung billigte die Gründe des Sdiul-
rates und beschloss den 24. März 1696, dass
inskünftig zwei Professores theologiae an der
Obern Schule wiiicen sollten, von denen der
eine die locos communes, der andere die contro-
versias zu traktieren habe. Dem bisherigen
Theologus, dem Professor David Wyss,
wurde es überlassen, nach Belieben die eine
oder die andere Lehrtätigkeit für sich zu er-
wählen ; er sollte von nun an den Namen eines
Theologi primarii fiUiren mit derselben Besol-
dung, die er bis anhin genossen hatte. Der
zweite Theologus war nach dem Ratsbeschluss
an Dignität dem ersten gleich und genoss die-
selben Privilegien ; er hatte wie jener wödient-
lich drei Lektionen zu halten, Montag, Mitt-
woch und Freitag um oder nach Mittag,* auch
altematkn in den Disputationen zu präsidieren
und die Anhörung und Korrektion der Pre-
digten aller Studiosi theologiae in ihrer Ord-
nung alle Dienstage, Donnerstage und Sam-
stage des Morgens auf sich zu nehmen. Der
Sdnilrat hatte ihn aus der Zahl der übrigen
Professoren zu erwählen und ihm zu seiner bis-
herigen Ordinaripensfon aus dem Schulseckel
eine Zulage von 50 Talern zu entrichten; zu-
dem sollte der Gewählte statt 12 Saum Land-
wein, wie bis anhin, deren zehn und dazu 4
Saum Ryffwein erhalten.
Zum zweiten Theologus rückte der bishe-
rige Professor hebraicus Johann Rudolf
Rodolf f vor (in diesem Amt den 5. April 1698
bestätigt). Vom Sdiulrat wurde ihm noch be-
sonders aufgetragen, die controversias so zu
traktieren, dass er accidentaliter, wo es sich tun
lasse, auch die Kirchengeschidite behandle.'
An Rudolfs Stelle hatte Leemann, der bis-
herige Professor philosophiae. Hebräisch zu
dozieren; offenbar vertrat er nebenbei audi
noch die Philosophie.^
Nachdem im Jahr 1700 Professor David
Wyss gestorl>en war, wurden die Katheder (mit
Ausnahme des griechisdien) wieder neu be-
setzt, so dass im Anfang des 18. Jahrtiunderts
folgende Dozenten für die Theologiestudieren-
den wirkten:
als Theologus primarius J. R. Rodolf f (ge-
wählt den 15. November 1700);
als zweiter Theologus S. Leemann (ge-
wählt den 18. November) ;
als Professor hebraicus der frühere Helfer
Samuel Haller* (gew. den 21. November);
als Professor graecus E. Malacrida (seit
1686);
als Professor philosophiae Friedrich Be-
noit (gew. den 14. Juni 1701 als ganz junger
Candidatus).
Das Leben der Studenten In und ausser
dem Kloster.
Bevor wir zur Sdiiklerung der Entwickhmg
der Obern Schule im neuen Jahrhundert schrei-
ten, haben wir noch verschiedener Massnah-
men des im Jahr 1693 neu gewählten Schul-
rates zu gedenken, denn derselbe war bestrebt,
auch das innere Leben der Anstalt zu heben,
die bestehenden Schäden auszubessern und der
studierenden Jugend, wo es nötig war, ein bes-
<i(
Die theologische Lehranstalt in der Zelt von 1676^1770.
»
seres Ijos zu bereiten. In dieser Beziehung hal-
ten wir sein Einschreiten gegen
die Paedagogeyen auf dem Lande
für weitaus das wichtigste. Es war nämlich
schon längere Zeit die Unsitte eingerissen^ dass
nicht bloss ältere Studenten, wie das überall
mi In- und Ausland Brauch war, als Hauslehrer
aufs Land gingen, um die Kinder der dort le-
benden Beamten und anderer Vornehmen zu
unterrichten, sondern auch Studiosi philoso-
phiae, ja nun sogar Studiosi eloquentiae, also
unreife Bürschchen, die kaum auf die Obere
Sdiule promoviert worden waren und eben erst
ihren Comenius zu Ende memoriert hatten,
eine Unsitte, die auf die Ansiditen der betref-
fenden Eltern fiber die Erziehung der Jugend
ein bedenkliches Licht wirft Infolgedessen ver-
einsamten die Auditorien und wenn sich audi
die Bemer in jener Zeit rühmen konnten, dass
sie mehr Studenten hätten, als die übrigen theo-
logischen Lehranstalten der Schweiz, so kam
es mitunter vor, dass die Professoren fast
leeren Bänken zu predigen hatten. Diejenigen,
die auf dem Lande «oonditionierten», hatten
sich jeweikn zu den Examina zu stellen, wenn
sie mit ihrer Promotion weiter rücken wollten ;
waren es ältere tüchtige Studenten, die schon
mehrere Jahre in der tiieologischen Abteilung
zugebracht hatten, so hatte man auch Oewähr,
dass sie sich in richtiger Weise weiter bildeten
und weiter zu bilden wussten und die Schule
lief ihrer Absenz wegen keine Gefahr, aber
schlimm war es natürlich in jeder Beziehung,
wenn unreife und noch dazu untüchtige Leute
dem Kloster entliefen, um nun neben dem
Unterricht, den sie zu erteilen hatten, auf eigene
Faust zu studieren und doch durch die Examina
zu schlüpfen. Mit Freuden wird man es deshalb
in allen Kreisen, die ein Interesse am Gedei-
hen der Schule und der Kirche hatten, begrüsst
haben, als der Schulrat im Jahr 1695 beschloss,
dass von jetzt an nur noch Studiosi theologiae,
die bereits schon zwei Jahre ad tfieologiam
promoviert worden, als Hauslehrer in Kon-
dition gehen dürften und dies auch nur, wenn
sie wegen ihrer Tüchtigkeit die Eriaubnis dazu
eiiiielten, ansonst sie aus der Zahl der Stu-
denten ausgestrichen würden.^
Der gehoffte Erfolg dieses Beschlusses blieb
aus. Schon im Jahr 1697 gab der Schulrat in
einem Zettel an die Professoren zu, dass er
mit dem Gesetz, welches die Pädagogeyen auf
dem Lande hemmen sollte, nicht zu schlag
gekommen sei, und ermahnte dieselben, an die
«äussern Paedagogos» in den Examina schär-
fer als an die andern Studenten anzusetzen,
um zu erforschen, ob dero Absenz von den
Lektionen Veränderung in ihrem Fleiss und
ihren Studien bewirice oder nicht'
Die Schwierigkeit bestand eben darin, dass
diejenigen Studenten, die ohne Erlaubnis ihrer
Voigesetzten eine Kondition angenommen hat-
ten, durch eben die hochgestellten Personen,
von denen sie zur Instruktion ihrer Kinder an-
gestellt worden waren, beim Sdiulrat die so-
genannte Nachwert>ung tun Hessen, d. h. nadi-
träglich um den Uriaub einkamen, in der ridi-
tigen Berechnung, dass dann kein Abschlag er-
fo^en werde. Der Schuh-at hatte es wohl einige
male versucht, den Urlaub auch in diesem Falle
zu versagen, aber es war dann jedesmal eine
drohende Missstimmung und böse Erbitterung
in den massgebenden Kreisen entstanden und
man legte die Massnahmen des Schulrates so
aus, als ob er überhaupt «die Institution ehr-
licher Burgerskinder auf dem Land zu hemmen
suche ». '
Um nicht weiter der Spielball solcher Intri-
guen zu sein, versuchte es der Schulrat darauf
im Jahr 1699, seine Beschlüsse vom Jahr 1695
durch den Täglichen Rat corroborieren zu las-
sen; er machte denselben namentlich auf die
Gefahren aufmerksam, die der ganzen Kütdie
und dem orthodoxen Glauben aus dem Un-
fug der Pädagogeyen, wie er sich entwickelt
hatte, erwachsen müssen, und hoffte, dass zu
der Zeit, da die Regierung mit äusserster Strenge
ül
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676-^t770.
gegen die eingedrungenen Irrlehren vorging,
seine warnende Stimme nicht ungehört ver-
halle. Mit welchem Ernst und welchem Frei-
mut er der Behörde den Krebsschaden, den
er ausschneiden wollte, aufdeckte, wolle der
Leser aus folgender Stelle des Memorials an
den Täglichen Rat ersehen : ^
« Alsdann von Zeit zu Zeit verspührt worden,
wie sehr schädlich und nachteilig die Condi-
tionen uffem Land je und allwegen für die
Studierende Jugend usgefallen, indem gemein-
lich neben denen besten ingeniis nun und dann
sich auch deren gefunden, so nit nur jung, un-
erfahren, ungelehrt, sondern gar bisweilen hin-
demicks Ihrer Praeceptoren dergleichen Päda-
gogien uffem Land angenommen, vermitlest
weicheren Sie selbst hernach nit nur zu ver-
neren Studien unnütz, sonderen an den Kin-
deren jeniger Eiteren, welche solche Ihnen zu
genugsammen Praeceptoren vermeint erwehlt
zu haben, bisweilen gar zu deceptoren worden
sind, wie zu exemplieren were. Da dan durch
die erfahrung sich erwiesen, das durch solche
frühzeitige beseitsetzung der Studien, der Dis-
dplin, der Frequentation der Letzgen und an-
derer Exerdtien, so Ihnen sonst obligen, solche
Knaben nit nur in Vergess dessen, so Sie er-
lehmt, in ein Dissolut leben, item in allerhand
Sensualitäten, sonder gar bisweilen uss mangel
genugsammer Conduite durch lesung nach ei-
genem Hirn erwählender Authoren in Irrig und
der Ortiiodoxey zuwiderlauffende Meinungen
verfallen — Mehrerer Solcher traurigen frücht
solchen nachhängenden Ubertinismi von früh-
zeitig annemmenden pedagogien herrüerend
zu geschwdgen — so erhält audi vemers
durch die tägliche erfahrung, das zu merk-
licher Pflanzung Solchen übelss und das zu
entblössung und Schwächung der Auditorien
nit wenig hilft, das anfangen neben den Herren
Ambfleuten auch die wohl bepfründte Pfarr-
herren, hievoriger Pratic zuwider, eigene Pae-
dagogos anzunemmen sich nicht scheuwen, bey
weldien [sie], obwohl Sie zwar sich nit in so
vil Eitelkeit und Weltgesinnetiheit vertiefen,
dennoch an Lehr und Leben in so weit abnem-
men, das Sie endtlidi gar den Studien valedi-
dren, oder aber und wo Sie uss mangel an-
derer Commodität, um Ihr Leben durdizubrin-
gen durch Recomendation Soldierer, denen Sie
durch Institutionen Ihrer Kinder und mandi-
mahl dabey durch vil andere Schnöde Dienst
ufgewartet, zum geistlichen Stand gelassen wer-
den müessen, nachwehrts meistentheils zu an-
stössigen Kirchendienern, und also bisweilen
zu gar schlechten Vorbilderen der Herd uss-
fallen, welches dan änderst nit dan denen, so
es angeht, zu hödister betrüebnuss, wo nit gar
zur deprecation tiber die. So Sie in der Jugend
besser Invigiliren sollen, gereichen kan etc.
welches dan eben das Jenige ist, so Mehwhh.
die Schulräht bewogen, dieses als ein gewfis-
senssadi, als die die Ehr Qottes und die Er-
Erbauwung der Kkdien in bester Form an-
sieht, alsobald anzusehen...»
Dieses düstere Bild vermochte noch nicht,
den Täglichen Rat zu einem energischen Be-
schluss in Sachen zu führen; mit Zettel vom
18. Dezember 1699 teilte er dem Sdiulrat mit,^
dass er die ihm vorgetragene Ordnung, wie
die Bedienung der Pädagogien auf dem Lande
eingeschränkt werden solle, weder bestätigt
noch verworfen habe, es vielmehr den Schul-
räten überlasse, durch die richtigen Mittel sich
der Aeufnung der Schule also anzunehmen,
dass auch die Burgeridnder zu Stadt und zu
Land die ihnen nötige Unterweisung erlangen
könnten, woran dem Stand auch ein namhaftes
gelegen sd. Die Bestätigung erfolgte erst den
9. Januar 1702;^ in derselben finden wir noch
folgende neue Bestimmung, die von der Jung-
mannschaft im Kloster freudig begrfisst worden
sein wird:
« Habend Ihr Gnaden auch ussbedinget, das
die Jenigen Studiosi, so nach obiger Ordnung
Paedagogien bedienen, sidi ordinarie nit zu
Komhaus- oder anderen Haus Geschafften ge-
brauchen lassen sollen.»^
«l
Die iMOtogischc Lehranstalt in der Zeit von 1676^1770.
»
Als anno 1720 Ober die allzu vielen Kondi-
tionen auf dem Land wieder geklagt wurde,
restituierte der Schulrat in ihrem ganzen Vigor
die Bestimmung, dass keiner konditionieren
dürfe, wenn er nicht bereits schon zwei Jahre
m der Theologie studiert habe.^
Während die 20 Studenten im Kloster in 10
Stüblinen wohnten, wie unsere Leser wissen,
hatten die 16 auf der Schul, die Pädagogia-
n e r , immer noch ihre vier Studierzimmerchen,
wo sie zu je vieren eingepfercht waren. Die
neue Zusammensetzung des Schulrates liess die
Pädagogianer hoffen, dass auch für sie eine
bessere Zeit angebrochen sei; sie setzten 1695
eine Bittschrift an denselben auf und baten fle-
hentlich um weitlauftigere und vorteilhaftere
Losamente imd besseres Tractament DerSdiul-
rat schenkte ihnen gnädiges Gehör und zeigte
sich bereit, alles zu tun, was in seiner Kompe-
tenz lag, um die Lage der Studenten auf der
Schul zu verbessern, aber sein guter Wille
scheiterte an den konservativen Ansichten des
Rates, der schliesslich mit seinem Machtwort
die ganze Angelegenheit niederschlug und ver-
ordnete, es habe auf der Schul beim Alten zu
bleiben. Die daherigen Diskussionen im Sdiul-
rat, der in seiner Mehrheit der Ansicht war,
man solle das Alumnat auf der Schul aufheben
und zu Nutz und Frommen der Schule und der
Stadt die Studenten in Familien unterbringen,
sind auch für die Gegenwart noch von hohem
Interesse, insofern wir daraus ersehen, wie
schon vor 200 Jahren für und wider den Nutzen
der Alumnate dieselben Gründe ins Feld ge-
führt wurden, wie heutzutage. Diejenigen Mit-
glieder des Schulrats, welche das Alumnat auf
der Schule beibehalten wissen wollten — und
sie werden ohne Zweifel auf der geistlichen
Bank gesessen haben — machten für ihre An-
sicht folgende Gründe geltend:^
«1. Dass die beide Collegia, da Alumni er-
halten werden, dem stand eine ehre seyen.
2. Dass die Studk>8i auf den CoUegiis besser
disdplinirt und zu allerley exercttijs pietatis ge-
halten werden, alss wan sie absonderlich woh-
nen soHen.
3. Dass ehe hierin etwas geschlossen oder
geenderet wurde, Thun, 2tofingen, und Bnigg
zu red gestossen werden müssen.
4. Dass die einten Zeiten wohlfeiler, die an-
deren theuer seyen, und hiemit die Stipendia
allezeit geendert werden müssen.
5. Dass die Studiosi auff der schull nirgend
kumlicher alss auff der sdiull wegen der nähe
des Auditorij logiert werden könten.
6. Dass änderst dass schöne grosse gebaü
der schull veigebens wäre.
7. Dass man nicht leiditiich neuerung an*
sehen solle; nun seye keine grosse nohtwen-
digkeit, diese novitet einzuführen und die stu-
diosos ab der schull zu thun.
8. Dass so die Studiosi auff der schull blei-
ben, in der statt herumb weniger tumult zu
befürchten seye.»
Diejenigen Schulräte, die der andern Mei-
nung waren, dass nämlich die Studiosi die
Schul quittieren sollten, aber, wenn sie sich
auch in der Stadt aufhielten, das Aequivalent
ihres genossenen Benefidj geniessen könnten,
wandten nachfolgende Gründe ein:
« 1. Dass wo so viel Studiosi ungleidien al-
ters unter und miteinander sint^ in ihrem stu-
dieren heftig verhinderet und ihre Sitten leicht-
lich verderbet werden.
2. Dass desswegen die Herren Professores
über keine Studiosos mehr alss über die auff
der schull theils wegen ihres unfleisses in ihren
studijs und audi wegen ihres unmässigen le-
ben und wandeis zu klagen haben.
3. Dass Einem Praeposito bisshar vhe auch
in vorigen Zeiten unmöglich gewesen, alle dise
ungleiche studiosos im Zaum zu halten, und
hiemit sei in den studüs und moribus zu be-
förderen.
4. Dass die Tractament auff der Schull also
^
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 167^\7}0.
J>
bestellt sinty dass die stadiosi sich damit nit
vemfigen, sonder zu ihrer nahning noch jahr-
tidi viel gelt verzehren, und unterschiedlich
desswegen sich mit tieffen sdiulden verknüpfen.
5. Dass umb angeregter ursach willen wi^
audi wegen Enge dess losaments sehr viel son-
derlich von Bürgeren, diss beneficium versäu-
men, ja vemichtigen und ein gespött darauss
madien.
6. Dass so den studiosis frey stehen solte,
sidi äussert der schult aufzuhalten und in einen
weg dass benefidum zu geniessen, die Burger
leiditlidier praeceptores für ihre Kinder finden
wurden.
7. Dass diejenige nohtdürftige Studenten, die
etwan bey ihren Eiteren, oder aber in Condi-
tionen in der statt sich auffhielten, ihr benefi-
dum fürspahren und zu einicher Bibliothek
verwenden könten.
8. Dass auff dise Weis ein Praepositus auff
der Schull desto mehr logament hette und den
Landvogts- oder Burgerskindem, sei an tisch
zu nehmen, und sei flyssig zu unterweisen
auffwarten könte.»
Den Gründen, welche ihre Gegner beibrach-
ten, hielten sie folgendes entgegen:
cl. Dass die Studenten besser bei guten
bürgern und wo sei nicht so hafiffig beisamen
sint, disdpliniert und moralisiert werden kön-
nen alss auff der sdiull.
2. Dass auff dise Weis den dreyen statten
Thun etc. nichts abgeht, weil in einen weg,
wie in anderen, 12. von den ihren werden er-
halten werden.
3. Dass die Exercttia Condonatoria und
Analytica in einen Weg auff der sdiull ge-
halten werden können.
4. Dass kein grösserer Tumult werde nur
von 16. Studenten zu befürchten sein.
5. Dass auch den nohtdurftigen nichts ab-
gehen wir^ weil die es ve rm ö ge n , den IMuss-
Bafen und wess dazu kommen soll, nicht an-
ndimen und jährlich desswegen in der Mus-
bafen Musterung eme C e n s u r aussstehen wer-
den wollen.»
Der Tägliche Rat, vor den die Angelegenheit
gebracht wurde, entschied sich für die Beibe-
haltung des Alumnates (13. August 16Q5), trug
aber dem Bauherren auf, den Augenschein
einzunehmen, wie den Studenten mehr Platz
zu verschaffen sei, und seine Befindnuss dem
Schulrat vorzutragen, und diesem zu über-
legen, ob vielleicht nicht so zu helfen sei, dass
zu Verbesserung des Tisches die Zahl der in
der Stadt Verbui^erten vermindert oder den-
selben anheimgestellt werde, das Benefidum
auf der Schul oder ausserhalb derselben zu ge-
messen.
Ein Jahr verging, bis der Schulrat die ihm
vorgelegte Frage erdauert hatte; sdiliesslich
gab er seiner Oberbehörde ein doppeltes Pro-
jekt ein; nach dem einen sollten nur 10 Stu-
diosi auf der Schul bleiben und die übrigen
6 das doppelte Benefidum ollae gemessen, nach
dem andern aber sollten, wie bis anhin, 16
Studierende auf der Schul sein, aber ihnen
noch vier Stüblin gebaut werden und Meine
Gnädigen Herren noch etwas mehr an Wein,
die drei Städte Thun, Zofingen und Brugg we-
gen Verbesserung des Tradaments jegliche
jährlich um 15 Kronen Zins sich verschreiben.^
Dem Täglichen Rat gefiel weder der eine, noch
der andere Vorschlag ; er beschloss den 3. Mai
1697, beim alten Herkommen ohne einige Aen-
derung es bewenden zu lassen.
Eine abermalige Supplikation der Pädago-
gianer in demselben Jahr 1697 um cMuhipli-
kation ihrer Musaea»' hatte nicht mehr Er-
folg, trotzdem der Schulrat der jungen Leute
sich wieder mit allem Eifer annahm.
Wir schliessen gleidi hier noch die Gesetze
an, welche die Pädagogianer in ihrem Haus zu
beobachten hatten. Dieselben stammen aller-
dings aus dem Jahr 1707, doch dürfen wir an-
nehmen, dass sie ihrer Hauptsache nach schon
viel früher aufgestellt worden waren.
#1
Dit üitfologische Lehiansüüt in der Zdi von 1676—1770.
cLeges
betr^end die Collegianos Collegij Minoris
ab amplissimo Magistratu
renoviert anno 1707.^
1. Ein Jeglicher, der inss CoUegium befur-
deret wirdt, soll einem Herrn Praeposito treuw,
gehorsamme und Undergebenheit durch ein
handgelübt versprechen.
Z Welcher den zu gewüssen stunden ange-
stellten Morgen- und Abendgebätt und dem
verordneten lesen eines Capitels aus der H.
Bibel nit beiwohnt, soll zahlen zur straff ein
fierer.
3. Ein Jeglicher, der da die letzgen im Au-
ditorio Theologico, item die Predigen, nit im
ordinari Habit besucht, soll gestrafft werden
durch entzückung Brodts und Weins, so mann
carieren namset
4. Keinem soll erlaubt seyn nachts ohne Vor-
wussen des Herrn Praepositi aus dem CoUegio
zu gehen, viel weniger draussen ohne Special
Begrtessung dessen fiber nadit zu bleiben,
widrigen fahls ein solcher von dem Hh. Prae-
posito vor der Censur verleidet werden soll
5. Er soll viel weniger zur beschwerdt Me-
niglichens und Ergemuss sonderlich der Nach-
barschafft mit Klopfen nach beschlossener por-
ten kommen, sonst nach Befinden gestrafft
werden.
6. Ein Jeg^cher soll auch sowohl innert als
äussert dem Haus sich ehrlich betragen, den
Obern mit gebfihr begegnen, widrigenfahls
dem H. Praeposito verleidet werden.
7. Ein Jeder, so das Haus verunreinigen
wuid, wie es immer seye, dem soll nit nur ob-
ligen den Unraht selbst abzuschaffen, sonder
anbey zwei batzen zur straff zu erlegen.
8. Welcher da seinem Hh. Praeposito eine
offene (s. v.) Lugen vorbringen dörfft, dem soll
zwar mit der gefangenschafft verschonet, aber
dennoch beschaffenen Dingen nach eine nam-
haffte geldbuss aufgelegt werden.
9. Ein Jeder so da vor dem handwäschen
51
und gesprochenem gebätt zum tisch gehet, hie-
mit vor oder nach dem tisch einer UngebQhr
oder Unzucht fiberwisen werden kann, ein sol-
cher soli* nadi dem gewicht seines Verbrechens
gebüsset und angelegt werden.
10. Die gemeine Ordinari Hausarbeit soll
von den drei understen verrichtet werden, wel-
cher aber, obschon mit erlaubnuss eines H.
Praepositi, abwesend, der soll einen Vicarium
bestellen, widrigen fahls vom Senat nach Bil-
ligkeit gestrafft werden, wo aber sein Officium
gar versäumt oder saumsälig verrichtet wirdt,
soll er beschaffenen Dingen nach 1, 2 oder
mehrmalen von der Tafel ausgeschlossen seyn.
11. Zu mehrerer Observanz aller dieser Ord-
nungen so soll im Collegio der ordinari Senat
wöchentlich 3 mahl versamlet werden, in dem-
selben die Officia je und allwegen bestellt und
monatlich abgeändert, die gemeine und das
Hauswesen ansehende Sachen in diesem Senat
abgehandlet werden, darinn dan auch wider-
umb alles gebührlich beschehen, voraus die
brüderliche Correction statt haben, und die
straffen dann so eingeriditet werden sollen,
dass es zu verantworten seye.
12. Femer und über das soll in diesem Se-
nat nichts decretiert werden, so da wider die
Hoche Obrigkeit, wider die Vorgesetzten, und
insbesonder wider den H. Praepositum des
CoUegü lüffe.
13. In träffen Sachen sollen sie auch einen
Hh. Praepositum berichten.
14. Desselben gleichen, wo eines Senats
urtheil einem zu schwer vorfiele, mag er auch
für den H. Praepositum appellieren.
15. Im übrigen sollen sie nit wider, sonder
nach den gesatzen urtheilen, kein ansehen der
persohn haben, widrigen fahls und wo es sich
änderst befunden, die schuldigen von zwei Se-
naten zur straff ausgeschlossen bleiben.
16. Wer aber einem guten Urtheil zu under-
werffen sich weigern wolte, soll ein solcher
auch vom Senat ausgeschlossen seyn, so lang
er einem gsatzmässigen urtheil nit statt thut
€
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
^
17. Wer ferners die.I>ecrete des Senats aus-
breitet und entdeckt, soll auch beschaffenen
m
Dingen nach abgestrafft werden.
18. Wer auch den Senat gar nit oder zu spat,
nachdem einem Consul bereits das Scepter
fiberreicht worden, besucht, soll ein fierer
zahlen.
19. Es kan auch kein Consul ohne beson-
dere Concession eines Herrn Praepositi den
Senat suspendieren bei straff zwei batzen.
20. Es soll über das alle Monat ein Consul
abgeanderet werden, welcher dan einem H.
Praeposito globen soll diese gesatz genauw
zu observieren. Item die Censores und Quaes-
tores zu ihrer pflicht zu vermögen, und wo sie
die underlassen, verleiden.
21. Ein Quaestor soll monatlich aller straff-
gelteren halb getreuwe rechnung ablegen und
auszahlen, widrigen fahls darum straff leiden
und vom Senat ausgeschlossen seyn.
22. Belangend die Censores, so sollen sie
insgemein obiger gesatzen übertretter fleissig
verzeichnen Und dem Quaestori übeigeben, oder
an der unfleissigen statt die gebühren erlegen,
die Absenzen aufzeichnen ; soll er zu dem end
allen Exerdtien beiwohnen, sich zu dem end
bei Zeiten einfinden, oder seine stell fleissig
durch einen andern versehen lassen, widrigen
fahls straff erlegen nach beschaffenen Dingen.
23. Ein Aedilis, dem die sorg des Hauses
ob ligt, soll auf das gantze gebaüw ein fleissig
und wachsames aug haben, und was er um
und dann mangelbahr befindt, bei zeiten einem
Herrn Praeposito hinderbringen; wan unfleiss
und ungehorsamm verspüret wirdt, der Herr
Praepositus auf ihn vigilieren soll, und soll
dann seinen Befelch exequieren, zu erhaltung
Hauses und Hausgeräths, widrigen fahls die
auferlegte straff ausstehen.
24. Wan in abwesenheit des Censoris mi-
noris man das buffet aufbrechen muss, soll er
neben ersetzung des Schadens 2 kreuzer straff
zahlen und wan er zu späht kommt, 1 krz.
25. Des Apparitoris pflidit soll seyn das Re-
fectorium, item die Auditoria sauber und rein-
lich zu behalten bei straff 1 batzen.
26. Sie sollen die drei ordinari Senat zu ge-
wohnten stunden halten, und sollen darinn im
Mantel erscheinen, Latein reden und sonst kein
andere sprach.
Im übrigen lasst man es bei den übrigen
gesatzen verbleiben, betreffend ihre Reglement
und Ordnungen, so sie under einander haben,
versteht sich von denen, so in dem Haus woh-
nen, und die auch schon Hoch Qbrigkeitlidi
bestätiget sind.»
In derselt>en Zeit, da die Behörde die Wün-
sche der Pädagogianer abwies, wurde der stu-
dierenden Jugend in anderer Weise grosse
Freude zu teil. Man forschte im Schulrat über
die Ursachen nach, warum so viele Standes-
personen ihre Söhne den Studien entzogen,
manche andere, wenn sie ad publicas lectiones
promoviert worden waren, dem Kloster bald
wieder den Rücken kehrten und die übrigen,
so noch zu «pariren» schienen, ausser den Lek-
tionen und Predigten, nicht im Ordinari-Habit
getroffen wurden, also mehr aus Zwang, als
aus freiem, gutem Willen sich den Gesetzen
fügten. Da fand man denn, was man auch
schon früher sidi hatte sagen müssen, dass gar
nichts anderes daran schuld sei, als der Zwang
des Baselhutes und des Kragens, die sich doch
einzig für diejenigen schickten, die einst die
Kanzel betreten müssten. Daher der Besdiluss,
dass «die Studiosi samtlich biss an die CoUe-
giani im Kloster in schwartzer Meldung, ge-
meinen und breiten hüeten ohne litz, kleinen
rabätlinnen, langen mäntien, kurtzen hären,
lang aber nit modischen Ermlen und unbe-
manchetet und in Summa in einer dergleichen
feinen, ordenlichen, Ehrbahren, anstandigen
kleidung sich einstellen mögind.»^
115
€
Die tiieologisclie Lehranttelt in der Zdi von 1676— 177a
^
Zufrieden wird es namentlich der « Herr im
Kloster» gewesen sein, dass im Frühjahr 1695
die Nachtpredigten abgeschafft winden.^
Sie waren bisher des Abends von 7 — 8 im Klo-
ster gehalten worden zur grossen « Unkwnlich-
keit» des Praepositus und aller der Familien
in der Stadt, bei welchen die Exteri wohnten^
und des Winters trieben die Herren Studiosi
hinter ihren Lichtem «allerlei Unwesen», so
dass |)ei diesen geistlichen Uebungen gar wenig
herauskam. Von nun an fanden sie je am Dien-
stag und Samstag wahrend der Morgenpredigt
und am Donnerstag nach derselben statt Da-
mit aber der Lettner in der grossen Kirche
während der Moiigenpredigt nicht leer stehen
würde, wurde bestimmt, dass die Eloquenzer,
also die Schüler des Herrn Bundeli, an diesen
Tagen die Moigenpredigt zu besudien hatten
und dass sie überhaupt von den Predigtübun-
gen im Kloster dispensiert werden sollten.
Zu diesen wurden ausser den Studiosis phi-
k)copliiae und theok)giae namentlich auch die
von den fremden Hochschulen zurückgekehrten
Academtd verbunden, die sich zu vornehm
dfinkten, um die geisdichen Uebungen noch
mitzumachen und «in aller Libertat in der Stadt
herumgiengen », obwohl sie auf äussern Aka-
demien noch kaum ein exerdtium oondonato-
rium gehalten hatten ; die Erfahrung hatte aber
gelehrt, dass verschiedene unter ihnen, nach-
dem sie Ministri geworden und die potesta-
iem condonandi erlanget, die Kanzel gar
schlecht versorgten oder sonsten mit grosser
Schwierigkdt predigten. Es wurde jetzt auch
noch angeordnet, dass sie aufs längste drei
Monate nach ihier Heimkehr eine öffenfliche
Disputatfon halten sollten und dass vorher
keinem von ihnen die Handauflegung ertdlt
werden dürfte.
Im Homung 1696 gab dann der Schulrat zur
wdtem Regelung der Stipendienangelegenhdt
und um zu verhindern, dass untauglidie Sub-
jeda auf äussere Universitäten gesdiickt wür-
den, dort ihre Zeit mehr zu Eitelkdten, als
zum Studieren anwendeten, Sdudden maditen
und nicht nur ungelehrter, aondem an Sitten
und Qemüt verkehrler heimkehrtea, eine neue
Ordnung für die zu erteilenden Stipendia aca-
demica heraus. Nach dersdben idUe man die
künftigen Academid in zwei Klassen, in Qrdi-
nari-Ingenia und Extraordinari-Ingenia ; unter
den letztem verstand man diejenigen «die einen
bekanntlich berühmten habitum pietatis und
diligentiae habend und in einem schnellen
Strohm eines solchen habitus sind und von
denen augensdieinlich zu hoffen, dass sie mit
der zeit mit lob das Katheder und Kantzel be-
tretten werden könnind», unter den erstem
jene zahlreichem, aber mehr mittelmassig be-
gabten Talente, von denen freilidi «wegen er-
zeigenden gaben und fleisses in Idrdien und
sdiulen gute dienst zu hoffen» sind. In erster
Linie sollten nun die Stipendien denen Extra-
ordinari-Ingeniis dienen und nur diese ad ex-
teras academias versdiidct werden und zwar
für drd Jahre; den IMittelfosen gedadite man
auf ihr Verlangen zwei Stipendia zusammen-
zulegen und ihnen abo jährlich 160 Taler aiis-
zuriditen — die 48 Taler, die man vorhin aus
dem Sdiuiseckd zu allen vier Stipendien hin-
zugelegt hatte, wurden jetzt wiederam dem
Sdnilseckel zuerkannt «zu anderm, auch höchst
nöhtigem Behtiff der Schul»' — in der Erwä-
gung, dass ein Student auf fremden Sdmlea
mit weniger Geld sein Leben nicht fristen
könnte. Immerhin wollte man, dass ein sol-
dies Ingenium extraordinarium vom Sdiubat
selber emamset, erkannt, berufen und eilcieset
würde und dass niemand sidi selber als ein
solches angeben dürfte! war man dodi auch
überzeugt, dass «man dergidchen Subjeda nit
alzeit hat wegen ihrer Raritet». Die Ordinari-
ingenia, für die also die akademischen Sti-
pendia erst in zweiter Linie bestimmt waren,
soUten dieselben nur auf zwei Jahre tmd im
Lande seU)er gd>rauchen, entweder zu Lau«
sänne oder Genf, damit sie in dorten neben
Fortsetzung ihrer Studien die französische Spra-
Ift
Die flieologisdie Lehnwstalt in der Zeit von 1676—17701
^
die erieraten, iiem zu Basel oder zu Zflridi,
nach eines jeden Belieben, damit ein solcher
Stq>endiat cmit so benadibahrt gdehrien Man-
neren aokher ohrt in kundsamme und be-
kandlsdiafft komme, so zu allen zelten audi
seinen outzea haben kan».
Sdiliesslidi bestimmte die in Rede stehende
Ordnung, dass einem jeden Academicus, der
eine Zeit lang in den drei obersten Klassen der
Untern Sdiule als Vicarius oder Provisor unter-
riditet habe, das Redit zukomme, zu Profes-
suren in Bern und Lausanne nominiert zu
werden und dafQr zu disputieren, und dass er
bd gleidien Leistungen mit andern Nominier-
ten in erster Linie beim Wahlvorsdilag an den
Rat zu berfldcsiditigen sd.^
Im Juni (den 26.) 1700 besdiloss die R^e-
rungy «zu Pflanzung beider Spradien kundiger
Studenten» ein
Losannisches Stipendium
zu erriditen. Zwei Studiosen sollten von jetzt
an beständig in Lausanne studieren, um der-
einst als Prediger in beiden Spradien fun-
gieren zu können; der eine sollte eines der
vier obrigkeitlidien Reisestipendien erhalten,
der andere aus der Staatskasse unterstützt wer-
den.*
Nadi dem Beridit des Sduilrates an den
Tag^idien Rat^ studierte bis zum Jahre 1740
immer nur ein Theologe in Lausanne, so
dass die vier akademisdien Reisestipendia nie
zu diesem Zwedc in Ansprudi genommen wer-
den mussten; dabd blieb es audi in Zukunft
In der iMitte des 18. Jahrhunderts betrug das
Losamiisdie Stipendium 100 Kronen und wurde
je für vier Jahre aushingegeben. Der Stipendiat
nniaste skfa zwd Jahre zu Lausanne aufhalten
und sidi der französisdien Spradie also be-
fleiBsen, dass er im stände war, nadi seiner
Ruddouift in derselben Kranken und Malefi-
kanten Trost zu geben und in der weisdien
IGrdie zu predigen.^
MaMnahmen
wider die Verwilderung der studierenden
Jugend
Im 18. Jahrhundert»
Zu Anfang des 18. Jahrhunderts häuften sidi
die Klagen über die Verwilderung der studie-
renden Jugend und deren rohe Sitten und Oe-
bräudie ; eine Reihe von Jahren hindurdi bildet
dieses Thema den gewöhnlidien Gegenstand
der Besprediungen in den Sitzungen des Sdiul-
rats. Aus den in dessen Manualen verzeidine-
ten Censuren und den daselbst niedeigekgten
Untersudiungen sdiwererer DisziplinarfäUe
geht in der Tat hervor, dass die Lebweise man-
dier Studenten hödist anstössig war, wobd
diejenigen keine Ausnahme maditen, die sidi
ad sandum ministerium voii>ereiteten und in
Bälde Diener Oottes sein sollten.
Nadi mandien Beratungen, wie dem um
sidi grdf enden Uebel abzuhelfen sd, stellte der
Sdmlrat sowohl für die Studenten insgemein,
wie für die Koll^[ianten insbesondere eine
neue verschärfte Disziplinarord-
nung auf, worin die Hauptsadie dessen, was
in den frühem Sdiuk>rdnungen zerstreut ge-
standen hatte und was seither erlassen worden
war, kun zusammengefasst und am riditigen
Ort eingereiht und eine grosse Zahl neuer ri-
goroser Bestimmungen dem Alien hinzugefügt
wurde. Charakteristisdi für diese neue Dis-
ziplinarordnung, die wir hier in extenso fol-
gen lassen,^ ist es, dass für eine Reihe von
Vetgehungen die GeMstrafe wieder dngeführt
wurde. Der Täglidie Rat sanktionierte den
3. Januar 1707 die ihm vofgekgte Ordnung und
nadKlem sie vom Rektor ins Lateinisdie über-
tragen worden war, wurde sie bd Gelegen-
heit der Frühlingsoensur der Studentensdiaft
voigelesen und ihr iMeiner Gnädigen Herren
WiOen über die Observierang derselben mit
Nadidnidc eröffnet^
«
Die ttieologisdie Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
»
«Ordnung der Studenten halb insge-
mein und der Collegianten insbeson-
ders.
Leges Qenerales betreffend alle Studiosos
insgemein.
Es sollen alle und jede, so in die Zahl der
Studenten auf- und angenommen weiden wol-
len, dem Catalogo einverleibet und angehal-
ten werden, dem Herrn Praeposito Collegij
anzugeloben, dass Sie wollen Oott und ihren
Oberen TreQ und gehorsam leisten, auch allen
fohlenden Oesätzen unterworffen seyn.
1. Alle und jede aus den Studiosis, so ad
Catfaedram Ecdesiasticam aspiriren, und denen
ihre promotion ad Ministerium angelegen, Sie
tragen gleich den Baselhut oder nicht,^ sollen
demnach im Catalogo angezeichnet bleiben,
abgelesen und observirt werden; hiemit soll
ein soldier die Pflicht eines Studiosi prästi-
ren, audiendo, respondendo, opponendo und
niemand davon eximirt seyn, als die, so zwey
Jahr lang sich auf äusseren Schulen aufgehal-
ten, und von dar mit guten Testimoniis ver-
sdien, zurück kommen, hiermit die Exemtion
von einem Schul Raht erhalten haben.
2. Alle und jede Studiosi sollen zu taglich
und fleissiger Besuchung der offenflichen Pre-
digen und Oebetten von Zeit zu Zeit sdiarf ex-
hortirt werden ; die aber, so an Sonn- und Don-
stagen abwesend sind, fleissig von darzu be-
stellten Censoren mulctirt werden.
3. Ein jeder Studiosus soll sidi eines mo-
desten und ehrbaren schwarzen habits bedie-
nen, auch der wüsten langen Haaren sich ent-
schlagen, die darwieder fehlende von den Cen-
soribus verzeichnet und der Censur eingegeben
werden; im fibrigen soll Er sidi der Kleider-
refiormation gemäs conformiren, sowohl in an-
sehen der Form, als der Materie.
4. Ein jeglicher, so seine Vices, es seye im
predigen, Respondiren und opponiren, über-
geht, soll 2 bz. quaestur bezahlen, dennoch
hemadi funktioniren und dieselbe zu anderer
Zeit verrichten.
5. Alle Absenzen von den Lektionen, item
der Predigen und dero Correctionen im Kloster
sollen mit 2 x., die Serovenienzen id)er, so
da nach VerfUessung einer Viertelstund an-
langen, mit 1 x. bezahlt werden.
6. Welche aus den Studiosis aus dem Col-
legio und sonsten aus Muhtwillen etwas ver-
derben, brechen, item, welcher dem anderen
an dem seinen, es seye an Kleideren oder
Büdieren und was deigleichen, etwas verlieren
oder zu Grund richten wurde, soll den Schaden
ersetzen und nach beschaffenen Dingen ab-
gestrafft werden.
7. Welcher ob einer Lfigen S. V. erwitsdit
wird, soll 2 bz. mulct bezahlen.
8. Alle und jede aus den Studiosis sollen
alle halb Jahr einem je wesenden Herrn Rec-
tori ihre hospitia schriftlich eingeben und de-
nuntieren; Alles zu dem End, damit man sie
von Zeit zu Zeit, nach gutfinden und belieben,
Visitiren und wissen möge, was Sie für Bücher
in ihren Musds haben und lesen.
9. Alle und jede aus den Studiosis, denen
von sonderen pressirlidien Oeschäfften wegen
obgelegen, sich für eine Zeit lang zu absen-
tiren, die sollen, und zwar vor der Absenz,
die Ursachen ihren Herren Praeceptoren sdirift-
lidi vortragen und erwarten, wie lang Sie je-
dem sein Urlaub fixiren wollen. Wiedrigen
fahls, wo einer zu Unterschreibung des Ze-
dels nach der Absenz sidi anmelden thäte, soll
derselbe nicht angenommen, sondern angehal-
ten werden die Absenz zu bezahlen ; Belangend
die Kranknen, sollen Sie je und allwegen sich
durch andere, bey Lesung des Catalogi, anmd-
den und entschuldigen lassen.
10. Alle und jede, so da in dem Lebwesen
ärgerlich, und namentlich alle die, so sich ge-
gen ihre Obere und Voigesezte halsstarrig, stör-
risch, mürrisch, köppisch, wiederspanstig er-
zeigen in Worten, Werken und Oeberden : Alle
Schlager, alle Haderer, Zanker und Balger, alle
«
Die theologisdie Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
»
unzflchtige in Worten und Oebehrden : alle
Prasser, Fresser, Saiiffer und die sich mit Wein
fibememmen : Alle Flucher, Spieler, Seh wehrer:
item leichtfertige Kilter, Frevler, Tänzer, oder
die zum Tanzen aufspielen, alle nachfliche Va-
ganten, Oassetierer, und was dergleiche üppige
und muhtwillige Qesellen mehr, die da sonst
nächtlicher Weil auf den Qassen herumsturmen
und Unglück anheben; alle die, so offt und
viel in Weinhäüseren sich einfinden, Schlupf-
winkel besuchen : alle Besdieisser, Trieger, Die-
ben: item die, so sich in Schulden stecken:
alle Veräditer, Verträger, Ohrenbläser, Ver-
leumder, und mit einem Wort alle ander der-
gleichen ärgerliche und lasterhafte Persohnen,
sollen, beschaffenen Dingen nach, entweder für
Censur oder den Oberen Schul Raht bescheiden,
und allda abgestrafft werden; Es seye durch
Eincaroerirung, Qeldstraff en oder gänzliche Ver-
stossung und Privation ; darbey bleibt dennoch
jedem der Recurs vor OberSchulRaht vorbe-
halten.
11. Und weilen es anständig und einem Stu-
dioso, sonderlich der ad Cathedram Ecdesiasti-
cam aspirirt, erforderlich, dass Er bey Zeiten
die Welt lerne verleugnen, und hiemit sich der
Eingezogenheit und eines tugendsamen Lebens
befleisse, des viel Rönnens und Lauffens aber
meistentheils hin und her auf den Gassen und
zwar in einem indecenten habit und ohne
Mantel, hiemit in politisdier Tracht mit Gra-
vaten und Stecken, dessen alles eine ganz wie-
drige Anzeigung sind, nemlich dass Sie sich
meistens durch den Wel^eist zimlich regieren
lassen [sich entiialte] ; Als ist gesetzt, dass füro-
hin Sie sich des vielen rönnens und lauffens
zu ganzen Truppen, wie bekantlich geschieht,
nicht nur müssigen, sondern auch im publico
gar anders mehr nicht erscheinen, als in den
Mäntlen, alles bey Straff 2 x. fürs erste, fürs
andere mahl 1. bz., fürs dritte mahl 2 bz., was
dann darüber, sollen die Delinquenten für die
Censur dtirt und, beschaffenen Dingen nach,
mit Ihnen als ungehorsamen procedirt wer-
den; zu dem End gewisse Censoren zu be-
stellen, so auf aller und jeder Handel und
Wandel achtung'jgeben, die hierwieder fehlende
verzeiduien und seines Orts eingeben sollen.
12. In allen Exerdtien im CoUegio, als Pre-
digen, Disputationen, Lectionen und derglei-
chen, soll das so viele klopfen und hinaus-
forderen eines Studiosi durch den andern ver-
botten und abgestellt seyn ; — zu dem End der
Censor bey der Thür sitzen, und allwegen ver-
nemmen soll, wer der appellant seye, dem
appellaten solches auch nicht notifidren, es
seye dann ein casus necessitatis vorhanden;
Wiedrigen fahls solcher muhtwilliger Ausfor-
derer und Aushinläüffer eine Absenz oder die
Straff eines Immodesti bezahlen solL
13. Es möchte aber der einte oder andere
durch allzu grosse Inobedienz und Inobservanz
obiger Gesezen sich in soweit vergreiffen, dass
von demselben, obwohl Er etliche Mahl von
der Censur oorrigirt und zur Besserung ange-
halten worden, gar keine Hoffnung mehr übrig
wäre, alsdann ein solcher unverzüglich vor dem
SchuIRaht verieidet, und damit femers Uebel
verhütet werde, anderen zum Exempel alsobald
entweders durch privation oder mit anderen
Straffen ai^[esehen werden soll, nach gestalt-
same der Sadi.
L^es Spedales betreffend die Collegianos
insbesonders.
1. Ein jeglicher der ins CoUegium befür-
deret wird, verspricht einem Herrn Praeposito
Treu, Gehorsam und Unteigebenheit, durch ein
Handgelübdt
Z Welcher den zu gewissen Stunden ange-
steQten Morgen- und Abendgebätt und dem
verordneten Lesen eines Capitels aus der Hei-
ligen Bibel nicht beywohnt, zaUt zur Straff
einen fierer.
3. Ein jeglicher der da die Le^^en im audi-
torio theotogico, item die Predigen nicht im
ordinari habit besucht, wird gestrafft durch
«
Die flieologiscbe Lehranstalt in der Zeit von 1676^1770.
^
Eirtzficknng Brot und Weins, so sie cariren
namsen.
4. Keinem soll erlaubt seyn Nadits, ohne
Vorwissen des Herrn Praepositi, aus dem Col-
l^io zu gehen, viel weniger, ohne dessen Spe-
cial Begriissen, draussen fibemacht zu bleiben,
wiedrigen fahis ein solcher von dem Herrn
Praeposito vor der Censur verleidet werden
soll; Er soll vielweniger zur Beschwärd man«
niglichens und Aergemus sonderlich der Nadi-
barschaft mit klopfen nadi beschlossener Por-
ten kommen, sonst soll Er nach befinden ge-
strafft werden; ein jeglicher soll auch sowohl
imiert als äussert dem Haus sich ehiüdi be-
tragen, den Oberen mit gebühr begegnen, wie-
drigenfahb dem Herrn Praeposito verleidet
werden.
5. Ein jeder, so das Haus verunreinigen
wurde, wie es immer seye, dem soll nicht nur
obliegen, den Unraht selbst abzuschaffen, son-
dern anbei 2 bz. Straff zu erlegen.
6. Welcher da seinem Praeposito eine offene
S. V. Lügen vorbringen dörfft, dem soll zwar
mit der Oefangensdiaft verschonet, aber den-
nodi, beschaffener Dingen nach, eine nahm-
hafte Oekibuss auferlegt werden.
7. Ein jeder, so da vor dem HandwSschen
und gesprochenen Oebätt zum Tisch stürme^
hiemit vor oder nach dem Tisch einer Unge-
bühr geziegen werden kan, ein solcher soll
nach dem Gewicht seines Verbrechens gebüsst
und angelegt werden.
8. Die gemeine ordinari Hausarbeit soll von
den Sechs untersten verriditet werden, wel-
dier aber, obschon mit Erlaubnuss eines Hr.
Praepositi, abwesend wäre, der soll einen Vi-
carium bestellen, widrigenfahls vom Senat nach
Billichkeit gestrafft werden ; Wo aber sein Offi-
cium gar versäumt oder saumseelig verrichtet
wird, soll Er beschaffenen Dingen nach 1. 2.
oder mehrmahlen von der Tafel ausgeschlossen
seyn.
9. Zu mehrerer Observanz aller dieser Ord-
nungen, soll im CoUegio der ordinari-Senat
wöchentlich 3 mahl versamlet werden, in denn
selben die offida je und aOwegen bestellt und
monadkh abgeenderet, die gemeine und das
Haus ansehende Sadien in diesem Senat ab*
gehandlet werden, voraus die Brüderllcfaen oor-
rectfonen statt haben, und die Straffen dann so
eingeriditet werden sollen, dass es zu verant-
worten; femer und über das soO in diesem
Senat nichts decretirt werden, so da wieder die
Hohe Oberkeit, wieder die Vorgesetzten, und
insbesonders wieder den Herrn Praeposihira
des Collegii Iflffe. In träfen Sachen aber
sollen Sie auch einem Herrn Praepositum be-
richten, dessetbengleichen, wo eines Senats Ur«
theil einem zu schwer vorfiel, ms^ er auch für
den Herrn Praepositum provodren. Im fibri-
gen sollen ^ nidit wieder, sondern nadi den
Gesetzen Urtheilen, kein ansehen der Persohn
haben, wiedrigenfahls und, wo es sich anders
befunde, die schuldige zur Straf von zwey Se-
naten ausgesdibssen bldben ; wer aber einem
guten Urtheil zu unterwerffen sidi weigeren
wurde, soll em solcher auch vom Senat ausge-
schlossen seyn, so lang er seinem gesatzmässi-
gen Urtheil nicht statt thut — Wer femers die
Decreta des Senats ausbreitet und entdeck^
soU auch beschaffenen Dingen nach abgestrafft
werden ; femers wer auch den Senat gar nidit
oder zu spat, nachdem dnem Consul das Scep-
ter bereits überreicht worden, besucht, sdl
einen fierer zahlen; auch kein Consul, ohne
besondere concessk>n eines Heim Praepositi,
kan den Senat suspendiren, bey Straf 2 bz.
Es soll über das alle 3 Monat ein Consul abge-
ändert werden, welcher dann emem Herrn
Praeposito geloben soll, diese Gesatz genau
zu observiren, item die Censores und quaesto-
res zu ihrer Pflicfat zu vermögen, und, wo sie die
unterlassen, gebührender massen verleiden.
10. Ein Quaestor soll alle Monat aller Straf-
Gelteren halb getreue Rechnung atrfegen, und
auszahlen, wiedrigenfahls darum Straf leiden,
und vom Senat ausgeschlossen seyn.
11. Belangend die Censores so sollen sie
tut iheologisdie Lehranstalt in der 2eit von 1676— l'/YÖ.
in^emein die Uebertretter obiger Oesätzen
fletssig verzeichnen und dem Quaestori fiber-
geben, oder an der unfleissigen Statt die Oe-
bähr erlegen. Die Absenzen aufzuzeichnen soll
Er zu dem End allen Exerdtien beywohnen»
sich zu dem End beyzeiten einfinden, oder seine
Stell fleissig durch einen anderen versehen
lassen, wiedrigenfahls Straf erlegen, nadi be-
schaffenen Dingen.
12. Ein Aedilis, dem die Sorg des Hauses
obBeget, soll auf das ganze Oebäfi ein fleissig
und achtsammes Äug haben, und, was Er nun
und dann mangelbahr befindt, beyzeiten einem
Herrn Praeposito hinteibringen ; wann Unfleiss
und Ungehorsam verspfihrt wird, der Herr Prae-
positus auf Ihn vigiliren soll, und soll dann
seinen Befehl exequiren, zu Erhaltung des
Hauses und Haus Oerähts; im wiedrigen fahl
die auferlegende Straf ausstehen.
13. Wann in abwesenheit des Censoris mi-
noris man das Buffert aufbrechen mus, soll Er,
neben Ersetzung des Schadens, 2 x. Straf zah-
len, und, wann er zu spat komt, 1. x.
14. Des Apparitoris Pflicht soll seyn, das
Refectorium, item die Auditoria sauber und
reinlich zu halten, bey Straf eines Bazens.
15. Sie sollen die drey ordinari Senat zu ge-
wohnten Stunden halten, und sollen darin im
Mantel erscheinen, latein reden und sonst keine
andere Sprach.
Im übrigen lasst man es bey den übrigen
Oesätzen verbleiben, betreffend Ihre Reglement
und Ordnungen, so Sie unter einander haben,
versteht sich von denen, so in den Häüseren
wohnen, und die auch schon Oberkeitlich be-
stätiget sind.
Actum den 3. Januarij 1707.»
mitgeteilte Disziplinarordnung gestattet
uns einen tiefen Blick in die Moral der da-
maligen Studenten und zeigt uns mit lebhaf-
ten Farben, welch üppiges und mutwilliges,
halsstarriges und widerhaariges Volk in den
der Wissenschaft geweihten Räumen des lCk><
sters sich tummelte, und dieses ausgelassene
Volk glaubte der Kleine Rat durch so klein-
liche und pedantische Massregeln und Kreuzer-
und Batzenstrafen und das verwerfliche Dela-
torensystem, dessen Immoralität der Schukat
immer noch nicht einsah, an Zucht und Ord-
nung gewöhnen und hinter den beengenden
Schranken des Gesetzes zurückhalten zu kön-
nen! Da half natürlich auch der bedauerliche
Beschluss nichts, den er schon im Mai 1701
gefasst hatte, entgegen der ausdrücklichen Be-
stimmung der Schulordnung von 1616, es sollte
vom Zutritt zu den Schulen niemand ausge-
schlossen sein, dass nämlich in Zukunft
von der Untern und Obern Schule die
Habitanten- und Bauernsöhne aus-
geschlossen sein sollten.
Der betreffende Ratszettel an den Schulrat
heisst: «Bey diesem Anlass habend Meghh. die
erinnerung empfangen, dass allhiesige Habi-
tanten Ihre Kind auch in die Schul und zu den
Studien ziehen thüind, welches aber Meghh.
alss eine nachtheilig und unzulässliche Sach
angesehen, darzu in der Zeit gethan werden
solle worüber Megh. Euch hiemit ansinnen
wollen, diesen Dingen bey Zeiten den faden
abzuschneiden und die Jenigen, so dergleichen
Vorhaben hetten, dessen weisen abzestehen.»
Der Schulrat beschloss darauf, die Ausfüh-
rung dieser Weisung in folgender Weise durch
den Rektor vornehmen zu lassen : ^
«1. Das ins Könfftig von den Herren Pro-
visoren keinem in diese Kategorie gehörenden
Schuler einiges Attestat pro benefido oUae er-
theilt werde, anerwogen diess einig den Buis^em
und fleissigen Landtskindem gehöre. — 2. Das
obwohl den Bauren Söhnen und anderen von
der Religion wegen zu uns Refugirten nach
Oestaltsamme der Sach der Progress in den
Studien nit gehemmet werden könne, so seye
dennoch derenthalb ein Delectus Ingeniorum
also zemachen, das keiner ad Lectiones publi-
cas, viel weniger ad ministerium zu lassen, von
^
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676-*1770.
demme nit etwas Sonders zu hoffen, darüber
aber sidi Mhwh. allwegen bei den Promotionen
in Sptdt zu erkennen woUind reservirt haben.
— 3. Das allwegen denen Jenigen Eiteren SoU
eher Kinder, die in die erste Categori, das ist
landsfrembder Habitanten gehören, beim Ein-
tritt in die Schul gesagt Mhwh. Intention von
dem Herrn Principal mit nachtruck dahin zu
eröffnen, damit Sie bey Zeiten sich derselben
zu conförmiren und nachzuleben wüssind, mit
freundlichen gesinnen an den Herrn, die Sachen
so wohl zu veranstalten das Mrghh. Intention
hierin erreicht, und ins Könfftig dieser Instruc-
tion genau nachgelebt werden mög. »
Im Jahr 1716 mussten sich die Herren des
Schuh-ates wiederum gestehen, dass die Stu-
diosi in eine soldi grosse Licenz und Unge-
bundenheit geraten seien, dass nunmehr alle
gute Disziplin bei ihnen versdiwinden und
gänzlich zu Grunde gehen wolle. Dem Uebel
hofften sie nun durch eine verschärfte Quä-
stur-Ordnung abhelfen zu können.^ Nach
derselben durfte der Studiosus monatlich Ne-
glecta bis zur Summe von fünf Batzen sich zu
Schulden kommen lassen, ohne einer weitem
Strafe gewärtig zu sein ; wer solchen Numerum
in einem Monat überschritt, wurde das erste-
und zweitemal scharf censuriert, bei nicht er-
folgter Besserung aber jedesmal «um einen»
removiert
Nach den Monatsrödeki der Censoren und
Quästoren (welche Aemter nach wie vor von
Alumnen auf Kloster und Schul versehen wur-
den), in denen die Neglecta in der Kirdien und
die in den Exercitiis im Kloster absonderlich
gesetzt und wohl distinguiert werden mussten,
war jeden Monat Computation ; innert Monats-
frist nach derselben musste der Student alle
seine Strafen bezahlt haben, widrigenfalls er
bei der Censur eingegeben und removiert
wurde.
Die Censoren hatten nach jedem Exerdtium
publicum, wenn sie nach Haus kamen, alle
^
Neglecta in ihren Monatsrodel einzuschreiben
und dieselben monatlidi in die Censur einzu-
geben. Wer glaubte, dass «ihm in dem no-
tieren überschehen wäre», konnte allerdings
beim Praepositus und dem Senat rekurrieren.
Zweimal jährlich in der letzten Censur vor
dem Examen hatten die beiden Praepositi über
die eingegangenen Gelder vor dem Untern
Schulrat Rechnung abzulegen; dieselben wur-
den zu «Beholzung» der beiden Häuser, zur
Ansdiaffung der Kerzen in den Auditorien und
zur Besoldung der Quästoren und Censoren in
jeglichem CoUegio verwendet; das, was noch
übrig blieb, sollte von den Praepositi zur Auf-
riditung einer Studenten-Bibliothek oder zu
einem andern Zweck verwendet werden.
Das Amt der Klostercensoren war, wie man
aus diesem Quästurreglement wieder ersehen
kann, kein beneidenswertes: von ihren Kame-
raden wurden sie natürlich gehasst, wenn sie
ihrer Pflicht nachkamen ; taten sie dies aber
nicht, so hatten sie's mit ihren Voigesetzten
zu tun. So kamen denn beide Parteien, die
Censoren und die Studenten, zur Erleichterung
ihrer Lage, auf den Ausweg der sogenannten
Mulktenverpachtüng, eines gegenseiti-
gen Versicherungspaktes, nach welchem die
Studenten den Censoren jährlich eine gewisse
Summe entrichteten, wogegen sidi diese ver-
pflichteten, die Neglecta der Einzelnen nicht
aufzuzeichnen und den Obern anzugeben. Das
war die natürliche Folge des Polizeisystems,
das unter den Studenten eingerichtet worden
war. Wir wissen freilich nicht, wann die Mulk-
tenverpachtüng aufkam und welcher erfinderi-
sche Kopf die erste Anleitung dazu gab, da
aber in dem Erlass des Schulrates vom 21. Sep-
tember 1764,^ in welchem derselbe den Unfug
mit Androhung «kräftigerer Vorkehren» ver-
bot, gesagt ist, dass dieses Verbot schon zu
wiederholten Malen ausgesprodien worden sei,
dürfen wir wohl annehmen, dass die Mulkten-
verpachtüng die Frucht des Quästurreglements
vom Jahr 1716 gewesen sei.
122
r—^
^
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
»
In dieser selben Zeit machte auch das allzu
frühe Heiraten der Studenten dem Schulrat viel
zu schaffen ; es war gar nichts Ungewöhnliches
mehr, dass sogar Studiosi philosophiae in die
Ehe traten, resp. treten mussten. Auf Grund
der Schulordnung von 1676 konnte man dem
eingerissenen Uebel nicht wirksam genug steu-
ern, aber im Schoss des Schubates gingen die
IMeinungen iiber Abänderung des betreffenden
Artikels weit auseinander, wie wir seinem Me-
morial an den Täglichen Rat vom 20. Januar
1716 1 entnehmen.
Die einen wollten einen « verständigen » Un-
terschied gemacht wissen zwischen denjenigen,
die vor der Zeit des Ministerii eine ehrliche
Heirat in dem Herren zu treffen gesinnt sind
und denjenigen, so furtivos amores treiben
und zur Ehe gezwungen werden, also zur Aer-
gemis der Kirchen im Fleisch heiraten. Nur
diese wollten sie als scandala ecdesiae Verstös-
sen und darüber noch dem Obern Chorgericht
zu fernerer Bestrafung überweisen, nachdem
sie vorher in öffenflicher Censur vor der ge-
samten Studentenschaft eine scharfe Remon-
stranz erhalten hätten ; gegen die andern aber
wollten sie Gnade walten lassen und ihnen die
Ehe erlauben, wenn sie beim Schulrat um die
Erlaubnis eingekommen wären, falls ihre Ver-
mögensumstände es erlaubten und sie sich vor-
her eines guten Leumunds erfreut hätten.
Andere wollten keinem der Schuldigen ge-
genüber von Schonung etwas wissen, das Uebel
mit Stumpf und Stil ausrotten und jeden, der
sich vor empfangener Handauflegung in die
Ehe begäbe, aus dem Catalogo der Studenten
expungieren und des geistlichen Charakters
gänzlich berauben.
Ein mildes Herz zeigten dritte, die es bei
den Bestimmungen der alten Schulordnung be-
wendet sein lassen wollten, mit der einzigen
Hinzufügung, dass die fehlbaren Studiosi philo-
sophiae Verstössen werden möditen, während
nach vierter Meinung diese Entehrung allen
zukommen sollte, die nicht sdion vier Jahre
lang im Auditorio theologico gestanden.
Eine vermittelnde Stellung nahmen endlidi
diejenigen ein, welche zwar auch zwischen ehr-
lichen und unehrlichen Heiraten unterschei-
den, denjenigen aber, welche auf skandalöse
Weise zur Hochzeit schreiten, noch ein Ona-
dentürlein offen lassen wollten.
Auf dieses Memorial mit seinen verschiede-
nen Meinungen konnte natürlich der Rat nicht
eintreten und ersuchte den Schulrat den 13. Sep-
tember 1717, ihm einen Spezialartikel über das
Heiraten der Studenten in Abänderung der
betreffenden Bestimmungen der Schulordnung
von 1676 vorzulegend Dieser schritt zu einer
nochmaligen Beratung der dringenden Ange-
legenheit — eben hatten wieder vier Studenten,
darunter einer «in skandalöser Weise», sich
verheiratet — und nun einigten sich alle seine
Mitglieder, offenbar unter dem Eindruck der
jüngsten Fälle, auf die schärfsten Massregeln.
Die Vorschläge wurden vom Rat unverändert
angenommen und mit Zettel vom 1. Februar
1718 dem Schulrat zur Ausführung übeigeben.^
Derselbe lautet:
«Nachdem Ihr Gnaden eine geraume Zeit
daher wahmemmen müssen, wie die Licenz
etwelcher Studiosorum, w^en ihren frühzei-
tigen und auch anstössigen Heürahten, zunem-
me; Haben dieselben zur Ehr Gottes, Ver-
hindrun^ aller Aergemuss in seiner Kirchen,
und For^flanzui^ guten Lebwesens unter den
Studiosis, welche dermahlen einst unsträfliche
Exempel der Herde Christi seyn sollen, nach-
folgendes einsehen zu tfaun sich unumgäng-
lich bemüssiget gesehen :
Als
1. Wann ein Studiosus, Er seye gleidi Exa-
minat oder nicht, zur Ehe schreiten wurde auf
eine ärgerlidie und dem heiligen Ministerio zur
Unehr gereichende weise, da die Schwanger-
schafft der Ehe Versprechung oder derselben
Einsegnung voigehen wurde, ein solcher ohne
Hoffnung fernerer Gnade, aus der Zahl der
123
#
Die theologische Lehransialt in der Zeit von 1676—1770.
^
Studiosorum Verstössen seyn und bleiben
solle.
2. Sollen diejenigen Studiosi, so unterm 24.
Jahr ihres Alters zur Ehe schreiten wurden, als
untüchtig zu Verführung einer Haushaltung
und Auferziehung der Kinder ipso facto Verstös-
sen und ad aliud vitae genus verwiesen seyn.
3. Bleibt Ihnen in obverdeütetem Alter zu-
gelassen in eine ehrliche Ehe zu tretten, dafem
Sie sich bevorderst bey Euch Mnhwhh. um Er-
laubnuss angeben um nach besdiaffenen Din-
gen und der sachen Umständen, als guter oder
minderer Gaben, Fleisses und vorhero geführ-
ten Lebwesens als auch Vermögens halb Re-
flectiren zu können ; Unter dem Oeding jedodi
um eine Promotion ad Ministerium removirt
zu werden.
4. Da aber ein solcher, so in die Ehe zu
tretten Vorhabens wäre, saumselig seyn und
unterlassen wurde Euch Mnhwh. nadizutretten,
als soll derselbe alsdann, wegen Verachtung
seiner Herren Maecenaten um zwei Promotio-
nen ad Ministerium removirt seyn.
5. Und da einer sothane Permission sich
zu verheürahten von Euch Mnhwh. erhalten
hätte, hemadi aber die Schwangerschafft un-
ehrlich ausbrechen thäte, ein solcher, wann er
schon Examinat wäre, expungirt und Verstös-
sen sein soU.»
Noch in derselben Woche wurden in ausser-
ordentlicher Censur, zu der alle Studenten per
programma invitiert wurden, das neue Heirat-
Reglement verlesen und die Studiosi anbei
kräftiglichst vermahnt, dass Ihr Gnaden emst-
meinenden Willens, dass sie ihr Lebwesen än-
derten.
Aber auch nach dem Jahr 1718 heirateten
die Studenten wieder mit und unter dem vier-
undzwanzigsten Lebensjahr und diejenigen, die
dem strengen Gesetz zum Opfer gefallen wären
und ihrer Liebe wegen ad aliud vitae genus
hätten gewiesen werden sollen, wurden jedes-
mal auf ihre Bitten hin von dem Täglichen Rat
selber begnadigt, so dass die frühzeitigen und
anstössigen «Heuräfli» hiesiger Studiosorum
eher zu- als abnahmen. Deshalb sah sich der
Schulrat schon im Jahr 1724 wieder genötigt,
in Sachen mit einem Schreiben an den Rat zu
gelangen^ und denselben anzufragen, ob die
Ordnung von 1718 als zu hart nicht einiger-
massen temperiert werden solle, oder ob sie,
wie verschiedene seiner Mitglieder meinten, in
ihrem ganzen Vigor beizubehalten sei. Den
Entscheid bat er dem Grossen Rat vorzulegen,
damit er zu einem wider alle Exception unum-
stösslichen Gesetz gemacht werde.
Räth und Burger beschlossen den 3. Mai
1724, dass das Reglement von 1718 in keinem
Punkte zu mildem, vielmehr ohne Schonen und
Ansehen der Person in Zukunft in aller seiner
Schärfe zu handhaben
In diesen Zeiten, da die Ausgelassenheit der
Studenten dem Schulrat so viel zu tun gab,
war dieser froh, dass mit dem Beginn des
neuen Jahrhunderts für die Bestrafung der Sün-
der im Estrich des Klosters die Studenten-
kefi gebaut worden war. Schon anno 1695
war auf sein Ansuchen an den Täglidien Rat
deren Errichtung grundsätzlidi beschossen
worden, allein der Bauherr von Wattenwyl
hatte es nicht eilig, den Bau auszuführen. 1697
schrieb er diesem, dass die unumgängliche Not
es erfordere, dass eine Kefi veranstaltet werde,
weil die Studiosi nicht mehr in derObedienz zu
behalten seien, und im März und dann wieder
im November 1699 wiederholte er seine Bitte
an den hartherzigen Bauherrn mit flehentlichen
Worten. Nun endlich erstand das Werk als Neu-
jahrsgesdienk an die studierende Jugend zu
Beginn des neuen Jahrhunderts. Den 13. Sep-
tember 1700 nahm es die ersten Insassen auf,
die Noctambulones und Gassatumgänger Hflr-
ner, junior und senior, und Schär, die wegen
begangenen nächtlichen Unwesens jeder zu
24stündiger Gefangenschaft verurteilt wurden
und zwar sollte «der Kefi ein weichung durdi
den Jüngeren Hümer beschechen ».'
#"*
i
GRUNDRISSE DER ALTEN HOCHSCHULE lA JAHRE 1903
«L
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
»
Von Zeit zu Zeit musste die Kefi auf Kosten
der Studenten repariert werden ; den KoUegia-
nem namentlich machte es Spass, ihre Kraft
an derselben zu erproben. 1758 wurde sie,
nachdem sie schon längere Zeit «schwach und
unhaltbar» gewesen, vom Schulrat für völlig
verderbt und unbrauchbar erklärt infolge der
«gewaltsamen Losbrechung des Studiosi Wert-
mfillers» und nun musste sich die hohe Be-
hörde aufs neue an den Bauherrn wenden mit
der Bitte, das Werk wiederum aufeuffihren.
Mit der Abführung der Delinquenten in das-
selbe war einer der 20 Theologanten im Klo-
ster betraut ; man brauchte eben diese zu allen
möglichen Diensten : sie waren die Büttel und
die Spitzel eines hohen Obern Schulrates und
mussten sogar nach dessen Weisung vom
16. Mai 1726^ auf die Kleidung und Tracht
ihrer Kommilitonen invigilieren und wurden
damals vor versammeltem Schuhat verpflichtet,
diejenigen zur gebührenden Bestrafung ihm
anzuzeigen, welche « zu Jedermanns missfahlen
und eigemuss allenthalben in gfarbeten Klei-
deren, steklin, Cadenettes und Haarsekel her-
umstrichen». Man erwartete eben von ihnen,
dass sie in allen Stücken den Andern mit gutem
Exempel vorangehen sollten. Das geschah aber
gar nicht immer: in den folgenden Dezennien
musste der Schuhrat zu seinem Schrecken wahr-
nehmen, dass auch die KoUegianer sidi öfter
in gefa]i>eten Kleidern sehen liessen, ja sogar
in den Auditorien in weissen Strümpfen er-
schienen. Das war denn doch zu stark! Er
beschloss kurzer Hand, dass künftighin jeder
Weissstrümpfler alsobald ohne einiges Schonen
4US dem Kk>ster eliminiert werden solle.'
• Von diesem und jenem unwürdigen Dienst,
namentlich audi von der Verpflichtung, die
Kommilitonen in die Studentenkefi zu führen,
wurden die Theologanten im Kloster im Jahr
1732 durch die Errichtung des Pedellats
befreit^ Dieses wichtige Amt wurde von nun
an durdi den Rektor mit Zutun des Dekans
unter Approbation des Schulrats besetzt und
ein ehrbarer, der Natur nach ansehnlicher welt-
licher Burger dazu ausersehen, dessen höchste
Funktion darin bestand, den Präsidenten eines
Obern Schulrats, den Herrn Dekan und den
Rektoren bei den Schulratssitzungen, um der
Akademey einiges Ansehen zu geben, zu Haus
abzuholen und «binden nach» zu begleiten,
mit Rabatt und schwarzem Mantel bekleidet
und mit dem Degen an der Seiten. Ehr-
furchtsvoll wichen die Studenten zur Seite,
wenn sie die hohen Herren mit dieser Beglei-
tung gravitätisch durch die Strasse schreiten
sahen, und rasch drückte sich, wer nicht nach
dem Kleidergebot angetan war. Er hatte des
fernem zu den Schulrats- und Konventssitzun-
gen zu bieten und in denselben die Rolle des
Kammerherm zu versehen, wie der Ratshaus-
ammann im Rathaus bei den Ratssitamgen.
In seiner ehrwürdigen Amtstracht hatte er
desgleichen bei den Solennitäten, Disputatio-
nen und allen akademischen Akten in der
Nähe der Vorsitzenden gegenwärtig zu sein.
Er bezog eine Besoldung von 30 Kronen in bar,
daneben kamen ihm eine ganze Reihe von
Sportein zu : 1 Pfd. von den zur Theologie und
2 von den zum heiligen Ministerium Promo-
vierten; von jedem, der publice disputierte,
eine Dupk>ne und wenigstens 1 Pfd. von je-
dem, der auf die Schul oder ins Kloster oder
auf einen Schuldienst promoviert wurde, oder
ein Stipendium academicum erhielt Jeder also,
der im Ku-chen- und Schuldienst vorrückte,
musste dem « Unvermeidlichen » sein Opfer
bringen. Femer erhielt er von einem jeden,
den er vor den Obern oder Untern Schulrat
oder vor den Rectorem zu dtieren hatte, so-
fern derselbe ak fehlbar erfunden wurde, einen
Batzen und für eine schriftliche Notifikation
denen Studiosis auf dem Land sogar deren
zehn, und fünf von jedem, den er in den Car-
cerem academicum zu geleiten hatte, dieselbe
Summe bei der «Auslassung» aus der Studen-
tenkefi. Am liebsten werden dem Pedellen
ihien Obolus — 1 Pfd. — die Glücklichen ent-
n^
Die ifaeologisdie Lehnuistalt In der Zeit von 1676^1770.
^
richtet haben, die ad lecttones ptiblicas promo-
viert worden waren, die grünen Eloquenzer!
Bei dieser Oelegenheit mögen die Bestim*
mongen fOr die Promotio ad lectiones publicas,
die heutige Maturitätsprüfung, wie sie zu An-
fang des 18. Jahrhunderte (1708) vom Schulrat
festgesetzt wurden, hier mitgeteilt werden.^
Nachdem durch ein mündliches Examen,
welches im Uebersetzen aus beliebigen autori-
bus classids, dem psalterio hebraeo und testa-
mento novo bestand, festgesetzt worden war,
wer zur Promotion zugelassen werden sollte,
schritt man zu dem wichtigen, ausschlaggeben-
den Akt der Anfertigung des Thema explo-
ratorium, über wekhe uns das Dekret vom
Jahr 1708 folgendes besagt:
«wan also die Promotion Erkent, SoU vol-
gends in der Zeit, da dass Thema Dictirt wer-
den soll, der Schulraht sich versammlen, ad
aperturam emes uss der Bibliothec nemmenden
Budis die materi dess Thematis erwehlen und
Stante pede abschreiben lassen, volgendts be-
schaffnen Dingen nadi der Fehler Zahl fixi-
ren — d, h. der Fehler, die pecdert werden
durften — dabey es hernach auch sein Ver-
bleibnuss haben und davon ohne besondere
Noht nit geschritten werden [soll.]
Diess also ussgeschribene Thema soll volg-
lieh alsobald vom Herrn Rectore den knaben
m die feder dictirt, nach der Dictatur der
tefitsche uffsatz dessen an ein offenes ohrt ge-
than, die Custodi von Mnhwh. verrichtet, und
durdi Sie in allweg verhüetet werden, das kein
Qefehrd underlauffe, zu dem end Sollend die
Latinischen Blättli, deren So das Thema oom-
ponirt, willkührlich numerosirt, darnach über
diese Numeri ein Clavis, dabey eines Jedessen
namen, so dass Blättli geschriben, expedirt
werden, um zu wüssen, welchen Namen Jedes
Numero bedefite und Entlidi wo die Compo-
sition zum end, und menigUch fertig, Soll Bei-
des, der Clavis und Blättli zusamen, von Je-
mand der Versamlung verpitschirt, und so offt
man von der Corredion hinv^^ geht, wieder-
um von neuem versiglet und dem Herrn Reo-
tori übeigeben werden, welchen Clavis all-
wi^en ein Jewesender Herr Präsident in der
Stund der promotion und nit Ebender, zur
Hand nemmen, eröffaien, nach der fixirten
fdiler Zahl um 2. fehler dass Thema bsatzen,
die aber, so über die fixierte Zahl uss fehler
im Thema habend, gäntzlich exdudirt sem.»
Zu diesem Thema expferatorium soUte keiner
zugelassen werden, der das 14. Altersjahr nidit
angetreten hätte; ausgenommen wurden aber
die «Latiner», d h. die Politid, und diejeni-
gen, so etwas extraordinari zu prästieren ver-
möchten.
Unsem Lesern dürfen wir aus den Manualen
des Schulrates sdion verraten, dass auch die
schlechten Latemer unter den Knaben bald ge-
nug Mittel und Wege fanden, um die Custodi
zu hintergehen und bei der Promotion die ge-
setzte Fehlerzahl nicht zu überschreiten, aber
lange ging es, bis man es öffentlich wagte,
gegen diese verkehrte Methode, die geistige
Reife festzustellen, wobei natürlich der Zufall
die grösste Rolle spielte, aufzutreteil und sie
zu kritisieren.'
Nener Schulnt Mutikreglemente.
Die hungarlachen Studenten und die
Ausburger.
J. Bernhard von Muralt hatte bis zum Jahr
1711 seines Amtes gewaltet; ihm waren in kur-
zen Zwisdienräumen der Teutsdiseckefaneister
Bucher und die Venner Leri>er und Tillier ge-
folgt Unter des letztem Regierung fand im
Jahr 1722 wieder eine Aenderung in der Zu-
sammensetzung des Schuhates statt Die Zahl
der weltlichen Mitglieder wurde um eins ver-
mehrt, offenbar weil durch die Einführung eines
zweiten Theologen auf der geistlichen Bank
mehr Stimmende sassen, ak im abgelaufenen
Jahrhundert; da aber der Tägliche Rat fand,
«
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676— 1770L
dass nun überhaupt der Schulrat zu viele Asses-
soren habe und es besser sei, deren Zahl zu
vermindern, beschloss er (den 29. April),^ dass
die zwei Plätze der Herren Pradikanten, wenn
sie durch « Absterbung » oder Beförderung ledig
sein würden, nidit mehr ergänzt werden dürf-
ten, den Herren Professoren also nur nodi ein
jewesender Herr Dekan beisitzen sollte, dass
aber auch zwei Plätze von denen Politids, eines
alt-Landv<^[ts und eines Nonhabuisten, nach
«eräugender apertur» ausbleiben und nicht er*
werden sollten.
Der Ausschluss der Prädikanten aus dem
Schulrat dauerte natürlich nicht lange; schon
1734 wurde der Beschluss von 1722 wieder ab-
erkannt und angeordnet,^ die beiden Herren
Prädikanten, sowie ein alter Herr Amtsmann
und ein Ehrenglied, so noch kein Amt bedient,
sollten dem Schulrat wieder zugeordnet sein.
So bestand denn eine Zeit lang der Schulrat
aus 10 Professoren und Prädikanten und mit
Ausschluss des Vorsitzenden aus 10 Mitglie-
dern der Räte, 3 Ratsherren, 4 alt-Landvögten
und 3 Nonhabuisten, später aber wurden regel-
recht nur 3 alt-Landvögte gewählt.^
Die Schule ging nun in aller Ruhe ihren
Gang weiter und die Bemühungen des Schul-
rates waren auf die Erweiterung des Unter-
richts für den politischen Stand gerichtet; was
in der Beziehung im Laufe der Dezennien alles
geschah, haben wir in einem besondem Ab-
schnitt zusammengestellt, in welchem die Qe-
schiüite der weltlichen Katheder im einzelnen
verfolgt wird. Bevor wir der Tätigkeit des
Schulrates gedenken, die sich auf alle Studie-
renden bezieht oder auch nur auf die Einrich-
tung der geistlichen Katheder, soweit sie im
Vorhergehenden nicht schon berührt worden
ist, wollen wir noch den Kompetenzstreit er-
wähnen, der im Jahr 1739 zwischen dem Schul-
rat und dem Qerichtsschreiber von Bern aus-
brach.
In diesem Jahr war ein Studiosus flieologiae
im Kk>ster, David Sdiieber, vom Täglidien Rat
auf Antrag des Schulrates aus dem Album der
Studenten ausgestrichen und ad aliud vitae
genus gewiesen worden «als der durch seinen
höchst gefährlichen, turbulenten, unwahrhaften
und Ehr angreiflichen Caracter und aufführung,
keines wegs die unentbähriichen Qualitäten
eines zum Heiligen Ministerio gewidmeten
Subjedi besitzet».^ Nadi seiner Verstossung
war er von einigen Studenten geschlagen wor-
den und nun dtierte diese gegen alle Ueb-
ung und Tradition der Qerichtsschreiber Thor-
mann zur Abstraf ung vor sein Forum, wogegen
der Rektor Altmann sofort einsduitt Qerichts-
schreiber und Schulrat wandten sich zugleich
in dieser Angelegenheit an den Täglichen Ra^
worauf dieser Herrn Thormann befiM, mit fer-
nem Citationen vorläufig inne zu halten. Nun
Hess der Schulrat durch eine Kommission aus
seiner Mitte ein Qutachten abfassen, in wd-
diem auf Qrund der alten Sdiulordnung und
der bisher immer geübten Praxis bewiesen
wurde, dass ihm allein die Jurisdiction über die
Studenten zustehe, auch in Streitsachen zwi-
schen Büi^em und Studenten. Es ging etwas
lange, bis dieses Qutachten zu stände kam und
die eii^[esetzte Kommission alle Akten, deren
sie gebrauchte, studiert hatte. Erst den 4. April
1740 kam es im Schosse des Schulrates zur Ver-
lesung und wurde ohne Aenderung gendunigt
und dem Täglichen Rat eingeschickt, in der Er-
wartung einer grundsätzlichen Entscheidung.
Das höchst interessante^ Aktenstück, im Schul-
ratsmanual eingeschrieben, interessant auch
wegen der vielen daselbst aufgeführten Straf-
fälle von Studierenden, die aufs neue bestäti-
gen, wie roh deren Lebweise in den ersten
Dezennien des 18. Jahrhunderts war, das auch
durch seine Sprache von anderen Qutachten
und Aktenstücken jener Zeit vornehm absticht,
verrät von vorneherein einen gewiegten Juri-
sten als seinen eigentlichen Verfasser; da der
Professor juris Jenner in der betreffenden
Kommission sass, so gehen wir demnach wohl
127
«1
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676— 1T70.
^
nidit irre, wenn wir ihn als denjenigen be-
zeichnen, dem wir dieses Memorial verdanken.
Es scheint, dass der Tägliche Rat in dieser
Sadie gar keine Entscheidung traf, dass mit
andern Worten auch er der Meinung war, dem
Schulrat allein komme die Jurisdiction zu in
allen Vergehungen der Studenten und ^ be-
dürfe deshalb keines besondem Dekretes. Ab-
gesehen davon, dass dieser Angelegenheit im
Schulratsmanual keine Erwähnung mehr ge-
schieht, auch im Polizeibuch nichts zu finden
ist, beweist wohl die Richtigkeit dieser An-
nahme folgendes Faktum.^
Im Mai 1742^ wurde der k)se Studiosus Ma-
tfays «wegen einem überrittet und gelähmten
Pferd» vom Pferdeausleiher um Entschädnuss
belangt und vom Grossweibel deshalb vor sein
Forum dtiert Der Schulrat trug sodann seinem
Sekretarius auf, den Herrn Grossweibel zu er-
suchen, er solle infolge der Schulordnung und
alter Uebung gemäss den Austrag der Sache
ihm überlassen.
Wäre in Sachen des Jurisdictionsstreites von
Seiten des Täglichen Rates ein prinzipieller Be-
schluss gefasst worden, so hätte es natürlich
des genannten Auftrages an den Sekretär des
Schtdrates nicht bedurft und der Schukat hätte
sich auf einen solchen berufen, resp. darnach
gehandelt, wie die Citation an den Sonntags-
reiter erfolgte.
Der Schulrat liess es sich jederzeit angelegen
sein, für die Ausbildung der Schüler und Stu-
denten im Gesang und der Instrumentalmusik
zu soigen, damit der Gesang und die Musik in
den Kirchen stets «geäufhet» werde.^ Dem
ersten ausführlicheren Musikreglement begeg-
nen wir im Jahr 1663, 11 Jahre bevor der
Schulrat wieder eingesetzt wurde. Der Kon-
vent hatte dasselbe im Auftrag des Täglichen
Rates entworfen, da die Gesang- und Musik-
übungen nicht mehr ordentlich betrieben wor-
den waren, und nadi dem Wunsdi des Kon-
vents war die neue Ordnung durdi den Venner
Bucher im Beisein aller Studenten publice intro-
dudert worden, nadidem sie die Räte in allen
Stüdcen bestätigt hatten.
Nach derselben wurde dem Cantor, der
bis dahin die Uebungen allein geleitet hatte,
wegen der «Viele der Studenten und Schuler-
knaben» der Zinkenist zugegeben. DieUeb-
bungsstunden fanden nadi wie vor von 11 — 12
Uhr am Dienstag und Samstag statt; da soll-
ten die Studenten fleissig und unverdrossenlich
sowohl in Psalmen, als in Musikstücken exer-
ziert werden und zwar in zwei AbteOungen.
Der Cantor hatte, damit die Studiosi in der
Forcht und zur Gebühr desto besser angehal-
ten würden, jedesmal den Catalogum Selbsten
abzulesen und die Absentes zur Strafe zu zie-
hen. Die Strafgelder wurden in eine gewisse
dazu gemachten Büchsen gelegt und aus der-
selben die fleissigen Schüler belohnt Die « Ur-
laub» wurden gänzlich abgeschafft und die
Uebungen nur ausgesetzt, wann über das Blut
geurteilt wurde* und wann Martis und Loidae
Märit auf Zienst- und Samstag fielen, ebenso
eine Woche vor den Examina.
Ueber die Ordnung war zu einem besondem
Inspektoren der Rektor gesetzt und geordnet,
der bei eingerissenen Missbräuchen die Sache
vor einen Ehrwürdigen Convent und, wenn es
die Wichtigkeit erforderte, vor die gnädigen
Herrn und Obern zu bringen hatte.
Diese Ordnung von 1663^ nahm auch ein
besonderes Musikkollegium in Aussicht,
eine Vereinigung von Studenten und musik-
liebenden Bürgern, welche jeden Donnerstag
von 4—6 Uhr nadunittags vom Cantor und Zin-
kenisten in der Musik weitergeführt werden
sollten und zwar in der « teutschen Lehr ».
Man hatte freilich, wie man diese Erlaubnis
gab, das Gefühl, es könnten in diesem Musik-
kollegium allerlei Unordnungen und schädliche
Missbräuchejeinreissen und deshalb wurde dem
Rektor eingeschärft, auf seine Exerdtia und
Zusammenkünfte fleissig Achtung zu geben.
Dass dieses Gefühl nicht unberechtigt war,
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
zeigte die Folgezeit So wurde im Jahr 1701
vom Schulrat eine Untersudiung gefuhrt wegen
der Oeigerbande des Musikkollegiums» weil
es sich bis in die späte Nacht hinein in der
Untern Lehr mit Weibsbildern vergnügt, Tänze
ausgespielt habe u. s. w. , worauf dann die
strenge Weisung erging, dass die Kollegiums-
stunde nie mehr über 6 Uhr ausgedehnt werden
dürfe, da die Lehr kein Komödienhaus sei.^
Als im zweiten Dezennium des 18. Jahrhun-
derts die Gesangs- und Musikübungen wieder
nachlässig betrieben wurden, wurde im Jahr
1721 die eben besprochene Ordnung wieder
aufgefrischt Neben dem Cantor fungierte jetzt
ein Praeceptor musices; jener war der Vor-
singer in Schule und Kirchen, dieser hatte die
figurierte Vokal- und Instrumentalmusik und
den Oeneralbass, als das Fundament aller Mu-
sik, den Studiosis eloquentiae und philosophiae
beizubringen und zwar Montag und Mittwochen
von J2-^ Uhr in der Untern Lehr. Femer musste
er aJQe Samstage um 3 Uhr am gleichen Ort
ein Kollegium halten, um seine besten Dis-
cipeln weiter zu bilden. Alle halbe Jahre wurde
nun ein Musikexamen angestellt, an dem auch
der Schulrat teilnehmen sollte.
1726 wurde das Kollegium der Musiklehrer
um ein drittes Mitglied vermehrt, dem der An-
fangsunterricht anvertraut wurde^ und das fol-
gende Jahr wurde ein neues obrigkeitlich ge-
nehmigtes Musikreglement eingeführt und eine
besondere Musikkommission eingesetzt, wel-
che über die gewissenhafte Beobachtung des-
selben invigilieren sollte.
Nach diesem neuen Reglement wurde
mit allen Studenten und Sdiuleren zusammen
am Samstag und Dienstag um 12 Uhr in der
untern Knabenlehr eine Oesangslektion im Sol-
misieren und den Fundamenten der Psalmen-
musik gehalten, nach «gutfindender)» Abteilung
zu vier Stimmen. Diese Aufgabe fiel dem
zweiten Cantor zu. Die Praestanda des Prae-
oeptoris musices waren also umschrieben :
«1. Soll derselbe alle Studiosos philosophiae
und eloquentiae auff dem fuss, wie selbige
Ihme von den Herren Cantoren an die band
gestellt werden, und unter denen Studiosis
theologiae diejenigen, so lust zu der figural
Music haben möchten, sowohl in der vocal-
als Instrumental Music, wie audi in dem Ge-
neral Bass in der unteren Knaben Lehr am
Montag und Freydag allwegen von 2 biss 4
uhr gedreülich unterrichten, auch die Schwäch-
sten unter Ihnen ein Zeith lang a parte an-
führen.
2. er soll alle 14 Ds^g oder 3 Wochen mit
denen geübtesten auss seinen disciplen an ei-
nem Samstag abends umb 3 uhr ein Collegium
musicum halten, und die verordnete Music-
Commission von Zeith zu Zeith dazu invitieren.
3. Er soll sich lassen angelegen seyn, dann
und wann das CoUegium Musicum auf dem
Music Sahl zu frequentieren und seine disdpel
aufzumunter.en, dass Sie dasselbe auch be-
sudiind. » ^
Alle halbe Jahre wurde, wie früher, vor der
verordneten Musikkommission ein Examen ab-
gehalten. Neben dieser wurden noch zwei be-
sondere Unterinspektoren bestellt, welche wa-
chen sollten, ob die Praeceptores musices ihren
Pflichten ein Oenüge leisteten.
Doch, wie es noch heutzutage sein soll, so
waren auch damals die hohem Sing- und Mu-
siklehrer keine grossen Pädagogen und in den
Schulratssitzungen nahmen die Klagen über
«die ärgerlichen Dissonanzen» in den Musik-
stunden, den Unfleiss und die Inobedienz der
Studenten — nach Noten wurde mehr ge-
schwänzt als gesungen — kein Ende und «das
Kirchengesang» wollte sich trotz aller Anstreng-
ungen, die man in der Schule zu seiner He-
bung machte, nicht äufnen. Deshalb wurde anno
1747, um dasselbe in Ordnung und Takt zu be-
halten, ein Selectus von Studenten der Eloquenz
und Philosophie, wie auch von Octavanem und
Septimanern, ungefähr 20 an Zahl, welche die
besten Stimmen hatten, gebildet ; derselbe wurde
vom Cantor besonders unterrichtet und musste
n^
Die tiieologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
alle Sonntage, Donnerstage und Festtage auf
dem Orgellettner die Orgel mit seiner Vokal-
musik sekundieren; ein besonders bestellter
Censor hatte jedesmal den Catalogus zu ver-
lesen und die Fehlenden am gebührenden Ort
zu verzeigen.
Uebrigens war schon ein Jahr vorher (1746)
unter den Studenten allein ein freiwilliges
Musikkollegium gegründet worden, das
unter der Direktion und Aufsicht der Musik-
kommission stand. Seine leges wurden von
dieser endgültig festgestellt und bestätigt und
die Bedmgung hinzugefügt, dass die Glieder
dieser Gesellschaft « weder zu Serenades, Nacht-
Tänzen, noch anderen unanstendigen Sachen
sich niemahls gebrauchen lassen, noch mit wein
trinken einleben Excess begehind, auch kein
Frauwenvolk in Ihre Versamlung einlassind ».^
Man befürchtete also auch von dieser neuen
Vereinigung allerhand Excesse, wie sie eben
im alten Musikkollegium vorgekommen waren.
Vom Jahr 1723 an spielen die sogenannten
Hungarischen Studenten in den Rats-
und Schulratsmanualen keine kleine Rolle.
Es ist bekannt, dass sich die evangelischen
Orte den 30. Juli 1720 dahin einigten, nach-
dem schon zu Anfang des Jahrhunderts wal-
densische und hungarische Studiosi in Zürich,
Basel und Lausanne von ihnen unterstützt wor-
den waren, künftighin acht feste Stipendien ein-
zurichten und zwar fünf piemontesische und
drei hungarische,^ an welche Bern nach der
gewohnten Reparation bis zum Zusammen-
bruch der alten Eidgenossenschaft in runder
Summe 30,000 Gulden beigesteuert hat.
Aber damit begnügten sidi die alten Bemer,
denen das Wohl und Wehe der reformierten
Kirche vor allem am Herzen lag, nicht; sie
gründeten im vorletzten Jahrhundert weitere
Stipendia für hungarische Studenten, die an
den Gymnasien von Patak und Debrezin ihre
vorbereitenden Studien absolviert hatten, zu
welchen die übrigen evangelischen Stände
m
nichts beitrugen, die sie ganz allein aus ihren
eignen Mitteln bestritten.
Zuerst wurden, wie es bei den gemeineidge-
nössischen Stipendien der Fall gewesen war,
nur einzelne Subjecta, die ihrer theologischen
Studien wegen nach Bern kamen, vom Staate
unterstützt, so in den Jahren 1717, 1723, 1724
und 1726. Vom Jahr 1733 an bUdete sich aber
eine feststehende Sitte aus, nach welcher re-
gelredit vier hungarische Stipendien ausgerich-
tet wurden. Man verabreichte den Ankommen-
den eine Kleidung, dann vioirden sie ge»
wohnlich zwei Jahre lang vertisdigeldet und
bei ihrer Abreise erhielten sie pro pallio et
viatico noch 30 Taler. Es kam natüriich audi
vor, dass nicht alle vier Stipendien zusammen
ausgesetzt und genossen vmrden ; wenn es sich
aber einmal traf, dass mehr als vier von diesen
fremden Studenten in der Stadt zusammenka-
men, so war man nicht pedantisch und verstiess
niemanden, wie z.B. aus den Verhandlungen
des Schuh^tes vom 15. Oktober 1742 hervor-
geht:^
« Nach (Verlesung der Sup. von zweyen hung.
Stud. aus Patak, und eines von Clausenbuisr
auss Sibenbürgen vnirdt Erkennt: Weilen nadi
Mrghh. Ord. zwey von Patak, einer von De-
brezin und einer von Sibenbürgen erhalten wer-
den sollen, gegenwärtig aber zwey von De-
brezin hier sind, so müsste der erstere und
schon lang sich hier aufhaltende N. Wasvarj
wieder zurukkehren, und dem letsteren Platz
machen; da aber derselbe von elender leibs
Constitution und der Reiss-fatigues nit vehig,
so solle derselbe Mngfa. zu Continuation seines
stipendij noch femers anrecommandirt wer-
den ; Benebens die drey neüw angekommenen
Ihr Gnd. zum Antritt des stipendij vorgeschla-
gen werden.
Damit aber niemahlen über die bestimmte
anzahl von besagten Stud. sich allhero bege-
ben, wurde Mmh. Rector auffgetragen, an die
Curatores von Patak und Debrezin, wie anno
1733 auch geschehen, zu sdireiben, dass Sie
«.
Die theologische Lehranstalt In der Zeit von 1676^1770.
»
einen nefiwen Stud. allhero schiken
sollind» biss dass der alte wieder zuruk seyn
werde. »
Bis zum Jahr 1786 gab der Staat Bern für
diese hungarischen Studenten 87 138 Pfd. aus.
Im Jahr 1787^ wandte sich der Tägliche Rat
an den Schulrat mit der Anfrage, ob bei nun-
mehriger Toleranz in den österreichischen Lan-
den und Verbot an die hungarischen Studenten
ihre Studien auswärts zu betreiben, nicht rat-
sam wäre, die hungarischen Stipendia des Stan-
des Bern aufzuheben und deren Betrag not-
wendigem Ausgaben zu widmen. Die Schul-
räte trugen ihre unmassgeblichen Gedanken in
geteilten Meinungen vor. Nach der ersten hät-
ten die hungarischen Stipendien keinen Zweck
mehr, da auf den betreffenden Gymnasien die
zur Bildung tüchtiger Geistlichen nötigen Dis-
ziplinen hinlänglich doziert würden und der
Gegenstand der Reisen der hungarischen Theo-
logtn seie, nicht so sehr Religion, als andere
und Weltkenntnisse zu erwerben.
Die zweite Meinung verfocht die Notwen-
digkeit der hungarischen Stipendien auch für
die Zukunft, da die Gymnasien in Hungam
immer noch in einem äusserst mangelbaren
und unvollständigen Zustand seien.
Die dritte Meinung riet dem Täglichen Rate
an, mit einem Entschluss über diesen Gegen-
stand noch einige Jahre innezuhalten, bis man
in der Gewissheit sein werde, ob die k. k.
Verordnungen zu Gunsten der Protestanten in
den Erblanden Bestand hätten.
Der Tägliche Rat legte das Schreiben des
Schulrates beiseite, indem er offenbar der drit-
ten Meinung beipflichtete; die Antwort blieb
dann ganz aus, indem man die Sache einfach
veigass, und so blieb es bis zur Revolution
beim alten, d. h. die vier Stipendien wurden
bis zum Jahr 1798 immer wieder ausgeriditet.
Zu Anfang des Jahres 1804 (4. Februar) ver-
langte ein Ungar wieder ein Stipendium. Das
Kirchen- und Schuldepartement gab darauf dem
Rektor Studer > die Weisung, den Petenten ab-
schlägig zu bescheiden, da die Ungarische
Kirche diese Unterstützung nicht mehr bedürfe
und der bemische Stand die Mittel nidit mehr
habe, wie früher.
Schade, dass mit dem Grossmut der Regie-
rung nach aussen Engherzigkeit nach innen
Hand in Hand ging und die Bauern- und Habi-
tantensöhne in der Stadt Bern selber nicht der-
selben Aufmerksamkeit von Seiten der Obrig-
keit sich erfreuten, wie die Studenten aus Un-
garn und Siebenbürgen. Nadidem dieselbe
schon anno 1701, wie wir gesehen,^ darüber,
dass die bemischen Habitantenkinder den Stu-
dien sich widmeten, ihr Missfallen ausgedrückt
und den Schuhat aufgefordert hatte, der Sache
Einhalt zu tun, schärfte sie den 2. Februar 1741 ^
dieser Behörde aufs neue ein, dass die Aus-
buiger nidit immatrikuliert werden könnten,
wenn ihnen audi gestattet sei, die öffentlichen
Vorlesungen zu besuchen. Ein spezieller Fall,
da eines Refugierten Sohn, der in die Theolo-
gie promoviert worden war, unter die Zahl der
Examinaten aufgenommen werden sollte, gab
dem Täglichen Rat Veranlassung, die warnende
Stimme von neuem zu erheben und durch den
Schuhrat dem Rektor die Weisung zukommen
zu lassen, dass er alle mögliche Sorgfalt an-
wende, «dass dergleichen Inoonvenienzen sidi
nidit mehr eräügnen, sondem bey VorfaDen-
heiten mit allen genügsamen praecautionen
idem voigebogen, und keine fremde in die
Zahl der Studiosomm angenommen werden».
In seinem Eifer, der Obem Wunsch zu er-
füllen, ging der Schulrat noch weiter als diese
geboten hatten. Er ordnete die Ausmusterung
der Ausbuiger- und Bauerasöhne aus den un-
tem Klassen der Untem Schule an und deren
Versetzung m die deutsdie Knabenlehre,^ all-
wo sie in der Religion, im Schreiben und Rech-
nen genugsam ihrem Herkommen gemäss un-
terrichtet würden. Den Knaben von gleicher
Extraktion, die bereits in den obera Klassen
sich befanden, sollte zugleich verdeutet wei^
«
Die tfaeologisdie Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
m
den, dass sie sich ja nicht mit dem Qedanken
schmeicheln sollten, jemals ad lectiones publi-
cas promoviert zu werden, es wäre denn Sach,
dass sie sonderbare Proben einer grossen Fer-
tigkeit des Geistes und extraordinari Fleisses
abzulegen im stand sein würden.
Es scheint, dass von dem Prinzipalen der
Untern Schule, dem obiger Befehl in letzter
Linie übermittelt wurde, die Purifikation seiner
Anstalt von allen unburgerlichen Elementen
etwas lässig betrieben wurde; beim Examen
vemale des Jahres 1744 nahm der Schulrat
wahr, dass allerhand Schüler, die in keiner
Stadt verburgert waren, in denen untern Klas-
sen Sassen und dass die Blaser, Wild, Si-
mon, Schütz U.S.W. noch nicht verschwun-
den waren. Deshalb wiederholte er den Be-
fehl der Ausmusterung an den Rektor und den
Prinzipalen mit der Weisung, die betreffenden
Knaben in die deutsche Knabenlehre, oder in
die Schulen auf dem Stalden und bei dem Boll-
werk zu spedieren.^
Die Lehrer.
Nadidem zu Ende der Vierziger Jahre die
Professio matheseos eingerichtet worden war,
wurden im folgenden Dezennium auch die
Pensa in der Philosophie und Theologie neu
angeordnet
Schon öfter war darüber geklagt worden,
dass die Studiosi philosophiae das Studium der
lateinischen Sprache neglegierten, sobald sie
das eloquenzische Auditorium verlassen hat-
ten, und desgleichen die Studiosi theologiae
das Studium der Philosophie und der griechi-
schen Sprache, sobald sie in ihr neues Audito-
rium eingezogen waren. Um diesem Uebel zu-
vorzukommen, beschloss der Schulrat im Juni
1752,^ es sollten fürohin alle Philosophanten
wöchentlich eine Stunde durch den Professor
der Eloquenz in dem studio linguae latinae,
wie auch in historicis und rhetoricis unterwie-
sen werden, die Theologanten aber eine Stunde
in der Phik>sophie und desgleichen eine im
Griechischen durch den Philosophus und den
Oraecus und dies bis zu ihrer Promotion ad
ministerium.
In dieser Zeit war eben nach dem Ableben
des Professors Brunner der philosophische Ka-
theder ledig, und bei der Gelegenheit eikannte
der Schuhat den 6. Juli 1752,' es solle der künf-
tige Professor philosophiae seinen Cursum so
einteilen, dass er die Physik und IVletaphysik
— von dieser letztem nur die drei erstem Teile,
da die natürliche Gottesgelehrtfaeit erst in der
Theologie zu traktieren war — innert 2 oder
längstens 2Vs Jahren, die Logik aber alle Zeit
im Verlauf eines Jahres absolvieren soUe und
zwar die Phik>soirfiie nadi des Thummigij Kom-
pendium oder einem «kurzen Begriff» dieser
Wissenschaft Des weitem wünschte der Sdiul-
rat, dass der Vertreter der Philosophie sich
bemühe, denen Studiosis die Philoso-
phie mehr durch Räsonieren, als
aber durch vielfältig auswendig ge-
lernete Terminis technicis und De-
finitionen beizubringen.
Dieser Wunsch wirft auf die Mettiode des
verstorbenen Professors Brunner kein günsti-
ges Licht
In dem Zeitraum von 1674 — 1770 sassen auf
dem Lehrstuhl für Philosophie:
1) David Bourgeois, gewählt den 27.
März 1669 als Academicus; den 2. Juni 1684
auf die Pfarre in Ins promoviert
2) Samuel Leemann, gew. 11. Juni 1684
ak Pfarrer zu Ligerz; ein fleissiger Gelehrter,
der schon zu Leyden 1675 zwei theologische
Schriften herausgegeben hatte.
3) Joh. Friedrich Benoit,gew. 14. Juni
1701 ; Verfasser einiger philosophisdier Schrif-
ten.
4) Johannes Egger, gew. 9. Nov. 1728
als Cand. min. ; ein klarer Kopf, von unermüd-
lichem IHeiss für sein Lehramt Gestort>en 1736.
5) Joh. Rudolf Brunner, gew. 13. Nov.
1736, nachdem er U/a J^re lang auf dem elo-
132
^
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676— 177a
quenziscfaen Katheder doziert hatte (vgl. oben
p. 102). Gestorben 1752.
6) Abraham Walthard, Prediger zu
Spiez, gew. 7. Juli 1752. 1781 nach Madiswil.
Ihm folgte, um die Reihe der Philosophen
hier bis zur Zeit der Akademie weiterzuführen :
7) Johannes Ith, der gewesene Ober-
bibllothekarius, gew. den 21. Mai 1781, mit
dem wir uns noch vielfach beschäftigen wer«
den. Den 11. August 1796 wurde er zum Pfar-
rer von Siselen erwählt, verpflichtete sich aber
nach dem Wunsch des Täglichen Rates noch
ein Jahr lang in Bern zu bleiben, bis die neue
Einrichtung der Akademie, zu der er den be-
reits angenommenen Plan entworfen hatte, ein-
geführt worden wäre.^ An seine Stelle trat
den 24. Mai 1797
8) Joh. David Kocher, der Cand. min.,
der seine Gelehrsamkeit sdion in verschiedenein
Disputationen gezeigt hatte. Er wirkte bis zum
Jahr 1805, da er pensioniert wurde.
1757 wurden die Pensa des Professors der
griechischen Sprache und der EÜiik wiederum
geordnet^ Als neu ist hervorzuheben, dass
von jetzt an eine besondere Stunde für die
Lektüre von Profanschriftstellem eingerichtet
wurde; im ganzen und grossen blieb es frei-
lich bei der Vorschrift vom Jahr 1676. Der
Besdiluss des Schulrates lautet i^
«1. Der Herr Professor der Griechischen
Sprach und Sittenleihr, soll wöchentlich zwey
Stund über die Ethic und vier Stund über die
Oriechische Sprach Lection halten, und dar-
neben eine Exerdtation, wie unten gemeldet
wird.
2. Die Ethic wud Er nach Baumesteri Ele-
mentis philosophiae dodren und sich darbey
angelegen seyn lassen seinen Zuhöreren die
Uebereinkunfft der Chrisflichen Sittenlehr mit
der Natürlichen zu zeigen.
3. Die vier Stund im Griechischen, soll Er
so emtheilen, dass drey davon auf die gramma-
tische, critische und phitologisdie Behandlung
und Auslegung des Neuen Testamentes ange-
wendt werden, wobey Ihme besonders Recom-
mendirt wird, die Interpretation und die Prin-
dpia der Granunatic wie auch die Construction
fleissig zu treiben. Die vierte Stund wird dann
angewendt werden auf gleidimässige Behand-
lung des Gessneri Chrestomathia oder Brei-
tingeri Edogae ex optimis graeds Scriptoribus.
4. Endlich soll der Herr Professor, wie vor
diesem mit gutem Nuzen geübt worden, alle
Wochen einmahl entweder ein Exerdtium stili
in griechischer Sprach halten, oder aber eine
Argumentation, oder eine Disputation ex phi-
lologia und Ethica.»
Die Vertreter des griechischen Lehrstuhls
sind in unserer Periode:
Nach Samuel Henzi, dem gewesenen
Pfarrer zu Belp, gewählt 1664, den 20. Dez.:
1) Elisaeus Malacrida, gewählt den
30. Dezember 1686.
2) Daniel Gerwer, Pfarrer zu Hindel-
bank, gew. 14. Oktober 1709.
3) Henricus Ringier, Pfarrer in See-
bcrg, gew. 2. April 1715.
4) Johann Rudolf Salchli, cand. min.,
gew. 4. März 1720.
5) Joh. Georg Altmann, prof. eloquen-
tiae (siehe <d>en p. 101), gew. 24. März 1735.
6) Albertus Frisching, gew. 23. Mai
1757.
7) Samuel Wilhelmi, Pfarrer auf Ny-
deck, gew. 5. Oktober 1758.
8) Gottlieb Risold, gew. 21. Februar
1791.
Unter diesen Männern zeidmeten sidi —
von Altmann abgesehen — zwei durdi ihre
Gelehrsamkeit, die sie in einer Reihe von Dis-
sertationen und Untersuchungen kund gaben,
besondersaus: Heinrich Ringier und Joh.
Rudolf Salchli, beide Schüler des Theolo-
gen und Phik>sophen Rollius, jener zu Fran-
eker, dieser zu Utrecht Auf ihren Reisen und
in ihrer Eigenschaft als Feldprediger hatten sich
beide umfassende Kenntnisse erworben, so dass
133
«
Die flieologische Lehnuistalt in der Zeit von 1676—1770.
51
sie bei den Proben f&r den griediisdien Ka-
Hieder die Zuhörer in Staunen setzten; Ringiers
Praelection war «verwundemusswfirdig und
eine rare und meisterliche Pieoe von ausbCui-
diger Oelehrtiieit», und Salchli, der in Utrecht
namentiich auch nodi den Semitisten Carl
Schaaf gehört hatte, glänzte da durch seine
Kenntnisse in arabids und hebraids und fer-
tigte seine Opponenten mit besonderer Qe-
sdiiddichkeit ab.
Der aus dem BQndnerland stammende Eli-
saeus Malacrida vrar als Prediger mit Ber-
ner Kolonisten nach Potsdam gezogen^ und
wurde von da aus auf die besondere Empfeh-
lung des Kurfilrsten von Brandenburg an die
Zweihundert auf den griediisdien Lehrstuhl
berufen. Des Pietismus angeklagt, erfuhr auch
Malacrida den Sdiutz des Schulrats unter der
Leitung Muralts.
Nicht kleine Aufregung entstand unter der
Qeisflidikeit, wie der Weifliche Albertus Fri-
sching zu den Proben fiir den griediisdien
Kaflieder zugelassen wurde. Das war doch un-
erhört, dass ein Laie der Jugend im Kloster das
Neue Testament interpretieren sollte! Jeden-
falls bedurfte es von selten des Kandidaten
kemes kleinen Mutes, um sich Qberiiaupt zu
den Proben einzufinden. Aber der Schukat
musste ihm zugeben, dass er von Jugend auf
eine sonderi}are Liebe zu den Wissenschaften
gehabt habe und in der griechischen Litteratur
**-^i Philosophie wohl versiert sei, aber — so
meinten die einen, naturlidi die Herren auf der
geistlichen Bank — es sei denn dodi wegen
tiieologisdier Explikation des Neuen Testa-
mentes und wegen Vindikation verschiedener
Stellen desselben eint und anderes an ihm zu
desiderieren , ^ und es sei bedenklich, einem
Laien die Stelle anzuvertrauen, der Pflichten
anhangen, die notwendig einen Qeisflidien er-
forderten ; werde er gewählt, so müsse er noch
Theologie studieren und die Imposition an-
nehmen. Die andern, offenbar die wdtiidien
Mitglieder, die auf ihren gdehrten Standes-
genossen wohl nicht wenig stolz waren, er-
sahen in der Wahl dessdben gar keine bösen
Konsequenzen und führten aus, wie es die
Aemulation gewaltig erwecken müsse, wenn
man auch den Welflidien gestatte, zum griedii-
sdien Katheder zu konkurrieren; audi möge
dem Gewählten freigestellt werden, die Impo-
sition anzunehmen oder nicht
Der Täglidie Rat wählte nun Friscfaing unter
der Bedingung, dass er einen Eid schwöre zur
helvetisdien Konfession, zur Formuia oonsen-
sus und zu den symbolisdien Büchern. Der
Konvent verfasste denselben und nachdem der
Rat eme Ueme Aenderung an dem voigd^;ten
Projekt vorgenommen, beschwor ihn der pa-
trizisdie Professor graecus vor dem versammd-
ten Schulrat
Im April des folgenden Jahres nahm Fri-
sdiing Urlaub für zwei Jahre,' demissionierte
aber bald darauf. Sein Nadifolger Samuel
Wilhelmi dozierte volle 33 Jahre auf dem-
selben Katheder, bis er nach dem idyllischen
Siselen als Pfarrer abging. Er war ein littera-
risch fein gebildeter Mann, der in den gesell-
sdiaftiidien Kreisen Berns keine kleine Rolle
spielte, sdnen Schülern aber ferne stand.*
Wie man in der Mitte des 18. Jahrfiunderts
über die Vernachlässigung des Studiums der
lateinischen und griechischen Sprache Klage
führte, so besdiwerte man sich auch darüber,
dass die Studiosi unter allerhand Vorwänden
die Erlernung des Hebräischen versäumten;
deshalb bestimmte der Sdiulrat den 4. Sep-
tember 1755,^ was die Studenten, die m die
Philosophie, Theologie und zum Ministerium
promovieren v^roUten, gelesen haben müssten,
nämlich:
«1. Ein Studiosus, so ad philosophiam will
promoviert werden, soU 40 Psabnen gründlich
analysieren und 20 davon, ohne eine lateini-
sdie Version vor sich zu haben, auch über-
setzen, folglich die Bedeutung der Wörter aus
dem Oedäditniss hersagen können.
«
Die tiieok^sdie Lehranstalt in der Zeit von 1676*-177a
^
2. Wer in das Auditorium theologicum will
beförderet werden, muss 75 Psalmen und eines
der Bfidieren Mosis, welches er will, grundlich
analysieren und vertieren können.
3. Wer ad sanctum ministerium gelangen
will, soll das ganze Buch der Psalmen und über
das annodi 100 Kapitel des Alten Testaments,
welche er will, zu verstehen und zu erklaren
im Stande sein.»
Die Professoren des hebräischen Katheders
sind in unserm Zeitraum :
1) David Wyss, prof. phil., gewählt den
12. Januar 1669.
2) Johann Rudolf Rodolff, Pfarrer zu
Seon, gew. den 29. April 1676.
3) Samuel Leemann, prof. phil., vom
5. April 1698 an.
4) Samuel Haller, Helfer zu Bern, gew.
21. Nov. 1700.
5) Daniel Qerwer, prof. graecus, gew.
30. März 1715.
6) Samuel Scheurer, prof. eloq., gew.
17. Mai 1718.
7) Joh. Rudolf Salchli, prof. graecus,
gew. 19. März 1735.
8) Jakob Kocher, gew. den 6. September
1745.
9) David Kocher, gew. den 4. Mai 1761.
10) Rudolf Ch. Schärer, Provisor an
der Litterarschule, gew. den 23. Mai 1793.
Professor Rodolff, dem wir als Mitglied
der Religionskommission bereits begegnet sind,^
galt schon als Alumnus im Kloster als tüch-
tiger Lateiner und Hebräer und kandidierte be-
reits 1671 für den philosophischen Lehrstuhl in
Lausanne; als Academicus vertiefte er seine
Kenntnisse in Frankreich, Deutschland und
England. Alsdann wirkte er in Bern, nachdem
er nur kurze Zeit Pfarrer in Seon gewesen war,
höchst segensreich in dem ihm fibertragenen
Amt und in engem Verkehr mit den Studenten,
denen er nach allen Seiten Belehrung und Rat-
sdilige zu teil werden liess.^ Als fleissiger
Sduiftsteller machte er sich namentlich durch
seinen Philaretes bekannt (1696).
Jakob Kocher war wegen seiner Gelehr-
samkeit bereits als Professor nach Qröningen
ernannt, wie er für den hebräischen Katheder
glänzend disputierte; er blieb seiner Heimat
treu bis zu seinem Tod 1761, da ihm sein
Bruder David Kocher folgte, ein bekannter
Meister in den orientalischen Sprachen, der
Verfasser der rudimenta grammaticae hebraeae.
Er hatte sich für das hebräische Katheder kei-
nen Proben unterziehen müssen, da er schon
vorher des öftem für versdiiedene Lehrstühle
disputiert und seine gediegenen Kenntnisse an
den Tag gelegt hatte. Auch sein Nachfolger
R. C Schärer hatte vor seiner Wahl zu ver-
schiedenen Malen an Proben sich beteiligt; ein
wie fetner Kenner des Hebräischen er war,
zeigte er später durch seine im Litterariscben
Archiv veröffentlichten Uebersetzungen hebrä-
ischer Texte, die jetzt noch Wert haben.
Trotzdem um die Mitte des 18. Jahrhunderts
tüchtige Lehrkräfte an der Obern Schule v^rk-
ten, herrschte dennoch namentlich unter den
Studiosis theologiae grosse Nachlässigkeit Die
alte Unsitte des Konditionierens, gegen die zu
Ende des 17. und in den ersten Dezennien des
18. Jahrhunderts mit aller Strenge eingeschrit-
ten worden war,' war wieder so eingerissen,
dass nach einem Bericht der Schulkommission
an den Schulrat vom 7. September 1756* bald
keine Professoren mehr nötig waren. Es fan-
den sich in diesem Sommer nur noch 15 Stu-
denten im theologischen Auditorium ein; die
übrigen brachten fast die ganze Zeit ihres theo-
logischen Studiums ausserhalb der Akademie
zu und blieben auch von den Examina weg,
ohne sidi um die Erlaubnis darum bewoiben
zu haben. Trotz alledem gelangten alle diese
Leute doch zum Ministerium, vermöge der
Gunst, deren sie sich bei den Obern erfreuten,
und bei der Qektion zur Promotio ad ministe-
rium schlüpften Elemente durch, die die er-
Il(
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676^1770.
^
forderliche Kapazität gar nidit besassen. Des-
halb beschloss der Schulrat den 20. September
1756^ in Befolgimg seiner Ericenntniss vom Jahr
1720,^ die eben gar nicht beachtet wurde, dass
in Zukunft kein Studiosus theologiae, der nicht
zwei Jahre ununterbrochen und fleissig die
Vorlesungen besucht habe, zu dem Examen pro
ministerio zugelassen werden solle, wobei es
jedoch freigestellt war, die ersten oder die letz-
ten zwei Jahre des theologischen Kursus im
Kloster zuzubringen. Gerne hatten es die Pro-
fessoren gesehen, wenn die Konditionierenden
in den Ordinari-Examinibus schärfer als ihre
Kommilitonen hätten geprüft werden müssen
und wenn überhaupt gegen diejenigen, welche
zu den Examina sich nicht stellten, strenge
Strafbestimmungen aufgestellt worden wären,
aber der Schuh-at schreckte davor zurück; er
wusste, dass das nach allen Erfahrungen doch
ein eifles Beginnen gewesen wäre.
Wir nennen hier noch die Professoren des
theologischen Auditoriums von der. Zeit der
Wiedereinsetzung des Schulrates an.
1) Johannes Nicolaus, prof. hebr., ge-
wählt den 30. Oktober 1671.
2) David Wyss, prof. philos., gew. den
8. April 1676.
Nach dem Regierungsbeschluss vom 24. März
1698^ dozieren von diesem Datum an zwei Pro-
fessores theologiae und zwar:
I. Für die didaktische Theologie :
1) David Wyss, der bisherige Theologus.
2) Elisaeus Malacrida, II. Theologus,
gewählt den 14. November 1718.
3) Jakob Hortin, II. theoL, gew. 12. De-
zember 1719.
4) J. H. Ringier, II. theol., gew. 27. No-
vember 1734.
5) Samuel Scheurer, II. dieol., gew. 31.
Mai 1745.
6) Johann Jakob Salchli, gew. 20. No-
vember 1747.
7) Johannes Stapfer, II. tiieoL, gew.
24. Mai 1774.
8) Philipp Alb. Stapf er, gew. 25. Aug.
1796.
II. Für die elenktische Theologie:
1) Johann Rudolf Rodolf f , prof. bebr.,
gew. 5. April 1698.
2) Samuel Leemann, prof. hebr., gew.
18. November 1700.
3) Elisaeus Malacrida, prof. graecus,
gew. 26. August 1709.
4) Jakobus Hortin, Pfarrer zu Kirdi-
lindach, gew. 19. Dezember 1718.
5) J. H. Ringier, prof. graecus, gew. 26.
Januar 1720.
6) Samuel Scheurer, prof. hebr., gew.
31. Januar 1735.
7) Joh. Rud. Salchli, prof. hebr., gew.
31. Mai 1745.
8) Daniel Wyttenbach, Helfer an der
HeiL Qeistkirche, gew. 29. August 1746.
9) Johannes Stapfer, Pfarrer zu Aar-
burg, gew. 19. Juli 1756.
10) Daniel Ludwig Studer, Pfarrer zu
Lyss, gew. 1. September 1774.
Johann Jakob Salchli, der Bruder Joh.
Rudolfe, ein Schüler von Professor Lederlin in
Strassburg, war 1726 als Professor theologiae
nach Lausanne geschickt worden; von seiner
Gelehrsamkeit zeugen verschiedene Abhand-
lungen in französischer und lateinischer Spra-
che, auch Predigten und Reden wurden von
ihm gedruckt Er behielt freilich in seinem ho-
hem Alter, da er immer noch Primarius war,
seine frühere Oeistesfrische nicht mehr bei, so
dass die Studenten sein Auditorium so viel
wie möglich mieden.^
Philipp Albrecht Stapfer, der spa-
tere Minister der Künste und Wissenschaften
zur Zeit der Helvetik, erhielt seinen Katheder
ohne vortier eine andere Professur bekleidet
«.
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
^
zu haben. Von 1791 an war er Sprachlehrer am
Politischen Institut gewesen ; man hatte da
hinlänglich Oeiegenheit, seine ausgezeichneten
Kenntnisse kennen zu lernen, so dass er unter
den Kandidaten für den durch seines Onkels
Rücktritt vakant gewordenen Lehrstuhl von
vorneherein in die erste Linie gestellt wurde.^
Daniel Wyttenbach, Helfer an der Hei-
liggeistidrche, hatte sich, bevor er für seinen
Ldirstuhl disputierte, durch sein gelehrtes Werk
systema theologiae didacticae aufs vorteilhaf-
teste in der theologischen Wissenschaft einge-
führt Leider folgte er 1756 einem Ruf nach
Maibuiig als Professor der Theologie.
Johannes Stapfer disputierte als Pfarrer
zu Aaiburg für den elenktisdien Lehrstuhl in
glänzender Weise; D. L. Studer wurde von
den Proben für denselben dispensiert, weil er
schon vorher öfter mit Erfolg disputiert hatte.
Beide, sowie D. Wyttenbach, bestiegen also den
tiieologjschen Katheder, ohne den gewohnten
Turnus in der Reihenfolge der Lehrstühle durch-
gemacht zu haben.
Es kam eben, wie aus den mitgeteilten Profes-
sorenverzeichnissen zu ersehen ist, nicht bloss
einmal vor, dass bei Vakanzen der obligate
« Professorenschub », wie man sich heute aus-
drücken würde, der freilich keineswegs im In-
teresse der Anstalt lag, nicht stattfand. So
wurde nach dem Tode des hebräischen Pro-
fessors Daniel Oerwer im Jahr 1718 beschlos-
sen, dass nidit disputiert werden solle, da die
einzigen Aspiranten, Ringier und Scheurer,
schon genugsam Proben ihrer semitistischen
Gelehrsamkeit abgelegt hatten ; nach ihrem ge-
genseitigen Wunsche behielt dann Ringier die
griediisdie Professur bei, Scheurer aber, der
bisherige Vertreter der Eloquenz, rückte zum
hebräischen Professor vor, doch so, dass Rin-
gier die Besoldung des Verstorbenen von jetzt
ab genoss, Scheurer aber die bisherige Pension
Ringiers. Im Jahr 1746 erfolgte in diesem Sinn
ein förmlicher Ratsbeschluss, der für alle Zei-
ten anordnete, dass, wenn jemand von den
Herren Professoren bei seiner Profession ver-
bleiben wolle, er dennoch bei zutragenden Va-
canzen in den Rang und Genuss der hohem
und besseren Besoldung zu steigen befugt sein
solle; mit Ausnahme jedoch des ersteren Pro-
fessoris theologiae, indem dessen Profession
von der Zirkulation ausgenommen und ein
Jeglicher Theologus Primarius hinfüro alle Zeit
der Erste im Rang und Einkommen sein und
allen andern Professoren vorgehen solle.
Das Semlnarium philologicum.
In das Jahr 1754 fälH die Gründung des phi-
lologischen Seminars an der Obern Sdiule zu
Bern. Die Anregung dazu gab Alb recht
H a 1 1 e r , . der nach seiner Rückkehr von Göt-
tingen den 3. Juni 1754 zu einem Assessoren
des Schulrates erwählt worden war. Hauers
Tätigkeit im Schulrat^ war namentlich auf die
Verbesserung des Lateinunterrichtes geriditet
und dieses Ziel hoffte er durch die Gründung
eines Seminars zu erreichen, in dem die künf-
tigen Lehrer der Lateinschule für ihr Lehramt
herangezogen würden. Dabei hatte er natür-
lich das philologisch-pädagogische Seminar im
Auge, das sein früherer Kollege Mathias Gess-
ner, der verdiente Pädagoge, in Göttingen er-
richtet hatte und mit grossem Erfolge weiter
leitete; eine ähnliche Anstalt sollte nun in
seiner Vaterstadt entstehen. Sofort nach seinem
Eintritt in den Schulrat nahm er die Sache an
die Hand und arbeitete einen Entwurf für eine
Seminar-Ordnung aus, der bereits den 22. Au-
gust genehmigt wurde.^ Nach demselben soll-
ten von einem Professor der Obern Schule eine
Anzahl Studenten aus dem philosophischen Au-
ditorium oder auch aus den ersten zwei Jahres-
kursen der theologisdien Abteilung alltäglich
eine Stunde oder wenigstens viermal wöchent-
lich besondem Unterricht im Lateinischen und
Griechischen, als dem vornehmsten Teil der
Schularbeit, erhalten; mit diesen sprachlichen
Uebungen sollte der Lehrer methodische An-
^
bie theologisdhe Lehranstalt b der idi von 1676— 17?A.
Weisungen verbinden und die Seminaristen mit
der Art und Weise bekannt machen, « mit wel-
dier man diese nützlichen Sprachen der Jugend
am fQgiidisten beibringen kann)», und was sie in
diesem phitologisch-pädagogischen Unterricht
gelernt hätten, sollten sie in der Lateinschule
als Vikare der Provisoren zu verwerten und
anzuwenden suchen und beständig die Praxis
mit der Theorie verbinden: die Lateinschule
sollte zu ihrem Seminar die Uebungsschule
sein, wie wir uns heute ausdrücken.
Das Projekt sah sechs Seminaristen vor und
bestimmte zu deren Ermutigung und Beloh-
nung, dass sie im Alumnat auf der Schul be-
herbergt und beköstigt würden und den dop-
pelten Musshafen genössen. Damit nur tüch-
t^ Studenten Mitglieder des Seminars wür-
den, sollten diese nach dem Vorschlag seines
Direktors von dem Schulrat gewählt werden
und wenn sie zu dessen Zufriedenheit alle Ueb-
ungen mitgemacht hätten, bei den Vakanzen
im Lehrerkollegium der Untern Schule von
selber in der Wahl sein.
Mit einer Oeldforderung wollte sich Haller
wohlweislidi in seinem Kollegium und bei Ihr
Gnaden nicht einführen, deshalb beschloss er
sein Projekt mit folgendem Punkt:
«Den Herrn Director des Seminarii zu be-
lohnen, weis man fürs erste keinen Ausweg,
als die Hofnung Er werde mit Vergnügen eine
so nuzliche und Gottgefällige Anstalt unter-
stüzen, dameben werden Ihn Mefah. die Schul
Räht Meinen Gnädigen Herrn den Rähten re-
oomnlendiren, Ihne mit einigen in dero Belie-
ben hinzustellenden Geschenken zu Belohnen. »
Zum Direktor des Seminars wählte der
Schulrat den Professor hebraicus Jakob Ko-
cher, ^ welcher dasselbe mit 10 Schülern er-
öffnete und seinen Unterricht so einriditete,
dass er wöchentlich zwei Stunden Sueton las
und in zweien weitem Gessners Institutiones
rei sdiolasticae erklärte ; letzteres offenbar nach
Hallers Wunsch. Nach 21/9 Jahren stattete der
Schulrat der Finanzbehörde über den glück-
m
liehen Fortgang der neuen Institution Bericht
ab und beantragte derselben, dem Direktor und
den drei fleissigsten Seminaristen eine ange-
messene Gratifikation zukommen zu lassen;
darauf richtete die Teutsch-Seckelschreiberel
dem Erstempfohlenen der Seminaristen zwei
und den beiden andern je eine Dublone aus»
dem Direktor aber volle 100 Kronen!
Professor Kocher stand dem Seminar bis zu
seinem Tod (Anfang des Jahres 1761) vor»
ohne für seine Arbelt des weitem belohnt wor^
den zu sein, und als seine Erben die Bdoh-*
nung reklamierten, wuiden sie von der Ven*
nerkammer trotz der Empfehlung des Schul-
rates mit kurzem Bescheid abgewiesen.' Nun
übemahm Professor WOhelmi die Leitung des
Semmars ; er legte dem Schulrat ein neues Pro*
jekt für dessen Uebungen vor, nach welchem
drei Stunden für die Lektüre von Ciceros orator
und der ars poetica von Horaz und die vierte
für die Behandlung eines griechischen Autors
verwendet werden sollten. Neben diesen Ueber-
Setzungsübungen wollte Wilhelmi in beson-
dere Stunden seine Schüler in der Komposition
exerzieren und ihnen «nach Sulzers Grundriss
einen Begriff der vomehmsten Wissenschaften
beibringen». Das Projekt wurde genehmigt^
und im weitem noch bestimmt, dass der Direk-
tor des Seminars seinen Schülem auch über
das sittliche Verhalten eines Informators Lek-
tionen zu geben habe und dass der Seminarist,
welcher ohne Urlaub 14 Tage von den Seminar*
Übungen fem bliebe, seiner Station verlustig
gehe. Zur Prüfung der Progressen, welche im
Seminar gemacht würden, sollte halbjähriicfa
ein Examen abgehalten werden.
Schon im Jahr 1766 trat Wilhebni von der
Leitung des Seminars zurück; es scheint in
demselben nicht alles nach Wunsch gegangen
zu sein, was wir dem Beschluss des Sdiulrates
zu Ende des genannten Jahres entnehmen,^
dass nämlich die Schulkommission untersuchen
solle, ob das Seminar überhaupt von Nutzen
sei. Die Angelegenheit wurde aber aufgescho*
138
€
Die theologische Lehransialt in der Zeit von 1676—1770.
^
ben, bis die Vefbesserung der Obern Schule
durcfagcffihrt worden wäre, und da diese bei
der grossen Reform zu Ende des Dezenniums
unteiblieb, so dauerte das Interregntun bis
zum Sommer 1779. Den Bestrebungen Niki.
Emanuel Tschamers ist es zu verdanken, dass
in diesem Jahr die Frage wieder in Fluss kam
und den 4. Juni vom Schulrat beschlossen
wurde, das Seminar wieder einzuführen und
darin vier Studiosos theologiae als zwei be-
stellte Seminaristen und zwei Exspektanten in
der Pidagogie zu unterrichten und durch Be«
sucfaung der verschiedenen Klassen der Untern
Sdiule zum Lehrfach heranzubilden.^
Die Leitung der neugegrfindeten Anstalt
wurde dem Direktor der Kunstschule, Daniel
Mass£, übergeben; es war dies ein überaus
glücklicher Griff, da Daniel Mass£ sich als
tüchtigen Pädagogen hinlänglich erwiesen hat-
te.* Seine Leistungen für die Jahre 1779 und
1780 belohnte darauf der Staat mit einem Qe-
schenk von 100 Talern, leider aber war sein
Wuken am Seminar nicht von langer Dauer;
schon im März 1784 erhielt der Untere Schul-
rat den Auftrag, nachzudenken, wie dem Se-
minar wieder Leben gegeben werden könnte.
Da in derselben Zeit die Revision der Obern
Schuk wieder an die Hand genommen wurde,
besddoss der Schuhrat den 9. Dezember 1784,
das Gutachten des Untern Schulrates in dieser
Frage solle bei den Beratungen über die Re-
form der Akademie behandelt werden.^ Leider
kam dieselbe, wie wir noch sehen werden, wie-
derum nicht zu Stande und so blieb das Se-
minar geschlossen, bis in der zweiten Hälfte
des zweiten Dezenniums des neuen Jahrhun-
derts Professor Döderlein seine Pforten wie-
der öffnete.
Die Professorencensur.
Die letzten zwei Jahre vor der grossen Schul-
reform des Jahres 1766 brachten unsem Pro-
fessoren noch manchen Aerger und nicht we-
nig Aufregung. Den 17. November 1764 erhielt
der Schulrat folgenden Ratszettel, der wie ein
Blitz aus heiterm Himmel wirkte : ^
«Bei heute vorgefallenem Anlass ist vor
Mngh. geahndet worden: Welcher Gestalten
verschiedene Negligenzen in hiesiger Akade-
mie vorgehen, sonderheitlich dann, dass die
voigeschriebenen Pensa nicht in der bestim-
ten Zeit absolvirt, auch allzu öftere Vacanzen
ertheilt werden Wann nun Ihr Onaden bil-
ligster massen sich angelegen seyn lassen, die-
sen Unordnungen des nähern nachzuforschen,
Als haben hochgedacht Meghh. mit Zusendung
dieses Anzuges Euch Meine Hoch und Wohlge-
ehrte Herren freundlich ersuchen wollen, durch
eine von Euch aus niedersetzende Commission
des nähern alles untersuchen und die behö-
rigen Informationen aufnemmen zu lassen. Zu
welchem End dann solche aus Euerem Mrhwhh.
Ehren Mittel etablierende Commission alle be-
hörigen Informationen aufzunemmen und die
Herren Professoren in Ihren Verantwortungen
zu verhören befelchnet werden soll, mit dem
ferneren Anfügen, dass Sie fürderiich zu Werk
schreiten und die remeduren abgerahten wer-
den, welche Ihr Mehwhh. mit mehrerem er-
dauren und mit Euerem Outachten Ihr Onaden
fürderiich referieren werdet»
Die Kommission wurde sofort ernannt und
verhörte die Professoren einen nach dem an-
dern. AUe erklärten, sie hätten ihre Pflicht und
noch darüber hinaus getan, nur in Krankheits-
fällen ausgesetzt und keine Ferien genossen, als
die, welche nach altem und unter ihren Vor-
fahren gewohntem Brauch zu Erleichterung
ihrer Arbeit üblich gewesen, dass sie sogar eint
und andere kleine Uriaube abgestellt welche
ihre Vorfahren ungestört genossen hätten. Den
Schulrat aber baten sie, es möge in Zukunft
nicht auf ähnliche Weise das ganze Corpus der
Professoren beschuldigt und blossgesteOt, son-
dern derjenige, dem man etwas vorzuwerfen
habe, zur Verantwortung gezogen werden.
Hl
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676^1770.
m
Der Schulrat ericiärte sich durch die Aeusse-
rungen der Professoren vollkommen befriedigt
und bat den Täglichen Rat in seiner Rückäusse-
rung, seine Empfindung zu teilen;^ immerhin
glaubte er, dass irgend etwas geschehen sollte,
damit die ihm anvertraute Anstalt ähnlichen
Vorwürfen, wie sie gegen dieselbe erhoben
worden waren, entgehe. Er wünschte zu dem
Zwecke im Einverständnis mit den Professoren,
dass alljährlich nach Abhaltung der österlichen
Examina sein Kollegium sich versammle, je-
dem der Professoren ein genaues Verzeichnis
der das vei^angene Jahr hindurch behandelten
Pensa abgefordert werde und darauf, nachdem
jene den Austritt genommen, über jeden Um-
frage gehalten und das Urteil gefällt werden
solle, ob er im vergangenen Jahr seinen Pflich-
ten ein Genüge geleistet habe.
Den 22. Dezember 1764 erklärte der Täg-
liche Rat, dass er wegen des Vergangenen die
Herren Professoren nicht weiter behelligen,
für die Zukunft jedoch die von dem Schuh-at
anempfohlene österliche Censur über dieselben
ausgeführt wissen wolle, wobei das Resultat
der Censur in einem schrifüidien Vortrag seiner
Behörde zu allfälligen Massnahmen jeweilen
mitzuteilen sei.
Mit dieser Einrichtung war aber die Regie-
rung noch nicht zufrieden ; damit die Professo-
ren in ihren Funktionen «angefrischt» würden,
befahl sie, dass der Schulrat aus seiner Mitte
über die einzelnen Auditorien spezielle O b e r -
aufseher ernenne, welche bei der obgenann-
ten Censur alljährlich über ihre Beobaditungen
Bericht erstatteten.
Wie der betreffende Ratszettel verlesen wur-
de, protestierten die anwesenden Professoren
(Blauner, Walthard, Stapfer, Wilhelm! und Ko-
cher) sofort gegen die Demütigung, die ihnen
durch die Einsetzung von solchen Inspektoren
zugedacht worden war. Wir begreifen ihre Ent-
rüstung: diese Oberaufseher mögen ihnen vor-
gekommen sein, wie uns heute die « Anstands-
dame» in den hohem Töchterschulen vorkommt
Auch die weHUchen Schulräte sdiüttelten den
Kopf zu der ihnen befohlenen Einrichtung und
keiner verspürte Lust, sich zu solcher Rolle
herzugeben und den Spitzel zu spielen. Nodi
in derselben Sitzung (den 24. Dezember 1764)
wurde ein Vortrag an die Regierung aufgesetzt,
worin der Schuhat gegen die unwürdige Zu-
mutung derselben mit republikanischer Offen-
heit auftrat und um Zurücknahme der Anord-
nung in Betreff der Inspektoren bat
« Eine solche Ober-Aufsidit^ — heisst es in
dieser Eingabe unter anderm — wurde das
Ansehen haben, als wenn eine Gnädige Ober-
keit zu ihrer Akademey so wenig 2Uitrauen
hätte, dass sie glaubte es wäre die Eriemung
der Künsten und Wüssensdiafften daseB>sten
änderst nicht als durch die Forcht vor einem
Inspectoren zu unterhalten ; WeU aber die Stu-
diosi würklich ihre Censores haben, beständig
unter der Aufsicht üuer Professoren stehen,
alle Monat einmahl von dem Corpore Profes-
sorum und jährlich zweymal von dem gesam-
ten Schul Raht syndidrt werden: So wurden
diese Inspectores nicht um der Studiosorum,
sondern lediglich um der Professoren willen
eingesezt scheinen. Dieses dann wurde ganz
gewiss einerseits die Professores in den Augen
der Studiosorum dekreditiren und den erfor-
derlichen Respect und das nöhtige Zutrauen
auf das nachteiligst schwächen : Und anderseits
denen Herren Professoren selbst allen Mutfa
und alle Lust zu ihren Verrichtungen benem-
men, wenn sie sich mit einer Nota bezeichnet
sehen müssten, von der das ganze Publicum
zu glauben Ursach hätte, sie seye Ihnen zur
Strafe und als ein Zwangs Mittel auferlegt wor-
den.»
Den 5. Januar 1765 antworteten die Räte
ganz kurz, dass es bei ihrem Beschluss wegen
der Bestellung der Oberaufseher verbleibe, wo-
rauf der Schuh-at den 14. Januar ein neues Out-
aditen eingab und ausführlich schilderte, wie
der Beschluss nicht bloss für die Professoren,
sondern auch für den Scfaufa-at selber ganz und
140
^
Die tfieologische Lehranstalt in der Zeit von 1676--1770.
gar erniedrigend sei, indem die weiflichen Mit-
glieder desselben die gelehrten Vorträge der
Dozenten dodi nicht beurteilen könnten, ihre
Inspektion also lediglich darauf hinausliefe, die
Professoren zu kontrollieren, ob sie zu rechter
Zeit ins Kloster gehen, ihren Studiosis Lek-
tionen halten und von dannen nicht wegziehen,
bis die gesetzte Zeit verflossen.^
Die Obrigkeit sah es jetzt ein, dass sie Un-
möglidies verlangt hatte und nahm den un-
seligen Befehl zurück.^
Ende April 1765 gaben die Professoren zum
erstenmal schrifüich ihre Pensa ein und der
Schulrat äbermittelte dieselben dem Täglichen
Rat mit dem Schlusswort, die Herren Professo-
ren hätten alle insgesamt ihren Pflichten ein
Genüge geleistet und für ihren Fleiss, Eifer
und Bemühungen alles Lob verdient
Die Reformbestrebungen des Jahres 1766.
Die Reformbestrebungen in der Mitte des
18. Jahrhunderts haben für uns ganz besonde-
res Interesse, da sie mit Albrecht von Hallers
Namen eng verknüpft sind, ja den Stempel des
grossen bemischen Gelehrten tragen.
Bald nachdem Haller in den Obern Schukat
eingetreten war,^ wurden im Schosse desselben
verschiedene Anregungen zur Verbesserung der
Schulen gemacht; wir erfahren freilich aus sei-
nem Manual nicht, von wem dieselben aus-
gingen, dürfen aber nach dem Verlauf, den die
ganze Reform nahm, des bestimmtesten an-
nehmen, dass es Albrecht von Haller war, der
auf eine gründliche Reform der Akademie und
des Gymnasiums drang und jede Gelegenheit
benutzte, um für dieselbe mit warmen Worten
einzutreten. In der Sitzung vom 16. Juni 1755^
wurde sodann die Schulkommission ersucht,
das Nachdenken zu haben, was ratione der
Pensorum und der Studienzeit an der Obern
Schule für Verbesserungen vorzunehmen seien
und auf welche Weise auch der Untern Schule
au^holfen werden könne. Der Schulkommis-
sion scheint dieser Auftrag nicht willkommen
gewesen zu sein ; sie verschleppte die Behand-
lung desselben und musste nach 2V2 Jahren
vom Schulrat gemahnt werden, ihn nun end-
lich einmal auszuführen.^ Darauf Momlen den
12. Januar 1758 nach dem Wunsche der Schul-
kommission Albrecht von Hallerund Pro-
fessor Kocher beauftragt, die begonnene Ar-
beit zu Ende zu führen, mit den Professoren
die Pensa der Obern Schule zu fixieren, in
allen übrigen Punkten die alten Reglemente
mit den neuem Erkenntnissen zu veigleichen
und daraus das seit langem erwünschte Weiic
zusammenzutragen.^ Haller MOirde freilich
schon den 3. Mai dieses Jahres im Schulrat
durch den alt-Grossweibel von Muralt ersetzt,
liess sich aber erbitten, noch den Sommer über
in der Schulkommission zu verbleiben und mit
seinem Kollegen Kocher das Reformprojekt
vollständig auszuarbeiten. Nach seiner Vollen-
dung wurde es dem Schulrat eingegeben und
«c fürgetragen», erhielt aber dessen Billigung
nicht; offenbar wird es ihm zu weit gegangen
sein und Mehrausgaben verlangt haben, zu de-
nen die sparsamen Herren nicht stehen woll-
ten. Wir müssen dies aus dem Umstand schlies-
sen, dass der Schulrat den 12. Dezember 1759
eine neue Kommission emannte,^ welche die
Arbeit Hallers und Kochers von neuem be-
ginnen und prüfen sollte, ob das in deren Pro-
jekt enthaltene allen Anordnungen und bis-
herigen Uebungen gemäss sei. Die Kommis-
sion bestand aus den Herren Friedrich Sinner,
alt-Landvogt von Interlaken, als Präsidenten,
dem Grossweibel von Muralt, dem Prädikan-
ten Siegfried und dem Professor Stapfer.
Auch diese Kommission hatte es nicht eilig;
im November 1760 wurde sie vom Schulrat er-
sucht,^ ihr Gutachten über die revidierte Schul-
ordnung zu befördern, aber bis zum Jahr 1764
geschah in dieser Angelegenheit nichts mehr:
sie war selig eingeschlafen.
1763 tauchte der Gedanke auf, dass es nütz-
lich wäre, an der Obern Schule ein Kollegium
über die prudentia ecdesiastica einzurichten;
«
Die theologische Lehfinsüdt fai der ZitSk von 1676—1770.
^
der Tagfidie Rat beauftragte den Konvent, ein
Qutaditen darüber auszufertigen und dassel-
Uge den Sdiulräten zur Erdauerung einzuge-
ben. Das geschah und der Schulrat ernannte
eine besondere Kommission, welche auf Onind
des Gutachtens des Konvents an die Oberbe-
hörde Anträge stellen solHe; in dieselbe wur-
den gewählt der Landvogt von Wattenwyl von
Nidau, Dekan Zehender, der Theologus Saldili
und der Orossweibel Daxelhofer; die im Jahr
1759 zur Feststellung der Pensa der Obern
Schule eingesetzte Kommission war also be-
reits vergessen ! Den 16. Januar 1764 wurde die
Kommission in Sadien der prudentia ecdesias^
tica beauftragt, des weitem noch zu bedenken,
was fiberiiaupt ffir Aenderungen zum Nutzen
der Akademie vorgekehrt werden sollten, und
das Herauskommende zu seiner Zeit dem Schul-
rat mitzuteilen.^ So war also die Schub^form
aufs neue in Fluss gekommen und die Kommis-
sion fasste ihre Aufgabe so auf, dass sie die
ganze, immer nodi in Kraft stehende Schulord-
nung von 1676 revidieren und mit den annehm-
baren Forderungen der Zeit in Uebereinstim-
mung bringen sollte. Sie erhielt aber vom
Schulrat die Weisung, sich auf die Reform der
Obern Schulen zu beschränken und für die
Untere die Einrichtung beizubehalten, welche
anno 1753 von Professor Kocher abgefasst und
gutgeheissen worden war.* Für die Obern
Schulen zog sie« wie redit und billig, auch das
Reformprojekt von Haller herbei.
Den 14. Januar 1765 lag die ganze neue
Schufordnung dem Schulrat zur Diskussion vor
und vrurde vom Anfang bis zum Ende mit einer
in dieser Behörde sonst unbekannten Sdmellig-
keit den 25. Februar gutgeheissen und geneh-
migt; verworfen wurde ein einziger Paragraph,
der den Professorenekl enfliielt^ Der Schulrat
sagte sidi, dass derselbe allerdings in der Sdiul-
ordnung von 1616 vorgesehen, in derjenigen
von 1676 aber nicht mehr enthalten und seiner
seither nicht mehr Meldung geschehen sei mit
Ausnahme jenes Jahres, da ein Weltlicher (Pro-
fessor Frisdüng) zum Lehrer der Oriediisdien
Spradie erwählt worden war.^
Baki nachdem der Schuhet sein Projekt der
Regierung eingegeben hatte, erschien in Bern
eine anonyme Schrift «Essay sur Piduca-
tion publique», welche die Schulzustande
Berns einer hert>en Kritik unterzog und eme
Reihe positiver Vorschlige zur Veibesserung
derselben machte. Das Bfidielchen war dazu
angetan, in den beteiligten Kreisen und einem
weitem Publikum Aufsehen zu erregen und
wurde offenbar vielfach gelesen und allgemein
gebilligt In milder Form geschrieben, ohne
ugend jemanden zu verietzen, aber in der
Sadie sdiarf und den Nagel auf den Kopf tref-
fend, gab es aller Welt emen Spiegel der ver-
rosteten Einrichtung der Untern und Obern
Sdiulen in Bern, wie er in soldier Offenheit
und Eindringlichkeit den regierenden Herren
noch nie vorgehalten worden war. Trefflicher,
als der Verfasser dieser anonymen Sdirift das
Schulwesen unserer Stadt in damaliger Zeit ge-
schildert hat, kann es nicht geschehen. Trefflich
vrird da auseinandergesetzt, vrie der ganze Un-
terricht, nachdem die Kirche den Oeist ihres
Standes und ihrer Studien in die Anstalt hinein-
getragen, im Studium der toten Sprachen, der
theologischen Bücher und der spekulativen Phi-
losophie sich konzentriert, als ob jedermann
einmal ein Lehrer oder Priester werden sollte,
wie aber selbst fOr den Theologen und Lehrer
die Bildung, die er bis anhin erhatten, voU-
stimdtg ungenügend und unzeitgemäss sei und
was für verkehrte Wege die Methode einsdilage,
welche im Unterricht selbst, namenflidi der
alten Sprachen, innegehalten werde, so dass die
Schule nicht einmal die wenigen Ziele, die sie
sich gesteckt, erreiche.
Für die Obere Schule wird deshalb folgende
Einrichtung vorgeschlagen:
Die Akademie zerfallt m drei Abteflungen,
eine für die Theologen und Weiflichen zusam-
men, eine zweite für die politische Jugend und
eine dritte für die Theologen allein.
Ift
Die tiieologisdie Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
Die erstere umfasst drei Jahreskurse; in
ihr steht das Studium der allgemeinen und
Sdiweizergescfaichte, der praktischen Mathe-
matik und Experimentalphysik, sowie der Na-*
turwissensduiften im Vordeignmd; diese er-
reichen ihren Absdiluss in der Chemie, Physio-
logie und Anatomie. Die Uebungen der alten
Eloquenz machen Vortragen in deutscher Spra-
die namentiidi Ober Themata aus der Schwel-
Zeigeschichte Platz.
Die zweite Abteilung ist die Rechtsschule
unter der Leitung des Professor juris ; hier soll
zugleich die ästhetische Bildung der politischen
Jugend durch Vorlesungen iiber die Geschichte
der Kflnste vervollkommnet und dieselbe zu
weitem Studien auf diesem Oebiet angeregt
werden, zu welchem Behuf der Staat fOr die
Akademie einen Kunstler als Professor extra-
ordinarius zu gewinnen hat
Parallel mit dieser Abteilung geht die dritte,
welche der eigentlichen Qottesgelehrsamkeit
gewidmet ist, in welche die künftigen Theolo-
gen aber erst eingeführt werden können, nach-
dem sie in der ersten Abteilung auch für das
praktiscfae Leben richtig vorbereitet worden
sind.
Ebenso trefflich und zeitgemäss, wie die Re-
förmvorsdilage für die Obere Schule, sind in
dem Essay sur F^ducation publique diejenigen
für die Untere Schule ; sie atmen durdiaus den
Oeist Rousseaus, wie denn überhaupt der Au-
tor des Essays vollständige Vertrautheit mit der
pädagogischen Litteratur seiner Zeit zeigt und
deren Lehren der bemischen Jugend zu gute
kommen lassen wilL^
Nadidem der Essay sur T^ducation publique
erschienen war, mochten die ehrsamen Schul-
räte wohl einsehen, dass ihr Projekt im Ver-
gleich zu den Vorschlägen des Anonymus ganz
und gar unzureichend sei und die von dem-
selben so scharf kritisierten Zustände nicht viel
bessere. Ihrem eignem Einsehen folgend und
gewiss auch dem Drack von aussen nachge-
beod» zogen sie den 22. August ihr Projekt
^
aus der Kanzlei zurück und besdilossen, eine
Kommission mit der nodunaligen Revision der
ganzen Schulordnung zu beauftragen ; dieselbe
bestand aus dem alt-Landvogt v. Wattenwyl
von Nidau und den Professoren Wilhelmi und
Fellenbeig mit Zuzug des BibliotfiekaiB Sin-
ner.*
Der Zettel des Schulrates an diese Revisions-
kommission ist die reinste Selbstanklage : ^
«Da heute die wohlgemeinte Ahndung ge-
schehen, dass in der Mngh. zur Sanction vor-
gelegten, und würidich in der Kanzley zur
Communication ligenden neuen Schul Ordnung
verschiedene Haubtfehler nicht berührt seyen,
auch solche in Absicht der politischen Aufer-
ziehung sehr mangelhaft seye, es also nöhtig
wäre, solche noch in mehrerem auszuarbeiten,
zu welchem End dann ein neulich herausge-
kommener Tradat, Essay sur l'Education pu-
blique, sonderheiflich dienlich wäre. So haben
Mehgh. die Schul-Räht in der Absicht der öf-
fentlichen Auferziehung bestmöglichst Recfaen-
schafft zu tragen. Euch freundlich ersuchen
wollen, mit Zuziehung beliebiger Personen so-
wol den obgedachten Tradat als die bisher
zum Vorschein gekommene, auf Verbesserung
der offenflichen Schulen abzwekende Projekte
einzuschauen, soldie soigfältig zu fiberlegen,
die neue Schul-Ordnung zu revidieren und
seiner Zeit Mnhghh. Euer disörtiges Gutachten
zu referieren.»
Die Kommission vermehrte sidi durch Zu-
ziehung Albrecht von Hallers, der bereits wie-
der von Roche nach Bern zurückgekehrt war.^
Ihre Arbeit ging rasdi von statten; schon zu
Anfang des Jahres 1766 erschien ihr höchst
lesenswerter « Vorschlag zu einer besseren Ein-
richtung unserer Schulen insonderheit m Ab-
sidit auf die politische Auf endehung der jungen
Buigerschaft» im Druck und wurde vom Schul-
rat der Oberbehörde eingegeben.
Ueber die SteUungnahme der Kommission
und also audi des Schulrates in pleno zu den
143
Hl
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
m
Ausffihrungien und Anregungen des Essays be-
sagt uns dieses Dokiunent folgendes:
«Und hier wünschen wir: dass man das
Essay d'^ducation publique nachlesen mödite,
in allem demjenigen, was unsere Instituta und
Qewohnheiten der Schule berührt, obschon wir
in dem einen und anderen, was die Pensa der
Classen und die Einrichtung derselben betritt,
von demselben in etwas abweichen, so sind
wir dennoch mit dem gelehrten Verfasser des-
selben einmüthig und er ist es mit uns. »
In der Tat sind die Reformvorschläge des
Schulrates im ganzen und grossen und in den
Hauptpunkten dieselben, wie diejenigen im
Essay. Auch der Schulrat verlangt für die Aka-
demie vor allem die Kreierung von zwei neuen
Kathedern, für Qesdiichte, speziell die Schwei-
zeigeschichte^ und für die Naturgeschichte.
Mit eindringenden Worten wird die Not-
wendigkeit des Studiums der Naturgeschichte
dargetan. Es ist natürlich der grosse Natur-
forscher Haller, der im «Vorschlag» seinen
Landsleuten zuruft: «Diese Wissenschaft, die
uns allein das Reich der Natur öffnet, und uns
mit dem Erdboden, den wir bewohnen, bekannt
macht, wird gegenwärtig von allen Völkern
von Europa mit dem allerstrengsten Fleiss be-
trieben... Ein Staat ist allemahl reicher und
mächtiger, der die Gewächse und Producten
seines eigenen Landes kennt, als der, dem sie
verborgen sind, und der sie also nicht nuzen
kann. Die wahre Unabhängigkeit eines Staates
bestehet eben in der Kenntniss der Oüter seines
Landes, die den Fleiss seiner Einwohner äuf-
nen, und allein seinen wahren Reichthum ver-
mehren können. Wir sind vielleicht von allen
Staaten in Europa, in welche die Wissenschaf-
ten einigermassen eingedrungen, diejenigen,
die in diesem Stucke am weitesten zurück ge-
blieben sind. Wenn aber eine Wissenschaft zu
dem besten des Lands nuzlich seyn soll, so
muss sie allgemein werden und eben deswegen
muss sie ein Theil der Unterweisung der Ju-
gend seyn.»
Damit der Unterricht in der Natuigesdiidite
auf die Anschauung gegründet werden könne,
verlangt der Schubat, dass mit Hülfe der Pfarr-
herren und Amtleute des ganzen Kantons ein
grosses naturhistorisdies Museum angelegt
werde, welches alle Naturprodukte des Stan-
des Bern und der angrenzenden Lander in sich
vereinigen und unter d^ Leitung und Auf-
sidit des Professoris historiae naturalis sich
beständig vervollkommnen sollte; in seinen
Räumen sollte der Lehrer der Natuif^eschidite
die Jugend unterrichten und durch Experimente
«seinen Zuhörern rechte Begriffe beibringen,
welche die Theorie und die Lesung der Bü-
cher nur unvollständig gibt».
Neben dem Lehrstuhl für die Naturwissen-
schaft verlangt der Schukat — natürlidi wieder
auf die Initiative Hallers hin — em CoUegium
anatomicum und physiologicum : für angehende
Chirurgen, Media u.s.w., insbesondere aber
für die Studierenden der Theologie
sollen Vorlesungen über die Anatomie von
einem Stadt-Physikus gehalten werden. «Man
betrachte nur — sagt er — wie viel Outes die
Herren Pfarrtierren auf dem Land, weldie eine
mittelmässige Kenntniss von der Physiologie,
und der fümehmsten Zufällen, welchen die Oe-
sundheit und der Leib des Menschen bloss ge-
sezet ist, besizen würden, bey ihren Oemeinds-
Angehörigen, mit Ertheilung guter Räthe und
Anzeigen einfältiger Mittlen, ja oft nur einer
vernünftigen Vorsorg in Krankheiten, schaffen
könnten. »
Ueberiuiupt sind die Fächer, weldie der
Schulrat für die politische Jugend gegeben
wissen will und in einer besondem Tabelle
anschaulich zusammenstellt, dieselben, wie sie
der Autor des Essays verlangt, und dasselbe
gilt auch im ganzen und grossen von den Pen-
sen in jedem einzelnen Fach, wenn audi der
Unterrichtsstoff mehr zusammengedrängt ist,
da der Schulrat nur drei Jahreskurse vorsieht
Auch in Bezug auf die Untere Schule geht
der Schidrat mit den Vorschlägen des Essays
«
Die theologische Lehranstalt in der Zeit von 1676—1770.
51
in den Hauptpunkten einig und empfiehlt an
Stelle des Klassensystems das Fachsystem, wie
es in A. H. Franckes Pädagogium eingerichtet
worden war.^
Im April 1766 behandelten Rät und Burger
das vom Schulrat ihnen vorgelegte wichtige und
«weit aussehende» Reformprojekt. Leider ab-
strahierten sie von der Anstellung eines Leh-
rers für die vateriändischen Geschichten und
eines Professors historiae naturalis; an der
Obern Schule sollte es vor lauf ig beim
Alten bleiben und ins Wasser fielen alle
Vorschläge insgesamt, welche der Schulrat für
die höhere Ausbildung der politischen Jugend
gemacht hatte. Die Grundsätze für die Um-
gestaltung der Untern Schule jedoch wurden
vom Grossen Rat gebiOigt und der Kredit für
die Anstellung eines deutschen Lehrmeisters
und eines Zeichenlehrers bewilligt, sowie dem
Magister matheseos und dem Schreibmeister
für die verlangten Mehrleistungen die Besol-
dung erhöht^
Nachdem die neue Ordnung für die Untere
Schule gedruckt und dem Publikum bekannt
gegeben worden war, wurden noch im Lauf
des Jahres 1766 die nötigen Wahlen vollzogen
und den 5. Januar 1767 die Reform durch
einen feierlidien Schulakt inauguriert und der
Unterricht nach dem neuen Plan sofort be-
gonnen.
Wer weiss, wie schwer es hält, im Schul-
wesen überhaupt Aenderungen durchzuführen,
und dass einschneidende Neuerungen nicht un-
vermittelt, sondern nur allmählig durch weise
Uebergangsbestimmungen, welche der dama-
lige Schulrat ganz ausser Acht gelassen zu
haben scheint, feste Gestalt gewinnen, kann
sich nicht darüber wundem, dass die neue Ord-
nung der Dinge nur von ganz kurzer Dauer
war.
Der Schuhat hatte die Rechnung ohne den
Wurt gemacht; er hatte auf den guten Willen
der Provisoren vertraut und dieser war nidit
da. Schon vor der Einführung der Reform hat-
ten dieselben gegen die modernen Dinge, die
man ihnen zumutete, und gegen die neue Me-
thode, die an Stelle der althergebrachten Lehr-
weise treten sollte, nach Kräften Opposition
gemacht und nach der Einführung machten sie
sie überall und bei jeder Gelegenheit schlecht
und zogen sie öffentlich durch.^ Man hatte die
Rechnung audi ohne den Wirt gemacht^ weil
die Provisoren nicht im stände waren, die neu
emgeführten Fächer, Deutsch, Geschidite und
Geographie, im Sinn und Geist der Reform zu
erteilen, und weil sie nidit alle dazu befähigt
waren, als Fachlehrer auch in den obem Klassen
zu unterrichten. So war denn an der Schule bald
eine Konfusion und eine förmliche Anarchie;
auf die Aufforderung des Täglichen Rates, ihm
über den Zustand der Anstalt und den Erfolg
der Reform ein Gutachten abzugeben, antwor-
tete der Schulrat^ in ausführlicher Auseinander-
setzung, dass es fast in allen Fächern den
Krebsgang gehe und dass auch die Disziplin
unter der neuen Ordnung bedeutend gelitten
habe.
Schon im Februar 1768 besdiloss der Grosse
Rat,^ dass wieder eine jede Klasse ihren eige-
nen Provisor haben solle, und bald nachher
wurde dem Deutschlehrer der Abschied ge-
geben, die Stunden für Geographie, Geschichte,
Mathematik und Zeichnen auf ein Minimum
beschränkt und dem Lateinischen wiederum
fast die ganze Unterrichtszeit eingeräumt
Zur guten Letzt, und um allen Neuerungen
vorzubeugen, wurde die zu Anfang des Jahres
1765 der Kanzlei übeigebene und durch die
besprochene Ordnung von 1766 ersetzte Ord-
nung vom Schulrat wieder vor die Hand ge-
nommen, nach dem Status quo revidiert und
nach erfolgter obrigkeitlicher Sanktion dem
Drude fibeigä)en. Es ist dies die dritte voll-
ständige Schuk>rdnung vom Jahr 1770, mit der
die Reaktion einen vollständigen Triumph fei-
erte.
145
Die Schulordnung von 1770 und die
letzten Dezennien des 18. Jahrhunderts.
Nadi dem, was wir Ober die Geschichte der
Schulordnung von 1770 bereits mitgeteilt ha-
ben, erübrigt uns, das neue, was in dieselbe
au^nommen wurde, sowie einige schon frü-
her getroffene Bestimmungen, welche wu* im
letzten Kapitel zu berühren nidit Gelegenheit
hatten, hier zusammenzufassen.
Ueber
die Lehrer
wird bestimmt, dass derjenige, welcher seine
Vorlesungen für längere Zeit unterbrechen will,
die Erlaubnis dazu erhalten kann, wenn er dem
Schulrat einen genehmen Vicarius stellt Bei
lange andauernder Krankheit eines Professors
hat der Schulrat für einen Stellvertreter zu sor-
gen.
Der Theologus prim. hat den ersten Rang,
die übrigen Professoren nehmen ihn nadi der
Zeit ihrer Erwählung.
Nur der Theologus prim. und die Profes-
sores juris und matheseos, sowie alle Pro-
fessoren, die nicht Konventsmitglieder sind,
geniessen vom Amtsantritt an ihr Einkommen
und bleiben dabei; diejenigen, welche Kon-
ventsmitglieder sind, werden nach ihrem Rang
besoldet. Die Behausungen beziehen sie nach
dem Konventsrang.i
Jeder Professor, der Konventsmitglied ist,
kann, ausser dem Theologus Primarius, Prae-
positus werden für sechs Jahre mit Beibehal-
tung der seinem Rang zukommenden Pension,
mit Ausnahme der zweiten theologischen Be-
soldung, welche kein Praepositus geniessen
soQ; dieselbe fällt dem ältesten der übrigen
Professoren zu. Dem Praepositus im Kloster
folgt der auf der Schul, d. h. der Herr auf
der Sdiul ist derjenige, welcher nach dem Herrn
im Kloster den nächsten Rang hat'
Ein jeder Professor soll in seinem Kehr drei
Jahre lang Rektor und die drei folgenden
Prorektor sein.'
Mit besonderer Ausführlichkeit smd in der
neuen Ordnung die einzelnen Promotionen be-
schrieben. Die Bestimmungen für dieselben
lauten:
V
«1. Promotio ad Philosophiam.
Wenn die Studiosi zwey Jahr in dem Audi-
torio Eloquentiae gestanden, sollen sie in allen
ihren Pensis genau geprüft, und darauf die
tüditigen ad Philosophiam promoviert werden.»
«Promotio ad Theologiam.
Gleichfalls sollen die Studiosi, nachdem sie
drey Jahr in Philosophia gestanden, in allen
ihren Pensis genau geprüft, und darauf die
tüchtigen ad Theologiam promoviert werden.
Bey diesen beiden Promotionen ist zu be-
obachten, dass die Studiosi, welche zurückge-
lassen werden, sich nach einem halben Jahr,
nemlich bey der nächstfolgenden General-Cen-
sur, wiedermahl um die Promotion angeben
können, da dann, fahls sie derselben würdig
geachtet werden, sie sich mit ihrer Promotion
wieder vereinigen, in derselben den untersten
Rang beziehen, übrigens aber die gleichen Vor-
teile geniessen können, als wenn sie schon
das erstemahl wären befürdert worden; die-
jenigen aber, welche zum zweytenmahl zurück
bleiben, dieselben können nicht mehr in ihre
alte Promotion übergehen, sondern gehören
von nun an in die untere Promotion, und sol-
len mit derselben ihre academischen Jahre voll-
bringen.»
146
«
Die Sdiuloidnung von 1770 und die leixten Dezennien des 18. Jahrhunderts.
^
cPromotio ad Theologiam
superioretn.
Nachdem die Studiosi zwey Jahr in der
Theologie gestanden, sollen sie in allen Pensis
aufs genauste geprüft, und die tüchtigen ad
Superiorem Theologiam promoviert werden.
Wer hier zurück bleibt, kan sich mit seiner
Promotion nicht mehr vereinigen, noch sich
nach einem halben Jahr dafür anmelden, son-
dern er wird in die untere Promotion hinunter-
gesetzt, und muss ein ganzes Jahr warten, ehe
er wieder zum Vorschein kommen kan. Diese
Promotion gibt erst den Oradum ad Ministe-
rium, und so lange ein Studiosus dieselbe nicht
erhalten, so lange bleibt er unfähig pro Mi-
nisterio examinirt zu werden.»
«Von der Promotion ad Ministerium.
Diese Promotion wird durch die Combinirte
Cammer E. E. Kirchen-Konvents und des Schul-
raths unterm Praesidio des Herrn Dekanen
verrichtet, und soll alle zwey Jahr oder eher,
so es die Nothwendigkeit erfordert, mit denen
zweyen obersten Promotionen in der Theolo-
gie vorgenommen werden.
Vor allem aus wird es hier um das Exa-
men Vita e der Candidandorum zu thun seyn.
Zu dem End soll sich die combinirte Cammer
vor Anfang des Examinis Doctrinae versamm-
len, und von jedem Assessoren, vomemlich
aber von den Herren Professoren einen ge-
wissenhaften und grundlichen Bericht begeh-
ren, Ober das, was Ihnen in ansehen des Leb-
wesens eines jeden Candidandi bekannt seyn
mag; Man soll auch denen Candidandis, so
auf Conditionen gestanden, oder ihre Zeit äus-
sert der Stadt zugebracht, glaubwürdige Zeug-
nisse ihres Verhaltens abfordern und nach ein-
gezogenen sattsamen Nachrichten, über einen
jeden insbesonders die wichtige Umfrage hal-
ten: Ob man seinen Wandel und seine Sitten
80 beschaffen finde, dass man von seinem künf-
tigen Leben gute Früchte hoffen, und Ihme
demnach die Ausübung des heiligen
amts anvertrauen könne.
Wer in diesem Examine unwürdig erklärt
wird, der bleibt für diesesmahl völlig zurück,
und soll auch für künftige mahl ausgeschlossen
bleiben, er gebe dann genügsame Proben seiner
Besserung.
Diejenigen, welche probhältig erfunden wer-
den, werden zum Examine Doctrinae zu-
gelassen, und sollen demnach in der Theofe-
gie, im Predigen und analysiren, im Hebrä-
ischen und Griechischen, in der Philosophie,
und im Disputiren, wie auch in der Singkunst,
ohne Ausnahme erforschet, über jeden insbe-
sonders ein gewissenhaft Urtheil gefällt, und
die tüchtigen ad Ministerium promovirt, die
untüchtigen aber zu Erwerbung mehrerer Ge-
schicklichkeit zurück gewiesen werden.
Welche nun in diesen beyden Proben richtig
erfunden werden, die eriangen die Gewalt zu
predigen, und die heiligen Sacrament zu ad-
ministriren, und sollen zu dem End durch den
Herrn Decanen öffentlich eingesegnet, mit der
Handauflegung versehen, und durch den Herrn
Praesidenten des Schuh-aths, nach der in der
Predikanten-Ordnung enthaltenen Formel, be-
eydiget werden.»
Die Disziplinarbestimmungen,
weniger hart wie friiher und dem Zeitgeist
mehr angepasst, heissen in der neuen Ord-
nung also:
«Vor allem aus werden von allen Studiosis
gute Sitten und ein ehrbarer Wandel gefordert,
wie auch gebührende Ehrerbietung und Gehor-
sam gegen ihre Lehrer und Vorgesetzte.
Gleichermassen verlangt man von allen Stu-
diosis, dass sie ihre Zeit und Gaben wohl an-
wenden, und es in Erlernung der nöÜiigen
Wissenschaften an ihrem Fleiss keineswegs er-
manglen lassen. Jeder Studiosus soll seine
Kost und Wohnung an einem anständigen Ort,
und bey ehriichen Leuten beziehen; Er soll
dieselbe dem Herrn Rector anzeigen, und auf
«
Die Schiilordnuiig von 1770 und die letrten Dezennien des 18» Jahrlnuiderfs.
1»
dessen Befehl einen andern Airfentiialt auszu-
suchen schuldig seyn.
Die Studiosi sollen um geringer Sdiulden
willen, und wegen geringen Händlen vor den
Herrn Rector dtirt und von Ihme beurtheilt
werden. Wenn aber die Sachen von Wichtigkeit
sind, so soll der Herr Rector dieselben dem
Untern, oder nach Bewandtniss dem Obern
Schubath anzeigen, und ihrem Urdieil über*
lassen.
Welcher Studiosus sich unfleissig, ausge-
lassen, oder ungehorsam bezeigen wurde, wie
audi diejenigen, welche sich in Streitigkeiten
einlassen, oder mit Scheit- oder Schläghändlen
veigehen wurden, die sollen für den Untern
Schulratii bescheiden, und dorten nach Be-
sdiaffenheit ihres Fehlers, mit einer Censur,
Einstellung im Benefido und im Catalogo,
oder mit der academisdien Gefangenschaft ge-
straft, oder auch ad aliud vitae genus gewie-
sen werden.
Die widerspänstigen und hartnäckigen aber,
von denen keine Besserung zu hoffen, sollen
dem Obern Schulrath verleidet, und von dort
aus dem Catalogo Studiosorum Verstössen wer-
den.
Ein gleiches soll man mit denen vornehmen,
die sich in grobe Fehler vertieffen, und alle
die ohne Ausnahme Verstössen, welche sich
emes Diebstahls, Betrugs, ärgerlichen Schlä-
gerei schuldig machen oder dem Wein und
Unzucht eigeben wurden. Ja wenn die Grösse
des Veigehens mehrere Strafe erforderte, so
soll sich der Schulrath an der Verstossung nidit
veign&gen, sondern auch über das aus die Fehl-
baren dem vireltlidien Riditer anzeigen, und
seiner Bestrafung überlassen.
Der Schukath soll femers auf alle die ein
wachsames Auge haben, welche wegen Leibs-
oder Gemuths-Schwachheifen in den Studiis
nidit forticommen können, und soll dieselben
bey Zeiten zu einer angemessenen Begangen-
scfaaft weisen.
Denen Studiosis ist und bfeibt ohne Unter-
schied verbotlen emen Canzel zu besteigen,
oder die heiligen Sacrament zu admmistriren.
Die Studk>si sollen aller Orten eine ehrbare
und ihrem Stand angemessene Kleidung tra-
gen ; Insbesonders sollen die Studiosi Eloquen-
tiae bey allen öffentlichen Exerdtiis im Mantel
erscheinen. Die Studiosi Philosophiae und Theo-
logiae dann, im schwarzen Kleid, Mantel und
RabatfL
Die Studiosi Philosophiae und Eloquentiae
sollen alle Sonn- und Fest-Tage, Vor- und
Nachmittag, wie auch alle Donnerstage am
Morgen den Gottesdienst in dem grossen Mün-
ster besuchen ; Sie sollen sich daselbst an ihrem
bestimmten Platz einfinden, nach geendigtem
Gottesdienst in der Ordnung ins Kloster zie-
hen, und allda ihr adsum geben. Alle Studiosi
sollen ihre Lectiones und Exerdtia, wie auch
alle offentiidien Orationes und Disputationes
fieissig besuchen; Von den Examinibus und
Censuren aber soll sich ohne dringende Noth
oder ausdruckliche Erlaubnuss kdner entfer-
nen. Wddie im eint- oder andern saumselig
seyn, oder sidi dabey ungebührlich aufhihren
wurden, die sollen von den Censoribus auf-
gezeichnet, und zu der geordneten Buss ge-
halten werden. Alle Monate sollen die Studiosi
ihre Bussen bezahlen ; wurden sie darin saum-
selig oder excedentes seyn, so sollen sie von
den Censoribus dem Untern Schulrath vemam-
set, und von dort aus zur Gebühr gehalten,
oder in ihrem Rang hinuntergesetzt werden.
Man hat das Zutrauen zu denen Studiosis
Theologiae, sie werden den Gottesdienst aus
eigenem Trieb besuchen; dessgkidien veriasst
man sidi auf die Studiosis Superioris Hieolo-
giae, sie werden sich in denen Lectionibus
von Selbsten fleissig einfinden, und will deme-
nach alle Studiosos Theologiae von den Straf-
gesätzen in ansehen des Predig gehens, und
die Superiores auch in ansehen der Lectionen
ausgenommen haben.»
Mildere Bestimmungen bringt die neue Ord-
nung auch
148
^
Die Sdiiüoidnttng von 1770 nnd die letzten Dezennien des 18. Jahilntndertt.
»
den zu frühe weibenden
Studenten :
«Ueberhaupt ist allen denen, die sich dem
Ministerio widmen, verbotten, sich zu heyra-
flien, so lange sie die Imposition nicht em-
pfangen haben.
Sollte ein Studiosus gute und widitige
Gründe haben zur Ehe zu schreiten, so soll
er solche dem Schulrath anzeigen, welcher ihme
nach Beschaffenheit seines Alters, Vermögens,
und Fähigkeit, die Erlaubnuss dazu ertheilen
kann.
Wurde ein Studiosus wegen vorheif[ehender
Schwangerschaft zum Heyrathen gezwungen
seyn, so soll derselbe um eine Promotion ad
Ministerium zurückgestellt werden.
Ein gleiches soll man denen jenigen wieder-
fahren lassen, welche sich ohne voriier erhal«
tene Erlaubnuss heyrathen, wenn schon die
Schwangerschaft der Einsegnung nicht vorge-
gangen wäre.
In allen diesen Fällen verlieren die Studiosi
ihre Benefida so wohl des Mushafens, als auf
Schul und Kloster, und sollen selbige, sobald sie
sich heyrathen, abzutretten gehalten werden.»
Verändert sind auch die Vorschriften für
die Stipendiaten auf den fremden
Akademien:
«Der Schulrath soll von denen Hochober-
keitlich geordneten academischen Stipendiis je
von zwey zu zwey Jahren zwey Stipendiat an
solche Subjecta aus den Candidatis, oder pro-
xime Candidandis vergeben, von deren Fleiss
und würklich erlangten Geschicklichkeit er auf
angehörtes Zeugniss der Herren Professoren
einen besonders guten For^ang hoffen kann.
Pflichten der Stipendiaten.
1. Sollen sie ihren Cursum Studiorum auf
keiner andern als auf einer protestantisdien
Academie absolviren, auch zu dem End vor
ihrer Abreise dem Herrn Redor die Akademie
vemamsen, auf welche sie sich zu begeben
willens. Desgleichen sollen sie denselben 6
Monate nach ihrer Abreise ihres Aufenthalts
Studiorum ein-
berichten, und Ihme
senden.
2. Sollen sie wenigstens 18 Monat äussert
Lands zubringen. Neun Monate sollen sie auf
der angezeigten Academie einen Cursum über
theologische und zu ihrem Beruf gehörende
Wissenschaften anhören, und dessen bey ihrer
Rückkunft formliche Testimonia aufweisen ; die
übrigen 9. Monate werden ihnen erlaubt nach
ihrem Belieben einzutheilen, in so fem sie die-
selben auf nutzliche Reisen verwenden.
3. Nadi ihrer Rückkunft sollen sie sich bey
dem Herrn Rector angeben, und längstens in-
nert sechs Monaten durch eine von ihnen com-
ponirte und gedruckte öffentliche Disputation
ihre Progressen an Tag geben ; Es wäre denn
Sach, dass sie würklich allhier pro Cathedra
disputirt hätten, als in welchem Fall sie einer
nochmaligen Disputation enthoben sind.
4. Zu diesen Oesätzen sollen auch die Feld-
predigere gehalten seyn, sobald sie ein Sti-
pendium gemessen.
5. Und fahls die ernten oder anderen diesen
Pfliditen nicht genug thun, oder ad aliud Vitae
Genus schreiten wurden, sollen sie den Genos
ihres Stipendii wieder ersetzen, auch dafür
vor dessen Antrettung genügsame Bürgsdiaft
stellen.
Auf diese Gedinge nun können die Stipen-
diarii den ersten halben Theil des Stipendii 4
Wochen vor ihrer Abreise erheben, und den
andern halben TheU nach der halben Zeit ihres
Aufenthalts, oder, wenn er dennzumahl noch
nicht verfallen ist, sobald er wird verfallen seyn.
Es sollen nicht nur die Oberkeitlichen Sti-
pendiarii, sondern auch diejenigen, welche mit
Hilf der Familien-Stipendien auf äussere Aka-
donien reisen, gehalten seyn, nach ihrer Zu-
ruckkunft durch eine offentlidie Disputation
Proben ihrer Progressen abzulegen. » ^
Die Pensa der einzelnen Professoren sind
im vorbeigehenden Kapitel alle besprochen
worden; die neue Ordmmg änderte an ihnen
nichts. Leider gibt uns dieselbe über die Zeit
^
Die Schiiloidniing von 1770 nnd die letzten Dezennien des 18. JahitundertB.
51
der einzelnen Lektionen nicht genügenden Auf-
schlüsse so dass wir nicht im stände sind, ge-
naue Stundenpläne anzufertigen.
Die Reformen des Jahres 1795.
Im Jahr 1777 beschloss der Qrosse Rat, wie
wir bereits gesehen haben,^ im Interesse der
politischen Jugend die Revision der Schulord-
nung von 1770. Dieselbe wurde zunächst' für
die Untere Schule durchgeführt, für die Obere
Schule aber erst im Dezember 1784 vom Schul-
rat an die Hand genommen, aber nicht zu Ende
beraten, da bald nachher die Verhandlungen
wegen der Oründung des Politischen Instituts
die Aufmerksamkeit der Behörden und der
Schulfreunde auf sich lenkten und infolgedessen
alle andern Reformbestrebungen für längere
Zeit ruhten.
Erst anno 1793 begann der Schuhat eine
genaue Untersuchung der Akademie und spe-
ziell der theologischen Lehranstalt vorzuneh-
men; die Resultate derselben samt den Vor-
schlägen für die nötigen Reformen legte er in
einem von Professor Ith verfassten Befinden
dem Qrossen Rat im folgenden Jahr zur Ge-
nehmigung vor.
Iths Arbeit liegt uns unter dem Titel « B e -
finden über eine bessere Einrichtung
des Unterrichts auf hiesiger Akade-
mie» gedruckt vor, ein hochinteressantes
Werk, das uns auf jeder Seite den einsichtigen
Schulmann und den gründlicheniOelehrten zeigt.
Mit der Geschichte der Schule vertraut, deckt
er die Schäden und die verrosteten Einrichtun-
gen der theologischen Lehranstalt mit allem
Freimut auf und erkennt mit klarem Blick, wo
und wie die Reform ansetzen musste, um die-
selbe soviel wie möglich auf die Höhe der Zeit
zubringen.
Ihre dermalige Beschaffenheit charakterisiert
Ith, wenn ich seine Hauptsätze kurz zusammen-
fasse, vollkommen richtig also:
« Die Grundlage der Akademie ist noch im-
mer die nämlidie, wie zur Zeit der Reforma-
tk>n: in ihr weht nodi derselbe Geist, der sie
vor bald 300 Jahren beseelt hatte. Mitten im
gewaltigen Strom der Veränderungen steht die
tiieologische Akademie nodi einem Felsen
gleich unerschüttert und unbewegt, wie sie vor
Jahrhunderten war; wo man hinblickt, auf die
Gesetze, die Sitten, die Lebensart, überall be-
merkt man den Einfluss der unaufhaltsam fort-
ari)eitenden und fortschreitenden Zeit, aber un-
sere Akademie bildet noch am äussersten Ende
des 18. Jahrhunderts Menschen, wie sie am
Anfang des 16. Jahrhunderts brauchbar waren.
Die ursprüngliche Akademie, so dürftig sie
einem jetzt auch scheinen mag, war für ihre
Zeit eine vortreffliche Anstalt, jedoch auch nur
für ihre Zeit Wer aber die verschiedenen Schul-
ordnungen von 1548, 1616, 1676 und 1770 mit
einiger Aufmerksamkeit unter sich vergleidi^
wird finden, dass die nächstfolgende unmer
auf die vorhergehende gegründet, gleichsam
nur eine Wiederholung und Erneuerung der-
selben war und zwar ohne wesentliche
Verbesserungen; diese beziehen sidi
grösstenteils nur auf die mechanische Einrich-
tung, die Polizey, die Handbücher u.s.w., so
dass die ursprüngliche Organisation in der
aUerletzten Schulordnung immer noch sicht-
bar ist
*
Die Mathematik ausgenommen hat die tiieo-
logische Lehranstalt von den im 18. Jahrhun-
dert gegründeten Lehrstühlen keinen Nutzen
gehabt Der mathematisch-physisdie Lehrstuhl
ist zwar in neuesten Zeiten trefflich oi^anisiert
worden, aber die Vorlesungen seines Inhabers
werden von den Studierenden der Theotogie
gänzlich vernachlässigt und dieselben stehen in
dem unglücklichen Wahn, diese Wissenschaf-
ten gehören gar nicht in die Sphäre der Kennt-
nisse eines künftigen Geistlichen.
Der ganze Unterricht ist zu theoretisch:
die Wissenschaften werden zu schulmässig be-
trieben und mehr zum Behelf der Oelehrsam-
kei^ als mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der
150
fl^
Die Scfaulordnung von 1770 und die leteten Dezennien des 16. Jahrhunderts.
51
Mensdiheit vorgetragen. Femer ist der Unter-
richt zu verbal: der Zweck des lateinischen
und griechischen Lehrstuhls ist nicht, die Ju-
gend zum Verständnis der klassischen Schrift-
steller anzuführen, ihren Geschmack an jenen
Mustern zu üben und auszubilden und ihr zu
einem guten und jeden Gegenstand angemesse-
nen Vortrag Anleitung zu geben, sondern sie
die Sprache als Selbstzweck zu lehren. Wie
polemisch aber immer noch dieser Unter-
richt ist, erhellt schon daraus, dass fünf ver-
schiedenen Lehrstuhlen Exerdtia disputatoria
vorgeschrieben sind, und dass die Polemik
die ganze Hälfte des Religionsunterrichts ver-
schlingt
Die toten Sprachen, die Theologie und der
Kontrovers sind noch immer das Hauptge-
schäft, was an unserer Akademie getrieben
wird. Nun bleiben die toten Sprachen, eben
weil sie tot sind, unabänderlich ; die Theologie
ist auf die E)ogmatik eingeschränkt und diese
an ein unwiderrufliches Symbol festgebunden;
neben beiden steht die Polemik in beständiger
Waffenrüstung mit dem Auftrag, alles so zu
erhalten, wie es ist; alles neue, ohne Unter-
suchung, ob es wahr oder urig sei, bk>ss da-
rum, weil es neu und mit den hergebrachten
Begriffen nicht in Uebereinstimmung ist, als
gefährlich zurückzuhalten.
In unserer Akademie war nie die Philoso-
phie an sich, sondern immer nur die besondere
Meinung eines einzelnen Mannes vorgeschrie-
ben und da sie von der Theologie immer nur
als eine Magd angesehen und behandelt wur-
de, so ist sie zu eben dem Stillstand verurteilt,
weit entfernt demselben entgegenarbeiten zu
können. »
Nachdem Ith die Pensa der einzelnen Lehr-
stühle genau besprochen und kritisiert hat,
macht er für dieselben folgende Verbesserungs-
vorschläge :
«1. Auf dem Lehrstuhl der
Eloquenx
müssen anstatt der Versionen, der Konstruk-
tionen und der PIiraseok)gie die Hörer mit den
Altertümern, der Litteratur, dem StO, der Me-
thode und dem Qeist der Alten bekannt ge-
macht und angewöhnt werden, die vorzüglich
schönen Stellen in ein ebenso reines und klassi-
sches Deutsch zu übersetzen.
Mit diesem Lehrstuhl ist die Geschichte
zu verbinden und zwar sind der Universalge-
schichte zwei Jahre mit drei Stunden wöchent-
lich zuzuweisen.
2. In den Vorlesungen und Uebungen des
Professors der griediisdien Spradu
sind die Klassen der Eloquenz und Philosophie
von einander zu trennen ; ^ mit jener ist in zwei
wöchentlichen Stunden ein griechischer Klassi-
ker zu lesen und die Jugend mit den griechi-
schen Altertümern und der Litteratur bekannt
zu machen; in der Philosophie ist in einer
Stunde die Critica sacra des Neuen Testamen-
tes abzuhandeln, in einer zweiten das Neue
Testament so zu lesen, dass sie zur Erklärung
desselben angewandt wird und in einer dritten
ein schwerer Profanschriftsteller also zu er-
klären, dass dadurch der Geschmack mehr und
mehr geübt und geläutert werde.
Das Pensum der Sittenlehre ist vom
griechischen Lehrstuhl zu trennen.
3. Der
hArSische Lehrstuhl
ist vor allem vom Pensum der Katechetik zu
befreien und das Exerdtium disputatorium in
ein Exerdtium exegeticum zu verwandehi. Der
Professor hebraicus soll alle 14 Tage den Zu-
hörern der Theologie eine Stelle aus dem
Alten Testament au^ben, über die sie eine
exegetisdie Analyse schriftlich verfertigen wer-
den, die er hernach öffentlich verbessern soll.
In Zukunft sollen ihm, gleich den
übrigen Professoren, sechs Stunden
zufallen: zwei für die unterste Klasse
sind der eigenflidien Sprachlehre bestimmt,
zwei für die mittlere der Critica sacra veteris
Die Sdraloidiiimg von 1770 imd die letzten Dezennien des la. Jihtlnmderti.
testamenti und der kritisch-philologischen Bi-
belerklirung, zwei für die oberste zu exegeti*
sehen Voriesungen iiber das Alte Testament
mit steter Rücksicht auf das Neue.
4. In der
Phib^phk
ist der zu beschreitende Weg folgender: Man
macht den Anfang damit, dass man die ober-
sten Gesetze alles Denkens und die unverän-
derlichen Regeln zusammenstellt, nach welchen
einzig die Vernunft zum Ziel der Wahrheit ge-
langen kann — die Logik. Hernach ent-
wickelt man die obersten Prinzipien alles Er-
kennbaren, sucht die allgemeinen Grundwahr-
heiten auf, knüpft sie systematisch zusammen
imd wendet sie auf die allgemeinen Objekte
des menschlichen Wissens, die Welt, die Seele,
die Gottheit an. Dergestalt entsteht die Meta-
physik, welche naturgemäss in vier beson-
dere Doktrinen zerfällt Die Ontologie, oder
das System der obersten Grundwahrheiten ; die
Kosmologie, oder die Anwendung jener
Grundwahrheiten auf die Idee der Welt über-
haupt; die Psychologie, oder die Anwen-
dung derselben auf die menschliche Seele ; die
Theologie endlich, oder die Anwendung da-
von auf den Begriff der Gottheit Wenn aber
die Philosophie für die Menschheit wirklich
brauchbar werden soll, so muss sich an diesen
theoretischen Teil derselben auch ein prakti-
scher anschliessen, worin der Einfluss jener
Theoremen auf Moralität und Tugend (beson-
ders gezeigt werden muss. So entsteht die M o -
ralphilosophie, welche von der theoreti-
schen ebenso unzertrennbar ist, wie in einem
Vemunftschluss die Konklusion von ihren Prä-
missen.
Wenn man nun am Ende dieses ganzen
Systems einen Abriss der Geschichte der Phi-
losophie wie in einem Gemälde aufstellte und
mit diesem Lehrstuhl die Disputierübungen
verbände, so wäre dadurch das philosophische
Pensum so vollständig eingerichtet, als man es
in einer so eng begrenzten Akademie, wie die
unsrige ist, vernünftigerweise fordern kann.»
5. Die beiden Stühle der dogmatischen und
der etenktischen Theok>gie will Itii umgewan-
delt wissen in den Lehrstuhl der theoretisdien
und denjenigen der praktischen Theologie mit
folgenden Pensen:
«Der Professor der theo retischen Theo-
logie trägt in vier oder fünf Stunden die
ganze Religk>nswissenschaft vor, die Dogmatik
und Moral umfassend. Der Unterricht muss
allerdings gründlich und systematisch sein und
bis auf die ersten Prinzipien der Exegetik und
Vemunftreligion zurücksteigen; er soll aber
nicht hauptsächlich gegen die Irrlehren gerich-
tet sein, welche vor 100 und 200 Jahren unsere
Lehrform befehdet haben, sondern die Religion
soll vorzü£^ch von der Seite dargestellt wer-
den, von welcher sie für den künftigen Volks-
lehrer brauditmr, oder welches einerlei, für
Wahrheit und Tugend und Beförderung des
Menschenwohls anwendbar ist
Die fünfte oder sechste Stunde wird der
Kirchengeschichte gewidmet Dieser TeU der
theologischen Wissenschaft darf nicht länger
dem Privatfleiss der Studierenden überlassen,
oder, was gleich viel heisst, verabsäumt werden.
Dem Professor der praktischen Theo-
logie fallen drei Pensa zu: die Homiletik
oder die Kunst zu predigen, die Katechetik
oder die Kunst zu katechisieren und die Pa-
storaltheologie, oder die Anweisung, wie
sich der Seelsorger in den verschiedenen Lagen
und Veriegenheiten seines Berufes mit Klug-
heit und pflichtmässig zu betragen habe. »
In Bezug auf die praktische Durchführung
der gemachten Vorschläge erinnert der Ver-
fasser des Befindens am Schlüsse seiner Ar-
beit daran, dass der griechische und hebräische
Professor sich darauf freuen, nach der neuen
Ordnung unterrichten zu dürfen, dass aber die
beiden theologischen Lehrstühle dermalen noch
unverändert bleiben sollten bis zur Erledigung
des dogmatischen Katheders.
DER ERDGE5CM0SS-GANG IM KLOSTER
1903
<t
Die Schulordnung von 1770 und die letzten Dezennien des 18. Jahrhunderts.
Den 27. Mai 1705^ nahm der Rat der Zwei-
hundert den ganzen ihm vorgelegten Plan als
zweckmässig an und erteilte ihm seine Sank-
tion, in der Meinung, dass die Verbesserungen
nicht mit einem Mal eingeführt würden, son-
dern in dem Masse, wie die theologischen Lehr-
stühle in Verledigung kämen. Zugleich er-
kannte die oberste Behörde, dass der älteste
der Professoren, sofern er dem Konvent ange-
höre, der Primarius sei mit Qeniessung des
dieser Stelle anhängigen Oehaltes.
Der Beschluss der Zweihundert involvierte
eine vollständige Revision der Schulordnung
von 1770; der Schulrat, mit derselben beauf-
tragt, sollte zugleich untersuchen, ob nicht auch
an der Untern Schule Aenderungen vorgenom-
men werden müssten, und feststellen, wie beide
Abteilungen zu einem organischen Ganzen ver-
bunden werden könnten. Wieder unterzog sich
Professor Ith der Aufgabe, die neue Schulord-
nung mit Hülfe seiner Kollegen auszuarbeiten.
Inzwischen wurden die beiden theologischen
Lehrstühle nach der neuen Ordnung besetzt.
Den 20. Juni 1796 legte der Schuhet dem Täg-
lichen Rat die Demission Johann Stapfers vor;^
dessen Kollege D. L Studer war bereits ge-
storben. Den 25. August 1796 wurde Ph. A.
Stapf er zum Professor der theoretischen
Theologie gewählt^ und den 24. November
desselben Jahres zum Professor der praktischen
Theologie der Pfarrer zu Büren Samuel Stu-
der, der schon bei einer frühem Probe von
seiner Kenntnis der Bibelkunde und der orien-
talischen Sprachen glänzende Beweise gegeben
hatte.«
Schon zu Anfang des Monats August war
Professor Ith zum Pfarrer von Siselen ernannt
worden; er liess sich aber erbitten, mit Bei-
behaltung seiner bisherigen Würden und Aem-
ter noch ein Jahr in Bern zu bleiben und die
Schulordnung zu Ende zu führen.^
Nachdem dies geschehen war, wurde die
Arbeit dem Schulrat vorgelegt, von demselben
bestätigt und mit einem gedruckten Be-
^
rieht, der die notwendigen Erläuterungen zu
der neuen Ordnung enthielt, gegen Ende des
Jahres der Behörde zur Genehmigung einge-
geben — die Revolution begrub die
Schulordnung des Jahres 1797.
Die ProfestorengehUter.
Zum Schlüsse dieses Kapitels besprechen
wir wiederum die finanziellen Verhältnisse.
Die Pensionen der Lehrer blieben im ganzen
und grossen wie sie anno 1640 normiert wor-
den waren.^'
An dem Oehalt des Theologus hielt man
bis zum Jahr 1786 fest, er erhielt also bis dahin
500 Pfd., 60 Mütt Dinkel und 20 Mütt Haber
nebst 12 Saum Wein.
Die zweite theologische Professur^ wurde
mit 400 Pfd., 64 Mütt Dinkel, 20 Mütt Haber
und 10 Saum Wein honoriert
Als die dritte Pension führen die Stiftsrech-
nungen immer diejenige auf, welche im Jahr
1640 den drei Professoren nach dem Theolo-
gus zugesprochen worden war, also 400 Pfd.,
56 Mütt Dinkel und 16 Mütt Haber nebst 12
Saum Wein.
Von 1719 an werden dem Professor elo-
quentiae als die unterste Pension aus dem
Stift 1000 Pfd. (ohne Naturalia) entrichtet, und
als die zweitunterste Pension bezahlt das Stift
vom Jahr 1689 an 620 Pfd., 32 Mütt Dinkel,
4 Mütt Haber und 6 Saum Wein.
Ein Beispiel möge die Rangordnung veran-
schauUchen.
1730 entrichtete das Stift
Pfand Dinkel Haber Wein
Dem Theologus Primarius <*****> ^****^> ^^■^>
Hortin .7 500 60 20 12
dem 2. Theologus Ringier 400 64 20 10
dem Prof. gnecus SalchU . 400 56 16 12
dem Prof. Philosoph. Egger 620 32 4 6
dem Prof. eloquent!«
Uuffer 1000 - - -
dem Herrn im iQoster, Prof.
Scheurer — 60 20 12
dem Herrn auf der Schul
ProLSaldill - 8 4 -
tft
Die Sdralordnung von 1770 and die teilten Dezennien des 18L Jihrimnderts.
Dann infolge der eingetretenen Mutationen
im Jahr 1742
PtaBd CHBltel Htbcr Wdn
(Mttt) (Mfltt) (Som)
dem Theoloffus Primarius
Ringier 500 60 20 12
dem zweiten Theologen
Scheurer 400 64 20 10
dem Prof. grccus Altmann 400 56 16 12
dem Prof. philos. Brunner . 620 32 4 12
dem Prof. doquenti« Kirch-
berger 1000 — — —
dem Herrn im Kloster,
Prof. SalchU — 60 20 12
dem Herrn auf der Schul,
Prof. Altmann — 8 4 —
Dieses ganze Besoldungssystem wurde im
Jahr 1786 aushoben und infolge einer Ein*
gäbe des Schukates an den Rat der Zweihun-
derty in welchem dargestellt wurde, dass die
Qehälter der geistlichen Professoren zu den
Teuerungsverhältnissen in gar keinem Verhält*
nis mehr stehen, den 18. Dezember des ge*
nannten Jahres beschlossen, dieselben durch-
gängig auf 600 Kronen (= 2000 Pfd.) nebst
freier Behausung anzusetzen. Ausgenommen
wurden von diesem Qrossratsbeschluss nach
dem Wunsch des Schulrates die Katheder der
beiden Praepositi auf Kloster und Schul.
Infolgedessen wurden in Qeld dem unter-
sten Katheder 300, dem zweituntersten 240,
dem drittuntersten 120 und demjenigen des
Theologus Primarius 60 Kronen zugelegt und
zudem dem Rektor, der sich bis dahin mit
einer Jahresbesoldung von 9 Kronen aus dem
Schulseckel hatte vemfigen mässen, ein Fass
LaCote-Wein jährlich zugestellt
Billig fragt man sich, warum diese vollstän-
dig veränderten Verhältnisse gerade im Jahr
1786 eintraten und warum der Oehalt der Pro-
fessoren gerade auf 2000 Pfd., bez. 600 Kronen
angesetzt wurde. Die genannte Eingabe des
Schuhates gibt uns darüber keinen Aufschluss,
aber offenbar gab die Anstellung des Mathe-
matikers Tralles den Anstoss zu dieser Bewe-
gung. Tralles war den 14. Dezember 1785 mit
einem Oehalt von 640 Kronen angestellt wor-
f^
den,^ einer Besoldung, deren sidi keiner seiner
Kollegen zu erfreuen hatte und so war es denn
geradezu Pflicht und Schuldigkeit des Schul-
rates, dafür zu sorgen, dass die einheimisdien
Lehrer, die schon längere Zeit im Amt gestan-
den, ebenso honoriert würden, wie der neu an-
gestellte, noch ganz junge und aus der Fremde
berufene Lehrer; daher seine Eingabe an den
Orossen Rat vom 12. Juli 1786, in weicher er
darum einkam, dass den geistlidien Professo-
ren die Besoldung auf 600 Kronen ertiöht wür-
de, wodurch sie mit freier Behausung, die dem
Vertreter der Mathematik nicht zukam, hinter
diesem nidit mehr zurückstanden.
Wir schliessen hier noch die Benefizien der
beiden Herren auf Kloster und Schul an, wie
sie nach der Eingabe des Schulrates im Jahr
1786 geordnet waren.
«Einkommen des Praepositi auf der Schul,
qua Professor et Praepositus zugleich,
an Oeld Kronen 343, bz. 20
Dinkel Mütt 64
Haber „ 21
Wein Saum 12 Neuenstadter u. Oberhoffner.
Kleinodien für bz. 36.
Von Mhh. Musshafenschaffher wird halb-
jährlich in Oeld für 16 Musportionen die Kelle
oder Portion zu 8 Mäs Dinkel gerechnet, be-
zahlt der laufende Preis, wovon aber den Alum-
nis ein Drittel gehört
Denne Pfd. 80 Fleisch und Pfd. 138 Anken.
Für die Oeconomie des Hauses 18 Klafter
tanniges, 10 Klafter buchiges Holz und 1 Fuder
Turben.
Davon hingegen geht ab die Alimentation
der Alumnorum, eines Knechts und einer Magd,
welche gegenwärtig ungefähr auf K. 200 steigt
Einkommen des Praepositi auf dem Kloster,
qua Professor und Praepositus.
An Qeld Kronen 466. bz. 5.
Dinkel Mütt 110
Haber „ 21.
Ift
Die Sditdordnung von 1770 und die letzten Dezennien des 18. Jahrhunderts.
Wein 12 Safim Neuenstadter u. Oberhof her.
Anken 2 Zentner.
per Woche ein paar Mushafen MQtschen.
Denne zur Heizung der Auditorien und für
die Oeconomie des Hauses 10 Klafter buchiges,
38 Klafter tanniges Holz und 1 Fuder Turben.
Von diesem Einkommen geht ab die Ali-
mentation der Alumnonun, weldie gegenwär-
tig aufs wenigste beträgt Kr. 240.
^
Dabey hat jeder Hh. Professor Wohnung
und Oarten, 7. Klafter buchiges und 4 Klafter
tanniges Holz und \y% Fuder Turben, jedoch
mit Kosten f&r Aufmacherlohn und Fuhr, denne
an Acddentien jähriich 3 Wastelen, bey der
Mushafen Musterung 33 bz. — Strohgeld 15 bz.
6 Mass Wermutfiwein, V4 ^ Senf von Aehlen,
2 Köiblein Trauben.»
155
Ift
Dm Pditifdie ImtHnt
m
nadi Mainz zu kommen, damit er ihn erst per-
sönlich kennen lernen könne. IMQlIer adirieb
zurück, er werde kommen, und hielt den 20. Ja-
nuar seine Abschiedsvoriesung. Er sprach über
den damaligen Zustand Europas, die Gefahren
der Schweiz und über die Mittel, sie zu behaup-
ten und im Notfall den angestammten Ruhm
wieder emporzubringen.
Der Patriotismus, der aus allen Worten
Müllers heraussprach, begeisterte seine Zu-
hörer derart, dass sie sofort übereinkamen,
seine Anstellung durch den Kurfürsten zu ver-
hindern oder doch wenigstens dahin zu wirken,
dass er in kürzester Zeit wieder nach Bern zu-
rückkehre; es bildete sich ein Initiativkomitee,
mit Bonstetten und Kari Ludwig von Erlach
an der Spitze, welches sich die Aufgabe stellte,
die zur Erreichung dieses Zieles notwendigen
Mittel und Wege ausfindig zu madien. Diesel-
ben waren bald gefunden : die patrizischen Fa-
milien verpflichteten sich, aus ihren «Kisten»
Müller eine jährliche Pension von 120 Lx>ui8-
d'or auszuzahlen, wenn er von Martini bis Ende
Mai wöchentlich fünf Vorlesungen über die
vaterländische Oeschichte halte mit besonderer
Berücksichtigung der Verträge und Bündnisse ;
auch einzehie Partikularen beteiligten sidi an
der Subskription. Den 8. Februar schrieb Bon-
stetten freudig nach Mainz und benachrichtigte
seinen Freund von dem, was geschehen war.
Eine halbe Stunde bevor dieses Schreiben in
Müllers Hände gelangte, hatte dieser das An-
ert>ieten des Kurfürsten, in seine Dienste zu
treten, angenommen; das hinderte ihn aber
nicht, den folgenden Tag an Bonstetten zu
schreiben, er werde im November nach Bern
zurückkehren, wenn er vom Schulrat beru-
fen werde.
In diesen selben Tagen erschienen in Bern
zwei pädagogische Sdiriften, welche mit der
besprochenen Berufung Müllers im Zusammen-
hang stehen und auf die Ausgestaltung der
Schulen unserer Stadt von entscheidendem Ein-
fluss geworden sind.
Die eme ist Bonstetiens Abhandhmg «über
die Erziehung der patrizischen Fa-
milien von Bern» — später nannte er sie
einfach die «Patrizier»^ — in welcher er
die Gründung eines besondem staaflichen In-
stitutes für die künftigen Regenten befürwortet
In demselben sollten die jungen Patrizie* durdi
das Studium der alten, der vaterländischen und
allgemeinen Oeschichte, sowie der Kriegsge-
schidite, der deutschen Sprache und Litleratur
und des Französischen für die Staatscarriere
voibereitet werden. Zu diesem Zweck will er
vor allem eine ordenfliche Professur für Qe-
sdiichte kreiert wissen, welche seinem Freund
Müller übergeben werden soll, des fernem
eine Professur für deutsche ^rache und Lit-
teratur, für die er nadi seinen Briefen an Müller
Heyne in Oöttingen oder Herder zu ge-
winnen hofft Fakultative Fächer smd Mathe-
matik und Physik einerseits, die naturkund-
lichen Disziplinen anderseits ; unter diesen Fä-
cheignippen sollte jeder Schüler des politischen
Instituts nach Neigung und Begabung auswäh-
len können. Für jene ist Tralles ausersehen, für
diese ist der Vertreter noch zu sudien. Der
Professor der Naturgeschichte, Tralles, Müller,
Heyne oder Herder stehen als leitende Sterne
über dem Ganzen und teilen sich mit Repeti-
toren, die nach ihrem System unterweisen und
nur von ihnen abhängig sind, in den gesamten
Unterricht nach einem Programm, das sie sel-
ber entworfen haben. Nach seinem von uns
bereits entwickelten Grundsatz' will eben Bon-
stetten für die von ihm geforderte Anstalt nicht
einen detaillierten Plan aufstellen, sondern nur
ganz allgemein die Richtungen angeben, nadi
welchen derselbe von den Männern der Wissen-
schaft entworfen werden müsste.
Die Gründung des Politischen Instituts soll
nach Bonstetten zugleich die Reform der theo-
logischen Lehranstalt nach sidi ziehen und
dieser die Ausgestaltung geben, wie sie zum
Teil schon Sinner und Haller im Jahr 1766 ver-
langt hatten; die neu gegründeten Lehrstühle
156
«
Db8 PoUÜsche Institut
^
sollten audi der geisflichen Jugend zu gute
kommen. Für den Landpfarrer verlangt Bon-
stetten vor allem das Studium der Naturwissen-
schaften und zwar an Stelle der Streittheologie,
die vollständig überflüssig geworden sei. Er
wünscht, dass an der Akademie die natürliche
Religion als Folge der Naturerkenntnis von
dem gegen den «Streitprofessor» auszutausch-
enden Lehrer der Naturgeschichte den jungen
Leuten doziert werde, und empfiehlt als Lehr-
mittel die « Contemplation de la Nature» Bon-
nets, seines Freundes in Qenf.^
Neben dem Studium der Naturwissenschaf-
ten verlangt Bonstetten von den Studierenden
der Theologie auch die Beschäftigung mit der
vaterländischen Geschichte, ja nach seiner An-
sicht ist die Erlernung derselben für die künf-
tigen Pfarrherren wichtiger als die Kenntnis des
Griechischen und des Hebräischen. Er will frei-
lich die Pflege dieser beiden Sprachen nicht aus
der Akademie entfernt wissen, aber er will zum
Studium derselben nur diejenigen verpflichten,
welche ausgesprochene Talente dafür haben
und im stände sind, sie aus dem Fundament
zu erlernen, damit im Corps der Theologen
immer solche da seien, welche den Urtext der
Bibel gründlich kennen. Dafür hält er den gros-
sen Haufen der Studierenden für unfähig und
er hält es für unrichtig, «dass viele hundert
Theologen ihre besten Jugendjahre mit Erler-
nung dreier toter Sprachen so zubringen, dass
kaum zwanzig unter ihnen alle drei gründlich
erlernen und beibehalten können » und verlangt
deshalb, dass die Theologiestudierenden in sol-
che geschieden werden, welche die drei alten
Sprachen betreiben und solche, die an Stelle
des Griechischen und Hebräischen das in der
Untern Schule begonnene Studium der Natur-
wissenschaften fortsetzen und Mathematik und
Physik hören.
Das griechische und hebräische Katheder
will Bonstetten vereinigen und die Vorlesungen
in den beiden Sprachen einem einzigen Do-
zenten übeigeben und aus dem dadurch frei-
gewordenen Geld den zu wählenden Profes-
sor für die vateriändische Geschichte besoldet
wissen.
Alle Vorlesungen, sowohl an der einzurich-
tenden politischen wie an der theologischen
Lehranstalt sollen nicht in lateinischer, sondern
in der Muttersprache des Bemers gehalten wer-
den, auch die wöchentlichen lateinischen Dispu-
tationen will Bonstetten abschaffen und dafür
die Studierenden Preisschriften in deutscher
%)rache anfertigen lassen.^
Dies in Kürze daigestellt die einschneiden-
den Neuerungen, welche Viktor von Bonstetten
seinen Landsleuten in den «Patriziern» em-
pfahl. Wie man sich leicht vorstellen kann, er-
regten namentlich seine Auseinandersetzungen
über die Nutzlosigkeit des Katheders der Streit-
theologie in den beteiligten Kreisen grossen
Anstoss und seine Behauptung, dass sogar die
Kenntnis der Geschichte der Wanzen nützlicher
sei, als diejenige der elenktischen Theologie,
hat ihm der streitbare Professor der Streittheo-
logie samt seinem Anhang unter der Geistlich-
keit nicht verzeihen können. Wir begreifen es,
dass die Theologen, die sich durch Bonstettens
scharfe Pfeile getroffen glaubten, zu einer Par-
tei sich zusammentaten und im geheimen ge-
gen die Errichtung eines politischen Instituts
Opposition machten.^
Die andere Schrift, welche bald nach der
Abreise Müllers nach Mainz erschien, ist eine
kleine anonyme Broschüre mit dem Titel « Ent-
wurf einer Erziehungsanstalt für die politische
Jugend von Bern vom 14. bis zum 18. Jahr».
Ihre Verfasser waren die Professoren Tschar-
ner, Wühebni und Ith,^ welche am Schluss des
Bücbelchens die Regierung bitten, ihren Plan,
sofern er der Beachtung würdig scheine, einer
Kommission aus dero Ehrenmittel zur Prüfung
zu übergeben und mit Zuziehung ihrer selbst
das Nähere zu beraten.
In dieser Broschüre wird auseinandergesetzt,
wie für die politische Jugend eine staatiiche
Anstalt vorerst im Kleinen mit geringen Ko-
Dis Potitische Instttui
^
stell eingerichtet werden könnte, welche Fächer
für den Anfang gegeben werden sollten^ wo-
her der Staat die nötigen Lehrkräfte nehmen,
wie er sie besolden und wie die ganze Schule
geleitet werden könnte. Als Unterrichtsfächer
sind in Aussicht genommen: 1. deutsche und
lateinische Sprache; 2. allgemeine und vater-
ländische Qeschichte; 3. Logik und Psycholo-
gie; 4. Moralphilosophie; 5. Physik und Ma-
tiiematik; 6. Jurisprudenz, und zwar Natur-
recht, allgemeines und helvetisches Staatsrecht,
römisches und vaterländisches Privatrecht Dem
Staat wird für diesen Anfang nur eine jähr-
liche Ausgabe von 400 Kronen zugemutet, näm-
lich für den Lehrer der deutschen und latei-
nischen Sprache, den einzigen Lehrer, den der
Staat neu anzustellen hätte. Es wird für be-
kannt angenommen, dass Herr Profes-
sor Müller auf Unkosten der Familienkisten
nach Bern berufen werde ; für die Fächer 3 — 6
anerbieten sich die Professoren Ith, Wilhelmi,
Tralles und die beiden Professores juris in den
Riss zu treten und zwar die zwei letztem ohne
weitere Entschädigung, während die übrigen
von den Hörern Kollegiengelder erhalten soll-
ten.
Das Institut sollte von der Akademie gänz-
lich unabhängig unter der Aufsicht eines oder
zweier Ratsglieder stehen und alle in dasselbe
einzutreten verpflichtet sein, welche sich der
Magistratur, den Kanzleien oder der Advokatur
widmen wollten.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Tschar-
nersche Entwurf, wie wir die besprochene Bro-
schüre der Kürze wegen benennen wollen, die
Entgegnung auf Bonstettens « Patrizier » ist ; ^
auf jeden Fall gab er der ganzen Erziehungs-
angelegenheit einen neuen Impuls und da er
nur ganz weniges und erreichbares wünschte
und im Gegensatz zu allen frühem Reformvor-
schlägen von den Lehrem selber ausging, so
hatte er auch alle Aussicht auf Erfolg. In der
Tat wurde er bereits in der Orossratssitzung
vom 17. März 1786 behandelt und es wurde
eine Kommission niederzusetzen beschlossen,
welche denselben sorgfältig untersuchen und
der gesetzgebenden Behörde Anträge einbrin-
gen sollte, wie die Erziehung der politischen
Jugend einzurichten sei. Schon drei Tage nach-
her wurde die Kommission, die aus zwei Rats-
herren und zwei Qrossratsmitgliedem bestehen
sollte, gewählt; die Gewählten waren der Ven-
ner Karl Albrecht von Frisching, der Ratsherr
Karl Rudolf May, Daniel Fellenberg, der frü-
here Professor juris und Johann Rudolf Stett-
ier, Mitg^ed des Schulrates. Bonstetten wurde
übei^gangen; er sollte es büssen, dass er in
seinem Buch so manches herausgesagt hatte,
was für seine Landsleute wenig schmeichelhaft
klang. Er empfand die ihm gewordene Zurüdc-
setzung sehr und gab erst zu Anfang April der
Kommission das Anerbieten Müllers ein, einem
offiziellen Ruf nach Bem folgen zu wollen.
Im August wurde das Befinden der Kommis-
sion fertig gestellt, gelangte aber erst Anfang
Dezember zur Kenntnis der Zweihundert; die
Berufung Müllers als Professor der Geschichte
am Politischen Institut war in demselben ein-
stimmig vorgeschlagen. Aber gerade dieser
Punkt des Befindens stiess auf die grösste Op-
position. Eine grosse Zahl von Bemem wollte
von Müller nichts wissen, weil er in der kurze
Zeit vorher erschienenen Schweizergeschidite
ihre Namen nicht verherrlicht und — jiach ihrer
Meinung — zu viel vom alten Adel gesprochen
hatte; 2 andere verabscheuten den Historiker
als solchen, weil sie die Geschichte der bemi-
schen Verfassung als ein Staatsgeheimnis an-
gesehen wissen wollten, und wieder andere
wollten ihre Stimme überhaupt keinem zuwen-
den, der nicht Burger von Bem wäre.
Die Grossratssitzung vom 5. Januar 1787'
brachte die Entscheidung. Wie vorauszusehen
war, wurde die Bemfung Müllers abgelehnt;
die Nennung seines Namens entfesselte einen
wahren Sturm : in wilder Wut zog man gegen
den Historiker los und bemängelte nicht bloss
seinen Charakter und seine Moralität, sondern
Das PoUtisdie Institut
man zog sogar sein Wissen und Können in
Zweifel. Mit überwältigendem Mehr hingegen
wurde beschlossen, dass für die politische Ju-
gend vom vierzehnten bis zum achtzehnten Jahr
eine besondere, von der theologischen Aka-
demie getrennte Bildungsanstalt zu errichten
sei; die Oberaufsicht über dieselbe sollte eine
aus vier weltlichen Mitgliedern des Schulrates
bestehende Kuratel unter dem Präsidium des
jeweiligen Schulratspräsidenten führen. Zu-
gleich fibertrug der Qrosse Rat dieser Kuratel
die Kompetenz, die neue Akademie auf eine
Probezeit von vier Jahren nach ihrem Out-
dünken einzurichten, wofür ihr ein jährlicher
Kredit von 1500 Kronen zugesprochen wurde.
Fünf Tage nach dieser Sitzung wurden die
Mitglieder der Kuratel gewählt; auch Bonstet-
ten kam in den Vorsddag, erhielt aber die nö-
tige Stimmenzahl nicht; wie jedoch zwei der
Oewählten die Wahl ausschlugen, kam er in
neuer Abstimmung an die Stelle des einen. Die
Kuratel bestand nun aus dem alt-Seckelmeister
von Wattenwyl als dem Präsidenten, dem Rats-
herrn Johann Rudolf Stettier, dem alt-Landvogt
Herbort von Bonmont, Viktor von Bonstetten
und Professor Tsdiamer.
Sdion in der ersten Sitzung der Kuratel vom
29. Februar 1787 wurde Bonstetten nach den
Kränkungen, die er erfahren, volle Oenugtuung
zu teil, indem er und Tschamer den ehrenvollen
Auftrag erhielten, die « Einrichtung » des neuen
Instituts fjir die politische Jugend in Verbin-
dung mit den I^fessoren Rudolf, Wilhelm!
und Itii zu entwerfen.
Das Reglement des PoUtlscheii Instituts.
Den 12. April 1787 wurde Bonstetten Land-
vogt nach Neus, doch konnte unter seinem Vor-
sitz das Reglement für das Politische Institut
noch zu Ende beraten werden. Bereits den
19. Juni wurde dasselbe von der Kuratel ge-
nehmigt und in Druck gegeben unter dem Titel
«Einrichtung des neuen Instituts für
die politische Jugend in Bern».
Das Reglement teilt das Politische Institut
in zwei Curricula (oder Klassen), das untere
und das obere; dieses ist die eigentiiche
Rechtsschule, an der die Schüler mit der Juris-
prudenz in ihrem ganzen Umfang vertraut ge-
macht werden sollen, jenes die vorbereitende
Anstalt, in welcher durch sprachliche Studien,
die allgemeine Oeschichte und die theoretisdie
Philosophie das Verständnis der juridischen Vor-
lesungen anzubahnen ist. In beiden Curri-
cula wird Religionsunterricht erteilt, denn nadi
dem Reglement ist «Religion die wichtigste
aller Wissenschaften, nidit allein des Menschen
und Christen überhaupt, sondern vorzüglich
des Magistraten». Die Vorlesungen und Ueb-
ungen finden nur im Winter statt, von Martini
bis Anfai^ Mai ; den Sommer über sollten die
jungen Herren auf ihren Landgütern von den
Anstrengungen des Semesters ausruhen kön-
nen. Die zwei im Programm angegebenen Stu-
dienjahre an der Rechtsschule reduzieren sidi
also auf zwei Semester und so konnte denn von
vorneherein von einem tiefem Emdringen in
den vorgesduiebenen weitschichtigen Unter-
riditsstoff keine Rede sein.
Zur Immatrikulation wurden zunächst die
«jungen Patrizier» zugelassen, «welche sich
der Feder, den ZivilbedienuQgen, einem gelehr-
ten Berufe, der Regierung oder auch dem Mili-
tärstande zu widmen gedenken », dann in zwei-
ter Linie auch die Munizipalen von eben
derselben Bestimmung, sowie auch die übrigen
mossen und Landesfremde von Stand.^
Von den jungen Leuten, die in das Institut
einzutreten das Recht hatten, verlangte man
keine Ausweise über ihren Bildungsgang oder
über ihre Kenntnisse und wer 16 Jahre alt war,
konnte ohne weiteres in das obere Curriculum
eintreten. Als Auskultanten wurden die Volon-
taires der obrigkeitlichen Bureaux, die aber alle
das 18. Alters jähr zurückgelegt hatten, zu den
161
Il(
Dm PolMscfae Instttnt
einzelnen Vorlesungen zugelassen. Es fanden
sich also in diesen Leute von der verschieden-
sten Bildung zusammen» aber nur wenige» wel-
che die Litterarschule absolviert hatten. Zudem
gab es weder für das untere noch für das obere
Curriculum irgend welche Disziplinarbestim-
mungen : den Herren Patriziern sollte keinerlei
Zwang angetan werden, sie sollten mit 14
Jahren die Freiheit in vollen Zügen geniessen
können! So kam es denn, wie wir aus dem
Bericht der Kuratel nadi Ablauf der Probejahre
ersehen,^ dass viele von den Vorlesungen nichts
profitierten und ein ungebundenes, wildes Le-
ben führten, vor allem diejenigen, welche nicht
bei ihren Eltern oder bei Lehrern wohnten. Sie
liessen sich im Kloster^ nicht häufig sehen und
wenn der Frühling die angenehmere Jahreszeit
herbeiführte, so mussten überhaupt die Vorle-
sungen geschk>ssen werden. Bei der Abfassung
des Reglements hatte man darauf geredinet,
dass die Väter und andere edelgesinnte Jugend-
freunde durch tatkräftige Unterstützung der
Schule und ihrer Bestrebungen die Aufstellung
einer Disziplinarordnung überflüssig machten,
aber darin täuschte man sich: die Väter, die
auf dem Lande wohnten, kümmerten sich um
ihre Herren Söhne in der Stadt gar nichts und
blieben ohne alle Verbindung mit der Schule.
So blieb es auch nach dem Verlauf der Probe-
jahre : man wagte es da ebenso wenig wie vor-
her, die jungen Patrizier und künftigen Regen-
ten an irgend eine Schranke zu binden.
Die Schüler des Politisdien Instituts haben
Kollegiengelder zu bezahlen und zwar jährlich
im untern Curriculum vier, im obem zwei Louis-
d'or. Das Reglement sieht halbjährliche schrift-
liche und miindliche Examina bei jedem Lehrer
vor und nach dem Manual der Kuratel wurden
dieselben in den ersten zwei Jahren in der
Tat abgehalten, von spätem aber erfahren wir
nichts mehr, so dass wir annehmen dürfen,
diese den jungen Herren natürlich nicht gerade
genehme Bestimmung sei mit dem Schuljahr
1789/90 fallen gelassen worden.
51
Für das obere Curriculum, die eigent-
liche Rechtsschule, setzt das Reglement fol-
gende Vorlesungen fest:
1. Vaterländische Geschichte. Mit
Zugrundlegung der eidgenössischen Bundes-
geschichte werden die allgemeinen und beson-
dem Bündnisse und Verträge in ihren Veran-
lassungen und Wirkungen und in der ganzen
Verknüpfung der mitwiricenden Begebenheiten
betrachtet und dadurch die innere Einrichtung
des helvetischen Staates begreiflich gemacht
Zwei Stunden in beiden Jahreskursen.
Z Allgemeines bürgerliches Recht
m den drei Abschnitten vom Recht der Per-
sonen, der Sachen und den Mitteln zu seinem
Recht zu gelangen. Vier Stunden in einem Jah-
reskurs.
3. Römisches Recht Mit Weglassung
des antiquarischen Teils werden nur die für den
Bemer wichtigen und brauchbaren Materien
abgehandelt Damit wird verbunden ein prak-
tisches Kolleg in der Kunst des Vortrags, Ueb-
ungen in allen Arten von Relationen. Vier Stun-
den in einem zweiten Jahreskurs.
4. Vaterländisches Recht, begreifend
das deutsche Lehenrecht und das büigerlicfae
Recht Zwei Stunden jeden Winter.
5. Staatswissenschaft oder Politik
in zwei Abschnitten. Im ersten beschäftigt sich
der Vortragende mit dem Staat und Staats-
recht überhaupt, mit den Rechten und Pflich-
ten des Souveräns und des Untertans, mit den
Regierungsformen überhaupt und insbeson-
dere ; im zweiten mit dem positiven und nega-
tiven Qlück der Untertanen : hier wird also von
Justiz- und Militärpolitik, von Anstalten gegen
Natur- und Landesbeschwerden, wie Seuchen,
Teuerung, Ueberschwemmung u.s.w. gehan-
delt, dort hingegen von Industriepolitik in Rück-
sicht auf Landbau, Manufakturen, Handlung,
von Aufklärungs- und Religionspolitik und von
den Lebensbequemlichkeiten.
6. Polizeiwissenschaft, d. h. Vorie-
sungen über die Landeinwohner und die Land-
162
«
Dts PoUtisdie Institut
»
wirtsdiaft einerseits und anderseits über die
Stadteinwohner, Handlung und Handelsgesell-
schaften, Messen und Jahrmärkte, städtische
Qesundheits-, Sicherheits- und Bequemlidi-
keitsanstalten.
7. Kameralwissenschaft, die Wissen-
schaft vom Finanzwesen, den Ausgaben und
Einkünften des Staates ; zu diesen gehören die
Steuern und Domänen, Forst-, Wasser-, Berg-
werk- und Strassenregalien mit dem Fluss- und
Jagdwesen, Fischerei, Fahr- und Mühlenweric,
dem Münz-, Zoll- und Postwesen.
Fär die Vorlesungen 5., 6. und 7. werden
drei Stunden für beide Jahreskurse angesetzt
Zu diesen juridisch -nationalökonomischen
Fächern kommen noch hinzu :
8. Religion in drei Abschnitten: a) von
der Wahrheit der christlichen Religion über-
haupt mit ihren Gründen und der Prüfung der
scheinbarsten Zweifeln dagegen ; b) Uebersicht
über die vornehmsten Wahrheiten des Christen-
tums in ihrer gegenseitigen Verknüpfung, Ver-
nunftmässigkeit und Beziehung auf die öffent-
liche und Privatglückseligkeit; c) christliche
Moral «in einem warmen, auch für das Herz
eingerichteten Vortrag ». Eine Stunde in beiden
Wintern.
9. Moralphilosophie, «die philosophi-
sche Entwicklung der Regeln, nach welcher die
Wahl freihandelnder Wesen für sich und in
ihren verschiedenen Verhältnissen bestimmt
werden soll. Zwei Stunden in jedem Kurs.
Im untern Curriculum, der für die
Rechtssdiule vorbereitenden Anstalt, soll der
Unterricht also gegeben werden:
1. Deutsch, a) Grammatik nach Adelungs
deutscher Sprachlehre; b) Uebungen und Auf-
sätze in den verschiedenen Stilarten; c) Ueb-
bungen im freien Vortrag.
2. Latein. An Hand der Lektüre eines
Klassikers sind die wichtigsten Teile der Al-
tertumskunde zu ertäutem und soll der wahre
Geschmack gebildet werden. Für beide Sprach-
fächer je vier Stunden.
3. Universalgeschichte, aus demjeni-
gen Gesichtspunkt abzuhandeln, aus welchem
der Politiker die Geschichte ansehen und ken-
nen muss. Mit Beschränkung auf die mittlere
und neue Geschichte sollen die grossen Bege-
benheiten von der Völkerwanderung an in
ihrem Zusammenhang, mit ihren Ursachen und
Folgen vorgetragen werden. In Verbindung
damit steht
4. Die Statistik mit vorzüglicher Berück-
sichtigung des Kantons und der Sdiweiz. Drei
Stunden für beide Fächer in jedem Jahreskurs.
Zu diesen vier Fächern kommen, wie im
obem Curriculum,
5. Religion, als Vorbereitung zum heili-
gen Abendmahl, in drei wöchentiichen Stunden
und
6. Philosophie und zwar derjenige TeU,
der zur Kenntnis und Bildung des Menschen
leitet, die Anthropologie, «welche dem
Jüngling den Weg zur Theorie des mensdi-
lichen Herzens bahnet und ihn gewöhnet, die
einzelnen Begegnisse des öffentlichen und Pri-
vatlebens in ihrer höheren und weiteren Ver-
kettung zu übersehen«. Sie ist in vier Abschnit-
ten zu lehren: a) Philosophie der Geschichte
der Menschheit; b) Seelenlehre; c) darauf ge-
gründete Vemunfüehre ; d) allgemeine Betrach-
tung der menschlichen Bestimmung. Wöchent-
lich zwei Stunden.
Für alle diese aufgezählten in deutscher
Sprache zu haltenden Vorlesungen und Ueb-
ungen waren die Lehrer mit Ausnahme des
Sprach- und Religionslehrers bereits da und
sind im Reglement bezeichnet Die vaterländi-
sche Geschichte und das vaterländische Recht
ist dem Professor historiae patriae, d. h. dem
Professor Walther, zu übeigeben; das allge-
meine bürgerliche, sowie das römische Recht
^
DuPMMtdie InttflnL
und der Komplex der Staate-, Polizei- und Ka-
meralwissenschaft dem Professor juris Tsdiar-
ner. Da beide für die politische Jugend ange-
stellt sind, so sind sie ex officio ordentliche
Glieder am Politischen Institut und erhalten für
ihre Vorlesungen an demselben keine weitere
Remuneration.
Dem ordentlichen Lehrkörper sind femer
zugezahlt die drei Professoren Ith, Wilhelmi
und Rudolf, weldie freiwillig der Kuratel ihre
Dienste angeboten und, wie wir gesehen,^ auch
an der Verfassung des Reglements mitgearbei-
tet hatten. Ith, dem Professor der Philosophie,
fallen die philosophischen Vorlesungen am un-
tern, und dem Professor ethices Wilhelmi die
philosophischen Vorlesungen am obem Curri-
culum zu, während Rudolf, der Professor elo-
quentiae, die Universalgeschidite mit der Sta-
tistik übernahm. Auf ihr Verlangen hin wurde
ihnen, wie den beiden Rechtsprofessoren, Sitz
und Stimme in der Kuratel gewährt' und für
ihre Bemiihungen wurden ihnen Kollegiengel-
der zugesprochen.^ Zum Sprachlehrer wählte
die Kuratel den Candidatus Risold, den wir
als Professor graecus (von 1791 an) schon ken-
nen gelernt haben^ und zum Religiönslehrer
den Pfarrer am Münster Abraham Reng-
ger, den Vater Albrecht Renggers (des spä-
tem helvetischen Ministers des Innem), jenen
mit einer Besoldung von 500, diesen mit 200
Kronen. So wurden für das erste Schuljahr
1787/88 folgende Vorlesungen angekündigt:
Für das untere Curriculum
3 Std. Religion bei Pfarrer Rengger;
2 » Horaz, ars poetica
2 » Sueton
2 » Deutsche Sprachlehre
2 » Deutsche Sprachübungen
2 » Universalgeschichte \ Rudolf,
1 » Statistik j Prof. doquentiae;
2 » Theoretische Philosophie, Ith, prof. phil.
16 Stunden, des Morgens von 8 — 10 oder 8—11
Uhr.
Risold,
Prof. linguamm
ft
Für das obere Curriculum
1 Std. Religion bei Pfarrer Rengger;
2
2
2
3
1
»
Moralphilosophie, Wilhelmi, prof.eth.;
Vaterland. Oesdiichte \ Walther,
Vaterland. Recht j Pityf. iuris patrii;
Bürgerliches Recht
Uebungen im gericht-
lichen Vortrag
1 1 Stunden, des Moif[ens von 8—9 oder 8—10
Uhr.
Tscharaer,
Prof. juris;
Den Zöglingen des Instituts war es anheim-
gestellt, auch die Voriesungen über Matiiematik
und Physik bei Professor Tralles zu besuchen.^
Wie man sieht, ist mit diesen Bestimmungen
und Vorlesungen das Ideal Bonstettens von
der Bildung der heroischen Magistraten, wie er
es in seinen «Patriziern» gezeidmet hat, auch
nicht im entfemtesten erreicht: die ästhetisch-
litterarische Durchbildung, die er verlangte und
die im untem Curriculum einigermassen ange-
bahnt wurdtf musste nach der Absolvierung
desselben abgebrochen werden, ohne im obem
Curriculum die notwendige Vertiefung und Er-
weiterung zu erfahren ; von der Einfühmng in
die deutsche und französische Litteratur war
keine Rede; der Geschichte wurde zu wenig
Aufmericsamkeit geschenkt und die alte Ge-
schichte, von deren Behandlung Bonstetten für
die Charakterbildung des jungen Bemers sich
so viel versprach, wurde ganz ignoriert; die
Religion und die Philosophie hatte in den alten,
ausgetretenen Geleisen wieder sich zu bewe-
gen und für die Naturwissensdiaften war eben-
so wenig gesoi^ wie vorher. Aber der Staat
hatte sich einmal für den «Entwurf» Tschar-
ners und seiner Kollegen an der Theologischen
Akademie ausgesprochen und diesett)en Män-
ner hatten auch das neue Reglement auszuar-
beiten und da blieb eben unserm Bonstetten
nichts anders übrig, als sich zu fügen; wir
können ihm deshalb keinen Vorwurf machen.
Am schmerzlichsten jedenfalls wird für ihn der
Umstand gewesen sein, dass OotÜieb Walther
€
Dm Polttiidie IiuWitt
fOr die vaterlindisdie Oesdiichte berufen wur-
de. Zum Olüdc für die Anstalt war dieser Ruf
ohne Erfolgf.
Die Autfflhrung des Reglements und die
Lehrer des Instituts.
Als das Institut den 12. November 1787 im
Grossen Auditorium durch eine Inauguralrede
des Professors Itfa eröffnet worden war, nah-
men die Voriesungen programmgemäss ihren
Anfang; einzig der Qeschichtslehrer, Professor
Waldier, erschien nicht Aergerlidi darüber,
dass man ihn zu den Beratungen über die Er-
richtung des Instituts nicht zugezogen, hatte er
am Tag vor der Eröffnung erklärt; er werde
seine Professur niederiegen und sich wieder
der Advokatur widmen. Nachdem er seine De-
mission am gehörigen Orte eingegeben hatte,
wurde er den 21. Mai 1788 auf Grund eines
für ihn wenig schmeichelhaften Gutachtens des
Schulrates seiner Professur enti>unden mit Be-
lassung der Hälfte seiner Pension nebst dem
Titel eines Professoris honorarii und Historio-
graphi Reipublicae zu Fortsetzung seiner an-
gefangenen Werke.^ Zugleich beauftragten die
Räte die Kuratel des Politischen Instituts, einen
Lehrer in jure publico Helvetiae und dem Le-
henrecht, sowie auch der vaterländischen Ge-
schichte zu bestellen. Den 5. Juli 1788 wählte
sodann die Kuratel Bernhard Friedrich
Kuhn, den spätem ersten Präsidenten des hel-
vetischen Grossen Rates. Die Wahl war eine
gifickliche, die Talente des jungen Rechtsge-
lehrten bereits allerseits anerkannt Krankheit
verhinderte ihn, schon den folgenden Winter
seine Voriesungen zu beginnen; 1789/90 und
1790/91 las er in ausführlicher Weise über das
vaterländische Privatrecht in vier wöchentlichen
Stunden. Bevor er seine Voriesungen über va-
teriändische Geschichte begann, wollte er die
dazu notwendigen arduvalischen Studien ma-
dien und wünschte zu dem Ende die Erlaubnis,
im bemischen Staatsarchiv Auszuge machen zu
51
dürfen. Die Kuratel madite den Wunsch des
Gelehrten zu dem ihrigen und tat die nötigen
Schritte bei der Regierung. Dieselben hatten
den beabsichtigten Erfolg, aber dem Professor
historiae patriae wurde nur unter der Beding-
ung der Zutritt zum Archiv gestattet, dass er
nach Abschwörung des ihm vorgelegten Eides
von der Ardiivkommission jeweüen die Ent-
scheidung einhole, welche Schriften er benutzen
dürfe oder nicht, sodann dass er nur in Beisein
eines beeidigten Angestellten von denselben
Abschriften anfertigen dürfe und diese mit dem
betreffenden Angestellten zu kollationieren ha-
be.> Offenbar veiging Kuhn die Lust, im Ardiiv
seines Kantons zu arbeiten, und das wird auch
der Gmnd sein, warum er am Politischen In-
stitut die ihm au^tragene Voriesung über
vateriändische Geschichte gar nicht hielt Die-
selbe wurde überhaupt ein einziges Mal gele-
sen und zwar von Professor Stettier, Kuhns
Nachfolger, im Schuljahr 1793/94; was als die
Perle des Programms für das Politische Insti-
tut angesehen werden muss, kam während des
ganzen Bestandes der Anstalt ein emziges Mal
zur Ausführung.
Zum Schaden des Instituts trat Kuhn Ende
August 1791 von seiner Professur zurüde und
verharrte bei seinem Entschluss trotz aller Bit-
ten der Kuratel, sein Demissionsgesuch zurück-
zunehmen. Der Grund liegt wohl darin, dass
die Regierung dem Wunsdie Kuhns um Be-
soMungseriiöhung (er war mit einem Gehalt
von 500 Kronen gewählt worden) nicht will-
fahren zu wollen schien.^
Kuhns SteUe vertrat im Winter 1791/92 aus-
htUfsweise der Doctor juris utriusque Fried-
rich Rosselet, damals Kaufhausverwalter;
er behandelte in seinen Voriesungen die Stadt-
satzung.
Nadi dem Verfluss der Probezeit wurde die
Anstalt vollständig reorganisiert und nadi den
Wünschen der Kuratel in deren Memorial an
die Regierung^ durch das Grossratsdekret vom
24. August 1792 neu eingerichtet
Ii(
Du PoUtfsdie Insüint
j»
Die Kuratel wfinsdite vor allem, dass die
eigentiidi juridischen Voriesungen vom obem
Curriculum ausgesdiieden und an beiden Ab-
teilungen des Instituts nur die propädeutischen
und auf das juristische Studium vorbereitenden
Fächer gepflegt würden. Schon von vorneherein
hätte man sich sagen müssen, dass Knaben von
15 oder 16 Jahren und dazu mit ganz ungleidier
Vorbildung nodi nicht die nötige Qeistesreife
hätten, um den schwierigen juristischen Vorie-
sungen mit Verständnis folgen zu können, aber
erst die Erfahrung öffnete hierüber der Behörde
die Augen: die Voriesungen der Rechtslehrer
waren fast ohne Ausnahme von Leuten be-
sucht worden, die über 18 Jahre alt waren,
also nur von den Auskultanten. So fielen denn
vom Winter 1792 an alle Vorlesungen weg,
die bei der Oründung des Instituts dem Pro-
fessor Tschamer Überbunden worden waren,
also das allgemeine büigerliche Recht, das rö-
mische Recht und das Complexum der Staats-,
Polizei- und Kameralwissenschaft, sowie das
praktische Kolleg in der Kunst des Vortrags.
Nadi dem Verlangen der Kuratel hätte auch
noch das vaterländische Recht ausgeschieden
werden sollen, inkonsequenterweise ging aber
der Rat der Zweihundert darauf nicht ein; er
wollte, dass dem Institut wenigstens noch der
Schein einer Rechtsschuk gewahrt bleibe, und
befahl der Kuratel, über die Wiederbesetzung
der Professur, welche Kuhn bekleidet hatte,
sich zu äussern. Den 1. Juni 1793 wurde so-
dann von dieser, nachdem die Ausschreibung
der Stelle erfolglos geblieben war. Albert
Friedrich Stettier, ein Schüler des Insti-
tuts, zum Lehrer der vaterländischen Geschichte
und des helvetischen Staatsrechts berufen^ mit
einer Besoldung von 260 Kronen.^
Die Mathematik wurde an beiden Abteilun-
gen obligatorisch erklärt und am untern Curri-
culum — vier Stunden Arithmetik und Geo-
metrie — dem Magister matheseos Johann
Georg Dorner^ übertragen, am obem Cur-
riculum mit drei Stunden dem Professor Tral-
les. Da las der gelehrte Mathematiker bald
über Geschichte der Mathematik, bald über
Statik und Dynamik, bald über graphische Geo-
metrie und Kosmologie, sehr wahrscheinlich
über den Horizont seiner Zuhörer hinaus. Als
Honorar erhielt er aus dem Kredit des Insti-
tuts, der auch nach der Probezeit 1500 Kronen
jährlidi betrug, 260 Kronen.
Als Sprachlehrer fungierten jetzt zwei Kan-
didaten, deren Namen jedem Schweizer teuer
sind, Philipp Albrecht Stapf er, der bald
zum helvetischen Minister der Künste und
Wissenschaften vorrücken sollte, und Johann
Georg Fisch, der spätere Sekretär Stapfers.
Sie waren im Winter 1791 an die Stelle Risolds
getreten, weil die Kuratel beschlossen hatte,
die Schüler des untern Curriculums nach ihren
Sprachkenntnissen in zwei völlig von einander
getrennte Klassen einzuteilen und den Unter-
richt in Deutsch und Latein an denselben in
gesonderten Stunden durch zwei Lehrer er-
teilen zu lassen, die sich völlig gleichstehen
sollten. Jeder hatte also wöchentiich acht Un-
terrichtsstunden und erhielt dafür ein Hono-
rar von 300 Kronen, das freilich bei der Re-
oiganisation der Anstalt auf 260 reduziert
wurde.
Fisch hatte schon anno 1784^ bei den öf-
fentiichen Proben für das griechische Katiieder
zu Lausanne sich ausgezeichnet und durch seine
Sprachkenntnisse geglänzt, und Stapfer, der
Neffe des Professors Johannes Stapf er, be-
kam bald nach seiner Ernennung zum Sprach-
lehrer am Politischen Institut, bei den Proben
für den hebräischen Lehrstuhl in Bern nach
David Kochers Tod, Gelegenheit, seine um-
fangreiche Bildung an den Tag zu legen und
für seine Kenntnisse das höchste Lob sich zu
erwerben.^ Die politische Jugend unserer Stadt
durfte sich beglückwünschen, zwei so tüchtige
junge Kräfte zu Lehrern zu erhalten. Stapfer
blieb der Anstalt bis zu ihrer Aufhebung 1798
treu ; sein Herz war bald innig mit derselben
«
Dm PoUtische Institut
»
verwachsen. Fisch ging schon im Sommer 1794
ab zweiter Pfarrer nach Aarau und nun wurde
der ganze Sprachunterricht mit zehn wöchent-
lichen Stunden gegen ein Honorar von 400
Kronen dem Kandidaten Stapfer fibertragen mit
Aufhebung der Teilung des untern Curriculums
in zwei Ordnungen. Dabei wurde, freilich ge-
gen Stapfers Wunsch, der deutsche Unterricht,
nachdem er schon vorher gekürzt worden war,
noch mehr eingeschränkt und auf ein Minimum
reduziert, auf eine Stunde Sprachlehre im un-
tern und eine Stunde Stillehre im obem Curri-
culum ; dafür wurde die Archäologie mit zwei
Stunden an beiden Curricula eingesetzt
Als weitere Veränderungen bei der Reorga-
nisation der Anstalt haben wir noch zu erwäh-
nen die Entfernung des philosophischen Unter-
richts aus dem Lehrplan des untern Curriculums
und die fakultative Einführung des Zeichen-
unterrichts an beiden Abteilungen des Instituts.
Jenen erteilte nun Professor Ith, diesen Pro-
fessor Sonnenschein, ein tüchtiger und streb-
samer Künstler, der nach allen Seiten anregend
wirkte.
Der Religionsunterridit wurde an beiden
Klassen um eine Stunde vermehrt und für die
untere Sprünglin, der Direktor der Kunst-
schule, für die obere der talentvolle Helfer
Müslin, ein NacMcomme des Wolfgang Mus-
culus, gewonnen.^
Die Universalgeschichte samt der Statistik
liess die Kuratel ganz fallen; erst im Jahr 1796
Momlen sie wieder eingeführt, aber nur mit
einer wöchentlichen Stunde.^
Uebereinstimmend mit dem, was im Voraus-
gehenden über die Reorganisation der Anstalt
gesagt worden, lautete das Unterrichtsprogramm
für den Winter 1794/95 also :
Unteres Curriculum :
4 Std. Religion bei Direktor Sprünglin;
4 » Mathematik (Aritiunetik u. Qeometrie),
Domer, Magister matheseos;
1 Std. Deutsch (Sprachldire)
2 » Archäologie
2 » Cicero
1 » SaUust
1 » Horaz
Cand. Stapf er;
15 Stunden.
Oberes Curriculum:
2 Std. Religion bei Helfer Müslin;
3 » Philosophie, Ith, Prof. philos.;
4 » Eidgenöss. Staatsrecht, Herr Stettier;
3 » Mathematik (Statik und Dynamik),
Tralles, Prof. math.;
15 Stunden.
Für beide Curricula fakultativ :
4 Std. akademische Zeichnung bei Professor
Sonnenschein.
Den 25. August 1796 wurde Stapf er an Stelle
seines Onkels Professor der didaktischen Theo-
logie; das ihm lieb gewordene Institut wollte
er aber deshalb nicht verlassen und äusserte
der Kuratel gegenüber den Wunsch, sie möchte
ihn den Unterricht, den er am obem Curriculum
gegeben hatte, auch fernerhin erteilen lassen.
Infolgedessen wählte die Kuratel einen Sprach-
lehrer nur für das untere Curriculum in der
Person des Kandidaten Emanuel Jakob
Zeender. Auch diese Wahl war eine sehr
glückliche ; Zeender, später der Begründer und
Leiter des Zeenderschen Instituts und nachher
Professor der Theologie an der Akademie, ge-
hörte zu jener Schar ausgezeichneter Bemer des
vorletzten Jahrhunderts, die schon während
ihrer Studienzeit durdi unermüdlichen Fleiss
und infolge glücklicher Naturanlagen zu um-
fangreichen Kenntnissen und einer gründlichen
Bildung gelangt waren. Zeender s^ch da ganz
seinem nunmehrigen Kollegen Stapfer.' Nach
einem von Ith und Stapfer verfertigten Plan gab
nun Zeender am untern Curriculum eine Stunde
deutsdie Sprachlehre, zwei Stunden Ovid, zwei
167
tfl
Du PdIMMiic InstÜHt
Stunden Sueion und zwei Stunden rOmisdie AI-
tertOmer, wahrend Stapfer dem untern und
obem Curriculum zusammen in einer Stunde
Universalgeschichte und in einer zweiten Ar-
diäologie vortrug und im obem die stilistischen
Uebungen im Deutschen wie bis anhin fort-
setzte und in einer weitem Unterrichtsstunde
die Oden des Horaz erklärte.
Im Oktober 1797 ging Professor Ifii als
Nachfolger des verstorbenen Wilhelmi nadi Si-
selen. An seine Stelle im Kfoster war David
Kocher gewählt worden. Richtigerweise fiber-
gab nun die Kuratel den phifosophischen Un-
terricht am Politischen Institut nidit dem neu
erwählten Professor philosophiae, der bis da-
hin zu demselben in keinen Beziehungen ge-
standen, sondem Stapf er, der sich fiber seine
Kenntnisse in der Phifosophie schon läng-
m
ttens au^ewiesen hatte. Der Unterricht, den
Stapfer hn vorbeigehenden Sdiuljahr g^ieben
hatte, wurde in die Hand des Kandidaten Zeen-
der gelegt, so dass also jetzt der %)radiunter-
ridit am ganzen Institut wieder in einer Hand
lag.i
Den 14. November 1797 wurde von der Ku-
ratd die Pensen- und Stundentabelle für das
neue Schuljahr genehmigt und die Rechnung
des Seckelmeisters entgegengenommen, nach
welcher fiber 1100 Kronen in Kasse waren. Es
war die letzte Sitzung der Kuratel; bald nach-
her kam Napoleon nach Bem und nach weni-
gen Monaten bereitete der Einbrach der Fran-
zosen dem Politischen Institut, wie es eben
seine Blute zu entfalten begann und von den
vortrefflichsten Lehrern geleitet wurde, ein jä-
hes Ende.
166
U^^M^%Un^9f^^9^^
Die Zeit der Helvetik.
Ab nach dem Zusammenbruch der alten
Ordnung eme provisorische Regierungi die
sidi in vier Kommissionen teilte, die not-
wendigen Geschäfte vom 4. bis zum 24. März
besorgt hatte, übernahm die Verwaltungs-
kamm e r die ihr durch die helvetische Konsti-
tution 2aikommenden Funktionen. Ihre Mi^lie-
der, zumeist Bärger vom Lande, waren vom
lebhaftesten Wunsche beseelt, dem damieder-
liegenden Schulwesen aufzuhelfen. Dem Geist
der neuen Zeit entsprechend, war ihre erste
Verordnung die, dass sie den Zutritt zu den
obem und untern Schulen der Stadt Bern jeder-
mann eröffneten. In der ersten Sitzung vom
30. März 1798 beschlossen sie, eine gedruckte
Proklamation im Kanton bekannt zu machen,
welche ihre Verwaltungsgrundsätze klarlegte
und andrerseits dem Bemervolk sagte, welche
Opfer die neue Staatsfomi auch von ihm ver-
lange. Es ist diese Proklamation ein präditiges
Aktenstück voll der edelsten Gedanken und
Betrachtungen über das Veriiältnis des nun
frei gewordenen Volkes zu seinen Behörden.
Leider wurde sie von der französischen Gene-
ralität nicht gutgeheissen und durfte infolge-
dessen nicht publiziert werden. Die Stelle, die
sich auf das Erziehungswesen bezieht, heisst in
derselben also:
« In Betreff der öffentlichen Erziehung wer-
det Ihr, Büiger! von selbst die Wichtigkeit ein-
sehen, dass dieselbe nicht zu Grunde gehe,
sondern im Gegenteil erhalten, begünstigt und
vervollkommnet werde. Und das um desto
mehr in einer Ordnung der Dingen, wo nicht
mehr Vorrechte der Geburt, sondern Fähigkeit
und Rechtschaffenheit allein den Weg zu den
öffentlichen Aemtem bahnen und Unterrichts-
anstalten zu der Würde erhoben werden, dem
gemeinen Wesen in allen Fädiem nützliche
Diener zu erzidien. Wir ermahnen also jeder-
mann bei allem, was dem Vateriande heilig ist,
Kirchen und Schulen, diese Stützen der Tugend,
der Religion und der Aufklärung nicht zu ver-
nachlässigen, sondern nach möglichsten Kräf-
ten zu erhalten, zu beschützen, ihren Vorste-
hern das Gebührende zukommen zu lassen und
dafür keine Aufopferung zu schonen, indem
diese Ausgaben nicht verloren, sondern für Zeit
und Nachwelt auf Zins und Wucher angelegt
sind. In der Stadt Bern werden die Obem und
Untern bereits vortrefflich eingerichteten Schu-
len nun jedermann geöffnet sein, und unsere
erste Sorge wird dahin gehen, dass dieselben
ihren ungehinderten Fortgang haben und ihre
Diener und Vorsteher in ihren billigen Besol-
dungen keine Unterbrechung finden. »
Die Verwaltungskammer teilte sich in vier
Abteilungen oder Kommissionen, deren erste
den Namen der Kirchen- und Erzieh-
ungskommission führte. Wenn sich auch
das Manual derselben nicht mehr findet, so
kann den Manualen der Verwaltungskammer
selber entnommen werden, dass sich die Tätig-
keit der Kirchen- und Erziehungskommission
in den ersten Monaten ihres Amtes auf die Ab-
wicklung der laufenden Geschäfte beschränkte.
Und nun kam ja bald der Monat Juli, in wel-
chem der Unterrichtsminister Stapfer dem Di-
rektorium seinen provisorischen Scfaulgesetz-
entwurf vorlegte und man wusste, dass ein
kantonaler Erziehungsrat von den helvetischen
Behörden werde eingesetzt werden, welcher di-
rekt unter dem Ministerium der Künste und
Wissenschaften stehend und unabhängig von
<t
Die Zeit der HehretiL
der VerwaHungskammer die Leitung des ber-
nisdien Erziehungswesens fibemehmen w&rde.
Daraufiiin wäre es ja fiberiiaupt untunlich ge-
wesen, wenn die Erziehungskommission irgend
welche Neuerungen auch nur angeregt hatte.
Unterm 20. Oktober wurden die Mitglieder
des bernischen Erziehungsrates nach
dem Vorschlag der Verwaltungskammer vom
VoQzidiungsdirektorium ernannt und ihm das
Pensum des ehemaligen mit der Errichtung des
helvetischen Einheitsstaates au^elösten Scbul-
rates zugewiesen. Es waren die Wägsten und
die Besten, wekiie in diese Behörde gewählt
wurden. Männer von tüchtiger wissenschaft-
lidier Bildung, von mannigfacher Erfahrung im
Schulwesen, die meisten für die Wissenschaft
tätig und zum Teil im In- und Ausland durch
hervorragende Leistungen bekannt, mutig und
taticräftig und die meisten durdi persönlkhe
Freundschaft mit einander verbunden, bildeten
sie ein Kollegitun, das unser Interesse von
vomdierein in Anspruch nehmen muss. Dem
geistlichen Stande gehörten unter ihnen fünf,
dem weltlichen drei an. Mitglieder des alten
Schulrates waren drei gewesen: Qpttlieb
Risold, erst Professor linguarum am Politi-
sdien Institut, seit 1791 Professor graecus an
der Akademie; Samuel Studer, seit dem
Jahr 1796 Professor der praktischen Theologie
und als Vertreter des Gymnasiums der Oym-
nasiarch Michael Wagner, der bereits zehn
Jahre lang die Litterarschule geleitet hatte. Der
stadtbemischen Geistlichkeit gehörten an der
Pfarrer zur Heiliggeistkirche, Samuel Wyt-
tenbach, der älteste des Kollegiums, und der
dritte Helfer am Mtinster, Gottlieb Grüner.
Beide waren bekanntlich eifrige Naturforscher;
S.Wyttenbach hatte schon zu der Zeit, da er
Spitalprediger war, einen bedeutenden Ruf als
Schriftsteller,^ bald wurde sein Name fiberall
genannt Seine naturwissenschaftlichen Studien
verbanden ihn enger mit noch zweien seiner
Kollegen im Erziehungsrat, mit dem Professor
Samuel Studer, der neben der Theologie dem
m
Studium der Naturwissenschaft eifrigst ergeben
war und sich um dieselbe grosse Verdienste
erworben hat,^ und mit einem der weltlichen
Mitglieder, dem Apotheker Karl Morell
dem bekannten Chemiker und eifrigen Bota
niker.' Von den zwei andern weltlichen Mit
gliedern ist der eine Emanuel Fellenberg
der Stifter der weltberühmten Institute auf Hof
wyl, der andere sein Freund Johann Ru
dolf Steck, der gewesene Generalsekretär
der neuen helvetischen Regierung in Aarau,
ein tüchtiger Jurist und aufopferungsfreudiger
Beamter.
Leider zog sich das Laienelement bald aus
dem Erziehungsrat zurück; vom Frühjahr 1799
an liess sich Fellenberg in den Sitzungen nicht
mehr sehen, auch Steck erschien von derselben
Zeit an nur selten, zuletzt im Juni 1800. In
demselben Jahr schied auch Apodieker Morell
aus der Behörde aus; an seine Stelle wurde
Rudolf Schärer, der Professor hebraicus,
gewählt So Sassen vom Jahr 1800 an nur
Qeistlidie im Erziehungsrai Inzwischen hatte
derselbe in der Person Iths eine neue Kraft
erhalten. Nadidem er schon im Februar 1799
zum ersten Pfarrer von Bern berufen und zum
Dekan erwählt worden war, madite Qm das
Direktorium zum Mitglied des Erziehungsrates,
natürlich auf den Wunsch Stapfers, der den
neuen Dekan als den besten Kenner der ber-
nischen Schulvertiältnisse schätzte und ehrte,
und auf dessen Energie er besonders baute.
Welches Zutrauen auch die bisherigen Erzieh-
ungsräte ihrem neuen Kollegen entgegenbradi«
ten, geht am deutlichsten daraus hervor, dass
sie ihn bald nach seinem Eintritt in ihre Be-
hörde mit dem Präsidium beehrten, nachdem
Professor Risold dasselbe abgegeben hatte.
Die erste Handlung des Erziehungsrates
war die Wiedereröfhiung des Politisdien In-
tuts, die Stapf er schon den 8. November 1796
von der Verwaltungskammer verlangt hatte;
das Politische Institut, an dem der Minister der
Künste und Wissenschaften eme Reihe von
Il(
Die ZeH der HdveilL
m
Jahren unterriclhtet hatte und das er in dem
Rahmen, in dem wir es aus den letzten Jahren
vor der Revolution kennen gelernt haben, fQr
eine unend>ehrliche Bildungsanstalt von gros-
ser Bedeutung auch für die neue Zeit hielt,
sollte unter dem seltsamen Namen des Repu-
blikanischen Qymnasiums fortgefOhrt
werden.
Die Professoren der Akademie in Verbin-
dung mit den einstigen Lehrern des Politischen
Instituts entwarfen den Lehrplan fQr das erste
Schuljahr, und in den Zeitungen wurden die El-
tern aufgefordert, dem Gymnasium ihre Söhne,
welche sie für die politische Carriere bestimmt
hätten, anzuvertrauen. Trotzdem nur zehn Sub-
jekte für die Voriesungen sich angemeldet hat-
ten, wurde die Schule in der dritten Januar-
woche des folgenden Jahres 1799 eröffnet unter
der Leitung des ersten Religionslehrers der An-
stalt, des Archidiakonus Müslin.^ Es la-
sen dieselben Lehrer, wie im Wintersemester
1797/98; emzig an Stapfers Stelle war der Pro-
fessor hebraicus Rudolf Schärer getreten, der
aber audi schon einmal, im Winter 1790/91*
am Politischen Institut unterrichtet hatte. Schä-
rer fibemahm nun die lateinische Sprache uiid
Altertümer (fOnf Stunden), während Professor
Zeender, welcher im letzten Jahr vor der Re-
volution den ganzen Sprachunterricht in seiner
Hand gdiabt hatte,^ die Philosophie an Stelle
Stapfers und daneben die deutsche Sprache
dozierte (beides in fünf Stunden). Der Reli-
gionsunterricht am untern Curriculum lag wie-
der in der Hand des Direktors Spriinglin (vier
Stunden) und am obem Curriculum wurde er
von Mfislin in zwei Stunden erteilt Professor
Sonnenschein lag die akademische Zeichnung
ob und dem IMagister matheseos Domer die
Mathematik am untern Curriculum (beide hat-
ten dieselbe Stundenzahl, wie vordem). Wegen
der Abwesenheit des Professors Tralles vmxde
am obem Curriculum keine Mathematik gege-
ben. Dr. Stetder, der am Politischen Institut
über eidgenössisches Staatsrecht und bemi-
sches Zivilrecht gelesen hatte, las nach der
Verfügung Stapfers über Naturrecht und die
neue vateriändische Staatsverfassung.
Den 4. April 1799 hatte das Vollziehungsdi-
rektorium auf den Antrag Stapfers beschlossen,
den Bürger Professoren des Republikanisdien
Qymnasiums den nämUdien Gehalt zu gewäh-
ren, der ihnen von der ehemaligen Regierung
erteilt worden war. Die bemische Verwaltungs-
kammer eridärte darauf den 29. April dem Mi-
nister der Künste und Wissenschaften, dass sie
von allen Oeldmitteln so enti^Iösst sei, dass ste
jenen würdigen IMännera für ihre Dienste nidits
geben könne,* und bittet ihn, durch Anweisung
der erforderlichen Fonds es zu erm^idien,
dass den Büiger Professoren ihre Pensionen
ausbezahlt werden können. Erst im Februar
des Jahres 1800 kam ein kleiner Teil derselben
zur Anweisung,^ und es ist mehr als wahr-
sdiemlidi, dass eben infolge der herrschenden
Oeldnot die Voriesungen des Republikanischen
Gymnasiums sdion im Winter 1799/1800 wie-
der eingestellt wurden; m den Manualen des
bemischen Erziehungsrates ist vom April 1799
dieser Institution mit keinem Worte mehr ge-
dacht und auch anderswo sucht man vergeblich.
Das Nähere über das Republikanische Gym-
nasium habe ich im diesjährigen Bemer Ta-
schenbuch veröffenflicht
Unter dem herrschenden Geldmangel und
dem Drang der Zeiten litt aber auch die ganze
Akademie und geriet bald in merklichen Ver-
fall. Verzweifelt standen die Erziehungsräte
da, ihre Hiilfenife verhallten an der Ohnmacht
der helvetischen Oberbehörden. Die traurige
Lage der tiieologischen Lehranstalt tat sich
sdion äusseriidi kund. Auf dem Totenfried-
hof zwischen dem IGoster, der Untem Schule
und der Bibliothek wurde der Requisitionspark
eingerichtet und provisorische Remisen und
Stallungen gebaut Bald war die Luft im gan-
zen Quartier verpestet; in das Gestampf der
Rosse und die Rufe der
171
^
Die Zeit der HdvetOL
m
die rohen Lieder der Soldateska und lockten
die immer neugierige Jugend hinaus, die jetzt
zu ernstem Studium ohnehin nicht aufgelegt
war;i alle Bitten des Erziehungsrates waren
veigeblich. Im Juni 1799 wurde plötzlidi, ohne
dass die Verwaltungskammer oder die Muni-
zipalitat darum angefragt worden wire, der
ehemalige Bibliotheksaal in ein Hospital fQr
kratzige Soldaten umgewandelt Zur VerhQ*
tung der Ansteckung wurden sofort alle Vor-
lesungen eingestellt' Auf die Vorstellungen
des Erziehungsrates hin gelang es nach einiger
Zeit dem Minister der KQnste und Wissen-
sdmften, die Räumung des Klosters von diesen
unwillkommenen Gasten zu bewülcen, aber
kaum waren die Franken ausgezogen, nicht
gerade eine schöne Ordnung hinterlassend, so
zog die Nationalbuchdrudcerei bi das Ktoster
eui und nahm den Bibliotfaeksaal und das
grosse Sommerauditorium für sidi in Ansprudi.
Vergeblich waren jetzt alle Klagen des Erzie-
hungsrates an die Oberbdiöiden : die Drucke-
rei richtete sich im Kk>ster hauslich ein und
verbUeb daselbst längere Zeit und störte durch
ihr geschäftiges Treiben die Vorlesungen der
Bfiiger Professoren, die nun auf zwei Audito-
rien beschränkt waren. In diesen aber sah es
manchmal öde und leer aus. Von 120 vor der
Revolution war im Herbst 1799 die Zahl der
Studierenden bereits auf 50 herabgesunken und
der Erziehungsrat musste voraussehen,' dass
von den Bleibenden bald noch ein guter Teil
ebenfalls austreten werde, mutk>s geworden
durch die zunehmende Abneigung des Volkes
gegen die Gelehrsamkeit und insbesondere den
geisdichen Stand und der Hälfe, die sie bis-
her genossen, zum grossen Teil beraubt Im
Jahr 1799 wurde niemand aus dem Gymnasium
in die Akademie promoviert und in den folgen-
den Jahren waren es immer nur einige Sub-
jekte, welche zu den öffentlichen Vorlesungen
befördert werden konnten. «Die akademische
Disdplin fällt sichtbar dahin », so schreibt der
Eiziehungsrat an Stapf er im Oktober 1799 in
einer langem Eingabe, in welcher er dem Mi«
nister der Kfinste und Wissenschaften von dem
«erschreckenden Verfall der Akademie» Kennt-
nis gibt Aber auch die Begeisterung, mit der
die Herren Professoren dozierten, wird fai jenen
traurigen Zeiten nicht gross gewesen sein, da
der Staat mit der Ausbezahlung ihrer Gehälter
immer sehr im Rückstand war, und doch waren
sie so wenig wie die ilbrigen Biirger von dem
harten Druck der beständigen Einquartierungen
und der alles erschöpfenden Kontributionen,
hoher Steuern und Teilen befreit; «sie dar-
ben bei nie unterbrochener Arbeit
und leben mit Weib und Kindern von
ihren Kapitalien oder von Schulden
oder von fremder Unterstützung»,
klagt der Erziehungsrat in einem Sdueiben an
den Vollziehungsrat vom 4. Februar 1800>
Gleich nachdem der Mmister der Künste und
Wissenschaften sein Amt angetreten, hatte er
den Professores Tralles zu dem m Paris ta-
genden Kongress zur Unifikation von Münze,
Mass und Gewidit abgeordnet Sdion war
Tralles 1 Va Jahre in dorten und während dieser
ganzen Zeit lag hn Kk>ster der Unterridit bi
Physik und Mathematik vollständig bradi. Da
bat der Erziehungsrat Stapfer, der Akademie
einen Vicarius in diesen Fächern zu stellen,
aber veigeblich wartete man auf den von Tralles
vorzuschlagenden Stellvertreter; er kam nicht,
statt dessen ein von Stapfer veranlasster Be-
sdiluss des Direktoriums, es sei Tralles nicht
bloss für seine in Paris geleisteten Dienste zu
bezahlen, sondern er habe auch seme Besol-
dung als Professor der bemischen Akademie
für die ganze Zeit seiner Abwesenheit zu be-
ziehen. Dass diese auffällige Bevorzugung des
Tralles vor seindto bemisdien Kollegen diese
sehr schmerzen musste, können wir woU be*
greifen. «Wenn uns diese gewinnreidie Aus-
zeichnung unsera Collegen — schreibt der Er-
ziehungsrat den 7. Jenner 1800 an Stapfer^ —
zum Vergnügen gereichte, so gab uns das
«
DIt Zdt der Hdveflfc
^
lebhaft erwachende Gerechtigkeitsgeffihl den
Wunsch ein, dass unsere Qbrige Professoren
und Schullehrer einen eben so warmen Lob-
redner ihrer vielleicht bescheidnem, aber nicht
weniger wesentlichen Verdienste hatten finden
mögen. Unter dem Druck der Einquartierung
und aller unser armes Vaterland und Vaterstadt
drfidcenden Beschwerden arl>eiten sie ohne
Bezahlung mit gewissenhafter Treue fort:
ihnen verdankt man es, dass unsere Akademie
und Schulen noch bestehen, dass unsere Ju*
gend nicht vom Strom der immer mehr über-
hand nehmenden Verwilderung fortgerissen ist
Und diese ihre unleugbaren Verdienste um die
Menschheit im Vaterland sollte übersehen wer-
den ? Sie sollten unbezahlt arbeiten, tndess der
nicht arbeitende bezahlt wird?»
TraOes gehörte übrigens nicht mehr lange
Zeit der bemisdien Akademie an : im Februar
1803 gab er seme Entlassung ein, die ihm unter
Verdankung seiner vorzüglichen Verdienste um
die Wissenschaft von selten des Staatssekretärs
für das Departement der umem Angelegenhei-
ten gewährt wurde.^ Sonst gab es während der
Helvetik keine Veränderungen im Lehrerbe-
stand der Akademie. Zu Anfang derselben war
an Stelle Stapfers nach dessen Ernennung zum
Minister der Künste und Wissenschaften seüi
Bruder Friedrich vikariatsweise getreten; den
4. März 1801 wurde er vom Vollziehungsrat de-
finitiv zum Professor der didaktischen Theolo-
gie ernannt'
Unter der herrschenden Geldnot hatten nicht
bloss die Professoren, sondern, wie man sich
leicht denken kann, auch die Alumni auf Klo-
ster und Schul arg zu leiden. Im April 179Q
machte der Erziehungsrat die Verwaltungs-
kammer auf die traurige Lage der beiden Prae-
positi aufinerksam, denen di€ gewöhnlichen Be-
zahlungen zu Bestreitung der Kosten für die
Alumnate ausblieben, so dass sie die Oekono-
mie in eigenen Kosten versehen mussten, trotz-
dem sie für ihre Lehrtätigkeit ebenfalls nichts
erhielten.^ Eine kleine Anweisung von selten
des Dirdctoriums zu Dunsten der PraepositI
genügte dem Bedürfnis auch nicht im entfern-
testen, so dass sich diese genötigt sahen, da
zudem auch der Musshafen nicht mehr ausge-
riditet wurde, zu Ende November 1799 die
Oekonomie auf Schul und Kloster einzustellen
und die Alumni ihrem Schicksal zu überlassen.*
Das ging dem Minister der Künste und Wissen-
schaften zu Herzen ; er knüpfte mit dem Erzieh-
ungsrat Unterhandlungen an, wie das Los der
armen Verlassenen im Kk>ster zu verbessern
wäre und schliesslich wurde die Angelegenheit
so geordnet, dass die Verwaltungskammer er-
mächtigt wurde, den Alumnen im Kloster 50,
denen auf der Schul 60 Kronen monatlich aus-
zurichten, womit sich nun diese selbst zu be-
köstigen hatten.^ Es scheint auch, dass sie
diese Zuschüsse wirklich erhielten, wenigstens
kam die Alumnen auf der Schul im Herbst
1801 das Oelüste an, statt der «bis anhin mo-
natlich bezogenen Kronen 60» auf einmal 100
zu verlangen, was der Erziehungsrat so unbe-
scheiden fand, dass er deren Petition ad acta
legte.^
Trotz aller Schwierigkeiten, die ihn überall
umgaben, hielt der bemische Erziehungsrat
tapfer auf seinem Posten aus und tat für die
Schulen, so viel in seiner Madit lag bis zum
Frühling 1802; da brach zwischen ihm und der
Verwaltungskammer und dem Departement für
die innem Angelegenheiten wegen der Wahl
eines Provisors ein Kompetenzstreit aus, der
zu einer immer heftiger werdenden Korrespon-
denz der beiden Parteien führte, infolge deren
schon zur Zeit des Stecklikrieges die meisten
Mitglieder des Erziehungsrates demissionier-
ten. Im Januar 1803 bestand diese Behörde nur
noch aus zwei Mitgliedern, dem Dekan Ith und
dem Oymnasiarchen Wagner, welche die lau-
fenden Geschäfte mit der ihnen eigenen Ge-
wissenhaftigkeit führten, wofür ihnen der Voll-
ziehungsrat in einem Schreiben vom 14. Hor-
nung 1803 seinen Dank und seine Anerkennung
aussprach, zugleich mit der Anzeige, dass er
^
Dfe ZW dcf Hflvcnk*
ihnen ab Dritten im Bunde den Prof essor Fried-
rieh Stapf er beigeordnet habe und dass die Bür-
ger Ith, Wagner und Stapfer zu allen dem Er-
ziehungsrat obliegenden Verrichtungen kom-
petent seien. Aber schon den 23. Mai 1803
fand die letzte Sitzung des Erziehungrates statt,
in welcher er ein Schreiben von Schultheiss
und Rat des Kantons entgegennahm, das seine
Auflösung aussprach auf den Vortrag des Ineuen
iOrchen- und Sdiuldepariements hin.
Es ist kein fröhUches Lied, in das die Oe-
sdiichte des bemischen Erziehungsrates aus-
j»
Ufaigt: die Hoffnungen aDe, die seine Mitglie-
der beun Antritt ihres Amtes in Bezug auf die
Hdwng der NationaUcultur gehegt hatten, sind
zu Grabe getragen worden und entiausdit und
vert>ittert zogen sidi die Manner zurfick, die
ilue ganze Kraft eingesetzt luitten, um Stapfers
Ideale verwirklichen zu helfen ; schliesslich
wurde die Behöcde zum remen Zerrbild. Die
Oeschiohte des bemisdien Erziehungsrates ist
un Kleinen die Oeschichte der Helvetik fiber-
haupt
174
Die Akademie in der Mediations- und
Restaurationszeit.
Die Grflndung der Anstalt
Nachdem schon im Februar 1804 die akade-
mische Kommission des Kirchen- mid Schul-
departements den Auftrag erhalten hatte, die
Revision der Akademie vorzubereiten, gab das
Departement den 1. September 1804 dem Klei-
nen Rat seinen Vortrag in Sachen ein. Sein
Vorschlag war ein doppelter: der eine ging
dahin, der alten Akademie das medizinische
Institut^ in dem erforderlichen Ausbau anzu-
ffigen und die Rechtsschule durch Kreierung
dreier neuer Professuren zu erweitem, alle
übrigen Fächer aber, die in den drei Fakultäten
nicht begriffen waren, ausserordentlichen Pro-
fessoren ohne Qehalt zu iiberlassen ; ^ der an-
dere verlangte eine vollständige Umgestaltung
des Alten, eine Universität nach dem Mu-
ster der deutschen Hochschulen.^
Der Kleine Rat konnte sich weder fOr den
einen» noch den andern Vorschlag erwärmen,
verlangte aber auch eine gänzlidie Umschaf-
fung des Alten und eine neue Einrichtung,
aber mehr in Anlehnung an das bereits Be-
stehende und nicht nach dem Muster der deut-
schen Universitäten. Es wurde deshalb eine
Kommission, aus drei Mitgliedern bestdiend,
eingesetzt, wekhe gemäss den Bedürfnissen
des Kantons und seiner Finanzen einen neuen
Plan vorlegen solHe ; der Finanzrat, der Ku-dien-
rat und der Stadtrat sollten je ein Mitjg^ed aus
ihrer Mitte wählen. Der Finanzrat wählte den
Ratsherrn Abraham Friedrich von Mutadi, der
Stadtrat den Stadtseckelmeister Alexander Fi-
sdier und der Kirchenrat den Dekan Ith, der
natßrlidi bei der Arbeit, welche die Itemmis*
sion sofort energisch an die Hand nahm, die
Hauptrolle spielte ; ohne Zweifel ist seiner Ein«
sieht in erster Linie das Befinden über die
Einrichtung der Akademie und Schu-
len zu verdanken, weldies v<Mn Kleinen Rat
bereits den 22. Fd>ruar 1805 in allen Teilen
genehmigt wurde und in allgemeinen Um-
rissen die Ausdehnung der neuen Unterricfats-
anstalten bestimmte, sowie die zu kreierenden
Lehrstühle bezeichnete und die Ausgabea fi-
xierte, welche die ganze Einrichtung erforderte.
Alks Detail sollte von der über dem Ganzen
stehenden dreigliedrigen Behörde, der Kura-
tel, au^:earl>eitet werden. Den 4. März 1805
wählte der Kleine Rat zum Präsidenten der-
selben den Ratsherrn Mutach und als zwei-
tes Mitglied den Dekan Ith, nadidem er nodi
vorher beschlossen hatte, statt der von der Kom-
mission geforderten Summe von 34,000 Franken
jähriich 40^000 Franken für die zu errichten-
den Anstalten auszugeben. Das dritte Mitglied
der Kuratel wurde dem Stadtrat konzediert,
unter dessen Verwaltung Schulseckd und Muss-
hafenfonds standen.* Nachdem der Schulrat
auch seinerseits das « Befinden » in allen Teilen
genduntgt hatte, wählte er den Stadtseckel-
meister Fischer in die Kuratel.
Nodi denselben Monat, den 28. März 1805,
veröffentlichte die Kuratel die «Ankündigung
der neuen Einrichtung der bemischen Akade-
mie und Schulen», den 6. Mai gab sie dem
Kleinen Rat die Vorschlage für die Wahlen
aller Lehrer ein und zwei Tage nachher nahm
dieser dieselben fast durchgängig in bestätigen-
dem Sinn vw.^
Gewaltige Energie und unverdrossene Ar«
beitslust, rasche und gewissenhafte Abwick-
lung aller Geschäfte, treue Hingabe an die
175
Die Akademie fai der Medittkmt- and Rettanimtloiiiidt
fibeiix)mmenen Pfliditen und alftemische Zä-
higkeit in der Verfolgung der einmal gesteck-
ten Ziele, veibitnden mit Würde und Ernst
kennzeichnen vor allem die zielbewusste Titig*
keit der neuen Sdiulbehörde, der KurateL Nadh
dem ihm gewordenen Auftrag arbeitete Dekan
Ith das Reglement auf Qrund des genehmigten
Befindens aus; bereits den 21. Juni wurde es
den Räten eingegeben, von diesen sofort vor
die Hand genommen und durdiberaten, so dass
es bereits in den ersten Tagen des Juli ver-
öffentlicht werden konnte. Noch in demselben
Monat wurden die D e k an e erwählt, sowie der
Prorektor für das erste Studienjahr; die er-
sten Dekane waren die Professoren Schärer für
die theologische, Haller für die juridische, Scfai-
ferli für die medizinische und Risold für die
vierte Fakultät; der erste Prorektor^ der neuen
Akademie war der gelehrte Theologe Profes-
sor Schärer. Nun wurde sofort der Lek-
tionskatalog für das kommende erste Semester
beraten, nachdem die Kuratel folgende Grund-
sätze für die Abfassungen desselben aufgestellt
hatte:»
1. Für jedes Kollegium ist für die ganze
Woche die gleiche Stunde zu bestimmen.
Z In allen Fakultäten sind die widitigsten
Fächer vorzugsweise des Moi^ens vorzutragen.
3. In der praktischen Theologie ist die fra-
gende Methode und die deutsche Sprache vor-
zuziehen.
4. Die theologischen Vorlesungen sind mit
der Dogmatik (zwei Semester hindurch drei
Stunden) und der Moraltheofogie (ebenfalls
zwei Semester mit derselben Stundenzahl) an-
zuheben; die übrigen Disziplinen folgen nach.
4. In der Naturgeschichte ist auf das Pflan-
zen- und Mineralreidi doppelt so viel Zeit zu
verwenden, wie auf das Tierreich.
So war denn zur Einweihung der neuen An-
stalt bereits alles aufs beste vorbereitet; die
feierliche Inauguration fand den 2. November
1805 statt im alten Bibliotheksaal ^ in Gegen-
wart des Kleinen Rates, des Stadtrates, des
KuxJienrates, aUer Akademiker und der stu-
dierenden Jugend. Nadidem der Kanzler eine
der Bedeutung des wichtigen Tages angemes-
sene Rede gehalten hatte, wurde allen Lehiem
das Odübde an Eidesstatt voigelesen; dann
wurden die einzelnen mit Namen abgenifcn
und legten dem Kanzler das Handgelfibde ab,
worauf sie ihr Patent eingehändigt erhielten.
Sodann leisteten sie dem Prorektor das Hand-
gelfibde, worauf dieser, neben dem Kanzler
stehend, mit einer würdigen Rede die neuen
Anstalten für eröffnet erklärte.
Den ersten Winter 1805/06 wurden folgende
Vorlesungen gehalten:
1. An der theologischen Fakultät:
Prof. Zeender. 4 Std. lateinische Vorlesun-
gen iiber Dogmatik und 4 deutsche
über Moraltfaeotogie ;
Prof. Studer. 2 Std. deutsch über Pastoral-
theologie, je 2 Std. Homiletik, Kirdien-
recht und Katechetik;
Prof. Schärer. 2 Std. Hebräisch an der Untern
Akademie. 2 Std. m deutscher Spra-
che über Umriss und Methodik des Bibel-
studiums; in lateinischer Sprache über
die Psalmen. 4 Std. über die Evangelien.
Alk Samstage in beliebigen Stunden
praktisdie Uebungen mit den Studenten
un Kehr.
2. An der juridischen Fakultät:
Prof. Qmelin. 6 Std. Institutionen. 5 Std. Kri-
minalrecht;
Prof. Schnell. 6 Std. vaterländisches Recht
3. An der medizinischen Fakultät:
Prof. Emmert 12 Std. Anatomie;
Prof. Tribolet 6 Std. materia medica und Pa-
thologie. Täglich ein Clinicum im Zivil-
hospital;
Prof. SdüferU. 6 Std. medizinische Chüurgie
und Oeburtshülfe. Täglich klmischer Un-
terricht im MilitärhospitaL
^
Di« Akademie in der Mediationn- und Restaurationszeii
4. An der philologischen Fakultät:
Prof. Riaold. 6 Std. Ober griechische Littera-
tur, Homer und die Evangelien. 6 Std.
lateinische LitteratuTi Horaz und ein Pro-
saiker;
Prof. Beck. 6 Std. allgemeine Physik. 5 Std.
statische und mecfa. Wissenschaften;
Prof. Meissner. 6 Std. allgemeine Natuige-
^
Prof. Trechsel. 6 Std. Geometrie,
und Trigonometrie;
Prof. Jahn. 6 Std. Geschichte und Kritik der
schönen Litteratur. Practicum fiber die
deutsche Sprache;
Prof. Wyss. 5 Std. Logik. 5 Std. Oesdiichte
der Phik>sophie. 1 Std. Moral fOr die
ganze Akademie.
Das R^lement vom Jahr 180S.
Das Regl^nent für die Akademie,^ von
Sdiultheiss und Rat den 26. und 27. Juni und
den 1. Juli 1805 nach dem vorgelegten Ent-
wurf beraten und angenommen, sollte vorerst
nur für eine Probezeit von sechs Jahren gelten ;
man wollte erst sehen, ob all das neue, das
einzuführen war, sich bewahre und alles rich-
tig zusammenstimme und ob die grossen Oeld-
opfer, die der Staat neu zu bringen hatte, sich
auch verlohnten, und nachdem alles gehörig er-
dauert worden, sollten sodann nach Verfluss
von sechs Jahren alle interessierten Parteien
sich wieder zusammentun und sehen, ob und
in welchem Umfang die ganze Anstalt beizu-
behalten, und was eventuell am Reglement zu
verindem seL
Wie die ganze Schule neu geordnet wird, so
erhält auch deren leitende Behörde ein vollstän-
dig verändertes Aussehen : im alten Bern hatte
sie einen republikanisch-patriarchalischen Cha-
rakter, insofern die Professoren von Amts we-
gen IMitglieder des obersten Sdiuhates waren
und auf der geistlichen Bank gewöhnlich fast
ebensoviele Mitglieder sassen, wie auf der
weltlichen, fast ebensoviele Professoren, wie
Laien; jetzt erhielt sie sozusagen einen mo-
narchisdi-absolutistischen Charakter, insofern
die Professoren von der obersten Instanz aus-
geschlossen wurden und nur nodi in vorbe-
ratenden Instanzen sidi geltend machen konn-
ten.
Als die oberste Behörde sieht das Reglement
die Kuratel vor, welche aus drei MitgUedem
zusammengesetzt ist, dem Kanzler und zwei
Kuratoren. Der Kanzler muss zugleidi Mit-
glied des Kleinen Rates sein, während die
Wahl des ersten der beiden Kuratoren frei ist
und aus dem geistlichen oder dem weltlichen
Stand getroffen werden kann; beide werden
vom Kleinen Rat gewählt Der zweite Kurator
hingegen ist vom Kleinen Stadtrat und aus
dessen Mitte zu wählen. Es ist also in der
Kuratel die oberste Behörde des Staates, sowie
der Stadt vertreten; dass als zweites Mitglied
der eigentliche Schöpfer der neuen Ordnung
und das vornehmste Mitglied des alten Sdral-
rates, sowie des Erzidiungsrates zur Zeit der
Helvetik, mit andern Worten der bewährteste
Kenner des bemisdien Schulwesens gewählt
werden mfisste, darüber war man sich im Klei-
nen Rat natürlich von vorneherein klar; durch
die Wahl des Dekans Ith war aber auch zu-
gleich die Kirche in der Kuratel vertreten und
diese kräftige Vertretung blieb bis zur Neu-
gestaltung der Kuratel, indem auch nach dem
Tode Iths tüchtige Geistliche an dessen Stelle
gewählt wurden. Alle Macht freilich gipfelte
in dem Kanzler, dem Präsidenten der Ku-
ratel, den auch das Reglement das Haupt der
gesamten Anstalt nennt, mit Vollmacht in allem,
was die Exekution betrifft Ihm ist die Hand-
habung der Polizei und der Gesetze aufgetra-
gen mit unumschränkter Gewalt; in sein Be-
lieben ist es gestellt, ob er in dieser seiner
Machtsphäre irgend einen Vorfall von der Ku-
ratel deliberieren lassen oder vor die höchste
kantonale Exekutivbehörde bringen will. Ihm
ist der Prorektor der Akademie unmittelbar
«
Die Akademie in der Mediatioiu- und Restauntiontzeit
^
unteis^eordnety indem er sich in allen seine
Kompetenzen fiberschreitenden Fällen direkt
an ihn zu wenden hat Er repräsentiert als der
Vertreter des Staates die Anstalt sowohl nach
aussen als nach innen : in allen öffentiichen
Verhandlungen hat er den Vorsitz; er nimmt
den Lehrern das Gelübde ab und fährt sie in
ihr Amt ein.
Die Kuratel ist vor allem die beratende
und die beaufsichtigende Behörde. Die bera-
tende in allen Fragen, die das Innere der
Anstalt betreffen, also vorzfiglich in allen or-
ganisatorischen Angelegenheiten, sei es, dass
ihre Entscheidungen erst noch an den Kleinen
Rat gelangen oder aber vom Kanzler ausge-
führt werden; die beaufsichtigende, in-
sofern sie die Lehrer in ihrer Fähigkeit, ihrem
Fleiss und ihrer IMethode beobachten und even-
tuell die nötigen Remeduren verfügen soll. Sie
ist des fernem mit der Verwaltung des ganzen
Finanzwesens unter der Oberaufsicht des Klei-
nen Rates beauftragt und organisiert die Bene-
fida des Musshafens und der Alumnate auf
Schul und Kloster, soweit sie dieselben auf den
Vorschlag der betreffenden Unterbehörden ver-
gibt
Die Kuratel ist die Vermittlerin zwischen der
Anstalt und dem Kleinen Rat, sowie dem Stadt-
rat und führt die betreffende Korrespondenz.
Für die Kuratel ist der untere akademi-
sche Rat die vorberatende Behörde, in wel-
cher nach erfolgter Aufforderung von Seiten der
Kuratel alle Fragen, welche fachmännische Be-
gutachtung erheischen, zuerst behandelt wer-
den. Er besteht aus den Dekanen der einzelnen
Fakultäten und wird vom Prorektor präsidiert;
zudem gehört ihm der Professor gymnasii, der
Rektor der Untern Schule, an zur Herstellung
der Verbindung beider Lehranstalten. Der un-
tere akademische Rat hat des weitem folgende
Kompetenzen :
Er besoigt die laufenden Geschäfte und An-
gelegenheiten der Akademie, veranstaltet die
Examina, macht die Vorschläge zu den vakan-
ten Benefizien und revidiert die von den Fakul-
täten entworfenen jährlichen Berichte zu Hän-
den der Kuratel, welche sie dann an den Klei-
nen Rat weiter leitet Er prüft die Preisschrif-
ten und macht den Vorsdüag für das Prorek-
torat
Nach dem Reglement sollten alle Resultate
der Voiberatungen des untem akademischen
Rates zunächst dem
obern akademischen Rat
unterbreitet werden, d. h. der aus der Kuratel
und dem untem akademischen Rat kombinier-
ten Kammer, welche wiederum von dem Kanz-
ler präsidiert wurde. Gewöhnlich aber gingen
die Gutachten des Dekanenkollegiums, wie wir
heutzutage den untem akademischen Rat nen-
nen, direkt an die Kuratel; der obere akade-
mische Rat war das fünfte Rad am Wagen der
bemischen Akademie.
Unter dem Kanzler, welcher der eigentliche
akademische Rektor ist, steht der Prorektor
mit dem Titel magnificus. Magnifizenz regiert
aber nur ein Jahr und wird umwechselnd aus
den vier Fakultäten auf den Vorschlag des un-
tem akademischen Rats von der Kuratel ge-
wählt In feierlichem Akt, bei dem alle Studie-
renden anwesend sind, tritt er sein Amt mit
dem Eintritt des Winterhalbjahrs an : nachdem
er durch eine Rede sich selber konstituiert hat,
wird er vom Kanzler im Namen der Regierung
an Eidesstatt ins Handgelübde aufgenommen
und nimmt dann selber von allen Lehrem für
sich und deren Zuhörer das Gelübde des Ge-
horsams ab. Alljährlich hatten also die Pro-
fessoren dem Staate wieder zu geloben, dass
sie dessen getreue Diener sein wollten und
nichts Revolutionäres im Sinne hätten!
Der Prorektor führt die unmittelbare Auf-
sicht über die Lehrer und Hörer und hat das
Recht und die Pflicht, alle Collegia zu be-
suchen. In der Beaufsichtigung und Kontro-
lierung der Professoren kann man nie zu viel
tun, hiess es in der Mediations- und Restau-
rationszeit! Im übrigen waren die Pflichten
178
«
Die Akademie in der Mediations- und Resiaurationszeii
51
des Prorektors dieselben, wie die des heutigen
Rektors: er führte die Matrikel und immatri-
kulierte die Studierenden ; er besorgte die aus-
wärtige Korrespondenz, im Namen der Akade-
mie und fertigte die testimonia academica aus
und war für die Erhaltung der Ordnung und
Disziplin und den gesetzlichen Oang der gan-
zen Anstalt besorgt
Die Dekane werden für vier Jahre gewählt
und präsidieren die Sitzungen ihrer Fakultät,
in welchen die speziellen Angelegenheiten einer
jeden derselben verhandelt werden. In der phi-
lologischen Fakultät hat auch der Professor
gymnasü Sitz und Stimme.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass in der
Verwaltung und Leitung der Akademie alle
Macht und Gewalt in der einen Person des
Kanzlers sich konzentrierte und dies um so
mehr, als er von allen, die an der Leitung be-
teiligt waren, der einzige war, der dem Kleinen
Rat angehörte und infolgedessen in allen wich-
tigen Angelegenheiten das letzte gewichtige
Wort hatte. Der Kanzler war der mächtige
Princeps in dem kleinen Staat im alten Bar-
ffisserkloster und die Rolle des Princeps passte
vortrefflich zur Herrschematur des vom Rate
gewählten ersten Kanzlers, des Herrn von Mu-
tach; es war, als ob sie eigentlich für ihn ge-
macht worden wäre.
Die Professoren hatten sich nach den
Weisungen des Reglements als würdige Diener
des genannten Staates zu erweisen und das
sollte man ihnen auch äusserlich ansehen. «Wir
fordern von ihnen allen — so heisst der § 48
— Wohlanständig^eit in der Kleidung, sowie
in der ganzen übrigen Lebensweise. Insonder-
heit sollen sie insgesammt bei allen öffent-
lichen Erscheinungen, auch in ihren Vorlesun-
gen schwarz gekleidet sein; die Professoren
der Theologie aber überdiess, nach alter Sitte,
den Mantel und Rabat tragen.» Das Kapitel
von der Disziplin schärft ihnen ein, die Bemer-
kungen, Vorstellungen und Warnungen der
Kuratel sich zu nutze zu machen und das An-
sehen derselben gehörig zu achten, wenn sie
nicht Gefahr laufen wollen, von Schultheiss und
Rat bestraft zu werden.
In den Gang ihres Unterrichts konnte die
Kuratel jederzeit eingreifen, denn ihr stand es
zu, über die Pensen und Stunden, die Lehr-
bücher und die Methode des Dozenten zu ver-
fügen und nötigenfalls deren Aenderung zu ver-
langen. Man liess diesem freilich frei, «über
Handbücher oder eigene Hefte » zu lesen, aber
der Kuratel war es vorbehalten, wenn
nötig, Einsicht in dieselben zu neh-
men, sowie es denn auch, worüber wir uns
zwar weniger wundem wollen, den Professoren
der Theologie vorgeschrieben war, dass sich
ihre Lehrbücher und Hefte auf die helvetische
Konfession begründen sollten. So war denn
durch das Reglement dafür gesorgt, dass auf
politischem und religiösem Gebiet der studie-
renden Jugend nichts Missbeliebiges gelehrt
werden könnte, dass die freiheitlichen und ide-
alen Anschauungen der Helvetik im Herzen
derselben nicht wieder Eingang fänden. Ja,
Dekan Ith hatte den Geist der neuen Zeit rasch
erfasst ! Ein mericwürdiger Mann !
Den Professoren war vorgeschrieben, ausser
ihren Vorlesungen von Zeit zu Zeit Repetitio-
nen zu veranstalten, in denen die Zuhörer über
das Angehörte geprüft werden sollten, und es
war ihnen freigestellt, mit den Repetitionen sel-
ber angemessene Uebungen zu verbinden. Wie
weit und ob überhaupt dieser Forderung nach-
gekommen wurde, ist mir aus den Akten nidit
klar geworden.
Das Reglement bestimmt auch die Rang-
ordnung der Fakultäten und zwar in folgender
Weise. Wie billig und recht, kommt der Theo-
logie die erste Stelle zu ; dann folgt die Staats-
und Rechtswissenschaft, in dritter Linie die
Medizin und endlich die philologisch-philoso-
phische Fakultät mit ihren beiden Sektionen.
Nach dieser Rangordnung wechseln die De-
179
tft
Die Akademie In der Mediations* und Restanntionazeii
^
kane ab. In den FakuUaten selber
den Rang des Professors die Zeit seiner Er-
wählung und bei gleichzeitiger AnsteUung sein
Alter. Ueber die Pensa der Professoren, die
im Reglement angegeben werden, gibt unsere
Geschichte der einzelnen Fakultäten hinläng-
lichen Aufechluss, wie wir auch den Subsidiär-
anstalten, den Unterstutzungsanstalten (Muss-
hafen und Alumnat) und den sogenannten Auf-
munterungen (Preisschriften u. s. w.), von wel-
chem das Reglement handelt, besondere Ka-
pitel gewidmet haben, so dass uns nur noch
die Reglementsbestimmungen über die Studen-
ten zu besprechen übrig bleiben.
Die Studierenden zerfallen in immatrikulierte
Hörer und Hospitanten oder freie Zuhörer.
Diese letztem müssen das dreiundzwanzigste
Lebensjahr fiberschritten haben, jene werden
immatrikuliert, wenn sie die Admission zum
heiligen Abendmahl erhalten haben, gegen ein
Eintrittsgeld von L. 10, wenn sie Kantonsange-
hörige sind, von L 20, wenn sie aus einem an-
dern Kanton gebürtig und von L 32, wenn sie
aus dem Ausland kommen. Ihren Dozenten
haben die Hörer Kollegiengelder zu bezahlen:
die Studiosi theologiae für den Halbjahricurs
L. 6, die übrigen Akademiker aber das Dop-
pelte und das Dreifache im Maximum, wenn
die Vorlesungen für den Lehrer mit Auslagen
verbunden sind.
Das Studium in der philologischen,^ sowie
in der juridischen Fakultät war auf zwei Jahre
beredmet, das theologische hingegen auf drei
und das medizinische auf vier. In die juri-
dische und medizinische Fakultät konnte jeder,
der das gesetzliche Alter erreicht hatte, ohne
weiters und ohne sich über iigend welche
Kenntnisse ausweisen zu müssen, eintreten;
in diesen beiden Fakultäten war auch das
Studium vollständig freigegeben, es herrschte
kein Kollegienzwang im Gegensatz zur theo-
logischen Fakultät, in welcher auch m Bezug
auf Examina und Promotk>nen an der alten
Tradition festgehalten wurde. Zudem wurde
keiner in die flieok)gisclie FakuHit angenom-
men, wenn er nicht vorher die philologische
Fakultät vollständig absolviert hatte. Die phi-
lologische Fakultät war die obligatorische Vor-
schule für die Theologiestudierenden, weshalb
in § 19 von zwei Abteilungen der Akademie
die Rede ist; von der untern, «in der be-
griffen sind die dassisdie Gelehrsamkeit; Lit-
teratur, schöne Wissenschaften, Geschichte,
Geographie, Philosophie, Mathematik, Physik
und Naturgeschichte» und von der obern,
«welche die Theologie, Staats- und Rechts-
wissenschaft und die Median enthält». Wie
für die künftigen Theologen die philologische
Fakultät die obligatorische Vorschule der tiieo-
k)gischen war, so war natüriich für dieselben
die Absolvierung der Lateinsdiule mit dem
Examen und der Promotio ad lectiones publi-
cas nach altem Brauch ebenfalls uneriässlich.
Auch erinnert es noch ganz an die alten Zeiten,
wenn das Reglement m §58 also vorschreibt:
«Bey der Annahme künftiger Theologen hat
man nicht allein auf Tüchtigkeit und Würdig-
keit, sondern auch auf die physische Beschaf-
fenheit der Subjekte Rücksicht zu nehmen. Na-
türliche, in die Augen fallende Gebrechen, eib-
liche oder eckelhafte Krankheiten, wesentliche
Mängel in der Organisation, in den Geistes-
und Gemütsanlagen schliessen schlechterdings
vom geistlichen Stande aus.»
Auch das Heiratsveibot wurde wieder auf-
genommen und für gut gefunden, es auf alle
Fakultäten auszudehnen. Wer wichtige Gründe
zum Wunsche einer Ausnahme von dem Ver-
bot vorzubringen hatte, konnte sidi bei der
Kuratel um Dispensation anmelden. Wie vor
Zeiten, so sollten auch jetzt wieder die Bene-
fidarii wegen allzu frühen Weibens alle genos-
senen Unterstützungen einbüssen.
Ueber die Abkunft und den Stand der Stu-
dierenden schreibt das R^ement nidits mehr
vor; diese Frucht hatte doch die Helvetik der
bemischen Schule gebracht, dass man jetzt nie-
manden mehr vom Eintritt in die hohem Un-
^
Die Akidemie in der Medlatioiii- und Restantatioiitzeit
^
terriditsanstalten ausschloss, moditen seine El-
tern sein, was sie wollten; ja man war jetzt
froh, wenn Leute vom Lande herbeikamen, mn
die medizinischen und juridischen Auditorien
zu fiiQen, und leistete diesen allen möglichen
Vorschub. Einzig der Theologie war es vor-
behalten, den Grundsatz der Gleichberechti-
gung aller Menschen wieder zu durchbrechen :
im Dezember 1810 besdiloss der Kleine Rat
auf den Antrag des Kirchenrates und der Ku-
ratel, dass von nun an die unehelich Gebomen
mit Ausnahme der per subsequens matrimo-
nium Legitimierten nicht mehr Theologie stu-
dieren könnten. Uebrigens wollte ja auch das
Reglement, dass die Theologen denn doch noch
andere Menschenkinder seien als ihre Kommi-
litonen, die Juristen und die Mediziner, und
das sollte auch äusseriidi zum Ausdrude kom-
men, schrieb es doch den Studiosis flieologiae
schwarze Kleidung vor, den übrigen Studieren-
den aber nur ein « anständiges » Gewand. Das
war die «äusserliche Sittlichkeit, durch welche
die Studierenden ihre Bestimmung fiir Wissen-
schaft behaupten» sollten. (| 54 des Regle-
ments.)
Die Disziplinarbestimmungen sind bn Ver-
gleich zu den friUiem Ordnungen ebenfalls ge-
mildert und nehmen jetzt nur noch einen klei-
nen iRaum (§ 55) ein. Die Vergehungen wer-
den nach den Distanzen unterschieden, die sie
behandeln sollen; diejenigen gegen die öffent-
liche Polizei, Schlagerei, Nachtlarm, Schulden
U.S.W. gelangen vor den Kanzler und von da
vor die betreffende bürgeriiche Behörde. « Mo-
ralische Unordnungen », wie Liederlichkeit, Ver-
schwendung, Trunkenheit, Spielsucht, Aus-
schweifungen u. s. w. gehören vor den Rektor,
dann den Kanzler; Unfleiss, UnsitÜichkeit, In-
subordination erst vor den Dekan, dann den
Rektor und so weiter hinauf. Die Strafen sel-
ber bestimmt das Reglement nicht
Nachdem die Probezeit von sechs Jahren ab-
gelaufen war, beantragte die Kuratel dem Klei-
nen Rat in ihrem Gutachten vom 15. Februar
1811,^ cdie durch das Reglement von 1805 ein-
geführten obem und untern Schulen als eine
an sich zweckmässige, den wissenschaftlichen
Bediirfhissen des Kantons entsprechende und
durch eine 6jährige Erfahrung geprüfte Anstalt
in ihrer Haupteinrichtung und wesentlichen For-
men beyzubehalten und zu bestätigen». Die
wenigen Veränderungen und Hinzusetzungen,
welche sie am R^ement vom Jahr 1805
wünschte, sind, abgesehen von redaktionellen
Vert>esserungen, folgende:
1. Zur Bekräftigung der Unabhängigkeit der
Kuratel vom akademischen Lehrkörper soll dem
ersten Pari^[raphen, welcher die Zusammen-
setzung der Kuratel bespricht, hinzugefügt wer-
den, dass keines der drei Mitglieder derselben
zugleidi ein in der Akademie oder in den
Sdiufen wirklich angestellter Lehrer sein dürfe.
2. Der Professor gymnasii ist sowohl von
der philologischen Fakultät, wie vom akademi-
schen Rat auszuschliessen mfolge der Erfah-
rung, « dass derselbe mit jenen in keiner eigent-
lichen Verbindung stehe und in künftigen Vor-
fallenheiten zu unbeliebigen Kollisionen An-
lass geben könnte ».
3. Die Bestimmung, dass alle Beratungen
des untern akademischen Rates vor den obem
gelangen sollen, ist als vollständig überflüssig
und zweckwidrig fallen zu lassen.
4. Jeder Professor soll gehalten sein, halb-
jährlich wenigstens zwei öffentliche CoUegla
anzukünden ; es ist ihm untersagt, ohne beson-
dere Veij^stigung der Kuratel eine andere
besoldete Stelle zu bekleiden und ausser der
Akademie ttber ein anderes als das ihm oblie-
gende Fach Unterricht zu erteilen.
5. Von den Studierenden der Medizin, die
im Kanton Bern praktizieren wollen, wird ver-
langt, dass sie alle vorgeschriebenen Cursus
anhören und die daherigen Proben vollständig
abl^en.' Dagegen behält sich die Regierung
vor, bei Besetzung solcher Stellen, die eme
wissenschaftliche Vorbereitung im theotogi-
Il(
Die Akademie in der Mediations- und Restaiintionszeii
51
seilen, juridisdien oder medizinisdien Fadi
voraussetzen, diejenigen, welche ihre Studien
auf der bemischen Akademie mit Fleiss und
Auszeichnung vollendet haben, vorzGglidi zu
berücksichtigen.^
Die Regierung bestätigte diese Vorschläge
der Kuratel und fugte von sich aus noch eine
den Geist der Zeit sehr bezeichnende Mass-
regel hinzu, dass nämlich die weltlichen Pro-
fessoren ausser in schwarzer Kleidung auch
noch mit dem Degen auftreten sollten. Wie
wird nun der Respekt der Hörer vor ihren Do-
zenten gewachsen sein!
Den 5. Juni 1812 MOirden alle Dozenten,
nachdem sie vorher aufs neue patentiert wor-
den waren, zur Erstattung des Qelfibdes vor
die Kuratel gebeten. Einzig Professor Risold,
der Lehrer der alten Sprachen an der philolo-
gischen Fakultät, erschien nicht, von der An-
sicht ausgehend, dass er sich durdi den 6 Jahre
vorher abgelegten Eid hinlänglich verpflichtet
habe. Die Kuratel legte diese Weigerung als
Insubordination aus und glaubte, man solle
dem renitenten Lehrer das Salarium entziehen,
bis er sich der Behörde gehorsam erzeige, wo-
rauf Risold seine Demission eingab. Aber mit
der Demission zu spielen war schon zu Anfang
des 19. Jahrhunderts ein gefährliches Ding:
die Kuratel beantragte dem Kleinen Rat, die-
selbe anzunehmen, da man Risold bei der
Wiederanstellung wie keinem zweiten Lehrer
entgegengekommen sei. Nun zog Risold — es
gibt nichts Neues unter der Sonne — schleu-
nigst sein Demissionsbegehren zurfidc, ent-
schuldigte sich und wurde beeidigt und — die
Akademie konnte ruhig ihren Gang weiter-
gehen, wie vorher.
Mutachs Wirksamkeit während seiner
ersten Amtsperlode.
Der Kanzler K» F. Tschamer.
Die Kuratel soigte von Anfang an für die
genaueste Ausfuhrung des Reglements und
war in der Beziehung namentlich den Profes-
soren gegenfiber von unerbittlidier Strenge und
ohne Nachsicht Wer das ihm voigesduiebene
Pensum nicht absolvierte oder seine Voriesun-
gen nicht gewissenhaft hielt, musste strenger
Ahndung gewärtig sein; der Kanzler, strenge
gegen sich selber, verlangte audi von den ihm
Unteigebenen striktesten Gehorsam und ge-
wissenhafteste Pfliditerfailung ; Widerspruch
duldete er keinen. Die den einzelnen Fakul-
täten vorgeschriebenen Beridite verfolgte die
Kuratel auf das genaueste und erstattete selbst
auf Grund derselben dem Kleinen Rat alljähr-
lich höchst interessante und ausführlidie Be-
richte Aber den Gang der Anstalt die Leistun-
gen der Lehrer und einzelner Schüler, die Sub-
sidiäranstalten, die Preisschriften, die Alum-
nate U.S.W.
Mutach verlangte Aditung vor seinen Be-
fehlen, haben wir eben gesagt, aber er vertei-
digte auch die Professoren gegen ungerechte
Angriffe und Hess den Beleidigten seinen Schutz
ai^iedeihen. Das zeigte sich namenflich in dem
Streite zwischen den beiden Reditslehrem
Haller und Schnell, auf den wir hier et-
was näher einzutreten haben.
Schwer lastete auf den Lehrern der Akade-
mie die Censur, um so schwerer, als jetzt
im Gegensatz zu den frühem Zeiten die Hand-
habung derselben einer einzigen Person an-
vertraut war, die in Zeitungen, Flugschriften
und Büchern nichts dulden sollte, « was für ein-
heimische und auswärtige Regierungen und
•
Regierungsbeamte, für die Geistlichkeit, für
die Religion und Sittlichkeit anstössig oder
beleidigend sein könnte, ebensowenig auch
ehrenrührige Ausfälle und Insinuationen ge-
gen Particulaipersonen » ; die strenge darauf
zu halten hatte, dass insbesondere die im Kan-
ton erscheinenden Zeitungen und periodisdien
Blätter «sich keinerlei Bemerkungen und Rä-
sonnements über politische Gegenstände er-
laubten, sondern sidi einzig und allein an die
Darstellung von Tatsachen hielten»; die na-
183
n^
Die Akademie in der Mediations- und Restturationszeit
»
mentiich auf diejenigen Schriften ein wachsa-
mes Auge halten sollte, welche die politischen
Ereignisse in der Schweiz während der Revo-
lutionsjahre besprachen.^ Den 30. September
1806 wurde vom Staatsrat Professor Haller zum
Censor gewählt mit einem Qehalt von Fr. 400,
in der Ueberzeugung, dass «er nach seinen
ausgezeichneten Kenntnissen und richtigem Oe-
ffihl alle Eigenschaften vereinige, welche Hoch-
dieselben bei einem Censor der im Kanton er-
sdieinenden Kalender, öffentlichen Blätter, Flug-
schriften und Bücher zu finden wünschen ». Das
richtige Oefühl, der Takt, wie wir heute sagen,
ging freilich dem neuen Censor vollständig ab
und bald überschritt er, autokratisch, wie er
war, seine Befugnisse und scheute sich nicht
in den zu censierenden Zeitungen seine per-
sönlichen Ansichten in die Aufsätze Anderer
einzuschieben und an die Stelle desjenigen zu
setzen, was jene eingerückt hatten. Ein Jahr
nach seiner Wahl erlaubte er sich das auch mit
einem Artikel in der in Bern erscheinenden
Zeitung, in welchem über die Inauguration des
neuen Prorektors, des Professors Schiferli, re-
feriert worden war. Das liess sich aber der
Kanzler der Akademie nicht gefallen; sofort
beschwerte er sich beim Staatsrat und dieser
liess durch seinen Präsidenten, den Amtsschult-
heissen, dem Censor seine Missbilligung aus-
drücken und ihm die emstlichsten Vorstellun-
gen machen, dass er als Censor innerhalb der
Schranken seiner Instruktion und nidit als Re-
zensent aufzutreten habe.^ Man hätte nun glau-
ben sollen, dass der so Oemassregelte sich in
die Machtsphäre des gewaltigen Kanzlers keine
Eingriffe mehr erlaubte, doch seine Leiden-
schaft liess dies nicht zu.
Für das Studienjahr 1806/07 war Haller zum
Prorektor gewählt worden und hatte beim An-
tritt dieses Ehrenamtes in der Inaugurations-
rede seine staatsrechtlichen Anschauungen nie-
dergelegt Als die Rede im Litterarischen Ar-
chiv erschienen war, bestritt Hallers Kollege
Samuel Schnell in der Allgemeinen Zeitung
sowohl die Neuheit wie die Haltbarkeit des
Systems, und es entspann sich ein Federkrieg
zwischen den beiden Gelehrten, der die Auf-
merksamkeit weiter Kreise auf sich zog und
der sich heftig fortsetzte, nachdem Haller seui
Handbuch der aUgemeinen Staatenkunde her-
ausgegeben hatte. Da benutzte denn des gros-
sen Hallers Enkel seine Stellung als Censor,
um an seinem wissenschafdichen und politi-
schen Gegner einen ganz gemeinen Racheakt
auszuüben, der uns seinen Charakter in trüb-
stem Licht erscheinen lässt Bald nach Neu-
jahr 1809 begann Schnell den zweiten Teil
seines Handbuchs über das bemische Zivilrecht
drucken zu lassen; schon nach dem Drude der
ersten Bogen schritt Haller ein und überschickte
dem Drucker sein Improbatur des Inhaltes:
«ich erkläre nach Pflicht und Gewissen, dass
ich den Druck dieser Schrift nicht bewilligen
kann und behalte mir vor, die Gründe dieses
Abschlags, falls man sich über denselben be-
schweren sollte, der hohem Behörde einzuge-
ben». Schnell beschwerte sich beim Kanzler
und dieser suchte zuerst zu vermitteln, wurde
aber von Haller schroff zurückgewiesen. Nun
hielt es Mutach für seine Pflicht, dem Ange-
griffenen mit allen ihm zu Gebote stehenden
Mitteln zu seinem Recht zu verhelfen. Er ver-
anlasst die Kuratel zu einem gehamischten
Schreiben an den Staatsrat^ (den 17. Februar
1809), in welchem gegen das Vorgehen des
Censors energisch protestiert wird, da in dem
betreffenden Handbuch «nichts gegen Staat,
Religion und Sitten gerichtetes zu finden sei»
und das Verbot desselben zugleich eine Ver-
urteilung der Amtstätigkeit der Kuratel be-
deute, insofem als Professor Schnell das Hand-
buch schon zum zweitenmal mit Wissen und
Willen seiner Aufsichtsbehörde seinen Vorie-
sungen zu Grunde gelegt und selbst seinen
Schülern zum Teil in die Feder diktiert habe.
In dem Schreiben wird der Staatsrat femer da-
rauf aufmerksam gemacht, dass es nicht wohl
angehen könne, dass der Censor beim Dmck
Die Akademie in der Mediationt- und Restturationsseit
^
eigentlich akademischer Werke, der
im Interesse der Schule soviel als möglicfa zu
fördern sei, mit ganzlicher Umgehung der Ku-
ratel nach eigenem Outdänken handle und in-
folgedessen beständige Kollisionen zu gewär-
tigen seien. Schliesslich verlangt die Kuratel
vom Staatsrat einen ganz bestimmten Entscheid
darüber, ob er das Vorgehen des Censors ge-
gen Professor Schnell ffir begründet finde oder
nicht
Der Staatsrat wagte nicht zu entscheiden
und legte den Fall dem Kleinen Rat zur Unter-
suchung vor, beantragte aber diesem in einem
Schreiben vom 20. Februar 1809,^ in Anbetracht
der mancheiiei Unbeliebigkeiten, die mit der
Censur bisher verknüpft gewesen seien, mit
einter Meinung dieselbe ganz aufzuheben, mit
anderer, sie beizubehalten, aber neben andern
Veränderungen und Milderungen die Beurtei-
lung der Weiice der akademischen Lehrer der
Kuratel zu fiberlassen. Diejenigen Staatsräte,*
welche für Aufhebung der Censur stimmten,
machten geltend, «dass das Recht, seine Ge-
danken und Ansichten seinen Mitbürgern durch
den Druck mitzuteilen, nicht zu sehr beeinträch-
tigt werden solle, dass die Tendenz und die
Gründlichkeit eines Werkes von dem lesen-
den Publikum selbst am gründlichsten beurteilt
werde, indem ein schlechtes Budi durch seinen
eignenen Unwert unverkauft liegen bleibe, oder
allfällige in demselben aufgestellte Irrtümer
von andern Gelehrten angegriffen und wider-
legt werden, dass endlich der Regierung immer
das Recht offen bleibe, einen Schriftsteller, der
sich auf eine für Religion, Regierung und Sitten
gefährliche Art in seinem Werk äussert, zur
Verantwortung zu ziehen ». Die andern glaub-
ten, dass die gegenwärtige Zeit, die politische
Lage der Schweiz und die gefährlichen Grund-
sätze der Revolution, «die leider noch jetzt nicht
aus allen Köpfen weggetilgt seien», die Fort-
dauer der Censur erheischten. Der Kleine Rat
schickte die Angelegenheit dem Staatsrat wie-
der zurück, als der Behörde, die nach dem Ge-
setz in Censursachen zu entsdieklen habe^ und
90 sah sich diese wohl oder wehe genötigt
das letzte Wort in der Angelegenheit zu spre-
chen. Gestützt auf das einstimmige Befinden
der Kuratel, dass sie in Schneite Handbuch
nichts gegen Staat, Religion und Sitten geridi-
tetes habe finden können, erkannte sie, die Ver-
weigerung des Imprimatur sei aufzuheben und
die Censur des Kompendiums habe durdi die
akademische Kuratel zu geschehend
Noch m demselben Jahr 180Q trat Haller
von der Censur zurück. Er hatte einen Aufsatz
g^en Müller-Friedberg in St Gallen in die Zei-
tung eingerückt, worauf der Staatsrat verord-
nete, dass der Censor keine eigenen politischen
Artikel mehr dem Druck übergeben dürfe, wenn
er nicht von seiner Behörde die Genehmigung
dazu erhalten habe. Darauf verlangte Haller
seine Demission als Censor und der Staatsrat
säumte nicht, ihm dieselbe zu erteilen.^
Wir können uns lebhaft vorstellen, wie die
Professoren der Akademie bei dieser Nachricht
aufatmeten, und mit grosser Genugtuung wer-
den sie auch den Beschluss des Kleinen Rates
vom 6. Juni 1810^ entgegengenommen haben,
der an Stelle des einen Censors ein Kollegium
von sieben Mitgliedern setzte, von denen das
eine aus der Mitte der Akademie zu wählen
war. Bald nachher wurde Professor Hünerwa-
del in die neue Censurkommission ernannt und
damit der Akademie die Gewähr gegeben, dass
der wissenschaftiichen Tätigkeit ihrer Vertre-
ter in Zukunft nicht allzu beengende Fesseln
angetan würden. Haller freilich, infolge der
eriittenen Niederlagen von Hass gegen seine
Kollegen und die ganze Akademie erfüllt, be-
nutzte jede Gelegenheit, um derselben Unan-
nehmlichkeiten zu bereiten und zu schaden. Er
tat dies namentiich in seiner Stellung ate Mit-
glied des Kleinen Stadtrates, wo sich ihm Ge-
legenheit genug bot, den Forderungen und
Wünschen des Kanzlers entgegenzutreten und
den Mann, der ihn so kräftig zu Paaren ge-
trieben, zu verkleinern und zu verieumden, was
184
«
Die Akademie in der Medtations- und Restaurationszeit
fib
denn auch zur Folge hatte, dass das Verhältnis
zwischen der Kuratel und dem Kleinen Stadt-
rat mit der Zeit ein sehr gespanntes wurde.
Es kam schliesslich so weit, dass die Kuratel,
als Haller im Sommer 1812 den Bestimmungen
des revidierten Reglementes gemäss um die
Erlaubnis einkam, seine Stellung als Stadtrat
beibehalten zu dürfen, kategorisch verlangte,
dass er, wenn er von der Regierung die Er«
laubnis dazu erhalte, bei allen Diskussionen
im Schoss des Stadtrates über Akademie und
Schule abtrete und durch ein Handgelfibde da-
zu verpflichtet weide.^ Natürlich konnte die
Regierung auf ein solches Verlangen nicht ein-
treten; wenn sie dem Petenten die Erlaubnis
gab, die Stelle beizubehalten — und das be-
antragte ihr die Kuratel — so waren keine Be-
dingungen an dieselbe zu knüpfen. Sie fand
aber den richtigen Ausweg und gab ihm die
Erlaubnis nur provisorisch, «einstweilen und
bis auf weitere Verordnung».^ Das scheint
auch gewirkt zu haben, wenigstens begegnen
wir von da an in den Manualen der Kuratel
keinen Klagen mehr gegen den Professor und
Stadtrat bis zu dessen Austritt aus der Aka-
demie im Oktober 181 7.^
In diesem selben Jahr hatte auch der Kanz-
ler nach zwölfjähriger erfolgreicher Tätigkeit
sein Szepter niedergelegt
In seiner Geschichte der Akademie sieht
Oreyerz den Qrund zum Rücktritt des Kanzlers
in der Unbeliebtheit der Akademie beim bemi-
schen Publikum und in den Folgen des Wart-
buigfestes vom Oktober 1817. « Zu dieser Miss-
stimmung — sagt er^ — kam im Herbst 1817
die durch das Wartbuigfest erzeugte Aufregung
und Reaktion. Es wurde von Mitgiiedem des
Rats ein Memorial gegen die Akademie einge-
geben^ und Kanzler Mutach trat 1817 von
seinem Amte zurück.»
Diese Behauptung ist schon deshalb aus der
Luft gegriffen, weil Mutach bereits den 17. Fe-
bruar 1817 vom Grossen Rat von seiner Stelle
als Kanzler enüassen worden war.^ Der Grund
liegt vielmehr in folgendem Umstand.
Zu Anfang des Jahres 1817 trat der Ge-
heime Rat durch sein Mitglied, den Ratsherrn
von Diesbach, mit dem Professor Heldmann
in Aarau in Veri>indung, um denselben für die
Redaktion einer «in gutem Sinn» geschriebe-
nen Bemerzeitung zu gewinnen, denn nach der
Ansicht des Geheimen Rates war das Bedürf-
nis eines solchen Blattes ein «imperatives»
geworden und er durfte nicht mehr länger säu-
men, auf dem Wege der Publizistik auf die ge-
fährdete Moral seiner teuem Untertanen ein-
zuwirken durch ein Blatt, das «in reinem Stil
geschrieben werde und in einer solchen poli-
tischen Tendenz, welche den acht vaterländi-
schen Grundsätzen der hiesigen Regierung an-
gemessen sei». Neben der materiellen Unter-
stützung der Zeitung, die sich nicht auf eine
kleine Summe belief — der Geheime Rat hatte
Geld in Hülle und Fülle — veriangte Held-
mann in erster Linie einen Ruf an die Akade-
mie als Professor der Kameralwissenschafien
mit einer fixen Besoldung von Fr. 1600.*^ Die
Gewährung dieses Wunsches bereitete dem
Geheimen Rat keine grossen Schmerzen, da
er die verlangte Besoldung aus seiner Kasse
bezahlen konnte, ohne jemandem dafür Rechen-
schaft geben zu müssen, und die Ausfertigung
eines Professorenpatentes konnte die Regie-
rung der allmächtigen Behörde und der Stütze
der staatlichen Ordnung auf deren Verlangen
wohl auch nicht versagen! Am liebsten hätte
er es freilich gesehen, wenn der Kanzler der
Akademie hülfreiche Hand leistete und es den
Anschein hätte, als ob die Berufung im Einver-
ständnis mit der Kuratel erfolgte. Infolgedes-
sen ging den 31. Januar jussu domini consulis,
d. h. auf Befehl des Präsidenten des Geheimen
Rates, des im Amt stehenden Schultheissen,
folgender Zettel, ein kleines diplomatisches
Kunststück, an die Kuratel der Akademie ab : ^
«Aus besondem vorwaltenden Gründen
wünschte der Geheime Rath, dass Mehgh. der
#
Die Akademie In der Mediationfl- und Retituiitiontidt
tkademisdien Curatel dem in Aarau angeses-
senen Herrn Professor Heldmann aus V/fin«
hurg ein Titularpatent als Professor der Came-
ral-Wissenschaften an hiesiger Akademie zu-
kommen lassen möchten.
Sollten anfällig Mehgh. sidi zu Ertheilung
einer solchen, mit keiner fixen Besoldung ver-
bundenen Honorar-Stelle nicht oompetent glau-
ben, so wünschten Mehgh. des Qeheimen Rats,
dass fiber diesen Qegenstand ein kurzer Rap-
port an Mehgh. erstattet werden möchte.»
Bereits den 5. Homung fertigt die Regie-
rung an Kanzler und Kuratoren einen Zettel fol-
genden Inhaltes aus : ^
«Nach angehörtem Euerm Tit durch den
Oeheimen Rat veranlassten Vortrag wollen
Mhgh. Euch begwältigen dem H. Dr. Held-
mann von V/ürzburg ein Honorar-Patent als
ausserordentlicher Professor zukommen zu las-
sen und fiberlassen Euch dasselbe zu besor-
gen.»
Die Kuiatel hatte also, nach diesem Rats-
zettel, in Sachen ihr Outachten an den Oe-
heimen Rat abgegeben und zwar offenbar in
dem Sinn, dass sie von sidi aus dem Wunsdi
des Oeheimen Rates nicht nachkommen könne.
Mericwiirdigerweise wird nun aber im Manual
der Kuratel, in dem sonst die unbedeutendsten
Verhandlungsgegenstinde protokolliert sind,
und vor allem die Eingaben an Oberbehör-
den, weder dieses Outachtens und der voran-
gehenden Veiliandlung, noch des Zettels des
Oeheimen Rates, der sie veranlasste, nodi
überhaupt je des Professors Heldmann auch
nur mit einem einzigen Wort gedacht Es kam
also in der betreffenden Sitzung — so dfirfen
wir mit Sicherheit schliessen — zwischen den
Kuratoren infolge von Meinungsdifferenzen zu
heftigen Auseinandersetzungen, an die das Pro-
tokoll nicht erinnern sollte. Und wenn wir nun
noch weiter hinzunehmen, dass nach der Rats-
sitzung vom 5. Februar der Kanzler Mutach
seine Enflassung eingab, so ist es klar, dass es
1^
der Kanzler gewesen ist, der die Zumutung
des Oeheimen Rates als einen Eingriff in die
Rechte der Kuratel bezeichnete, der nie und
nimmer geduldet werden könne und auf den
man, wenn die Kuratel zur Ausfertigung des
Patentes durch die Regierung aufgefordert wür-
de, mit der Demission antworten müsse. Seine
Kollegen blieben im Amt — sie waren also
anderer Ansicht; sie beugten sich servil vor
dem Maditwort der Obeibehörde und zeigen
uns dadurch, weldi Oeistes Kind auch sie wa-
ren. Aber höher ab die Ounst seiner JMitbfirger
hielt Mutach das Interesse der Akademie, das
ihm nicht gestattete, die Wissenschaft in den
Dienst der reaktionären Bestrebungen des Oe-
heimen Rates herabwürdigen zu lassen; nie-
mand kann ihm deshalb bei seinem Sdieiden
aus der Anstalt, die er so treu gepflegt, seine
Hochachtung versagen. Auch der Behörde kam
jetzt zum Bewusstsein, was er dem Kanton ge-
leistet hatte ; die Regierung entliess ihn mit fol-
gendem Dankesschreiben, welches nadi ihrem
Befehl dem Protokoll der Kuratel einzuverlei-
ben war:*
«Euer Wohlgeboren b^[ehren von uns die
Entlassung von der Ihnen unteim 4. März 1805
aufgetragenen Würde eines Canzlers der Aka-
demie. Nachdem unter Ihrer Leitung das neue
Oebäude der Akademie und Schulen gebildet
worden war, hatten Sie es sichs zum Ziel ge-
sezt dieser Anstalt vorzustehen, bis dieselbe
durch allmählige An- und Emgewöhnung, ge-
prüfte Erfahrung, den erworbenen Ruff der
Lehrer und durch den festen Oang der Me-
thode und des Unterrichts die erforderliche
Selbstständigkeit erhalten haben werde. Nun
da dieser Zei^unkt eingetretten, glauben Sie
sich audi zurück ziehen zu können, um Ihre
ganze Zeit dem Finanzfache zu widmen, in
welchem Sie schon lange mit ausgezeichnetem
Eifer arbeiten.^
Wenn Wir uns erinnern, in welchem Zxt-
stand Unsere öffentlichen Unterrichtsanstalten
am Ende der Revolution im Jahr 1803. sich
«
Die Akademie in der Mediatbns- und Restturtiionszeii
»
befunden haben, bey den Lehrern kein Mutfai
bey der Jugend keine Lus^ überall eine Er-
schlaffung, welche die Eltern, denen die Er-
ziehung ihrer Söhne am Herzen lag, zwang
zu kostt>aren Privat-Instituten ihre Zuflucht zu
nehmen, wenn Wir sie mit der Akademie und
Schulen vergleichen, wie sie jetzt bestehen, mit
ttieils sehr ausgezeichneten oder doch guten
Lehreren versehen, bey der eine zweckmässige
Methode den Schlendrian verdrangt hat, der
Unterricht nach gegenwärtigen Zeitt>edflrfnis-
sen umfassender, der Jugend die Bahn zu einer
vielseitigen Bildung eröfhet, und wo der Jüng-
ling mit vorzüglichen Gaben ausgerüstet in
manchen Fädiem weiters als sonst gebracht
wird, wenn mit zwekmässigem Unterricht auch
Erziehung verbunden wird, die sich durch Sitt-
lichkeit der in der neuen Anstalt gebildeten
Jünglinge zu erkennen giebt; Wenn wir end-
lich bedenken, dass alles das vornehmlich Euer
Wohlgeboren Werk ist, indem Sie das Weric
begannen und mit Ueberwindung manigfaltiger
Schwierigkeiten durdigeführt haben, so erzeugt
dies billig den Wunsch in uns, dass Sie dieser
schönen Anstalt noch länger vorstehen, noch
länger ihre Vervollkommnung hätten befördern
mögen. Indessen legt Uns das Oefühl, dass
Ihre Bitte gerecht ist, die Pflicht auf Ihrem An-
suchen zu entsprechen und Ihnen Ihre Entlas-
nach beendigtem Winter-Curriculum zu ertfaei-
len. Sie werden diese Würde mit dem Bewusst-
sein abtretten der Republik und Ihrer Vater-
stadt, insbesonders während der Bekleidung
dieser Stelle, wesentliche Dienste geleistet zu
haben; Und wir geben Ihnen das Zeugniss,
dass wir in Ihnen den Wiederhersteller Un-
serer Erziehungs-Anstalten ehren, und Ihnen
mit besonderm Dank, welchen durch ein blei-
bendes Denkzeichen zu bezeugen Wir uns vor-
behalten, zugethan veibleiben.»
Das Oeschenk bestand in emem silbernen
Tee-Bouilloir, von Meister Rehfuss nach des-
sen Zeichnung kunstvoll hetgestellt; es ko-
stete L 1834.1
An Mutachs Stelle trat mit dem Beginn des
Wintersemesters der Heimlicher Karl Fried-
rich Tscharner. Er war ein braver Soldat
und pflichlgetreuer Beamter, stand aber an BQ-
düng weit hinter seinem Vorgänger zurück
und genoss deshalb in den akademischen Krei-
sen nicht die Achtung, welche von dieser Seite
dem obersten Leiter der hohem Bildungsan-
stalten entgegengebracht werden sollte. Seine
Wahl war eben eine Verlegenheitswahl und
Tscharner selber übernahm den verantwor-
tungsvollen Posten ungern. Nun, er führte
dank der ihm angebomen Oewissenhaftigkeit
die Geschäfte der Kuratel und alles, was ihm
sein Pflichtenheft vorschrieb, mit Eifer und
Treue und man kann nicht sagen, dass die Aka-
demie unter seiner Führung Schaden litt oder
in irgend etwas zurückging:' alles ging seinen
ruhigen Qang weiter und wäre nicht die hei-
tere Studentendemonstration vom September
1818 (die wir bei der Qeschichte der tiieolo-
gischen Fakultät zu erzählen haben) vorgefal-
len, so wüsste die Schulgeschichte aus der Zeit
des Tschamerschen R^fiments gar nidits Be-
merkenswertes und Interessantes mitzuteilen.
Schon nach zwei Jahren legte Tscharner das
Kanzleramt wieder nieder infolge der Stähele-
Affaire, deren wir hier Erwähnung tun müssen.
Im Februar 1819 hatte der jimge, freiheit-
begeisterte Thurgauer Andreas Stähele auf die
Empfehlung der Professoren Lutz und Döder-
lein' die Erlaubnis erhalten, als Privatdozent
an der Akademie über Geschichte Vorlesungen
zu halten.^ Im darauffolgenden Sommer ertiielt
Stähele von Professor Kortüm, damals in Neu-
wied, die Nachricht, dass der russische Hof rat
und Ritter Dr. von Hamel im Auftrag seiner
R^erung die Schweiz bereise, um «in akade-
mischen Hörsälen und sonst überall zu hor-
chen und die etwaigen freien Redensarten dem
getreuen Qedächtniss einzuimpfen ».^ Wie nun
von Hamel nach Bern gekommen und im Fal-
ken abgestiegen war (den 13. August), begab
sich Stähele dahin und insultierte den Herrn
187
■ ■ "a ■■!
^
Die Akademie in der Mediation«- und Resiaurationszeii
1»
Hof rat mit gröblichen Worten und entehrenden
Benennungen. Arretiert, gestand er, dass er
in dem durchreisenden Russen einen zweiten
Kotzd>ue sehe, den er mit ganz Deutschland
als den Lobpreiser der Tyrannie und der mor-
schen Feudalverhältnisse verachte, und dass er
in der Tat Sands nicht sowohl einen Willens-
akt seiner Person, sondern die Rache des Him-
mels erblicke. Der Geheime Rat geriet in nicht
geringen Schredcen, dass innerhalb der Mauern
Berns ein Subjekt von solch niedertrachtiger
und staatsgefährlicher Gesinnung weile, der
die öffentliche Ruhe durch sein Gebaren in
sträflicher Weise zu stören gewagt und an der
bestehenden Ordnung öffentlich Verrat geflbt
habe. Sofort wurde er des Landes verwiesen
und unter polizeilicher Begleitung an die Grenze
des Kantons geführt, und natärlich wurde der
Kanzler Tschamer, der den Landesverräter als
Lehrer der Jugend angestellt, von allen Seiten
mit herben Vorwürfen fiberhäuft Einen Tadel
hatte Tschamer freilich verdient: er hatte dem
Stähele ohne irgend welche Anzeige an die Ku-
ratel^ die venia docendi eigenmächtig und auf
die blosse Empfehlung der zwei genannten Do-
zenten hin erteilt und sich damit eines Willkür-
aktes schuldig gemacht, den sein Vorgänger
nie begangen hätte. Bald darauf gab er seine
Demission ein und eiliielt sie vom Kleinen
Rat den 13. September 1819.^ Nadidem der
Kurator von Jenner als ältestes Mitglied des
Kollegiums die vices des Kanzlers iibemom-
men und die laufenden Geschäfte weitergeführt
hatte, wurde zu Ende des Jahres auf allge-
meinen Wunsch der alte Kanzler Mutach mit
der Leitung der Akademie und Schulen wie-
derum betraut; den S.Januar 1820 präsidierte
er bereits wieder die Sitzung der Kuratel und
lenkte nun das Steuer mit der erprobten Kraft
und Sicherheit fast ein volles Dezennium.
Mit dem Privatdozenten Stähele hatte das
Geschick auch den Professor Heldmann von
der Akademie beseitigt; wie Mutach sein Amt
wieder antrat, fand sich dieser Stein des An-
stosses nicht mehr vor. Er hatte audi dem
Geheimen Rat keine grosse Freude bereitet
und die ihm anvertraute Redaktion in ganz
anderer Weise besorgt, als jener erwartet hatte.
Trotz wiederholt an ihn erlassener Mahnungen
und Bemerkungen waren immer wieder Artikel
in der «Europäischen Zeitung» erschienen, in
welchen die der Schweiz befreundeten auswär-
tigen Regierungen angegriffen und überhaupt
staatsgefährliche Grundsätze aufgestellt wur-
den, so dass Reklamationen von allen Seiten
emgegangen waren, infolge deren der Geheime
Rat sich genötigt sah, seine Verbindlichkeiten
mit ihm auf Neujahr 1818 zu lösen. Eine be-
deutende Geldeinbusse war das einzige, was
dem Staat von diesem Unternehmen blieb.
Heldmann verkehrte nachher häufig mit Stä-
hele und vermittelte die Drucklegung eines Auf-
satzes «Vom Rheinstrom» in der Aarauer Zei-
tung vom 2. August, in welchem unter der Be-
zeichnung Dr. H*"*^ auf den russischen Hof-
rat Hamel aufmerksam gemacht und nebenbei
die preussische Regierung angegriffen wurde.'
Das genügte, um auch ihm den Prozess zu ma-
chen; sein Honorarpatent wurde ihm von der
Regierung den 18. August «gezuckt».
Das Reglement vom Jahr 1821.
Mutaehs Wirksamkeit wihrend seiner
zweiten Amtsperlode.
Wegen der immer mehr sich ausdehnenden
Tätigkeit, die die Kuratel zu entfalten hatte,
war schon im Friihjahr 1816 vom Kleinen Rat
auf den Antr^ der Kuratel beschlossen wor-
den,^ das Kollegium um zwei Mitglieder, eins
aus dem Kleinen und eins aus dem Grossen
Rat zu erweitem. Eine gewaltige Summe von
Arbeit hatte der Kanzler bis anhin bewältigt
und die Anstalt auf eine erfreuliche Höhe ge-
bracht, alles ohne irgend welche Entschädi-
gung: im Aufblähen der ihm untergebenen
Schulen sah er die schönste Frucht seiner an-
«
Die Akademie in der Mediations- und Restauratlonszeii
gestrengten Tätigkeit Wie er nun im Februar
1817 seine Demission eingegeben und am Schul-
fest, den 10. Mai dieses Jahres, seine Abschieds-
rede gehalten hatte, handelte es sich vor allem
darum, zu untersuchen, wie die Kuratel zu or-
ganisieren sei, damit die Arbeitslast des Kanz-
lers vermindert werde, war doch jedermann
davon überzeugt, dass sich niemand finden
werde, der dieselbe wieder auf sich nehmen
könne« Auf die betreffende Anfrage des Klei-
nen Rates antwortete die Kuratel,^ die Kanzlei-
stelle solle in ihren bisherigen Attributen' ver-
bleiben, sei aber mit einer jährlichen Besol-
dung von Fr. 800 zu honorieren und solle da-
durdi entlastet werden, dass man ihrem Inha-
ber aus der Zahl der Kuratoren zwei A d j u n k •
ten an die Seite gebe, den einen fOr die Aka-
demie, den andern für die auf dieselbe vor-
bereitenden Unterrichtsanstalten. Jener sollte
die akademischen Lehrer und die Studenten
beaufsichtigen, den Vortrag über die Vorlesun-
gen zu Händen der Kuratel verfassen und den
akademischen Examen beiwohnen ; an ihn soll-
ten alle Schreiben der akademisdien Unterbe-
hörden gehen, die nur Detail- und Exekutions-
sache sind. Jeder der beiden Adjunkten sollte
mit Fr. 600 remuneriert werden.
Der Kleine Rat nahm diese Vorschläge wohl-
wollend entgegen, wählte den I.Oktober 1817,
wie wir gesehen, zum Kanzler mit der friihem
Machtsphäre den Heimlicher Tscharner
und zu dessen Qehfilfen tiber die Akademie den
Kurator Benoit. Das Nähere sollte in
dem zu revidierenden Reglement für
die Akademie und die Schulen fest-
gesetzt werden. Dazu fand aber das neue
Regiment keine Zeit und als nach dem Rück-
tritt Tschamers den 14. Dezember 1819 zum
einstweiligen Präsidenten der Kuratel
"^ den Namen Kanzler perhorrescierte man be-
reits, namentlich im Schoss des Kirchenrats —
und zum Mi^ied des Kirchenrats Mutach
wiederum gewählt wurde, da erteilte ihm der
Kleine Rat zunächst die Au^abe, die Revi-
Üi
sk>n der Einrichtung der Akademie und Schu-
len an die Hand zu nehmen und in absehbarer
Zeit durchzuführen. Mit der ihm angebomen
Energie führte Mutach diese Aufgabe aus und
das neue Reglement erhielt schon den 1. Ok-
tober 1821 die obrigkeitliche Sanktion.
Es unterscheidet sich vom alten vom Jahr
1812 hauptsächlich in der vollständigen Umge-
staltung der über den Unterrichtsanstalten ste-
henden Behörden.
Die Kuratel wurde um zwei weitere Mitglie-
der vermehrt, bestand also jetzt ausser dem
Präsidenten aus sechs Mitgliedern, welche nach
der Neukonstituierung derselben auf einen, dop-
pelten Vorschlag der Kuratel selber vom Klei-
nen Rat gewählt wurden, und zwar der eine aus
der geistiichen Bank des Kirchenrats und die
fünf andern aus dem Mittel des Grossen Rats ;
unter diesen fünfen musste wenigstens einer
ein Mitglied der Stadtverwaltung sein. Der
Prisklent sollte, wie bis anhin, dem Schosse
des Kleinen Rates entnommen und von diesem
auf den doppelten Vorschlag des Kirdienrates
gewählt werden. Das Laienelement erfuhr also
eine bedeutende Verstärkung gegenüber der
Vertretung der Kirche ; diese war in ihrer Stel-
lung durch die neue Ordnung der Dinge ge-
schwächt worden und konnte ihren Einfluss
bei weitem nicht mehr so geltend machen, wie
früher, wurde doch durch das Reglement auch
noch bestimmt, dass der Präsident der Kuratel
von Amts wegen bei allem, was den Wirkungs-
kreis der Kuratel betraf, den Beratungen des
Kirchenrates mit Sitz und Stimme beiwohnen
sollte. Nicht um ein weniges war gerade durch
diese Bestimmung die Machtstellung des Kanz-
lers, der im übrigen seine frühem weitreichen-
den Kompetenzen alle befliehielt, nodi erhöht
worden. Den Kanzlertitel, den man, wie bereits
bemerkt, in Bern nicht mehr gerne hörte, sollte
er freilich nur noch im Verkehr mit auswärti-
gen Personen und Behörden gebrauchen dür-
fen, in Bern war er der Präsident der Kuratel.
^
Die Akademie in der Mediitiona- und Reiltitriiioiitieit
51
Der Kuratel ab aoldier tat diirdi daa neue
Reglement die Aufsicht Ober die verschiedenen
Abteilungen der Anstalt und die Lehrer der-
selben abgenommen ; sie ist nur noch die ober-
ste deliberierende und ericennende Behörde,
nicht mehr die beaufeichtigende. Im übrigen
sind ihre Kompetenzen dieselben, wie früher.
Der untere akademische Rat ist abgeschafft,
an seine Stelle treten die vier FakultäteUi
d. h. die Professorenkollegien der einzelnen
Fakultäten, deren Sitzungen von je einem der
vier Kuratoren präsidiert werden, welche die
Kuratel zu Fakultätspräsidenten ernannt hat^
Die Dekane fungieren nur noch als Vizepräsi-
denten ihrer Fakultäten; in allen wichtigen
Verhandlungen, namenflich wenn ein Outach-
ten von der Kuratel verlangt wird, ist der be-
treffende Kurator verpflichtet, die Fakultät
zu präsidieren und nur, wenn es sich um Dinge
handelt, die nach seiner Ansicht kein weiteres
Interesse beanspruchen, ist er ermächtigt, das
Präsidium der Fakultätssitzung dem Dekan
alleiignädigst zu überlassen.'
So wurden denn durch das neue Reglement
die Professoren vollständig bevormundet: das
Redit, sich unter sich über wichtige Gegen-
stände aussprechen zu dürfen, war ihnen be-
nommen ; es sollte keiner ein Wort mehr äus-
sern dürfen, es sei denn unter der Aufsicht und
Leitung der Behörde. Schon unter dem alten
Reglement war die Bewegungsfreiheit der Do-
zenten keine grosse gewesen, das neue er-
stickte dieselbe vollständig. Durch die Ab-
schaffung des untern akademisdien Rates
wurde auch der Prorektor zum Verwaltungs-
beamten degradiert.
Dem Präsidenten der Fakultät war die spe-
zielle Aufsicht über die Professoren derselben,
sowie der in das betreffende Fach einschlagen-
den Subsidiäranstalten anvertraut Die theolo-
gische Fakultät stand unter dem Vorsitz des-
jenigen Kurators, welcher aus dem Kirchenrat
ernannt wurde, und ihr wurden nodi zwei geist-
lidie Professoren der phQologiscfaen Abteilung,
wie die phitologische Fatalität von nun an hiess,
zugeordnet Jede Fakultät ist für die vorsdirift-
mässige Erfüllung der Pflichten, sowobl von
Seiten der Lehrer als der Sdifiler verantwort-
lich ; in ihrem Pensum liegt vorzüglich die ge-
naue Leitung und Bewachung alles dessen, was
den Studienplan der Lehrer und die Disziplin
der Studiosen anbelangt
Der frühere obere akademische Rat ist nach
dem neuen Reglement der akademische
Rat; ausser der endgültigen Beurteilung der
Preisschriften hat er, wie früher, nur repräsen-
tative Bedeutung.
Von den Bestimmungen des neuen Regle-
ments, die sich nicht auf die Behörden bezie-
hen, haben nur noch folgende Neuerungen
einiges Interesse:
Während früher die Professoren der Theo*
k>gie dem bemischen {Ministerium angehören
mussten, konnten sie jetzt auch aus dem Mi-
nisterium der übrigen evangelischen Stände der
Eidgenossenschaft erwählt werden. Alle Pro-
fessoren aber wurden von 1821 an auf einen
motivierten Vorschlag nicht mehr bloss der
Kuratel, sondern auch noch des Kirchenrates
gewählt
Dem Zeilgeist gemäss wurde nach dem
neuen Reglement bei der Veigabung der Bene-
fizien wiederum wie in den guten alten Zeiten
zuerst auf die Burgerssöhne Rücksicht ge-
nommen.
Nach der Annahme der neuen Ordnung
schritt die Behörde zur Wahl der Kuratel und
bestellte sie folgendermassen : '
Das Präsidium wurde dem Ratsherrn IMu-
tach definitiv übertragen mit einer Jahresbesol-
dung von Fr. 800.
Assessoren waren:
1) Dekan Risold^ von der geistiichen
Bank des Kirchenrats, zur speziellen Beaufeidi-
tigung des theok>gischen Faches.
IW
^
Die Akidemie in der Medittlont* und Restaurationszeit
m
2) Appellationsrichter von Jennery^ Mit«
glied der Stadtverwaltung und bisheriger Ku-
ratori Präsident der juridischen Fakultät
3) Oberamtmann Lombach* von Schwär*
zenbutg, Mitglied des Sanitätsrates, Präsident
der medizinischen Fakultät
4) Karl Ludwig Wurstemberger' von
Zofingen» Präsident der phik>sophischen Fa*
kultät
5) Ratsschreiber Benoit,^ bisheriger Ku-
rator, Präsident der Litterarschule.
6) Stadtschreiber Zehender, Mitglied der
Stadtverwaltung, Präsident der einzurichtenden
Realschule.
Mit peinlicher Genauigkeit sah der Kanzler,
wie während seiner ersten Amtsperiode, so auch
jetzt wieder auf die Erfüllung des Reglements
sowohl von Seiten der Professoren, wie von
selten der Studierenden ; ^ die geringste Ab-
weichung wurde mit scharfen Worten geahn-
det Statt vieler Beispiele seien hier zum Be-
weise wenigstens zwei erwähnt, die zeigen mö-
gen, wie pedantisch es an der Akademie her
und zuging.
[)en 21. April 1823 wurde an Professor Hfi-
nerwadel folgender Zettel ausgefertigt:^
«Mit wahrem Misbelieben hat die Curatel
in Erfahrung gebracht, dass Euer Tit beym
Schluss der Vorlesungen des Winterhalbjahrs
in der Dogmatik die im Lectionscatalog ange-
kündigte Lehre von Qott noch nicht vollendet
haben. Der übrig bleibende Theil derselben
soll für die Studierenden indessen keineswegs
verloren gehen demnach erhalten Sie Tit
den Auftrag in ausserordentlich zu bestimmen-
den Stunden die Lehre von Qott vollständig zu
Ende zu lesen, und sobald solches geschehen,
dem H. Curator Ihrer Facultät davon Anzeige
zu machen.»
Den 8. September 1824 eriiidt Professor
Stapf er folgendes SdireOben : ^
«Aus Ihrem Halbjahrbericht, Tit:, haben
Mehgh. der Curatel die unbeliebige Vermuthung
gesdiöpft, dass Sie in Ihrem Vortrag über das
Neue Testament in der Obern Akademie erst
spät, nach Beendigung der Epistel an die Rö-
mer, zur Erklärung des ersten Briefes Pauli an
die Korintiier geschritten sind, da solche dodi
das Hauptpensum Ihres Vortrags im Sommer-
curriculum ausmachen sollte. Die Kuratel sieht
sich im Fall Euer Tit: zu ersuchen, WoMder-
selben mit Beförderung anzuzeigen, wie weit
Sie in dem erwähnten Brief an die Korintiier
vorgerückt sind.»
Man griff sogar gelegentiidi, wie vor Zei-
ten, zu dem unwürdigen Mittel der Inspektion
der Kollegienhefte; so im Jahr 1829, als es
hiess, der Professor Usteri, dem es oblag, das
Neue Testament nach der grammatikalischen
Seite auszulegen, erlaube sich bisweilen auch
exegetische Erläuterungen, welche weder den
Kenntnissen seiner Zuhörer angemessen seien,
noch in den ihm übertragenen Kurs passten.
Die Studenten wurden einvernommen und ihre
Kollegienhefte durchgesehen und es eigab sich,
«dass die, Herrn Usteri zur Last gelegten Ab-
weichungen von seinem Pensum, wenn auch
nidit ganz gegründet, doch durch einige ihm
im Laufe seines Vortrages entfallene unpas-
sende oder unrichtig aufgefasste Bemerinmgen
veranlasst sein konnten». Nach diesem Resul-
tat Hess der Präsident der Kuratel im Aufb-ag
seiner hohen Behörde den Professor gymnasil
zu sich bescheiden, gab Ihm emstiiche Vorstel-
lungen über seine Vorfaage und forderte ihn
dringend zu grösserer Behutsamkeit auf, so
dass er mit Vermeidung aller exegetischen Er-
örterungen sich einzig und allein an die gram-
matikalische Erklärung des griechischen Textes
halte.
Und es war gut, dass die Kuratel den Sach-
verhalt untersudit und festgestellt hatte, denn
bald nachher kam an sie die Anfrage von selten
des Kleinen Rates, ob es riditig sei, dass die
Voriesungen des Professors Usteri mit dem
Die Akademie in der Mediatlont- und Restaurationueit
evangelisch-reformierten Lehrbegriff nicht fiber-
einstimmten ! ^
So kleinlich und schulmeisterlich wie in der
theologischen Fakultät, ging es freilich xum
Glück in den übrigen Fakultäten nicht zu ; da
herrschte die ganze Zeit über ein freierer Geist
und der Wissenschaft waren da nicht die be-
engenden Schranken gezogen, wie in |der Schule
der Gottesgelehrsamkeit, hinter welcher der
Kirdienrat beständig lauerte und schnüffelte.
Dem Ratsherrn Mutach war das Bursdien-
tum ein Dom im Auge ; ihm war es unverständ-
lich, dass die Jünger der Wissenschaft andere
Sitten und Gebräuche pflegen sollten, als der
ruhige Bürger; er fand, dass das Burschenwe-
sen mit den akademischen Grundgesetzen un-
vereinbar sei und aller guten Ordnung und
dem Anstand zuwiderlaufe. Deshalb schritt er,
ab im Juni 1812 ruchbar geworden war, dass
unter den Studierenden eine regelrechte Bur-
schenschaft mit der regelrechten Burschenspra-
che und dem regelrechten Comment sich ge-
bildet habe, sofort ein und löste die Veibin-
dung auf mit schonender Zurechtweisung ihrer
Mils^ieder. Wie nun aber diese im September
darauf sich aufs neue konstituierten und die
Verbindung durch eine Reihe neuer Mitglieder
im Geheimen verstärkten, da hielt der Kanzler,
der Trotz und Widerspruch nie duldete, nicht
mehr an sich und veranlasste die Kuratel zu
strenger Bestrafung der Fehlbaren, um das
Uebel für immer auszurotten. Alle Mitglieder
der Burschenschaft wurden vor den untern aka-
demischen Rat zitiert und ihnen das ernstliche
Missfallen der akademischen Oberbehörde vor
Augen gestellt; die beiden Senioren erhielten
12 Stunden Karzer und Hausarrest während der
ganzen Dauer der Neujahrsferien. 11 Studio-
sen, welche der Verbindung schon bei ihrer
ersten Gründung angehört hatten, bekamen
ebenfalls Hausarrest für die Neujahrsferien und
sieben weitere wurden für drei Monate in ihren
akademischen Benefizien eingestellt. Allen Stu-
wurde am sdiwarzen Brett bekannt
gegeben unter Beisetzung des Kanzlersiegels,
dass die Bildung jedes « Ordens », bei welchem
burschikoses Tun und Lassen sich äussern wür-
de, heisse er, wie er woUe, für alle Zukunft
bei den schärfsten Strafen verboten sei ; endlich
wurde der untere akademische Rat verpflichtet,
jeden auch noch so leisen Versuch zur Wie-
einführung des Burschentums ungesäumt der
Kuratel anzuzeigen.'
Das wiricte ; niemand versuchte es mehr, den
Zorn des allgewaltigen Kanzlers zu erregen;
erst nach dem Warti)uigfest regte sidi auch in
Bern der burschikose Geist wieder und zeigte
sich in dem Versuch, die Frisur und die Tracht
der deutschen Burschen nachzuahmen. Als diese
Sitte immer mehr um sich griff und bereits eine
grössere Anzahl von Musensöhnen cmit vieler
Affeetation die so geheissene teutonische Tracht
annahm», einen Bart trug und sich wider die
Landessitte des linnenen Hemdes entäusserte,
da hielt es der Geheime Rat für nötig, die Ku-
ratel aubufordem, dass sie dieser Ungebun-
denheit ein Ende mache.'
Kostl>ar ist die Antwort der Kuratel vom
22. September 1820 auf den Geheimratszettel,
die wir deshalb unsem Lesern nicht vorentiial-
ten wollen; sie lautet:^
« Die Akademische Kuratel hat den in Euer
Tit Zuschrift vom 18. dis gegebenen Wink, in
Hinsicht auf die Notwendigkeit, die hiesigen
Studiosen zu einer anständigen Kleidung und
Haltung anzuhalten, nicht abgewartet, sondern
bereits vorher, von der Nothwendigkeit über-
zeugt, dieser schädlichen Auszeichnungssucht
Schranken zu setzen, die ihrer Stelluug ange-
messenen Vorkehren getroffen. Sie hat über
diejenigen Studiosen, die sich in dieser Hin-
sicht am auffallensten auszeichneten, Berichte
eingezi^en, und in der Folge dieser Berichte,
einem gewissen Friedrich Hürsch von Zofingen,
mit Bedrohung seiner Entfernung aus der Aka-
demie, die b^timmte Weisung ertiieflen las-
sen, das anstössige seiner Teutonentracht ab-
Hl
Die Akademie in der Mediations- und Restaurationszeii
^
ndegen. Dieser Weisung hat sidi derselbe auch
sogleich unterzogen, indem der Schnurrbart,
der lange Kinnbart und die seinen Kopf Um-
schattende Mähne bereits verschwunden sind.
Die Kuratel hofft, dass dieser ernst gemeinte
Wink eine heilsame Wirkung hervorbringen
und die übrigen Studiosen von einer allfälligen
Sucht, ähnliche Naturscenen nachzuahmen, hei-
len wird. Was die Kleidung anbelangt, so
glaubt indessen die Kuratel Euer Hochwohl-
geboren bemerken zu müssen, dass sie be-
denklich finden müsste, hierüber bestimmte
Vorschriften zu geben, da der gegenwärtige
teutonische Kleiderschnitt eine Modesache ist
und diese Tracht nicht allein den Studiosen
eigen ist, ja sogar in Deutschland unter der
Jugend ziemlich allgemein angenommen zu
sein scheint»
Der Oehekne Rat legte diesen Zettel be-
friedigt zu den Akten.
Die Anstellung der Professoren.
Nachdem am 10. Mai 1805 der Kleine Rat
die Professoren für die Akademie ernannt hatte
— drei Ausländer, alle andern Inländer — ^
beschloss die Kuratel in der Meinung, dass die
neue Zeit auch neue Formen bedinge, für die
juridische, medizinische und phik>logische Fa-
kultät die Disputationen, auf Qrund welcher
die Professorenwahlen bis anhin geschehen
waren, abzuschaffen und bei den künft^n
Wahlen eine einfachere Form der wissenschaft-
lidien Erprobung einzuführen, falls nicht die
einfache Vocierung beliebe. So wurde für die
Wahl des Professors der Philosophie, deren
Katheder den 10. Mai 1805 noch nicht besetzt
worden war, bestimm^ dass der Kandidat eine
lateinische Praelectk>n und eine deutsche Vor-
lesung über zwei ihm gegebene Themata zu
halten habe;^ bald nachher wurden die Pro-
ben für den anzustellenden Professor der Vieh*
arzneiwissenschaft festgesetzt^ in einer anato-
misch - physiok>gischen Demonstration über
eüien oder mehrere Teile des Pferdes oder
Hornviehs, und in einer wissenschaftlichen Vor-
lesung über einen Gegenstand der praktischen
Tierarzneikunde. In ähnlicher Weise bestanden
die Proben für den chiruigischen Lehrstuhl im
Februar 1812, als Professor Schiferli resigniert
hatte,3 in einer anatomischen Demonstration,
der Verrichtung einer Operation am Kadaver
und in einer deutschen Vorlesung über einen
chirurgischen Gegenstand, und die Proben für
den Lehrstuhl der AnattHnie und Physiok>gie
nach dem Wegzug von Professor Emmert (1815)
in einer anatomischen Demonstration und einer
physiologischen Vorlesung. Noch fand im Jahr
1812 eine Probe statt, nämlich für den Ldir-
stuhl der Giemie ; ^ von den Kandidaten wurde
eine Abhandlung über einen gegebenen Gegen-
stand aus der Chemie verlangt; begleitet mit
den dazu dienenden Experimenten und die Un-
tersuchui^ einer gegebenen unbekannten che-
mischen Mischung.
Die letzte Disputation in Bern fand
im Herbst 1808 statt für den Lehrstuhl der di-
daktischen Theologie, der nach dem Tod Ema-
nuel Jakob Zeenders volle 15 Monate verwaist
gewesen war. Sechs Geisfliche hatten sich für
diese Professur angemeldet, aber fünf waren
zurückgetreten, nachdem von der Kuratel pu-
bliziert worden war, dass man von den Kandi-
daten, wie vor Zeiten, eine Disputation in la-
teinischer Sprache verlange.^ Es stellte sich
einzig der Zofinger Pfarrer Samuel Gott-
lieb Hünerwadel, der sich seiner Aufgabe
zu voller Zufriedenheit des hohen geisflidien
Tribunals entiedigte und darauf den 18. Novem-
ber vom Kleinen Rat gewählt wurde. Als Op-
ponent fungierte interessanterweise ein Mit-
glied der medizinischen Fakultät, der geist-
reiche und hochgebildete Prosektor Karl Wil-
helm Hochstetter, der zwei Jahre nadiher zum
Professor der allgemeinen Pathologie und The-
rapie ernannt wurde. Hochstetter hatte sich
friiher der Theologie beflissen und sich «aus
Gefälligkeit» als Opponent gestellt, offenbar,
193
«
Die Akademie in der Mediations» und Rettanimtiootidt
m
weil eben niemand es wagte in den Kampf ein-
zutreten. Hoch erfreut Ober die unerwartete
Hülfe beantragte die Kuratel dem Kleinen Rat,
dem gelehrten Prosektor eine Gratifikation von
L 100 zukommen zu lassen, da er «durch seine
wahrhaft ausgezeichneten Kenntnisse in den
Grundsprachen der Heiligen Schrift, Fertigkeit
in lateinischer Sprache und bezeigtes Ingenium
zum schönen Erfolg der Disputation ganz be-
sonders beigetragen habe».
Im Sommer 1827 wurde nach dem Tode Pro-
fessor SuterSy des verdienten Lehrers der alten
Sprachen an der philologischen Fakultät, noch
einmal der Versuch gemacht,^ zur Konkurrenz
fOr den vakanten Stuhl gelehrte Disputationen
abzuhalten. Da sich aber ausser dem Klassen-
lehrer Koch keiner der Aspiranten zu den Pro-
ben einfinden wollte, begrub man die alte In-
stitution endgültig und beschloss, auch für den
Katheder der alten Sprachen nur eine Disser-
tation in lateinischer Sprache zu verlangen und
zwei Probevorlesungen über einen lateinischen
Dichter und einen griechischen Prosaiker, so-
wie über eine Stelle des Neuen Testaments in
grammatikalischer Hinsicht
Geschichte der einzelnen Fakultäten«
Die philologische Fakultit
An die Stelle der alten Eloquenz und Philo-
sophie trat mit der Gründung der Akademie
die eine Abteilung der Philologie, weldie
zwei Jahreskurse umfasste und für die Theolo-
giestudierenden obligatorisch war, weshalb sie
auch die untere Theologie genannt wurde.
Die Theologen hatten für den Eintritt in die-
selbe die altgewohnten Examina zu bestehen,
in welchen sie sich namenflich über ihre La-
tinität ausweisen mussten. Der weltiichen Zu-
hörer waren verhältnismässig immer wenige
und wie mit der Zeit die Zahl der Theologan-
ten voichs, hielt mit ihr die Zahl der Pro-
fanen gar nicht mehr Schritt; im Jahr 1828
zählte die Fakultät 49 Theologen und 8 welt-
liche Studenten und das folgende Jahr der
letztem 12 gegenüber 57 Theologen.
In der Eloquenz hatte man bis anhin zwei,
in der Philosophie drei Jahre zubringen müs-
sen ; mit Redit wird man sidi deshalb fragen,
wie es komme, dass die Behörden, die doch
der Geologischen Fakultät eine gewisse Prä-
ponderanz innerhalb der Akademie gewahrt
wissen wollten, das akademische Studium der
künftigen Diener der Kirche um die ganze Zeit
der alten Philosophie kürzen konnten. Der
Orund liegt darin, dass der Eintritt in die Aka-
demie um zwei Jahre hinaufgesetzt wurde.
Nach der Schulordnung von 1770 war dazu
das zurückgelegte dreizehnte Altersjahr erfor-
deriich gewesen ; durch die Revision derselben
vom Jahr 1779 war der Eintritt auf das sechs-
zehnte Jahr festgesetzt worden, aber schon
neun Jahre nachher war man von dieser Be-
stimmung wieder zurückgekommen, einerseits
weil der Eintritt in das Politische Institut zwei
Jahre früher geschah, anderseits, weil man das
tiieologische Studium, dem sich von Jahr zu
Jahr weniger Leute widmeten, durch Verkür-
zung der Oymnasialstudien erieichtem wollte.
Den 23. Juni 1788 hatte der Grosse Rat be-
schlossen, der Eintritt in die Akademie könne
mit dem zurückgelegten dreizehnten Jahr wie-
derum erfolgen, und dieses geschah von nun
an auch genugsam und war mögiidi, wenn die
Vorschule nach einem Jahr absolviert wurde
und der Aufenthalt im Gymnasium auch nur
ein Jahr dauerte. Eine Veränderung in den
Pensen der Untern Schule hatte der betreffende
Grossratsbeschluss deshalb gar nicht nötig ge-
macht
Nachdem nun durch die neue Einrichtung
der Untern Schule vom Jahr 1805 die Promotio
ad lectiones publicas wieder auf das sedis-
zehnte Alters jähr festgesetzt worden war, so war
es unmöglich, die auf die eigenflichen theolo-
gischen Vorlesungen vorbereitenden akademi-
schen Studien auf fünf Jahre wiederum auszu-
dehnen und dem theologischen Studium im
194
^1
€
Die Akademie in der Mediations» und Restaurationszeii
»
ganzen acht Jahre zuzuweisen, während das
medizinische Studium in vier, das juridische in
zwei Jahren absolviert werden konnte ; es war
um so weniger möglich, als zur Zeit der Hel-
vetik das theologische Studium ganz damieder-
lag und es sich jetzt darum handelte, dasselbe
so einzurichten, dass die Jungmannschaft wie-
der zu ihm angezogen würde.
So verschmolz man die alte Eloquenz und
Philosophie zur zweijährigen untern Theologie,
zur sogenannten philok>gischen Fakultät Fü-
gen wir aber gleich hier schon hinzu, dass be-
reits den 23. Februar 1810 die Kuratel be-
schloss,^ die philologische Fakultät auf drei
Jahre auszudehnen und dass diese neue Ein-
richtung von Ostern 1810 einzuführen sei, und
so finden wir denn auch in den neuen Aka-
demiereglementen von 1812 und 1821 die phi-
lologische resp. philosophische Fakultät mit
drei Jahreskursen bedacht Der Orund zu
dieser Neuerung war die alte Klage, dass die
Studenten zu wenig Kenntnis in der lateini-
schen Sprache hätten; sie war im Jahr 1809
von den Professoren aufs neue gesungen und
der Wunsch ausgedrückt worden, dass diesem
Fache im Gymnasium wieder mehr Stunden
eingeräumt werden sollten, was natürlich nur
auf Kosten der übrigen Fächer hätte geschehen
können. Davon wollte aber die Kuratel nichts
wissen, und so ordnete sie denn die Verlänge-
rung der Unterrichtszeit in der philologischen
Fakultät an und damit die Veriängerung des
Studiums der lateinischen Klassiker um ein
Jahr. Zugleich bestimmte sie für jede Promotion
an dieser Abteilung der Akademie als pensum
praescriptum das Privatstudium eines lateini-
schen Klassikers nadi freier Auswahl und ver-
langte, dass die Studiosen darüber öfter ge-
prüft MTürden,^ besonders aber beim Examen
zur Promotion. Auch sollten die Schüler der
obersten Promotion ausser den Disputationen
und Reden in lateinisdier Sprache zu Abfas-
sung lateinischer Aufsätze über gegebene The-
mata gehalten werden.
Dass die Kuratel diese Einrichtung traf, ohne
die Regierung anzufragen, ist für die Macht-
stellung derselben höchst bezeichnend.
Die Rolle des frühem Professors der Elo-
quenz übernahm an der neu gegründeten Aka-
demie der Professor der Altertums-
kunde, insoweit nämlich jener die Aufgabe
gehabt hatte, seine Schüler in der Latinität aus-
zubilden. Aber der Zweck dieses Unterrichts
war jetzt ein anderer: es galt nicht mehr die
Zuhörer fertig lateinisch reden zu lehren, son-
dern nach der Forderung Iths, die er bereits in
seinem Befinden vom Jahr 1794 gestellt hatte,
sie mit der Litteratur und den Altertümern,
mit dem Qeist der Alten bekannt zu machen
und nicht bloss der Römer, sondern ebenso-
sehr der Griechen; die Bildung des Ge-
schmackes an den klassischen Litteratur-
stücken der Griechen und Römer sollte die
Hauptaufgabe des Professors der Altertums-
kunde sein. Dass diese Forderung nun ver-
wirklicht MTurde, ist die schönste Errungen-
schaft der Mediationszeit; sie bedeutet den
Bruch mit der veralteten Form, in die 300 Jahre
lang die Anstalt eingeengt gewesen war.
Dass dem Professor der Altertumskunde
auch noch die sprachliche Erklärung des Neuen
Testamentes Überbunden wurde, war freilich
ungeschickt und musste zu Unzukömmlichkei-
ten führen, sobald man seinen Stuhl mit einem
Weltlichen besetzen wollte. Vorderhand traten
dieselben nidit ein, da er durch einen Geist-
lichen besetzt wurde und zwar durch den bis-
herigen Professor graecus Gottlieb Risold,
den gewesaien Professor linguarum am Politi-
schen Institut Die Wahl war eine glückliche,
sie war aber auch gegeben : der bisherige Pro-
fessor der Eloquenz, L Rudolf, gab im Jahr
1805, nachdem er volle 47 Jahre seine Profes-
sur versehen hatte, seine Demission ein, die
professio graeca aber war zum grössten Teil
in der neu gegründeten Professur für das Bi-
belstudium aufgegangen und so war denn der
bisherige Inhaber der professio graeca, der die
1«
Hl
Die Akademie in der Mediations* und Resteuimtiontzeit
1»
alte Litteratur so vortrefflich kannte, wie kein
zweiter, für die Professur der Altertumskunde
am Platz, es wäre denn, dass man seine Dienste
nicht mehr in Anspruch hätte nehmen wollen,
aber Risold stand ja im besten Alter und in
der Kuratel wusste man seine Talente in vollem
Umfang zu schätzen. Und er erfüllte audi die
Hoffnungen, die man auf ihn setzte ; er wusste
die schönsten und interessantesten Produkte
der altklassischen Litteratur auszuwählen und
verstand es, sie sachlich und kritisch dem
Verständnis der Jugend vollständig zu er-
öffnen.
In seiner Aufgabe, den Geschmack der stu-
dierenden Jugend zu bilden, hatte den Pro-
fessor der Altertumskunde der Professor
der Litteratur und Theorie der schö-
nen Künste und Wissenschaften zu
unterstützen. Er sollte ihn an der Litteratur der
bedeutendem modernen Kulturvölker bilden
und bei der Betrachtung der deutschen Litte-
ratur zugleich die deutschen Sprachkenntnisse
der Studierenden heben und mehren und ihnen
durch passende Uebungen einen edlen Stil bei-
zubringen sudien. So wurde zur Wiildichkeit,
was man im Politischen Institut schon ange*
bahnt hatte; Bonstettens Ideal wurde endlich
ausgeführt und es fand auch darin seine Ver-
wirklichung, dass man diese Stelle einem deut-
schen Gelehrten fibertrug, dem frühem Lehrer
am Metssnerschen Institut Karl Jahn, der
nun während der ganzen Zeit der Mediation
und Restauration über die schöne Litteratur
der I>eutschen, Franzosen, Italiener und Spa-
nier las, daraus die Gesetze der Aesthetik ab-
leitete und in seinem CoUegium practicum der
{deutschen Spradie den Stil der jungen Theo-
logen übte.
Die dritte Professur der philologischen Fa-
kultät, der Lehrstuhl der Philosophie,
trat an die Stelle der alten Professio philoso-
phica. Nach Iths Fordemngen hatte der In-
haber derselben Logik und Psychologie zu le-
sen, letztere in Verknüpfung mit philosophi-
sdier Antfaropobgie und natürlicher Religion,
ferner ein Publikum für alle Studierenden über
die Moral. Die Kuratel schlug den bisherigen
Inhaber des philosophischen Lehrstuhls, Joh.
David Kocher, zur Wiederwahl vor, allein
die R^erang bestätigte diesen Vorschlag nicht
und erklärte die Stelle für vakant, infolgedessen
sie noch einmal ausgeschrieben wurde.^ Es
meklete sich einzig der talentvolle und kennt-
nisreiche, erst 24 Jahre alte Candidatus Joh.
Rudolf Wyss^ und bestand die Proben zu
voller Zufriedenheit seiner Examinatoren; die-
selben bestanden in einer lateinischen Praelec-
tion: iudidum de libris Ciceronis de ofßdis
und in einer deutschen Abhandlung über die
Frage quaenam est relatio inter doctrinam mo-
ralem et religionem et quaenam inde fluunt
consectaria practica. Bald nachher wurde Wyss
von der R^emng gewählt^
Die drei genannten Professoren bildeten,
wie wir uns heute ausdrücken würden, die
eigentlich philologische Sektion der Fakultät;
die mathematisch - naturwissenschaftliche Sek-
tion zählte d>enfalls drei Lehrstühle. Die alte
Professio matheseos, mit der auch die Expe-
rimentalphysik verbunden gewesen war, wurde
jetzt in zwei Stühle geteilt, in den der Mathe-
matik, und denjenigen der Physik mit den
«Gründen und Versuchen der Chemie». Für
jenen wählte die Regiemng den Burgdorfer
Theologen Joh. Friedrich Trechsel, der
mit Zeender die «wissenschaftliche Lehran-
stalt» geleitet hatte und voriier Lehrer am
Waisenhaus gewesen war, für diesen den Thu-
ner Joh. Heinrich Beck, einen Schüler von
Tralles. Für diesen letztem Lehrstuhl hatte man
den Professor Struve von Lausanne berufen
wollen, die Verhandlungen aber hatten sich zer-
schlagen.
Trechsel behandelte in seinen Vorlesungen
die Geometrie, Stereometrie und Trigonome-
trie, sowie die Algebra bis zu den hohem
Gleichungen, Beck las über die verschieden-
sten Teile der theoretischen Physik und die
«1
Die Akidemie in der Mediations- und Restturationszeii
in
Experimentalphysik und Chemie behandelte er
vorzüglich nach den Bedürfnissen der Medi-
ziner.
Die dritte Professur war die schon von Alb-
recht von Haller geforderte, aber erst jetzt ein-
gerichtete Lehrstelle für die allgemeine Natur-
geschichte. Ihr Inhaber hatte freilich ein weites
Feld zu bearl)eiten : er hatte die Botanik, Zoo-
k^e und Mineralogie vorzutragen; natürlich
konnte dies nur in allgemeinen üebersichten
geschehen zimi Schaden der Gründlichkeit und
WissenschafUichkeit. Zum Ueberfluss lag dem-
selben Dozenten auch noch die Geographie ob,
die er statistisch zu behandeln hatte. Für diese
Professur wählte die Regierung den Hannove-
raner Friedr. August Meissner, der 1795
als Hauslehrer nach Bern gekommen war und
dann ein Knabeninstitut gegründet hatte, das
sich unter seiner ausgezeichneten Leitung bald
des besten Rufes erfreute. Leider hatten seine
Vorlesungen nicht den gewünschten Erfolg;
die Theologiestudierenden zog er gar nicht an
und wenn er überhaupt Zuhörer hatte, so ge-
hörten sie gewöhnlich alle der medizinischen
Fakultät an.^ Uebrigens hatte sich auch Pro-
fessor Tredisel über den schlechten Besuch
seiner Kollegien von Seiten der Theologen zu
beklagen.^ Meissners Stellung aber wurde mit
der Zeit eme so unleidliche, dass er schliess-
lich die medizinische Fakultät bat, ihn in ihre
Mitte aufzunehmen. Diese war damit einver-
standen und auf ihr Ansuchen hin versetzte im
Frühjahr 1816^ die Kuratel den Professor der
Naturwissenschaften von der philok^chen in
die medizinische Fakultät
Die durchschnittliche Besoldung der Profes-
soren der philologischen Fakultät betrug 1600
Franken, die des Physiklehrers nur 1400, wozu
aber erhöhte Vorlesungsgelder kamen. Den
Professor Risoki aber, den alten Professor grae-
cus der theologischen Akademie, beehrte man
mit einer Besoldung von 2000 Franken, was
wü* eher begreifen, als dass auch der junge
Vertreter der Philosophie Fr. 200 mehr bekam,
als seine Kollegen, welche die weltlich moder-
nen Disziplinen vertraten.
Die definitive Oiganisation der Akademie,
die mit dem 1. November 1811 eingeführt wer-
den sollte, brachte der naturwissenschaftlich-
mathematischen Abteilung eine neue Pensen-
verteilung, aber nicht die erhoffte neue Pro-
fessur.
Nachdem Professor Beck kategorisch die
Trennung seines Lehrstuhls in zwei gesonderte
Stühle verlangt hatte, nämlich in den der Phy-
sik und den der Chemie, beschloss der Kleine
Rat auf das Gutachten der Kuratel hin^ die Kre-
ierung dieser zwei Professuren, sowie die Er-
richtung eines eigentlichen chemischen Labo-
ratoriums. Daraufhin schlug die Kuratel den
6. September 1811^ der Regierung vor, zum
Professor der Physik Professor Beck mit 1600
Franken Gehalt zu ernennen und die Stelle für
Chemie mit 1000 Franken Gehalt auszuschrei-
ben.
Bevor jedoch die Regierung eine Entschei-
dung getroffen hatte, starb Professor Beck den
13. Dezember 1811, und nun anerbot sich der
Mathematikprofessor Tredisel der Kuratel, zu
dem von ihm bis anhin vertretenen Fache hin-
zu auch noch die Physik übernehmen zu wol-
len.^ Mit Freuden, wie man sich wohl denken
kann, ging die Kuratel auf diesen Vorschlag
ein und beantragte nun dem Kleinen Rat, Pro-
fessor Tredisel neben der Mathematik auch
noch die Physik zu übergeben gegen eine Zu-
lage von 600 Franken. Den 12. Februar 1812
bestatte die Regierung diesen Vorschlag und
gab zugleich der Kuratel den Auftrag, einen
eigenen Katheder für den Vortrag der allge-
meinen, der technologischen und der pharma-
zeutischen Chemie zu errichten und auszu-
schreiben und zwar mit einem Jahresgehalt von
Fr. 1600. Zu den Proben fanden sich nur zwei
Kandidaten ein, Dr. Griesbeiger in Hofwil und
Phil. Friedrich Beck, der schon seit dem
Jahr 1807 als Dozent den Medizinern über phar-
mazeutische Chemie gelesen hatte. Beide zeig-
Ift
Die Akademie in der Mediationt- und Restamationtzeü
»
ten grflndliche Kenntnisse in ihrer Wissensdiaft,
aber Bedcs Experimente und Vortrag^ gefielen
besser, weslialb seine Wahl der Regierung an-
empfohlen wurde.^ Sie geschah den 8. Mai zu-
gleich mit derjenigen des Herrn Emmert jun.
zum Professor der Chirurgie.
Wir haben gesehen, wie anno 1810 die phi-
lologische Fakultät auf drei Jahreskurse aus-
gedehnt wurde zum Zwecke, der Latinität der
Studierenden aufzuhelfen. Drei Jahre nachher
ertönte die alte Klage aufs neue luid die Ku-
ratel sah sich veranlasst, in gemeinschafOicher
Sitzung mit der gesamten philologischen Fa-
kultät (26. Februar 1813) und dem Untern Sdiul-
rat, die Wünsche und Anträge des «Lehrkörpers
entgegenzunehmen.' Dieser eisieht jetzt die
Sanierung des Uebelstandes in einer Reform
der Untern Schulen, wo man die Schfller wie-
der ausschliesslicher auf die Erlernung
des Lateinischen anzuleiten hätte. Die Ku-
ratel machte zwar den anwesenden Lehrern
klar, dass man die auf das Bedürfnis aller ge-
bildeten Stände berechnete Organisation der
Schule nicht umkehren könne, kam aber ihren
Wtinschen insoweit entgegen, als sie dem la-
teinischen Unterricht an der Schule eine An-
zahl Mehrstunden auf Kosten des geographi-
schen und geschichtlichen Unterrichts zuwies
und für die Promotio ad lectiones publicas
schärfere Bestimmungen aufstellte: die Ver-
fertigung eines Themas und eines Subitane-
ums vom Deutschen ins Lateinische wurde als
stringente Probe eingeführt und der Un-
tere Schulrat hatte wieder, wie in den guten
alten Zeiten, das Maximum der Fehler zu be-
stimmen, dessen Uebersteigung von der Auf-
nahme in die philologische Fakultät ausschlies-
sen sollte.'
An der philologischen Fakultät selber ging
es freilich mit dem Studium der alten Sprachen
eher rückwärts als vorwärts; Professor Risold
wurde kränklich und musste die meisten seiner
Vorlesungen durch einen Vikar erteilen lassen.
Schliesslich verlangte er, nachdem er im Früh-
jahr 1814 zum Dekan erwählt worden war, auf
den 1. Juli deses Jahres seine Entlassung und
nun blieb das philologisdie Katheder bis zum
November 1815 ledig. Zum Qlfldc gelang es
aber endlich den Bemem, für Risold einen Nach-
folger zu finden, dessen Namen nodi immer
mit Ehrfurcht genannt wird und der in kürze-
ster Zeit die klassischen Studien zu voller Blüte
brachte, nämlich Ludwig Döderlein.
Aus den Manualen der Kuratel erfahren wir,^
dass diese Behörde in dem jungen Gymnasial-
lehrer Ootdieb Ziegler den Nachfolger Risokls
sich hatte heranziehen wollen; sie hatte den
talentvoUen jungen Mann mit reidüichen Sti-
pendien ins Ausland geschickt, damit er an
den ersten deutschen Universitäten seine philo-
logischen Kenntnisse erweitere und vervoll-
kommne, und nun erwartete sie, nachdem die
vakante Professur ausgesduieben worden war,
freilidi nur mit einer Besoldung von Fr. 1600,*
dass ihr Schützling sich in erster Linie anmel-
den werde. Als aber Ziegler dieselbe Besol-
dung beanspruchte, die Professor Risoki ge-
habt hatte, da glaubte die Kuratel die Dienste
des jungen Gelehrten, der nadi ihrer Ansicht
«jedes OefüM gegen die Anstalt, die ihn er-
zogen hatte, und gegen seine bisherigen Obern
dem Oeldinteresse nadisetzte», enti>ehren zu
können und nicht ericaufen zu sollen. Der Kanz-
ler insbesondere war über das Gebaren des
25jährigen jungen Mannes entrüstet und gab
ihm seine Ungnade von da an deutlich zu er-
kennen. Schmerzlich berührte es auch die Ku-
ratel, dass kein weiteres Mitglied des bemi-
schen Ministeriums um die ausgeschriebene
Stelle sich bewarb, weshalb sie, um bei deren
Besetzung nicht gebunden zu sein, beschloss,
dem Professor der lateinischen und griediiscfaen
Sprache das Pensum des Neuen Testamentes
abzunehmen und mit der Professur des Bibel-
studiums zu vereinigen; das war ein vernünf-
tiger Beschluss.^
Zu Anfang des Jahres 1815 wurde die SteDe
noch einmal ausgeschrieben; eine ganze Reihe
1Q6
^
Die Akademie in der Mediation«- und RestaurationtzeÜ
51
deutscher Oelelirten meldeten sich, aber der
«Drang der politischen Umstände und Ereig-
nisse» liess die Wahl hinausschieben und erst
den 5. September beantragte die Kuratel, den
tüchtigsten der Kandidaten, J. L C. Wilhelm
Döderlein, der Regierung zur sofortigen Be-
rufung vorzuschlagen. Zu diesem ungewöhn-
lichen Schritt hatten die Kuratel die glänzenden
Zeugnisse von selten der achtungswertesten
Gelehrten, nidit bloss über die Kenntnisse, son-
dern auch über die Moralität des jungen Philo-
logen bewogen, der übrigens auch den Bemem
durch sein Spedmen novae editionis tragoedia-
mm Sophodearum bereits bekannt geworden
war.
Berufung durch den Kleinen Rat erfolgte
sofort, den 11. September, und Döderlein hielt
den 9. Jänner 1816 seine Inauguralrede de cog-
natione quae intercedit philologiae cum hi-
storia»^
Der junge Gelehrte nahm sich seiner Schüler
sofort mit einer Liebe und väterlichen Fürsorge
an, welche die Behörde mit grosser Freude
und Genugtuung erfüllte. Neben seinen Vor-
lesungen, in denen er auf alle seine Zuhörer
begeisternd wirkte, arbeitete er mit den ihm
unteigebenen Schülern in der von ihm gegrün-
deten exegetischen Gesellschaft^ und
bald wurde diese mit der Genehmigung der
Kuratel in ein Seminarium für künftige Schul-
lehrer umgewandelt nach dem Muster der an
den deutschen Universitäten bestehenden Se-
minarien. In Anerkennung der Verdienste, die
sich Döderlein um die Hebung der Akademie
dadurch erwaii), erkannte ihm die Kuratel eine
jährliche Remuneration von Fr. 300 zu.'
Leider blieb Döderlein nur kurze Zeit in
Bern. Schon im Juli 1819 teilte er der Kuratel
mit, dass er durch einen Befehl seines Landes-
fürsten, des Königs von Bayern, in sein Vater-
land zurückberufen worden sei, um in Erlangen
das Rektorat des Gymnasiums und die zweite
Ordentliche Professur der alten Litteratur zu
übernehmen.^ Der Kleine Rat entiiess ihn mit
dem Ausdrude des tiefeten Bedauerns, eine so
ausserordenfliche, tüchtige Lehrkraft verlieren
zu müssen und schon im September verreiste
Döderlein, um erst seine etwas geschwächte
Gesundheit wieder herzustellen.
An seine Stelle voderte (den 16. Homung
1820) die R^erung auf Antrag der Kuratel den
Grädsten J. Rudolf Suter von Zofingen,
seinen Landsleuten als Naturforscher noch mehr
bekannt denn als Philologe.^ Die Berufung
geschah auf Veranlassung und Wunsch des
Kanzlers Mutach, der in Suter, seinem ehe-
maligen Schulfreund und spätem Studiengenos-
sen, dem intimen Freunde von Joh. v. Müller,
einen würdigen Nachfolger Döderleins ersah.
Ein Jahr nadiher wurde die Professur der
Chemie durch den Hinscheid ihres Inhabers,
des verdienten Ph. F. Beck, vakant. Die Pro-
ben zur Wiederbesetzung des Stuhls bestand
einzig der Apotheker Dr. Karl Bruimer, der
schon seit dem Frühjahr 1818 über die offizi-
neile Pflanzenkunde an der Akademie Vorle-
sungen gehalten hatte.^ Sie bestanden in einer
Vorlesung über die neuere Geschichte der Che-
mie und in einer chemischen Analyse, wobei
der Kandidat geradezu glänzte ; ^ den 28. De-
zember 1821 wurde er von der Regierung ge-
wählt und machte sich sofort daran, den für
seine Vorlesungen nötigen chemischen Appa-
rat zu vervollständigen, wobei er keine Opfer
scheute. Erst war die «chemische Küche» in
einem Privathause am Inselgässchen gewe-
sen, dann war sie 1819 in die Küche des
Praepositus im Kloster verlegt worden, nach-
dem die daranstossenden Zimmer zu einem
Hörsaal und zur Aufbewahrung von Instru-
menten heigeriditet worden waren.^ Nun wur-
den dem Vertreter der Chemie sogar für jedes
Jahr 200 Franken zugesprochen, damit er sich
in seiner Küche einen eignen Famulus halten
könne!
Bald gingen in der zweiten Sektion der phi-
losophischen Fakultät wettere Veränderungen
Die Akademie in der Medittions* und RetttnrmtiontBeü
^
vor sich, welche die Kreiening eines neuen
Lehrstuhls zur Folge hatten.
Im Februar 1825 ereilte den Prof. Meissner
unerwartet der Tod, zur tiefsten Trauer der
ganzen Einwohnerschaft ; bajld wurde der Mann
mit dem goldlautem Charakter, der als Gelehr-
ter und Künstler sich in den Dienst des Qanzen
gestellt hatte, in engem und weitem Kreisen
schmerzlich vermisst. Ein Gutachten der medi-
zinischen Fakultät über die Besetzung der va-
kant gewotdenen Stelle bewog die Kuratel,
der Regierung in erster Linie eine Teilung der
Professur vorzuschlagen, wonach die Minera-
logie und Geologie, sowie die Geographie und
Natui^geschichte am Gymnasium in die Hand
eines besondera Lehrers gelegt und dem Nach-
folger Meissners die allgemeine Naturgeschichte,
insbesondere Botanik und Zoologie übergeben
werden sollte. Für die erstere Stelle wurde der
Mathematiklehrer am Gymnasium, Bernhard
Studer, vorgeschlagen,^ als Naturforscher von
seltenen Kenntnissen sdion damals seinen
Landsleuten hinlänglich bekannt und von der
Kuratel besonders geschätzt wegen der gros-
sen Verdienste, die er sich um die naturwissen-
schaftlichen Sammlungen seiner Vaterstadt be-
reits erworben hatte. Der Kleine Rat trat dieser
Ansicht der Kuratel bei und ernannte den
18. März 1825 Bemhard Studer zum ausser-
ordentlichen Professor der Mineralogie und
Geognosie an der Akademie, sowie zum Lehrer
der Naturgeschichte am Gymnasium. Dieser
Beschluss mochte ihm nicht schwer geworden
sein, da er für den Staat mit keiner Mehraus-
g^bt verbunden war: Studer erhielt für seine
neuen Funktionen Fr. 400 zugesprochen und
mit den nach Abzug dieser Summe von Meiss-
ners Besoldung von Fr. 1600 noch bleibenden
1200 Franken wurde nun die Professur für Zoo-
logie und Botanik ausgeschrieben! Diese bei-
den Disziplinen wurden vorläufig durch Vikare
vorgetragen, da man die Wahl nicht überstür-
zen wollte.
Die Proben fanden erst im November 1826
statt und bestanden in einer sduifHichen Ab*
handlung über ein naturhistorisches Thema und
einer zoologischen und einer botanischen De-
monstration. E>abei glänzte der Burgdorfer Dr.
J. Schnell^ sowohl durch seine ausgedehnten
und tiefgehenden Kenntnisse, als auch c durch
seinen feurigen, beredten und geistvollen Vor-
trag», so dass die Kuratel, unterstützt durch die
medizinische Fakultät, ihn freudig der Behörde
zur Wahl vorschlug. Verschiedener Hindernisse
wegen erklärte aber Schnell der Kuratel, eine
solche noch nicht annehmen zu können ; sobald
dieselben beseitigt waren, beeilte sich die Re-
gierung, die Wahl zu vollziehen und Schnell trat
seine Stelle auf den 1. November 1827 an.^
In demselben Jahr starb Professor Suter,
der Lehrer der Altertumskunde und der latei-
nischen und griechischen Sprache. Da der Ver-
such, den vakanten Stuhl in der Weise der frii-
hem Jahrhunderte zu besetzen und dem Publi-
kum wiederum das beinahe veiigessene Schau-
spiel gelehrter lateinischer Disputationen zu
bieten, böse missglfickte,^ blieb auch dieser
Stuhl längere Zeit verwaist ; vikariatsweise ver-
sah ihn Professor Jahn. Auf eine zweite Aus-
schreibung hin meldeten sich zwei bemische
Geistliche, der Behörde um so angenehmer,
als sie nun wieder Gelegenheit hatte, die Inter-
pretation des Neuen Testamentes in gramma-
tikalischer Hinsicht mit dem philologischen
Lehrstuhl zu verbinden. Die Kandidaten waren
der Gymnasiallehrer Koch und der Spitalpre-
diger Gottlieb Studer;^ auf Grund der
abgelegten Proben wurden beide, jedoch Stu-
der in erster Linie, der Behörde zur Wahl em-
pföhlen und Studer den 29. April 1829 gewählt.^
Eine neue Professur wurde gegen das Ende
der Restaurationszeit wenn auch nicht errichtet,
so doch angebahnt, indem im Winter 1826/27
regelrechte Vorträge über französische Litte-
ratur in französischer Sprache, verbunden mit
französischen Stilfibungen eingerichtet wurden ;
dieselben wurden Herrn Renaud,^ dem zwei«
ten Pfarrer an der französischen Kirdie, Ober*
HL
Die Akademie In der Mediations- und Restaurationszeii
m
tragefli der sich seiner Aufgabe mit grossem
Oeschick entledigte.
Im März des Jahres 1830 starb J. R. Wyss,
der Professor der Phik>sophie. Dessen Vorle-
swigen wurden für die nächstfolgende Zeit
dem Lehrer Romang fibergeben,^ den man
von vorneherein als den Nachfolger von Wyss
betrachtete ; die Kuratel wollte aber « dem
jungen hoffnungsvollen Manne Qelegenheit
verschaffen sich in der Philosophie theoretisch
und praktisch noch weiter auszubilden».
Die theologische Pakultlt
Die beiden theologischen LehrstQhle, wie sie
durch die Bemflhungea Iths geschaffen worden
waren, gingen unverändert in die neue Ord-
nung der Dinge über ; dem Professor der prak-
tischen Theologie wurde noch das Kirchenrecht
Überbunden. Den 8. Mai 1805 wurde auf den
Lehrstuhl der theoretischen Theologie (also für
didaktische und Moraltheologie und Kirchen-
geschichte) gewählt Emanuel Jakob Zeen-
der, der Leiter des Zeenderschen Instituts
und früherer Lehrer am Politischen Institut,^
den 28. August^ auf den Lehrstuhl der prakti-
schen Theologie (Homiletik, Katechetik, Pa-
storaltheologie und Kirdienrecht) Samuel
Studer, der bisherige Inhaber dieses Kathe-
ders.
Ein dritter Lehrstuhl wurde neu eingerich-
tet für das Bibelstudium und die Exegese der
BibeL Qewählt wurde für diesen Stuhl der
bisherige Professor hebraicus Rudolf Schä-
re r, dem also die exegetische Erklärung des
Orundtextes des Alten und Neuen Testaments
Überbunden wurde, sowie der für die Erklärung
des Alten Testamentes nötige Unterricht in der
hebräischen Sprache. Dieser Stuhl war somit
eüie Vereinigung des alten Katheders des Pro-
fessors hebraicus und des Professors graecus,
doch so, dass von dem letztem der Unterricht
in den griechischen Profanschriftstellem und
die sprachliche Eridärung des Neuen Testa-
mentes abgelöst und dem Professor der Alter-
tumskunde in der philologischen Fakultät iiber-
geben wurde, eine Einrichtung, die zu manchen
Unzukömmlichkeiten führen musste.
Alle drei Theologen erhielten eine Besol-
dung von Fr. 2000, wodurch die Superiorität
der theologischen Fakultät an der neu gegrün-
deten Akademie zum deutlichen Ausdruck kam :
die Professoren der juridischen und medizini-
schen Fakultät mussten mit dem Maximum von
Fr. 1600 sich begnügen.^
Wie vor alten Zeiten wurden des Samstags
mit den Studiosis theologiae Disputationen ver-
anstaltet, und an diesem Tage Mrurden auch
die Repetitorien abgehalten. Die Gepflogen-
heiten der guten alten Zeit setzte Professor
Schärer auch noch des weitem fort, indem er
alle seine Voriesungen in lateinischer Sprache
hielt; Zeender trug nur die Dogmatik in dieser
Sprache vor, während Studer alle seine Vorle-
sungen in deutscher Sprache hielt.
Wie vor Zeiten, so hatten auch jetzt noch
die Professoren der Theologie ein jeder zwei-
mal jährlich im Münster die Sonntagmorgen-
predigt zu halten. Der Kirchenrat hatte zwar
den 26. Oktober 1805 beschlossen,^ die Herren
Professoren seien von nun an zu vier jährlichen
Predigten verpflichtet, allein dieser gewalttätige
Beschluss der obersten kirdilichen Behörde
hatte bei den im Kloster amtenden Dienern
Ck>ttes gar böses Blut gemacht, zu einer Pe-
tition an den Kleinen Rat geführt und dieser
hatte dann entschieden, dass es bei den zwei
Predigten zu verbleiben habe.^ Auf die Seite
der klagenden Professoren hatte sich auch die
Kuratel gestellt, von der Ansicht ausgehend,
«dass jede Arbeit, welche einem Lehrer an der
Akademie auftragen wird, auf seine akade-
mischen Arbeiten Einfluss haben könne und
dass Gegenstände dieser Art, ehe darüber ein
Entschluss gefasst werde, der Kuratel mitge-
teilt werden sollten ». ^ Der Kanzler Mutadi
zeigte damit von vorneherein, dass er nicht ge-
vrillt sei, irgendwelche Uebergriffe der Kirche
«
Die Akademie in der Mediation»* and ResttttimtionueÜ
in die Rechte der Professoren und der Alca-
demie sich gefallen zu lassen.
Für die Studierenden der Theologie galt
zwar der Kollegienzwang,^ aber wie immer, so
wurden auch jetzt wieder viele dispensiert, um
zu « pädagogisieren » ; die Kuratel der Akade-
mie leistete dieser traditionellen Unsitte ge-
radezu Vorschub und wenn sie auch wiinschte,^
dass den Studierenden der Theologie, so lange
sie die philologischen Vorlesungen zu besu-
chen hatten, in der Regel der Dispens von
denselben versagt werde, so wollte sie ihnen,
sobald sie in die theok>gische Abteilung vor-
gerückt wären, das althergebrachte Recht, sich
für längere Zeit beurlauben zu lassen, nicht
verkürzt wissen.
Die Dispensationsgesuche mussten jeweilen
vom untern akademischen Rat untersucht und
dann der Kuratel zur Entscheidung übergeben
werden.
Infolge der Missstände während der Zeit
der Helvetik zählte die theologische Fakultät
im ersten Jahr der Akademie nur 15 Studie-
rende und von diesen besuchten wegen Ab-
wesenheit oder Krankheit nur sieben die Vor-
lestmgen ; mit der Einkehr der ruhigem Zeiten
nahm die Zahl der Theologiebeflissenen wie-
der zu und bald betrug ihre Zahl regelrecht
30-40 Subjekta.
Den 28. August 1807 starb Professor Z e e n -
der ; sein Lehrstuhl blieb volle IVa Jahre ver-
waist, weil man sich von der veralteten Scha-
blone für die Proben der Kandidaten noch nicht
trennen konnte und von denselben immer noch
eine Disputation in lateinischer Sprache über
eine ganze Reihe von Thesen^ verlangte. Wäh-
rend der Zeit, da man wiederholte Veranstal-
tungen traf, um die Theologen des Landes zu
dem interessanten Schauspiel heranzulocken,^
las Professor Schärer über Dogmatik und ver-
pflichtete sich dadurch die Behörde in hohem
Qrade. Orosse Freude aber herrschte im Klo-
ster, wie endlich ein würdiger Sohn der Kirche,
Pfarrer Samuel Qottlieb Hünerwadel in Zofin-
»
gen, der im Jahr 1793 ins bemische Ministerium
eingetreten war, die Ehre seines Standes ret-
tete und sich den voigesduiebenen Proben
unterzog, dieselben sehr gut bestand und da-
bei «ächte gläubige Frömmigkeit und das Ge-
fühl der Wichtigkeit einer solchen Lehrstelle»
aufs glänzendste bekundete. Daraufhin wurde
er den 18. November 1808 zum Professor der
Dogmatyc, Moraltheologie und der Kirchenge-
schichte erwählt
Bis zum Jahr 1818, volle 10 Jahre, ging es
nun in der theologischen Faktdtät vollständig
ruhig her und zu: kein Lüftehen erregte die
glatte See, nichts störte die regebechten Kurse,
die ihr Schifflein pflichtgemäss zu durchfahren
hatte. Interesse hat einzig in dieser Periode
ein Beschluss der Kuratel vom 11. November
1814, nach welchem die Studiosi theologiae an
der phik>logischen Fakultät verpflichtet wur-
den, die Voriesungen über Natui^eschichte,
die sie bis anhin durch regebechtes Schwänzen
venmmögücht hatten, zu hören; im Examen
vom untem ins obere Curriculum sollten sie
von nun an auch in der Naturgeschichte exa-
miniert werden^ und der Erfolg des Examens
sollte für die Promotion mit in die Wagschale
fallen. Deutiich erkennen wir in dieser Bestim-
mung den Einfluss des Pfarrers Wytten-
bach, der nach dem Tode Iths (den 8. Ok-
tc^r 1813) noch denselben Monat auf den Vor-
schlag der Kuratel dessen Nadifolger in dieser
Behörde geworden war und den es natürlich
tief schmerzte, dass die junge Welt für das
Fach, das er für den Theologen für durchaus
nötig erachtete, gar kein Interesse zeigte. Leider
resignierte er schon im Dezember 1815 seine
Stelle im Kuratorium, wo sein Wirken so not-
wendig gewesen wäre und so fmchtbar hätte
werden können, und nun verödete auch das
Auditorium Meissners wieder, obwohl er
für die Herren Theologen seine naturiiistori-
schen Vorlesungen eigens umgearbeitet hatte.^
Er war wohl froh, der Professor der Naturge-
schichte, wie er bald darauf, im Frühjahr 1816,
«
Die Akademie in der Mediations- und RestaurationtzeÜ
»
der Theologie den Rücken kehren und in den
Hafen der medizinischen Fakultät einlaufen
konnte !
Ob ein anderer, ebenso vernünftiger Be-
schluss der Kuratel vom 16. Januar 1818^ bes-
sern Erfolg hatte, als der eben erwähnte, kön-
nen wir aus ihren Manualen des weitem nicht
eruieren. Derselbe verband nämlich die Theo-
logiestudierenden, beim Professor des bemi-
schen Zivilrechts dessen Vorlesungen über das
Eherecht zu hören und sich mit den chorge-
richtiichen Gesetzen und dem daherigen Rechts-
gang vertraut zu machen, damit sie in ihrer
künftigen Stellung als Pfarrer oder Vikare in
den Choiigerichten, deren Seele sie sein sollten,
nicht eine gar zu klägliche Rolle spielten.
Das Jahr 1818 bringt der theologischen Fa-
kultät Sturm und Oewitter.
Professor Rudolf Schärer nahm seine
Entlassung, um den Rest seines Lebens in
Müsse und Ruhe auf der Pfarre zu Bümpliz
zuzubringen ; er erhielt dieselbe auf den 20. Sep-
tember 1818. Auf die öffentliche Ausschreibung
der vakanten Lehrstelle meldete sich in dem
anberaumten Termin ein einziger Kandidat,
der Professor gymnasii 2 Samuel Lutz. Die
Kuratel schlug ihn als ihren Vertrauensmann
einstimmig zur Wahl vor,^ da «er seine Fähig-
keiten zum biblischen Katheder durch seine
ausgezeichneten Kenntnisse in der biblischen
Grundsprache schon als Studiosus und seit
einigen Jahren als Vikar des Professors des
Bibelstudiums ^ auf eine hinläng^idie Art be-
währt habe». Der gewohnten Proben wollte
die Kuratel in Uebereinstimmung mit dem un-
tern akademischen Rat den Kandidaten entho-
ben wissen als « einer für denselben unnötigen,
aber lästigen Formalität».
Das Kirchen- und Schuldepartement, dem
die Kuratel den genannten Vorschlag zuschickte,
da bei Professorenwahlen beide Behörden ge-
meinschaftlich dem Kleinen Rat den Wahl-
vorschlag zu machen hatten, schlug in seinem
Gutachten vom 5. September an den Kleinen
Rat,^ ohne mit der Kuratel vortier in Verbin-
dung getreten zu sein, was doch diese ge-
wünscht hatte für den Fall des Nichteinver-
ständnisses, in erster Linie den Pfarrer Joh.
Friedrich Stapfer von Diesbach vor und
motivierte seinen Entschluss also:
«Mehghh. des Kirchen-Raths, lassen zwar
den Verdiensten und ausgezeichneten Kennt-
nissen Hr. Lutz volle Gerechtigkeit wieder-
fahren, geben aber dennoch in Ihrem Vorschlag
dem H. Pfarrer Stapfer den Vorrang. Er ste-
het nach seinen Ansichten dem H. Lutz weder
an Verdiensten, noch an Kenntnissen nach —
hat aber gegen denselben reifere Jahre zum
voraus und eignet sich besonders dadurch bes-
ser zum Lehrer der die Theologie studierenden
Jugend. H. Pfarrer Stapfer steht übrigens in
einem solchen Ruffe von Moralität und Be-
scheidenheit, dass er auch ohne seine An-
Schreibung von dem Kirdienrath darf vorge-
schlagen werden.»
Samuel Lutz stand in der Vollkraft seines
Lebens, er hatte das 33. Alters jähr erreicht;
Friedrich Stapf er hatte das 50. Lebensjahr schon
überschritten. Stapfer hatte zu Anfang des Jahr-
hunderts einige Jahre den Lehrstuhl der theo-
retischen Theologie inne gehabt, ohne auf seine
Zuhörer begeisternd zu wirken, nun war er
13 Jahre lang auf seiner einsamen Pfarre zu
Diesbach gewesen; Lutz stand mitten in der
akademischen Tätigkeit, war anerkanntermassen
ein Lehrer von Gottes Gnaden, an dem seine
Schüler mit Liebe und Hochachtung hingen, ein
Mann von grosser Energie und Tatkraft, «eine
scharf ausgeprägte Persönlichkeit ohne Men-
schenfurdit»,^ der, wo er im Recht zu sein
glaubte, seiner Ueberzeugung auch den Behör-
den gegenüber unerschrocken und ohne Ziagen
Ausdmck gab. Aber — für die Theologie stu-
dierende Ji^nd eignete sich dieser junge Mann
zu einer Zeit, da auf den deutschen Universi-
täten ein ff bedauerlicher» Geist der Auflehnung
und «revolutionäres Unwesen» bedrohlich um
sich griff, offenbar als Lehrer nicht; man
203
^
Die Akademie in der MediatioiM« und RettenimtionszeÜ
^
brauchte unter sotanen Umständen einen altem
Mann, der schon durch seine Erscheinung auf
die Jugend beruhigend einwirkte und durch
Lehre und Beispiel dieselbe zur Achtung vor
der Regierung anführte! Und — der allge-
waltige Kanzler stand ja nicht mehr auf dem
Kampfplatz; jetzt durfte und konnte man es
schon wagen, dem Kandidaten der Kuratel
einen Gegenkandidaten gegen&berzustellen und
hoffen, dass bei der Regierung die Eigenschaft
erprobter Lx)yalitat den Ausschlag geben werde.
Den 16. September wurde Stapf er gewählt; der
Kuratel blieb nur die Aufgabe, den Ratszettel,
der ihr diese Nachricht überbrachte, ad acta
zu legen.
Die Kunde von Stapfers Wahl war sofort
ins Kloster gedrungen und erregte hier unter
der Jungmannschaft einen wahren Sturm der
Entrüstung; Lutzens Schüler kamen überein,
ihrem « über seine Zurücksetzung tief betrübten
Lehrer» öffentlich ihre Liebe und Anhänglich-
keit kundzugeben und verabredeten eine De-
monstration, welche, nach der darauf erfolg-
ten Untersuchung der Kuratel, also ausgeführt
wurde.^
Ungefähr 40 Studenten fanden sich des
Abends «bei Möhren)» ein und organisierten
daselbst einen Sängerchor. Dann begaben sie
sich vor Lutzens Wohnung; hier brachten sie
dem geliebten Lehrer ein Vivat und sangen
einige Strophen des Liedes vom Laupenzug.^
Nun gingen sie die Herrengasse hinab und
liessen munter das Gaudeamus ertönen, wo-
bei einige statt pereat tristitia sangen pereat
infidia, andere pereant Antiluzii; darauf zer-
streuten sie sich. Alle aber erklärten sich bereit,
eidlich bekräftigen zu wollen, dass sie beim
Worte pereat nicht an die Regierung gedacht
hätten. Diese nämlich hatte sofort nachher, in
der Meinung, «dass der Unfug nicht sowol ein
Zeichen der Achtung für einen vormaligen Leh-
rer, sondern vielmehr eine absichtliche öffent-
liche Missbüligung der Regierung über die ge-
troffene Wahl zu bezwecken scheine», einen
sdiarf klingenden Entrfistungszettel an die Ku-
ratel abgehen lassen und diese zur Untersuch-
ung aufgefordert, welche aber ergab,' dass die
schlimmsten Ausschreitungen, welcher der
Kleine Rat die Demonstranten geziehen hatte,
auf Erfindung und Uebertreibung beruhten. So
war denn die Kuratel gar nicht geneigt; g^en
die Schuldigen mit Härte vorzugehen, stellte in
ihrem Antwortschreiben an die Regierung fest,
dass die Studenten in ihrem wenn audi ahn-
dungswürdigen Mutwillen doch keine bösartige
Absicht geleitet habe und nichts voigegangen
sei, was gegen ein Gesetz Verstösse, und
wünschte, dass man den Schuldigen als ein-
zige Strafe einen Verweis erteilen solle, und
zwar den Studiosis theologiae, vier an der Zahl,
vor «gesessener CurateU, den übrigen durch
ihre Fakultäten.
Die vier Theologen waren die Kandidaten
Fetscherin und Langhans, die bereits als Leh-
rer an der Elementarschule wiricten, und Al-
bert Bitzius^ und Pecholier. Für die er-
stem zwei veriangten Meine Gnädigen Herren
eine schwerer wiegende Sühne,^ da «zu ihrem
nicht geringem Missfallen H. Candidat und
Schullehrer Fätscherin^ eingestandener massen
als Urheber jenes Auftritts und Herr Candidat
Langhans, vicarisirender Schullehrer, als einer
der eifrigsten Teilnehmer erscheine». Ersterer
wurde deshalb für zwei, letzterer für einen Mo-
nat im officium und beneficium an der Schule
eingestellt Für die übrigen Sünder billigte
der Kleine Rat den vorgeschlagenen Verweis
(30. September 1818). Die Kuratel beeilte sidi
zwar mit der Ausführung nicht sehr: Bitzius
und Pecholier erhielten ihren Rüffel erst den
6. November.
Als nach dem Gutachten Iths vom Jahr 1794
die theologischen Lehrstühle reformiert wur-
den, hielt man die HomUetik und die Pastoral-
theologie für unentbehrlich und die Homiletik
wollte man nicht bloss in praktischen Uebun-
gen den Studierenden beigebracht wissen, son-
«
Die Akademie in der Mediations- und RetiattnticMiszeli
»
dern es sollte die Wissenschaft denselben hi-
storisch und systematisdi in eignen Vorlesun-
gen vorgetragen werden. Von dieser Ansicht
war man bereits zurückgekommen und bei den
Vorbereitungen für das neue Akademieregle-
ment vom Jahr 1821 fand die Revisionskom-
mission, dass die Theologie «keine ausgezeich-
nete Stelle behaupte», weil bei den jungen
Geistlichen der Mangel an eigentlichen
theologischen Kenntnissen allgemein
geworden sei, weil man mit andern Worten
auf die praktische Ausbildung derselben zu viel
Zeit verwende. Die Pastoraltheologie, hiess es
jetzt, kann vollständig entbehrt werden ; sie ist
Sache des Selbstunterrichts und der Erfahrung
und die Homiletik kann mit praktischen An-
weisungen abgetan werden; dadurch gewinnt
man Zeit fOr die bessere theoretisdie Ausbil-
dung der Studierenden.^ Diese Ansicht der Re-
visionskommission teilte der Kirchenrat voll-
ständig und so kam es, dass, wie uns das neue
Reglement von 1821 in § 26 besagt, die Pasto-
raltheologte gänzlich abgeschafft vmrde und
statt der Homiletik «praktische Anweisungen
im Predigen» eingeführt vnirden, vom ersten
und zweiten Theologen in gleicher Weise gege-
ben ; ebenso liess man das Kirchenrecht fallen.
Der frühere Professor der praktischen Theo-
logie behielt also von seinen bisherigen Funk-
tionen nur noch die Katechetik; zu ihr teilte
man ihm jetzt noch die Kirchen- und Dogmen-
geschichte zu, die man dem Professor der theo-
retischen Theologie abnahm, so dass also die-
ser, von den Anweisungen im Predigen abge-
sehen, nur noch die dogmatische und die Mo-
raltheologie zu vertreten hatte. Der dritte Theo-
logt behielt die Voriesungen, wie sie 1805 ge-
ordnet worden waren, unverändert beL
Hart trafen diese Bestimmungen den Inha-
ber des Lehrstuhls der praktischen Theologie,
den 65 Jahre alten Professor Samuel Studer.
Die Kuratel suchte ihm entgegenzukommen,
aber Studer eridärte mit Schreiben vom 2. Fe-
bruar 1822,' «seiner Ueberzeugung nach sei
die Pastoraltiieologie ein unumgängliches theo-
retisches Studium der Theologen und er werde
nimmermehr einwilligen statt desselben das
ihm neu auferiegte Pensum vorzutragen»; zu-
gleich verlangte er seine Entlassung.
Die Kuratel war geteilter Meinung : die eine
beantragte dem Kleinen Rat, das Demissions-
begehren anzunehmen und dem verdienten Ge-
lehrten ein Leibgeding zu bewilligen, da er
bei seinem vorgerfickten Alter nicht mehr eine
Pfarre auf dem Land besoigen könne ; die an-
dere Meinung will die Vollziehung des neuen
R^ements in betreff des zweiten theologischen
Lehrstuhls suspendiert wissen, bis derselbe va-
kant geworden sei. Die Vertreter der letztem
glauben, dass Professor Studer nicht gezwun-
gen werden könne, ein Fach zu geben, zu wel-
chem er in seinem Vertrag nicht verpflichtet
worden sei, und dass die bemische Regierung
ein solches Vorgehen gegen einen Beamten
nie gekannt habe, abgesehen davon, dass man
von einem 65jährigen Manne billigerweise nicht
verlangen könne, dass er ein neues Fach ein-
studiere und dasselbe in der ihm natürlich nicht
mehr sehr geläufigen lateinischen Sprache vor-
trage.
Die Regiemng pflichtete dieser zweiten Mei-
nung bei; sie beschloss den 15. März 1822,^
der § 26 des Reg^ementes, insoweit er dem
zweiten Professor der Theologie das Pensum
der Kirchen- und Dogmengeschichte zuweise,
sei auf vier Jahre in seiner Exekution suspen-
diert, es wäre denn, dass dessen Lehrstuhl bis
dahin verlediget würde.
Unzufrieden waren alle Professoren der
Theologie mit dem neuen Reglement, insofern
es in § 44 die Kollegiengelder der Theologie-
studierenden von 6 auf 4 Franken herabsetzte ;
auf ihre KU^n tat die Regierung ein Einsehen
und verordnete den 2Q. März 1822, dass am
schwarzen Brett angesdilagen werde, das Kol-
legiengeld für die Theologen betrage wie frü-
her Fr. 6.*
«
Die Alouleinie in der Medlationt- und RestauntfontzeÜ
m
Professor Stiider wartete seines Amtes noch
fQnf Jahre; im Frühjahr 1827 wwtle er an die
Stelle des verstorbenen Dekans Risold gewählt
wid als neu gewählter Dekan wurde er auch
Mitglied der Kuratel und Kurator der theolo-
gischen Fakultät Die Kuratel und der Kirchen-
rat fanden sich bei der Neuwahl des zweiten
Professors der Theolc^e in Eintracht zusam-
men : sie beschossen, die Stelle gar nicht aus-
zuschreiben und zum Nachfolger Studers den
Pfarrer Bernhard Wyss von Belp der Regie-
rung vorzuschlagen^ (20. April 1827). Der Vor-
schlag wurde sofort bestätigt, den 23. April.
Die juridische Pakttltit
Die juridische Fakultät entwickelte sich, ab-
gesehen von dem bereits besprochenen feind-
seligen Verhältnis, in das sich K. L. v. Haller
von Anfang an zu seinen Kollegen stellte, in
ruhiger und normaler Weise. Für römisches
Recht, Naturrecht und Kriminalrecht war der
aus Deutschland berufene Dr. Christian Hein-
rich Omelin angestellt worden, fOr das ber-
nische Zivilrecht Samuel Schnell aus Burg-
dorf; beide äbten auf ihre Zuhörer gewaltigen
Einfluss aus und wenn auch im Anfang über
ui^enügende Vorbildung derselben geklagt
wurde,^ so entwickelte sich unter den jungen
Rechtsbeflissenen, deren Zahl durchschnittlich
auf 35 sich belief, bald eine rege wissenschaft-
liche Tätigkeit, die sich bei der jährlichen Be-
arbeitung der Preisfragen riihmlich hervortat
Das fünfte Rad am Wagen aber war von An-
fang an der dritte Professor iuris C. Ludwig
von Haller, der fär Geschichte und allge-
meine Staats- und Verfassungskunde angestellt
worden war. Entweder brachte er es mit Muhe
und Not auf ein paar Zuhörer, oder seine an-
gekündigten Vorlesungen kamen gar nicht zu
stand ;^ die prunkhafte Ankündigung seines
Kollegs über das allgemeine Staatsrecht « nach
einem von ihm selbst erfundenen und den bis-
herigen Systemen ganz en^g^engesetzten Plan'»
blieb ohne die gewünschte Wuicung.
Schon vom Jahr 1809 an wunte die Oe-
schidite, speziell die Schweizergeschichte, die
nach dem Reglement mit seiner Professur ver-
bunden war, von Professor SchneU gelesen^
und nach Ablauf der Probezeit (1812) finden
wir sie ihm definitiv fibertragen ; nach seinem
neuen Anstellungsdekret ist Haller nur noch
Professor des Staatsrechts.^
Im Hert>st 1813 nahm Professor Omelin zum
grossen Bedauern der Behörde und der Kolle-
gen, bei welchen er sich hohe Achtung erworben
hatte, seine Demission^ und siedelte nach Tü-
bingen fiber. An seine Stelle trat nodi in dem-
selben Jahr, den 3. November, Dr. Eduard
Henke, Professor extraordinarius an der Uni-
versität zu Landshut, der, obwohl noch in dem
jungen Alter von 2Q Jahren stehend, bereits
schon sieben Jahre Vorlesungen gehalten und
sidi durch seine wissenschafdichen Arbeiten in
weiten Kreisen bekannt gemacht hatte. Er war
den Bemem von Hufeland in Landshut drin-
gend anempföhlen worden und wenn auch
meinen Hochgeehrten Herren der Kuratel die
Nachricht, dass der gelehrte Jurist an der Schel-
lingischen Philosophie OefaUen gefunden habe.
Bedenken eingeflösst hatte, so trösteten sie
sich doch in ihrer Eingabe an den Kleinen
Rat,^ «dass bei einem verständigen Manne
unter rechtlichen CoUegen, und unter hiesigem
Himmelsstrich die allfälligen Ueberreste einer
Deutsch-akademischen Philosophie nach Schel-
lingisdier Lehre, welche vorzüglich in einem
gQttlichen Sprachunsinn bestehet, sich bald ge-
ben würde». Auch die hohe Regierung war
der Ansicht, dass der Schellingische Idealismus
im bemischen Klima keinen Schaden anrichten
könne, und berief den jungen Gelehrten an die
hiesige Akademie, indem sie von weitem Pro-
ben absah. Und sie hatte wahrlich ihren Ent-
schluss nicht zu bereuen, da der «Teutone»
nicht bloss durch treue Pflichterfüllung sich
auszeichnete, sondem bald noch mehr tat, als
<t
Die Akademie in der Mediations- und Restiurationszeii
m
ihm aufgetragen war, was die Behörde durch
eine für die damaligen Verhältnisse namhafte
aehalt5aufi>esserung^ dankbar erwiderte.
Den 30. Oktober 1817 gab Haller der Ku-
ratel seine Entlassui^ ein; sie nahm sie an,
ebenso die Regierung. Die Kuratel dankte dem
Scheidenden mit verbindlichen Worten für die
der Akademie geleisteten Dienste — der Kanz-
ler Mutach war zu dieser Zeit bereits aus der
Kuratel ausgetreten, sonst wäre der Abschied
wohl weniger herzlich ausgefallen. Die Kuratel
unter der neuen Flagge ersuchte sogar Hallem,
ihr seine Abschiedsrede von seinen Schülern
zum Abdruck im Litterarischen Archiv zu fiber-
geben; da sie sich in demselben nicht findet,
dürfen wir wohl vermuten, dass Haller, seiner
beständigen Haltung der Kuratel gegenüber
getreu, auf dieses Gesuch gar nicht antwortete.
Nach dem Weggange Hallers ging der Lehr-
stuhl, den er inne gehabt hatte, ein; es kam
dies also:
Zunächst war die Kuratel zu der Ansicht
gelangt, es sei besser, wenn das Staatsrecht gar
nicht mehr gelesen werde, da « bei der gegen-
wärtigen Lage der politischen Welt die Be-
griffe über Staats- und Völkerrecht noch viel
zu unbestimmt und widerstreitend seien, als
dass es möglich wäre die allgemeine Staats-
wissenschaft nach positiven, allgemein ange-
nommenen Grundsätzen zu lehren». Deshalb
beantragte die Kuratel dem Kleinen Rat,^ an
Stelle der allgemeinen Staatswissenschaft den
Vortrag des positiven Eidgenössischen Staats-
rechts in Hinsicht auf die verschiedenen Ver-
hältnisse gegen Fremde, gegen diplomatische
Personen etc., verbunden mit der vaterländi-
schen Geschichte in besonderer Beziehung auf
den bemischen Freistaat zu setzen.'
Der Kleine Rat erhob den Antrag der Ku-
ratel zum Beschluss und gab dieser zu verste-
hen, wie wichtig nun aber für die Besetzung
einer solchen Stelle die Auswahl der Person
sei^ «nicht nur in wissenschaftlicher,
sondern auch in andern Rücksichten,
die Ihrer (der Kuratel) Klugheit nicht
entgehen könnten». Dieser Wink wurde
verstanden und so beeilte sich denn die Kuratel
gar nicht, in dieser so delikaten Angelegenheit
vorzugehen und etwa einen Missgriff zu tun,
und gewiss war sie recht froh, wie im Februar
1820 Professor Henke ihr zu Hülfe kam und
sich anerbot, das Pensum des allgemeinen und
schweizerischen Staatsrechts zu übernehmen.
Nach ihrem Vorschlag nahm der Kleine Rat das
Anerbieten Henkes provisorisch für zwei Jahre
an unter der Bedingung, dass er im Verlauf
von zwei Jahren^ «ein bündiges und vollstän-
diges Compendium über das schweizerische
Staatsrecht sorgfältig ausart>eite»; auch stellte
er ihm in Aussicht, die Autorisation zu den Vor-
lesungen über das allgemeine und schweizeri-
sche Staatsrecht zu erneuern, «wenn alle Er-
wartungen, zu denen seine Geschicklichkeit
und Talente berechtigen, in Erfüllung gegan-
gen sein werden».
Henke begann seine neuen Vorlesungen, für
die er jährlich mit Fr. 400 honoriert wurde,
und machte sich mit der ihm angebomen Ener-
gie an die Ausarbeitung des Kompendiums des
schweizerischen Staatsrechts, wofür ihm der
Zutritt zum bemischen Archiv gestattet wurde ;
es bedurfte für diese Erlaubnis auch jetzt noch
eines besondem Ratsbeschlusses.^
Im November 1823 gab Henke der Kuratel
das Manuscript seines Kompendiums ein und
diese schickte es dem Kanzler Mousson und
Lavater in Zürich zur Prüfung.*^ Mousson und
sein Mitarbeiter fanden es der höchsten Aner-
kennung würdig, worauf der Kleine Rat nach
dem Antrag der Kuratel dem gelehrten Ver-
fasser eine Gratifikation von Fr. 400 zusprach
unter der Bedingung,® dass er den Druck selber
besorge und ihm eine Anzahl Exemplare über-
gebe. Zugleich wird ihm das allgemeine und
schweizerische Staatsrecht definitiv übertragen
gegen eine jährliche Remuneration von Fr. 600.
Trotz dieses Arbeitszuwachses dürstete es
unsem deutschen Gelehrten nach weiterer Aus-
Die Aktdende in der Mcdiations- und ResteuntioiiBzeit
51
dehnung seiner akademischen Titigkeii Vom
Jahr 1828 an gelangte er zu wiederholten Malen
an die Behörde, sie möge ihm gestatten, über
das Kirchenrecht Vorlesungen zu halten, na-
türlich — gegen ein angemessenes Honorar.
Er schlägt sogar der Kuratel vor, den juridi-
schen Studienplan durch Aufnahme der Kolle-
gien über das Kirchenrecht zu erweitem, aber
diese gab ihm schliesslich (Dezember 1829)^
den lakonischen Bescheid, «der von ihm als
dringendes Bedfirfniss vorgeschlagene Lehrcurs
sei für die bemische Akademie von geringerer
Bedeutung».
Die medizinische Fakultät
Die medizinische Fakultät gründete sich auf
das medizinische Institut,
sie war der staatliche Ausbau desselben. Im
Jahr 1798 waren die besten Aerzte und Chi-
mrgen der Stadt Bem in Verbindung mit an-
dem Gelehrten zusammengetreten, um ange-
henden Studierenden der Medizin in ihrer Wis-
senschaft theoretischen und praktischen Unter-
richt zu verschaffen, damit dieselben aus dem
nachherigen Unterricht auf ausländischen Uni-
versitäten grossem Nutzen ziehen und den Auf-
enthalt auf denselben kürzen könnten. Im De-
zember hatten sie dem Erziehungsrat von ihrer
Konstitution Nachricht gegeben und ihm einen
Studienplan voigelegt, der natürlich von dieser
Behörde, die für alle wissenschaftlichen Inter-
essen nach Kräften eintrat, mit Freuden ent-
gegengenommen wurde. Bald darauf begannen
die Vorlesungen und nach kurzer Zeit schon
fand sich eine beträchtliche Zahl von Studie-
renden aus dem Kanton und andem Oegenden
der Schweiz ein, welche die ihnen dargebotene
Gelegenheit zu ihrer bemflichen Ausbildung
benutzten ; der helvetische Minister der Künste
und Wissenschaften blickte mit Stolz und gros-
ser Genugtuung auf die aufblühende Anstalt
seines Heimaticantons, die sich auch der tat-
kräftigen Unterstützung der VerwaHungskam-
mer zu erfreuen hatte.*
Dieser Veigünstigung hoffte das Institut
audi von selten der neuen Regiemng sich zu
erfreuen und gelangte an das Kirdien- und
Schuldepartement mit der Bitte um einen Zu-
scfauss von Fr. 6000 für das laufende Jahr
1803.' Das Departement befürwortete dieses
Gesuch beim Kleinen Rat unter der Bedingung,
dass ihm die Oberaufsicht über das Institut
übertragen werde mit der Weisung, gemein-
sdiaftiich mit den Vorstehern des Instituts,
alle nötig weidenden Temporärverfügungen zu
treffen, wobei es aber dem Institut überlassen
bleiben sollte, seine Lehrer wie bis anhin selbst
zu wählen und die Pensa nach eigenem Out-
finden zu bestimmen. Der Kleine Rat war da-
mit einverstanden und erteilte zugleich dem
Departement den Auftrag, die Voibereitungen
zur Verschmelzung des Instituts mit der zu
gründenden Akademie zu treffen.^ Dem In-
stitut wurden nun zwei Lehrzimmer im Kloster
angewiesen und bis zur Eröfhiung der Aka-
demie und der medizinischen Fakultät Fr. 8500
in verschiedenen Raten ausbezahlt
Die medizinische Fakultät
wurde im November 1805 mit drei Lehrstühlen
eröfhiet: als Professor für Chirurgie und
Geburtshülfe fungierte Dr. Abraham
Schiferli, der bereits am medizinischen In-
stitut gewirkt hatte, für spezielle und all-
gemeine Pathologie und Therapie Dr.
Albrecht Tribolet, ebenfalls vorher am
medizinischen Institut tätig, und für Anato-
mie und Physiologie Dr. Friedr. Aug.
Gottfried Emmert, einer der drei Profes-
soren, die von Deutschland berafen worden
waren. Emmert und Tribolet erhielten eine
Jahresbesoklung von Fr. 1600, Schiferti von
Fr. 1500.
Mit dem Anatomen Emmert war auch sein
Bmder Karl Friedrich Emmert nach Bern
gekommen, nachdem er bereits in Qöttmgen
«
Die Akidemie in der Mediations^ und Reftauimtionszeit
^
ab Repetent KoUegien Ober Anatomie und Ver-
bandlehre gelesen hatte. Er erhielt von der Ku-
ratel die Bewilligung, Vorlesungen iiber Tier-
arzneikuflde zu halten, und den 12. März 1806
wurde er zum Professorder Vieharznei-
wissenschaft gewählt^ mit Fr. 1000 Oehalt
und im Herbst desselben Jahres annodi zum
Pro Sektor und Qehiilfen seines Bruders, ffir
welches Amt er eine weitere Besoldung von
Fr. 300 bezog, sowie Fr. 6 Kollegiengeld von
jedem Hdrer, das ihm der Professor der Ana-
tomie von seinen Kollegiengeldem abzutreten
hatte.
Dem Proseldor war in seinem Pflichtenheft
voigeschrieben : > «1) alle bei dem anatomi-
sdien Unterricht notwendigen Sektionen und
Vorbereitungen an Cadavem zu verrichten;
2) unentgeltlich alle notwendigen physiotogi-
sdien, pathologischen und osteologischen Prä-
parate zu verfertigen und selbige unter emem
von der medidnischen Facultat zu bescheini-
genden halbjährlichen Inventario der Akade-
mie eigentOmlich zu äberliefem, wobei er blos
seine Auslagen filr Draht, Qläser, Brandten-
wem etc. verredmen könne ; 3) allen Anatomie-
studierenden, so es verlangen, unentgeltlidien
Unterricht im Sederen und Präparieren zu er-
teilen und von denselben blos die Bezahlung
der Auslagen für Infusfons-Materien bis auf
höchstens Fr. 4 von jedem p. cursus zu eriie-
ben.»
Doch der erste Prosektor war, wie wir be-
reits gesagt haben, zugleich auch Professor der
gesamten Tierarmeiwissensdiaft, weshalb ihm
die Kuratd bei seiner Wahl zum Prosektor
ihren bestimmten Willen dahin zu erkennen
gab, «dass er, Herr Prof. Emert iunior, seine
Praxis hauptsidilich auf das Veterinarische be-
schranken, und sich diesem in hiesigem Lande
so wichtigen Fache nun als bestellter Lehrer
ganz besonders widmen solle».
Sogar ein Abwarter wurde nodi m dem-
selben Jahr der medizmischen Fakultät bewil-
ligt mit einem Jahresgehalt von Fr. 260 und
der Au^[id>e, allen Herren Lehrern der Fa-
kultät an die Hand zu gehen, besonders aber
das anatomisdie Theater zu besorgen und die
ihm diesorts erteilten Aufträge punktlidi zu
erfOlIen.
Schon kn Oktober 1808 eriiielt Emmert seuie
anbegehrte Entlassung als Prosektor und an
seine Stelle trat der junge, für sein Fadi ausser«
ordentUch begabte Karl Wilhelm Hoch-
stetter mit denselben Verpflichtungen und
einer Besokiungseriiöfaung von Fr. 100;' bald
entstanden unter seiner geschidrten Hand dte
prächtigen Sammlungen des anatomisdien Ka-
binetts, wekhe den Stolz der Fakultät bikleten,
und auch in anderer Richtung wirkte der neue
Prosektor so glficklidi, dass die Kuratel im
August 1810 der Regierung beantragte,^ sie
wolle ihn mit einem Oehalt von Fr. 1600 zum
ordentlichen Professor promovieren und ihm
(neben dem Prosektorat) die Vorlesungen über
allgemeine Pathologie und Therapie, sowie die
mediana forensis fibertragen und dadurdi den
Professor Tribolet in semen allzu weitgehenden
Verpflichtungen entlasten. Auf diese Weise
hoffte die Kuratel den geschätzten Gelehrten,
der einen Ruf an die Akademie in Berlin bekom-
men hatte, der Anstalt für immer zu erhalten.
Der Kleine Rat genehmigte den Vorschlag, so
dass also Professor Tribolet neben dem Clmi-
cum und der materia medica nur noch die spt^
zielle Padiologie und Hierapie blieb.
Den 1. November 1810 trat Hochstetter seine
neuen Funktionen an und schon ein Jahr nach-
her, den 2. November 1811, hätte er der Aka-
demie als Prorektor vorstehen sollen, als ihn
kurz vorher auf der Ruckreise von Italien, wo-
hin er sich zum Zwecke wissenschaftlicher For*
sdiungen blieben hatte, der unerbitdiche Tod
ereilte.
Ein Jahr kmg behalf sich nun Professor Em-
mert ohne Prosektor mit zwei Oehülfen,* die
er sich aus der Zahl seiner geschicktem Sdifl-
ler selbst auswählte und die von der Kuratel
eine kleine Oeldentschädigung eriiielten. Dann
^
Die Akadcnle in der Medletkiii»- imd ReetesnHoiienit
wihUe auf Beginn des Winteraemesten 1812
die Kuratel wiedentm einen besondern Proeek-
tor, der nun diesem Amt allein leben sollte (mit
Fr. 800 Oehalt) in der Person des Lioentiaten
Karl Mayer aus Schwäbisdi-Hall. Der Vor-
trag der allgemeinen Pathologie und der me-
diana forensis sollten ausserordenflidien Do-
zenten äberbunden oder den angestellten Pro-
fessoren angehängt werden.^ Die mediana fo-
lensis wurde dann in der Tat in der Folge-
seit duidi Dozenten vertreten,' mit der allge-
meinen PaflKdogie hingegen hatte man keine
Eile; wh- finden sie ausser gelegentlidien Vor-
lesungen von Professor Mayer im Sommer
1816 und 1818 erst im Jahr 1821 wieder ver-
treten.
Bald nadi der Eröffnung der Akademie
wurde von der Kuratel für die künftigen Aerzte,
Chiruigien, Oebuitshelfer, Tierarzte und Apo-
Ihdier, wekhe ihre Studien an der Akademie
absolviert hatten, ein Examen eingerichtet,'
durch welches sich dieselben über ihre Kennt-
nisse, weldie die medizinische Fakultät für not-
wendig hielt, ausweisen sollten. Das Examen
wurde von den Professoren abgenommen und
bestand in einer schriftlichen und einer mflnd*
liehen Prüfung; in dieser hatten die Examinan-
den Ihre {Maktisdien Fertigkeiten und Oesdiick-
lidikeiten zu zeigen, in jener die theoretisdien
Kenntnisse.
Der Arz^ fan engem Sinne des Wortes, sollte
in der Anatomie, Physiologie, Hierapie, Arz-
neimittellehre und der mediana forensis ge-
prüft werden, dazu noch in der Chemie; der
Chintige wid Od)urtshelfer in allen diesen
Fädiem und des weitem noch in den ihrem
besondem Beruf dienenden Disziplinen; der
Apotheker in der Botanik, Chemie, Waren-
kunde und Pharmazie; der Tierarzt endich
sollte sovid möglich ausser der Veterinarkunst
auch die Kenntnisse des Arztes im engem Sinne
besitzen, da man von der Ansicht ausging, die
Veterinarkunst sei übertriebene menschliche
Heilkunde.
Ib
Wer das Examen bestanden hatte, eiliidt
ein vom Kanzler unterschriebenes Zeugnis über
hinlingliche oder gute oder vorzfiglidie Kemit-
ttisse in dem Bemf , den er im Kanton autzn-
U>en im Sinne hatte, und der Sanititsrat,^ mit
wddiem sidi die Kuratel nach §82 des Rcgle-
nentes für die Akademie wegen dieser Zeug-
nisse hl Verl>indung zu setzen hatte, nahm nun
l>ei der AnsteOung von JMedizlna^rsonen für
den Kanton Bern auf die Attestate der medizi-
nisdien FakuHit ibesonden begü n s tig end e
Rücksicht».«
Unter den Studierenden der Medizin waren
manche, die vom Land herkamen und an Vor-
bildung weiter nichts mitbrachten, als was sie
auf ihren Landschulen erobert hatten, und das
war gewöhnlich blutwenig, beschränkte sich
doch damals der Unterricht auf manchen die-
ser Schulen auf Lesen und Schreiben. Schon
im Jahr 1806 hatte sich ^it medizinische Fakul-
tät über diesen Uebelstand bitter beklagt^ und
die Kuratel um Abhülfe gebeten, aber diese
hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie in
ihren Anforderungen an die Vorbildung der
künftigen Landärzte sich auf das alleibeschei-
denste Mass beschränken müsse» wenn man
nicht Oefahr laufen wolle, dass der Zuzug vom
Lande gänzlich ausbleU)e und der Zweck der
Akademie, tüchtige Landärzte auszubilden, ver-
fehlt werde. Wer die damaligen kulturellen Zu-»
stände unseres Kantons kennt, darf die Kuratel
darum nicht tadeln: sie kannte das nicht be-
neidenswerte Los eines Landarztes und wiisste,
dass vorläufig nur junge Leute vom Lande
selbst zu Erreichung desselben aubumuntem
seien.
Durdi eine erneuerte Eingabe medizhiisdicr
Professoren bewogen, stellte die Kuratel den
13. November 1812 ^ das Minnnum der Anfop»
derungen an die Vorbildung der Medizinstu-
dieienden fest Wer nicht als früherer ZügUng
der bemisdien Utterarsdmle ad lectiooes piK
blicas ftanlich promovtert worden war, solte
»0
«t
Die Akideiiife in dar Madhrifcmf* omL Resltttnüoiuidt
^
tkh vor der Immairikiilation einer PriUung:
unterwerfen und beweiwn, dass er «fertig und
riditig deutsch lesen könne»» und des fernem
sich verpfliditen, wahrend des ersten Semesters
die Kunst lateinisdi (d. luidie lateinischen Budi«*
Stäben) zu lesen und die «Casusfestigkeit» in
dieser Sprache sidi zu erwerl)en und im Redi*
nen «die griindlidie Kenntniss der 4 Spedes».
Die definittve Auhuüune in den Studenienkata»
log sollte erst nadi Verfluss dieses Semesters
erfolgen. Zugleich verlangte die Kuratel von
der medizinischen Faicultat einen Beridit da-
rüber, an wen die jungen Leute vom Lande zu
Erwerbung der geforderten Kenntntsse zu wei-
sen seien und wer die Eintrittsprfifung besor-
gen solle. Da aber von diesem Bericht oder
von weitem Verhandlungen fiber einen solchen
m den Manualen nidits zu sehen ist» dfirfen
wir wohl annehmen, dass die Professoren der
Medizin in der Meinui^, durdi die besproche-
nen Forderungen werde kaum etwas gewon-
nen, den von ihnen gewünschten Beridit gar
nicht abstatteten und dass auch die Kuratd
dte Angdegenheit vorläufig auf sich beruhen
liess. Wir dfirfen dies um so eher annehmen,
als 10 Jahre nachher, 1822, bedeutend ver-
sdiirfte Besthnmungen ffir die Immatrikulation
der Mediziner aufgestellt und nun auch durdi-
gefuhrt viouden. Nadi dem in diesem Jahre re-
vidierten akademischen Spezialreglement wurde
«den Studierenden der Medldn, die auf dem
Lande nicht die nöthigen Vorkenntnisse zu fer-
nerer vmsensdiaftiidier Ausbildung erwerben
konnten, zur Pflicht gemacht; sidi durch einen
von der Curatd zu designierenden Docenten
in der latemischen Sprache Aber die Anfangs-
grfinde hinaus, und in der Arithmetik in den
Proportionen, den gemdnen und Dedmalbrfi-
chen U.S.W. unterrichten zu lassen». Dieser
Unterricht wurde einem Privatlehrer (Suter)
fibeigeben, der vom Beginn des Sommerseme-
siers 1823 an den ihm zugewiesenen Studenten
tiglidi zwd Stunden Unterricht erteilte und
dafür von jedem derselben halbjihrlidi L. 10
empfingt sowie von der Akademie dieselbe
Summe.
Bei der definitiven Organisation der Aka-
demie (1811) gab der Chinuge Professor Abra*
ham Sdiiferli seine Demission ein; sdiweren
Herzens nahm die Behörde das Begehren des
verdienstvollen und pfliditgetreuen Dozenten
an und schrieb die Stelle eines Vertreters der
Oiirurgie und Oeburtshfllfe zur faden Konkur-
renz aus; dte Proben sollten in einer anato-
mischen Demonstration, der Verriditung einer
Operation am Kadaver und in einer deutschen
Vorlesung Ober einen diintrgisdien Oegen-
stand bestehen. Drd Kandidaten unterzogen
sich denselben, wobd sich der Professor der
Tierarzneikunde, Karl Friedrich Emmert,
derart auszeichnete, dass er vcm der Kuratel,
dte auch seine Lehrgabe und sein Talent; dte
Liebe aller Sdifiter sich zu erweiben, zu sdiitzen
wusste, einstimmig zum Nachfolger Schiferlis
voigesdilagen und von der Regierung mit einem
Oehalt von Fr. 1600 den 8. Mai 1812 gewählt
wurde.^ Er blid> der beraischen Akademte
treu; leider nahm sein alterer Bruder, der Anap
tom und Physiologe Fr. Aug. Emmert, im Som-
mer 1815 einen ehrenvollen Ruf an seine vater-
landische Universität Tfibingen an und verliess
Bern, allerseits geaditet und geehrt Zu seinem
Nachfolger vnirde den 25. September der Pro-
sektor Dr. Karl Mayer gewählt,' der einzige
A^irant, der skh zu den Proben (bestehend in
einer anatomisdien Präparation und einer phy-
siologisdien Abhandlung) gemeklet hatte; sein
Odialt war der seines Voigängers (Fn 1600).
Im Prosektorat folgte ihm Johann Jakob
Hermann aus Bern, gewesener Chirurgus
IMajor im Bataillon Bemischer Frdwilligen in
k. preussischen Diensten, dermalen Arzt in
Lode. Sdion als Studk>sus hatte er fOr das
Sezieren besondere Neigung und OeschickUdi-
küt gezdgt und war fOr mehrere sehr sdidne
Präparate ausserordenflidi remuneriert worden;
m den Proben wurde er allerdings, was dte
theoretischen Kenntnisse anbetrifft, von semem
tit
Die Akademie in der Mediation»» und Rettamationneit
1»
Konkuncflten, dem Badenner Schwarz, der in
Bern bei dem Operaiar Hartmann in Kondition
stand, aus dem Felde geschlagen und die Ku-
ratel mussfe zugeben, dass er audi als Student
tfOr die wissenschafdidien Coll^ien» nicht
tausgezeidmeten Fleiss» gezeigt habe; den-
noch^ schlug ihn die Kuratel der Regierung zur
Wahl vor, in der Meinung, dass die Prosektor«
stelle eher praktisdie Fertigkeit als theoretisdie
Kenntnisse erfordere, und der Kleine Rat teilte
diese ihre Ansicht Als Jahresgehalt wurden
Hermann wie seinem Voiganger Fr. 800 aus-
gesetzt»
In nidit geringe Veriegenheit bradite die
Kuratel der Weggang Kari Mayers im FrOh-
jahr 1819 infolge seiner Bendung nach Halle.
Zu den Proben für den also eriedigten Stuhl für
Anatomie und Physiologie hatten sich zwei
bemtsdie Kandidaten, Dr. Ith und der Pro-
sektor Hermann, eingesteOt, bei denen es
sidi zeigte, dass die Kenntnisse des Dr. Ith in
der Anatomie unvollständig und oberflädilidi
waren und die des Prosektors Hermann in der
Physiologie mittelmissig; in der Physiologie
hingegen zeigte 11h gründliche Kenntnisse, wäh-
rend Hermann seine anatomische Auljgabe zur
Zufriedenheit der Examinatoren löste.'
Infolge dieses Resultates waren die Meinun-
gen der Kuratoren geteilt; die Minderheit der-
selben beantragte dem Kiemen Rat die provi-
sorische Beruftmg eines Auslanders, des Dr.
Rapp aus Stuttgart, der von Professor Emmert
in Tübingen aufs wärmste empfohlen worden
war, aber zu den Proben sich nicht hatte stellen
wollen ; die Mdirfieit wollte den vakanten Stuhl
einem Landeskind fibetgeben wissen, konnte
sich aber iiber den Modus nicht einigen : ' der
eine Vorsdilag ging dahin, den Lehrstuhl zu
trennen und die Physiologie dem Dr. Ith, die
Anatomie aber dem Prosektor Hermann zu
jQbeiffeben und den Qehalt von Fr. 1600, der
bis dahin für beide Fächer ausgegeben worden
war, an die neuen Inhaber zu teilen. Der an-
dere Vorschlag lautete, den Dr. Ith zum Pro-
fessor für beide Fidier zu efnennen, ihm aber
zu gest a tten, fOr die Anatomie, cfDr die er sel-
ber eine entadiiedene Abneigung eingestehe»,
einen Vikar zu bestellen. Beide Vorsddlge wa-
ren natürlich gteich unpraktisch. Die Regierung
entsdiied sidi für den zuletzt genannten Antrag
und ernannte den Dr. Ith den 18. Juni zum
Professor der Physiologie und Anatomie und
auf dessen Vondilag hin den Prosektn- Her-
mann zum Vikar für den Vortrag der Anatomie,
dodi beides nur auf eme Probezeit von 1^
Jahren; noch vor Auslauf des auf Ostern 1821
zu Ende gdienden WmterBemesters sollte von
der Kuratel dem Kiemen Rat em Rapport über
die Bedienung der Lehrstelle euigereicht wer-
den.
Dies gesdiah den 23. MIrz 1821 auf Qnmd
der von der medizinischen FakuHat eingezoge-
nen Beridite.^ Der Rapport erteilt dem Pro-
fessor Ith das ehrenvollste iEeugnis Aber seine
Lehrweise und seine Lehrerfolge, wihrend er
konstatiert, dass sich der Unterricht seines Vi-
kars «auf eine trockene, von allem Interesse
entblösste Nomenklatur beschranke, so dass
unter den gegenwärtigen Studiosen sich kefai
einziger durdi anatomische Kenntnisse aus-
zeichne». Die Kuratel glaubt, dass der ginz-
lidie Verfall des anatomischen Studiums in ab-
sehbarer Zeit eintreten werde, wenn die beste-
hende Einriditung zu einer definitiven gestaltet
werden sollte, und beantragt deshalb der Re-
gierung, dass der Lehrstuhl der Anatomie von
demjenigen der Physiologie vollständig zu tren-
nen, dieser Herrn Professor Ith zu iibertragen
und fiir jenen eine neue (die vierte) Professur
einzurichten und auszuschreiben und jederStuhl
mit Fr. 1600 zu dotieren sei. Sie hofft auch,
von der Regierung deshalb kernen neuen Oeld-
zusdniss veilangen zu mfiss», indem den Pro-
fessoren der Anatomie und Physiologie noch
mehrere Pensen iibertragen werden könnten,
welche bis anhin von besoldeten Dozenten ver-
sehen worden waren — die Padiologie dem Pro-
fessor der Phystotogie, die mediana forensis
Die Akademie in der Medittioii»* und Retbnnmtfon8»ii
^
und die Diitetik dem Professor der Anatomie
— und audi des weitem nodi Erapamisse zu
madien wiren.^ Diese angenehme Aussidit
verfehlte ihre Wirining nicht und die Regie-
rung nahm den 6. April 1821 aUe Anträge der
Kuratel an.
In den Sommerferien 1821 reiste der be-
rühmte Anatom Fr. Medcel in Halle m die
Schweiz und kam auch nadi Bern, und von ihm
erfuhr die Behörde, dass dessen Bruder Al-
brecht JMeckel, ausserordentlidier Profes-
sor der Medizin zu Halle und durch seine
Sduiften in der wissenschaftlichen Welt be-
reits vorteilhaft bekannt, nicht abgeneigt wire,
den ausgesduid)enen anatomischen Lehrstuhl
an der Bemer Akademie zu Obemehmen. So-
fort eigriff dte Kuratel die Gelegenheit, setzte
sich mit Meckel m Veibmdung und bald flber-
trug ihm (den 29. Oktober) die Regierung auf
deren ^trag den vakanten Lehrstuhl auf dem
Wege ehrenvoUer Berufung. Mit Neujahr 1822
fibemahm der Oelehrte seine Funktionen.'
Es folgte jetzt eine Zeit ruhiger Entwicklung
und ruhiger ununteibrodiener Art>eit und ern-
sten wissenschaftlichen Strebens nach allen
Richtungen, wenn wir von der Pfliditveigessen-
heit und Nachlässigkeit des Vertreters der spe-
ziellen Patiiofogie und Therapie absehen, der
im dritten Dezennium des Jahrimnderts der Be-
hörde noch öfter zu Klagen und Ermahnungen
Veranlassung gab, als früher und die Langmut
derselben auf die härteste Probe stellte.^ Die
Durchschnittszahl der Studierenden beträgt 40.
Im Frfihjahr 1829 stari> Professor Meckel;
zu seinem Nachfolger wählte die Regierung
den 11. November 1829 den Prosektor Her-
mann.^ Die Funktionen des Prosektorats wur-
den dem Prosektor und Lehrer der Tierarznei-
sdiule, Herrn Oerber, fibeigeben und auf
diese Weise die beiden Stellen an der Men-
schen- und Tieranatomie mit einander verbun- .
den. Da dies die Kuraid in Genehmigung der | bunden.«
Ansidiien der medizinisdien Fakultit ausführte, 1 Gegen den Willen der medizinischen Fakul-
muss der Laie dazu schweigen. I tat wurde im FrOhjahr 1818 von der Kuratel
^:^
213
Dozenten und autserordenfliche
Prolessoreii«
In ihren Wahlvorschlägen vom 6. JVIai 1805
hatte die Kuratel ffir die medizinische Fakultät
speziell f&r pharmazeutische Chemie den Apo-
flieker JMorell und für pharmazeutische Botanik
H. Albrecht Haller vorgeschlagen. Die Regie-
rung war auf keinen der beiden Vorschläge
eingegangen. Schon im Frühjahr 1807 anerbot
sich der Apotheker Philipp Friedr. Beck
in Buigdorf, f&r angehende IMediziner Vorlesun-
gen iU>er pharmazeutische Chemie zu halten;
sein Aneibieten wurde von der Kuratel mit
Freuden angenommen, und nun hielt Beck mit
dem Titel eines Dozenten gegen die Entrich-
tung von Kollegiengekiem und einer jährlichen
Gratifikation von Fr. 100 regelrecht seine Vor-
lesung und zwar mit grossem Erfolg. Als nadi
Ablauf der Probezeit ein eigener Katheder f&r
die allgemeine und speziell auf Tedinologie
und Pharmazeutik angewandte Chemie ge-
gründet wurde, Qbergab die Regierung Herrn
Bede die neue Professur, nachdem er audi bei
den angeordneten Proben als vorzQglicher Leh-
rer sich ausgewiesen hatte.
Als Professor extraordinarius fOr Botanik,
speziell fOr die Studierendoi der Medizin, fun-
gierte vom Jahr 1807 an Dr. Tribolet, Vater,
der bis zum Jahr 1811 je im Sommersemester
seine botanisdien Voriesungen hielt; von da
an wurde er von der Kuratel beauftragt, die me-
diana forensis, die der verstorbene Professor
Hochstetter gelesen hatte, zu vertreten; zum
letztenmal geschah dies im Winter 1813/14. Als
Gratifikation für diese Vorlesungen riditete ihm
die Kuratel je 100 Franken aus.
Von 181^-1821 setzte Dr. Tribolet, Sohn,
mit dem Titel eines Dozenten den Unterricht in
der mediana forensis fort; von jetzt ab war die-
selbe mit dem Katheder der Anatomie ver-
<f(
Oit Akuicflrit kl dar MftÜiikMi^ vad H f ttoMmti ftt i i ff rtt r
51
dem Dr. med Bnnmer die venia legendi Aber
die offizmelle Pflaiizeiikiiiide erteilt, aber unter
der Bedingung,^ dass nur diejenigen Studieren-
den bei ihm hören dürften, die durch ein At-
testat bekunden könnten, dass sie das ihnen
vorgeschriebene botanische Kolleg bei Profes-
sor Meissner besuchten ! Seit dem Jahr 1816 ge-
hörte Meissner der medizinischen Fakultät an ;
er war auf seinen Wunsch von der philologi-
schen Fakultät dorthin versetzt worden, «da er
sich in jener als gändich untätig und nutzlos
ansah und die meisten seiner Zuhörer unter
den Studiosis med. sich befanden».^ Nun, in
der neuen Fakultät fand er also gefällige Kol-
legen! Ob Brunner dennodi von seiner venia
Gebrauch madite, erfahren wir aus den Ma-
nualen der Kuratel nicht
Der erste Dozent, welcher als Professor ex-
traordinarius von der Regierung ein regel-
rechtes Honorar erhielt und nicht bloss Orati-
fikationen aus der Kasse der Kuratel, war der
Dr. David Rudolf Isenschmid, Mitglied
des SanitätskoUcgiums. Er hatte im Sommer
1818 die venia docendi erhalten und verschie-
dene Jahre hindurch die Instrumenten- und
Bandagenlehre behandelt, namentlich aber im
Sommer 1825 durch die Abhaltung eines chi-
rurgischen Klinikums mit praktischen Uebun-
gen die Behörde sehr verbunden, indem er da-
durch eine un Studienplan schon längere Zeit
gefühlte Lücke auszufQUen begonnen hatte., Von
der Kuratel in einem veibindlichen Schreiben
auffordert, den klinischen Kurs fortzusetzen,^
anerbot er sich, ausser demselben audi noch
tbtr die medidna forensis und die Augenkrank-
heiten zu lesen, wenn man es ihm ermögliche,
zu der Akademie in ein engeres Veriiältnis zn
treten. DarGber befragt, sprach die medizini-
sche Fakultät den Wunsdi aus, die Kuratd
möge Herrn Isenschmid ein fixes Pensum an-
weisen, nämlich das chiruigische Klinikum und
die Verbandlehre (alles andere sei «sehr über-
llfissig»)^ mit angemessener Besoldung und
den fibhcfaea Koll^engeMem (Fn 12) und
deea Titel eines Pkofesaoris exliMMdinaffiL Die
Kuratd beantragte bei dem Kkinen Rat das
bescheidene Honorar von Fr. 200, worauf Dr.
Isensdimid den 10. März 1826 von der Regie-
rung zum Professor extraordinarius der Chi-
rurgie mit der anbegehrten Besoldung erwählt
vntrde;^ Sitz und Stimme in der Fakultät wur-
den ihm nicht gewährt
Sdion ein Jahr vorher war der Titd eines
Professoris extraordinarii an den ersten Ldi-
rer der JMafliematik am Gymnasium, den schon
damals hochverdienten und von der Kuratel in
seiner Bedeutung für die Wissensdurft vdl-
kommen gewürdigten jungen Gelehrten Bern*
hard Studer verlidien worden.
Nach dem Tode Meissners beantragte näm-
Ucfa die Kundd in ihrer Mehihett^ dem Klei»
nen Rat, vom Lehrstuhl der Natutgesdiidite
den bis anhin damit verimüpften Unteiricbt am
Gymnasium^ zu trennen und ihn mit der Mine-
ralogie und Geognosie, die ja an der Aka-
demie einzig im Kurs der allgememen Natur-
gesducfate voigetragen worden waren, dem
«bereits an der Litterarschule angestellten aus*
gezeichneten Lehrer Bernhard Studer» anzuver-
trauen, damit auf diese Weise in Zukunft die
beiden so widitigen Zweige der Naturwissen-
schaft die Mineralogie und die Geognosie, ein
eigenes akademisches Pensum bildeten und
nidit mdur, wie bis anhin, nur oberflächlidi
behandelt virflrden, der Nachfolger Meissners
also auf den Vortrag der Zoologie und Botanik
sich beschränken und diese Zweige um so aus-
ffihriidier behandehi könnte. Zugleich wünschte
die Kuratel, dass dem Lehrer der Mineralogie
und Oeognosie der Titel eines Professoris ex-
traoidinarii veriiehen werde.
Die Minderheit der Kuratel, geleitet von et-
was engheizigen Motiven, beantragte, es beim
Alten bleiben zu lassen,^ aber der Kleine Rat
erhob den Antrag der Mehrheit den IOl März
1825 zum BescUuss^ und fügte dem Titel noch
Sitz und Stimme in der phik>8ophi8chen Fakui-
tät^o hinzu, wolü um die bescheidene OebaUs-
m
Die Akadcmfe in der Medlatioiit- und ResttOFatioiiszeit
»
fidage von Fr. 400 dem also Oeehrten einiger-
nassen zu versQssen.
Vom Winter 1808 an wurde audi die eng«
Itsehe Sprache und Litteratur an der
Akademie gepflegt, nadidem die Kuratel den
Sachsen Herrn Naumburger zum Dozenten
der englischen Sprache mit einem Jahresgehalt
von Fr. 300 1 (aus der akademischen Kasse) er-
nannt hatte. Volle 10 Jahre lang wirkte Naum*
buiger mit grossem Erfolg und zur vollsten
Zufriedenheit seiner Obem^ die ihm für seine
Opferfreudigkeit zu wiederholten Malen Zei-
chen ihrer besondem Huld zukommen Hessen.
Vom Jahr 1818 an lag freilich dieser Unterricht
wieder brach, da er im Programm der Aka-
demie nicht stand und kein glucklicher Zufall
mehr, wie dies anno 1808 geschehen war, einen
Kenner und Lehrer des Englischen nach Bern
führte.
Auch in der theologischen Fakultät fungierte
und zwar vom Winter 1819 an ein Dozent, Herr
Schaffter,^ der französisdie Pfarrer von
Bern, welcher von der Kuratel den Auftrag er-
halten hatte, den Studenten aus dem Leberbei^^
in zwei wöchentlichen Stunden Homiletik zu
lesen und in einer dritten Stunde üebungen
im Predigen und Katechisieren mit denselben
zu veranstalten.
Die sogenannten SnbsldUranstalten«
Das Alumnat aaf IQoster und Schul
Während der Revolution waren, wie wir ge-
sehen, die Alumnen auf ihre eigene Oekonomie
angewiesen, wozu ihnen die Verwaltungskam-
mer vierteljährlich Kronen 150 für das Kkster
und 180 für die Schule angewiesen hatte. Zit
Beginn der neuen Ordnung petitionterten die
Alumnen^ um die Fortsetzung dieser Zuschüsse
und um Krcmen 180 auch für das lOoster, da in
diesem 20 Köpfe, auf der Schule aber nur 16
seien. Der Kleine Rat willfahrte ihrer EKtte und
so wurde Omen bis zum Frühjahr 1806 durdi
des riueuiiat viertel jährlicb die Sumne von
360 Kiüoen = Fr. 3600 jährildi zu gleichen
Teilen ausgerichtet
Mit der Annahme des neuen Reglementes
über die Veigabung und den Oenuss der Alum«
nate und Musshafen-Benefizien vom 31. März
1806 wurde die vom Finanzrat zu leistende
Summe auf Fr. 4000 erhöht, was um so nötiger
war, da die Einnahmen des Musshafens um
mehr als Fr. 2000 vermindert worden waren,
indem die Beiträge an Naturalien, weldie die
Aemter Köniz und Fraubrunnen bis anhin ge«
liefert hatten, nun dem Staate anheimfielen.
Das neue Alumnen-Reglement bradi in
Bezug auf das Kloster vollständig mit der
alten Orcbiung und brachte den KoUegianem,
die nun alle Candidati sanctissimi ministerii
sein mussfeen, die längst ersehnte und ihrem
vorgerüdcten AHer zukommende Freiheit; sie
durften nun in der Stadt in «ehrbaren Häu-
sern » wohnen, wenn sie auch immer noch unter
der Aufsicht des «Herrn im Kloster» standen»
der den Hausakkord eines jeden von ihnen be-
stätigen und vierteljährlich wenigstens einmal
ihre Wohnung besichtigen und beim Haus-
herrn nach ihrem Betragen sidi erkundigen
musste. Welch ein Jubel wird es gewesen sein,
ab sie ihre engen Stüblinen verliessen und
aus dem IQoster auszogen, um nun als Men-
schen unter Menschen zu wohnen 1 Jeder erhielt
jährlich 200 Franken in Geld und zwar 100
von dem obrigkeitlichen Beischuss und 100 als
Musshafenbenefizium.^ Diese Summe erhielten
sie auch voll ausbezahlt; wenn sie auf dem
Lande als Vikare oder Hauslehrer dienten ; für
die leiblichen Bedürfnisse der jungen Herren
Geistlichen war also in lobenswerter Weise
gesorgt, darben musste keiner. Sie waren ver-
pflichtet, eine Pfründe, für die sich keine Aspi-
ranten gemeklet hatten, zwei Jahre lang zu
bedienen ; während dieser Zeit waren sie in
ihrem Benefizium eingesteUt; konnten aber zu
demsdben zurückkehren, wenn sie innerhalb
der zwei Jahre keine andere Versoigung gefmiF
«l
Die Afauleiiiie in der Medlttiont- und R
Die Alumnen auf der Sdiul oder die Pida-
gogianer, wie sie immer nodi hiessen, waren
Studiosi theologiae; sie mussten auch fürderhin
auf der Schule wohnen, durften sich nun aber
selbst beköstigen. Bei einem Speisewirt, mit
dem voriier unter Genehmigung des Pri^x>-
situs auf der Schul, der Zahl der Anwesen-
den nadi, ein Akkord gesdilossen worden war,
holte der Famulus das Essen ; an ihre Auslagen
erhielten sie von den erwähnten obrigkeitlicben
Beisdiussen ein jeder in bar Fr. 100 und als
Musshafenbenefizium 10 Mfltt Dinkel, die ihnen
nach dem «Oetreidansdilag» der Regierung
zu Gunsten ihrer Beamten vergütet wurden.
Der Famulus, dieses interessante und hoch-
wichtige Subjektum auf der Schule, wurde jetzt
nidit mehr von den Padagogianem, sondern
vom Prapositus bestellt und entlassen, aber von
den Padagogianem bezahlt lieber dessen Fleiss
und sittliche AuffiMirung hatte der Prapositus
strenge zu wadien und ihm insbesondere zu
verdeuten, wie dass ihm für allfällig an lieder-
lidie Studenten vollgestrecktes Geld kein Redit
werde gehalten werden. Da ihn die Pädago*
gianer bezahlten, so wachten sie auch angsüicfa
darüber, dass er weder von einem Lehrer, noch
von der Behörde für irgend einen Dienst in
Anspruch genommen wurde.
Um 10 Uhr wurde das Haus geschk>ssen;
ausser dem Prapositus durfte niemand im Be-
sitz eines Hausschlüssels sein. Dass aber die
jungen Theologen alle immer um 10 Uhr schon
im Hause des « Herrn » waren, wird wohl nie-
mand annehmen, wenn auch Veriiandlungen
der Kuratel gegen Padagogianer, die «ausser
dem Haus übemacht blieben», selten vor-
kamen.^
Noch immer bestand das Censoramt auf der
Schul. Aus der Zahl der altera Padagogianer
wurde auf den Vorschlag des Prapositus der
Censor von der Geologischen Fakultät ge-
wählt und vor dieser in feierlidier Versamm-
lung durch einen Eid verpfliditet, auf die Be-
folgung der Gesetze und Ordnung des Hauses
ein wachsames Auge zu haben und den Pra-
positus von allen Unordnungen und Gesetz
Widrigkeiten sofort zu benadviditigen. Ganz
besonders hatte er auf die zu spät nach Hause
kommenden oder ausbleibenden, auf die Lärm-
macher, Zänker, Spieler und ökonomisdi lieder-
lidien Benefiziarien acht zu geben, dieselben
erst freundlich zu vermahnen und wenn er
nicht gehört vnude, seine Klägden dem Pra-
positus vorzubringen oder ihn heibeizurufen,
damit durdi desselben grössere Autorität die
Ordnung vmder hergestellt werde.
Wurde ein Padagogianer zum Heiligen Mi-
nisterium befördert und der Platz eines Kolle-
gianers erledigt, so musste er diesen einneh-
men oder auf sein Benefizium auf der Schul
verzichten. Alle Padagogianer waren verpflich-
tet, bei Krankheiten der Lehrer zu vikarisieren
und auch in der Hauptstadt sich zum Dienst
der iOrche an den Kommunionstagen gebrau-
chen zu lassen. Die Alumnate wurden von der
Kuratel auf den Vorschlag der theologischen
Fakultät vergeben; Kontrolle und Aussduei-
bung besor^gte, wie über die Musshafenbenefi-
zien, der Professor gynmasii.
Unsere Leser wissen, dass von den 36 Stel-
len auf Sdiul und Kk>ster zwölf den Burgera
der Städte Thun, Zofingen und Brugg aus-
sdiliesslich angehörten, so dass sie gleich nadi
ihrer Promotion in die Akademie dieselben an*
sprachen und die andera Studiosi erst dazu ge-
langen konnten, wenn keine Subjekte von den
drei Städten sich dafür meldeten. Während der
Revolution wurden die bevorrediteten Städte
vom Erziehungsrat und der Gemeindekammer
Bera aufgefordert, ihre Ansprüche auf diese
Benefizien zu dokumentieren, und eingeladen,
etwas zu deren ferneren Beibehaltung beizu-
tragen, allein keine von ihnen kormte eine da-
herige Urkunde aufweisen und keine woUie
einen Beisdiuss besddiesserL Deshalb bean-
tragte das Kirdien- und Schuklepartement den
fü
Die Akademie in der Medlttiont- und RestftumtioiitzeU.
^
25. Februar 1804 dem iaeinen Rat,^ er wolle
verordnen, dass bei Veriedigung einer Stelle je
der iüeste Student auf dem Katalogus dieselbe
eibalte» ob er ein Aai]gauer oder Bemer seL
Der Klettte Rat schob die Entscheidung in
dieser Sache hinaus und desavouierte den Un-
tern Schulrat» der in einem konkreten Falle
eigenmächtig nach dem Antrag des Kirchen*
departements gehandelt haite.^ Schliesslich wies
die Regierung diese Frage an die Kuratel der
Akademie^ und diese stellte ihr den 14. Juni
1805 den Antrag, die Vorredite der beiden Mu-
nizipien Zofingen und Brugg gämdich aufzu-
lid>en und nur Hiun die vier Stipendien zukom*
men zu lassen. Diesen ihren Antrag begrün-
dete die Kuratel in längerer und rechtlich inter*
essanter Auaemandersetzungi indem sie aus
der Schulordnung vom Jahr 1548 den Satz ab>
leitetei «dass statt der Ansprachen der gedach-
ten Städte auf Bern, Bern vielmehr ein sehr aus-
gedehntes Stipendiaten-Recht auf diese Städte
hatte, von welchem dann der Oenuss auf Schul
und IQoster ein von Bern aus freiwillig hinzu-
geffigtes Benefidum war».
Den 1. JuU 1805« nahm der Kleine Rat den
Antrag der Kuratel an und beschloss, «es bei
der bisherigen Uebung bewenden zu lassen»
was die Alumnen-Stipendia der Stadt Hiun be-
trift».
Trotzsdem mit der Einrichtung der Akademie
die Alumnen aus dem Kk>ster auszogen, blieb
ihr Präpositus im Kloster wohnen; den Pro-
fessoren der Theok)gie sollten audi in Zukunft
die ihnen von Alters her zukommenden Woh-
nungen veibleiben. Das war der Wunsch des
Kirdiendepartements und der Kuratel gewesen
und diesen Wunsch hatte der Kleine Rat den
2. Deaember 1806 zum Beschhiss erhoben,^
nach wekhem den Professoren der Theologie
die beiden Wohnungen auf Schul und Kk>ster
ausschliesslich fiberlassen vnuden (für je sechs
Jahre, wie vor Alters), der dritte Professor der
Tlieokgie aber hi seinem Rang mit den fünf
Predigeni am Mfinster (der sechste, der Dekan,
hatte sefaie besondere Wohnung), denen zu-
sammen sechs Wohnungen^ <tt>tflassen wur-
den, wechselte.
Wie Professor Rudolf Sdiärer 1818 sehie
Professur aufgab und nach Bfimpüz »>g, be-
sddoss der Kieme Rat^ nach dem Antrag der
Kuratel, die Wohnung des Präpositus im Klo-
ster für Auditorien zu benutzen. Schärers Nach-
folger, Professor Johann Friedrich Stapfer, seit
1805 Pfarrer in Diesbadi, musste sidi selber
nach einer Wohnung umsehen, was ihm sehr
schwer ankam.
So war denn im Jahr 1818 das Kloster zum
alleinigen Sitz der Wissensdutft geworden und
die Theologie hatte in ihm kein Vorrecht mehr
vor den übrigen Fakultäten.
In der Wohnung des Präpositus wurde
zunächst das chemische Laboratorium einge-
richtet; weitere Aenderungen versdxA man,
da sich die Kuratel mit dem Plan trug, im
Kloster em grosseres Pensionat einzurichten«
Wie dieser Plan aber ins Wasser gefallen war,
baute man ün Jahre 1822 die noch verfügbaren
Räume der Wohnung des «Herrn» um zu
einem dritten medizinischen Hörsaal und ver-
legte ebendahin das medizinische Auditorium
beim Zeichnungssaal, um diesen künftig für ein
zweites Zeichnungszimmer zu benutzen.
Der Musshi^OL
Die Musshafenstiftung mit ihren jähr-
lichen Einkünften verblieb auch nach der Re-
volutton unter der Verwaltung des Stadtrates
mit der Verpflkhtung, jene Einkünfte wie bis
anhin teib auf die Unteihaltung studierender
Jüngiinge in Schul und Kloster, teils zur Unter-
stützung derselben in den obem Klassen der
Utterarschule jährlich und so zu verwenden,^
dass unter den JüngUngen der Stadt und den-
jenigen aus dem übrigen Kanton kein Unter-
schied gemacht, audi jedes besondere Recht
anderer Städte vorbehalten^ und der Kantons-
regierung über die aUjährlidie Verwendung
Rechenschaft gegeben werde.
Hl
Die Akadetnie in der Medittiont- imd Restenimtiotitsdi
m
Die neue Musshafenoidnung, welche mit
dem Reglement fiber die beiden Alumnate (vom
31. März 1806) auf den 1. AprU 1806 in Kraft
trat, setzte das Musshafenbenefizium auf L 100
in Oeld fest, ohne eine bestimmte Zahl von
Benefizien anzuordnen. Vorlaufig liess sie es
20 Studierenden zukommen, aber mit der aus-
drflcklidien Bestimmung, dass der jährliche
Uebersdiuss der Musshafenkassa zur Vermeh-
rung der Zahl der Benefizien verwendet werde.
Anspruch auf das Musshafenbenefizium hatten
alle Bufgerssöhne und Landeskinder, die in
der Akademie, dem Gymnasium und der ober-
sten Klassenschule^ studierten.
Bei der Wahl der Benefiziarien wurde vor-
z&gUdi auf die Wihdigkeit und Dürftigkeit ge-
sehen. Die Veigebung geschah durch die Ku-
ratel auf den Voisdilag der Lehrer, unter denen
der Aspirant stand. Die Kontrolle führte der
Professor gymnasii, d.h. der Rektor der Un-
tern Schulen; er schrieb die veriedigten Bene-
fizien aus und bei ihm meldeten sich die Aspi-
ranten, ebenso teilte er vierteljährlich das Oekl
aus.
AOjihrlich im Dezember wurde die Muss-
hafenmusterung gehalten, an welcher der
Kuratel über alle Öenefiziarien von deren Leh-
rern Zeugnis abgelegt wurde ; hernach wurden
die Stipendiaten vor die Versammlung gerufen
und von dem Kanzler belobt oder vermahnt,
Unwfirdigen das Benefizium eingestellt oder
entzogen.
Nach den Berechnungen, welche die Kuratel
anstellte, eingab sich, dass der Musshafenfonds
bei 26 Benefizien einen jähriichen Ueberschuss
von wenigstens Fr. 2000 haben werde.* Des-
halb beantragte die Kuratel dem Stadtrat, die
Zahl der Benefizien auf 34 zu erhöhen (abge-
sehen von den 36 Zuschüssen an die Alumnen
auf Schul und Kloster), was also eine Mehr-
ausgabe von Fr. 800 verursacht hätte, und
aus dem nach dieser Vermehrung sich erzeigen-
den Ueberschuss eine Reisestipendienkasse ein-
zurichtra, aus welcher ausgezeichneten jungen
Tlieok)gen zu ihrer weitem Ausbildung auf den
besten ausländisdien Univeisitaten während
zwei oder drei Jahren eine jährliche Unterstütz-
ung von ziika 50 Louisd'or gegeben weiden
sollte. Auf diese Weise hoffte die Kuratel dem
bemisdien JMinisterium wiedo* tüchtige und
gründlidi gelehrte {Mitglieder zuführen zu kön-
ncn.
Den 21. Dezember 1807^ beschk)ss der
Stadtrat, die Anträge der Kuratel zu genehmi-
gen ; im Mai 1808 publizierte diese ein t)eson-
deres Reglement über die Reisestipendien.
Als im Jahr 1811 die definitive Organisation
der Akademie vorbereitet wurde, bildete die
Verwendung der Erträge des Musshafenfundus
den Gegenstand vieler Vertiandlungen zwisdien
der Kuratel und dem Stadtrat; die Kuratel be-
klagte sich sehr über die Art und Weise,^ wie
dieselben durch den IMangel an allem Entge-
genkommen von Seiten des Stadtrates ersdiwert
wurden; erst im September 1812 kam es zu
einem befriedigenden Ausgleich. Nach dem-
selben übernahm die Stadt die Bestreitung
sämtlicher Musshäfen und Alumnate
aus dem Musshafenfonds, wogegen die
4000 Franken, weldie die Stadt bis anhin an
die Alumnen abgab, in die Kasse fiir die Leib-
gedinge der Lduer gelegt virurden.
Das pkysikaäsdie IQxbinett
Die physikalischen Instrumente, die unter
Blauner und Tralles angekauft worden waren,
befanden sich zerstreut in den verschiedenen
Sälen der Stadtt>ibliothek und waren durch die
Dotationsakte der Stadt zugesprochen worden.
Den 4. März 1805 « beschk>ss der Stadtrat, die-
selben zum Qebrauch der Akademie der Ku-
ratel sub inventario zu überlassen ; sie wurden
der Akademie übergeben und in emem beson-
dem Kabinett der grossen Bibliofliek zusam-
mengestellt, später kamen sie ins Kloster. Für
die Reparatur verschiedener alter und die An-
schafhuig neuer Instrumente vnuden bis zum
218
«
Die Akademie in der Mediationt- und Resteuimtlonszeii
^
Ablauf der Probezeit nur Fr. 1200 ausgeworfen
und auch in den folgenden Jahren wurde zur
Aeufnung der Sammlung nichts Nennenswertes
geleistet; auch war der Vertreter der Physik,
Professor Tredisel, gar bescheiden in seinen
Wünschen für das physikalische Kabinett, viel-
leicht weil er den Kredit der Akademie f&r astro-
nomische und Vermessungsinstrumente stark
in Anspruch nahm. Es mutet uns heutzutage
gar merkwürdig an, wemi wir lesen,^ wie der
Professor der Experimentalphysik (im Jahr
1818) in einem Schreiben die Kuratel darauf
aufmeiksam machte, dass der berühmte Mecha-
niker Sdienk nach Paris reise und willens sei,
in dorten die physikalischen Instrumente, die
etwa die bemische Regierung für das Kabinett
zu kaufen wünschte, zu prüfen und zu ver-
packen, und damit die Bitte verbindet, die Ku-
ratel wolle in Benutzung dieser ausgezeich-
neten und wohl nie mehr sich darbietenden Oe-
k^nheit Fr. 400 auszuwerfen geruhen.
Schliesslich musste die Kuratel dem Kleinen
Rat (November 1827) das beschämende Oe-
standnis machen,' dass das physikalische Ka-
binett, das zu Anfang des Jahrhunderts für eines
der ersten in der Schweiz angesehen worden,
bereits im letzten Range stehe und seit dem
Wegzug von Tralles trotz der vielfältigen Ent-
deckungen auf dem Gebiet der Physik keinen
namhaften Zuwachs erhalten habe, ja bereits
sogar demjenigen von Freibuig nachstehe. Nach
dem Antrag von Professor Trechsel wurden
nun für acht Apparate Fr. 1200 verausgabt, m
die sich der Kleine Rat und die Kuratel teilten.
Die folgenden Jahre freUidi fielen nach diesem
gewaltigen «Lupf» wieder mager aus.
Die Sternwarte.
Schon anno 1812 war auf die Initiative
zweier französischer Astronomen auf der gros-
sen Schanze mit fremdem Geld eine notdürf-
tige Bretterhütte errichtet worden, welche so-
wohl als Observatorium, als auch spatertiin zu
einem Hauptsignal der trigonometrischen Ver-
messung des Kantons diente. Hier stellte Pro-
fessor Trechsel seine astronomischen und me-
teorok>gischen Beobachtungen an und erteUte
von Zeit zu Zeit seinen Schülern astronomi-
schen Unterricht Aber nach wenigen Jahren
schon war die Hütte so morsch geworden, dass
sie einzustürzen drohte und die kostbaren, der
Akademie gehörenden Instrumente, die darin
aufbewahrt waren, die grösste Gefahr liefen.
Da gab im Sommer 1820 Professor Trechsel
der Kuratel den Plan für den Neubau eines
Observatoriums ein,^ emes ganz bescheide-
nen Baues aus Riegwerk, dessen Kosten auf
Fr. 1462 devisiert waren. Die Kuratel empfahl
dem Kleinen Rat den Plan zur Annahme und
dieser votierte in einer Anwandlung von Gross-
mut sogar Fr. 1600 für den anb^ehrten Neu-
bau ; freilich kostete er schliesslich Fr. 6500, na-
mentlich wegen der Anschaffung zweier gros-
ser Säulen von Solothumerstein zur Befesti-
gung des JMittagsfemroluB und sechs steinernen
Konsolen mit Marmortafeln für die Aufstellung
von Instrumenten.
Das Observatorium wurde genau auf der
Stelle des alten «Beobachtungskabinetts» ge-
baut: um die im Jahr 1812 und nachher ge-
machten vielen und zum Teil sehr genauen Be-
stimmungen der geographischen Lage und be-
sonders die mit grosser Sorgfalt festgelegte
Mittagslinie sofort auf das neue Observato-
rium übertragen zu können, ward das Zentrum
des frühem Kabinetts, über welchem 1812 die
AzimuÜibeobachtungen gemacht worden wa-
ren, sehr sorgfältig beibehalten.* Ueber dieses
Zentrum stellte man das Mittagsfemrohr. Das
kleine Gebäude hatte die Form eines regel-
mässigen Achtecks von 63 Fuss äusserm Um-
fang und war genau nadi den Himmelsgegen-
den gestellt Auf den Seiten Süd-Ost, Süd-West,
Nord-Ost und Nort-West waren hohe, auf Rol-
len bewegliche Schiebfenster, vor welchen im
Saale, der 10 Fuss hoch war, steinerne Kon-
solen zum festen Aufstellen der Instrumente
«
Dk Alndtiidt in d«r Mediatioitt* tmd IMMnlioiisieli
m
standen; zwei standen zu beiden Seiten des
MeridiandiirdischnitteSy welcher mitten durch
das Gebäude ging. Der Saal endigte in eine
Kuppel Mitten im Saal stand, wie bereits ge-
sagt» das Mittagsfemrohry unter ihm war der
grosse Ramsdensdie AzimuthaUcreis aufgestellt,
der einzige seiner Art auf dem Festland. Er
war 1797 aus London angelangt, von wo er
zu grossen Messungen in der Schweiz unter
den Auspizien und zum Teil auf Kosten der
okonomisdien Gesellschaft von Professor Tral-
les verschrieben worden war.
Auf einem steinernen FussgesteU stand drit-
tens die Pendeluhr so, dass sie der Beobachter
am Mittagsfemrohr rechts im Auge hatte und
ihre Sekundenschläge deuffich hörte. Sie war
von VuUiamy in London verfertigt worden, mit
Oiahamschem Haken und Kompensation aus
Zmk und Stahl
Das vierte Instrument war ein grosser^orda«
kreis, nach Reidienbachscfaer Bauart von dem
Bemer Schenk gearbeitet Als fünftes Instru*
ment stand da ein Reichenbachsches Repeti-
tionstheodolith, im Jahr 1811 zum Behuf der
Vermessung des Kantons von MQndien ver-
sduieben, seiflier von Schenk mit einem multi-
plizierend» Höhenkreis und einer bequemem
Berichtigung der Axenbge versehen.
Endlich barg der Saal des Observatoriums
ein f^emrohr von Dollond und ein kleineres
englisches Aequatorialinstrument älterer Kon-
struktion, aber von Sdienk ebenfalls zu einem
fast ganz neuen Instrument umgeschaffen.
Der botanische Oartau
Mit BewiU^fung des Stadtrates vnirde der
zwisdien den Schulgebäuden und der Biblio-
fliek befindliche ehemalige Totenacker im Jahr
1804 der OeseOsduift der vaterländischen Natur-
freunde zu Einriditung eines botanischen Qar-
tens fiberiassen und die Regierung verwen-
dete auf Zurilstung desselben durch Züchflinge
6— 7D0 Franken.^ Bei Einrichtung der Akade-
mie suchte die Kuratel sich mit der natnrfcfw
sehenden Gesellschaft wegen Benutzung des
Oartens für die Akademie zu verständigen, in-
dem der Platz für eine soldie Anstalt ilu* sehr
geeignet schien; die Veriumdlungen zersdihi-
gen sidL
Anfang 1811 madite die paturforscfaende Ge-
sellschaft; weldier die Unterhaltung des Gar-
tens zu beschweriich wurde, der Kuratel das
Aneibieten, ihr gegen Refundation der Aus-
kigen denselben zu fiberlassen, was natärtidi
nur mit der Bewilligung des Stadtrates ge-
schehen konnte. Aber in demselben Augen-
blick, da die Gesellschaft ihre Rechte der Ku-
ratel abtreten wollte, zuckte der Stadtrat die
jener erteilten Redite und die Kuratel musste
von ihrem Wunsch abstehen, in nächster Nähe
der Akademie emen botanisdien Garten zu be-
sitzen.'
Das folgende Jahr sollte ein solcher auf der
neu angelegten Promenade beim obem Tor
eingerichtet werden, aber wegen Schviderig-
keiten, die der Stadtrat madite, musste auch
dieser Plan aufgegeben werden.^
Inzwischen war der botanische Garten auf
dem Totenadcer unter die Direktion der Biblk>-
thekkommission gekommen, in welcher audi
der Pfarrer und nunmehrige Kurator Wy tten-
bach sass. Seiner Initiative ist es zu verdan-
ken, dass mit Genehmigung des Stadtrates
1814 ein Vertrag zu stände kam, nadi welchem
dem Professor der Botanik die Benutzung des
Gartens erlaubt vnirde.^ Die Kuratel hatte an
die Unteriialtungskosten jähriidi L 200 beizu-
tragen; der Stadtrat gab L 300, zudem steuer-
ten auch noch Privatpersonen ihr Scherflein.
Wegen allzu grosser Inanspntdmahme der
akademischen Kasse konnte die Kuratel vom
Jahr 1823 an nur noch L 160 beitragen,^ doch
kam im Juli 1827 zwisdien der Kuratel und der
Bibliotbekkommission ein neues Vericommnis
zu Stande, nach welchem die Kuratel sich ver-
pfliditete, wieder wie früher L 200 an die Un-
^
Dh Akadande (a dar Medfadfont- tmd Reitenimdoiiszeil
»
tefhiftmigf des botuuschen Ouiens btiztrtn«
Das Manadsdie MinenUienkabindt
Das Maouelsdie Mineralienkabinett war Ei-
gentum der Oekonomischen Gesellschaft und
in der Dotationsakte war ausdrücklich gesagt
worden, dass die Kantonsregierung nicht die
geringste Ansprache darauf zu machen habe«
Da die Kuratel auch diese Sammhmg fOr die
Akademie nutzbar machen wollte, beschloss sie
den Ankauf derselben und trat mit der Gesell-
schaft zu diesem Zweck in Unterhandlungen
ein.' Dieselben gelangten bald zu einem be-
friedigenden Abschluss : um den Kaufpreis von
L 1500, die vom Kiemen Rat ausbezahlt wrur-
den, trat die Oekonomische Gesellschaft das
Mmeralienkabinett der Kuratel ab (September
1807). Zur Aufteilung desselben wurde das
tauglichsie Zimmer der ehemaligen Alumnen-
wohnungen im Kloster hergeriditet, von wo
aber das Kabinett noch verschiedene Wande-
rungen zu machen hatte. Aus den Manualen
der Kuratel kann ersehen werden,' dass ihm
von Seiten der Dozenten nicht die v^finschens-
werte Aufmeiksamkeit geschenkt wurde und
dass es infolgedessen in ziemliche Unordnung
geriet, bis endlich im Jahr 1823 von dra Pro-
fessoren Meissner und Bnmner ein systemati-
scher Katatog angelegt wurde.
Das Anatomügeöäade.
Das Theatrum anaiomiaun war zur Zeit des
medizinischen Instituts im grossen Spital ge-
wesen und blieb daselbst bis zum 1. April 1806.
Schon <len voriieigehenden Winter hatte die
Spitaldirektion kund gegeben, dass die Zim-
mer, in der die Sektionen bis jetzt stattgefunden
hatten, zu einem andern Zwecke verwendet
werden mfissten und die Anatomie unmöglicfa
in ihrem Gebäude verbleiben könnte. Sofort
sah sich die Kuratel nach einem andern Udcale
um und fand den schicklichsten Platz in dem
alten Garten des Madchoiwaisenhauses, der
an efaier entlegtnen Stelle der Stadt, fern von
allem Veikehr gelegen war; am nordwesflidien
Ende desselben war das alte Gartenhaus in
Stehi gebaut,^ wekdies zum Umbau in eine
Anatomie besdieidcnoi Umfanges vorzilglich
geeignet schien. Der Stadtrat trat f&r die Dauer
der Probezeit der Kuratel das steinerne Stöck-
lein fiir einen jahriichen Mietzins von Fr. 50
ab unter der Bedingung, dass der Eingang an
der dem Garten abgekehrten Seite bewerk-
stelligt und nach dem Madchenwaisenhaus hin
alle Kommunikation abgesdmitten werde. So-
fort wurde der Bau in Angriff genommen, da
der Kieme Rat, mit dem Plan einverstanden,
tatige Beihfllfe verspradi;^ wegen der uner-
wartet grossen Anzahl der Studierenden musste
freilidi der ursprQns^idie Plan erweitert und
das bereits sdion aufgefiihrte Gebinde durdi
einen Anbau erweitert werden. Die Kosten für
den Umbau und die innere Einrichtung beliefen
sich schliesslich auf etwas fiber 9000 Franken ; ^
in dem Gebäude war auch der Hörsaal filr die
anatomisdien Voriesungen und das Kabmett
für die anatomischen Präparate, das im Lauf
der Z/tit zu emer ansehnlidien und sehr kost-
baren ffammhmg sich gestaltete, weldie die
Aufmerksamkeit aller Fremden auf sich isog.
Die ehrenwerten Bürger der Stadt erfiillte
es freilich mit Grauen, wenn sie der Arbeit
gedadrien, die in diesen geheimnisvollen Räu-
men von statten ging, und wenn sie im Vor-
fibeigehen die Skelette erblickten, die der Herr
Emmert im Anatomiebofe zum Bleidien hatte
aufhängen lassen, und gross war die Aufregung
des ganzen Publikums, als — im November
1808 — es ruchbar viaude,^ dass der Anatomie-
wärler, den man mit denselben Augen ansah,
wie den Henker, dem Weissgerber Rohr an der
Matte eine Menschenhaut zur Bearbeitung iiber-
0eben habe. Se legte sidi erst, als die Kuratel
dem Missetäter seinen sdiwarsen Amtsrock
abnehmen liess und ihn aun inf amia von Haus
und Hof for^agte, und virie das corpus
mit allen Ehren begraben wurde. Sogar
ü^
Die Akademie in der JMediatiotw- imdRestaurttioiitzeii
51
Totengräber maditen Schwierigkeiten, wenn sie
die sezierten Kadaver beerdigen sollten, so
dass sidi schliesslich die Polizei auf Ansuchen
der Kuratel ins Mittel legen musste.
Immer sich wiedeiholende Klagen von sel-
ten der Waisenhausdirektion Hessen schliess-
lich auch den Stadtrat die neue Anstalt über
alle Beige wünschen, und in der Konvention
vom Jahr 1812 zwischen der Regierung und
dem Stadtmagistrat verpflichtete sidi der Kleine
Rat,^ das Anatomiegebaude beim Magden-
Waisenhaus auf den 1. Januar 1817 der Stadt
wieder fibeigeben zu lassen, gegen — Restitu-
tion der darauf verwendeten Baukosten ! Diese
böse Klausel liess den Stadtrat in der Folgezeit
auf seinen wiederholten Forderungen um Ver-
legung der Anatomie, in den Jahren 1818 und
1824, nicht bestehen; siegreich behauptete die
Anstalt ihren Platz.
Die EnAindungsansialt
Ueber die Entwicklung derselben entneh-
men wir dem Bericht im Manual der Kuratel
vom 15. Juni 1831 folgendes:
« Die Entt>indungsanstalt wurde laut Be-
schluss der Kuratel vom 6. November 1818
versuchsweise und mit dem Zwecke errichtet,
als praktische Unterriditsanstalt ffir künftige
Aerzte und Geburtshelfer zu dienen. Sie hatte
damals kein bestimmtes Lokal und nur ge-
ringe Hülfsmittel. In einem gemieteten Zim-
mer mit wenigen Betten wurden die Wöchner-
innen kurz vor ihrer Niedericunft aufgenom-
men, und für jede Geburt von der Kuratel eine
Summe von L 16. bis L 20. bezahlt, aus wel-
cher alle Ausgaben bestritten wurden. Der gute
Fortgang dieses Institute und dessen augen-
scheinlidie Nützlichkeit bewogen die Kuratel,
dasselbe so sehr als die Umstände es gestat-
teten, zu unterstützen und zu erweitem. Dte
Zahl der daselbst besorgten Geburten, welche
zuerst jährlidi nur 5. betrug, wurde nach und
nach auf 8. 12. und 20. eifaöht In Folge eines
an den 71t: Sanitit-Rath über dte Enttlndungi»-
Anstalt erstatteten Beridite wurde diese Be-
hörde von der Hohen Regierung autorisir^
vom Jahr 1825. an zu Erweiterung der An-
stalt eine Summe von L: 600 jahriich zu ver-
wenden, welche verbunden mit den Beisdiüs-
sen der Curatel, derselben eine Einnahme von
L: 1000 sidierte und es möglich machte, der
bisher als ambulatorisches Institut bestandenen
Anstalt eine feste und bleibendere Oiganisation
zu geben. Die Auffindung eines lange vergeb-
lich gesuchten angemessenen Locals, welches
Im Jahr 1826 von der Regierung bn Frienis-
berger Haus zu unentgelflicher Benutzung
eingeräumt wurde, brachte endlich die Enftin-
Idungsanstalt auf den Punkt, auf weldiem sie
sich jetzt befindet — Durch Ertheihmg zweck-
massiger R^lemente und Instructionen, durdi
die an die Landgemeinden eriassene Bekannt-
machung des Zwecks und der Einrichtungen
der Enttindungs-Anstalt, durch Vermehrung
des Mobiliars und besonders der Betten, für
weldie der Sanitäts-Ratfa im Jahr 1828. einen
ausserordenflichen Beischuss von L: 600. be-
stimmte, hat die Entbindungs-Anstalt die mit
ihren gegenwärtigen Hülfs-Quellen im Vertialt-
niss stehende grösstmögliche Ausdehnung er-
halten und würde diese Grenzlinie zum Nach-
tiieile der übrigen aus der Akademischen Cassa
unterstützten Subsidiar-Anstalten überschreiten,
wenn ein Mehreres auf dieselbe verwendet
werden müsste.»
« Den Unterricht der Entbindungsanstalt be-
suchten durdischnittlidi 12 Studierende; ün
Jahr 1830 wurden 40 verheiratete und 14 ledige
Weibspersonen entbunden ; und für die Wöch-
nerinnen und anderes 1486 L ausgegeben.»
«Während den 6. Jahren wurden von den
Landgemeinden 32. schwangere Weibsperso-
nen in die Anstalt geschikt und für dieselben
ein Kostgeld von L: 16. bezahlt Diese Kost-
gekler, sowie die L: 6 betragenden halben
Kollegiengelder der Studierenden kamen der
Anstalt zu gut» —
«
Die Aktdeinie In der Mediaiions- und Reslaiumtionszeit
^
«Fflr die Leitung der Entbindungs-Anstalt
bezx^ Hr. Prof: Emmert seit 1. Juli 1825. halb-
jährlich L: 100. u: erhielt ausserdem im Jahr
1827. eine ausserordentliche Oratification von
L:600.»
Dk Tleranndsckule.
Schon im Winter 1805/06 wurden von Dr.
Karl Friedrich Emmert, der mit seinem altem
Bruder Friedrich August, dem ProfessiM* der
Anatomie und Physiologie, nach Bern gekom-
men war, mit der Erlaubnis der Kuratel Vor-
lesungen über die Tierarzneikunde gehalten.^
Von der medizinischen Fakultät in seinem Fach
geprüft und tüchtig erfunden, wurde dann K.
F. Emmert nach dem Vorschlag der Kuratel
vom Kleinen Rat zum Professor der Vieh-
arzneiwissenschaft gewählt^ mit Amts-
antritt vom 1. März 1806 an und einem Oehalt
von Fr. 1000; er hatte den Sitzungen der medi-
zinischen Fakultät, in denen über Gegenstände
seines Faches beraten wurde, beizuwohnen.
Da die Zahl der Studierenden dank den
trefflichen Vorlesungen Emmerts bald auf 20
anstieg, wurde schon im Frühjahr 1808 be-
sdüossen, ein Tierhospital für Pferde, Horn-
vieh und Schafe einzurichten; als Lokal da-
für wurde das sogenannte Schmelzhüsi an
der grossen Schanze beim hintern Teil des
Spitalgebäudes ausersehen. Rüstig ging man
an die Arbeit und schon Mitte November 1808
konnte die Eröffnung stattfinden; es waren
zwei geräumige Kuh- und Pferdeställe samt
«Bühne», eine Schmiede und eine Wohnung
für zwei Studenten, die als Unterärzte fungie-
ren sollten, helgestellt worden. Emmerts Ge-
halt wurde auf Fr. 1400 erhöht; bereits im
November 1809 wurden einigen Studiosis artis
veterinariae Examina abgenommen^ und von
der Kuratel Zeugnisse darüber ausgestellt; der
Kurs dauerte in der Regel zwei Jahre.
Nachdem Professor Emmert mit Beginn des
Sommersemesters 1812 an Professor Schiferlis
Stelle für Chiruigie und Oeburtshülfe getreten
war, beschloss die Regierung, zwei tüchtige
junge Bemer für das Fach der Tierarzneikunde
auf fremden Universitäten heranbilden zu las-
sen und bis zur definitiven Oiganisation der
Anstalt keine neuen Zöglinge aufaimehmen;
inzwischen sollte Emmert die vices des Pro-
fessors der Tierarzneikunde übernehmen und
die Aufsicht des Tierspitals gegen eine Re-
muneration von L 600 weiterführen.^ Die zwei
jungen Leute, die ad exteras geschickt wurden,
waren der Tierarzt Mathias Anker von Ins
und der Stud. vet Peter Schild von Brienz;
jedem wurde ein jähriidies Stipendium von
Fr. 800 zugesprochen, das infolge der einge-
laufenen erfreulichen Studienrapporte im Juli
1814 auf 1200 Franken erh^t wurde.^ Nach
gründlichen Studien in Wien, Berlin, München,
Prag und Ctiarenton kehrten die beiden Jünger
der Wissenschaft im Spätjahr 1815 zurück und
hatten nun vor der medizinischen Fakultät sich
auszuweisen in einer anatomischen Präparation
und Demonstration, einer physiologischen und
pathologischen Voriesung und in der diagno-
stischen und prognostischen Bestimmung der
Krankheit eines vorzufitfuenden Pferdes.® Beide
bestanden die Proben und wurden im Sommer
1816 als Lehrer der Tierarzneikunde probe-
weise angestellt, doch so, dass sie vorläufig
die Weisungen Emmerts, der die Aufeicht über
die ganze Anstalt noch beibehielt, befolgen
sollten. Emmert selber unterrichtete nur in
Anatomie und Physiologie der Haustiere,^ An-
ker las über allgemeine und spezielle Patiio-
iogie und Therapie, die Viehseuchen, das Ex-
terieur und den Hufbeschlag; auch gab er den
klinischen Unterricht im Tierspital. Seinem Kol-
legen S ch il d fiel zu die Arzneimittellehre, Diä-
tetik, die medizinische Chirurgie und Opera-
tionslehre, die gerichfliche Tierarzneikunde und
die Qestütkunde.
Der Kursus wurde auf zwei Jahre festge-
setzt mit halbjähriichen KoUegiengeldem^ von
Fr. 6 für jeden Lehrer, Fr. 12 aber in Anato-
Die Akadanie in der Mediation*- und
mie, Botanik imd C3iemie. Die Studenten wur-
den verpflichtet^ die Vorlesungen fiber Chemie^
und Zoologie zu hören, wie die Stu«>
;i medidnae.
Den 2. September 1818 ^ wurden Anker und
SdiUd mit einer Besoldung von je Fr 800 de-
finitiv angestellt und der Aufsicht Emmerts ent-
hoben ; die Leitung der ganzen Anstalt wurde
der medizinisdien Fakultät übergeben.
Als Schild ein Jahr nachher in seine Hei-
mat zurfidcging, um dort zu praktiiaeren, wurde
das Lehrfach der materia medica und der Diä-
tetik Herrn Anker flbertn^fen und die übrigen
Lehrfächer Professor Emniert und einem von
Idiesem anzustellenden Proflfdctor übergeben;
Scüiilds Besoldung wurde unter Anker und Em-
mert zu gleichen Teilen verteilt
Schon den 7. Oktober 1813 war zwischen
der Regierung und dem Stadtrat, dem der Tierw.
spital in der nächsten Nähe des Buigtrspitals
ein Dom im Auge war, eine Konventk>n ab-
geschlossen worden, nadi weldier Platz und
Gebäude des Tierspitals dem Stadtrat zu Hän-
den des Burgerspitals bis zum Oktober 1819
abgetreten werden sollten.^ Der Termin wurde
aber nicht inne gehalten, der Tierspital war
nodi im Sommer 1823 im « Sdunelzbüsi » ;
nun drang aber der Stadtrat auf Verlegung
desselben und die Lehrer wünschten sie auch,
da die Oebäude feucht waren und die Anstalt
unter dem Mangel an gutem Wasser sehr zu
leiden hatte.
Da sich bald alle Beteiligten auf die Ver-
legang der Anstalt auf das vom Stadtrat an-
gekaufte Qüdergut an der. Engehakk einig-
ten, beschk>ss der IQeine Rat den 22. Juni
1824» einen Teil des Ofiderschen Gu-
tes aus der Domänenkasse um 15,500
Franken anzukaufen und das Grund-
stück mittelst Fr.Jl»000 zur Auf nah-
me der Veterinäranstalt einzurich-
ten.
Sdion im Spätjahr 1825 gingen die rationell
m Stattungen äuer Vollendung ent-
gegen; das folgende Jifar^ wurden im alten
Gflderhaus das Auditorium und die Wohnun-
gen für Anker und den Piosektor eingerichtet
ebenso das Anaiomiezimmer für die Sektnnen,
die bis anhin in der Menschenanatomie statt-
gefunden hatten. Auch eine Schmiede für den
Pferdehufbesdilag wurde gebaut; hier waltete
Meister Favre seines wichtigen Amtes» der
schon 1818 von der Kuratel angestellt worden
war und bis jetzt in emer Schmiede in der Stadt
unterrichtet hatte. Die Kosten der ganzen An-
stalt waren schliessUch auf fiber 40,000 Franken
angestiegen.
Eine neue Pensenverteilung vogi^ Februar
1825 bestknmte,^ dass Professor Emmert die
Chiruigie und Operationslehre der Haustiere
vortragen sollte, da- Prosektor aber die Ana-
tomie und Physiologie der Haustiere, sowie
die gerichtiicfae Tierarzneikunde. Prof. Emmert
wurde wiederum die Leitung der Anstalt über-
tragen.
In ihrem neuen Heim entwickelte sich die
Anstalt in erfreulidier Weise und gewann bald
das volle Zutrauen der landwirtsdiafdichen Be-
völkerung des Kantons. Ihren Aufsdiwung und
üue Bedeutung verdankte aber die Anstalt vor
aOem dem segensreidien Wirken Ankers, des-
sen Verdienste die Regierung durdi Verieihung
des Professortitels den 29. Juni 1831 krönte.
Siebzig Jahre nachher hat die philosophisdie
Fakultit der Hochschule Bern seinen Neffen,
den Maler Anker, durch Verieihung des Dok-
tortitels honoris causa für seine unsterblichen
Sdiöpfungen geehrt Bei dieser Gelegenheit sei
noch erwShnt; dass Vater Samuel Anker, Tier-
arzt in Ins (1790—1860), für eine verdienstvolle
Arbeit über die Heilung des Ueberwurfs auf
Veranlassung der Kuratel 1824 von den Raten
in ganz besonderer Weise ausgezeidmet wurde.
Die iJtadaiüsehc Zdduuuigssduile»
Der Kander Mutadi war ein begeisterter
Freund und Anhanger der Kmn^ selber ein
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Die Akademie in der Medlatioiu- und Reetumtkmazdt
Mann von feinem Kunstveistindnis; $o war
ca eine aeiner ersten Bestrebungen, der Aka-
demie die Pforten der Kunst zu eröffnen und
die aeiner Hut anvertraute Anstalt mit einer
höhern Zeichnungsschule zu verbinden,
und fOr dieses sein Ideal vioisste er audi die
übrigen Mitglieder der Kuratel zu gevirinnen,
aovrie seine KoOegen im Kleinen Rat
Den Anfang machte er mit der Qröndung
eines Antikenkabinetts; aus Paris liess
man m zwei Sendungen für L 1700 Oipsab-
gfisse nach Antiken kommen^ und bestimmte
zur AufrteBung für dieselben den grossen Bt-
bliotheksaal (die jetzige Aula). Um ihn zu
einem v^ünligen und zweckdienlidien Lokal
umzuschaffen, in welchem die Jünger der Kunst
gerne verweilten, v^rurde der Werkmeister Haller
beauftragt, einen bezüglichen Plan mit Devis
der Kuratel vorzul^[en, nadidem der Stadtrat
(den 27. Mai 1807) sich bereit erklart hatte, aus
den Ueberschüssen des Musshafens L 5000 für
die Errichtung einer akademischen Zeichnungs-
sdiule zu bewilligen.^ Nach Halleis Plan vrurde
der Bau in Angriff genommen und auf das
Friihjahr 1810 fertig gesteUt; die Statuen ka-
men auf cubische, mit eisernen Geländern um-
gebene Fussgestelle zu stehen, die Büsten auf
Cin)i; neben dem Antikensaal viruide ein klei-
neres, heidiares 2Smmer für den eigentlichen
Zeichenunterricht hergestellt Bei der Eröff-
nung der Schule standen in dem grossen Saale
bereits 17 Statuen und Gruppen, sowie 20
Büsten, nach den sdiönsten Antiken gegossen.
Der Saalbau hatte ui^ahr 10,000 L gekostet;
welche von der Stadtverwaltung und der aka-
demischen Kasse zu gleichen TeOen bestritten
wurden.
Als Direktor der Schule nahm Mutach den
berühmten Landschaftsmaler Ducrox, der von
seinem langjährigen Aufenthalt hi Italien zu-
rOdcgdcehrt war, in Aussidit Der Kleüie Rat
hiDigte sehi Vorgehen und liess dem Künstler
eine duenvoOe Berufung zukcmunen: mit dem
Titel eines Professors sollte er ebie Pension
von 1000 Franken nebst Kollegiengeklem er-
halten. Ducrox nahm den Ruf an, starb aber
bald nadiher (Anfang des Jahres 1810). Nun
wurde die Leitung der Sdiule einem Komitee
von sid>en Künstlern und Kunstfreunden fiber-
geben und drei pmge Künstler v^uden zu Saal-
inspektoren^ ernannt, welche abwecfasehul zur
bestandigen Gegenwart und Aufeicht im An-
tikensaal veibunden waren. Derselbe war tag-
lidi von 8 — 12 und von 2—5 Uhr geöffnet und
der Eintritt unter den leichtesten pekunüren Be-
dingungen den jungen Leuten ermöglidit Den
Unterricht im akademischen Zeichnen erteüte
Professor Sonnenschein mit grossem Erfolge,
so dass die Kuratel bald die Freude hatte, für
ihr voigeiegte Zeichnungen Medaillen und Gra-
tifikationen zu erteilen; bereits im November
1803 vouxien an talentvolle Sdiüler und Schüle-
rinnen solche Auszeidmungen ausgeteOt und
in der Folgezeit liess die Kuratel keine Ge-
legenheit zur Aufmunterung junger Künstler
vorübeigehen. Professor Sonnenschem erhielt
für seine Bemühungen um den Fortgang der
Anstalt regelredit alljahriich eine Gratifikation
von L 200.* Das Landschaftszeichnen wurde
voriäufig noch nidit gepflegt; die Hoffnungen,
die man in der Beziehung auf den Maler König
gesetzt hatte, erfüllten sich nicht
Im Frühjahr 1815 trat Professor Sonnen-
schein von seinen Funktionen an der Sdiule
und der Akademie zurüde ; seine Stelle an der
hohem Zeichnungsschule bekleidete von jetzt
an der Kunstmaler Vollmar, der wie sein Vor-
ginger durch den Unterridit im Zeichnen nach
Modellen schöne Erfolge erzielte und den Ti-
id des Direktors der Zeichnungsschule erhielt
UnabUssig war die Kuratd bestrebt, neue
Gipsabgüsse, aber auch Zeidmungen, Kupfer-
stidie und Gemäkle zu erweriien; die Kunst«
Sammlung erweiterte sich von Jahr zu Jahr.
Den wichtigsten Zuwachs erhielt sie un Jahr
1820, als der Kleine Rat die Kuratel ermächtigte,
aus der reichhaltigen und prachtvollen Samm-
hmg von Sigmund Wagner eine grössere Aus-
^
Die Akademie in der Mediation»- nnd Reftaniationszeit
^
wähl von Gemaldeny Kupferstichen und Hand-
zeiduiungen um die Summe von L 3200 zu
kaufen;^ es waren 30 Qemilde und 53 Zeich-
nungen und Kupferstidie. Eine grössere von
der Kuratel zu diesem Zwecke besonders ge-
wählte Kommission hatte die Auswahl getrof-
fen mit der Weisung, namentlich solche Werke
auszulesen, die als Denkmäler vateriandisdier
Kunst ausgestellt zu werden verdienten. Mu-
üich, dessen Initiative die Akademie auch diese
Erwerbung verdankte, wollte durch sie zugleich
die Grundlage eines «vaterländischen Oemälde-
musäums» schaffen.
Diese Erwerbung aus der Wagnersdien
Sammlung gab den Anstoss zur Erweiterung
der Zeidmungssdiule, indem nun auch Unter-
richt in der Landschaftszeichnung erteilt wurde
und zwar von den Herren VoUmar, Lory Vater,
Juillerat und Lafond, die in liebenswfirdigster
Weise der Kuratel entgegenkamen ; in den An-
fangsgründen der verschiedenen Zeichnungs-
fädier unterrichtete Herr Löhrer.' In denjeni-
gen Stunden, die nidit dem eigentlichen Unter-
richt gewidmet waren, konnten die Kunstlieb-
haber den Zeidmungssaal, in dem die Wagner-
sehe Sammlung aufgestellt war, benutzen und
nach den Originalien zeichnen ; fOr die Damen,
die man nach damaliger Sitte von dem starkem
Gesdiledit noch absonderte, waren besondere
Stunden vorbehalten.
So entwickelte sich denn die Anstalt in er-
freulicher Weise fund fand unmer mehr Anklang ;
wenn die Schülerzahl beständig grösser wurde,
so trug ün fernem wohl audi die Anregung da-
zu bei, welche der Jugend von Bem durch die
beiden grossen Kunstausstellungen in den Jah-
ren 1824 und 1830 zu teil wurde, welche unter
den Auspizien der Kuratel grossen Erfolg zu
verzeichnen hatten.
Das MusikkolUgittffk
102 Jahre lang hatte das jCoUegium musicum
Studiosorum geblüht, dank der Unterstützung
von Seiten der Regierung, welche dem Vereip
jährlich 120 Kronen hatte zukommen lassen;
der Zweck des Coll^um musicum war die
Uebung der künftigen Oeistlidien in der Kir-
chenmusik. Die Revolution machte auch dieser
Institution ein Ende und unbenutzt lagen nun
die zahheichen Musikalien, Instrumente und
Qerätsduften herum, bis sie sdiliesslich dem
Kirchmeier zur Verwahrung übergeben wur-
den. Veigeblich wandte sich das Kirchen- und
Sdiukkpartement an den Kiemen Rat mit der
Bitte, das KoO^um durch tatkräftige Unter-
stützung wieder ins Leben zu rufen;' erst im
Jahr 1810 gelang es einigen Dozenten, die in
ihrer Jugend dem Kollegium angehört hatten,
an Stelle desselben aus Studierenden eine aka-
demische Musikgesellschaft zu biklen,
welcher die Kuratel allen Vorschub leistete zur
Hebung der Kunst, für die sie ja überall ein-
trat Der Protektor der Gesellschaft war Pro-
fessor Sdiärer. Aber allerhand widerliche Um-
stände liessen die neue Institution nicht zur
gewünschten Blüte kommen, und schon nadi
2Vs Jahren zeigte Professor Schärer der Kuratel
an,* dass die Gesellschaft ihre Uebungen ein-
gestellt habe; ihr Inventar wurde im Kloster
aufbewahrt — Wo ist es hingeraten? — Ver-
geblich hoffte die Kuratel, das altehrwürdige
Institut werde nodi emmal auferstehen, doch
die akademische Jugend erfüllte ihren Wunsch
nicht und es blieb ihr nichts übrig, als der
später entstandenen allgemeinen musikalischen
Gesellschaft der Stadt ihre Sympathie kundzu-
geben.^
Das liäeraHsehe Archiv.
Im Frühjahr 1806 oidnete die Kuratel die
Herausgabe des Litterarischen Archivs
an, m welchem zunächst dem Publikum über
die Entwiddung der hohen Schulanstalten zu
Bem, die Tätigkeit der Behörden und Profes*
soren und den Fleiss und die Fortschritte der
Studierenden beständig Rechenschaft gegeben
werden sollte; sodmn wollte die Kuratel m
226
Hl
Die Akademie in der Mediations- und Restaiiraiionszeü
^
dieser «Subsidiäranstalt» die bei der Gründung
der Alcademie waltende «Stimmung zum Edlen,
FruchÜ>ringenden und Outen durch ununter-
brochene Aufmunterung unterstutzen und von
Stufe zu Stufe höher bringen » ^ und zu diesem
Zwecke gelehrte und populärwissenschaftliche
Abhandlungen der akademischen Lehrer ver-
öffenflidien, sowie alle Prorektorats- und In-
auguralreden und die gekrönten Preisschriften
von bedeutenderm wissenschaftlichem Wert
Endlich sollte unter dem Titel « Schweizerische
Litteratur» dem Publikum durch Anzeigen und
Rezensionen über die in der Schweiz veröffent-
lichten wissenschaftlichen Erscheinungen Re-
chenschaft gegeben werden.
Die Edition des Litterarischen Archivs be-
gann mit dem 1. Oktober 1806; vierteljährlidi
erschien ein Heft von 7—8 Bogen, je vier Hefte
bildeten einen Band. Die ersten zwei Binde
erfiUlten die Versprechungen der Kuratel in
vollem Umfang, namentlich auch infolge der
regen Beteiligung Hallers und Rudolf Scharers.
Oanz besonderes Interesse hat die Rede des
Kanzlers Mutach, mit der er unter Darlegung
seiner Endehungsgrundsatze die neuen Sdiul-
anstalten den 2. November 1806 eröffnete; sie
leitet das erste Heft des ersten Bandes ein. Leider
fand das Litterarische Archiv nicht die gehoffte
Verbreitung; schon der erste Band brachte dem
Verleger Bassompierre, dem Direktor der typo-
graphischen Oesellschaft in Bern, einen nicht
unbedeutenden Verlust, den natiirlich die aka-
demische Kasse zu tragen hatte. Den Verlag
des zweiten Bandes übernahm die Steinersche
Buchhandlung in Winterthur, ebenfalls ohne
den gewünschten Erfolg, weshalb nun eine
neue, weniger kostbare Oiganisation geschaf-
fen wurde.' Der Band in vier Heften umfasste
von jetzt an einen Zeitraum von durchschnitt-
lich fünf Jahren und enthielt ausser kurzen Be-
richten über den Fortgang der Anstalt nur noch
die Prorektorats- und Inauguralreden, von de-
nen freilidi die meisten von wissenschaftlichem
Wert sind, sowie gekrönte Preisschriften (z. B.
die von OottUeb Studer «de versionis Alexan-
drinae origine, historia, usu et abusu critico»
1823) und Festak>rationen. Von den Abhandlun-
gen, die hie und da ausser diesen Reden im Ar-
chiv, das vom dritten Band an in der obrig-
keitlichen Druckerei ersdiien, gedruckt wurden,
seien hier noch erwähnt: im dritten Band die
«Nachricht von der im Jahr 1811 angefangenen
trigonometrischen Auhiahme des Kantons Bern »
von Professor Trechsel (p. 424 ff.) und die « Zu-
sammenstellung einiger altrömischer Massbe-
stunmungen, Eintheihmgen und Benennungen »
von Professor Omelin (p. 501 ff.); im vierten
Band «des Tacitus Leben des Agrioola, fiber-
setzt nebst Rechtfertigungen von L Döderiein »
(p. 84 ff.) und im fünften Band die « Nachricht
von der in den Jahren 1821 und 1822 in Bern
errichteten Sternwarte » von Professor Tredisel
(p.94 ff.) und die «Versuche über die Darstel-
lung des Kali- und Natronmetalles » von Pro-
fessor Brunner.
Die Unternehmung schliesst mit dem sedis-
ten Band in zwei Heften aus den Jahren 1828
und 183a
Die medizinische BäflioOek
1795 liess der für alles Oemeinnfitz^ uner-
müdlich tätige Dr. Samuel Wyss den Vorschlag
zu Benutzung und Unterhaltung einer vom Sa-
nitatsrat errichteten medizinisch-chirur-
gischen Communbibliothek drucken'
und legte zu Begründung derselben den gross-
en Teil seiner reidien Privatbibliothek an einem
von der Regierung ihm angewiesenen Ort nie-
der. Zu ihrer Vermehrung gab der Sanitatsrat
eine Summe von L. 1250, die Vennerkammer
von L 750; für die Benutzung hatten die Leser
ein kleines Jahresgeld zu entrichten. Bald ka-
men der Bibliothek auch freiwillige Oeschenke
zu. In der Revolutionszeit musste sie geschlos-
sen werden, da sie vor der Plünderung nicht
mehr sicher war, und nun wurde sie auf den
227
€
Die Akadenfe in der Mediationt- und Rettaurttiontzdt
m
Wtinsdi der medizisischen Oesellsdiaft von der
VerwaHungskammer für den Staat gekauft
Zu Anfang des Jahres 1806 wurde die Com-
munbibliotbek nadi einem Beschluss des Klei-
nen Rates der Kuratel der Akajdemie überge-
ben»^ auf dass sie zur Bildung der studierenden
Jugend diene und nach dem Fundationsdekret
vom 4. Juli 1795 benutzt v^erde; zu ihrer Aeuf-
nung verausgabte die Kuratel jährlich die Sum-
me von Fr. 600 aus der akademischen Kasse,
wozu, wie bis anhin, die Beitrage der Abonnen-
ten kamen, die sidi aus der studierenden Ju-
gend und den Aerzten von Stadt und Land re-
krutierten. Bis zum Jahr 1808 befand sich die
Bibliothek im Erdgeschoss der Bibliotfaekgal-
lerie, jetzt wurde sie beim Austausch desselben
an den alten BibUotheksaal in das' Kloster ver-
legt* und zwar in die Räume der alten Alum-
nenzimmer im zweiten Stockwerk, wo dann
auch die mathematischen und physikalisdien
Instrumente aufgestellt wurden und die ma-
tiiematischen tmd physikalischen Vorlesungen
stattfanden.^ Die Kuratel stellte sie unter die
Aufsicht einer besondem Kommission, die von
einem Kurator präsidiert wurde (es war zuerst
der Dekan Ith, nadi seinem Tod Pfarrer Wyt-
tenbach, dann der Helfer Bay), vom Jahr 1822
an aber trat an die Stelle der Kommission die
medizinische Fakultät resp. der Kurator der-
selben. Das BibUolhekariat und die Rech-
nungsf&hnmg waren immer einem Professor
der medizinischen Fakultät anvertraut sei es
dass beide Aemter von emer oder von zwei
versdiiedenen Personen besorgt wurden.
Redinungsfiihnmg liess freilich immer sehr zu
wiknschen übrig und fast jedes Jahr erhielten
die Rechnungsführer — erst Professor Meiss-
ner, dann Professor Brunner — von der Be-
hörde Verweise wegen unordentlicher Rech-
nungsablage.
Die medizmisdie Bibliothek brachte
Leidwesen der Kuratel nicht die Früchte, die
man von ihr erhofft hatte: sie vnudt mit der
Zeit immer weniger benutzt, weshalb im Jahr
1825 das Abonnement eniiedrigt wurde; es be-
trug jetzt für den Studenten jähilidi Fr. 4, für
die Landärzte des Kantons Fr. 6 und für nidit
immatrikulierte Personen in der Stadt Bern
Fr. 8; nur für die Lehrer der Akademie war die
Benutzung unentgetdich. Bemühend war es für
diese, dass fai derselben Zeit der jähriidie Bei-
trag der Kuratel von 600 auf 400 Franken her-
abgesetzt v^urde.
Die StadaUenblbüoaidt.
In ähnlicher Weise wie die medizinische Bi-
bliotiiek unterstützte die Kuratel audi die Stu-
dentenbibliothek, d i. die Bibliottiek der
Studentensodetät, deren Oründung sdion in
das Jahr 1741 fällt* Da diese nur wissoisdiaft*
yche Zwecke verfolgte, erfreute sie sidi der be-
sondem Qunst der Kuratel, die ihr bei jeder
Gelegenheit ihre Huld und ihr WohlgefoUen
an ihren Bestrebungen zu erkennen gab. Bakl
nachdem sich die Kwatel konstituiert hatte, vo-
tierte sie für die StudentenbibUothek emen Bei-
trag von Fr. 200 mit dem Anerbieten,^ diese
Unterstützung alljähiüdi zu erneuern, wenn
ihr vom Konsul der Soddät jeweilen über die
Verwendung des Kredits genaue Redienschaft
abgestattet werde. Da diese Bedingung immer
zeitig und mit der gevirünschten Genauigkeit er-
füllt wurde, so erhielt die Sodetät regelredit
und ohne Unteibrechung jedes Jahr die Fr. 200
ausbezahlt Sie stand unter der CM>hut eines
Professors, der ihr als «Protektm*» mit Rat-
sdilägen an die Hand ging und sie m ihrem
Streben nach gegenseitiger Belehrung und wis-
senschafüicher Förderung ermunterte. Durch
ihn verkehrte die Sodetät mit der Kuratd; vom
Jahr 1822 an vnirde sie unter die Aufsicht des
Kurators der philosophischen Fakultät gestellt
und koimte sich nun in ihren Angdegenheiten
direkt mit der Kuratd in Verbindung setzen.
Bibliothek bestand vorzüglich aus flieolo-
gischen Werken, insbesondere Handbüchern
Vorlesungen, es wurden aber auch juri-
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Die Akademie In der Mediatioiit- und Reifauifattontzeli
disdie Büdier angeschafft Zutritt zu ihr hatten
auch die Gymnasianer, doch war es diesen ver«
boten, an den Exercitüs der Sodetät teilzuneh-
men«
Die gmsse BMoOidL
Als zu Anfang des Jahres 1807 die Verhält-
nisse der in der Dotationsakte der Stadt zuge-
sprochenen grossen Bibliothek neu ge-
ordnet wurden, verwandte sich die Kuratel in
tatkräftiger Weise dafür, dass bei den neuen
Bflcheranschaffungen vor allem die Bedflrfnisse
der Akademie berücksichtigt wurden und die
Studierenden ungehinderten Zutritt erhielten.^
Auf ihren Antrag bewilligte der Kleine Rat
einen jährlichen Zuschuss von Fr. 1600 an die
Stadtf>ibUothek, und so konnte mit dem Stadt-
rat ein Vertrag abgesdilossen werden, nach
welchem die Stadtbiblh>1faekkommission ver-
pflichtet wurde, jedes Jahr nach den Vorsdilä-
gen der Fakultät«! für Fr. 1200 Bücher anzu-
kaufen und den Studierenden die Bibliofliek
täglich zwei Stunden zu öffnen. Sit hatte aD-
jähriich über die Verwendung des vom Staat
ihr gewährten Kredits der Kuratel Rechensdiaft
abzulegen ; mit gewohnter peinlicher Genauig-
keit prüfte diese jeweilen die ihr zugesandten
Rechnungen. Regelrecht wurden sodann jedes
Jahr die Fr. 1200 der Kommission nach Passa-
tion der Rechnung über das verflossene Jahr
ausbezahlt
Die togenannten Atttmunterungt-
anstalteiu
Die akademischen Pfdsaa/goi^en.
Orossen Wert legte die Kuratel mit vollem
Redit auf die neue Einrichtung der akaidemi-
schen Preisfragen und wendete alljährlich die-
sen Gegenstände die grösste Aufmerksam-
keit zu.
Je im Herbst hatten die vier Fakultäten ver-
schiedene Themata einzugeben,* aus denen
fünf ausgewählt wurden, je eines für die fiieo-
logische, juridische und medizinische Fakultät
und zwei für die philologische, nämlich eines
über die alte Utteratur und das andere aus
dem Gebiet der Mathematik oder Physik; für
die theok)gische und die eigentlich philologi-
scbe Preisschrift war die lateinische Sprache
voigeschrieben. Die Fakultäten gaben ihr Gut-
achten über die eingelaufenen Arbeiten ab, und
auf Grund derselben verfasste der obere aka-
demische Rat sein Befinden und Urteil; das-
selbe wurde je am Schulfest veriesen mit einer
der Situation angemessenen Ansprache. Diese
Befinden, oft gelehrte Abhandlungen von ho-
hem Interesse, nehmen nicht einen kleinen Teil
der Manuale der Kuratel ein.
Der Preis bestand m einer goklenen Me-
daille im Wert von zwei Louisd'or, das Ac-
cessit war eine silberne Medaille von gleicher
Grösse; den 13. September 1819^ beschloss der
Kleine Rat nach dem Antrag der Kuratel, von
nun an die goldene Medaille im Wert von vier
Louisd'or und die sflbeme im Wert von wenig-
stens zwei Dukaten prägen zu lassen.
Die akademische Jugend, vor allem aber
die jungen Rechtsbeflissenen, beteiligte sich
alljährlich mit rühmlichem Eifer und IHeiss an
der ihr gebotenen Gelegenheit, ihre Kennt-
nisse und Talente m selbständigen wissen-
schaftlichen Art>eiten zu betätigen, mit einziger
Ausnahme der Angehörigen der theologisdien
Fakultät, weldie wegen ihrer Indolenz und
Gldchgültis^eit diesem Institut gegenüber nidit
bloss einmal harte Vorwürfe von selten der
Kuratel entgegennehmen mussten; es ist für
den wissenschaftlidien Geist, der in den ein-
zelnen Fakultäten herrschte, bezeichnend,^ dass
z.B. auf das Schulfest 1825 die theologisdie
Preisangabe unbeantwortet blieb, die juridi-
sche aber («Abhandlung von der Lehre von der
Gewährleistung nach bemischen Gesetzen»)
8id>en Beart>eiter fand, worunter einer in un-
tadeligem Latein schrieb, und die medizinische
fd
Die Akademie in der Mediation!- und Restanimtionazeü
»
(«Aber die Wirkungen und Qebriuchlidikeit
der Jode und ihre Präparate in
Krankheiten») drei.
Vom Jahr 1824 an wurden keine
gd)en mehr f&r die Studierenden der phik)lo*
gisdien Fakultät gestellt, dagegen wurden die
gediegensten der lateinischen Reden, welche
die Studiosi phil. vor ihrem Eintritt in das theo-
logische Curriculum zu halten verpflichtet wa-
ren, mit Medaillen gekrönt und die Namen
ihrer Verfasser am Schulfest proklamiert
Die Haltennedaitk.
Den 6. Januar 1809 legte die Kuratel dem
Kleinen Rat die Stiftungsurkunde des Rats-
herren Zeerleder vom I.Januar vor,^ der «die
Summe von L 1200 aussetzte, um aus dem Er-
trag derselben alle fünf Jahre dem ausgezeich-
netsten weltlidiq) oder geistlichen Studieren-
den eine auf das Andenken des grossen Hallers
(des Qrossvaters des Donators) geschlagene
Denkmfinze in Oold, 25. Dukaten werth, zu er-
theilen». Nach dem Wunsche des Donators
sollte die Stiftung von der obersten Behörde
der Akademie, dermalen also von der Kuratel,
verwaltet werden, und die Medaille konnte nur
demjenigen verliehen werden, welcher die ber-
nischen Schulen und die Akademie durchlaufen
und durch Aufführung, Fleiss und Talente sich
am meisten ausgezeichnet hatte.
Nach dem R^emen^ welches nun über das
Voigehen bei der Erteilung der Hallermedaille
aufgestellt wurde, hatten die Fakultäten eine
jede einen einfachen oder doppelten Vorschlag
zu machen, worauf die zur Prämierung von
ihnen voigeschlagenen Studierenden schrift-
liche Proben von ihrem Wissen und Können
abzulegen hatten. Im grossen Auditorium wur-
den ihnen sieben Aufgaben vorgelegt und zwar
aus der Matfiematik, Physik, der Philologie, der
vaterländischen Geschichte, Naturfaistorie und
Phik)80irfiie und als siebente aus dem beson-
dem Fadi des Kandidaten. Jeder hatte die Auf-
gabe seines Faches und von den übrigen sechs
wenigstens drei nach freier Auswahl innert
sechs Stunden schriftlich zu bearbeiten. Ueber
diese Proben hatte der obere akademische Rat
sein Urteil und Befinden abzugeben. Auf Orund
desselben wurde den 1. November 1810' dem
Kandidaten der Theologie Oottlieb Zieg-
ler die erste Halleimedaille erteilt^
IMan kann sich denken, dass über diese Pro-
ben die Studierenden nidit gerade entzückt wa-
ren ; schon un Jahr 1815 musste die Austeilung
der Medaille suspendiert werden, weil die von
den Fakultäten Voigeschlagenen von den Pro-
ben zurücktraten und die Kuratel war gezwun-
gen zu § 3 des Reglements ihre Zuflucht zu
nehmen, nach welchem die Medaille auch ohne
Concours erteilt werden konnte, wenn unter
den Vorgeschlagenen einer sich befand, der im
Besitze aller positiven Requisiten an der Un-
tern Sdiule und der Akademie sich so ausge-
zeidmet hatte, dass ihm die unausgesetzte Zu-
friedenheit seiner Lehrer und fortwährend eine
der beiden ersten Stellen unter seinen Kom-
militonen zugek<mimen war. Nach dieser Be-
stimmung wurde am Schulfest 1816 August
Steck, stud. juris et philos., mit der Medaille
bekrönt, und in gleicher Weise 1821 der stud
tfaeoL Oottlieb Studer (von zwei Fakul-
täten vollgeschlagen) und 1826 der stud. juris
Bernhard von WattenwyL
Mästisches LagaL
Im Dezember 1821 ^ wurde der Kuratel das
Stiftungsdokument des verstorbenen Pfarrers
Müslin übergeben, welches zu einem Stipen-
dium für talentvolle junge Prediger und Kate-
cheten die Summe von 1500 Kronen aussetzte,
die aber erst nach dem Tode der drei Enkel
des Donators zur Verwendung gelangen soll-
ten. Das Reglement für die Verwendung hatte
Müslin selber aufjgestellt
230
«
Die Aktdemie in der Medlttions* und Restturationszeü
51
Die Attflösung der Akademie.
Der Kanzler Mutach gab 211 Anfang No-
vember 1830 wegen andauernder Krankheit
dem Rate seine Entlassung ein; mit dem Be-
voisstsein, seinem Vaterland treu gedient und
fOr die ihm untergebene Erziehungsanstalt
Grosses geleistet zu haben, durfte er aus dem
öffentlichen Leben scheiden. Zu seinem Nach-
folger im Kanzleramt wtuxle nach dem Vor-
schlag des Kirchenrats der Ratsherr Zeer-
leder gewählt; seine Amtstätigkeit dauerte
nur kurze Zeit, denn die Verfassungsverände-
rung des Jahres 1831 führte die Akademie ihrer
Auflösung mit raschen Schritten entgegen. Den
7. Februar 1831 wurde von den stimmfähigen
Biiigem des Kantons ein Verfassungsrat ge-
wählt, der schon den 6. Juli die neue Ver-
fassung für die Republik Bern publizierte ; nach
derselben sollte die Regierung aus dem Schult-
heissen, als Präsidenten, und 16 Mitgliedem
bestehen und in ihrer Arbeit von sieben De-
partementen unteistfitzt werden, worunter das
fünfte, das Erziehungsdepartement, mit
der Leitung des ganzen Erziehungswesens be-
traut wurde. Den 31. Juli 1831 wurde die
Verfassung vom Volk angenommen und den
20. Oktober trat die alte Regierung mit einer
würdigen Proklamation ab.
Den folgenden Tag hielt die Kuratel der
Akademie ihre letzte Sitzung ab und legte die
Leitung der ihr anvertrauten Anstalt in die
Hand des bereits gewählten Präsidenten des
Erziehungsdepartements, des Regierungsrats
Wyss. Das Erziehungsdepartement war aus
dem Präskienten und Vizepräsidenten, als Mit-
S^iedem des Regierungsnites, und fünf Bei-
sitzern zusammengesetzt, welche aus der Mitte
der Staatsbüiger beliebig gewählt werden konn-
ten. Seine definitive Konstituierung erfolgte den
14. November 1831. Präsident war jetzt der
Regierungsrat Neuhaus und Vizepräsident
der R^erungsrat Tillier^ und Beisitzer der
Professor Johannes Schnell, der Pfarrer
an der Heiliggeistkirche Samuel Lutz,
Emanuel Fellenberg in Hofwil, Johann
Schneider, Mitglied des Qrossen Rats und
der Waisenvater Rudolf Fetscherin.
Den 4. Jänner 1832 beschloss die Regierung,
dass unter dem Erziehungsdepartement zur
Voibereitung der ihm obliegenden Oesdiäfte
fünf Kommissionen stehen sollten, nämlich
1. eme Schulkommission;
2. eine katiiolische Kirchenkommission;
3. eine akademische Kommission,
bestehend aus einem Präsidenten und sechs
Mitgliedem, für die Akademie und die Qym-
nasien;
4. eine Kommisskm fikr die Utterarsdiulen ;
5. eine evangelische Kirchenkommission.
Nach dem Vorschlag des Erziehungsdeparte-
ments wurden noch denselben Tag in die a k a -
demische Kommission gewählt:
als Präsident Regierungsrat Tillier;
als Beisitzer:
1) Prof. Bernhard Studer,
2) Prof. Wyss,
3) Prof. Usteri,
4) Prof. S. Schnellp
5) Prof. Ith,«
6) Prof. Brunner.
Die Aufgabe, die dieser Kommission ge-
stellt wurde, bestand darin, zu untersuchen,
ob und welche Veränderungen in der Einrich-
tung der Akademie notwendig geworden seien,
und in Verbindung mit den einzelnen Fakul-
täten dem Erziehungsdepartement genauen Be-
richt über diese ihre Arbeit beförderlichst ein-
zugeben.'
Inzwischen wurde die Akademie nach dem
alten Reglement geleitet und jede vakante Pro-
fessur auf dem W^ der Berufung so rasch wie
möglich wieder besetzt Zudem beantragte das
Erziehungsdepartement der Regierung, emen
Lehrstuhl für Oeschichte zu erriditen,
und den 5. März 1832 beschloss der Qrosse
Ra^ an den der Antrag gelangte, die ge-
Die Akadeaile in der MfidiaÜoiis- imd Rcttanritiootieit
wünschte Steile zu kreieren und mit mfiglidi»
ster Beförderung auszuschreiben und besetzen
zu lassen. Schon den. 14. April wurde Profes-
sor KortQniy den wir schon kennen gelernt
haben,^ gewählt
Ueber die Besetzung der vakant geworde-
nen Lehrstfihle referieren wir wieder nach den
einzeben Fakultäten.
1. Die philosophische Fakultät
An die Stelle des Philosophus Joh. Rud.
Wyss wurde den 24. August 1832 der Candi*
datus Joh. Peter Romaug von Saanen ge-
wählt» der schon seit dem Herbst 1829 als
Vikar den philosophischen Lehrstuhl versehen
hatte.
Im Sommer 1833 gab Joh. Schnell, der Pro-
fessor der Zoologie und Botanik, seine Ent-
lassung ein; das Erziehungsdq)artement be-
antragte, die Botanik dem zu Ende des vor-
heigdienden Jahres gewählten Professor Mohl
an der medizinisdien Fakultät zu Qbergeben
und einen Lehrstuhl für Zoologie und verglei-
chende Anatomie auszuschreiben. Die Regie-
rung pflichtete diesem Antrag bei, aber nie-
mand meldete sich. Offenbar verlockte auch
die Besoldung von Fr. 1600, mit weldier bis
zur Errichtung der Hochschule alle Stellen noch
ausgeschrieben wurden, keinen Gelehrten, fOr
eine Professur in Bern konkurrieren zu wollen.
Daraufhin trat das Erziehungsdepartement mit
dem Privaidozenten Maximilian Perty in Mün-
chen in Verbmdung und es gelang ihm, den-
selben für eine Berufung zu gewümen; die-
selbe gesdiah durch die R^fierung den 10. Ok-
tober 1833.
2) Die theologische Fakultät
Im September 1833 verliess Professor Hü-
nerwadel das Kloster, um als Pred^r an der
Heiliggeistkirche zu wirken. Das Erziehungs-
departement sudite den beriämten Dogma-
tiker Haase fai Jena als seinen NadifcHger zu
gewinnen, doch dieser schlug das Anerbieten
höflich aus.' Den 19. Fdmiar 1834 wurde dann
der Diakonus Dr. Schneckenburger zu
Herrenbeig in Wfirttembeig für systematisdie
Theok>gie und Kirdiengeschicfate gewählt
Auch Hünerwadels Kollege Stapfer wollte
bei der bevorstehenden Neuordnung der Dinge
nicht mehr bleiben; auch er veriiess das Kk>-
ster und wanderte nach Meikirch, um die dor-
tige Phure zu versehen. An die ausgeschrie-
bene Stelle meUete sich Samuel Lutz, der
inzwischen Prediger an der Heiliggeisfldrdie
geworden war, jedoch mit der Bedingung, dass
die Besoklung, die Stapler genossen, erhöht
werde. Die Einwohner der Stadt, sowie die
Studenten vtrünscfaten einmütig, dass der ge-
feierte Kanzekedner in die tfaeok)gisdie Fakul-
tät eintrete und dass das Unrecht, das anno
1818 an dem beliebten Lehrer befangen wor-
den war, wieder gut gemacht werde.* Von die-
sem Wunsche waren auch die Mitglieder des
Erziehungsdepartements beseelt und wie nun
eine mit vielen Unterschriften bedeckte Ein-
gabe bemisdier Büiger an sie das Qesudi ridi-
tete, es mödite Herrn Lutz im Fall setner Wdil
zum Professor Gelegenheit gegeben werden,
jeden Monat wenigstens einmal m der Hetlig-
geisfkuxhe zu predigen, schhigen sie der Re-
gierung vor, ihn zu wählen mit der Verpflich-
tung, gegen eine bestimmte Entsdiädigung
semen bisher^n Kircfagenossen eine gewisse
Zahl von Predigten zu halten. Die Regienuig
vollzog den 22. Juni 1833 die Wahl in diesem
Sinn.
3) Die juridische Fakultät
E Henke, der Professor des rSmisdioi
Redits und des Kriminalrechts, gab im Au-
gust 1832 seme Demission ein, wekte von der
Regierung mit grossem Bedauern angenommen
wurde. Zum Nadifolger des verdienten Oe-
khrten wurde den 3. Oktober 1832 der Privat-
dozent Dr. Hepp in Heidelberg gewählt,^
der aber schon nadi einem Jahr einem ehren-
vollen Ruf nach Tübingen Folge leistete. An
D "
o
1
«
Die Akademie in der Mediations- und Restaurationszeit
»
seine SteUe wmde den 18. Jamtar 1834 Wil-
helm Snell gewählt
4) Die medizinische Fakultät
Kein Ruhmesblatt m der Qesdiichte der
neuen Regierung bildet die Abberufung des
Professors Ith, weldie den 4. September 1832
von ihr ausgesprochen wurde. Von «Abscheu»
erfiUlt gegen das Voigeh^i der Regierung ge-
gen ihre Widersacher in jenen schwülen und
gewitterschwangem Tagen, hatte der sonst
hannlose Gelehrte den 3. September 1832 seine
Demission eingegeben und sich darin in Aus-
drücken eigangeui die für seine Obeibehörde
nicht gerade sduneichelhaft klangen. In der
Erregung 9 in welcher sie infolge der politi-
sdien Ereignföse geraten war, nahm die Re-
gierung die Demission nidit an, sondern be-
scfak)6S die sofortige Abberufung, verbot dem
widerspanstigen Professor alle öffentlichen Vor-
lesungen und überwies durch den Regierungs-
statthalter das Demissionsbegdu'en dem kom-
petenten Richter zur gebührender Ahndung.^
Veigeblidi versuchte Itii von der Regierung
zu erlangen, dass der g^gen ihn sofort ange-
hobene Injurienprozess sistiert werde; sie be-
traditete seinen Versudi als eine neue Heraus-
forderung und beschloss, der Prozess sei zu
Ende zu führen.
An Iflis Stelle wurde den 27. Dezember des-
selben Jahres Dr. Hugo Mofal in München
zum Professor der Physiologie erwählt
Im Jahr 1832 starb Professor Tribole^ der
den Lehrstuhl für Pathologie und Therapie seit
der Gründung der Akademie bekleidet hatte.
Vikariatsweise trat Dr. Eduard Fueter im
Wintersemester 1832/33 m die Lücke, und
wurde den 22. April 1833 definitiv zum Nach-
folger Tribolets emaimt
Zur Vervollständigung unserer Angaben sei
an dieser Stelle noch erwähn^ dass nach dem
Beschluss der Regierung vom 22. Juni 1833 die
Entbindungsanstalt in das Salzkammergebaude
an der Bmnngasse veriegt wurde, nachdem
dasselbe zu diesem Zwecke beigestellt worden
war.
Den 14. März 1834 wurde vom Orossen Rat
die von den vorberatenden Behörden ihm unter-
breitete Vorlage über die Reform der Akade-
mie angenommen. Dieselbe verwandelte die
Akademie in eine Hochschule mit der Auf-
gabe, nicht mdu* bloss, wie es bis anhm ge-
schehen war, die Söhne des Standes Bern zu
den wissenschafäidien Berufsarten heranzubO-
den und zu befähigen, sondern auch nach
Kräften die Wissenschaft zu fördern.
So zeitigte denn die neue Ordnung als die süs-
seste Frucht die längst ersdmte Lern- und
Lehrfreiheit; in ihr liegt der eigentliche
Fortschritt, für den die Jetztzeit den bemisdien
Staatsmännern der Dreissigerjahre des verfbs-
senen Jahriiunderts nicht dankbar genug sein
kann.
Der Zweck, den man der neuen Lehranstalt
setzte, brachte es auch mit sich, dass die « Un-
tere Theologie» aufgehoben wurde und der
eigentlidien philosophisdien Fakultät, die nun
mit den übrigen Fakultäten in dieselbe Linie
und denselben Rang trat, Platz machte. Die
unmittelbare Vorbereitung für die theologische
Fakultät sowohl, wie für die übrigen Fakultä-
ten v^ürde einer besondem Anstalt dem Hö-
hern Gymnasium, iiberbunden, daher der
Titel der neuen Ordnung: «Gesetz über das
höhere Gymnasium und die Hochschule». Das
höhere Gymnasium zählte drei Jahreskurse, wie
die philologisch -phik>sophische Fakultät der
Akademie vom Jahr 1810 an auf drei Jahres-
kurse berechnet gewesen war; seine Einrich-
tung ermöglichte es, dass nun endlich der Ein-
tritt in die höchste Lehranstalt des Kantons
auf das zurückgelegte 18. Altersjahr fes^[esetzt
werden konnte.
Im übrigen liess das Gesetz vom Jahr 1834
das wohnliche Gebäude, welches die Media-
tk>ns- und Restaurationszeit auf solidem Fun-
dament errichtet hatte, «voriäufig» bestehen:
233
Ift-
Die Akidenie in der Mediatioiit- und
MM«
neue ordentlidie Professuren wurden keine ge«
gründet, dagegen berief man um wohlfeiles
Oekl ein ganzes Heer von Extraordinarii an
die neue Hodischule. Dem Kenner der Qe-
sdiichte der alten Akademie bedeutet deshalb
die Erriditung der Hochschule nidit, wie es in
dem Vorwort des neuen Qesetzes heiss^ die
5i
«glnzlidie UmgestaMung der besiehenden Aka*
demie », sondern deren teilwetse Umgestaltung
und die Veranlassung zu ihrer allmahligen Er-
weiterung» waren doch auch die emer Hoch-
adiuie notwendigen SidMidiaranstalten alle
sdion vorhanden, wenn auch zum TeO in un-
genügenden Anfängen.
234
Quellenangaben und Erläuterungen.
(Die srotMB Zahlen bede u toi die Settemalil, die Ueiacn die Nnminer der A im er hun gen auf jeder Seile.)
Eridirung der Abkflrzungen.
A. H. V. = Archiv des historischen Vereins (des
Kantons Bern).
B* T. = Bemer Taschenbuch.
C A. = Conventsarchiv (eme Abteilung des ber-
nischen Staatsarchivs).
C JH. = Manual der Kuratel der Akademie (bem.
Staatsarchiv).
D. B. = Dekretenbuch (bem. Staatsarchiv).
Dot B. = Dotationsbuch (bem. Staatsardiiv).
Fl. b. S. = Fluri, Die beraische Schulordnung von
1548 (Mitteilungen der OeseUschaft ffir deut-
sche Erziehungs* und Schulgeschichte, XI» 3«
p. 159 ff.).
F. R. B. = Fontes reram bemensium.
Q. O. A. = V. Qreyerz, Geschichte der Akademie
in Bern.
O. R. M. = Oehehnratsmanual (bem. Staatsarchiv).
Gr. G. M. = Graf, Geschichte der Mathematik und
der Naturwissenschaften in beraischen Landen.
Von 1888 an.
Hg. B. = Haag, Beiträge zur bem. Schul- und
Kulturgeschichte. 1898 und 190a
K. R. M. = Manual des Kleinen Rats (bem. Staats-
archiv).
L. A. = Litterarisches Archiv der bem. Akademie.
M. E. R. = Manual des bem. Erziehungsrates zur
Zeit der Hehretik (bem. Staatsarchiv).
M. K. SdL D. = Manual des Kirchen- und Sdiul-
departements (bem. Staatsarchiv).
ob. Sprachb. =: oberes Spruchbuch (bem. Staats-
archiv).
O. B. =: Ordnungsbuch des Schulrats (bem. Staats-
archiv).
P. B. s= Polizeybucfa (bem. Staatsarchhr).
R. M. =r Ratsmanual (bem. Staatsarchiv).
Reg. M. := Regierungsratsmanual (bem. Staats-
archiv).
S. B. B. = Sammlung bemischer Biographien.
Seh. G. U. B. =r Schfirer, Geschichte der öffent-
lichen Unterrichtsanstalten des deutschen Kan-
tonsteils des ehemaligen Kantons Bem. 1829.
Seh. R. M. SS Manual des Obem Scfaulrates (bem.
Staatsardiiv).
St M. = Manual des Staatsrats (bem. Staatsarchiv).
U. P. = Unnütze Papiere (bem. Staatsarchiv).
Test B. = Testamentenbuch (bem. Staatsardiiv).
T. Missb. = Teutsch Missivenbudi (bem. Staats-
archiv).
V. M. = Vennermanual (bem. Staatsardiiv).
W. B. = R. Wolf, Biographien zur Kulturgeschichte
der Schweiz. 1858—1862.
1 ^ Dr. F. E. Welti, Das Stadtrecht von Bem I,
p. XXXVII ff.
2^ Wohl aus Basel, wo der nächste Konvent war,
der übrigens bis 1231 hinaufreicht, d. R. Wacker-
nagel, Geschichte des Barfüsserklosters zu Basel
im Festbuch zur Eröffnung des historischen Mu-
seums in Basd 1894; Adolf Koch, Die frühesten
NiederlassuQgen der J^ilinoriten im Rheingebiete;
P. Konrad Eubel, Geschichte der oberdeutschen
(Strassbufger) Minoriten-Provinz. In Basd wird
ein Frater Hartungus de Zasingen als Mitglied
des Minoriten-Konventes von 1270^1289 genannt;
Wackemagel L c., p. 215, 216. Man beachte auch,
dass eben damals, 1255, der berühmte Mhiorit
Berditold von Regensbuig das Volk der alamanni-
sdien Schweiz mit seinen eigreifenden Predigten
begeisterte und dass er in der Folge auch m diese
Gegenden, speziell nach Thun kam. (Anzeiger für
Sdiweizeigesch. Vb, 44)
2>Tschamser, P. F. MaJachias, Annales oder
Jahrs-Geschiditen der Baarfüseren oder Minderen
Brüdem S. Franc onL insgemein Conventualen
genannt, zu Thann, zum Jahre 1251. Ebenso De-
kan J. R. Grüner, Delidae urbis Bemae, p. 270.
2* Chronica de Bemo zum Jahre 1255.
2« F. R. B. II, p. 438, Urinmde vom 6. Jan. 1257.
Sonderi>arerweise ist der Inhalt im Regest der
Fontes total verkehrt au^efassi
2« F. a B. III, p. 569, 28. Nov. 1293.
31 F. R. B. III, p. 685-687.
4^ F. R. B. VI, p. 504.
4* F. R. a VI, p. 648, 23. Febr. 1342.
4* F. R. B. VIII, p. 103.
4* Urkunde im Fach Musshafen.
411
Qudleiuuigabeii und Eitttttentncea.
191
5^ Berner Oironlk des Konrad Justiiiger zum
Jahre 1255.
5* Uriauide Im Fach Musshafen.
5* Justiiiger zum Jahre 1405, p. 195. Wie eine
Urkunde vom 22. März 1406 beweist» mussten die
Barfüsser sich zum Teil aus dem Verkauf von Ofi-
tem die Mittel zum Neubau verschaffen. Damals
verkauften sie eine zu Bümpliz gelegene Schuppose
um 50 Pfd., cdie wir in unsers kores und kilchen
buwe hin bekert haben i. Urkunde im Fach Stift
5* Berner Chronik des Diebold Schilling, ed.
O. Tobler, Bd. II, p. 276, und die von letzterm im
Anzeiger fQr Schweiz. Altertumskunde 1900, p.32ff.
mitgeteilten Notizen zur Kunst- und Baugeschichte
aus dem bem. Staatsarchiv. B. Malier, Bern in seinen
Ratsmanualen I, p. 190. Noch 1485 mussten Bau-
hölzer heigefQhrt werden, und 1486 hatten noch der
Prior von (Herzogen-) Buchsee und der Abt von
Frienisbeig Korn als Bausteuem zu entrichten,
HaUer L c.
5^ Berner Chronik des Valerius Anshelm VI,
p. 229.
5< Ob. Spruchb., litt Z, p. 197, im Staatsarchiv.
61 F. R. B. IV, p. 334.
6« F. R. B. VII, 176.
6* Urkunde im Buigerarchiv in Thun.
6* Lohner, Die reformierten Kirchen des Kan-
tons Bem, p. 342. E. F. v. Mfilinen, Helvetia sacra,
II, p. 28. Cf. Eubel 1. c, p. 218.
6« F. R. B. VIII, p. 350 und 353.
6« F. R. B. VIII, p. 75 und Urkunden im Fach
Musshafen«
67 W. F. V. Mfilmen im neuen B. T. fQr 1903,
p. 217.
6* Original im Fach Musshafen.
6* Auch Elbintal und Aelbental genannt, ob.
Spruchb. W, p. 557, CC, p. 365.
6^^ Ob. Spruchbuch Z, p. 279.
7^ Test B. I, p.92, II, p.l4; ob. Sprudib. F,
p. 425.
7* Test B. I und II; Urkunde Im Fach Muss-
hafen.
7» F. R. B. VII, p. 59 und 387.
7* Test B. II, p. 79.
7^ Urkunde von 1524 ün Fach Musshafen.
7« F. R. B. VII, p. 356.
7 7 Die Kapelle der Anna Seiler blieb wohl un-
verändert Die Stiftung der Anna Seiler ist nicht
zu verwechseln mit derjenigen der Clara Seiler,
der Witwe des Uhich Seiler, vom 19. August 1408.
Clara Seiler übergab den Barfüssem ein Out «am
Kfingsberg im Sulgenbach», ein solches in Giim-
lingen und die Summe von 300 Pfd., wogegen sich
die letztem mit WIDen Ihres Provhiziab veipflldi-
teten, «tegUdis und ewenkllchs und ewig und mit
einem sundrigen priester unsers ordens.. ehi messe
ze sprechen .. uff dem altar sancti Frandsd m
unser kilchen ze Beme gelegen aller nachest nebenst
des heiligen crfltzes altar .. ze dien ziten, wenne
die messe in der alten Seilerron capellen in der
obgen. unser kildien uss kumet und gesprodien
Wirt, oder als bald der selb priester gelleviert, denne
und nit e ungewarlidi so sol der obgen. frow Ciaren
messe angehebt werden ze sprechen und der Prie-
ster denne ze derselben messe har us^gao^ Original
im Fach Stift — Vom ersten Ehemanne der Agnes
Eyer, Peter Eyers, ist in der Urkunde vom 17. Aug.
1413 gesagt, er sei als ein Bruder des Franziskaner-
ordens gestorben und liege in der Franziskaner-
kirche begraben. Urkunde von 1413 un Fach Stift
7» Urkunde vom 1. April 1411. Fach Stift
7* Test B. I, p. 185.
7^0 Test B. III, p. Ib, 1506.
1^ Anshehn III, p. 387.
7i> Test B. III, p. 29, 1506.
7» Test a II, p. 33.
8^ Ob. Spruchb. X, p. 596.
8> Urkunde (Kopie) un Fach Musshafen. Ab
Uebersdirift stehen die Worte «recognitio fratemi-
tatis sancti Crispini». B. T. für 1878» p. 59.
8* Ob. Spruchb. O, p. 36.
8 A Test B. I, p. 222 b.
8« Test B. II, p. 19.
8< Test B. I, p. 237.
8^ Urkunde im Ardiiv der Oesellschaft zu We-
bern. Den Patron der Weber von Bem kennen wir
nicht, vielleicht war es St Severus von Ravenna.
8* Urkunde im Fach Musshafen.
9^ T. Missb. J, p. 84b, 21. März 1498.
9< Anzeiger fQr Schweiz. Geschichte 1898^ p. 18.
9* Haller, Bem in seinen Ratsmanualen I, p.99.
9* Ob. Spmchb. P, p. 730.
9» T. Missb. L, p. 12b. U. P., Bd. 52, Nr. 87
und 89. Der Chorherr Constans Keller erwukte zu
Ende des Jahres 1512 bei der päpstiichen Kurie
unter vielen andem auch eine Bulle für die St Ja-
kobsbruderschaft von folgendem Inhalt: So dann
ist der brüdersdiaft sant Jacobs hie zu den Bar-
fOssen die gnad und fryheit veriiehen, das alle die
brQder und Schwester von solicher brüderschaft biss
uff die zal vierhundert einen geistlichen oder welt-
lichen priester zu irem bichtvatter mögen erwellen,
der sie in bapstiichen Sachen einest im leben und
einest im tod mpg absolvieren, dodi mit etwas
vorbehaltung, als das die bull ferrer anzöigt Darzu
so erlangen alle die brfider und Schwestern der-
«
Qneileiiaiigabeii und EittutemngeiL
^
selben brfiderschaft; die uff sant Jacobs tag und zu
den vier fronvasten in die brCiderschaft kommen
von einer vesper zu der andren siben jar und sovil
quadrigenen applass ufgesetzter buss.
Articuli summarii Bulle confratemitatis S. Jacohi.
— . Fratres omnes fratemitatis S.Jacobi in ecdesia
minorum Beme usque ad numerum octingentarum
personanun viro et uxore pro una persona com*
putatis habent plenam facultatem» ut quilibet eorum
habeat eligere confessorem secularem, vel regu-
lärem cuiusvis ordinis qui habeant authoritatem ab-
solvendi in casibus omnibus etiam sedi apostolice
reservatis exceptis in bulla expressis, in vita semel,
et in mortis articulo, quotiens oportunum fuerit;
vota commutandi omnia exceptis quinque in bulla
expressis; plenariam omnium peccatorum de quibus
confessi et contriti fuerint remissionem. Numero
octingentorum defidente, is numerus per alios con-
fratres receptos reparetur ita, ut dictus numerus
non excedatur. Omnibus utriusque sexus Christi
fidelibus vere confessis et contritis qui devote ca-
pellam huius fratemitatis visitaverint a primis ves-
peris ad secundas videlicet festivitatum sancti Ja*
oobi et sextarum feriarum quattuor temporum, anni
Septem anni ac totidem quadragene de iniunctis
penttendis relaxantur. Perpetua facultatis duratio.
9* Urkunde im Fach Musshafen und Kopie im
ob. Spruchb., p. iO^^A4. Veigabungen an die Em-
dersdiaft sind notiert im Test B. II, p. 132, von
Sulp. V. Erlach (d. Spruchb. Q, p. 817), II, p. 135
von Anton Archer, II, p. 148, von Luda Spar, von
NikL Isenbadi, Urkunde von 1521. Jahrelang stand
der Ratsherr Niki, von Oraffenried an der Spitze der
Bruderschaft
9» U. R, Bd. 17, Nr. IZ
9' Urkunde im Fach Musshafen.
10 1 O. Tobler in der Chronik des DieboM Schil-
Img, p. 14, Note 4. Mit der Erklärung ist Herr
Pfarrer Stammler einverstanden. Die Angabe in der
Stadtgesdiidite von Ed. v. Rodt, p. 155, der Haupt-
altar sei der Maria geweiht gewesen, ist daher zu
indem.
10» F. R. B. VII, p. 685.
10» Urkunde im Fadi Musshafen.
10* Urkunde im Fach Musshafen.
10» Latein. Missivenbudi B, p. 26Z
10» Cf. R. Wackeraagel, Geschichte des Bar-
fQsserklosters zu Basel im Festbuch zur Eröffnung
des historischen Museums m Basel 1894, p. 185f.
194 ff.
10 7 Ob. Sprachb. D, p. 287.
10» Haller, Bern in seinen Ratsmanualen I,
p. 189.
11^ NotariatsprotokoD 1 der Staatskanzid; ob.
Sprachb. H, p. 89, und N, p. 204, Urkunde vom
5. Dez. 1481, F. Fraubmnnen; ob. Spmchb. K,
p. 297; Urkunde 1502 im Fach Musshafen; ob.
Sprachb. X, p. 596, Z, p. 761, Urkunde von 1522;
ob. Sprachb. CC, p. 365.
11» Ob. Sprachb. M, p. 134.
11» T. Missb. H, p. 31, L, p. 90 b und 289 b.
11« T. Missb. N, p. 147.
11» T. Missb. H. p.31.
11» T. Missb. B, p. 191.
11 7 T. Missb. D, p. 121.
11» Chronik des Diebold Schilling und Tobler,
Bd. II, p. 245 und 276.
11» T. Missb. E,p. 143 b.
12 1 T. Missb. F, p. 80 b. Am 15. Mai 1487 be-
sdiloss der Rat, sich beim Provinzial für Herrn
Ringler zu verwenden, damit er als Lesemeister in
Bem verbleiben könne, «diewil er doch an ein alter
kommen und von miner herren statt erbora sy».
R. M., Nr. 55, 159.
12» T. Missb. H, p. 413.
12» T. Missb. H, p. 75. «Er ist des ffimämens
fryen in- und usgang tags und nachts zuhaben, sich
des chors, besunders so die hl. aempter sollen ge-
halten werden, nutzit anzunemen, mit ässen und
trinken (sich) ze sündera, zu diyen oder vier tagen
einest mäss zu haben und sust mit inzug ungepür-
lidier personen nach sinem gevallen zuhandlen. Und
so der vermelt herr gardian, als im dann amptshalb
gebürt, sich dawider und dannocht in bescheiden-
heit hat lassen merken, wird er von im mit schmäch-
und Schältworten und sust also gehuwen, das er
libs und lebens nit sicher und deshalb diser tagen
bewegt ist worden uss dem gotzhus zu gand und
sich zu fiwer erwfird, dero sin anligen zeklagen,
zefögen, dann das wir im nadigeschriben und in
vermögen haben wider zukeren und uns In 9er
sadi handeln zu lassen. Und so wir nu denselben
hem gardian bishar eins erberen geistlichen wan-
deis und der neigung gefunden haben, fiwer gots-
hus in ein zimlidi und gereguliert wäsen zusetzen
und aber den berfirten herra lässmeister dem aUem
widerwärtig ersechen, dann wh* ouch uff vergangen
suntag der zit als er am cantzel gestanden ist, sin
unnützen frouwen uss sinem gemach haben füren
und von unser statt schweren lassen, davon nu
unser gemeind nit wenig geärgert, zudem das fiwer
orden dadurch oudi dester lichter geachtet wirdt,
— harumb so ist an dieselb fiwer erwird unser
emstig bitt und beger, si wöOe gevallen sölidis alles
zubedenken uns denselben hem lessmeister an-
gends abzunemen und aber den gaidian m jetzi-
<K
QndteiuttigVMn vod Eriiiitendigtti*
1»
gern stand und waten by uns beliben und daby
die lessmeistery darzu wir in gnugsam und unser
gemeind angenam wüssen, biss zu nedistkomendem
capitel versedien lassen.»
12« T. Missb. L, p. 28b, N, p. 147, L, p. 176 b,
289 b, O, p. 106, P, p. 150.
12 B Ob. Sprudib. BB, p. 70, 27. Febr. 1525.
12« T. Missb. H, p. 75; zu 1513: T. Missb. N,
p. 147.
12' T. Missb. M, p.317.
12« T. Missb. H, p. 413.
12» T. Missb. K, p. Z
12iOT. Missb. L,p. 28 b.
12 u T. Missb. L, p. 90 b.
12» Ob. Sprudib. M, p. 134, 28. Okt 1490.
121* Test B. II, p. 64.
13^7. Missb. M, p. 317, 22. Juli 1511, und
Haller, Bern in seinen Ratenanualen I, p. 191,
zum 16. April (!) 1512, wo aber Joh. Paidi voran-
zusteUen ist; da er nie Provinzial war. Der Schluss«
Satz der Stelle heisst: cdesglichen eflich, so Herr
gaidian anzöugen wirdt, abzuvordem».
13* Anzeiger für Schweiz. Oesdiidite 1879, p.
217; aus T. Missb. L, 28 b; Baditold, Oesdiichte
der deutschen Lttteratur in der Sdiweiz II, p.446.
13* Bachtold, L c, p. 423 etc
13« Urlc. Fach Musshafen, 19. Okt 1521 ; Stfirler,
Urlc zur bem. Kirchenreform I, p. 6, 18, 96, 98 ff.,
126; Anshehn, Bemerchronik IV, p. 472, 475, V,
p. 14, 25, 59, VI, p. 243. Allg. D. Biogr., Bd. 21,
p. 613. Das zuerst nach Schlettstadt zusammenbe*
rufene Kapitel fand in Kolmar vom 26. April 1523
an statt Euhely 1. c, Note 427.
141 StOrler 1. c I, p. 134 aus T. Missb. P,
p. 349 b.
14» Stürler L c I, p. 127.
14» Stürler Lei, p. 43.
14« Stürler 1. c I, p. 57, 7a
14» Stürier 1. c. I, p. 69.
14« Anshelm V, p. 229L.241. Laut Stürier L c.
I, p. 215, musste in der Kirche eine grosse Fenster-
öffnung vermacht werden, wozu von den Herren
von Diesbach ein grosses Fenster erbeten werden
sollte. Würde dies verweigert, so sollte das Fenster
mit Linnen vermacht werden.
147 Stürier 1. c I, p. 544, 545, und II, p. 114,
119, 120, 186.
14« F. R. B. III, p. 603 f.
14» F. R. B. VI, p. 136. Wir führen aus dem
Bande V, p. 464, der Fontes noch an, dass die
Büiger von Thun am 9. Juli 1325 den Minoriten in
Bem zwei Freüieitsbriefe zur Aufbewahrung über*
gaben*
151 T. Missb. A, p. 719.
15> HaOer L c. I, p. 189; R. M. 1, p. 76.
15* Olassbergers Chronica inden AnalectaFran-
dscana II, p. 111, 148^ 167, 311, und Eubel, p.16%
163, 165.
15« Die QueDe für die MitteUungen über die
Schwestemhiuser biklen die Ausführungen des Ver*
fassers in cBem, Bilder aus Vergangenheit und
Gegenwart», Bem 1896, p. 58ff.; v. Rodt, Bern.
Stadtgesdiichte, p. 182 ff., in mehrarm abweichend.
Das Haus der wUligen Armen bestand schon 1337
und befand sidi damals an der Hormannsgasse,
Uut Uricunde vom April 1337 in den F. R. B. Vi,
p. 346.
15» F. R. B. VIII, p. 236.
15* Urkunde im Staatsarchhr Freibuig.
16 1 Justinger, p. 193.
16 > Ob. Sprudib. Q, p. 14a
16 * Hatter, Bem in seinen Ratsmanualen 1, p. 191.
16« Haller, Bem in seinen Ratsmanualen I,
p. 210; Stürler, Urkunde zur bem. Kircfaenrefomi
II, p. 8, 18, 28, 50; U. P., Bd. 17, 23. ~ Das Klo-
ster nahm auch weltiidie Frauen als Pfriknderinnen
auf, wie zwei erhaltene Verpfründungsverträge be-
weisen. So wurde am 22. Juni 1512 die Witwe
Anna Stör als Pfründerin aufgenommen. Sie sollte
das Häuschen des Herrn Heinrich Sdiürysen er-
halten, sobald es durch den Tod desselben ledjg
werde. Nachdem Anna Storin gestorben war, be-
zog ihr Qemach Frau Maigaretha Locherin von
Mühleberg, deren Vogt Heini Zherren zu Mühle-
beig für sie einen Verpfründungsvertrag geschlos-
sen hatte. Die Pfründerin sollte ihr Leben lang
cHus und Hof, Für und Uechti Oäliriich für 8
Pfd. Unsdilittkerzen) erhalten und mit «Spyss und
Trank» wohl versehen werden wie ein Konvent-
priester, nämlich alle Tage zwd Mahlzeiten, dazu
Brot, Wein und Speise. Doch sollte ihr taglich eine
Mass Wein zukommen, während die Priester nur
ein DritteU emer J^ss erhielten. Die Frau hatte
300 Pfd. und 30 Pfd. nach dem Tode zu bezahlen.
Urkunde im Fach Musshafen.
16» Anshehn V, p. 244.
16 • U. P., Bd. 17, Nr. 24; Rechnung des gew.
Chorherm Oeorg von Römerstal als Musshafen-
sdiafhier von 1529L-153a
16 T HaUer L c I, p. 191.
16* A. Fluri, Beschreibung der deutschen Sdinle
in Bern, im Archiv des histor. Vereins des Kan-
tons Bern, Bd. 16, p. 597, und Haller L c I, p. 192.
17 1 Neues B. T. für 1902, p. 125.
17* R. M. 252, p. 6^ vom 25. Mai 1535, und
Choigerichtsmanual Nr. 6, p. 42, vom 2. Aug. 1535.
^
Quellenansaben und EittiiteniiigctL
17 s Stfirler, Urkunde zur bem. Kirchenreform,
Bd. I, p. 88, 20. a 23. Febr. 1528; StQrier, Bd. II,
im Ardiiv des histor. Vereins des Kantons Bem,
Bd. VIII, p. 8, 11, 16, 30, 127, 188.
17* Laut der in Nr. 114 genannten Rechnung
bezogen zwischen Jacobi 1529 und Jacobi 1530
alle vier Fronfastengelder mit je 2 Pfd. nur noch
der frühere Guardian Hr. Hans Hugo, Hr. Niki.
Willenegker, Hr. Marx der Keller und Bruder Hans;
nur 1-^ Fronfastengelder oder gar nur Kleidungs-
stücke bekamen Bonaventura Oatti, Hr. Jakob, der
Pfarrer in Nidau wufde, Hr. Hans Ramser, der
früher in Trüb war, Hr. Jakob Oottstatter, Hr. Rud.
Schneuwly, Hr. Stefan, früher Km±herr an der Lenk,
Hr. Wernher, Hr. Hans Zwick, der Barfuss (erhielt
»
4 Pfd. für den Abzug), der alte Kirchherr zu Siris-
wil und seine Frau, Hans Alaep, Landsperger, Cri-
stan Leeman und Jörg Witzig.
17» Anshehn V, p. 249; Geiser, Geschichte des
bem. Armenwesens, p. 34 ff.; Haller L c. I, p.472.
17* Der Hausrat im Hause der Barfüsser in
Neuenstadt wurde 1534 unter das Kloster Frienis-
beig und das Stiftamt von Bem geteilt (Inventar
von 1534 im Fach Stift) Der Ertrag des Wein-
berges an der Klosterhakle In Bem ist bis 1573
stets in den Stiftrechnungen verrechnet 1576 je-
doch wurde die Halde, nachdem Gärten daraus
gemadit worden waren, an fünf verschiedene Pri-
vate veräussert (StiftrecJmungen).
Die Qttardlane des Klostert.
1254/55 1257/58
1262
1266
1301—1318
1325-1327
1331
1333-1335
1342
1345
1348
1396^ 1406
1459, 1460
1464
1466
(1479).1492
gegen 1504
1507
1510
1512 VI 22
1520 VI 8
1521 X 19
Hartungus
Andreas
Wal[tfaenis]
Rodolfus de Bunsdien
Heinrictts de MfiUiusen, dictus Res
Johannes Knello
Chunrat VIscher
Johannes
Rudolf von Matzendorf
Rudolf Oftier
Johannes von SigriswIl
Michel Walgk
Oüian Oraff e
Erhart von Schneit
Johannes Küng
Johannes Pauli
Johannes Hassler
Adam Meys
Johannes Hug
Nlldaus WOIenegger
Hehuich Sinner
1524 XII 9-1528 Johannes Hugfonis]
F, R B. II 377, 470.
II 566,567.
II 654.
IV 53, 334; V 34.
V 5, 461, 464, 501.
V805.
VI 58.
VI 648.
VI 658.
VII 356.
UiIl f. Stift und F. Burgdorf.
Ulk. F. Stift und F. Musshafen.
F. Musshafen.
ob. Sprachb. E, 184.
Schilling II 276; ob. Spradib. M, 134; N, 74; 0. 36;
T. Miss. B. G, 198b; 243b.
T. Miss, a L, 28b.
T. Miss. B. L, 289b.
Eubd 1. c Note 729.
UrL F. Stift et 1524 und die Sduiffner
1521 Schaffner F. Musshafen.
Ulk. F. Stift Cf. die Schafftier.
Urk. F. Musshafen. 1523 V 21 als Ouardian nadi
Königsfelden geschickt durch den Rat
UrL F. Musshafen.
1325
1481-1483
146^1 V »
1490X28
Lesemelster.
Ulricus Berg»
Jakob Damp oder Dämmen
Hr. Ringier
Jöig Knchen
F. R a V 464.
Sdiülhii^ II; T. Miss. B. E, 143b.
RM.
ob. SpniGhh. M, 134.
239
1512 VI 22
1520 VIII 23
1521-1524
Qndlenaiigtben und EittitteniiigaL
Jakob OiHzer
Joh. Tlmpfli
Dr. SebMtfan Meyer
Urk. F. MnssIttfeiL
6b. Spmdib. Z, 197.
Note 4 zn S. 13.
1507 VI % 1512
1521 X 19
1524 XII 9
Schallner.
(Die wehlidien Schaffner sind nidit berficktichtigt).
Job. MolHoris oder MüUer
Job. Hug
Nildatis Wmenes^er
T. Miss. B. L, 289.; Urk. F. Mnsshafen.
Urk. F. Mussbafen.
Urk. F. Mussbaien; 1525 weggesdiickt, T. Miss. &
P, 349; 152B-? bn Kloster, a. die Ouardkne.
Brfldcn
1257/58
Henricus de sancto Oallo
F. R. a II 4m
1258
Jobannes
> II 478.
1262, 1265
Jobannes de Sumolswalt
> II 566^020.
1262
C de Rlcbtelbadi
» II 566, 567.
1304
Jobannes von Wissenbuig
» IV 178.
1308
Heymo von Bid
► IV 327.
1318
Cbunradus didus Snello
» V34.
Burduudus de Swarzembnig
► V34.
Ubicus de Belpo
1 V34.
Jobannes didus Knello
V 34. a. die OuanUane.
1325
Rudolfiis didus de Bunsdi
» V 464. Cf. die OuanUane.
1325
P. de Spietz
» V434.
1342
Jobannes Hflimar
» VI 648.
1347
Peter von Bunsdien
» VII 289.
1360
Cbunrat
> VIII 375.
1396
Peter Ammans
Ulk. Z, 1396 I 4, F. Stift
1428
Jobannes von Sduffiusen
Urk. F. Mussbafen.
1449
Midid Walk
ob. Sprudib. D, 236^ CL die OuanUane.
1470
Hans Bene
Test a I, 148.
1483
Rudolf Kartenmadier
T. Miss, a E, 143b.
149% 1493, 1512
Hdnridi Sdifiiysen (von Bern)
ob. Sprudib. M, 134; T. Miss, a H., 413.
Vizeguardian
1512, Ulk. F. Mussbafen.
1490
Rolet??
ob. Sprudib. M, 134.
1490
Rudolf Lcdradi
ob. Sprudib. M, 134.
1490
Ludwig VögeU
ob. Sprudib. M, 134.
1493
Heinridi Sibentaler
T. Miss, a H, 413.
1493
Uenbart von Mülhusen (von Bern)
T. Miss, a H, 413; (? K, 2; L, 28b.
1493
Jakob Spängier (von Bern)
1508
Hans Sdinider
Uli. F. Mussbafen.
1512
Job. Ziegler, Vlzeguardüm
Urk. F. Mussbafen.
1528
Oeoig Zumfiss
Stfirler, Utk. z. bem. iCbdienrefonn.
1528
Jobannes Midid
» 1,545.
1528
Peter Breit
II, 47.
1528
Hans Zwidc
U. P
>. Bd. 17, Nr. 24.
Im Wette von K. L F. Lobner, cDle reformierten Kirdien und ibre Vorsteber im ddg. Freistaat Bem»,
S. 18, sind nodi einige andere angegd)en, die aber durdiaus nidit sidier begbiuMget sfaid.
240
Qndlciungtbcn und Eittntemngen.
Die Slegd de* Konventes und des Ouardlana.
Nr. I. Nr. 3.
Man keant drei verechicdene Sicgd dea Kon-
ventes. Sie haben als SiegelbQd den als Weltriditer
thronenden Christua, die Rechte zum Segnen e^
bolien, in der Unlien ein Buch haltend. Wie e*
z. B. auch auf einem von Pfarrer Stammler Im Bemer
Taschenbudi für 18QI, S. 216 ff. beadiriebenen K&-
nlgafeldcr Antependium geachieht, thront der Eilöaer
Im ersten Siegel auf einem Regenbogen.
Nr. 1 hingt an der Urliunde vom IHän 1254.
im Fach Fraubrunneo. Von der Umschrift sind
nodi die Wwte FRATRVM-M(IN)ORVM erkennbar.
Nr. 2 hingt an der Urkunde U 503 des Burger-
spttals vom 31. Mai 1406. Dasselbe Si^el hingt
audi an Urkunden: 14. Febr. 1345 und 17. Aug. 1413,
Im Fadi Stift; 12. Mal 1507, 4. Jtmi 1512 und 22. Juni
1512, 22. Dez. 1522, im Fadi Musshafen. Die Um-
sduift lautet: -f-SIQlLLVMFItATRVMMINORVM
INBERNa
I^. 3. Das Original dieses Si^ela hingt an der
Urkunde vom 6. Juni 1522, im Fach Musshafen.
Es findet sldi sonst nodi an Urkunden vom 13. Dez.
1905, Fadi Stift, Xaid vom 15. April 1506, Fadi Muas-
hafen. Die Legende enthSH in gotlsdien Minuskeln
die Worte: ^fObe ::■ fem — ■:• mioco ■:• in ■:•
bcmo.
Die zwei Siegel, die die Ouardiane geführt ha-
ben, weisen einen heraldisch gezeichneten Adler
auf. Das erste Siegel, Nr. 4, ist erbalten an Ur-
kunden vom 14. Aug. 132^ 5. Dez. 1337 und 3. Jan.
1396 In Fach StIfL Die L^cmle lanteti + S-OAK-
DIANI*BERhfEN.
Das zweite Siegel, Nr. 5, befindet sidi an Ur-
kunden vom 19. Aug. 1408 und von 1520, im Fadi
Stift Die Worte der Umschrift lauten : + S'OAR-
DlANl • BERNENSIS.
Ich verdanke diese Abbildungen der Siegel der
Oflte meme« Kollegen Dr. Rob. Durrer in Stans.
Notls zum alten BaifQiierkloiter
nadi der Stadtansicht des Qregorlus Sidünger ans
den Jahren 1603—1607.
Diese Ansidit der Stadt voq SIMeo aus der
Vogelperspektive gesehen gibt ein ziemlidi klaret
Bild der Klosteranlage, wie sie in den Jahren nadi
dem Brande (1405) bu zum Umbau (1682) sidl
entwickelt hat
Auf der Nordseite des viereckigen Klosterhofei
tag nur eine Halle ohne weitere anstossende RiuoH
lidikeiten, durdi gekuppelte Massweritfenster süd-
licfa vom Hofe aus tteleucfate^ die an ihrem Ast-
lidien Ende genau in der Art wie der jetzige Gang
an das neue Schulgebäude aidi ansdiloss. Ueber
diesem Oang lag noch ein Stodcwcrk, ebenbUs mit
gdcuppeUen Fensters von S&den her bdcuditeL
Diese helle sonnige Halte dürfte zu geistUchea
Exerzitien, za Vfulenrngen etb ala allgemein bo>
liebtcr Aufenthalt in den Feientundei gedient ha*
Ii(
QueUenaiisabeii und EittiiieruiigeiL
»
ben. Der Korridor des spätem Neubaues — der
jetzt noch bestehende — befindet sich genau an
Stelle jener Halle, nur sind die Sfidfenster vermau-
ert und an deren Stelle Türen in die südlich ange-
bauten Hörsäle, und viereckige Fenster nach dem
nördlichen Oarten ausgebrochen worden. Die De-
ckenfriese mit den hübschen Flachschnitzereien,
welche jetzt noch diesen Oang zieren, dürften die-
sem alten Kreuzgang angehört haben, der nur et-
was breiter gewesen zu sein scheint, da die Friese
alle an einer Seite beschnitten sind (s. Taf. 10 u. 11).
Von diesem nördlichen Gang zogen sich zwei
Flügel nach Süden, den Klosterhof östlich und west-
lldi begrenzend. Die äussere Front des östlichen
Baues war gegen die jetzige um etwa 4—5 m
zurückgesetzt (etwa der östlichen der jetzigen Mit-
telmauem entsprechend), so dass der Nordkorridor
über dieselbe vortrat, und der ganze Flügel scheint
audi nur die Breite eines Ganges oder schmaler
ineinander gehender Zimmerreihen gehabt zu ha-
ben. Dagegen war der Westtrakt ein bedeuten-
des, aus einem Guss einheiflich konstruieries Ge-
bäude mit r^ehnässlger und reichlicher Fenster-
anordnung in zwei Etagen, das in seiner Grundriss-
konfiguration und seiner Lage mit derjenigen des
jetzigen Aulavorbaues übereinstimmte; wahrschein-
lich ist der letztere direkt auf den Grundmauern von
jenem errichtet, was angesichts der schwierigen
Fundierungen an dieser Stelle ziemlich nahe lag.
Es scheinen die eigentlichen Wohnräume des Klo-
sters (Zellen, Sdilaf- und Speiseräume) hier unter-
gebracht gewesen zu sein.
Diese beiden gegen Süden ungleich weit vor-
springenden Flügel waren nun auf der Südseite des
Klosterhofes durch eui Konglomerat verschiedener
Bauten, mit ungleichen Höhen und Tiefen verbun-
den, aus welchen noch weitere Vorbauten nach
Süden vorsprangen, ganz willkürlich den jewefligen
Erfordernissen entsprechend zugebaut und unter
sich verbunden. Diese scheinen ungeachtet der
schönen Lage mehr untergeordneten, wirtschaftli-
chen Zwecken gedient zu haben, ebenso wie der
Hof, der noch südlich an diese mannigfaltigen Ge-
bäude stösst, und von diesen aus durch mehrere
Türen zugänglich war. Aus diesem Hofe führte
östlich ein schmaler Durchpass über den Friedhof
(an den eingezeidmeten Kreuzen als solcher er-
kennbar, dem jetzigen KlosterhoO und durch ein
Portal üi die (jetzige) Herrengasse. Dieser vordere
Wirtschaftshof war südlich und westlich von Stütz-
mauern umschlossen, welche auf die aus dem Gra-
ben aufsteigenden, mit Bäumen bepflanzten Halden
sich aufbauten«
Das eigentlidie Klostergebäude bestand also im
wesentlichen aus dem westlichen Hauptbau und
den südlichen Anbauten (vielleicht waren diese
die ältere Partie), während Nord- und Osttrakt
nur eine kreuzgangartige Umschliessung des Klo-
sterhofes badeten.
Für den Neubau wurde dann benützt: die
Grundmauern des nördlidien Kreuzganges (wenige
stens die äussere) und diejenige des Westflügels,
während die Ostseite ganz anders, die Südseite gar
nicht mehr ausgebaut wurde.
18^ Die zehn Sdilussreden oder Thesen des-
selben musste vom Jahr 1546 an jeder, der in den
Dienst der bemischen Kirche oder Schule trat, un-
terschreiben. Es geschah dies in dem sogenannten
Praedikanten-Rodel, der mit den Worten beginnt:
c Uf Zinstag 25. Mail 1546 habend min g. herm
in gesässnem rhat geraten und geordnet und hin-
für ze halten angesächen, das sy keinen predikanten,
diaconum, Professoren, sdiulmeyster, lectoren an-
nemmen, noch bestellen wellend, er undersdirybe
sich dann hie gehaltner disputation.i Der erste
Professor, der seinen Namen in diesen Rodel ein-
trug, der Professor hebraicus Adrian Blauner, tat
es mit den Worten: «Ich Adrianus Blonerus, ge-
ordneter Professor der schul zun Barfüssen zu Bern
von minen gn. herren, underschiybe mich hie, wi-
der die Condusiones der löblichen disputation zu
Bern gehalten nüt zetiiun. Augusti 11. 1546.»
18 > Megander hatte sich bereits bekannt ge-
macht bei der Herausgabe der Anmerkungen zur
Genesis nach Zwinglts Vorträgen.
18» FL b. S., p. 173.
18* Gasparis M^andri TigurinI, nunc Bemae
a condonibus, in Epistolam Pauli ad Galatas, com-
mentarius. Una cum joannis Rhellicani Epistola,
et Epigrammatis, in quibus ratio studii litterarii
Bern, indicatur. Tiguri An. M. D. XXXIII. — Fl b.
S., p. 173 ff.
18^ Mit Recht vermutet Fluri, es seien darunter
des Erasmus de duplid copia verborum ac re-
rum commentarii duo zu verstehen. Vgl Mertz,
G., Das Schulwesen der deutschen Re-
formation im 16. Jahrb., p. 280.
18« FL b. S., p. 172.
19^ Sulzer hatte sich in Strassbuig die beson-
dere Gunst Capitos und Bucers erworben; in dem
Brief, welchen die beiden Reformatoren den 12. Ok-
tober 1533 an den bernischen Rat schrieben, und
weldien Fluri a. O., p. 176-^178^ aus den soge-
242
fft
QaeUetuuigaben und Erlititemiigeii.
51
nannten Unnfitzen Papieren des bernisdien Staais-
aidiivs (79, Nr. 142) veröffentlicht hat, empfehlen
sie den jungen Bemer für eine Lehrstelle an der
neu gegründeten Anstalt cals einen besunders ge-
schickten jungen welcher neben anderen le-
seren kein fleiss sparen würt, uff das Bern an ge-
lerten und verstendigen lüten bald ein überfluss,
ob Oott will, haben und anderen landen und her-
sdiafften, gelerte Iflt zu Oots eer und irem lob mit-
teilen solle». Daraufhin wurde er vom Rat den
29. November 1533 als «Lector» nach Bern be-
rufen.
19» FL b. S., p. 184.
19' Er musste die Stelle des Dr. Sebastian Meyer
übernehmen, der nach dem Tode des Reformators
Berchtold Haller dessen Nachfolger geworden war
(1536).
19* FL b. S., p. 191 ff.
20 1 Sdion 1528 bei der Errichtung der theolo-
gischen Schule wollte der bemische Rat den NikL
Pfister mit Megander und Hofmeister berufen; er
war damals Sdiulmeister von Chur, aber Büiger-
meister und Rat dieser Stadt liessen ihren «wol-
gelerten maister» nicht von dannen ziehen (FL b.
S., p. 164). Erst 1535 kam er in den Kanton Bern,
zuerst nach Thun, dann 1542 nach Brugg, wo er
sich grosser Beliebtheit erfreute.
20» Eberhard von Rümlang war während der
Bemer Disputation einer der vier geschworaen
Schreiber gewesen; er wurde 1546 der Nachfolger
des Schulmeisters Joh. Heinrich Meyer, der drei
Jahre vorher von seiner Pfarre zu Bätterkinden zu
diesem Amte nach Bern berufen worden war. Der
damalige Stadtschreiber Peter Cyro machte zu der
Wahl die Bemerkung: cMeyerly von Baterchingen,
Lutheranus et Bucerinus compositus ex duobus
comiptis». (FL b. S., p. 190). Gewiss wäre auch
er mit Thomas Orynaeus als ein Anhänger Luthers
und Bucers gemassregelt worden, wenn er nicht
gerade zwei Tage nach der Orossratssitzung, in
welcher der Zellerhandel abgetan wurde, gestorben
wäre. I i
20» Abgedmckt in FL b. S., p. 206 und 207, aus
dem Eidbuch Nr. 3 im Staatsardiiv.
21 1 Fluri hat p. 185 und 186 aus dem T. Missb.
den Wortlaut des Schreibens mitgeteilt, welches die
bemische Regierung in dieser Angelegenheit an den
Ammeister und Rat der Stadt Strassburg richtete.
Am letzten Tag desselben Jahres schickten die Ber-
ner ein Dankschreiben an Sturm, den supremum
universitatis rectorem, für die Mühe, die er mit
den Bemer Studenten gehabt
21 » FL b. S., p. 195.
21 » Zu Anfang der Vierziger Jahre war Jakob
Storch, ein getaufter Jude, für das Hebräische
angestellt, aber schon 1546 wieder entlassen wor-
den. Auf ihn folgte Adrian Blauner, der bald nach-
her nach Büren versetzt wurde.
21 * Zu Anfang des Jahres 1548 hatte auch noch
Simon Sulzer als Opfer des Sakramentstreites wei-
chen müssen; zu seinem Nachfolger erkoren die
Bemer den Johannes Haller, der Prediger an der
evangelischen Kirche in Augsburg gewesen war,
aber diese Stadt das Jahr vorher hatte verlassen
müssen.
22 1 Auch aus dem Brief vom 6. Juli an Bul-
linger. FL b. S., p. 197 u. 198. Daselbst und p. 199,
Uebersetzung des lateinischen Textes in das Deut-
sche.
22» Siehe Haag, Mitteilungen der Gesellschaft
für deutsche Erziehungs- und Schulgeschidite, IX,
p. 306, Anmerk. 5.
22» FL b. S., p. 170 und 18a
22« Siehe oben p. 18.
22« FL b. S., p. 187.
22» Wie man nach den hochinteressanten Mit-
teilungen des Johannes Haller an BuUinger vom
27. Juni 1549 leicht berechnen kann; FL b. S., p. 205.
22» FL b. S., p. 187.
23^ Nach dem Ratsbeschluss vom 15. Februar
1529; vd. FL b. S., p. 166.
23» Das Wort für die Stiftung wurde bald auf
das einzelne Stipendium aus derselben übertragen.
23 » FL b. S., p. 186.
23* Zum erstenmal abgedmckt von Fluri, b. S.,
p. 207 ff., aus dem ersten Polizeybuch, FoL326l--331.
In den Anmerkungen dazu hat er auch eine Kopie
des Originals in Band 91, FoL 117 ff. des Konvent-
archivs herangezogen, in welcher Erläuterungen und
Zusätze sich finden, die er dem Schulmeister Christ
Amport zuschreibt
23» Die Untere Schule zählte, wie schon vorher
die alte Lateinschule, 5 Klassen. An ihr lehrten, wie
uns die Ordnung besagt, der Schulmeister, d. L der
Leiter der Anstalt, femer ein Provisor, drittens ein
Lektor und viertens ein Locat Die drei ersten
hatten eine bestimmte Besoldung, während der Lo-
cat «kein geordnet Stipendium» hatte; derselbe war
bezeichnender Weise je der grösste Stipen-
diat im Collegium zun Barfüssen, «welcher den
Schulherren gevallt»; für seine Bemühung wurde
er mit einer « Verehrung» aus demSchulherrenseckel
abgefunden. Vom Jahr 1535 an wurde die Besol-
dung der drei Lehrer der Untem Schule aus den
Gutem des Chorherrenstifts bestritten (FL b. S.,
p. 183). Bald nach dem Jahr 1548 wurde noch ein
243
fl(
QMllcniiigibtfi und EtttiiieflvficML
^
cwdtef Locat Angestellt und &itn erhietten beide
Locaten ein gewisses Stipendium aus dem Stilts-
vennögen. — Die Lefarpensa wurden von den Pri-
dikanten, Professoren und Lehrern der Untern Schule
(die also gleichsam den c Untern Schulrat» bildeten)
gemeinsam beraten; die Aufsicht über die Sdiule
war also geordnet: cAll Wudien soll einer us den
predikanten» der nit Wuchner ist, oder dem's die
andern anhenken, in die schul lugen, wie es zu-
gange, wie sich der schuhneyster und sine mit«
arbeiter ouch die schuler halten, einest oder mehr,
wie im mfiglich und fuglich ist»
23« FL b. S., p. 204w
241 VgL den oben p.23 zitierten Brief HaUers
an Bullinger vom 27. Juni 1S49.
24 > D. h. m keiner der beiden,
25 1 cDiewyl mit denselben» -~ heisst es in der
Ordnung, Abschnitt IV ^ «traf entlicher costen uf*
gangen, der kum ze tragen oder ouch zu erljrden.»
25* Unsere russischen Studenten müssen mit
einem bedeutend kleinem Wechsel auskommen. Aus
den Zusätzen zur oben erwähnten Kopie der Schul-
ohitiung ersehen wir, dass nicht lange Zeit nadiher
das Stipendium auf 50 und noch weiter auf 66'/i
Oulden erhöht wurde.
25 * Siehe FL b. S., p. 212, Anmerk. 2. In diesem
Jahre wurden Peter Schneebeiger und Christian
Ampori, denen wir später als Lehrern begegnen
werden, nach Marburg geschickt
25« Siehe auch FL b. S., p.211, Anmerk. 4.
27 1 Siehe oben p. 23.
27* VgL über B. Marti und seine wissenschaft-
lidien Leistungen die ausführliche Biographie von
Albert Haller, das Neujahrsblatt des Histori-
schen Vereins des Kantons Bern für 1902 bildend.
Femer Oraf, Geschichte der Mathematik und der
Naturwissenschaft in bemischen Landen. Heft I.
Ueber Müsli B. T. 1860, p. 1 ff. ; S. B. B. II, p.491 ff.
27* FL b. S., p. 204, wo das ganze Schreiben ab-
gedruckt ist
27 A Vielleicht alle diejenigen, die er in seinem
kteinisdien Ludan, jetzt O. 57 m unserer Stadt-
bibliothek, mit Marginalien versehen hat
28 1 Die Theorie von des Himmels Lauf und Be-
wegung, im Reformationsjahrhundert an manchen
Schulen gelesen*
28* Siehe oben p. 27.
28* Siehe oben p. 27. In dem erwähnten Brief
Hallers an Bullinger heisst es: Interim quoque sin-
gulis diebus Martis fiunt omnibus nobis praesenti-
bus dedamationes Oennanicae, Sabbativis Latinae.
Die Prädikanten wohnten also diesen Uebungen beL
28* Siehe zu 27* und «Alpenrosen» (Beflage
zum Intelligenzblatt der Stadt Bern), Jahigaag 1875^
Nr. 9, wo Professor Hagen auch die Uebersetzung
des lateinischen Textes gegeben hat
291 Haller a. O. p. 14.
29* Schon 1531 war das Stiidc von Studenten
und Bürgern in Züridi im Lesezimmer der Chor-
herren vom Orossmünster aufgeführt worden; siehe
O.Rückert «U.Zwhiglis Ideen zur Erziehung und
Bildung» in Muthesius' Beiträgen zur Lehreibil-
dung, Heft 17, p. 66.
29* R. M. 329, p. 384 und Hallers Chronik
(2. Sept 1554).
29« R. M. 270, p. 15a
29« R. M. 311, p. Z
30^ Da über den Inhalt des Stikkcs hn R.M.
weiter nichts gesagt wird, gelang uns die Bestim-
mung desselben nicht
30* R. M. 359, p. 46.
30* P. B. III, p. 300 und 301.
30« 1600 wurde für die beklen Untern Schulen
zu Bern und zu Lausanne vom Täglichen Rat eine
gemeinsame Ordnung herausgegeben, die Conför^
matio scholarum trivialium in ditione Bern., die uns
über die Einrichtung dieser Schulen viel besser
orientiert, als die Ordnung von 1548. Die alte Ein*
teilung in fünf Kkssen wurde noch beibehalten,
aber die unterste derselben zerfiel hi drei Orade
oder Ordnungen, von denen jede einen eigenen Pro-
visor hatte, so dass faktisch die Anstalt bereits acht
KUssen zählte, wie m allen folgenden Zdten. In
der obersten beginnt das Hebräisdie mit den Ru-
dunenta grammatices und dem Psalterium hebrai-
cum, in der zweitobersten das Griechische. Die
ganze übrige Zdt ist ausser den Katecfaismusstun-
den dem Lateinischen gewidmet; das Unterrichts-
ziel: cdass die disdpuli ziemlich congme reden und
schryben könnmd». Die Lektüre beschränkt sich auf
die Briefe und einige philosophische Sdiriften Ci-
oeros und den VirgiL In der obersten Klasse wird
dem Professor artium bereits voigearbeitet durch
die Behandlung der Rhetorica Talaei, sowdt die
Tropen und Figuren in Betracht kommen und durch
die Besprechung der Elemente der Logik.
31 ^ Er hatte berdts m Oenf Voriesungen gehal-
ten ; die Genfer aber und der Kurfürst von der Pfalz,
dem er verpflichtet war, traten den Gelehrten frd-
wülig den «von den Jesuiten umgebenen» Bemem
ab. -> Welsch Missivenbuch I, p. 188^ 189.
31 * Siehe oben p. 28.
31* Auch Hübner, Hybner geschrieben.
32^ Allbekannt als Abgeordneter der Bemer auf
der Synode zu Dortredit
32* Oben p. 23.
#1
Qttdhiiiiicibtii und Eriinlfinillgeit
»
32« P. B. II» p. 126, a und bu
32 A O. B., p. 1% die Rändbctneriniag.
32« R. M. 435, p. 24a
32« Fl b. S., p. 201
32* Oben p. 24.
33^ In dem noch zu besprechenden Eriass des
Täglichen Rates votti Jahr 1610 gegen diejenigen
Studiosen, die sidi in das Kloster nicht begeben
wollten» heisst es ausdrüddich» das Gebäude sei
allein aus diesem Grunde au^riditet worden.
33 s Siehe oben p. 24.
33» R. M. 402, p. 422.
33« Scfa. G. U. B., p. ll(k ^ Delidae, p. 373.
33« R. M. ^ p. 20.
33« Zehender gibt in seiner Kirchengeschiditt
den a Juli 1582 an; 1582 ist Verschreibung für
1581 (wie solche Verschreibungen in seinem Werk
des öftem vorkommen), denn seine Quelle für diese
Angabe ist offenbar ein in dem ihm wohl bekannten
Band VIII des KonventatthIvs eingeheftetes Folio-
blatt, Nr. 187, auf weldiem auf der einen Seite
ftteht: «Curiosa. Lettner in der grossen Kirch, erster
Gesang daselbst — » der Obern Schul Inauguration
_ EtÜiche alte Pfarrer benamset » Auf der andern
lu Punkt 2: «1581. d. 8. Julij sind die Schuler Kna-
ben mit den Studiosis auss der grossen Kirchen in
der procession die Herrengassen auf in die nefiwe
Schul gezogen zum ersten mahl, und im gehen ha-
ben sie gesungen den 114. psalm da Israel auss
Egipten zog etc und ist auch darzu die posaun
geblasen worden. In der Schul aber sindt sie von
Mnghh. den Rähten und Schulherren empfangen
worden, da auch H. Decan Fädminger Mnghh. ge*
dancket umb den neuwen Bauw, und auch in na*
men der Knaben einen neuwen Fleiss ins kfinfftig zu
erweisen versprochen, woraufhin Ihr Gnd. Schulth.
von Mfillinen in namen Mrghh. alle gutwilligkelt
gegen einer gantzen Schuel versicheret, wie auch
darby Ihrer pflicht vermahnt, damit Mnghh. den
grossen Costen nicht vergebens angewendt habindji
Schrift, Orthographie und Sprache dieser Mittel*
lung sprechen deutlich dafür, dass sie zur Zeit der
Einweihung oder doch bald nachher geschrieben
worden ist Wir nehmen also den 8. Juli 1581
(nicht 3en 8. Juni, wie es auch in den delidae
heisst) als Einweihungstag der Neuen Schule an.
Wenn in dem Verzeichnis der Legate an den Schul-
seckel (C. A., Bd. X, p. 75) es heisst: «Frauw Foi^
tunata Mardn bat im 1577 Jar den Studenten im
paedagogio vergäbet an Haup^t 1000 Pfd.», so
heisst dies nach unserer Auffassung: cden Studen*
ten, für die in der Neuen Schule weitere Wohnun*
gen eingerichtet werden».
33* Nach den von Herrn Fluri mir gefälligst
übergtbenen Notizen.
33« P. a II, p. 198.
34^ P. B. I, p. IQOff.
34 > Zehender, Kirchengesch. II, p. 131. Der un
Namen des Synodus antwortende Dekan Johannes
Fädminger konnte den erhobenen Vorwurf nicht in
Abrede stellen, enigegnete aber dem Schultheissen
mit grossem Freimut, dass es mit der Sittenreinheit
unter dem politischen und regierenden Stande auch
nicht weit her sei
34« Oben p. 26.
34* Zehender a. O. Auch die Gemeinden be*
klagten sich über diese ungeschickten und unglehr^
ten Prädikanten; offenbar auf solche Klagen hin
hatte der TägUche Rat sdion im Jahr 1553 (R. M.
325, p.42) beschlossen, diejenigen Studenten, wel*
che sich unerlaubt verheiratet hätten, nicht mehr
zu begnadigen, sondern an die Schulherren abzu*
weisen und diese darin nach ihrem Gutdünken han*
defai zu lassen. Offenbar geriet dieser Beschluss
bald wieder hi Vergessenheit Uebrigens gaben den
Gemeinden diejenigen nicht weniger Anstoss, wel-
che sofort, nachdem sie einen Dienst erlangt hatten,
«unbedacht» in den Ehestand sich begaben und
mit ihren putzsüchtigen Weibern einen vornehmen
Hausstand führten und sich deshalb bald in Schul-
den stürzten; auch diesen verlas der Schultheiss
Mülinen an dem erwähnten Synodus den Text nicht
übeL
35^ Fl. b. S., p. 211, Anmerk.4. Herr Fluri fand
sie in unserm Konventsarchiv, in emem Band (X)
mit miscellanea academico-sdiolastica.
35* Es mögen zwei Blätter sehi.
35* Es ist freilich wunderbar genug, dass diese
nachträglichen Zusätze, resp. Aenderungen, mitten
drin im Text stehen; eine plausible Erklärung wird
schweriich dafür gefunden werden können.
35* Vor dem September 1590, weil es in dem-
selben heisst (Kap. II, § 1): «erstlich werdend von
einer hohen Oberkeit im Collegio erhalten 20 stf*
pendiaten, denen ist der Professor theologiae als
ein Leiter undOeconomus oder Schaffner fürgsetzt».
Im September 1590 wechselte die Präpositur auf
dem Kloster und ging aus den Händen des Theolo*
gus in die des Philosophus über; eine Randbemer*
kung zu dem zitierten Satz sagt: «jetz Philoso*
phiae».
35« R. M. 421, p. 373, und 422, p. 85, den 26.
Juni und 11. September.
35* Fluri hat a. O., p. 212, die weitere Vermu*
tung ausgesprochen, dass die der Revision zu Grunde
liegende Ordnungi die also zwisdicn 1582 und
Qoellciuuigabeii und Eittitteniiigeii«
m
1590 verfasst worden sein muss» identisch sei mit
der Ordnung, weldie Haller in seiner Bibliothek
der Seh. O. II, Nr.121y zitiert, vom Jahr 1585, von
der aber sonst niigends etwas erwähnt wird.
36^ Es ist das fünfte Kapitel der Ordnung, das
den Titel hat: cLeges communes. Omeine satzun*
gen die Studenten im Closter und uff dem Paeda-
gogio sampt den Obristen Schuleren betreffende.
Mit angehenckter Straff der Uebertretteren. » Es
sind zwar zum grössten Teil die sogenannten leges
domesticae, darunter aber auch Bestimmungen, die
nicht allein die Alumnen im Kloster und auf dem
Pädagogium berühren, sondern auch diejenigen Stu-
denten, die ausserhalb dieser Anstalten wohnten
(unter diesen haben wir doch offenbar die f Obri-
sten Schuleren» zu verstehen), daher jedenfalls die
Bezeichnung l^es communes.
36* Ueber d^m u ist im Original ein kleiner
Kreis angebracht, das unser Setzer mit seinen Ma-
trizen nicht geben konnte. Die allemannischen und
germanistisch gebildeten Leser werden im Folgen-
den die Wörter, in denen der betreffende Diphthong
ebenfalls vorkommt, von selbst richtig lesen. Uebri-
gens ist der Schreiber der Ordnung in der Bezeich-
nung desselben gar nicht konsequent
37^ § 27 ist durchgestrichen.
38^ D. h. wenn an der Kreuzgasse ein Todes-
urteil verkündet wird.
39^ Dieser Zusatz ist von späterer Hand hinzu-
gefügt
39* Nach der Ordnung, wie sie im O. B. I ein-
geschrieben ist
39 * Auch in der Stadt gab es dazu Gelegenheit,
freilich erst das folgende Jahrhundert Als die lang
beschlossne Kirche zum heiligen Oeist wieder er-
öffnet wurde, übergab man die Besorgung des
Gottesdienstes zwei Kandidaten im Kloster. Die
Gemeinde war aber mit ihren Leistungen nicht
zufrieden und nach einem ausführlichen Gutachten
des Konventes in dieser Angelegenheit (vgl Zehen-
der II, p. 246 ff.) wurde die Seelsorge einem ein-
zigen Diener Gottes und zwar einem Professor
anvertraut; siehe oben p.32. Als aber anno 1632
die Professoren von der Bedienung der Kanzeln
entbunden worden waren, wurde die Seelsorge in
der Heiliggeistkirche wiederum zweien Kollegianem
übergeben bis zum Jahr 1721, da für diese Stelle
ein ordentlicher Pfarrer und ein Helfer verordnet
wurden. Wenn sie nicht zum Predigtdienst verwen-
det wurden, so hatten sie den Vorlesungen und Ueb-
ungen beizuwohnen wie ihre jungem Kollegen, und
sie waren verpflichtet, alle Monate einmal die helve-
tische Konfession zu verteidigen, während diejeni-
gen, welche die Handaufl^fung nodi nidit erhalten
hatten, der Reihe nach jeden Monat eine Deklama-
tion cvon nutzlichen Sachen» oder eine philosophi-
sche Deklamation halten mussten. Die Deklama-
tionen, wie auch die Disputationen fanden jetzt am
Samstag statt
40^ Siehe über die vierte Professur oben p.30.
40* Diese Erklärung entnehmen wir der Schul-
ordnung von 1616.
40* Leider beschnitt die neue Schulordnung be-
reits die Lehrfreiheit der ProfessoreiL «Es soll
kein Professor Owalt haben — sagt sie — einigen
nüwen Autoren mzefueren ohne der Herren Prädi-
kanten und Professorum VerwUligung und Mit-
stimmen.» Mit dieser beklagenswerten Bestimmung
wurde dem freudigen Schaffen der Dozenten, das,
wie wir gesehen, sich so fruchtbar entwtdcelt hatte,
der erste Stoss versetzt
40« Oben p. 33.
42 i P. B. III, p. 221 ff.
42* Siehe die Ordnung von 1591, p. 41.
43 1 Schreiben des Täglichen Rates vom 6. Juni
1607 an die Scholarchen und Gelehrten, C A., Bd. V,
p. 96.
441 p. B. III, p.441 u. 442, und Einleitung zu
der Sdiulordnung.
44* Offenbar war audi das Dekret vom Jahr
1610 ohne tiefere Wirkung geblieben. Wegen des
Unfleisses der Studenten in den lectioni-
bus und argumentationibus wurde 1613 laute Klage
geführt, so dass beschlossen wurde, jeden Monat
einmal, in censura menstrua, die Fleissigen zu pro-
movieren und die Hinlässigen zu removieren «und
dass es by sollcher der Herren Professores pro-
motion oder remotion gültig und krefftig verbliben
söHe». Auf der Schul und im Kloster war
das Lateinreden in Abgang gekommen,
so dass in beiden Häusern der asinus eingefiUui
wurde, wie an der Untern Schule. cAber — so
sagt der Schreiber des Konventes (C. A., Bd. V,
p.l37) — dise puncten hatten wenig nach-
folg.»
44* Später un Kloster an Zeenders Stelle wir-
kend.
45 1 Siehe den Schluss des Grossratszettels an
die Venner.
45* Sie wurde gedruckt, doch sind die Exem-
plare ganz selten geworden. Eingeschrieben ist sie
O. B. I, p. 29 ff. Herr Seminarlehrer Fluri war so
freundlich, mir sein gedrucktes Exemplar zu über-
lassen; nach demselben ist die Orthographie der
zitierten Stellen gegeben.
45* D. i. den beiden Räten.
246
«
Qudlenangaben und Eriäutenuigeii.
»
46^ Die Provisoren der untern vier Klassen er-
nennt er ohne FQrtrag an die Obrigkeit
46* Offenbar der Scholardia primarius, der Prä-
sident des Obern Schulrats.
47^ Die Schüler der untern Klassen der Untern
Schule werden vom Sdiulmeister und seinen Mit-
arbeitern befördert
47' Bis 1623 wurde sie noch im audttorium aesti-
vum abgehalten. C A., Bd.V, p. 164.
48 1 Irrtümlich steht diese Bestimmung in der
Ordnung von 1616 unter den Kompetenzen des
Untern Schulrats.
48* Also nach den Bestimmungen der frühem
Edikte der Benefizien, die der Staat ihm bis da-
hin hatte zukommen lassen, priviert sein.
48* Die Bestimmungen von 1591 für den Ur-
laub, vd. oben p. 40, bleiben dieselben.
49 ^ Siehe oben p. 4Z
49* Siehe oben p. 42.
49* Dem Rektor fiel also in Bern die «Hand-
habung der parlamentarischen Disdplin» (E. Hom,
« Die Disputationen und Promotionen an den deut-
schen Universitäten»; Beihefte zum Zentralblatt für
Bibliothekwesen, IV, 11, p.49) nicht zu, sondern
dem Präses der Disputation, da jener nicht allen
Disputationen beizuwohnen verpflichtet war.
49« Hom a. O., p. 5Z
50^ Die Zahl 20 muss einen vermuten lassen,
dass die Studiosi theologiae die Alumnen im Klo-
ster sind, womit man die Absicht, die man schon
beim Bau der Schul hegte, endlich erreicht hätte,
dass die Theologiestudierenden wenigstens in den
letzten Jahren ihrer Vorbereitung zum Kirchendienst
im Kloster «eingesperrt» dem bösen Weltgeist ent-
rückt worden wären. Leider gibt uns die Schulord-
nung über diesen Ptmkt keinen nahem Aufsdiluss.
Natürlich konnte die Bestimmung, dass der Theo-
loganten nur 20 sein sollten, nicht lange aufrecht
erhalten bleiben; bei der immer steigenden Fre-
quenz der Anstalt musste sie fallen gelassen werden
und so finden wir sie denn schon in der Ordnung
von 1676 nicht mehr.
50* Siehe oben p. 44.
51 ^ Die mir vorliegende Ausgabe von 1590 hat
den Titel : armilla aurea, id est theologiae des-
criptio mirandam seriem causarum et salutis et dam-
nationis juxta verbum Dei proponens. Die Stu-
diosen, die dieses Machwerk zu memorieren hatten,
waren nicht zu beneiden.
52 1 Wie nach der Conformatio scholamm tri-
vialium in ditione Bem., so wird auch nach der
Ordnung von 1616 das Hebräische in der obersten
Klasse der Untem Schule begonnen und daselbst
die Grammatica Petri Martinij durdigenommen und
am Psalter appliziert Wir müssen wohl voraus-
setzen, dass die Studiosi philosophiae, die in die
Theologie überzutreten gesonnen waren, nicht drei
Jahre lang das Studium des Hebräischen, nachdem
sie es kaum begonnen, auszusetzen hatten, sondem
ebenfalls zu den Uebungen des Prof. hebraicus
herangezogen wurden.
Der griechische Unterricht beginnt jetzt schon
in der drittobersten Klasse und die Schüler sollen
so weit gefördert werden, dass sie die vier Evan-
gelisten leidenlich interpretieren und grammatice
resolvieren lemen.
Die Rhetorica Talaei muss bereits in der zweit-
obersten und die Dialectica Rami vollkommenlich
mit allen Exemplis in der obersten Klasse auswen-
dig gelemt werden. Hier werden auch schon alle
Monate kurze Deklamationen gehalten, methodice
nach der Ordnung argumentorum inventionis dia-
lecticae disponiert « Diese Dedamationen sollen
zwar allein von einem rentiert, aber doch von einem
jeden insonderheit auch componiert und suber ab-
geschrieben werden, also dass sie ein jeder bey
Händen habe, und, wo von nöthen, dem Praecep-
tori aufweysen, und, wo er das artifidi grammatid,
rtietorid und logici halber befragt wird, sein judi-
dum und UrtheU geben kann.»
Die Einteilung der Schule in fünf Klassen ist der-
jenigen in acht gewichen. Vom Eintritt in dieselbe
wird niemand ausgeschlossen: «es sollen von den
Praeceptoribus, ohne Ansehen der Person, allerley
Jugend, niemand ausgeschlossen, zu Disciplen an-
genommen und zu dem studieren veranlasset wer-
den». — In den untem zwei Klassen wird neben
dem Religionsunterricht, der sich in allen acht Klas-
sen um den Heidelbergischen Katechismus dreht,
das Lesen und Schreiben gelehrt, von der dritten
Klasse an bildet das Lateinische den Mittelpunkt
und die Hauptsache des Unterrichtes. Die Exerd-
tatio in analysi wird aus den Briefen und Reden
Ciceros, dem Caesar, Veigil und Ovid genommen.
Von der fünften Klasse an wird nur noch Latein ge-
sprochen. «Endlich, so sollen die disdpuU dieser
und nachgehenden Classen allein Latin reden, und
soll derwegen der asinus anfänglich hie ange-
steh werden. Derhalben sollen die Praeceptores
ein jeder in seiner Class täglich hora audita nadi-
fragens haben und denen so den Esel einmal ge-
habt, ein tolle, der ihn zweimal, zwey, und also
fortan, dem letsten aber, ein Eyfer zu erwecken,
alle mahl 2 tolle werden lassen. Wer aber den
Esel übemacht bhalten wird, sol etwas ausswendjg
lehraen, oder vertieren, oder componieren oder
QneHtnangabtn md EittnteraiigMi,
51
•oast etwas nutiUdis lu thua gehalten wcrdtn.»
53^ Die leges conununcs der Ordnimg von 1501
finden sich, freilich mit dieser und jener Aende-
rung im Sinne grösserer Humanitit, teils in dieser
disdplina domestica, teils in den bereits mitgeteil-
ten Bestimmungen der Strafen, welche nua in die
Kompetenz des Obern und Untern Schulrates ge*
legt waren.
53* D. h. von einer Settatssitzung der Studenten
bis zur andemlchsten.
54^ Die Piscatorbibel war also im Kloster viel
früher eingeführt, als man sich bis anhin gedacht
hat, da ja die offizielle Einführung derselben in die
Kirche erst den 19. Januar 1681 erfolgte (Bldsch,
Geschichte der Schweiz, reform. Kirchen I, p.496
Steck, die Piscatorbibel 1806). Der berühmte Theo*
löge war also in unserer Stadt bereits hinlänglich
bekannt wie ihr Ph. A. Piscator 1627 einen Besuch
madite, um im Namen des Grafen Friedrichs von
Nassau «w^en der Brunst von 106 Häusern, einer
Kildien und dem Rathaus eine Steuer zu begehren».
(CA«, Bd.V, p.273). Gewiss wurde der Fremde
ehrenvoll empfangen und herzlich aufgenommen.
Unsere Quelle sagt uns auch, dass er vom Konvent
gastiert wwde, und dass der Tägliche Rat ihm eine
Liebesgabe von 60 Dukaten mitgab.
54> D. h. bei Bluturteilen.
55^ «Nachdem Emanuel Zeenderus in vergang-
nen Jahren in der Küchen und dem Regiment vil
Unruhen erweckt und endlich der Unwillen auf ihn
fiel, und der Küchendienst zu Büren ledig stund,
ward so vil gehandlet, dass er zu End des 1618,
Jaares 10. December zum Prädikanten dahin be«
stätigt waid.» (C. A., Bd.V, p.107.)
55> Erhalten in K, Ol, p. 146ff. tan C A.
57^ Aus der Darstellung im Ratsmanual (34,
p. 78 ff. ^ O. B., p. 03 ff.) könnte man den Schluss
ziehen, dass die Parteien zu gleicher Zeit ihre Sache
vor dem Tribunal des Täglichen Rates geführt und
einander mit Komplimenten bedacht hätten. Dass
dem nicht so war, belehrt uns eine Eintragung im
Konventsarchiv, Bd.V, p. 160 ff., in weldier gesagt
ist; dass in der Sitzung vom 11. September erst die
Herren Professoren, Tags darauf aber die Ministri
gehört worden seien.
57> O. B. 1, p. 08 und OOl
57« E. I., p. 100 und 101.
57* C. A., Bd. V, p. 160 ff.
501 C. A., Bd.V, p. 201.
50» XVIII, Nr. 28.
50« C. A., Bd.V, p.301.
50« U. P. XVIII, Nr. 3Z C A. V, p. 307.
50« Diese Verteihing ist freüich in dem l>etref*
fendcn Aktenstück nicht angegeben^ da aber der
Prof.graeeus nach der Ordnung von 1616 jaden
Monat ein Exerdtium stUi ui latefaüscher Sfmche
anzustellen hatte, und den Vertreter der PhüosopUa
die Pflege der Dedamatio Überbunden war» so ist
sie als sidier anzundunen.
60^ Im C A., Bd. V, p. 306, lesen wir: €1635,
den 24. Juni — also ein hattses Jahr nachher — ist
endlich H. Henzi nach lang währender AHersbiödifr
keit durch die Wassersucht seiner Schmerzen und
des miUiseligen Lebens eximiert worden. Schon
lange versah er die Profession nit nach notdurft»
60« P. B. V, p. 338.
60« Siehe oben p. 32:
60* Man unterschied also bereits nicht mdir
zwischen den beiden Theolegieprofessoren novi et
veteris testamenti, sondern nach alter ä4anier zwi-
schen dem Theologus und dem hebräischen Pro-
fessor (so audi in der Ordnung von 1676); jener ist
der erste unter den vier Professoren, der hebraicus
ist dem graecus und dem philosophus an Rang
und Oehah gleichgestellt So spridrt das Dekret
vom lOi März 1640 von dem Herrn Theologus einer«
seits und den dreien Herren Professoren anderer*
seits.
60« P. & IV, p. 430.
6n Der Titel der betreffenden Aufzeichnung
heisst cVerzeichnuss der Stipendien und besoldung
der hernach verzeichneten Schukiiener allhie, sampt
und sonders»; aber leider folgt nur diejenige des
Prof. Maser, der un Jahr 1636 Herr im Kloster war.
61 « U. P. XVIII, Nr. 57. Das Jahr ist nicht an«
gegeben.
61 « D. h. stärken.
61 « Das übrfge Brot erhielten die 16 aus dem
Musshafen.
61 « Ueber die Bedeutung dieser Ausdrikke sidie
unten "Slie Musshafenordnung von 1643.
61« C. A., Bd. IV, p. 506.
61 V Oben p. 6a
61« C. A., Bdiq, Sifick 75.
62 1 Siehe oben p. 23.
62« C A., Bd. VIII, p. 473.
62« Des weitem besümmte das Testament «in
s<Mlicher erkiesung (nämlich der SchiUer) allwegen
die gelehrten und bessern ingenia, die gehorsam»
men und unter denselben der mit todt abgangenen
oder sonst guths halber nnvermöglidien Predi-
kanten und Schulmeisters (zu Statt und Land) S6hne
und under denen allen die von Thun (ohngeadi^ wie
viel derselben zuvor m dieser zahl begriffen) s6l-
lend den Vorzug haben, inmassen dass, so oft sich
ein enderung oder Promotion zutrcgt, ein Sduil*
aig
Ift
Qudleiuuigiben und Erliuterangen.
Ib
meltter von Thun soll angesprochen und sein Schul
ersucht werden, ob da etliche zu diesem Stipendio
tugenUch und lustig seyn möchten, in welchem fahl
selbige vor allen andern aus sollend zugelassen und
angenommen werden».
62 * Ich entnehme dasselbe dem Musshafenmu-
sterungsbuch 2 (die Musterungen von 1716—1758
entiialtend), p. 1. Es ist aber sicherlich nicht erst
im Jahr 1716 festgesetzt worden, sondern muss altes
Herkommen sein.
62 ft Vom Jahr 1745 an erhielten die Professoren
und Präceptoren je zwei Oulden; sie waren wohl
bei der «Musterung» immer vollzählig anwesend!
62« U. P. XVIIl, Nr. 48.
63^ P. B. V, FoL600ff.
63* Der einfache Musshafen bestehend in einer
Kellen mit Muss und einem einpfündigen Brot Die
Pädagogianer-Mfitschen waren also die grössten
und schwersten. Die Zahl 15 der Cxteri wurde in
der Folgezeit nicht mehr inne gehalten; 1716 z. B.
stieg sie auf 35, 1758 auf 55 an.
63 * Den doppelten Musshafen erhielten die sechs
Provisoren und die beiden Lehrmeister der Untern
Schul, ebenso je 10 Schüler der beiden obersten
Klassen, der achten und der siebenten; den ein-
fachen je 10 Schüler der 6., 5., 4. und 3. Klasse.
60 Schüler also, 31 Studenten und 8 Leh-
rer, zusammen 99 Personen erhielten
tagtäglich den Musshafen und so bedeu-
tete denn diese Subsidiäranstalt auch nach der Re-
form des Jahres 1643 keine kleine Wohltat zu Gun-
sten des Schul- und Kirchendienstes.
641 p. B. VI, p.4b ff.
64« P. B. V, p. 235.
651 C. A., Bd. 5, p. 300.
661 R. M. 88, p. 107.
66* Wir entnehmen diese Episode der bemi-
schen Schulgeschichte der ausführiidien Eingabe
der Exteri an die Geistlichen vom 4. August 1653
in K. 91, p. 175 ff. des C. A., neben der Eingabe der
Kollegianten von demselben Jahr das interessan-
teste Aktenstück des 17. Jahrhunderts.
671 Schon zehn Jahre vorher wird ja, wie wir
gesehen, von seinem schweren und nunmehr fibel-
mögenden Alter gesprochen.
67 > Die Geldkalamitäten zu Ende des 30jährigen
Krieges sind bekannt
681 In einem prächtigen Gedicht, das wir hier
mitteilen und das uns beweist, dass es unter den
Kollegianem doch auch tüchtige Lateiner gab, be-
singt bald nachher Joh. Heinrich Ringier,
den wir im folgenden Jahrhundert als Professor
kennen lernen werden, das armselige und trostlose
IQosterleben, wobei er audi von den Exdusionen
spricht
Confutatio ödes XXIX
libr. I. Carm. Hör.
Flacce, non mirum, studiis relictis
Icdum fuhnen coluisse Martis,
Bellaque ac pugnas agitasse dira%
Castra sequendo.
Castra sectantes cumulare magnas
Assolent gazas Arabum potentum:
Qui oolunt Musas miseri jacebunt
Tempore cundo;
Pauperes nee non inopes bonorum
Semper existunt, sine honore: contra,
Casta qui Mariis sequitur ferocts,
Fertur in altum.
Si roges me, cur hodie remittant
Nundum multi studiis? Referrem
Haec tibi pauds: quia dura debent
Plurima ferre:
Saepe mulctantur graviter pecuniä
Ob leves causas, nihili putsntur;
Atque permultum gladale frigus
Corripit ipsos.
Seu pluat, seu nix cadat ex aquosis
Nubibus, grando quatiat gelata
Saxa cum silvis, glades secetque
Aspera plantas:
Attamen sacris veniente luce
Jugiter debent properare templis;
Ordines visunt hypocaustaqne intrant
vix calefada.
Multa componunt, vacuum nee ullum
Tempus est ipsis; faciunt ni cuncta,
Saepe carpuntur, rigkUque multl
Affiduntur:
Quam nisi solvunt subito, premuntur
Faenore immani: numerum statutum
Saepe si excedunt, removentur. Eigo
Flacce, sfleto.
Joh. Hdnr. Ringierus fadebat
68* Dass die Studenten während der Behigerung
Berns durch die Sdiaren Leuenbetgers Kriegsdienste
taten, wird auch von den Historikern berührt Wenn
aber TiUier IV, p. 181 erzählt, dass die rebellischen
Bauern am 28. Mai euien Angriff auf die Neubrficke
gemadit, aber beim blossen Anrücken der bewaff-
neten Studenten, die weisse Hemden über ihre Klei-
der angezogen hätten und beim Mondschein von
ihnen für gehamischte Männer gehalten worden wä-
ren, erschreckt alle Reissaus genommen, so mödite
249
^
Qiidleiiiiigabeii imd EittnlemiigeiL
nadi dem miigeteflten Dokument diese Episode
doch in das Gebiet der Legenden zu verweisen sein.
Wenn die Exteri in dieser Weise das Vaterland ge-
rettet hatten, so würden sie sich jedenfalls in ihrer
Eingabe auf ihre Heldentat berufen und nicht wenig
darauf gepocht haben; die Darstellung ihres Kriegs-
dienstes ist aber derart, dass mau vielmehr aus ihr
sdiliessen muss, sie seien mit den Revolutionären
gar nie zusammengestossen. Auch hatte, von an-
dern Bedenken abgesehen, ihre kleine Zahl — die
Alumnen mussten ja im Kloster bleiben — wohl
kaum genügt, um den handfesten Bauern den ge-
wollten Schrecken einzujagen. Die Legende wird
aus dem Spott zu erklaren sein, den die ergrauten
Krieger mit den i^ilchbärten trieben, von denen
ein Teil kaum das 16. Alters jähr hinter sich hatte.
68* Sie kam in den Besitz Schärers, des Ver-
fassers der bemischen Schulgeschichte und findet
sidi in dessen schriftlidiem Nachlass auf der hie-
sigen Stadtbibliotfaek.
68^ Es ist wohl möglich, dass diese Eingabe mit
den eben besprochenen Verhältnissen zusammen»
hängt Wir wissen nicht, wie der Streit zwischen
den Kollegianten und den Exteri geschlichtet wurde,
dürfen aber annehmen, dass es zu Gunsten der ge-
wesenen Krieger geschah und das mag der Grund
gewesen sein, dass nun die Alumnen im Kloster
dieselbe Freiheit sich erringen wollten, welche ihre
Gegner genossen.
70^ Nadi diesem Wort hiess es ursprünglich im
Text: «durch färlessigkeit und Ungeschicklichkeit
der Diensten sehr schlechtlich und übel zugerüstet
und », doch dieser Satz wurde dann gestrichen ; man
kann sich denken, weshalb!
75* P. B. VI, Fol 287, b.
75« P. B. VI, FoL 305. b.
76^ Dodi wohl Studiosi philosophiae, die sich
der Staatscarriere widmen wollten. In diesem Sinn
wird später Politicus ganz allgemein gebraudit
Siehe C A., Bd. V, p. 571.
76 > Oben p. 64.
76« P. B. IV, p. L
76« R. M. vom 9. Juni 1654.
77^ Ueber den Umbau des Klosters, der den
23. August 1679 beschlossen wurde, erfahren wh-
einzig Folgendes und zwar aus dem Vennermanual
30, p. 134 und 135: «Zedel an Mnhh. Bauwherren
Jenner. Auff Herrn Professoris Hentzis bescfaehe-
nes Anbringen, welchermassen seine Wohnung in
dem Kloster, sowol an Haubt- als allen eingebäu-
wen also schlecht beschaffen, faul und verderbt
seye, dass er mit grösster seiner und der seinigen
Ungelegenheit und gefahr, im fahl nit Vorsehung
j»
geäian werde, dorten wohnen müsse, haben Mhgfa.
Teütsch Seckehneister und Vennere sich erinnert,
dass sdion vor dtsem mehrmalen von der sdilecii-
ten beschaffenheit dises orfhs geredt und die re-
paration desselben nothwetidig funden worden, und
haben derowegen euch Mnhh. Bauwherren freund-
lich ersuchen wollen, weUen einfaltige reparationen
hier nicht hafften mögen, sondern von nefiwem auff
ein gebäüw gemacht werden muss, die erforder-
liche Anstalt zu thun, dass von nun an die nöthigen
i^aterialien an Stein und anderem herbey gesdiaffet,
das hohz, sovU dessen vonnötfaen, zu rechter Zeit
gefeilt und gearbeitet weide, damit alsdann zu
seiner Zeit diss orths mit dem gebäüw nach dem
gut findenden Project und Riss, dermahlen eins
der Anfang gemadit werden könne».
77« P. B. VI», p. 679.
77« Wir wählen dieses Jahr, weil in den uns
erhaltenen Schulseckelredmungen (von 1676 an)
erst von 1684 die Ordinari-Ausgaben spezifiziert
sind.
78^ Der Schulseckel gab seit 1585 den Akade-
mikern halbjähriich 12 Pistoletkronen. Den IZ Juni
1626 wurde beschlossen, denselben ebensoviele Du-
katen auszurichten «in betrachtung, dass die tfaü-
rung allenüialben zugenommen, ouch die pistolet-
kronen in teutsdiland gar unbekant und ungängig
sind».
78« So hatte anno 1670 der Stiftschaffner für
Kleidungen 3005 Pfd. und für 260 Paar Schuhe
(ä 2 Pfd.) 520 Pfd. ausgegeben.
78« Siehe Tobler in B. T. 1889/90, p. 174 ff.
79^ Der Sohn eines armen Bändner Geistiichen,
den die Bemer aufnahmen und in ihren Schulen
aufzogen, wo er ein feiner Lateiner und grosser
Dichter vo«* dem Herrn wurde, dann zum Lehrer
vorrückte und schliesslich von 1653^-.1684, da er
starb, die Untere Schule leitete.
79« Vgl oben p. 67.
79« B. T. 1857, p. IZ
79« Seh. R. M. II, p. 7.
80^ Seh. R. M., p. II, p. 126. a.
80« Seh. R. M. IV, p. 151
80» Seh. R. M. VI, p. 37.
81 ^ R. M. 59, p. 35.
81« R. M. 88, p. 11, 107, 128.
81 « R. M. 61, p. 246.
81 A p. 303.
81 « R. M. 137, p. 189.
821 V. M. 21, p. 40 und 41.
82« P. B. VII, p. 676.
82« Seh. R. M. I, p. 22b und 32a.
250
IK
QneDeiuuigabeii und Eriittterangen,
83^ Nicht Unreinlichkeiien, wie der Ver-
fasser des Aufsatzes «Bemerkungen Ober die Er-
ziehungs-Anstalten zu Bern in verschiedenen Jahr-
hunderten» (Schweiz. Museum, 3. Jahrg., p. 373 ff.),
Viktor von Bonstetten, gelesen hat
83* O. B. I, p. 132.
83» E. 1., p. 133.
83« R. M. 175, p. 359.
83« Seh. R. M. I, p. 17, b. x
84 1 Vgl. meine Mhandlung in Erbe's Süddeut-
schen Blättern, IV. Jahrg., Hefte 11 und IZ
85^ Früher hatte darin mit dem Theologus der
Professor veteris testamenti abgewechselt Die Dis-
putationsübungen blieben dieselben.
87» R. M. 165, p. 177.
87* Siehe p. 83.
87* SdL R. M. I, p. 62, a.
881 Seh. R. M. I, p. 63, b.
88* Seh. R. M. III, p. 150, 216.
88* O. B. I, p. 220 ff.
891 Seh. R. M. IV, p. 107 ff.
89* O. B. I, p. 223.
89* Seh. R. M. IV, p. 253, 'qq.
901 Seh. R. JVl. IV, p. 267 ff.
90* Unter diesen befand sich auch der Studiosus
J. O. Altmann, den wir als Prof. eloquentiae ken-
nen lernen werden.
90* Seh. R. M. V, p. 28.
91 1 Siehe die Rektoratsrede von V. Rössel vom
Jahr 1893 c Un jurisconsulte bemois du XVIII«
siide, Sigismond Louis de Lerber».
91* Das Nähere in der eben erwähnten Arbeit
von Rosset
91 * Der Sohn des Landvogts Daniel Tschamer
von Neus.
91 « Seh. R. M. XIII, p. 165.
921 Dass Walther selber dies wünschte, geht
daraus hervor, dass er anno 1772 an den Proben
für das ledige juridische Katheder in Lausanne sich
beteiligte, wobei er die Erwartungen des zuhören-
den Publikums und des versammelten Schulrates
nicht nur erfüllte, sondern bei weitem noch über-
trat In demselben Jahre disputierte er sogar für
das griechische Katheder in Lausanne und zeigte
auch in der griechischen Litteratur schöne Kennt-
nisse, glänzte aber vor allem im Gebrauch der la-
teinischen Sprache. (Seh. R. M. XII, p. 154 u. 227).
92* Dasselbe habe ich in meinen «Beiträgen»,
in denen alle Verhandlungen mit Walther genau
dargestellt sind, wiedergegeben, I *, p. 399-^401.
92* Aus dem Umstand zu ersehen, dass im R.
M. der Abstimmungsmodus angegeben ist, was nur
bei Verhandlungen geschah, welche von besonderer
Wichtigkeit waren oder wenigstens ab soldie an-
gesehen wurden.
92^ Das Projektgutaditen Watten wyls ist noch
vorhanden und findet sich in dessen schriftlichem
Nachlass auf der Bemer Stadtt)ibliothek.
92* Den edlen Bruder des edlen Nikiaus Ema-
nud Tsdiamer, dem O. Tobler im Neujahrsblatt
der Litterarischen Gesellschaft Bern 1896 ein präch-
tiges Denkmal gesetzt hat
92* Siehe Hg. B. I*, p. 404—406.
931 So die Keltischen Altertümer 1783, den Ver-
sudi über die älteste Geschichte Helvetiens 1784,
die Geschichte Helvetiens, zweiter Teil, 1791.
93* Gute Geschäfte scheint er freilich nicht da-
mit gemacht zu haben, was ich daraus schliesse,
dass dieselben Drucke von Zeit zu Zeit wieder mit
anderm Titelblatt auf den Markt gebracht wurden;
vga. meine c Beiträge» a. O., p. 409, Anmerkung.
^X^altfaer war es übrigens gar nicht widerwärtig,
dass eine Kommission die Oberaufsicht über den
Druck seiner Werke hatte; als dieselbe im Lauf
der Jahre nicht mehr vollzählig war und deshalb
nicht mehr funktionierte, so bat er von sich aus,
man mödite sie wieder ergänzen; von ihr erhoffte
er. Schutz gegen allerlei Unannehmlichkeiten, die
ihm in der obrigkeitlichen Druckerei bereitet wur-
den. Im Februar 1784 ergänzte der Schulrat die
Kommission durch den Ratsherrn Ougsbuiger als
Präsidenten, nachdem schon vorher Wattenwyl nadi
seinem Tod durch den Landvogt Herbort ersetzt
worden war. Der Druck der Waltherschen Bücher
kostete den Staat viel Geld (u. O., p.410), aber
als Bedenken dagegen sich geltend machten, be-
schloss der Rat (August 1784), es seien die auf die
vaterländische Geschichte bezüglichen Werice Wal-
tfaers in derselben Weise, wie bis anhin, auch in
Zukunft auf Rechnung des Staates zu drucken.
93* Hg. B. I*, p. 14.
93« Hg. B. II, p. 99ff.
93» Seh. R. M. V, p. 214-235; VI, p. 7, 8, 9. —
Gr. G. M. III, 1, p. 18 ff, wo über die matiiemati-
schen Studien und Leistungen Königs erschöpfend
abgehandelt wird.
941 R. M. 196, p. 329 und 420.
94* Gutachtenbuch des Schulrates, p. 122 ff.
951 Seh. R. M. VII, p. 71 ff.
95* W. B. I, p. 327.
95« Infolgedessen wurde der Basler Professor
Johannes Bemoulli und der waadtländische Theo-
loge Jean Pierre Perrey vom Schulrat von der Liste
gestrichen« Aus seuien Aufzeichnungen ist es inter-
essant zu sehen, dass er ursprünglidi gerade die-
jenigen zu den Proben heranziehen woUte, welche
251
^
Qwllffltffgafrfp und EtttittcmiigitiL
^
nadi der Vermutiiiif von Wolf (a. Ort, p. 324 ff.)
einem Rufe nach Bern mit Freuden gefolgt wiren.
96i Seh. R. JVL VII, p. 125, 130.
96* Sdi. R. M. VIII, p. 24.
96* Seh. R. M. VIII, p. 281 ff. Von den zwei
Oeographiestunden, die ihm im ursprünglichen Pro-
gramm zugedacht waren, wurde die eine für Ex*
perimentalphysik bestimmt
97^ Die Erziehungsideale, die er in diesem Buche
niederiegt; habe ich in meinen Beitragen I* von
p. 499 an klarzulegen gesucht
97* Hg. B. I>, p.454fff.
97* Dass dies der Oang der Angelegenheit war
und die Bemer den Tralles dem Viktor von Bon-
stctten zu verdanken haben, habe ich B. I *, p. 120,
zu erweisen unternommen.
97* Siehe oben p. 96.
98^ Dieselben waren bis jetzt ün grossen Som*
merauditorium gewesen, das zu allem möglichen
dienen musste.
98* Vgl Hg. B. 1*, p.97fff.
98* Zum grossen Aerger seines Protektors Bon-
stetten, der deshalb in seinen Briefen an den nach
Mainz bereits abgereisten i^üUer sich zu harten
Aeusserungen über seinen Schützling hinreissen
Itess; vgl namentlich Hg. B. I*, p. 40.
98« Seh. R. M. XIV, p. 124, 24a
98* Siehe darüber W. B. I, p. 336 und 337. Es
wurde in der obrigkeitlichen Dtuckerei in sehr star-
ker Auflage gedruckt und für adit Batzen debitiert»
da die Regierung keinen Gewinn damit madien
wollte. Tralles erhielt 500 Exemplare, nahm aber
nur 50 an.
.98* Seh. a M. I, p. 101 ff.
99 1 Den Academid König, Gerber und Benott
99* SdL R. M. II, p. 145.
99* B. T. 1857, p. 8.
99« Seh. R. M. II, p. 45.
100^ Siehe oben p. 88.
100* O. B., p. 249 ff.
100* Vorübeigehend war auch von einem Privat-
dozenten, wenn wir diesen Namen gebraudien dür*
fen, Geschidite und Geographie doziert worden,
nämlich von Max Morloth. Er war im Jahr
1692 bd der Regierung um die Erlaubnis einge-
kommen, im Kloster Historiam, Geographiam und
dergleichen privato nomine zu dozieren und unter-
schiedliche Buiger, die ihn darum ersucht, darin
unterweisen zu dürfen. Da er bereits vorher für
Professor Bondeli, der wegen Krankheit seine Vor-
lesungen hatte aussetzen müssen, vikarisiert, auch
pro professione eloquentiae disputiert hatte, und
der Regierung versicherte, er habe kein anderes
Absehen, als sidi zu exerzieren und in löblichen
Dingen rekommendlert zu machen, gaben ihm die
gnadigen Herren die Erlaubnis, dass er zu seinen
lectionibus ein Auditorium benutzen dürfe, wenn es
von den Professoren nidit gd>raucht würde, jedoch
mit dem heitern Geding, dass deswegen der Obrig-
keit keine Besdiwerde oder Verköstigung aufge-
bürdet wurde. Seh. R. M. I, p. 134.
Der Schulrat kam dem Wunsch der Behörde
nach und räumte dem Petenten den nötigen Platz
im Kloster ein.
lOn 1700 war er Studiosus geworden; lekler
fehlt im Manual des Schuhates dessen Judidum
über seine Proben, die er mit zwei weitem Kandi-
daten, Kaspar Friedridi König und Samud Sprüngli,
ablegte.
101 * 900 Taler. Seh. R M. IV, p. 15 und 18.
101 * Vgl. über ihn und seine wissenschaftliche
Tätigkeit, sowie über sein ganzes Wirken in Bern,
die erschöpfende Arbeit Ischers über Joh. Georg
Altmann als Neujahrsblatt der Litterariscfaen Gesell-
schaft Bern 1903.
101 A Seh. R. M. V, p. 181.
101 * Sie sind samt denen für die übrigen Kan-
didaten gedruckt woiden, H. XXII, 118» Stück 12,
p. 31, der Bemer Stadtbibliothek.
102 ^ Nach dem Beschluss des Schulrates sollten
nur 16 Thesen, darunter eine oder zwei katecheti-
sche gegeben werden. Auf der geistlidien Bank
wollte man sich eben nicht in den Gedanken finden,
dass der Vertreter der Eloquenz auch ein Weltiicher
sein könnte.
102* SdL R. M. VI, p. 71.
102* Seh. R. M. IX, p. 87 ff.
104 1 Blösdi, Geschichte der Schweizerisdi-refor-
mierten Kirchen, I, p. 493.
104* R. M. 159, p. 492. Vgl auch die von W.
Fetsdierin zusammengestellten c Bemiscben Verord-
nungen wider die Cartesianische Phik>sophie» in
A. H. V. III, p. 63, wo aber Verschiedenes zu be-
richtigen ist
104* R. M. 163, p. 486 ff.
105^ Scfa. R. M. I, p. 74 ff.
105* Mericwürdigerweise teflt uns D. MfisU in
seiner Sdbsibiographie mit (Bemisches Neujahrs-
blatt 1856, p. 31, Anmeric), dass er im Jahr 1688
bei dem gelehrten Professor der Philosophie Sa-
muel Leemann, der 1684 Bourgeois* Nachfolger ge-
worden war, über Cartesius gehört und das fol-
gende Jahr des Morgens um vier Uhr ein Privat-
koUeg über dessen Philosophie gehabt habe. Dar-
nach wäre das Edikt der Regierung sehr baM in
Veigessenheit geraten!
252
<l(
Qndlottiigaben und EribitemiigeiL
51
105« Vgl. B. T., Jahfg. 1852, p. 104 ff. «Samuel
König und der Pietismus in Bern» von S.TrecliseL
106^ O. B. I, p. 176 ff.
106* Noch im Sommer 1693 war aus der Mitte
des Schulrats eine Kommission zur Reformation
der Untern Schule ernannt worden; sie bestand aus
vier Mitgliedern mit Zuzug des Prinzipals. Im fol-
genden Jahr wurde ihr die Aufgabe zu teil» auch
mit der Reformation der Obern Schule sich zu
beschäftigen und bald wurde diese anfänglich zu
einem bestimmten Zweck eingesetzte Kommission
zu einer ständigen, der sogenannten Schulkom-
mission» welche mit der Zeit allein wichtigen Schul-
angelegenheiten zuerst beriet, bevor sie im Plenum
des Schulrates zur Verhandlung kamen.
106> Seh. R. M. II, p. 11.
106« O. B. I, p. 18a
106» Seh. R. M. II, p. 80.
106* Sdion im iVlärz 1698 war, wie weiter unten
au«gef&hrt wird, die zweite theologische Professur
angerichtet und der Professor hebraicus RodoUf
damit betraut worden.
1071 Seh. R. M. II, p. 81.
107" R M. 263, p. 131.
107» a M. 263, p. 145.
107« P. B. IX, p. 384 ff ; den 7. September 1608.
108^ R. M. 271, p. 487.
108* Seh. R. M. III, p. 21.
108» R. M. 126, p. 327.
108« R. M. 128, p. 18a
108« P. B. XI, p. 734 ff.
108« Seh. R. M. V, p. 15a
lOQi Seh. R. M. II, 66 ff.
109* Der Primarius las an diesen Tagen von
8>-4) Uhr; siehe den Stundenplan für die Theologie-
studierenden vom Jahr 1676.
109« Seh. R. M. II, p. 67.
109« In dem Manual des Schubates steht aller*
dings nichts darüber, aber es lässt sich doch nicht
annehmen, dass bis zur Wahl des neuen Phfloso-
phus, die erst im Juni 1701 stattfand, also volle drei
Jahre, der philosophische Katheder leer stand.
109« Ohne die gewohnten Proben, auf den Vor-
schlag des Schuk-ats.
1101 Seh. R. M. I, p. 177.
110« Seh. R. M. II, p. 45.
111 1 Seh. R. M. II, p. 108 ff.
111« Seh. R. M. II, p. HZ
111 « Ueber die nähere Veranlassung geben die
Manuale keinen Aufschluss.
111« Seh. R. M. III, p. 4-.7.
112^ Seh. R. M. IV, p. 181.
112« Seh. R. M. I. p. 180» b. ff.
1131 Seh. R. M. II, p. 10, b.
113« Seh. R. M. II, p. 35, b.
1141 C. A. X, p. 467 ff.
1151 Seh. R. M. II, p. 30.
1161 Sch. R. M. 1, p. 176, 17a
116« Darauf beziehen sich die Worte Daniel
Müslins (B. T., Jahrg. 1857, p. 17), kurz vor Ostern
1698 seien die Stipendien ad academias zu Gunsten
des Professoris theologiae elenkticae um 12 Taler
geschmälert worden.
1171 Sch. R. M. II, p. 54, 56.
117« O. B. I, p. 295.
117> Sch. R. M. VI, p.30.
117« O. B. I, p. 298.
117« O. B. I, p. 258ff.
117« Sch. R. M. III, p. 172.
1181 Siehe oben p. 83, 115.
121 1 Sch. R. M. II, p. 151.
1221 Sch. R. M. IV, p. 27ff.
122« Sch. R. M. X, p. 83.
1231 Sch. R. M. III, p. 415 ff.
123« Sch. R. M. IV, p.85ff. O. B. I, p. 267 ff.
1241 Sch. R. M. IV, p. 303.
124« Sch. R. M. IV, p. 30a
124« Sch. R. M. II, p. 135, b.
1251 SdL R. M. V, p. 33.
125« Sch. R. M. VII, p. 53.
125« Sch. R. M. V, p. 163 ff.
1261 Sdi. R. M. III, p. 199 ff.
126« Damit man sieht, was für Anforderungen
damals an den lateinischen Stil des Abiturienten ge-
stellt wurden, lassen wir hier das Thema folgen,
das im Frfihjahrsexamen 1711 die apertura des aus
der Bibliothek genommenen Buches dem Schuhst
an die Hand gab; man fand es etwas schwierig und
setzte deshalb die Zahl der Fehler, die pecdert wer-
den durften, auf neun. (Sch. R. M. III, p. 289.)
c Agatiiodes ein welti>erfihmter König in Sidlien
soll von Abkonfft ein schlechter Haffner gewesen
sein, und hatte es also schlechtes Ansehen, dass
Er zu hochen Ehren gelangen wurd: dennodi alss
Ihme das glück so gönstig gewesen, das Er zur
königlichen würde erhoben worden, von weicheren
Er Ihme zu vor bey weitem nit nur hatte dörffen
träumen lassen, hat Er seiner geringen Harkonfff
zu erinneren uss keinem Alss irrdinen Oeschir essen
wollen. Ein loblich Exempel eines hohen Poten-
taten, demme zu volg alle Menschen, Sonderilch
aber die sich des Christen Namens anmassen,
Ihnen bestandig zu Sinn legen sollten, dass Sie
von Natur nur eitel Staub und Erden seyen; Aber
leider, wo ist doch uss 1000 der Emt oder Ander,
der Ihme dieses alles Ernstes lasse gesagt sein, ohn-
«
QaeUcnangabcn und ErttttteimigetL
m
geacht Solches so Nöfatig alss Oeziemend ist, Vil-
mehr miis man Idagen, dass der mehre Thefl nur
nit einmahl daran gedenken und einen so hoch-
trabenden Wandel fürhen, Alss ob es Ihnen gleich
gulte, das Oott der die Stolzen anfindet, Ihnen
gnädig seye, und Sie Ihme in die Ruhten falllnd
oder nit Allein so wenig Alss Oott seiner spotten
last, So wenig werden diese unbedachtsamme Men-
schen in Ihrer Meinung zu recht kommen, und
werden solche mir auch nit verargen wan Ich sage,
das es mit Ihnen dass Ansehen hab, Alss wan Sie
sich vor Gott nichts zu f drehten hetten: es ist elende
Sach um Alle solche Leüth, einen sowohl als den
Anderen, die es nit mit Ihrem Oott halten. Sonder
sidi uff Ihren Mammon verlassen, und den höch-
sten Trotzen dörffen; Ich meines Theils wolte nit
noch so vil guth und gelt nemmen, das Ich in
Ihrem Zustand were. Dennoch ist unlaugbahr, dass
Immerzu einer frömmer ist alss der Ander, daher
man sich auch nit zu verwunderen hatt, wan Oott
Ihme die einten mehr gefallen last AÜs die An-
deren.»
1271 SdL R. M. IV, p. 243.
127 > O. B. I, p. 18Z
127* Ob deshalb ein regelrechter Beschluss ge-
fasst wurde, habe ich nicht finden können; in dem
Regimentsbüchlein vom Jahr 1750 sind nur noch
drei alt-Landvögte aufgeführt
127« Seh. R. M. V, p. 250. Die Akten beweisen
in der Tat, dass besagter Schieber ein elendes Sub-
jectum und auch von seinen Kameraden best ge-
hasst war. Dieser ihrer Stimmung hatten sie schon
früher einmal Ausdruck gegeben und den Schieber
in seinem Stüblin blau und grün geschlagen. Orosse
Prügeleien gab es übrigens in den heiligen Räumen
des Klosters unter den Theologiebeflissenen genug.
127» V, p. 260-274.
128^ Audi in den Ratsmanualen ist mir nichts
darauf Bezügliches begegnet
128 > Seh. R. M. VI, p. 146.
128* Dasselbe geschah schon früher durch den
Täglichen Rat So befahl er 1627 den Professoren
und Schuldienem, dass sie die Studenten und Ju-
gend zur Uebung der Musik und Osang alles Emsts
vermahnen sollten. R. M. 54, p. 59.
128* Siehe oben p. 54.
128* P. B. VII, p. 228 ff.
129 i Seh. R. M. II, p. 162, b.
129* Es war der Musikant Oblasser, der schon
längere Zeit in der Stadt seine edle Kunst ausge-
übt hatte und im genannten Jahr aus Mitleid mit
seiner prekären Lage für den Unterricht herange-
zogen worden war.
129* SdL R. M. V, p. 63.
130t Seh. R. M. VI, p. 306.
130* Vgl. das Nähere in meiner Abhandlung
«Die piemontesischen und hungarischen Stipendia
der evangelischen Orte und des Standes Bern im
18. Jahrhunderts»; B. T., Jahig. 1901, p. 170 ff.
130* Seh. R. M. VI, p. 15Z
131 1 Seh. R. M. XIV, p. 281 ff.
131' M. K.Sdi. D. I, p. 99.
131 * Siehe oben p. 121.
131 « O. B. I, p. 285.
131 * Seh. R. M. VI, p. 141.
1321 Seh. R. M. VI, p. 235.
132* Seh. R. M. VII, p. 309.
132* Seh. R. M. VII, p. 32a
133^ Hg. B. n, p. 168ff.
133 * Wir besprechen die Praestanda des hebräl-
sdien Professors erst nachher, obwohl sie vorher
schon bestimmt worden waren, wefl wir bei der
Aufzählung der Prof essores hebraid auf die Lehrer
der griechischen Sprache, als im Rang hinter ihnen
stehend, zurückgehen müssen.
133* Seh. R. JH. VIII, p. 301.
134 1 1685 stellte der Kurfürst von Brandenbuig
an den Täglidien Rat von Bern das Oesuch, ihm
eine Anzahl Familien, die in der Viehzucht wohl
erfahren wären, zuzuschicken zur Bebauung einer
Oemarkung bei Potsdam. Man willfahrte diesem
Oesudi und schickte zugleich einen Prediger mit
den Kolonisten ab. Nach dem Vertrage, der mit
diesen abgeschlossen wurde, erhielt der Prediger
von S. Churf. Durchlaucht einen Jahresgehalt von
200 Talern in Oeld und Naturalien, wozu seine
Pfarrkinder ihm noch einen «Zuschub» nach ihrem
Vermögen aufzubringen hatten. Der Kurfürst hatte
ihm femer eine freie Wohnung mit Oarten und
Wiesland zur Verfügung zu stellen, d. Bd. VIII,
p. 505 des C. A., wo der ganze Vertrag abgeschrie-
ben ist
134* Seh. R. M. VIII, p. 272 ff.
134* Sein Vicarius war David Kocher, der einige
Jahre später zum Prof. hebraicus ernannt wurde.
134* W. B. I, p. 354.
134* Seh. R. M. VIII, p. 99.
1351 Vgl. oben p. 106.
135* Siehe Leu's Lexikon.
135* Siehe oben p. 110—112.
135* Seh. R. M. VIII, p. 190.
1361 Seh. R. M. VIII, p. 197.
136* Siehe oben p. HZ
136* Siehe oben p. 109.
136* W. a I, p. 360.
1371 Hg. B. P, p. 153 ff.
254
Kl
Qudleiuuigaben und Eittuterangen.
»
137 > Vgl darfiber im einzelnen meine Abhand-
lungen in Erbes Süddeutschen Blattern, Jahrg. V,
Heft4-&
137» SdL R. M. VIII, p. 62..^.
138^ Es wäre eigentlich Sache des Professors
der Eloquenz gewesen» das Seminar zu leiten, aber
der Sdiulrat hielt offenbar den damaligen HebrS*
isdilehrer fOr den bessern Pädagogen.
138* Seh. R. M. IX, p. 392.
138« Seh. R. M. IX, p. 395.
138^ SdL R. M. XI, p. 78.
139 i Seh. R. M. XIII, p. 260 ff.
139* Vgl über ihn und sein Wirken Hg. B. M,
p. 393, 396, 415, 419.
139* Seh. R. M. XIV, p. 36 und 72.
139« Seh. R. M. X, p. 90 ff.
140^ Seh. R. M. X, p. 91 ff.
140* Sdi. R. M. X, p. 111 ff.
141 1 Seh. R. M. X, p. 118 ff.
141 * Seh. R. M. X, p. 130.
141 * Oben p. 137.
141 A Seh. R. M. VIII, p. 93.
141 « Seh. R. M. XI, p. 9.
141 * Seh. R. M. IX, p. 23.
141 T Sdi. R. M. IX, p. 175.
141 * Seh. R. M. IX, p. 220.
1421 Seh. R. M. X, p. 14, 16, 27, 57.
142* Seh. R. M. X, p. 88 ff.
142» Seh. R. M. X, p. 147 ff.
142« Siehe oben p. 134.
1431 VgL Hg. B. 1 1, p. 355 ff., wo auch die Vor-
schläge für die Reform der Untern Schule ausführ-
lich besprochen werden. Leu gibt in seinem Lexi-
kon den gelehrten Bibliothekar J. R.Sinnervon
Balaiguesals den Verfasser des anonymen Büch-
leins an. Pag. 512 a. O. habe ich die Vermutung
ausgesprochen, dass A. v. Haller der Verfasser ge-
wesen sei. Idi muss diese Vermutung hier zurück-
nehmen und bin zur Ansicht gekommen, dass Leu
uns das Richtige mitgeteilt hat; immerhin ist nicht
daran zu zweifehl, dass Haller die Ausführungen
Sinners vollständig billigte und vielleicht hat er so-
gar auch an der Abfassung der Schrift mitgewirkt
Ueber eine zweite zu derselben Zeit erschienene
anonyme Schrift: « Unpartheysche Gedanken über
die Verbesserung der Obern und Untern Schulen
in Bern », siehe ebendaselbst p. 366 ff.
143* Sinner wurde im folgenden Frühjahr Mit-
glied des Sdiukates.
143* Sdi. R. M. X, p. 205 ff.
143« Auch der Umstand, dass vom Schuhat der
Revisionskommission der Bibliothekar Sinner bei-
gegeben wurde, beweist uns, dass dieser den Essay
verfasst hatte, denn im alten Bern war es Sitte,
denjenigen zu einer Kommission herbeizuziehen,
welcher über den Verhandlungsgegenstand dersel-
ben seinen Ansichten sdiriftlichen Ausdruck gege-
ben hatte. So sagt uns auch die weitere Zuziehung
Hallers zur Revisionskommission, dass dieser dem
Essay nicht fremd stand.
1441 Es ist interessant, in dem «Vorschlag» zu
lesen, welche Aufgaben dem Vertreter der Schwei-
zergeschichte gestellt werden: «er wurde die hel-
vetische Geschichte zugleidi mit dem offentlldien
Staats-Recht der Eidgnossenschaft, das ist, die Ge-
schichte der Bünde und Verträge der Schweizer so-
wohl unter sich, als mit usseren Fürsten zu seiner
Arbeit haben. — Er wurde die vaterländischen Ge-
schichten in ihrem Verhältnuss sowohl mit den Be-
nachbarten und Bundsgenossen als mit auswärti-
gen Staaten, ihre verschiedene Regierungsformen,
ihre Bündnüssen, ihre Handlungs-Tractaten, ihre
Bevölkerung, ihre Sitten, ihre Macht und Stärke,
aus ihren eigenen Geschichten und mit der Historie
ihres Staates so verbinden, dass, wie man sich mit
Recht bemühet, die Europäischen übrigen Staaten
nach diesem Verhältnus, zu kennen, der Zustand
ihres Vatterlandes nach eben demselben Verhältnus
jungen Männeren, deren zukünftiges Leben den ho-
hen Geschäften des Staats gewidmet ist, nicht mehr
unbekannt verbleiben wurde.»
145^ Während bis anhin der Schüler einer IQasse
auf einmal von allen Pensen derselben zu allen
Pensen der folgenden Klasse promoviert wurde,
trotz ganz verschiedener Kenntnisse in denselben,
soll er nur in demjenigen Fach in den folgenden
ordo versetzt werden, in welchem seine Leistungen
vollkommen genügende sind, während er da zu-
rückzubleiben hat, wo er noch nicht festen Fuss
gefassi Das Nähere siehe Hg. I *, p. 372 ff.
145 * Es sollten von nun an an der Untern Schule
wirken: 1) der Prinzipal als Fachlehrer des Grie-
chischen und Hebräischen; 2) der Religionslehrer
(dem gegen die Intentionen Sinners und Hallers
durch den Grossratsbeschluss vom 21. April 1766
aufgetragen wurde, seinem Unterricht wieder den
Heidelberger zu Grunde zu legen) ; 3) vier Latein-
lehrer, welche nach der Methode MathiasGess*
ners zu unterrichten hatten; 4) der Provisor histo-
riae et geographiae, der die Geographie von der
untersten bis zur zweitobersten und die Gesdiichte
von der zweiten bis zur obersten (der achten Klasse)
zu dozieren hatte; 5) der deutsche Sprach-
meister, welcher in allen Klassen unterrichten,
deutsdie Dichter lesen und freie Aufsätze anferti-
gen lassen sollte; 6) der Magister matheseos, dessen
255
Quelltnangabtn und Erllnteningeii.
Unterricht von der dritten Klasse an über aUe fol-
genden IGassen sidi erstreckt, erst In der Arith-
methiky dann in der Geometrie und schliesslich der
Trigonometrie und der ardiitectura civilis et mUi-
taris; 7) der Zeichenlehrer, welcher von der vierten
Masse an die Sdifiler in vier, der obersten ICasse
sogar in sechs wöchentlichen Stunden ni unter-
rlditen hat
So nahm denn die Untere Schule ehi ganz mo<
demes Oewand an, ein Kleid, das Ihr jetzt noch zur
Ehre gereichen würde.
145* Wie aus dem Outachten des Schuhates
vom Januar 1768 deutlich hervorgeht, sowie auch
aus der trefflidien anonymen Schrift, die jetzt unter
dem Titel ersdiien: «ist es denn auch möglich, bey
gegenwärtigen Umständen, unter uns eine gute
Unterweisung in den öffenüidien Schulen zu erhal«
ten?» Diese Broschüre muss denselben Verfasser
haben, wie der Essay sur Ffducation publique, also
Sinner von BaUigues. Sowohl er, wie Albrecht von
Haller, waren natürfidi über den Misserfolg ihrer
Bemühungen nicht erfreut
145« R. M. 288, p. 335. — Seh. R. M. XI, p. 180
bis 23a
145» Seh. R. M. XI, p. 217; 237 ff.; 290.
146^ Nach den Dekreten vom 15. April 1601 und
vom 2. Dezember 1696.
146* Sdi. R. M. VI, p. 34Z Errichtung vom
11. JuU 1750.
146* Die Bestimmung der alten Schulordnung,
nach weicher die theologische und philosophische
Abteilung bei der Besetzung des Rektorats hnmer
wechselten, war durch die Gründung der neuen
Lehrstühle dahingefallen.
14Q^ 1757 war die Anordnung getroffen worden,
dass die akademisdien Stipendien nicht mehr aD-
jähriich, sondern in zweyen mahlen für 4 Jahre
ausgerichtet werden. Seh. R. M. VIII, p. 289.
149* Ueber das Frlschingsche Reisestipen-
dium für junge Geistliche, welches nach Schärers
Schulgeschichte, p. 144, im Jahr 1672 mit 4000 Pfd.
gegründet und (p. 190) vom Stifter selber später
um 2600 Pfd. vermehrt wurde, habe ich auf dem
Archiv bis zur Stunde nichts Näheres finden können.
Zehenders Bern. Kirchengeschidite, auf die sich
Schärer beruft, wfanmelt von ungenauen Angaben.
150 1 Oben p. 91.
150* Vgl. den Anfang des folgenden Kapitels
über das Politische Institut
151^ Bis anhin waren In diesem Hörsaal die
jungen Leute vom 14. bis zum 18. Jahr vereinigt
1531 Seh. R. M. XVI, p.94ff.
153* Seh. R. M. XVI, p. 155.
153» Das Nähert Hg. B. IS p. 153fr.
154« Seh. R. M. XVI, p. 109.
153» Hg. B. IS p. 168 ff.
153« Siehe oben p. 60 ff.
153' Siehe oben p. 109.
1541 Siehe oben p. 97.
1561 Seh. R. M. XIII, p. 164.
156* R. M. 341, p. 78.
156* Scfa. R. M. XIII, p. 196 ff.
156« Siehe Hg. a I*, p. 393 ff.
156« Sie war in den Hauptpunkten nach dem
Muster der zürcherischen Kunstschule ehigerichtet
worden und kam den Bedürfnissen des Publikums
aufs beste entgegen. Auszusetzen ist an Ihr einzig
der Umstand, dass Oir Programm in semen Forde-
rungen das Können der jungen Leute hie und da
überschätzte; das war aber der Kapitalfehler der
meisten Schulen des vorietzten Jahrhunderts und
man kann nidit erwarten, dass die bemisehe Kunst-
schule ihn ganz vermied. Immerhin stand sie in
Uirer ganzen Emrichtung hoch über allen Anstalten
Deutsdilands, welche ähnliche Ziele verfolgten. Sie
zählte sechs Jahreskurse, weldie mit den sechs Klas-
sen der Litterarschule parallel gingen; beide Ab-
teilungen basierten auf der Vorschule von zwei
Jahreskursen. Im Gymnasium academicum wurden
die Kenntnisse, weldie die aus der Litterarschule
austretenden Schüler miti>rachten, vertieft und ihnen
die nötige Anleitung zum selbständigen Arbeiten
gegeben als notwendige Vorbereitung für das Stu-
dium an der Obern Schule; an ihm blieben die jun-
gen Leute zwei Jahre und kamen dann mit dem
16. Altersjahr ad lectiones publicas. In der Litterar-
sdiule ging man mehr oder weniger auf die Ein-
richtung vom Jahr 1766 zurück, aber audi da trat
bald wieder die Reaktion ein. (Vgl Hg. B. I*,
p. 424 ff.)
157^ Siehe darüber meine Abhandlung über «Vol-
taire und die bemisdie Censur» im Archiv für Ge-
schichte der Philosophie, XV, 2, 1902, und Tschar-
ners Biographie von Tobler (Neujahrsblatt der Bern.
Litt Gesellschaft, 1896).
157* Hg. B. I*, p.442.
157« Das Verhältnis zwischen Joh. Müller und
Bonstetten in diesen Jahren habe ich auf Grund der
Briefe von Bonstetten an Joh. Müller ausführlich
daigestellt; siehe namentlich p. 454 ff.
157« Vgl oben p. 93.
158^ Sie ersdiienen im April- und Maiheft des
Schweizerischen Museums vom Jahr 1785; der Her-
ausgeber dieser Zweitschrift war aber mit sewen Lie«
ferungen im Rückstand und die zwei genannten
256
«t
Quellenangaben und Eiüuterungen.
51
Hefte kamen erat im Jahr 1786 heraus (siehe Hg.
B. I \ p. 130.
158 > Oben p. 157.
159^ Nach Bonstetten soDte der Unterricht in
der Natui]geschichte schon in der Untern Schule und
zwar bereits mit dem 8. Altersjahr nach Absolvie-
rung der Vorschule beginnen und zugleich als Sub-
strat für den lateinischen Anschauungsunterricht die-
nen; die Botanik ist ihm daselbst der Konzentra-
tionspunk^ um den herum der ganze Unterricht sich
gruppieren solL Vgl darüber und über die Beein-
flussung Bonstettens durch Basedow meine Bei-
trilge P, p. 435 ff. Auf den Seiten 429uj454 habe
idi eme ausführliche Würdigung der Patrizier Bon-
stettens zu geben gesucht, die nach Sinners Essay
sur PMucation publique mit zu den interessantesten
Erscheinungen der pidagogischen Utteratur in der
Aufklärungszeit gehören.
159* Dass Bonstetten sein ganzes Erziehungs-
projekt vor der Drucklegung seinem Freunde Müller,
der während der Ausarbeitung desselben in Bern
war, mitteilte und mit ihm besprach, erkennen wir
aus dem Briefe Heynes an MMtr vom 11. Oktober
1785 (nicht vom 18., wie Maurer Constant fälschlich
gelesen hat; Siehe Hg. B., p. 464), nach welchem
Müller die pädagogischen Grundsätze, wie wir sie
in den «Patriziern» finden, Heyne in Oöttingen
Ende September oder Anfang Oktober mitgeteilt
hatte. Der Göttingische Gelehrte, auf dessen Ur-
teil wir nicht wenig geben, gibt dem ihm mitge-
teilten Plan im ganzen und grossen seine Billigung,
namentlich aber Bonstettens leitendem Gedanken,
dass alles auf den Mann und nicht auf den to-
ten Buchstaben schön verfasster Schulordnungen
ankomme. Er warnt einzig davor, die Sadie zu
überstürzen, will aber zum Gelingen des Ganzen
Hand bieten, so viel in seinen Kräften liegt; offen-
bar hat Müller ihn auch und vielleicht in Bonstettens
Namen ersucht, dies zu tun. Heyne wünsch^ dass
die Bemer ihm einige junge Leute nach Göttingen
sdiicken, die er zu tüchtigen Lehrern heranzuziehen
versprich^ zu geschickten Collaboratoren des Man-
nes, der zur allmählichen E)urchführung der Re-
form an die Spitze des Ganzen zu stellen sei. Für
diese Stelle empfiehlt er den Bemem Meierotto,
den allbekannten, feingebildeten und enei^ischen
Leiter des joachimsthalschen Gymnasiums zu Ber-
lin, hl der Meinung, derselbe werde ohne Zweifel
emer anfälligen Berufung Folge leisten, da er we-
gen Zerwürfnisses mit dem Mmister von Berlin
wegzukommen suche. _ Im Februar 1786 wurde
die Kandidatur Meierotto in emem weitem Kreise
bemischer Patrizier besprochen (Hg. B., p. 466 u.
466), aber fallen gebissen, da Tralles Opposition da-
gegen madite.
159« Hg. B. P, p. 64 und 65.
159« Hg. B. n, p.89.
160 1 Vgl. über diese meine Vermutung die Aus-
einandersetzung in den Beiträgen 1 ', p. 475 ff., An-
merkung.
160 * Siehe dariiber das Nähere Hg. B. I >, p. 488 ff.
160 > E L, p. 492 ausführUch geschildert
161 1 Titel IV, § 1 des Reglements, das ich als
Beilage 4 zu meiner Abhandlung über das Politi-
sche Institut in B. I ^ P- 89—254 zum Abdruck ge-
bracht habe. In dieser Abhandlung ist die Ge-
schichte des Instituts von seiner Gründung bis 1798
nadi dem Manual der Kuratel ausführlich nieder-
gelegt
Nach dem über die Zulassung oben Gesagten
sind die Worte Stapfers zu verstehen, die wir in
seinem Brief an das Direktorium Anfang April 1799
lesen (vgl meinen Aufsatz über das republikanische
Gymnasium in Bern ün B. T. 1903, p. 99): ctous
les jeunes gens en €M de suivre avec fruit ses
cours, y ötaient re^us et il r^unissait des &tves
de toutes les parties non seulement de Fanden
Canton de Beme, mais aussi du reste de FHdvdtie
et m€me des ^trangers.
162 i Beilage 3 a. O., p. 210 ff.
162 > Die Vorlesungen waren im Barfüsserkloster.
164 1 Oben p. 160.
164* Die übrigen Lehrer sollten nur dann zuge-
zogen werden, wenn es sich um ihre persönlidien
Angdegenheiten handelte.
164» Zwei Louisd'or fürs Jahr nach Titel IV, §4.
164 A Vgl. oben p. 133.
164 A Es taten dies Verschiedene, welche an
dessen Wissenschaft ganz besonders Interesse hat-
ten; freilich wurden sie alle enttäuscht, da TraOes
es nicht verstand, sich auf den Standpunkt sdner
Zuhörer zu stellen. Noch in demsdben Semester
erhielt er deshalb emen Rüffd vom Präsidenten
der Kuratel mit der nötigen Weisung, was er mit
seinen Auditoren zu treiben habe. C M., p. 67.
165 ^ Siehe oben p. 93.
165 > VgL das Nähere Hg. B. IS p. 115 ff.
165» Hg. B. IS p. 129fL
165« Abgedruckt e. L, p. 210 ff., als Beilage 3.
166^ Dass Stetder einzig den Winter nach seiner
Wahl vateriändische Geschichte las, haben wh* be-
reits gesehen; im Wmter 1794/95 traktierte er so-
dann das eidgenöss. Staatsrecht und die zwd fol-
genden Jahre das bemische Zivihedit nach An-
weisung der Stadtsatzung, je m vier wödientlichen
Stunden.
Qndltiiiiigtbcii n^ ErilntendigciL
166' 1796 wurde sie um 140 Kronen erhöht
An Stelle der ausgesdialteten juridischen Vorle-
sungen trat MaÜiematik und Sprachunterricht
166* Zu gleicher Zeit als Mathematiklehrer an
die Litterarschule gewählt; fiir den Unterricht am
Politischen Institut wurde er nicht besonders re*
muneriert
166« Sdi. R. M. XIV, p. 60.
166» Seh. R. M. XV, p. 357.
167^ J^flslin erhielt ein Honorar von 260 Kronen,
SprüngU hingegen wurde keine Entschädigung zu-
gesprochen, wen ihm infolge von Veränderungen
an der Kunstsdiule daselbst eine Reihe von Unter-
riditsstunden abgingen. Die Kuratel hatte nun
1660 Kronen für die Lehrerbesoldungen auszuge*
ben, konnte also mit ihrem Kredit von 1500 Kronen,
zu dem die Kollegiengelder noch geschlagen wur-
den, sehr gut auskommen. Vgl. Hg. B. I ^ p. 140
und 141.
167 > Professor Rudolf hatte im Friihjahr 1791
sehie Lehrstelle am Institut abgegeben; proviso-
risch war fQr ihn Pfarrer Salchli in Stettlen ein«
getreten, hielt sich aber nicht an das ihm vorge-
sdiriebene Programm: den ersten Wmter behan-
delte er die griechische, den andern die römische
Geschichte.
167* Beide hatten sich in den bisherigen Oehalt
Stapfers zu teilen.
168^ Zeender erhielt eine Pension von 400
Kronen.
1701 W. B. I, p. 351 ff.
170* W. B. III, p. 409 ff.
170« W. B. IV, p. 265.
171 1 Dies ist der Orund, dass es im B. T. vom
Jahr 1872, p. 45, irrtOmlicherweise heisst, Mfislin in
Verbindung mit Stettier, Zeender und Sdiärer habe
den Versuch gemach^ an der Stelle des eingegan-
genen Politischen Instituts ein republikanisches
Gymnasium zu gründen.
171« Hg. B. n, p. 123f.
171 * E. 1., p. 171.
171« Man. der Verwaltungskammer VII, p.371.
171 * Man. der Finanzkommission II, p. 339.
172i M. E. R. I, p. 262 ff.
172» M. E. R. I, p. 270.
172* M. E R. I, p. 374.
172« iVl. E. R. I, p. 486 ff.
172* M. E. R. I, p. 465.
173» M. E. R. III, p. T9.
173« M. E. R. II, p. 165.
173* M. E. R. I, p. 209.
173« M. E. R. I, p. 411.
173* M. E. R. II, p. 11 ff.
51
173« M. E. R. II, p. 27a
175» Ueber die Entwicklung desselben siehe das
Nähere hn Abschnitt fiber die medizinische Fa-
kultät
175« M. K. S. D. 1, p. 209 ff.
175* Lekler findet sich im betreffenden Ma-
nual nichts Näheres darüber angegeben.
175« Siehe das Nähere bei dem fiber den Muss*
hafen Mitgeteflten.
175 * Das Nähere siehe bei der Geschichte der
eüizelnen Fakultäten.
176» Nach heutiger Bezeichnung der Rektor.
176« C M. I, p. 104.
176* Der jetdgen Auht
177» Es enthält auch die gesetzlichen Bettim-
mungen ffir die auf die Akademie vori>ereitende
Schule der Stadt, das Gymnasium, wie wir heute
sagen würden; sie stand nach alter Tradition unter
derselben Oberbehörde, wie die Akademie, wes-
halb unsere neue Ordnung heisst «Reglement
für die bemische Akademie und Schulen » ; die
Mediationszeit verdrängt aus unserm Kanton das
sdiöne und heimelige Wort Ordnung und ersetzt
es flb immer durch das ominöse Reglement; es
bcgüint die Ztit des Reglementierensl
180» 1810 wurde der Kursus der philologischen
Fakultät auf drei Jahre ausgedehnt
181 » C. M. III, p. 251 ff.
181 « Das Nähere in der Geschichte der medi-
zinischen Fakultät
182» Das, was über die einzelnen Pensa von der
Kuratel gewünscht wurde, ist ebenfalls bei der
Behandlung der einzehien Fakultäten verzeichnet
183» St M« VI, p. 210.
183« St M. VIII, p. 296 ff.
183* C. M. II, p. 358 ff.
184» St M. X, p. 122 ff.
184« In der betreffenden Sitzung waren anwe-
send der Amtsschultheiss Freudenreich als Präsi-
dent, die Ratsherren Jenner, v.:Graffenried, Pfander,
V. Muralt
184* K. R. M. 16, p. 137.
184« St M. X, p. 155.
184* St M. X, p. 362 und 366.
184* K. R. M. 19, p. 206.
185» C M. IV, p. 269.
185« K. R. M. 26, p. 15.
185* Der Stand Bern hatte jetzt freiUch noch
einmal die Freude, den Professor Haller, wenn auch
als Exprofessor, als Censor amten zu sehen. We-
nige Tage nachdem er der Akademie den Rücken
gekehrt hatte, entband der Geheüne Rat den Prä-
sidenten der Censurkommission, den Ratsherrn von
25S
«n
QmHCT ffgp^^H und £cllttieniiifl6iL
DieBbadi, auf dessen Ansuchen hin seiner durch
die Censurordnung vom 6. Juni ihm obliegenden
Offizien und übeigab ilun dieselben; so wurde
Haller Censor der öffentlichen Blätter und aller
Schriften, welche sich auf die innem und äussern
Staatsverhältnisse bezogen, v. IDiesbach führte von
jetzt ab nur noch das Präsidium der Censurkom-
mission. (O. R. M. VII, p. 170 ff.) Die erste Hand-
lung, die Haller als Stellvertreter v. Diesbachs vor-
zunehmen hatte, war, dem Professor Heldmann an-
zuzeigen, dass dessen c Europäische Zeitung» mit
Ende des Jahres 1817 einzugehen habe und die
Rechnung mit demselben zu bereinigen.
185« Pag. 43.
185^ lieber dieses Memorial habe ich nirgends
etwas finden können; ist wirklich ein solches dieser
Behörde eingegeben worden, so ist es doch sicher-
lich in keiner Instanz behandelt worden.
185* Nach dem Wunsch der Behörde amtete er
bis zum Beginn des Wintersemesters 1817/18 weiter
und dieser Umstand mag wohl fQr Oreyerz die
Veranlassung zu der unrichtigen Kombination ab-
gegeben haben.
185» O. R. M. VI, p. 207.
185« O. R. M. VI, p. 213.
1861 K. R. M. 39, p. 43Z
186> K. R. M. 40, p. 47ff.
186 < Den eigentlichen Grund seines Rücktrittes
hat Mutach natürlich in seinem [>emis8ionsbegehren
nicht weiter angegeben.
1871 O. R. M. VII, p. 303.
187* Viel zu scharf und der historischen Wahr-
heit nicht entsprechend ist das Urteil, das Tillier
in seiner «Geschichte der Eidgenossenschaft wäh-
rend der sog. Restaurationsepoche» III, p. 35, über
Tschamer fällt: «Tscharner sah zu spät ein, dass
eine höhere Lehranstalt anders als ein gepachteter
Acker, hochgebildete Lehrer anders als Tagelöhner
behandelt werden mflssten.»
187 • G. R. M. IX, p. 391 ff.
187^ Nachdem er erst als Hauslehrer tätig ge-
wesen war, hatte ihn Fellenbeig in Hofwü an-
gestellt, aber nach einem Jahr wieder entlassen,
weil er m seinem Unterrichte Fürsten und Adel
«mit den pöbelhaftesten Benennungen» beehrte.
187' Siehe meine ausführliche Darstellung dieses
Handels im B. T., Jahig. 1901
188^ Vergeblich sucht man den Namen Stähele
in den Manualen der Kuratel
188> K. R. M. 49, p. 470.
188» C M. VI, p. 43, 366.
1891 C M. VI, p. 411.
189* Die neu gewählten Kuratoren waren der
Geheimratschreiber Fr. Fischer, der bis anhin
Sekretär der Kuratel gewesen war und deren Ma-
nual in mustergültiger Weise geführt hatte, und der
Ratsschreiber Benoit Bereits war auch im Lauf
der Jahre die zweite und dritte Stelle in der Ku-
ratel von andern Personen besetzt worden. Nach-
dem den 8. Oktober 1813 Dekan Ith gestorben war,
kam der Pfarrer Wyttenbach an der Heilig-
geistkirche, ebenfalls eine hervorragende Kraf^ an
seine Stelle. Leider resignierte der berühmte Natur-
forscher schon im Dezember 1815 und sein Nach-
folger wurde der Helfer Bay. Im Juni 1810 trat
an die Stelle des verstorbenen Seckelmeisters Fi-
scher, der vom Stadtrat als drittes Mitglied der
Kuratel gewählt worden war, H. Wyttenbach,
und nach dessen Tod im November 1811 der Se-
ckelmeister von Jenner, Mitglied des obem
Appellationsgerichtes, der bis zum Jahr 1824 in der
Kuratel verblieb. Es ist klar, dass durch diesen
ziemlich raschen Personenwechsel die Tätigkeit des
Kanzlers Mutach sehr erschwert wurde.
190 1 Von den sechs Beisitzern der Kuratel er-
hält nach dem Reglement einer das Präsidium über
die Litterarschule, ein zweiter über die zu errich-
tende Realschule und die vier übrigen teilen sich
in das Präsidium der vier Fakultäten der Akademie.
190* So nach dem Kuratelreglement vom 16.
Jenner 1822 (C M. VIII, p. 493 ff.).
190» C. M. VIII, p. 446 ff.
190* Vom März 1827 an nach dessen Tod Pro-
fessor Studer.
191 ^ Vom September 1824 an Appellationsrich-
ter Steiger von Riggisbeig.
191 * Vom Dezember 1826 an alt-Landvogt May
von Courtelary.
191 s Vom Februar 1826 an alt-Landvogt Tschar-
ner von Bufgdorf.
191 * Vom Mai 1824 an alt-Oberamtmann Zeer-
leder von Aarwangen, vom Homung 1831 an, nach-
dem Zeerleder an Mutacfas Stelle gerüdct war,
Oberlehenskommissär Wyss.
191 « Siehe oben p. 18Z
191 • C. M. IX, p. 358.
191 Y C. M. X, p. 341.
1921 C. M. XIII, p. 205 ff.
192« CM. IV, p. 352 ff.
192» O. R. M. XI, p. 81 und 82.
192« C M. VIII, p. 207.
193^ C M. 1, p. 56.
193> C. M. I, p. 196.
193» C M. IV, p. 119.
193« C M. IV, p. 185.
^
QueOeiuiigabeii und EfUulentiigeiL
m
III, p. 37, 55.
193BC M. II, p. 307 ff.
1941 C. M. XII, p. 231.
195^ C M. III, p. 55ff.
195> C M. II, p. 457 ff.,
196^ C M. I, p. 39.
196* Der Sohn des Pfarren am MOntter; ein
Jahr vorher war er Ina Miniaterium angenommen
worden.
196» C M I, p. 62 und 63.
1971 C. M« II, p. 415.
197 > C M. II, p. 4ia
197» C M. VI, p. 90.
197* C M. III, p. 370.
197» C M III, p. 406.
197« C M. IV, p. 105.
1981 C M. IV, p. 185.
198» C. M. IV, p. 389.
198» C iVL IV, p. 413 ff.
198* C M. V, p. 419.
198» Vgl oben p. 197.
198» C. M. V, 191.
1991 Abgedruckt im Litterariachen Archiv der
Akademie, Bd. 4, Heft 2, p. 99 ff.
199» C M. VI, p. 345, 386, 509.
199» C M. VII, p. 37.
199* C. M. VII, p. 494.
199» Ueber Suters Studiengang und philologi-
sche Beschäftigungen siehe hn B. T. 1902 meme
c Briefe von Bemem und an Bemer in der Bürger-
bibliothek zu Luzem», p. 151 ff.
199» Siehe das Kapitel «Dozenten und ausser-
ordentliche Professoren».
199» C M. VIII, p. 472 ff.
199» C M. VII, p. 459.
2001 C M. XI, p. 66 ff.
200» C M. XII, p. 82ff.
200» C M. XII, p. 188.
200* Siehe oben p. 194.
200» C. M. XIII, p. 116 ff.
200» Die ihm voigelegten Proben waren: eine
Dissertation in lateinischer Sprache, in welcher die
Odyssee mit der Ilias zu veigleichen war und zu
welcher dem Kandidaten eine Woche zur Ausarbei-
tung gegeben wurde; eine Vorlesung über einen
profanen lateinisdien und eine solche über einen
profanen griechischen Schriftsteller, und endlich
ehie dritte über eine Stelle des Neuen Testaments
mit grammatikalischen Erklärungen. Studer zeich-
nete sich bei diesen Proben namentlich durch seine
Kenntnisse hn Griechischen aus.
200» C. M. XII, p. 208.
201 1 C. M. XIV, p. 215.
201» Ueber sehie Gelehrsamkeit vgl Hg. B.
II, p. 164 ff.; über sein Wiricen am Politischen
Institut ebendaselbst Der bisherige Inhaber dieses
Stuhls, J. F. Stapfer, war als Pfarrer nach Dies-
bacfa gegangen.
201 » Schon von Anfang an von der Kuratel vor-
gesdUagen, hatte er wegen gewisser Bedenken erst
nachträglicli für seUi Amt sich gemehlet C M. I,
p. 36, 79.
201 * Sogar die phfldogische FakuHit ab die
«untere Theologie» nahm noch an dieser
superioren Stellung teil; der Professor der Alter-
tumskunde, m dem die alte «Eloquenz» wieder er-
stand, erhielt ebenfaUs einen Gehalt von Fr. 2000
und der Professor philosophiae von Fr. 1800.
201» iVL K. S. D. I, p.399.
201» M. K. S. D. I, p.414.
201 7 C M I, p. 157.
2021 Die Zahl der obligatorischen Unterridits-
stunden beUef sich auf 24; die FakuHit fand frei-
lich, es seien derselben zu viele und wünschte einige
Erieichterungen der Studierenden, aber die Kuratel
stellte sich auf den enigegengesetzten Standpunkt
in der Meinung, dass vier Stunden täglicher Ar-
beit un Kloster «das wenigste sei, was auf iigend
einer akademischen BUdungsanstalt gefördert und
geleistet wird; fleissige Studenten haben übrige
Zeit zu Privatarbeiten, und für unfleissige oder sol-
che, denen es am WiUen fehlt, an ihrer Ausbildung
durch eigene Anstrengung zu arbeiten, sind die
vorgeschriebenen Stunden nicht hinlänglich». C
M. I, p. 307.
202» C M. I, p. 151.
202» Diesmal je vier für Dogmatik, Moral und
Kurchengeschichte. C M. II, p. 266.
202* Das Nähere siehe in dem Kapitel über die
Anstellung der Professoren.
202» C M. V, p. 203.
202» C M. V, p. 487.
2031 C M. VII, p. 31 ff.
203» D. i. der Rektor der Untern Sdiule, zu-
gleich Präsident des Untern Schulrats.
203» C. M. VII, p. 235.
203* Schon im Jahr 1814 hatte Professor Schärer
seiner geschwächten Gesundheit wegen den hebrä-
ischen Unterricht an der philologischen Fakultät
abgeben müssen; er war auf seinen Wunsch hin
von der Kuratel dem Professor gymnasii übergeben
worden, «da sie in ihm den wahrscheinlichen Nach-
folger des H. Schärer schon jetzt anericenne, ihn
aber dermalen noch nicht gerne als Professor gym-
nasii vermisste und folglich gerne sehe, dass er
sich durch die vices des Herrn Schärers für seme
tit
Quelleiuuigaben und Eittuterungen.
m
kfinfQge Stelle voibereite ». In den Augen der Ku-
ratel war also Lutz sdion im Jahr 1814 der prä-
destinierte Nachfolger des Professors der Bibel-
kunde und diese seine Ansicht wird wohl männig-
lich audi in Erfahrung gebracht haben. C. M. VI,
p. 13Q, 140.
203« M. K. S. R. IX, p.330 f.
203« Wie sem Biograph im B. T. 1855, p. 229 ff.,
sagt
204^ C M. VII, p. 272 ff.
204* Wenige Wochen vorher, den 28. Juni 1818,
war die Erinnerung an die Laupenschladit von den
Bemem in erhebender Weise gefeiert worden; auf
dem Schladitfelde waren eine Reihe patriotischer
Freiheitslieder gesungen worden, und die mitfeiern-
den Studenten, deren nicht wenige waren, werden
die Erinnerung an den sdiönen Tag durch Wieder-
holung jener Lieder in den folgenden Wochen wach
erhalten haben.
204» K. R. M 46, p. 166 ff.
204^ Bitzius war auch Teilnehmer am Laupen-
fest gewesen.
204» C. M. VII, p. 283 ff.
204* Fetscherin, der nachherige Regierungsrat,
erregte audi später wieder das Missfallen der da-
mals regierenden Herren. Im September 1822 hatte
er sich als Aktuar des HQlfsvereins für die Orie-
dien erkühnt, trotz des Verbotes der Regierung,
nadi welchem alle Publikationen, sei es zum Vor-
teil oder zum Nachteil der Griechen, untersagt wa-
ren, un Wochenblatt eine Versammlung der Hülfs-
vereine für die Griechen auf Sonntag den 29. Sep-
tember in das grosse Auditorium einzuberufen. Die
Kuratel verwies ihm dies mit Schreiben vom 22.
September (C. M. IX, p. 191), war aber doch so
vernünftig, die Versammlung, die nun einmal zu-
sammenberufen war, nicht zu veriiindem. (Der
Präsklent des bemisdien Hfllfsvereins war der Spi-
talverwalter Otth. Siehe Fetscherins Biographie von
Uuterbuig in A. H. V. III, 2, 1855, p. 14).
205^ C M. IX, p. 9.
205> CM. IX, p. Off.
205« C. M. IX, p. 59.
205« C. M. IX, p. 65.
2061 C M. XII, p. 159.
206» C. M. I, p. 307.
206» C. M. II, p. 409; III, p. 159; IV, p. 46.
206* Infolge einer Abmachung zwischen Haller
und Schnell, über die aber aus den Manualen der
Kuratel nichts Näheres in Erfahrung gebracht wer-
den kann.
206» Mericwürdigerweise erklärt ihm die Kuratel
in einem Schreiben vom 23. Oktober 1812 (C M.
IV, p. 308 f.), dass er nach seinem Patent und dem
neuen Reglement schuldig und verpflichtet sei, nicht
nur das Staatsrecht, sondern auch die Staatenkunde
und das Völkerrecht abwechselnd vorzutragen und
dass er im Winter 1812/13 das europäische posi-
tive Völkerrecht nach Mertens zu lesen habe, ver-
bunden mit praktischen Uebungen und Anleitung
zu Redaktion von diplomatisdien Noten und Me-
morialen.
206» C. M. IV, p. 506.
206» C M. V, p. 2 ff.
207 i C M. VI, p. 31.
207» C M. VII, p. 52 ff.
207» In der Btgttadung des Antrages sagt die
Kuratel: « Bey der gegenwärtigen Lage der schwei-
zerischen Eydsgenossenschaft, wo 22 grossere und
kleinere unabhängige Republiken unter sich durch
eine Bundes-Akte verbunden sind, und wo der
Kanton Bern als der grösste und präponderierendste,
neben dem abwedisehiden Sitz der Directorial-
regierung, noch eüien so wesentlichen Einfluss auf
den vereinigten Freistaat ausübt, mag es wohl je-
dem Sdiweizer und dem Bemer ganz besonders
interessant und wichtig vorkommen, durch genaue
Bekanntschaft mit jener Bundesakte sich auch mit
den vielfachen Verhältnissen der verschiedenen
Stände und ihrer Angehörigen gegeneinander ver-
traut zu machen. Sowohl dem angehenden Redits-
gelehrien, als vorzüglich auch demjenigen, der auf
Staats-Aemter zu aspirieren gedenkt, muss dieses
bis jetzt allzu sehr vernachlässigte Studium des
Eydsgenössischen Bundes-Vertrags von wesent-
lichem Nutzen seyn. — Da man femers in hie-
siger Stadt, als so zu sagen dem Hauptort der
Schweiz, und dem Vereinigungspunkt so vieler
Fremden und diplomatischen Personen, mit diesen
heutzutage weit mehr als in frühem Zeiten in viel-
seitige Berühmng kommt, da man öfters verlegen
ist über die Art und Weise, wie man sich gegen
dieselben, besonders gegen die Letztem zu ver-
halten habe, so möchte es wohl nicht ausser Ort
seyn, hierüber einen eigenen bestimmten Unter-
ridit ertheilen zu lassen.!
207« C. M. VII, p. 229.
207» C M. VIII, p. 89, 98.
207» Vgl. Hg. B. n, p. 117 ff.
207' C M. X, p. 130.
207» C M. X, p. 203.
208 i C. M. XIII, p. 293.
208» So hatte sie 1802 dem Institut Fr. 8000
zugewiesen zur Besoldung der Lehrer, zur Ver-
mehrung der Bibliothek und Anschaffung von In-
igji T
«
Qitfllfiw p^fi f und EiUtilviiiiffaL
m
ftrumenien. Die Lehrer bezogea von den Studie-
renden KoUegiengelder.
206» M. K. S. D. I, p. 20ff.
208« M. K. S. D. I, p. 31.
209 ^ Ueber die Proben, die er m bestehen liatte,
siehe p. 193.
209« C. M. 1, p. 335, 336.
209* Professor Emmert junior wurde im folg^en-
den Jahr die Besoldung auf Fr. 1400 erhöht
209« C. M. III, p. 147 ff.
209» C. M. IV, p. 37.
2101 C. M. IV, p. 123.
210* Siehe Seite 213 und 214.
210» C. M. I, p. 197ff.
210« C M. II, p. 263.
210» So lautete z. B. das Zeugnis, weldies den
30. November 1809 dem Schüler der Tierarzneischule
David Stauffer aus Signau gegeben wurde, also:
« Wir Kanzler und Curatoren der Bemischen
Akademie thun kund hiemit: demnach der hiesige
Kantonsangehörige D. St während 2 Jahren unter
dem hier öffentlich angestellten Professor artis ve-
terinariae der Erlernung der Tierarzneikunde mit
Eifer sich beflissen hat, als haben Wir denselben
auf heutigen Tag in unserer Gegenwart zu einem
öffentlichen Examen berufen, und durch seine Ant-
worten befunden, dass derselbe seme Lehrjahre
wohl angewandt, und durch Talente und Fleiss
sehr gute Kenntnisse in dem Theoretischen und
Praktischen Theile seiner Kunst und vorzüglich in
Hinsicht auf die Pferde, erworben habe.
Da nun benannter Herr gesinnet ist, von nun an
als Thierarzt zu praktideren, so haben Wir dem-
selben kraft dieses offenen Briefes das unparthey-
ische und aufrechte Zeugniss anmit ertheilen wollen,
dass er wohl studiert habe, und Wir ihn so viel
an Uns für fähig befunden, sich von nun an seinem
Berufe als praktiderender Thierarzt zu widmen.
Also gegeben unter Meiner des Kanzlers Unter-
schrift mit Beysetzung des grossem Akademischen
Siegels.» Unterschrift
210« C. M. f, p. 307.
210» C. M. IV, p. 340, 341.
2111 c. M. IV, p. 281 ff.
211 > C. M. V, p.423, 48Z
2121 C. M. V, p. 449, 450.
212* Durch das Los war es diesem zugefallen,
eine Präparation des Oallensystems zu geben und
eine physiologische Voriesung über den Assimila-
tionsprozess zu halten, jenem (Dr. Ith) eme ana-
tomische Demonstration der Respirationsorgane zu
liefern ; über den Qegenstand der ihm zugefallenen
physiologlsdien Voriesung sagt uns das Manual
der Kuratel nichts.
212* C M. VII, p. 437 ff.
212« C M. VIII, p. 279 ff.
213 1 So hoffte z. B. die Kuratel üi Zukunft für
das bereits als vollständig anzusehende anatomi-
sdie Kabüiett nicht mehr vid ausgeben zu müssen«
213* C M. VIII, p. 434, 435.
213* Statt vieler Sdireiben seiner Person wegen
sei hier ein einziges erwähnt, vom 22. August 1827
(C M. XII, p. 248): cZedel an den Curator der
medidnisdien FacuKät Bey Anlass der von den
verschiedenen HH. Prof. eingesandten halbjähr-
lidien Studienberichte haben Mehghh. Curatoren
mit nicht geringer Verwunderung denjenigen des
H. Prof. Tribolet vermisst und zugleich vernehmen
müssen, dass derselbe, ungeaditet aller frühem Er-
mahnungen seine CoDegien während dieses Scxn-
mers mit grosser Nachlässigkeit abgehalten habe.
Es richten Mehghh. Curatoren an Euer Wohledel-
geboren das höfliche Ansuchen, H. Prof. Tribolet
aufzufordern, seinen verspäteten Bericht in Zeit v.
2x24 Stunden unfehlbar einzusenden, und ihm zu-
gleich das Ausfallen der hiesigen Behörde über die
Vemadilässigung seiner Pflichten als Lehrer zu be-
zeugen. Mehghh. Curatoren, welche sdion öfters
sidi gezwungen sahen H. Prof. Tribolet zu grös-
serer Pünktlichkeit m Ertiieilung seiner Stunden zu
ermahnen, können es unmöglich länger zugeben,
dass die anderweitigen Berufspflichten des H. Tri-
bolet denselben zu so oft wiederiioHer Unterbrech-
ung seiner Voriesungen veranlassen und enudien
Sie ihm desshalb ernstliche Vorstellungen zu ma-
chen...»
213« Nach dem Manual der Kuratd XIII, p.
241 ff., hatten sich mehrere Bewerber zu den veran-
stalteten Proben gemeldet; leider erfahren wh* über
diese nichts, was einem sehr auffallen muss.
213* C. M. VIII, p. 405.
2141CM. VII, P.9Ö.
214* C M. VI, p.90.
214* C M. XI, p. 21öf.
214« C. M. XI, p. 285 ff.
214* C. M. XI, p. 320.
214* C. M. XI, p. 66ff.
214 7 Zwei Stunden Natuigeschicfate und eüie
Stunde physikalische Oeographle.
214* c es sei bloss — so glaubt sie — . auf zahl-
reich besuchten Universitäten thunlidi, jeden beson-
dem Zweig einer Hauptwissenschaft durch einen
eigenen Lehrer vortragen zu lassen, indem da die
wegen der Menge der Studierenden hoch ansteigen-
den Honoranzen einem jeden Professor erlauben.
<t
Qnellemuigaben und EittutemiigciL
»
andi bei geringer Betoldiing vom Staat aus si
auf seine Wissenschaft zu beschränken. Auf einer
Akademie, wie die unsrige, ist es zuverlässig ein
grosser Nachtheil, die ohnehin nicht starken Be-
sokiungen zu zersplittern, indem der betreffende
Lehrer dadurch veranlasst werden wird seme ihm
keine unabhängige Existenz verschaffende Stelle
als Nebensache zu betrachten und seinen Fleiss
und seine Thätigkeit andern Erwerbsquellen zuzu-
wenden.»
214» C M. XI, p. 77.
214^0 So gehörte also der Lehrstuhl der Zoo-
logie und Botanik zur medizinischen, der andere
für Mineralogie und Oeognosie zur philosophisdien
Fakultät!
2151 C M. II, p. 269, 297.
215* C. M. VIII, p. 2, 239.
215> M. K. S. D. I, p. 43.
215^ Damach ist zu ändern, was in O. Q. A.,
p. 28 und 29, steht
2161 c M. V, p. 371.
2171 M. K. S. D. I, p. 111.
217>M. K. S. D. I, p.304.
217» K. M. I, p. 42ff.
217* K. R. M. VII, p. 135.
217» D. B. III, p. 221 ff.
217« Nämlich an der Herrengasse Nr. 325, 324,
322, 320, 319, an der Kirchgasse Nr. 264, Chorhaus.
Für die andern Professoren, und zwar vorzüglich
denen, welche Geistliche und Mitglieder des ber-
nischen Ministeriums waren, waren noch reserviert
an der Herrengasse Nr. 326, 323 und 317.
217 T C. M. VII, p. 246, 263.
217« Dot B., p. 28, 40 a.
217» Den 31. März 1806 dahin abgeändert, dass
ehizig Thun seine alten Vorrechte beibehielt
2181 Die sogenannten Untern Schulen der
Stadt Bern zerfielen nach dem Reglement von 1805
in die Elementarschule (6. — 8. AHersjahr), die
Klassenschule (8. — 13. Jahr) mit je einem Jah-
reskurs in der vierten, dritten und zweiten Klasse
und einem zweijährigen Kurs in der ersten Klasse,
und endlich das Gymnasium (13. — 16. AHers-
jahr), das die Schüler mit der Admission zum hl.
Abendmahl verliessen. Nach Ablauf der Probezeit
wurde die Elementarschule auf drei Jahre ausge-
dehnt (1812).
218» C. M. II, p. 123 ff.
218» C M. II, p. 138 ff.
218« C. M. III, p. 283 ff., IV, p. 2 ff., 201 ff.
218» Dot B., p. 30.
2191 C. M. VII, p. 122f.
219» C. M. XII, p. 304.
219« C M. VIII, p. 212, 214^ 509.
219« L. A. V, p. 95ff.
2201 Der botanische Garten auf dem Friedhof
des Franziskaneridosters ist nicht zu verwechseln
mit dem botanischen Garten der naturforschenden
Gesellschaft, der anfänglich im Aarziehle, dann an
der Judengasse und von 1796 an beim Turm an
der Langmauer gewesen war (vgL W. B. I, p. 377,
378).
220» C. M. IV, p. 15 ff.
220» C M. IV, p. 314 und 37a
220* C. M. V, p. 117, 156.
220» C. M. XI, p. 146.
221 1 C. iVL XII, > 244.
221 > C. M. II, p. 64, 70, 95.
221 » Zum Beispiel C. M. X, p. 84.
221« C iVL I, p. 182 ff., 193.
221 » C M. I, p. 222.
221 • C. M. III, p. 129.
221 V C M. II, p. 302 ff.
2221 C. M. VII, p. 51.
2231 C. M. I, p. 163.
223» C. M. I, p. 217.
223» C. M. II, p. 341, 432.
223« C M. IV, p. 243, 255.
223» C M. V, p. 161 ff.
223« C M. VI, p. 4.
223» C M. VI, p. 172 ff.
223» C. M. VI, p. 283.
2241 c. M. VII, p. 252.
224» C. M. X, 11 ff.
224» C. M. X, p. 293.
224« C M. XI, p. 209.
224» C NL XI, p. 49.
2251 C M. I, p. 241; II, p. 437.
225» Nach der Dotationsakte vom 20. Dezember
1804 war der alte Bibliotheksaal vom Kanton der
Stadt übergeben worden, weshalb die Kuratel in
dieser Angelegenheit sich zuerst an den Stadtrat
zu wenden hatte; bald nachher wurde aber der
alte Bibliotheksaal von der Stadt der Kuratel ab-
getreten gegen das Plainpied der Bibliothekgallerie,
welches bis dahin (Dotationsakte, p. 36, 18) dem
Kanton gehört hatte. Hier waren bis jetzt der
medizinische Hörsaal und die medizinische Com-
munbibliotfaek gewesen (vgl. das über die medi-
zmisdie Bibliothek Gesagte), die nun ins zweite
Stockwerk des Klosters verlegt wurden. Das dritte
Zimmer im Erdgescfaoss der Bibliotiiekgallerie
wurde der Kuratel zur Benutzung für die Abend-
arbeitsstunden der Schüler unentgeltlich überiassen
(Dotationsbudi, p. 106). So gehörte also jetzt die
ganze Bibliothekgallerie der Stad^ das Kloster Ui
Qttelleiuuigabeii und EittutemiigeiL
m
seinem ganzen Umfang dem Staat In der Biblio-
tfaekgallerie selber war seit dem Jahr 1802 die
naturwissensdiaftliche Sammlung angestellt unter
der Aufsicht und Besorgung der Gesellschaft vater-
landisdier Naturfreunde. Den Grundstock derselben
bildete die Sprfinglische Sammlung der
schweizerischen Vögel, die nach SprQnglis
Tod (er war Pfarrer in Stetden gewesen) auf An-
regung der naturforschenden Gesellschaft vermit-
telst einer Subskription unter der beraischen Bur-
gerschaft und mit Beihfilfe der Gemeindekammer
für die Stadt angekauft worden war. Hier waren
auch die Erlachische Mineraliensamm-
lung und dieTriboletsche Pflanzensamm-
1 u n g , welche der Unterrichtsminister Stapf er durch
das Vollziehungsdirektorium f&r die Akademie hatte
ankaufen lassen, durch die Dotationsakte dem Stadt-
rat abgetreten (Dot B., p. 30).
225 ' Das akademisdie Kunstkomitee bestand bei
seiner Erwfihlung hn März 1810 aus den Herren
Tschamer von Aubonne als Prisidenten, Professor
HQnerwadel als Sekretär, Lombach vom Rheinthal,
Professor Sonnenschein, dem Zeichnungslehrer Rie-
ter (Vater) und den beiden Malern König und VoU-
mar. Im Juni 1815 trat an die Stelle Tschamers
der Ratsherr von Muralt, der aber schon das fol-
gende Jahr starb, und nun amtete vom März 1817
an Mutach selber als Präsident des Komitees;
erst im Frühjahr 1830 versah als Vizepräsident
seine Funktionen der Kurator May. 1818 starb*
Rieter und wurde durch Lory (Vater) ersetzt Lom-
bach wurde 1821 durch Kari Tscharner von Lohn
ersetzt und an Professor Sonnenscheins Stelle trat
nach dessen Tod (im Dezember 1828) Sigmund
V.Wagner. Vollmar starb im Mai 1831. Bei Gele-
genheit der Kunstausstellung vom Jahr 1830 wurde
ein achtes Mitglied in das akademische Kunstko-
mitee gewählt, Herr v.Werdt, all. Steiger.
EMe drei Saalinspektoren waren Vollmar, Rieter
Sohn und Gottlieb Löhrer.
225* C. M. IV, p. 71; V, p. 75.
2261 C. M. VIII, p. 77, 101, 103.
226* C. M. VIII, p. 417.
226« M. K. S. D. I, p. 7a
226« C. M. IV, p. 310.
226^ Die musikalische Gesellschaft
wurde den 23. November 1815 gegründet unter der
Aegide von Professor Meissner, einem tüchtigen
Musikkenner und Violoncellisten; sie erleiditerte
den Studenten der Akademie die TeUnahme an
ihren Uebungen und Aufführungen so viel als mög-
lich. VgL die Abhandlung von F. Häfelen cüber
die musikalische Gesellschaft in Bern» in B. T.
1857, p. 122 ff. Wenn es daselbst heisst; p. 127:
cdas Musik-CoUegium der Studenten gab im Saal
des Chorhauses der Predigerkirche zuweilen Con-
certe», so muu sich das auf die Zeit von 1810
bis 1812 beziehen. Auch nadi der Darstettung Hä-
felens war der Kanzler Mutacfa dasjenige J\4i1gtied
des Rates, das auch die musikalischen Bestrebungen
der Stadt tetkräft« unterstfitzt wissen wollte. C M.
III, p. 37 f., 50 f.
227^ C M. I. p. 275.
227> C M. II, p. lOQ, 318» 339, 402.
227» C M. I, p. 144 ff.
228^ M. K. S. DL I, p. 429.
228> C M. II, p. 145.
228> C M. IV, p. 491
228« VgL SdL R. M. V, p. 192; VI, p. 12a In-
spektor derselben war der jeweiQgt Prozessor ek>-
quentiae.
228« C M. I, p. 226.
229^ C. M. II, p. 2, 401.
229* C M. I, p. 299.
229» C M. VII, p. 512.
229« C M. III, p. 55; V, p. 333; XI, p. 116 ff.
230^ C NL II, p. 344.
230* C M. III, p. 185 ff.
230* Das Thema seines Faches hatte geUutet:
c Ueber die Mythen hi der Hell Schrift und deren
Einfluss» (in Utemischer Sprache); von den allge-
meinen Fragen hatte er folgende drei gelöst: cüber
die Logarithmen », « über die Nützlichkeit der Kennt-
niss der griechtsdien Sprache», cüber die Authen-
tidtät der Gesdiichte WUhefan Teils in Entgegen-
stellung mit der Meinung, dass dieselbe bloss eine
Nordische in die Geschidite unserer Väter aulge-
nommene Sage sei». Zieglers Konkurrent bei diesen
Proben war der stud. juris Gottlieb Wyss.
Von den allgememen Themata hatte er diese drei
bearbeitet: «über die Nützlichkeit der Kenntniss der
griechischen Sprache», «über den Unterschied zwi-
schen Vemunftideen und Verstandesb^griffen »»
« über die Bestandteile und Nützlichkeit emes Natur-
systems»; als Angabe seines Fadies war ihm das
Thema zugewiesen worden : « über den Unterschied
zwischen Nachlässigkeit und Gefährde» (in lateini-
scher Sprache).
230« C. M. VIII, p. 482 ff.
2311 Den 28. April 1832 trat TiUier aus der Re-
gierung aus; an seine Stelle kam der Grossrat An-
ton Tillier, worauf dann den 2. Mai Regie-
rungsrat Schneider Vizepräsklent des Erzieh-
ungsrates wurde.
231 * Ith schlug die Wahl aus und an seUie Stelle
kam der Grossrat Dr. Rudolf Lintfa.
264
«
QueUenangiben und Erlltiterangeii -*- Errata.
231 * Leider habe ich das Manual der akademi-
•dien Kommission nicht auftreiben können.
2321 Siehe p. 187.
232 > Sein Antwortschreiben li^ bei den Akten
des Erziehungsdepartements in der Bibliothek der
Jetzigen Erziehungsdirektion; diesen Akten sind die
Notizen entnommen, auf welche ich dieses letzte
5i
Kapitel meiner Arbeit aufgebaut habe. Leider sind
die Manuale des Erziebungsdepartementes unvoO-
sttodig eitalteo.
232« Vgl. oben p. 203 ff.
232« Für diese SteUe hatte sich bereits audi
W. Snell angemeldet
233^ Reg. M. VI, p. 195.
Errata«
Pag. 1, Zeile 9 von unten lies: So erstrebte es
statt So erstrebten sie...
Pag. 19*, Zeile 3, lies Thomas.
1 3Ü^ Z. 20^ lies der Rrofessoreo.
Pag. 32, Z. % lies ROtimeyer.
» 44 *, Z. 4 von unten, lies Rfitimeycr.
» 51 *, Z. 7, Ues Rfltimeyer
2»
Namen- und Sachregister.
Abwirter der medizinischen Fakultät, 209.
Aedilis des Studentensenats, 38, 39, 115, 121.
Akademische Kommission, 231.
Akademisches Kunstkomitee, 264.
Akademische Musikgesellschaft, 226.
Akademische Preisaufgaben, 229.
Akademischer Rat, obere, 178, 181, 190.
untere, 178» 181, 190.
Akademische Zeichnungssdiule, 225, 226.
Aisteds Orator, 51.
Altire der Barffisserkirche, 7 ff.
Altmann J. O., 101, 127, 133» 154, 251, 252.
Alumnat ün IGoster
anno 1535, 22.
1539, 22.
1548^ 21
1581, 33.
1591, 36 ff.
1610, 42, 43.
1616, 53, 54, 247.
1643, 64-66.
1653, 68 ff.
1655, 75.
1707, 119 ff.
1799L-1803, 173 und 174.
von 1805 an, 215—217.
Alumnat auf der Schul
Oründung, 32, 33, 34.
anno 1591, 36 ff.
1616, 53, 54.
1643, 63, 64...66.
1695, 112 ff.
1707, 114 ff.
1799L-1803, 173 ff.
von 1805 an, 216, 217.
Ampelander, 28.
Amport Christian, 28, 30, 31, 243, 244.
Anatomiegebaude, 221, 222.
Anker, Maler, 224.
Anker iVUthias, 223, 224.
Anker Samuel, 224.
Anstellung der Professoren, 193, 194.
Apollinarius, interpr. psahn., 50.
Apparitores, 38, 39, 115, 121.
Arator, 29.
Aretius Benedictus, 28» 29.
Aristophanes, Plutus, 29, 244.
Arminianismus, 105.
Artopoeus, 20^ 27, 28» 29.
Asinus, 247.
Assodationsekl» 108.
Aufsidit des Rates über die BarfOsser, 11, 237.
Augustin» 28.
Ausschluss der Habitanten- und Bauemsöhne, 121.
239» 24a
Bacfamann» Dekan» 106^ 107.
B«rfQsser*Brflder»
— ^~ Ouardiane»
^ — Lesetnelster»
^ — Sduiffner»
BarfOsseikirche» 16.
BarfOssersiegd» 241.
Basedow» 257.
Baselhut» 83» 115.
Bassompierre» 227.
Bastian Dr.» 1&
Bau des Barffisserklosters» 5.
Bauernkrieg, 66, 67, 249.
Bay, Helfer, 228, 259.
Beck Job. Hemr., 177, 196» 197.
Beck PhiL Friedrich, 197, 199, 213.
Befinden über Einrichtung der Akademie» 175.
Beginen» 15.
Benoit Friedr.» 99» 132.
Benoit, Ratsschreiber» 191» 259.
Beigen» von» Huldreich» 31.
Bemer Daniel» 76.
Bemoulli NikUus» 90.
Bemoulli Daniel» 9a
Besoldung des Herrn im Kloster» 32» 60, 61» 154.
Besoldung des Herrn auf der Schul» 60» 61» 154.
Besoldung der Professoren
nach der Oründung der Schule» 23b
anno 1598» 32.
» 1640» 6a
» 1786» 153 ff.
266
«
Namen- uod Sadiregister.
anno 1805 und folgende, 197, 200, 201, 209, 214,
223, 225, 260, 26X
Bibliander, 56.
Bibliothek, Grosse, 229.
BibUotfaekbau, 98.
BibUoifaekgallerie, 263, 264.
BibUoifaeksaal, 263.
Bitzius Albert, 204, 261.
Bläpp Samuel, 31.
Blauner Adrian, 242, 243.
Blauner Gabriel, 30.
Blauner Nikiaus, 95, 96, 97, 140, 218.
Bondell Emanuel, ^ 99, 116.
Bonnet, Contemplation de la nature, 159.
Bonstetten Viktor, 93, 97, 157, 158, 160, 161, 164,
25Z
Bonstetten Viktor, dessen c Patrizier», 158 ff., 257.
Bourgeois David, 77, 82, 83, 105, 132.
Botanischer Garten, 220, 221, 263.
Breitinger J. J., Priidikant, 55.
Brunner Joh. Rudolf, 102, 132, 154.
Brunner Karl, Dr, 199, 213» 214, 221, 227, 228» 231.
Budiser Ismael, 19, 20, 21.
Bucer, 242, 243.
Bullinger, Antistes, 21, 22, 23, 27, 243.
Burschenwesen, 192, 193.
Buxtorfü grammat hebr., 52.
Capito Wolfgang, 18, 242.
Cartesius, 82, 104, 252.
CastUlion Jean, 95.
Caesar, 247.
Censoren, 38» 39, 96» 100, 108» 115, 122, 216.
Censur, 25, 39.
Censur der Presse, 182, 184.
Censur der Professoren, 139 ff.
Chemische Küche, 217.
Choigericht, als erste Aufsichtsbehörde über das
Kloster, 22.
Cicero, 28, 138, 244, 247.
Comenius, janua L reserata, 84, 110.
Conformatio scholarum trivialium, 23, 244.
Consul des Studentensenats, 38, 48.
Cyro Peter, 243.
Dacfaselhofersches Stipendium, 62.
Dedamatio, 23, 51, 247.
Dekane der Akademie, 176» 179, 190.
Deutschherren, 1 ff.
Diesbach, von, Nikiaus, 33.
Diesbach, von, Censor, 259.
Dieze, Bibliothekar, 157.
Diplom der Tierarzneischule, 262.
1»
Disziplinarordnung von 1707, 118 ff.
von 1770, 147 ff.
von 1805, 181.
Disputatio, 23, 31, 49, 51, 52, 201, 247.
Disputation von 1528, 14.
Dominikaner, Z
Domer J. G., 166, 171.
Döderiein Ludwig, 139, 187, 198, 199, 227.
Ducrox, Maler, 225.
Dürrholz Hermann, 31, 76, 244.
Eberhard v. Rümlang, 20, 27, 28» 243.
Egger Johannes, 132, 153.
Emmert Fr. Aug. Gotthied, 176, 193, 208, 211, 223.
Emmert Kari Friedrich, 198» 206, 209, 211, 223, 224
Entbindungsanstalt, 222, 233.
Erasmi colloquia, 100, 102.
de utraque copia, 18, 242.
endiiridion, 28.
institutio, 28.
Paraphrasen, 28.
Erlach, von, K. L., 158.
Eriachisdie Mineraliensammlung, 264.
Erziehungsrat (zur Zeit der Helvetik), 170 ff.
Essay sur P6ducation publique, 142 ff.
Europaische Zeitung, 188.
Eyen, Pfarrer, 107.
Examina» 25, 39, 147, 210, 211.
Exdusion, 36 ff., 53.
Exdusionen, 68.
Exegetisdie Gesellschaft 199.
Exlex, 65.
Favre, Hufschmied, 224.
Fädminger, Dekan, 245.
Fädmingersches Legat, 62, 248.
Fellenberg Daniel, 91, 92, 160.
Fellenberg Emanuel, 170, 231, 259.
Fetscherin, cand., 204.
Fetscherin Rudolf, 231, 261.
Fisdi J. G., 166, 167.
Fischer Alexander, 175.
Fisdier Fr., Kurator, 259.
Florus, 28.
Formula consensus, 104.
Francke A. H., 145.
Freudenreich, Amtsschultheiss, 258.
Friedhof der Barfflsser, 10, 15.
Frisdiing Albert, 133» 134.
Frisching Kari Albrecht, 160.
Frischlngsches Stipendium, 78.
FrisdiingSGhes Reisestipendium, 256.
267
^
Fueter Eduard, 233l
Fimit Berahard, stiML, 2Z
Oaiwafam gähn, 48.
Oasseniretten, 34, 35, 49.
Oefängnlsstrafe, 34, 48, 49.
OeMsfralcn, 36 ff., 53 ff., 68, 118 ff.
Odduffbredien der Studenten, 70^ TZ
Oerber, Prosektor, 213.
Oerwer Daniel, 133, 135.
Oesaner Mathias, 137, 255.
Öliger im Kloster, 70^ 71.
Omelin Chr. H., 176, 206^ 2Z7.
Oraffenried, von, Bernhard, 93.
Oraffenried, von, Nildaus, 33.
Oraffenried, von, Ratsherr (1809), 258.
Qriessberger, Dr., 197.
Orossmann Kaspar, 18.
Oruner Ootttieb, 17a
Oiynaeus Simon, 19, 29.
Oiynaeus Thomas, 19, 20^ 22; 20^ 243^
Oualtfaerus, Pradikant in Zflridi, 56.
Qüldin, Pfarrer, 106.
Outachten der Zürcher wegen der Schulordnung
von 1616^ 55 und 56.
Oymnasium academicum, 156, 256.
Oymnasium, Höheres, 233.
Haarschur der Studenten, 37, 118.
Haase, 232.
Haberreuter Jakob, 31, 60.
Haberrreutersches Stipendium, 78.
Habitanten- und Bauemsöhne, 121, 131, 132.
Haller Albrecht, 101, 137 ff., 141 ff., 158^ 255, 256l
Hauer Berchtold, 77, 81.
HaUer Kari Ludwig, 182, 183, 184, 185, 006, 207,
227, 258, 261.
Haller Johannes, 21, 23, 27, 243.
HallennedaiUe, 23a
Haller Samuel, 109, 135.
HaUer, Weltmeister, 225.
Hamd, Staatsrat, 187, 188.
Hartmann, operat, 212.
Hasler Johannes, 31.
Hebräerbrief, 27.
Heiliggeistkirche, 246.
Heldmann, Prof., 185 ff.., 259.
Henke Eduard, 206, 207, 23Z
Henzi NikUus, 31, 32, 51, 60, 248, 25a
Henzi Samuel, 77, 8% 133.
Hepp, Dr., 23Z
Herbort v. Beaumon^ 161»
iH
Herder 158.
HerUn HuUrekh, 31, 3Z
Herfin David, 77.
Hermann J. J., 211, 212, 213.
Herren im Kloster:
Oiynaeus Thomas, la
HaOer Beiditokl, 66.
Henad NlkUus, 65.
NiäMer David, 64, 66, 76.
NiooUus Johannes, 66.
Pfister NiUaus, 2a
Rohr Samuel 66.
Ruef Johann, 76.
Sulzer Shnon, 19.
Wyss David, 6a
Herren auf der Schul:
AchmiUer, 64.
Eberhard v. Rümlang, 2a
Haberreuter Samuel, 6a
Hibner Peter, 31.
Nicohius Johannes, 7a
Rohr Samuel, 77.
Rfithneyer Albrcdi^ 6a
Sdmeeberger Peter, 30, 33.
Wyss David, 6a
Heyne Ch. O., 158, 257.
Hibner Peter, 31.
Hibner Rudolf, 7a
Hieronymus* Briefe, 2a
Hodistetter Kari Wilhekn, 103, 209.
Hockers Hünmd und Erdkugel, 9a
Hofmeister Sebastian, 18, 243.
Horaz, 138, 161
Hortin Jakob, 136, 153.
Hortinus Joh., 30.
Hufeland, 206.
Huldricus J. S., 55.
Hungarische Studenten, 130 ff.
Hfibschi Ludwig, Baumeister, 5.
Hfinerwadel Samuel Oottlieb, 184, 191, 103^ 202,
232.
Hümer, stud., 124.
Hfirsch, stud, 192.
Jahn Kari, 177, 196.
Jenner OottUeb, 90, 91, 127.
Jenner, Appellationsrichter, 191, 259.
Jesaias, 27.
Impositio manuum, 47.
Isenschmid David Rudolf, 214.
Isokrates, 24, 27.
Ith Johannes, 133, 159, 160, 164^ 167, 168, 170; 173,
175, 176, 202, 22a
266
«
NAnai- und Sidifmiittf*
Itli Johannes, dessen Befinden fiber eine bessere
Einrichtung des Unterridits, 150 ff.
Ith, Dr., 212, 233.
Juillerai Maler, 226.
Juridische Faicultat derr Alcademie, 206 ff.
Justin, 28.
Juvencus, 29.
Kanzler der Mademie, 177.
Kästner, Hofrat, 97.
Kirchbeiger Friedrich, 102, 154.
Kissling, stud., 20.
Kleider, den Studenten geschenkt, 78, 250.
Kleidung der Professoren, 179, 182.
Kleidung der Studenten, 36, 37, 54, 55, 65, 78, 82,
100, 115, 118» 125, 148, 181, 192, 193.
Klosterumbau, 77, 241, 250.
Klosterhalden, 239.
Kocher Jakob, 135, 138.
Kodier Joh. David, 133, 135, 140^ 166, 196, 254.
Kollegiengelder, 180, 205, 223.
Kompetenzstreit zwischen Sdiulnt und OerichtB*
Schreiber, 127.
KortQm, 187, 232.
Kotzebue, 188.
König Samuel, 93, lOa
Kuhn Bernhard Friedrich, 93, 165.
Kunstschule, 156, 256.
Kuratel der Akademie, 175, 177, 178, 189.
KurfQist von Mainz, 157.
Lafond, Maler, 226.
Langhans, cand, 204.
Lateinsprechen, 65, 66, 246.
Uuffer J. J., 101, 153.
Lector, 243.
Leemann S., 109, 132, 135, 136, 251
Leges domesticae, 22, 25, 36 ff ., 53 ff.
Lerber Sigmund, 91, 92, 251.
Lerber Franz Ludwig, 93.
Leuenberger, 66.
Lichtenberg (Qöttingen), 97.
Lignaridus, 31.
Litterarisches Archiv, 226, 227.
Litterarschule, 156, 2^.
Livius, 102.
Locat, 243.
Lombach, Oberamtmann, 191.
Longuevillc, Herzog von, 30.
Lory, Maler, 226.
Losannisches Stipendium, 117.
Loya de Cheseaux J. Ph., 95.
Löhrer, Zeichnungslehrer, 226.
Ludan, 24, 27, 28, 244.
»
Lfithard Christof, 76, 77, 81, 85.
Lutz Emanuel, 77.
Lutz Samuel, 106, 107, 187, 203, 231, 232, 260, 261.
Malacrida E., 109, 133, 134, 136, 254.
Manuel Hans Rudolf, 92.
Manuel Hieronymus, 33.
Manuelsches Mineralienkabinett; 221.
Markward Blasius, 31.
Marti Benedikt, 27, 30, 244.
Martin Fortunata, 245.
Martinii physica, 51.
Martinii grammat hebr., 52, 247.
Maser David, 32, 67, 76, 81.
Mass6 Nikiaus, 106, 107.
Mass£ Daniel, 139, 156.
Matiiys, stud., 128.
Maurer-Constani; 257.
May K. R., 160.
May, von Courtelaiy, 259,
Mayer Karl, 210, 211, 212.
Meckd Albrecht, 213.
Meckd Fr., 213.
Medizinische Bibliotfiek, 227, 228, 263.
Medizinische Fakultät der Akademie, 206 ff.
Medizinisches Institut, 208.
Megander, 18, 19, 242, 243.
Meierotto, 257.
Mdssner Friedr. August; 177, 197, 200, 202, 214,
221, 228, 264.
Melanditiions erotemata dialectices, 28.
Meyer Joh. Heüirich, 243.
Meyer Sebastian, 13 ff., 243.
Mohl Hugo, 232, 233.
Morell Karl, 170, 213.
Morlotii Max, 252.
Monis Th., Utopia, 28.
Mulktenverpachtung, 122.
Muralt J. Bernhard, 106, 107, 126.
Mumer, Dr. Thomas, Lesemeister, 13.
Musculus Wolfgang, 27, 28.
Musikalische Gesellschaft, 264.
Musikkollegium, 128, 129, 130, 226.
Musikreglemente, 128^ 129.
Musshafen, 17.
_ Oritndung, 23.
_ Ordnung von 1643, 62-j64, 249.
— Ordnung von 1806, 217 ff.
_ Musterung, 62, 2ia
Mutadi Alb. Friedrich, 175, 182 ff., 185 ff., 188 ff.,
190, 199, 201, 207, 224, 226, 227, 231, 259, 264
Mfllinen, von, Beat Ludwig, 34, 245.
MüUer Christof, 61, 62.
^
Nahicii' and Sichreglstcr«
m
MfiUer-FriedbeiK, 184.
MQUer Johann (RheOikan), 1&
Müller J., von Sduffhausen, 93, 97, 157, 158, 160^
257.
Müller Nildaus, 76.
Müller Sam. A., 156.
Mfislin, HeHer, 167, 171, 258.
Mfisliadies Legat, 230.
Nachtpredigten, 116.
Nationalbudidfiickerei, 172.
Naumburger, Engliachlehrer, 215.
Nerenij geographia, 96.
Neuhaus, Regierungsrat, 231.
Nicolaus Johannes, 76, 82, 136.
Nottet, Abb^ 96.
Nonnus, metaphys. ev. s. Joannem, 50.
Oblasser, Musikus, 254.
Oiigsburger, Ratsherr, 251.
Ovid, 247.
Paedagogeyen, 110, 111, 135, 202.
Paedagogiuffl, 33, 34, 245.
Pauli Johannes, Guardian, 13.
Paulinus, 29.
Pecholier, cand., 204.
Pedell, 35, 125.
Pensa der Professoren im Kloster, 27—29, 30, 40.
Pensa des Prof. graecus, 50, 133.
hebraicus, 134, 135.
philosophiae, 50, 51, 132.
theologiae N. Test, 51.
theologiae V. Test, 52.
Pensa der Untern Schule, 244.
Perkinsi annilla aurea, 51, 247.
Perrey P. J., 251.
Perty Maximilian, 232
Pietistenbewegung, lOi— 108.
Pfänder, Ratsherr, 258.
Pfister Nikiaus, 20, 21, 27, 32, 243.
Pfründerinnen der Barffisser, 238.
Philosophische Fakultät der Akademie, 194--20a
Physikaiisdies Kabinett, 218 ff.
Piscator, 24a
Piscatorbibel, 54, 248.
Plato, 28.
Plutarch, 28.
PoUtisches Institut, 156 ff.
Praedikantenrodel, 242.
Predigten der Examinaten, 39.
Pressuren, 65.
Priester, im Kloster verpflegt, 17, 239.
PrivatiektOre der Studenten, 28, 29.
Proben für die Lehrstühle, 86, 101, 102.
Promotio ad lectiones publicas, 47, 126.
— ad ministerium, 47, 106, 147.
— ad phüosophiani, 146,
— ad theologiam, 146, 147.
Prorektor der Akademie, 176^ 178.
Prorektor der Obern Sdiule, 146.
Prosektor, 209.
Prosper, 29.
Provinzialkapitd der Barffisser üi Bern, 15.
Provisoren, 243, 247.
Prudentia ecdesiastica, 141, 142.
Prudentius, 29.
Puffendoif, de officio h. cL c, 90.
Psalter, 27. i
Quistoren, 38^ 39, 68^ 115.
Quisturreglement des Jahres 1716, 122.
Ramus Petras, 50, 51, 85.
Rami dialectica, 247.
Rang der Professoren, 146^ 180.
Rapp Dr., 212.
Rebmann Valentin, 28, 31.
Refonnationsbestrebungen unter den Barfüssern, 10.
Reglement der Akademie vom Jahr 1805, 177 ff.
Reglement der Akademie vom Jahr 1821, 188 ff.
Rektor der Obera Sdiule, 46, 49, 62, 81, 86, 146,
154, 256.
Renaud, Pfarrer, 200.
Rengger Abraham, 164.
Repetitorien, 179.
Republikanisches Oymnasium, 171.
Rhellikan, 18, 19, 242.
Ringier Hemrich, 133, 153, 249.
Risold Ootttieb, 133, 136, 164, 170, 177, 182, 190,
195, 198.
Rodolff Rudolf, 106, 109, 135, 136, 253.
Rohr Samuel, 66, 77.
Romang Joh. Peter, 201, 232.
Rosselet, Fürsprecher, 91, 165.
Rosselet, Prädikant, 83.
Rodel, geheime, der Studenten, 65.
Rudotf Ludwig, 102, 164, 195, 25a
Ruef Johann, 76.
Rust Thüring, 30, 31.
Rutenschneiden (in d'Ruten gan), 37.
Rutenstrafe, 36, 48, 84.
Rütimeyer Marcus, 32, 51, 77, 81, 244
Sacrobustani Sphaera, 28.
Sakramentstreit, 19—20.
270
«
Namen- und Sachregister.
51
SalcUi Joh. Rud, 133, 135, 136, 153, 154.
Salchli, Pfarrer in StetUen, 258.
Sallustius, 18.
Sdiaffter, Pfarrer, 215.
Schar, stud., 124.
Scharer Rad., 170, 171, 176, 201, 203, 217, 226,
227,260.
Schenk, Medianiker, 219, 220.
Scheiirer Samuel, 101, 135, 136, 153, 252.
Schieber David, stud., 127, 254.
Sdiiferii Abraham, 176, 183, 193, 206, 211, 223.
Schüd Peter, 223, 224.
Schmidt Samuel, 80.
Schneckenburger, 232.
Schneeberger Peter, 28, 30, 31, 244.
Schneider Johann, 231.
Schnell J., 200, 231, 232.
SchneU Samuel, 176, 182, 183, 184, 206, 231.
Schnewli, stud., 20^ 21.
Scholarchen, 45, 46, 81, 247.
Schoppius, 59.
Sdnilaufsicht durch die Prädikanten, 22, 40, 55 ff .,
57, 58, 81, 83, 105.
Schuldramen, 29, 78— 8a
Schulherren, 22, 33, 34, 44.
Schulkommission, 253.
Schuhneister der Untern Schul, 243.
Schuhneistereid, 20, 21.
Sdiulordnung von 1548, 21, 22, 23-^.
1591, 3S-^1.
1616, 44^-55.
1676, 81—86.
1766, 141—145.
177Q, 146— 15a
1797, 150-153.
Schulrat, oberer, 44, 45-48, 105, 106, 126, 127.
unterer, 48, 49.
Schulseckel, 23, 46, 47, 49, 61, 77, 7a
Scribae, 39.
Seehnatter Balthasar, 30, 31.
Seehnatter Kaspar, 87, 88, 99.
Seminarium philologicum, 137 ff.
Senat der Studenten im Kloster, 25, 38 ff., 120 IL,
Senat der Studenten auf der Sdiul, 114, 115.
Seneca, 28.
Sidonitts, 28.
Sinner, BibUothekar, 143, 158» 255, 256.
SneU Wilhehn, 233, 265.
Sodnianismus, 105.
Solennitit, 47.
Sömmering in Mainz, 97.
Sonnenschein, Prof., 167, 171, 225.
Sprflnglin, Direktor, 167, 171, 258.
Sprfinglische Sammlung sdiweiz. Vdgel, 264.
St Jakobsbruderschaft, 9, 236, 237.
Stapfer Friedrich, 173, 174, 191, 203, 217, 232.
Stapfer Johannes, 136, 140, 153, 166.
Stapfer Ph. Albert, 136, 153, 166, 167, 171, 257.
Stähele Andreas, 187, 188, 259.
Steck August 230.
Steck Joh. Rudolf, 17a
Steiger von Riggisbeig, AppeOationsriditer, 259.
Sternwarte, 218, 219.
StetÜer Alb. Friedr., 165, 166, 171, 257.
StetÜer Joh. Rudolf, 160, 161.
Stiftungen zu Gunsten der Barffisser, 6 ff.
Stipendiaten, die, auf fremden Akademien (ad
academias)
anno 1538, 21.
» 1548,25.
» 1557, 25.
» 1585, 250.
» 1591, 40, 41, 47.
» 1626,25a
» 1653,66-^
» 1698, 117 ff., 253.
» 1757, 256.
» 1770, 149.
Stipendiaten von Thun, Zof Ingen und Brugg,
22, 24, 33, 42, 43, 49, 64, 216, 217.
Storch Jakob, 243.
Studentenbibliotfaek, 228, 229.
Studentendemonstration anno 1818, 204.
Studentenkefi, 124 ff.
Studentensodetat, 228.
Studer Bernhard, 200, 214, 23L
Studer Daniel Ludwig, 136, 153.
Studer Oottiieb, 200, 227, 230, 260.
Studer Samuel, 153, 170, 176, 201, 205, 206, 259.
Stundenpläne, 52, 53, 84, 85.
Sturm Johannes, 21, 243.
Stflblinen im Kloster, 70, 71, 112.
auf der Schul, 112.
Sneton, 164, 168.
Sulzer Simon, 19, 20, 23, 29, 2^ 243.
Suter J. Rudolf, 194, 199, 200; 260.
Suter, Privaflehrer, 211.
Talad rbetorica, 244, 247.
Tanzverbo^ 38, 48, 119.
Terenz, 100, 103.
Thema exploratorium, 126, 253.
Theologische Fakultät der Akademie, 201 ff., 26a
Thormann, Oerichtsschreiber, 127.
Thutt, BarfQssertiospitiuni, 6.
Tierarzneischule, 223, 224.
5i
Tillier Abfahaoiy 107.
Tülier, Regieningtra^ 231.
Tillientipendium, 6Z
TiUmanii Bernhird, 19, 21, 27, 2&
Tradation im Kloster, 6Q, 74.
TraUes J. O., 97, 98, 154, 158, 159; 164, 166, 171,
172, 173, 218, 220, 252, 257.
Trechsel Job. Friedr., 177, 196, 197, 219, 227.
Tribokt Albredit, 176, 208, 209, 233, 262.
Tribolet, Dr., Vater, 213.
Tribolet, Dr., Sohn, 213.
Triboletsdie Pflanzensammlung, 264.
Trog Huldrekfa, 31.
Tschamer Daniel, 251.
Karl Friedr., 187, 188, 189, 259.
, Karl Ludwig, 91, 92, 93, 159, 161, 161
Nikiaus Emanuel, 91, 97, 139, 156.
Vincenz Bernhard, 92.
: alt-Landvogi von Bufgdorf, 229.
Tsdier Nikiaus, 106, 107.
Untere Sdiule, 145, 243, 244, 247, 255, 263.
Untersten, die, im Kloster, 72.
Uriaub, 40, 48, 53, 118.
Usteri, Prof., 191, 231.
Valerius Maximus, 28.
Vicat, Prof. juris, 91.
Virgil, 100, 102, 244^ 247.
Vögte der Barfusser, 11.
Vollmar, Maler, 225, 226.
Vulliamy, 220.
Vulpius J. A., 79, 82, 83, 25a
Wagner Michael, 170, 173.
Wagner Sigmund, 225.
Waldkixch J. R., 89.
Wahhaid Abraham, 133, 14a
Walther Ootflieb, 9% 93, 163, 164, 165^ 251.
Wartbuigfes^ 185.
Wasvary, stud., 130.
Wattenwyi Alb. Ludwig, 92, 251.
Watten^ Bernhard, 230.
Weihen, frühzeitiges, der Studenten, 28^ 34^ 43^ 48,
123, 149, 18a
Wemreichen ins Kloster, 36, 48, 54, 72.
Weinzipfti Theobahl, 76b 79.
WertmOOer, stod., 125.
Weyermann, StatduHer, 81.
Wilhehni Samuel, 133, 134, 138, 140|, 153, 154, 164.
WÜUding Hans, 30.
Wodienschilling, 23.
Wohnungen der Professoren, 217, 263.
Wolf, Auszug aus Ani der mafli. W., 96.
Wollebii Compendhun, 85.
Wurstemberger K. Ludwig, 191.
Wyss Bernhard, 206.
David, 76^ 77, 8% 10^ lOS, i», 180^ 136,
136l
Johann Rudolf, 177, 196, 231.
Oberiehenskommisdür, 2ML
Samuel, 227.
Wyttenbach Daniel, 136.
H., Kurator, 259.
Samuel, 171^ 202, 228^ 259.
Zechen der Studenten, 48, 64, 65.
Zeender Emanuel, 30, 31, 248.
Zeender Emanuel Jakob, 167, 171, 176^ 193, 201,
202, 258, 26a
Zeerieder, Ratsherr, 230, 231, 259.
Zehender, Stadtschreiber, 191.
ZeOerhandel, 19-.^
Zeller Peter, 19L-20.
Ziegler Ootdteb, 198, 23a
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