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Full text of "Die Infusionsthiere auf ihre Entwickelungsgeschichte"

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Fibrary of the Museum 


OF 


COMPARATIVE ZOÖLOGY, 


AD MARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, 


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% Hounded bp private subscription, In 1861. 
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Deposited by ALEX. AGASSIZ. 
No. 36,0 \3 
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DIE INFUSIONSTHIERE. 


DIE INFUSONSTIHERE 


AUF IHRE ENTWICKELUNGSGESCHICHTE 
UNTERSUCHT 


D* FRIEDRICH STEIN 
9 
PROFESSOR AN DER KÖNIGLICH SÄCHSISCHEN ACADEMIE FÜR FORST- UND LANDWIRTHSCHATT 


MIT SECHS KUPFERTAFELN. 


LEIPZIG, 
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 


"1854. 


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DEN HERREN 


JOHANNES MÜLLER 
IN BERLIN 


UND 


CARL THEODOR VON SIEBOLD 


IN MÜNCHEN » 


WIDMET DIESE SCHRIFT 


AUS VEREHRUNG UND DANKBARKEIT 


DER VERFASSER. 


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Vorwort. 


Enatich bin ich im Stande, die längst versprochene ausführliche Bearbeitung 
meiner Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der Infusionsthiere, zu 
der ich von vielen Seiten her freundliche Aufmunterung erhalten habe, der gelehrten 
Welt zur Beurtheilung vorzulegen. Dass dies erst jetzt geschieht, ist eines Theils 
durch meine im Herbst des Jahres 1850 erfolgte Uebersiedelung von Berlin nach 
Tharand und die Obliegenheiten meiner gegenwärtigen amtlichen Stellung verursacht 
worden ; andern '[heils fühlte ich aber auch das Bedürfniss, meine Forschungen noch 
weiter fortzusetzen, um die von mir gewonnenen Resultate gegen die Angriffe mög- 
lichst sicher zu stellen, welchen sie voraussichtlich in nicht geringem Grade ausge- 
setzt sein werden. Zu dem Ende war ich nicht bloss genöthigt, eine grosse Anzahl 
früher angestellter Beobachtungen immer wieder von vorn zu beginnen. sondern ich 
musste auch darnach trachten, noch zahlreichere und schlagendere 'Thatsachen zur 
Begründung der von mir geltend gemachten Ansichten aufzufinden. Diese Bemühun- 
gen sind nicht erfolglos geblieben, und meine Schrift ist dadurch wesentlich reicher 
geworden und weit über die Gränzen hinaus angewachsen, welche ich mir ursprüng- 
lich gesteckt hatte. Möge sie in der nun vorliegenden Form wenigstens einiger- 
maassen den Erwartungen entsprechen, mit welchen man ihrer Veröffentlichung ent- 
gegengesehen zu haben scheint. Ich bin zwar von dem Ziele, welches die Entwicke- 
lungsgeschichte erreichen soll, noch in vielen Beziehungen fern geblieben, ich habe 
jedoch die feste Ueberzeugung, dass dasselbe wirklich erreicht werden wird. wenn 
sich die Forschung in der Richtung weiter bewegt, welche die vorliegende Schrift 
anzubahnen gesucht hat, und wenn die in den letzten Jahren von mir befolgten Un- 
tersuchungsmethoden allgemeinern Eingang finden. Meine Arbeit wird wohl nicht 
frei von mannichfachen Irrthümern sein, ins Besondere werden die Deutungen. 
welche ich den einzelnen Thatsachen gegeben habe, und die Beziehungen, in welche 
dieselben zu einander gebracht sind, bei einer höhern Ausbildung der Wissenschaft 
sich vielleicht als nicht haltbar herausstellen; allein auch dann würde immer noch 


Py 


VIM Vorwort. ? 


eine Reihe fest begründeter neuer Thatsachen von nicht geringer Tragweite übrig 
bleiben, die grössten Theils nur durch jene Combinationen gefunden wurden, und 
diese werden auch für sich allein nicht verfehlen, einen gedeihlichen Einfluss auf die 
weitere Entwickelung der Wissenschaft auszuüben. 

In meiner Darstellung habe ich im Wesentlichen denselben Gang inne ge- 
halten, welchen meine Untersuchungen im Laufe der Zeit genommen haben ; überall 
wurden die Ideen speciell hervorgehoben, welche mich bei denselben leiteten und 
von einer Beobachtungsreihe zur andern führten ; auch habe ich ausführlich alle ein- 
zelnen Nebenumstände geschildert, unter welchen die Resultate gewonnen wurden, 
auf die Gefahr hin, dadurch weitschweifig und ermüdend zu erscheinen. Dieser Dar- 
stellungsweise habe ich vor einer systematischen Anordnung des Materials, die wohl 
Vielen erwünschter gewesen wäre, darum den Vorzug gegeben, weil es so leichter 
möglich wird, mir Schritt für Schritt nachzugehen und meine Angaben entweder zu 
bestätigen oder zu widerlegen. Viele Thatsachen werden auch im Zusammenhange 
der Untersuchungen in einem ganz andern Lichte erscheinen, als wenn sie abgeson- 
dert für sich betrachtet worden wären. Endlich wird aber auch der Leser besser zu 
beurtheilen vermögen, in wie weit meine Untersuchungen Glauben verdienen, und 
was an denselben subjective Zuthat ist, und was nicht. Da die einzelnen Abschnitte 
meiner Schrift zu sehr verschiedenen Zeiten niedergeschrieben wurden, und eine 
nochmalige Ueberarbeitung des Ganzen vor dem Beginne des Druckes nicht mehr 
möglich war, so möge man entschuldigen, wenn sich hie und da Wiederholungen 
finden, und wenn nicht alle Abschnitte mit gleicher Ausführlichkeit bearbeitet sind. 
Die von mir entdeckten Infusorienarten habe ich, auch wenn sie in Bezug auf Ent- 
wickelungsgeschichte keine erhebliche Ausbeute lieferten, dennoch umständlich be- 
schrieben, weil wir an monographischen, den gesammten Organisationsgehalt berück- 
sichtigenden Schilderungen von Infusionsthieren zur Zeit noch keinen Ueberfluss 
haben. Diagnosen habe ich aber nicht entworfen; denn zu dem Ende hätte ich auf 
sämmtliche Arten der betreffenden Gattungen eingehen müssen, und dies würde 
mich zu weit von meiner eigentlichen Aufgabe abgeführt haben. Vielleicht ist es mir 
später vergönnt, den systematischen Theil der Infusorienkunde einmal von meinem 
Standpunkte aus speciell zu bearbeiten. Schliesslich sei noch bemerkt, dass Berlin 
und meine in der Mark Brandenburg, zehn Meilen südwestlich von Berlin gelegene 
Vaterstadt Niemegk das meiste Material zu den nachfolgenden Untersuchungen 
geliefert haben. 


Tharand, den 31. März 1854. 
F. Stein. 


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10. 


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Uebersicht des Inhalts. 


Erste Anfänge F a RE EP 

Epistylis plicatilis mit Acineten. ner Unterscheidung der Gattungen Zpistylis und Opercularia. 
Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda eueullus 

Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma 

Verwandlungen der Vuginieola erystallina in die Acineta mystacina 

Ruhende Formen der Gattung Volvor Da Er EEE ER LIE ; 

Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum und Acineten auf Cyelops quadricornis. Heterogonie der 
Acineten. Schwärmsprösslinge‘ EN ae ERTL ® 
Vorticella nebulifera und die Acineten der Wasserlinsen. Die Acinetenform der Vaginieola erystallina 
mit Schwärmsprösslingen. Die diademartige Acinete RE Ba herr 
Histiologie der contraetilstieligen Vorticellinen. Stockentwickelung der Gattungen Carchesium und 
Zoothamnium : EB NIE EEE ER RETTET! 
Ueber Organisation und Eomlelnsspäsclichte der Cothurnia imberbis und über die uns 
Lagenophrys rn u Eee re en 
Ueber Acineten und Cysten der Zpistyls plicatilis und über Opereularia berberina und die Acinete 
mit dem zungenförmigen Fortsatze 


. Ueber die Opercularia articulata und ihre Acinetenform. Zpistylis branchiophila mit Acineten und 


Cystenbildung dieser Epistylisart 


. Heterogonie des C'hilodon eueullulus 


. Verwandlung der Vorticella microstoma in die Acinetenformen Aetinophrys und Podophrya und Br 


jugation der letztern 


. Ueber Actinophrys Bichhornü, A. sol und 4. oculata, und über die mehrfache Conjugation der letztern. 


. Ueber die Schwärmsprösslinge der Actinophrys sol und Podophrya jira und über den Cystenzustand 


der Stylonychia pustulata . 


6 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen 


. Ueber die Brutbildung bei CAlorogonium euchlorum und Vorticella mierostoma, und weitere Beobach- 


tungen über die rubenden Zustände der letztern Infusorienform 


2% 


Ru Uebersicht des Inhalts. 


. Ueber Spörochona gemmipara und S. Scheutenü und den Acinetenzustand Dendrocometes paradozus. 
. 20. Ueber Zoothamnium affine und Acineta tuberosa, über Opereularia Lichtenstein mit Acineten und 
über die gefingerte Acinete 


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$. 21. Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses a Me re 
$. 22. Zur Entwickelungsgeschichte von Paramaecium bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua und 

Glaucoma seintillans YA a 8.5 
Erklärungder Abbildungen. 2. 0. ee 


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Erste Anfänge. 


Meine Infusorienforschungen ') haben mich in Opposition zu den herrschenden An- 
sichten gebracht, und mich gezwungen, den Weg der Reform zu betreten. Damit meine Bestre- 
bungen nicht irrig aufgefasst werden, halte ich es für nothwendig, noch einmal darauf hin 
zu weisen, von welcher Seite her ich auf das Gebiet der Infusorienkunde gerathen bin, wie ıch 
allmählich von den herkömmlichen Ansichten abgelenkt und in neue Bahnen gedrängt wurde, und 
wie ich zu den Resultaten gelangte, die in den nachfolgenden Blättern niedergelegt sind. 

Den ersten Anstoss zu meinen Infusorienforschungen haben die gregarinenartigen Thiere 
gegeben. Ich hatte dieselben bei den Insectenzergliederungen , welche mich in den Jahren 
1842—46 anhaltend beschäftigten, vielfach zu beobachten Gelegenheit, und da diese damals noch 
sehr wenig bekannten und räthselhaften Geschöpfe die einfachste Verkörperung des Begriffes 
„‚Thier““ darzustellen schienen, so nahmen sie mein lebhaftestes Interesse in Anspruch, und ich 
fasste den Entschluss, sie nach Abschluss meiner anatomischen Studien zum Gegenstande einer 
monographischen Bearbeitung zu machen. Meine Bemühungen blieben nicht erfolglos; denn ich 
gelangte schon im Jahre 1847 zu Resultaten, die, wie ich noch jetzt glaube, entscheidende ge- 
wesen sind ?). Ich muss diese hier kurz berühren, da sie die eigentliche Brücke zu meinen Infu- 
sorienarbeiten bilden. 

Die Gregarinen ergaben sich mir als wirklich selbstständige Thierformen, und ich 
musste die Annahme zurückweisen, dass sie bloss Larvenzustände oder Ammenformen von Thieren 
höherer Ordnung seien. Der Gregarinenkörper war ein allseitig geschlossener Schlauch, dessen 


Wandungen in Nichts von der Einfachheit und Gleichartigkeit der thierischen Zellenmembran 


1) Vergl. über dieselben meine ‚Untersuchungen über die Entwickelung der Infusorien‘“ in WIEGMANN’S Ar- 
chiv für Naturgeschichte XV. Jahrgang, 1849. Band I. $. 92—148. und meine ‚‚Neuen Beiträge zur Kenntniss der 
Entwiekelungsgeschichte und des feineren Baues der Infusionsthiere‘‘ in v. SIEBOLD und KÖLLIKER’s Zeitschrift für 
wissensch. Zoologie Band III. $. 475—509. Letztere Abhandlung findet sich auch zum Theil übersetzt in den An- 
nales des sciences naturelles III. Serie Tom. XVIII. p. 95 —108. und in den Annals and Magazine of natural 
history II. Ser. Vol. IX. p. 471 folg. 

2) Vergl. meine Abhandlung über die Natur der Gregarinen in J. Mürzer’s Archiv für Anat. und Phy- 
siolog. 1848. 8. 182—223. 


‚Stein, Infusorien. 1 


2 Erste Anfänge. 


* 


verschieden waren. Das Innere dieses Schlauches war von einer Substanz erfüllt, welche der thie- 
rischen Dottersubstanz glich; sie bestand nämlich aus einer eiweissartigen Grundsubstanz, in 
welcher zahllose, feinere und gröbere, fettähnliche Körnchen schwebten und die ausserdem noch 
stets einen ansehnlichen, homogenen, blasenähnlichen hellen Körper mit einem oder mehreren 
Körnern im Innern enthielt, welcher ganz dem Keimbläschen der thierischen Eier glich, und dem 
die Nichts anticipirende Bezeichnung Nucleus ertheilt wurde. Dies war der wesentliche, allen 
verschiedenen Formen gemeinsame Organisationsgehalt der Gregarinen, aus dem man freilich 
noch keinen Schluss auf ihre thierische Natur hätte ziehen können Aber sie bewegten sich auch 


so eigenthümlich und selbstständig 


g, wie nur irgend ein Eingeweidewurm, und ihre Bewegungen 


lieferten einen so unzweideutigen Beweis davon, dass sie Eindrücke von der sie umgebenden 
Körperwelt empfangen, und sich in Folge derselben zu ihren Bewegungen bestimmt haben 
mussten. Ihr Wachsthum ferner war von einem sehr kleinen Anfangspunkt durch alle Stadien 
bis zu einer gewissen normalen Grösse zu verfolgen, sie mussten also auch Stoffe aufnehmen und 
dieselben sich assimiliren. Zuletzt trat eine Fortpflanzung ein, die mit ihrer so ‚einfachen Orga- 
nisation in völligem Einklange stand. Je zwei Individuen legten sich nämlich innig an einander 
und wurden durch ein gallertartiges, später sich mehr verdichtendes Absonderungsproduct ihres 
Körpers von einer gemeinsamen Cyste umschlossen, innerhalb welcher sich der Leibesinhalt 
beider Individuen mit einander vereinigte, um endlich zahllosen Sporen das Dasein zu geben, aus 
welchen wieder dem Mutterthiere völlig gleiche Junge hervorgingen. Die Gregarinen waren hier- 
nach entschieden Thiere, welche Stoffe aufnahmen, und zu ihrer Vergrösserung verwendeten, 
ohne dass sie mit einem Munde, oder irgend welchen dem Ernährungssysteme angehörigen Or- 
ganen ausgerüstet gewesen wären; sie waren ferner Thiere, die sich fortpflanzten auf eine der ge- 
schlechtlichen Zeugung äquivalente Weise, ohne Spur von keimbereitenden Drüsen, die Empfin- 
dungen äusserten durch selbstständige Bewegungen, ohne etwa Nerven und Muskeln zu besitzen. 
Ihre homogene Körperhülle war zugleich empfindendes, bewegendes und Nahrung aufnehmendes 
und assimilirendes Organ, und ihr Leibesinhalt die Quelle des Wachsthums und der Fortpflanzung. 

Die Lebensprozesse der Gregarinen schienen hiernach durch noch einfachere Mittel zu 
Stande zu kommen und zu verlaufen, als die der unvollkommensten Infusionsthiere, wenigstens 
wenn man die von dem grössten Forscher auf dem Gebiete der Infusorienkunde gewonnenen Re- 
sultate als völlig gesichert und ausgemacht annahm. EHRENBERG hat bekanntlich in allen seinen 
die Infusorien betreffenden Arbeiten den Nachweis zu führen gesucht, dass die einzelnen zum 
Wesen des Thieres nothwendig gehörenden Lebensverrichtungen auch bei den Infusionsthieren 
an bestimmte, nur dafür geschaffene Organe geknüpft seien; er vindicirte allen Infusionsthieren 
einen scharf begrenzten, ziemlich complieirten Verdauungsapparat, männliche und weibliche Ge- 
schlechtsorgane, Muskeln und Nerven. Allein alle diese Angaben fanden in der neuesten Zeit von 
verschiedenen Seiten her den lebhaftesten Widerspruch, besonders seit Dusarpın’s Bearbeitung 


der Naturgeschichte der Infusorien für die bekannten Suites a Buffon '). In diesem Werke sucht 
© 


1) Felix Dujardin, Histoire naturelle des Zoophytes. Infusoires. Paris, 1841. 


Erste Anfänge. 3 


Dusarpın den Nachweis zu führen, dass EHRENBERG durchweg den Organisationsgehalt der Infu- 
sorien viel zusammengesetzter angegeben habe, als er es wirklich sei, und dies rühre daher, dass 
EHRENBERG theils zu viel gesehen, theils das wirklich Gesehene unrichtig gedeutet habe. 
Dvsarpıy’s Kritik hätte vielleicht in Deutschland nicht die Beachtung gefunden, die ihr 
in der That zu Theil geworden ist, da es nicht schwer war, diesem Forscher mancherlei Unge- 
nauigkeit in der Beobachtung und Oberflächlichkeit im Urtheilen nachzuweisen , wäre nicht ein 
so besonnener und in den feinsten zoologisch - anatomischen Untersuchungen bewährter Forscher, 
wie v. SIEBOLD, auf jahrelange eigene Beobachtungen der Infusorienwelt gestützt, der Kritik 
von Dusarvın in allen wesentlichen Punkten und mit der grössten Entschiedenheit beigetreten '). 
Nach der Ansicht beider Forscher würde der Organisationsgehalt der Infusorien im Wesentlichen 
nicht zusammengesetzter sein, als derjenige, der sich mir bei den Gregarinen ergeben hatte; die 
‚Infusorien würden, wie die Gregarinen, für die einzelnen Lebensverrichtungen keine speciell 
dafür gebildeten Organe besitzen. . 
Wollte ich den Gregarinen ihren Platz im zoologischen Systeme anweisen, so musste ich 
über den Organisationsgehalt der Infusionsthiere im Klaren sein. Sollte ich nun die Stimmen der 
Gegner EHRENBERG’S, die sich bald darauf noch durch Beitritt anderer achtbarer Forscher verstärk- 
ten, ohne Weiteres einer wenn auch noch so hochverdienten und hochgefeierten Autorität wegen 
verdammen? Die Gregarinen waren, dies stand bei mir nach einer langen Reihe ganz vorurtheils- 
freier Beobachtungen unerschütterlich fest, Thiere bei welchen ich alle Lebensprozesse ohne ge- 
sonderte Organsysteme hatte verlaufen sehen: wie konnte ich also die auch auf eigene Unter- 
suchungen gestützten Ansichten der Forscher von vornherein für verfehlt halten, die für die Infu- 
sorien nur dasselbe behaupteten? Unter diesen Umständen schien es am gerathensten zu sein, 
wollte ich mich nicht der einen oder andern Autorität gefangen geben, mir durch eigene Beob- 
achtung der Infusorien ein selbstständiges Urtheil zu erarbeiten. Allein von diesen weitaussehen- 
den Untersuchungen würde ich vielleicht durch die Schwierigkeit derselben wenigstens für die 
nächste Folgezeit abgeschreckt worden sein, hätte ich nicht von einer andern Seite her emen un- 
widerstehlichen Anstoss erhalten, mich an das Studium der Infusorien, und zwar gerade an den 
schwierigsten Theil ihrer Naturgeschichte, an die Entwickelungsgeschichte zu wagen. 
EHRENBERG hatte allen Infusorien eine Duplicität des Geschlechtes zugeschrieben. Als 
zum weiblichen Geschlechtsorganismus gehörig betrachtete er die zahllosen feinen Körnchen, 
welche allenthalben in dem Leibesinhalte der Infusorien eingestreut vorkommen, und sah diese 
für ihre Eier an. Als Hoden oder Samen bereitendes Organ wurde ein, bei vielen Infusorien 
nachgewiesener, dunkler, scharfbegrenzter drüsenähnlicher Körper von sehr verschiedener Form 
bei den verschiedenen Arten in Anspruch genommen, und mit demselben die in der Leibessub- 
stanz vieler Infusorien durch ihre abwechselnden Contractionen und Expansionen auffallenden, 


hellen, blasenartigen Räume in Verbindung gebracht. Sie wurden als Samenblasen bezeichnet, 


1) von SIEBOLD und STANNIUS Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Theil I. Erstes Buch. S. 1—25. 


Erschien schon 1845. 
1 * 


4 Erste Anfänge. 


welche den von dem Hoden gebildeten Samen empfangen und ihn auf die benachbarten Eier - 
ergiessen sollten. Auch diese Organdeutungen suchte v. StEBoLD durch Gründe, welche sowohl 
aus der Sache selbst, als aus der vergleichenden Anatomie und Physiologie entlehnt waren, zu 
widerlegen, er hob jedoch nachdrücklich hervor, dass das von EurENBERG als Samendrüse gedeu- 
tete Gebilde, für welches v. SırsoLp die Bezeichnung Kern oder Nucleus wählte, in einer we- 
sentlichen Beziehung zum Fortpflanzungsact zu stehen scheine, und er empfahl daher dringend 
den Kern zu aufmerksamerer Beachtung. 

„Diese Kerne‘, sagt v. Sırsorn '), „‚durch welche die Infusorien einer Zelle ähnlich er- 
scheinen, verdienen eine ganz besondere Aufmerksamkeit, indem sie nach dem Absterben der 
Thierchen, in welchen sie enthalten waren, nicht sogleich untergehen. Hat sich z. B. eine 
Euglena viridis kugelförmig zusammengezogen und mit einer Art Kapsel oder Cyste umgeben, 
was sie nach EurengBerG (die Infusionsthiere S. 110) sterbend thun sollen ?), so erhält sich die 

: 

Form derselben mit ihrem hellen Flecke noch lange Zeit unverändert, vergrössert sich sogar, 
und hat durchaus nicht das Ansehen eines abgestorbenen Körpers. Man möchte fast vermuthen, 
der Lebenslauf der Euglena viridis sei mit dieser kugelförmigen Zusammenziehung noch nicht zu 
Ende, sondern beginne über kurz oder lang unter einer andern Gestalt wieder‘“. ‚, Vielleicht, °“ fährt 
v. SIEBOLD in der zu dieser Stelle gehörigen Anmerkung fort, ‚‚entwickelt sich dieser Kern, dem 
der Infusorienleib nur als einstweilige Hülle gedient hat, späterhin zu einem besonderen Thiere, 
und es sind- am Ende alle Individuen der Euglena viridis und noch viele andere Infusorien nur 
die Larven von andern Thieren, deren vollständige Metamorphosenreihe bis jetzt noch nicht er- 
kannt wurde. Man möchte fast in Versuchung kommen , zu fragen, ob nicht der Kern der Infu- 
sorien zu dem Körper, der ihn einschliesst, dieselbe Bedeutung und Beziehung habe, wie die 
schlauchartigen Larven zu den sie umhüllenden infusorienartigen Embryonenleibern des Mono- 
stomum mutabile? * 

Ich habe diese ganze Stelle hierher gesetzt, weil sich im Verlaufe meiner Darstellung 
zeigen wird, wie vieles Wahre in den Schlüssen und Vermuthungen v. SızBoLp’s enthalten war. 
Mich aber ergriff zunächst nur die in meinen Ideenkreis mächtig eingreifende Angabe, dass bei 
den Euglenen ein Encystirungsprocess vorkomme, während ich den anderweitigen Folgerungen 
keinen weitern Werth beilegte. Die Euglenen hatte ich in früherer Zeit häufig genug beobachtet, 
und so oft ich mich später nach Thierformen, welche den Gregarinen verwandt wären, umsah, 
hatten sie sich mir stets vor allen andern als solche aufgedrängt. Die Bewegungen der Euglenen, 
wenn sie, was so leicht geschieht, ihre geisselföürmigen Bewegungsorgane verloren haben, finden 


völlig auf dieselbe wurmförmige Weise, wie bei den Gregarinen statt, ihre Körperhülle war mir 


1) Lehrbuch der vergl. Anatomie S$. 25. . 

2) An der Stelle in EHRENnBERG’s Werke, welche v. SIEBOLD eitirt, ist von Bildung einer Kapsel oder Cyste 
nicht die Rede, sondern v. SIEBoLD hat dies wohl nur nach eigenen Beobachtungen hinzugesetzt; denn es heisst 
a. a. O. nur: „‚Oft werden plötzlich alle Individuen birnförmig und allmählich kugelförmig, ohne je wieder sich zu 
entfalten. Dies scheint Folge von Unbehaglichkeit bei chemischer Veränderung des Wassers zu sein, welches sie 
tödtet. Grosse Mengen Eugl. viridis bilden, sterbend in Kugelform contrahirt, eine grüne zähe Haut des Wassers.‘‘ 


Erste Anfänge. 5 


\ 


stets ganz homogen und geschlossen erschienen, wie die der Gregarinen. Zwischen ihrem Kör- 
perinhalt und dem der Gregarinen konnte ich, wenn ich von dem beigemengten grünen Farbstoff 
absah, durchaus keinen wesentlichen Unterschied auffinden; ich sah immer nur eine homogene 
Grundsubstanz und dieser eingestreute feine und grobe, dunkelcontourirte Körner. Niemals beob- 
achtete ich, dass die Euglenen farbige Nahrung aufnahmen, so wenig als DuJARDIN, v. SIEBOLD 
und andere Forscher, noch waren jemals in ihrem Leibe fremde, verschluckte Körper wahr zu 
nehmen. Ich konnte ihnen hiernach auch keinen innern Ernährungsapparat zuschreiben, sondern 
musste für sie dieselbe Ernährungsweise, wie für die Gregarinen, behaupten. Das Vorhandensein 
geisselförmiger Bewegungsorgane sank für mich zu einem, durch den verschiedenen Aufenthalt 
bedingten Ordnungscharacter herab. Der sogenannte rothe Augenpunkt konnte mich nicht zwin- 
gen, die Euglenen für höher organisirte Wesen, als die Gregarinen anzusehen, da er kein Re- 
quisit eines Auges erkennen liess, sondern mir, wie so'vielen andern Forschern, immer nur als 
ein blosser Pigmentfleck erschien. Zu dieser innigen Verwandtschaft zwischen Euglenen und 
Gregarinen gesellt sich nun aber noch ein Moment, auf das ich eben durch die vorhin citirte 
Stelle v. SresoLp’s so lebhaft hingelenkt worden war. Die Euglenen encystirten sich nämlich nach 
EHrEnBErG’s Entdeckung, wie die Gregarinen. War es nun zu verwundern, wenn ich auf die Ver- 
muthung kam, der Eneystirungsprocess der Euglenen möchte dieselbe Bedeutung haben, wie bei 
den Gregarinen? Durch Nichts schien mir die Annahme begründet, dass die Euglenen sich nur 
im Momente des Absterbens mit einer Cyste umgeben sollten; der Analogie nach musste ich in 
der Cystenbildung der Euglenen den Anfang zu einem Fortpflanzungsprozess vermuthen. 

Hiermit war ein neuer, Erfolg verheissender Ausgangspunkt für die Frage nach der Ent- 
wickelungsweise der Infusorien gefunden, von deren befriedigender Lösung mir auch ein sicheres 
Urtheil über den Organisationsgehalt der Infusorien abzuhängen schien. Ich konnte nun nicht 
länger säumen und Bedenken tragen, mich in das Studium der Infusorien zu vertiefen, sondern 
ging muthig und entschlossen an die Arbeit, von der freilich vorauszusehen war, dass ich dafür 
manchen Verdruss einernten würde. Natürlich wandte ich mich zunächst an die Untersuchung 
der Euglenen. 

Es war in der letzten Hälfte des September vom Jahre 1847 ‚ als ich mir aus dem vor 
dem neuen Königsthore in Berlin gelegenen Teiche ein geräumiges Glas mit Wasser, Conferven 
und Wasserlinsen füllte, in welches zufällig auch mehrere Exemplare von Paludina vivipara ge- 
riethen. Die erste flüchtige Untersuchung desselben zeigte, dass es nicht blos reich an sehr ver- 
schiedenen bewimperten Infusorienformen war, sondern auch zahlreiche Individuen von Buglena 
viridis, acus und deses beherbergte. Nach Verlauf einiger Tage bemerkte ich, dass sich an der 
Oberfläche des Wassers ein dünnes Häutchen gebildet hatte, welches aus Confervenfäden und 
Öseillatorien zusammengewebt war. In diesem hautartigen Gewebe wimmelte es von Euglenen, 
von denen sehr viele ihre Geisseln verloren hatten, und langsam wurmförmig zwischen den ein- 
zelnen Conferven- und Oscillatorienfäden umher krochen. Ausserdem entdeckte ich aber zu 
meiner grossen Freude eine nicht unbedeutende Anzahl durchsichtiger, glasheller, zum Theil 


noch ganz weicher, gallertartiger Cysten, welche bald nur eine kugelförmig contrahirte Euglena 


6 Erste Anfänge. 


viridis, bald zwei in Form von Halbkugeln an einander gedrückte Euglenen enthielten. Die 
eneystirten Euglenen zeigten sich zum Theil noch sehr lebendig, indem sie sich in ihren Cysten 
umherwälzten, oder sich langsam im Kreise herumdrehten. Zerdrükte ich solche Cysten, so 
dehnten sich die vorher kugelförmig contrahirten Individuen wieder zu ihrer langgestreckten, 
spindelförmigen Gestalt aus, und krochen in derselben Weise weiter umher, wie die übrigen 
geissellosen Individuen zwischen den Conferven. 

Schon diese Beobachtungen deuteten darauf hin, dass die encystirten Euglenen nicht 
im Absterben begriffene Individuen sein konnten. Wozu wäre auch wohl die Bildung einer so 
regelmässig gestalteten Hülle erforderlich gewesen, wenn sie keinen anderen Zweck hätte haben 
sollen, als absterbende Individuen einzusargen ? Weitere Beobachtungen belehrten mich aber auch 
bald, dass der Encystirungsprozess der Euglenen wirklich in einer Beziehung zur Fortpflanzung 
stehe; doch gelang es mir nicht, wie ich vermuthet hatte, dasselbe Princip der Fortpflanzung, 
wie bei den Gregarinen zu begründen. Schon das war ein abweichendes Verhältniss, dass sich 
stets nur eine einzelne Euglene encystirte. Wo sich zwei Individuen in einer Cyste eingeschlossen 
fanden, da zeigte es sich bald, dass diese durch Quertheilung einer ursprünglich einzelnen Euglene 
hervorgegangen waren. Jedes dieser Theilungsindividuen theilte sich später wieder, wie die 
“häufig zu beobachtenden Cysten mit vier kleinern, kreuzförmig gruppirten Individuen lehrten. 
Ausserdem beobachtete ich nur noch einige Male Cysten mit acht Theilungsindividuen. Aehn- 
liche Beobachtungen hatte schon längere Zeit vor mir Mryenx ') gemacht, sie waren mir aber ent- 
gangen, wie sie denn überhaupt bisher fast ganz unbeachtet geblieben zu sein scheinen. Niemals 
sah ich die Theilungsindividuen freiwillig ihre Cysten verlassen, es zeigten im Gegentheil die 
Theilungsindividuen der letzten Ordnung keine Spur mehr von Bewegungen, sondern sie lagen 
völlig regungslos in in ihren Cysten. Dass sie darum aber nicht todt waren, das lehrte ihr völlig 
unverändert frisch bleibender Körperinhalt. Da ich weitere Veränderungen im Innern der Eugle- 
nencysten auch nach längerer Zeit nicht vor sich gehen sah, so vermuthete ich, dass solche erst 
im nächsten Frühjahr eintreten möchten. 

Inzwischen hatte ich vielfach meine Aufmerksamkeit noch auf die andern Infusorien- 
formen in dem oben erwähnten Wasser gerichtet. Sehr häufig fanden sich in ihm grosse Exem- 
plare des Paramaecium aurelia, Prorodon niveus und der Holophrya discolor, und die beiden 
letztern Arten trafich ebenfalls häufig in ganz scharf begränzten,, gallertartigen Cysten einge- 
schlossen. Da diese beiden bewimperten Infusionsthiere zu einer ganz andern Hauptabtheilung 
des Infusoriensystems gehören, als die Euglenen, so begann sich in mir die Hoffnung zu regen, 
den Enceystirungsprozess vielleicht als eine ganz allgemeine Erscheinung in der Infusorienwelt 
anzutreffen. Die encystirten Exemplare von Prorodon niveus und Holophrya discolor blieben 
aber in ihren Cysten unverändert und schickten sich niemals zu einer Theilung an. Hierin schien 
mir die Bedeutung zu liegen, dass der fernere Entwickelungsgang der bewimperten Infusorien- 


formen ein anderer sein werde, als der der nackten, geisseltragenden und darin musste mich noch 


i) WIEGMANN’S Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 1840. Bd. I. p. 165-170. 


Epistylis plicatilis mit Acineten. 7 


“mehr der Umstand bestärken, dass sich die Euglenen im freien Zustande niemals durch Theilung 
vermehren, während Prorodon und Holophrya dies bekanntlich, wie die meisten bewimperten 
Infusorienformen, so oft thun, dass ein Individuum dadurch in kurzer Zeit in eine bedeutende 
Anzahl seines Gleichen zerfällt. 

Dies war das wesentliche, für den Anfang immerhin schon ermunternde Ergebniss 
mehrwöchentlicher Forschungen , als ich gegen die Mitte des October eine Beobachtung machte, 
die meine Untersuchungen in eine neue Bahn waıf. 


Se 


Epistylis plicatilis mit Acineten. Genauere Unterscheidung der Gattungen 
Epistylis und Opercularia. 


In dem Eingangs erwähnten, noch tagtäglich untersuchten Wasser wurde ich eines 
Tages auf einen dichten , milchweissen, schimmelähnlichen Ueberzug aufmerksam, der fast die 
ganze Oberfläche des Gehäuses einer Paludina vivipara bedeckte. Aus blosser Neugierde und 
keineswegs in der Voraussetzung, dass dieser fremdartige Ueberzug in den Gang meiner Unter- 
suchungen eingreifen könne, brachte ich eine kleine Portion desselben unter das Mikroskop. 
Mit Staunen sah ich nun, dass er aus prächtigen Exemplaren einer grossen, polypenstockähn- 
liche Kolonieen bildenden Vorticellinenform bestand. Es war dies die Epistylis plicatilis Ehrbg. 
(Taf. I. Fig. 1.) Ich hatte bisher noch keine Epistylisart selbst beobachtet und konnte unmöglich 
die sich mir darbietende Gelegenheit, eine so schöne und grosse Form näher kennen zu lernen, 
ungenützt vorübergehen lassen. Eine nähere Untersuchung hatte um so mehr Reiz, als gerade 
die grösseren Epistylisarten und ins Besondere unsere Epistylis plicatilis von EHRENBERG selbst ') 
zu denjenigen wenigen Infusionsthieren gezählt wurde, bei welchen er den ganzen Verlauf des 
polygastrischen Darmkanals so deutlich beobachtete, dass er ihn abzeichnen konnte. Ich kam 
bald über die Organisation der Epistylis plicatilis zu einer festen Ansicht, diezwar mit EHRENBERG’S 
Angaben nicht übereinstimmte, die aber durch die spätern sehr zahlreichen Untersuchungen der 
verschiedensten Vorticellinenformen immer wieder bestätigt wurden. 

Die Gattung Epistylis umfasst glockenthierartige Infusionsthiere (Taf. I. Fig. 1. A.), 
die von den Aesten eines starren, dichotomisch verästelten Stockes (?. r.) getragen werden. Hierin 
stimmt sie mit der,nahe verwandten Gattung Opercularia Goldf. überein, deren wesentlichster 
Unterschied von Zpistylis nach EHRENBERG *) darin bestehen soll, dass auf dem Opereularienstocke 
stets zweierlei Individuen, kleinere und grössere, vorkommen. Bei der einzigen Art, welche bis 
jetzt die Gattung Opercularia bildet, der Operc. artieulata Ehrbg., sollen die sparsamen sehr viel 
grössern Individuen eines Stockes in den Achseln der Zweige sitzen. Ich habe die Opere. artieu- 
lata vom Jahre 1849 an bis auf die neueste Zeit sehr oft zu beobachten Gelegenheit gehabt (vergl. 


1) EHRENBERG, die Infusionsthiere S. 362 u. S. 232. 
2) Ebendaselbst S. 261. 


s Epistylis plicatilis mit Acineten. 


$. 12.), muss aber den von EHRENBERG angegebenen Gattungscharacter als nicht stichhaltig, und 
wahrscheinlich auf einem Irrthum beruhend, bezeichnen. An den Opercularienstöcken sind in der 
Regel durchaus alle Individuen von gleicher Grösse, höchstens finden sich an einzelnen Seiten- 
ästen unbedeutend kleinere, schwächlichere Individuen. Ich traf allerdings auch öfters unter den 
gewöhnlichen Individuen eines Stockes nicht bloss einzelne auffallend grössere, sondern auch be- 
deutend kleinere. Sitzen dergleichen Individuen, was aber keineswegs immer der Fall ist, in den 
Achseln der Aeste des Stockes, so kann man leicht zu dem Glauben verleitet werden, als gehörten 
zu demselben Stocke zweierlei Individuen. Allein wenn man die Stiele, welche die sporadischen 
grössern oder kleinern Individuen tragen, näher untersucht, so überzeugt man sich bald, dass sie 
durchaus keine unmittelbaren Auswüchse der Stockäste sind, sondern dass sie denselben bloss 
mechanisch angeheftet sind. Die grössern Individuen EuRENBERG’S gehören mithin.gar nicht zu 
der Generation von Individuen, welche nach und nach den Stock erzeugt haben, dessen Aeste 
alle organisch unter einander zusammenhängen, sondern sie sind- Individuen einer ältern Gene- 
ration, welche den Stock einer jüngern benutzten, sich auf demselben, wie auf einem ganz frem- 
den Körper festsetzten, und nun aus ihrem Hinterleibsende einen Stiel ausschieden , welcher die 
Grundlage eines selbstständigen, schmarotzenden Stockes wird. Wie ausserordentlich verschie- 
dene Generationen einer und derselben Opercularie oft unmittelbar bei einander leben, das können 
die auf Taf. II. Fig. 1. 7. und $S. abgebildeten Individuen der Opere. articulata lehren, welche 
ich alle auf der Mittelbrust desselben Wasserkäfers (Dytiscus marginalis), theils dicht neben ein- 
ander, theils aber auch aufeinandersitzend antraf. 

Wenn nun auch der von EHRENBEkG angegebene Unterschied zwischen Epestylis und 
Opereularia nicht stichhaltig ist, so glaube ich dennoch, dass die Gattung Opercularia aufrecht 
zu erhalten und nicht mit Epistylis zu vereinigen ist, wie Dusarpın gethan hat, der gar keine 
Opercularie selbst beobachtete '). Die Opercularien baben nämlich einen wesentlich andern Kör- 
perbau, als die Epistylisarten. Der Körper der letztern gleicht ganz und gar dem der allbekann- 
ten, aber freilich immer noch nicht genug gekannten Vorticellen. Er hat nämlich im Allgemeinen 
eine umgekehrt eiförmige bis fast spindelförmige Gestalt (Taf. II. Fig. 1.), ist vorn grade abge- 
stutzt, und hier mit einer weiten kreisförmigen Mündung versehen, deren Rand ». (er mag Pe- 
ristom heissen) dadurch gebildet wird, dass sich die Seitenwandungen des Körpers nach innen 
umschlagen. Bei Epistylis, wie auch bei Vorticella, Carchesium, Zoothamnium und Vaginieola, 
bildet das Peristom einen vom übrigen Körper scharf abgesetzten, sphineterartigen Wulst (Taf. I. 
Fig. 1. A. e.), deren Aussenrand mehr oder weniger stark nach rückwärts umgerollt ist. Hier- 
durch wird erst die Gesammtform des Körpers eine glockenförmige. Der innere Rand des wul- 
stigen Peristoms ist mit einem mehr oder weniger vollständigen Kranze von langen Wimpern be- 
setzt, die weit über das Peristom nach aussen und rückwärts hervortreten. Unterhalb der Ur- 


sprungsstelle dieser Wimpern schlagen sich die innern Peristomwandungen wieder nach aussen 


1) Infusoires p. 545. Das auf Pl. 16. Fig. $. abgebildete Thier ist weder die Opereularia artieulata von 
Ehrbg. noch überhaupt eine Opereularia, ja, dem Stiele nach zu urtheilen nicht einmal eine Zpistylis. Dergleichen 
unzureichende Skizzen sind unbestimmbar und hätten nie publieirt werden sollen. 


z 


Epistylis plicatilis mit Acineten. y 


um, und bilden einen frei aus dem Peristom hervorragenden, schräg geneigten, mützenartigen 
Fortsatz (a.), dessen bald mehr plane, bald mehr convexe Scheibe meist genau den Umfang der 
Peristommündung hat und an ihrem Rande mit einem Kranze langer, dichtstehender Wimpern - 
besetzt ist, die mit den Wimpern des Peristoms in Gemeinschaft den Strudel erregen, welcher 
Nahrungsstoffe herbeiführt. 


Ich nenne den mützenförmigen Fortsatz, der in EHRENBERG’s Abbildungen nicht immer 
kenntlich genug dargestellt und von ihm als Stirn bezeichnet worden ist, das Wirbelorgan, und 
unterscheide an demselben die vordere, von dem Wimperkranz begrenzte Fläche als die Scheibe, 
und seine nach hinten etwas verengerten Seitenwandungen als Stiel des Wirbelorgans. Letzterer 
ist bei Epistylis stets kurz und dick. In der ringförmigen Falte, welche den Stiel des Wirbelor- 
gans mit dem Grunde des Peristoms verbindet, liegt grade unter dem erhabensten Punkte der 
Scheibe die eigentliche Mundöffnung, eine im Allgemeinen kreisförmige Mündung, welche in 
eine bis zur Mitte des Körpers hinabreichende, etwas spiralig gewundene Speiseröhre (d) führt. 
Sie ist ein zarthäutiger, enger, hinten offen in die Körperhöhle ausmündender Kanal, dessen in- 
nere Oberfläche mit einigen wenigen, aber langen und kräftigen Wimpern (d) besetzt ist, die wie 
die Körperwimpern der Willkühr des Thieres unterworfen sind. Wird das Thier beunruhigt, so 
zieht es das Wirbelorgan tief in den Körper zurück (Fig. 1. B. C.), das Peristom zieht sich 
spincterartig zusammen, und bildet über dem zurückgezogenen, jetzt wie ein querer Fleischlappen 
erscheinendem Wirbelorgan (B. «’‘.), einen kappenartigen Verschluss. Die Gesammtform des 
Körpers geht damit in eine birnförmige (B.), ovale oder kuglige (C.) über, und im Zustande der 
stärksten Contraction bildet das zusammengezogene Peristom einen kegel- oder röhrenförmigen 


Fortsatz des abgerundeten Vorderkörpers (Taf. I. Fig. 3.). 


Bei den Opercularien ist dagegen das Peristom (Taf. II. Fig. 1. r.) ohne Auszeichnung, 
es ist weder mit einem Wimperkranze besetzt, noch verdickt und elockenförmig nach aussen um- 
geschlagen. Die Gesammtform des Körpers ist daher nicht glockig, sondern langgezogen, umge- 
kehrt eiförmig, nach vorn stetig verengert, und endlich einfach abgestutzt. Ferner führt die Mün- 
dung des Peristoms, die hier zugleich die Mundöffnung bildet, in eine beträchtlich lange und 
weite Höhlung, den Rachen (d.), und auf diese folgt erst die viel engere, bis tief in den Körper 
hinabreichende Speiseröhre (e.), die ebenfalls offen endet und an ihrer Uebergangsstelle in den 
Rachen mit drei bis vier kräftigen Wimpern bewaffnet ist. Das Wirbelorgan (a. 5.) entspringt im 
Rachen und ist ein trompetenförmiger Blindsack, zu welchem sich eine beschränkte Stelle auf 
der einen Seite des Rachens entwickelt. Bei Opereularia articulata ist das Wirbelorgan durch 
einen langen , engen, trichterförmigen Stiel (d.), der tiefim Rachen entspringt, und durch eine 
convexe, am Rande mit mehreren concentrischen Wimperkreisen besetzte Scheibe (@.) ausge- 
zeichnet, die weit über die Peristommündung hinaus hervortritt. Das Wirbelorgan ist hier für 
sich allein sehr beweglich, es wird schnell hinter einander eingezogen und wieder vorgestreckt, 
ohne dass sich die Peristommündung gleichzeitig schliesst. Letzteres geschieht erst, wenn sich 
das Thier, um einer Gefahr zu entgehen, vollständiger contrahirt (Taf. II. Fig. 7. B. C.). 


Stein, Infusorien. 2 


z 


10 Epistylis plicatilis mit Acineten. 


Die älteren Forscher hielten das Wirbelorgan der Opere. articulata für eine auf- und 
niederschiebbare, durch einen Längsmuskel bewegte Klappe oder Deckel, und auch EHRENBERG 
spricht noch von einem ‚‚tief in den Körper hinabragenden Längsmuskel, welcher die Stirnebene 
nach Art einer Oberlippe in die Höhe schieben und herabziehen kann‘‘'). Allein der Stiel des 
Wirbelorgans ist entschieden kein Längsmuskel, sondern ein hohler Schlauch , der mit derselben 
Körnermasse erfüllt ist, wie die übrige Leibeshöhle. Auch überzeugt man sich leicht, dass er an 
seinem Grunde mit der Leibeshöhle in offner Communication steht; denn man sieht öfters Kör- 
nergruppen aus derselben in den Stiel übertreten, und in diesem bis in die Scheibe hinaufströ- 
men. Das Wirbelorgan der Opercularien ist mithin von dem der Epistyliden und Vorticellen nicht 
wesentlich verschieden, es entspringt nur an einer andern Stelle, hat einen längern Stiel und ist 
freier beweglich. 

Endlich ist die Gattung Opercularia noch dadurch ausgezeichnet, dass die den Rachen 
auskleidende zarte Haut nach vorn einen freien, glasartig durchsichtigen, halbrinnenförmigen bis 
fast manschettenartigen Fortsatz (Fig. 1. e.) ausschickt, der ebenfalls über die Peristommündung 
hervortritt, und auf der dem Wirbelorgan gegenüberliegenden Seite eine Art Unterlippe bildet. 
Zwischen Wirbelorgan und Unterlippe treten alle Nahrungsmittel in den Rachen ein. Am freien 
Rande der Unterlippe beobachtet man von Zeit zu Zeit Schwingungen, als ob hier noch beson- 
dere Wimpern vorhanden wären, die ich auch bisweilen zu unterscheiden glaubte; wahrscheinlich 
ist aber die ganze Unterlippe nur eine einfach schwingende Membran. 

Nach dieser genauern Begränzung der Gattungen Epistylis und Opercularia bleiben die 
Epistylisarten des grossen Infusorienwerkes von EHRENBERG auch ferner bei der Gattung Epistylis, 
nur die Epist. nutans, die schon EHRENBERG selbst als fremdartig bezeichnete ?), muss ausgeschieden 
und zur Gattung Opercularia gebracht werden, mit der sie alle die eben angegebenen Merkmale 
gemein hat ?). Auf noch einige andere Opercularien werde ich weiter unten zu sprechen kommen. 

Die Leibeshöhle und die mit ihr in Verbindung stehende Höhle des Wirbelorgans der 
Opercularien, Epistyliden und übrigen Vorticellinen ist von der, allen bewimperten Infusorien 
zukommenden, homogenen Substanz erfüllt, welche Dusarvın als Sarcode bezeichnet hat, und 


dieser sind zahllose feinere und gröbere Körnchen von fettähnlichem Ansehen eingebettet. Häufig 


1) Die Infusionsthiere S. 287. Dieser sich durch alle vorhandenen Schilderungen der Opercularien hindurch- 
ziehende Irrthum geht von dem Entdecker der Opereularien, dem Engländer ARDERON in Norwich aus (Vergl. 
BAKER, Beiträge zum nützlichen und vergnügenden Gebrauch des Mikroskops, Augsburg, 1754. S. 442 und Taf. 
XII. Fig. 13 und 14.). Dass FrıscH die Opereularien entdeckt habe, wie EHRENBERG angiebt, lässt sich nicht be- 
weisen, da FRISCH nichts weiter angiebt, als dass er häufig einen schimmelartigen Ueberzug auf Zydrophilus piceus 
beobachtet habe (FrıscH, Beschreibung von allerlei Insecten Th. II. p. 32.). 

2) Die Infusionsthiere 8. 281. „Vielleicht steht diese Art richtiger bei Opereularia, oder verlangt einst eine 
besondere Gattung. ‘‘ 

3) Man vergl. über Opere. nutans die von mir in meiner ersten Infusorienabhandlung gegebene Abbildung 
Taf. II.Fig. 27, die, wenn auch immer noch der Verbesserung bedürftig, doch getreuer ist, als die von EHRENBERG 
im grossen Infusorienwerk, Taf. XXIX. Fig. 1., gelieferte. Dass der Nucleus wirklich bandförmig ist, davon haben 
mich neuere Untersuchungen bei Anwendung von Essigsäure auf das Bestimmteste überzeugt. Im Rachen sind 
aber zu viele Wimpern angegeben, und die Wimpern der Unterlippe sind wenigstens problematisch. 


Epistylis plicatilis mit Acineten. 11 


finden sich dergleichen gröbere Kömer bei Epistylis und Opercularia in grosser Menge in dem 
hintern Ende des Leibes aufgehäuft und dicht zusammengedrängt (vergl. Taf. II. Fig. 1. 2.). 
Die in die Schlundröhre gedrungenen Nahrungsmittel, sammt dem dieselbe erfüllenden Wasser 
erhalten hier einen solchen Impuls, dass sie mehr oder weniger tief in die Leibessubstanz hinab- 
dringen, und dann in einem bei jedem neuen Verschluckungsacte etwas andeıs ausfallenden Bo- 
gen sich nach vorn wenden. Die Bahn, welche die verschluckten Massen im Allgemeinen be- 
schreiben, ist durch die Bogenlinie in Fig. 1. e’. auf Taf. II. angedeutet. Wo das Verschluckte 
liegen bleibt, bildet sich, wenn genug Wasser mit eindrang, eine runde, die festen Partikeln ein- 
schliessende Vacuole in der Leibessubstanz. Die Magenblasen EHRENBERG’S sind dergleichen Va- 
cuolen. Ausserdem enthält die Leibessubstanz nur noch einen meist bandförmigen, ring-, schrau- 
ben - oder hufeisenförmig zusammengekrümmten Nucleus (g.), und eine runde, rhythmisch con- 
tractile Stelle (f.). Da ich mir an letzterer noch durch keinerlei Behandlungsweise eine begrän- 
zende Membran habe zur Anschauung bringen können, so läugne ich eine solche so lange, bis 
ich vom Gegentheil überzeugt werde '). Nach andern Organen sieht man sich vergebens um; nur 
wenn die Thiere ihren Stiel verlassen wollen, bildet sich eine kurze Strecke vor dem hintern 
Körperende eine ringförmige Einschnürung (Taf. I. Fig. 1. C. h.), aus der ein kräftiger Wim- 
perkranz hervorwächst. 

Ich kehre nunmehr zu der Epistylis plicatilis (Taf. I. Fig. 1.) zurück, die an ihrem 
wiederholt gabelästigen, fächerförmig ausgebreiteten, die Individuen alle in gleicher Höhe tra- 
genden Stocke (£. i.), dessen Aeste solide und an der Oberfläche der Länge nach tief gestreift 
sind, sowie an den langgezogen kegelförmig-glockigen Einzelthieren (A.), die gewöhnlich in der 
hintern Hälfte mehrfach quergefaltet sind, und einen gedrungenen,, nierenförmig zusammenge- 
krümmten Nucleus (e.), und eine in der Scheibe des Wirbelorgans gelegene contractile Stelle (d.) 
enthalten, leicht kenntlich ist. Einen Kanal im Stielgerüst, den EHRENBERG annimmt, habe ich 
nie unterscheiden können. Dagegen beobachtete ich an den untern Aesten sehr entwickelter 
Stöcke, in ziemlicher Entfernung von einander, eigenthümliche, ziekzackförmige Querstreifen, 
die diesen Aesten ein gegliedertes Ansehen geben. Als ich damit fortfuhr, aus dem dichten Busch- 
werke von Stöcken, welche das Paludinengehäuse überzog, einzelne zu isoliren, entdeckte ich 
mit Befremden, dass bei sehr vielen Stöcken von den Seiten:der Aeste auffallend dünnere, in 
ihrem feinern Baue aber genau den dickern gleichende, ebenfalls solide Aeste (A. %.) ausgingen, 
die nicht die gewöhnlichen, lebhaft zusammenschnellenden Individuen trugen, sondern fast ganz 
bewegungslose, starre Körper (D. D. D.), an denen ich erst bei längerem Fixiren dann und 
wann ganz schwache und langsame, den allgemeinen Körperumriss nur wenig modificirende 


Contractionen und Faltungen beobachtete. 


1) Auch v. SIEBOLD, der zwar noch den Namen contractile Blasen beibehält, konnte nirgends begränzende 
Membranen um die pulsirenden Stellen beobachten, und er hat schon so schlagende Gründe gegen die Anwesenheit 
derselben angeführt (Lehrbuch der vergl. Anatomie 8. 21.), dass ich hier darauf verzichte, noch andere anzuführen. 
Zu demselben Resultate kam auch DUJARDIN (Znfusoires p. 105.). 


“ = 


12 Epistylis plicatilis mit Acineten. 


Diese Körper hatten nicht selten (E.) den birnförmigen Umriss eines gewöhnlichen, in 
der Contraction begriffenen Epistylisthierchens, sie waren aber überall geschlossen, und an dem 
vordern Ende zeigte sich auch nicht die leiseste Andeutung einer Mündung, die auch bei den am 
stärksten contrahirten Epistylisthierchen nicht ganz verschwindet, noch weniger war ein einge- 
zogenes Wirbelorgan und eine Speiseröhre zu beobachten. Dagegen war die innere Körnermasse 
des Leibes der der gewöhnlichen Epistylisthierchen auffallend gleich gestaltet, nur enthielt sie 
niemals Nahrungsballen,, wohl aber einen hellen, runden, contractilen Hohlraum (EZ. b.) im vor- 
deren Ende, und einen ziemlich in der Mitte gelegenen Nucleus (EZ. e.), der etwas kürzer, dicker 
und weniger gekrümmt war, als der der Epistylisthierchen. Die meisten der auf den dünnen 
Stielen sitzenden Körper (D. D.) hatten aber mehr die langgezogen trichterförmig - glockige Ge- 
stalt der ausgestreckten Epistylisthierchen, an der Stelle des ausgebreiteten Peristoms und des 
Wirbelorgans befanden sich aber drei bis vier blindsackartige Auftreibungen, zwischen denen 
ebenfalls keine Spur einer Mundöffnung vorhanden war, sondern die allgemeine Körperhaut 
setzte sich von einem Blindsack zum andern als eine continuirliche, glatte, mehr oder weniger 
bogenförmig einwärts gekrümnte Fläche fort. Von dem erhabensten Theile der Blindsäcke gingen 
nach allen Seiten hin strahlenförmig auseinander tretende, zarte, in einem Köpfchen endende 
tentakelartige Fäden (D. m.) von ungleicher Länge aus. Diese waren stets ganz gerade ausge- 
streckt, und machten daher zuerst den Eindruck ganz starrer Fortsätze, bei längerem Fixiren sah 
ich aber, dass sie in der Richtung ihrer Axe sich häufig langsam verkürzten und verlängerten, 
ähnlich wie Schneckenfühler, wenn sie sich ein- und ausstülpen. Der Körperinhalt dieser zweiten 
Form glich genau dem der zuerst beschriebenen, nur war der Nucleus meist ganz grade, länglich- 
oval. Fremde Einschlüsse wurden auch hier niemals beobachtet, nur an einigen wenigen Exem- 
plaren, die mir erst ganz zu'etzt in die Hände fielen, sah ich deutlich einen auffallend grossen, 
scharfbegränzten, scheibenförmigen Körper, der sich in dem einen Exemplare, ohne seinen Ort 
zu verändern, langsam im Kreise umherdrehte. Da sich keine Gelegenheit fand, diese Beobach- 
tung noch einmal zu wiederholen, so glaubte ich, dass sie auf einer Täuschung beruhe. Ich hatte 
aber ohne Zweifel zum ersten Mal einen rotirenden Schwärmsprössling gesehen (vergl. $. 7.). 

Den eben beschriebenen, Tentakeln tragenden Körpern des Epistylisstockes zum Ver- 
wechseln ähnliche Organismen fand ich bei Enrexserg als selbstständige Infusorienformen unter 
dem Gattungsnamen Acineta beschrieben und als Anhang zur Familie der Bacillarien aufge- 
führt '). EuREnBERG traf dieselben aber nicht mit Epistylisstöcken im Zusammenhang, sondern 
auf Süsswasser- und Meeresalgen angewachsen. Dieses isolirte Vorkommen der Acineten schien 
jeden Gedanken, dass die auf den dünnen Aesten des Epistylisstockes sitzenden, ihnen in vielen 
Beziehungen ähnelnden Körper mit den Epistylisthierchen zu einer Art gehören könnten, auszu- 
schliessen; sie mussten vielmehr als zufällige Parasiten auf den Epistylisstöcken erscheinen. Eine 
genauere Untersuchung hatte mich auch bald belehrt, dass die dünnern Stiele der bewegungs- 
losen Körper keine unmittelbaren Fortsätze der dickern Aeste des Epistylisstockes waren, son- 


I) Die Infusionsthiere. S. 240. und Taf. XX. Fig. VIII—X. 


Epistylis plicatilis mit Acineten. 13 


dern dass sie nur sehr innig an diesen angeheftet sassen. Ja, ich traf zuletzt noch selbst einzelne 
Exemplare isolirt auf der Oberfläche des Paludinengehäuses festgewachsen, so dass sie auch 
hierin von den Acineten EHRENBERG’s nicht verschieden waren. 

So gewiss es nun auch war, dass ich Acineten im Sinne EHRENBERG’sS vor mir hatte, so 
drängte sich doch bei jedem neuen Vergleiche zwischen meinen Acineten und den Epistylisthier- 
chen immer wieder der Gedanke auf, dass beide dennoch in einem näheren Zusammenhange mit 
einander stehen möchten. Konnten nicht, so sagte ich mir, die Acineten aus einer Umwandlung 
von Epistylisthierchen hervorgegangen sein, die ich ja so oft nach Bildung eines hintern Wim- 
pernkranzes freiwillig die Enden ihrer Stiele verlassen und frei im Wasser umherschwimmen sah, 
und konnten nicht diese Thierchen sich entweder wieder an irgend einer Stelle des verlassenen 
Epistylisstockes oder auch auf einem andern Körper, wie auf dem Paludinengehäuse oder auf 
einer Conferve festsetzen, um nach Ausscheidung eines neuen, dünnern Stieles durch geringe 
Umbildung ihres zuvor stark contrahirten Körpers zunächst in die tentakellosen birnförmigen In- 
dividuen (Z.) und sodann in die entwickelten Acineten (D. D.) überzugehen? Und wenn wirk- 
lich eine solche Metamorphose statt fand, konnte sie dann wohl einen andern Zweck haben, als 
irgend eine besondere Fortpflanzungsweise einzuleiten? | 

Zwei Thatsachen trugen wesentlich dazu bei, mich in diesem Ideenkreise noch mehr zu 
befestigen. Schon vor 100 Jahren hatte der englische Naturforscher BAkER das Vorkommen 
zahlreicher Acineten auf einem Epistylisstocke beobachtet, woran seine zwar sehr rohen, für die 
damalige Zeit aber gewiss vortrefflichen Abbildungen keinen Augenblick zweifeln lassen '). 
Wahrscheinlich hatte Bak£r dieselbe Epistylis plicatilis vor sich, wie ich aus seinen stark ver- 
grösserten Abbildungen der Acineten (a. a. O. Fig. XI. und XII.) schliessen möchte, die ganz 
mit den von mir auf Epist. plicatilis beobachteten Acineten übereinstimmen. Im Texte bezeichnet 
BAKer die Tentakeln als ‚‚schwingende Fäsrigen, die einen Strom von Wasser durch ihre schnelle 
Bewegung hervorbringen, und sich dadurch Speise verschaffen‘‘. EuRrENBERG ?) schliesst hieraus, 
dass BAKER zwei ganz verschiedene Körper mit einander verwechselt habe, nämlich eine wir- 
belnde steifästige Epistylis (diese soll Baker’s Fig. X. darstellen) und eine nicht wirbelnde Aci- 
nete (Fig. XI. und XII. von Baker). Allein dies ist gewiss nicht der Fall gewesen; denn BAKER 
sagt ausdrücklich, dass die Figuren XI. und XII. zwei stärker vergrösserte Individuen von dem 
in Fig. X. abgebildeten Stocke darstellten. Dass aber diese Angabe auf keiner Verwechselung 
beruhen kann, lehrt ganz unzweideutig Baker’s Figur X. Diese stellt einen steifästigen Episty- 
lisstock mit einzelnen dünneren Aesten dar, welche in Körpern endigen, die im kleinern Maass- 
stabe genau dieselbe Form zeigen, wie die in Fig. XI. und XII. abgebildeten Körper, und diese 
sieht doch EHRENBERG selbst für Acineten an. 

Baker beobachtete also wirklich einen mit zahlreichen Acineten besetzten Epistylisstock; 


wenn er gleichwohl von Wirbelbewegung spricht, die er unmöglich an einem Acinetenkörper 


1) BAKER, Beiträge zum nützlichen und vergnügenden Gebrauch des Mikroskops. Augsburg, 1754. S. 442. 
Taf. XIII. Fig. XXI. j 
2) Die Infusionsthiere $. 241 in’ der Beschreibung der Acineta tuberosa. 


* 


14 Epistylis plicatilis mit Acineten. 


beobachten konnte, so ist auf diese Angabe kein sonderliches Gewicht zu legen, da uns seine 
Abbildungen über das, was er beobachtete, nicht im Mindesten in Zweifel lassen. BAKER kannte 
verschiedene vorticellenartige Infusorien, und wusste, dass sie sich durch Wimperbewegung Nah- 
rung herbeiwirbelten; da er nun an den äusserlich ganz gleichgestalteten Acineten, welche er auf 
dem Epistylisstocke antraf, am vorderen Ende zahlreiche haarartige Fortsätze sah, so darf es uns 
bei der im vorigen Jahrhundert so vorherrschenden teleologischen Richtung nicht auffallen, wenn 
er diesen Fortsätzen schwingende Bewegungen beilegte, ohne diese direct beobachtet zu haben. 
Es ist aber auch möglich, dass auf dem Epistylisstocke neben den in überwiegender Menge vor- 
handenen Acineten noch einzelne Epistylisthierchen vorkamen, und dass deren Wirbelbewegun- 
gen von BAKER auf die allein vergrössert abgebildeten Acineten übertragen wurden. Ich würde 
dieser Erklärungsweise den Vorzug geben, spräche nicht Baker’s Fig. X. entschieden dagegen, 
und hätte ich nicht später selbst (vergl. $. 11.) ganz dieselbe Beobachtung gemacht, wie BAKER. 

So waren also schon lange vor mir zahlreiche Acineten mit einem Epistylisstocke ver- 
wachsen angetroffen worden. Sollte ich in dieser Verbindung zweier, ausserdem so viele ver- 
wandtschaftliche Beziehungen darbietenden Infusorienformen ein blosses Spiel des Zufalls er- 
blicken? Ich konnte dies um so weniger, als auch EHRENBERG auf den Stöcken der den Epistyliden 
nahe verwandten Opereularıa articulata so häufig acinetenartige Körper angetroffen hatte, dass 
er geneigt wurde, dieselben als eine zweite wesentliche Form der Opercularien anzusehen. Eu- 
RENBERG äussert sich darüber also '): ‚Sehr überraschend aber ist, dass es unter den gewöhn- 
lichen Körpern immer, besonders in den Achseln der Zweige, einzelne sehr viel grössere ?) giebt, 
und dass noch grössere eiartige, 4 bis 5 mal die übrigen übertreffende, mit an der Spitze ver- 
dickten Haaren besetzte Körper da sind, die nur eine kleine, nicht wirbelnde Oeffnung haben. 
Letzteres könnten parasitische fremde Körper sein, exsteres nicht. ‘“ Weiter heisst es S. 288: 
„Es schien mir sogar, als wären die geknopften Haare dieser Körper, welche die frühern Beob- 
achter nicht gesehen haben, einziehbar, und dann könnten diese eine parasitische Aeineta vor- 
stellen.““ Diese Ansicht musste noch annehmlicher erscheinen, als EHRENBERG einst die birnför- 
migen behaarten Körper für sich allein in Menge auf einem Wasserkäfer beobachtete, ohne dass 
gleichzeitig Opercularien vorhanden waren. Dass EuRENBERG dennoch daran dachte, jene acine- 
tenartigen Körper könnten nur der Fortpflanzung dienende Metamorphosenstufen von Opereularien 
sein, geht aus der speciellen Bemerkung hervor, er habe ihre Entwickelung zu Operenlarien- 
bäumchen nicht beobachten können. 

EHRENBERG war also durch seine Erfahrungen auf denselben Gedanken geführt worden, 
wie ich durch die meinigen. Leider scheint er diesen Gedanken später nicht weiter verfolgt zu 
haben; denn er erklärte in einer Sitzung der Gesellschaft naturforschender Freunde im Jahre 
1850, dass die von ihm auf den Opercularienstöcken beobachteten haarigen birnförmigen Körper 


nur parasitische Acineten gewesen seien, welche mit den Opereularien in gar keinem nähern Zu- 


1) Die Infusionsthiere $. 287. 
2) Ueber diese grössern Individuen habe ich oben $. 7. meine Ansicht ausgesprocben. 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgünge bei Colpoda ceueullus. 15 


sammenhange ständen. Welche Bewandtniss es aber mit der Acinetenform der Opereularıa artı- 
culata hat, das werden wir weiter unten ($. 12.) sehen. 

An der Fortsetzung meiner Beobachtungen der auf Epistylis plicatilis lebenden Acineten 
wurde ich durch das Absterben der Paludine verhindert, und damit ging das Wasser, in welchem 
sie bisher gelebt hatte, in stinkende Fäulniss über, und auch die Epistylisthierchen und die Aci- 
neten verdarben. 


un 


3 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda eueullus. 


Erst zu Weihnachten 1847 fand ich wieder Musse, meine angefangenen Infusorienstu- 
dien weiter fortzusetzen, da ich aber jetzt im Freien keine geeigneten Materialien zu finden 
glaubte, so kam ich auf den Gedanken, das im vorigen Jahrhundert so beliebte Verfahren anzu- 
wenden und mir künstliche Infusonien zu bereiten. Ich hegte dabei zugleich die Hoffnung, auf 
diese Weise mir vielleicht das in älterer Zeit so oft beobachtete und in, allen Compendien der 
Zoologie für eins der gemeinsten Infusorien ausgegebene Heuthierchen, die Colpoda cueullus 
Ehrbg., verschaffen zu können. Zu dem Ende nalım ich mir auf dem zoologischen Museum in 
Berlin von einem zum Ausstopfen der Thiere bestimmten Haufen Heu, der hier schon zwei Jahre 
lang gelegen hatte, eine mässige Hand voll, und begoss dieses Heu in einem sehr geräumigen 
Zuckerglase mit Wasser, welches ich durch Aufthauen von Eis erhalten hatte, damit ich gewiss 
war, dass das zur Infusion angewendete Wasser nicht schon Infusorienformen enthalten habe. 
Ueber das Zuckerglas band ich ein ausgespanntes Papier, was natürlich für keinen luftdiehten 
Verschluss gelten, sondern nur das Hineinfallen von Staub verhindern sollte. 

Schon nach drei Tagen war an der Oberfläche der Infusion ein lebhaftes Gewimmel von 
monaden- und vibrionenartigen Wesen zu bemerken, deren Menge zwar von Tag zu Tage zu- 
nahm, ohne dass aber grössere, scharf bestimmbare Formen hervortraten. Dabei schien es nun 
auch bleiben zu wollen, und da ich mit solchen infusoriellen Anfängen für meine Zwecke nichts 
ausrichten konnte, so setzte ich nach vierzehntägigem vergeblichen Harren auf entwickeltere 
Formen meine Infusion verdriesslich bei Seite. Als ich aber gegen Mitte des Februar 1848 mein 
Zuckerglas anderweitig verwenden wollte, und nun die Infusion noch einmal revidirte, staunte 
ich nicht wenig, als ich jene infusoriellen Anfänge grösstentheils verschwunden fand und an ihrer 
Stelle ungeheure Schaaren von Colpoda ceueullus erblickte, und zwar in so entwickelten Exem- 
plaren (Taf. III. Fig. 1.), wie ich sie später nicht wieder zu Gesicht bekommen habe. 

Dieser Fund war mir um so willkommener, weil ich nun die lange herbeigewünschte 
Gelegenheit hatte, eine Beobachtung von EHRENBERG prüfen zu können, die eine sehr wesent- 
liche Stütze seiner Ansicht von der Duplicität des Geschlechtsorganismus bei den Infusorien aus- 
macht, und auf die sich wohl nur der Ausspruch gründen kann, eine cyclische Entwickelung der 
Infusorien vollständig durch directe Beobachtung verfolgt zu haben. EurEnBErG erklärte näm- 
lich schon im Jahre 1830: ‚Die Entwickelung aller von mir hinläuglich beobachteten Infuso- 


ur 


16 Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda cucullus. 


rienformen ist cyclisch, ganz bestimmt, nur zuweilen sehr formenreich, daher täuschend und ge- 
nau zu beachten‘“'). Unter den ächten, nach Ausschluss der Räderthiere übrigbleibenden Infu- 
sionsthieren waren aber damals nur bei Colpoda cuceullus von EHRENBERG Erscheinungen beob- 
achtet, welche die Art cyclischer Entwickelung zu beweisen schienen, die für alle Infusionsthiere 
postulirt wurde. Auf diese richtete ich daher zunächst meine Aufmerksamkeit, als ich an das 
Studium meiner Colpoden ging. Bevor ich jedoch die von mir gewonnenen Resultate schildern 
kann, muss ich auf den feinern Bau der Co/poda ceueullus näher eingehen, den ich in mehreren 
Punkten anders fand, als ihn EnrengerG dargestellt bat. Was ich in dieser Beziehung 1848 
beobachtete, habe ich in spätern Jahren, wo mir freilich nicht wieder so entwickelte Thiere zu 
Gebote standen, wo ich aber eine geeignetere Untersuchungsmethode befolgte und mich grössere 
Uebung unterstützte, immer wieder bestätigt gefunden. 

Die Colpoden sind höchstens Y.. lange, eiförmige, etwas plattgedrückte Thierchen, 
deren vorderes, stärker abgeplattetes Drittel mehr oder weniger stark nach der einen Seite hin 
umgebogen ist, wodurch eine Art schnabelförmiger Lippe (Taf. III. Fig. 1. «. entsteht, ähnlich 
wie bei den Gattungen Ohilodon und Loxodes) und wodurch der ganze Körper eine sich der Nie- 
renform nähernde Gestalt erhält. Niemals sah ich aber Individuen von so reiner Nierenform, wie 
sie EHRENBERG als typische Formen abbildet *), sondern stets erschienen auch die entwickeltsten 
so, wie die von EHRENBERG dargestellten Jugendzustände ?). Bezeichnen wir den convexen Sei- 
tenrand des Thieres als Rücken, den concaven als Bauch, so liegt der busenartige Ausschnitt 2. 
des fast immer auf einer der beiden breiten Seiten schwimmenden Thieres nicht in der Mitte der 
Bauchseite, sondern stets weiter nach vorn, etwa an der Gränze des ersten Drittels der Körper- 
länge. Diese Art des Körperumrisses findet sich auch bei den ältern Mikrographen als die nor- 
male angegeben ; man vergleiche z. B. die mit meinen Figuren übereinstimmenden Abbildungen 
von O. F. Mürter *) und v. GLEICHEN °). 

Im Grunde des busenartigen Ausschnittes der Bauchseite liegt die Mundöffnung (Fig. 2. 
und 5. 5. d.) die in der gewöhnlichen Seitenlage des Thieres nicht deutlich zu beobachten ist, 
sondern erst dann hervortritt, wenn das Thier, sich etwas um seine Längsaxe drehend, die 
Bauchseite mehr dem Beobachter zukehrt. Unmittelbar hinter der Mundöffnung sah ich nur bei 
jüngern Individuen, und auch hier nur bisweilen einen gekrümmten, pfriemenähnlichen Fortsatz 
(Fig. 6. und 7. e. ce.) aus dem busenartigen Ausschnitte hervorragen, welcher nur das Gebilde 
sein kann, welches EHRENBERG als ein characteristisches Organ der Oolpoda eueullus ansieht 


und als die ‚‚warzenartig hervorschiebbare Zunge oder Gaumenfläche‘“ bezeichnet. Ich habe es 


1) Organisation, Systematik und geographisches Verhältniss der Infusionsthierchen S. 79 in den Abhand- 
lungen der Berliner Academie der Wissensch. vom Jahre 1830. 

2) Abhandlungen der Berliner Academie vom Jahre 1830. Taf. III. Fig. 5—14. und EHRENBERG die Infu- 
sionsthiere Taf. XXXIX. Fig. V. 1—11. 

3) Abhand. der Acad. a. a. ©. Fig. 2—4. und die Infusionsthiere Fig. 19. 

4) O. F. MÜLLER, animaleula infusoria Taf. XIV. Fig. 8. 9. 11. 12. 

5) v. GLEICHEN, Abhandlung über die Samen- und Infusionsthiere Taf. XV. Fig. 3. €. U. IN; 5. 2. Il. 
III; 6. F. und 7 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda eueullus. 17 


nie von der Gestalt und dem Umfange, wie EHRENBERG angiebt, beobachten können, und es 
unter hundert Individuen höchstens bei zweien oder dreien gefunden und zwar niemals bei grossen. 
Sehr häufig habe ich es unter grossen Scharen von Colpoden ganz vergeblich gesucht. Ich kann 
nicht glauben, dass bei allen diesen Individuen der fragliche Fortsatz in das Innere zurückge- 
zogen gewesen wäre, ich bin vielmehr geneigt, ihn bloss für eine zufällige Bildung zu halten, 
welche dadurch entstand, dass mehrere der hinter der Mundöffnung gelegenen Wimpern zu einem 
pfriemlichen Körper verklebten. In dieser Ansicht haben mich meine neuesten Untersuchungen 
aus dem Jahre 1852 noch fester gemacht. Als ich nämlich solche Individuen, welche mit dem 
pfriemlichen Fortsatze versehen waren, mit verdünntem Alkohol behandelte, war derselbe ver- 
schwunden und an seiner Stelle erschien ein mehr oder weniger ausgebreitetes Büschel von Wim- 
pern, welche den hintern convexen Theil des busenförmigen Ausschnitts einnahmen (Fig. 8. c.), 
Gegen das Vorhandensein eines besondern zungenförmigen Organs spricht auch der Umstand, dass 
alle älteren Autoren, die doch das Heuthierchen sehr oft beobachtet haben, darüber gänzlich 
schweigen. 

Ich muss aber den Colpoden nicht bloss die Zunge, sondern auch eine besondere After- 
öffnung absprechen. Nach Enrengerg soll dieselbe im busenförmigen Ausschnitte dicht hinter 
dem Munde liegen und von diesem nur durch die Zunge getrennt sein. Ich habe hier nie eine 
zweite gesonderte Oeffnung beobachten können, und wenn ein pfriemlicher Fortsatz vorhanden 
war, so lag dieser so innig dem hintern Vorsprunge der Ausbuchtung an, dass zwischen demsel- 
ben und ihm gar kein Raum zum Austritt von unverdaulichen Speiseresten übrig blieb. Jeden- 
falls werden solche durch die Mundöffnung , mit der keine Spur einer Speiseröhre in Verbindung 
steht, ausgeworfen. Eine vorgebildete Afteröffnung habe ich überhaupt bei keinem Infusions- 
thiere wahrzunehmen vermocht, sondern bei denjenigen Gattungen, welche ihre Excremente 
nicht durch den Mund abführen, werden dieselben an einer zwar bestimmten, aber mehr oder 
weniger umfangreichen und durch keine scharfen Gränzen bezeichneten Gegend des Körpers 
gewaltsam durch die Haut hindurchgedrängt. Die hierdurch entstehende Ruptur schliesst sich 
nach dem Austritte der Excremente sofort wieder ganz vollständig. Man kann daher nicht von 
einer Afteröffnung, sondern höchstens von einer Afterregion sprechen. 

Die zarte Körperoberfläche erscheint bei der Beobachtung des Thieres in reinem Wasser 
grösstentheils nackt und unbewimpert,, nur auf dem vorderen Theile der schnabelförmigen Lippe 
(a. a.) bemerkt man stets sehr deutliche, kräftige Wimpern. Diese nehmen nicht bloss die Bauch- 
kante der Lippe ein, wie EnrenBErG angiebt, sondern sie sind über die ganze Oberfläche ihres 
vordern Theiles verbreitet. Dagegen konnte ich mir an lebenden Thieren die von EurENBERG auf 
dem hintern Theile der Bauchkante angegebenen Wimpern nicht recht klar zur Anschauung 
bringen ; ich sah freilich auch dem Thiere dargereichte farbige Nahrung hier abgestossen werden, 
wagte aber daraus allein noch nicht auf die Gegenwart von Wimpern zu schliessen. Erst als ich 
im Jahre 1851 und 52 die Colpoden mit verdünntem Alkohol behandelte, sah ich öfters sehr deut- 
lich eine Reihe dünner stehender Wimpern (Fig. 8. e.) sich an der Bauchkante von dem busen- 


förmigen Ausschnitte bis zum hintern Ende des Körpers hinabziehen, ja, mehrmals glaubte ich 


‚Stein, Infusorien. ; 3 


18 Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Oolpoda eueullus. 


noch auf der ganzen Rückenkante sparsame Wimpern zu erkennen. Leider standen mir zu dieser 
Zeit keine grossen Individuen zu Gebote, um über diesen Punkt ganz ins Reine zu kommen. 
Jedenfalls sind die breiten Seitenflächen des Körpers, mit Ausnahme des lippenartigen Vorder- 
endes, unbewimpert, wie man schon aus den ungewöhnlich langsamen Bewegungen des Thieres 
schliessen muss. Gewöhnlich schwimmt es auf einer der breiten Seitenflächen liegend, nicht grad- 
aus, sondern es beschreibt einen Bogen, dessen Richtung im Allgemeinen durch die Krümmung 
seiner Lippe angegeben wird. Dabei wälzt es sich häufig um seine Längsaxe (Fig. 4.). Oft wird 
die Lippe dem hintern Vorsprunge des busenförmigen Ausschnitts stark genähert (Fig. 5. 7. und 
$.), die Lippe erscheint dann an ihrem vordern Ende grade abgestutzt, oder sogar schwach aus- 
gerandet, und auf ihrer Oberfläche entstehen bis über die Mitte des Körpers sich fortsetzende, 
und den Körpereontouren parallel laufende Falten, die man sich hüten muss, für Längsreihen 
von Wimpern zu halten. 

Das Innere des Körpers ist der Beobachtung schwer zugänglich, da alle grössern Indi- 
viduen (Fig. 1.) fast ganz undurchsichtig sind. Zahlreiche innere, dicht gedrängt neben einander 
liegende rundliche Körner verursachen die Undurchsichtigkeit und geben dem ganzen Thiere ein 
trübes perlgraues Ansehen. Nur hin und wieder schimmern durch die Körnermasse grössere kug- 
lige Ballen hervor (Fig, 1. e. c.), welche mit Nahrungsmitteln erfüllte Vaeuolen sind. Die jün- 
gern Individuen sind zwar durchsichtiger, da ihre innere Körpersubstanz viel feinkörniger ist und 
keine grössern Nahrungsballen einschliesst, aber besondere Organe sind auch bei ihnen nicht 
wahrzunehmen. Nur ein mit einer wasserhellen Flüssigkeit erfüllter, meist nicht scharf begränzter 
Hohlraum (Fig. 1. 5. 8. d. d.) fällt bei allen Individuen im hintern Körperende nahe unter der 
Körperhaut sogleich auf; er pulsirt nicht so lebhaft wie die contractilen Hohlräume anderer In- 
fusorien, sondern verschwindet nur bisweilen in längern Intervallen, um bald darauf wieder zu 
erscheinen. Einen Nucleus vermochte ich bei meiner ersten Untersuchungsreihe gar nicht aufzu- 
finden, ich lernte ihn erst in neuerer Zeit bei der Behandlung der Colpoden theils mit wässriger 
Jodlösung, theils mit Alkohol und Essigsäure kennen. Er liegt etwas hinter der Mitte des Kör- 
pers und ist eine homogene Scheibe, die einen ansehnlichen Nueleolus einschliesst (Fig. 8. f.). 
Im Verhältniss zum Körper ist er ungewöhnlich klein, wenigstens bei den jüngern Individuen, 
die ich bald darauf zu prüfen Gelegenheit hatte. EurENBERG hat den Nucleus (seine Samen- 
drüse) auch erst so spät kennen lernen, dass er ihn nachträglich in die schon fertige Kupfertafel 
des grossen Infusorienwerkes eintragen lassen musste; er stellt ihn ebenfalls scheibenförmig, aber 
homogen und verhältnissmässig grösser dar '), als ich. 

Bei den mancherlei Differenzen, welche sich in Betreff der Organisationsverhältnisse der 
Colpoden zwischen EuRENBERG’s und meinen Beobachtungen ergeben, sollte man meinen, dass 
meinen Untersuchungen nicht die ächte Colpoda eueullus zu Grunde gelegen habe, sondern eine 
verwandte Infusorienform. Dies ist aber gewiss nicht der Fall; denn in Heuinfusionen die uns 


beiden das Material lieferten, kommen zwar öfters noch einige nahe verwandte Infusorien vor, 


I) Die Infusionsthiere Taf. NXXXIX. Fig. V. 7. t. 


Eigenthümliche Entwiekelungsvorgünge bei Colpoda eucullus. 19 


diese sind aber bei gehöriger Umsicht mit unsern gegenwärtigen Instrumenten im einigermaassen 
entwickelten Zustande stets sicher von der Oolpoda ceucullus zu unterscheiden. Ferner ist nicht 
zu übersehen, dass EHRENBERG’S Beobachtungen aus einer sehr frühen Periode seiner Infusorien- 
forschungen datiren, denn nach dem Jahre 1831 hat er nur noch zweimal die Heuthierchen wieder 
auffinden können '). Vielleicht würde daher EHRENBERG selbst seine frühern Angaben modifieirt 
haben, wie dies ja auch z. B. hinsichtlich des Chilodon eueullulus ?) geschehen ist, wenn er die 
Colpoden in späterer Zeit noch einmal einer speciellen Untersuchung unterworfen hätte. Endlich 
aber bürgt noch eine eigenthümliche Erscheinung dafür, dass ich wirklich Eurengere’s Oolpoda 
eucullus beobachtete. 

Es ist bekanntlich Regel, dass sich die bewimperten Infusionsthiere durch Selbstthei- 
lung vermehren; man braucht unter einer einigermaassen beträchtlichen Anzahl von Individuen 
einer Art nie lange nach einem Individuum zu suchen, welches entweder in der Längs- oder 
Quertheilung begriffen ist. Bei Colpoda ceucullus habe ich nie ein frei herumschweifendes Thier 
in der Theilung angetroffen, obgleich ich Tausende von Exemplaren untersucht habe. Auch 
EurexBerG hat niemals einen Theilungsact bei dieser Art beobachtet, wie aus den Worten her- 
vorgeht: ‚‚Quer- und Längstheilung ist von mehreren Beobachtern angegeben‘. Die Angaben 
der ältern Beobachter, die EHRENBERG hierbei im Sinne hat, haben aber gar keine Beweiskraft, 
weil sie die Colpoden nicht scharf von den verwandten Formen COhilodon eueullulus, Leucophrys 
pyriformis und Paramaecium colpoda unterschieden und mittelst ihrer unvollkommenen Instru- 
mente auch nicht unterscheiden konnten. Da nun weder EHRENBERG, noch ich unter den grossen 
Scharen von 'Thieren, die wir beide untersuchten, auch nicht ein Individuum in der Theilung 
antrafen, die drei der Oolpoda ceucullus nächst verwandten Infusorienformen aber sich sehr häufig 
durch Theilung vermehren, so ist gewiss, dass ich dasselbe Thier, wie EHRENBERG, also die ächte 
Colp. eucullus beobachtete, alle Angaben von Theilung bei ältern Beobachtern sind dagegen nicht 
auf diese Infusorienform, sondern auf eine jener drei verwandten, in der Regel auf den allerwärts 
verbreiteten, sehr gemeinen Chrlodon eueullulus zu beziehen. i 

Jetzt erst komme ich zu den von EHRENBERG an Colpoda cueullus beobachteten Erschei- 
nungen, welche seine Ansichten von dem Hermaphroditismus und der eyclischen Entwickelung 
der Infusorien beweisen sollten. Er sah nämlich die grösseren Individuen häufig zerplatzen, die 
gröbern für Eier gehaltenen Körner des Leibesinhalts in netzförmig verbundenen, schnurförmigen 
Massen, die als Eierstock gedeutet wurden, aus der zerrissenen Körperhülle hervorquellen und 
aus den einzelnen Körnern wieder junge Colpoden hervorgehen. Der letztere Punkt beruht sicher- 


lich auf einer Täuschung; im Uebrigen constatirte ich die Beobachtung zwar im Allgemeinen als 


1) Die Infusionsthiere S. 347. „Diese Thierchen gehören zu den gemeinsten in allen Aufgüssen von Pflan- 
zenstoffen. Dessenungeachtet finden sie sich keineswegs immer und in allen Infusionen. Bis zum Jahre 1831 fand 
ich sie überaus häufig in denselben in Berlin, seitdem ist es mir nur zweimal gelungen, sie zahlreich zu erhalten. 
Es mag an meiner Localyeränderung liegen.‘* 

2) Man vergleiche die ältere Darstellung in den Abhandlungen der Berliner Academie der Wissenschaften 
vom Jahre 1830. Taf. IV. Fig. 3. mit der im grossen Infusorienwerk Taf. XXXVI. Fig. VII. 


20 Eigenthümliche Entwiekelungsvorgänge bei Colpoda eueullus. 


eine richtige, aber jene hohe Bedeutung konnte ich ihr unmöglich beilegen. Denn ich sah das 
Zerplatzen der Colpoden im Ganzen selten und immer nur dann eintreten, wenn die übrigens 
sehr verschieden grossen Individuen sich ganz nahe am Rande des Wassertropfens befanden, wo 
eine starke Verdunstung des Wassers stattfindet. Ich musste daher das Zerfliessen für einen phy- 
sikalischen , nicht für einen organischen Vorgang halten, und zwar um so mehr, als dieselbe Er- 
scheinung auch bei andern zarthäutigen Infusionsthieren, die sehr strotzend mit körnigem In- 
halte erfüllt sind, zu beobachten ist '). Ferner konnte ich mich nie überzeugen, dass die ausge- ' 
schiedenen Körner ein solches regelmässiges, aus schnurförmigen Fäden zusammengesetztes Netz 
bilden, wie es EHRENBERG a. a. O. Taf. XXXIX. Fig. V. 11. abgebildet hat, sondern ich sah 
immer nur ein regellos auseinandergeflossenes Haufwerk von Körnern, zwischen denen auch 
Reste der aufgenommenen Nahrungsmittel vorkamen. Was endlich die angebliche Entwickelung 
der einzelnen Körner zu jungen Colpoden betrifft, so lässt sich diese aus einer grade hier leicht 
möglichen Täuschung ungezwungen und zur Genüge erklären. 

Neben den Colpoden kommen nämlich in der Infusion nicht bloss zahlreiche viel jün- 
gere vor, sondern sehr gewöhnlich auch viele kleine monadenartige Infusorien, die kaum grösser 
sind, als jene beim Zerfliessen der ältern Colpoden frei werdenden Körner, und an denen man 
auch mit den stärksten Vergrösserungen unserer besten Mikroskope nicht mehr erkennen kann, 
als dass es spontan herumhüpfende, punktförmige Kügelchen sind. Diese Monaden , oder mona- 
denähnliche Anfänge von Infusorien halten oft plötzlich in ihren Bewegungen inne, bleiben einige 
Zeit stille liegen, fangen dann aber eben so plötzlich wieder an, sich zu regen und umherzutau- 
meln. Solche still liegende Monaden, die nach einiger Zeit ihre Bewegungen fortsetzen, sind aller 
Wahrschemlichkeit nach von EnrEnBEre für aus den Eiern schlüpfende Colpoden gehalten wor- 
den; daher konnten auch niemals die Eischalen, welche doch hätten übrig bleiben müssen, nach- 
gewiesen werden. Hätte aber auch EHRENBERG nur beobachtet, wovon aber auch nichts gemeldet 
wird, dass die ganze, durch Zerfliessen einer Colpode frei werdende Körnermasse nach einer län- 
gern oder kürzern Zeit anhaltenden Fixirens plötzlich zum Leben erwacht und nach allen Seiten 
hin auseinandergestoben wäre, wie etwas Aehnliches bei der Entwickelung des O’%lorogonium 
euchlorum zu beobachten ist, so würde ich seine Behauptung, dass die Colpoden sich durch die 
in ihrem Leibesinhalte gelegenen Körnchen fortpflanzen, für bewiesen halten; es dürften aber 
auch dann die Körnchen noch nicht als Eier angesprochen werden, sondern sie müssten so lange 
als Sporen gelten, bis wirklich der Beweis geführt worden wäre, dass sie zu ihrer weitern Ent- 
wickelung erst durch eine Befruchtung angeregt würden. 

Dagegen lernte ich eine auch in späteren Zeiten noch oft wieder beobachtete Entwicke- 
lungsweise kennen, die der von EHRENBERG angenommenen nicht entfernt ähnlich ist, die aber 
mit der Entwickelungsweise der Euglenen (vergl. $. 1.) sehr nahe übereinstimmt. Die Colpoden 
encystiren sich nämlich und vermehren sich innerhalb ihrer Cysten durch Theilung. Einige Sta- 
dien dieser Entwickelung traf ich in jedem Tropfen der Infusion, und sehr häufig beobachtete 


1) Man vergleiche darüber auch DusarnIn Infusoires p. 34. 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda cueullus. 21 


ich alle Entwickelungsstufen in vielen Exemplaren dicht neben einander. Die Fähigkeit, sich zu 
encystiren, kommt den Colpoden auf allen Lebensstadien zu, was nicht bloss aus der sehr ver- 
schiedenen Grösse der Cysten geschlossen werden kann, sondern es lehrt dies auch die directe 
Beobachtung. Hat man nämlich einen einigermaassen reichlich von Colpoden bevölkerten Tro- 
pfen der Infusion im Gesichtsfelde, so sieht man, wie plötzlich hier eine grosse, dort eine ganz 
kleine Colpode ihre gewöhnlichen Bewegungen einstellt und sich kugelförmig zusammenzieht. 
Anfangs (Fig. 10.) sieht man noch an dem der contractilen Stelle (d.) gegenüberliegenden Pole 
des kugelförmigen Körpers die längern, dem Vorderende des Thieres angehörigen Wimpern («.) 
frei hervorragen , und ihre lebhaften Bewegungen treiben das Thier in einem Kreise umher, den 
die Bogenlinie c. andeutet. Bald werden jedoch die Wimpern unthätig und unsichtbar, und 
das Thier bleibt entweder ganz still auf dem Objectträger liegen (Fig. 11,), oder es wälzt sich 
vermittelst wurmförmiger Contractionen seiner Körperwandungen schwerfällig bald nach dieser, 
bald nach jener Richtung um eine seiner Längsaxen, ohne jedoch von der Stelle zu rücken. 

Die nun eintretenden Vorgänge sind nicht bei allen Individuen genau dieselben, laufen 
aber doch alle auf dasselbe Endziel hinaus. Bei den einen kräftig contrahirten und stillgewor- 
denen Colpoden schwindet im Aequator die Körnermasse, und es erscheint eine schmale lichte 
Zone (Fig. 12. a.), die bald in eine deutliche ringförmige Furche übergeht. Diese Furche greift 
zwar mit der Zeit tiefer ein (Fig. 13.), zu einer vollständigen Trennung beider Hälften kommt 
es aber in der Regel nicht. Jedoch sind beide Hälften individuell belebt, jede hat ihre besondere 
contractile Stelle (d. d.), und jede vollführt selbstständige wurmförmige Contractionen ihrer Kör- 
perwandungen. Nur wenn diese, was gewöhnlich der Fall ist, in 'gleichem Sinne stattfinden, 
wälzen sich die beiden unvollständig gesonderten Theilungssprösslinge, wie ein ungetheiltes ku- 
gelförmiges Individuum um eine ihrer Axen. Während der Rotationen scheiden entweder beide 
Theilungssprösslinge an ihrer ganzen Oberfläche eine Gallertschicht aus, die sich bald zu einer 
gemeinsamen, krystallhellen, kugligen Cyste (Fig. 16. 17.) gestaltet; oder es bildet sich eine 
zweite, mit der erstern sich rechtwinklig schneidende ringförmige Furche, wodurch vier, mit ein- 
ander verbunden bleibende Theilungssprösslinge entstehen, die sich dem Beobachter gewöhnlich 
nach den Ecken eines Tetraeders geordnet darstellen (Fig. 14.) und sich ebenfalls wie eine einzige 
Kugel umherwälzen. In noch mehr Segmente zerfällt der Vierlingskörper nicht, sondern er um- 
giebt sich auf dieselbe Weise, wie vorhin der Zwillingskörper, mit einer kugligen Cyste (Fig. 19.). 
Bisweilen kommt es weder beim Zwillings- noch beim Vierlingskörper zur Cystenbildung,, son- 
dern die Segmente trennen sich vollständig von einander, nehmen die gewöhnliche Colpodenge- 
stalt an, und schwimmen behende davon. Ein solches Zerfallen beobachtete ich besonders dann, 
wenn ich das Deckgläschen anwendete; ich glaube daher, dass es nur durch äussere mechanische 
Ursachen veranlasst wird. 

Bei andern kuglig contrahirten Colpoden findet gar keine unvollständige Theilung statt, 
so lange sie frei sind, sondern sie schliessen sich erst in eine Cyste ein (Fig. 15.). Alsdann zer- 
fällt der encystirte Körper durch vollständige Theilung in zwei, sich durch gegenseitigen Druck 
zu Halbkugeln abplattende Theilungssprösslinge (wie Fig. 16. und 17.). Sehr häufig erwachen 


22 Eigenthümliche Entwiekelingsvorgänge bei Colpopa eueullus. 


beide Theilungssprösslinge zu erhöhter Lebensthätigkeit, sie wälzen und schieben sich über ein- 
ander weg, drängen und schmiegen sich in einander, oder sie jagen sich auf das Lebhafteste in 
dem engen Raume der Cyste umher (Fig. 18.), was ein sehr liebliches und überraschendes Schau- 
spiel gewährt. Sie zeigen dann genau die Form gewöhnlicher Colpoden, nnd man.erkennt na- 
mentlich am vorderen Ende sehr scharf die einzelnen Wimpern. Häufig erhalten bei den ver- 
schiedenerlei drängenden Bewegungen die noch weichen Cystenwandungen beulenförmige Auf- 
treibungen und nehmen vorübergehend einen mehr oder weniger eckigen Umriss an. Nach eini- 
ger Zeit kommen die Theilungssprösslinge zur Ruhe, sie legen sich wieder in Form von Halb- 
kugeln einander gegenüber und jeder zerfällt in zwei neue Individuen (Fig. 20.). Die vier Thei- 
lungssprösslinge,, welche jetzt die Cyste umschliesst, bewegen sich abermals lebhaft durch ein- 
ander, die Cystenwandungen sind aber jetzt gewöhnlich schon so erhärtet, dass sie nicht mehr in 
ihrem Umrisse verändert werden. Ich traf zwar nicht selten auch noch ganz weiche Cysten mit 
vier sich herumtummelnden Theilungssprösslingen, die durch deren Bewegungen eine ganz eckige 
Gestalt annahmen (Fig. 23.), allein diese rührte wohl von dem in Fig. 14. abgebildeten Vier- 
lingskörper her, der sich eben erst encystirt hatte, und dann in seine Segmente zerfallen war. 
Beschwerte ich dergleichen noch weiche Cysten mit einem dünnen Deckgläschen, so entstand an 
irgend einer Stelle eine Ruptur (Fig. 24. a.), und ein Theilungssprössling nach dem andern 
drängte sich durch dieselbe hindurch, und schwamm gewandt, wie eine gewöhnliche Colpode, 
ins Weite. 

Auch die vier Theilungssprösslinge einer Cyste gehen wieder in einen ruhenden Zustand 
über, und sie liegen dann gewöhnlich paarweis einander gegenüber (Fig. 21.). Nicht selten traf 
ich in einer Cyste zwei Individuen (Fig. 25. @. a.) bereits ruhend und innig aneinander gedrückt, 
während die beiden andern Individuen (d. b.) sich munter umherjagten. Die vier zur Ruhe ge- 
kommenen Theilungssprösslinge können durch einen nochmaligen Theilungsaet in acht zerfallen 
(Fig. 28.), an diesen habe ich aber niemals selbstständige Bewegungen gesehen ; ebensowenig 
habe ich noch weiter fortschreitende Theilungsacte beobachtet. Am häufigsten sind Cysten mit 
vier Theilungssprösslingen, und nur bei meiner ersten Beobachtungsreihe habe ich die Theilung 
bis zu acht Individuen fortschreiten sehen. Die kleinsten encystirten Colpoden zerfallen häufig 
nur in zwei Individuen, ja bisweilen scheinen sie sich gar nicht zu theilen. Dass jeder Theilungs- 
sprössling auch mit einem Nucleus versehen ist, habe ich mit Bestimmtheit erst im Jahre 1852 
durch Behandlung der Cysten mit Essigsäure erkannt (vergl. Fig. 19. und 21. a. a.). Auch eine 
contractile Stelle scheint jedem Theilungssprössling zuzukommen; doch fand ich sie in meinen 
ältern Zeichnungen nur hin und wieder angegeben. 

Höchst merkwürdig ist es, dass sich die ruhenden Theilungssprösslinge einer Cyste 
durch ein Exsudat ihres Körpers noch mit Specialeysten umgeben (Fig. 27. und 29.). Bei meiner 
ersten Beobachtungsreihe habe ich sehr häufig Cysten, welche zwei, vier oder acht Specialeysten 
einschlossen, angetroffen, und ebenso häufig habe ich gesehen, dass sich zuletzt die allgemeine 
Cyste mehr oder weniger regelmässig in zwei Hälften spaltet, und die eingeschlossenen Special- 
eysten frei werden lässt (Fig. 30.). Bisweilen begegneten mir auch sehr kleine Cysten , welche 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda ceueullus. 23 


nur eine einzige Specialeyste enthielten. Hierdurch enthält die Entwickelung der Colpoden eine 
ungemeine Aehnlichkeit mit der Entwickelung mancher einzelligen Algen, namentlich der Pal- 
mellaceen '). Die Specialeysten zeigen, unter einander verglichen, eine sehr xerschiedene Grösse, 
je nachdem sie aus kleinern oder grössern Muttercysten hervorgingen und je nachdem in den letz- 
tern die Theilung des ursprünglichen Individuums bis zur Vier- oder Achtzahl fortschritt. Die 
grössern Specialeysten sind von den kleinern gewöhnlichen Cysten gar nicht zu unterscheiden. 
Der Durchmesser der gewöhnlichen Cysten schwankt zwischen Yso — Yo” ; die Specialeysten 
messen meistens ss —; im Durchmesser; doch sah ich auch noch viel kleinere bis herab zu 
90 . Zuletzt beobachtete ich in meiner Infusion nur noch Millionen kleiner, ein einfaches zel- 
lenartiges Bläschen enthaltender Cysten (Fig. 31. a.), welche in dichten Haufen an der Ober- 
fläche umhertrieben und die oftmals eine umfängliche zusammenhängende Haut bildeten. Zer- 
quetschte ich dergleichen Cysten (Fig. 31. d.), so trat ein scharf contourirter, jedenfalls von einer 
besondern zarten Haut begränzter Körper hervor, der aber keinerlei Bewegungen zeigte. Ich be- 
hielt die Cysten der ersten Beobachtungsreihe bis Mitte März beständig im Auge, konnte aber 
keine weitern Veränderungen an ihnen wahrnehmen. Nur das fiel mir auf, dass von Anfang 
März an,.sehr viele leere und etwas zusammengefallene Cysten (Fig. 31. ce.) an der Oberfläche 
der Infusion umhertrieben, und dass gleichzeitig wieder ein grosses Gewimmel ganz junger Col- 
poden (Fig. 9.) erschien. Ich schliesse daraus, dass jede Specialeyste ihren ruhenden Inhalt der- 
einst wieder als eine junge Colpode entlässt, und dass die Specialeysten die Bedeutung von Sporen 
haben. In Fig. 9. sind sehr junge Colpoden dargestellt, die noch mit völliger Bestimmtheit als 
solche erkannt werden können; vergleicht man sie mit den in Fig. 31. abgebildeten Specialcysten, 
so wird man gestehen müssen, dass Nichts der Annahme entgegensteht, sie seien aus den letz- 
tern ausgeschlüpft. 

Es ist auffallend, dass diese gar nicht schwer zu beobachtenden Entwickelungsvorgänge 
der Colpoden, die ich so oft verfolgt habe, als sich mir diese Infusionsthiere in nicht allzu geringer 
Anzahl zur Untersuchung darboten, bisher ganz unbekannt geblieben sind. Nur bei O. F. MÜLLER 
findet sich eine Stelle, die andeutet, dass schon von diesem grossartigen Forscher des vorigen Jahr- 
hunderts wenigstens die Cystenbildung der Colpoden gesehen worden ist. MÜLLER sagt nämlich): 
„‚In paueis, extra rostrum, aliud longius et hyalinum, membranaceum , prominere vidi, exuvias 
mentiens, quales guoque in Vibri. Anguillula observavi, hinc decorticationem seu culis mutatio- 
nem, uti in Insectis apteris et nonnullis amphibüs , suspicari licet.““ Weiter ist auch EHRENBERG 
nicht vorgedrungen, denn er sagt nur?): ‚‚Sehr merkwürdig ist das von MÜLLER zuerst beob- 
achtete Häuten der Colpoda Oueullus‘‘ und ferner *): ‚„‚Ein Häuten wurde von Mütter bei (©. 


Cucullus beobachtet und von mir bestätigt. ‘“ \ 


1) Man vergleiche z. B. die Beobachtungen von ALEX. BRAUN über Schizochlamys gelatinosa in dessen 
Schrift ‚Ueber die Verjüngung in der Natur“ S. 193 und Taf. I. Fig. 43—50, und ganz besonders NÄGELTY’S Schrift 
über die einzelligen Algen, die mir augenblicklich nicht zur Hand ist. 

2) Animaleula infusoria p. 104. 

3) Die Infusionsthiere S. 345—46. 

4) Ebendaselbst S. 347. 


24 Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Oolpoda eueullus. 


Während der unglücklichen Märzereignisse und der folgenden unruhigen Tage, war 
meine schon früher durch Verdunstung sehr verringerte Infusion gänzlich eingetrocknet. Als ich 
nun im April die übriggebliebenen Heufragmente wieder aufweichte und sie darauf unter dem 
Mikroskope zerstückelte, fand ich, dass ihnen zahllose theils leere, theils noch einen ganz frischen 
Inhalt umschliessende Cysten von.der Grösse und Form der Specialceysten anklebten. Ich be- 
wahrte nun die frisch infundirten Heufragmente auf, und schon nach zwei Tagen waren wieder 
junge Colpoden in Menge in der Infusion zu beobachten. Hieraus erklärt sich sicherlich das Er- 
scheinen von Colpoden in Heuinfusionen auf eine ganz natürliche und ungezwungene Weise und 
abermals ohne die dem Verstande völlig unbegreifliche und keiner einzigen, hinlänglich sorgfäl- 
tigen Beobachtung Stand haltende Generatio aeguwivoca. Die Keime zu den Colpoden sitzen in 
Cysten wohl verwahrt am Heu; wie kann man sich also wundern, wenn Heu, das mit destillir- 
tem, oder aus aufgethautem Eis erhaltenem Wasser übergossen wird, Colpoden liefert? 

Wie die Colpodencysten ans Heu kommen, das ist nicht schwer zu begreifen. Die Cysten 
stammen entweder von Colpoden her, welche im Wasser überschwemmter Wiesen lebten und 
die sich beim Fallen des Wassers an den Halmen und Blättern der Wiesengräser encystirten, 
oder sie wurden, wie die Sporen der Cryptogamen und die Pollenkörner der Phanerogamen, die 
häufig eine noch viel bedeutendere Grösse haben, als sie, von ihrer ursprünglichen Bildungsstätte, 
nachdem wahrscheinlich hier alles Wasser verdunstet war, durch Winde fortgeführt und auf 
nassen Grasblättern,, an denen sie kleben blieben, wieder abgesetzt. Die letztere Verbreitungs- 
weise der Colpodenkeime scheint mir die häufigere und allgemeinere zu sein. Ich schliesse dies 
aus einigen sehr interressanten Erfahrungen, die ich erst in der neuesten Zeit gemacht habe. 

Im August des Jahres 1552 sammelte ich auf der Spitze des im böhmischen Theil des 
Erzgebirges gelegenen Keilberges, 3800 Fuss über dem Meeresspiegel, eine bedeutende Quantität 
isländischer Flechten (Ceiraria islandica) ein. Bei meiner Rückkehr weichte ich einen Theil der- 
selben in Wasser auf, um sie zum Einlegen für mein Herbarium vorzubereiten. Als ich das stehen 
gebliebene trübe Wasser einige Tage später untersuchte, staunte ich nicht wenig über die un- 
glaubliche Menge von Colpoden, die es enthielt. Jetzt nahm ich eme Parthie von den übrigge- 
bliebenen trockenen Flechten, die noch mit keinem Wasser in Berührung gekommen waren, und 
begoss sie mit frisch abgekochtem Wasser. Schon am folgenden Tage zeigten sich abermals viele 
Colpoden , und ihre Zahl nahm in den folgenden Tagen noch sehr bedeutend zu. Weit und breit 
findet sich in der Umgebung des Keilberges kein Wasser, in dem Colpoden leben könnten, sie 
müssen vielmehr aus beträchtlichen Entfernungen, in Cysten eingeschlossen, durch die Luft her- 
beigeführt worden sein. Die Anhänger der generatio aeguivoca werden ‘dieses Factum vielleicht 
zu ihrem Gunsten ausbeuten und die Colpoden aus der sich zersetzenden Flechtensubstanz her- 
vorgegangen sein lassen. Eine solche Annahme wird sicher durch die folgenden Erfahrungen 
widerlegt. 

Im Spätherbst des Jahres 1852 war in verschiedenen alten Buchenbeständen des höhern 
Erzgebirges, die wenigsten 2000 Fuss über dem Meeresspiegel liegen, ein Spanner (Geometra 
brumata) in Besorgniss erregender Menge erschienen. Man hatte einige etwa 80 Fuss hohe 


Eigenthümliche Entwickelungsvorgänge bei Colpoda eueullus. 25 


Buchen fällen lassen und gefunden, dass die äussersten Zweigspitzen mit zahllosen Eiergruppen 
belegt waren. Mir wurde eine Schachtel voll abgeschnittener Zweige übersendet, um mich gut- 
achtlich über die Eier und das Insect auszusprechen. Als ich die Zweige näher mit der Loupe 
untersuchte, fielen mir, noch ehe ich die Eiergruppen auffand, sehr häufig kleine, glänzende, 
ziegelrothe Pünktchen auf, welche überall in den Blattstielnarben, in den Knospenachseln und 
in den dicht hintereinandergelegenen ringelförmigen Einschnitten an der Basis der verschiedenen 
Jahrestriebe eingenistet sassen. Ich brachte diese Pünktchen unter das Mikroskop und sah so- 
gleich, dass ich es mit kugelförmig contrahirten, anscheinend todten Räderthieren zu thun hatte. 
Aber schon nach wenigen Stunden waren mehrere derselben aus ihrer Starrsucht zu regem Leben 
erwacht, sie hatten sich vollständig ausgestreckt, krochen munter umher, und ich erkannte nun 
in ihnen die den Alpenschnee so häufig roth färbende Philodina roseola. Begierig schabte ich 
nun allen Schmutz, der in den vorhin erwähnten Vertiefungen der Buchenzweige sass, ab, und 
unterwarf ihn einer sorgfältigen mikroskopischen Analyse. Ich fand nun nicht bloss noch eine 
ausserordentliche Menge von Philodinen, sondern auch deren Eier, ferner sparsamer den Maero- 
biotus Hufelandii und seine Eier und nicht wenige kuglige Cysten, die in Form, Grösse und In- 
halt ganz mit Colpodenceysten übereinstimmten. Die abgeschabte Masse wurde in frisch abge- 
kochtes Wasser geworfen und in zugestöpselten Gläsern verwahrt. Nach drei Tagen fand ich die 
Philodinen und Macrobioten in meiner Infusion in voller Lebensthätigkeit, und in jedem Tropfen 
begegneten mir mehrere mittelgrosse Exemplare der Colpoda eucullus, die ich später auch wieder 
sich eneystiren und in ihren Cysten sich bis zur Vierzahl theilen sah. 

Jetzt untersuchte ich auch auf dieselbe Weise die Zweigspitzen mehrerer isolirt stehen- 
der Buchen und Eichen bei Tharand, und ich traf auch hier überall sowohl Philodinen, wie Col- 
podencysten, und wenn ich den abgeschabten Rindenüberzug jener Bäume einige Tage unter 
Wasser stehen liess, beobachtete ich in demselben stets freie Colpoden. Dass die durch ihre derbe ' 
Haut gegen ein Vertrocknen geschützten Philodinen und Macrobioten im einfach contrahirten 
Zustande, die zarthäutigen , bewimperten Colpoden dagegen in Cysten verwahrt durch Winde an 
die Bäume geweht wurden, auf denen sie wahrscheinlich, wenn es längere Zeit regnet, zu neuem 
kurzen Lebensgenuss erwachen, wird nun wohl kein nüchterner Forscher mehr in Zweifel ziehen. 
Den Anhängern der elternlosen Zeugung überlasse ich es, den Beweis zu führen, dass Räder- 


thiere und Infusorien 80 Fuss über dem Boden auf lebenden Bäumen wachsen. 


8.4. 


Erste Grundlagen zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella microstoma. 


In der im April 1848 erneuerten Heuinfusion, zu welchem ich gewöhnliches Brunnen- 
wasser angewendet hatte, gewannen über die zuerst erschienenen Colpoden bald andere Infusorien- 
formen die Oberhand und verdrängten diese nach und nach fast ganz, wenigstens konnte ich 
durchaus nicht wieder ähnlicher entwickelter Formen habhaft werden, wie in der ersten Infusion. 
Am häufigsten zeigte sich jetzt die Vorticella mierostoma Ehrbg., welche bald ausgedehnte bläu- 


‚Stein, Infusorien. 4 


26 Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. 


lichweisse Wölkchen an der Oberfläche der Infusion bildete. Diese schöpfte ich ab, da meine In- 
fusion durch die faulenden Heustücke zu sehr verunreinigt war, und that sie in ein Glas mit rei- 
nem Wasser, und in diesem vermehrten sich diese Glockenthierchen in kurzer Zeit so erstaun- 
lich, dass ich ein reiches Material zum Studium ihrer Entwickelungsgeschichte hatte. 

Die Glockenthierchen (Taf. IV. Fig. 17. 18.) befanden sich auf ausserordentlich ver- 
schiedenen Stufen der Entwickelung, die sich aber durch nichts weiter von einander, als durch 
die Grösse unterschieden. Ich konnte sie in ununterbrochener Reihenfolge von den entwickelt- 
sten Individuen, deren Körperlänge fast %%5"' erreichte, bis herab zu Individuen von Yıas” Länge 
verfolgen. Alle diese Individuen characterisirte der der Gattung Vorticella eigenthümliche, ein- 
fache, niemals zu einem Familienstocke sich entwickelnde, in spiralige Windungen contraetile 
Stiel (Fig. 17. f.), und der birnförmige, nach vorn stark verengerte, in einem nur schwach ge- 
randeten, nicht glockenförmig zurückgerollten, bewimperten Peristom (b.) endende Körper, das 
schmale, kaum über das Peristom hervorragende Wirbelorgan (a), die kurze, enge, nur das erste 
Drittel des Körpers durchlaufende Speiseröhre (c.), eine neben dem Ende derselben gelegene, 
runde, contractile Stelle (d.) und der lange, sehr verschieden zusammengekrümmte, bandförmige 
Nucleus (e.). 

Ausserdem beobachtete ich in ihrer Gesellschaft häufig noch sehr viel kleinere Thier- 
chen '), welche einen kurzen, äusserst feinen, aber durchaus nicht contractilen Stiel und einen 
rundlichen oder ovalen Körper besassen, an dem weder ein Mund, noch ein Wirbelorgan, noch 
überhaupt irgend eine Bewimperung wahrzunehmen war. Diese Thierchen schwankten um ihren 
Befestigungspunkt nur langsam pendelartig hin und her, rissen sich aber häufig von den Körner- 
haufen, an welchen sie festsassen, los und schwammen ziemlich behende davon. Ich hielt sie 
mit EureEnBErG !), der zuerst auf das Vorkommen dieser Geschöpfe in Gesellschaft der Vort. 
mierostoma aufmerksam gemacht hat, für die jüngste Entwickelungsstufe der Vorticellen, bin aber 
in neuerer Zeit in dieser Ansicht schwankend geworden, da ich noch keine Uebergangsstufen 
zwischen ihnen und den kleinsten, sicher bestimmbaren Individuen der Fort. microstoma habe 
auffinden können, und da ich nicht im Stande bin, sie scharf von Monaden zu unterscheiden, die 
sich so häufig mit ihrem geisselförmigen Bewegungsorgane an im Wasser schwebenden Körner- 
haufen anhängen und dann ebenfalls pendelartig hin und her schwanken. 

Die ersten entwickelungsgeschichtlichen Beobachtungen bezogen sich auf die Art und 
Weise, wie die Vermehrung durch Theilung und Knospenbildung zu Stande kommt. Nach 
Eurengerg’s Abbildungen zu urtheilen ?), musste man glauben, dass die Theilung , welche bei 
den Vorticellinen bekanntlich nur Längstheilung ist, in der Weise erfolge, dass die Theilungs- 
furche das ausgestreckte Thier halbire, mitten durch das hervorragende Wirbelorgan und das be- 
wimperte Peristom hindurchgehe und so allmählich weiter in der Mittellinie nach hinten vor- 
schreite. Dies ist aber nicht der Fall, sondern die sich theilenden Individuen sind stets kugel- 


1) Vergl. meine erste Abhandlung über die Entw. der Infusorien Taf. I. Fig 9. e. 
2) Die Infusionsthiere S. 272. und Taf. NXV. Fig. III. 3. 1. «. 
3) Man vergleiche z. B. a. a. O. Taf. XXV. Fig. Ill. 3.3. 3. y. und. Fig.1. e. 


Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella microstoma. 27 


förmig zusammengezogen, ihr Wirbelorgan liegt im Körper zurückgezogen, das Peristom hat sich 
innig über demselben zusammengeschlossen und vor vollendeter Theilung findet keine Entfaltung 
wieder statt). Hierauf verschmelzen die im Vorderkörper sich berührenden Hauttheile, die contrac- 
tile Stelle verschwindet, das Wirbelorgen , die jetzt innerlich liegenden Peristomwimpern und die 
Speiseröhre werden resorbirt und der nun ganz gleichartige Körper wächst mehr und mehr in die 
Breite. Gleichzeitig verändert sich die Lage und Grösse des Nucleus; er streckt sich grade aus, 
lagert sich quer durch den Körper und nimmt bedeutend an Länge zu. Sobald der Körper die 
gehörige Breite erreicht hat, fängt die in der Mitte des Vorderrandes von Anfang an vorhandene 
Ausrandung an in eine immer tiefer eingreifende Einschnürung überzugehen, indem die gesammte 
Körpersubstanz in der Längsaxe von vorn nach hinten resorbirt wird. Noch ehe die Theilungs- 
furche das erste Drittel der Längsaxe durchlaufen hat, entsteht in der Mitte der beiden frei ge- 
wordenen Segmente eine kegelförmige, mit einer besondern Membran ausgekleidete Höhlung, 
und auf dem Boden derselben, welcher die Scheibe eines neuen Wirbelorgans wird, wachsen 
Wimpern hervor, die man in der Höhlung deutlich flottiren sieht. Die Spitze der Höhlung setzt 
sich bald darauf nach vorn in einen engen, graden Kanal fort, der zuletzt an der äussern Ober- 
fläche des Körpers durchbricht und dessen innere Membran hier continuirlich in die allgemeine 
Körperhaut übergeht. Gleichzeitig entwickelt sich ein anderer Kanal aus der einen Ecke des Bo- 
dens der kegelförmigen Höhle nach abwärts in die Leibessubstanz hinein ; dieser wird die Speise- 
röhre. Die Theilungsfurche ist jetzt etwa bis zur Mitte vorgedrungen, und das sich theilende 
Thier gleicht zweien mit ihren hintern Hälften verwachsenen Individuen, die ihr Wirbelorgan 
eingezogen und das Peristom spincterartig geschlossen haben. Endlich durchschneidet die Thei- 
lungsfurche auch die Mitte des Nucleus und die ganze hintere Hälfte des Organs bis zum An- 
fange des Stiels. 

Man sieht hieraus, dass von den Organen einer sich theilenden Vorticelle nur der Nu- 
cleus getheilt wird, nicht aber das Peristom, das Wirbelorgan und die Speiseröhre, sondern diese 
Organe entstehen an den aus der Theilung hervorgehenden Individuen, die ich deshalb auch mit 
einem besondern Namen (Theilungssprösslinge) bezeichne, durch Neubildung aus der zuvor 
homogen gewordenen Körpersubstanz. 

Noch bleiben beide Theilungssprösslinge auf dem ihnen gemeinsamen Stiele in beharr- 
licher Contraction neben einander; nach einiger Zeit aber nimmt der eine die Spitze des Stiels 
allein ein, reckt sich aus, entfaltet sein Peristom und wirbelt nach Nahrung. Der andere dagegen 
verharrt gewöhnlich in der Contraction, nimmt eine horizontale Stellung ein und treibt vor sei- 
nem hintern Ende aus einer schon vorgebildeten ringförmigen Furche einen Wimperkranz hervor, 
mittelst dessen er sich von seinem Gefährten trennt. Der abgelöste Sprössling schwimmt ausser- 
ordentlich behende und in gewandten Krümmungen und Wendungen im Wasser umher und zwar 
in der Regel mit dem hintern Ende voran und nur mit dem hier. gelegenen Wimperkranze wir- 


belnd. Das Wirbelorgan ist entweder ganz zurückgezogen und das Peristom geschlossen, oder 


1) In Betreff der Theilung vergl. man die Fig. 3. 4. u. 5. auf Taf. I. in meiner ersten Infusorienabhandlung. 
4 * 


28 Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. 


letzteres ist doch wenigstens bedeutend zusammengeneigt, und seine verengte Mündung wird von 
innen her durch den Scheibentheil des Wirbelorgans verschlossen, dessen Wimpern durch die 
Mündung ins Freie hinaustreten, gewöhnlich aber nicht schwingen , sondern starr ausgestreckt 
bleiben. Da auch das auf den hintern Wimperkranz folgende Körperende stark eingezogen wird 
und nur noch als eine schmale und niedrige Warze erscheint, die jetzt die Rolle eines Tastorgans 
übernimmt, so wird die Gesammtform des frei umherschweifenden Sprösslings eine völlig andere, 
als die ist, welche der auf dem Stiele zurückgebliebene Sprössling zeigt. 

Der abgelöste Sprössling hat nämlich einen länglich walzenförmigen Umriss , ist nach 
der Mitte zu etwas verengert und am vordern und hintern abgestutzten Ende, die beide mit 
einem kleinen höckerartigen Vorsprunge versehen sind, zugerundet. Sehr auffalland ist jetzt 
das ausserordentliche Ausdehnungsvermögen in der Richtung der Längsaxe des Körpers. Der 
walzenförmige Sprössling kann sich bis zur doppelten Länge des festsitzenden Thieres ausdeh- 
nen; dann aber schnellt er auch oft wieder so stark zusammen, dass er die kurz birnförmig glok- 
kige Gestalt der festsitzenden Vorticellen und selbst die Kugelform erhält, welche diese beim Zu- 
sammenschnellen annehmen. So lange die Vorticellen auf ihren Stielen sitzen, sind sie nie im 
Stande, ihren Körper in die lange Walzenform auszudehnen, welche für die herumscheifenden 
die herrschende ist. Die letztern gehen entweder früher oder später wieder in die gestielte Form 
über, indem sie sich mit ihrem wahren hintern Ende an irgend einem fremden Körper festsetzen, 
einen neuen Stiel aus der Hinterleibsspitze ausscheiden, den hintern Wimperkranz abwerfen, 
und ihr Peristom öffnen, oder sie verwandeln sich in eine völlig ruhende Form, indem sie sich 
encystiren. 

Fast ebenso, wie die Theilungssprösslinge, entwickeln sich auch die Knospenspröss- 
linge, nur betheiligt sich hierbei der Nucleus des Mutterthieres nicht. Der ausgebildete Knospen- 
sprössling (Fig. 17. A.) ist stets um Vieles kleiner, als die Muttervorticelle; er erscheint zuerst 
als eine unbedeutende höckerartige Auftreibung (Fig. 17. g.) in der hintern Gegend des Vorti- 
cellenkörpers, die aber auch bisweilen weiter nach vorn, ja selbst gleich hinter dem Peristom auf- 
tritt. Ihr Inneres ist Anfangs ganz homogen; wenn sie sich aber etwa bis zu einer Halbkugel 
hervorgeschoben hat, bildet sich in der Nähe ihres vordern Endes eine halbmondförmige Höh- ° 
lung und von dieser aus gestaltet sich nun das Peristom, das Wirbelorgan und die Speiseröhre 
ebenso, wie in den freien Segmenten einer in der Theilung begriffenen Vorticelle, während sich 
gleichzeitig der Knospensprössling an seiner Basis immer mehr von dem Mutterkörper abschnürt, 
und einen kugligen oder ovalen Umriss erhält. Behandelt man eine knospende Vorticelle mit Es- 
sigsäure, so sieht man deutlich, dass der Nucleus des Mutterthieres sich gar nicht nach der 
Knospe hin erstreckt, sondern seine gewöhnliche zusammengekrümmte Gestalt beibehalten hat; 
in der Knospe gelbst aber unterscheidet man einen nierenförmig gekrümmten Nucleus, der so 
dünn ist, dass er unmöglich durch Abschnürung von dem Nucleus des Mutterthieres entstanden 
sein kann. Er ist sicherlich eine Neubildung, wenn ich auch seine ersten Anfänge noch nicht 
beobachtete. 


Ist die innere Organisation des Knospensprösslings vollendet (Fig. 17. h.), so bildet 


Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. 29 


sich vor seinem hintern Ende, welches nur noch durch ein kurzes Stielchen mit dem Mutter- 
körper zusammenhängt, nun ebenfalls der für das freie Leben des Knospensprösslings bestimmte 
Wimperkranz aus. Der abgelöste Knospensprössling verhält sich in allen Beziehungen wie der 
Theilungssprössling. Ueberhaupt ist zwischen der Fortpflanzung durch Theilung und der durch 
Knospenbildung keine scharfe Gränze zu ziehen; denn die Knospenbildung kann als eine un- 
gleiche Theilung angesehen werden , die so erfolgt, dass dem einen, grössern, Theilungsspröss- 
linge die gesammte innere Organisation des Mutterthieres verbleibt, während der andere, kleinere, 
sich diese Organisation erst schaffen muss. Ebenso kann aber auch die Theilung als eine Knos- 
penbildung aufgefasst werden, bei der die eine Hälfte des Mutterthieres zur Knospe wird: wenig- 
stens gilt dies sicherlich von der Quertheilung. Die Längstheilung der Vorticellen besteht An- 
fangs in der Bildung zweier Knospen (die Mundenden der Theilungssprösslinge), in diese geht 
aber später das ganze Mutterthier auf. Auch die Knospenbildung im eigentlichen Sinne be- 
schränkt sich nicht immer auf die Production von bloss einer Knospe, sondern man trifft auch 
häufig Vorticellen mit zwei Knospen (Fig. 17.), ja bisweilen sogar mit dreien; gewöhnlich ist 
dann eine zum Ablösen reif, während die andere noch sehr unentwickelt ist. 

Bei meinen Untersuchungen über die Theilung und Knospenbildung fiel mir noch ganz 
besonders auf, dass diese Fortpflanzungsweisen keineswegs bloss an den grössten, erwachsenen 
Vorticellen, sondern auch an allen andern Entwickelungsstufen bis fast zu den kleinsten Indivi- 
duen herab zu beobachten waren. So traf ich nicht selten Vorticellen, deren Körper kaum Yen 
lang war, schon mit einer Knospe versehen (Fig. 18.), und wenig grössere Individuen zeigten 
öfters sogar schon zwei Knospensprösslinge, oder sie waren in der Theilung begriffen. Hierdurch 
kam ich auf die Vermuthung, dass Theilung und Knospenbildung wesentlich Vermehrungs- 
weisen für das unreife Lebensalter der Vorticellen sein möchten, und dass, wenn die Vorticellen 
die ihrer Art zukommende Grösse erreicht hätten, eine andere Fortpflanzungsweise eintreten 
werde, durch welche Keimstoffe von so geringer Grösse erzeugt würden, dass daraus auch 
die jüngsten Entwickelungsstufen der Vorticellen hervorgehen konnten. Ich versuchte die Ent- 
wickelungsweise der Vorticellen auf das Gesetz des Generationswechsels zurückzuführen. 

Von jetzt ab untersuchte ich meine Infusion sorgfältig auf etwa in Gesellschaft der Vort. 
mierostoma vorkommende infusorielle Formen, die möglicher Weise als eine Vorbereitung zu 
der aus theoretischen Gründen vorausgesetzten, Keimstoffe bereitenden Fortpflanzungsweise der 
erwachsenen Vorticellen gedeutet werden konnten. Da wurde ich zum ersten Mal auf kugelför- 
mige, in bedeutender Anzahl vorhandene Cysten !) aufmerksam, in denen ich sofort verpuppte 
Vorticellen erkannte. Ich war im ersten Augenblicke weniger über diese Entdeckung, als dar- 
über verwundert, dass ich diese Cysten bisher ganz übersehen hatte. Wahrscheinlich rührt dies 
daher, dass sie nicht von Anfang an in meiner Infusion vorhanden gewesen waren, sondern sich 
erst später gebildet hatten. Jetzt beobachtete ich sie in jedem Tropfen der Infusion massenhaft, 
theils frei im Wasser schwimmend, theils an Körnerhaufen klebend,. theils mehr oder weniger 


1) Vergl. in meiner ersten Infusorienabhandlung die Fig. 13. 14. und 15. auf Taf. I. 


30 Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierosioma. 


in Körnerhaufen eingeschlossen. Die Cysten (vergl. Taf. IV. Fig. 19; nur ist von dem Stiele ab- 
zusehen) hatten ziemlich dicke, glatte, elastische und glasartig durchsichtige Wandungen, und 
ihre Höhlung wurde genau von einem Körper ausgefüllt, in dem auch der ungeübteste Beobachter 
auf den ersten Blick einen kuglig contrahirten Vorticellenkörper hätte erkennen müssen. Denn 
man unterschied an ihm überaus deutlich auch den bandförmigen Nucleus. Der Durchmesser der 
Cysten betrug durchschnittlich 1/0 , Sie hatten also fast genau die Grösse, wie die ausgebildet- 
sten Vorticellen, wenn sie sich auf ihrem Stiele contrahiren, und es konnte daher nicht zweifel- 
haft sein, dass sie von diesen abstammten. 

Jetzt war ich gewiss, in der Cystenform der Vorticellen das Endglied ihrer ganzen Ent- 
wickelungsreihe vor mir zu haben; es kam nur noch darauf an, zu ermitteln, auf welche Weise 
dasselbe die Grundlage zu neuen Entwickelungsreihen würde. Dies sollte nun aber nicht sobald 
gelingen; denn obgleich ich meine Cysten mehr als zwei Wochen lang aufmerksam verfolgte, 
konnte ich doch nur geringe Veränderungen an ihnen beobachten. Diese bestanden darin, dass 
sich der eingeschlossene Vorticellenkörper in eine einfache kuglige Blase verwandelte (Taf. IV. 
Fig. 21.), indem die Peristomwandungen mit einander verwuchsen, und Wirbelorgan und Speise- 
röhre resorbirt wurden. Der Körperinhalt, der Nucleus und die contractile Stelle waren unver- 
ändert geblieben, letztere aber pulsirte nicht mehr, sondern verharrte im Zustande der Ausdeh- 
nung. Endlich fand ich noch Cysten, die eine weitere Entwickelungsstufe der eben beschriebenen 
zu sein schienen und die sich dadurch characterisirten, dass der bisher sehr feinkörnige, durch- 
scheinende Körperinhalt des blasenförmig gewordenen Vorticellenkörpers ein sehr opakes Ansehen 
bekommen hatte und ganz und gar aus groben rundlichen Körnern zusammengesetzt erschien. 
Der Nucleus und die contractile Stelle waren nicht mehr deutlich zu unterscheiden. Nach noch 
weitern Metamorphosenstufen suchte ich vergeblich, doch begegneten mir einige Male leere Hül- 
sen, die in Gestalt und Grösse mit den Vorticellencysten sehr nahe übereinstimmten. Da ich nun 
die oben erwähnten monadenähnlichen Infusorien für die jüngste Entwickelungsstufe der Vorti- 
cellen ansah, so musste ich für die Keimstoffe der letztern eine sehr geringe Grösse voraussetzen. 
Die groben Körner, in welche der Leibesinhalt der encystirten Vorticellen zuletzt zerfiel, hatten 
die erforderliche Grösse, und da die Cystenbildung der Vorticellen,, wie die an den Colpoden und 
Gregarinen gemachten Erfahrungen nicht bezweifeln liessen, keinen andern Zweck haben konnte, 
als eine Fortpflanzung einzuleiten, so lag es gewiss sehr nahe, jene Körner für Keimkörner anzu- 
sprechen und dieselben durch Platzen der Vorticelleneysten frei werden zu lassen. 

Schon glaubte ich die cyclische Entwickelung der Vorticellen in der Hand zu haben, da 
wurde ich zuerst bei Untersuchung des feuchten braunen Ueberzuges, welcher sich über dem Ni- 
veau der Infusion durch Verdunstung des Wassers an den Gefässwandungen abgesetzt hatte, auf 
eine andere Cystenform der Vort. microstoma aufmerksam, welche nicht in den Entwickelungs- 
kreis der Vorticellen, wie ich ihn mir dachte, passen wollte. Diese Cysten ') waren nämlich von 


“ mittelgrossen und selbst kleinen Vorticellen gebildet, die ihren Stiel nicht verlassen, sondern den- 


1) Vergl. in meiner ersten Infusorienabh. die Fig. 10. «a. b. e. d. auf Taf. I. 


Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella microstoma. 31 


selben entweder in enge Spiralwindungen zusammengezogen (Taf. IV. Fig. 20.), oder ihn mehr 
oder weniger grade ausgestreckt behalten hatten. Der Vorticellenkörper hatte sich dann auf die 
gewöhnliche Weise, jedoch zu einem mehr länglichen , ovalen Körper contrahirt und, ohne die 
Verbindung mit seinem Stiele aufzugeben, an seiner ganzen Oberfläche die zu einer ebenfalls 
ovalen Cyste erstarrende Gallertsubstanz ausgeschieden. In keiner dieser Cysten traf ich den ein- 
geschlossenen Vorticellenkörper in eine ruhende Blase umgewandelt, sondern er war nur einfach 
contrahirt, und vollführte von Zeit zu Zeit schwächere oder stärkere zusammenzuckende Bewe- 
gungen, wobei sich auch die Contouren der Cyste vorübergehend veränderten. Manchmal zog 
sich der Vorticellenkörper so stark auf seinen Stiel zurück, dass die vordere Hälfte der Cyste ganz 
leer wurde. Der Stiel selbst aber hatte überall seine Contractionsfähigkeit verloren, und er schien 
häufig im Auflösen begriffen zu sein; denn seine Contouren waren verwaschen und seine Sub- 
stanz oft schmutziggelb und selbst rostroth gefärbt. 

Dieser Umstand hätte mich darauf führen sollen, dass wohl später der Vorticellenstiel 
ganz verschwinden, und dass sich zuletzt der eneystirte Körper ebenfalls in eine geschlossene 
Blase umwandeln werde. Dann blieb freilich gar kein wesentlicher Unterschied zwischen beiderlei 
Cysten übrig, und die Vorticellen waren im Stande, sich auf den verschiedensten Entwickelungs- 
stufen zu encystiren. Diese Auffassung lag um so näher, als ich bereits aus Erfahrung wusste, 
dass bei Colpoda eucullus der Encystirungsprocess an gar keine bestimmte Grösse gebunden war. 
Dennoch kam ich nicht auf diesen Gedanken, sondern ich entschied mich dafür, den kleinern, 
ovalen, auf dem Vorticellenstiele sitzenden Cysten eine andere Bedeutung zuzuschreiben, als den 
grössern , runden, frei im Wasser schwimmenden, und zwar besonders deshalb, weil ich jene in 
so grosser Menge in dem Rückstande antraf, der sich nach dem Verdunsten des Wassers an den 
Gefässwandungen abgesetzt hatte. Ich glaubte nun, dass die jüngern Vorticellen nur durch Was- 
sermangel genöthigt worden seien, sich zu encystiren, und dass nur die grössern ungestielten 
Cysten zur Fortpflanzung in Beziehung ständen. In dieser irrigen Ansicht bestärkte mich noch 
die Beobachtung, dass, wenn ich den feuchten Ueberzug der Gefässwandungen unter Wasser aus- 
breitete, ich nicht selten gestielte ovale Cysten antraf, die an der Spitze geöffnet waren '). Durch 
die Oeffnung drängte sich das vordere Ende des eingeschlossenen Vorticellenkörpers hervor, und 
sobald dieselbe so erweitert war, dass sich der Vorticellenkörper mit Bequemlichkeit grade aus- 
strecken konnte, eutfaltete er sein Peristom, und begann nach Nahrung zu wirbeln. Von Zeit zu 
Zeit fahr er zusammenschnellend in den hintern, unverletzten Theil der Cyste zurück, streckte 
sich aber stets bald darauf wieder aus; ja, zuletzt löste er sich von seinem Stiele, mit dem er, wie 
beim Ausstrecken recht deutlich gesehen werden konnte, immer noch im Zusammenhange ge- 
blieben war, und verliess die Cyste. Ich schloss hieraus, dass solche Vorticellen sich nur aus 
Noth mit einer Cyste umgeben hätten, dass sie dieselbe aber wieder freiwillig durchbrächen, su- 
bald sie sich von Wasser umgeben fühlten. Ohne Zweifel waren aber die Cysten beim Abschaben 


und Wiederausbreiten des körnigen Ueberzuges, in welchem sie eingebettet lagen, nur mecha- 


1) Vergl. meine erste Infusionsabhandl. Taf. I. Fig. 11. und 12. 


% 


32 Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. 


nisch verletzt worden, und die Vorticelle verliess die beschädigte Cyste wahrscheinlich nur des- 
halb, um sich an einer andern Stelle bald von Neuem zu encystiren. 

In späterer Zeit traf ich sehr häufig gestielte Vorticelleneysten (Taf. IV. Fig. 20.) mitten 
in der Infusion in Gesellschaft von zahlreichen, freien und überaus muntern Vorticellen an; es 
konnte daher nicht länger davon die Rede sein, dass äussere Einflüsse die Vorticellen sollten ver- 
anlasst haben, sich auf ihrem Stiele mit einer Cyste zurumgeben. Ferner beobachtete ich, dass 
auch die ungestielten kugelförmigen Cysten beträchtlich in der Grösse variirten und ohne scharfe 
Gränze in die kleinern ovalen Cysten (Taf. IV. Fig. 20. 22. 23.) übergingen, die bald noch mit 
einem Vorticellenstiele zusammenhingen, bald ohne einen solchen angetroffen wurden. Endlich . 
sah ich auch die grössern kugelförmigen Cysten nicht selten noch mit dem Vorticellenstiele ver- 
sehen (Taf. IV. Fig. 19.). Hiernach konnte es nicht mehr zweifelhaft sein, dass sich die Vorti- 
cellen, wie die Colpoden, auf den verschiedensten Entwickelungsstufen encystirten, und zwar 
bald schon auf ihrem Stiele, bald erst nach ihrer Ablösung von demselben. Geschah das Erstere, _ 
so wurde jedenfalls die ausgebildete Cyste später durch Auflösung des Vorticellenstiels frei. In 
allen freien Cysten erlitt der Vorticellenkörper dieselbe Umwandlung in eine bewegungslose ge- 
schlossene Blase; die Cystenbildung musste demnach überall dieselbe Bedeutung haben. Dass 
ich diese noch nicht richtig erkannt hatte, werden wir weiter unten sehen. 

EHRENBERG hat den vorstehenden Beobachtungen gegenüber, die ich bereits in meiner 
ersten Infusorienabhandlung zur Sprache brachte, behauptet, dass bei den Infusionsthieren nir- 
gends eine Cystenbildung statt finde, sondern was ich dafür anspreche, sei nichts weiter, als ein 
Häutungsact. Ich kann mir diese auffallende Behauptung nur dadurch erklären, dass EnrEn- 
BERG auf die so häufig und leicht zu beobachtenden Erscheinungen, welche ich als Cystenbildung 
bezeichnet habe, erst in neuster Zeit aufmerksam wurde, dass er sie aber auch dann noch nicht 
für wichtig genug hielt, um ihnen eine grössere Beachtung zu schenken. Vergebens habe ich 
mich in seinen Werken nach einer Stelle umgesehen, aus der mit Sicherheit hervorginge, dass 
ihm schon früher die Vorgänge, um die es sich hier handelt, bekannt gewesen wären. Denn an 
den zwei Stellen des grossen Infusorienwerkes, auf die er sich später selbst berufen hat '), ist nur 
davon die Rede, dass er bei Co/lpoda eueullus die schon von ©. F. Mütter beobachtete Häutung 
bestätigt gefunden habe ?), und dass auch wahrscheinlich bei den Vorticellen eine Häutung vor- 
komme, die er sich aber noch nie zu völlig klarer Anschauung habe bringen können ?). Was 
EHRENBERG unter dieser Häutung verstand, ist weder durch irgend eine nähere Beschreibung, 
noch durch eine Abbildung angedeutet; daher konnte wohl Niemand ahnen, dass damit der En- 
cystirungsprocess gemeint sein sollte. 

Erst zwei Jahre später, als ich meine erste Infusorienabhandlung veröffentlicht hatte, 


erklärte EurENBERG das, was ich Cystenbildung genannt hatte, für eine ihm wohlbekannte, von 


1) EHRNBEERG, über die Formbeständigkeit und den Entwickelungskreis der organischen Formen. Berlin, 
1852. S. 22. 

2) Die Infusionsthiere S. 345. und 347. 

3) Ebendaselbst S. 290. EHRENBERG citirt aus Versehen S. 200. 


® 


Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella microstoma. 33 


mir aber ganz missverstandene Erscheinung. Er äussert sich zuerst im Allgemeinen also '): 
„Auch dieses Rückkehren der Thiere in den Ei- oder Puppenzustand ist eine schon dagewesene 
Wunderlichkeit der Beobachter. Ich habe in meinem nur selten von gewissenhaften Naturfor- 
schern nachgesehenen Buche über die Infusorien , wo dergleichen Verwandlungs- und Entwicke- 
lungsverhältnisse in grosser Zahl *) mitgetheilt sind, bereits angezeigt °), dass Guanzarı in Mai- 
land schon 1796 gesehen haben wollte, dass Infusorien, Proteus (Amphileptus montliger) in den 
Eizustand zurückgingen und dann wieder frisch aus einer Schale kröchen,, wobei er sich offenbar 
getäuscht hat. Uebrigens ist das Bilden einer schleimigen Hülle bei vielen Infusorien und Räder- 
thieren gewöhnlich. Die Stentor-Arten thun es im Herbst und Winter stets. Mag es zuweilen 
so eine Art von Schlaf geben, ein Verpuppen ist es nicht. Auch das Häuten mancher Formen 
giebt den Schein von einer Hülle. So weit darf man die physiologischen Verhältnisse nicht ver- 
wechseln und verkennen, wenn man nicht alle Uebersicht der Natur verlieren will. Mit Recht 
lobte der scharfsichtige Cuvier den geistvollen Entdecker der unglaublichen Uebereinstimmung 
der Mundtheile bei Käfern und Schmetterlingen, Savısnyv, dass er ungeachtet der auszusprechen- 
den Aehnlichkeit der constituirenden Theile, doch nicht den Ausdruck der Gleichheit gebrauchte. 
Was soll aus der Auffassung und Uebersicht der Natur werden, wenn Kinnladen und Rüssel des- 
wegen einerlei sein sollten, weil sie ihre Elementartheile übereinstimmend haben, oder man keine 
Thier- und Pflanzenspecies unterscheiden will, weil sie alle aus gleichen Zellen bestehen. Ebenso 
ist es mit der Verwechselung von Verpuppung und einer blossen Einhüllung in Schleim oder 
Futteralbildung, oder Häutung. Wie völlig unter sich unvergleichbar sind doch diese Dinge!“ 
EHRENBERG geht dann a. a. O. S. 21. auf meine, den Encystirungsprocess der Vortie. 
microstoma betreffenden Beobachtungen specieller ein, und sagt: ‚‚Diese Beobachtung erinnert 
wieder an die von Guanzatı 1796. Das Factum ist mir sehr bekannt, denn alle sich ablösenden 
Vorticellen werden, sobald sie matt werden oder sich häuten wollen, kugelartig rund, und zeigen 
auch, nach Verschiedenheit ihrer Entwickelung und Häutung dickere oder dünnere Wandun- 
gen.‘“ EHRENBERG erklärt nun ferner die von mir abgebildeten Cysten, welche noch den unver- 
änderten Vorticellenkörper enthalten, für solche mattgewordene, contrahirte oder vielleicht der 
Häutung nahe Vorticellenleiber; in den Cysten aber, in welchen der Vorticellenkörper in eine 
geschlossene Blase umgewandelt ist, will er die Eier von Räderthieren erkennen, welche häufig 
in Gesellschaft der Vorticellen vorkommen. ‚‚Selbst wenn aber gar kein Irrthum dieser Art 
stattgefunden hätte, ‘“ fährt EnrenBerg fort, ‚‚so spricht das, was in jenen Angaben liegt, doch 
'nur als eine wiederholte Beobachtung der bereits 1838 pag. 200 *) von mir ausdrücklich ange- 


zeigten Häutung mehrerer Polygastern, sowohl der Colpoda cucullus, als auch besonders der 


1) Ueber die Formbeständigkeit S. 18. 

2) Die Stelle hat EHRENBERG leider nicht bezeichnet; ich war nicht im Stande, sie aufzufinden. 

3) Die Infusionsthiere S. 493. Selbst an dieser Stelle giebt EHRENBERG keine eigenen Beobachtungen über 
Hüllenbildung um contrahirte Infusorien, sondern er führt lediglich Guanxzarr’s Beobachtungen an. 

4) Muss heissen: p. 290. 


Stein, Infusorien. 5 


34 Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. 


Vorticellen an. Also Häutung ist wahrscheinlich gesehen, aber keine Cystenbildung und keine 
Verpuppung.‘“ 

Ich muss mich zuvörderst dagegen verwahren, als könne ich die Eier von Räderthieren 
mit Vorticellenceysten verwechselt haben. Ein solcher Irrthum konnte mir schon deshalb nicht 
begegnen, weil in den Infusionen, von denen in diesem und dem vorausgehenden Paragraphen 
die Rede war, gar keine Räderthiere gleichzeitig vorkamen. Ich habe allerdings später oft Räder- 
thiere und ihre Eier in Gesellschaft der Vort. mierostoma und ihrer Cystenzustände angetroffen, 
vermochte aber die letztern stets mit der grössten Sicherheit von den Räderthiereiern zu unter- 
scheiden, weil sich mir durch die vielfältige Anschauung derjenigen Cysten, welche noch den un- 
veränderten, häufig zusammenzuckenden Vorticellenkörper enthielten, ein so festes Bild von ihrer 
Gesammtform eingeprägt hatte, dass ich auch dann die Cysten sogleich wieder erkannte, wenn 
in ihnen der Vorticellenkörper in eine einfache Blase umgewandelt war. Ueberdies lagen gewöhn- 
lich im Gesichtsfelde des Mikroskops beiderlei Cysten zum unmittelbaren Vergleiche nahe bei 
einander. Wäre aber jemals noch ein Zweifel übrig geblieben, ob ich Vorticelleneysten oder Rä- 
derthiereier vor mir hatte, so musste dieser schwinden, sobald ich meine Objecte mit einem Tro- 
pfen verdünnter Jodlösung oder Essigsäure behandelte, welches Verfahren ich freilich erst in spä- 
terer Zeit anwendete. Hierbei zog sich stets der in eine runde Blase umgewandelte Vorticellen- 
körper mehr oder weniger von den Cystenwandungen zurück, mit grösster Bestimmtheit war jetzt 
die ihn begränzende, überall geschlossene Körperhaut und der ganz homogene körnige Köperinhalt 
zu unterscheiden, und in demselben trat stets scharf begränzt der bandförmige Nucleus hervor. 
Der Inhalt der Räderthiereier ist weder von einer besondern Membran begränzt, noch enthält er 
einen opaken bandförmigen Körper. Eine Verwechselung von Räderthiereiern und Vorticellen- 
eysten kann also unmöglich stattgefunden haben. 

Dass nun die Vorticellen und Colpoden sich wirklich mit einer Cyste umgeben, keines- 
wegs aber häuten, wie EHRENBERG behauptet, darüber kann für den, welcher meinen bisherigen 
Mittheilungen unbefangen gefolgt ist, wohl kaum noch ein Zweifel obwalten. Wäre die Cysten- 
hülle der Vorticellen die abgeworfene Haut dieser Thiere, so könnte sie nicht allseitig geschlossen 
sein, sondern man müsste an irgend einer Stelle die Peristommündung aufzufinden vermögen, 
wovon doch auch nicht die leiseste Spur vorhanden ist. Ferner wird die Annahme von EHRENBERG 
durch die beträchtliche Dicke der ausgebildeten Cystenwandungen widerlegt. Auch die entwik- 
kelten Vorticellen haben ganz dünne, zarte Körperwandungen , so lange sie frei sind; wo kommt 
nun plötzlich die im Verhältniss colossal dicke Haut her, welche sie beim Mattwerden abstreifen 
sollen? Es ist durchaus unrichtig, dass die Haut der Vorticellen und Colpoden je nach der Ent- 
wickelungsstufe, auf der sie sich befinden, auf eine bemerkenswerthe Weise in der Dicke variiren 
solle; sie hat vielmehr stets eine unmessbare Feinheit, während die Wandungen der ausgebildeten 
Cysten dieser Thiere so dick sind, dass die Dicke leicht gemessen werden kann. Wollte man an- 
nehmen, die Haut der Vorticellen und Colpoden verdicke sich erst so gewaltig, nachdem sich 
diese Thiere, um einen Häutungsact zu überstehen , contrahirt hätten, so würde diese Annahme 


doch einfach durch folgende Thatsachen widerlegt werden. 


Erste Grundlage zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma. : 35 


Eneystirt sich eine Vorticelle auf ihrem Stiele, so sieht man, wenn die Cystenhülle noch 
ein ganz zartes gallertartiges Häutchen bildet, den eingeschlossenen Vorticellenkörper häufig zu- 
sammenschnellen und sich wieder ausdehnen, die Häutung musste also bereits stattgefunden 
haben, und was sollte nun noch die Verdickung der abgestreiften Haut, wenn, sie überhaupt mög- 
lich wäre, für einen Zweck haben? Die sich zur Verpuppung anschickenden, kugelförmig con- 
trahirten Colpoden drehen sich unaufhörlich um ihre Axe, und ohne dass sie zur Ruhe kommen, 
tritt nach und nach an der Peripherie ihres Körpers eine ruhende, ganz zart contourirte dünne 
Schleimschicht auf, die bei dem leisesten Drucke auseinanderfliesst, also doch unmöglich die ab- 
gestreifte Körperhaut sein kann, während später die ausgebildete Cyste den Druck eines starken 
Deckgläschens aushält, ohne sich merklich abzuplatten, geschweige denn zu zerfliessen. Wenn 
sich eine von ihrem Stiele abgelöste Vorticelle encystirt hat, so sieht man sie häufig in der mehr 
oder weniger weit ausgebildeten Cyste auf das Lebhafteste rotiren und zwar mittelst eines hin- 
tern Wimpernkranzes'). Behält man solche Cysten längere Zeit im Auge, so beobachtet man, 
wie die Rotationen der eingeschlossenen Vorticelle nach und nach langsamer werden , die Wim- 
pern vollführen nur von Zeit zu Zeit noch matte wellenförmige Schläge, werden dann starr, 
schrumpfen zusammen und schwinden endlich ganz. Der hintere Wimperkranz encystirter Vor- 
ticellen kann daher keine Neubildung an soeben aus der Häutung hervorgegangenen Thieren, 
sondern er musste schon vor der Hüllbildung zur Zeit, als die Vorticelle noch frei'umherschweifte, 
vorhanden sein, mithin kann die Hülle selbst unmöglich die abgelegte alte Haut der Vorticellen 
darstellen. 

Es ist also ein sicheres Factum, dass sich die Vorticellen und Colpoden im Laufe ihrer 
Entwickelung mit einer durch ein Exsudat ihres Körpers gebildeten Cyste umgeben. Dass dieser 
Vorgang keine gleichgültige, bedeutungslose Schleimhüllen - oder Futteralbildung sei, haben uns 
bereits die Colpoden gelehrt. Die merkwürdigen Metamorphosen,, welche mit den Vorticellen- 
cysten vor sich gehen, werden in dem nachfolgenden Theile meiner Schrift noch vielfach unsere 
Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Auch werden wir noch häufig Cystenbildung bei andern 


Infusorien kennen lernen. 


8.5. 


Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 


Zu Anfang Mai 1848 führte mir ein glücklicher Zufall in einem am Markgrafendamm 
vor dem Stralauer Thore sich hinziehenden Graben einen Haufen dünner Conferven in die Hände, 
die ausserordentlich reich mit kleinen bis höchstens mittelgrossen Exemplaren der Wagınzcola 
erystallina besetzt waren. Nicht selten beobachtete ich auf einem einzigen Confervenfaden zehn 


und mehrere Exemplare dieser zierlichen Infusorienform, sehr gewöhnlich fünf bis sechs. Die 


1) Eine solche Cyste habe ich bereits in meiner zweiten Infusorienabhandlung Taf. XVII. Fig. 2. abge- 


bildet. Sie sind durchaus keine seltene Erscheinung. 
5 * 


: Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 


Untersuchung dieses reichen Materials verschaffte mir die erste sichere Ueberzeugung,, dass die 
Acineten ein Glied in der Entwickelungsreihe vorticellenartiger Infusorien bilden ; denn ich ent- 
deckte durch unmittelbare Beobachtung die Metamorphose der Vaginiecola erystallina in die Aei- 
neta mystacina von EHRENBERG. 

Die Vaginieolen stimmen in dem allgemeinen Organisationsplane und in dem feinern 
3aue ihres Körpers ganz und gar mit der Gattung Vorticella überein, und sie unterscheiden sich 
von den Vorticellen nur durch den Mangel eines Stieles und besonders dadurch, dass der Körper 
eine auf fremden Körpern festsitzende, durchsichtige, häutige Hülse ausscheidet, die vorn mit 
einer Mündung versehen ist. Im Grunde der meist becherförmigen Hülse ist das hintere Ende 
des Vaginicolenkörpers festgewachsen, während das vordere Ende durch die Hülsenmündung 
nach aussen hervortritt. In stofflicher Beziehung stimmt die Hülse sehr nahe mit den Cysten- 
wandungen der Vorticellen überein. Die angegebenen Unterschiede reichen nicht hn, die Vagi- 
nicolen mit einigen andern nahe verwandten Gattungen von der Familie der Vorticellen zu tren- 
nen, und sie zu einer eigenen Familie zu erheben, wie EHRENBERG gethan hat, der aus den Gat- 
tungen Vaginieola, Cothurnia, Tintinnus und Ophrydium eine den Vorticellinen parallele Fa- 
milie, die Ophrydinen bildet; denn Enrexgerg’s Vorticellinen umfassen Gattungen, die sich 
viel weiter in ihrer Gesammtorganisation von den typischen Vorticellen entfernen, als seine Ophry- 
dinen; es sind-dies nämlich die Stentoren und die Trichodinen '). Ich betrachte daher auch 
ferner die Vaginicolen und die übrigen Ophrydinen EnreEnBere’s als ächte Vorticellinen. Der 
Vaginicolenkörper unterscheidet sich von dem Vorticellenkörper nur durch seine viel langge- 
strecktere, kegelförmig -trichterförmige Gestalt; sonst hat er dasselbe glockenförmig nach aussen 
umgerollte, bewimperte Peristom ?), dasselbe kurz und breitgestielte, die Peristommündung fast 
ausfüllende und nur wenig über sie hinausragende Wirbelorgan , dieselbe enge, bis zur Mitte des 
Körpers hinabreichende Speiseröhre und auch eine runde contractile Stelle neben dem hintern 
Ende der Speiseröhre. Ein Nucleus ist noch von Niemand beobachtet worden; auch ich lernte 
ihn erst spät bei Anwendung chemischer Mittel kennen. Essigsäure, mit gehöriger Vorsicht an- 
gewendet, bringt ihn klar zur Anschauung. Er zeigt sich dann als ein langes, sehr schmales, 
band- oder schnurförmiges Organ, welches einen grossen Theil der Längsaxe des Körpers durch- 
läuft, und welches verschiedentlich gekrümmt und gewunden ist (vergl. Taf. I. Fig. 13. e.). 

Der Vaginicolenkörper schnellt auf dieselbe Weise sich kuglig contrabirend zusammen, 
wie der Vorticellenkörper, er theilt sich ebenso der Länge nach, und erzeugt ebenso an seiner 
Basis ein oder zwei Knospensprösslinge; auch lösen sich Theilungs- und Knospensprösslinge 
mittelst eines hintern Wimperkranzes ab, verlassen die Hülse, tummeln sich längere Zeit, mit 
dem hintern Ende voranschwimmend, im Wasser umher, fixiren sich dann wieder mit diesem 
und scheiden mit derselben Leichtigkeit eine neue Hülse aus, wie die Vorticellen einen neuen 


Stiel. In den ersten Stadien der Hülsenbildung ist der Vaginicolenkörper kuglig contrahirt, und 


1) Ueber die sehr complicirte Organisation der letztern vergl. unten $. 17. 


2) Vergl. die in meiner ersten Infusorienabhandlung gegebenen Fig. 16—18. auf Taf. I. u. Fig. 24. auf Taf. I. 


Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 37 


seine ganze Oberfläche, mit Ausnahme des vorderen abgerundeten Endes, schwitzt eine gallert- 
artige Substanz aus, die Anfangs dem contrahirten Körper innig anliegt, uud ein ganz zartes 
Häutchen bildet. Ist auf diese Weise etwa die hintere Hälfte der künftigen Hülse angelegt wor- 
den, so nimmt der contrahirte Körper mehr und mehr eine birnförmige Gestalt an (Taf. II. Fig. 
23.), indem sich sein hinterer Theil von der bereits gebildeten Hülsenwandung nach der Axe zu- 
rückzieht, während sein vorderer angeschwollener Theil, welcher dem Peristom (5.) und der vor- 
deren Region des eigentlichen Leibes entspricht, mit dem freien Rande der Hülse in Verbindung 
bleibt, und fortfährt, neue Hülsensubstanz auszuscheiden. Das Wirbelorgan (e.) ragt jetzt bereits 
frei hervor, seine Wimpern befinden sich in ununterbrochener undulirender Bewegung und för- 
dern Nahrungsmittel in die Speiseröhre hinab. Auch senkt und hebt sich das Wirbelorgan von 
Zeit zu Zeit etwas, doch wird es nicht in das Innere des Körpers zurückgezogen. In dem Maasse, 
als die Hülse durch die neue ausgeschiedene Substanz an Höhe zunimmt, reckt sich auch der 
Vaginieolenkörper immer mehr aus. Erst wenn die Hülse die dem Körper proportionale Höhe 
erreicht hat, wird die zuletzt nur noch durch das Peristom stattfindende Verbindung mit dem 
obern Theile der Hülsenwandungen aufgehoben, und der Körper tritt nun frei über die Hülsen- 
mündung hervor. 

Die verschiedenen Arten der Gattung Vaginicola werden hauptsächlich nach der Gestalt 
der Hülse unterschieden; man muss jedoch wohl beachten, dass diese bei ein und derselben Art 
je nach dem Alter und nach localen Einflüssen mancherlei Modificationen erleiden kann, will 
man die Wissenschaft nicht mit haltlosen Arten belästigen. Die Vag. erystallina hat in der Ju- 
gend eine farblose, krystallhelle, drehrunde und vorn grade abgestutzte Hülse (Taf. I. Fig. 13. «.), 
die bald walzenförmig, bald hinter der Mitte bauchig erweitert ist; ihr hinteres Ende ist stets ab- 
gerundet und in ein sehr kurzes, solides Stielchen ausgezogen, mit dem sie al ein festsitzt. Sie 
schwankt daher bei der geringsten Bewegung des Körpers, an dem sie angewachsen ist, hin 
und her. Die Hülse der ältern Thiere hat keinen Stiel, sondern sie ist hinten grade abgestutzt 
und mit der ganzen abgestutzten Endfläche festgewachsen; bald ist sie walzenförmig, nach vorn 
stetig verengert, und gegen den Grund bauchig erweitert, bald ebenso, aber die Mündung ist 
wieder erweitert und etwas nach aussen umgeschlagen , bald ist sie ganz grade und nur vor der 
grad abgestutzten Basis merklich verengert, aber von zwei gegenüberliegenden Seiten her so stark 
zusammengedrückt, dass die Hülse in der einen Lage mehr als doppelt so breit erscheint, als in 
der andern. Die ältern Hülsen sind ferner entweder farblos und krystallhell, wie die jüngern, 
oder mehr oder weniger von einem rostrothen Farbstoffe getrübt. Auch die Länge des Thieres im 
Verhältniss zur Höhe der Hülse ist sehr variabel. An den jüngern Exemplaren ragt das völlig 
ausgestreckte Thier kaum, oder nur wenig aus der Hülse hervor, an den ältern ist es häufig be- 
trächtlich länger, bisweilen fast noch einmal so lang, als die Hülse. Stecken aber zwei entwik- 
kelte Thiere in einer Hülse, die stets Theilungssprösslinge sind, so ist gewöhnlich nur das eine 
auffallend länger, während das andere, ebenfalls völlig ausgestreckte, nur wenig über die Hül- 
senmündung hervorragt. Diese ungleichartige Ausbildung zweier gleichzeitig entstandenen Indi- 


viduen rührt wohl daher, dass der eine Theilungssprössling von Haus aus etwas kräftiger war, 


38 Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 


als der andere, und dass jener diesen öfters in der Hülse zurückgedrängt hielt, während er selbst 
anhaltend nach Nahrung wirbelte. 

Zwischen den eben hervorgehobenen Formen finden sich so zahlreiche Uebergänge, dass 
nicht daran zu denken ist, sie könnten verschiedenen Arten angehören. Ich muss mich daher 
entschieden dagegen erklären, dass PErrY, ungeachtet einer schon früher von mir ausgesprochenen 
Mahnung '), die grössten Exemplare der Vaginicola erystallina, deren Hülse bis '/" hoch werden 
kann, während das ausgestreckte Thier nicht selten sogar /"’ Länge zeigt, wieder als eine beson- 
dere Art unter dem Namen Vag. grandis aufführt ?), und zwar hauptsächlich deshalb, weil ihre 
Hülse hinten grade abgestutzt und nicht zugerundet ist, wie bei den jüngern Exemplaren. Hätte 
Perry die Vagin. erystallina auf allen Entwickelungsstufen und in zahlreichen Exemplaren stu- 
dirt, was nicht der Fall gewesen zu sein scheint, da er seine Vag. grandis, die bei uns überall 
auf Wasserlinsenwurzeln in Menge vorhanden ist, für äusserst selten ausgiebt, so würde er sich 
überzeugt haben , dass die von ihm angegebenen Charactere der Vag. grandis nicht haltbar sind. 
Ich habe ausser den schon erwähnten Abweichungen in der Hülsenbildung eine noch viel auffal- 
lendere kennen lernen, wage aber doch nicht, darauf eine besondere Art zu gründen, da ich 
sie nur wenige Male und stets in Gesellschaft zahlreicher Exemplare der gewöhnlichen Wag. ery- 
stallina antraf. Die Hülse hatte ganz die Form, Grösse und Befestigungsweise, wie die der völlig 
ausgewachsenen Individnen der V.. erystallina, aber die Mitte ihres Bodens erhob sich in einen 
fadenförmigen, steifen, fast 5” langen Stiel, aufdem erst der Hülsenbewohner festsass. Diese 
Varietät lehrt zugleich, wie wenig auf das kurze Stielchen, in welches die Hülse der jüngern In- 
dividuen von Vag. erystallina nach hinten ausgezogen ist, Gewicht zu legen ist. 

Jenes Stielchen verdient aber doch insofern unsere Beachtung, weil es die von EHREN- 
BERG angegebenen Unterscheidungsmerkmale der Gattungen Vaginicola und Cothurnia nicht 
ganz scharf erscheinen lässt. Beide Gattungen sollen sich nur dadurch von einander unterschei- 
den, dass Vaginicola eine sitzende, Cothurnia aber eine gestielte Hülse besitzt. Nun ist aber die 
Hülse der meisten Cothurnien z. B. der Cothur. imberbis nicht viel länger gestielt, als die Hülse 
der jüngern Individuen von Vaginie. erystallina, mithin eine scharfe Sonderung der Cothurnien 
von den Vaginicolen nach dem Mangel und dem Vorhandensein des Hülsenstiels nicht ganz sicher. 
Dies hat bereits Dusarpın erkannt, und er hat deshalb die Gatt. Cothurnia eingezogen und die 
zu ihr gerechneten Arten in die Gattung Vaginieola gestellt ?). Auch ich vermuthe, dass sich die 
Gattung Cothurnia für die Folge kaum wird aufrecht erhalten lassen; ich will sie jedoch vor- 
läufig noch beibehalten, da die Beschaffenheit des Hülsenstiels der Cothurnien vielleicht noch ein 
ausreichendes Motiv zu ihrer Trennung von den Vaginicolen abgiebt. 

Am dritten Tage nach der Einsammlung meiner Vaginicolen fand ich nicht wenige In- 


dividuen auf eine höchst überraschende Weise in eine Acinetenform (Taf. I. Fig. 14. und 16.) 


1) Vergl. meine erste Infusorienabhandlung $. 197. und Taf. II. Fig. 24. 

2) PErTY zur Kenntniss kleinster Lebensformen. Bern, 1852. S. 137. Taf. III. Fig. 1. 

3) Dujardin , Infusoires p. 564. ‚‚C’est la presence de ce pedieule qui pour cet auteur (Ehrenberg) caracterise 
le genre Cothurnia, mais nous voyons souvent la Vaginicole erystalline avec un pedieule court.“ ) 


Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 39 


metamorphosirt, in der ich beim Nachschlagen von Enurexgere’s Infusorienwerk die Acineta 
mystacina dieses Forschers erkannte, die derselbe bei Berlin einige Male auf Conferven beob- 
achtet hatte. Nach Verlauf von etwa 14 Tagen war an meinen Conferven kaum noch hin und 
wieder eine Vaginicole aufzufinden, dafür fand ich aber die Conferven nun ebenso reichlich mit 
Acineten besetzt, wie früher mit Vaginicolen. Dass die Acineten nicht etwa neue Ansiedler wa- 
ren, sondern aus der Metamorphose hervorgegangen sein mussten, ging noch bestimmter aus fol- 
gender Erfahrung hervor. Ich hatte gleich in den ersten Tagen eine gewisse Anzahl Conferven- 
fäden, welche besonders reich mit Vaginicolen besetzt waren, zum Behufe einer Demonstration 
sorgfältig ausgelesen und in ein mit reinem Brunnenwasser‘gefülltes Glas geworfen. Meine beab- 
sichtigte Demonstration verzögerte sich um mehrere Tage, und als ich nun die Thierchen zeigen 
wollte, war ich nicht wenig erstaunt, statt der Vaginicolen fast nur noch Acineten anzutreffen. 
Die Umwandlung der Vaginicolen in Acineten war hierdurch schon so gut, wie bewie- 
sen, völlig wurde sie es aber durch den Vergleich des Acinetenbaues mit dem der Vaginicolen. 
An der Acinete !) war nämlich noch ganz überzeugend die krystallhelle Hülse (Taf. I. Fig. 14. 
und 16. a. @.), und der eigentliche Körper (b. b.) der Vaginie. erystallina nachzuweisen. 
Der letztere schwebte auch hier frei in der Hülse, hatte aber seine Verbindung mit dem Grunde 
derselben aufgegeben , war weiter nach vorn gerückt, hatte sich hier kugelförmig contrahirt und 
in eine geschlossene Blase umgewandelt. Die Mündung der Hülse war ferner von allen Seiten 
her gegen ihre Axe zusammengeneigt, und sie bildete über dem contrahirten Körper einen mit 
spaltenförmigen Lücken versehenen, dachförmigen Verschluss, der dadurch in seiner zusammen- 
geneigten Lage erhalten wurde, dass die innere Oberfläche des dachförmigen Verschlusses und 
den contrahirten Vaginicolenkörper eine gallertartige Substanz (e.) verband, die von der ganzen 
Oberfläche des Vaginicolenkörpers, besonders stark aber von seiner vordern Hälfte ausgeschieden 
worden war. Die äussersten Spitzen des dachförmigen Verschlusses ragten häufig frei über die vor- 
dere Gränze der Gallertschicht hervor (Taf. I. Fig. 16.). Die klarste Anschauung von der Umwand- 
lung der offenen Vaginicolenhülse in die geschlossene Acinetenhülse erhielt ich, wenn ich den mit 
Acineten besetzten Confervenfaden so um seine Axe rollte, dass die Acinete in senkrechte Rich- 
tung zwischen Auge und Confervenfaden zu stehen kam (Taf. I. Fig. 15.). Alsdann zeigte die Acı- 
netenhülse (a. «.) einen polygonalen, meist sechseckigen Umriss und ebenso viele, mit schmalen 
Spalten abwechselnde, über demeingeschlossenen Körper (b.) zusammengeneigte dreieckige Felder. 
Der in der Acinetenhülse steckende Körper ist allseitig geschlossen, und sein Inhalt 
gleicht im Wesentlichen dem Inhalte des Vaginicolenkörpers. Bald liegen in der homogenen 
Grundmasse nur sehr feıne punktförmige Körnchen eingebettet, bald in überwiegender Anzahl 
gröbere Körner, so dass der ganze Körper ein sehr opakes, graugelbes Ansehen erhält. Stets be- 
merkt man in der Leibessubstanz eine eben solche runde, contractile Stelle (Fig. 14. und 16. e. c.), 


wie m der Vaginicole, statt des langen und sehr schmalen bandförmigen Nucleus der letztern ist 


1) Man vergl. auch die Abbildungen verschiedener Entwickelungsstufen dieser Acineten in meiner ersten 
Infusorienabhandlung auf Taf. I. Fig. 20—23. 


40 Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 


aber ein rundlicher Nucleus (Fig. 14. und 16. d. d.) vorhanden. Die verschiedene Form des 
Kernes darf uns über die Abstammung unserer Acineten von den Vaginicolen nicht irre machen. 
Schon an der Vaginicole ist die Länge des Nucleus, je nachdem das Thier ausgestreckt, oder 
mehr oder weniger contrahirt ist, sehr verschieden , wie man sich leicht überzeugt, wenn man 
verschiedene Vaginicolen , die im Leben alle gleich gross waren, nach der Tödtung durch Essig- 
säure unter einander vergleicht. Dann zeigen die am stärksten contrahirten Thiere auch einen sehr 
verkürzten , bandförmigen bis länglich ovalen Nucleus, während er in den mehr ausgestreckt ge- 
bliebenen um das Doppelte bis Dreifache länger, aber auch um so viel schmäler erscheint. Wenn 
nun die Vaginicole dauernd in die Kugelform übergeht, wie das bei ihrer Umwandlung in die 
Acinetenform der Fall ist, so kann es uns nicht mehr auffallen, wenn sich ihr schmaler bandför- 
miger Nucleus bis zur Kugelform verkürzt und verdichtet. Eine ähnliche Contraction des Kerns 
tritt, wie wir weiter unten sehen werden, bei noch vielen andern Infusionsthieren ein, wenn sie 
in einen ruhenden Zustand übergehen. 

Von der vordern Fläche des in der Acinetenhülse steckenden Körpers gehen zahllose, 
fein borstenförmige, in einem Knöpfchen endende Tentakeln (Fig. 14. und 16. f. f.) aus, welche 
die den Körper umgebende Gallertschicht durchbohren, durch die Spalten des dachförmigen Ver- 
schlusses nach aussen treten und sich strahlenförmig ausbreiten. Bei der seitlichen Ansicht der 
Acinete scheinen sie über deren ganzen Scheitel zerstreut zu sitzen, dreht aber die Acinete ihre 
Scheitelläche dem Beobachter zu (Fig. 15.), so sieht man, dass die.Tentakeln nur von den 
Punkten der Körperoberfläche entspringen, welche den Spalten des dachförmigen Verschlusses 
correspondiren. Die Tentakeln sind für gewöhnlich ganz grade ausgestreckt, und sie verlängern 
und verkürzen sich nur langsam in der Richtung ihrer Längsaxe. ‚Uebt man auf die Acinete mit 
dem Deckgläschen einen Druck aus, so verkürzen sich zwar die Tentakeln merklich und wirren 
sich unregelmässig durch einander, niemals aber sah ich, dass sie ins Innere des Körpers zurück- 
gezogen wurden, und dass der Körper ganz glatt wurde. Dagegen traf ich namentlich zu Anfang 
auf den Confervenfäden nicht selten Acineten, deren Körper keine Spur von Tentakeln zeigte. 
Dies waren sicherlich solche Individuen, die eben erst aus der Umwandlung von Vaginicolen her- 
vorgegangen waren und noch keine Tentakeln entwickelt hatten; sie entsprechen den unentwik- 
kelten Acinetenformen der Epistylis plicatilis (Taf. I. Fig. 1. E.) 

Für die Abstammung unserer Acinete von der Vaginicola erystallina zeugten auch die 
relativen Grössenverhältnisse beider. Auf den Conferven fanden sich nämlich nur Vaginicolen, 
deren Hülsenlänge zwischen Yo—Ys schwankte, am häufigsten waren solche, deren Hülse 
Yyo—Yso lang, und '%o breit waren. Die Höhe der Acinetenhülsen schwankten zwischen 
1a — Ya , ihre Breite war nur unbeträchtlich geringer, als die jedesmalige Höhe. Noch muss 
ich einer Uebergangsstufe zwischen der Vaginicole und ihrer Acinetenform gedenken, die uns 
noch bestimmter angiebt, auf welche Weise die Umwandlung der erstern Infusorienform in die 
letztere zu Stande kommt. Ich traf nämlich einige Male Hülsen, deren vordere Hälfte ein con- 
trahirter Vaginicolenkörper ausfüllte, der noch die hintere ringförmige Furche und Spuren des 


früher hier vorhandenen Wimperkranzes zeigte, welcher jedesmal entsteht, wenn sich eine Vagi- 


Verwandlung der Vaginicola erystallina in die Acineta mystacina. 41 


nicole vom Grunde ihrer Hülse ablöst. Die vordere Hälfte des Vaginicolenkörpers umgab eine 
Gallertschicht, deren Rand mit der innern Oberfläche der Hülse innig zusammenhing. Die Hül- 
senmündung war bald schwächer, bald stärker zusammengeneigt, ein eigentlicher dachförmiger 
Verschluss war aber noch nicht vorhanden. Dieser musste sich aber bilden, sobald sich der Va- 
ginicolenkörper in der Hülse allmählich nach abwärts senkte; denn dann musste der vordere 
Theil der Hülsenwandungen, weil sie innerlich durch Vermittlung der Gallertschicht mit dem 
Körper verwachsen waren, dem sich senkenden Körper folgen und sich über ihm dachförmig zu- 
sammenneigen, und der Verschluss musste dadurch noch inniger werden, dass die ganze innere 
Oberfläche des zusammengezogenen Hülsentheiles mit der Gallertschicht in Berührung kommt. 
Die Senkung des Vaginicolenkörpers hat keine Schwierigkeiten; denn er behält selbst noch im 
Acinetenzustande die Fähigkeit, seine Gestalt zu verändern, wie schon die sehr verschiedenen 
Umrisse der in der Acinetenhülse steckenden Körper lehren. Der Vaginicolenkörper braucht sich 
nur in seiner Längsaxe zu verkürzen, so kommen seine Seiten mit den Seitenwandungen der 
Hülse in Berührung; er gewinnt dadurch einen festen Stützpunkt und kann sich nun leicht durch 
wurmförmige Bewegungen in der Hülse nach abwärts schieben. 

Die Metamorphose der Vaginicole in ihre Acinetenform findet hiernach jedenfalls auf 
die Weise statt, dass sich das Thier zuerst auf die gewöhnliche Weise mässig contrahirt, dann 
den hintern Wimperkranz entwickelt, sich vom Boden der Hülse ablöst, und mittelst des Wim- 
perkranzes bis in die Gegend der Hülsenmündung schwimmt. Hier contrahirt es sich so stark 
kugelförmig, dass es das Lumen der Hülse genau ausfüllt, das Peristom schliesst sich , Wirbel- 
organ und Speiseröhre werden resorbirt, und nun beginnt die Ausscheidung der Gallertschicht 
am vordern Ende, durch die sich das metamorphosirte Thier schon von der Aussenwelt abschliesst. 
Noch vollständiger geschieht dies aber durch den Verschluss der Hülse, welcher zuletzt auf die 
eben besprochene Weise zu Stande kommt. 

Dass unsere Vaginicolenacinete mit der Acineta mystacina von EHRENBERG identisch 
ist, lehrt schon ein Blick auf die von diesem Forscher gelieferten Abbildungen der Acineta mysta- 
cina'), obgleich dieselben nicht genau genug sind, wie EHRENBERG im Texte S. 242. selbst be- 
merkt, ohne jedoch eine berichtigende Beschreibung zu liefern. Die Hülse wird Panzer genannt, 
und dieser als fast kuglig, gestielt und undeutlich gehörnt characterisirt. Mit der Bezeichnung 
‚„‚gehörnt‘‘ ist offenbar der dachförmige Verschluss der Hülse gemeint, der nicht in seinen Einzel- 
heiten erkannt wurde. Der eigentliche "Thierkörper wird in zwei Figuren (£ und y) nicht richtig 
als frei in der Mitte der Hülse schwebend,, und die von ihm ausgehenden Tentakeln als die Hül- 
senwandungen durchbohrend dargestellt. Ebenso beruht die Angabe von bloss zwei Tentakelbü- 
scheln auf unvollständiger Beobachtung. Die Gallertschicht, welche den Acinetenkörper in der 
Hülse aufgehängt und diese vorn geschlossen erhält, ist sammt der contractilen Stelle übersehen. 
Der Nucleus wird als drüsige Kugel unterschieden, die feinen Körnchen des Leibesinhalts aber 


als Eier, und die gröbern, von deren solider Natur ich mich beim Zerquetschen der Acinete aufs Be- 


1) Die Infusionsthiere Taf. XX. Fig. 10. 


‚Stein, Infusorien. 2 6 


42 Ruhende Formen der Gattung Volvox. 


stimmteste überzeugte, als Magenblasen gedeutet, ungeachtet ein Mund nicht nachgewiesen werden 
konnte. EHRENBERG fand seine Acin. mystacina ebenfalls auf dünnen Conferven (Oedogonium) 
und in Gesellschaft der Waginicola erystallina, und dieser Umstand lässt vollends nicht mehr 
daran zweifeln, dass die von mir als Entwickelungsstufe der Vaginie. erystallina nachgewiesene 
Acinete mit der Acineta mystacina identisch ist. 

Mit grösster Spannung verfolgte ich noch längere Zeit den Acinetenzustand der Vagin. 
erystallina, um über seine Bedeutung näheren Aufschluss zu erhalten ; doch glückte mir dies in 
dieser Periode noch nicht. Nur auf ein Verhältniss wurde ich noch aufmerksam, welches mir 
sehr beachtenswerth schien. Es fiel mir nämlich auf, dass die verschiedenen Acinetenhülsen von 
genau gleicher Grösse einen sehr verschieden grossen und verschieden gestalteten Körper ein- 
schlossen. Bald füllte der Körper die Hülse vollständig aus, bald war der hintere Theil der Hülse 
leer, und an dem dachförmigen Verschlusse hing ein kaum halb so grosser, birnförmiger Körper, 
bald sass nur noch in der Spitze des dachförmigen Verschlusses eine unscheinbare Blase, von der 
einige wenige Tentakeln ausstrahlten !). Diese so beträchtlichen Differenzen im Volumen des 
Acinetenkörpers bei gleichgrossen Hülsen konnten nur durch eine Substanzverringerung erklärt 
werden, und da auch Jie kleinsten Körper in der Regel sich in völliger Integrität zeigten und 
durch die Bewegungen ihrer Tentakeln und ihrer contractilen Stelle unverkennbare Zeichen ihres 
fortdauernden individuellen Belebtseins von sich gaben, so konnte die Volumenverminderung 
nur in einer organischen Ausscheidung von Inhaltsbestandtheilen ihren Grund haben. Dass eine 
solche wirklich stattfindet, und dass sie in einem Ausstossen von Keimen besteht, werden wir 
weiter unten ($. $.) sehen. 


6. 


un 


Ruhende Formen der Gattung Volvox. 


Im Laufe des Sommers von 1848 untersuchte ich zwar sehr verschiedene Infusionsthiere 
auf ihre feinere Organisation und beobachtete auch manche Momente aus der Entwickelungsge- 
schichte einiger derselben, welche mich immer sicherer machten, dass ich auf dem von mir be- 
tretenen Wege nicht in die Irre geführt werde; allein keine Cardinalbeobachtung wurde gemacht, 
welche zu einem neuen Leitstern geworden wäre. Aus dieser Periode will ich hier nur die Beob- 
achtungen ausführlicher besprechen , welche sich auf die Entwickelungsgeschichte der merkwür- 
digen Gattung Volvozx beziehen, da diese in neuerer Zeit vielfach Gegenstand von Controversen 
gewesen ist, und ausserdem nur noch erwähnen, dass ich bei Bursaria leucas und einer noch un- 
beschriebenen, im Darmkanal der Blatta orientalis und Bl. germanica in grossen Scharen leben- 


den Bursarie, welche ich Burs. blattarum nenne ?), ferner bei Vorticella nebulifera, und einer 


1) Vergl. meine erste Infusorienabh. Taf. I. Fig. 20—23. 

2) Die Burs. blattarum hat die grösste Aehnlichkeit mit der Burs. cordiformis Ehrbg., welche so häufig im 
Mastdarm der Frösche anzutreffen ist, sie ist aber gedrungener, vorn stark abgerundet, und in dem vordern Ende 
des Leibes liegt eine sehr opake, scharf begrenzte, grobe Körnermasse, mit welcher nach hinten der ansehnliche 


Ruhende Formen der Gattung Volvox. 43 


verästelten, an den Kienenblättern von Ephemerenlarven festsitzenden Vorticellenform, in der 
ich EHRENBERG’s Curchesium pygmaeum ‘) erkenne, sowie auch endlich bei Polytoma uvella den 
Eneystirungsprocess beobachtete. Bei der letztern Infusorienform sah ich das von einer dünnhäu- 
tigen, krystallhellen Cyste umschlossene Thier in zwei bis vier Theilungssprösslinge zerfallen ; 
Specialeysten, wie bei Co/poda eueullus, bildeten sich jedoch nicht um dieselben. 

Was nun die Gattung Volvox anbetrifft, so ist bekannt, dass sie gegenwärtig sammt 
allen andern Volvocinen von vielen Forschern in das Pflanzenreich zu den Algen verwiesen wird. 
Ins Besondere hat in neuster Zeit F. Con nach v. Sıesorv’s und AL. Braun’s Vorgang für die 
Algennatur der Volvocinen gewichtige Gründe geltend gemacht ?). Da jedoch nicht wenige For- 
scher immer noch der Ansicht EurENBERG’s und der ältern Forscher zugethan sind, nach der die 
Volvocinen zu den monadenartigen Infusorien zu rechnen sind, so will ich meine Beobachtungen 
von diesem Standpunkte aus mittheilen, zumal da mir selbst immer noch einige Bedenken hin- 
sichtlich der Algennatur der Volvocinen geblieben sind. Wenn aber auch die Volvocinen wirklich 
Algen wären, so würden meine Mittheilungen an diesem Orte doch noch gerechtfertigt sein, weil 
sie dann lehrten, wie ausserordentlich nahe die Entwickelung der niedrigsten Pflanzen mit der 
der niedrigsten Thiere verwandt wäre. 

Meine ersten genauern Beobachtungen der Kugelthiere wurden an Volvox globator ge- 
macht, welchen ich im August in ungeheuren Schaaren in einem tiefen, engen Tümpel vor der 
Jungfernhaide, an welchem gegenwärtig die Hamburger Eisenbahn hart vorüberfährt, gesammelt 
hatte. An derselben Art erkannte EHRENBERG zuerst °) die wahre Natur der Volvocinen, indem 
er nachwies, dass das, was die ältern Forscher für ein einziges Individuum gehalten hatten, in 
der That eine Kolonie von zahllosen monadenartigen Infusorien sei, welche in der Oberfläche 
einer gemeinsamen kugelförmigen Gallerthülle stecken, aus der ein jedes zwei wimperartige 
Geisseln hervorstreckt, durch deren Bewegung das eigenthümliche Rollen und Fortwälzen des 
ganzen Monadenstockes hervorgebracht wird. EHRENBERG zeigte ferner, dass die im Innern des 
Monadenstocks gelegenen Kugeln, welche früher für Junge des Kugelthieres gehalten wurden, 
junge Monadenstöcke seien, welche an bestimmten innern Stellen des alten Monadenstockes durch 
vielfach sich rasch wiederholende Selbsttheilung gewisser Individuen entständen und zuletzt 
durch Platzen der Gallerthülle des alten Monadenstocks frei würden. 

Was nun zunächst diese Fortpflanzungsweise betrifft, so muss ich hervorheben, dass ich 


in den zahllosen Exemplaren des Volvoz globator, welche ich aus der oben bezeichneten Loca- 


queroyale Nucleus zusammenhängt. Das Leucophrys-artige Infusorium, welches v. SIEBOLD im Darmkanal der 
Blatta orientalis beobachtete (Beiträge zur Naturgesch. dewwirbellosen Thiere. Danzig, 1839. 8. 69.), dürfte mit 
meiner Bus. blattarum identisch sein. Höchst auffallend war es mir, dass ich nur die kleinsten Bursarien in einer 
festen, pergamentartigen, gelblichen Cyste eingeschlossen fand, so dass es den Anschein gewinnt, als gingen die 
Bursarien nicht in den Cystenzustand zurück, sondern aus ihnen hervor. 

1) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissenschaften vom Jahre 1540. S. 139. 

2) Vergl. dessen Aufsatz in v. SIEBOLD’S und KÖLLIKER’S Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie Band IV. 
S. 77 folg. 5 

3) Abhandlungen der Berliner Academie aus dem Jahre 1832. S. 184. Taf. VI. 

(Dr 


44 Ruhende Formen der Gattung Volvox. 


lität untersuchte, stets die constante Zahl von acht jungen Monadenstöcken beobachtete, wenn 
anders die Gallerthülle des Stocks unverletzt war. EHRENBERG lässt diese Zahl zwar auch als 
Regel gelten, will jedoch auch bis funfzehn und weniger, als acht junge Monadenstöcke gesehen 
haben '). FockE dagegen giebt S— 20, aber mit einem Fragezeichen, an ?). Die abweichenden 
Zahlenangaben beruhen wahrscheinlich auf Verwechselungen theils mit einer andern Entwicke- 
lungsstufe, theils mit einer von Volvox globator zu trennenden besondern Art. Die Bildung der 
jungen Monadenstöcke kommt meinen Beobachtungen zufolge dadurch zu Stande, dass in dem 
alten Monadenstocke in ziemlich gleichen Abständen von einander acht Individuen, die sonst in 
Nichts von den andern Individuen des Stockes verschieden sind, sich zu einer bedeutendern Grösse 
entwickeln. Wenn ein solches Individuum etwa die vierfache Grösse der gewöhnlichen Indivi- 
duen erreicht hat, so erkennt man um dasselbe schon sehr deutlich eine specielle zarte Gallert- 
hülle, welche offenbar die erste Anlage der gemeinsamen Hülle des spätern jungen Monaden- 
stockes ist. Jetzt zerfällt auch der bisher einfache Körper durch einen unvollständigen Thei- 
lungsaet zuerst in zwei, und dann nach und nach in vier, sechs, acht und immer mehr Segmente, 
ohne dass jedoch eine scharfe geometrische Progression beobachtet würde, indem von den Seg- 
menten gleicher Ordnung sehr häufig eins sich früher theilt, als das andere. Auf diese Weise 
entsteht bald eine kleine brombeerartige Kugel, deren Umfang sich fort und fort vergrössert , in- 
dem die einzelnen Segmente an Umfang zunehmen und sich selbst immer von Neuem wieder 
theilen. Mit der Zunahme der Segmente vergrössert sich natürlich auch die ursprüngliche Gal- 
lerthülle, welcher sie eingebettet sind. 

Die Geisseln an den einzelnen Segmenten scheinen in sehr verschiedenen Perioden ent- 
stehen zu können. Mehrmals sah ich ganz junge Monadenstöcke, die nur erst aus 12— 16 ganz 
dicht an einandergedrängten Segmenten bestanden, als ich sie aus dem Muttermonadenstocke 
isolirte, sich lebhaft um ihre Axe drehen. Innerhalb des Muttermonadenstocks bemerkte ich 
solche Rotationen immer erst viel später, wenn der junge Monadenstock bereits eine viel zusam- 
mengesetztere brombeerartige Kugel darstellte. Auch das Freiwerden der jungen Monadenstöcke 
findet zu verschiedenen Perioden statt. Oft tritt der junge Monadenstock schon aus dem alten 
aus, wenn seine einzelnen Individuen noch einander unmittelbar berühren , oft aber verweilt er 
auch so lange in demselben, bis sich bereits wieder acht Individuen desselben zu jungen Mona- 
denstöcken des zweiten Grades entwickeln. } 

Die eben geschilderte Fortpflanzungsweise des Volvox globator ist offenbar von der ge- 
wöhnlichen Fortpflanzung durch Theilung, wie sie bei so vielen andern Infusorien vorkommt, 
nicht wesentlich verschieden; sie hat nur das Eigenthümliche, dass hier die Theilungsfähigkeit 
ausschliesslich an gewisse Individuen des Volvoxstockes gebunden ist, dass sich ferner an diesen 
die Theilung sehr schnell nach einander wiederholt, und dass die verschiedenen Generationen 


von Theilungssprösslingen stets zu einer Gesellschaft vereinigt bleiben. Diese Fortpflanzungs- 


1) EHRENBERG, die Infusionsthiere S. 69 und 70. 
2) Physiologische Studien von Dr. G. W. Fock£. Bremen, 1847. 8. 33. 


Ruhende Formen der Gattung Volvox. 45 


weise erklärt aber nicht das Erscheinen von Kugelthieren an Localitäten, welche völlig ausge- 
trocknet waren und die sich später wieder mit Wasser füllten, oder welche lange Zeit festes Land 
bildeten und die sich dann durch Anlegung eimes Torfstiches in ein Wasserbassin verwandelten. 
Es muss also noch eine andere Fortpflanzungsweise geben, durch welche Keime erzeugt werden, 
welche auch beim Austrocknen eines Gewässers vor dem Absterben geschützt und einer Verbrei- 
tung durch die Luft fähig sind. Diese Fortpflanzungsweise glaube ich in folgenden Erscheinun- 
gen ausgesprochen zu finden. 

Ich sah in vielen der im August eingesammelten Exemplare des Volvox globator, welche 
sonst in allen Einzelheiten mit den übrigen übereinstimmten, nicht die gewöhnlichen acht jungen 
Monadenstöcke sich entwickeln; sondern einige 20—50 Individuen des Stockes, welche in ziem- 
lich gleichen Abständen über die Oberfläche der kugligen Hülle vertheilt lagen, fingen an, leb- 
haft weiter zu wachsen, und ihr Volumen nahm allmählich, ohne dass es zu irgend einem Thei- 
lungsacte gekommen wäre, so bedeutend zu, dass sie fast die Grösse von jungen Monadenstöcken, 
die eben zu rotiren anfangen, erreichten. Besässen wirklich die einzelnen Individuen des Volvox- 
stockes die sehr zusammengesetzte innere Organisation, welche ihnen EnrEnBeErg zuschreibt, so 
hätte diese doch jetzt leicht und mit aller Schärfe an den so sehr vergrösserten Individuen müssen 
wahrgenommen werden können. Von alle dem war aber durchaus nichts zu sehen, selbst der so- 
genannte rothe Augenpunkt war jetzt spurlos verschwunden, und der ganze Körperinhalt bestand 
aus nichts weiter, als aus zahllosen gröberen und feineren Körnern und Kügelchen von fettart- 
igem Ansehn, welchen ein überaus fein zertheiltes tief saftgrünes Pigment beigemengt war. 

Die zu weiterer Entwickelung bestimmten Individuen des Volvoxstockes fangen übri- 
gens nicht alle gleichzeitig an, sich zu vergrössern, sondern die einen früher, die andern später, 
so dass man an einem und demselben Stocke die in der Fortentwickelung begriffenen Individuen 
auf den verschiedensten Grössenstufen erblickt. Es ist aber nicht das Grösserwerden allein, wo- 
durch sich gewisse Individuen des Volvoxstockes bemerklich machen , sondern je mehr ihr Volu- 
men zunimmt, um so schärfer tritt eine helle, ihren Körper umschliessende Gallerthülle hervor, 
welche sich erst recht entwickelt und eine sehr eigenthümliche Form annimmt, wenn der Körper 
zu wachsen aufgehört hat. Die Gallerthülle verdickt sich nämlich dann immer mehr, jedoch nicht 
an allen Punkten gleichmässig, sondern in ganz regelmässigen Abständen viel stärker, so dass 
hier zuerst niedrige, stumpfe, hügelartige Erhöhungen auftreten, welche sich zuletzt in krystall- 
helle, zahnartige Spitzen oder vielmehr breite kegelförmige Zapfen verwandeln. Die ursprünglich 
dünne Gallerthülle bildet jetzt eine feste Cyste, deren Oberfläche das Ansehen einer Kıystall- 
druse hat, so dicht gedrängt ist die Cystenwand mit den, Krystallspitzen gleichenden, glasartigen 
kegelförmigen Auswüchsen besetzt. Der Durchschnitt einer solchen Cyste gleicht einem sehr re- 
gelmässigen vielstrahligen Sterne, dessen Mittelfeld von einem colossalen, kugligen Volvoxindivi- 
duum eingenommen wird, welches natürlich geissellos ist. An einem und demselben Volvoxstocke 
konnte ich sehr häufig alle Stadien der Cystenbildung an den verschiedenen zur Weiterentwicke- 
lung bestimmten Individuen mit einem Blicke übersehen, ja nicht selten waren einzelne Indivi- 


duen noch so weit zurück, dass sie kaum drei - bis viermal so gross waren, als die gewöhnlichen 


46 Ruhende Formen der Gattung ar 


Individuen des Stockes. An der eben gegebenen Entwickelungsweise ist also nichts erschlossen, 
sondern Alles direct beobachtet. 

Haben sich auf diese Weise alle der Fortentwickelung fähigen Individuen eines Volvox- 
stockes mit sternförmigen Cysten umgeben, so befindet sich der Volvox globator auf derjenigen 
Entwickelungsstufe welche bereits EHRENBERG genauer beobachtet, aber als eine selbstständige 
Species unter dem Namen Volvoz stellatus aufgestellt hat '). Volvoxstöcke mit so wenigen (12) 
Cysten, wie EHRENBERG einen abgebildet hat, habe ich nie gesehen; die meinigen enthielten 
meistens 30 —40. Zum richtigen Verständnisse von EurEnBErg’s Abbildungen der isolirten 
Cysten (Fig. 3. 2. und Fig. 3. 3.) muss ich bemerken, dass diese so dargestellt sind, wie sie im 
Durchschnitt, nach Wegnahme eines grössern Cystensegmentes erscheinen würden; auch ist die 
eigentliche Cystenwand, der die krystallartigen Spitzen aufsitzen, so wie die von ihr umschlossene 
Höhle nicht ausgedrückt worden. EHrENBERG hält die Cysten für gepanzerte Individuen und 
stellt sich vor, dass die Panzer nach vorn eine conische Verlängerung haben, aus der sie ihre 
Rüssel hervorstrecken, er will auch die Cysten sich im Innern des Volvoxstockes bisweilen haben 
wälzen sehen. Ferner giebt er an, dass sich der Volvoz stellatus von V. globator auch durch die 
meist ovale, sogar längliche Form des Stockes und durch kleinere, gedrängter stehende, auch 
nicht runde, sondern etwas strahlige Individuen unterscheide. Ich muss allen diesen Angaben 
widersprechen, und kann mich in dieser Beziehung auch noch auf einen andern, in der Infu- 
sorienkunde bewährten Forscher, Focke, stützen, welcher bereits den Ausspruch gethan hat, dass 
Volvox stellatus bei genauerer Verfolgung der Uebergänge wohl nur als Varietät von V. globator 
erkannt werden dürfte ?). 

Sind alle der Fortentwickelung fähige Individuen eines Volvoxstockes mit vollständig 
ausgebildeten Cysten versehen, so sterben die gewöhnlichen Individuen des Stockes bald ab, sie 
schrumpfen zusammen und nehmen eine mehr eckige Form und eine blassgelbe Farbe an, wäh- 
rend die eneystirten Individuen intensiv dunkelgrüne, pralle Blasen bleiben. Damit hören natür- 
lich die rollenden Bewegungen des ganzen Volvoxstockes auf, er smkt zu Boden, schrumpft eben- 
falls zusammen, wodurch die abgestorbenen Individuen einander näher gebracht werden, und 
fällt zuletzt sammt dieser der gänzlichen Auflösung anheim. Dadurch werden die eingeschlosse- 
nen, sternförmigen Cysten frei; noch bevor dies aber geschieht, hat gewöhnlich auch der Inhalt 
der Cysten eine sehr auffallende Umwandlung erfahren. Die intensiv grüne Farbe des einge- 
schlossenen Thieres ist nämlich nach und nach einem schmutzigen Orangeroth gewichen , dieses 
wird dann reiner und verwandelt sich bald in ein helles Ziegelroth. Auch diese Farbe ist nicht 
bleibend, sondern sie blasst immer mehr aus, bis zuletzt der Cysteninhalt eine farblose, opake, 
feinkörnige Masse darstellt. Cysten mit farblosem Inhalte beobachtete ich nur einige Male, solche 
mit ziegelrothem Inhalte sehr häufig. Weitere Veränderungen habe ich nicht verfolgen können ; 


wahrscheinlich überwintern die Cysten in diesem Zustande, um im Frühjahr die Keime zu neuen 


1) EuURENBERG, die Infusionsthiere $. 72. Taf. IV. Fig. Ill. 
2) FockE, a. a. O. S. 32. 


Ruhende Formen der Gattung Volvoz. 47 
& 


Volvoxstöcken aus sich zu entlassen. Jedenfalls ist durch diese Cystenbildung die Fortdauer der 
Art gesichert, auch wenn alle Volvoxstöcke beim Austrocknen eines Wasserbassins zu Grunde 
gehen, und jedenfalls sind auch die Cysten weithin durch die Luft transportabel, ohne dass der 
eingeschlossene lebendige Theil des Volvoxstockes dadurch im Mindesten alterirt wird. 

Unter dem Wolvox globator steckt jedenfalls noch eine zweite Art verborgen, auf die ich 
gleich hier noch kurz hindeuten will, obwohl ich sie erst in einer viel spätern Zeit kennen lernte. 
Sie mag den Namen Volvox minor führen. Ich beobachtete sie in grossen Schaaren im August 
und September 1851 in einem Torfstiche bei Niemegk. Der W. minor gleicht dem V. globator 
in seiner gesammten Organisation ausserordentlich, der Stock erreicht aber nie die Grösse, welche 
V. globator eıveichen kann und darauf bezieht sich der von mir gewählte Name. Der wesent- 
lichste Unterschied liegt jedoch in der Entwickelungsgeschichte. Während sich nämlich bei V. 
globator constant acht junge Monadenstöcke entwickeln, ist die Zahl derselben bei V. minor sehr 
unbeständig; sie schwankt zwischen I und 9, am häufigsten beobachtete ich vier. Innerhalb der- 
selben Gränzen schwankt die Zahl der sich eneystirenden Individuen, während bei V. globator 
die Zahl derselben stets viel bedeutender (20—40) ist. Von 44 genau auf die Zahlenverhältnisse 
untersuchten, völlig unverletzten Stöcken des Volv. minor fand ich 20 mit vier jungen Stöcken 
oder vier sich eneystirenden Individuen, 7 mit fünf, 5 mit sechs, 4 mit acht, 4 mit drei, einen mit 
9, und einen mit einem jungen Stocke. 

Der prägnanteste Character des V. minor tritt erst bei der Cystenbildung hervor. Die 
wenigen, der Fortbildung fähigen Individuen des Stockes entwickeln sich Anfangs ganz auf die- 
selbe Weise, wie bei V. globator , zu eben so grossen, intensiv grünen, homogenen Kugeln. So- 
bald aber die Vergrösserung aufgehört hat, verdickt sich die den Körper umgebende dünne Gal- 
lertschicht ganz gleichmässig und schwillt nach und nach zu einer dickwandigen, ganz glatten, 
elastischen Cyste an, deren innerer Durchmesser wesentlich grösser ist, als der des eingeschlos- 
senen Körpers, so dass dieser ganz frei in der Cystenhöhle zu liegen kommt. Jetzt umgiebt sich 
der encystirte Körper durch ein neues gallertartiges Exsudat mit einer zweiten Hülle, die fast 
eben so dick ist, als die abstehende Cyste, in der er liegt; diese bleibt aber seiner ganzen Ober- 
fläche innig anliegend. Hiermit ist das Encystirungsgeschäft vollendet, der alte Volvoxstock stirbt. 
auf dieselbe Weise ab, wie bei V. globator, und die grüne Masse des encystirten Körpers färbt 
sich erst orangefarbig und zuletzt goldgelb. Eine gänzliche Entfärbung,, wie bei V. globator, sah 
ich nie eintreten. Fan 

Diese letzte Entwickelungsstufe des Volvox minor hat Eurexgerc allein fest gehalten 
und unter dem Namen YV. aureus beschrieben !), während er die frühern Zustände unserer Spe- 
cies wahrscheinlich zu Vol. globator gezogen hat, wie mir aus der Angabe zu erhellen scheint, 
dass V. globator auch weniger als acht junge Stöcke entwickeln könne. EHRENBERG hat auch 
den Cystenzustand meines V. minor abgebildet, diese Abbildung ?) ist aber nicht naturgetren; 


1) Die Infusionsthiere 8. 71. Taf. IV. Fig. II. 
2) A. a. O. Fig. 2. 2. 


48 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. 
e 


denn es werden die Wandungen der äussern und der innern Cyste und der zwischen ihnen ge- 
legene leere Raum zusammen als eine einzige Hülle dargestellt. Derselbe Irrthum findet sich 
übrigens auch im Text, wo es heisst: ‚Der helle Umkreis um die innern Kugeln ist auffallend 


breit und deutlich.“ 


SB 
Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum und Acineten auf Cyclops quadri- 
cornis. Heterogonie der Acineten. Schwärmsprösslinge. 


Zu Anfang September des Jahres 1848 hatte ich mir im Thiergarten bei Berlin ein Ge- 
fäss voll Wasserlinsen geschöpft, um die zwischen denselben lebenden Infusorien genauer zu stu- 
diren. Als ich die Wasserlinsen zu Hause in dünnen Schichten in flache Porzellanteller goss, 
kamen zahllose Exemplare von Cyclopen zum Vorschein, — meistens war es Cyelops quadricor- 
nis — unter denen einige meine Aufmerksamkeit erregten, die ganz oder theilweise in einem 
schimmelartigen Gewebe zu stecken schienen. Die mikroskopische Untersuchung lehrte, dass 
dasselbe aus dicht neben einander sitzenden Stöcken vorticellenartiger Infusorien bestand, von denen 
die einen steifästig, die andern contractilstielig waren. Ueber die ersteren liess mich EHRENBERG’'S 
Infusorienwerk nicht in Zweifel, sie gehörten der Epistylis digitalis an; in den letztern, glaubte 
ich das Carchesium pygmaeum von EHRENBERG ') wieder zu erkennen, welches ich weiter unten 
($. 9.) zur Gattung Zoothamnium werde bringen müssen. Aber auch die übrigen Cyelopen, 
welche mit blossen Augen keinen fremdartigen Ueberzug erkennen liessen, zeigten sich unter 
dem Mikroskope ebenfalls der grössern Zahl nach mit vereinzelten Stöcken jener beiden Infuso- 
rienformen besetzt. Diese interessirten mich hauptsächlich deshalb, weil ich sehr häufig unmit- 
telbar neben ihnen eine noch unbeschriebene Acinetenform beobachtete, von der ich fast auf je- 
dem Cyelopen, der reichlich mit jenen Vorticellinen besetzt war, wenigstens einige Exemplare, 
nicht selten aber auch eine ziemlich beträchtliche Anzahl antraf. Ich musste in dieser Acineten- 
form einen Abkömmling der Epistylis digitalis vermuthen, wenn ich an die Erfahrungen dachte, 
welche ich an der Epistylis plicatilis (8. 2.) gemacht hatte, und zwar um so mehr, da die auf den 
Cyelopen lebende Acinetenform eine grosse Aehnlichkeit mit der auf den Stöcken der Epist. pli- 
catilis beobachteten, hatten. Die Epistylis digitalis bildet den am meisten in die Augen fallenden 
und gewöhnlich auch vorherrschenden Schmarotzer der Cyelopen, und diese gewährten dann oft 
einen Anblick, den eine schon vor hundert Jahren entworfene Abbildung Rorser’s *) ganz natur- 
getreu wiedergiebt. Die entwickeltsten Stöcke der Ep. digitalis sitzen gewöhnlich auf der Rück- 
seite des Cyclopen ziemlich in der Mittellinie des Bruststücks, so wie auch auf beiden Seiten des 
Hinterleibs und seiner zwei Fortsätze. Neben denselben trifft man fast immer einzelne sitzende 


aber ganz kurz gestielte Individuen, welche im Begriff sind, sich zu neuen selbstständigen Stöcken 


1) Die Infusionsthiere S. 291. 
3) Der monatlich herausgegebenen Insectenbelustigungen II. Band. Taf. XCVIH. Fig. 4. 


. 


Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. 49 


zu entwickeln ; denn man sieht sie häufig in der Längstheilung und man trifft neben ihnen wieder 
ganz niedrige, drei oder vier Individuen tragende Stockanfänge und zahlreiche Uebergänge bis 
za den entwickeltsten Stöcken. Die verschiedenen Stöcke und Stockanfänge zeigen oft auf dem- 
selben Cyclopen unter einander verglichen sehr verschieden grosse Individuen und ungleich dicke 
lang und Y3”” 


in 


Stielgerüste. Die meisten Stöcke tragen Individuen, die durchschnittlich Yo 
breit sind und auf %%s;”” breiten Stielen sitzen; die grössten Individuen, welche ich sah, waren 
Y," lang und ihre Stiele Yso”” breit, die kleinsten hatten nur Y,o”” Länge und ihre Stiele waren 
kaum Yo” breit. Die Höhe der Stöcke ist sehr veränderlich, im Allgemeinen sind sie aber im 
Vergleich zu andern Epistylisarten niedrig, da sich der Stamm in geringer Entfernung von sei- 
nem Anheftungspunkte wiederholt gabelförmig verästelt und die meisten Gabeläste nur eine ge- 
ringe Länge besitzen. An den entwickelten Stöcken stehen die Individuen nicht genau in gleicher 
Höhe, sondern sie haben ungefähr die Stellung, wie die Blüthen an einer halbkugelförmigen 
Afterdolde. 

Die Gestalt der einzelnen Individuen ist characteristisch ; sie ähneln nämlich einem um- 
gekehrten Fingerhut, wie schon der Speciesname andeutet, und auch Rorser’s Abbildung gut 
ausdrückt. Der Körper ist nämlich fast walzenförmig und nur hinter der Mitte stetig nach dem 
Anheftungspunkte hin etwas verengert. Das durch eine schwache Einschnürung vom übrigen 
Körper abgesetzte, kaum nach aussen umgeschweifte Peristom ist nur so breit, als der grösste 
Querdurchmesser des Körpers, und das Wirbelorgan tritt aus ihm mit sehr schief geneigter 
Scheibe hervor. Die Speiseröhre ist kurz und weit, neben ihrem Ende liegt die gewöhnliche con- 
tractile Stelle und ziemlich in der Mitte des Körpers, der bisher noch nicht beschriebene, aber 
keineswegs schwer zu beobachtende Nucleus, der, wie bei wahrscheinlich allen Epistylisarten, 
bandförmig und halbringförmig zusammengekrümmt ist. Das Stielgerüst sah ich fast immer ganz 
krystallhell und homogen, ohne alle Streifung an der Oberfläche; nur unter jeder Gabelung zeigt 
sich häufig eine, auch bei andern Epistylisarten gewöhnliche Quergliederung und der Stamm und 
die Aeste älterer Stöcke sind nicht selten mehr oder weniger tief rostroth gefärbt, besonders in 
der Nähe des Anheftungspunktes. EHRENBERG giebt als Character der Ep. digitalis ein stark und 
dieht quergeringeltes Stielgerüst an '); ich habe nur ein einziges Mal bei Niemegk auf Cyelops 
quadricornis einen sehr alten, besonders grosse Individuen tragenden Stock der Ep. digitalhis 
beobachtet, der aufähnliche Weise quergeringelt war, wie EHRENBERG’s Abbildung angiebt, alle 
bei Berlin gesehenen Stöcke waren stets glatt. Ich kann daher auf diesen Character keinen 
Werth legen, zumal da ich auch bei andern Epistylisarten und bei Opercularien die feine Strei- 
fung und Quergliederung bei ein und derselben Art nicht constant gefunden habe. 

Nach EHRrENBERG soll auch die auf Wasserlinsenwurzeln sehr gemeine Kpist. anastatica 
auf Cyclopen und andern Entomostraceen vorkommen ?). Da diese Art ein ganz glattes oder doch 
nur schwach längsgestreiftes Stielgerüst hat, und überdies der Ep. digitalıs nahe verwandt ist, 


1) Die Infusionsthiere S. 283. und Taf. XX VIII. Fig. IV. 
2) Ebendaselbst S. 281. 


Stein, Infusorien. 7 


0 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum; Heterogonie der Acineten. 
pisey g Pyg g; 


so könnte man glauben, ich habe nur einmal die ächte Ep. digitalis, sonst aber immer die Ep. _ 
anastatica vor mir gehabt. Dies muss ich jedoch bestreiten, da ich die Ep. anastatica in der Natur 
vielfach zu studiren Gelegenheit gehabt habe. Ich traf sie aber niemals auf Cyclopen,, sondern 
immer nur auf den Wurzeln der Wasserlinse, meist in prächtig entwickelten Bäumen. Sie unter- 
scheidet sich von Ep. digitalis sicher durch die Körperform, die stets trichterförmig-glockig, 
ähnlich wie bei Ep. plicatilis, nur weniger langgezogen ist; auch haben die Stöcke in der Regel 
einen langen Stamm mit langen, fächerförmig ausgebreiteten Aesten und die Individuen liegen 
fast alle genau in gleicher Höhe. Trifft man die drei am nächsten verwandten Epistylisarten, 
Ep. plieatilis, anastatica und digitalis nur im jüngern Alter und auf noch unentwickelten Stöcken 
an, so wird man schwerlich im Stande sein, eine zuverlässige Speciesbestimmung zu treffen, 
wenn man nicht den Aufenthalt berücksichtigt. Nach meinen Erfahrungen lebt die Ep. ‚plicatilis 
nur auf den Gehäusen der Wasserschnecken,, die Ep. anastatica vorzugsweise auf den Wurzeln 
der Lemnaarten und die Ep. digitalis auf Cyelops quadricornis. 

Theilung und Knospenbildung sind häufig zu beobachtende und ganz auf die bei den 
Vorticellen gewöhnliche Weise erfolgende Fortpflanzungsweisen. Der Knospensprössling be- 
kommt stets vor der Ablösung vom Mutterthiere den hintern Wimperkranz. Die ihre Stöcke ver- 
lassenden gewöhnlichen Individuen sind aber meistens nicht mit einem solchen verschen. Sie 
stehen nämlich mit ihren Stielen in einem so losen Zusammenhange, dass sie sich jeden Augen- 
blick von demselben zu trennen vermögen. Beunruhigt man den Stock ein wenig, legt man z. B. 
nur ein Deckgläschen auf den mit Epistylisstöcken besetzten Cyclopen und rollt man diesen be- 
hutsam hin und her, so trennen sich fast augenblicklich die meisten Individuen von ihren Stielen, 
indem sie sich einige Male um ihre Axe kräftig hin und her drehen. Die abgelösten Thierchen 
bleiben ausgestreckt und schwimmen mit dem vorderen Ende voran vermittelst der Wimpern 
ihres Wirbelorganes und Peristomes sehr gewandt umher; der hintere Theil des Leibes wird dabei 
hin und her gebogen und bestimmt, wie ein Steuerruder, die Richtung der Bewegung. Viele 
Thierchen umschwärmen in weitern und engern Kreisen den Cyclopen, und man sieht häufig 
einzelne sich auf demselben wieder festsetzen und nach einiger Zeit einen Stiel ausscheiden. Ich 
habe übrigens auch hin und wieder auf den Stöcken der Ep. digitalis Individuen beobachtet, die 
mit dem auf die bevorstehende Ablösung hindeutenden hintern Wimperkranze versehen waren; 
im Ganzen kamen aber dergleichen Individuen unverhältnissmässig selten vor. 

Das zweite auf Cyelops quadricornis sehr häufig vorkommende vorticellenartige Infu- 
sionsthier, welches wahrscheinlich mit dem Carchesium pygmaeum von EuRrENBERG identisch 
ist, das dieser Forscher ganz unter denselben Verhältnissen beobachtete, wie ich, bildet nur sehr 
niedrige, selten mehr als vier Individuen tragende Stöcke, die aber oft nebst einzelnen Individuen 
und aus zwei Individuen bestehenden Stöcken in grosser Menge dicht neben einander sitzen. Die 
einfachen, auf unverästeltem Stiele sitzenden Thiere sind von Vorticellen gar nicht zu unter- 
scheiden, da sie genau denselben Körperbau haben, wie diese; setzen aber auch nur zwei Indivi- 
duen einen Stock zusammen (Taf. III. Fig. 44.), so sieht man sogleich, dass man es mit einer 


andern Gattung zu thun hat, da jedes Individuum von einem besondern Stiele getragen wird, 


"Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum,; Heterogonie der Acineten. 51 


was bei der Gattung Worticella nie der Fall ist. Der Stamm ist meist viel kürzer, als die einzel- 
nen Thiere und ebenso sind es auch die Aeste; beide sind im Verhältniss zum Körper dünn. 
Letzterer hat einen kurz eiförmigen, durch das deutlich abgesetzte, etwas wulstige Peristom fast 
glockenförmigen Umriss. Der Nucleus ist kurz bandförmig und nierenförmig gekrümmt; die 
contractile Stelle liegt neben der kurzen Speiseröhre. Beim Zusammenschnellen des Stockes 
werden die Thierchen vollkommen kuglig. Ihre Länge beträgt selten mehr als Yo” ; kleinere In- 
dividuen bis herab zu einer Länge von %,” sind eine sehr gewöhnliche Erscheinung. Knospen- 
bildung habe ich oft an den grössern, wie an den kleinern Individuen beobachtet (Taf. III. Fig. 
44. a.). Die zwei Individuen, welche ein einfach gegabelter Stock trägt, entwickeln sich sehr 
häufig nicht weiter, sondern verlassen ihren Stock wieder, nachdem sie sich zuvor mit dem hin- 
tern Wimperkranze versehen haben. Die hauptsächlichste Aufgabe unserer Infusorienform scheint 
hiernach in einer möglichst schnellen Production recht zahlreicher, freier Individuen zu be- 
stehen, die sich wahrscheinlich erst in spätern Generationen zu reichästigen Stöcken entwickeln, 
und daraus möchte ich schliessen, dass das Carehesium pygmaeum nur der Jugendzustand einer 
andern contractile Stöcke bildenden Vorticellinenform sei (vergl. $. 9.). 

Auf den von Epistylis digitalis und Carchesium pygmaeum bewohnten Cyelopen beob- 
achtete ich nicht selten eine winzig kleine, stockbildende Infusorienform in solchen Mengen, dass 
die ganze Rückseite des Bruststückes vom Cyclopen dicht damit übersät erschien. Die ganzen 
Stöcke (Taf. III. Fig. 42. 43.) sind oft nur %,;”’ hoch; sie bestehen aus einem längern oder kür- 
zern, haarfeinen, steifen,, bald ganz geraden, bald etwas gekrümmten Stamme, welcher ein bis 
zahlreiche Individuen trägt. Sitzen viele Individuen am Ende des Stammes, so scheinen sie kopf- 
förmig zusammengehäuft; doch sieht man stets je zwei Individuen einander mehr genähert und 
die einzelnen Paare verschieden weit aus der gesammten kopfförmigen Individuenmasse hervor- 
ragen. Man kann daraus schon abnehmen, dass der Stamm sich wiederholt gabelförmig ver- 
ästeln, und dass die Individuen an den Enden der Gabeläste sitzen werden. An Stöcken mit we- 
nigen Individuen konnte ich auch deutlich diese Verästelungsweise verfolgen, die einzelnen Aeste 
sind aber ausserordentlich zart und kurz. An den Individuen, die durchschnittlich nur %%s0” lang; 
sind, ist auch mit den stärksten Vergrösserungen nichts weiter zu erkennen, als dass sie einen 
umgekehrt kegel- bis trichterförmigen Umriss haben, und einen sehr feinkörnigen grauen Inhalt 
umschliessen. Sie sind im Stande ihren Umriss etwas zu verändern und schwache zuckende Be- 
wegungen zu vollführen. An ihren etwas ausgezogenen Vorderecken unterschied ich oft sehr 
deutlich eine einzelne Wimper; wahrscheinlich ist das ganze Vorderende mit Wimpern gesäumt. 
Denn wenn sich die Thierchen von ihrem Stocke ablösen (Fig. 43. D.), was man sehr oft beob- 
achten kann, so schwimmen sie behende und ganz in der Weise, wie die abgelösten Individuen 
der Epistylis digitalis umher. Sie setzen sich auch eben so wieder mit dem 'hintern Ende auf 
dem Cyclopen fest und scheiden einen neuen Stiel aus. 

Schwerlich wird man in dieser Infusorienform eine selbstständige Art erkennen. Viel 
wahrscheinlicher ist es, weun wir ihr massenhaftes Auftreten in Gesellschaft der Epistylis digi- 


talis und des Carchesium pygmaeum und die ähnliche Entwickelungsweise des letztern berück- 
Ti * 


52 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum, Heterogonie der Acineten. 


sichtigen, dass sie die allerjüngsten Entwickelungsstufen einer von diesen beiden Infusorienfor- 
men darstellt. Das steife Stielgerüst weist zunächst auf die Verbindung mit Ep. digitalis hin; 
doch ist es auch denkbar, dass das Oarches. pygmaeum und alle contractilstieligen Vorticellinen 
in ihrer frühsten Jugend noch kein Schnellvermögen in ihren Stielen besitzen, sondern dass sich 
dieses erst bei den spätern Generationen, die dickere Stiele auszuscheiden vermögen, entwickelt. 
Selbst bei völlig ausgebildeten Arten hat die Natur die scharfe Gränze, welche wir zwischen 
starren und contractilen Stielgerüsten ziehen wollen, öfters verwischt. Denn es giebt Zootham- 
nien, deren Stamm von der Basis an eine längere oder kürzere Strecke weit starr, dann aber, wie 
in allen seinen Verzweigungen contractil ist. Jedenfalls muss die Beobachtung so winziger Vor- 
ticellinenstöcke uns von Neuem auf die Vermuthung führen, dass sich unter den Fortpflanzungs- 
weisen der ausgebildetern Vorticellinen auch eine finden werde, die in der Production zahlreicher 
kleiner Keime besteht. 

Betrachten wir nun die auf den Cyclopen lebende Acinetenform. Sie findet sich am 
häufigsten auf den Beinen, oft ziemlich verborgen zwischen denselben und nur durch die hervor- 
gestreckten Tentakeln ihre Gegenwart verrathend. Hier erreichen sie auch ihre beträchtlichste 
Grösse (Taf. III. Fig. 38. 39.), während auf der Rückseite des Bruststücks, am Hinterleibe und 
auf den Fühlern gewöhnlich nur kleine oder mittelgrosse Exemplare (Fig. 41. a. b. ce. d.) sitzen. 
Alle haben einen sehr kurzen, oft schwer wahrnehmbaren, aber nie fehlenden Stiel, welcher 
höchstens ;;”” lang wird, und der krystallhell, farblos und anscheinend solid ist. Der Körper 
hat am häufigsten eine birnförmige Gestalt und ist von zwei gegenüberliegenden Seiten mässig 
zusammengedrückt. Am vordern Ende ist er bald zugerundet, bald abgestutzt und seicht ausge- 
randet, und jederseits mit einem Büschel strahlenförmig ausgebreiteter Tentakeln versehen, die 
oft auf einem besondern Vorsprunge (Fig. 38.), und dann dichter neben einander sitzen. Häufig 
sind die Tentakeln nicht deutlich in zwei Büschel gruppirt, sondern sie stehen über den ganzen 
Vorderrand und noch über einen Theil der Seitenränder zerstreut; dies ist namentlich bei den 
kleineren Individuen der Fall, welche bald einen ganz runden, bald einen länglich oder quer ova- 
len, bald einen nierenförmigen Körper haben (Fig. 41. a. b. e.) 

Die grössern Acineten haben ein trübes, perlgraues Ansehen, da.in ihrem Körperinhalte 
zahlreiche grobe Fettkörnchen dicht neben einander liegen ; der kleine, ovale Nucleus (Fig. 38. «.) 
ist daher meist nicht sogleich zu entdecken und oft erst durch Zerquetschen der Acinete zur An- 
schauung zu bringen, was wieder nicht leicht ist, da sich die Acineten nur schwer von den Cy- 
clopen ablösen lassen. An den kleineren durchsichtigen Acineten fällt aber der Nucleus sogleich 
auf, und bei allen Individuen ist stets leicht eine lebhaft contractile Stelle (Fig. 38. d.) zu beob- 
achten, die gewöhnlich im vordern Ende unter einem der Tentakelbüschel, aber nicht selten auch 
an einer andern Stelle, weiter nach hinten, liegt. Nach einem Munde und nach von aussen ein- 
gedrungenen fremden Stoffen sieht man sich vergeblich um. Am Körper konnte ich keine merk- 
lichen Bewegungen wahrnehmen, er blieb immer starr und regungslos; auch die Tentakeln ver- 
kürzen und verlängern sich an den grössern Individuen nur äusserst langsam und schwerfällig, 


schneller und gewandter an den ganz kleinen, wo sie auch relativ länger sind. Selbst bei starker 


Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. 53 


Beunruhigung der Acineten werden die Tentakeln niemals in den Körper zurückgezogen, sondern 
nur etwas verkürzt und in eine andere Lage gebracht. Der Körper der grössten Acineten ist nur 
1,0” und ihr Nucleus Yıss”’ lang. Am häufigsten sind Individuen, deren grösster Durchmesser 
/so— Yo beträgt; der der kleinsten Individuen misst nur Yı,5”. 

Als ich eines "Tages — es war der 15. September 1848 — das Bein eines Cyclopen, wel- 
ches vier dicht neben einander sitzende ansehnliche Acineten trug, glücklich abpräparirt hatte, 
da machte ich die folgenreiche Entdeckung, dass die Acineten ein ihnen gänzlich ungleiches, 
aber den Knospensprösslingen der Vorticellinen in vielen Beziehungen sehr ähnliches Junge ge- 
bären, welchem ich in der Voraussetzung, dass den Schwärmsprösslinge erzeugenden Infusorien 
noch eine andere Fortpflanzungsweise durch kleine Keime zukommen werde, den Namen 
Schwärmsprössling gegeben habe. Als ich nämlich an der einen von jenen vier Acineten, 
welche eine besonders günstige Lage für eine scharfe Beobachtung hatte, die Form des Nucleus 
möglichst genau ermitteln wollte, bemerkte ich mit Staunen in dem vordern Ende derselben an- 
statt des gesuchten Nucleus einen fast walzenförmigen, vorn und hinten abgerundeten und in der 
Mitte ziemlich stark eingeschnürten Körper (Taf. III. Fig. 38. e.), welcher sich zwischen dem 
körnigen Leibesinhalte der Acinete ziemlich lebhaft umherdrehte, auch mit dem einen Ende hier- 
und dahin tastete und an Stellen, wo die groben Körner weniger dicht lagen, sich deutlich 
schwimmend bewegte. Nach einiger Zeit hatte er sich bis hart an die vordere Wand der Acinete 
hindurch gearbeitet, er drängte nun die Mitte derselben so lange blindsackartig vor sich her, bis 
eine Oeffnung entstand, und kaum hatte sich sein vorderes Drittel durch dieselbe hindurchge- 
drängt (vergl. Fig. 39. a.), so spreizte sich plötzlich ein Kranz von Wimpern aus, den ich bisher 
nicht hatte unterscheiden können. Einige Wimperschläge reichten hin, um den Schwärmspröss- 
ling vollends ins Freie zu bringen, wo er pfeilschnell vorwärts schoss, während sich der Riss in 
der Acinetenwand sofort wieder schloss, ohne Spuren einer Wunde zu hinterlassen. 

Eine so ganz unerwartete und unerhörte Erscheinung erfüllte mich zuerst mit dem 
grössten Misstrauen gegen die Richtigkeit meiner Beobachtung. Ich sagte mir, was mir vier 
Jahre später noch einmal entgegengehalten wurde, wo ich denselben Vorgang unzählige Male 
und auch bei andern Acineten verfolgt hatte, der vermeintliche Schwärmsprössling könne ein von 
der Acinete vor Kurzem gefressenes Infusionsthier gewesen sein, und die Acinete müsse demnach 
doch wohl einen vielleicht nur selten sich öffnenden Mund haben. Auch dachte ich daran, dass 
mich wohl ein unter der Acinete gelegenes, zwischen ihr und dem Objectträger eingeklemmtes 
Infusionsthier, das sich später hervorarbeitete, getäuscht haben könne. Dergleichen selbstge- 
machte Einwendungen mussten aber schon vor den nächsten Beobachtungen verstummen. 

Von den drei andern Acineten auf dem vorhin erwähnten Cyclopsbeine enthielten zwei 
nur den gewöhnlichen Nucleus, die dritte aber, welche ich in Fig. 38. abgebildet habe, zeigte 
mir wieder einen ganz ebenso gestalteten Schwärmsprössling (e.), ausserdem aber auch noch 
einen ganz deutlichen, gesonderten Nucleus (a.). Ich überzeugte mich jetzt ganz bestimmt, dass 
der Schwärmsprössling im Innern der Acinete enthalten war, ich erkannte nun auch durch deren 


Wandungen hindurch ohne Mühe den Wimperkranz des Sprösslings und ausserdem noch in seinem 


54 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. 


Innern eine kleine pulsirende Stelle, ich sah ihn endlich wieder ganz auf dieselbe Weise nach aussen 
hervorbrechen, und ich konnte diesmal seinen Bau ganz genau ermitteln, da er gleich nach dem 
Ausschwärmen das Cyelopsbein einige Male umkreiste und sich dann für einige Augenblicke auf 
einem Vorsprunge desselben, wie zum Ausruhen von der bisherigen Arbeit, mit seinem hintern 
Ende ansetzte. 

Der Schwärmsprössling erschien jetzt als ein länglich eiförmiger Körper (Fig. 40. a.), 
der in der Mitte verengert und hier mit mehreren dicht auf einander folgenden, ringförmigen 
Querfurchen versehen war, aus welchen die langen, zarten, theils nach vorn, theils nach hinten 
umgebogenen Wimpern entspringen, die wenigstens halb so lang waren, als der Körper, und un- 
aufhörlich in undulirender Bewegung blieben. Die ganze übrige Oberfläche des Körpers war 
nackt; nach einer Mundöffnung und der Aufnahme fester Stoffe sah ich mich vergeblich um. Das 
Innere des Körpers bestand aus einer homogenen, sehr feinkörnigen Masse, in der nichts weiter, 
als die etwas hinter der Mitte gelegene, kleine, runde contractile Stelle zu unterscheiden war. 
Nachdem sich der Schwärmsprössling einige Male stark in seiner Längsaxe verkürzt und wieder 
ausgereckt hatte (bei der Contraction nahm er die in Fig. 40. b. dargestellte Form an), schüttelte 
er heftig alle seine Wimpern und stürmte dann weiter in die Welt hinaus. Auch hier vermochte 
ich ihm noch kurze Zeit zu folgen, bis er mehrmals schnell hinter einander zickzackförmig hin - 
und herfahrend,, für innmer aus dem Gesichtsfelde entschwand. Während des Schwimmens, na- 
mentlich beim Umbiegen in eine andere Richtung , dehnte er sich öfters bis zur Walzenform aus 
(Fig. 40. e.), wie es die abgelösten Knospen - und Theilungssprösslinge der Vorticellinen auch 
thun, mit denen unser Schwärmsprössling überhaupt in seinen Bewegungen viele Aehnlichkeit 
hat. Seine Länge betrug Y\ı0” , und die Acinete, welche ihn geboren hatte, war ohne den Stiel 
und die Tentakeln %s.”” lang. 

Im Systeme von EurEnBERG würde unser Acinetensprössling in die Familie der Vorti- 
cellinen und zwar zur Gattung Trichodina gestellt werden müssen. In dieser Gattung sind zwei 
Arten aufgeführt, welche offenbar in Gestalt, Bewimperung und Grösse unserm Schwärmspröss- 
ling sehr nahe stehen, nämlich die Trichodina vorax und Trichodina grandinella '). Diese For- 
men hat Dusarpın, weil sie offenbar von dem durch Trichodina pedieulus repräsentirten Gat- 
tungstypus ganz und gar verschieden sind, zu einer besondern Gattung, Halteria, erhoben und 
als Halteria grandinella zusammengefasst ?). Die Abbildung, welche Dusarvın von seiner Hal- 
teria grandinella giebt (Pl. 16. Fig. 1. ec. a. a. O.), passt genau auf unsern Acinetensprössling. 

Es wäre unverantwortlich gewesen, hätte ich bloss auf diese vereinzelten Beobachtungen 
die Behauptung von einer’Heterogonie der Acineten gründen wollen. Eine so wichtige Thatsache 
musste durch möglichst ausgedehnte Untersuchungen gegen alle Anzweifelungen sicher gestellt 
werden. Daher wurden. in der nächsten Zeit grosse Schaaren von Cyclopen in den verschieden- 


sten Localitäten der Berliner Umgegend eingefangen und auf Acineten untersucht. Auf unzählig 


1) Die Infusionsthiere 8. 267. und Taf. XXIV. Fig. V. und VI. 
4.3 2) Infusoires p. 414—15. und Pl.'16. Fig: 1. @& db... 


Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. BR) 


vielen traf ich dieselben an, und überaus häufig beobachtete ich in ihrem Innern einen sich be- 
wegenden Schwärmsprössling, der immer genau dieselbe Form hatte und nur in seiner Grösse, 
je nach der Grösse der Acineten verschieden war. In mehr als hundert Fällen verfolgte ich sein 
Ausschwärmen, und stets sah ich, wie sich die von ihm gemachte Oeffnung in der Acinetenwand 
gleich nachher wieder schloss, und dass die Acinete fortfuhr, sich wie ein ganz unverletztes Ge- 
schöpf zu geriren. Sie streckte die Tentakeln, welche sich beim Ausschwärmen des Sprösslings 
verkürzt und etwas durch einander gewirrt hatten, wieder in der gewöhnlichen Weise strahlen- 
förmig aus, und ihr Körperinhalt behielt fortdauernd dasselbe frische Ansehen, wie in andern 
Acineten und die contractile Stelle fuhr fort, sich rhythmisch zusammenzuziehen und auszudeh- 
nen. Ich schloss daraus, dass sich die Production von Schwärmsprösslingen öfter wiederholen, 
und dass darin die wesentliche Lebensaufgabe der Acineten bestehen werde. 

Während des Octobers 1848 beobachtete ich auch bei Niemegk auf vielen Exemplaren 
des Oyclops quadricornis dieselben Acineten mit demselben Schwärmsprössling. Ebenso bestätigte 
sich die Richtigkeit meiner Beobachtungen noch sehr oft während des Jahres 1849 und in der 
ersten Hälfte des Jahres 1850, ja ich hatte in diesem Zeitraume mehrfach Gelegenheit, in meinen 
zoologischen Vorlesungen an der Berliner Universität meinen Zuhörern Acineten mit zum Aus- 
schwärmen reifen, rotirenden Sprösslingen zu demonstriren. Seitdem kam ich nicht wieder dazu, 
diese Acineten von Neuem aufzusuchen und auf sie die spätere, schärfere Beobachtungsmethode 
anzuwenden, die gewiss über die Entstehungsweise des Schwärmsprösslings und über die der Aci- 
nete nähern Aufschluss gegeben haben würde. Da ich in den Acineten, welche einen Schwärm- 
sprössling enthielten, einen Nucleus öfters nicht aufzufinden vermocht hatte, so war ich Anfangs 
der Ansicht, dass sich der Nucleus unmittelbar in einen Schwärmsprössling verwandele, und dass 
sich dann aus dem Leibesinhalte ein neuer Nucleus bilde, der aber in der Regel schon vor dem 
Ausschwärmen des Sprösslings wieder erzeugt sei. Spätere Erfahrungen an andern Acineten 
lassen jedoch diese Ansicht gegenwärtig nicht mehr haltbar erscheinen. Ich zweifle vielmehr 
nicht daran, dass intensivere, auf diesen Punkt gerichtete Beobachtungen lehren werden, dass 
auch bei der Acinete der Cyclopen der Schwärmsprössling nur von einem Theile des Nucleus seine 
erste Grundlage erhält, und dass der andere Theil als Nucleus persistirt. Die Erzeugung von 
Schwärmsprösslingen in unserer Acinete ist übrigens an keine bestimmte Zeit gebunden; denn 
ich beobachtete sie, wie aus dem schon Mitgetheilten hervorgeht, während des ganzen Septem- 
bers und Octobers, und ausserdem von Mitte März an, das ganze Frühjahr und den Sommer hin- 
durch, sowie auch einige Male noch im November und December. Auch hängt die Entstehung 
von Schwärmsprösslingen nicht von einer bestimmten Grösse der Acineten ab. Zwar sah ich noch 
keinen Schwärmsprössling in den kleinsten Acineten,, wohl aber völlig reife, rotirende in allen 
Acineten bis zur mittlern Grösse (Fig. 41. d.), und noch etwas darunter herab. Der Körper der 
kleinsten Acineten, welcher einen sich lebhaft bewegenden Sprössling enthielt, war nur 44” 
lang, und der Sprössling selbst hatte nur die Länge von "%s0”. 

Als die Heterogonie der Acineten für mich eine ausgemachte Thatsache war, konnte 


ich mir nicht verhehlen, dass dadurch das herrschende Infusoriensystem einen gewaltigen Stoss 


56 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum; Heterogonie der Acineten. 


bekommen habe, und wohl noch bedeutenden Reformen entgegen gehen würde. Zwei Infusorien- 
formen , die im Systeme weit von einander entfernt standen, weil ihre Organisation fundamental 
verschieden war, nämlich eine festgewachsene, unbewimperte und regungslose Acinete und eine 
frei umherschweifende, bewimperte, höchst agile Trichodine gehörten dem Entwickelungskreise 
einer und derselben Art an. Dies war nicht etwa aus der willkührlichen Verknüpfung verschie- 
dener Beobachtungsreihen erschlossen, sondern die allerdirecteste Beobachtung lehrte das Her- 
vorgehen der Trichodine aus der Acinete. Wer konnte nach einer solchen Erfahrung wohl dafür 
einstehen, dass sich nicht auch noch manche, im Infusoriensysteme als selbstständige Arten auf- 
geführte Formen als blosse Entwickelungsstufen gewisser anderer Arten ausweisen würden ? Ja, 
konnte man denn überhaupt noch der Rechte irgend einer Infusorienart ganz gewiss sein, so 
lange die Entwickelungsgeschichte derselben nicht erforscht war? Noch ist kein zuverlässiges 
Kriterium aufgestellt, nach dem man mit Sicherheit entscheiden könnte, ob ein uns vorliegendes 
Infusionsthier wirklich die entwickelte Art darstellt und nicht etwa den Jugendzustand eines an- 
dern. In den übrigen Thierklassen gewährt der Nachweis von Eiern oder Zoospermien die Ge- 
wissheit, dass man es nicht mit einer Larvenform, sondern mit der entwickelten Art zu thun hat. 
Bei den Infusorien aber hat noch Niemand Eier oder Zoospermien nachzuweisen vermocht und 
schwerlich wird dies wohl jemals geschehen. Andere Fortpflanzungsweisen sind aber kein Cha- 
racter der ausgebildeten Art; dies lehren nicht bloss die Thiere, welche einem Generationswechsel 
unterworfen sind, sondern auch die Infusorien selbst, die auf den allerverschiedensten Ent- 
wickelungsstufen, bei fast jeder Grösse der Fortpflanzung durch Theilung und Knospenbildung _ 
fähig sind. 

EHRENBERG hat die Tragweite meiner Entdeckung, dass die Acineten eine ihnen völlig 
ungleiche Generation von Infusorien erzeugen, sehr wohl zu würdigen gewusst; deshalb bemühte 
er sich, sie als auf Irrthum und Uebereilung beruhend zu erweisen '). Er erklärte, das was ich 
für Schwärmsprösslinge der Acineten ausgegeben habe, seien nur von der Acinete gefressene Tri- 
chodinen gewesen. Es wurde hierbei nur übersehen, dass bei den Acineten, von denen ich rede, 
noch kein Mund hat nachgewiesen werden können, und dass in denselben niemals irgend welche 
Reste von gefressenen Körpern wahrzunehmen sind, nicht einmal mehrere Trichodinen zugleich, 
was doch wohl dann und wann der Fall hätte sein müssen, wenn die Acineten von Trichodinen 
lebten. Es wurde ferner unberücksichtigt gelassen, dass die in den allerverschiedensten Locali- 
täten eingesammelten Acineten constant ganz dieselbe Trichodinenform enthielten, und dass diese 
von mir niemals in dem umgebenden Wasser auch nur in einiger Zahl beobachtet werden konnte. 
Es wurde endlich ignorirt, dass der Schwärmsprössling nicht selten eine Stunde lang in der Acı- 
nete in den lebhaftesten Bewegungen begriffen , verfolgt werden kann, während doch ein gefres- 
senes Infusionsthier gleich nach dem Eintritt in die Leibeshöhle eines anderen, seine Bewegungen 


einstellt und abstirbt, und dass der Schwärmsprössling niemals von der Acinete verdaut wird, 


1) Ueber die Formbeständigkeit und den Entwickelungskreis der organischen Formen. Berlin, 1852. 
8.123. 24 und 34. 


Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum ; Heterogonie der Acineten. 97 


sondern dieselbe in der grössten Munterkeit verlässt, um ein freies Leben im Wasser zu führen. 
Auf alle diese Momente hatte ich aber speciell in einer Sitzung der Gesellschaft naturforschender 
Freunde hingewiesen , als EHRENBERG meine erste Arbeit über die Entwickelung der Infusorien 
seiner Kritik unterworfen hatte. 

Was nun die Abstammung der auf den Cyclopen lebenden Acinetenform betrifft, so ist 
es allerdings möglich, ja auf den ersten Anblick sogar sehr wahrscheinlich, dass sie durch eine 
Art rückschreitender Metamorphose des Acinetensprösslings entsteht. Allein mit einer solchen 
Annahme konnte ich mich nicht befreunden, wenn ich an die vielen verwandtschaftlichen Be- 
ziehungen zwischen den Acineten und den bisher stets von mir in ihrer Gesellschaft angetroffenen 
steifästigen Vorticellen dachte, und wenn ich die Organisation des Schwärmsprösslings in Be- 
tracht zog, den selbst ErnrengerG kein Bedenken trug, zu einer Vorticellinengattung zu ziehen. 
Diese beiden Verhältnisse machten mir es viel wahrscheinlicher, dass die Acinetenform der Oy- 
clopen einem Theile der ihre Stöcke freiwillig verlassenden Individuen der Epistylis digitalis ihren 
Ursprung verdankten, und dass sich die Sprösslinge, welche die Acineten nach einander gebären, 
wieder zu Epistylisthierchen entwickelten. 

Dieser Deutung stand aber noch eine gewaltige Schwierigkeit entgegen, nämlich die ge- 
ringe Grösse der kleinsten Acineten. Ich hatte die Epistylisthierchen nur in solchen Grössen 
beobachtet, dass sich von ihnen wohl die Acineten bis zur mittlern Grösse herab leicht ableiten 
liessen, nicht aber die kleinern (Fig. 41. a. b. e.). Nun war es freilich wahrscheinlich, dass es 
von der Epistylis digitalis noch viel kleinere Generationen geben werde, zumal wenn wirklich 
die oben beschriebenen zwergartigen Stöcke auf den Cyclopen (Fig. 42. 43.) die jüngsten Ent- 
wickelungsstufen dieser Epistylisart darstellten, allein sie waren mir doch noch nicht vorgekom- 
men, während die kleinen Acineten, die jene jüngern Generationen voraussetzten, gar nicht selten 
anzutreffen waren. Schon stand ich auf dem Punkte, an dem Zusammenhange zwischen Acineten 
und vorticellenartigen Infusorien irre zu werden, da kam mir der Gedanke bei, dass ich auf einem 
andern Wege darüber müsse Gewissheit erhalten können, ob wirklich ein solcher Zusammenhang 
existire. Ich sagte mir nämlich: gehören die Acineten in den Entwickelungskreis der Vorticel- 
linen, so müssen sie vorzugsweise da anzutreffen sein, wo vorticellenartige Infusorien in grössern 
Gesellschaften längere Zeit bei einander leben. Dieser so nahe liegende Gedanke machte dem bis- 
herigen Umhertappen bei meinen entwickelungsgeschichtlichen Studien ein Ende und gab mir 
für die nächste Zukunft einen festen Plan an die Hand. 

Ich musste mir also grössere Gesellschaften von Vorticellinen zu verschaffen suchen. 
EHRENBERG und der alte wackere RozseL, der für seine Zeit die vorticellenartigen Infusions- 
thiere meisterhaft beobachtet hat, trafen die von ihnen beschriebenen Vorticellinen vorzugsweise 
auf Wasserlinsen, ausserdem aber auch auf verschiedenen Wasserthieren, namentlich auf Crusta- 
ceen, Schneckengehäusen und Käfern. Dies veranlasste mich, beiden Kategorien von Organis- 
men nun ebenfalls meine Aufmerksamkeit zuzuwenden, und sie massenhaft einzusammeln. Mit 
den Wasserlinsen verfuhr ich auf folgende Weise. Ich fasste mit einer Pincette mehrere Wasser- 
linsenwurzeln in ein Büschel zusammen, trennte dieses dann durch einen Schnitt vom Laube, 


Stein, Infusorien. 8 


58 Epistylis digitalis, Carchesium pygmaeum; Heterogonie der Acineten. 


und spülte es auf dem Objectträger aus einander. Hierauf wurden die isolirten Wurzeln zuerst, 
um nicht zu viel Zeit zu verlieren, unter einem hundertmal vergrössernden Linsensysteme des 
zusammengesetzten Mikroskopes schnell vorüber geführt. Zeigten sich hierbei an irgend einem 
Punkte festsitzende Infusorien, so wurde dieser festgehalten, und das bisherige Linsensystem mit 
einem dreihundertmal vergrössernden vertauscht. Dies reichte in der Regel hin, um alle organi- 
schen Verhältnisse scharf und sicher zu erkennen. Nur in seltenen Fällen bin ich bis zu vierhun- 
dertundfunfzigmaliger Vergrösserung fortgeschritten, zu noch stärkern niemals. Zur Controle 
aller meiner Angaben über Organisation und Entwickelung. der Infusorien sind also keineswegs 
auserlesene Instrumente erforderlich (ich arbeitete stets mit einem Scurex’schen Mikroskope im 
Preise von 80 Thalern), sondern dazu reichen vollständig schon die kleinsten zusammengesetzten 
Mikroskope hin, die SchiEX, sowie auch ebenfalls empfehlenswerth BENEcHE und WASSERLEIN 
in Berlin für 35—40 Thaler liefern. 

Auf dieselbe Weise wechselte ich mit den Vergrösserungen bei der Prüfung der Wasser- 
thiere auf an ihnen festsitzende Infusorien. Hatten die Wasserthiere eine sehr geringe Grösse, 
wie die meisten Entomostraceen, so brachte ich sie ganz unter das Mikroskop. Von den grösseren 
Crustaceen und Insecten wurden, wenn nicht ein weisser, schimmelartiger Ueberzug schon das 
unbewaffnete Auge auf eine bestimmte Körpergegend hinlenkte, nur die Beine, Fühler, Kiemen- 
blätter und sonst noch etwa an ihnen vorkommende feine Körperanhängsel, wie z. B. Stacheln 
und Borsten abgeschnitten und unter das Mikroskop gebracht, weil nur solche Theile die Anwen- 
dung einer starken Vergrösserung erlaubten. Von Wasserschnecken berücksichtigte ich vorzugs- 
weise kleine Arten oder doch nur die jungen Individuen grösserer, weil nur an möglichst durch- 
sichtigen Gehäusen die auf ihnen festgewachsenen Infusorien hinlänglich scharf beobachtet 
werden können. Aus den Gehäusen wurde zuerst so viel vom Thiere herausgeschafft, als der 
Pincette folgen wollte; alsdann wurde das Gehäuse zwischen zwei Glasplatten behutsam zertrüm- 
_ mert, die Schneckenreste weggespült und nur die Bruchstücke des Gehäuses mit dem Mikroskope 
geprüft. Diese Untersuchungsmethoden befolgte ich fast ohne Unterbrechung bis Ende des Jahres 
1849, und sie belohnten mich durch die Resultate, welche in den nächstfolgenden Paragraphen 
zusammengestellt sind. 


8. 8. 
Vorticeila nebulifera und die Acineten der Wasserlinsen. Die Acinetenform der 
Vaginicola erystallina mit Schwärmsprösslingen. Die diademartige Acinete. 


Auf den Wasserlinsenwurzeln beobachtete ich von vorticellenartigen Infusorien ausser- 
ordentlich häufig und oft massenhaft dicht neben einander sitzend: Vorticella nebulifera ‚ Car- 
chesium polypinum,, Vaginicola erystallina und Epistylis anastatica, ferner nicht selten: Vorti- 
cella patellina, Vaginicola decumbens, Vaginicola tincta, Opereularia nutans und Epistylis fla- 
vicans, sowie auch Epistylis botrytis und vegetans, welche aber als selbstständige Infusorien mehr 
als verdächtig sind, endlich nur einige Male Epistylis grandis. | 


Acineten der Worticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 3) 


Die Vorticella nebulifera hatte sich sehr oft auf ihrem Stiele, der dann gewöhnlich in 
enge spiralige Windungen zusammengezogen war, mit einer ziemlich dickwandigen, bald ganz 
glatten, bald mehr oder weniger querrunzligen Cyste umgeben. Auch fanden sich nicht selten 
stiellose Cysten entweder frei zwischen den Wasserlinsenwurzeln oder der Oberfläche derselben 
angeklebt. In diesen war der eingeschlossene Vorticellenkörper bald noch ganz unverändert auf die 
gewöhnliche Weise kuglig contrahirt, oder er hatte sich in eine geschlossene Blase verwandelt, 
deren Inhalt sehr trübe und häufig mit mehrern verschieden grossen, hellen, blasenförmigen 
Hohlräumen versehen war. Dieselbe Veränderung an dem encystirten Körper beobachtete ich 
auch einmal an einigen Cysten, welche noch mit dem halbverwesten, auf einer Wasserlinsen- 
wurzel festsitzenden Vorticellenstiel in Verbindung standen, der aber nicht spiralig zusammenge- 
zogen, sondern schlaff ausgestreckt und um die Wasserlinsenwuzel herumgeschlungen war. Eine 
ganz eben solche Cyste (Taf. I. Fig. 9. a.) flottirte auf ihrem ebenfalls schlaffen und halb ver- 
westem Stiele (b.) ganz frei im Wasser; diese war aber leer und mit einer spaltenförmigen Oeff- 
nung (a) versehen, und neben ihr befand sich eine der leeren Cystenhülle anhängende, krystall- 
helle Gallertblase (e.), die genau den Umfang der Cystenhöhlung hatte. In der: Gallertblase 
schwammen sehr behende durch einander etwa 16 ovale oder nierenförmige, sehr kleine, aber 
‚ gleich grosse Infusorien, an denen ich jedoch die die Bewegung vermittelnden Wimpern nicht 
scharf zu unterscheiden vermochte, nur an dem bei der Bewegung nach vorn gekehrten Ende 
glaubte ich sehr zarte Wimpern zu erkennen. Die Gallertblase mass 1/3 im Durchmesser, und 
ihre Bewohner waren höchstens Y/s0” lang. Nach einigen Minuten drängten sich die kleinen 
Infusorien aus der Gallertblase, die nun spurlos im Wasser zerfloss, hervor und zerstreuten sich 
in gewandten und schnellen Bewegungen nach allen Richtungen. 

Aller Wahrscheinlichkeit nach war die Gallertblase mit ihren Bewohnern ursprünglich 
in der Cyste (a.) eingeschlossen gewesen und durch die spaltförmige Oeffnung («’.) nach aussen 
gelangt. Verhielt es sich wirklich so, dann hatte ich eine Art Embryonenzeugung in den Vorti- 
celleneysten entdeckt. Ich versuchte nun, ob ich nicht durch Quetschen der noch übrigen Vorti- 
celleneysten eine ähnliche Gallertblase mit Embryonen herausfördern könne, allein dies gelang 
mir nicht. Da bald darauf die Acineten wieder meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nah- 
men, so wurde die weitere Verfolgung dieser wichtigen Beobachtung in den Hintergrund ge- 
drängt, und ich musste das Factum erst viel später noch einmal an den Cysten der Worticella 
microstoma entdecken, ehe ich seinen Werth zu würdigen verstand. 

In Gesellschaft der vorticellenartigen Infusorien auf den Wasserlinsenwurzeln traf ich 
nämlich, wie ich gehofft hatte, sehr häufig Acinetenformen an, und diese gehörten dreien ver- 
schiedenen Arten an. Die gemeinste von ihnen, die ich deshalb kurzweg als die Acinete der 
Wasserlinsen bezeichnen will, habe ich schon in meiner ersten Infusorienabhandlung , in der 
ich sie für eine Entwickelungsstufe der Opercularia (Epistylis Ehbg.) nutans ausgab, ziemlich aus- 
führlich besprochen und auch mehrere Abbildungen von ihr geliefert '), auf die ich mich in der fol- 


1) A. a. O. S. 128S—138. und Taf. II. Fig. 23-31. 
g* 


60 Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 


genden Schilderung mit beziehen werde. Meine ersten Mittheilungen gründeten sich vorzugs- 
weise auf Untersuchungen, welche ich im Spätherbst, und namentlich in grosser Zahl im De- 
cember des Jahres 1848 angestellt hatte. Ausserdem benutzte ich noch den Anfang einer neuen 
Beobachtungsreihe, die ich im September 1849 begann und bis zum Schluss desselben Jahres 
fortführte. Seitdem habe ich die Acineten der Wasserlinsen nicht wieder specieller untersucht; - 
obgleich sie sich mir noch öfters darboten. 

Die Acinete der Wasserlinsen (Taf. III. Fig. 32—34.) hat die grösste Aehnlichkeit mit 
der Acinete der Cyclopen, sie unterscheidet sich aber von dieser wesentlich durch ihren viel län- 
gern Stiel und besonders durch ein bedeutendes Contractionsvermögen ihres Körpers. Letzterer 
zeigt deshalb eine sehr veränderliche Gestalt. In der Ruhe ist er im Allgemeinen mehr oder we- 
niger abgeplattet und im Umriss umgekehrt eiförmig oder birnförmig, wie in den Fig. 32. und 33., 
welche die am häufigsten vorkommenden Formen darstellen. Am vordern Ende befindet sich 
dann jederseits eine hervorspringende Ecke, von der die sich strahlenförmig ausbreitenden Ten- 
takeln (d.) ausgehn. Es finden sich aber auch nicht selten Acineten mit ovalem bis kreisrun- 
dem, scheibenförmigem Körper (Fig. 34.), und diese sind im ganzen Umfange in der Nähe des 
Randes mit Tentakeln besetzt. Zwischen diesen beiden Formen giebt es zahlreiche Uebergänge, 
z.B. Acineten mit rundlichem Körper, die aber jederseits die Tentakeln mehr büschelförmig 
gruppirt zeigen !); auch kommen sie auf einer und derselben Wasserlinsenwurzel untermischt 
neben einander vor. 

Der dünne, am obern Ende etwas erweiterte meist nicht ganz grade, sondern bogenför- 
mig gekrümmte Stiel (a. «.) der Acinete ist in der Regel länger, als der Körper, welchen er trägt; 
gewöhnlich ist er 1% — 2mal so lang, selten noch etwas länger. In seiner Axe erkennt man bei 
genauerer Betrachtung an den entwickeltern Acineten einen sehr engen Kanal, der nach abwärts 
undeutlicher wird und zuletzt ganz verschwindet, an der Uebergangsstelle des Stiels in den Kör- 
per dagegen sich mehr oder weniger trichterförmig erweitert (Fig. 32. «a’.). Als ich diese Stelle 
schärfer ins Auge fasste, wenn der Acinetenkörper in seinen verschiedenen Contractionen und 
Expansionen begriffen war, sah ich zu meiner Ueberraschung, dass der Acinetenkörper keines- 
wegs auf die Weise mit seinem Stiele zusammenhing, wie ein Epistylisthierchen mit dem seini- 
gen, sondern die Stielwandungen erweiterten sich an der Uebergangsstelle in den Körper zu einer 
Hülle (Fig. 32. 33. b. b.), welche einen besondern krystallhellen Ueberzug über den eigentlichen 
Acinetenkörper bildete, dem er innig anliegt und dessen sämmtliche Bewegungen er mit macht. 
Schon früher war es mir aufgefallen, dass unsere Acinete an ihrem hintern Ende von einer merk- 
lich dickern Membran begränzt würde, als im vordern Theile ?). Diese anscheinend dickere Mem- 
bran löste sich jetzt in zwei gesonderte Häute auf, in eine innere, sehr zarte, welche die Begrän- 
zung des eigentlichen Acinetenkörpers (Fig. 32. 33. e. ce.) bildete, und in eine äussere, von hinten 
nach vorn dünner werdende Hülle (2. b.), die eine Fortsetzung der Stielwandungen bildete. Letz- 


1) Vergl. meine erste Abhandlung Taf. II. Fig. 33. 
2) Ebendaselbst: S. 131. 


Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 61 


tere konnte ich mit Bestimmtheit bis zu den vordern, die Tentakelbüschel tragenden Ecken ver- 
folgen und sie trat besonders deutlich dann hervor, wenn sich der eigentliche Acinetenkörper, 
dem allein das Bewegungsvermögen zukommt, in seiner Längs- oder Queraxe contrahirte. Denn 
dann wich entweder das hintere Ende des Acinetenkörpers von seiner Hülle zurück (Fig. 33. d. b.), 
oder diese hob sich mehr oder weniger von den Seitenrändern desselben ab (Fig. 32. b. b.). 


Am vordern Ende des Acinetenkörpers, zwischen den beiden Tentakelbüscheln ist zwar 
eine gesonderte Hülle an den lebenden Acineten nicht zu unterscheiden, sie scheint aber auch 
hier nicht zu fehlen, sondern nur sehr zart und mit der eigentlichen Membran des Acinetenkör- 
pers innig verwachsen zu sein. Ich schliesse dies einmal daraus, dass ich an den Acineten mit 
scheibenförmigem Körper öfters im ganzen Umfange-einen scharfen, durchsichtigen, doppelt con- 
tourirten Hof (Fig. 34. b. 5.) beobachtete, den ich für die den eigentlichen Körper umschliessende 
Hülle halte. Sodann traf ich einige Male abgestorbene Acineten ohne Tentakeln, von deren scharf 
begränztem Körper rings herum sich eine krystallbelle Hülle überall frei abstehend abgehoben 
hatte. Endlich beobachtete ich auch ganz leere, zusammengefallene Hüllen in Verbindung mit 
ihrem Stiele, aus welchen der ganze Acinetenkörper herausgedrängt zu sein schien '). Noch ist 
bemerkenswerth, dass der Stiel unserer Acinete nicht in dem Grade steif und starr ist, wie die 
Stiele der Gattung Epistylis und Opercularia, sondern er besteht aus einer weichern, dehnbarern, 
dem Cautschouk ähnlichen Substanz, wovon man sich beim Quetschen desselben überzeugt. 
Diese feinern histiologischen Verhältnisse zusammengenommen sind von hoher Bedeutung; denn 
sie werden uns weiter unten ($. 14.) im Verein mit andern Thatsachen auf die Entstehungsweise 
und die wahrscheinliche Abstammung unserer Acinete hinführen. 


Was nun die Bewegungen unserer Acinete anbelangt, so bestehen diese zunächst in den 
gewöhnlichen Verkürzungen und Verlängerungen der borstenförmigen, am Ende deutlich ge- 
knopften Tentakeln, die hier viel schneller und auf grössere Erstreckung erfolgen, als bei der 
Acinete der Cyclopen. Niemals werden jedoch die Tentakeln ganz in das Innere des Körpers zu- 
rückgezogen, man mag die Acinete noch so sehr beunruhigen. Wohl trifft man nicht selten ganz 
glatte tentakellose Acineten, da aber diese auch nach lange anhaltendem Fixiren bei völliger 
Ruhe in ihrer Umgebung keine Tentakeln hervorzustrecken anfangen, so können sie nur eine 
frühere Entwickelungsstufe darstellen, die der tentakeltragenden Form vorausgeht. Die Tenta- 
keln werden bei der Expansion beträchtlich länger als der Körper, dafür aber auch um so dünner, 
namentlich in der Endhälfte, die eine fast verschwindende Feinheit erhält. Sie können sich pen- 
delartig, heben und senken, ohne dass sie merklich ihre grade Richtung verändern; wenn aber 
ein bewimpertes Infusionsthier in den Bereich der Tentakeln geräth und diese berührt, so wirren 
sich die Tentakeln plötzlich durch einander, umschlingen mit ihren Enden das Infusionsthier 
und halten es so lange fest, bis es abgestorben ist; dann breiten sie sich wieder auf die gewöhn- 
liche Weise strahlenförmig aus. 


1) Hierher gehört auch die in Fig. 35. meiner ersten Abhandlung abgebildete Form. 


” 


v 
- 


62 Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 


\ 


Ausserdem vollführt aber auch der gesammte Acinetenkörper von Zeit zu Zeit sehr ener- 
gische und oft ziemlich schnell auf einander folgende Contractionen, in deren Folge er ganz fremd- 
artige und seltsame Formen annimmt, indem sich kleine und grössere blasenförmige Auftreibun- 
gen, hervorspringende Kanten und Ecken, Längs - und Querwülste und tiefe wellenförmige Ein- 
schnürungen bilden, die regellos in und durch einander laufen. Die ersten Stadien solcher Con- 
tractionen zeigt der in Fig. 32. abgebildete Acinetenkörper, der auf seinem Stiele sich schon be- 
trächtlich nach der rechten Seite hin geneigt hat, und im Begriff ist, einen noch viel stärkern 
Bogen nach abwärts zu beschreiben. Diese übernickenden Bewegungen des Körpers gehören zu 
den gewöhnlichsten , sie gehen nicht selten so weit, dass das vordere Ende des Körpers nach ab- 
wärts zu liegen kommt und Körper und Stiel ein stark gekrümmtes Knie bilden, und sie werden 
bisweilen mit so starkem Zucken ausgeführt, dass sie einen ähnlichen Eindruck machen, wie die 
übernickenden Bewegungen, welche einige Opercularien (Opere. nutans und berberina) um ihren 
Stiel beschreiben, die jedoch in viel kürzrer Zeit erfolgen. Die übernickenden Bewegungen werden 
auch von solchen Acineten ausgeführt, welche einen glatten, tentakellosen Körper haben, und 
von ihnen, wie mir schien , mit noch grösserer Energie und ohne erhebliche Runzelung des Kör- 
pers. Eine andere gewöhnliche Bewegung besteht darin, dass der Körper sich in seiner Längsaxe 
verkürzt und nach dem Stiele hin zurückzieht. Hierbei wird zuerst das zwischen den beiden Ten- 
takelbüscheln gelegene Vorderende eingezogen, die Vorderecken mit ihren Tentakeln neigen sich 
gegen einander, und dafür entstehen an der Basis des Körpers starke blindsackartige Auftrei- 
bungen, durch die derselbe eine abgerundet würflige Gestalt erhält. Zieht der Körper sich nun 
noch weiter auf den Stiel zurück, so schliessen die immer stärker hervortretenden und sich nach 
abwärts ausdehnenden blindsackartigen Auftreibungen der Körperbasis das obere Ende des Stieles 
vollständig ein, und der Körper erscheint nun wie ein auf einen Stock gestülpter, zusammenge- 
schrumpfter Hut '). Combinirt sich diese Bewegung mit der übernickenden, so entstehen noch 
bizarrere Formen. Beide Bewegungen, die bald mehr stetig, bald ruckweise und zuckend erfol- 
gen, erinnern an ähnliche Bewegungen der vorticellenartigen Infusorien, was nicht zu über- 
sehen ist. 

Der Inhalt des Acinetenkörpers zeigt mancherlei individuelle Verschiedenheiten. Er be- 
steht zwar bei allen aus der homogenen mit Fettkörnchen gemengten Grundsubstanz, in der sich 
niemals fremde Einschlüsse finden, allein die Körner sind bald sehr grobe (Fig. 33.), bald überaus 
feine Pünktchen (Fig. 32. 34.), der Körper ist daher in dem einen Falle sehr opak, in dem an- 
dern ziemlich durchscheinend. Ferner variirt die Quantität des Inhalts beträchtlich. Bald ist der 
Körper ganz prall mit Inhalt erfüllt und daher in der Ruhe an seiner Oberfläche ganz glatt und 
eben; bald ist der Inhalt so verringert, dass der Körper auch in der Ruhe mehr oder weniger 
runzlig und zusammengeschrumpft erscheint. Im letztern Falle hatte wahrscheinlich kurz zuvor 
ein Schwärmsprössling die Acinete verlassen. Auch die Zahl der contractilen Stellen ist nicht 


constant. Gewöhnlich beobachtet man nur eine einzige, die in einer der vordern Körperecken 


1) Man vergl. Fig. 30. in meiner ersten Abhandlung. 


u 


Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 63 


liegt ; nicht selten findet sich aber auch im beiden Vorderecken eine contractile Stelle (Fig. 32. 9. 9.). 
Zu diesen gesellt sich bisweilen noch eine dritte, im hintern Theile des Körpers gelegene. Auch 
die in Fig. 34. abgebildete Acinete enthielt drei contractile Stellen. Der nie fehlende Nucleus 
(Fig. 32 — 34. e. e.) nimmt meist die Mitte des Körpers ein, und ist oval oder fast rundlich. 

Neben dem Nucleus fiel mir schon frühzeitig im Innern der Acinete nicht selten noch 
ein zweiter, um mehr als das Doppelte grösserer Körper auf, der ein scharf begränztes Oval dar- 
stellte, aus einer lichtern homogeneren Substanz bestand und in seinem Innern ein oder zwei 
kleine contractile Stellen enthielt. Dies ist ein in der Bildung begriffener Schwärmsprössling, 
über dessen Entstehung und ausgebildete Form erst meine letzten Untersuchungen im October 
und November des Jahres 1849 befriedigenden Aufschluss gaben. Vorher hatte ich nur seine 
langsamen Rotationen vollkommen sicher 'ermittelt und auch einmal sein Ausschwärmen beob- 
achtet, seine feinere Organisation war mir aber nicht ganz klar geworden. Die Bildung des 
Schwärmsprösslings geht sicherlich von dem Nucleus aus; denn er liegt immer dicht neben dem- 
selben und zwar vor ihm in der Mitte des vordern Körperendes (Fig. 32. 33. f. f.). Auf der früh- 
sten Entwickelungsstufe, welche ich beobachtete, hatte er immer schon ein beinahe doppelt so 
grosses Volumen als der Nucleus; mehrmals erkannte ich aber beim vorsichtigen Quetschen der 

Acinete einen schmalen Strang (Fig. 32. e‘.), durch welchen sein hinterer Pol mit dem Nucleus (ed) 
in directer Verbindung stand. Daraus geht wenigstens so viel hervor, dass die erste Anlage des 
Schwärmsprösslings aus dem Nucleus hervorwächst, von dem sie sich später durch Quertheilung 
abschnürt. Wahrscheinlich sind die feinern hierbei stattfindenden Entwickelungsvorgänge diesel- 
ben, welche ich weiter unten bei Betrachtung der Acinetenform von Vorticella microstoma schil- 
dern werde. 

Der ausgebildete Schwärmsprössling (Fig. 33. f.) liegt frei in einer scharf begränzten, 
seiner Form entsprechenden Aushöhlung (A.) innerhalb des körnigen Leibesinhalts der Acinete, 
und er wälzt sich in derselben bald um seine Längsaxe, bald rotirt er langsam in der Horizontal- 
ebene. Seine Körperform ist kurz und breit oval, nicht selten aber auch schmaler und umgekehrt 
birnförmig; in geringer Entfernung hinter dem vordern Ende befindet sich ein lebhaft undulirender 
Wimperkranz, und weiter nach hinten in der Mittellinie des Körpers der länglich ovale Nucleus, 
der oft erst beim Quetschen der Acinete schärfer hervortritt. Neben dem Nucleus liegt jederseits 
oder nur auf der einen Seite ein lebhaft pulsirender Hohlraum. Die Körperoberfläche ist sonst 
ganz nackt und allseitig geschlossen. Beim Ausschwärmen des Sprösslings contrahirt sich der 
Acinetenkörper mehr oder weniger lebhaft, man glaubt daher Geburtswehen zu sehen; jedenfalls 
kann aber der Sprössling auch ohne diese Mitbewegungen der Acinete nach aussen gelangen. 
Schwärmsprösslinge beobachtete ich nicht bloss in Acineten von verschiedener Grösse, sondern 
auch bisweilen in den noch ganz glatten, tentakellosen Formen !). Dieser Umstand ist insofern 
von Bedeutung, als sich daraus eine Folgerung hinsichtlich der Function der Tentakeln ableiten 


lässt. Die Tentakeln erscheinen nämlich nicht absolut nothwendig, so lange der Acinetenkörper 


1) Vergl. Fig. 28. meiner ersten Abhandlung. 


64 Acineten der Vorticella nebulifera, der V: aginicola erystallina u. s. w. 


noch keinen Substanzverlust durch die Emission eines Schwärmsprösslings erfahren hat, ist dies 
aber geschehen, so scheinen sie nicht länger entbehrt werden zu können, wenn sie nicht schon 
früher entwickelt wurden. Die Tentakeln sind also wahrscheinlich Organe, welche vermittelst 
ihrer ganzen sehr zarthäutigen Oberfläche durch Diffusion assimilationsfähige Flüssigkeiten aus 
der Aussenwelt aufnehmen, welche den mit der Production von Schwärmsprösslingen verbundenen 
Substanzverlust wieder ersetzen. 

Die Acinete der Wasserlinsen beobachtete ich im Spätherbst und Winter der Jahre 1848 
und 1849 in ungeheuren Schaaren auf den Wasserlinsen des Berliner Thiergartens. Nicht selten 
fand ich 30 —50 Exemplare von sehr verschiedenen Grössen auf einer einzigen Wasserlinsen- 
wurzel, welche theils in Reihen neben einander, theils ringsherum über die ganze Oberfläche zer- 
streut sassen. Die Länge des Körpers schwankte zwischen Yıoo— "ko", die Länge des Stieles 
ging über %0”’ nicht hinaus. Die in Fig. 33. abgebildete Acinete gehörte schon zu den ansehn- 
lich grossen; ihr Körper war %%7’” lang, ihr Stiel !46”’ lang und Yss0”” breit, die Länge ihres 
Nucleus betrug "/30” ; ihr Schwärmsprössling hatte Yss”’ Länge, und der Nucleus desselben war 
U laneH \ 
Auf den Wurzeln der Wasserlinsen fand sich von vorticellenartigen Infusorien in gleich 
"allgemeiner Verbreitung und in einer noch viel grössern Individuenanzahl nur die Vorticella ne- 

bulifera, die auch häufig ganz ebenso über die Oberfläche der Wasserlinsenwurzel vertheilt sass, 
wie die Acineten der Wasserlinsen. Dennoch konnte ich mir nicht denken, dass letztere von jener 
Vorticellenart abstammen sollten. Der steife, hohle Acinetenstiel und die übernickenden Bewe- 
gungen des Acinetenkörpers schienen vielmehr auf einen Zusammenhang mit der Opereularia nu- 
tans hinzuweisen, obgleich deren Stöcke auf den Wasserlinsenwurzeln lange nicht in der Ver- 
breitung vorkommen, wie die Acineten. Diese Ansicht, welcher ich in meiner ersten Abhandlung 
huldigte, ist entschieden unrichtig; ich werde dagegen weiter unten ($. 14.) zu zeigen suchen, 
dass die Acinete der Wasserlinsen nur zu der Vorticella nebulifera gezogen werden kann. 

In der zweiten Art von Acineten, welche mir demnächst am häufigsten auf den Wasser- 
linsenwurzeln begegnete, erkannte ich sofort die Acinetenform der Vaginicola erystal- 
Lina (vergl. 8.5.) wieder, obgleich sie im Vergleich zu den früher auf dünnen Conferven beobach- 
teten Exemplaren oft wahrhaft colossale Dimensionen zeigte (Taf. I. Fig. 17—20.). Die in ihrer 
Gesellschaft stets in Menge auf den Wasserlinsenwurzeln vorkommenden Exemplare der Vagini- 
cola erystullina zeichneten sich ebenfalls meistens durch eine viel bedeutendere Grösse aus, als 
die auf den Conferven lebenden, aber es fanden sich doch nach und nach so unverkennbare Ueber- 
gangsstufen sowohl zwischen beiderlei Vaginicolen, als auch zwischen beiderlei Acinetenformen, 
dass ich mich nicht entschliessen konnte, die auf den Wasserlinsenwurzeln lebenden Vaginicolen 
und Acineten von den auf den Conferven vorkommenden als dem Entwickelungskreise einer an- 
dern Art angehörige Formen abzusondern. Nicht selten beobachtete ich die extremsten Formen 
unmittelbar neben einander, indem auf einer Wasserlinsenwurzel, welche grosse Vaginicolen von 
Ya — "ho Hülsenlänge trug, rechtwinklig abstehende, junge, zur Gattung Oedogonium gehörige 
Confervenfäden angewachsen waren, die mit zahlreichen, ganz kleinen Individuen der Vaginicola 


Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 65 


erystallina von nur Y4s” Hülsenlänge besetzt waren. Einige Male traf ich sogar gleichzeitig auf 
einer solchen Wasserlinsenwurzel Acineten von der auf Taf. I. in Fig. 17. abgebildeten Grösse 
und auf den angewachsenen Conferven die kleinen in Fig. 16. dargestellten Acineten. Directe 
Messungen sprechen noch bestimmter für die Zusammengehörigkeit beider Vaginicolen - und 
Acinetenformen. Die Hülse der grössten Vaginicolen auf den Conferven, war 44” hoch, die 
kleinsten Vaginicolen, welche ich auf den Wasserlinsenwurzeln beobachtete, hatten eine Hülse 
von ao Höhe; die grössten Acineten der Conferven waren Ys.”’ hoch, die kleinsten Acineten 
der Wasserlinsen hatten eine Höhe von Y,,”’. Dass auf die noch übrig bleibende höchst geringe 
Grössendifferenz, die bei weiter fortgesetzten Beobachtungen wahrscheinlich auch noch wegfallen 
wird, kein Artunterschied gegründet werden kann, leuchtet wohl Jedermann ein. Wer übrigens 
seine Freude an möglichst reichen Speciesverzeichnissen hat, der mag immerhin die Vaginicolen- 
form der Conferven als die eigentliche Vagin. erystallina ansehen und die der Wasserlinsen mit 
Perry als Vagin. grandis bezeichnen; auf den Gang unserer Betrachtungen hat dies keinen 
Einfluss. 

Die Acinetenform der auf den Wasserlinsen lebenden Vaginicolen besteht aus einer kry- 
stallhellen, nach vorn zu trichter- becher-, oder birnförmig erweiterten, nach hinten stielartig 
verengerten Hülse (Fig. 17—20. a. a.). In den drei Figuren 18. 19. und 20. ist der stielartige: 
Theil der Hülse, der sich stets in einiger Entfernung von seiner nicht selten etwas scheibenförmig 
verbreiterten Basis nach vorn hin ganz allmählich erweitert und ohne scharfe Gränze in den 
becherförmigen Endtheil übergeht, der Raumersparniss wegen weggelassen. Die Hülse hat genau 
dieselbe Consistenz und Biegsamkeit, wie die von grossen Individuen der Vag. erystallina, und 
sie ist am vordern Ende auf dieselbe Weise verschlossen, wie bei den kleinen Vaginicolenacineten 
der Conferven. Meistens unterscheidet man noch sehr scharf die einzelnen Abtheilungen des dach- 
förmigen Verschlusses (vergl. Fig. 17. und 19.), bisweilen aber haben sich die Gränzen derselben 
durch zwischengetretene Bindesubstanz so verwischt, dass der vordere Theil der Hülse wie eine 
geschlossene, homogene, nur mit einigen schwachen Längsfalten versehene Blase erscheint (vergl. 
Fig. 18.). Der Acinetenkörper (Fig. 17— 20. b. d.), dessen Volumen ausserordentlich varürt, 
füllt nur selten den becherförmigen Endtheil der Hülse aus und erstreckt sich nie bis in den Stiel 
hinein; er ist an der Decke der Hülse aufgehängt und schwebt sonst grösstentheils frei in der 
Hülse. Die Verbindung des Körpers mit dem Hülsengewölbe wird auch hier durch eine gallert- 
artige Hülle (e. e.) vermittelt, welche der Körper rings um sich ausgeschieden hat, und die be- 
sonders stark an seiner vordern Oberfläche entwickelt ist. Die Gestalt des Acinetenkörpers ist 
kuglig, eiförmig, birnförmig, halbkuglig oder nierenförmig; bald füllt der Körper den erweiterten 
Theil der Hülse fast aus (F ig. 19. d.), bald ist er noch auf ein kleineres Volumen reducirt, als an 
der in Fig. 18. abgebildeten Acinete. 

Im Innern des Acinetenkörpers finden sich niemals fremde Einschlüsse; der Inhalt ist 
stets farblos, aber bald sehr grobkörnig und trübe (Fig. 19.), bald sehr feinkörnig und durch- 
scheinend (Fig. 17. 18.). Eine contractile Stelle (Fig. 17. ce.) ist stets vorhanden, sie liegt aber 
bald vor, bald hinter der Mitte, bald seitwärts. Der ebenfalls nie fehlende Nucleus (d.) ist in der 


Stein, Infusorien. 9 


66 Aecineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 


Regel scheibenförmig. Die Acineten, deren Körper den becherförmigen Theil der Hülse mehr 

oder weniger vollständig ausfüllt, haben immer einen sehr grobkörnigen Inhalt; sie sind auch 

öfters noch ohne Tentakeln. Hat der Körper ein geringeres Volumen, so sind auch die gröbern 

Körner des Inhalts mehr oder weniger verschwunden, und stets strahlen dann Tentakeln (f.) 

von ihm aus. Diese entspringen immer in radialen, von dem vordern Pole des Körpers nach der 
Peripherie verlaufenden Zonen, die den Lücken in dem dachförmigen Verschlusse der Hülse ent- 
sprechen. Unsere Figuren zeigen die Tentakeln nur im Zustande mässiger Ausstreckung; ich sah 
sie öfters so ausserordentlich verlängert, dass viele der ganzen Hülse an Länge gleichkamen. Die 
so stark ausgestreckten Tentakeln hoben und senkten sich bisweilen, wenn ein Eingriff von aussen 
drohte; sie krümmten sich auch manchmal bogenförmig bis zur Bildung einer posthornartigen 

Schlinge zurück. 

Nähert sich den Tentakeln irgend ein Infusionsthier, so wird es von denselben festge- 

halten und zum Theil so umschlungen, dass es nicht mehr zu entrinnen vermag, und es stellt 
nun so bald jede Bewegung ein, dass es scheint, als ginge von den Tentakeln eine ähnliche betäu- 
bende Wirkung aus, wie von Nesselorganen. Niemals wird ein so gefangenes und gelähmtes In- 
fusionsthier dem Acinetenkörper nach und nach näher gebracht, sondern es bleibt an der Stelle, 
wo es die Tentakeln ergriffen, zwischen denselben hängen, und wenn es völlig abgestorben ist, 
wirren sich die Tentakeln wieder aus einander und strecken sich grade aus. Anfangs glaubte ich, 
das gefangene Thier sei nur an den Tentakeln, mit denen es in Berührung kam, kleben geblie- 

ben, und beim Versuche, sich wieder frei zu machen, habe es immer mehr Tentakeln berührt und 
sei dadurch nur noch stärker umschlungen worden. Bei genauerer Beobachtung sah ich aber 

wirklich die Tentakeln selbstständige zugreifende Bewegungen ausführen. Es ist wahrscheinlich, 

dass die Acineten hierdurch nur ihnen anscheinend drohende Angriffe abwehren wollen; es ist 

aber auch möglich, dass die gefangenen Infusorien den Acineten, obgleich diese entschieden 

mundlos sind, doch mittelbar zur Nahrung dienen. Nur kann ich nicht annehmen, dass die Aci- 

neten mittelst ihrer Tentakeln die gefangenen Infusionsthiere aussaugen, wie dies EHRENBERG 
von einem acinetenartigen Wesen, der Podophrya fixa '), behauptet; denn dazu fehlt es ihnen an 

einem Saugorgane, auch ist die Körperhaut der gefangenen Infusionsthiere fast immer viel derber 

und resistenter, als die so sehr zarte Haut der Tentakeln. Ich sah oft Individuen von Euplotes 

charon, Stylonychia mytilus und pustulata und von Chhilodon eueullulus , die grösser waren, als der 

eigentliche Acinetenkörper zwischen den Tentakeln der Acinete hängen bleiben und absterben ; 

aber niemals sah ich den Körper dieser gefangenen Infusorien sich entleeren oder von den Ten- 

takeln durchbohrt werden. Kleinere, zarthäutigere Infusorien zerfliessen dagegen oft nach dem 

Absterben , und diese zerfliessende Masse könnte wohl ein Nahrungsmittel für die Acinete abge- 

ben, indem die sich vollständig auflösenden Bestandtheile derselben nach den Gesetzen der Dif- 


fusion durch die ganze Oberfläche der Tentakeln eindrängen und von hier aus in den Acineten- 
körper gelangten. 


1) Die Infusionsthiere S. 306. | Ei 


Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 67 


Eine solche Nahrungsaufnahme kann uns nicht mehr überraschen, seitdem wir mit Be- 
stimmtheit wissen, dass bei allen gregarinenartigen Thieren, bei den Euglenen, bei den Opalinen 
und selbst noch bei so hoch organisirten Eingeweidewürmern, wie die Bandwürmer und die 
Kratzer sind, die Aufnahme von Nahrungsstoffen durch die gesammte Körperoberfläche vermit- 
telt wird. Der Körper der Vaginicolenacineten steckt in einer allseitig geschlossenen Hülse, und 
nur ihre Tentakeln erstrecken sich in das Medium hinein, von wo her allein eine Nahrungszu- 
fuhr stattfinden kann. Eine Aufnahme von Nahrungsstoffen ist also hier nur durch die Oberfläche 
der Tentakeln, nicht durch die gesammte Körperoberfläche denkbar. Dass eine solche auch bei 
unserer Acinete wirklich stattfinden werde, darauf weist schon das so sehr varıırende Volumen 
des Acinetenkörpers in gleich grossen Hülsen und die Erwägung hin, dass der Acinetenkörper 
wohl schwerlich beträchtliche Substanzverluste erleiden werde, ohne nicht zugleich das Vermögen 
zu besitzen, dieselben wieder zu ersetzen. 

Die Hülse der grössten Acinete, welche ich beobachtete, war fast 3," hoch und ihr 
grösster Breitendurchmesser betrug Ys.”’. Die Hülse der Acinete, deren vorderes Ende in Fig. 
19. abgebildet ist, war zwar nur %,;”’ hoch, aber am vordern Ende ungewöhnlich, nämlich %2”” 
breit. Acineten mit %—!/s”” hohen und !%s— a" breiten Hülsen beobachtete ich am häufig- 
sten. Die kleinsten Acineten von Y%,— "6 Höhe und Ys—/as” Breite fanden sich verhältniss- 
mässig seltener; sie sind nicht in allen Dimensionen kleiner, als die grössern Acineten, sondern 
sie haben nur einen kürzern Stiel, während der becherartige Theil der Hülse oft ebenso voluminös 
ist, wie bei den grössern Formen '). Die grössten der auf den Wasserlinsenwurzeln lebenden In- 
dividuen der Vaginicola erystallina haben eine Hülse, die meistens Yo” lang nnd deren grösste 
Breite Ys—Ys2" beträgt, nur einige Male sah ich Hülsen von Y,”' Länge und Yo Breite. Die 
Hülse der grössten Acineten ist also um das Doppelte länger, aber kaum, oder nur unbedeutend 
breiter, als die Hülse der grössten Vaginicolen. Diese grössere Länge erklärt sich aus der ganz 
andern Form, welche die Vaginicolenhülse beim Uebergange ihres Bewohners in den Acineten- 
zustand annimmt. Die Vaginicolenhülse ist im Allgemeinen ein weiter, walzenförmiger Schlauch, 
dessen abgerundete Basis nur in der Mitte an die Oberfläche der Wasserlinsenwurzel angewachsen 
ist; die Acinetenhülse hat dagegen nur am vordern Ende die Weite der Vaginicolenhülse, nach 
hinten aber ist sie in einen langen trichterförmigen Stiel verengert. Diese Verengerung konnte 
nicht ohne eine gleichzeitig bedeutende Verlängerung der Vaginicolenhülse erfolgen, wenn über- 
haupt die letztere das Material zur Acinetenhülse geliefert hat. 

Dass wirklich die Vaginicolenhülse sich in die Acinetenhülse und der Vaginicolenkörper 
in den Acinetenkörper umgestaltet, dafür zeugen folgende Beobachtungen. Ich traf mehrmals 
Acineten ohne Tentakeln, die nur die Höhe gewöhnlicher grosser Vaginicolen hatten; ihre Hülse 


war vorn bereits dachförmig zusammengeneigt, sie hatte aber in zwei Dritttheilen ihrer Länge 


1) Man vergl. die in Fig. 26. meiner ersten Abhandlung abgebildete Acinete. Dass diese von den grössern 
Formen der auf den Conferven vorkommenden Vaginicolenacineten durch kein haltbares Merkmal.unterschieden 
werden kann, lehrt ein Vergleich mit Fig. 21. derselben Abhandlung. 


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68 Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 


überall gleiche Weite und nur das hintere Drittel verengerte sich ganz allmählig nach dem An- 
heftungspunkte hin trichterförmig. Sie glich also vielmehr einer Vaginicolen -, als einer Acineten- 
hülse. Der in der Hülse enthaltene kuglige Körper war vermittelst einer starken, aber sehr wei- 
chen Gallertschicht, welche er an seiner vordern Oberfläche ausgeschieden hatte, nur an dem 
dachförmigen Verschlusse aufgehängt. Ich traf ferner vorn geschlossene, eiförmige und nach 
hinten in einen mässig langen Trichter ausgezogene Hülsen, in deren vorderem Ende ein Körper 
steckte, welcher genau den Umriss eines stark contrahirten Vaginicolenkörpers hatte, auch noch 
mit der hintern ringförmigen Einschnürung versehen war, und in derselben sogar sehr deutliche 
Spuren des Wimperkranzes zeigte, der früher hier thätig gewesen war. Der Körper zuckte bis- 
weilen schwach zusammen, contrahirte sich auch sonst langsam wurmförmig ; sein vorderes Ende 
hing ebenfalls vermittelst einer Gallertschicht mit den über ihm zusammengezogenen Hülsen- 
wandungen zusammen. Endlich sah ich auch noch an Acineten, welche bereits ihre definitive 
Form erhalten und auch schon Tentakeln entwickelt hatten, nicht selten noch eine bleibende 
ringförmige Einschnürung in einiger Entfernung von dem hintern Ende des Acinetenkörpers, in 
welcher ich ebenfalls das Ueberbleibsel der ringförmigen Einfaltung erkenne, in welcher der hin- 
tere Wimperkranz seinen Sitz hat. 

Diesen Beobachtungen zufolge muss die Umwandlung der Vaginicolen in ihre Acineten- 
form auf folgende Weise vor sich gehen. Es wird sich zuerst der Vaginicolenkörper, nachdem er 
sich contrahirt und seinen hintern Wimperkranz entwickelt hat, vom Grunde der Hülse ablösen, 
dann nach der Mündung derselben schwimmen, und diese auf die in $. 5. erläuterte Weise ver- 
schliessen. So erhalten wir eine geschlossene Hülse, die überall gleich weit und etwas kürzer ist, 
als die ursprüngliche Vaginicolenhülse. Daraus kann die viel längere Hülse der entwickelten 
Acineten nur auf die Weise hervorgehen , dass der eingeschlossene contractionsfähige Körper so 
stark gegen das vordere Ende der Hülsenwandungen drängt, dass sich die ganze Hülse in die 
Länge streckt. Je mehr dies geschieht ‚ um so mehr müssen die hinter dem Körper gelegenen 
Seitenwandungen der Hülse sich der Hülsenaxe nähern, und so zuletzt die Form eines langen 
trichterförmigen Stieles annehmen. 

Man wird sich vielleicht mit dieser Ableitung der Acineten nicht befreunden können 
und meine Deutung der Thatsachen gesucht finden; allein man versuche nur einen andern Weg, 
und man wird zu keinem befriedigenderen Resultate gelangen. Auf den ersten Anblick wird es 
freilich natürlicher erscheinen, die grossen Acineten (Fig. 17.) als den spätern, weiter ausgewach- 
senen Zustand der kleinen Acineten (Fig. 14.) anzusprechen. Allein wie will man sich physio- 
logisch das Wachsthum so eigenthümlich gestalteter Körper, wie unsere Acineten sind, erklären ? 
Nur der Acinetenkörper könnte das Material zur Vergrösserung der Hülse ausscheiden; da dieser 
fast nur mit dem dachförmigen Verschlusse der Hülse zusammenhängt, so müsste die ausgeschie- 
dene Substanz, um eine Verlängerung der Hülse bewirken zu können, an der Uebergangsstelle 
des dachförmigen Verschlusses in die Seitenwandungen der Hülse eingeschoben werden, was 
doch im höchsten Grade unwahrscheinlich ist. Aber auch wenn man dies annehmen wollte, dann 
müsste immer wieder mit der Zeit der hinter dem Acinetenkörper gelegene Theil der Hülse sich 


‚Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 69 


trichterförmig verengern. Dies ist aber der Punkt, der allein in meiner Ableitung Anstoss er- 
regen könnte. f 

Die grössern Vaginicolenacineten beobachtete ich zuerst in der Zeit vom September 1848 
bis zu Anfang März 1849 ziemlich häufig auf den Wasserlinsen des Berliner Thiergartens. In 
einem Gefässe, in welchem ich eine Parthie Wasserlinsen überwinterte, erschienen sie auch in 
nicht geringer Anzahl an der staubigen Oberfläche des Wassers gleichzeitig mit ebendaselbst frei 
umhertreibenden, theils leeren, theils noch von lebenden Thieren bewohnten Hülsen der Vag:- 
nicola erystallina. Solche in Folge des Verfaulens der Wasserlinsenwurzeln frei gewordene Va- 
ginicolenacineten können leicht zu einer irrigen Ansicht über ihre Abstammung Veranlassung 
geben, wenn man in ihnen von Haus aus freie Acinetenformen erblickt. Viel häufiger und anhal- 
tender beobachtete ich die grossen Vaginicolenacineten aus denselben Localitäten vom Septem- 
ber 1849 bis zum April 1850, wo ich sie zum letzten Male untersuchte. Erst während dieser Beob- 
achtungsperiode lernte ich Acineten mit Schwärmsprösslingen kennen, deren Entwickelung unter 
sehr eigenthümlichen Verhältnissen erfolgt. 

Es begegneten mir nämlich zu Anfang September hin und wieder Acineten, die auf der 
äussern Oberfläche des dachförmigen Verschlusses eine glashelle, ziemlich dieckwandige ovale oder ' 
rundliche Cyste (Fig. 17. 4. und Fig. 18. g.) trugen, welche bald über dem Scheitel desselben, 
bald in der Richtung einer der Spalten lag, durch welche die Tentakeln nach aussen hervortraten. 
Eine solche Cyste enthielt einen scharf begränzten, dem Umrisse der Cyste conformen, aus einer 
gleichartigen feinkörnigen Substanz bestehenden Infusorienkörper, in dessen Innerem sich nur 
eine lebhaft pulsirende contractile Stelle bemerklich machte. Anfangs glaubte ich, dass diese 
Cyste von irgend einem kleinen Infusionsthiere abstämme, welches sich zufällig auf dem vordern 
Ende der Acinetenhülse festgesetzt und encystirt habe. Allein bei fortgesetzten eifrigen Nachfor- 
schungen fand ich im Laufe des September und October auf Wasserlinsen aus sehr verschiedenen 
Localitäten noch eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Acineten, die immer wieder mit den- 
selben Cysten besetzt waren. Ich konnte nun die Cysten nicht länger für das Product zufälliger 
Ansiedler auf den Acinetenhülsen halten, und ich überzeugte mich auch bald, dass sie mit dem 
eigentlichen Acinetenkörper in einer organischen Verbindung standen. | 

Meistens sitzt auf dem dachförmigen Verschlusse einer Acinetenhülse nur eine einzige 
Cyste (Fig. 17. und 18.), öfters aber auch zwei und bisweilen sogar fünf bis sechs (Fig. 19.). Die 
Wandungen der Cyste (Fig. 19. g.) sind weich und gallertartig und nur an ihrer nach aussen ge- 
kehrten Oberfläche scharf begränzt; die der Hülse zugekehrte Wand erstreckt sich dagegen durch 
die unter ihr gelegene Lücke des dachförmigen Verschlusses in das Innere der Hülse hinein und 
geht hier continuirlich in die den Acinetenkörper umgebende Gallerthülle (Fig. 19. e. e.) über. 
Die vermeintliche Cyste ist also kein für sich abgeschlossenes Gebilde, sondern vielmehr eine 
blindsackartige Tasche der Gallerthülle des Acinetenkörpers. Sie kann nur dadurch entstanden 
sein, dass der in ihr enthaltene Körper (Fig. 19. ©. ?.) von dem Acinetenkörper abgeschieden und 
in die sich blindsackartig ausstülpende Gallerthülle desselben hineingedrängt wurde. Der in der 


Gallerttasche steckende Körper ist also jedenfalls ein Sprössling der Acinete, der sein indivi- 


70 Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 


duelles Leben durch die schnell auf einander folgenden Contractionen und Expansionen der con- 
tractilen Stelle zu erkennen giebt. Da ich ihn stets isolirt und nie mit der Oberfläche des Acine- 
tenkörpers in Verbindung stehen sah, so kann er kein äusserer Knospensprössling sein, wie man 
zuerst anzunehmen geneigt sein möchte, sondern er muss aus dem Innern des Acinetenkörpers 
herstammen, und ist mithin als ein Schwärmsprössling zu deuten, der in einem noch sehr unent- 
wickelten Zustande nach aussen gedrängt wird. 

Die Bildung des Schwärmsprösslings geht jedenfalls vom Nucleus (Fig. 17. d.) des Aci- 
netenkörpers aus. Dieser ist gewöhnlich kreisrund und misst auch in den grössten Acinetenkör- 
pern nicht über Yss im Durchmesser; hin und wieder trifft man aber Acineten, deren Nucleus 
langgestreckt walzenförmig, an den Enden abgerundet und in der Mitte etwas verengert ist, und 
der öfters die bedeutende Länge von Y," erreicht. Einen solchen Nucleus (e.) beobachtete ich 
auch in der Fig. 19. abgebildeten Acinete, die bereits fünf Schwärmsprösslinge ausgestossen hatte, 
während eine andere ganz ähnliche mit demselben Nucleus, wie die in Fig. 17. abgebildete Aci- 
nete versehen war. In einer dritten Acinete sah ich die eine Hälfte des verlängerten Nucleus zu 
einem fast kugligen Körper angeschwollen, der fast genau denselben Umfang hatte, wie ein be- 
reits nach aussen beförderter Sprössling. Hieraus folgt wohl mit ziemlicher Gewissheit, dass die 
Anlage zum Sprössling von den angeschwollenen und durch Quertheilung abgeschnürten Enden 
des verlängerten Nucleus gebildet wird. Diese Anlage muss durch Contractionen des Acineten- 
körpers nach aussen in die Gallerthülle hineingedrängt werden , wo sie sich erst zu dem entwik- 
kelten Schwärmsprössling ausbildet. 

Ist eine Acinete mit mehreren Gallerttaschen versehen, so trifft man in denselben stets 
verschieden weit entwickelte Sprösslinge. Die jüngsten (Fig. 19. 2. i.) sind rundliche oder kurz 
ovale, zellenähnliche Körper, die ausser den Veränderungen der contractilen Stelle keine Spur 
von Bewegung zeigen. Etwas ältere (vergl. auch Fig. 17. A.) sind neben dem einen Ende mit 
einer seichten Ausrandung versehen, aber ebenfalls noch bewegungslos. An den ältesten (Fig. 
19. h. h. und Fig. 21. 5.) setzt sich diese Ausrandung in eine bis hinter die Mitte des Körpers 
sich erstreckende, geschlängelte Furche fort, in der ich sehr deutlich undulirende Wimpern unter- 
schied. Diese Sprösslinge sind im Stande, sich wurmförmig zu contrahiren, und sie schieben und 
wälzen sich von Zeit zu Zeit in ihrer Gallerttasche nach verschiedenen Richtungen langsam hin 
und her. Beim Quetschen der Gallerttasche (Fig. 21. a. a.) nahm der Sprössling (b.) öfters eine 
nierenförmige Gestalt an, und die Wimpern (e.) erschienen in einer grubigen Vertiefung, welche 
der Ausbuchtung des Körpers parallel verlief. Bisweilen zeigte der Sprössling aber auch die in 
Fig. 22. abgebildete Gestalt, welche lebhaft an einen contrahirten Vorticellenkörper erinnert; 
denn der an seinem Vorderrande mit Wimpern besetzte abgerundete Lappen «a. hat einige Aehn- 
lichkeit mit einem eingezogenen Wirbelorgane und in der Furche 5. könnte man eine Andeutung 
der Speiseröhre erblicken. Allein die Furche, wie auch die Aushöhlung vor dem abgerundeten 
bewimperten Lappen liegen, wie ich bestimmt gesehen zu haben, glaube, nicht im Innern des 
Körpers, sondern sind nur Vertiefungen an der äusseren Oberfläche. Leider glückte es mir nicht, 
das Ausschwärmen des Sprösslings zu beobachten oder ihn unverletzt aus seiner Gallerttasche 


Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s. w. 1 


herauszudrängen; ich vermag daher über seine entwickelte Gestalt nichts Näheres anzugeben. 
Leere und zu einer fast soliden Gallertkugel zusammengezogene Taschen habe ich aber mehrmals 
beobachtet. Die grössten Gallerttaschen hatten höchstens ’%,”’ im Durchmesser und der einge- 
schlossene Sprössling war 3" lang; meistens beträgt jedoch der Durchmesser der Gallerttaschen 
nur Y76— ss” und die Länge der in ihnen enthaltenen Sprösslinge Yss— 5". 

Nach diesen Beobachtungen musste ich begierig sein, zu erfahren, ob nicht auch die 
kleinen auf Conferven vorkommenden Vaginicolenacineten im Stande seien, Schwärmsprösslinge 
zu erzeugen. Ich richtete zuerst meine Aufmerksamkeit auf die an den Wasserlinsenwurzeln an- 
gewachsenen Oedogonien, auf denen ich schon früher mehrmals die kleinen, stiellosen Vagini- 
colenacineten angetroffen hatte. Ich fand auch jetzt wieder einige auf, und von diesen waren 
zwei mit je einem, und die dritte (Fig. 16.) mit zwei Sprösslingen A. i. besetzt, die in allen Be- 
ziehungen, mit denen der grossen Acineten übereinstimmten, nur waren sie verhältnissmässig 


’ 


kleiner. Die Gallerttasche hatte einen Durchmesser von ss”, während die Acinetenhülsen 
Ya —Yss hoch waren. Im April 1850 beobachtete ich noch einmal mehrere ähnliche, Yss— so” 
hohe Vaginicolenacineten auf freien Conferven, die abermals auf dem dachförmigen Verschlusse 
ein oder zwei, theils ausgebildete, theils unentwickelte Schwärmsprösslinge umschliessende Gal- 
lerttaschen trugen. 

Noch muss ich eines sehr eigenthümlichen Entwickelungsvorganges gedenken, den ich 
nur einmal, aber ganz übereinstimmend an drei auf derselben Wasserlinsenwurzel sitzenden 
grossen Vaginicolenacineten beobachtete. Der Körper dieser Acineten (Fig. 20. 5.) war ohne 
Tentakeln, aber mit ein oder zwei kurzen blinddarmartigen Fortsätzen (D’. d’.) versehen. Der ge- 
wöhnliche körnige Inhalt war bis auf geringe Spuren, und der Nucleus und die contractile Stelle 
gänzlich verschwunden. Dafür umschloss die entleerte Körperhülle sechs länglich ovale, Yo” 
lange, zellenartige Körper fe. c.), die sich auf Kosten des Körperinhalts entwickelt zu haben 
scheinen. Sie waren sehr scharf contourirt, enthielten einen ziemlich grobkörnigen Inhalt und 
eine contractile Stelle. Diese Körper scheinen sich ebenfalls zu Schwärmsprösslingen zu entwik- 
keln; denn ich beobachtete in der einen Acinete an zweien von ihnen eine ähnliche mit Wimpern 
besetzte Furche, wie an den gewöhnlichen, sich ausserhalb des Acinetenkörpers entwickelnden 
Schwärmsprösslingen. Vielleicht endigt der Acinetenzustand der Vaginicolen damit, dass, nach- 
dem längere Zeit auf die gewöhnliche Weise Sprösslinge erzeugt worden waren, zuletzt der ge- 
sammte Körperinhalt unter Betheiligung des Nucleus in mehrere grosse Sprösslinge umge- 
bildet wird. 

Die dritte. Art von Acinetenformen, welche ich auf den Wurzeln der Wasserlinsen beob- 
achtete (Taf. I. Fig. 6—8.), will ich als diediademartige Acinete bezeichnen, da ich ihre 
Abstammung nicht kenne. Ich habe sie bisher nur in den Gewässern des Berliner Thiergartens 
und zwar immer sehr vereinzelt angetroffen, habe aber doch im Ganzen wohl einige 40 Exem- 
plare gesehen. Sie gehört zu den grössern Formen und macht einen recht lieblichen Eindruck. 
Ihr scheibenförmig zusammengedrückter, querovaler bis fast nierenförmiger Körper sitzt mit seiner 
etwas vorgezogenen, verengerten Basis auf einem sehr kurzen, dicken, soliden Stiele, der fein 


72 Acineten der Vorticella nebulifera, der Vaginicola erystallina u. s.W. 


längsgestreift (Fig. 8. a.) und auch öfters mit einigen Querfurchen versehen ist (Fig. 6. a.). Der 
Stiel ist stets so kurz, dass der Acinetenkörper fast sitzend erscheint. Letzterer ist anscheinend 
von einer dickhäutigen , strueturlosen, glatten glashellen Membran (i. i.) begränzt; wahrschein- 
lich bezeichnet aber nur die innere Contourlinie die eigentliche Haut des Acinetenkörpers, die 
zwischen ihr und der äussern Contourlinie gelegene Substanz aber eine gallertartige Hülle, welche 
der Acinetenkörper an seiner ganzen Oberfläche ausgeschieden hat. Niemals beobachtete ich an 
dem Acinetenkörper die leisesten Contractionen, sondern er blieb auch bei längerem Fixiren ganz 
starr und regungslos. Am ganzen freien Rande des Körpers, besonders aber am vorderen sitzen 
in einiger Entfernung von einander verhältnissmässig dicke, kegelförmige, fein zugespitzte und 
am Ende nicht deutlich geknopfte Tentakeln (e. e.), die von einer sehr zarten Membran begränzt 
werden und einen überaus feinkörnigen Inhalt umschliessen. Ihre Membran ist jedenfalls eine 
Fortsetzung der eigentlichen Körpermembran, und daraus schliesse ich eben, dass die äussere 
glashelle Hülle des Acinetenkörpers ein Absonderungsproduct desselben ist, welches von den 
Tentakeln durchbohrt wird. Für gewöhnlich erscheinen die Tentakeln als ganz grade ausge- 
streckte, starre Fortsätze; nur die haarfeine Spitze verlängert und verkürzt sich von Zeit zu Zeit 
ganz langsam. Wird aber die Acinete stark beunruhigt, so verkürzen sich die Tentakeln ziemlich 
schnell und bedeutend und krümmen sich dabei mehr oder weniger zickzackförmig (Fig. 6. d. d.). 

Der Acinetenkörper umschliesst einen perlgrauen bis gelblichweissen, grobkörnigen, ho- 
mogenen Inhalt, zwischen welchem in der Richtung der Queraxe ein langer, bandförmiger Nu- 
cleus (Fig. 7. g.) liegt, dessen Enden nach innen zu umgebogen sind. Eine besondere Zierde des 
Körpers sind die zahlreichen, grossen, wasserhellen Hohlräume (Fig. 6—8. b. d.), welche in ziem- 
lich gleichmässigen Abständen von einander im ganzen Umfange des Randes zerstreut liegen. Sie 
behalten lange Zeit dieselbe Form und Grösse, und nur hin und wieder verschwindet ein Hohl- 
raum, um entweder gar nicht, oder doch erst nach längerer Zeit und nicht immer genau an der- 
selben Stelle wieder zu erscheinen. In Folge dieser geringen Veränderlichkeit der Hohlräume 
macht der Acinetenkörper den Eindruck eines am Rande mit eingesenkten Perlen besetzten 
Diadems. 

Die grössten Individuen der diademartigen Acinete hatten einen Y,4”’ breiten und %0”” 
hohen Körper, während ihr Stiel höchstens Y.00”” lang war. Die Tentakeln übertrafen im aus- 
gestreckten Zustande kaum die Höhe des Körpers. Die kleinsten Individuen, welche ich sah, 
waren Yss”’ hoch und %s’” breit. Von welchem vorticellenartigen Infusionsthiere unsere Acinete 
abzuleiten ist, weiss ich nicht anzugeben, da ich sie meistens für sich allein antraf. Nur zweimal 
beobachtete ich gleichzeitig mehrere Acineten und einige Stöcke der Episiylis lavicans nahe bei 
einander; da aber das Stielgerüst der letztern von einem sehr deutlichen Axenkanal durchlaufen 
wird, so kann unsere Acinete nicht wohl von ihr abstammen. Der steife solide Stiel der Acinete 
und ihr ansehnlicher bandförmiger Nucleus weisen aber jedenfalls auf einen Zusammenhang mit 
einer der grössern Arten der Gattung Epistylis hin. 

Die diademartige Acinete erzeugt in ihrem Innern einen sehr grossen Schwärmsprössling, 
dessen freiwilliges Ausschwärmen ich zweimal beobachtete, das erste Mal am 31. December 1848 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 73 


und das zweite Mal am 8. November 1849. Der Schwärmsprössling (Fig. S. e.) hat einen läng- 
lich eiförmigen oder birnföormigen Umriss und liegt stets mit seiner Längsaxe in der Queraxe 
der Acinete und zwar ziemlich genau in der Mitte des Körpers in einer deutlichen Aushöhlung (%.) 
des körnigen Leibesinhalts. Der in derselben Richtung liegende und stets gleichzeitig vorhandene 
Nucleus (g.) der Acinete wird von ihm grösstentheils oder ganz verdeckt. Dass auch hier die 
erste Anlage zum Sprösslinge vom Nucleus geliefert wird, geht wohl mit grosser Wahrscheinlich- 
keit daraus hervor, dass ich mehrmals Acineten beobachtete, deren Nucleus ziemlich in der Mitte 
mit einem rechtwinklig nach abwärts abgehenden Aste versehen war, wodurch der ganze Nucleus 
eine T'-förmige Gestalt erhielt. Der nach abwärts abgehende Ast scheint, wenn wir die Lage- 
rungsverhältnisse von Nucleus (g.) und Sprössling (e.) in Fig. 8. berücksichtigen, zu einem 
neuen Nucleus zu werden, der horizontale Theil aber scheint sich zum Sprössling umzugestalten. 
An dem ausgebildeten Sprössling vermochte ich, so lange er in der Acinete eingeschlossen 

war, keine feinern Organisationsverhältnisse zu entdecken; er lag in seiner Höhle stets ganz re- 
gungslos. Beim Ausschwärmen drängte er sich plötzlich aus derselben hervor, sprengte in die 
eine Seitenwand der Acinete einen ansehnlichen Längsriss (Fig. 6. f.) und nachdem er sich 
durch denselben so weit hervorgearbeitet hatte, wie es unsere Figur zeigt, blieb er einige Augen- 
blicke stehen, eine contractile Stelle trat in der Mitte des Körpers hervor, und auf seiner ganzen 
Oberfläche richtete sich ein dichtes Wimperkleid in die Höhe (Fig. 6. e.). Kaum hatten sämmt- 
liche Wimpern sich zu bewegen angefangen, so schoss auch der Sprössling ins Freie; ich sah 
nur noch, wie er beim Schwimmen eine länglich eiförmige Gestalt annahm, und dass er sich 
mehrmals um seine Längsaxe drehte, dann verlor ich ihn für immer aus dem Gesichtsfelde. 
Gleich beim Beginn des Ausschwärmens zog die Acinete die Mehrzahl ihrer vordern Tentakeln 
zickzackförmig zusammen ; diese dehnten sich aber bald nachdem der Sprössling entwichen war, 
"wieder vollständig aus, und auch der Riss in der Acinetenwand schloss sich nach kurzer Zeit. 
Der Nucleus (g.), den der Schwärmsprössling vorher verdeckt hatte, trat jetzt seiner ganzen Aus- 
dehnung nach scharf hervor. Die Länge des Schwärmsprösslings aus der in Fig. 6. abgebildeten 
Acinete betrug etwa Yı”’ und seine grösste Breite Yo’. Die Leichtigkeit, mit der der Schwärm- 
sprössling die dicke Acinetenwand (?.) sprengte, weist ebenfalls darauf hin, dass diese überwie- 


gend eine gallertartige Beschaffenheit haben müsse. 


Su 


Histiologie der contractilstieligen Vorticellinen. Stockentwickelung der Gattungen 
Carchesium und Zoothamnium 


Die ersten planmässigen Untersuchungen der Wasserthiere auf vorticellenartige Infu- 
sorien wurden Ende September und Anfang October des Jahres 1848 in Niemegk in Angriff ge- 
nommen, wo ich ungestört der Fischerei in den Bächen, Gräben und Pfützen,, welche sich ganz 
nahe bei meiner Wohnung befanden, obliegen konnte. Zuerst gerieth ich an die Wasserasseln 
(Asellus vulgaris); ich richtete aber meine Aufmerksamkeit nur auf die abgeschnittenen Beine, 


‚Stein, Infusorien. 10 


74 Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


den Kopf und die Schwanzanhängsel, nicht auf die Kiemen , die mir eine viel werthvollere Aus- 
beute würden geliefert haben. Auf den Schnecken traf ich sehr häufig und gewöhnlich in kleinen 
büschelförmigen Gruppen bei einander sitzend eine Opercularie, welche zwar der Opercularia ar- 
ticulata, wie sie weiter unten ($. 12.) geschildert werden wird, nahe verwandt ist, die mir aber 
dennoch eine besondere Art zu sein scheint. Ihr Körper hat einen birnförmigen Umriss, ist vor 
der Mitte am breitesten, nach vorn fast zugerundet und mit einer sehr engen Peristommündung 
versehen , und hinter der Mitte stark stielartig verengert. Die Scheibe des Wirbelorgans hat, wie 
die Peristommündung, einen sehr geringen Durchmesser und ist von einem einfachen Wimper- 
kranz gesäumt; die manschettenartige Unterlippe tritt nur als ein schmaler ringförmiger Saum 
über die Peristommündung hervor. Der Nucleus ist lang bandförmig und hufeisenförmig zusam- 
mengekrümmt, die contractile Stellerund und neben der Uebergangsstelle der weiten Mundhöhle in 
die Speiseröhre gelegen. Das dichotömisch verästelte Stielgerüst ist stets so kurz, dass sämmtliche 
Individuen eines Stockes, deren Zahl meist nicht mehr als 4 bis 6 beträgt, fast sitzend erschei- 
nen; seine Höhe betrug an einem Stocke, dessen Individuen 5” lang waren, nur Yo”. Die 
steifen Stiele sind im Verhältniss zur Körperbasis schmal, der Länge nach fein gestreift und un- 
deutlich quer geringelt. Ich nenne diese Art Opercularia stenostoma. 

Ausserdem begegnete mir sehr häufig auf dem Kopfe und den Schwanzanhängseln der 
Wasserassel und auch hin und wieder auf ihren Beinen eine baumförmig verzweigte und ceontrac- 
tile Stöcke bildende Vorticellenform, die ich nirgends beschrieben finde, die aber jedenfalls zur 
Gattung Zoothamnium von EHRENBERG gehört. Als ich sie zu bestimmen versuchte, überzeugte 
ich mich bald, dass unsere gegenwärtigen Kenntnisse der sich zu baumförmig verästelten Fami- 
lienstöcken entwickelnden Vorticellen noch sehr unzureichend sind. EHRENBERG unterscheidet 
in der Familie der Vorticellinen bekanntlich drei Gattungen mit spiralig biegsamem Stiele, näm- 
lich Vorticella, Carchesium und Zoothamnium, im Gegensatz zu den durch steife Stiele ausge- 
zeichneten Gattungen Epistylis und Opercularia. Die Gattung Vorticella ist durch einen stets 
einfach bleibenden Stiel characterisirt; denn wenn der Vorticellenkörper durch Längstheilung 
in zwei Individuen zerfallen ist, verlässt das eine den beiden Individuen gemeinsamen Stiel, um 
sich an einer andern Stelle festzusetzen, und einen neuen Stiel auszuscheiden ; das zurückblei- 
bende Individuum nimmt dann wieder allein die Spitze des Stieles ein, und dieser bleibt daher 
immer unverästelt. Bei den Gattungen Carchesium und Zoothamnium dagegen, wie auch bei den 
steifstieligen Gattungen Zpistylis und Opercularia, bleiben die Theilungssprösslinge dauernd 
neben einander, und jeder sondert für sich einen speciellen Stiel aus, der an dem bereits vorhan- 
denen Stiele unter einem spitzen Winkel angesetzt ist, und mit demselben organisch zusammen- 
hängt. Hierdurch wird der ursprüngliche Stiel der Stamm eines sich mehr oder weniger regel- 
mässig dichotomisch verästelnden Stockes, der in demselben Grade, als sich seine Individuen 
durch Längstheilung vermehren, auch immer reicher an Aesten wird. Dem Stocke selbst kommt 
kein eigenes Wachsthum zu, er kann sich weder verdicken, noch verlängern, noch verästeln, noch 
vermag er neue Individuen hervorzubringen. Die Individuen allein bewirken die Vergrösserung 


des Stockes, indem sie an ihrer Basis fort und fort bis zum Eintritt eines Theilungsactes neue 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 75 


Substanz ausscheiden, durch welche der Ast, an dessen Spitze ein Individuum sitzt, gewöhnlich 
nur an Länge, bisweilen aber auch ganz stetig an Stärke zunimmt, während seine Stärke in dem 
bereits erhärteten Theile des Astes für immer dieselbe bleibt. Mit dem Eintritt der Theilung hört 
jede Verlängerung des Astes auf, und die Länge und Stärke, welche der Ast jetzt zeigt, behält 
er für alle Zeiten, weil nach vollendeter Theilung von den Theilungssprösslingen neue Zweige 
angelegt werden. Wie umfangreich also auch ein Vorticellinenstock werden mag, immer behalten 
der Stamm und alle unterhalb von Dichotomien gelegenen Aeste genau dieselbe Länge und Dicke; 
nur die in Individuen endigenden Aeste wachsen an ihrer Spitze durch Apposition neuer Theile, 
welche von den Individuen ausgeschieden werden. 

Die Individuen eines Stockes haben in der Regel genau dieselbe Grösse, nur die in der 
Theilung begriffenen sind stets merklich breiter. Bisweilen finden sich zwar an einem Stocke 
einzelne im Wachsthum etwas hinter den andern zurückgebliebene Individuen, allein dies ist ge- 
wöhnlich an solchen Stellen der Fall, wo nicht eine so reichliche Nahrungszufuhr stattfinden 
konnte, als an den übrigen Punkten des Stockes; auch ist der Unterschied zwischen den kleinern 
und grössern Individuen kaum beträchtlicher, als der zwischen den gewöhnlichen und den in der 
Theilung begriffenen, und es finden sich zwischen ihnen auf demselben Stocke fast immer ver- 
schiedene Uebergangsstufen. Die Grösse der Individuen eines Stockes stimmt im Allgemeinen 
genau mit der Grösse des Individuums überein, welches die erste Grundlage des Stockes bildete. 
Trennt sich ein Individuum, nachdem es sich mit dem hintern Wimperkranze versehen hat, von 
seinem Stocke, und fixirt es sich gleich darauf wieder an einer andern Stelle, so scheidet es einen 
Stiel aus, der dieselbe Dicke hat, wie der Stamm des verlassenen Stockes, und es entwickelt sich 
mit der Zeit zu einem Stocke, der in der Dicke seiner Aeste und der Grösse seiner Individuen 
genau mit dem ‘verlassenen Stocke übereinstimmt. Schweift dagegen das abgelöste Individuum 
längere Zeit frei umher, so verwendet es die erbeuteten Nahrungsmittel zur Vergrösserung seines 
Körpervolumens, und wenn es sich dann später fixirt, so sondert es auch einen dickern , seiner 
Körpergrösse entsprechenden Stiel ab, und es wird die Grundlage eines dickästigeren, grössere In- 
dividuen tragenden Stockes. Hieraus folgt schon, dass die verschiedenen Familienstöcke einer 
und derselben Art mit einander verglichen sehr verschieden dicke Stielgerüste und sehr verschie- 
den grosse Individuen zeigen werden; die dünnästigen Stöcke tragen die kleinern, in Bezug auf 
einander aber gleich grossen Individuen, die dickästigen Stöcke die grössern Individuen. Erwä- 
gen wir nun ferner, dass wahrscheinlich gewisse Individuen eines jeden einigermaassen entwik- 
kelten Familienstockes im Stande sind, Keime zu erzeugen, und dass diese jedenfalls um Vieles 
kleiner sein müssen, als jene Individuen, so müssen wir für ein und dieselbe Art noch viel erheb- 
lichere Differenzen in der Grösse der Stöcke und der Stärke ihrer Aeste voraussetzen. 

Hierdurch wird eine scharfe Begränzung der Arten ausserordentlich erschwert. Jeder, 
der nur einmal versucht hat, Arten der so überaus nahe verwandten Gattungen Vorticella, Car- 
chesium und Zoothamnium zu bestimmen, wird mir gewiss darin beistimmen, dass es oftmals 
ganz unmöglich ist, mit unsern gegenwärtigen literarischen Hülfsmitteln alle die Formen, die 
sich der Beobachtung darbieten , auch nur annäherungsweise auf die bisher aufgestellten zurück- 

10% 


76 Contractistielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


zuführen. Versucht man aber die Arten auf eigene Hand zu begränzen, so geräth man in nicht 
geringere Verlegenheit, die um so grösser wird, je mehr man Individuen in verschiedenen Locali- 
täten und auf verschiedenen Entwickelungsstufen studirt. Jedenfalls sind die Höhe des Stockes, 
die Dicke seiner Aeste und die Grösse seiner Individuen zur Unterscheidung von Arten ganz un- 
brauchbar. Aus diesem Grunde kann ich z. B. Formen, wie die Epistylis botrytis, Epistylis ara- 
bica und Carchesium pygmaeum von EHRENBERG, nicht für scharf begränzte Arten gelten lassen, 
ich halte sie vielmehr so lange für die Jugendzustände anderer Arten, bis genügendere Charactere 
angegeben werden. Ich will hier noch einmal auf die früher von mir abgebildeten ') sehr kleinen, 
steifästigen Familienstöcke aufmerksam machen, welche ich sehr häufig auf Wasserlinsenwur- 
zeln in Gesellschaft der Vortie. nebulifera und der Opereularia nutans beobachtete. Kein einziger 
Stock gleicht genau dem andern, und man könnte leicht aus den verschiedenen Stöcken einer 
Wasserlinsenwurzel mehrere Arten bilden. Wer aber der Entwickelungsgeschichte nur einiger- 
maassen Rechnung trägt, der wird mir gewiss Recht geben, wenn ich die verschiedenen Stöcke 
der Wasserlinsenwurzeln nur als Jugendzustände der in ihrer Gesellschaft vorkommenden bedeu- 
tend grösseren Formen auffasse. 

Da der Stock der Vorticellinen lediglich das Product seiner Individuen ist, so kann man 
sich wohl denken, dass seine Gesammtform bei einer und derselben Art je nach der reichlichern 
oder spärlichern Ernährung der einzelnen Individuen und je nach dem jedesmaligen Raume, der 
für die Ausbreitung eines Stockes gegeben ist, keine constante sein kann, sondern beträchtlichen 
Variationen unterliegen muss. Man braucht nur von solchen Arten, welche eine so prägnante 
Form haben, dass sie gar nicht mit andern verwechselt werden können, wie z. B. von Opereularia 
nutans mehrere Familienstöcke zu vergleichen, um sich zu überzeugen, dass nicht ein Stock ge- 
nau dem andern gleicht. Oft theilt sich das Individuum, welches den ersten Anfang eines Stockes 
bildet, schon, nachdem es erst einen ganz niedrigen Stiel ausgeschieden hat; oft aber wächst es 
auf einem beträchtlich langen Stiele empor, bevor es sich zur Theilung anschickt. Die Theilungs- 
sprösslinge scheiden dann wieder im Verhältniss zum vorausgehenden Axengliede längere oder 
kürzere Stiele aus, und diese sind, mit einander verglichen, bald von ganz gleicher, bald von sehr 
verschiedener Länge. Daher kommt es, dass die verschiedenen Familienstöcke einer und der- 
selben Art bald mehr ein strauchartiges, bald mehr ein baumartiges Ansehen haben. Bald liegen 
die Individuen eines Stockes sämmtlich in gleicher Höhe, und der Stock gleicht einer Dolden- 
traube oder Afterdolde, bald sind die innern Aeste des Stockes viel länger als die äussern, und 
der Stock erhält ein trauben- oder rispenartiges Ansehen. Bisweilen besteht ein Stock nur aus 
wenigen entwickelten Aesten, trägt aber dennoch zahlreiche Individuen, die alle dicht hinter ein- 
ander auf ganz kurzen Stielen an der einen Seite der entwickelten Aeste sitzen, welche dadurch 
das Ansehen einer einseitswendigen Aehre erhalten. Die Gesammtform des Stockes kann daher 


keine haltbaren Artcharactere liefern, wie schon EHRENBERG in der Beschreibung des Zootham- 


1) Vergl. meine erste Infusorienabhandlung. Taf. Il. Fig. 36—39. 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 77 


nium arbuscula') ganz richtig hervorhob. Gleichwohl hat er später das Carchesium spectabile 
wesentlich nach der Form des Stockes unterschieden ?). 

Ich habe hier deshalb speciell auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche sich so viel- 
fach der Aufstellung scharfer Artunterschiede innerhalb der Familie der Vorticellinen entgegen- 
stellen, um eine nachsichtige Beurtheilung in Anspruch nehmen zu können, wenn ich selbst zur 
Zeit nicht im Stande bin, gewisse, contractile Stöcke bildende Vorticellinen, die doch wesentlich 
in meine entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen eingreifen, weder hinlänglich scharf zu 
characterisiren,, noch mit Sicherheit auf bereits beschriebene Arten zurückzuführen. EHRENBERG 
trennt die sich zu Familienstöcken entwickelnden Vorticellinen, deren Stamm und Aeste, wie 
der einfache Vorticellinenstiel, in spiralige Windungen zusammengezogen werden können, in die 
zwei Gattungen Carchesium und Zoothamnium, die sich von einander durch denselben Character 
unterscheiden sollen, wie die Gattungen Episiylis und Opereuluria. Carchesium soll nämlich auf 
einem Stocke lauter gleichartige Individuen tragen, Zoothamnium dagegen zweierlei Individuen, 
nämlich in überwiegender Anzahl die gewöhnlichen glockenförmigen und ausserdem viel grössere 
knollenartige, die hie und da in den Gabelungen des Stockes sitzen. Aus diesem Grunde wurde 
auch die Gattung Zoothamnium im Systeme von der in allen andern Beziehungen so ausseror- 
dentlich nahe verwandten Gattung Carchesium entfernt, und neben die steifästige Gattung Oper- 
eularia gestellt. 

Wir haben nun oben gesehen (S. 8.), was es bei der Gattung Opercularia mit den 
zweierlei Individuen auf einem Stocke für eine Bewandtniss hatte; ich vermuthe, dass auch hin- 
sichtlich der Gattung Zoothamnium eine ähnliche Täuschung obgewaltet hat. Die grössern knol- 
lenförmigen Individuen gehören auch hier vielleicht nur einer ältern Generation derselben Art 
an, welche den Zoothamniumstock einer jüngern Generation als Boden für den Aufbau eines eige- 
nen, dickästigern Stockes benutzte. Ich kann zwar diese Vermuthung nicht näher begründen, 
da mir der bisherige einzige europäische Repräsentant der Gattung Zoothamnium, das Z. arbus- 
cula Ehrbg.°) noch nicht, oder doch wenigstens nicht in der Form, wie ihn Eunrengerg abbildet, 
zu Gesicht gekommen ist; allein ich habe doch auf den Wasserasseln und auf andern Wasser- 
thieren, von denen später die Rede sein wird, nahe verwandte und sicherlich zur Gattung Zoo- 
thamnium gehörende Formen beobachtet, und bei diesen sah ich mehrmals auf den Aesten eines 
sehr entwickelten Stockes theils einzelne Individuen , theils niedrige, wenigästige Stöcke einer 
andern, bald jüngern, bald ältern Generation derselben Art, mechanisch angeheftet. In den mei- 
sten Fällen trugen aber die Stöcke dieser Formen nur Individuen von gleicher, oder doch nur 
wenig von einander abweichender Grösse, und hieraus folgt, auch wenn die von EHRENBERG und 


einigen ältern Forschern beobachteten grössern kugligen Individuen in einem organischen Zu- 


1) Die Infusionsthiere S. 289. ‚Die Aeste sind bald rein dichotomisch, bald doldenartig gestellt, und es 
liegt darin kein Character.‘* 

2) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissensch. vom Jahre 1840. S. 199. 

3) Die Infusionsthiere S. 289. und Taf. XXIX. Fig. 2. 


78 Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


sammenhange mit dem Stocke, auf welchem sie sich finden, standen, dass das Vorkommen von 
zweierlei Individuen auf einem Stocke keinen durchgreifenden Gattungscharacter abgeben kann. 

Man wird freilich gegen die Richtigkeit dieser Folgerung einwenden, ich habe gar keine 
Zoothamnien beobachtet, sondern was von mir dafür gehalten wurde, seien nur Formen der Gat- 
tung Oarchesium gewesen, eben weil ich immer nur einerlei Individuen auf den contractilen 
Stöcken angetroffen habe. Auch ich glaubte dies Anfangs; allein ein näherer Vergleich meiner 
Formen mit dem von mir oft untersuchten Carchesium polypinum Ehrbg. und mit EHRENBERG’S 
Abbildung des Zoothamnium arbuscula lehrte bald, dass dieselben in einem sehr wesentlichen 
Merkmale von der Gattung Carchesüum verschieden waren, dagegen mit der Gattung Zootham- 
nium bis auf das Fehlen der grössern Individuen wesentlich übereinstimmten. Das auf Wasser- 
linsenwurzeln überall verbreitete und sehr gemeine Carchesium polypinum ist zwar von EHREN- 
BERG so kenntlich abgebildet worden !), dass über seine richtige Bestimmung kein Zweifel ent- 
stehen kann, dennoch sind die Abbildungen nicht genau, ja sie sind in einem sehr wesentlichen 
Punkte entschieden unrichtig. 

Der feinere Bau des Stieles ist bei den drei Gattungen Vorticella, Carchesium und Zoo- 
thamnium ganz übereinstimmend, am leichtesten ist er aber bei dem Carches. polypinum (Taf. VI. 
Fig. 1.) zu beobachten, da hier der Stiel sehr dick und auch sehr durchsichtig ist. Er besteht 
aus einer homogenen, krystallhellen, elastischen Substanz (Fig. 1. a. Fig. 2. a. a.), hat die Form 
eines abgeplatteten Cylinders und wird von seiner Spitze bis in die Nähe seines Anheftungs- 
punktes auf fremden Körpern von einem ziemlich weiten Kanal (Fig. 2. 5. b.) durchlaufen, der 
jedoch nicht die Axe des Stieles einnimmt, sondern der äussern Oberfläche genähert ist und in 
lang ausgezogenen Spiralwindungen um die Axe herumläuft. An der innern Oberfläche des Stiel- 
kanales kleben zahlreiche sehr feine Pünktchen, die fast das Ansehen hervorbringen, als wäre 
derselbe noch von einer besondern, sehr zarten Membran ausgekleidet. Dadurch treten die Con- 
touren des Stielkanales schärfer hervor, als es sonst der Fall sein würde; der Zusatz von Essig- 
säure macht sie noch deutlicher. Im Innern des Kanales schwebt nun ganz frei der sogenannte 
Stielmuskel (Fig. 1. und'2. e.), ein opaker, solider, von einer feinkörnigen Masse gebildeter 
Streifen , der schmaler ist, als das Lumen des Stielkanales, und der wieder um die Axe desselben 
spiralförmig gedreht zu sein scheint, da er hier der einen, dort der andern Wand der Stielhöhle 
anliegt. Bei Vorticella nebulifera, V. convallaria und, wenn ich nicht irre, auch bei Vort. cam- 
panula und sodann bei Carchesium polypinum setzt sich der Stielstreif nach vorn noch eine kurze 
Strecke weit in die Basis des Thierkörpers, welchen der Stiel trägt, hinein fort, theilt sich aber 
gleich beim Eintritte in den Körper in zwei sehr feine, gabelförmig auseinanderweichende Fäser- 
chen (Fig. 1. d. d.), die noch im Leibesinhalt des hintern Körperviertels mit höchst zarter, aber 
scharf erkennbarer Spitze endigen. Auf diese gabelförmigen Ausläufer des Stielstreifens, die wohl 
ziemlich bedeutungslos sind, da sie sich durchaus nicht bei allen contractilstieligen Vorticellen- 
formen finden, wurde schon EurkExBerg bei Vort. convallaria aufmerksam, er bildete sie aber 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXVI. Fig. 5. 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 79 


als ein Bündel paralleler Fasern ab '), ohne ihren Zusammenhang mit dem Stielstreifen zu erkennen. 
Er glaubte in ihnen die Längsmuskeln des Vorticellenkörpers durch directe Beobachtung aufge- 
funden zu haben). Daraufhat C. EckmarD die in Rede stehenden Fasern bei Vort. nebulifera ge- 
nauer beschrieben, und ihren Zusammenhang mit dem Stielstreifen nachgewiesen ®). Bei Carchesium 
polypinum war ihrer bisher noch nicht gedacht, obgleich sie hier am leichtesten zu beobachten sind. 

Schnellt der Stiel in spiralige Windungen zusammen, so erscheint er an seiner Ober- 
fläche sehr deutlich quergestreift oder vielmehr mit zahlreichen, dicht hinter einander gelegenen, 
sehr feinen ringförmigen Falten (vergl. Fig. 2. a. a.) versehen, die einander nicht parallel laufen, 
sondern auf der concaven Seite des Stieles am stärksten genähert sind, und auf der convexen am 
weitesten von einander abstehen. An dem Stielstreifen selbst habe ich niemals Querstreifung beob- 
achten können, wie EHRENBERG angiebt *); ich muss daher den Character in Abrede stellen, auf 
den EHRENBERG bei der Deutung des Stielstreifens als Muskel Gewicht gelegt hat. Das Contrac- 
tionsvermögen des Stieles wird allerdings, wie bereits EcKHARD richtig hervorgehoben hat, wesent- 
lich durch den Stielstreifen bedingt. Es geht dies schon daraus hervor, dass bei allen Exemplaren 
der contractilstieligen Vorticellenformen , bei denen der Stielkanal und der Stielstreifen nicht bis 
zum Anheftungspunkte des Stieles hinabreichen, sondern eine oft nicht unbedeutende Strecke 
vor demselben aufhören (was besonders häufig bei Zoothamnien zu beobachten ist), nur der von 
dem Stielstreifen durchlaufene Theil des Stockes das Contractionsvermögen besitzt, während der 
Rest des Stieles so steif und unbeweglich bleibt, wie der Stiel der Gattungen Epistylis und 
Opercularia. Nicht selten finden sich aber auch Stämme von Carchesium und Zoothamnium, 
bei denen der Stielstreif an einer oder mehreren Stellen quer durchgerissen ist, während 
sonst die Stielwandungen unverletzt sind, und in diesem Falle erstreckt sich das Contractions- 
vermögen des Stieles nur auf seinen obern Theil biszu der Stelle, wo die erste Unterbrechung 
des Stielstreifens stattgefunden hat. Der übrige Theil des Stieles bleibt starr, auch wenn der in 
ihm enthaltene Theil des Streifens ohne weitere Unterbrechung und ganz unverletzt ist. Der 
Stiel ist also nur so weit und so lange contractil, als sem Axenstreif in einem ununterbrochenen 
Zusammenhange mit dem Thierkörper steht. Dies lehren auch die Stiele, welche von ihren Thieren 
verlassen wurden; sie haben jedes Schnellvermögen verloren und fallen bald der Verwesung anheim. 

Die eben angeführten Thatsachen scheinen sehr zu Gunsten der Ansicht zu sprechen, 
dass der Stielstreif ein Muskel sei; ich glaube aber dennoch mit Ecker’) und KöLLiker °), dass 


1) Die Infusionsthiere Taf., XXV]. Fig. 3. a. 

2) EHRENBERG erwähnt in der Beschreibung der Vort. convallaria die abgebildeten Fasern an der Basis 
des Körpers gar nicht; folgende Acusserung im Nachtrage zur Familie der Glockenthierchen S. 290. bezieht sich 
aber ohne Zweifel auf dieselben: ‚‚Ein in die Augen fallender Character aller Thierchen dieser Familie ist eine 
zuckende Bewegung in ihrem Körper, welche die Folge von überwiegenden Längsmuskeln zu sein scheint, da sie 
sich bei den Räderthieren, wo diese deutlich sichtbar sind, auch findet. Nur bei Zpistylis Galea und Vorticella con- 
vallaria glaube ich im Hintertheile des Körpers die Längsfasern direct gesehen zu haben.‘ 

3) WIEGMANN’S Archiv für Naturgesch. 1846. I. S. 217. 

4) Die Infusionsthiere S. 277. und 279. 

5) v. SIEBOLD unn KÖLLIKER Zeitschrift für wissensch. Zoologie I. S. 236. Anmerkung 1. 

6) Ebendaselbst S. 213. und flgde. 


80 Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


sie noch keineswegs seine Muskelnatur beweisen. Wäre der Stielstreif ein Muskel, so müsste 
doch wohl das Schnellvermögen des Stieles aufhören, wenn der Stiel mit seinem hintern Ende 
nicht mehr an einen fremden Körper festgeheftet ist. Dies behauptet in der That auch Ecx- 
HARD); allein ich muss dem durchaus widersprechen. Es ist etwas sehr Gewöhnliches, Vorti- 
cellen und Carchesien mit den noch an ihnen hängenden Stielen, die sich zufällig von ihrem Be- 
festigungspunkte abgelöst hatten, frei im Wasser vermittelst des Wirbelorgans umherschwimmen 
zu sehen. Auch in diesem Zustande kann man noch die kräftigsten Contractionen des Stieles 
beobachten; die Thiere ziehen ihn spiralförmig an den Leib heran und schnellen ihn dann plötz- 
lich wieder von sich. Gegen die Deutung des Stielstreifens als Muskel spricht ferner der Um- 
stand, dass die von ihren Stielen gelösten Vorticellinen auf eine ganz ähnliche Weise zusammen- 
schnellen und sich wieder ausdehnen, wie ihre Stiele, wenn letztere überhaupt contractil sind. 
Es hat aber noch Niemand in dem Körper der Vorticellinen Muskeln oder ähnliche scharf geson- 
derte Streifen, wie der im Stiele enthaltene, auch nur einigermaassen befriedigend nachzuweisen 
vermocht. 

Ich kann daher in dem Stielstreifen keinen Muskel erkennen, sondern ich halte ihn nur 
für das Organ, durch welches das Thier seine Herrschaft über den Stiel ausübt, da der Theil des 
Stieles dem Willen des Thieres entzogen ist, dessen Streif nicht mehr im unmittelbaren Zu- 
sammenhange mit der Leibeshöhle des Thieres steht. Der Stiel und der in ihm gelegene Streif 
verhalten sich genau eben so zu einander, wie die Körperhaut des Thieres zu seinem Körperin- 
halte. Dies lehrten Untersuchungen aus dem Jahre 1852, die ich gleich hier einschalten will. 
Behandelt man irgend eine Vorticelline (man wähle zuvörderst die derbhäutigen Epistyliden und 
Opercularien) mit Essigsäure, so zieht sich der gesammte Körperinhalt unter Beibehaltung des 
birnförmigen oder kugligen Umrisses, den das contrahirte Thier zeigte, stark zusammen, wäh- 
rend sich im ganzen Umfange die Körperhaut als eine structurlose, krystallhelle, glatte und sehr 
scharf contourirte Membran abhebt und oft ansehnlich weit von dem Körperinhalte zurück weicht. 
Ebenso weichen die Stielvandungen etwas von dem sich zusammenziehenden Stielstreifen zurück. 
Der Körperinhalt erscheint jetzt als eine homogene, farblose, durchscheinende Gallerte, die be- 
sonders an seiner Peripherie, weil hier körnige Beimengungen fehlen, deutlicher hervortritt, wäh- 
rend weiter nach innen zu feinere und gröbere fettähnliche Körnchen, so wie Nahrungsreste so 
dicht zusammengedrängt liegen, dass die gallertartige Grundsubstanz, die hier viel weniger con- 
sistent zu sein scheint, sehr zurücktritt. Hierdurch sondert sich der Körperinhalt oft ziemlich 
scharf in eine schmälere oder breitere, glasartige, consistentere Rindenschicht und in eine wei- 
chere, körnige, opake Markschicht, in der auch stets der Nucleus eingeschlossen liegt. Die Rin- 
denschicht des Körperinhaltes der Infusorien mag öfters für deren Muskelschicht angesprochen 
worden sein, gesonderte Muskelfasern vermochte ich aber an ihr niemals zu unterscheiden , ob- 


gleich ich sie mit verschiedenen Reagentien speciell darauf untersuchte. 


1) A.a. 0. 8. 218. 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 81 


Behandelt man die contractilstieligen Vorticellinen mit Jodtinctur, so färbt sich der ge- 
sammte Körperinhalt und der Stielstreif tief goldgelb, während die Körperhaut und die Stiel- 
wandungen farblos bleiben. Noch schärfer treten diese Farbenunterschiede hervor, wenn man 
zuvor Essigsäure anwendete. Werden die Vorticellinen in eine nicht zu dünnflüssige Zucker- 
lösung gebracht, in der sie sogleich sterben, und in der der Körper und der Stiel ausserordentlich 
zusammenschrumpfen, und setzt man dann vorsichtig einen Tropfen concentrirter Schwefelsäure 
hinzu, so schwellen Körper und Stiel wieder zu ihrem gewöhnlichen Umfange und noch weiter 
auf, und der Körperinhalt sammt dem Stielstreifen färben sich sehr lieblich und intensiv rosen- 
roth, während die Stielwandungen und die Körperhaut ebenfalls farblos bleiben. Bisweilen tritt 
die rosenrothe Färbung schon beim blossen Zusatz von Schwefelsäure ein, und in diesem Falle muss 
freier Zucker im Körper vorhanden gewesen sein. Quetscht man den rosenrothen Körperinhalt 
in eine recht dünne Schicht aus einander, so sieht man, dass nur die gallertartige Grundsubstanz 
roth gefärbt ist, dass aber die ihr eingestreuten Körnchen farblos sind. So lehrt auch das chemi- 
sche Verhalten der feinen Körnchen des Leibesinhaltes, dass sie keine Eier sein können. Am in- 
tensivsten rosenroth wird der Nucleus gefärbt; an sehr gelungenen Präparaten sieht man ihn aber 
noch von einer hellen Zone umgeben. Diese rührt von der Membran des Nucleus her, die von 
seinem Inhalte zurückgewichen ist. Der Nucleus besteht nämlich aus einer structurlosen, zarten, 
krystallhellen Hülle und aus einem sehr dichten, feinkörnigen Inhalte, wie man sich bei den 
meisten bewimperten Infusorien leicht durch Anwendung von Essigsäure, welche die Hülle von 
dem Inhalte mehr oder weniger weit abhebt, überzeugen kann. 

Der Körperinhalt nach Abzug der fettähnlichen Körnchen, die Nucleussubstanz und der 
Stielstreif der Vorticellen verhalten sich daher in chemischer Beziehung gleich; sie sind den ange- 
gebenen Reactionen zufolge Proteinverbindungen. Ebenso stimmen die Körperhaut, die Nucleus- 
hülle und die Stielwandungen in stofflicher Beziehung anscheinend sehr nahe überein. Schwefel- 
säure löst diese Organtheile vollständig auf; am längsten widerstehen die Stielwandungen, doch 
quellen sie gleich beim Zusatz des ersten Tropfens stark auf. Salpeter- und Salzsäure bewirken 
nur ein Zusammenschrumpfen des Körpers, lösen ihn aber nicht auf, die Salpetersäure färbt 
ausserdem den Körperinhalt und Stielstreifen schwefelgeb bis goldgelb. Jod und Schwefelsäure 
bringen keine blaue Färbung hervor. Kalilauge bläht die Körperhaut auf und hebt sie eben so 
scharf vom Körperinhalte ab, wie die Essigsäure; eben so quillt der Stiel etwas auf, doch wird er 
wenigstens von kalter Kalilauge nicht aufgelöst. Nach einiger Zeit quillt der Körperinhalt stark 
auf und tritt in einzelnen grossen Tropfen durch die Körperhaut, die dann nicht mehr mit Be- 
stimmtheit zu erkennen ist. Hiernach haben wir es mit einem Stoffe zu thun, der mit der Cellu- 
lose verwandt zu sein scheint, der aber doch wohl nur eine Modification des in der niedern Thier- 
welt so sehr verbreiteten Chitins bildet. 

Nach Allem, was bisher angeführt wurde, kann nicht mehr bezweifelt werden, dass die 
Körperhaut der contractilstieligen Vorticellinen den Stielwandungen, und der Körperinhalt dem 
Stielstreifen entsprechen, und dass uns nichts zwingt, den Stielstreifen als einen Muskel anzu- 
sehen. Der Stielstreif ist es nun eben, der mir ein scharfes und sicheres Merkmal zur Unterschei- 


‚Stein, Infusorien. 11 


82 Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


dung der Gattungen Carchesium und Zoothamnium an die Hand gegeben hat. EuRENBERG lässt 
bei Carchesium polypinum den Stielstreifen sich auf dieselbe Weise verästeln, wie den Stock; an 
jeder Gabelstelle des Stockes soll sich auch der in ihm gelegene Streif gabelförmig zertheilen. 
Dies ist aber ein Irrthum, wie man sich sehr leicht überzeugen wird, wenn man auf diesen Punkt 
seine Aufmerksamkeit richtet; der Character der Carchesien besteht vielmehr grade darin, dass 
jeder Ast (vergl. Taf. VI. Fig. 1. e‘. c’‘.) mit einem besondern Stielkanal und mit einem besondern 
Stielstreifen beginnt, die mit dem Stielkanale und Stielstreifen des vorausgehenden Astes in gar 
keinem Zusammenhange stehen !). Nach jeder Theilung nimmt nämlich der eine Theilungs- 
sprössling allein die Spitze des bereits vorhandenen Stieles ein, und fährt fort, diesen durch Aus- 
scheidung neuer Substanz ohne Unterbrechung des Stielkanales und Stielstreifens weiter in die 
Höhe zu führen. Der andere, zur Seite gedrängte Theilungssprössling scheidet dagegen Aufangs 
auf eine sehr kurze Strecke einen ganz soliden Stiel aus, der sich auch durch eine leichte Ein- 
schnürung von dem schon vorhandenen Stiele absetzt und der nur mit der äussern Wand des- 
selben im organischen Zusammenhange steht; erst dann tritt in dem weiter zuwachsenden Stiele 
ein innerer Kanal und in demselben der Anfang zu einem neuen selbstständigen Stielstreifen auf. 
Der Stiel, welchen der seitliche Theilungssprössling ausscheidet, bleibt immer kürzer, als der 
Zuwachs, welchen der terminale Theilungssprössling auf dem alten Stiele bewirkt. Theilt sich 
der seitliche Theilungssprössling wieder, so setzt der eine Theilungssprössling abermals die vor- 
handene seitliche Axe ohne Unterbrechung weiter fort, der andere aber scheidet eine neue Seiten- 
axe mit für sich bestehendem Stielkanal und Stielstreifen aus. 

In Folge dieser eigenthümlichen Entwickelungsweise zeigt der Stock von Carchesium, 
so lange er nur aus einer geringen Zahl von Individuen besteht, ein traubiges Ansehen; in dem 
Maasse aber, als sich seine Individuen vermehren, nimmt er die Form einer immer zusammenge- 
setzter werdenden Rispe an. Die Hauptaxe des ganzen Stockes (Fig. 1. a.) wird von der Basis 
bis zu der in einem Individuum endigenden Spitze von einem ununterbrochenen Kanal und Stiel- 
streifen (e.) durchlaufen ; dasselbe gilt von jeder Nebenaxe, aber der Kanal und Stielstreif der 
Hauptaxe und ihrer Nebenaxen, so wie der Nebenaxen verschiedener Ordnungen stehen mit ein- 
ander in gar keiner Communication. 


1) Es freut mich, hier noch nachträglich anführen zu können, dass Dr. JOHANN CZERMAK in einem schätz- 
baren Aufsatze ‚Ueber den Stiel der Vorticellen‘‘ in dem neuesten Hefte von v. SIEBOLD’s und KÖLLIKER’S Zeit- 
schrift für wissenschaftl. Zoologie Band IV. S. 442. bereits auf EHRENBERG’S unrichtige Darstellung des Carche- 
sienstiels aufmerksam gemacht hat, und dass überhaupt seine Beobachtungen über die feinere Organisation des 
Vorticellenstiels in allen Punkten mit meiner Auffassungsweise übereinstimmen. CZERMAR sieht den Stielstreifen 
auch nicht für einen Muskel an, hält ihn aber für den Sitz der contrahirenden Kraft, während er in den Stielwan- 
dungen eine antagonistische Kraft annimmt, die das Ausstrecken des Stieles bedinge. Man müsste dann folgerecht 
auch annehmen, dass bei den Bewegungen des Vorticellenkörpers in dem Körperinhalte das Contractionsvermögen 
und in der Körperhaut das Expansionsvermögen seinen Sitz habe. Mir will es jedoch scheinen, als finde eine so 
scharfe Vertheilung der beiden Bewegungsmomente an verschiedene Körpertheile nicht statt, sondern ich glaube, 


dass Körperhaut und Körperinhalt nur in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung contractions- und expansions- 
fähig seien. 


Contractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 83 


Zur Ergänzung von EHREnBere’s Darstellung der Organisationsverhältnisse des Carche- 
sium polypinum sei hier noch bemerkt, dass der trichterförmige Körper vorn in einem sehr weiten 
und dicken, glockenförmig nach aussen umgerollten, bewimperten Peristom (Taf. VI. Fig. 1. e.) 
endet, welches von einem fast eben so umfangreichen, nur wenig vorstehenden Wirbelorgan (f.) 
ausgefüllt wird, dessen Scheibe flach gewölbt und von einem einfachen Wimperkranze gesäumt 
ist. Um die grosse, kreisföormige Mundöffnung (g.) bildet das Peristom eine ansehnliche, seitliche, 
halbtrichterförmige Aussackung. Die Mundöffnung führt in eine ebenfalls weite, innerlich mit 
einzelnen kräftigen Wimpern besetzte Speiseröhre (R.), die quer nach der entgegengesetzten Kör- 
perseite, fast der Scheibe des Wirbelorgans parallel, verläuft, mit einer kurzen hakenförmigen 
Krümmung nach abwärts umbiegt und zu Anfang des hintern Körperdrittels endigt. Ungefähr 
über der Mitte der Speiseröhre und etwas in die Höhle des Wirbelorgans hineingerückt liegt die 
runde contractile Stelle (@.). Der lange bandförmige Nucleus (%.) ist in der Leibeshöhle auf ver- 
schiedene Weise ringförmig zusammengekrümmt oder spiralig gewunden. Essigsäurezusatz macht 
ihn sofort klar, auch kann man dann leicht Hülle und Inhalt an ihm unterscheiden. Characte- 
ristisch für Carch. polypinum ist noch, dass sich die Thierchen auf ihren Stielen gern rücküber 
nach-abwärts umschlagen, ohne ihr Wirbelorgan einzuziehen; sie gleichen dann einer mit der 
Spitze aufgehängten Zipfelmütze (Fig. 1. D.) 

Ganz anders als bei Oarches. polypinum verhält sich die Stockbildung bei derjenigen 
Vorticellenform, die sich mir so häufig auf der Wasserassel zur Untersuchung darbot, und die ich 
eben für ein Zoothamnium halte. Hier durchzieht wirklich den Stamm und sämmtliche Aeste des 
Stockes ein zusammenhängendes Kanalsystem und der Stielstreif theilt sich an jeder Gabelstelle 
des Stockes ebenfalls gabelförmig (in derselben Weise wie bei Fig. 45. b. auf Taf. III.), so dass 
sämmtliche Stielstreifen mit einander im Zusammenhang stehen und die der Aeste nur unmittel- 
bare Ausläufer von dem Stielstreifen des Stammes bilden. Nach der Theilung suchen nämlich 
beide Theilungssprösslinge die Spitze des ihnen gemeinsamen Astes zu behaupten, was nur da- 
durch möglich ist, dass beide eine divergirende Richtung zur Axe einnehmen. Jedes sondert nun 
einen besondern von Anfang an hohlen und mit einem Axenstreifen versehenen Stiel aus, dessen 
Höhlung in die des alten Astes ausmündet und dessen Stielstreif sich so weit nach rückwärts ver- 
längert, bis er dem Stielstreifen des alten Astes begegnet, mit dem er auf das Innigste verwächst. 

Der Stamm des ganzen Stockes ist gewöhnlich bis auf eine nicht unbedeutende Entfer- 
nung von seinem Anheftungspunkte ohne Kanal und Stielstreif; dieser solide aber keineswegs 
ganz starre Theil des Stammes konnte daher auch beim Zusammenschnellen des übrigen Stockes 
nicht schraubenförmig zusammengezogen werden, wohl aber wird er häufig durch die ganze Last 
der zurückschnellenden Stammtheile mehr oder weniger seitlich niedergedrückt, so dass der hohle 
und solide Theil des Stammes einen knieförmigen Bogen bilden. Die Stöcke waren gewöhnlich 
strauchartig sehr regelmässig dichotomisch verästelt, die einzelnen Aeste zeigten eine ansehnliche 
und unter sich ziemlich gleiche Länge und die Individuen lagen deshalb in nahebei gleicher Höhe. 
Ich traf aber auch öfters Stöcke mit sehr entwickeltem Hauptstamme, von dessen Spitze fast dol- 
denartig drei bis fünf Aeste ausgingen, die sich dann erst regelmässig dichotomisch verästelten 

DS 


84 Oontractilstielige Vorticellinen. Stockbildung von Carchesium u. s. w. 


und ebenfalls die Individuen in gleicher Höhe trugen. Höchst auffallend war es, dass der Stamm 
eine viel bedeutendere Dicke hatte, als die Aeste, und dass auch diese um so dünner wurden, 
einer je spätern Generation von Individuen sie angehörten. In der Grösse der Individuen selbst 
war nicht die mindeste Verschiedenheit wahrzunehmen. 

Dergleichen Stöcke hatten, abgesehen von der Form und Anordnung der einzelnen Indi- 
viduen, die frappanteste Aehnlichkeit mit dem von EurkngerG abgebildeten Zoothamnium ar- 
buscula und sie überzeugten mich vollends, dass die stockbildende Vorticellenform der Wasser- 
asseln, deren Vereinigung mit der Gattung Carchesium wegen der abweichenden Stockorgani- 
sation unmöglich war, jedenfalls zur Gattung Zoothamnium gezogen werden müsse. EHRENBERG’S 
Abbildung zeigt sehr deutlich einen ununterbrochen durch Stamm und Aeste des Stockes ver-, 
laufenden Kanal, der auch eine ziemliche Strecke vor dem Anheftungspunkte des Stammes blind 
endigt '). Ebenso ist der Stamm beträchtlich dicker als die Aeste, und diese sind wieder unter 
einander von ungleicher Stärke. Die gewöhnlichen Individuen des abgebildeten Stockes stimmen 
genau mit den von mir namentlich auf den strauchartigen Stöcken beobachteten Individuen über- 
ein, nur sassen die letzteren auf verhältnissmässig viel dünnern Aesten. Nach Enrengerg’s Ab- 
bildungen zu urtheilen,, beträgt die grösste Breite des Körpers nicht viel mehr als das Doppelte 
von der Breite des Stiels, auf dem er sitzt; an meinen Exemplaren war der Körper fast viermal 
breiter, als der Stiel. Die Organisation stimmt ganz mit der von Vorticella überein; sein Umriss 
ist mehr walzenförmig, als glockig, da das Peristom sich nur durch eine seichte Einschnürung 
von dem übrigen Körper absetzt und nicht ganz so breit ist, als dessen grösster Querdurchmesser. 
Einen Nucleus und eine contractile Stelle hat EHRENBERG nicht erwähnt; ersteren fand ich kurz 
bandförmig und hufeisenförmig zusammengekrümmt, letztere rund und neben der kurzen Speise- 
röhre liegend. 

Das Zoothamnium arbuscula beobachtete EurENBERG bei Berlin auf Ceratophyllum, 
doch nie häufig. Die sehr häufigen Zoothamnien der Wasserassel sind wohl jedenfalls wegen der 
dünnern Stiele, der stets fehlenden grössern knollenförmigen Individuen und des verschiedenen 
Aufenthaltsortes specifisch verschieden ; sie mögen den Namen Zootham. parasita führen. Leider 
vermag ich diese neue Art zur Zeit noch nicht scharf von andern Zoothamnien zu unterscheiden, 
die ich auf verschiedenen Wasserthieren beobachtete, und die wohl schwerlich alle zu derselben 
Art gehören. Ich habe schon oben (S. 50.) erwähnt, dass ich auf den Cyclopen häufig eine con- 
tractilstielige verästelte Vorticellenform antraf; diese ist nach der von mir aufgestellten Begrifts- 
bestimmung ebenfalls ein Zoothamnium, da das Stielgerüst von einem zusammenhängenden Stiel- 
kanal und Stielstreifen durchlaufen wird (vergl. Taf. III. Fig. 44.). Sie bildet nur sehr niedrige, 


und von wenigen Individuen zusammengesetzte Stöcke; die Form der einzelnen Thiere und die 


1) Ueber den Stielstreifen giebt EHRENBERG’S Abbildung keinen, und der Text nur unbefriedigenden Auf- 
schluss. Denn in der Schilderung der Gattung wird 8. 288. gesagt: „‚Ein besonderer Muskelstrang verläuft in allen 
Zweigen und im Stamme des Stieles. “ Gleich darauf heisst es aber in der Beschreibung der Art 8. 289: 
„Stamm und Aeste sind hohl und wahrscheinlich mit einem sehr hellen Muskelstrange erfüllt, den ich nicht spe- 
ciell erkannte.‘ 


Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis ; über Lagenophrys. 8 


relative Stärke der Aeste stimmt aber ganz mit Zooth. parasita überein. Ich wage sie daher nicht 
als eine eigene Art abzusondern, zumal da ich mehrmals in ihrer Gesellschaft entwickeltere Stöcke 
beobachtete, an denen ich keinen Unterschied von den Zoothamnien der Wasserassel auffiinden 
konnte. Mit der kleinern Zoothamnienform der Cyclopen stimmt wieder ein häufiger Bewohner 
der Kiemenblätter von Ephemerenlarven völlig überein, dessen ebenfalls bereits oben (S. 43.) ge- 
dacht wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind diese kleinen Zoothamnienformen mit dem 
Carchesium pygmaeum von EHRENBERG !) identisch , welches ebenfalls auf Oyclops und Epheme- 
renlarven, so wie auch auf Daphnien und Brachionen beobachtet wurde. Will man sie nicht mit 
mir als unentwickelte Formen meines Zoothamnium parasita ansehen, so müssen sie im System 
als Zootham. pygmaeum aufgeführt werden, da sie mit dem Carchesium polypinum wegen des 
ganz verschiedenen Stockbaues nicht in eine Gattung vereinigt werden können. 

Auf eine dritte Zoothamnienform (Taf. III. Fig. 45.), welche auf Gammarus- Arten des 
süssen Wassers und des Meeres, so wie auf vielerlei Meeresalgen sehr verbreitet ist, werde ich 
weiter unten specieller eingehen, da ich ihren Acinetenzustand kennen gelernt habe. Sie ist 
ausserordentlich nahe mit Zootham. arbuscula verwandt, ja höchst wahrscheinlich mit demselben 
identisch; doch beobachtete ich niemals auf einem Stocke zweierlei Individuen. Einen haltbaren 


Unterschied zwischen der Süsswasser- und Meeresform habe ich nicht aufzufinden vermocht. 


10. 


un 


Ueber Organisation und Entwickelungsgeschichte der Cothurnia imberbis und 
über die Gattung Zagenophrys. 


Um die früher auf Cyclopen beobachteten Zoothamnien noch einmal genauer studiren 
und mit den Zoothamnien der Wasserasseln unmittelbar vergleichen zu können, ging ich in den 
Niemegker Gewässern abermals auf den Fang von Cyclopen aus. Ich sammelte ohne Mühe hin- 
länglich viele Exemplare des Cyclops guadricornis, und fand auf denselben auch das gesuchte 
Zoothamnium; ausserdem begegnete mir aber in ungeheuren Schaaren eine Cyclopenform, die 
ausserordentlich häufig und in zahlreichen Exemplaren mit zwei, mein ganzes Interesse fesselnden 
Vorticellinenformen besetzt war. Diese Cyclopenform war die Oyclopsine staphıylinus M. Edws.?), 
die ich bei Berlin nur einige Male und stets ohne infusorielle Bewohner beobachtet habe, und von 
den beiden auf ihr lebenden vorticellenartigen Infusionsthieren erwies sich das eine als eine speci- 
fisch und generisch neue Form, der ich den Namen Lagenophrys vaginicola gegeben habe *), das 


andere war die Cothurnia imberbis Ehbg. Beide Infusorienformen sassen vorzugsweise auf den 


1) Die Infusionsthiere S. 291. und Monatsberichte der Berliner Acad. 1840. S. 199. 

2) Ich führe dieses Entomostracon unter dem bis jetzt noch geläufigsten Namen von MILNE EDWARDS auf, 
obgleich ich die Gründe kenne, die dessen Beibehaltung verbieten. Die Synonyme sind nämlich : Cyelops minutus 
O. F. Müll., Cyelops staphylinus Jurine, Ramdoln , Nauplius minutus Philippi, Doris minuta Koch , Harpacticus 
staphylinus Dana und Canthocamptus minutus Baird. 

3) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung S. 500. 


6 Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis; über Lagenophrys. 


Beinen, Fühlern und den langen Schwanzborsten der Cyelopsine staphylinus und häufig in solcher 
Menge, dass ich auf einem einzigen Cyclopen 50 — 60 Exemplare zählte. 

Die Oothurnia imberbis ist von EHRENBERG kenntlich, doch nicht mit hinlänglichem 
Organisationsdetail abgebildet worden '); ich will daher einige Ergänzungen hinzufügen , die um 
so nöthiger sein dürften, als ich weiter unten eine sehr nahe verwandte Cothurnienform des Fluss- 
krebses zu besprechen habe. Es ist bereits oben (8. 38.) darauf aufmerksam gemacht worden, dass 
zwischen den Gattungen Vaginieola und Cöthurnia kein recht scharfer Unterschied vorhanden 
sei. Die Cothumnien sind stiellose langgestreckte Vorticellinen, welche im Grunde einer stets 
deutlich gestielten, krystallhellen, bald farblosen, bald mehr oder weniger gelblichen bis tief rost- 
braunen, vorn mit einer weiten Mündung versehenen Hülse befestigt sind. Die Hülse ist ein Ab- 
sonderungsproduct des Körpers, und zwar zunächst seines Basaltheiles, sie ist Anfangs stets farb- 
los und gallertartig, später aber erhärtet sie und durchläuft häufig nach und nach alle Grade der 
Consistenz bis zu völliger Starrheit und Verhornung. Je stärker die Hülse verhornt, um so inten- 
siver färbt sie sich rostbraun, und um so mehr macht sie den Eindruck, wie die aus Chitin be- 
stehenden Skelettheile der Arthropoden. Auf die verschiedene Färbung der Hülsen darf man 
daher keine Artcharactere gründen ; sie bezeichnet nur ihr verschiedenes Alter. Der Stiel der Co- 
thurnienhülse ist solide und starr, wie der der Gattungen Epistylis und Opereularia, auch zeigt 
er gewöhnlich die dort so häufig vorkommenden queren ringförmigen Einschnürungen. Er nimmt 
meistens von der Basis nach der Spitze hin allmählich an Dicke zu und erweitert sich dann zur 
Hülse, die also als eine peripherische Ausbreitung der Stielspitze erscheint und die jedenfalls aus 
demselben Stoffe besteht, wie die Stielwandungen der Vorticellen und die Stielgerüste der Epi- 
styliden und Opereularien. So lange die Hülsenbildung noch nicht begonnen hat, ist eine Co- 
thurnia von einer Epistylis nicht zu unterscheiden. Der Hülsenstiel erreicht bei allen mir be- 
kannten Cothurnien eine unbedeutende Höhe, die stets viel geringer ist, als die Höhe der Hülse. 
Nur die Cothurnia havniensis Ehbg. macht hiervon eine Ausnahme; diese nur von EHRENBERG 
beobachtete noch sehr ungenügend gekannte Infusorienform der Ostsee dürfte jedoch schwerlich 
eine Cothurnie sein, denn das Thier sitzt nicht im Grunde der Hülse, sondern schwebt frei in 
deren Mündung ?). 

Die Hülse der Cothurnia imberbis ist im Allgemeinen walzenförmig, hinter der Mitte 
stark bauchig erweitert; ihre Mündung ist nicht nach aussen umgeschweift, sondern eher etwas 
verengert. Der querrunzlige, von dem Anheftungspunkte nach der Spitze hin sich erweiternde, 
stets mehr oder weniger ‚S'-fürmig gebogene Stiel erreicht höchstens den vierten Theil der Hül- 
senhöhe, ist aber häufig um die Hälfte kürzer. Die neugebildete Hülse ist farblos und krystall- 
hell, alte Hülsen sah ich nur blassgelb. Das fast walzenförmige, nach der Basis zu sich kegel- 
förmig verengernde Thier ragt im ausgestreckten Zustande käum zur Hülsenmündung heraus. 


Sein Peristom ist kaum merklich verdickt und nicht nach aussen umgesehlagen , aber deutlich 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXX. Fig. 7. 
2) Vergl. die Infusionsthiere S. 298. und Taf. XXX. Fig. 9. 


Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis; über Lagenophrys. 87 


bewimpert. Die Scheibe des von einem einfachen Wimperkranze gesäumten Wirbelorgans ist flach 
und ragt nur mit der Stelle, welche die Mundöffnung überwölbt, ein wenig über die Peristom- 
mündung hervor. Der Mund führt in eine lange, ziemlich grade und enge, bis über die Körper- 
mitte hinabreichende, mit drei bis vier langen Wimpern ausgekleidete Speiseröhre. Neben der- 
selben liegt auf der einen Seite eine runde contractile Stelle, auf der andern eim kurzer, band- 
förmiger, fast grader oder nur schwach nierenförmiger Nucleus. 

Längstheilung des Thieres findet sehr häufig auf die gewöhnliche Weise statt, man beob- 
achtet daher mindestens eben so viele Hülsen mit zwei Bewohnern, als mit einem. Die ihre Hülse 
verlassenden Thiere bilden stets den hintern Wimperkranz und schwimmen nach dem Austritt 
mit dem hintern Ende voran. Auch Knospenbildung habe ich nicht selten beobachtet; diese ent- 
stehen stets in einfacher oder doppelter Zahl an der Basis des Thieres, nahe über seinem Anhef- 
tungspunkte und entwickeln sich auf die bei den Vorticellen gewöhnliche Weise. Andere Fort- 
pflanzungsweisen habe ich nicht kennen gelernt. Bemerkenswerth ist noch, dass mir unter Tau- 


senden von Individuen niemals jugendliche Entwickelungsstufen vorgekommen sind ; alle zeigten 


nur geringe Schwankungen in der Grösse. Die Hülse war durchschnittlich Yas 
ihr Stiel Yo5s— "so hoch. 


Die Entwickelung einer neuen Hülse an Theilungssprösslingen, die ihre Hülse verlassen 


!/;o lang, und 


und sich an einer andern Stelle wieder fixirt hatten, habe ich mehrmals genau verfolgt. Wäh- 
rend der Hülsenbildung hat das Thier sein Wirbelorgan eingezogen, und den Körper in der 
Weise contrahirt, dass er den Umriss einer mit ihrem Napfe versehenen Eichel erhält (man vergl. 
die Fig. 21. und 22. auf Taf. VI., welche die ganz ähnliche Hülsenentwickelung von Cothurnia 
astaeci darstellen). Der napfförmig angeschwollene Theil des Körpers entspricht genau dem Seg- 
mente, welches die ringförmige, den hintern Wimperkranz producirende Furche abgränzt. Seine 
ganze Oberfläche scheint gleichzeitig den Basaltheil der Hülse abzusondern; denn die Hülse 
machte sich immer gleich als ein weicher Gallertnapf bemerklich, welcher der napfförmigen An- 
schwellung des Cotburnienkörpers innig anlag. Indem sich nun die napfförmige Basis der Hülse 
mehr und mehr verdickt und von ihrem Mittelpunkte aus nach der Peripherie hin allmählich er- 
"hättet, gewinnt sie hinlängliche Consistenz, um für sich zu bestehen, der Cothurnienkörper streckt 
sich ein wenig in die Länge aus, und weicht dadurch von dem fertigen Theile der Hülse zurück. 
Ihr weicher Rand bleibt aber unausgesetzt mit der ringförmigen Furche des Körpers in imnigem 
Zusammenhange, und diese fährt fort neue Hülsensubstanz auszuscheiden. Jetzt erscheint die 
Hülse als ein allseitig abstehender, steifer, halbkugliger Napf, dessen noch sehr biegsamer Vor- 
derrand sich nach innen in eine sehr zarte Lamelle unıschlägt, die auf der Oberfläche des Cothur- 
nienkörpers nach rückwärts bis zu der ringförmigen Furche herabläuft und an dem Vorderrande 
der napfförmigen Anschwellung angewachsen ist. Diese Lamelle wird durch fort und fort von dem 
Körper abgesonderte Gallertsubstanz sowohl verdickt, als verlängert, und in dem Maasse, als ihr 
Wachsthum fortschreitet, streckt sich der contrahirte Cothurnienkörper immer mehr in die Länge 
aus, wodurch ein Theil der Lamelle nach dem andern nach aussen umgerollt wird, und einen 
Höhenzuwachs an dem schon fertigen Hülsentheile bildet. Contrahirt sich bei einer drohenden 


88 Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis,; über Lagenophrys. 


Gefahr die Cothurnie stärker, so wird auch der noch längere Zeit sehr biegsam bleibende Höhen- 
zuwachs wieder nach innen umgerollt. Wenn der aufrechte Grundtheil der Hülse und ihre nach 
innen zurückgeschlagene Fortsetzung zusammengenommen die Länge haben, welche der Höhe 
des vollständig ausgestreckten Thieres entspricht, so hört die Verbindung des Umschlags mit dem 
Körper auf, und er wird durch Contractionen und Expansionen des Körpers nach vorn und aussen 
gedrängt, um nun die Mündungsregion der Hülse zu bilden, die stets viel dünnhäutiger als der 
Basaltheil der Hülse ist. Die Entwickelungsgeschichte der Cothurnienhülse ist hiernach compli- 
cirter, als die der Vagimicolenhülse (vergl. oben S. 36. 37.). 

Die von mir entdeckte Gattung Lagenophrys, von der ich bis jetzt drei Arten kenne, 
umfasst, wie die Gattungen Vaginicola und Cothurnia, ebenfalls Hülsen bewohnende Vorticellen- 
formen ; sie unterscheidet sich aber von jenen sehr scharf dadurch, dass das Thier nicht im Grunde 
der Hülse festsitzt, sondern unter der Mündung derselben frei aufgehängt ist. Die Hülse (Taf. 
VI. Fig. 3. 4. a.) ist ungestielt und nicht mit ihrem Grunde auf fremden Körpern befestigt, son- 
dern wie die der Vaginicola decumbens mit einer ihrer Seitenflächen, welche abgeplattet ist und 
als Bauchseite bezeichnet werden kann; die gegenüberliegende Rückenseite ist stark gewölbt. 
Die Mündung der Hülse ist sehr verengert und mit einem vorstehenden, biegsamen, zweilippigen 
Saume (b. b.) versehen, der die Mündung verschliesst, wenn das Thier sich contrahirt. Letzteres 
sitzt mit seinem Peristomrand (Fig. 4. d.) an der innern Umgebung der Hülsenmündung fest, 
und hat im Allgemeinen die Gestalt der Hülse, füllt diese aber nicht aus, sondern steht mehr 
oder weniger von ihren Seitenwandungen ab. Aus der Peristommündung, die genau unter der 
Hülsenmündung legt und mit ihr gleiche Weite hat, tritt ein lang und eng gestieltes Wirbelor- 
gan (e.) mit fast planer, am Rande gewimperter, ziemlich schmaler Scheibe hervor, die so nach 
aussen und rückwärts umgeschlagen wird, dass der grössere Theil der Peristommündung als 
Mund fungiren kann. Die zuerst grade und weite Speiseröhre (f.) verengert sich vor der Mitte 
des Körpers und biegt unter dem Wirbelorgan schief nach aussen und hinten um; sie enthält m 
ihrer Mitte zwei bis drei lange Wimpern, welche untaugliche Stoffe wieder nach aussen schleu- 
dern. Neben der Speiseröhre liegt eine runde contractile Stelle (g.) und im hintern Theile des 
Leibes ein ansehnlicher bandförmiger Nucleus (A.). Wird das Wirbelorgan eingezogen, so zuckt 
der Körper heftig zusammen, das Peristom contrahirt sich sphincterartig und in Folge dessen 
klappen die beiden gegenüberstehenden Ränder des lippenartigen Mündungssaumes gegen ein- 
ander und verschliessen die Hülsenmündung. Von Fortpflanzungsweisen habe ich bisher nur 
Selbsttheilung des Thieres, die in einer schiefen diagonalen Richtung vor sich geht, und Knos- 
penbildung beobachtet. Betrachten wir nun die drei von mir entdeckten Arten etwas näher für sich. 

Die Lagenophrys vaginicola (Taf. VI. Fig. 4—10.) traf ich bei Niemegk fast auf jeder 
Oyelopsine staphylinus in einigen Exemplaren, sowohl auf den Beinen, als besonders auf den bor- 
stenförmigen Schwanzanhängseln, an denen sie nicht selten dicht gereiht hinter einander sassen. 
Einmal zählte ich auf den Schwanzborsten und Beinen zusammen 41 Exemplare; ein Dutzend 
Exemplare sind etwas sehr Gewöhnliches. Die Hülse dieser Art (Fig. 4. «.) ist langgezogen, um- 
gekehrt herzförmig,, auf der festsitzenden Bauchseite abgeplattet, auf der Rückenseite hochge- 


Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis ; über Lagenophrys. 8) 


wölbt, sie ähnelt somit einer der Länge nach halbirten Birne. Das vordere abgestutzte Ende 
ist nach der Mitte zu vertieft und in derselben mit der engen rundlichen Mündung versehen, 
welche von zwei halbmondförmigen, gegenüberstehenden, klappenartigen Fortsetzungen (b. 5.) 
der Hülsenwand überragt wird, die, wenn das Thier contrahirt ist, dachförmig gegen einander 
geneigt sind (Fig. 5. 8. 10.), aber weit aus einander stehen, wenn das Wirbelorgan hervorge- 
streckt ist. Der hinterste, verengerte Theil der Hülse hat einen sehr dickwandigen Boden. 

Das Thier (Fig. 4. c.) hat eine umgekehrt eiförmige Gestalt und ist an seinem vordern 
abgestutzten Ende mit einem’engen, sehr niedrigen, am innern Rande der Hülsenmündung an- 
gehefteten Peristom (d.) versehen, welches sich der Beobachtung leicht entzieht. Der Körper 
füllt den vordern weitern Theil der Hülse fast vollständig aus, der hintere engere Theil derselben 
aber bleibt leer. Bisweilen erscheint das Thier lang ausgestreckt, walzenförmig (Fig. 5.), es 
reicht dann bis auf den Boden der Hülse hinab und hat so die grösste Aehnlichkeit mit der Co- 
thurnia imberbis. Ich glaubte daher eine Zeit lang, dass die Lagenophrys vaginicola nur eine 
Metamorphosenstufe der stets mit ihr gleichzeitig vorkommenden Cothurnia imberbis sei"); als 
ich aber später die beiden anderen Arten der Gattung Lagenophrys kennen lernte, ohne je in 
ihrer Gesellschaft Cothurnien zu beobachten, konnte davon nicht länger die Rede sein. Jene ab- 
weichenden Formen der Lagen. vaginicola sind nichts weiter, als solche Exemplare, die eben erst 
ihre Hülse vollendet und den Körper noch nicht zu der bleibenden Form zusammengezogen 
haben; denn die Hülse zeigt sich in diesem Falle stets ganz wasserklar, während sie an ältern 
einen gelblichen Ton hat, und die beiden halbmondförmigen Klappen der Mündung fehlen oft 
noch ganz oder sind doch nur in schwachen Andeutungen vorhanden. Die ersten Anfänge der 
Hülsenbildung habe ich noch nicht beobachtet, ohne Zweifel entsteht aber die Hülse auf eine 
ganz ähnliche Weise, wie ich es bei der Cothurnia imberbis beschrieben habe. Alle von mir beob- 
achteten Exemplare hatten fast gleich grosse Hülsen, niemals sah ich auch nur um die Hälfte 
kleinere. Die mittlere Länge der Hülse beträgt Y/;3”’, ihre grösste Breite 4”. 

Die Fortpflanzung durch Theilung hat manches Eigenthümliche. Vor Allem fällt es auf, 
dass die Theilungsfurche (vergl. Fig. 6.) von der dem Wirbelorgan gegenüberliegenden Vorder- 
ecke des Körpers in diagonaler Richtung nach dem hintern Ende der entgegengesetzten Seite ver- 
läuft, wodurch sich das Thier in eine vordere und eine hintere Seitenhälfte scheidet. Der vordern 
Seitenhälfte (a.) bleibt der ganze Mundapparat und die Speiseröhre, und deshalb kann sie unaus- 
gesetzt thätig bleiben ; sie wirbelt, die gewöhnlichen kurzen Unterbrechungen abgerechnet, fort 
und fort nach Nahrung; die aus der Speiseröhre in die Leibeshöhle geschobenen Nahrungsballen 
häufen sich aber alle nur in der vordern Seitenhälfte an und dringen nicht mehr in die mit ihr 
noch zusammenhängende hintere Seitenhälfte (d.) ein. Aus der letztern sind schon kurz vor dem 
Auftreten der Theilungsfurche alle Nahrungsballen verschwunden, sie besteht nun aus einer feinen 


homogenen Körnermasse und enthält zwischen derselben nur noch die hintere Hälfte des bedeu- 


1) Auf dieser irrigen Ansicht beruht die Andeutung in meiner ersten Infusorienabhandlung 8. 107., dass die 
Entwickelung der Cothurnien auf eine andere Weise erfolge, als die der Vaginicolen. 


Stein, Infusorien. Z 


90 Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis; über Lagenophrys. 


tend verlängerten bandförmigen Nucleus. Sobald sich die Theilungsfurche deutlicher markirt, 
gleicht die hintere Seitenhälfte viel mehr einer colossalen, dem Mutterthiere an Umfang gleich- 
kommenden Knospe, als einem sich abschnürenden Theilungssprössling, und man gewinnt da- 
durch von Neuem die Ueberzeugung, dass zwischen der Fortpflanzung durch Theilung und Knos- 
penbildung keine scharfe Gränze zu ziehen ist. 

Wenn die Theilungsfurche so tief eingegriffen hat, dass der hintere Theilungssprössling 
als ein fast selbstständiger, ovaler Körper erscheint, dann bemerkt man ziemlich in seiner Mitte 
eine runde contractile Stelle und vor oder hinter derselben eine geschlängelte längliche Höhle, in 
der einzelne schwingende Wimpern zu unterscheiden sind. Bald öffnet sich diese Höhlung an 
dem Ende der Hälfte, in der sie liegt, nach aussen und ein fleischiger Vorsprung in ihr bildet 
sich zum Wirbelorgan aus. Jetzt ist auch die Theilung vollendet, und der abgeschnürte Thei- 
lungssprössling gleicht bis auf den Mangel von Nahrungsballen dem vordern Theilungsspröss- 
linge (Fig. 7. 5.) im Zustande der Contraction. Zu freien Bewegungen ist für den hintern Thei- 
lungssprössling kein Raum vorhanden, er bleibt daher fortwährend ganz regungslos liegen; nur 
die contractile Stelle pulsirt lebhaft und auch die in der Speiseröhre enthaltene Flüssigkeit wogt 
von Zeit zu Zeit langsam auf und nieder. Zuletzt wächst auf der äussern Oberfläche des hintern 
Theilungssprösslings ein seitlicher, mit der Längsaxe des Körpers fast in einer Ebene liegender 
vorn und hinten unterbrochener Wimperkranz (Fig. 7. c. ce.) hervor, der dem temporären, verti- 
kal auf der Längsaxe stehenden, hintern Wimperkranze der übrigen Vorticellinen entspricht, und 
der ebenfalls für das freie Lebensstadium des Theilungssprösslings berechnet ist. An dem vordern 
Theilungssprösslinge habe ich einen solchen Wimperkranz noch nicht beobachtet, und doch 
müssen beide Theilungssprösslinge die Hülse verlassen; denn ich traf häufig leere und dabei an- 
scheinend unverletzte Hülsen, wie auch Hülsen, die nur den hintern, langsam rotirenden 
Sprössling enthielten. Wie die Thiere nach aussen gelangen, ohne die Hülse zu verletzen, 
ist schwer zu begreifen, da die Hülsenmündung im Verhältniss zum Körperumfang so ausser- 
ordentlich eng ist, dass sich durch diese das Thier wohl kaum hindurch zu zwängen ver- 
mag. Wahrscheinlich wird die Mündung in seitlicher Richtung zwischen den beiden halbmond- 
förmigen Klappen gewaltsam erweitert, dieser Riss aber dadurch verdeckt, dass die Klappen nach 
dem Ausschlüpfen des Thieres wieder zusammenfahren. An den leeren Hülsen sind die Klappen 
stets zusammengeneigt. 

Auf eine zweite Fortpflanzungsweise, die nicht minder eigenthümlich ist, als die Thei- 
lung, wurde ich zuerst dadurch aufmerksam, dass ich in Hülsen, welche nur von einem Thiere 
bewohnt wurden, das dann auch niemals in der Theilung begriffen war, sehr häufig noch ein bis 
vier junge Thierchen (Fig. 9. und 10. b. b.) beobachtete, die sich in dem freien Raume der Hülse 
ausserordentlich munter und schnell herumtummelten. Sie hatten einen ovalen nackten Körper, 
an dem sich vorn ein schmalerer warzenförmiger Vorsprung befand, der an seinem Grunde mit 
einem Kranze undulirender Wimpern besetzt war. Ziemlich in der Mitte des Körpers lag eine 
lebhaft contractile Stelle; einen Nucleus konnte ich nicht deutlich unterscheiden. Am hintern 


Ende glaubte ich früher eine Oeffnung zu sehen, später überzeugte ich mich aber, dass dasselbe 


Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis ; über Lagenophrys. 91 


abgerundet und geschlossen sei. Die Thierchen glichen mithin sowohl den Knospensprösslingen, 
als auch den Schwärmsprösslingen der Vorticellen; ihre Länge betrug durchschnittlich so”. 
Dass sie nicht von aussen eingedrungene Fremdlinge, sondern Abkömmlinge der Lagen. vaginı- 
cola seien, das lehrte die Unverletztheit der Hülse, ihr sehr häufiges Vorkommen (auf manchen 
Cyclopen war fast jede Hülse und zwar meist von zwei oder drei Jungen bewohnt), und ihre con- 
stante Form. Nur darüber war ich zweifelhaft, ob ich Schwärmsprösslinge oder Knospenspröss- 
linge vor mir hatte; denn vier Knospensprösslinge hatte ich noch bei keiner Vorticellinenform an 
einem Individuum beobachtet und dreie nur äusserst selten. 'Im Innern des alten Thieres , wel- 
ches die Mündung der Hülse verschlossen hielt und auf die gewöhnliche Weise nach Nahrung 
wirbelte, war nichts zu bemerken, was auf die Bildung von Schwärmsprösslingen hingedeutet 
hätte, dagegen sah ich oft, dass sich das hintere Ende (Fig. 8. ce.) desselben durch eine quere oder 
schiefe ringförmige Einschnürung abgliederte, ohne äusserlich eine bestimmte Organisation er- 
halten zu haben. Es bildete dann einen ruhenden, homogenen Körper von ovaler nierenförmiger 
oder abgerundet dreieckiger Gestalt, der im Innern eine contractile Stelle und einen viel schma- 
lern bandförmigen Nucleus enthielt, als das Mutterthier. Man muss diesen Körper als eine ab- 
gefallene Knospe ansehn, nicht aber als einen unentwickelten, durch ungleiche Theilung ent- 
standenen Theilungssprössling, da sein Nucleus nicht einen Theil vom Nucleus des Mutterthieres 
bildet, sondern durch Neubildung entsteht. 

Die Knospe kann sich nicht unmittelbar in ein Junges verwandeln, denn ich fand sie 
immer grösser, als ein solches, sondern sie muss sich erst durch Theilung zu zwei oder vier Jun- 
gen entwickeln. Ich schliesse dies daraus, dass ich mehrmals eine ringförmige Einschnürung um 
die Mitte der abgefallenen Knospe (Fig. 4. i.) beobachtete, und dass ich häufig zwei Junge 
(Fig. 9. d’.) noch mit ihren vordern Enden fest zusammenhängen sah, von denen jedes schon mit 
seinem besondern Wimperkranze versehen war, mittelst dessen sie sich gemeinsam auf- und ab- 
bewegten. Die Jungen entstehen hiernach jedenfalls dadurch, dass sich die Knospe in die Länge 
streckt und in ihrer Mitte ringförmig einschnürt, dass kurz vor und hinter der am stärksten ein- 
geschnürten Stelle ein Wimperkranz hervorwächst, und dass endlich zwischen beiden Wimper- 
kränzen die vollständige Abschnürung erfolgt. War die Knospe gross, so zerfällt sie ohne Zweifel 
erst durch Quertheilung in zwei Hälften, und jede entwickelt sich dann für sich zu zwei Knos- 
pensprösslingen. Auf diese Weise erkläre ich mir das Vorkommen von vier Sprösslingen in 
einer Hülse. 

Treffen wir drei oder nur einen Knospensprössling in einer Hülse, so hat wahrscheinlich 
bereits einer seinen Weg ins Freie gefunden. Das Ausschwärmen der Knospensprösslinge aus der 
Hülse habe ich oftmals verfolgt. Es kann natürlich nur dann erfolgen, wenn das Mutterthier 
von der Mündung der Hülse zurückweicht. Dies geschieht dadurch, dass das Thhier heftig: zu- 
sammenzuckt, wodurch wahrscheinlich die Verbindung seines Peristoms mit dem innern Rande 
der Hülsenmündung gewaltsam gelöst wird, und dass es dann, sich an zwei gegenüberliegende 
Seitenwandungen der Hülse andrückend, in derselben eine kurze Strecke nach abwärts gleitet 
(Fig. 10. @.). Sogleich benutzen die Knospensprösslinge 5. 5. diesen günstigen Augenblick, auf 

127 


92 Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis; über Lagenophrys. 


den sie oft lange warten müssen, schwimmen hurtig nach vorn, drängen die zusammengefallenen 
Mündungsklappen aus einander und gewinnen so das Freie. Häufig ist nur einer so glücklich; 
denn es währt nicht lange, so reckt sich das Mutterthier wieder aus, schiebt sich nach vorn und 
verschliesst von Neuem auf die gewöhnliche Weise die Hülsenmündung. Da die Knospenspröss- 
linge um Vieles kleiner sind, als die kleinsten Hülsen, welche ich beobachtete, so bringen sie 
vielleicht einen grossen Theil ihres Lebens ohne Hülse zu und bilden diese erst in dem reifern 


Lebensalter. 
“ 


Die zwei andern Arten der Gattung Lagenophrys, die Lagen. ampulla und Lag. nassa '), 
lernte ich erst im Sommer 1851 kennen; ich will sie jedoch gleich hier mit abhandeln und dabei 
auch die Beobachtungen berücksichtigen, die ich bis auf die neueste Zeit fortgeführt habe. Die 
Lagen. ampulla (Fig. 11—16.) ist auf den Kiemendeckeln und Kiemenblättern der Wasserassel 
und auf den Kiemenblättern der Gammarusarten des süssen Wassers sehr gemein; oft kommt sie, 
namentlich auf der Wasserassel, in so zahllosen Exemplaren vor, dass jene Organe fast von einer 
zusammenhängenden Schicht dieser Thiere überzogen sind. Ich beobachtete sie nicht bloss in 
allen Gewässern um Niemegk, sondern eben so häufig auch im Sommer 1852 bei Berlin, und 
bei Tharand seit dem Frühling 1852 auf den Gammarusarten der kleineren Gebirgsbäche. Die 


früher von mir gegebene Darstellung bedarf noch einiger kleinen Berichtigungen. 


Die Hülse der Lag. ampulla (Fig. 15. a.) gleicht im Allgemeinen einer kreisrunden, 
planconvexen Linse, nur ist sie vorn mit einer mehr oder weniger hervortretenden Ausbuchtung 
versehen, deren Vorderrand («’.) leistenartig verdickt ist, und deren obere, dünnhäutige Wand 
die querovale Hülsenmündung (d.) enthält. Diese ist von einem niedrigen, vorstehenden Saume 
umgeben, der durch senkrechte Einschnitte in mehrere ungleich breite, nach aussen umgerollte 
Lappen zerfallen ist, wodurch er das Ansehn eines gegliederten Ringes erhält. Am innern Rande 
des Saumes ist das wulstige, dicke Peristom des Thieres (Fig. 11. 5.) angewachsen, und wenn 
sich dasselbe zusammenzieht, klappen die obere und die untere Hälfte des Mündungssaumes, die 
durch einen tiefern Einschnitt von einander geschieden sind, wie die Bügel einer Chatoulle zu- 
sammen (Fig. 13.) wodurch die Mündung ebenfalls vollständig geschlossen wird. Der Körper 
hat genau den Umriss der Hülse, füllt diese jedoch lange nicht aus; sein feinerer Bau stimmt 
ganz mit dem der Lag. vaginicola überein. Auch das Wirbelorgan (Fig. 11. c.) scheint mir nach 
den neuesten Beobachtungen nicht verschieden zu sein. Früher glaubte ich noch einen seitlichen 
dünnhäutigen Anhang an demselben zu unterscheiden ; ich vermochte jedoch diesen in neuester 
Zeit nicht mehr aufzufinden, und vermuthe daher, dass er auf einer Täuschung beruht. Der 
Durchmesser der Hülse schwankt durchschnittlich zwischen Yo — Y/so 


beobachtete ich auch von dieser Art niemals. Die neugebildeten Hülsen sind farblos und voll- 


m 


; beträchtlich kleinere 


kommen durchsichtig, ältere mehr oder weniger opak, gelblich bis fast rostfarbig. 


I) Diese beiden Arten wurden zuerst von mir in meiner zweiten Infusorienabhandlung S. 505. und 506. auf- 
gestellt und kurz characterisirt. 


Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis,; über Lagenophrys. 93 


Die Theilung (Fig. 12.) findet ebenfalls in schiefer Richtung zur Längsaxe des Thieres, 
wenn auch nicht in so entschieden diagonaler Richtung statt, wie bei Lag. vaginicola. Vor der 
Theilung wächst nämlich das ganze Thier, mit Ausnahme seines Peristoms beträchtlich in die 
Breite, es hört jedoch nicht auf von aussen Nahrung aufzunehmen ; die Nahrungsmittel bleiben aber 
alle in derjenigen Hälfte («.) des Leibes liegen, der das Wirbelorgan und die Speiseröhre angehört. 
In dem Maasse, als sich der Körper verbreitert, verlängert sich auch der Nucleus, streckt sich 
grade aus und lagert sich quer durch den Körper. Nun erscheint die Theilungsfurche, welche am 
vordern Ende auf der dem Wirbelorgan gegenüberliegenden Körperseite dicht unter dem Peri- 
stom weggeht, auf der entgegengesetzten Körperseite aber den Hinterrand in sehr geringer Ent- 
fernung von der Längsaxe schneidet. Dadurch wird ein Segment (Fig. 12. 5.) abgegränzt, wel- 
ches wie eine grosse seitliche Knospe erscheint, jedenfalls aber ein in der Theilung begriffener 
Theilungssprössling ist, da es die Hälfte vom alten Nucleus umschliesst. Bevor dieses Segment 
sich vollständig abschnürt, schwillt es am vordern und hintern Ende noch merklich an, und ver- 
grössert sich dadurch so, dass es dem vordern, mit dem Wirbelorgan und der Speiseröhre ver- 
sehenen Theilungssprössling, wenn er sich im Zustande der Contraction befindet, an Umfang 
gleich kommt. Nun entsteht in dem hintern Segmente eine contractile Stelle, und in seinem vor- 
dern Ende bildet sich auf die schon mehrfach beschriebene Weise ein neuer Mundapparat sammt 
Speiseröhre aus, und endlich wächst an seiner Peripherie ein kräftiger seitlicher Wimperkranz 
(Fig. 13. e.) hervor. 

Nach vollendeter Theilung liegen zwei in Grösse und Form völlig gleiche Individuen 
mehr neben - als hinter einander (Fig. 13.), von denen das vordere (a.) mit seinem Peristom immer 
noch mit der Hülsenmündung in inniger Verbindung steht, auch von Zeit zu Zeit noch nach 
Nahrung: wirbelt. Bald hört dies jedoch auf, der vordere Theilungssprössling bleibt contrahirt, 
es wächst auch an ihm ein seitlicher Wimperkranz hervor (Fig. 14. a.), und er löst sich nun von 
der Hülsenmündung ab. In der Regel geschieht dies in der Weise, dass das Peristom seine Ver- 
bindung mit der Hülsenmündung aufgiebt. Nicht selten trennt sich aber der Körper (Fig. 14. a.) 
von dem Peristome, das letztere wächst mit seinen Hinterrändern wieder zusammen und erscheint 
nun als ein von der Hülsenmündung herabhängender stumpf kegelförmiger Körper (d.), der sich 
auffallender Weise längere Zeit individuell belebt zeigt. Er contrahirt und expandirt sich abwech- 
selnd so energisch, dass die Hülsenmündung bald weit aufgesperrt, bald wieder fest verschlossen 
wird; ja in seiner Substanz erscheint sogar eine besondere, kleine, lebhaft contractile Stelle. Eine 
weitere Entwickelung konnte ich an diesem selbstständig gewordenen Peristome nicht beobachten, 
wohl aber traf ich es öfters abgestorben und in der Auflösung begriffen. So lange das Peristom 
die Hülsenmündung verschliesst, können die beiden 'Theilungssprösslinge, die heftig stossweise 
hin und her schwimmen, aber ihr Wirbelorgan fortwährend eingezogen behalten, aus der Hülse 
nicht entweichen. Nur der eine von ihnen (e.) ist mit einem sich scharf absetzenden Peristom (c’.) 
versehen; der andere (a.) ist vorn einfach abgerundet. 

Hat sich der vordere Theilungssprössling unverletzt von der Hülsenmündung zurückge- 
zogen (Fig. 15.), so finden gewöhnlich beide Theilungssprösslinge bald den nun freigewordenen 


94 Organisation und Entwickelung der Cothurnia imberbis,; über Lagenophrys. 
9 I genopury 


Ausgang aus der Hülse; es macht ihnen aber noch viele Mühe, sich durch die enge Hülsenmün- 
dung hindurch zu drängen. Diesen Act habe ich oft belauscht; wer ihn durch eigene Anschau- 
ung kennen lernen will, dem empfehle ich besonders die Untersuchung der in der Häutung be- 
griffenen Gammarusarten. So wie die alte Haut der Kiemenblätter abgestreift ist, so beeilen sich 
alle Individuen der Lag. ampulla, welche aufihr hausen, ihre Hülsen so schnell als möglich zu 
verlassen, um sich wahrscheinlich auf den verjüngten Kiemenblättern von Neuem anzusiedeln, 
und es versehen sich dann auch die Individuen mit dem seitlichen Wimperkranze, welche eine 
Hülse allein bewohnen. Da die abgestreiften Kiemenhäute völlig durchsichtig sind, so kann man 
die auf ihnen sitzenden Thiere mit grosser Schärfe beobachten und namentlich auch über die 
Stellung der langen, fast griffelförmigen Wimpern ins Klare kommen. Dreht sich das von der 
Mündung abgelöste Thier so, dass es dem Beobachter seine Bauchseite zukehrt (Fig. 15. c.), so 
sieht man, dass die Wimpern nicht genau am Rande sitzen, sondern aus einer ringförmigen 
Furche der Bauchseite entspringen, welche dem Körperrande ziemlich parallel läuft. Ist das Thier 
aus der Hülse herausgekrochen, so schwimmt es gewandt und schnell mit weit aus einander ge- 
spreizten Wimpern umher und es hat jetzt grosse Aehnlichkeit mit einer Stylonychia, namentlich 
bei der Ansicht von der Fläche. Im Profil (Fig. 16.) sieht man noch deutlicher, dass der Wim- 
perkranz (e.) der abgeplatteten Bauchseite angehört, dass seine Ebene der Längsaxe des Körpers 
fast genau parallel verläuft und daher die Ebene des hintern Wimperkranzes der Vorticellen recht- 
winklig schneidet. Die frei herumschweifenden Lagenophryen bilden daher eine Uebergangsstufe 
von dem mehr radıiären Körpertypus der Vorticellinen zu dem bilateralen der Oxytrichinen und 
Euploten, welche Familien , meines Erachtens im natürlichen System der Infusorien unmittelbar 
auf die Gruppe der Vorticellinen im weitern Sinne (ich verstehe darunter EHRENBERG’S Vorti- 
cellinen, nach Ausschluss von Stenior, seine Ophrydinen und meine Spirochonen) zu folgen 
haben. Die Vorticellinen sehe ich für die höchste Entwickelungsstufe innerhalb der Klasse der 
Infusionsthiere an, durch welche sich diese sehr natürlich an die Thierklassen mit radıiärem Kör- 
pertypus und zwar zunächst an die Polypen anschliesst. Dies fühlten schon die ältern Naturfor- 
scher und sie bezeichneten deshalb allgemein die Vorticellinen als Afterpolypen. 

Knospenbildung beobachtete ich bei Lagen. ampulla nicht so häufig, als bei L. vagini- 
cola. Die Knospe wächst immer auf einer der Seitenwände, nahe unter dem Peristom hervor, 
und wenn sie einen halbkugligen Umfang erreicht hat, fängt sie bereits an, sich abzuschnüren. 
Sie ist jetzt von einem unentwickelten hintern 'Theilungssprösslinge äusserlich nur durch die 
Grösse verschieden, innerlich aber durch einen ganz selbstständigen, ihrer Grösse proportionalen 
Nucleus. Die abgefallene Knospe entwickelt sich höchstens zu zwei Knospensprösslingen 
(Fig. 11. 9. g.), wenigstens traf ich nie mehr in einer Hülse. Diese können aber auch jeder für 
sich aus einer Knospe entstanden sein; denn ich sah mehrmals auf beiden Seiten des Thieres eine 
Knospe, die nur so gross war, als ein entwickelter Knospensprössling. Hat sich eine grössere 
Knospe vom Mutterkörper abgelöst, so schnürt sie sich ebenfalls in der Mitte, jedoch in etwas 
schiefer Richtung ein, und an jedem Segmente wächst kurz vor dem vordern Ende ein ebenfalls 


gegen die Längsaxe mehr oder weniger geneigter Wimperkranz hervor. Die Knospensprösslinge 


Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 95 


hängen daher hier vor ihrer vollständigen Trennung mit den ungleichnamigen Enden zusammen, 
bei Z. vaginicola aber mit den gleichnamigen. 

Die dritte Art der Gattung Lagenophrys, die L. nassa, welche der L. ampulla sehr 
ähnlich und eben so gross ist (in Fig. 3. auf Taf. VI. ist sie nur im Profil dargestellt, in Fig. 24. 
meiner zweiten Infusorienabhandlung aber von der Rückseite), traf ich bisher bloss auf einzelnen 
Gammarusarten bei Niemegk an. Sie findet sich immer nur auf den Beinen, namentlich auf den 
Schenkeln und Hüften, geht aber niemals auf die benachbarten, gleichzeitig von der Lag. ampulla 
bewohnten Kiemenblätter über, was schon zur Genüge beweist, dass sie eine selbstständige, von 
der L. ampulla verschiedene Art ist. Auch findet sie sich auf der Wasserassel, die meistens so 
reich mit der Zag. ampulla besetzt ist, gar nicht. Sie ist im Ganzen selten, wurde aber doch bis- 
weilen von mir in 16—20 Exemplaren auf einem Gammarus beobachtet. Die ebenfalls plancon- 
vexe Hülse ist fast vollkommen sphärisch, am vordern Ende aber etwas abgestutzt und hier auf 
der obern Wand kreisförmig eingedrückt, wie man besonders bei der seitlichen Ansicht sieht. In 
der eingedrückten Stelle liegt die Mündung der Hülse, um welche sich ein fast senkrechtes, nur 
wenig nach vorn und abwärts geneigtes, fischreusenähnliches Rohr (Fig. 3. d.) erhebt, dessen 
Wandungen sehr regelmässig der Länge nach in enge parallele Falten gelegt sind. Der Vorder- 
rand des Rohrs ist in eine obere und untere halbmondförmige Lippe getrennt, die wieder sehr re- 
gelmässig fein gezähnelt sind. So wie das Wirbelorgan eingezogen wird, klappen beide Lippen 
zusammen und der Mündungssaum gleicht dann im Profil dem Mundstück einer Clarinette. Das 
Thier stimmt sonst in jeder Beziehung mit der Lag. ampulla überein, pflanzt sich auch ganz auf 
dieselbe Weise durch Theilung und Knospenbildung fort. 


Sale 


Ueber Acineten und Cysten der Zpistylis plicatilis und über Opercularia ber- 
berina und die Acinete mit dem zungenförmigen Fortsatz. 


In Berlin beschäftigten mich im fernern Verlaufe des Jahres 1848 die schon oben $. 8. 
und 9. referirten Untersuchungen der Wasserlinsenwurzeln auf vorticellenartige Thiere. In der 
letzten Wasserlinsensammlung, welche ich am zweiten Weihnachtsfeiertage aus einem Graben 
des Thiergartens in der Nähe von Bellevue geholt hatte, befanden sich auch mehrere Exemplare 
der Paludina impura. Als ich diese noch denselben Abend beim Scheine der Lampe flüchtig 
durchmusterte, fand ich zu meiner Freude, dass das eine Paludinengehäuse mit mehreren sehr 
hohen und ästigen Familienstöcken der Epistylis plicatilis besetzt war. Mit grösster Vorsicht 
wurden diese abgelöst, und ihre Beobachtung fesselte mich bis tief in die Nacht hinein an das 
Mikroskop. 

Sämmtliche Aeste der Stöcke waren von ihren Thieren verlassen, dafür sassen aber 
überall an den Seiten der Zweige zerstreut zahlreiche Acineten, welche im Wesentlichen mit 
denen übereinstimmten, die ich im Herbst 1847 auf den noch mit ihren Thieren besetzten Stöcken 


‚der Epistyhis plicatilis beobachtet hatte. Dass die jetzt aufgefundenen Stöcke auch nur von dieser 


96 Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 


Art herrühren konnten, lehrte die sehr regelmässige dichotomische Verästelung des fächerförmig 
ausgebreiteten Stockes, dessen Endäste alle in gleicher Höhe lagen, ferner die bedeutende Länge 
der Aeste der letzten Ordnungen, die tiefe Längsstreifung aller Aeste und die characteristische 
zickzackförmige Querstreifung an den untersten Gliedern des Stockes. Diese Merkmale zusam- 
mengenommen finden sich nur bei Epistylis plicatilis; ausser ihr scheint auch keine andere Epi- 
stylisart auf den Gehäusen von Wasserschnecken vorzukommen. 

Der entwickeltste Epistylisstock trug einige dreissig Acineten, die übrigen waren spar- 
samer damit besetzt. Von jenem findet sich ein kleiner Abschnitt aus der mittlern Region des 
Stockes auf Taf. I. Fig. 2. «. a. abgebildet, an dem drei Acineten (A. B. C.) sitzen. Die Aci- 
neten gehörten alle derselben Art an; auf ein und demselben Stocke fanden sich aber sehr ver- 
schieden grosse und auf verschiedenen Entwickelungsstufen stehende. Alle hatten einen soliden, 
der ganzen Länge nach gestreiften Stiel, der in seinem optischen Verhalten durchaus mit den 
Aesten des Epistylisstockes übereinstimmte, nur war er beträchtlich schmäler, namentlich nach 
seiner Basis zu, während er sich nach der Spitze hin allmählich erweiterte und am Uebergange 
in den Acinetenkörper an den grössern Exemplaren fast so breit war, wie die obersten Aeste des 
Epistylisstockes. Die Länge des Stieles war sehr verschieden; bald war er noch nicht ganz so 
lang, 
des Stieles nicht in Beziehung; denn die kleinen Körper hatten häufig viel längere Stiele, als die 


als der Körper, bald bis um das Doppelte länger. Zur Grösse des Körpers stand die Länge 


grossen. Der Körper der meisten Acineten war ganz glatt und ohne Tentakeln, etwas plattge- 
drückt und im Umriss birnförmig, umgekehrt eiförmig oder runllich; er enthielt ausser der ge- 
wöhnlichen, ziemlich grobkörnigen homogenen Substanz ein bis drei regellos in der Nähe des 
Randes gelegene contractile Stellen und in der Mitte einen Nucleus, der bald kurz bandförmig 
und deutlich hufeisenförmig zusammengekrümmt, bald länglich oval war. Ausserdem fanden sich 
aber auch häufig Acineten, deren Körper am Vorderende mit geknopften Tentakeln versehen 
war, die Tentakeln waren aber nur wenig vorgestreckt und in geringer Anzahl vorhanden, und 
so wohl dieser Umstand, als auch die sehr unebene runzlige Körperoberfläche deutete darauf hin, 
dass diese Acineten sich stark contrahirt hatten. Ihr Nucleus war meistens oval bis rund. Deut- 
liche Bewegungen konnte ich an keiner einzigen Acinete wahrnehmen, selbst die Tentakeln 
wurden weder weiter ausgestreckt, noch eingezogen. Hätten sich die tentakeltragenden Acineten 
entfaltet, so würden sie höchst wahrscheinlich die Form angenommen haben, welche die auf dem 
früher beobachteten Epistylisstocke sitzenden (Taf. I. Fig. 1. D.) zeigen, da die tentakellosen 
Acinetenformen beiderlei Stöcke völlig übereinstimmen. 

Der Körper der grössten Acineten war Yı6 lang und seine grösste Breite betrug Yo”, 


m 


der der kleinsten hatte 4,” Länge und war eben so breit. Die Länge der Stiele schwankte zwi- 
schen Ya — Yo". Die grössten Individuen der Epistylis plicatilis, welche ich beobachtete, waren 
Y,s lang; die Acineten konnten also der Grösse nach sehr wohl eine spätere Entwickelungs- 
stufe von Individuen der Ep. plicatilis sein, die sich von verschiedenen Stockgenerationen abge- 
trennt und an den Aesten eines alten Stockes wieder angesiedelt hatten. Auf dem Paludinenge- 


häuse war nirgends eine Acinete aufzufinden, während sie doch auf den Epistylisstöcken massen- 


Acineten der Epist. plicatilis ; über Operc. berberina u. ihre Acineten. 97 


haft vorkamen. Wenn unsere Acineten nicht zu den Epistylisstöcken in einem nähern Verhält- 
nisse ständen, sondern selbstständige Infusionsthiere wären, so wäre es doch eine zu seltsame 
Erscheinung, dass sie sich immer nur auf den Stöcken der Epistyl. plicatilis oder doch in deren 
nächster Umgebung ansiedeln. Vergleicht man mit den eben geschilderten Beobachtungen die be- 
reits oben (S. 13.) citirten von BAKER, so wird man nun vollends nicht länger zweifeln, dass die 
starren mit Acineten besetzten Bäumchen, welche dieser Naturforscher in England auffand, die 
Stielgerüste der Zpist. plicatilis waren, die statt der gewöhnlichen Individuen an den Enden der 
Zweige an den Seiten derselben angewachsene Acineten trugen. 

In den Osterferien des Jahres 1849 wurden abermals zahlreiche Arthropoden und 
Schnecken der Niemegker Gewässer auf vorticellenartige Bewohner untersucht. Die Cyelopsine 
staphylinus fand sich wieder in grossen Schaaren vor, ich beobachtete auf ihr eben so häufig, wie 
früher, die Cothurnia imberbis und die Lagenophrys vaginicola, und ich bestätigte von Neuem 
Alles, was ich bereits über diese Infusorien mitgetheilt habe, ohne sonst weitere Aufklärungen 
zu erhalten. Demnächst untersuchte ich eine bedeutende Anzahl von Gehäusen kleiner Planorbis- 
arten und junger Lymnäen , und es begegneten mir nicht selten Exemplare der Planorbis spirorbis, 
deren ganze Gehäuse mit dicht neben einander gelagerten Individuen der Waginicola decumbens 
überzogen waren. Trotzdem beobachtete ich unter diesen vielen Individuen kein einziges, welches 
neue Aufschlüsse über ihre Entwickelung gegeben hätte. In Betreff ihrer Organisation fand ich 
aber, dass Eurengere ') die Hülse und das Thier nicht ganz naturgetreu abgebildet hat. Die 
ovale, planconvexe Hülse ist nämlich kurz vor ihrem vordern Ende nicht mit einer einfachen 
halbmondförmigen Oeffnung in der obern Wand versehen, sondern diese verengert sich in einen 
kurz röhrenförmigen, halsartigen , schief aufsteigenden Fortsatz mit quer ovaler oder fast nieren- 
förmiger Mündung. Die Hülse hat hiernach die grösste Aehnlichkeit mit der von Zagenophrys 
ampulla, nur ist der vorstehende Mündungssaum starr und nicht verschliessbar, da das Thier 
nicht an ihm, sondern im Grunde der Hülse festsitzt. Das schlanke, weit über die Hülsenmün- 
dung hinausragende Thier hat ganz die Organisation der Vagin. erystallina, wie ich sie oben ge- 
schildert habe; auch ist der Nucleus ebenfalls lang bandförmig. Der angegebene Bau der Hülse 
kommt keineswegs bloss der auf den Wasserschnecken lebenden Vagin. decumbens zu, sondern 
ich beobachtete ihn auch bei allen Individuen dieser Art, welche an Wasserlinsen festsassen. 

Sowohl auf Planorbis spirorbis als auch auf jungen Exemplaren des Zymnaeus palustris 
begegneten mir mehrmals sehr entwickelte Stöcke der Epistylis plicatilis, die aber leider keine 
Acineten trugen. Dagegen waren zwei sehr reich mit Epistylisstöcken besetzte Planorbengehäuse 
so dicht theils mit bereits encystirten, theils mit noch in der Encystirung begriffenen Epistylis- 
thierchen übersät, dass ich auf ganz kleinen Fragmenten der zertrümmerten Gehäuse 50 — 60 
Exemplare zählte. Leicht waren alle Stadien der Encystirung zu verfolgen. Die Epistylisthier- 
chen ziehen sich nämlich auf ihren Stöcken kugelförmig zusammen, entwickeln den hintern 
Wimperkranz (Taf. I. Fig. 1. ©.) und lösen sich dann von ihrem Aste ab. Nun taumeln sie 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXX. Fig. 6. 


‚Stein, Infusorien. 13 


98 Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 


einige Momente unstät hin und her und setzen sich dann ganz in der Nähe der verlassenen Stöcke 
auf der Schneckenschale fest (Taf. I. Fig. 3.). Bald tritt an dem hintern Ende ein neu ausge- 
schiedener, dem verlassenen Aste an Breite gleich kommender, sehr kurz bleibender Stiel (d.) 
hervor, während der hintere Wimperkranz (c.) noch immer langsam undulirt und der Körper 
von Zeit zu Zeit sich etwas ausreckt und dann wieder contrahirt ohne jedoch dabei das Peristom 
zu öffnen und das Wirbelorgan (a.) hervorzuschieben. Noch ehe die Stielentwickelung beendigt 
ist, schrumpft der Wimperkranz zusammen und löst sich auf. So wie die Ausscheidung der Stiel- 
substanz aufhört, so nimmt der Körper (Taf. I. Fig. 4.) eine mehr ovale Form an und er bedeckt 
sich nun gleichzeitig im ganzen Umfange mit einer dünnen, wasserklaren Gallertschicht (a.), die 
fortwährend an der innern Seite neuen Zuwachs erhält, und zuletzt eine dickwandige, feste, starre, 
etwas gelbliche Cyste (Fig. 5. a.) bildet, in der man den eingeschlossenen Körper noch längere Zeit 
dann und wann zusammenschnellen und sich wieder ausrecken sieht. Weiter entwickelte Cysten 
waren nicht aufzufinden. Die ausgebildeten Cysten sassen an manchen Stellen des Schneckenge- 
häuses so dicht beisammen, dass es im Kleinen aussah, als wäre dasselbe mit einer Schicht auf- 
recht neben einander stehender Citronen bedeckt. 

So sehr ich bereits an das Encystiren der Infusorien gewöhnt war, so befremdete mich 
doch diese Erscheinung bei Epistylis plicatilis nicht wenig. Bisher hatte ich geglaubt, dass Aci- 
neten die Endglieder im Entwickelungsgange der Gattungen Epistylis und Vaginicola seien, und 
dass die Verwandlung dieser Infusorien in die Acinetenform dieselbe Bedeutung habe, wie die 
Cystenbildung der Vorticellen und anderer Infusorien; jetzt stellten sich aber bei Epistylis pliea- 
tılis zwei ganz verschiedene Formen als Metamorphosenstufen der sich von ihren Stielen lösenden 
Thiere heraus, von denen die eine wie die andere darauf Anspruch machen konnte, das End- 
glied im Entwickelungsgange dieser Epistylisart zu sein. Nach allen vorausgehenden Erfahrun- 
gen musste ich die Acineten als einen Entwickelungszustand gewisser Vorticellinen ansehen, der 
die Bedeutung habe, Schwärmsprösslinge aufzuammen; dass aber auch die Cystenbildung die 
Fortpflanzung der Art zum Zwecke habe, lehrten die an den Colpoden und Euglenen gemachten 
Erfahrungen. Wollte ich nun nicht zwei Endglieder in dem Entwickelungscyelus der Epistylis 
plicatilis annehmen, so musste ich entweder die auf dem Stielgerüste dieses Infusionsthieres so 
vielfach beobachtete Acinetenform als fremdartige, zufällige Ansiedler ansehen, oder ich musste 
den Cystenzustand der Epist. plicatilis als eine Uebergangsstufe zu der Acinetenform nachweisen. 

Dass mir das Letztere gelingen sollte, war höchst unwahrscheinlich; denn ich traf keine 
einzige Cyste auf dem Epistylisstocke, wo doch bei weitem die meisten der zu Epist. plicatilis 
gezogenen Acinetenformen von mir aufgefunden worden waren. Ferner sassen alle Acineten auf 
zum Theil sehr langen Stielen und diese waren stets viel dünner, als die Aeste des Epistylis- 
stockes. Die Cysten dagegen hatten stets ausserordentlich kurze, nicht über "ou lange Stiele, 
waren aber so dick, wie die Aeste des Stockes, von denen sich die von ihnen eingeschlossenen In- 
dividuen abgetrennt hatten. Endlich schien auch die dicke und feste Cystenhülle sich nicht wohl 
in die viel dünnere Körpermembran der Acineten umwandeln zu können. 


Noch viel weniger konnte ich mich aber entschliessen,, unsere Acineten ganz aus dem 


Acineten der Epist. plicatilis ; über Operec. berberina u. ihre Acineten. 99 


Entwickelungskreise der Epist. plicatilis hinwegzuweisen. Es blieb mir daher vor der Hand 
nichts weiter übrig, als mich mit der Annahme zu beruhigen, dass die Epistyliden zuletzt in zwei 
auf einander nicht redueirbare, ruhende Zustände übergingen, die wahrscheinlich beide der Fort- 
pflanzung dienten. Natürlich bestrebte ich mich von jetzt ab angelegentlichst, neue Stöcke der 
Ep. plicatilis auf Wasserschnecken aufzufinden, indem ich hoffte, in-ihrer Gesellschaft weiter 
entwickelte Cysten oder auf ihnen Acineten mit Schwärmsprösslingen anzutreffen. Da es gar zu 
viele Zeit kostete, jede Wasserschnecke für sich einer besondern mikroskopischen Untersuchung 
zu unterwerfen, so nahm ich mir vor, gleich beim Einsammeln von Schnecken nur solche Ge- 
häuse zu berücksichtigen, an denen ich im Wasser irgend etwas Weisses würde flottiren sehen. 

Als ich nun in dieser Absicht in dem Graben bei Niemegk, welcher mir alle Cyclopsinen 
und auch die letzten mit Epistylis plicatilis besetzten Schneckengehäuse geliefert hatte, von 
Neuem zu fischen begann, fielen mir beim Auseinanderzerren der Wasserlinsenschicht, welche 
den ganzen Graben überzog, einige kleine Wasserkäfer auf, die einen ansehnlichen fächerförmig 
ausgebreiteten, weissen Schweif mit sich herum schleppten, der von der Hinterleibsspitze ausging. 
Ich erinnerte mich sogleich einer Abbildung Rozser’s '), welche einen Hydroporus darstellt, der 
auf der Hinterleibsspitze ein Buschwerk steifästiger Vorticellenstöcke trägt. Ich eilte nun mit 
meinen Käfern — es war Noterus erassicornis — zum Mikroskop zurück, und der erste Blick 
durch dasselbe zeigte mir, dass ich grosse Gesellschaften derselben Vorticellenform vor mir hatte, 
die RoEsEL schon vor nun beinahe hundert Jahren bei Nürnberg entdeckte, und von der seitdem 
kein Naturforscher wieder etwas Näheres berichtet hat. Rosen beschrieb sie?) im Jahre 1755 
unter dem Namen des berbersbeerförmigen Afterpolypen, und Lınn& gründete darauf 1758 in der 
zehnten Ausgabe seines Natursystems die Hydra berberina, aus der in der zwölften Ausgabe die 
Vorticella berberina wurde ®). ParLas *) nannte sie 1766 Brachionus berberiformis; EHRENBERG 
lernte sie erst nach der Herausgabe des grossen Infusorienwerkes bei Berlin auf einem der grössten 
einheimischen Wasserkäfer, dem Cybister Roeselii, kennen; er bezeichnete sie als Epistylis ber- 
beriformis, theilte aber nichts weiter über sie mit, als eine unzureichende Diagnose °). Ich er- 
kenne in dieser Art eine Opercularia nach der in $. 2. aufgestellten Begränzung dieser Gattung, 
der der älteste, von LıinnE gegebene Speciesname verbleiben und die daher Opereul. berberina 
heissen muss. ze 

Mich interessirte diese Infusorienform schon deshalb, weil sienoch so ungenügend bekannt 
war; aber meine höchste Aufmerksamkeit nahm sie erst dann in Anspruch, als ich auf denselben 
Wasserkäfern, welche sie bewohnte, sehr häufig eine höchst eigenthümliche Acinetenform beob- 
achtete, die wohl mit der Opere. berberina im Zusammenhang stehen konnte. Beide Infusorien- 


1) A. J. RoESEL, der monatlich herausgegebenen Insectenbelustigungen Band III. 1755. Supplement. 
Taf. XCIX. Fig. 1—10. 

2) A.a. 0. S. 613. 

3) Systema naturae. edit. XLI. p. 1319. 

4) Elenchus zoophyt. p. 103. 

5) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissensch. 1840. 8. 199. 


19% 


100 Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 


formen traf ich in der nächsten Zeit, die nun bloss der Untersuchung kleiner Wasserkäfer gewid- 
met wurde, nicht bloss noch auf sehr vielen Individuen des Noterus erassicornis in Menge an, 
sondern auch eben so häufig auf Laccophilus minutus ; seltener beobachtete ich sie auf Hydro- 
porus inaequalis und palustris und auf Haliplus impressus. Die Opercularienstöcke sassen stets 
auf der Flügeldeckenspitze, die Acineten dagegen ausschliesslich auf den Beinen der genannten 
Käfer angeheftet, und zwar vorzugsweise auf den vier vordern Beinen, und hier wieder meistens 
auf den Schienen und Fussgliedern. Nicht immer fanden sich auf demselben Käfer gleichzeitig 
beide Infusorienformen. Am häufigsten war dies bei Noterus erassicornis und Laccophilus minu- 
tus der Fall; auf Hydroporus und Haliplus dagegen traf ich nur die Acineten allein an. Betrach- 
ten wir nun zuvörderst die Organisation der Opereularia berberina (vergl. Taf. II. Fig. 10.). 

Die Form des Stockes ist sehr variabel, und man wird nicht leicht zwei Stöcke auffin- 
den, die genau «dieselbe Art der Verästelung zeigten; alle Stöcke haben aber den gemeinsamen 
Character, dass die Aeste derselben Ordnung von sehr ungleicher Länge sind, was theils daher 
rührt, dass von zwei gleichzeitig entstandenen Theilungssprösslingen der eine fortfährt, immer 
neue Stielsubstanz aus seiner Basis auszuscheiden, während der andere nach Bildung eines kurzen 
Stieles bereits wieder in zwei neue Theilungssprösslinge zerfällt, theils aber auch daher, dass der 
eine Theilungssprössling dem andern beträchtlich in der Stielentwickelung voraus eilt und früher 
einen neuen Theilungsprozess eingeht, als dieser. Die Folge davon ist, dass die Individuen stets 
in sehr ungleichen Höhen des Stockes sitzen, und dass dieser ein strauss- oder rispenartiges An- 
sehen bekommt (Taf. II. Fig. 10.). Nicht selten bilden zwei zusammengehörige Theilungsspröss- 
linge, die auf einem längern Aste sitzen, nur ganz kurze Stiele, worauf der eine und zwar ge- 
wöhnlich der innere in Bezug auf den ganzen Stock gleich wieder in zwei Theilungssprösslinge 
zerfällt, die sich genau so verhalten, wie die beiden ersten, das heisst sie scheiden wieder nur sehr 
kurze Stiele aus und der innere zerfällt dann abermals in eine dritte Generation von Theilungs- 
sprösslingen, die sich ebenfalls wie die beiden vorausgehenden weiter entwickeln. Auf diese Weise 
entsteht mit der Zeit ein langer Ast, der auf der Aussenseite mit sehr kurzen, treppenförmig 
übereinander stehenden Seitenästen versehen ist. Ersterer ist das Resultat aller innern Theilungs- 
sprösslinge, von denen immer nur der zuletzt erzeugte, am Ende der Hauptaxe vorhanden ist, 
während die äussern Theilungssprösslinge in der Reihenfolge, wie sie gebildet wurden, auf den 
kurzen Seitenästen über einander sitzen. Diese entwickeln sich mit der Zeit, wieder zu ähnlich 
verästelten Axen, wie die Hauptaxe, an der sie sitzen. 

Die Stöcke der Opere. berherina haben ferner nicht den steifen, regulären Character, 
der den meisten Opercularien und Epistyliden eigen ist, und der dadurch bedingt wird, dass 
sämmtliche Aeste des Stockes gradlinig sind, sondern hier beschreiben je zwei zusammengehörige 
Aeste sanft nach auswärts gekrümmte Bogen, wodurch ihre Endpunkte viel weiter von einander 
entfernt werden. Jeder Ast ist in ungleichen Abständen mit einigen queren ringförmigen Ein- 
schnitten versehen und nach der Spitze hin merklich erweitert. Im Uebrigen ist das ganze Stiel- 
gerüst durch und durch solid, farblos und durchscheinend, eine Längsstreifung fehlt entweder 
ganz oder ist doch nur äusserst schwach angedeutet. 


Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 101 


Die einzelnen Thiere haben im ausgestreckten Zustande (Fig. 10. A. A.) einen lang 
walzenförmigen, nur am vordern und hintern Ende schwach verengerten Körper, der, ohne das 
hervorgestreckte Wirbelorgan mit zu rechnen, etwa 2'/mal länger, als breit ist. Am vordern grad- 
abgestutzten Körperende ist kein besonderes Peristom abgesetzt, und aus der hier gelegenen 
weiten Mündung tritt ein verhältnissmässig kurz gestieltes, den Körperrand wenig überragendes 
"Wirbelorgan (A. a.) hervor, dessen plane Scheibe von einem einfachen Wimperkranz eingefasst 
wird und ziemlich denselben Umfang hat, wie die Mündung. Diese führt in einen bauchig erwei- 
terten, fast kesselföürmigen Rachen (e.), der sich auf der Seite des Wirbelorgans in eine bis hinter 
die Mitte des Körpers grade nach abwärts verlaufende Speiseröhre (d.) verengert, in der gleich 
zu Anfang drei bis vier lange, kräftige Wimpern (e.) stehen. Die den Rachen auskleidende, zarte 
faltige Haut setzt sich über die Mündung hinaus in einen schmalen, undulirenden manschetten- 
artigen Saum (b.) fort, der sehr schwer zu beobachten ist und der sich mir oft nur als ein dem 
Wirbelorgan gegenüberliegendes halbmondförmiges Züngelchen darstellte. Neben dem Anfange 
der Speiseröhre liegt die runde contractile Stelle (f.), während der stets ovale Nucleus (g.) gar 
keine bestimmte Gegend der Leibeshöhie einnimmt. Letztere enthält ausser der gewöhnlichen 
feinkörnigen Masse an ihrem Grunde meistens noch eine stärkere Anhäufung von Fettkörnchen. 

Der Weg, den die verschluckten Nahrungsmittel in der Leibeshöhle am häufigsten be- 
schreiben, ist bei dem Individuum 4A. in Fig. 10. durch die Bogenlinie d’ angedeutet worden. 
Dieser Weg ist keineswegs constant, was der Fall sein müsste, wenn sich an die Speiseröhre 
wirklich ein Darm anschlösse, sondern der verschluckte Bissen biegt bald etwas früher, bald 
etwas später nach vorn um, wie die Bogenlinien d’ und d” bei dem Individuum 4’ angeben, 
welche die Wege zweier Bissen bezeichnen, die unmittelbar nach einander verschluckt wurden. 
Die Bissen werden mit solcher Gewalt in die Leibesmasse hineingedrängt, dass, wenn der Nucleus 
auf der Bahn liegt, die sie zu beschreiben angefangen haben, dieser von dem Bissen eine Strecke 
weit fortgeschoben wird. So wurde bei dem Individuum A. der Nucleus, der zuvor auf dem höch- 
sten Punkte der Bahn d'. lag, bis zu der Stelle geschoben, wo wir ihn in der Figur liegen sehen. 
Mehrere nachfolgende Bissen trieben ihn dann wieder zuerst nach rechts und später weit nach 
oben. Dergleichen Fortbewegungen des Nucleus durch die einen Theil der Leibeshöhle durch- 
eilenden Nahrungsballen habe ich bei unserer Opercularie sehr oft beobachtet, und diese That- 
sache scheint mir unvereinbar mit der Annahme eines polygastrischen Darmkanals. Am Boden 
der Rachenhöhle scheint sich noch eine besondere Auswurfsöffnung zu finden, wenigstens sah 
ich häufig an der bei dem Individuum 4’. mit i. bezeichneten Stelle feste Körnchen anscheinend 
aus der Leibeshöhle in den Rachen übertreten und von hier aus durch die Mundöffnung nach 
aussen entweichen. 

Die Körperhaut ist am lebenden Thiere, auch wenn es völlig ausgestreckt ist, in dicht 
auf einander folgende, quere, ringförmige Falten gelegt (A. und A’.), die noch stärker hervor- 
treten, wenn sich das Thier contrahirt (DB. B’.). Die Körperhaut ist übrigens eine sehr derbe, 
glashelle, structurlose Membran, an der man deutlich doppelte Contourlinien unterscheiden kann. 


Ich habe sie isolirt ohne alle künstliche Behandlung beobachten können; denn ich traf auf den 


102 Acineten der Epist. plicatilis; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 


zahlreichen Stöcken, welche mir zu Gebote standen, nicht selten einzelne abgestorbene Indivi- 
duen mit eingezogenem Wirbelorgane, aus denen aller Inhalt herausgefault war, nur das Haut- 
skelet war noch unverletzt übrig geblieben. Dergleichen Skelette sind ausserordentlich lehrreich, 
denn man sieht an ihnen recht überzeugend, dass das Wirbelorgan und die Speiseröhre nichts 
weiter sind; als eine Aussackung und eine Einstülpung der allgemeinen Körperhaut. 

Die Art, wie sich die Thiere bei drohender Gefahr contrahiren , ist characteristisch für 
unsere Opercularie. Wenn sie nämlich das Wirbelorgan einziehen und die Mündung verschliessen, 
schnellen sie nicht, sich kugelförmig zusammenzjehend auf den Stiel zurück, sondern sie stürzen 
sich, nachdem sie sich nur wenig verkürzt haben, wie die Opereularia nutans, mit Heftigkeit 
rücküber nach abwärts um, und gleichen dann ungefähr einem mit der Mündung nach unten ge- 
kehrten Pfeifenkopfe (Fig. 10. B. B’.). Ganz anders contrahiren sich die Thiere, wenn sie sich 
anschicken, ihre Stiele zu verlassen; sie ziehen sich dann in senkrechter Richtung auf ihren Stiel 
zurück und verkürzen sich bis über die Hälfte ihrer Länge im ausgestreckten Zustande. Dabei 
nimmt der hintere Theil des Körpers die Form eines breiten, fast glockenförmigen Napfes 
(Fig. 10. ©. d.) an, aus dem der vordere, stärker zusammengezogene Theil des Körpers (a.) wie 
eine Eichel aus ihrem Napfe hervorragt. Der Vorderrand des napfförmigen Hintertheils geht 
durch eine tiefe ringförmige Einfaltung in den eichelartigen Vordertheil über, und aus dieser 
wächst ein Kranz langer, kräftig undulirender Wimpern hervor. Nun trennt sich das 'Thier von 
seinem Stiele und schiesst wie ein Pfeil, aber kreuz- und querfahrend, mit nach vorn gerichtetem 
Hinterrande davon. 

Eine Vermehrung durch Knospen habe ich nicht beobachtet, desto häufiger aber die 
durch Längstheilung. Die sich zur Theilung anschickenden Individuen bleiben, nachdem sie das 
Wirbelorgan eingezogen haben, grade ausgestreckt und verkürzen sich nur mässig (Fig. 10. D.); 
ihre Nuclei wachsen zu bandförmigen Körpern (D. g,) aus, die sich quer durch die breiteste Stelle 
der Leibeshöhle lagern. In dem homogen gewordenen Vorderrande entstehen alsdann zwei halb- 
mondförmige Höhlungen als Andeutungen des künftigen Mundapparates der beiden Theilungs- 
sprösslinge, und nun tritt am Vorderrande eine Theilungsfurche auf, die nicht genau in der Mitte 
desselben, sondern stets ein wenig seitlich davon beginnt, in schräger Richtung zwischen die 
halbmondförmigen Höhlen hindurch nach der'Mittellinie hinübersetzt und dann in dieser grade 
nach abwärts geht. Dieser schiefe Anfang der Theilung macht, dass der eine Theilungssprössling 
den andern am Vorderrande etwas überragt, was ich ganz constant beobachtete. Noch ehe die 
von vorn her einschneidende, den Nucleus halbirende Theilungsfurche bis zur Mitte gelangt ist, 
sieht man auch schon am hintern Ende in der Mittellinie über der Stielspitze eine Theilungs- 
furche auftreten, mit der die vordere zuletzt zusammentrifft. Die contractile Stelle jedes Thei- 
lungssprösslings sah ich erst erscheinen, nachdem die Theilung fast vollendet war; sie entsteht 
sicherlich in jedem für sich, nicht durch Theilung der alten contractilen Stelle, welche auf län- 
gere Zeit ganz verschwindet. 

Die Individuen eines einigermaassen ausgebreiteten Stockes sind nicht alle genau von 
gleicher Grösse, sondern die am meisten nach aussen hervortretenden, an den Enden der Haupt- 


Acineten der Epist. plicatilis; über Operc. berberina u. ihre Acineten. 103 


zweige sitzenden Individuen sind merklich grösser, als die mehr im Innern des Stockes gelegenen, 
welche die kürzern Seitenäste einnehmen und die selbst wieder noch kleine Variationen in der 
Grösse darbieten. Schon an dem erst mässig entwickelten, in Fig. 10. dargestellten Stocke sieht 
man, dass A. und 4’. domimirende Individuen, B’. ein mehr zurückgebliebenes ist, und dass 
auch das in der Theilung begriffene Individuum D. zwei kleinere Individuen liefern wird, als 
4A. und 4’. sind. So ist also selbst nach EHrEnBErG’s Unterscheidung der Gattungen Opereu- 
laria und Epistylis unsere Infusorienform eine Opercularia und keine Episiylis. Die grössten 
der dominirenden Individuen, welche ich beobachtete, waren Y,6” lang, ihre grösste Breite be- 
trug "is 
Ys—%s”' lang. Am häufigsten sind Stöcke, deren dominirende Individuen durchschnittlich 


m 


‚ und ihr Nucleus war Y/s”’ lang. Die übrigen Individuen auf demselben Stocke waren 


1/0 lang sind. 

Betrachten wir nun die Acineten, welche mit der Opereularia berberina dieselben Was- 
serkäfer bewohnen. Sie kommen von ausserordentlich verschiedener Grösse vor, und befinden sich 
auf verschiedenen Entwickelungsstufen; wir wollen in unserer Darstellung von den entwickeltsten 
Formen (Taf. II. Fig. 11.) ausgehen. Diese haben eine von allen bekannten Acineten sehr ab- 
weichende, fremdartige Gestalt, die, wenn die Acineten überhaupt selbstständige Infusorien- 
formen wären, die Errichtung einer eigenen Gattung erfordern würde. Auf einem sehr kurzen, 
dicken, soliden, bald glatten, bald querrunzligen Stiel (Fig. 11. @.), der gewöhnlich in der Mitte 
eingeschnürt und nach vorn und hinten erweitert ist, erhebt sich nämlich eine sehr grosse, platt- 
gedrückte, scheidenartige Hülle (d. d.) von fast parabolischem Umrisse, deren vorderes Ende in 
der Richtung des Breitendurchmessers sanft bogenförmig abgerundet und seiner ganzen Ausdeh- 
nung nach offen ist. Der lippenartig vorspringende vordere und hintere Saum (g. und g’.) der 
Hüllenmündung sind durch einen tiefen Einschnitt von einander getrennt und mehr oder weniger 
nach aussen umgerollt, wie die Ansicht der Acinetenhülle von der schmalen Seite lehrt (Taf. II. 
Fig. 17.). Die Wandungen der Hülle haben eine ansehnliche Dicke und bestehen aus einer ho- 
mogenen, consistenten, zähen und biegsamen Substanz von chitinartigem Ansehen, die glasartig 
durchsichtig und bald ganz farblos, bald blass rostgelb gefärbt ist. 

Diese Hülle umschliesst nun den grössten Theil des ganz conform gestalteten eigent- 
lichen Acinetenkörpers (Fig. 11. e.); nur das vordere, etwas verengerte Ende desselben tritt eine 
Strecke über die Mündung hinaus als ein breiter zungenförmiger Fortsatz (c’.) hervor. Der in der 
Hülle steckende Theil des Acinetenkörpers ist mit der innern Oberfläche der Hülle bis zu der 
Querlinie A., welche den Anfang des ganz freien Mündungssaumes bezeichnet, so innig verwach- 
sen, dass es den Anschein gewinnt, als sei die Hülle nur ein dickwandigerer Abschnitt des Aci- 
netenkörpers und der zungenförmige Fortsatz eine zarthäutigere Duplicatur derselben. Rollt man 
aber vermittelst eines Deckglases die ganze Acinete mehrmals um ihre Längsaxe (Taf. II. Fig. 16.), 
so sondert sich der eigentliche Acinetenkörper (b.) seinem ganzen Umfange nach von der Hülle 
(a. a.), und er erscheint nun, selbst wenn die schmale Seite dem Beobachter zugekehrt ist, wie 
ein in einem Becher steckendes Ei. Noch stärker weicht der Acinetenkörper von seiner «Hülle zu- 


rück, wenn man die Acinete einige Zeit in Essigsäure liegen lässt und sie dann etwas quetscht. 


104 Acineten der Epist. plicatilis; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 


Der zungenförmige Fortsatz (Fig. 11. c’.) des Acinetenkörpers ist querrechteckig, nach 
hinten ein wenig verengert, an den Vorderecken abgerundet und zwischen denselben seicht aus- 
gerandet; er umschliesst einen sehr feinkörnigen Inhalt, zwischen welchem zwei bis fünf con- 
tractile Stellen (@. 2.) von veränderlicher Lage und Grösse liegen, die gewöhnlich rund sind, beim 
Verschwinden aber häufig Bisquitform annehmen. Von der Oberfläche der abgerundeten Vorder- 
ecken entspringen zahlreiche, strahlenförmig nach aussen hin sich ausbreitende Tentakeln (d. d.), 
die hier ziemlich dicke, fadenförmige, am Ende nicht geknopfte Blindröhrchen bilden, im Uebri- 
gen aber sich wie die Tentakeln anderer Acineten verhalten. Wird die Acinete beunruhigt, so 
werden nicht bloss die Tentakeln bedeutend verkürzt, wobei sie sich krümmen und quere Run- 
zeln bekommen, sondern es wird auch der ganze zungenförmige Fortsatz in den Körper einge- 
stülpt und bis unter den Vorderrand der Hüllenmündung zurückgezogen (Fig. 14. und 15.). 
Hier erscheint er nun als ein unansehnlicher dreilappiger Vorsprung (Fig. 14 a. a’. «.), der in 
den beiden Ausschnitten zwischen dem etwas stärker vorspringenden Mittellappen (a.) und den 
Seitenlappen («a’. «’.) die eingezogenen Tentakelbüschel (. d.) umschliesst. Die vorderen Enden 
sämmtlicher eingezogenen Tentakeln ragen frei zwischen den Lappen der Zunge bis zum Rande 
der Hüllenmündung hervor, und nur sie allein (Fig. 15. 5. b.) sind ohne künstliche Behandlung 
sichtbar; die hintern Enden dagegen (Fig. 14. D'. D’.), die in Form eines längern oder’kürzern 
kegelförmigen Zapfens in die Leibeshöhle hinein ragen, erkennt man erst beim Zusatz von Essig- 
säure. Von unverhältnissmässiger Länge sah ich diesen Zapfen bei einem viel kleinern Individuum 
(Fig. 21. d. d.) 

Wird der zungenförmige Fortsatz wieder nach aussen hervorgeschoben, so stülpen sich 
zuerst die beiden die Tentakeln umschliessenden Ausschnitte, welche den Vorderecken des zun- 
genförmigen Fortsatzes entsprechen, nach aussen um, und es treten dabei gleichzeitig die Tenta- 
keln hervor (ähnlich wie in Fig. 18. a. a.). Häufig bleibt es bei diesem Hervorstrecken der Vor- 
derecken, während sich die Tentakeln vollständig ausstülpen. Nur bei vollständigster Ruhe in 
der Umgebung entfaltet sich der ganze zungenförmige Fortsatz. Ausser diesen Bewegungen ist 
an der Acinete nicht selten noch eine andere sehr langsame und eigenthümliche zu beobachten, 
die leicht zu Missverständnissen Veranlassung geben kann. Hat sich nämlich der zungenförmige 
Fortsatz in den Körper zurückgezogen, so entsteht öfters noch eine etwas hinter der Mitte des 
Körpers gelegene quere, ringförmige Furche, der Körper verengert sich vor derselben und stülpt 
sich dann in den hinter der Furche gelegenen Abschnitt, dessen Vorderrand sich nach innen und 
hinten umschlägt, auf eine kurze Strecke ein (Fig. 15. d. d.). In diesem contrahirten Zustande 
verharrt die Acinete eine ziemliche Zeit, und beobachtet man diesen zum ersten Male, ohne seine 
Entstehung verfolgt zu haben, so ist nichts natürlicher, als dass man eine in der Quertheilung 
begriffene Acinete vor sich zu haben glaubt. Fixirt man aber die Acinete länger, so wird man 
stets finden, dass der eingestülpte Vordertheil sich nach und nach wieder langsam hervorschiebt, 
und dass jede Spur der Einschnürung verschwindet. Nicht selten bilden sich zwei quere Einfal- 
tungsfurchen (Fig. 14. c. c. und d. d.), durch welche der Körper in drei Segmente von ziemlich 


gleicher Länge zerfällt, und diese lassen vollends keinen Zweifel mehr übrig, dass an Querthei- 


Acineten der Epist. plicatilis; über Operc. berberina u. ihre Acineten. - 105 


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lung nicht zu denken ist. Alle diese Bewegungen des Körpers macht die Hülle ganz genau mit, 
und daraus sieht man, in welchem innigen Zusammenhange der Körper mit seiner Hülle steht, 
und dass diese wesentlich von der Hülse der Vaginicolen und Cothurnien verschieden ist. 

Der in der Hülle steckende Theil des Acinetenkörpers umschliesst einen viel grobkörni- 
geren Inhalt, als der zungenförmige Fortsatz, und in seinem hintern Ende finden sich ausserdem 
noch häufig einzelne grössere Tropfen eines orangefarbigen Oeles (Fig. 11. f. und Fig 15. e.). 
Von fremden, aus der Aussenwelt herrührenden Körpern habe ich niemals auch nur die leisesten 
Spuren im Innern des Acinetenkörpers zu entdecken vermocht. In der Axe des Körpers liegt ein 
langer , gewundener, darm- oder wurmförmiger Nucleus (Fig. 11. e. Fig. 12. und 15. f. f.), der 
nach seinem vordern Ende hin mehr oder weniger keulenförmig verdickt ist. Er lässt sich durch 
Zerquetschen der Acinete leicht isolirt (Fig. 22. a.) darstellen, und man bemerkt dann öfters in 
seinem angeschwollenen Vorderende eine contractile Stelle (b.), die sich bald zur Bisquitform 
ausdehnt, bald wieder rund wird; in der Umgebung des Nucleus, bei e., ist noch eine kleine 
Portion des isolirten Körperinhalts dargestellt, der in seiner homogenen Grundmasse sehr ver- 
schieden grosse, farblose, dunkel contourirte Körner eingebettet enthält. 

Neben dem Nucleus bemerkt man sehr häufig noch einen andern, im Allgemeinen eben 
so langen, aber viel breitern Körper, der dem Nucleus stets sehr genähert ist und ihn auch häufig 
ganz verdeckt. Er zeist sich in den verschiedenen Acıneten auf verschiedenen Entwickelungs- 
stufen; in semem entwickeltsten Zustande hat er einen länglıch ovalen (Fig. 14. f. und Fig. 16. d.) 
oder geigenförmigen Umriss (Fig. 15. g.), ist gewöhnlich am vordern und hintern Ende etwas 
ausgerandet und in der Gegend der Mittellinie seiner ganzen Länge nach eingefaltet. Neben dieser 
Falte befindet sich jederseits und zwar ziemlich in der Mitte eine runde contractile Stelle (Fig. 
14. g. und Fig. 15. A.), von denen die eine etwas weiter nach vorn liegt, als die andere. Rings 
um den Körper herum erscheint gewöhnlich ein lichter, schmaler, scharf begränzter Hof (Fig. 
14. Rh. und Fig. 15. .); dieser bezeichnet eine Aushöhlung in dem körnigen Leibesinhalte der 
Acinete, in welcher unser Körper, der nichts weiter als ein Schwärmsprössling ist, eingebettet liegt. 

Als ich das freiwillige Hervorbrechen des Sprösslings aus der Acinete zum ersten Male 
beobachtete, glaubte ich nicht anders, als es strecke diese ein bis dahin in ihrem Innern zusam- 
mengefaltetes Organ nach aussen hervor, welches etwa zum Ergreifen von Nahrungsmitteln diene. 
Ich hatte nämlich die Acinete wohl schon eine halbe Stunde lang beobachtet ohne die mindesten 
Bewegungen an dem Schwärmsprösslinge wahrnehmen zu können; da zog er sich plötzlich ge- 
waltig von hinten nach vorn zusammen, drängte mit dem nun anschwellenden Vorderende die 
vor ihm liegende Körnermasse aus einander, und war schon im nächsten Momente am Vorder- 
rande des ausgestreckten zungenförmigen Fortsatzes. Dieser gab augenblicklich dem drängenden 
Sprösslinge nach, und es entstand in der Mitte zwischen beiden Tentakelbüscheln eine quere 
spaltförmige Oeffnung, durch welche der Sprössling bis auf sein hinteres Drittel nach aussen her- 
vortrat. Er faltete jetzt sein vorderes Ende in Form eines auf der einen Seite gespalteten Trich- 
ters (Fig. 12. h.) aus einander und verharrte dann in dieser Stellung mehrere Stunden lang. Da 
der Raum, welchen der Sprössling zuvor im Acinetenkörper eingenommen hatte, nicht gleich 


‚Stein, Infusorien. 14 


106 Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. 
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wieder vollständig durch nachdrängende Körnermasse ausgefüllt wurde, sondern noch einige Zeit 
durch einen engen, geschlängelten Kanal (Fig. 12. 9.) bezeichnet blieb, so machte die Acinete 
den Eindruck eines mit einer Speiseröhre versehenen Thieres,‘ welches ein grosses trichterför- 
miges Wirbelorgan hervorgestreckt hatte. Allein bald nachdem der in Geburt stehende Sprössling 
die Trichterform angenommen hatte, erhoben sich auf seiner ganzen Oberfläche sehr dicht gedrängt 
stehende Wimpern, die bisher niedergedrückt lagen, und ihre Bewegungen förderten ihn nun 
vollends aus dem Acinetenkörper nach aussen. 


Während des ganzen Geburtsactes, den ich später noch mehrmals beobachtete , bleiben 
der zungenförmige Fortsatz und die Tentakeln der Acinete ausgestreckt; nach demselben neigen 
sich die Vorderecken des zungenförmigen Fortsatzes gegen einander und weichen etwas nach 
innen zurück, die Tentakeln werden aber auch jetzt nicht eingezogen. Die Querspalte in der 
Zunge schliesst sich gleich nach dem Austritte des Schwärmsprösslings, eben so verschwindet 
sehr bald jede Spur von der Lücke (Fig: 12. g,), welche der Sprössling in dem Acinetenkörper 
hinterlassen hatte, und nach Verlauf von etwa einer Viertelstunde zeigt sich die Acinete wieder 
in derselben Integrität, wie das in Fig. 11. abgebildete Exemplar. In dem Momente, wo der 
Schwärmsprössling ganz frei wird, entfaltet er sich erst vollständig; in der Acinete lag er um 
seine Längsaxe zusammengerollt. Er erscheint nun als ein planconvexer, ovaler Körper (Fig. 13.), 
der zu Anfang des hintern Drittels mit einer schwachen Einschnürung und auf der einen Seite 
neben dem vordern Ende mit einer seichten Ausrandung versehen ist, was wohl nur zufällige und 
unwesentliche Einfaltungen der Körperhaut sind, die überall mit einem kurzen, dichten, gleich- 
mässigen Wimperkleide bedeckt ist. Ziemlich in der Mittellinie liegt ein länglich ovaler Nucleus 
(Fig. 13. a.), und neben demselben befinden sich zwei diagonal einander gegenüber stehende, 
lebhaft contractile Stellen (d. 5.). Eine Mundöffnung vermochte ich nicht aufzufinden, auch sah 
ich keine Aufnahme fester Stoffe aus der Aussenwelt, obgleich ich den Sprössling einmal fast eine 
Stunde lang ununterbrochen verfolgte. Dies ist hier nicht so schwierig, da er nicht ungestüm 
hin und her schiesst, sondern sich stetiger und langsamer fortbewegt, als andere Schwärm- 


sprösslinge. 


Die Acinete, welche den in Fig. 13. abgebildeten Schwärmsprössling gebar, war fast 
Yo lang, ihre Hülle hatte eine Länge von Y,,”’ und war an der Mündung Yı5”” breit, ihr Stiel 


m 


war Yıas” lang. Der Schwärmsprössling war Y,,”’ lang und Yss”” breit. Dies sind überhaupt die 
durchschnittlichen Grössenverhältnisse der entwickeltsten Acineten ; nur einige Male begegneten 
mir noch etwas grössere, die mit ausgestreckter Zunge, ohne die etwa 0” langen Tentakeln mit 
zu rechnen, fast %”’ hoch waren. Ueberaus häufig kommen aber die Acineten in allen Grössen 
bis herab zu einer Länge von Yo” und einer Breite von Y4s”” vor (vergl. Fig. 18— 21.); sie 
stimmen aber in allen wesentlichen Beziehungen mit den entwickeltsten Formen überein. Die 
kleinern Formen haben nur keinen so deutlichen zungenförmigen Fortsatz, sondern statt dessel- 
ben ragen über die Hüllenmündung bloss zwei Tentakeln tragende Höcker hervor (Fig. 18. a. a. 


und Fig. 19.), der Nucleus ist kurz bandförmig oder länglich oval und die Zahl der contrac- 


Acineten der Epist. plicatihis; über Operc. berberina u. ihre Acineten. 107 


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tilen Stellen ist bis auf zwei oder eine verringert, welche unter dem Vorderrande der Mün- 
dung liegen. 

Die Fähigkeit, Schwärmsprösslinge zu gebären, ist wahrscheinlich den Acineten auf 
allen Entwickelungsstufen eigen, wenigstens sah ich schon zum Ausschwärmen reife Sprösslinge 
in Acineten von der in Fig. 18. und 21. abgebildeten Grösse, die höchstens %%;”” hoch waren. 
Was nun die Entstehungsweise des Schwärmsprösslings anbetrifft, so unterliegt es kaum einem 
Zweifel, dass derselbe vom Nucleus ausgeht. Schon das beständige innige Aneinanderliegen 
beider Körper deutet darauf hin; ich habe ferner bereits erwähnt, dass der Nucleus an seinem 
vordern Ende meistens mehr oder weniger angeschwollen, und dass in diesem angeschwollenen 
Ende häufig eine bisquitförmige contractile Stelle zu unterscheiden sei; ich traf endlich nicht 
selten Acineten, die statt des gewöhnlichen Nucleus einen breit ovalen Körper enthielten, der 
sich nach hinten in einen eben so langen wurmförmigen Schwanz fortsetzte (Fig. 21. d.). Hieraus 
schliesse ich, dass die Grundlage zum Schwärmsprössling von dem vordern, sich beträchtlich ver- 
breiternden Ende des Nucleus geliefert wird, welches sich später von dem hintern, unverändert 
bleibenden durch Quertheilung abschnürt. 

Fragen wir nun nach dem Ursprunge unserer Acineten, so ist das wenigstens wohl ge- 
wiss, dass sie nicht von Haus aus die Acinetenform gehabt haben können. Wäre dies der Fall, 
so müsste man die Acinete bis zu einer viel geringern Grösse herab verfolgen können, als die in 
Fig. 19. und 20. abgebildeten Exemplare zeigen. Gesetzt aber auch, ich hätte die kleinsten An- 
fänge der Acineten übersehen, und gesetzt, diese entständen aus ejähnlichen Keimen, etwa aus 
den groben Körnern des Leibesinhaltes, welche die Acinete periodisch in das umgebende Wasser 
hinein abschiede, so bliebe es doch ganz unerklärlich, dass diese Keimkörner vom Wasser immer 
nur an die Beine der von den Acineten bewohnten Käfer getrieben wurden und nicht auch an 
irgend welche andere Körpertheile. Dass die keiner Ortsbewegung fähigen Acineten nur auf den 
Beinen der Wasserkärfer vorkommen, deutet offenbar darauf hin, dass sie aus der Metamorphose 
eines frei herumschweifenden, mit Selbstbestimmungsvermögen begabten Wesens hervorgegangen 
sein müssen. Von dieser Art ist ohne Zweifel der Schwärmsprössling der Acinete, und Jeder- 
mann wird natürlich zunächst daran denken, von ihm die Acinete abstammen zu lassen. Soll er 
wieder zu einer Acinete werden, so muss er eine bedeutende Metamorphose durchmachen. Er 
müsste sich nämlich mit einem seiner Enden, etwa mit dem vordern , fixiren, hier einen soliden, 
starren Stiel ausscheiden, sein Wimperkleid abwerfen und an seiner ganzen Oberfläche mit Aus- 
nahme des dem Stiele gegenüberliegenden Endes eine gallertartige Substanz ausschwitzen, die 
zu der Hülle der Acinete erstarrte. Endlich würde sich das freie Ende in zwei Lappen sondern 
und aus diesen würden die Tentakeln hervorwachsen müssen. Auf diese Weise würde der von 
einer grossen Acinete abstammende Sprössling in Fig. 13. eine Acinete liefern können, deren 
Grösse zwischen der der in Fig. 18. und 19. abgebildeten Acineten in der Mitte stände. Kleinere 
Acineten, wie Fig. 19., würden von den Schwärmsprösslingen mittelgrosser Acineten abstam- 
men; die grossen Acineten würden aber durch allseitiges Wachsthum des Körpers und gleich- 
zeitige Mitvergrösserung der Hülle mittelgrosser Acineten hervorgehen. Ein solches Wachsthum 

14* 


108 Acineten der Epist. plicatilis ; über Opere. berberina u. ihre Acineten. Ä 


setzte die Aufnahme von Nahrungsstoffen aus der Aussenwelt voraus, und diese könnte bei der 
Abwesenheit eines Mundes nur durch Diffusion im Wasser gelöster Nahrungsmittel, sei es durch 
die ganze Oberfläche des zarthäutigen zungenförmigen Fortsatzes oder nur durch die Tentakeln 
stattfinden. 

Lässt man alle diese Annahmen gelten, wie man wohl sehr geneigt sein dürfte,‘ so sind 
die Acineten selbstständige Infusorienformen, die in der Jugend ein frei herumschweifendes Leben 
führen, und deshalb anders organisirt sind, als im Alter, wo sie festsitzend werden, ihre Ent- 
wickelungsgeschichte ist dann z. B. denen der Cirripedien und vieler parasitischen Crustaceen 
analog, und sie stehen mit den Opercularien, welche dieselben Wasserkäfer bewohnen, in keinem 
nähern Zusammenhange. Bedeutendere Metamorphosen, als die eben angenommenen, sind aber 
auch nicht erforderlich, wenn wir unsere Acinete als eine Entwickelungsstufe der Opere. berberina 
ansehen. Da wir nun bereits mehrere Thatsachen haben kennen lernen, welche auf die Zusam- 
mengehörigkeit von Vorticellinen und gewissen Acinetenformen hinweisen, und da wir sogar eine 
Acinetenform direct aus der Metamorphose der Vaginicola erystallina hervorgehen sahen, so 
werden wir der Auffassungsweise, dass die Acinete mit dem zungenförmigen Fortsatze in den Ent- 
wickelungskreis der Opere. berberina gehöre, den Vorzug geben müssen. Versuchen wir einmal 
unsere Beobachtungen nach der zweiten Auffassungsweise zu ordnen. 

Wir wissen, dass den vorticellenartigen Infusorien , die sich von ihren Stielen abgelöst 
haben, das Vermögen zukommt, sich an einer andern Stelle zu fixiren und aus ihrem hintern 
Ende einen neuen Stiel auszuscheiden ; wir wissen ferner, dass die vorticellenartigen Infusorien 
auch an ihrer ganzen Oberfläche eine gallertartige Hülle absondern können ; nicht minder gewiss 
ist es endlich, dass nach Abscheidung einer Gallerthülle sich der Vorticellenkörper am vordern 
Ende vollständig schliessen und in eine einfache Blase verwandeln kann. Nun haben überdies die 
ihre Stiele verlassenden Individuen der Opere. berberina im Umrisse (Taf. II. Fig. 10. ©.) eine 
frappante Aehnlichkeit mit der in ihrer nächsten Umgebung lebenden Acinetenform; wir setzen 
daher nur ganz gewöhnliche bei andern Vorticellinen direct beobachtete Vorgänge voraus, wenn 
wir annehmen, die Acinete mit dem zungenförmigen Fortsatze gehe aus der Metamorphose von 
freiwillig ihren Stock verlassenden Individuen der Operc. berberina hervor, welche sich auf den 
Beinen derjenigen Wasserkäfer festsetzen, deren Hinterleibsende die Opercularie zu bewohnen 
pflegt, und diese Metamorphose komme dadurch zu Stande, dass die Opercularie nach Ausschei- 
dung eines kurzen Stieles ihr eichelartiges Vorderende (Fig. 10. ©. a.) schliesse, dieses tiefer in 
das weiter nach vorn sich ausdehnende napfförmige Hinterende (.) zurückziehe, und dass dann 
letzteres allein an seiner ganzen Oberfläche eine gallertartige Hülle absondere. Auf diese Weise 
würden die abgelösten Opereularien Acineten bis etwa zu mittlerer Grösse liefern können, und 
diese würden bald nach vollständiger Entwickelung ihrer bleibenden Form fähig sein, Schwärm- 
sprösslinge zu erzeugen, sie würden aber auch mit der Zeit sich weiter vergrössern und zu den 
entwickeltsten Acinetenformen heranwachsen können. Ueber eine gewisse Grösse geht dieses 
weitere Wachsthum nicht hinaus; denn auf den Käfern, welche von recht grossen Acineten be- 


wohnt wurden, traf ich nicht selten leere Acinetenhüllen (Fig. 17.), die theils noch Reste des ab- 


Opercul. artieulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 109 


gestorbenen und verwesten Acinetenkörpers umschlossen, theils von eingedrungenem Schlamme 
und Bacillarien (in Fig. 17. sind bei d. nur zweie angedeutet) erfüllt wurden. 

Die Schwärmsprösslinge der Acineten können nach dieser Auffassungsweise nur die 
Grundlage zu neuen Opercularienstöcken werden, und dazu wird keine verwickeltere Metamor- 
phose einzutreten haben, als sie für den Fall angenommen werden müsste, dass sich die Schwärm- 
sprösslinge wieder: zu Acineten entwickelten. Der sich zu einer Opercularie umgestaltende 
Schwärmsprössling braucht sich nämlich nur mit einem seiner Enden zu fixiren, hier einen Stiel 
auszuscheiden, sein Wimperkleid abzuwerfen und in seinem vordern Ende einen Mundapparat 
zu entwickeln, wie es jeder Knospensprössling der Vorticellinen auch thun muss, und die Meta- 
morphose ist vollendet. Mag man sich nun für die eine oder die andere Auffassungsweise ent- 
scheiden, in jedem Falle müssen auch noch einige Veränderungen mit dem Nucleus und den con- 
tractilen Stellen vor sich gehen. Will man keine von beiden gelten lassen, so wird man doch we- 
nigstens die Heterogonie der Acineten als eine fest begründete Thatsache anerkennen müssen, 
was immerhin schon ein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zu unsern bisherigen Ansichten 


über die Entwickelung der Infusorien ist. 


er j 


Ueber die Opercularia articulata und ihre Acinetenform. Zpistylis branchiophila 
mit Acineten und Cystenbildung dieser Epistylisart. 


Die werthvolle Ausbeute, welche mir die Untersuchung der Wasserkäfer in den Nie- 
megker Gewässern während des Monats April 1849 geliefert hatte, bestimmte mich nun auch in 
Berlin denselben eine besondere Beachtung zuzuwenden. Ich sammelte im Mai 1849 in den 
Gräben vor der Hasenhaide und in den durch Ueberschwemmungen gebildeten Lachen auf der 
Schlächterwiese zahlreiche Dytisciden, namentlich Dytiscus marginalis , Colymbetes fuscus und 
Agabus bipustulatus und ausserdem noch zahlreiche kleinere und grössere Phryganidenlarven ein. 
Die Untersuchung der Wasserkäfer belohnte mich reichlich durch das Auffinden der Opercularıa 
articulata Goldf., Ehrbg., welche ich am häufigsten und in den entwickeltsten Exemplaren auf 
den vier vordern Beinen und auf der Vorder - und Mittelbrust des Dytiscus marginalis, aber auch 
nicht selten, jedoch in vereinzeltern und kleinern Stöcken auf den übrigen genannten Wasser- 
käfern antraf. Diese Opereularie, welche bisher den einzigen Repräsentanten ihrer Gattung bil- 
dete, hat von den Infusorienforschern unseres Jahrhunderts nur EHRENBERG beobachtet und be- 
schrieben '), eine Abbildung ist aber auch von ihm nicht geliefert worden, da er sie erst nach dem 
Stiche der zum grossen Infusorienwerke gehörigen Kupfertafeln kennen lernte. GoLpruss hat 
nur die Gattung nach einer zwar kenntlichen,, aber im feinern Detail doch sehr rohen Abbildung 


Rozser’s?) aufgestellt. Darin lag für mich schon allein Antrieb genug, die Organisation der 


1) Die Infusionsthiere S. 287. 
2) Insectenbelustigungen Band III. Taf. XCVII. Fig.'5. 6. 


110 Opereul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


Opere. articulata sorgfältig zu studiren, und ich fand hierbei Mancherlei zu berichtigen und zu 
ergänzen. Ganz besonders aber fesselte mich unsere Opereularie dadurch, dass ich nicht bloss in 
ihrer Gesellschaft, sondern selbst auf den Aesten ihres Stockes sehr häufig und meist in zahl- 
reichen Exemplaren dieselbe Acinetenform antraf, die auch EHuRrENBERG so constant gleichzeitig 
mit ihr beobachtet hatte und die ihre Abstammung von der Opercularie so wenig verläugnen 
konnte, dass Eurenger selbst, wie ich schon $. 14. hervorhob, anfänglich kein Bedenken trug, 


sie mit in den Formenkreis der Opercul. articulata hineinzuziehen. 
- 


In späterer Zeit habe ich die Opere. articulata noch oft wieder aufgefunden ‚ und wenn 
sie in einer grössern Anzahl von Stöcken vorkam, habe ich auch stets wieder in ihrer Gesellschaft 
dieselbe Acinetenform angetroffen, wie bei ihrer ersten Entdeckung, woraus schon allein auf einen 
innern Zusammenhang beider Infusorienformen zu schliessen ist. Da sich dieser noch überzeu- 
gender herausstellen wird, wenn wir ihre Organisationsverhältnisse vergleichen , so bezeichne ich 
die in Rede stehende Acinete sogleich als die Acinetenform der Opere. articulata. Ich will bier 
nur die Fälle speciell aufzählen, in welchen ich die Opere. articulata sammt ihrer Acinetenform 
von Neuem beobachtete. Dies geschah zuerst wieder im September 1849 auf Brust und Beinen 
von Ilybius fenestratus und Agabus maeulatus, welche Käfer ich in einem Graben hinter dem 
Schlossgarten bei Tegel gefangen hatte. Dann traf ich im November 1849 auf einem im Gold- 
fischteiche des Thiergartens erbeuteten Dytiscus marginalis zahllose prachtvolle Opercularien- 
stöcke mit sehr vielen, auf den verschiedensten Entwickelungsstufen stehenden, zum Theil be- 
deutend grossen Acineten. Im April 1850 beobachtete ich mittelgrosse Opercularien und Acineten 
auf mehreren Exemplaren des Colymbetes fuscus und auf einem Oybister Roeselü, die in Berlin 
im Kanale auf dem Köpniker Felde gefangen wurden. Im August 1851 fischte ich einen Dytiscus 
marginalis aus einer Mistpfütze bei Niemegk, der auf der Brust Opercularienstöcke, die grössten- 
theils von ihren Thieren verlassen waren, auf den Vorderbeinen aber grosse Acineten trug, die 
theils abgestorben, theils im Absterben begriffen waren. Wahrscheinlich hatte dieser Käfer früher 
in reinerem Wasser gelebt und als er in die Mistpfütze übergeflogen war, waren die Opercularien 
und ihre Acinetenformen durch die scharfe Jauche getödtet worden. Endlich fing ich im Juli und 
August 1852 bei Tharand in einem mit der Weiseritz in Verbindung stehenden Gebirgsbache 
16 Exemplare des anderwärts ziemlich seltenen Dytiscus punctulatus ; von diesen waren fünf mit 
wenigästigen, aber sehr grosse Individuen tragenden Stöcken der Opere. articulata besetzt und 
zweie trugen gleichzeitig einige Acineten von einer ganz colossalen, mir bis dahin noch nie vor- 


gekommenen Grösse. 


Man sieht hieraus, dass die Opere. articulata und ihre Acinetenform von mir in sehr 
verschiedenen Localitäten gleichzeitig aufgefunden wurden, was gewiss nicht wenig für ihre Zu- 
sammengehörigkeit spricht. Ich will nun meine Schilderung beider Infusorienformen nach dem 
gesammten Materiale entwerfen, welches mir bis auf die neueste Zeit zu Gebote gestanden hat. 
Zum Ausgangspunkte wähle ich aber einen der im Mai 1849 eingesammelten Dytiscus margt- 


nalis, der besonders reich mit sehr verschiedenen Generationen der Opere. articulala und deren 


.. 


Opercul. articulata u. Bpistyl. branchtiophila mit ihren Acineten. 111 


Acinetenformen besetzt war. Eine sehr mässige Auswahl der verschiedenen auf diesem Käfer 
beobachteten Formen habe ich auf Taf. II. in Fig. 1—8. abgebildet. 

Dass die in Fig. 1. 7. und 8. dargestellten Opercularien einer und derselben Art ange- 
hören, lehrt der völlig übereinstimmende Bau ihres Körpers und ihrer Stielgerüste. Der nur erst 
von drei Individuen gebildete Stock in Fig. 1. gehörte einer der ältesten Generationen an, welche 
auf dem in Rede stehenden Wasserkäfer vorkamen. Am häufigsten und in reichästigen Su Men 
fand ich die Generation, von der in Fig. 7. drei Endäste eines Stockes abgebildet sind. Fig. 8. 
stellt eine der jüngsten Generationen dar, welche sich zu baumförmig verästelten Stöcken ent- 
wickeln; das Individuum, von welchem die Anlage dieses Stockes ausging, hat einen ungewöhn- 
lich langen Stiel — den Stamm des künftigen Stockes — ausgeschieden, bevor es durch Theilung 
in zwei neue Individuen zerfiel. Ausserdem traf ich häufig noch jüngere Opercularien, welche 
isolirt oder zu zweien bis vieren in den Axeln der Schienendornen auf einem ganz kurzen Stiele 
sassen; sie scheinen sich noch nicht zu vielästigen Stöcken entwickeln zu können, sondern sie 
lösen sich wahrscheinlich nach ein - oder zweimaliger Theilung wieder von ihren Stielen, schweifen 
dann einige Zeit frei umher und setzen sich zuletzt wieder fest, um nun einen kräftigern Stiel 
auszuscheiden, der fähig ist, eine grössere Zahl von Aesten zu tragen. Jedenfalls musste eine be- 
trächtliche Anzahl von Generationen vorausgegangen sein, bevor Stöcke von der in Fig. 1. abge- 
bildeten Grösse auftreten konnten. Diese werden natürlich nicht alle denselben Käfer bewohnt 
haben, da die Individuen jeder Generation mit der Zeit ihren Stock verlassen und frei im Wasser 
umher schwärmen. Da sich die einen Individuen früher, die andern später wieder festsetzen, so 
wird ein und dieselbe Generation von Opercularien wieder eine ganze Reihe verschiedener Stock- 
generationen liefern können. Man trifft in der That auch nicht zwei Stöcke, die in der Grösse 
der Individuen und in der Dicke der Aeste genau mit einander übereinstimmten. Noch variabler 
ist die relative Länge und Stellung der einzelnen Aeste nicht bloss an verschiedenen Stöcken, 
sondern an ein und demselben, da sich die einzelnen Individuen bald unter ihrer Entwickelung 
günstigern, bald ungünstigern Umständen befunden haben, was wieder den frühern oder spätern 
Eintritt der Theilung zur Folge hatte. Im Allgemeinen liegen jedoch die Individuen eines Stocks 
bei der Operc. articulata in ziemlich gleicher Höhe. 

Das Stielgerüst ist durch und durch solide und starr, jedoch nicht so starr, wie bei den 
meisten Arten der Gattung Epistylis, sondern etwas biegsam und elastisch. Dies sieht man recht 
deutlich, wenn grosse Individuen auf ihren Stiel zurückschnellen; alsdann verkürzt und verdickt 
sich derselbe merklich, seine sonst graden Contourlinien bekommen eine feine wellenförmige 
Kräuselung und an seiner Oberfläche treten zahlreiche seichtere und tiefere ringförmige Querfurchen 
auf. Die seichtern Querfurchen liegen dicht hinter einander und sind oft nur an den gegenüber- 
liegenden Rändern deutlich ausgeprägt, die tiefern, rings herumlaufenden befinden sich in wei- 
tern Abständen von einander. Wenn sich das Thier wieder ausreckt, so verschwinden die meisten 
Querfurchen des Stieles; gewöhnlich aber bleiben einige sichtbar (vergl. Fig. 1. %. u. Fig. 7. e.), 
und das Stielgerüst erscheint daher mehr oder weniger deutlich quergegliedert. Grosse Indivi- 


duen, welche auf einem isolirten Stiele, oder doch nur auf einem niedrigen, wenigästigen Stocke 


“ 


112 Opereul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


sitzen, wie das in Fig. 1. dargestellte, schnellen nicht selten mit solcher Heftigkeit zusammen, 
dass der Stiel oder Stamm des Stockes sich in wurmförmigen Windungen verkürzt, die einiger- 
maassen an die spiralförmigen Stielcontractionen der Vorticellen, Carchesien und Zoothamnien 
erinnern. Ausser den veränderlichen Querfurchen ist das Stielgerüst stets noch mit einer sehr 
deutlichen, dichten Längsstreifung versehen. Die einzelnen Aeste des Stockes haben ihrer ganzen 
Länge nach dieselbe Breite; vor den Gabelungen und an der Uebergangsstelle in die Einzel- 
thiere sah ich sie nie merklich erweitert, wie es Rogser’s Abbildungen angeben. Da diese auch 
sonst sehr unvollkommen ausgefallen sind, so ist darauf wohl kein Gewicht zu legen. EHRENBERG 
stellt ebenfalls die Erweiterung der Aeste an ihren Enden in Abrede, doch giebt er zu, dass der 
letzte Rand, worauf der Körper sitze, etwas breiter sei, wie ein schmales Mundstück '), was ich 
nicht bestätigen kann. Die von RoeEseL und EHRENBERG nur an den Gabelstellen des Stockes 
hervorgehobenen Querfurchen sind hier keineswegs constant, und sie finden sich oft eben so deut- 
lich ausgeprägt auch an andern Stellen der Aeste. Doch beobachtete ich ebenfalls Stöcke, deren 
Aeste vorzugsweise dicht hinter jeder Gabelstelle mit einer oder zwei nahe auf einander folgenden, 
tiefen ringförmigen Einschnürungen versehen waren. Dergleichen Stöcke erschienen besonders 
deutlich gegliedert; sie haben auch zu dem Speciesnamen unserer Opercularie Veranlassung ge- 
geben, der also keineswegs einen durchgreifenden Character bezeichnet, und zwar um so weniger, 
da noch andere Opercularien z. B. Opere. berberina nicht minder deutlich gegliederte Stiel- 
gerüste haben. 

Der Opereularienstiel besteht nicht durch und durch aus einer völlig gleichartigen, amor- 
phen Substanz, sondern man kann an ihm eine Rindenschicht und eine Markschicht unterschei- 
den. Diese beiden Schichten treten schon bei den vorhin erwähnten, durch das Zusammen- 
schnellen des Körpers hervorgerufenen,, geringen Verkürzungen des Stieles hervor. Man sieht 
dann, dass die Querrunzeln des Stieles nur in der Oberfläche desselben ihren Sitz haben, während 
die weiter nach innen gelegene Substanz längsgestreift erscheint. Noch schärfer sondern sich beide 
Schichten, wenn man den Stiel mit Aetzkalı behandelt; die äussere Schicht erscheint dann als 
eine glashelle, fein wellenförmig gerandete, querrunzlige Hülle, die innere aber als ein dicker, 
sehr dicht der Länge nach gestreifter, opakerer Strang. Die Rindenschicht scheint den Stielwan- 
dungen und die Markschicht dem sogenannten Muskel der contractilstieligen Vorticellinen zu 
entsprechen. Hieraus geht abermals hervor, dass die starren und contractilen Stiele der Vorticel- 
linen morphologisch nicht so scharf von einander verschieden sind, wie es auf den ersten Anblick 
erscheint. In concentrirter Schwefelsäure quillt der Stiel um mehr als das Doppelte seines Um- 
fangs auf, jede Spur von Längsstreifung und Querrunzeln verschwindet, und er erscheint dann 
ganz homogen und krystallhell. Eine wirkliche Auflösung des Stieles konnte ich nicht erreichen. 
Jodtinetur färbt den Stiel blassgelb, beim Zusatz von Schwefelsäure wird er aber wieder ganz 


farblos. In Zuckerlösung schrumpft der Stiel um mehr als die Hälfte seines Umfangs zusammen ; 


1) Die Infusionsthiere 8. 288. 


Opercul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 113 


setzt man dann einen Tropfen concentrirter Schwefelsäure hinzu „ so schwillt er sogleich wieder 
zu seinem frühern Umfange und darüber an, ohne sich jedoch im mindesten zu verfärben. 

Der Körper unserer Opereularie ist spindelförmig oder länglich eiförmig, vorn und hinten 
grade-abgestutzt. Das Peristom ist ohne Auszeichnung, bald ganz glatt, bald in Folge geringer 
sphincterartiger Verengerung der Länge nach gefaltet und an seinem freien, dicken Vorderrande 
gekerbt (Fig. 1. 2.) Aehnliche Längsfalten ziehen sich häufig von der Basis des Körpers bis ge- 
gen die Mitte desselben hinauf, die bei andern Vorticellinen schon für Muskeln gehalten wurden, 
was sie aber ganz bestimmt nicht sind, wie man hier sehr deutlich sehen kann. Denn sie er- 
scheinen nur, wenn sich der Basaltheil des Körpers stark verengert hat; sie verschwinden aber 
sogleich wieder, wenn er sich zu seinem normalen Umfange ausdehnt. Die Peristommündung 
führt, in einen sehr langen und weiten, das ganze vordere Drittel des Körpers durchlaufenden 
Rachen (Fig. 1. d.), der sich von vorn nach hinten erweitert, und dessen mehr oder weniger ge- 
wölbter Boden sich nach der einen Seite hin schief nach abwärts neigt und in die Speiseröhre (e.) 
übergeht. Auf der entgegengesetzten Seite des Rachens entspringt nahe über dem Boden des- 
selben der lange, noch eine Strecke über das Peristom hinausreichende, trompetenförmige Stiel (d.) 
des Wirbelorgans , der im ausgestreckten Zustande zwar jener Seite des Rachens innig anliegt, 
aber seiner ganzen Länge nach frei ist. Die schief auf den Stiel aufgesetzte Scheibe (a.) des Wir- 
belorgans ist am Rande mit drei concentrischen Kreisen langer und dicht stehender Wimpern 
besetzt, und darin scheint mir ein gutes Speciesmerkmal der Opere. articulata zu liegen. Im 
Profil (Fig. 24. ce.) erscheint die convexe und auf dem Scheitel eingedrückte Scheibe nach dem 
Rande zu concentrisch geringelt, und man sieht bier noch deutlicher, dass mehrere gesonderte 
Wimperkreise vorhanden sind. Das ganze Wirbelorgan ist ein ununterbrochener, contractiler, 
häutiger, mit derselben Substanz, wie die Leibeshöhle, erfüllter Blindsack, dessen verengerte 
Basis (Fig. 24. 5.) mit der Leibeshöhle in Communication steht und der sich frei durch die 
Rachenhöhle nach aussen erstreckt. Die Scheibe des Wirbelorgans ist eben so contractil und 
deshalb eben so veränderlich in ihrem Umrisse, wie der Stiel, es ist daher ganz ungerechtfertigt, 
den letztern für einen Muskel zu halten, welcher die Scheibe auf und nieder schiebe. Beim Ein- 
ziehen des Wirbelorgans fliesst ein Theil der Körnermasse aus der Scheibe in den Stiel zurück, 
und das Wirbelorgan verwandelt sich entweder nur in einen einfachen, dicken, kurz keulenför- 
migen Lappen (Fig. 7. B. «a‘.), oder wenn es noch stärker zurückgezogen wird, dehnt es sich 
wieder in einen flach mützenförmigen, quer über dem Boden der Rachenhöhle gelagerten Lappen 
aus. Das Wirbelorgan kann sich unabhängig von den Contractionen des Körpers beträchtlich 
verkürzen und verlängern; wenn es sich aber bis auf den Boden der Rachenhöhle zurückzieht, 
schliesst sich auch das Peristom mehr oder weniger vollständig. 

Die Rachenhöhle (Fig. 24. a.) ist von einer zarten, glasartig durchsichtigen, faltigen 
Haut ausgekleidet, die sich nach vorn über das Peristom hinaus in einen schief abgestutzten, 
halbrinnenförmigen, am Rande etwas nach aussen umgeschweiften Fortsatz (Fig. 1. c. und 
Fig. 24. d.) verlängert, der wie eine Unterlippe dem Wirbelorgan gegenüberliegt und die von 
demselben herbeigetriebenen Nahrungsmittel auffängt und in den Rachen leitet. Dieser Fortsatz 


‚Stein, Infusorien. 15 


114 Opereul. artieulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


wird stets gleichzeitig mit dem Wirbelorgane eingezogen und wieder entfaltet. Er ist von Eurex- 
BERG nicht speciell erwähnt worden ; dass er aber unterschieden wurde, geht aus der von diesem 
Forscher gegebenen Gattungsdiagnose hervor, in der die Thiere als zweilippig und. ihr Wirbel- 
organ als eine schirmartige, von einem Muskelstiele getragene Oberlippe bezeichnet werden !). 
Die dem Wirbelorgane gegenüberliegende untere Ecke des Rachens geht in die Speiseröhre 
(Fig. 1. e. e.) über, die in ihrem weitern trichterförmigen Eingange einige lange und kräftige 
Wimpern trägt und als ein enger, nach aussen gekrümmter Kanal nahe unter der Körperhaut 
bis zum Anfang des hintern Körperdrittels verläuft, wo sie mit grad abgestutztem Ende in die 
Leibeshöhle ausmündet. Die Speiseröhre sah ich bei den grössern Individuen meistens in einer 
heftig zitternden Bewegung begriffen, wodurch sie sich besonders scharf von dem umgebenden 
Leibesinhalte absetzte. 

Die Bahn, welche die verschluckten Nahrungsmittel mehr oder weniger weit durch die 
Leibessubstanz hindurch beschreiben, ist ganz entschieden wandungslos. Wäre ein Darmkanal 
vorhanden, so müssten seine Wandungen doch wenigstens zu gewissen Zeiten, wenn auch nur 
auf eine kurze Strecke eben so deutlich zu unterscheiden sein, wie dies mit der Speiseröhre stets 
der Fall ist. Der sogenannte Darm erscheint aber immer nur in dem Moment, wo ein Nahrungs- 
ballen die Leibessubstanz durcheilt, und zwar als eine ganz kurze, sogleich wieder verschwin- 
dende, furchenartige Lücke. Grade die Opere. articulata, welche nach EnrRENBERG den ganzen 
Verlauf des Darms ‚,so scharf, wie nur wenige Infusorien“ sollen erkennen lassen ?), eignet sich 
vorzüglich dazu, die Nichtexistenz eines Darmkanales darzuthun. Hat sich das Thier contrahirt, 
so sieht man die Speiseröhre noch schärfer begränzt und fortwährend in zitternder Bewegung, sie 
erscheint dann als ein etwas breiterer, S-förmig gewundener, weiter nach innen gerückter 
Schlauch, über dessen scharf abschneidende, hintere Endigung auch nicht der mindeste Zweifel 
mehr übrig bleibt, während auch jetzt nicht die leisesten Spuren eines auf ihn folgenden Darmes 
wahrzunehmen sind. 

Die unverdaulichen Stoffe werden aus der Leibeshöhle wahrscheinlich durch die Speise- 
röhre zurück nach aussen befördert, wenigstens beobachtete ich niemals eine solche Auswurfs- 
stelle, wie bei der Opere. berberina (S. 101.) erwähnt wurde. Die verschluckten Nahrungsmittel 
häufen sich fast nur in dem mittlern, weitesten Theile der Körperhöhle an, wo sie oft sehr dicht 
gedrängt neben einander liegen; doch sah ich auch hin und wieder in dem vordern Körperraume 
zwischen Rachen und der äussern Haut vereinzelte zusammenhängende Nahrungsballen und un- 
verdaute isolirte fremde Körper. In den hintern verengerten Körpertheil dringen keine ver- 
schluckten Stoffe ein. Diese Körpergegend ist noch besonders dadurch ausgezeichnet, dass in ihrem 
Leibesinhalte eine grosse Menge gröberer Fettkörnchen dicht gedrängt bei einander liegen, die 
einen ziemlich scharf abgegränzten, den Körpercontouren parallelen, nach vorn grad abgestutzten 
oder etwas ausgehöhlten, opaken Haufen (Fig. 1. :.) bilden. Die einzelnen Körner stimmen ganz 


1) Die Infusionsthiere S. 286. 
2) Ebendaselbst S. 287. 


\ 


Opercul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 115 


und gar mit den gröbern, in dem übrigen Leibesinhalt zerstreut liegenden Fettkörnern überein ; 
auch sind sie durchaus nicht von gleicher Grösse, es finden sich vielmehr zwischen ihnen zahl- 
reiche kleinere bis zu ganz feinen Pünktchen. Schon deshalb kann ich EHRENBERG nicht bei- 
pflichten, der den Körnerhaufen für eine Eiermasse anspricht, ohne weitere Gründe für diese Be- 
haupturg beizubringen. Ich vermuthe, dass der Körnerhaufen nur das Bildungsmaterial darstellt, 
welches zur Fortentwickelung des Opercularienstieles verwendet wird. 

Der Nucleus liegt stets an der Uebergangsstelle des Rachens in die Speiseröhre; er ist 
lang bandförmig und hufeisenförmig zusammengekrümmt. In der Regel übersieht man nur einen 
Theil desselben, so z. B. in unserer Fig. 1. bei g. etwa die Hälfte; der übrige Theil des Nucleus, 
welcher sich hinter dem Rachen herum nach abwärts krümmt, tritt erst beim Zusatz von Essig- 
säure ganz deutlich hervor. EHRENBERG, der den Nucleus (seine Samendrüse) als rund bezeichnet, 
hat jedenfalls nur das eine Ende desselben beobachtet. Die contractile Stelle (Fig. 1. f.) erscheint 
bald dicht hinter, bald etwas vor dem Boden des Rachens; aus der letztern Lage folgt, dass sie 
sich zwischen Rachen- und Körperhaut, also näher an der äussern Oberfläche des Körpers, als 
nach dessen Mitte zu befinden müsse. Vergebens habe ich bei den grössten Opercularien nach 
einer die contractile Stelle begränzenden Membran und nach einer mit der Aussenwelt communi- 
cirenden Oeffnung gesucht, welche mein Freund ©. Scumipr den contractilen Stellen vindieiren 
möchte, und durch welche sie zum Behufe der Respiration abwechselnd Wasser einpumpen und 
wieder ausstossen sollen '). An so grossen, oft lange Zeit stillsitzenden und darum eine scharfe 
Beobachtung verstattenden Opercularien, wie ich zu untersuchen vielfach Gelegenheit hatte, 
würde mir eine solche Ausmündung der contractilen Stelle, möchte sie nun in die Rachenhöhle 
oder an die äussere Körperoberfläche führen, nicht wohl haben entgehen können. Ich begreife 
auch nicht recht, wozu ein so locales und beschränktes Respirationsorgan den Opercularien noch 
nöthig sein sollte, da deren voluminöser, zarthäutiger und so oft mit frischem Wasser sich fül- 
lender Rachen weit eher und besser eine Respirationsfunction müsste versehen können, als ein 
kleines appendiculäres Bläschen, wenn die contractile Stelle wirklich ein solches wäre. Mir scheint 
ein besonderes Respirationsorgan für kein Infusionsthier nöthig zu sein, da bei allen der dem 
Wasser beigemengte Sauerstoff mit Leichtigkeit durch die zarten Körperwandungen muss hin- 
durchgehen können, und da ausserdem noch bei den mit einem Munde versehenen Infusorien mit 
jedem verschluckten Bissen frisches Wasser in die Leibeshöhle gelangt. Gegen die Deutung der 
contractilen Stellen als Respirationsorgan spricht aber noch ganz besonders die Thatsache, dass 
sie sich bereits bei den noch ganz unentwickelten Schwärmsprösslingen im Innern der Acineten 
in voller Thätigkeit befinden, wo gar nicht einmal die Möglichkeit vorhanden ist, frisches Wasser 
aus der Umgebung aufzunehmen. 

Im vordersten Theile der Leibeshöhle findet sich constant noch ein räthselhaftes Organ, 
das ich bisher noch bei keinem andern vorticellenartigen Infusionsthiere angetroffen habe. Ich 
wurde darauf zuerst an den grossen Opercularien aufmerksam, die ich 1852 in Tharand auf Dy- 


1) ©. ScaMmiDT, Handbuch der vergl. Anatomie S. 220. 
155 


116 Opercul. articulata u. Epistyl: branchiophila mit ihren Acineten. 


tiscus punetulatus beobachtete; später fand ich es auch an kleinern, andere Wasserkäfer bewoh- 
nenden Individuen der Opere. articulata, wieder auf, welche nur die Grösse der in Fig. 7. abge- 
bildeten hatten, und auch sonst ganz mit ihnen übereinstimmten. Dieses Organ besteht in zwei 
scharf begränzten, länglich nierenförmigen Körperchen (Fig. 24. e. e.) von dem opaken feinkör- 
nigen Ansehen des Nucleus, welche gleich hinter der Peristommündung an zwei diametral gegen- 
überstehenden Punkten der äussern Oberfläche des Rachens liegen, die sie mit ihrer convexen 
Seite berühren. Zuerst glaubte ich nur die beiden Durchschnittsflächen eines den Rachen um- 
fassenden ringförmigen Organes vor mir zu haben, allein wie ich auch das Mikroskop einstellen 
mochte, ich konnte keine Spur von dem vordern oder hintern Bogen eines Ringes auffinden; 
eben so wenig beobachtete ich irgend eine andere Commissur zwischen beiden Körperchen. 
Zieht sich das Peristom nach dem Einziehen des Wirbelorganes sphincterartig zusammen, so 
rücken beide Körperchen auf dem Scheitel der Opercularie so innig an einander, dass sie einen 
einzigen walzenförmigen, in der Mitte etwas verengerten und in der Richtung seiner Längsaxe 
halbirten Körper zu bilden scheinen. In dieser Lage machen sie am meisten den Eindruck eines 
Schliessmuskels. Ueber ihre Bedeutung weiss ich nichts zu sagen; man könnte fast versucht 
werden, sie für zwei Ganglien zu halten, stände ihr Vorkommen nicht zu isolirt in der Infusorien- 
welt da, und wäre es nicht überhaupt im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass den Infusorien 
ein gesondertes Nervensystem zukommen sollte. 

Die Opercularien contrahiren sich, je nach der Gefahr, welche ihnen droht, auf verschie- 
dene Weise. Findet nur eine momentane geringe Beunruhigung statt, so wird das Wirbelorgan 
bloss so weit zurückgezogen, dass sich das Peristom schliessen kann; der Körper erscheint dann 
spindelförmig (Fig. 7. B.) und das Wirbelorgan wird bald darauf wieder vorgestreckt. Ist die 
Störung anhaltender, so zieht sich die Opercularie immer weiter auf ihren Stiel zurück, in der 
Mitte des Körpers entstehen einige tiefe, ringförmige Einschnürungen, und der sich beträchtlich 
erweiternde hintere Abschnitt des Körpers schlägt sich glockenförmig nach rückwärts um, und 
schliesst den Endtheil des Stieles ein (Fig. 7. €). Bei den stärksten Contractionen legt sich der 
Basaltheil des Körpers in ringförmige Falten, das weit nach innen zurückgezogene Wirbelorgan 
verwandelt sich in einen flach mützenförmigen, den Boden des Rachens bedeckenden Lappen und 
die dem Wirbelorgan gegenüberliegende Rachenwand dehnt sich in einen ähnlichen, quer über 
das Wirbelorgan hinweggreifenden Lappen aus, worauf sich das Peristom so innig schliesst, dass 
die beiden in ihm gelegenen nierenförmigen Körper in der Axe zusammenstossen und dicht vor 
dem zuletzt erwähnten Lappen zu liegen kommen. Der so zusammengezogene Körper hat eine 
kurz birnförmige bis kugelrunde Gestalt und verharrt oft lange Zeit in diesem Zustande. Wirken 
noch stärkere Reize aufihn ein, so zieht er sich ebenfalls unter Bildung einer glockenförmigen 
Umstülpung immer mehr auf den Stiel zurück und das Peristom schnürt sich so stark zusammen, 
dass um den vordern etwas vertieften Pol des Körpers zahlreiche, strahlenförmig auseinander 
laufende Falten entstehen. 

Diese stärksten Contractionen treten sogleich ein, wenn man dem Wasser einen Tropfen 
sehr verdünnter Säure, Alkalien oder Jodtincetur beimengt, und dadurch schützen sich wenigstens 


Opercul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 117 


die grössern Opercularien auf kurze Zeit gegen die verderbliche Einwirkung dieser Stoffe, da sie 
von einer sehr derben und festen Haut begränzt sind. Denn wenn ich sie gleich darauf wieder in 
reines Wasser brachte, so entfalteten sie sich meistens wieder und erschienen unverletzt. Wurden 
jene Stoffe weniger verdünnt angewendet, so tödteten sie natürlich das Thier, eine Entfaltung im 
Absterben trat aber niemals ein, sondern das Thier verharrte im Zustande der stärksten Contrac- 
tion. In concentrirter Kalilauge quillt der contrahirte Körper nach und nach auf und löst sich 
vom Stiele ab; dann brechen aus dem Innern grosse Tropfen hervor und zuletzt fliesst das ganze 
Thier in eine trübe formlose Masse aus einander. In concentrirter Schwefelsäure schwillt die 
Körperhaut zu einer dicken krystallhellen, sich nach und nach auflösenden Gallerthülle auf, 
während der Körperinhalt die Form des contrahirten Thieres beibehält. In concentrfirter Zucker- 
lösung schrumpft der Körper unter Ausscheidung zahlreicher heller Tropfen auf ein ausserordent- 
lich geringes Volumen zusammen; beim Zusatz eines Tropfens concentrirter Schwefelsäure schwillt 
er sogleich wieder auf, die ausgeschiedenen Tropfen und der noch übrige Inhalt des Körpers 
färben sich tief rosenroth bis prächtig purpurroth, die Körperhaut aber bildet eine farblose Gal- 
lerthülle. Waren im mittlern Raume des Körpers Nahrungsballen aufgehäuft, so erscheint diese 
Gegend olivenfarbig bis dunkellauchgrün. Um den noch tiefer rosen - oder purpurroth gefärbten 
Nucleus tritt stets ein lichter Hof hervor, der von der aufgequollenen und ebenfalls farblos blei- 
benden Nucleusmembran herrührt. 

Die Fortpflanzung durch Längstheilung erfolgt auf die gewöhnliche Weise. Knospenbil- 
dung erinnere ich mich nicht beobachtet zu haben. Die sich von ihren Stielen ablösenden Indivi- 
duen sind stets mit dem hintern Wimperkranze (Fig. 7. B. c. ©. c.) versehen, der hier sehr weit 
nach hinten gerückt ist. Die grössten Opercularien fand ich im völlig ausgestreckten Zustande, 
ohne die etwa !/%0”” langen Wimpern des Wirbelorgans mitzurechnen, Ys”” lang, und ihre Breite 
betrug in der Mitte des Körpers ’/s”’, am hintern Ende '/,,”, am Peristom Y40”’. Die Scheibe 


’ 


des Wirbelorgans, wie auch die Peristommündung hatten %s”’ im Durchmesser; die Stiele, 
welche diese Opercularien trugen, waren Y;s” breit. Die häufigsten mittelgrossen Opercularien 
waren durchschnittlich 46” lang und ’/ıs” breit, und sie sassen auf "ss ” breiten Stielen. Die 
kleinsten Formen, welche noch mehrästige Stöcke bildeten, waren %7"’ lang, !/%6” breit und die 


„ 


Breite ihrer Stiele betrug %ss”’. Diese verschiedenen Generationen, so wie zahlreiche Ueber- 
gangsformen wurden nicht selten auf einem und demselben Dytiscus marginalis beobachtet. 
Betrachten wir nun die Acinetenform der Opere. articulata. So verschiedene Genera- 
tionen von Opercularien auf einem und demselben Wasserkäfer vorkommen, eben so verschiedene 
Generationen von Acineten beobachtete ich auch oft in ihrer Gesellschaft, und der Reichthum 
der Formen wird dadurch noch grösser, dass von einer und derselben Generation verschiedene 
Entwickelungsstufen vorhanden sind. Die auf Taf. II. Fig. 2—6. abgebildeten Acinetenzustände 
und noch unzählig viele Mittelglieder zwischen den in Fig. 2. und Fig. 6. abgebildeten entwik- 
kelten Formen fanden sich auf einem einzigen Dytiscus marginalis. Ich will zuvörderst eine der 
ältesten Generationen in ihrem vollständig entwickelten Zustande (Fig. 2. und 3.) beschreiben. 


Die entwickelte Acinete besteht stets aus einem steifen soliden Stiele (a. «’.) und aus einem wei- 


118 Opereul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


chern, aber ganz regungslosen Körper (b.). Der Stiel ist selten ganz grade, sondern meistens 
mehr oder weniger bogenförmig gekrümmt; er scheint gleichsam unter der Last des Körpers, für 
den er verhältnissmässig zu dünn ist, zusammengedrückt. Gewöhnlich ist er etwas kürzer oder 
doch nur so lang, als der Körper, selten ist er länger. Ein auffallender Character des Stieles be- 
steht darin, dass er von seinem Anheftungspunkte an bis zu einer gewissen Höhe eine ziemlich 
gleichförmige, im Verhältniss zur Körpergrösse sehr geringe Dicke (a.) hat, und dass er sich dann 
ziemlich plötzlich sehr bedeutend bis zu seinem Uebergang in den Körper napf-, trichter- oder 
bimförmig erweitert (@’.). Die relative Länge zwischen dem engen Grundtheil und dem erwei- 
terten Endtheil des Stieles ist fast an jedem Exemplare eine andere. Gewöhnlich tritt die Erwei- 
terung allmählich über der Mitte des Stieles ein (Fig. 2. und 3.); häufig beginnt sie erst kurz 
vor dem Uebergange in den Körper und dann erscheint der Stiel sehr schlank und am Ende mit 
einem scharf abgegränzten napfförmigen Ansatze versehen. Nicht selten erweitert sich aber auch 
der Stiel in geringer Entfernung von seinem Anheftungspunkte ganz plötzlich zu einem sehr 
dicken birnförmigen bis fast walzenförmigen Körper, dessen grösster Querdurchmesser oft der 
Länge des ganzen Stieles gleichkommt. Niemals sah ich den Stiel gleich von seiner Basis an ver- 
dickt, sondern stets geht ein längerer oder kürzerer stielartiger Grundtheil voraus.‘ 

In seinem feinern Bau stimmt der Acinetenstiel genau mit dem Stiele der Opere. artieu- 
lata überein. Er ist starr, durch und durch solide, farblos und durchscheinend. Man unterscheidet 
an ihm dieselbe Längsstreifung und dieselben seichtern und tiefern Querfurchen. Letztere sind 
am stärksten an dem erweiterten Theile des Stieles ausgeprägt, und man sieht hier recht deutlich, 
dass nur die äussere Schicht des Stieles quergeringelt ist, während die ganze innere Substanz des 
Stieles längsstreifig ist. An kurzen und in geringer Entfernung vom Anheftungspunkte sehr stark 
erweiterten Stielen sah ich häufig die Längsstreifung nach der Axe der Stielerweiterung viel 
stärker ausgeprägt, als nach der Peripherie zu, so dass es namentlich bei Ansicht der mittlern 
Horizontalebene des Stieles den Anschein gewann, als werde die Axe des Stieles von einem den 
Stieleontouren parallelen, dunklern, fasrigen Strange (Taf. IV. Fig. 1. 5. 5.) durchlaufen. Der 
nicht erweiterte Theil des Acinetenstiels ist von einem gewöhnlichen Opercularienstiele von glei- 
cher Dicke gar nicht zu unterscheiden. 

Der Acinetenkörper (Fig. 2. 5. 3. b.) ist ziemlich plattgedrückt, fast scheibenförmig und 
im Umriss bald kreisrund,, bald umgekehrt eiförmig bis birnförmig, bald oval; an seiner Basis ist 
er stets um so viel grad abgestutzt, dass die Abstumpfungsfläche genau denselben Umfang hat, 
als die Endfläche der Stielerweiterung, welche mit dem Inhalte des Acinetenkörpers in unmittel- 
barer Berührung steht. Bisweilen ist der Acinetenkörper nur so breit, als der erweiterte Theil des 
Stieles an seinem Ende, er ergänzt sich dann mit der Stielerweiterung zu einem Oval, dessen hin- 
teres Drittel oder sogar hintere Hälfte von der Stielerweiterung gebildet wird. Nach aussen ist 
der Acinetenkörper von einer farblosen, glashellen, deutlich doppelt contourirten, ziemlich dick- 
wandigen Hülle (Fig. 2. 3. 2’. 5.) begränzt, an der nirgends eine Oeffnung zu entdecken ist. 
Am ganzen freien Rande des Körpers, oft aber auch nur am Vorderrande sitzen zerstreut und in 
einiger Entfernung von einander kurze und verhältnissmässig dicke, einfach blindröhrenförmige, 


Opercul. articulata u. Epistyl. brunchiophila mit ihren Aecineten. 119 


geschlängelte Tentakeln (e. e.), die von einer sehr zarten Haut begränzt sind und einen sehr fein- 
körnigen Inhalt umschliessen. Bewegungen konnte ich an ihnen durchaus nicht wahrnehmen. 
Der gelbgraue Inhalt des Acinetenkörpers besteht nur aus der gewöhnlichen Sarcode und 
zahlreichen bald feinern, bald gröbern Fettkörnchen ; er umschliesst stets eine unbestimmte Zahl 
von regellos vertheilten, wasserhellen Hohlräumen (Fig. 2. d. d.), die jedoch nicht rhythmisch 
contractil sind. Im Grunde des Körpers befindet sich stets ein scharf abgegränzter, quer recht- 
eckiger Haufen von dicht gedrängt bei einander liegenden Fettkörnchen (Fig. 2. 3. e. e.), der so- 
gleich an den Körnerhaufen im Grunde des Opercularienkörpers (Fig. 1. :.) erinnern muss. Die 
Mitte des Körpers nimmt ein höchst polymorpher, auf seiner vollkommensten Entwickelungs- 
stufe sehr ausgebreiteter Nucleus (‚f. f.) ein, der in keiner Acinete dieselbe Form zeigt. In seinem 
entwickeltsten Zustande bildet er nämlich einen korallenstockähnlichen Körper, der aus wurmför- 
migen, theils einfachen, theils diehotomisch verzweigten und an den Enden oft blasenförmig an- 
geschwollenen Aesten besteht, die sich von einem Punkte aus strahlenförmig nach dem Rande 
des Körpers hin ausbreiten und häufig durch ein etwas breiteres Mittelfeld mit einander zusam- 
menhängen (Fig. 3.). Dieser Nucleus hat grosse Aehnlichkeit mit dem ästigen Zellenkerne, wel- 
cher in den Epithelzellen der Spinndrüsen und Harnorgane vieler Insecten zu beobachten ist '). 
Das Volumen und der Grad der’ Verästelung des Nucleus hängt nicht von dem Volumen des Aci- 
netenkörpers ab; denn ich beobachtete kleine Acineten mit bereits stark verästeltem Nucleus 
und doppelt bis dreifach grössere, welche entweder einen fast einfachen, ganz schwach ausge- 
lappten,, scheibenförmigen Nucleus, oder doch nur einen sehr kurz und einfach ästigen, ähnlich 
dem in Fig. 6. bei c. dargestellten Nucleus umschlossen. Hieraus folgt einmal, dass sich der 
Nucleus jeder Acinete mit der Zeit aus einer einfachen Grundlage zu einem immer ästiger wer- 
denden Gebilde entwickelt, ohne dass sich gleichzeitig der Acinetenkörper mit zu vergrössern 
braucht, und sodann, dass es ganz irrig wäre, wollte man in einer Anordnung der Acineten nach 
ihrer Grösse die der Zeit nach auf einander folgenden Entwickelungsstufen derselben erblicken. 
Der Zweck der allmählichen Verästelung des Nucleus ist ohne Zweifel kein anderer, 
als dass eine Gruppe seiner Aeste zur Entwickelung eines Schwärmsprösslings verwerthet werden 
soll. Ich habe bisher nur erst einige Male einen unverkennbaren Schwärmsprössling (Fig. 3. g.) 
in unserer Acinete beobachtet und immer nur gleichzeitig mit einem sehr stark verästelten Nu- 
cleus (f.). Der Schwärmsprössling lag in einer seinen Contouren parallelen Aushöhlung der Kör- 
persubstanz dicht über dem Nucleus und reichte von einem Endaste des letztern bis zu dem dia- 
metral gegenüberliegenden. Er stellte einen schmal schlauchförmigen, flach bogenförmig ge- 
krümmten, mit mehrern Längsfalten versehenen, zarthäutigen Körper dar, welcher nach beiden 
Enden hin erweitert und in zwei bis drei blinde, zum Theil noch deutlich dichotomisch gespal- 
tene Zipfel ausgezogen war. Er glich mithin einer abgelösten Gruppe von aneinander gränzenden 
Aesten des Nucleus, die sich verbreitert und aus soliden Strängen in einen analog: verästelten 


1) Vergl. H. MEckEr’s Mikrographie einiger Drüsenapparate der niedern Thiere in J. MÜLLER’s Archiv für 
Anat. und Physiol. 1846. 8. 32. und 44. und Taf. II. Fig. 26. 32. 33. 


120 Opereul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


hohlen Schlauch verwandelt hatten. Ich glaube daher, dass der Schwärmsprössling einer sich ab- 
schnürenden Portion des Nucleus seinen Ursprung verdankt. Die entwickelte Form des Schwärm- 
sprösslings vermag ich nicht anzugeben, da ich sein Ausschwärmen nicht beobachtete; beim 
Quetschen der Acinete dehnte sich der in ihr liegende Schwärmsprössling zu einem breitern, un- 
regelmässig gefalteten, mehr oder weniger deutlich ovalen Schlauch (Fig. 9.) aus, auf dessen 
Oberfläche ich in zwei Fällen ganz bestimmt dicht stehende Wimpern erkannte. Wahrscheinlich 
ist daher der Schwärmsprössling ein ähnliches, allseitig geschlossenes und auf der ganzen Ober- 
fläche wimperndes Infusorium, wie der Schwärnsprössling der Acinete mit dem zungenförmigen 
Fortsatz (vergl. S. 106. und Taf. II. Fig. 13.). Ueber etwa vorhandene contractile Stellen und 
den Nucleus des Schwärmsprösslings blieb ich im Unklaren. 

Neben den entwickelten Acineten traf ich nicht selten unentwickelte Formen (Fig. 4. 
und 5.), welche unverkennbar Uebergangsstufen von gewöhnlichen Opereularien zu ihrer Aci- 
netenform darstellten; denn sie hatten fast eben so viele Charactere mit den Opercularien, wie 
mit den Acineten gemein. Ihr längerer oder kürzerer Stiel (a. a.) stimmt ganz mit dem der Aci- 
nete überein, ihr Körper (b. b.) glich aber mehr einem Opercularienkörper in sehr stark contra- 
hirtem Zustande. Er war ganz glatt, ohne Spur von Tentakeln, wurde aber von der dickwandi- 
gern Hülle (’. 5’.) der Acineten begränzt. Sein fein- oder grobkörniger Inhalt enthielt im Grunde 
des Körpers denselben scharf begränzten Fettkörnerhaufen (e. e.), wie die Opereularien und die 
Acineten, statt der unbestimmt vielen hellen Hohlräume der letztern war aber meist nur ein ein- 
ziger im vordern Ende des Körpers (Fig. 5. ec.) vorhanden, der dann deutlich, wenn auch lang- 
sam pulsirte, wie der einzige contractile Hohlraum des Opereularienkörpers. Bisweilen sah ich 
aber auch zwei (Fig. 4. ec. ec.) oder drei unveränderliche Hohlräume. Der Nucleus (d. d.) war 
stets ein einfacher länglich ovaler oder nierenförmiger Körper und glich mithin dem zusammen- 
gezogenen einfachen Nucleus des Opercularienkörpers. 

Dass sich die in Fig. 4. und 5. abgebildeten Formen mit der Zeit durch Entwickelung 
von Tentakeln an der Peripherie, durch allmähliche Verästelung des Nucleus und durch Bildung 
neuer Hohlräume in die gewöhnlichen Acineten verwandeln, wird wohl Niemand bezweifeln. Eben 
so wenig wird man aber auch verkennen, dass von ihnen zu den Opercularien zurück nur ein 
Schritt sei. Der feinere Bau ihres Stieles und der Inhalt ihres Körpers zeigt ganz dieselben Ver- 
hältnisse, wie bei den Opereularien, und auch in der Wachsthumsweise stimmen sie überein. 
Offenbar wird auch hier der Stiel von der Basis des Körpers ausgeschieden, und seine vom Oper- 
cularienstiel abweichende äussere Form erklärt sich einfach dadurch, dass der Körper nach Aus- 
scheidung des dünnern gleichförmigen Grundtheiles sich in der Richtung seiner Längsaxe nach 
und nach stärker auf den Stiel zurückzog und deshalb eine breitere, Stielsubstanz abscheidende 
Grundfläche mit dem in der Fortbildung begriffenen Ende des bereits vorhandenen Stieltheiles in 
Berührung brachte. In dem Grade nun, als sich die Grundfläche des Körpers vergrösserte, musste 
auch der neue Höhenzuwachs des Stieles allmählich an Umfang zunehmen. Als der engere Grund- 
theil des Stieles von der in Fig. 2. abgebildeten Acinete in der Entwickelung begriffen war, da 


musste ihr Körper eine andere Form haben, als in den verschiedenen Zeitperioden, in welchen 


u 


Opercul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 121 


die Stielerweiterung gebildet wurde. In der ersten Entwickelungsperiode des Stieles war der 
Körper jedenfalls nach hinten stärker verengert und endigte mit einer viel kleinern Grundfläche; 
aller Wahrscheinlichkeit nach glich er in seiner Gesammtform einem .mässig contrahirten Oper- 


eularienkörper mit geschlossenem Peristom. 


Die grosse Uebereinstimmung zwischen den unentwickelten Acineten und den Opereu- 
larien kann nur daher rühren, dass die ersteren unmittelbar aus abgelösten Opercularien hervor- 
gehen, die sich wieder fixiren, und während sie einen neuen, nur in der äussern Form etwas mo- 
difieirten Stiel ausscheiden, ihren wahrscheinlich von Anfang an contrahirt bleibenden Körper 
durch Verwachsen des Peristoms und Resorption des eingezogenen Wirbelorgans und der Rachen - 
und der Speiseröhrenwandungen in eine einfache geschlossene Blase umgestalten. Da der Aci- 
netenkörper von einer dickern Körperhülle (Fig. 2—5. d’. b’.) begränzt ist, als der Opereularien- 
körper, so muss sich bei der Umwandlung des letztern in den erstern die Körperhülle entweder 
verdicken, oder sie muss eine der Körperhaut innig anliegende gallertartige Hülle nach aussen 
abscheiden. Für die letztere Ansicht spricht schon der Umstand, dass die Tentakeln der Acinete 
viel zarthäutiger sind, als die den Acinetenkörper begränzende Hülle, deren unmittelbare Fort- 
setzung sie daher nicht wohl sein können; sie scheinen vielmehr die letztere zu durchbohren und 
von einer unter ihr gelegenen, zartern Haut, der eigentlichen Körperhaut, zu entspringen. Noch 
bestimmter wird aber das Vorhandensein einer besondern Gallerthülle um den eigentlichen Aci- 
netenkörper dadurch bewiesen, dass ich einige Male auf einem Acinetenstiele statt des gewöhn- 
lichen Körpers eine ganz leere, faltige, vorn mit einer weiten, klaffenden Oeffnung versehene 
Gallerthülle antraf, aus der offenbar der eigentliche Acinetenkörper durch irgend einen Zufall ge- 
waltsam herausgedrängt war. Wäre diese Gallerthülle die eigentliche Körperhaut gewesen, so 
würden an ihr gewiss Reste des Körperinhalts hängen geblieben sein; sie war aber völlig rein, 


wasserklar und durchsichtig. 


Vergleichen wir die beiden in Fig. 5. und 6. abgebildeten Acinetenzustände mit einan- 
der, so ist klar, dass der letztere, obgleich er weit kleiner ist, doch älter sein muss, als der erstere; 
denn er ist bereits mit Tentakeln versehen und sein Nucleus hat sich verästelt. Natürlich kann 
dieser ältere Zustand nicht aus jenem jüngern hervorgegangen sein, sondern nur aus einem ähn- 
lich gestalteten, aber viel kleinern. Fig. 6.'ist die entwickelte Acinetenform einer jungen Oper- 
eulariengeneration, Fig. 5. aber die unentwickelte Acinetenform einer viel ältern Opercularien® 
generation. Die in Fig. 2. und. 3. abgebildeten Acineten können nur von ganz grossen Opercu- 
larıen abstammen, nicht-aber darf man sie als ältere Zustände der kleinern Acineten ansehen, 
welche so gewöhnlich in ihrer Gesellschaft vorkommen. Die kleine Acinete Fig. 6. kann sich 
meines Erachtens niemals zu der grossen Acinete Fig. 2. entwickeln; denn die letztere hat einen 
gleich von dem Anheftungspunkte an weit dickern Stiel, als die erstere, ein einmal gebildeter 
Stiel kann sich aber, wie wir an jeder stockbildenden Vorticellenform sehen, niemals mehr im 
Umfange vergrössern, sondern er kann nur an seinem mit dem Körper in Verbindung stehenden 
Ende einen Zuwachs erhalten. Der Stiel a. «‘. in Fig. 6. kann daher wohl mit der Zeit höher 


‚Stein, Infusorien. 16 ö 


122 Opereul. artieulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Aecineten. 


und in den neu hinzukommenden Theilen auch allmählich immer breiter werden, das schon fertige 
Stück a. a’. behält aber für alle Zeiten seine gegenwärtige Breite. 

Jede Acinete hat zuerst nur eine Grösse, welche der Grösse der Operculariengeneration, 
von der sie abstammt, proportional ist. Diese Grösse kann jedoch jedenfalls mit der Zeit durch 
Aufsaugung von Nahrungsstoffen mittelst der Tentakeln beträchtlich überschritten werden, indem 
sich der Körper im ganzen Umfange vergrössert, der Stiel aber an seiner Spitze von der Körper- 
basis aus fortgebildet wird. Ich schliesse dies daraus, dass ich von unserer Acinetenform Indivi- 
duen in so colossalen Dimensionen antraf, dass die blosse Metamorphose auch der allergrössten 
Opereularien allein nicht hinreichte, sie hervorzubringen; sie mussten vielmehr nach der Meta- 
morphose noch selbstständig weiter gewachsen sein. Zu den grössten Acineten, welche ich auf 
Dytiscus marginalis beobachtete, gehörte die in Fig. 2. abgebildete. Ihr Körper war Y>”” lang, 
4 breit, der Stiel etwa Yı6”’ lang, sein Grundtheil durchschnittlich %s0” 


rung am Ende '%5” breit. Sie hätte noch unmittelbar aus einer der ältesten Operculariengene- 


’" und seine Erweite- 


rationen hervorgegangen sein können; dann musste aber die in den Acinetenzustand übergehende 
Opereularie Anfangs einen dünnern Stiel ausgeschieden haben, als sie gebildet haben würde, 
wenn sie die Grundlage zu einem neuen Opercularienstocke gelegt hätte. Die meisten Acineten 
auf Dytiscus marginalis hatten einen Y;o— 4 langen und einen ziemlich eben so breiten Kör- 
per; der der kleinsten Acineten war nur Ys” lang. . 

Die colossalsten Acineten, welche eben das selbstständige Weiterwachsen der Acineten 
nach erfolgter Hervorbildung aus Opercularien beweisen, beobachtete ich auf mehreren der 
im Sommer 1852 bei 'Tharand gefangenen Exemplare des Dytiscus punetulatus und zwar auf 
den Schienendornen der vordern Beine dieses Wasserkäfers. Eine dieser Formen, welche aber 
noch nicht zu den grössten gehörte, habe ich auf Taf. IV. Fig. 1. abgebildet; sie ist offenbar 
schon zu gross, als dass sie bloss aus der Metamorphose eines Opercularienkörpers hervorgegangen 
sein könnte. Ihr Körper war '/ıo” lang und eben so breit, der nur unbedeutend kürzere Stiel 
(a. «’.) erweiterte sich vom Anheftungspunkte erst ganz allmählich trichterförmig und dann ziem- 
lich plötzlich in eine dicke, plumpe, tief quergerunzelte Säule, die beim Uebergange in den Kör- 
per eine Breite von '/ı”’ hatte, während der Stiel an seinem Grunde nur !46”’ breit und mithin 
nicht stärker war, als der Stiel der ältesten Operculariengenerationen. Die Längsstreifung (b. b.) 
im Innern des Stiels trat sehr deutlich hervor und schnitt nach aussen scharf ab. Schwächer 
war der Fettkörnerhaufen (e.) im Grunde des Körpers entwickelt. Der Nucleus (d. d.) ist so dar- 
gestellt, wie er sich nach der Behandlung mit Essigsäure zeigt. Er erscheint jetzt nicht mehr ho- 
mogen,, sondern man bemerkt in seinem Innern zahlreiche, unregelmässige helle Hohlräume, be- 
sonders im Mittelfelde und in den Anschwellungen der Aeste, welche darauf hindeuten, dass bei 
der Bildung eines Schwärmsprösslings aus einer abgelösten Nucleusportion die innere Nucleus- 
substanz nach und nach verflüssigt und theilweis zur grössern Ausdehnung der Nucleusmembran 
verwendet wird. 

Eine zweite noch viel grössere Acinete vom Dytiscus punetulatus war %%,” hoch; ihr 
';” langer Stiel war mit Ausnahme des sehr kurzen Grundtheils, der wieder die Stärke eines 


\ 


Opereul. articulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 123 


ältern Opercularienstiels hatte, in eine ganz eben so dicke, aber noch einmal so lange Säule erwei- 
tert, wie der der vorigen Acinete. Ihr Körper war Y%2””’ lang und "/o”” breit. Der Nucleus wurde 
aus dünnen und langen Aesten zusammengesetzt; drei in einander übergehende Aeste waren aber 
nach den Enden zu ungewöhnlich stark blindsackartig aufgeschwollen und im Innern mit Flüs- 
sigkeit erfüllt, ohne dass Essigsäure angewendet worden war. Ohne Zweifel bildete diese Ast- 
gruppe die Anlage eines Schwärmsprösslings, der sich demnächst von dem übrigen Nucleus ab- 
geschnürt haben würde. Eine dritte Acinete, die grösste, welche ich sah, war fast 1,” hoch, 
während ihr Körper auch nur Yo” lang und eben so breit war. Der Stiel erweiterte sich von dem 
Anheftungspunkte bis fast zur Hälfte seiner Länge trichterförmig;; dann behielt er bis zum Ueber- 
gange in den Körper ziemlich dieselbe Breite, nämlich durchschnittlich 44”. _ 

Schliesslich sei noch über die Acineten der Opereul. articulata bemerkt, dass bei weitem 
die meisten ganz isolirt neben einander und neben den gleichzeitig vorkommenden Opercularien- 
stöcken auf der Brust und den Beinen festgewachsen sassen. Doch sah ich auch häufig Acineten 
mit Opercularienstöcken in Verbindung und zwar auf zweierlei Weise. Gewöhnlich war eine 
kräftige Acinete der Träger eines oder mehrerer schief aufwärts steigender Opercularienstöcke, 
deren Stamm dann stets auf dem Acinetenstiele, niemals auf dem Acinetenkörper festsass. Bis- 
weilen entsprangen rings um den Acinetenstiel in verschiedenen Höhen so viele und so stark ver- 
ästelte Opereularienstöcke, dass den Acinetenkörper ein dichter Mantel von trichterförmig sich 
ausbreitenden Stielgerüsten umschloss. Seltner war der Opercularienstock der Träger von Acineten, 
die dann einzeln auf dem Stamme oder den untern Stockästen sassen. In beiden Fällen ist die 
Verbindung zwischen dem Acineten- und Opercularienstiel eine bloss mechanische, wie ich mich 
ganz bestimmt überzeugt habe. Im erstern Falle hatten sich frei umherschweifende Opercularien 
oder auch Schwärmsprösslinge der Acinete an den Seiten des Acinetenstieles festgesetzt und sich 
zu neuen Opercularienstöcken entwickelt; im letztern Falle hatten Opercularien wieder die Seiten 
eines Opercularienstockes als Boden benutzt, um in den Acinetenzustand überzugehen. '). 

Betrachten wir nun endlich noch die Ausbeute, welche die im Eingange dieses Para- 
graphen erwähnten Phryganidenlarven aus den Gewässern vor der Hasenhaide geliefert haben. 
Sie waren sehr häufig auf ihren fadenförmigen Kiemen, ganz besonders aber auf den langen, 
steifen Borsten ihres Aftersegmentes mit einer damals noch neuen Epistylisart (Taf. I. Fig. 10.) 
besetzt, welche wahrscheinlich mit der kürzlich von Prrry aufgestellten Zpistylis branchiophila ?) 


1) Nach einer gütigen brieflichen Mittheilung hat mein Freund, Herr Dr. M. S. SCHULTZE, im Frühjahre 1853 
auch bei Greifswald auf einem Wasserkäfer zahlreiche Exemplare der Opere. articulata und ihrer Acinetenform 
beobachtet. SCHULTZE stimmt mir darin ganz und gar bei, dass die Acineten von den Opercularien abstammen, 
aber hinsichtlich der Art und Weise, wie die Acineten wieder Opercularien erzeugen, ist er zu einer andern Ansicht 
gelangt. Er hält die Verbindung, in der häufig Opercularienstöcke mit einem Acinetenstiele stehen, nicht für zu- 
fällig, sondern glaubt, dass solche Opercularienstöcke, ein Product der Acinete seien. Ich kann natürlich diese An- 
sicht nach Allem, was oben mitgetheilt wurde, nicht gelten lassen. Nur durch ihre Schwärmsprösslinge kann die 
Acinete wieder zu der gewöhnlichen Operculariengestalt zurückkehren. 

2) PErTY Zur Kenntniss kleinster Lebensformen. Bern, 1852. S. 139, Taf. II. Fie. 6. 


1 = 


124 Opereul. artieulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 


identisch ist. Mit völliger Sicherheit ist dies nicht zu entscheiden, da Perry’s Abbildung eben 
so unzureichend ist, als seine ganz kurze Diagnose. Indessen passen doch die angegebenen 
Grössenverhältnisse und das Vorkommen auf die von mir beobachtete Epistylisart so gut, dass es 
sich wohl rechtfertigen lässt, wenn ich den Namen Ep. branchiophila von PERTY auf sie anwende. 
Wie wenig Werth Perry’s Abbildung hat, kann man schon daraus abnehmen, dass er den Stock 
seiner Epistylisart als einen dicken graden Stamm darstellt, von dem seitlich in verschiedener 
Höhe, an der Spitze aber von einem Punkte aus einfache, um die Hälfte dünnere Aeste aus- 
gehen. Eine solche Stockbildung findet sich bei keiner andern steifästigen Vorticellenform und 
sie ist nach den Entwickelungsgesetzen der Vorticellenstöcke gradezu unmöglich. Die feinere 
Organisation der Epistylisthierchen hat PErTy gar nicht angegeben. 

Der Stock der Ep. branchiophila (Taf. I. Fig. 10. e. e.) ist stets wiederholt gabelästig; 
er erreicht nur eine mässige Höhe und besteht aus wenigen, verhältnissmässig dicken, fein längs- 
gestreiften, nie ganz graden, sondern etwas gebogenen Aesten, die sämmtlich gleiche Stärke ha- 
ben. Von je zwei Gabelästen gleicher Ordnung bleibt meistens der eine beträchtlich in der Ent- 
wickelung zurück, und da die kürzer bleibenden Aeste immer auf derselben Seite liegen, so er- 
scheint der Stock gewöhnlich als ein einfacher Stamm, der sich in zwei oder drei längere Aeste 
gabelt, von deren äusserer oder innerer Seite kürzere, von der Basis nach der Spitze des Stockes 
an Länge abnehmende Gabeläste entspringen. Sehr häufig besteht der ganze Stock nur aus 6—8 
Individuen, von denen vier in gleicher Höhe am Ende des Stockes liegen, während die übrigen 
auf den kürzer gebliebenen Stockästen sitzen. Die Einzelthiere (Fig. 10. A. B.) haben einen 
kurz birnförmigen, fast eben so dicken, als langen, weissgrauen Körper, der schon bei blosser Con- 
traction des Peristoms (C.) fast Kugelform annimmt. Das bewimperte, wulstige Peristom ist 
nicht ganz so breit, als der grösste Querdurchmesser des Körpers, und seine weite Mündung wird 
fast ganz von der. Scheibe des sehr wenig hervorragenden Wirbelorgans (A. a.) ausgefüllt. Neben 
der kurzen engen Speiseröhre (b.) liegt die runde contractile Stelle (e.) und mehr nach hinten der 
lang bandförmige, wurmförmig gewundene Nucleus (d.). Die Länge des Körpers betrug meistens 
Uso— a De 


sass stets auf dem vordern Theile des Leibes. 


’ 


"und die Breite Ya —Ys”’. Knospenbildung sah ich mehrmals; die Knospe (C. %.) 


Auf nicht wenigen Stöcken der Epistylis branchiophila traf ich Acineten (Fig. 10. E. E.) 
gewöhnlich in mehrfacher Anzahl und von verschiedener Grösse, die aber alle derselben Art an- 
gehörten und die von den bisher beschriebenen sicherlich verschieden waren. Ihr im Allgemeinen 
birnförmiger bis Yo” langer Körper sass auf einem stets kürzern, mehr oder weniger gekrümm- 
ten, starren und anscheinend soliden Stiele (Z. «a.), der sich von der Basis nach der Spitze etwas 
erweiterte und der stets viel dünner war, als die Aeste des Epistylisstockes, an deren Seiten die 
Acineten angewachsen waren. Vom vordern Ende des Körpers gingen zwei Büschel langer bor- 
stenförmiger, am Ende nicht geknopfter Tentakeln (d.) aus, die sich zum Theil kreuzten und 
nicht deutlich strahlig ausbreiteten. Der perlgraue Körperinhalt war ziemlich grobkörnig und ent- 
hielt im vordern Ende eine lebhaft contractile Stelle (e.) und in der Mitte einen kurz bandförmigen 
bis länglich ovalen Nucleus (3.). Der Körper veränderte fast in jedem Augenblicke durch ziem- 


Opercul. artieulata u. Epistyl. branchiophila mit ihren Acineten. 125 


lich kräftige und verhältnissmässig schnelle wurmförmige Contractionen sowohl seine Gesammt- 
form, als auch seine Lage in Bezug auf den Stiel. Es bildeten sich schnell vorübergehend ring- 
förmige Einfaltungen, höcker- und blasenförmige Auftreibungen und der ganze Körper beschrieb 
bald nach dieser, bald nach jener Seite einen starken Bogen um die Stielspitze nach abwärts. 
Neben den entwickelten Acineten fanden sich häufig noch ganz glatte Formen (Fig. 10. D.) mit 
längerem, zusammengekrümmtem Nucleus, die ganz regungslos waren. 

Ob die eben geschilderte Acinete von der Epist. branchiophila abstammt, oder ob sie zu 
einer andern Vorticellenform gehört, das wage ich nicht zu entscheiden, da ich sie zu der Zeit, 
wo sie sich mir häufiger darbot, nicht genau genug untersucht habe; denn damals beschäftigte 
mich gerade die Beobachtung der Opere. artieulata und ihrer Acinetenform sehr anhaltend. Im 
Frühjahr 1850 wollte ich meine Untersuchungen weiter fortführen und ich sammelte von Neuem 
zahlreiche Phryganidenlarven an derselben Localität, wie früher, ein; allein ich fand wohl die 
Epist. branchiophila in Menge wieder, aber nur eine sehr geringe Anzahl von Acineten, die mich 
nicht wesentlich weiter förderten. Dafür wurde ich aber durch die Entdeckung einer andern Ent- 
wickelungsstufe der Ep. branchiophila belohnt. Ich beobachtete nämlich eine sehr characteristi- 
sche Cystenbildung um die Epistylisthierchen,, während sie noch auf ihren Stöcken sassen. An- 
fangs begegneten mir nur hin und wieder Epistylisstöcke, auf denen sich einzelne Individuen 
mehr oder weniger vollständig encystirt hatten, aber schon nach wenigen Tagen waren auf keiner 
der eingesammelten Phryganidenlarven freie Epistylisthierchen mehr anzutreffen. Sobald eine 
Cyste vollständig ausgebildet war, fiel sie, wie eine reife Frucht, von ihrem Aste; daher war zu- 
letzt auf den Kiemenfäden und den Schwanzborsten der Phryganidenlarven nur noch das kahle 
Strauchwerk der Stielgerüste zu beobachten. 

Die Cystenbildung geht Anfangs wie bei den Vorticellen und bei Bpistylis plicatilis vor 
sich; das Thier nimmt aber bei der Contraction eine länglich birnförmige Gestalt (Taf. I. Fig. 
11. B. d.) an. Die Gallertsubstanz, welche nun der Körper an seiner ganzen Oberfläche aus- 
schwitzt, bildet zuerst eine dicht anliegende, glatte, dünnhäutige Hülle, bald aber treten an der- 
selben in gleichen Abständen von einander acht Längslinien hervor (Fig. 11. B. a.), die sich zu 
ziemlich stark vorspringenden Kielen entwickeln. Gleichzeitig plattet sich das bisher abgerundete 
vordere Ende der Cyste zu einer regulären achteckigen Fläche ab, und die zwischen den acht 
Längskielen gelegenen, etwas muldenförmig nach einwärts gekrümmten Felder der Cyste erhalten 
auf ihrer ganzen Oberfläche dicht hinter einander gelegene Querrippen. Hiermit ist die Bildung 
der Cyste vollendet und sie stellt nun ein sehr zierliches achtkantiges, quergeripptes Tönnchen 
dar (Taf. I. Fig. 12. @.), welches im Kleinen grosse Aehnlichkeit mit den Eiern mancher Tag- 
falter, namentlich mit denen der Kohlweisslinge (Pontia brassicae und rapae) hat. Der einge- 
schlossene Epistyliskörper, welcher bisher noch dann und wann auf den Boden der Cyste zurück- 
schnellte und sich dann wieder ausreckte, zieht sich nun stärker zusammen, und die Verbindung 
seines hintern Endes mit der Spitze des Stieles wird aufgehoben, die Cyste selbst aber bleibt oft 
noch mit dem Stiele verbunden. Der frei in der Cyste liegende Epistyliskörper verwandelt sich 


jetzt in eine einfache geschlossene Blase (Fig. 12. d.), indem der Peristomnabel verwächst und 


126 Heterogonie des C'hilodon eueullulus. 


alle eingezogenen Hauttheile resorbirt werden. Im Innern des blasenförmigen Körpers unter- 
scheidet man nur noch den nicht mehr contractilen Hohlraum und den verkürzten und dicker 
gewordenen N ucleus. Wenn nicht schon früher, gleich nach der Ausbildung der Cystenwand, so 
löst sich nun endlich die Cyste von ihrem Aste. 

Der Boden des Tellers, in welchem ich meine Phryganidenlarven aufbewahrte, war nach 
wenigen Tagen mit Millionen von abgefallenen Cysten übersät. Leider erfuhr ich über ihr wei- 
teres Schicksal nichts Näheres; denn es trat bald durch das nicht rechtzeitig bemerkte Absterben 
mehrerer Larven eine starke faulige Zersetzung in der, Flüssigkeit ein, die auch die encystirten 


Epistylisthierchen ergriff. Sie schrumpften erst zusammen und lösten sich dann nach und nach auf. 


8. 13. 
Heterogonie des Chilodon cucullulus. 


Die Resultate, zu welchen ich durch meine Untersuchungen der Opercularia artieulata 
und ihrer Acinetenform gelangt war, trugen wesentlich dazu bei, die Bedenken zu beschwich- 
tigen, welche sich doch noch manchmal in mir gegen die Annahme erhoben hatten, dass die Aci- 
neten in den Entwickelungskreis der vorticellenartigen Infusorien gehörten. Gewaltigen Scrupel 
verursachten mir aber immer noch die Cystenzustände, in welche ich die Vorticella mierostoma 
und die Epistylis plicatilis (die bereits geschilderten Cysten der Ep. branchiophila beobachtete 
ich erst 1850) hatte übergehen sehen. Wenn ich die Acineten als die ruhende der Fortpflanzung 
dienende Form vorticellenartiger Infusorien ansah, was sollte ich dann mit der Cystenform an- 
fangen, die ich bei Vort. microstoma als einzige, bei Ep. plicatilis als eine zweite ruhende Form 
neben dem Acimetenzustande angetroffen hatte? Die Wort. mierostoma war mir seit längerer Zeit 
aus dem Auge gekommen. Konnte nicht auch zu ihr noch ein zweiter ruhender Zustand, eine 
Acinetenform gehören? Wenn dies der Fall war, so konnte die zugehörige Acinetenform nur eine 
Art der Gattung Actinophrys sein; denn diese war die einzige acinetenähnliche Infusorienform, 
welche ich in früherer Zeit sehr oft in solchen Infusionen beobachtet hatte, in welchen die Vort. 
microstoma, in Menge lebte, ohne dass mir dieses gleichzeitige Vorkommen damals beachtens- 
werth erschienen wäre. Diese Spur beschloss ich nun weiter zu verfolgen; doch fand ich erst im 
August 1849 Musse, eine neue Untersuchungsreihe mit der V. mierostoma zu eröffnen. Kaum 
aber hatte ich diese begonnen, so wurde ich von meinem Vorhaben noch einmal durch eine fol- 
genreiche Entdeckung abgeleitet. 

Die Sturmfässer auf dem Gensdarmenmarkte in Berlin hatten mir früher mehrmals die 
Vort. mierostoma in grossen Mengen geliefert; ich holte mir deshalb wieder aus diesen Be- 
hältern ein Glas voll Wasser. Auch diesmal enthielt es das gesuchte Infusionsthier häufig, doch 
war es weit überwiegend von kleinen und mittelgrossen Individuen des Chilodon eueullulus Ehbg. 
und von O’hlamidomonas pulvisculus Ehbg. bevölkert. Hin und wieder fanden sich auch einzelne 
Exemplare derselben Actinophrysform, die ich bereits als einen gewöhnlichen Begleiter der Wort. 


mierostoma kannte, so wie mehrere Individuen einer von mir bisher noch nicht beachteten offen- 


Heterogonie des Chilodon cueullulus. 127 


baren Acinetenform, in der ich EHRENBERG’s Podophrya fixa erkannte. Nach einigen Tagen hatte 
sich an der Oberfläche der Infusion ein staubiger, Ueberzug gebildet, und in diesem traten viel 
mehr Exemplare. der Actinophrys und Podophrya auf. Als ich nun die staubige Oberfläche und 
den unter dem Wasserspiegel gelegenen körnigen Ueberzug an den Wandungen des Glases ge- 
nauer zu untersuchen anfıng, um möglichst verschiedene Entwickelungsstufen der Actinophrys 
und Podophrya aufzufinden, stiess ich auch auf zahllose theils isolirte, theils zu ganzen hautarti- 
gen Lagen an einander gereihte Cysten, die sich bald zu meiner grossen Ueberraschung als ru- 
hende, der Erzeugung von Schwärmsprösslingen dienende Zustände des Chrlodon cucullulus ex- 
wiesen. Ich will zuvörderst die feinere Organisation dieses Infusionsthieres nach neuern, im Jahre 
1852 in Tharand mit geeignetern Hülfsmitteln angestellten Beobachtungen schildern. Sie stim- 
men im Wesentlichen mit denen von EHRENBERG !) überein, dem das grosse Verdienst bleibt, 
den Chrlodon cucullulus von mehreren äusserlich sehr ähnlichen Infusionsthieren zuerst scharf 
unterschieden und die wesentlichsten Organisationsverhältnisse aller dieser Formen klar und 
scharf aus einander gesetzt zu haben. 

Chilodon cueullulus gehört zu den verbreitetsten und gemeinsten Thieren in allen stag- 
nirenden Gewässern und kommt selbst noch in fauligen Infusionen vor. Jedoch scheint es nur 
in Gewässern mit reicher Algenvegetation seine höchste Ausbildung zu erreichen, wenigstens 
traf ich nur in diesen so grosse, bis >” lange Individuen, wie EHRENBERG a. a. O. Fig. 1—3. 
abgebildet hat. In den gewöhnlichen Infusionen , die es meistens gleichzeitig mit Vort. miero- 
stoma, Paramaecium colpoda und Glaucoma scintillans belebt, wird es höchstens Y,,”’ lang, 
kann aber hier mit vollkommner Sicherheit bis zu %s”’ herab verfolgt werden. Das von mir auf 
Taf. III. Fig. 51. abgebildete Individuum gehört schon zu den grössten in gewöhnlichen Infu- 
sionen ; in den vorhin erwähnten Sturmfässern waren die grössten Exemplare (Fig. 52.) nur Yss”’ 
lang. Das Thier ist deutlich bilateral, da ausser dem Gegensatz von Vorn und Hinten auch der 
von Rücken - und Bauchseite vorhanden und damit die Unterscheidung von Links und Rechts 
gegeben ist. Der Körper ist eiförmig, auf der Bauchseite abgeplattet, auf der Rückseite, beson- 
ders nach hinten, mehr oder weniger gewölbt; das vordere, stark abgeplattete, durchsichtigere 
Ende ist stets in einem sanften Bogen nach links gekrümmt (Fig. 52. stellt das Thier in seiner 
natürlichen Lage, Fig. 51. aber in der Ansicht von der Bauchseite dar), wodurch die Gesammt- 
form des Körpers fast nierenförmig wird, die Ausbuchtung liegt aber auch hier immer vor der 
Mitte, wie bei Colpoda cucullus und bei Paramaecium colpoda, mit denen C'hilodon cucullulus so 
grosse äussere Aehnlichkeit hat, dass die ältern Naturforscher mit ihren unzureichenden Hültfs- 
mitteln diese drei Formen nicht zu unterscheiden vermochten. Das nach links gekrümmte Vor- 
derende (Fig. 51. a.) setzt sich meist scharf als ein halbmondförmiger Fortsatz von dem übrigen 
Körper ab, ist auch mit längern Wimpern besetzt und wird vorzugsweise zum Betasten fremder 
Gegenstände, an welchen die Thiere hingleiten, gebraucht; es kann daher füglich als Lippe be- 


zeichnet werden. Die Seiten der Lippe verlieren sich nach hinten entweder allmählich in den 


1) Die Infusionsthiere S. 336— 37. und Taf. XXXVI. Fig. VII. 


128 Heterogonie des Chrlodon eueullulus. 


Randcontouren des Körpers, oder sie setzen sich als ein schmaler, lichter und häufig etwas wul- 
stig gerandeter Saum rings um den eigentlichen Körper herum fort, der dadurch wie gepanzert 
erscheint. Dies ist namentlich bei kleinen Individuen der Fall, und diese sind von Dusarpın als 
Loxodes dentatus beschrieben worden '). 

Die ganze Oberfläche des Körpers ist mit regelmässig in Längsreihen angeordneten Wim- 
pern bekleidet, die auf der Lippe von der Basis bis zur Spitze allmählich merklich länger werden. 
Beiderlei Wimpern sind an grössern Individuen sofort leicht zu erkennen (Fig. 51. 52.); an klei- 
nern ist nur die Lippe bewimpert, der Körper aber scheint ganz nackt zu sein. Wendete ich sehr 
verdünnte Jodlösung oder Essigsäure an, so trat freilich noch oft eine kurze Bewimperung auf 
dem Körper hervor, von der vorher mit aller Anstrengung keine Spur wahrzunehmen war (Fig. 
53. 54.). Bei sehr kleinen Formen (z. B. Fig. 55.) versagte aber auch dies Hülfsmittel, selbst 
wenn es sehr vorsichtig angewendet wurde, öfters, es ist daher möglich, dass bei ihnen nur die 
Lippe bewimpert, der Körper aber wirklich nackt ist. 

Einen der wesentlichsten Charactere der Gattung Chilodon bildet der sehr eigenthüm- 
liche Mundapparat. EHrENBERG spricht von einem am Grunde der Lippe gelegenen Munde, 
der sich durch eine röhrenartige Auskleidung von dicht an einander liegenden Stäbchen aus- 
zeichne und offenbar ein Fischreusen - oder Moosperistom-ähnlicher Cylinder von Zähnen sei. 
Dergleichen Zähne sollen 16 vorhanden sein, sie sollen sich vorn erweitern, um grosse lebende 
Körper als Speise aufzunehmen und sich dann hier verengern, wenn diese hindurch geglitten sind 
und den Rückweg versperren. Ich kann diese Auffassungsweise, der ich Anfangs selbst huldigte, 
nicht mehr zu der meinigen machen, denn ich habe mich vielfach vergeblich bemüht, die angeb- 
lichen Zähne zu isoliren. Tödtet man die Thiere mit Jodlösung oder Essigsäure, so wird man 
auch an den kleinsten Individuen den ganzen Mundapparat (Fig. 51.5.) stets ganz scharf beob- 
achten. Er zeigt sich dann als ein bald grades, bald sanft bogenförmig gekrümmtes, krystallhelles 
Rohr, das sich nach vorn trichterförmig erweitert, nach hinten aber allmählich verengert, und 
das aus einer resistentern Substanz besteht, als die Körperwandungen. Ich nenne dies Rohr 
Schlundtrichter. Die trichterförmige Erweiterung desselben, welche am dickwandigsten ist, ragt 
ein wenig vor der Mitte des Körpers frei nach aussen hervor und ihre Mündung bildet den Mund 
des Thieres. Der Mündungsrand ist in stumpfe zahnförmige Spitzchen ausgezogen, deren Zahl 
nicht constant ist, sondern nach dem Alter des Thieres varüirt. Bei den grössten Individuen zählte 
ich stets 16 Spitzchen, bei den mittelgrossen oft nur 12 und bei den kleinern, so weit eine deut- 
liche Unterscheidung noch möglich war, nur 8. Zwischen je zwei Spitzchen sind die Wandungen 


der trichterförmigen Erweiterung in Längsfalten gelegt, die sich nach hinten ganz allmählich ver- 


1) Infusoires p. 453. Das Citat der Abbildung Taf. XIV. Fig. 10. ist im Text ausgelassen, aber im Druck- 
fehlerverzeichnisse nachgetragen. Auch in der Erklärung der Abbildungen wird diese Figur, die einen ächten Oi- 
lodon eueullulus mit allen wesentlichen Charaeteren darstellt, als Zoxodes dentatus bezeichnet, welcher Name 
daher einzuziehen ist. 


Heterogonie des Chilodon cucullulus. 129 


lieren. Die erhabenen Zwischenräume zwischen je zwei Längsfalten und ihre an der Mündung 


zahnförmig vorgezogenen Endigungen sind die Zähne oder Stäbchen EurEnBEre’s. 


\ 


Der glatte, engere und zartwandigere Theil des Schlundtrichters liegt ganz und gar im 
Innern des Körpers, er mündet mit grad abgestutztem, von mir oft ganz scharf beobachtetem Ende 
in die Körpersubstanz aus und muss mithin als Speiseröhre bezeichnet werden. Der Schlund- 
trichter ist hiernach nichts weiter als eine unmittelbare Fortsetzung der Körperhaut, die sich 
röhrenförmig nach innen einstülpt und an der Umschlagsstelle zugleich einen trichterförmigen 
Vorsprung nach aussen entwickelt. Er besteht aus einer zähen elastischen Substanz und ist eige- 
ner Bewegungen nicht fähig, sondern er folgt nur den Contractionen der Körperwandungen, die 
ihn bald tiefer in den Körper hinabdrängen, indem sich die Bauchwandungen in der Umgebung 
des Trichters nach innen umstülpen, bald ihn wieder, so weit als es möglich ist, nach aussen her- 
vorschieben. Ohne gleichzeitige Contractionen der Körperwandungen konnte ich nie eine Ver- 
engerung oder Erweiterung der Trichtermündung beobachten. Beim Quetschen getödteter Thiere 
krümmt sich der Schlundtrichter oft bogenförmig bis ringförmig zusammen, er ist also kein sprö- 
der, starrer Körper; er plattet sich gleichzeitig ab und sein vorderes Ende erweitert sich, aber 
völlig von einander getrennte Stäbchen vermochte ich nicht darzustellen. Den als Speiseröhre ge- 
deuteten Theil des Schlundtrichters sieht EnrENBERG als einen in grader Richtung nach dem 
hintern Körperpol verlaufenden und hier nach aussen mündenden Darmkanal an, von dem nach 
allen Seiten hin zahllose gestielte Magenblasen abgehen sollen. Diese Vorstellung konnte hier um 
so leichter Platz greifen, da die verschluckten Nahrungsstoffe hauptsächlich sich in der Körper- 
substanz hinter der Ausmündung des Schlundtrichters anhäufen (das Fig. 52. abgebildete Thier 
hat kleine Individuen der Chlamidomonas pulvisculus gefressen), da ferner grössere Körper häufig 
von einem hellen Hofe umgeben erscheinen, der aber nur von dem mitverschluckten Wasser her- 
rührt, und da endlich die unverdaulichen Massen in der Umgebung des hintern Körperpols nach 
aussen abgeschieden werden. Ein eigentlicher After ist jedoch nicht vorhanden, sondern die 
durch die Leibescontractionen nach hinten gedrängten Körper durchbohren die Haut. Häufig 
sieht man im Innern des Körpers verschluckte Bacillarien und Naviculae, die länger sind, als der 
angebliche Darm, und Oscillatorien, die von einem Pol des Körpers bis zum andern reichen. 
Diese Fälle beweisen meinem Erachten nach am schlagendsten die Nichtexistenz eines mit Magen- 


blasen besetzten Darmkanals. 


In der feinkörnigen Leibessubstanz befinden sich 2— 3 contractile, runde Hohlräume 
(Fig. 51. d. d. d. und Fig. 52. d. d.). Nur die beiden vordern, welche links und rechts neben 
dem Schlundtrichter in diagonaler Richtung einander gegenüberliegen, sind constant vorhanden; 
den im hintern Körperende gelegenen vermisste ich oft. Hinter dem Schlundtrichter und ge- 
wöhnlich sein in die Körpersubstanz ausmündendes Ende verdeckend liegt der ovale, in jungen 
Individuen runde Nucleus (Fig. 51. ce. 52. e.). An lebenden Thieren erscheint er meistens als ein 
homogener, opaker Körper, wie ihn EHRENBERG dargestellt hat; an todten, besonders an mit 
Essigsäure oder Jod getödteten zeigt er einen zusammengesetzteren Bau, auf den zuerst v. SIEBOLD 


‚Stein, Infusorien. 17 


er 


130- Heterogonie des Chilodon cucullulus. 


aufmerksam machte '), und der auch schon in einer Abbildung DusAaroıns ?) sehr kenntlich her- 
vortritt, ohne dass jedoch dieser Forscher klar erkannt hätte, was er beobachtete. Der Nucleus 
(Fig. 51. ce.) ist nämlich ein hohler, dickwandiger, zellenähnlicher Körper, der in der Mitte seiner 
hellen Höhlung einen scharf begränzten, opaken Nucleolus enthält, um welchen nach Behandlung 
mit Essigsäure noch ein zarter nebelartiger Hof hervortritt. Die dicke Wand oder Rindenschicht 
des Nucleus besteht aus derselben, trüben, granulösen Substanz, wie die homogenen Kerne an- 
derer Infusorien, nur scheint sie fester zu sein, auch ist sie gegen die Höhlung scharf und fein 
kerbzahnartig begränzt. Die innere Höhlung ist nicht an jedem Nucleus gleich deutlich zu unter- 
scheiden, sondern oft ist der Raum zwischen Nucleolus und der Nucleuswand mit einer trüben 
feinkörnigen Masse erfüllt; der Nucleus erscheint dann mehr oder weniger als ein homogener 
Körper mit nur deutlicher begränztem, centralem Nucleolus. Letzterer fehlt vielleicht nie, doch 
vermochte ich ihn bisweilen, namentlich an jüngern Individuen, nicht aufzufinden. An einem 
Yo langen Individuum betrug der grösste Durchmesser des Nucleus Y%s”’, und der Schlund- 
trichter war Y,4”’ lang. 

Längs- und Quertheilung (Fig. 54. 55.) sind sehr häufig zu beobachten und auch hier 
wieder bei jeder Grösse der Thiere. Diese Vermehrungsweise wird jederzeit durch eine Verlänge- 
rung des Nucleus eingeleitet, der nach und nach Bisquitform annimmt (Fig. 54.) und sich immer 
so lagert, dass die Ebene der Theilungsfurche die Mitte seiner Längsaxe rechtwinklig durch- 
schneiden kann. Er liegt daher bei der Quertheilung in der Mitte der Längsaxe des Körpers, bei 
der Längstheilung quer im hintern Körperende. Die Längstheilung (Fig. 55.) beginnt immer mit 
einer Einschnürung am hintern Körperpole, die allmählich nach vorn fortschreitet; eine Ein- 
schnürung vom vordern Körperende kommt ihr nicht entgegen. Bei der Längstheilung geht die 
Theilungsfurche nahe neben dem Schlundtrichter des sich theilenden Individuums vorbei; dieser 
bleibt dem einen Theilungssprösslinge, der andere erhält, wie der hintere Theilungssprössling bei 
der Quertheilung, seinen Schlundtrichter durch Neubildung. Nach vollendeter Längstheilung 
wird daher der eine Theilungssprössling seinen Schlundtrichter näher an der seitlichen Ausbuch- 
tung des Körpers zu liegen haben, als dies nach völliger Herstellung der gewöhnlichen Körper- 
form der Fall ist; auch wird die Lippe ebenfalls in Folge der Längstheilung, die ohnehin meist in 
etwas schiefer Richtung erfolgt, stärker hakenförmig gekrümmt erscheinen. Solche eben erst aus 
der Längstheilung hervorgegangene Individuen (Fig. 53.) hat EurenBErG als besondere Art 
unter dem Namen Chilodon uneinatus aufgestellt ?). Ich traf diese Form nie für sich allein, son- 


dern immer nur vereinzelt unter gewöhnlichen Individuen des C’hilodon eucullulus, was ebenfalls 


J) v. SIEBOLD und Stannıus, Lehrbuch der vergl. Anatomie Theil I. S. 24. ‚Bei C'hilodon eueullulus ex- 
kennt man in dem Kerne einen hellen Fleck ‚ der überdies noch ein kleines festes Kernchen enthält, wodurch der 
ganze Kern vollständig einer Zelle gleicht.“ 

2) Infusoires Pl. 14. Fig. 10. a. b. Es ist dies die Abbildung, welche den Zoxodes dentatus darstellen soll. 
Der in dieser Abbildung kenntlich dargestellte Schlundtrichter und die characteristische Form des Nucleus, den 
DUJARDIN als ‚‚disque granuleux & bord perle* bezeichnet, beweist abermals, dass Zoxodes dentatus Dujard. mit 
Chilodon eueullulus Ehbg. synonym ist. 


3) Die Infusionsthiere S. 337. und Taf. NXXVI. Fig. VIIL. 


Heterogonie des C'hilodon eueullulus. 131 


darauf hindeutet, dass sie keine eigene Art ist. Ich beobachtete sie zuerst in dem Wasser aus den 
oben erwähnten Sturmfässern, und da ich damals noch keine umfassenden Beobachtungsreihen 
über Chilodon cucullulus hatte, so liess ich mich durch die vereinzelten Formen mit hakenförmig 
gekrümmter Lippe verleiten, alle in jenem Wasser vorhandenen Thierchen als Chilodon uneinatus 
zu bestimmen, was ich hier deshalb bemerke, um nicht durch eine frühere Angabe von mir !) zu 
einem Missverständnisse Veranlassung zu geben. 

Obgleich Ohilodon cucullulus eine sehr prägnante Infusorienform ist, die mit unsern ge- 
genwärtigen Hülfsmitteln in allen Lebensphasen ganz sicher erkannt werden kann, so ist sie doch 
im Leben leicht mit Co/poda eucullus und Paramaecium colpoda zu verwechseln. Dies ist nach 
EHRENBERG’S gründlicher Exposition noch Dusarvın begegnet, der hinsichtlich dieser drei Infu- 
sorien eine nicht geringe Confusion angerichtet hat. Alle drei Formen haben einen sehr ähnlichen 
Körperumriss, namentlich gleichen sich Ohzlodon eueullulus und Colpoda eueullus darin in vielen 
Fällen vollkommen (man vergl. z. B. Taf. III. Fig. 1. und Fig. 52.), während Paramaecium 
colpoda eine eigentliche Lippe nicht hat, sondern bei ihm ist das dicke, abgerundete Vorderende 
unter Bildung einer deutlichen schiefen Längsfalte nach seitwärts umgeschlagen. Chilodon ceu- 
cullulus ist bei Anwendung chemischer Mittel sofort an dem fast in der Mitte der Bauchseite ge- 
legenen Schlundtrichter kenntlich, ausserdem auch meistens an der totalen Bewimperung, die 
jedoch an jüngern Individuen nicht selten zweifelhaft bleibt. Bei Co/poda eueullus liegt die ganz 
einfache Mundöffnung in dem seitlichen Körperausschnitte, und die Bewimperung ist immer nur 
partiell, hauptsächlich auf die Lippe beschränkt. Bei Paramaecium colpoda liegt der Mund inner- 
halb der schiefen Längsfalte, nahe an der seitlichen Ausbuchtung, er ist von zwei sehr beweg- 
lichen Lippen eingefasst, und führt in eine kurze, dünnhäutige, bewimperte Speiseröhre; der 
grosse ovale Nucleus besteht aus einer ganz homogenen, feinkörnigen opaken Substanz, und der 
Körper ist sehr deutlich auf der ganzen Oberfläche bewimpert. Dusarpın hat nun nur die grossen 
‚Individuen des C’hilodon eueullulus, an welchen er den Schlundtrichter und die totale Bewimpe- 
rung erkennen konnte, als C’hil. eucullulus beschrieben und auch eine Abbildung ?) geliefert, die 
mit aller möglichen Sorgfalt gezeichnet sein soll, die aber höchst mittelmässig und ungenau ist 
und keinen Vergleich mit den getreuen Abbildungen EHRENBERG’s aushält. Die kleinern Indi- 
viduen führte Dusarvın als Zozodes eueullulus *) auf, wenn er den Schlundtrichter nicht unter- 
scheiden konnte; trat dieser aber hervor, so nannte er sie Zoxodes dentatus. Auch sein Loxodes 
reticulatus *) wird nichts weiter, als ein vielleicht von verschluckten Nahrungsstoffen etwas bla- 
senförmig aufgetriebener Chilodon cueullulus gewesen sein. Unter dem Namen Colpoda cucullus 

_ endlich hat Dusarpın das Paramaecium colpoda Ehbg. geschildert ?); die ächte Colpoda cucullus 


1) Vergl. meine erste Infusorienabhandlung S. 119. Der Name C%xil. uneinatus ist hier in Chil. eueullulus 
umzuändern. 

2) Infusoires p. 491. und Pl. VI. Fig. 6. 

3) Ebendaselbst p. 451. uud Pl. XIII. Fig. 9. 

4) Ebendaselbst p. 453. und Pl. XIII. Fig. 10. 

5) Ebendaselbst p. 479. und Pl. IV. Fig. 29. 


132 Heterogonie des Chhilodon eueullulus. 


ist ihm entweder ganz unbekannt geblieben, oder er hat sie für einen unentwickelten Zustand 
des Param. colpoda angesehen. 

Betrachten wir nun die rubenden Zustände des O’%ilodon eueullulus. Ich beobachtete 
dieselben zuerst, wie schon erwähnt, im August des Jahres 1849 in grosser Menge; dann traf ich 
sie noch einige Male und wieder in ziemlich zahlreichen Exemplaren im Juni und Juli 1850. In 
allen diesen Fällen hatten mir die Sturmfässer auf dem Gensdarmenmarkte in Berlin das Material 
geliefert. Leider verstand ich damals noch nicht, diesen werthvollen Stoff nach allen Richtungen 
hin auszubeuten; denn ich begnügte mich mit dem, was ich durch einfache Beobachtung und 
durch mechanische Manipulationen zu erforschen vermochte, chemische Hülfsmittel wurden aber 
nicht in Anwendung gebracht. Daher blieb ich über das Schicksal des Schlundtrichters beim 
Uebergang des Chilodons in seinen ruhenden Zustand im Unklaren,, der Nucleus wurde immer 
nur als ein einfacher ovaler homogener Körper aufgefasst, und sein Verhältniss zu dem Schwärm- 
sprössling, der sich in dem ruhenden Chilodon entwickelt, ermittelte ich nicht auf eine mich noch 
jetzt befriedigende Weise. Trotz dieser Mängel werden meine Beobachtungen immer noch einen 
grossen Werth behalten. 

Die ersten ruhenden Formen, die mir zu Gesicht kamen, waren abgeplattete, im Umriss 
ovale Cysten (Taf. III. Fig. 58. 59.), die meistens auf einer der langen Seiten grad abgestutzt 
oder schwach bogenförmig ausgerandet waren. Die sehr weichen, farblosen und durchsichtigen, 
gallertartigen Cystenwandungen waren nach innen von einer scharfen und kräftigen Contour- 
linie begränzt, nach aussen aber von einer verschwindend feinen ; doch trat die äussere Begrän- 
zung der Cyste dadurch schärfer hervor, dass auf ihr sehr feine staubige Partikelchen der Infusion 
hängen geblieben waren (vergl. Fig. 60. und 61. a. a.). Die Cystenhöhle füllte ein regungsloser, 
scharf begränzter, glatter Körper (Fig. 58. b.) vollständig aus, der anscheinend allseitig ge- 
schlossen war, und in dessen bald fein- bald grobkörniger Leibessubstanz stets ein ovaler Nu- 
eleus (e.) und zwei jederseits neben demselben und einander diagonal gegenüberliegende contrac- 
tile Stellen zu unterscheiden waren. Oefters war auch noch eine dritte, weiter nach hinten gele- 
gene contractile Stelle vorhanden. Die Form und Grösse des Nucleus, die relative Lage der con- 
tractilen Stellen, die so häufig bohnenförmige oder schwach nierenförmige Gestalt der Cyste und 
die Berücksichtigung der in Gesellschaft der Cysten lebenden Infusionsthiere musste mich so- 
gleich auf die Vermuthung führen, dass ich es mit einer ruhenden Form dem Chzrlodon eueullulus 
zu thun habe. 

Diese Vermuthung wurde bald zur vollkommensten Gewissheit. Denn als ich die zahl- 
reichen, zwischen den Cysten sich umhertummelnden Individuen des Chi. eueullulus näher ins 
Auge fasste, traf ich häufig ganz matte Formen, die sich nicht mehr von der Stelle bewegten, 
sondern sich schwerfällig umherwälzten oder langsam im Kreise herümdrehten (Fig. 56. 57.). 
Ihr gesammter Körperinhalt stimmte aufs Genauste mit dem der encystirten Körper (Fig. 58. 59.) 
überein, während sie andrerseits alle Charactere des Chill. eueullulus an sich trugen. Die Wim- 
pern traten, wie bei allen kleinern Individuen, die nicht mit Reagentien behandelt werden, nur 
auf der Lippe ganz scharf hervor; doch sah ich sehr oft über den ganzen Körper verlaufende, 


Heterogonie des Chilodon cucullulus. 133 


parallele Längslinien (Fig. 56.), welche offenbar die Längsreihen der Körperwimpern andeuteten. 
Hatten die Individuen noch die in Fig. 56. abgebildete Form, so unterschied ich auch häufig 
noch den Umriss des Schlundtrichters, doch war er immer sehr matt und verwaschen. Bei noch 
andern Individuen (Fig. 57.) hatte sich der Körper bereits so stark in seiner Längsaxe verkürzt, 
dass die Lippe nur noch als ein ganz schmaler, auf dem vordern Körperende grad aufgesetzter, 
lichter Saum erschien. Wurde dieser Rest der Lippe vollends eingezogen, und erfolgte dann an 
der ganzen Oberfläche des Körpers eine gallertartige Ausscheidung, so mussten die ruhenden 
Formen Fig. 58. und 59. entstehen. An dem Körper der letztern vermochte ich den Schlund- 
trichter nicht mehr aufzufinden; vielleicht ist er aber dennoch vorhanden und nur sehr schwer 
ohne chemische Hülfsmittel zu beobachten. Auch die Wimpern gehen scheinbar während des 
Eneystirungsgeschäftes verloren, da die meisten encystirten Körper eine ganz glatte Oberfläche 
zeigen. Dies ist aber dennoch nicht der Fall, denn ich traf mehrmals ganz vollendete Cysten, in 
welchen sich der encystirte Körper lebhaft im Kreise umherdrehte, und bei diesen Bewegungen 
konnte ich schon am vordern Ende ziemlich scharf Wimpern unterscheiden. Als ich diese Cysten 
mittelst eines leisen Druckes mit dem Deckgläschen sprengte (Fig. 65. a.), drängte sich der ein- 
geschlossene Körper (d.) durch die entstandene Oeffnung nach aussen hervor, und er nahm sofort 
die gewöhnliche Chilodonform an, indem am vordern Ende die schiefe Lippe wieder hervortrat, 
die sich jetzt noch eben so vollständig und deutlich bewimpert zeigte, wie an den freien 
Thieren. Sobald sich das Thier ganz aus seiner Cyste hervorgearbeitet hatte, schwamm es ziem- 
lich behende davon. 

Die zuletzt angeführte Beobachtung lässt vollends keinen Zweifel mehr übrig, dass un- 
sere Cysten von Chilodon cucullulus abstammen. Zum Ueberfluss sei aber noch bemerkt, dass 
ich neben ausgebildeten Cysten auch häufig schon völlig zur Ruhe gekommene glatte, oval ge- 
wordene Chilodonkörper beobachtete, die entweder noch ganz nackt waren oder doch nur erst 
von einer äusserst zarten, kaum unterscheidbaren Gallertschicht umhüllt wurden. So waren also 
alle Stadien, welche der CA. eucullulus bis zu seinem bleibenden ruhenden Zustande durchläuft, 
direct beobachtet. Die Wandungen der ausgebildeten Cysten erhärten nicht merklich, wie dies 
bei den Cysten der vorticellenartigen Infusorien der Fall ist, sondern sie bleiben für immer in einem 
sehr weichen, gallertartigen Zustande. Auch zieht sich der eingeschlossene Chilodonkörper für 
gewöhnlich nicht von den fertigen Cystenwandungen nach innen zurück, sondern diese bilden 
um ihn eine innig anliegende mantelartige Hülle. Ferner haben Cysten, die gleich grosse Körper 
umschliessen, oft sehr ungleich dicke Wandungen; nicht selten sah ich die letztern tropfenartig 
aus einander geflossen, so dass die Cyste eine kreisrunde, planconvexe Gestalt zeigte und einen 
viel beträchtlichern Umfang hatte, als der in ihrer Axe gelegene, von der gallertartigen Oysten- 
substanz innig umschlossene, länglich ovale oder bohnenförmige Chilodonkörper. Der letztere 
lässt sich fast immer leicht aus der Cyste herausquetschen (Fig. 61. und 65. d.), und nun über- 
sieht man erst die ganz scharf begränzte Cystenhöhlung und gewöhnlich noch einige dem Um- 
fange der Höhle parallele, concentrische Falten an der innern Oberfläche der Cystenwand. 

Nach dem Zwecke der Cystenbildung brauchte ich nicht lange zu suchen; denn ich traf 


134 Heterogonie des C'hilodon ceucullulus. 


von Anfang an häufig Cysten (Fig. 60. «.) mit einem Körper (b.), der einen sich lebhaft bewe- 
genden Schwärmsprössling (e.) umschloss. Dieser lag in einer besondern "Aushöhlung (d.) des 
Leibesinhaltes und zwar stets genau an der Stelle, die in andern eneystirten Chilodonkörpern der 
Nucleus einnahm, nämlich zwischen den beiden diagonal gegenüberliegenden contractilen Stellen. 
Der Schwärmsprössling hatte eine ovale oder eiförmige Gestalt (man vergl. auch Fig. 67. e. 68. e. 
und Fig. 69.), er war plattgedrückt und auf der einen langen Seite grad abgestutzt oder sanft bo- 
genförmig ausgeschnitten; neben dem vordern spitzern Ende bemerkte ich häufig eine seichte 
Auskerbung (Fig. 62. e. und Fig. 69.). Der ganze Rand des Körpers war mit ungewöhnlich 
langen und ziemlich entfernt von einander stehenden , borstenförmigen Wimpern besetzt, welche 
an dem vordern Ende auf die characteristische Weise divergirten,, die in Fig. 69. am bestimmte- 
sten ausgedrückt ist. Die Oberfläche des Körpers war deutlich längsgestreift; in den Längs- 
streifen schienen mir viel kürzere und zartere Wimpern zu stehen, doch kam ich darüber zu keiner 
Gewissheit. Der völlig reife Schwärmsprössling schwingt seine Wimpern unaufhörlich und mit 
grosser Heftigkeit, er fährt stossweise in seiner engen Klause auf und ab, wälzt sich auch um 
seine Axe und windet sich bisweilen spiralig oder wurmförmig (Fig. 63. b’.). Den Moment des 
freiwilligen Ausschwärmens habe ich nicht belauschen können; doch habe ich mir den Schwärm- 
sprössling überaus häufig und leicht isolirt dargestellt. Uebte ich nämlich einen vorsichtigen 
Druck auf die Cyste aus, so trat der Schwärmsprössling gewöhnlich sogleich entweder für sich 
allein (Fig. 62. c.) oder in Begleitung seines Mutterkörpers (Fig. 61. ce. 5.) aus der Cyste («.) 
hervor. In beiden Fällen blieb er stets am Mutterkörper oder an der äussern Oberfläche der Cyste 
kleben, und da er durch den Druck fast immer getödtet worden war, so konnte ich seine Form 
und Bewimperung mit aller Musse beobachten. 

Dass der Schwärmsprössling weder ein gefressenes Infusionsthier, noch ein Parasit des 
encystirten Chilodonkörpers sein kann, das wird wohl jedem Unbefangenen von selbst ein- 
leuchten. Ueber seine Entstehung weiss ich nur Folgendes anzugeben. In dem encystirten Chi- 
lodonkörper beobachtete ich oft statt des gewöhnlichen Nucleus und genau an derselben Stelle, 
die dieser sonst einnimmt, einen opaken, regungslosen, seiner Substanz nach ganz mit dem Nu- 
cleus übereinstimmenden Körper (Fig. 63. c’.), der aber beträchtlich grösser war und genau den 
Umriss eines Schwärmsprösslings hatte. Gelang es mir, diesen Körper herauszupressen, so zeigte 
er sich an seiner Oberfläche entweder noch ganz nackt, oder ich unterschied bald nur an seinem 
vordern Ende, bald an seinem ganzen Rande (Fig. 61. c.) sehr kurze, starre, noch unentwickelte 
Wimpern. Neben diesem Körper vermochte ich in dem plattgequetschten Mutterkörper (b.) kei- 
nen besondern Nucleus aufzufinden. Wenn dieser wirklich fehlte, dann könnte es nicht zweifel- 
haft sein, dass sich der Nucleus des ruhenden Chilodons zum Schwärmsprössling umgestaltet und 
ganz und gar in ihn aufgeht. Obgleich ich früher diese Ansicht hegte, so scheint sie mir doch jetzt 
im hohen Grade unwahrscheinlich, nachdem ich so vielfach die Erfahrung gemacht habe, dass 
oft erst nach der Behandlung mit Essigsäure ein Nucleus sichtbar wird, und dass in allen, mit 
den geeigneten Hülfsmitteln untersuchten, ruhenden Infusorienformen, welche einen Schwärm- 
sprössling erzeugen, neben demselben ein gesonderter Nucleus fortbesteht. 


Heterogonie des Chilodon cucullulus. 135 


Der Schwärmsprössling schemt auf doppelte Weise ins Freie zu gelangen, einmal da- 
durch, dass er die Haut des Mutterkörpers und die weichen Cystenwandungen durchbricht,, die 
sich dann wohl wieder vollständig schliessen. Für diesen Vorgang sprechen die häufig zu beob- 
achtenden Cysten (Fig. 63. 5’. und Fig. 64. a.), welche einen kugelförmigen Mutterkörper 
(Fig. 64. d.) enthalten, dessen Volumen viel kleiner ist, als der Umfang der Cystenhöhle. Offen- 
bar hat der Mutterkörper 5. in Fig. 64. ursprünglich die Cystenhöhle vollständig ausgefüllt, und 
sein Volumen hat sich nur nach und nach durch die Geburt von Schwärmsprösslingen so be- 
trächtlich verringert. Der Rest des Mutterkörpers wird wahrscheinlich durch ein oder zwei nach- 
folgende Schwärmsprösslingsgenerationen bis auf die Haut vollständig aufgezehrt. Der noch nicht. 
so bedeutend geschwundene Mutterkörper in der Cyste 5”. Fig. 63. enthält einen zum Aus- 
schwärmen reifen Sprössling. Höchst auffallend ist es, dass nicht alle ruhenden Chilodonkörper 
sich mit der Zeit in der Production von Schwärmsprösslingen erschöpfen ; sie erwachen vielmehr 
nach der Erzeugung eines oder mehrerer wieder zu selbstständiger Thätigkeit, und verlassen ganz 
munter mit dem jüngstgebornen Sprösslinge die Cyste, welche ihnen also nur als Wochenbett ge- 
dient hat. Schon die vielen leeren Cysten (Fig. 63. a.), welche nicht selten zwischen zusammen- 
hängenden Gruppen gewöhnlicher, ganz oder theilweis von einem ruhenden Chilodonkörper er- 
füllter Cysten vorkommen, und die stets mit einem sogleich in die Augen fallenden, rundlichen 
oder dreieckigen Loche (Fig. 66. «.) versehen sind, leiteten mich auf diesen eigenthümlichen 
Vorgang hin. Ich traf aber auch nicht selten Cysten (Fig. 67. 68.), welche einen völlig ausge- 
streckten, auf dem vordern Ende sehr deutlich bewimperten, in beständigen Rotationen begrif- 
fenen Chilodonkörper (b.) und einen höchst agilen Schwärmsprössling (e.) enthielten, die sich 
munter in der Cystenhöhle umherjagten. Mehrmals sah ich, dass der Chilodon die Cystenwand 
durchbrach und sich durch die entstandene enge Oeffnung in ähnlicher Weise nach aussen 
drängte, wie das Individuum in Fig. 65; bald darauf fand auch der Schwärmsprössling durch die- 
selbe Oeffnung seinen Ausweg, und die Cyste erschien nun ganz wie die in Fig. 66. abgebildete. 

Die Cysten mit rotirendem Chilodon und freiem Schwärmsprössling (Fig. 67. 68.) waren 
stets völlig unverletzt, es ist daher nicht entfernt daran zu denken, dass die in ihnen enthaltenen 
Infusorienformen fremde Eindringlinge sein könnten. Sie lehren uns, dass der Chilodon auch 
nach vollendetem Eneystirungsprocesse sein Wimperkleid wohl nicht verliert, wenn er gleich in 
seinem ruhenden Zustande ganz nackt und glatt erscheint, sondern wahrscheinlich liegen die 
‘Wimpern nur der Körperhaut innig angedrückt. Noch wichtiger werden jene Cysten wegen der 
freien Schwärmsprösslinge, deren höchst eigenthümliche Bewegungen sogleich verrathen, dass 
wir es mit einer allbekannten und sehr gemeinen Infusorienform, dem Oyelidium glaucoma Ehbg. 
zu thun haben. Der Schwärmsprössling bewegt sich nämlich nicht continuirlich schwimmend, 
sondern er steht zu Zeiten regungslos still, seine Wimpern ganz steif strahlenartig ausspreizend ; 
dann schnellt er sich plötzlich mit einem Wimperschlage eine Strecke weit fort und schwimmt 
sehr schnell kreuz- und querfahrend weiter, worauf er wieder eben so plötzlich stehen bleibt. 
Diese sehr characteristischen springenden Bewegungen machten sich schon an den noch in den 


Cysten eingeschlossenen Schwärmsprösslingen bemerklich, obgleich hier dafür nur ein geringer 
y 8 5 5 


136 Heterogonie des Chilodon eueullulus. 


Spielraum vorhanden ist, in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit treten sie aber erst an den nach 
dem Ausbruch des Mutterthieres ins Freie gelangenden Sprösslingen hervor. Ganz eben so schil- 
dert EHRENBERG die Bewegungen seines Oychidium glaucoma, und er bezeichnet dieselben aus- 
drücklich als einen sehr hervorstechenden Character dieses Infusoriums, indem er sagt '): ‚Diese 
Form gehört ihrer eigenthümlichen Bewegungen halber zu den sich auszeichnenden des Mikro- 
skops. Man vergleicht die Bewegung sehr richtig nach MÜLLER mit der raschen umherschwei- 
fenden und plötzlich ruhenden des Gyrinus natator. Zuweilen ist die Bewegung überaus rasch 
durch einander fahrend, oft stehen sie plötzlich still und springen gleichsam dann im Bogen an 
einen andern Ort.‘“ EHRENBERG’s Abbildungen des Oyelidium glaucoma*) passen ebenfalls auf 
unsern Schwärmsprössling, wiewohl sie den Umriss unbestimmter, rein elliptisch, und die Wim- 
pern kürzer angeben. Letztere werden aber im Text $. 245. ganz zutreffend als eine Vielzahl 
wimperartiger Füsse am Bauchrande, ähnlich denen von Kerone und Stylonychia bezeichnet. 
Auch die Längsstreifen auf der Oberfläche des abgeplatteten Körpers werden hervorgehoben und 
darin ebenfalls Reihen zarterer, gewöhnlicher Wimpern vermuthet. Die freien Schwärmspröss- 
linge, von denen es schon nach einigen Tagen in meiner Infusion wimmelte, traf ich ferner häufig, 
wie EHRENBERG sein Oyclidium glaucoma, in der Quertheilung begriffen. Es kann hiernach wohl 
kaum zweifelhaft sein, dass die Schwärmsprösslinge des Ohxl. cucullulus und das Cychdium glau- 
coma von EHRENBERG identische Infusorienformen sind, und daraus folgt, dass das Cyel. glau- 


coma nicht länger als eine selbstständige Infusorienspecies aufgeführt werden darf. 


In späterer Zeit habe ich in Infusionen, die von C’hilodon cucullulus und Glaucoma 
scintillans bevölkert wurden, die sogenannten Cychdien sehr häufig angetroffen und an ihnen 
noch einige feinere Structurverhältnisse ermittelt. Sie hatten genau denselben Umriss und die- 
selbe Bewimperung, wie die unzweifelhaften Schwärmsprösslinge des O’hll. cueullulus, am vor- 
dern Ende unterschied ich aber noch nahe hinter der Ausrandung eine helle, in sehr kurzen 
Pausen verschwindende und wieder erscheinende bläschenartige Stelle (Fig. 69. 5.), und nach 
Behandlung mit Essigsäure einen hinter der Körpermitte gelegenen, runden, scheibenförmigen 
Nucleus (a.). Dieselben organischen Verhältnisse beobachtete auch EHRENBERG bei seinem Oyeli- 
dium glaucoma. Er bezeichnet die vordere bläschenartige Stelle als Mund, worin ich ihm nicht bei- 
stimmen kann. Sie scheint mir von den gewöhnlichen contractilen Stellen nicht verschieden zu sein, 
zumal da sie nach Behandlung mit Essigsäure völlig verschwunden ist, während eine wirkliche 
Oeffnung dadurch nur deutlicher werden würde. Dass übrigens ein Mund vorhanden ist, be- 
zweifle ich nicht, da häufig im Innern des Körpers fremde feste Stoffe zu beobachten sind, wahr- 
scheinlich liegt dieser aber, als eine schwer zu bemerkende Oeffnung, mehr nach der Mitte des 
Körpers zu. Hier will EurEengErg noch eine besondere, als Samenblase gedeutete, contractile 
Stelle gesehen haben, die ich nicht auffinden konnte. Diese Beobachtungen machen es noch 


1) Die Infusionsthiere S. 246. 
2) Ebendaselbst Taf. XXII. Fig. I. 


Heterogonie des Ohilodon eucullulus. 137 


wahrscheinlicher, dass das Oyelidium glaucoma nur der Schwärmsprössling des C’hilodon eueul- 
lulus ist; in jedem Falle ist wenigstens der letztere ein Oyclidium im Sinne EHRENBERG. 

In Betreff der, Cyclidien hat Dvsarpıy abermals eine ganz unnütze, nur zu Verwirrun- 
gen Anlass gebende Neuerung vorgenommen, die ich nicht ungerügt lassen kann. Er wendet 
nämlich für ganz unverkennbare Cyclidien den von EnrengerG gegebenen und zu seiner Zeit 
völlig berechtigten Gattungsnamen nicht nur nicht an, sondern er wählt für sie sogar einen Gat- 
tungsnamen, Enchelys, den EHRENBERG bereits für ganz anders organisirte Infusionsthiere ver- 
braucht hatte. So ist offenbar die Enchelys nodulosa von Dusarpın, wie ein Vergleich seiner 
Abbildungen ') mit meiner Fig. 69. und das angegebene Vorkommen lehrt, nichts weiter, als das 
Oyelidium glaucoma Ehbg. oder die Schwärmsprösslingsform von Ohilodon eucullulus. Die En- 
chelys triquetra Diyjard.*) dürfte davon kaum verschieden sein. Auch in Acomia ovulum Du- 
Jard.°) kann ich nur ein Cyclidium glaucoma erkennen. Dusarvın’s Neonema marina‘) wird, 
der Abbildung nach zu urtheilen, nichts weiter als eine nahe verwandte Schwärmsprösslingsform 
sein. Die drei andern von Dusarvın für neu ausgegebenen Arten seiner Gattung Enchelys, die 
Ench. corrugata, subangulata und ovata?) sind ganz unvollständig beobachtete Infusorienformen, 
mit denen sich gar nichts anfangen lässt, und deren Vereinigung mit EuRrENBERG’s Oychd. glau- 
coma zu einer Gattung in keiner Weise gerechtfertigt werden kann. Wann wird man doch end- 
lich aufhören, nach der ersten besten flüchtigen Skizze neue Gattungen und Arten von Infusions- 
thieren aufzustellen! Man sollte doch nie vergessen, dass nächst der äussern Form die genaueste 
Ermittelung der Bewimperungsweise, der Mundbildung, des Nucleus und der contractilen Stellen 
die unentbehrlichsten Elemente zur Bestimmung eines bewimperten Infusionstbieres sind, die in 
manchen Fällen allein noch nicht einmal ausreichen. Dusarpın wirft EHRENBERG so oft vor, 
dass er auf flüchtig und unzureichend beobachtete Infusorienformen neue Gattungen und Arten 
gegründet habe; denselben Vorwurf kann man Dusarpın mit viel grösserem Rechte machen. 

Die Grösse der Schwärmsprösslinge des ORilodon ceueullulus richtet sich nach der Grösse 
des Mutterthieres, in welchem sie erzeugt werden. C’hxl. ceucullulus scheint nämlich auf allen Al- 
tersstufen in den ruhenden Zustand übergehen zu können, wie die sehr verschieden grossen Cy- 
sten beweisen, die meist dicht gedrängt neben einander liegen und die namentlich an den Wan- 
dungen des Gefässes einen so innig zusammenhängenden häutigen Ueberzug bilden, dass ich 
nicht selten aus 70— 80 mosaikartig an einander gereihten Cysten bestehende Lamellen auf ein- 
mal von den Gefässwandungen abheben konnte. Ein ganz kleines nur von 9 Cysten gebildetes 
Hautstück ist in Fig. 63. abgebildet; die Zwischenräume zwischen den einzelnen Cysten füllt ein 


feinkömiger Niederschlag aus. Die Länge der grössten Cysten betrug durchschnittlich %,”’ und 


1) Infusoires p. 389. und Pl. VI. Fig. 2, Pl. VII. Fig. 9. 

2) Ebendaselbst p. 390. und Pl. VII. Fig. 4. 

3) Ebendaselbst p. 383. und Pl. VII. Fig. 7. 

4) Ebendaselbst p. 392. und Pl. VII. Fig. 13. 

5) Ebendaselbst p. 390—91. und Pl. VII. Fig. 11. 16. und 12. 


‚Stein, Infusorien. 18 


138 Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. mierostoma. 


die des eingeschlossenen Körpers, wenn er die Cystenhöhle noch vollständig erfüllte, Ys’”’; ihr 
Schwärmsprössling war Yos— ss” lang. Sehr häufig fanden sich Cysten von Ys—Yıs” Länge 
mit höchstens Yı55”” langen Schwärmsprösslingen. Die kleinsten Cysten waren nur Y3”’ lang, 
und die kleinsten freien Schwärmsprösslinge hatten nicht über %%so” Länge. Die Grössen der 
Cysten entsprechen hiernach genau den Grössen der in der Infusion vorhandenen freien Chilo- 
" schwankte. 


je 


donindividuen, deren Länge, wie schon oben erwähnt wurde, zwischen Ya — as 
Die Grösse der Schwärmsprösslinge (Y%so—Ys”) stimmt wieder ganz mit EurenBErg’s Mes- 
sungen des Oyelidium glaucoma überein, dessen Länge auf Y4o—Yss” angegeben wird. 

Dass das Oychdium glaucoma über die für ein bewimpertes Infusionsthier so geringe 
Grösse von Y/s”’ nicht oder doch nur noch wenig hinauswächst, muss schon den Verdacht erre- 
gen, dass man es nicht mit einer selbstständigen Infusorienform, sondern mit dem Jugendzustande 
einer andern zu thun hat. Für uns, die wir durch direete Beobachtung erfahren haben, dass ein 
Oyelidium nur die Schwärmsprösslingsform des Ohilodon eucullulus darstellt, folgt aus der ge- 
ringen Grösse, welche die Schwärmsprösslinge nicht überschreiten, dass sie bald, nachdem sie 
sich noch einige Zeit durch Quertheilung vermehrt haben, die Cyclidienform verlassen und aller 
Wahrscheinlichkeit nach wieder in die freie Chilodonform zurückkehren werden. Ich habe nun 
in der That unzweideutige Uebergangsstufen zwischen sogenannten Cyclidien und jungen Chilo- 
donindividuen beobachtet. Diese zeigten genau die Form und Grösse des Fig. 69. abgebildeten 
Individuums, allein die langen borstenartigen Wimpern am Körperrande fehlten entweder ganz, 
oder sie fanden sich doch nur noch am vordern Ende; dafür war aber der Körper mit Längsreihen 
gewöhnlicher Wimpern besetzt, die besonders nach der Behandlung mit Chromsäure sehr deutlich 
hervortraten. Ein Schlundtrichter war durch kein Reagens sichtbar zu machen. Der Schwärm- 
sprössling scheint hiernach dadurch in die gewöhnliche Chilodonform überzugehen, dass die bor- 
stenartigen Randwimpern nach und nach ausfallen, während die gewöhnlichen Wimpern in den 
schon von Haus aus angedeuteten Längsreihen auf der Körperoberfläche hervorwachsen, und dass 
sich zuletzt auf der Bauchseite an der Stelle, wo wahrscheinlich schon früher eine einfache Mund- 


öffnung vorhanden war, der Schlundtrichter ausbildet. 


8. 14. 


Verwandlung der Vorticella microstoma in die Acinetenformen Actinophrys 
und Podophrya und Conjugation derselben. 


Die im vorigen Abschnitte mitgetheilten Beobachtungen lehren zuvörderst, dass auch 
noch andere, als die vorticellenartigen Infusionsthiere in ihrem Entwickelungsverlaufe so auffal- 
lende Metamorphosen bestehen, dass vor der Kenntniss derselben Glieder einer Entwickelungs- 
reihe, nämlich Chxlodon eueullulus und Oyclidium glaucoma für ganz unabhängige und weit von 
einander entfernt stehende Infusorienformen angesehen werden mussten. Jene Beobachtungen 
geben uns aber auch neue Ideen für die weitere Erforschung der Entwickelungsgeschichte der 


Vorticellinen an die Hand. Vergleichen wir nämlich den ruhenden Zustand des Ohilodon eueul- 


Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. microstoma. 139 


Zulus mit den zweierlei ruhenden Zuständen der vorticellenartigen Infusorien, dem Acinetenzu- 
stande und dem Cystenzustande, so müssen wir uns sagen, dass der erstere zu den beiden letztern 
in gleich naher Beziehung steht.. Er stimmt nämlich in der Form ganz mit dem Cystenzustande 
der Vorticellinen überein, nur mit dem Unterschiede, dass die Cystenwandungen des Ohrlodon 
stets sehr weich und gallertartig bleiben, in der Bedeutung entspricht er aber dem Acinetenzu- 
stande der Vorticellinen. Er ist gleichsam ein mittlerer Zustand, eine Uebergangsstufe zwischen 
den beiden ruhenden Zuständen der Vorticellinen, und er könnte eben so wohl als eine spätere 
Entwickelungsstufe des Cystenzustandes der Vorticellinen gedeutet werden, wie auch als eine auf 
einer frühern Entwickelungsstufe stehen gebliebene Acinetenform. Aus dieser Betrachtungsweise 
ergab sich die Richtung, in welcher ich den Cystenzustand der Vorticellinen weiter zu verfolgen 
hatte. Ich musste entweder nachweisen, dass auch der encystirte Vorticellenkörper Schwärm- 
sprösslinge entwickele, oder ich musste zeigen, dass der Acinetenzustand der Vorticellinen den 
Cystenzustand zu seiner vorausgehenden Entwickelungsstufe habe. So war ich denn wieder auf 
die Beobachtung der ruhenden Zustände der Vorticella microstoma durch dasselbe Infusionsthier 
zurückgewiesen, durch welches ich nur von demselben war abgelenkt worden. 

Zu meinen neuen Studien !) der Vortic. mierostoma benutzte ich einen Ferienaufenthalt 
in Niemegk zu Ende September und Anfang October 1849, weilich wusste, dass dort ein Mist- - 
pfuhl das: ganze Jahr hindurch ungeheure Schaaren dieses Infusionsthieres beherbergte. Ich 
schöpfte gleich bei meiner Ankunft einen Tassenkopf voll Mistjauche, in der es wieder von zahl- 
losen und ungewöhnlich grossen Individuen der V. microstoma wimmelte. Zwischen schlammig- 
schaumigen Häufchen, welche an der Oberfläche der Jauche umhertrieben, fanden sich sogleich 
nicht wenige Vorticelleneysten, die also bereits im Pfuhle vorhanden gewesen waren. In den 
nächst folgenden Tagen vermehrte sich die Zahl der Cysten sehr bedeutend, während in dem- 
selben Maasse freie Vorticellen seltener wurden, und nach sechs Tagen waren fast alle Vorticellen 
verschwunden und überall nur zahllose Cysten anzutreffen. Letztere enthielten entweder einen 
unveränderten, kuglig contrahirten Vorticellenkörper (Taf. IV. Fig. 19.), oder eine einfache, ge- 
schlossene kuglige Blase (Taf. IV. Fig. 21. b.), die fortan Mutterblase heissen mag, und in 
deren bald grob- bald feinkörnigem Inhalte stets der hufeisenförmig zusammengekrümmte Nu- 
cleus und ein runder, wasserheller, unveränderlicher Hohlraum zu unterscheiden war. Die sehr 
verschieden grossen Cysten schwebten theils frei in der Flüssigkeit, theils waren sie dem körnigen 
Ueberzuge eingebettet, welcher sich schon nach den ersten Tagen an den Wandungen der Tasse 
niedergeschlagen hatte. Sie waren meist kugelrund (Taf. IV. Fig. 19.), aber häufig an der Stelle, 
welche dem zusammengezogenen Peristome des eingeschlossenen Vorticellenkörpers entsprach, 
etwas blasenförmig aufgetrieben. Mit dem gegenüberliegenden Pole der Cyste, also der Basis des 
Vorticellenkörpers entsprechend, hing oft noch der meist grad ausgestreckte Vorticellenstiel 
(Fig. 19. @.) zusammen, den in diesem Falle das sich encystirende Thier nicht verlassen hatte. 
Der Stielstreif war gewöhnlich in einzelne Segmente zerfallen, und auch die Wandungen des 


1) Vergl. darüber auch meine erste Infusorienabhandlung 8. 144—4S, 
15 


. 
140 Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortie. mierostoma. & 


Stieles zeigten sich vielfach in der Auflösung begriffen. Cysten, welche noch auf dem Vorticellen- 
stiele sassen, enthielten keine Mutterblase, sondern einen mehr oder weniger stark contrahirten, 
unveränderten Vorticellenkörper. 

Am fünften Tage war ich so glücklich in der täglich anhaltend untersuchten Jauche die 
ersten Exemplare derselben Actinophrys und Podophrya zu entdecken, auf die ich bereits $. 127. 
aufmerksam gemacht habe. Ihre Anzahl nahm ebenfalls in den folgenden Tagen so bedeutend zu, 
dass ich selten einen Tropfen Flüssigkeit unter das Mikroskop brachte, der nicht einige Exem- 
plare derselben enthielt. Dieses Nacheinandererscheinen von grossen Schaaren freier Individuen 
der Vort. microstoma und eben so zahlreichen Vorticelleneysten und acinetenartigen Bildungen 
sprach wieder laut zu Gunsten der Ansicht, dass zwischen diesen drei Formen ein innerer Zu- 
sammenhang bestehen musste. Ein genauerer Vergleich ihrer feinern Organisationsverhältnisse 
bestärkte mich nur noch mehr in dieser Ansicht. Die Actinophrys, welche ohne Zweifel, wie ich 
weiter unten ($. 15.) zeigen werde, unter der Actinophrys sol von EHRENBERG ') mit inbegriffen 
ist, hat im Allgemeinen einen kugligen, aber etwas plattgedrückten, allseitig geschlossenen Kör- 
per (Taf. IV. Fig. 26. 27.), von dessen ganzer Oberfläche, namentlich in der Nähe des Randes, 
zahlreiche, borstenförmige, am Ende stets deutlich geknopfte Tentakeln ausstrahlen, die sich auf 
dieselbe Weise langsam verkürzen und verlängern können, wie die der Acineten. An den grössern 
Individuen (Fig. 27.) sind die am meisten ausgestreckten Tentakeln kaum so lang, als der Kör- 
perdurchmesser, an sehr kleinen (Fig. 26.) übertreffen sie denselben oft um das Doppelte, sie sind 
aber dafür auch in verhältnissmässig geringerer Anzahl vorhanden. Der bläulichweisse oder perl- 
graue Körperinhalt enthält unabhängig von der Grösse der 'Thiere bald gröbere, bald feinere, bald 
sparsamer, bald dichter gehäufte Fettkörnchen in der homogenen Grundsubstanz, niemals aber 
die leisesten Spuren von fremden Einschlüssen. Stets ist ein kurz bandförmiger, nierenförmiger 
oder rundlicher Nucleus (Fig. 27. ce.) und in der Regel nur eine contractile Stelle (d.) vorhanden. 
Bei weitem nicht alle Individuen der Actinophrys haben einen kreisrunden Körperumriss, son- 
dern sehr häufig ist der Körperrand mit einzelnen seichtern oder tiefern Einbuchtungen oder lap- 
penförmigen Vorsprüngen versehen, daher die Gesammtform des Körpers bald nierenförmig, bald 
unregelmässig knollenförmig ?), bald abgerundet drei- und viereckig °) bis drei- und vierlappig 
(Taf. IV. Fig. 28.) erscheint. Zwischen diesen und den kreisrunden Formen finden sich zahllose 
Uebergangsstufen. Mit dem Körperumrisse ändert sich auch die Vertheilung der Tentakeln; nur 
bei den völlig runden Formen sitzen sie gleichmässig über den ganzen Umfang des Körpers ver- 
theilt, hat aber der Körper lappige Vorsprünge (Fig. 28.), so rücken die Tentakeln auf diese und 
bilden so viele büschelförmige Gruppen, als Hauptlappen vorhanden sind, während die übrige 
Körperoberfläche entweder ganz nackt bleibt, oder doch nur hin und wieder vereinzelte Tenta- 


keln aussendet. Die lappigen Formen enthalten auch häufig statt einer contractilen Stelle zwei 


1) Die Infusionsthiere S. 303. 


2) Siehe meine zweite Infusorienabhandlung Taf. XVIU. Fig. 9. 
3) Ebendaselbst Fig. 8. 


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Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. microstoma. 141 


u 


bis drei (Fig. 28. 5. d.), die dann am Grunde der tentakeltragenden Vorsprünge liegen; der 
Nucleus («.) aber ist immer nur in einfacher Anzahl vorhanden. An keiner Actinophrys konnte 
ich deutliche Körpercontractionen und noch viel weniger irgend eine Spur von Ortsveränderung 
beobachten. Nicht selten bleiben Infusionsthiere, welche mit der Actinophrys in Berührung 
kommen, zwichen den sich durch einander wirrenden Tentakeln derselben hängen und sterben 
g, wie 
2. B. Paramaecium aurelia oder Stylonychia pustulata, so schwimmen sie mit der an ihnen hängen 
bleibenden Actinophrys eilig weiter und befreien sich entweder bald wieder durch gewandte 


Krümmungen und Schwenkungen von dem lästigen Anhange, oder sie bleiben nach längern 


schnell ab, wenn sie zu schwach sind, sich wieder los zu reissen ; sind sie aber kräftig genu 


fruchtlosen Anstrengen dennoch als eine Beute der Actinophrys erschöpft liegen und sterben 
ab. Der Körperdurchmesser der grössten Actinophryen beträgt höchstens Y%0”’, der der klein- 
sten nur Yıs5”’, die häufigsten Individuen messen Yo— Yo” ; es finden sich aber zwischen den 
angegebenen Grössenextremen alle Zwischenstufen. 

In noch grösserer Individuenzahl, als die Actinophrys, trat in meiner Infusion die Po- 
dophrya fixa Ehbg. ') auf, ein Wesen, das ganz unnöthiger Weise von den Acineten, mit denen 
es in allen Merkmalen übereinstimmt, getrennt und zu einer eigenen Gattung erhoben worden 
ist. Die Podophrya fixa (Taf. IV. Fig. 32.) besteht nämlich, wie die Acineten, aus einem nackten, 
eontractile Tentakeln tragenden, mit keiner Oeffnung nach aussen versehenen Körper, und aus 
einem steifen Stiele, der nur nicht so fest auf fremden Körpern angewachsen ist, als es der Stiel 
der Acineten gewöhnlich ist (die Vaginicolenacineten treiben auch öfters frei an der Oberfläche 
des Wassers umher), der aber ebenfalls sehr häufig an zusammengetriebenen Körnerhanfen oder 
an verfaulenden Pflanzenfragmenten und thierischen Abfällen festsitzt. Der Stiel besteht aus 
einer halbweichen,, leicht biegsamen Substanz und ist selten ganz grade (Fig. 39), sondern ge- 
wöhnlich S-förmig gebogen oder mehr oder weniger stark geschlängelt (Fig. 33—35.). Bisweilen 
ist er einfach fadenförmig , in der Regel aber erweitert er sich nach vorn merklich, während er 
sich nach hinten stetig verengert. Das hinterste fein zugespitzte Ende steckt fast immer in einem 
Häufchen feiner Körner (Fig. 32. «’.), die ohne Zweifel Bestandtheile des Körnerhaufens sind, 
an dem die Podophrya ursprünglich festsass. Nie sah ich den Stiel nach hinten erweitert, wie 
EHRENBERG ?) angiebt, noch gar mit der zweilappigen Endigung versehen, die O. F. Mürter ?) 
abbildet. Wahrscheinlich veranlasste das an dem Stielende hängende Körnerhäufchen diese von 


meinen oft wiederholten Beobachtungen abweichenden Angaben über die Beschaffenheit des hin- 
tern Stielendes. 


1) Die Infusionsthiere S. 306. und Taf. XXXI. Fig. X. 

2) EHRENBERG a. a. O. „Stiel am Ende abgestutzt, etwas erweitert (auch wohl gelappt)‘“. Der in Klam- 
mern gesetzte Ausdruck scheint sich nicht auf EHRENBERG’S eigene, sondern nur auf MÜLLER’s Beobachtungen 
zu beziehen. 

3) Animaleula infusoria p. 218. und Taf. XXXI. Fig. 11. c. MüLLEr’s Trichoda fixa, als Synonym zu Podo- 
phrya fica, ist übrigens noch sehr zweifelhaft, da er sie ‚in aqua litorali‘‘ beobachtete, auch den Körper ganz dun- 


kelbraun darstellt. Sie kann eben so gut irgend eine von ihrer Befestigungsstelle zufällig abgelöste Acinete ge- 
wesen sein. 


142 Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortie. microstoma. 


Die Gestalt des Podophryenkörpers, der stets borstenförmige, am Ende geknopfte Ten- 
takeln trägt, varlirt beträchtlich. Sehr häufig ist der Körper kugelförmig (Fig. 32.), und in 
diesem Falle entspringen die zahlreichen Tentakeln in gleichförmiger Vertheilung von der ganzen 
Peripherie des Körpers. Nur diese Formen hat EHRENBERG gekannt und abgebildet. Kaum 
minder häufig sind Individuen mit birnförmigem Körper (Fig. 33— 35.), und diese gleichen, 
wenn man von den Tentakeln absieht, oft zum Verwechseln einer kurzgestielten, mässig contra- 
hirten Vort. microstoma. Die Tentakeln sitzen bei ihnen in der Regel nur auf dem kugelförmi- 
gen Vorderkörper und sind mehr oder weniger scharf in zwei seitliche, einander gegenüber- 
liegende büschlige Gruppen angeordnet. Nicht selten treten auch die beiden Regionen, welche 
die Tentakelbüschel tragen, als stumpfe abgerundete Höcker oder Lappen nach aussen vor 
(Fig. 41.). Doch giebt es auch Podophryen mit birnförmigem Körper, die in gleichförmiger Ver- 
theilung auf der ganzen Oberfläche des Körpers mit Tentakeln besetzt sind. Dies ist namentlich 
bei sehr kleinen Individuen der Fall, die nur wenige, zerstreut stehende, dafür aber verhältniss- 
mässig längere Tentakeln tragen. Alle diese Formen und noch andere unbedeutende Modifi- 
cationen fanden sich dicht neben einander in jedem grössern Tropfen Flüssigkeit. Der homogene 
Körperinhalt zeigte dieselben Variationen in der Zahl und Grösse der Fettkörnchen, wie der Ac- 
tinophryskörper, er enthielt ebenfalls nie fremde Einschlüsse, aber einen eben solchen nierenför- 
migen, länglich ovalen oder rundlichen Nucleus und 1—3 runde contractile Stellen. Die Podo- 
phryen mit rundem Körper hatten gewöhnlich nur eine, in der Nähe des vordern Endes oder 
einer der Seiten gelegene contractile Stelle; die Podophryen mit birnföormigem Körper hatten 
häufig deren zwei (Fig. 33.) seltener drei, welche stets den Tentakelzonen genähert waren. 

EnrengerG hat die einzige contractile Stelle der mit einem runden Körper versehenen 
Podophryen als Mund gedeutet. ‚Eine helle contractile Stelle‘“ sagt er a. a. O. ‚‚hielt ich für 
den Mund und vermuthete, weil der Stiel nicht in der Längsaxe liegt (?), die Analstelle dem 
Munde entgegengesetzt.‘“ In der Gattungsdiagnose wird gradezu von einem ‚‚zahnlosen grade 
abgestutzten Munde‘ gesprochen. Sowohl die monotonen rhythmischen Bewegungen der hellen 
Stelle, die genau dieselben sind, wie die anderer unzweifelhafter contractilen Stellen, so wie die 
Mehrzahl der contractilen Stellen bei den Podophryen mit birnförmigem Körper widerlegen jene 
Annahme zur Genüge. EHRENBERG hat auch nie die Aufnahme von Farbstoffen bewirken kön- 
nen, die doch leicht eindringen müssten, wenn die grosse contractile Stelle wirklich ein Mund 
wäre. Nach den ‚‚deutlichen Magenzellen ‘“, die ErrEnBERG erwähnt, wird man vergeblich 
suchen; die blasenförmigen Configurationen, welche die Podophryenkörper in Eurenserg’s Ab- 
bildungen zeigen, sind sicherlich keine innern zellenartigen Räume, sondern wohl nur blasige 
Auftreibungen der äussern Oberfläche, dergleichen ich oft an nicht ganz prall mit der gewöhn- 
lichen Leibessubstanz erfüllten Individuen beobachtet habe. Ich sah nie im Innern des Leibes 
etwas, das auch nur entfernt mit Hohlräumen, wie sie bei den mit einem Mund versehenen In- 
fusorien in Folge aufgenommener Nahrungsstoffe entstehen, Aehnlichkeit gehabt hätte. Der Po- 
dophryenkörper erscheint immer ganz regungslos, nur die Tentakeln bewegen sich sehr langsam 
und halten oft Infusionsthiere, die mit ihnen in Berührung kommen, fest. Die kräftigern gefan- 


Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. microstoma. 143 


genen Infusionsthiere eilen ebenfalls nicht selten mit der Podophrye davon, die für sich selbst gar 
keiner Ortsbewegung fähig ist. Die Podophryen kommen in den verschiedensten Grössen von 
Yıoa— ss" Körperdurchmesser vor, am häufigsten sind Individuen, deren Körper Y,,—Yıs” im 
Durchmesser hat. 

Schon aus der bisherigen Schilderung geht hervor, dass die Actinophrys und Podophrya 
in ihrer gesammten Organisation und Lebensweise so völlig mit einander übereinstimmen, dass 
wir gestehen müssen, die Podophrya sei nichts weiter, als eine gestielte Actinophrys, und die 
Actinophrys eine ungestielte Podophrya '). Denn der Körper beider Infusorienformen zeigt die- 
selbe kuglige Grundform mit gleichmässig über die ganze Oberfläche vertheilten Tentakeln; die 
Grundform ändert sich ferner bei beiden auf ganz analoge Weise in secundäre Formen mit büschlig 
gruppirten Tentakeln um; sodann stimmt der gesammte Körperinhalt völlig überein, und endlich 
bewegt sich auch die Körpergrösse beider innerhalb derselben Gränzen. Zu dieser auffallenden 
Uebereinstimmung zwischen beiden Infusorienformen, die ihre generische Trennung unmöglich 
macht, kommt nun aber noch, dass die Podophrye so allmählich in die Actinophrys übergeht, 
dass nicht einmal ein specifischer Unterschied übrig bleibt. Der Podophryenstiel hat nämlich eine 
ausserordentlich veränderliche Länge. Nach EurENBEre soll er mehr als doppelt so lang sein, 
als der Körper, ich sah ihn kaum über die Hälfte länger, und auch Eurengerg bildet kurzstieli- 
gere Formen ab). In den meisten Fällen ist der Stiel aber kaum so lang, als der Körper (Fig. 39.) 
oder noch merklich kürzer (Fig. 33.). Je kürzer aber der Stiel wird, um so ähnlicher wird die 
Podophrye einer Actinophrys. Sehr häufig finden sich Formen mit einem fast verschwindenden, 
schnabelähnlichen Stielrudiment (Fig. 38. und 41.), und in manchen Fällen bleibt man in Un- 
gewissheit, ob man wirklich eine Actinophrys, oder eine ausserordentlich kurzstielige Podophrye 
vor sich hat. 

Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, dass unsere Aectinophrys und die Podophrya 
fixa nur extreme Glieder aus dem Formenkreise einer und derselben Art sind, die durch zahllose, 
ganz allmähliche Uebergangsstufen mit einander verknüpft werden. Man wird nun vielleicht 
glauben, dass die Actinophrys die Grundform und die Podophrye eine spätere Entwickelungsstufe 
derselben bilde; dies ist jedoch nicht der Fall, sondern beide Formen sind von einander unabhän- 
gige, gleichwerthige Bildungen und nichts weiter, als unwesentliche Modificationen eines und 
desselben Acinetenzustandes in den die Vorticella mierostoma übergeht. Zu dieser Ansicht ge- 
langte ich in Folge einer genauern Untersuchung des Podophryenstieles. Derselbe scheint, na- 
mentlich wenn er überall von gleichmässiger Stärke ist, durch und durch aus einer soliden homo- 
genen Substanz zu bestehen, wie der Stiel der meisten Acineten; an den weit häufigern Podo- 
phryen mit nach der Spitze erweitertem Stiele überzeugte ich mich aber meist leicht, dass der 
Stiel eine ziemlich diekwandige Röhre ist, die sich nach vorn, zumal an der Uebergangsstelle in 


1) Auch EHRENBERG bezeichnet schon a. a. O. S. 305. die Podophrya fixa als ein „‚ganz einer steifgestielten 
Actinophrys ähnliches Thierchen.‘‘ 
3) A. a. O. Fig. X. 2. und 4. 


.. 


144 Aectinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. mierostoma. 


den Körper, oft beträchtlich trichterförmig erweitert (Fig. 32. «”.), nach hinten aber allmählich 
so verengert, dass die Stielwandungen in der Axe zusammenstossen und mit einander verschmel- 
zen. Je grösser die Podophrye und je entwickelter ihr Stiel ist, um so schärfer tritt die innere 
Höhlung desselben hervor (man vergl. besonders die beiden Stiele a. und 5. in Fig. 40.). Diese 
Formen beweisen evident, dass wenn auch eine Podophrye anscheinend einen soliden Stiel be- 
sitzt, dieser dennoch ursprünglich hohl gewesen sein müsse. Die Podophryen stimmen hiernack 
in ihrer Stielbildung ganz mit der oben S. 60. beschriebenen Acinetenform der Wasserlinsen- 
wurzeln überein, denen sie auch in der gesammten Körperorganisation zum Verwechseln ähnlich 
sind. Wie bei diesen die Stielwandungen sich als eine äussere, innig anliegende Hülle um den 
eigentlichen Körper herumziehen, so ist es auch bei den Podophryen. Die äussere Hülle ist ohne 
alle künstliche Behandlung nicht selten bei den ganz kurzgestielten Formen (Fig. 41.) als ein 
breiter heller gallertartiger Hof. (@a’. «'.) um die hintere Hälfte des Körpers zu unterscheiden. 

Dass der Podophryenstiel sich wirklich zu einer den eigentlichen Körper umschliessenden 
Hülle erweitert, lehrten noch überzeugender gewisse, auf einer frühern Entwickelungsstufe stehen 
gebliebene, wahrscheinlich pathologisch veränderte Formen (Fig. 30. 31.), die ziemlich häufig in 
meiner Infusion vorkamen. Diese Formen bestanden aus einem kugligen Körper (b.) und aus 
einer ihn umschliessenden, grösstentheils frei abstehenden,, farblosen , gallertartigen Hülle (@.), 
die in einen längern oder kürzern, hohlen, trichterförmigen Stiel (a’.) ausgezogen war. Die Ober- 
fläche des eingeschlossenen Körpers (b.) war ganz glatt und scharf contourirt, so dass sie jeden- 
falls von einer besondern Membran begränzt sein musste; der Inhalt des Körpers aber stimmte 
völlig mit dem eines gewöhnlichen runden Podophryenkörpers überein. Die umschliessende 
Hülle (a.), welche wenigstens in ihrer stielförmigen Verlängerung («’.) deutlich von doppelten 
Contourlinien begränzt wurde, war in regelmässigen Abständen mit breiten ringförmigen Ein- 
schnürungen und damit abwechselnden, scharfen, parallelkreisartigen Kanten versehen; ihre 
vorderste, dem Stiele gegenüberliegende Portion ist am dünnsten und hängt fest mit der Ober- 
fläche des eingeschlossenen Körpers zusammen. Die meisten Gebilde dieser Art waren tentakellos 
(Fig. 30.); einige Male sah ich sie aber auch am vordern Ende mit zahlreichen , geknopften Ten- 
takeln versehen (Fig. 31.). In dieser Form konnte die Podophrya fixa nicht mehr verkannt werden. 

Aus diesen Beobachtungen folgt, dass der Körper aller Podophryen von doppelten, sehr 
innig an einander schliessenden Häuten begränzt sein muss, von denen die innere die eigentliche 
Körpermembran oder die Mutterblase bildet, während die äussere eine dünnwandige Cyste dar- 
stellt, die nach der einen Seite hin in einen hohlen, diekwandigern Stiel ausgezogen ist, der 
durch Berührung der Wandungen theilweis oder ganz massiv werden kann. Nach diesen Erfah- 
rungen unterwarf ich nun auch die Actinophrys einer genauen Prüfung in Bezug auf ihre Körper- 
begränzung, und ich überzeugte mich auch hier, dass eine mnere Mutterblase und eine äussere 
eystenartige Hülle zu unterscheiden sei. Ich traf nämlich hin und wieder Individuen (Fig. 27.), 
bei denen sich an der einen Seite die äussere Hülle (a.) mehr oder weniger weit blasenförmig von 
dem eigentlichen, scharf begränzten Körper (b.) abgehoben hatte. 


Diese Structurverhältnisse der Podophrya und Actinophrys weisen Su eine gemeinsame 


Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. microstoma. 145 


Grundform, auf einen und denselben Ausgangspunkt für diese beiden acinetenartigen Gebilde 
hin. Als eine solche Grundform bot sich in meiner Jauche nur der in so grosser Anzahl vorhan- 
dene Cystenzustand der Vorticella mierostoma dar. Ich richtete deshalb meine Aufmerksamkeit 
auf die in der Metamorphose am weitesten vorgerückten Vorticelleneysten, d. h. auf diejenigen, 
welche eine Mutterblase enthielten, und als ich nun eine grosse Anzahl derselben verglich, da 
fielen mir sehr beachtenswerthe Veränderungen auf, welche die Mutterblase bei vielen erlitten 
hatte. Ihr Inhalt erschien nicht mehr als die gleichförmige Körnermasse mit einem leicht erkenn- 
baren, hufeisenförmigen Nucleus und einem einzigen, unveränderlichen, hellen Hohlraum, wie 
in Fig. 21., sondern er zeigte sich viel trüber und undurchsichtiger, der Nucleus war gewöhnlich 
nicht mehr zu unterscheiden, und statt des einen runden Hohlraumes waren mehrere kleinere und 
grössere, bald rundliche, bald bisquit- und knollenförmige, bald ganz unregelmässig lappige vor- 
handen, die von einer wasserhellen Flüssigkeit erfüllt wurden (Fig. 50.). Die gröbern Körner 
der Grundsubstanz waren zum Theil verschwunden, zum Theil in kleine inselartige Gruppen zu- 
sammengedrängt; dessenungeachtet zeigte sich die ganze Grundsubstanz viel opaker. In manchen 
Cysten schien die Mutterblase bald mit sehr ungleich grossen, trüben, blasenförmigen Hohlräu- 
men, bald mit einer sehr grobkörnigen Körnermasse dicht erfüllt zu sein. In allen diesen Fällen 
machte der Inhalt der Mutterblase den Eindruck einer gleichsam in einem Gährungsprozesse be- 
sriffenen Masse, es fand offenbar ein lebhafter Stoffumsatz statt, gewisse Inhaltsbestandtheile 
wurden verflüssigt und neue feste Elemente ausgeschieden. Mit diesem Stofflumsatz im Innern 
der Mutterblase war auch eine Veränderung ihrer äussern Form verknüpft. Während sie ursprüng- 
lich die Cystenhöhle fast vollständig ausfüllte und eine glatte, ebene Oberfläche hatte, war sie 
jetzt an mehrern Stellen von der Cystenwand zurückgewichen und stark buchtig einwärts gezogen 
(Fig. 50.), während andere Stellen so bedeutend blindsackartig aufgetrieben waren, dass sie gegen 
die Cystenwandungen drängten, als wollten sie diese zum Auseinanderweichen bringen. Nicht 
selten war die Mutterblase so regelmässig eingelappt und mit so dicht gedrängt neben einander 
stehenden, fast gleich grossen, blasenförmigen Vorsprüngen versehen (Fig. 51.), dass sie ein 
brombeerartiges Ansehen bekam und einem in der Furchung begriffenen Dotter glich. 

Diese Metamorphosenstufen der Vorticelleneysten schienen sich ohne Zwang an den 
oben beschriebenen unentwickelten Zustand der Podophrya (Fig. 30.), aber auch eben so leicht 
an die Actinophrys (Fig. 27.) anzuschliessen, wenn man annahm, dass die blasenförmigen Auf- 
schwellungen der Mutterblase in den ältern Vorticellenceysten nur den Anfang zu einer noch stär- 
kern Volumenvergrösserung der Mutterblase bildeten, die zuletzt gewaltsam ausdehnend auf die 
Cystenwandungen einwirke. Wurden dann die Cystenwandungen von der sich ihr innig an- 
schmiegenden Mutterblase nach allen Seiten gleichmässig ausgedehnt, was geschehen musste, 
wenn die Cyste ganz isolirt lag, so musste die Vorticellencyste mit ihrem Inhalte in eine Actino- 
phrys übergehen. Stand aber der allseitigen Ausdehnung auf einer Seite ein Hinderniss im Wege, 
indem hier die Cyste an fremden festen Gebilden anklebte, so musste sich die gesammte Vorti- 
cellencyste zu einer länger oder kürzer gestielten Podophrya umgestalten. Dass bei der Bildung 


der Podophryen dergleichen Hindernisse vorhanden gewesen waren, konnte aus dem Umstande 


Stein, Infusorien. 19 


146 Aectinophrys und Podophrya, Acineten der Vortie. microstoma. 


gefolgert werden, dass der Podophryenstiel sehr häufig auf festen Körpern oder auf Inseln zusam- 

mengeschwemmter Körnermassen festsass, und dass auch bei den ganz frei umhertreibenden Po- 
dophryen am hintern Ende des Stieles stets ein kleines Körnerhäufchen (Fig. 32. «’.) hing, was 
darauf hindeutet, dass solche Podophryen früher auch festgesessen hatten. Auf diese Weise stellte 
sich zwischen den Cysten der Vorticella mierostoma einerseits, und den acinetenartigen Zuständen 
Aectinophrys und Podophrya andererseits, eine ununterbrochene Reihenfolge von allmählichen 
Uebergangsstufen dar, und die Frage, wie die Metamorphose der Vorticellen in ihre Acinetenform 
zu Stande komme, konnte als gelöst angesehen werden. x 

Die eben aufgestellte Lehre empfahl sich auch dadurch als naturgemäss, dass sie für 
zwei früher betrachtete Acinetenformen eine befriedigendere Deutung an die Hand gab, als dies 
bisher möglich gewesen war; ich meine nämlich die Acinetenform der Wasserlinsen (vergl. 
S. 60— 64.) und die Acinetenform der Cyclopen (8. 52—57.). Die erstern glaubte ich früher 
wegen ihres steifen, hohlaxigen Stieles, und wegen der nickenden Bewegungen des Körpers von 
der Opereularia nutans ableiten zu müssen, obgleich sie sich auf den Wasserlinsenwurzeln viel 
häufiger vorfand, als diese Opercularie, so häufig, wie allein die Vorticella nebilifera. Vergleicht 
man die Acineten der Wasserlinsen mit der Podophrya, so wird man gestehen müssen, dass die 
Uebereinstimmung beider so gross ist, dass wenn die erstere sich von der Wasserlinsenwurzel ab- 
löste, sie wohl schwerlich von einer Podophrye zu unterscheiden sein würde. M an wird daher für 
die Acinete der Wasserlinsen auch dieselbe Entstehungsweise voraussetzen müssen, die wir bei 
der Podophrye haben kennen lernen. Nun kleben aber an der Oberfläche der Wasserlinsenwur- 
zeln sehr häufig Cysten der Vorticella nebulifera, wie bereits früher hervorgehoben wurde; dehnt 
sich in diesen der in eine Mutterblase umgewandelte Vorticellenkörper der obigen Theorie ge- 
mäss aus, um in den Acinetenzustand überzugehen, so muss eine kürzer oder länger gestielte, 
hohlstielige Acinetenform entstehen. Ich trage daher jetzt kein Bedenken mehr, die Acinetenform 
der Wasserlinsen als eine Entwickelungsstufe der Vortie. nebulifera anzusehen. 

Die Acinetenform der Cyclopen stimmt wieder in der Körperform und in ihren Schwärm- 
sprösslingen so sehr mit den kurzstieligen Acineten der Wasserlinsen überein, dass man ver-. 
muthen muss, ihr immer sehr kurz und dünn bleibender Stiel entspreche nicht dem Stiele einer 
Epistylisart, sondern er sei auf dieselbe Weise entstanden, wie der Stiel der Podophryen und 
Wasserlinsenacineten, der auch in seinem untern Theile solide erscheint. In diesem Falle würde 
die Acinete der Cyclopen nur von der stets in ihrer Gesellschaft vorkommenden Zoothamniumform 
(vergl. 8. 85.), dem Oarchesium pygmaeum EurENBERG’s, abstammen können. Da dieses Infu- 
sionsthier nun grade in eben so verschiedenen Grössenverhältnissen angetroffen wird, als die in 
Rede stehende Acinete, so glaube ich nicht zu irren, wenn ich die letztern von der Zoothamnium- 
form ableite und nicht von der Epistylis digitalis, wie ich Anfangs geneigt war. 

Aber auch diejenigen Acineten, welche einen entschieden starren und soliden Stiel be- 
sitzen und die deshalb zu den Gattungen Epistylis und Opercularia gezogen wurden, wie die 
Acinetenform der Opercularia artieulata, die der Epistylis plicatilis und die diademartige Aci- 
nete, erscheinen jetzt in einem andern Lichte. Wir werden sie nämlich als actinophrysartige Bil- 


Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. microstoma. 147 


dungen auf einem Epistylis- oder Opercularienstiele anzusehen haben. Entspricht der Körper 
dieser Acineten wirklich einer Actinophrys, so muss er von einer innern zarten und einer äussern 
dickwandigen Hülle begränzt sein. Dass dies wenigstens bei der diademartigen Acinete und der 
Acinetenform der Opereul. articulata der Fall sei, habe ich schon in meinen früheren Schilderun- 
gen darzuthun versucht. Die Metamorphose einer Opercularie oder einer Epistylisart in ihre 
Acinetenform geht daher höchst wahrscheinlich auf folgende Weise vor sich. Die ihre Stöcke ver- 
lassenden Thierchen setzen sich in der Nähe derselben oder an den Seiten des Stockes selbst wieder 
fest, scheiden aus ihrem hintern Ende einen neuen längern oder kürzern Stiel aus, contrahiren 
sich auf demselben und umgeben sich dann mit einer dickern oder dünnern, ihrer Oberfläche 
innig anliegenden Gallerthülle. Nachdem sie sich innerhalb derselben in eine Mutterblase ver- 
wandelt haben, dehnt sich die letztere zu der der Acinetenart eigenthümlichen Körperform aus 
und verlängert sich an bestimmten Stellen in die Tentakeln. 

Noch muss ich einer Erscheinung gedenken, die mich, als ich zuerst auf sie aufmerksam 
wurde, nicht wenig frappirte. Ich beobachtete nämlich häufig Exemplare von Actinophrys 
(Fig. 29.), die nicht die gewöhnliche kreisförmige Gestalt hatten, sondern aus zwei an einander-, 
hängenden Halbkugeln (4. und B.) bestanden. Es war natürlich, solche Exemplare als in der 
Selbsttheilung begriffen anzusehen, wie dies auch EnrENBeErG '), der sie ebenfalls beobachtete, 
gethan hat. Eine genauere Untersuchung lehrte jedoch bald, dass an eine Selbsttheilung nicht 
zu denken sei, sondern dass vielmehr eine Conjugation zweier verschiedener Actinophrysindi- 
viduen stattfinde. Hat man nämlich ein sich theilendes Infusionsthier vor sich, so kann man 
leicht verfolgen, wie die Theilungsfurche nach und nach immer tiefer eingreift, bis zuletzt zwei 
selbstständige Individuen entstehen. Bei der doppelbrodartigen Actinophrys ist dies niemals zu 
beobachten, man mag sie noch so lange fixiren,, vielmehr wird die vermeintliche Theilungsfurche 
mit der Zeit seichter und es entsteht zuletzt ein einfacher querovaler Körper. Ferner verhält sich 
der Leibesinhalt eines sich theilenden Infusionsthieres in der einen Hälfte genau, wie in der an- 
dern. Bei der doppelbrodförmigen Actinophrys ist sehr oft das grade Gegentheil zu beobachten, 
indem die eine Hälfte (Fig. 29. B.) einen sehr opaken, grobkörnigen Inhalt, die andere (A.) einen 
sehr feinen, punktförmigen und durchscheinenden umschliesst. Auch ist häufig die eine Halb- 
kugel reichlicher mit Tentakeln besetzt, als die andere, und nicht selten enthält die eine zwei 
oder drei contractile Stellen (Fig. 43.), während die andere nur eine besitzt. Den deutlichsten 
Beweis, dass wir es wirklich mit Conjugation und nicht mit Theilung zu thun haben, liefert aber 
der Nucleus. Während nämlich bei einem sich theilenden Infusionsthiere der Nucleus desselben 
sich beträchtlich verlängert und so gelagert hat, dass er sich mit der Theilungsfurche rechtwinklig 
kreuzt, und dass seine beiden Enden in die beiden durch die Theilungsfurche angedeuteten Kör- 
perhälften hineinragen, trifft man bei der doppelbrodartigen Actinophrys stets in jeder Hälfte 


einen ganz für sich bestehenden Nucleus, der völlig dem Nucleus einer einfachen, gleich grossen 


1) Die Infusionsthiere 8. 304. ‚Die von EICHHORN zuerst beobachtete Selbsttheilung habe ich zahllose Male 
bestätigt und es schien mir nicht Längstheilung, d. h. Halbirung des Mundes zu sein.‘“ 


19 * 


148 Actinophrys und Podophrya, Acineten der Vortic. mierostoma. 


Actinophrys gleicht. Beide Nuclei zeigen zu keiner Zeit einen Zusammenhang, und sie haben 
meistens eine ganz verschiedene Lage, so dass z. B. der eine der Berührungsfläche beider Hälften 
mehr oder weniger parallel liegt, der andere aber darauf senkrecht steht, und der eine Nucleus 
der Berührungsfläche genähert, der andere davon entfernt ist. 

Eben so häufig wie die Actinophrys traf ich auch die Podophrya in Conjugation. Auch 
bier verschmelzen die Körper zweier Individuen (Fig. 40. A. und B.) zu einem bisquitförmigen 
oder querovalen Körper, der auf den beiden weit aus einander stehenden, gewöhnlich ziemlich 
parallelen oder nur mässig divergirenden Stielen (a. und b.) ruht, und auch hier sind in Bezug 
auf den gesammten Inhalt beider conjugirter Körper ganz dieselben Verhältnisse zu beobachten, 
wie bei Actinophrys. Wie will man wohl die in Fig. 40. abgebildete Form durch Theilung er- 
klären? Die Theilung einer Podophrye könnte doch nur nach der Weise der Vorticellen vor sich 
gehen; es müsste sich also der Körper auf seinem Stiele in die Quere strecken und die Theilungs- 
furche müsste in die verlängerte Richtung des Stieles fallen. Dadurch würden aber immer nur 
zwei Körper auf einem Stiele entstehen, nicht ein Körper auf zwei Stielen. Es bleibt allerdings 
noch der Ausweg, den Anfang der Theilung in den Stiel zu verlegen und sich erst diesen von 
seinem freien Ende bis zur Basis des Körpers theilen und dann den letztern bisquitförmig werden 
zu lassen; allein auch diese gewaltsame, gegen alle bekannten Thatsachen verstossende Annahme 
würde dennoch nicht ausreichen, um sämmtliche von mir beobachtete Fälle von Conjugation 
durch Selbsttheilung zu erklären. Häufig traf ich nämlich zwei Podophryen mit ungleichnamigen 
Körpertheilen conjugirt, so dass ihre Stiele bald sich kreuzten, bald sehr stark bis zur Bildung 
eines rechten Winkels divergirten. Endlich sah ich sogar bei einer spätern Beobachtungsreihe im 
Sommer 1852 nicht selten eine Podophrye mit einer Actinophrys in Conjugation (Fig. 42. und 
44.), was zugleich einen neuen Beweis liefert, dass zwischen meiner Actin. sol und der Podo- 
phrya fixa kein specifischer Unterschied bestehen kann. Die Fig. 42. zeigt eine Actinophrys (A.) 
mit dem vordern Ende einer Podophrye (B.) in Verbindung, während in Fig. 44. die Actinophrys 
mehr mit der einen Seite der Podophrye verwachsen ist. Schliesslich sei noch bemerkt, dass die 
Conjugation schon bei einer sehr geringen Grösse der Individuen zu beobachten ist, wie die zu- 
letzt erwähnten Paare (Fig. 42. und 44.) und das kleine in Fig. 43. abgebildete Actinophryspaar 
lehren; stets aber sind die in Conjugation tretenden Individuen von nahebei gleicher Grösse. 
Ueber den Zweck der Conjugation gab auch nicht eine Beobachtung irgend einen nähern 
Aufschluss. 

Auf die bei der Gattung Actinophrys stattfindende Conjugation hat zuerst KÖLLIKER !) 
aufmerksam gemacht; er entdeckte sie bei einer Art, die er als die Actinophrys sol. Ehbg. an- 
sprach, die aber nach Enrensere’s eigener Bestimmung ?) nicht diese Art, sondern die Actin. 
Eichhornii Ehbg. ist. KÖLLIKER theilt uns Folgendes über die Conjugation seiner Actinophrys 
mit: ‚‚Ueber die Reproduction von Actinophrys sind meine Beobachtungen äusserst lückenhaft. 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie von v. SIEBOLD und KÖLLIKER Band 1. $. 207. 
2) Ueber die Formbeständigkeit und den Entwickelungskreis organ. Formen $. 23. 


Aetinophrys und Podophrya, Acineten der Vortie. microstoma. 149 


EICHHORN und EHRENBERG wollen Selbsttheilung gesehen haben, allein es wird nicht gesagt, 
ob diese Forscher nur aus dem Vorkommen eingeschnürter,, bisquitförmiger Individuen auf Thei- 
lung geschlossen, oder ob sie wirklich das Entstehen zweier Thiere aus einem gesehen haben. 
Es ist dies sehr zu bedauern, da, wie man gleich hören wird , eingeschnürte Individuen von Acti- 
nophrys noch nicht für die Fxistenz der Theilung zeugen. Ich sah nämlich Folgendes. Als ich 
ein bisquitförmiges Individuum, von dem ich der Analogie nach durchaus nichts anderes erwar- 
tete, als dass es in Bälde sich theilen werde, anhaltend verfolgte, erstaunte ich nicht wenig, als 
ich dasselbe nach und nach länglichrund und endlich zu einem einfachen Individuum werden 
sah. Ich legte auf diese Beobachtung zuerst kein Gewicht und hielt einfach den Reproductions- 
versuch für missglückt; als ich aber bald nachher wieder an einem zweiten Individuum das Näm- 
liche fand, kam mir die Sache’ doch zu sonderbar vor. Ich dachte an die Conjugation der niedern 
Algen und legte mich speciell auf das Erforschen dieses Punktes. Da gelang es mir dann bald 
ohne Mühe, aber mit viel Zeitaufwand, in einem Fall zwei Anfangs vollständig getrennte Indi- 
viduen successive bis zu ihrer vollständigen Verschmelzung in ein grösseres einfaches Thier zu 
verfolgen, das durchaus von andern einfachen Thieren nicht verschieden war und von seiner Ent- 
stehung aus zweien auch nicht die geringste Spur an sich trug. Ich war nun sehr begierig, zu 
wissen, was aus demselben werden würde, und beobachtete es auch in der That einen Tag lang, 
ohne irgend etwas Eigenthümliches an demselben zu entdecken. Dann verlor ich es durch Zufall 
und konnte auch sonst, da ich meine Beobachtung aufgeben musste, die Sache nicht weiter ver- 
folgen ; in diesem Herbste wollte ich dieselben wieder aufnehmen, allein die Actinophrys war und 
blieb verschwunden, so dass ich leider die Frage, ob die beobachtete Verschmelzung zweier Indi- 
viduen in eines mit der Fortpflanzung etwas zu thun hat oder nicht, unerledigt lassen muss.‘“ 
Wer mit diesen Angaben Körrıker’s die zahlreicheren und ungleich mehr beweisenden 
Beobachtungen von mir vergleicht, auf die ich in Kürze schon in meiner ersten Infusorienab- 
handlung S. 147. hingewiesen habe, dem muss einleuchten, dass Köruıker’s Mittheilungen 
keinen Einfluss auf den Gang meiner Untersuchungen ausgeübt haben können. Gleichwohl hat 
EHRrenBerG, der auch jetzt noch in der Conjugation der Actinophrys nur Selbsttheilung erblickt, 
mir vorgeworfen '), ich habe, weil KöLLIKER bei seiner Actinophrys sol eine Conjugation gesehen 
zu haben mittheile, nun auch bei Podophrya nicht nach Selbsttheilung, sondern nach Conjugation 
gesucht und — sie gefunden. — Körrıxer’s Arbeit über die Actinophrys war im Uebrigen wenig 
geeignet, mich in meinen Ansichten über die Natur dieser Geschöpfe zu unterstützen. Zwar 
stimmte KöLLIKER darin mit mir gegen EHRENBERG überein, dass bei Actinophrys von einem 
Munde, Magenblasen und After nicht die Rede sein könne, allein feste Nahrungsstoffe sollten den- 
noch in das Innere des Actinophryskörpers aufgenommen und unverdauliche Stoffe nach aussen 
abgeschieden werden. Köruızer’s Beobachtungen zufolge kann jede beliebige Stelle der Körper- 
oberfläche vorübergehend zu einem Munde gestaltet und zur Aufnahme von Bissen benutzt wer- 
den, und eben so kann an jeder Stelle das Unverdauliche nach aussen entleert werden. Bei der 


1) Ueber die Formbeständigkeit $. 23. %“ 


150 Actinophrys und Podophr ya, Acineten der Vortic. microstoma. 


Aufnahme und Abgabe der Bissen spielt die deutlich contractile, homogene Leibessubstanz die 
Hauptrolle. Indem sie an einer Stelle sich einzieht, entsteht eine Grube, in die der Bissen hinein- 
tritt; dann nähern sich die Ränder der Grube einander und verschmelzen wieder in Folge von 
Contractionen, und der Bissen liegt im Leibe. Neue Zusammenziehungen endlich treiben den- 
selben von aussen nach innen und später in seinem unverdauten Theile wieder nach aussen. 
Diese Beobachtungen, deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, nicht der mindeste Grund 
vorlag, machten es auf den ersten Anblick sehr wahrscheinlich, dass die von KÖLLIKER so sorg- 
fältig studirte Actinophrys Eichhornii doch wohl eine selbstständige Infusorienspecies sein müsse, 
wofür sie dieser Forscher auch ohne Bedenken angesehen hatte. War dies aber wirklich der Fall, 
so schien es nicht sehr glaublich, dass so verwandte Gebilde, wie meine Actinophrys und die Po- 
dophrya fiva nur Metamorphosenstufen einer Vorticellenspecies sein sollten. Allein wie sehr auch 
Köruıker’s Beobachtungen zur grössten Vorsicht auf dem von mir betretenen Wege mahnten, so 
konnte ich doch darin keine Veranlassung finden, meine sich auf gute Gründe stützenden An- 
sichten ohne Weiteres Preis zu geben. Der feinere Bau meiner Actinophrys war von dem der 
Aetin. Eichhorniü sehr wesentlich verschieden. Ich hatte ferner im Innern der zahllosen Actino- 
phryen und Podophryen,, welche ich sehr sorgfältig untersucht hatte, eben so wenig Spuren von 
fremden, als Nahrungsmittel zu deutenden, festen Einschlüssen aufzufinden vermocht, als in den 
zum Verwechseln ähnlichen Acineten, über deren Abstammung von Vorticellinen ich nicht mehr 
zweifelhaft war. Die Actin. Eichhornii musste mir demnach bei aller äussern Aehnlichkeit mit 
den Acineten und jenen acinetenähnlichen Bildungen als eine fundamental verschiedene Infuso- 
rienform erscheinen. Sie konnte eine selbstständige Infusorienspecies sein, ohne dass es darum 
meine Actinophrys und die Podophrye auch hätten sein müssen. Denn das Thierreich bietet uns 
zahlreiche Beispiele dar, dass im Entwickelungsgange einer Species Formen durchlaufen werden, 
die mit andern ausgebildeten Thieren täuschende Aehnlichkeit haben. Nun ist aber noch keines- 
wegs bewiesen, dass die Actin. Eichhornii eine selbstständige Infusorienform ist. Wir wissen 
nicht, woher sie stammt und wohin sie führt, und dies ist Grund genug, um ihre Selbstständig- 
keit vor der Hand in Zweifel zu ziehen. Dass sie feste Nahrungsstoffe aufnimmt, stempelt sie 
noch nicht zu einer selbstständigen Infusorienform; denn Larven und Ammen thun desgleichen, 
und auch alle Acineten nehmen höchst wahrscheinlich Nahrung zu sich, wenn auch nur flüssige 
vermittelst der ganzen Oberfläche ihrer Tentakeln. Grade die höchst eigenthümliche und in der 
Infusorieuwelt einzig dastehende Weise, wie die Actin. Eichhornii ihre festen Nahrungsmittel 
ergreift und in das Innere ihres Körpers hineindrängt, muss uns auf die Vermuthung führen, 
dass auch sie nur den ruhenden Zustand irgend einer andern Infusorienform darstellen werde. 
Wenn freilich die Conjugation der Actinophryen einen Fortpflanzungsact einleitete, der zum 
Zweck hätte, neue Actinophryskeime zu erzeugen, dann sah es mit meinen Folgerungen bedenk- 


lich aus. Dass dies nicht der Fall ist, werden die in den beiden folgenden Abschnitten mitzuthei- 
lenden Thatsachen lehren. . ; 


Ueber Actinophrys Bichhorniü, A. sol u. A. oculala u. deren Conjugation. 151 


15. 


Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol und A. ocalata, und über die mehrfache 
Conjugation der letztern. 


In Berlin setzte ich von Mitte October bis zum Schluss des Jahres 1849 die Untersu- 
chung der Wasserlinsenwurzeln auf infusorielle Bewohner fort. Als ich eines Tages wieder damit 
beschäftigt war, Büschel abgeschnittener Wasserlinsenwurzeln aus einander zu spülen und unter 
einer schwachen Vergrösserung des Mikroskops vorüberzuführen, entdeckte ich zwischen ausein- 
andergespülten Wurzeln eine riesige, Ys” im Durchmesser haltende Aczinophrys, in der ich 
sofort die Actin. Bichhorniit Ehbg. eıkannte. Ich war über diesen Fund nicht wenig erfreut und 
ich ging erwartungsvoll an die Analyse dieses durch KöLuıker’s Schilderung‘) so berühmt 
gewordenen Wesens. Wie zu erwarten war, konnte ich in den meisten Punkten KöLLıker’s An- 
gaben nur bestätigen. 

Die ganze Körperoberfläche meines Exemplares war von zahllosen, unmittelbar an ein- 
anderstossenden, blasigen Auftreibungen uneben und daher die Peripherie des im Allgemeinen 
einer plattgedrückten Kugel gleichenden Körpers nicht eine einfache Kreislinie, wie KöLLıkEr 
a. a. O. Fig. 1. abbildet, sondern sie war aus neben einanderliegenden, stark vorspringenden, 
nicht ganz gleich breiten Kugelsegmenten zusammengesetzt. Jede blasige Auftreibung stellt nur 
die äussere Begränzung eines auch nach innen zu abgeschlossenen zellenartigen Raumes dar, der 
von einer wasserhellen Flüssigkeit erfüllt ist. Die Substanz, welche die aneinandergränzenden 
Hohlräume von einander trennt, gleicht ganz dem feinkörnigen Leibesinhalte anderer bewimperter 
Infusionsthiere, und deshalb dürfen, wie bereits KÖLLIker hervorgehoben hat, die einzelnen 
Hohlräume mit ihren dünnen, körnigen Wandungen nicht für Zellen gehalten werden, obgleich 
sie denselben auf den ersten Anblick sehr ähnlich sehen. Der ganze Körper besteht vielmehr aus 
einer durchaus continuirlichen, an ihrer äussern Oberfläche hautartig verdichteten Grundsub- 
stanz, in der dicht neben einander grosse, mit wässriger Flüssigkeit erfüllte Höhlungen liegen. 
Die zwei bis drei äussersten Lagen der Hohlräume, welche die Peripherie des Körpers einneh- 
men, haben den grössten Durchmesser, und sie sind nur durch ganz zarte, zellenwandähnliche 
Substanzschichten von einander getrennt; die weiter nach innen gelegenen Hohlräume sind da- 
gegen sämmtlich viel kleiner, während die sie trennenden Substanzschichten eine viel grössere 
Mächtigkeit haben, so dass hier das Körpergewebe weit dichter, zusammenhängender und von 
sparsameren Höhlen unterbrochen erscheint (an meinem Exemplare noch in einem viel höhern 
Grade, als KöLLıter in Fig. 1. bei d. abbildet). Hierdurch sondert sich der Körper sehr scharf 
in zwei Schichten, nämlich in die sehr durchsichtige, wasserklare, grossmaschige Corticalschicht, 

und in die opake, weisse, engmaschige Medullarschicht. 

Ueber die ganze Oberfläche der Corticalschicht zerstreut sitzen lange, kegelförmige, in 


eine überaus feine Spitze auslaufende, meist ganz grade ausgestreckte, öfters aber auch etwas ge- 


1) Zeitschrift für wissensch. Zoologie Band. I. 8. 198. folg. und Taf. XVII. Fig. 1—5. 


152 Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 


schwungene und gebogene Tentakeln, die sich verlängern und verkürzern können, im vollständig 
ausgestreckten Zustande aber ungefähr die Länge des Körperdurchmessers haben oder denselben 
unbedeutend übertreffen. Sie sind unmittelbare Fortsetzungen der äussersten Begränzungsschicht 
des Körpers. Wie KöLuiker sah auch ich mehrere Tentakeln eine Strecke unterhalb der Spitze 
in einen spindelföormigen Knoten angeschwollen; solche Tentakeln waren stets kürzer als die 
einfach borstenförmigen, jene Anschwellung ist daher wohl nur eine Folge der Verkürzung des 
Tentakels. 

Unter den Blasenräumen, welche die Corticalschicht zusammensetzen, zeichnen sich 
zwei der äussersten peripherischen Lage angehörige und einander ziemlich diametral gegenüber- 
liegende schon durch ihre bedeutendere Grösse, noch viel mehr aber dadurch aus, dass sie sich 
abwechselnd bedeutend aufblähen und dann plötzlich wieder zusammenfallen. Beim Ausdehnen 
tritt ein solcher Blasenraum nach und nach über die benachbarten nach aussen hervor, und im 
Zustande der grössten Ausdehnung bildet er eine über den gesammten Körperumfang hervor- 
ragende, an seinem Grunde breite, nach vorn sich verengernde, blindsackartige Warze. Der so 
hervorgestülpte Blasenraum fällt dann plötzlich zusammen und fährt mit solcher Heftigkeit tief 
in das Innere der Corticalschicht zurück, dass dem ganzen Körper eine Erschütterung mitgetheilt 
wird. Der eingezogene Blindsack erscheint jetzt als eine ganz runde, ansehnliche Blase, die mehr 
oder weniger weit in die Medullarschicht hinein versenkt zu sein scheint, wohl aber nur in dem 
über der Medullarschicht gelegenen Theil der Corticalschicht ihren Sitz hat. Die dem hervor- 
stülpbaren Blasenraume benachbarten Blasenräume werden selbst mehr oder weniger weit mit 
nach innen gezogen, und der Rand des Körpers erscheint daher vor dem zurückgezogenen Blasen- 
raum gruben- oder trichterförmig vertieft. Von den beiden projectilen Blasenräumen der Corti- 
calschicht wird in der Regel nur der eine abwechselnd so weit als möglich nach aussen hervorge- 
streckt und dann plötzlich wieder eingezogen, während der andere gegenüberliegende entweder 
eingezogen bleibt oder nur schwach hervorgestülpt und gleich wieder zurückgezogen wird. Daher 
erscheint der Körperrand, wenn der eine Blasenraum ganz ausgestülpt ist, auf der diametral ge- 
genüberliegenden Seite gewöhnlich mit einer grubenförmigen Vertiefung versehen. Doch sah ich 
auch hier bisweilen den Blasenraum gleichzeitig zum Theil hervorgestülpt. 

Die beiden contractilen Blasenräume sind schon von EHRENBERG seit 1830, angeblich 
bei Actinophrys sol, beobachtet worden, der ebenfalls blasigen Structur des ganzen übrigen Kör- 
pers wurde aber nicht gedacht '). Der am stärksten hervortretende Blasenraum wurde als Rüssel 
bezeichnet, und am Grunde desselben ein Mund angenommen, durch welchen sich der Rüssel 
nach aussen hervorschiebe. Dem Munde gegenüber sollte sich ein After befinden, wofür die vor 
dem zweiten zurückgezogenen Blasenraume gelegene grubige Vertiefung der Corticalschicht an- 
gesehen wurde. Ich habe schon erwähnt, dass der nach innen zurückgezogene Rüssel EHREN- 
BERG’S die Form einer runden Blase hat; diese ist wahrscheinlich als Mund gedeutet worden, 


wie ich aus der Figur 6.2. auf Taf. NXXI. des grossen Infusorienwerkes schliessen möchte, in 


1) Die Infusionsthiere S. 303. 


Ueher Actinophrys Eichhornü, A. sol. u. A. oculata, u. über Conjugation. 153 


der doch wohl die untere helle, blasenförmige Stelle den Mund bezeichnen soll. Zwei wirkliche, 
stets vorhandene Oeffnungen in der Corticalschicht habe ich so wenig, als KöLLıker, aufzufinden 
vermocht, und dass wir beide uns nicht mit einer oberflächlichen Untersuchung begnügt haben, 
geht schon aus unsern viel genaueren Beobachtungen der histiologischen Verhältnisse des Actino- 
phryskörpers hervor, hinsichtlich deren wir zu ganz übereinstimmenden Resultaten gelangt sind. 
Auch v. SızsoLp hat schon die beiden ein- und ausstülpbaren Blasen grade eben so beobachtet und 
aufgefasst, wie ich, und auch bereits darauf aufmerksam gemacht, dass EnrEnBErg das Hervor- 
treiben dieser contractilen Blasen für das Ausstülpen eines Rüssels angesehen habe '). v. SIEBOLD 
hielt sie für Analoga der pulsirenden Hohlräume anderer Infusionsthiere, was mir darum nicht 
annehmbar erscheint, weil mir kein Infusionsthier bekannt ist, bei dem sich die contractilen 
Stellen nach aussen hervorstülpen können. 

Auffallend ist es, dass KöLuıker ?) die Angaben EuRENBERG’s von dem Vorhandensein 
eines Rüssels und die v. SıesoLp’s von der Anwesenheit zweier contractilen Blasen bekämpft, 
während er doch in einer seiner Abbildungen die Stellen, wo die hervorstülpbaren Blasen liegen, 
deutlich genug dargestellt hat. Ich erkenne nämlich in seiner Figur 3. bei m. den Rüssel und 
bei f. den After EurEnBErg’s, und da KöLLiker an diesen Stellen feste Nahrungsstoffe eintreten 
und Unverdauliches ausscheiden sah, welche Vorgänge ich leider an meinem Exemplare nicht be- 
lauschen konnte, so glaube ich, dass die ausstülpbaren Blasen wesentlich bei der Nahrungsauf- 
nahme, und eben so beim Auswerfen von Exerementen betheiligt sind. Die von den Tentakeln 
gefangene Beute wird nämlich höchst wahrscheinlich einer der weit hervorgestülpten Blasen ge- 
nähert, bis sie mit der Oberfläche in Berührung kommt und an ihr kleben bleibt; die Blase fährt 
nun plötzlich in die Corticalschicht zurück und zieht die Beute mit sich, die anfänglich in der 
vor der zurückgezogenen Blase sich bildenden trichterförmigen Grube zu liegen kommt, später 
aber durch die wulstigen Ränder derselben in das Innere der Corticalschicht und bis in die Me- 
dullarschicht hineingedrängt wird. Mit dieser Ansicht würden auch die Beobachtungen KöLnı- 
xer’s in Einklang zu bringen sein, der ja beständig die aufzunehmenden Nahrungsstoffe zuerst 
in einer oberflächlichen Grube der Corticalschicht liegen sah ; nur würde KöLuıker den noch frü- 
hern Moment, wo statt der Grube ein blindsackartiger Vorsprung vorhanden ist, übersehen haben. 
Eine Angabe: KöLuıker’s verursacht allerdings Schwierigkeiten; derselbe hat nämlich gefunden, 
dass jede Stelle der Körperoberfläche der Actinophrys vorübergehend als Mund oder After ver- 
wendet werden kann. Diese Schwierigkeit dürfte sich nur durch die Annahme beseitigen lassen, 
dass für gewöhnlich zwar nur zwei einander gegenüberliegende Blasenräume der Corticalschicht 
hervorstülpbar sind, dass aber unter Umständen auch jeder andere Blasenraum an der Oberfläche 
des Körpers mehr oder weniger hervorgedrängt werden kann, um mit einem hier von den Ten- 
takeln erbeuteten Gegenstande in Berührung gebracht zu werden. Im Innern meiner Actinophrys 
Eichhornü war nichts von fremden Einschlüssen zu beobachten ; wohl aber sah ich in der Medul- 


1) Lehrbuch der vergl. Anatomie 8. 22. 
2) A.a. O. S. 199. und 206—7. 


‚Stein, Infusorien. 20 


154 Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata, u. über Conjugation. 


larschicht sechs kleine opake Körperchen, welche das Ansehen von Zellenkernen hatten. Es 
waren dies wohl ähnliche Gebilde, als die 10—12 zellenartigen Körperchen, welche KöLLıker in 
der Medullarschicht beobachtete !), wenigstens hatten sie dieselbe Grösse, doch waren sie völlig 
homogen und ganz und gar aus einer körnigen Masse gebildet. KöLLıker vermuthet?), dass sie 
zur Fortpflanzung in Beziehung stehen. 

Wahre selbstständige Ortsveränderungen habe ich an der Actinophrys Eichhornii nicht 
wahrzunehmen vermocht, obgleich ich mein Exemplar sehr lange fixirte. Sowohl EHRENBERG als 
KÖLLIKER nehmen selbstständige Locomotion an. EHRENBERG sagt in der Beschreibung der Act. 
sol?): Seine Bewegung ist sehr langsam, wie die eines Seeigels. Durch Lufteinnahme kann es 
auch schnell zur Oberfläche getragen werden und durch Entlassen der Luft schnell zu Boden 
sinken, wie es schon EıcHHorn sah.‘“ Als Bewegungsorgane sollen die Tentakeln benutzt wer- 
den. Eben so sagt KöLLiker *): Alle Bewegungen von Actinophrys geschehen mit äusserster 
Langsamkeit, so langsam, dass man dieselben nur bei längerem Fixiren eines Punktes, längerem 
Beobachten seiner Gestalt überhaupt, wahrnimmt. ‘“ Ferner: ‚„Am Leibe selbst bemerkt man 
Bewegungen nur bei der Aufnahme und Abgabe von Bissen und Fäces deutlich und schön, sonst 
kommen an demselben nur äusserst zarte Spuren von Contractionen zum Vorschein, so ein leises 
Hin- und Herwogen am Rande und unbedeutende Zuckungen hie und da. Auch schien mir das 
Thier die Fähigkeit zu besitzen, seine ganze Leibesgestalt etwas zu verändern und im Stande zu 
sein, sich zu expandiren und in toto zu contrahiren. Grössere energische Bewegungen kommen 
gar nicht vor, und es ist mir daher durchaus noch unbekannt, wie das Thierchen es anstellt, um 
sich vom Orte zu bewegen. Dass es sich dabei activ verhält, scheint mir unzweifelhaft, denn ich 
fand z. B., dass, als ich ein Gefäss mit Aetinophrys in eine flache Glasschüssel ausgoss, dieselben 
anfänglich alle am Boden hie und da zerstreut waren, später jedoch, nach etwa 12—24 Stunden, 
ohne Ausnahme an der Oberfläche, und zwar am Rande der Schüssel flottirten.‘‘ 

Mit diesen Beobachtungen KÖLLIKEr’s stimmen die meinigen im Wesentlichen überein ; 
ich sehe darin aber nichts, was für eine selbstständige, stetige, wenn auch noch so langsam fort- 
schreitende Ortsveränderung spräche. Wäre eine solche vorhanden, so müsste man doch sehen, 
wie es die Actinophrys anstellt, um von der Stelle zu kommen; das ist aber'nicht der Fall, wie 
KöLuıker selbst gesteht. Dass die Tentakeln zum Gehen dienten, wie EHRENBERG 'angiebt, dem 
neuerlich auch Coux °) beigetreten ist, konnte weder KöÖLLIKER noch ich bestätigen. Die ver- 
meintlichen Ortsbewegungen dürften sich aber wohl durch die beiden hervorstülpbaren Blasen- 


räume erklären lassen. Diese fahren, wenn sie eine Zeit lang ausgestülpt waren, mit’ einer sol- 


1) A.a. O. 8. 200. und Taf. XVIL. Fig. 5. f. 

2) Ebendaselbst $. 208. 

3) Die Infusionsthiere $. 303. 

4) A. a. O. S. 205—6. 

5) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band. III. 8. 66. ‚Die Bewegung der Actinophrys geschieht 
mit Hülfe der Strahlen, welche ein solches Thierchen in weiter Linie vorausschickt, bis dasselbe einen Anheftungs- 
punkt findet, von dem aus es in beständiger Verkürzung der Strahlen seinen ganzen Körper nachzieht.* 


Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 155 


chen Heftigkeit in die Corticalschicht zurück, dass davon der ganze Körper einen Rückschlag 
empfängt. Hierdurch wird der Ort, welchen die Actinophrys zuvor einnahm, ein klein wenig 
verändert, und der Körper zeigt noch einige Augenblicke das leise Hin - nnd Herwogen am Rande 
und die unbedeutenden Zuckungen, von denen KöLLIker spricht. Diese Bewegungen kann man 
aber doch nicht wohl in die Kategorie selbstständiger Ortsbewegungen stellen. Sie fehlen den 
actinophrysartigen Zuständen der Vorticella microstoma gänzlich, weil diese keine hervorstülp- 
baren Blasenräume haben. Dass Individuen der Actin. Bichhornii, welche Anfangs auf dem 
Boden eines Gefässes ruhten, später an der Oberfläche erschienen, beweist noch kein Locomotions- 
vermögen; denn wir beobachten bei ganz starren einzelligen Algen, die gar keinen contractilen 
_ Körpertheil besitzen, dasselbe. Ob Eurensere’s Erklärung von dem Steigen und Sinken der 
Actinophrys, die KöLLIKER verwirft, richtig ist, muss ich dahin gestellt sein lassen. 

Ungeachtet der eifrigsten und lange fortgesetzten Nachsuchungen war ich doch nicht 
so glücklich, auch nur noch ein eben so grosses Exemplar der Actin. Eichhornii aufzufinden. In- 
dessen begegneten mir zwischen Wasserlinsen doch noch zwei, wahrscheinlich zu derselben Art 
gehörige Exemplare , die jedoch kaum den fünften Theil der Grösse des zuerst aufgefundenen 
hatten; sie hatten nur %5”” Durchmesser. Ihr Körper zeigte dieselbe blasig aufgetriebene Ober- 
fläche, denselben Gegensatz von Cortical- und Medullarschicht, dieselben ausstülpbaren Blasen 
und dieselben, dem Körperdurchmesser an Länge gleichkommenden, fein zugespitzten, kegelför- 
migen Tentakeln. Fremde Einschlüsse beobachtete ich auch hier nicht; dagegen enthielt die Me- 
dullarschicht einen einzigen, sehr deutlichen, runden Nucleus. Dieser hatte Aehnlichkeit mit 
einer kernhaltigen Zelle; denn er war bis auf eine schmale, von zwei wellenförmigen Contour- 
linien begränzte Rindenschicht hohl und enthielt einen ansehnlichen, wenigstens zwei Drittel 
der Höhlung ausfüllenden homogenen, feinkörnigen Nucleolus. 

Wenn nun die Actin. Bichhornü, wie nach den eben mitgetheilten Erfahrungen nicht. 
wohl bezweifelt werden kann, in so sehr verschiedenen Grössen vorkommt, so fällt ein Character 
aus der Diagnose, welche EurEnBERG von dieser Art giebt '): Act. Eichhornü corpore globoso 
albo magno, radiis expansis diametro corporis brevioribus, conieis. Magn. "," weg, nämlich die 
Grösse. Eine nähere Beschreibung hat EnrengBer nicht gegeben; dass er aber unter dem Na- 
men Act. Eichhornii das von KöLzıker als Act. sol abgebildete Geschöpf gemeint hat, wissen 
wir aus seiner eigenen Erklärung ?). Wir wissen ferner, dass die relative Länge der Tentakeln in 
Bezug auf den Körperdurchmesser keine constante Grösse sein kann, da sämmtliche Tentakeln 
bald mehr, bald minder weit ausgestreckt sind (KöLLıker fand sie länger als den Körperdurch- 
messer, EHRENBERG kürzer, ich von gleicher Länge), mithin können auch die Worte der Dia- 
gnose: radüs diametro corporis brevioribus keinen specifischen Character enthalten. Da endlich 
auch die Act. sol einen weissen runden Körper hat, so bleiben als wesentliches Kennzeichen der 
Act. Eichhornii nur die conischen Tentakeln übrig. 


1) Monatsberichte der Berliner Academie der Wissenschaften vom Jahre 1840. S. 198. 
2) Ueber die Formbeständigkeit S. 23. 


20* 


156 Ueber Actinophrys Eichhorniü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 


Was wird nun aber aus der Actin. sol? Unter diesem Namen hat EHRENBERG im grossen 
Infusorienwerk S. 303. zugleich auch die Act. Bichhornüt begriffen , die erst später (1840) davon 
getrennt wurde, wie dies mit völliger Sicherheit aus dem Citate der Arbeiten des Pastor EıcH- 
HORN und aus speciell daraus mitgetheilten Beobachtungen hervorgeht, die doch nur die Act. 
Eichhorniü zum Gegenstande haben. EnrenxgerG hat leider unterlassen, als er die Act. Bich- 
hornü von Act. sol abschied, nun auch eine neue Diagnose für Act. sol zu entwerfen; die alte 
(corpore globoso , albido , radiis diametro corporis aequalibus, rarioribus) ist so unbestimmt, dass 
sie eben auf beide Actinophrysarten passt. Wir würden daher gar nicht wissen, was man unter 
der Act. sol zu verstehen hat, gäbe nicht glücklicher Weise der Passus in der Beschreibung der 
Act. sol: ‚Die Strahlen sah ich am Ende mit einem Knöpfchen versehen ‘“ im Verein mit der 
wesentlichsten Bestimmung in der Diagnose der Act. Eichhornii ‚‚radiis conieis‘‘ den gewünschten 
Aufschluss. In der Form der Tentakeln liegt also der wesentliche Unterschied zwischen beiden 
Actinophrysarten. Die mit conischen Tentakeln ist die Act. Eichhorniül, die mit am Ende ge- 
knopften Tentakeln ist die Act. sol. Da nun EurrnBeEkrc in seinen Abbildungen auf Taf. XXXTI. 
bei Fig. 6. nur Formen mit conischen Tentakeln abbildet, so können diese nicht, wie die Unter- 
schrift angiebt, die Acz. sol, sondern nur junge Exemplare der Act. Eichhornü darstellen, und 
daher ist KöLuıker sehr zu entschuldigen, dass er, allein auf Eurengere’s Abbildungen sich 
stützend, die von ihm beobachtete Actinophrys Eichhornü als A. sol bestimmte. Eben so haben 
auch v. SıEBoLD !) und Coun ?) die Act. Eichhornü für A. sol genommen. 

Die wahre Act. sol wird noch näher zu bestimmen sein, wenn wir EHRENBERG’s Angaben 
über das Vorkommen der A. sol des grossen Infusorienwerkes genauer ins Auge fassen. EHRENBERG 
sagt in der Beschreibung der letztern: ‚‚An der staubigen Oberfläche der Infusionen oder auch 
in ähnlichen Verhältnissen im Freien lebt dieses Thierchen sehr zahlreich das ganze Jahr hin- 
durch in und bei Berlin. Im April 1827 fand ich es besonders zahlreich mit Monas pulvisculus.““ 
Das Vorkommen im Freien kann sich nur auf die Act. Bichhornii beziehen, die KÖLLIKER und 
ich in Gräben zwischen Wasserlinsen und in Gesellschaft kleiner Entomostraceen beobachteten. 
Käme die A. Eichhornii in Infusionen vor, so wäre sie mir schwerlich erst so spät bekannt ge- 
worden ; dagegen ist in den Infusionen innerhalb Berlins grundgemein und grade, wie EuREN- 
BERG angiebt, sehr häufig in Gesellschaft der Monas (Chlamydomonas) pulvisculus zu beobachten 
eine Actinophrys mit geknopften Tentakeln. Dies ist eben die Form, welche im vorigen Paragra- 
phen sammt der Podophrya fixa als Acinetenzustand der Vorticella mierostoma in Anspruch ge- 
nommen wurde. Es wird daher von jetzt ab gerechtfertigt sein, nur für diese Formen den Namen 
4A. sol so lange in Anwendung zu bringen, bis EHRENBERG zeigt, dass er nicht diese Form ge- 
meint habe. Ist aber meine Actinophrys die wahre Act. sol, so ergeben sich ausser der verschie- 
denen Tentakelform noch weitere, sehr wesentliche Unterschiede zwischen A. sol und A. Eich- 


1) A. a. 0.8.22. 


2) Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur 1850. $. 37. und Zeitschrift für wis- 
senschaftliche Zoologie Band. III. S. 65. 


Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 157 


hornü. Nur bei letzterer zeigt die Körpersubstanz das eigenthümliche blasig-- zellenähnliche Ge- 
füge, auf welches KöLLıkEr zuerst aufmerksam machte, sie allein ist mit den hervorstülpbaren 
Blasen (Rüssel) versehen, sie allein vermag nach den übereinstimmenden Beobachtungen von 
EicHHoRN, EHRENBERG und KÖLLIkER feste Nahrungsstoffe aufzunehmen. Die A. sol dagegen 
hat einen ganz gleichartigen körnigen Körperinhalt, ist von doppelten Membranen umschlossen, 
zeigt niemals eine hervorstülpbare Blase und nimmt nie feste Nahrungsstoffe auf. 

Diese lange systematische Exposition war nothwendig, weil EHuRENBERG selbst in seiner 
Kritik meiner Beobachtungen ein so grosses Gewicht auf die A. Eichhornü gelegt und sie mir 
entgegengehalten hat, um an ihr zu lernen, dass die Actinophrysarten und darum auch die so 
nahe verwandten Acineten mit einem Munde versehen seien, dass sie feste verschluckte Nah- 
rungsmittel enthielten, und dass ich wohl nur diese für Schwärmsprösslinge gehalten habe '). 
Die A. Eichhorniü hat nun die gewünschte Berücksichtigung gefunden, ohne dass dadurch ein 
Schatten auf die Zuverlässigkeit meiner früheren Beobachtungen gefallen wäre. Wohl aber hat 
sich ergeben, dass unsere Kenntniss der Actinophrysarten noch mangelhaft ist, dass sie noch 
nicht scharf genug bestimmt sind, und dass wir sie jedenfalls in zwei ganz verschiedene Katego- 
rien, nämlich in fressende und in nicht fressende trennen müssen. Erstere können möglicher 
Weise selbstständige Infusorien sein, wiewohl mir dies doch sehr unwahrscheinlich vorkommt, 
letztere sind es sicherlich nicht, sondern sie gehören in den Entwickelungskreis der Vorticellen. 
Berücksichtigen wir den grossen Abstand der fressenden A. Eichhorni von allen übrigen, feste 
Stoffe aufnehmenden Infusionsthieren und ihre bei aller Verschiedenheit doch so grosse Verwandt- 
schaft mit meiner A. so/, so dürfen wir uns wohl der Ansicht hingeben, dass sich auch die fres- 
senden Actinophrysformen wohl noch einmal als Acinetenzustände gewisser Infusorien aus- 
weisen werden. 

Im Herbst des Jahres 1852 lernte ich im Wasser der Ostsee, welches ich mir von Stral- 
sund nach Tharand hatte schicken lassen, eine noch unbeschriebene fressende Actinophrys ken- 
nen, die in mehrfacher Beziehung von grossem Interesse ist. Ich schalte die Schilderung dieser 
Art, welche ich einstweilen unter dem Namen Actinophrys oculata festhalten will, gleich hier 
ein. Sie wurde von mir während des Octobers und Novembers in sehr zahlreichen Exemplaren 
beobachtet, und noch im Frühjahr 1853 fanden sich in dem überwinterten Meereswasser hin und 
wieder einige, wenn auch etwas verkümmerte Individuen. In Gesellschaft der A. oculata lebten 
fast nur Mitglieder aus den Familien der Oxytrichinen und Euploten EurEnBEre’s und zwar zum 
Theil ebenfalls in grossen Schaaren von Individuen. Am häufigsten zeigte sich ein Euplotes der 
mit B. appendieulatus Ehbg..?) und Ploesconia longiremis Diyard.?) identisch sein dürfte. 
Diese Art traf ich nicht selten in einem ruhenden, sehr stark kuglig contrahirten Zustande. Auch 


schien mir noch eine sehr dünnhäutige Cystenhülle den contrahirten Körper zu umschliessen. 


1) Ueber die Formbeständigkeit S. 23. 
2) Die Infusionsthiere S. 379. und Taf. XLII. Fig. XII. 
3) Infusoires p. 442. und Pl. 10. Fig. 8. 


‘ 


158 Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 


Ferner fand ich häufig die Ploesconia seutum Diyard.*), die jedenfalls künftig eine eigene Gat- 
tung bilden muss, für welche man den Namen Ploesconia, der sonst mit Euplotes Ehbg. synonym 
ist, beibehalten könnte; denn die Ploesconia seutum ist nicht bloss wie Euplotes, auf der Bauch- 
seite des hintern Körperendes mit griffelartigen Wimpern besetzt, sondern auch auf der Rückseite, 
und sie hat auch noch sonst viel Eigenthümliches. Eben so häufig als P7. scutum waren sehr aus- 
gebildete Exemplare der auch im süssen Wasser häufig vorkommenden Aspidisca Iynceus Ehbg.), 
die ich genau genug studirt habe, um mit Sicherheit aussprechen zu können, dass sie mit Un- 
recht aus der Familie der Euploten ausgeschlossen und zu einer eigenen Familie erhoben wurde, 
die einen sehr unnatürlichen Platz neben den Colpoden erhielt. Endlich war auch in meinem 
Seewasser eine Oxytricha nicht selten, die ich jedoch nicht genau zu bestimmen vermochte. 
Ueber diese und andere Meeresinfusorien werde ich mich gelegentlich an einem andern Orte 
verbreiten. 

Die Actinophrys oculata (Taf. V. Fig. 25.) hat einen kugligen, mehr oder weniger ab- 
geplatteten Körper, der auf seiner ganzen Oberfläche mit blasenförmigen, in concentrische Kreise 
geordneten Erhöhungen versehen ist, und der daher an seinem Rande ziemlich regelmässig wel- 
lenförmig gekerbt erscheint. Von den blasenförmigen Höckern entspringen die starken, borsten- 
förmigen, am Ende fein zugespitzten Tentakeln (a. «.), die höchstens dem Durchmesser des Kör- 
pers an Länge gleichkommen, und nur an kleinen Individuen merklich länger angetroffen werden. 
Die äussere Begränzung des Körpers bildet eine ganz homogene, durchsichtige gallertartige, 
ziemlich diekwandige Schicht (b. b.), unter deren Erhöhungen am Rande querovale, sehr ver- 
schieden grosse Hohlräume (e. e.) liegen, die mit einer wässrigen Flüssigkeit erfüllt sind. Diese 
Hohlräume sind nicht contractil, sie können aber, wahrscheinlich durch Wasseraufnahme, all- 
mählich zu kugelförmigen Höhlen von beträchtlichem Umfange (d.) aufschwellen, die einen 
grossen blasenförmigen Vorsprung nach aussen verursachen. Niemals fallen diese erweiterten 
Hohlräume plötzlich zusammen, um sich bald nachher wieder nach aussen hervorzustülpen, wie 
dies bei den zwei projectilen Blasenräumen der A. Eichhornüi der Fall ist; sondern sie sind ganz 
starr, und schliessen in der sie erfüllenden Flüssigkeit häufig von aussen aufgenommene, feste 
Körper ein. Die Hohlräume unter der äussern Körperschicht sind nicht immer so deutlich aus- 
geprägt, wie an dem in Fig. 25. abgebildeten Exemplare; oft bemerkt man sie nur an einzelnen 
Punkten des Körperrandes, während sie an andern ganz fehlen, oder doch nur als ganz schmale, 
halbmondförmige Lücken angedeutet sind. 

Die innere Körpersubstanz sondert sich ganz scharf in eine Corticalschicht (Fig. 25. e. 
und 26. e.), und in eine Medullarschicht (Fig. 25. f. und 26. f.). Die Corticalschicht, welche 
theils unmittelbar an die äussere Körperhülle (.) gränzt, theils von derselben durch die Zone 


der Hohlräume (e.) getrennt wird, hat ein gelbgraues Ansehen und besteht aus der gewöhnlichen 


1) Infusoires p. 437. und Pl. 10. Fig. 7. Ich beobachtete aber nur die unter Fig. 7. b. e. abgebildeten 
Formen, von welchen jedenfalls die unter 7. a. abgebildete als eine ganz verschiedene Art zu trennen ist. 
2) Die Infusionsthiere S. 344. und Taf. XXXIX. Fig. 1. 


Ueber Actinophrys Bichhormü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 159 


. 


Sarcode mit feinern oder gröbern Fettkörnchen. Die Nahrungsstoffe liegen nur in Höhlungen 
der Corticalschicht und dringen nie in die Medullarschicht ein. Letztere schimmert schon ohne 
künstliche Behandlung als eine bläulichweisse Kugel, welche die Mitte des Körpers einnimmt, 
aus dem Innern desselben hervor. Sie besteht aus einer dichtern, inniger zusammenhaltenden 
und, wie es scheint, feinkörnigern Substanz, die aber nach aussen ohne recht scharfe Gränzen in 
die Corticalschicht übergeht. In ihrer Mitte liegt der nie fehlende Nucleus (Fig. 25. g. u. 26. g.) 
eingebettet, den man aber erst beim Quetschen der Actinophrys oder am schärfsten nach Behand- 
lung derselben mit verdünnter Essigsäure (Fig. 26. und 27.) erkennt. Er erscheint dann bei An- 
sicht der mittlern Horizontalebene des Actinophryskörpers als eine runde, wasserhelle, kernhal- 
tige Zelle, welche von einem dichten trüben Hofe (der Medullarschicht) umgeben wird. Oft tritt 
bei Einwirkung der Essigsäure die Medullarschicht so zurück, dass der Nucleus völlig isolirt 
wird (Fig. 28.), und man sieht dann, dass er eine ziemlich dicke, von doppelten, welligen Con- 
tourlinien begränzte Wand hat. Der in der Mitte seiner Höhlung gelegene Nucleolus ist ein nicht 
scharf begränztes, rundliches oder eckiges, nebelartiges Häufchen feiner Pünktchen, das nicht 
von einer eigenen Membran begränzt zu werden scheint. Bei den meisten Individuen von A. oeu- 
lata betrug der Querdurchmesser des Körpers Ys — Ys5”’, der des Nucleus Y4s5”” und der des 
Nucleolus Y/50”’. Die kleinsten Individuen hatten ss”, die grössten Y-”’ im Durchmesser. 
Auch bei dieser Actinophrysart vermochte ich durchaus keine selbstständigen Ortsbe- 
wegungen, noch überhaupt deutliche Contractionen des gesammten Körpers wahrzunehmen. Nur 
die Tentakeln vermögen sich auf die gewöhnliche Weise langsam zu verkürzen und zu verlängern ; 
sie ergreifen auch häufig mit ihnen in Berührung kommende Infusorien,, indem sie plötzlich ihre 
divergirende Stellung aufgeben und sich mit Heftigkeit um das zu fangende Thier zusammen- 
neigen. Selbst hierbei verändern sich die Köpercontouren kaum merklich, und die Tentakeln 
bleiben gerade ausgestreckt; sie kreuzen sich vielfach um das zwischen ihnen hängende Thier, das 
nach kurzer Zeit abstirbt. Auf diese Weise wurden nicht selten der Euplotes appendiculatus und 
selbst die sehr kräftige und in ihren Bewegungen ausserordentlich gewandte Ploesconta vannus eine 
Beute der Actinophrys. Beide Infusionsthiere sind vielleicht zur Aufnahme in den Actinophrys- 
körper zu gross; sie wurden wenigstens nicht näher an die Körperoberfläche herangezogen , son- 
dern blieben zwischen den Tentakeln hängen. Möglicher Weise ist aber zum eigentlichen Ver- 
schlingungsacte eine so lange Zeit erforderlich, dass ich ihn nur deshalb übersah, weil ich die 
Actinophrys nicht anhaltend genug fixirte. Individuen mit verschluckten Nahrungsstoffen , die 
stets in grossen mit Wasser erfüllten Vacuolen (Fig. 25. d.) liegen, beobachtete ich sehr oft; den 
Act der Nahrungsaufnahme selbst aber vermochte ich nicht zu belauschen. Jedenfalls erfolgte 
dieser auf eine ganz ähnliche Weise, wie es Köruıiker bei A. Eichhornit beschrieben hat, da nir- 
gends eine eigentliche Mundöffnung zu entdecken ist. Zwei Thatsachen sprechen für diese An- 
sicht. Häufig sah ich nämlich einen oder mehrere benachbarte peripherische Blasenräume sehr 
stark aufgeschwollen und blindsackartig nach aussen hervorgedrängt. Nicht minder häufig beob- 
achtete ich am Rande des Körpers einen beutel- oder zapfenförmigen Vorsprung (Fig. 25. A.), 


in den auch die Corticalschicht des Körperinhalts eindrang, und der auf seiner Oberfläche mit 


160 Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 


mehreren divergirenden Tentakeln besetzt war. Wahrscheinlich werden beiden Arten von Vor- 
sprüngen die von den benachbarten Tentakeln ergriffenen festen Nahrungsstoffe genähert, und 
wenn sie mit ihnen in Berührung gekommen sind, ziehen sich die Vorsprünge allmählich nach 
dem Körper zurück und stülpen sich grubenförmig nach innen ein. Ueber der Grube, in welcher 
jetzt die Nahrung liegt, werden sich alsdann die vordern Ränder derselben nähern, bis sie sich 
berühren und mit einander zu einer continuirlichen Schicht verschmelzen. 

Wie ausserordentlich leicht eine solche Wiedervereinigung auseinandergedrängter Theile 
des Actinophryskörpers muss stattfinden können, das lehren recht überzeugend die überaus häufig 
zu beobachtenden Conjugationen nicht bloss von zweien, sondern sogar von mehreren Individuen 
der A. oculata. Ich habe bis sieben Individuen mit einander in Conjugation getroffen; fast eben 
so häufig als die Conjugation von zweien Individuen, sind die von dreien (Fig. 26. A. B. €.) 
und vieren (Fig. 27. A. B. ©. D.). Sind zwei Individuen mit einander conjugirt, so bilden sie 
einen bisquitförmigen Körper; treten drei zusammen, so folgen sie entweder in grader Linie 
(Fig. 26.) oder in einem mehr oder weniger gekrümmten Bogen auf einander; vier Individuen 
vereinigen sich oft zu einer regulären quadratischen Figur mit vorspringenden abgerundeten Ecken 
(Fig. 27.), oder sie sind paarweis so gegen einander verschoben, dass, wenn man ihre Mittel- 
punkte durch grade Linien verbindet, ein ziemlich spitzwinkliger Rhombus entsteht. Mehr als 
vier Individuen bilden ganz unregelmässige Gruppen. Wie auch die Conjugation stattfinden mag, 
nie tritt eine wirkliche Verschmelzung der einzelnen Individuen zu einem einzigen, grössern, ein- 
fachen ein, sondern auch nach vollendeter Conjugation sieht man die Individuen ihrer Haupt- 
masse nach noch vollständig gesondert und nur in ihren äussersten peripherischen Schichten mit 
einander vereinigt. Die Conjugation unserer Actinophrys ist also eigentlich nichts weiter, als eine 
organische Vereinigung zweier oder mehrerer Individuen zu einem Familienstocke. An einer 
Gruppe conjugirter Individuen treten die letztern sogleich als kugelförmige, mit einem milch- 
weissen Centrum versehene Auftreibungen aus der gemeinsamen, flach ausgebreiteten Substanz 
hervor. Das milchweisse Centrum ist die Medullarschicht, aus der bisweilen schon ohne künst- 
liche Behandlung der zellenartige Nucleus hervorleuchtet, den Essigsäure augenblicklich ganz 
deutlich macht. 

Sind die conjugirten Individuen in linearer Richtung an einandergereiht, so hängen sie 
nur durch eine kurze, bandförmige, in der Mitte eingeschnürte Commissur (Fig. 26. b.) zusam- 
men, die aus derselben Substanz besteht, wie die Corticalschicht der Einzelthiere. Sind dagegen 
die Individuen zu einer flächenartigen Gruppe zusammengetreten, so sind sie durch eine oft sehr 
stark entwickelte Zwischensubstanz (Fig. 27. a. @.) verbunden, welche den ganzen zwischen 
ihnen gelegenen Raum continuirlich erfüllt, nach aussen aber zwischen je zwei benachbarten In- 
dividuen bogenförmig ausgeschnitten endet. Die ganze, frei nach aussen gewendete Oberfläche der 
einzelnen Individuen ist auf die gewöhnliche Weise dicht mit Tentakeln besetzt, die in unseren 
Figuren nur am Rande und in dem zusammengeschrumpften Zustande angegeben sind, wie sie 
nach Behandlung mit Essigsäure erscheinen. Die einander zugekehrten, in die Zwischensubstanz 
übergehenden Oberflächen der einzelnen Individuen tragen entweder gar keine oder doch nur 


Ueber Actinophrys Bichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 161 


sehr vereinzelte Tentakeln. Auch die Zwischensubstanz ist tentakellos; nur an ihrem freien Rande 
sind bisweilen einzelne entwickelt. 

Das sparsame Vorkommen oder gänzliche Fehlen der Tentakeln auf den einander zuge- 
kehrten Oberflächen conjugirter Individuen erklärt sich aus dem Conjugationsacte, den.ich in 
allen Stadien beobachtet habe. Stossen zwei Individuen auf einander, was meines Erachtens nur 
durch äussere Ursachen veranlasst wird, da ich den Actinophryen ein Locomotionsvermögen nicht 
zuerkennen kann, so wirren sich die Tentakeln der einander zugekehrten Seiten grade so durch 
einander, wie wenn sie ein fremdes Thier erbeuten wollten. Auf diese Weise bleiben sie an ein- 
ander hängen, und die Verbindung wird bald dadurch noch inniger, dass einzelne Randtentakeln 
des einen Thieres sich stark verkürzen und verdicken, dann in grader Richtung nach dem ihm 
zugekehrten Rande des andern Thieres hinübersetzen und mit demselben verschmelzen. So ent- 
steht nach und nach zwischen beiden Rändern eine leiterartige Commissur, die aus wenigen, 
dünnen und durch ansehnliche Zwischenräume von einander getrennten Strängen besteht, wäh- 
rend die übrigen Tentakeln , welche auf den einander zugekehrten Hälften beider Thiere stehen, 
sich bis zu unscheinbaren Höckern verkürzen, und mit der Corticalsubstanz der respectiven In- 
dividuen verschmelzen. Nun dehnen sich die Stränge der Commissur durch in sie eindringende 
Corticalsubstanz in die Breite aus und verkleinern dadurch die zwischen ihnen gelegenen Maschen. 
Auf dieser Entwickelungsstufe befindet sich in Fig. 26. die Commissur e. ec. zwischen dem Indi- 
viduum A. und dem Individuum B., während dieses letztere bereits durch eine vollständige Com- 
missur (b.), die durch seitliche Verschmelzung der sich immer mehr verbreiternden Stränge ent- 
steht, mit dem Individuum (©. verbunden ist. 

Auf ähnliche Weise findet nach den Beobachtungen von F. Coux !) der Conjugationsact 
bei Actinophrys Eichhornü statt. Er hat uns darüber Folgendes mitgetheilt: ‚‚Ich beobachtete 
oft längliche in der Mitte mehr oder minder eingeschnürte Formen, welche der Eurengerg@’schen 
Actinophrys difformis”) entsprachen, und auch solche von bisquitförmiger Gestalt; doch bleibt 
es bei diesen Gebilden natürlich ohne Verfolgung der weitern Entwickelungsgeschichte zweifel- 
haft, ob hier Theilung oder Conjugation stattfinde. - Eine unmittelbare Verfolgung des Copula- 
tionsprozesses gelang mir erst, als ich unter Draparnaldia, welche im Bassin eines hiesigen öf- 
fentlichen Springbrunnens wächst, das Sonnenthierchen in grosser Masse aufgefunden hatte. 
Hier sah ich mehrmals zwei benachbarte Individuen sich einander mehr und mehr nähern, so dass 
sich ihre Strahlen netzförmig verflochten, dann entwickelten sich an beiden Seiten blasenartige 
Fortsätze, die mit einander verschmolzen, worauf die Thierchen endlich an der Berührungsstelle 


sich abplatteten und einen einfachen Körper darzustellen schienen.‘“ In den letztern Worten liegt 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie von v. SIEBOLD und KÖLLIKER. II]. S. 66. 

2) Auch ich kann in der Aetin. difformis von EHRENBERG (die Infusionsthiere $S. 304. und Taf. XXXI. 
Fig. VIII. 1. 2.) nicht eine besondere Actinophrysart, sondern nur zwei (Fig. VII. 1.) oder vielleicht drei (Fig. 
VIII. 2.) mit einander conjugirte jüngere Individuen der A. Bichhornü erkennen. Derselben Ansicht ist auch A. 
Braun (Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngung $. 304. Anmerkung). Die A. difformis gehört daher 
ohne Zweifel zu der Zahl der einzuziehenden Infusionsthiere. 


Stein, Infusorien. 91 


162 Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata u. deren Conjugation. 


schon ein leiser Zweifel gegen die totale Verschmelzung der conjugirten Individuen ausgesprochen, 
die KÖLLIKER in einem Falle beobachtet haben wollte. Auch aus den anderweitigen Angaben 
Conx’s a. a. O. geht hervor, dass er an dem durch die Conjugation entstandenen Körper stets 
noch die Gränzen der einzelnen Individuen beobachten konnte. Ich muss, auf Hunderte von 
Beobachtungen und auf sorgfältiges Studium des Körperinhalts gestützt, noch einmal mit Nach- 
druck hervorheben, dass durch die Conjugation sowohl bei Actin. oculata, als bei meiner A. sol 
und der Podophrya fixa nur eine Verschmelzung zweier oder mehrerer Individuen vermittelt 
wird, die äusserlich bleibt, den eigentlichen Herd der Individualität gar nicht berührt und sich 
am allerwenigsten auf die Nuclei erstreckt. Für die richtige Deutung des Conjugationsprozesses 
der Actinophrys ist dieser Umstand von Wichtigkeit. 


Auch nach vollendeter Conjugation fahren die einzelnen Individuen fort, mit ihren, den 
ganzen äussern Umfang des gemeinsamen Körpers beherrschenden, strahlenförmig ausgebreiteten 
Tentakeln fremde Körper, welche mit denselben in Berührung kommen, zu ergreifen und sie ent- 
weder in die Corticalschicht ihres eigenen Körpers oder in die gemeinsame Zwischensubstanz 
hineinzudrängen. Ich traf nämlich häufig in dem frei nach aussen gekehrten Abschnitte der Cor- 
ticalschicht einzelner conjugirter Individuen eine ähnliche, grosse, mit Nahrungsstoffen erfüllte 
Vacuole, wie in Fig. 25. bei d.; auch sah ich am freien Rande aller Individuen die gewöhnlichen 
kleinern Blasenräume (Fig. 27. b. 5.) mehr oder weniger stark entwickelt und hin und wieder 
zeigte sich ein ähnlicher zapfenförmiger Vorsprung, wie in Fig. 25. bei. Ganz besonders häufig 
war aber die Zwischensubstanz mit Nahrungsstoffe einschliessenden Vacuolen versehen. So wird 
in der Vierlingsgruppe Fig. 27. das Mittelfeld der Zwischensubstanz von einer sehr umfangreichen 
Vacuole (d‘.) eingenommen, in der zwei grosse derbhäutige ‚ rundliche Körper (x. und x’) und 
zwischen denselben zwei kleinere liegen. Ausserdem befindet sich am Rande der Zwischensub- 
stanz zwischen je zwei benachbarten Individuen noch eine kleinere Vacuole, von denen die eine (d.) 
drei ovale, scharf begränzte Körperchen und mehrere feinere und gröbere Köruchen enthält, die 
drei andern (c. e. c.) aber bloss mit einer wässerigen Flüssigkeit erfüllt sind. Diese gewöhnlich 
am äussern Rande der Zwischensubstanz vorhandenen Blasenräume scheinen vorzugsweise die 
Nahrungsaufnahme zu vermitteln, da sie mehr oder weniger warzenförmig nach aussen vorsprin- 
gen. Vor ihnen liegen in dichter Kreuzung die von den einander zugekehrten Aussenrändern der 
beiden benachbarten Individuen entspringenden Tentakeln, und diese bringen mit Leichtigkeit 
die yon ihnen ergriffenen Nahrungsstoffe mit dem vorspringenden Blasenraume der Zwischensub- 


stanz in Berührung, der sich dann wohl einwärts zieht. 


Auch bei linearer Anordnung der conjugirten Individuen sah ich die verschluckten Nah- 
rungsstoffe häufiger in den Commissuren, als in der Corticalsubstanz eines Individuums liegen. 
So enthält die Commissur d. in Fig. 26. eine Vacuole d. mit einem grossen und drei kleinern aus 
der Aussenwelt aufgenommenen Körpern. Mehrmals sah ich bei bloss paariger Conjugation genau 
in der Mitte der Commissur eine Vacuole von dem Umfange der Medullarschicht der Einzeln- 
thiere, welche von einem einzigen trüben Körper ausgefüllt wurde, aus dem bisweilen noch ein 


Ueber Actinophrys Eichhornü, A. sol u. A. oculata uw. deren Conjugation. 163 


kleiner dunkler Kern hervorschimmerte. Es liegt sehr nahe, diesen Körper für einen in Folge der 
Conjugation entstandenen Keim zu einem neuen Wesen, sei es nun eine junge Actinophrys oder 
ein Schwärmsprössling, zu halten. Allein zu viele Thatsachen sprechen gegen eine solche An- 
nahme. Zuvörderst konnte ich nie eine frühere oder spätere Entwickelungsstufe des fraglichen 
Körpers auffinden. Er zeigte ferner nicht den mindesten Zusammenhang weder mit der Medullar- 
schicht noch mit dem Nucleus der beiden conjugirten Individuen, die sich doch wohl bei der Bil- 
dung eines so ansehnlichen Körpers betheiligen müssten. Sodann traf ich mehrmals einen eben- 
solchen Körper an einem ganz entgegengesetzten Punkte in der Corticalschicht eines der conju- 
girten Individuen und zwar in einem Blasenraume eingeschlossen , der sehr stark blindsackartig 
nach aussen hervorragte. Endlich finden sich in der Mitte der Commissur sehr häufig;ganz un- 
zweifelhaft fremde kuglige Körper eingeschlossen, die ich als solche daran erkannte, dass sie von 
Aetzkali, welches alle Theile des Actinophryskörpers vollständig auflöst, nicht angegriffen wurden. 

Cox hat zuerst bei A. Eichhornil auf einen ähnlichen zwischen zwei conjugirten Indi- 
viduen öfters zu beobachtenden Körper aufmerksam gemacht und ihn als Keim zu einer neuen 
Actinophrys zu deuten gesucht. ‚‚Ich bemerkte häufig‘‘, sagt Conx '), ‚‚dass zwischen zwei ver- 
bundenen Sonnenthierchen in der Mitte ein eigenthümlicher Körper sichtbar wurde, ein lichtes, 
von einer sehr dünnen Hülle eingeschlossenes Bläschen, zum Theil nicht kleiner, als ein einzelnes 
Sonnenthierchen, innerhalb dessen excentrisch ein grösseres oder kleineres, dichteres und kern- 
ähnliches Gebilde wahrnehmbar war. Das Ganze stellte nun einen zweimal eingeschnürten Körper 
dar; die an beiden. Enden befindlichen Actinophrys-Individuen zeigten die sich kreuzenden 
Strahlen, die mittlere Blase hatte keine solche Fortsätze. Sollte nicht dieses Stadium, welches 
ich nicht selten antraf, mit der Bildung eines in Folge der Copulation entstandenen Fortpflan- 
zungskörpers im Zusammenhange stehen? Doch muss ich bemerken, dass ich solche zellenähn- 
liche, eine farblose Flüssigkeit und ein kernartiges Körperchen enthaltende Blasen auch an 
scheinbar einfachen Thieren fand, oder waren diese bereits aus der Copulation von zwei Indivi- 
duen hervorgegangen? Eine sichere Entscheidung hierüber würde nur dann zulässig sein, wenn 
es möglich wäre, zu beobachten, was aus diesem Gebilde später wird. Bis jetzt ist es mir noch 
nicht gelungen, eine weitere Entwickelung desselben aufzufinden, mit Ausnahme eines Stadiums, 
wo die zellenähnliche Blase von einer kugligen Masse umgeben war, die offenbar ein Actinophrys- 
Körper war, jedoch keine strahligen Fortsätze zeigte.‘ Dass Conx den Körper zwischen beiden 
Individuen wieder ganz anders beobachtete, als ich, und dass er ihn auch bei nicht conjugirten 
'Thieren antraf, spricht jedenfalls vielmehr für die Ansicht, dass jener Körper ein von aussen auf- 
genommenes, wahrscheinlich pflanzliches Gebilde war, als dafür, dass er den Keim zu einer neuen 
Actinophrys darstellte. Als ‚‚zellenähnliches, eine farblose Flüssigkeit und ein kernartiges Kör- 
perchen enthaltende Blase‘“ könnte er doch nur den Nucleus einer entstehenden Actinophrys bil- 
den, dazu wird er aber viel zu gross angegeben, nämlich ‚‚zum Theil nicht kleiner, als ein ein- 


zelnes Sonnenthierchen‘“. Auffallend ist es auch, dass Con keiner im Innern der beiden conju- 


1) A.a. 0. 8. 67. 
Dil 


164 Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. > ET 


girten Individuen ‚gelegenen zellenähnlichen Blase gedenkt, die doch die Grundlage und das Cen- 
trum der sich bildenden neuen Actinophrys sein soll. 

Coux’s Beobachtungen berechtigen also noch keineswegs zu der auf den ersten Blick 
sich allerdings sehr empfehlenden Annahme, der auch v. SıesoLp, sich stützend auf die von ihm 
entdeckte, höchst merkwürdige Conjugation des Diplozoon paradoxum und auf meine eigenen 
Beobachtungen über Actin. sol und Podophrya fixa, beigetreten ist '), dass nämlich die Conju- 
gation zweier Actinophrysindividuen einen Fortpflanzungsact einleite. Die von mir bei Aetin. 
oculata beobachteten Thatsachen lassen im Gegentheil eine solche Annahme sehr unwahrschein- 
lich erscheinen. So lange man bloss eine Conjugation von zwei Individuen kannte, und die end- 
liche völlige Verschmelzung ihres gesammten Körperinhalts voraussetzte, musste man wohl an 
eine Beziehung der Conjugation zur Fortpflanzung denken. Nachdem wir aber gesehen haben, 
dass bei A. oculata eben so häufig mehr als zwei Einzelthiere mit einander conjugirt vorkom- 
men, und dass diese Einzelthiere dauernd ihre Individualität beibehalten, imdem sie gleichsam 
nur durch einen gemeinsamen Mantel mit einander zusammenhängen, fällt jede Analogie mit den 
bekannten Conjugationsprozessen in der niedern Pflanzenwelt, die wirklich die Erzeugung eines 
oder mehrerer Keimkörper zum Endziel haben, hinweg. Hierzu kommt noch, dass, wie wir im 
folgenden Abschnitte sehen werden, bei A. sol und Podophrya fira, die Erzeugung neuer Keime 
(der Schwärmsprösslinge) in gar keinem Zusammenhange mit dem Conjugationsacte steht, den 
diese Acinetenzustände doch so oft eingehen. Uebrigens können die conjugirten Actinophryen im- 
merhin im Stande sein, neue Keime zu erzeugen, dies wird dann aber geschehen, nicht weil sie 
conjugirt sind, sondern weil sie noch immer ihre Individualität bewahrt haben. Die Keime werden 
jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Zwischensubstanz entstehen, sondern von dem 
Nucleus eines Individuums aus gebildet werden. Mir ist es leider nicht gelungen, weder an einfa- 


chen, noch an conjugirten Individuen der A. oculata die Entstehung irgend einer Art von Keimen 
zu beobachten. j 


8. 16. 


Ueber die Schwärmsprösslinge der Actinophrys sol und Podophrya fixa und 
über den Cystenzustand der Stylonychia pustulata. 


Die Actinophrys sol und die Podophrya fira hatte ich zwar nach rückwärts bis zu ihrer 
gemeinsamen Abstammung von der Vorticella microstoma, wie es schien, Schritt für Schritt ver- 
folgt ($. 14.), aber ihr Ziel war mir noch unbekannt geblieben, und doch konnte nur erst die Er- 
kenntniss desselben den vollgültigen Beweis liefern, dass ich über ihren Ursprung nicht getäuscht 
worden sei. Wenn jene Infusorienformen wirklich die Acinetenzustände der Vort. microstoma 
waren, so mussten sie dies auch durch das Gebähren von Schwärmsprösslingen documentiren. 
Ich musste sie also nach dieser Richtung hin von Neuem studiren. Bisher hatte mir der Zufall 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band II. S. 62-68 


Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. 165 


die Actinophrys und Podophrye in die Hände gespielt; waren meine Ansichten richtig, so durfte 
ich hoffen, sie mir selbst zu erzeugen. : 
In einer Infusion, welche ich mir zu Anfang December 1849 verschaftt hatte, kam die 


Vortic. microstoma in ungeheuren Massen vor; ausserdem fanden sich nur sehr untergeordnet 


kleine farblose Monaden und Vibrionen, so wie einzelne kümmerliche Exemplare der Stylonychia. 


pustulata und desC'hilodon cucullulus. Gegen Ende December, nachdem zuvor eine ziemlich be- 
deutende Kälte eingetreten war, liess sich keine einzige freie Vorticelle mehr erblicken,, sondern 
alle hatten sich, auf welcher Entwickelungsstufe sie sich auch befinden mochten, kugelförmig 
contrahirt, und mehr oder weniger vollständig encystirt. Grosse und kleine, runde und ovale 
Kugeln schwammen theils an der Oberfläche der Infusion, theils am Boden, theils bildeten sie, 
durch Körnermassen zusammengehalten, hautartige Lagen an den Wandungen des Gefässes. Von 
den contrahirten Vorticellenkörpern war nur ein Theil in den gewöhnlichen dickwandigen Cysten 
eingeschlossen und bald noch unverändert, bald in eine Mutterblase umgewandelt. Ein anderer 
Theil war mit einer sehr eng anliegenden dünnen Cystenhülle bekleidet, ähnlich wie Fig. 22. 
und 23. auf Taf. IV. Noch andere schienen auf den ersten Anblick nackt und nur sehr innig 
contrahirt zu sein; doch entdeckte ich bei schärferer Untersuchung einen sehr schmalen lichten 
Hof um den Körper, der sich ebenfalls als eine sehr innig anliegende, dünne, gallertartige Cysten- 
hülle erwies. Selbst in diesen beiden letzten Arten von Cysten war oft der eingeschlossene Vorti- 
cellenkörper schon in eine Mutterblase umgewandelt. 

Ich revidirte'von Ende December an meine ruhenden Vorticellen allwöchentlich mehrere 
Male in vielen Exemplaren , war aber den ganzen Januar 1850 hindurch nicht im Stande, irgend 
welche bemerkenswerthe Veränderungen an ihnen wahrzunehmen. Alles Leben schien in der 
Infusion erstorben zu sein, doch blieb der Inhalt aller Cysten unverändert frisch. Noch in den 
ersten Tagen des Februar zeigte sich Alles beim Alten; da traten plötzlich sehr milde, warme und 
sonnige Tage ein, die auf meine am Fenster stehende Infusion ihre Wirkung nicht verfehlten. 
Als ich nun dieselbe am 12. Februar wieder untersuchte, fand ich gleich im ersten Tropfen zwei 
Exemplare der Actinophrys sol und bei weiterem Nachforschen noch mehrere, wenn auch im 
Ganzen noch ziemlich vereinzelt vorkommende. Ihre Anzahl vermehrte sich in den folgenden, 
fortwährend mild bleibenden Tagen unglaublich, und ich beobachtete nun auch häufig Podo- 
phryen, besonders kurzgestielte Formen, doch waren sie lange nicht in der Menge vorhanden, als 
die Actinophrys. Meine Hoffnung, die Acinetenzustände der Vort. microstoma durch Zucht zu 
erhalten, war somit in Erfüllung gegangen. 

Mit Spannung untersuchte ich von jetzt ab täglich grosse Mengen dieser Acinetenzu- 
stände, ohne Anfangs etwas wesentlich Neues an ihnen zu entdecken. Ich fand genau wieder die- 
selben verschiedenerlei Formen, die bereits $. 14. speciell geschildert wurden; auch varlirten sie 
eben so in der Grösse, wie diese. Die Actinophryen hatten nämlich bald einen kugelrunden 
Körper mit gleichförmig über die ganze Oberfläche vertheilten Tentakeln, bald war er knollen- 
förmig oder abgerundet drei- bis vierlappig und die Tentakeln sassen dann in büschliger Gruppi- 


rung auf den am meisten nach aussen vorspringenden Körperstellen. Die Podophryen waren vor- 


166 Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa,; Cysten der Stylonychia pustul. 


herrschend kurzgestielt und von der auf Taf. IV. in Fig. 38. und 41. abgebildeten Form; doch 
zeigten sich auch hin und wieder Individuen, wie die in den Fig. 32 — 35. dargestellten. Bis- 
weilen war der Podophryenkörper stark gegen den Stiel geneigt (Fig. 39.), wie bei den Acineten, 
die sich durch nickende Bewegungen auszeichnen; allein auch bei längerem Fixiren konnte ich 
bei solchen Podophryen nicht die geringste eigene Bewegung wahrnehmen, weshalb ich glaube, 
dass die Krümmung nur von äussern Einwirkungen herrührte. Conjugirte Individuen vermochte 
ich durchaus nicht aufzufinden; eben so vermisste ich die in Fig. 30. u. 31. abgebildeten Formen. 

Am 17. Februar entdeckte ich endlich, was ich so sehnlichst und in banger Erwartung 
gesucht hatte, nämlich die ersten Individuen von Actinophrys mit einem ganz reifen, überaus 
lebhaft rotirenden Schwärmsprössling (Fig. 28. e.). An demselben Tage fand ich noch eine be- 
trächtliche Anzahl sowohl von Actinophryen,, als auch von Podophryen (Fig. 32. 33. 38. 39.), 
die einen völlig entwickelten Schwärmsprössling (c.) entbielten. Sein freiwilliges Hervorbrechen 
aus dem Mutterkörper beobachtete ich nicht selten; auch hielt es gewöhnlich nicht schwer, ihn 
durch Druck ins Freie zu befördern. Der Schwärmsprössling der Podophryen stimmt in allen Be- 
ziehungen mit dem der Actinophryen auf das Vollkommenste überein, was wiederum beweist, 
dass diese Acinetenzustände zu einer Art gehören. Auch ist die Production von Schwärmspröss- 
lingen bei ihnen eben so wenig an eine bestimmte Grösse gebunden, wie bei andern Acinetenformen. 

Der Schwärmsprössling liegt innerhalb des Mutterkörpers gewöhnlich in einer ovalen, 
scharf begränzten, mit einer wasserklaren Flüssigkeit erfüllten Aushöhlung der Leibessubstanz, 
welcheeinen etwas grössern Umfang, als der Sprössling hat, so dass für diesen hinlänglicher Spielraum 
zu freien Bewegungen vorhanden ist. Die Höhlung nimmt bei den Actinophryen mehr oder weniger 
die Mitte des Körpers ein (Fig. 28. d.), während sie bei den Podophryen in der Nähe des vordern 
Endes und zwar gewöhnlich in der Längsaxe des Körpers (Fig. 33. d.) liegt; nicht selten hat sie 
aber auch eine schiefe und selbst ganz quere Lage (Fig. 32.). Wenn der Nucleus des Mutterthie- 
res (Fig. 28. a. 32. b. und 33. 5.) sichtbar war, so gränzte er dicht an die Höhlung des Schwärm- 
sprösslings, woraus wieder aufeine wesentliche Betheiligung des erstern bei der Bildung des letztern 
geschlossen werden muss. Der Schwärmsprössling hat im Allgemeinen einen umgekehrt birnför- 
migen Körper; er ist nämlich länglich oval, vor der Mitte stark halsförmig verengert und dadurch 
in ein abgerundetes, warzen- oder kopfförmiges Vorderende (Fig. 36. «.) und in ein bauchig er- 
weitertes Hinterende (b.) geschieden. Die halsförmige Einschnürung zeigt gewöhnlich dicht 
hinter einander gelegene, quere, ringförmige Einschnürungen (e.), die auch oft (Fig. 37.) als 
schiefe sich kreuzende Falten erscheinen, namentlich wenn sich das vordere Körperende hin und 
her tastend bewegt. Aus der ringförmigen Einschnürung entspringen zahlreiche, lange, unduli- 
rende Wimpern, die zusammengenommen, einen ziemlich dichten Kranz bilden, dessen vordere 
Wimpern im Leben das kopfförmige Vorderende umfassen und noch etwas über dasselbe hinaus- 
ragen, während die hintern über den Leib herabhängen, aber das hintere Körperende nicht er- 
reichen. Im Uebrigen ist der ganze Körper nackt, nirgends mit einer Oeffnung nach aussen ver- 
sehen und mit der gewöhnlichen, nur von feinen Pünktchen getrübten Sarcode erfüllt. Ziemlich 
in der Axe des Hinterleibs liegt ein länglich ovaler oder kurz bandförmiger Nucleus (Fig. 36. d.) 


4 


Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. 167 


und neben demselben, nahe hinter dem Wimpergürtel, eine sehr lebhaft pulsirende, runde con- 
tractile Stelle (e.), zu der sich nicht selten noch eine zweite kleinere auf der andern Seite des Nu- 
cleus und noch weiter nach vorn gelegene gesellt (Fig. 37.). 

Contrahirt sich der Schwärmsprössling stark in seiner Längsaxe, so kommt die gewöhn- 
liche contractile Stelle oft nahe an das hintere Körperende zu liegen, sie nimmt dann bisweilen 
die Form eines engen geschlängelten Kanales an und dadurch entsteht leicht der Anschein, als 
sei dieser Kanal eine am hintern Ende ausmündende Speiseröhre '). Ich glaubte deshalb zuerst, 
dass am hintern Ende des Schwärmsprösslings bereits der Anfang zu der Organisation des Mund- 
endes der Vorticellen vorhanden sei. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie ich später durch Tödtung 
der Schwärmsprösslinge mit verdünnter Jodlösung, Essigsäure oder Chromsäure erfuhr; denn nie- 
mals war an getödteten Sprösslingen die geringste Spur einer nach aussen führenden Oeffnung 
zu beobachten, auch die vermeintliche Speiseröhre war stets verschwunden. J edenfalls muss aber 
das hintere Ende der ausgeschwärmten Sprösslinge mit der Zeit die Mundorganisation der Vorti- 
cellen erhalten; denn es ist zu einleuchtend, dass-unser Schwärmsprössling bis auf den mangeln- 
den Mundapparat einem zum Ablösen veifen Knospensprössling der Vorticella mierostoma ausser- 
ordentlich ähnlich ist. Er wird sich jedenfalls dadurch zu einer Vorticelle umgestalten , dass er 
sich mit seinem vordern Ende festsetzt und aus demselben einen contractilen Stiel ausscheidet, 
während sein ursprünglich hinteres, nach dem Fixiren vorderes Ende, auf dieselbe Weise den 
Mundapparat der Vorticellen entwickelt, wie der unreife Knospensprössling oder wie die Anlage 
eines Theilungssprösslings der Vorticellen. 

Der noch im Mutterkörper eingeschlossene reife Schwärmsprössling bewegt sich geraume 
Zeit hindurch ausserordentlich lebhaft und anhaltend in seiner Höhlung, bevor er seine Geburts- 
stätte für immer verlässt. Die gewöhnlichsten Bewegungen sind höchst rapide Rotationen um 
seme Längsaxe, die meist längere Zeit immer nach derselben Richtung, nach rechts oder nach 
links stattfinden. Dann hören seine Wimpern plötzlich zu vibriren auf, und es tritt eine kurze 
Pause ein, während welcher sich der Körper entweder mehrmals heftig zusammenschnellend in 
Kugelform contrahirt und wieder lang ausreckt, ganz in derselben Weise, wie es der Vorticellen- 
körper auf seinem Stiele thut; oder der Sprössling tastet mit seinem kopfförmigen Vorderende 
bald nach links, bald nach rechts, wobei die die Wimpern tragenden Falten eine spiralige Rich- 
tung annehmen, oder wie ein System sich spitzwinklig kreuzender Linien erscheinen; oder er 
bewegt sich durch einige stossweise Wimperschläge in seiner Höhlung nach vorn und nach rück- 
wärts, als suchte er gewaltsam einen Ausweg zu finden. Dann fängt er plötzlich wieder wie toll 
um seine Längsaxe zu rotiren an und häufig nun nach der entgegengesetzten Richtung, wie vor 
der Pause. Nicht selten springt er auch ohne Pause plötzlich aus der Rotation nach der einen 

“ 


1) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung Taf. XVIII. Fig. 9. «. und Fig. 12. b. Beide Figuren sind in- 
sofern nicht ganz richtig, als die runde Stelle (Fig. 12. d.) nicht gleichzeitig mit dem Kanal (2.) zu sehen ist; son- 
dern diese erscheint erst wieder, wenn der Kanal verschwindet, und in dem Maasse als der Kanal sichtbar zu werden 
anfängt, verringert sich der Umfang der contractilen Stelle. 


168 Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa ; Oysten der Stylonychia pustul. 


Seite in die Rotation nach der entgegengesetzten um. Ich kenne kaum ein fesselnderes Schau- 
spiel in der niedern Thierwelt, als diese so energischen Rotationsbewegungen der Schwärmspröss- 
linge in ihrem starren, regungslosen Mutterthiere. 

Früher oder später glückt es endlich dem Sprössling vermittelst wiederholter, kräftiger, 
stossweiser Wimperschläge mit seinem vordern Ende die vor ihm gelegene Körnermasse des Mut- 
terkörpers zum Auseinanderweichen zu bringen; er drängt nun die letzte Scheidewand, die Hülle 
des Mutterkörpers, welche ihn noch von dem flüssigen Elemente trennt, blindsackartig vor sich 
her, bis sie nachgiebt, das Kopfende und die Wimpern quellen durch den Riss hervor (Fig. 38. e.), 
und so wie die letztern frei bewegt werden können, schiesst der junge Sprössling auch mit einem 
Satze ins Freie, wobei sich die Tentakeln des Mutterkörpers mehr oder weniger durch einander 
wirren. Der Sprössling stürzt nun in taumelnder Bewegung in grader Richtung eine grosse 
Strecke weit vorwärts (Fig. 34. c.), so dass man grosse Noth hat, ihn nicht sogleich aus dem Ge- 
sichtsfelde zu verlieren. Trifft er auf ein Hinderniss, so prallt er, ohne umzubiegen, in einer an- 
dern Richtung gradlinig nach rückwärts. Hat er sich erst etwas beruhigt, so kann man ihm besser 
folgen, und man sieht alsdann deutlich, dass er sich bei allen Bewegungen unaufhörlich um seine 
Längsaxe dreht. Oefters hält er auch in der Nähe zusammengetriebener Körnerhaufen plötzlich 
stille, die Wimpern vollführen dann nur noch ganz matte, undulirende Schläge und das kopfför- 
mige Vorderende. tastet an der Körnermasse hin und her, als suche es nach einer geeigneten 
Stelle zum Fixiren des Körpers. Dies ganze Betragen stimmt täuschend mit dem der abgelösten 
Knospensprösslinge der Vort. mierostoma überein. Die Umwandlung des Schwärmsprösslings in 
eine gewöhnliche Vorticelle, an der wohl kaum noch Jemand zweifeln wird, habe ich nicht direet 
beobachtet, da ich ungeachtet aller Mühe den Sprössling nicht lange genug im Gesichtsfelde zu 
erhalten vermochte. 

An der Stelle, wo der Schwärmsprössling aus seinem Mutterkörper hervorbrach, bleibt 
noch einige Minuten lang eine nach aussen geöffnete, halbovale Höhlung (Fig. 34. d.) sichtbar, 
die den Raum bezeichnet, welchen der Schwärmsprössling zuletzt einnahm, nachdem sich seine 
ursprüngliche Höhlung (Fig. 33. d.) bereits grösstentheils durch die von den Seiten und von 
hinten nachdrängende Körnermasse des Mutterkörpers geschlossen hatte. Auch jene vordere, 
nach aussen geöffnete Höhlung verschwindet nach und nach dadurch, dass sich die Körpersub- 
stanz in Gestalt eines kegelförmigen Pfropfens (Fig. 35. d.) von hinten her in sie hineindrängt 
und die Wunde bald vollständig schliesst. Bei dieser Ausdehnung der Körpersubstanz sah ich 
nicht selten die contractile Stelle (Fig. 34. «.) mehr oder weniger weit aus ihrer seitlichen Stel- 
lung nach der Mitte und nach vorn zu rücken (Fig. 35. @.), was nicht möglich wäre, wenn sie 
wirklich eine den Körperwandungen anhängende, sich nach aussen öffnende Blase bildete. Die 
Grösse der Schwärmsprösslinge ist im Allgemeinen der Grösse der Mutterthiere proportional, sie 
schwankt von "/so—'/s3”. Der Durchmesser der kleinsten Mutterkörper, in welchen ich bereits 
reife Schwärmsprösslinge beobachtete, betrug kaum über Y5’”. Uebrigens haben die Schwärm- 
sprösslinge in Mutterkörpern von gleichem Umfange nicht genau dieselbe Grösse; denn schon in 
Mutterkörpern von ?/,”” Durchmesser traf ich Schwärmsprösslinge von 3”, während sie in 


Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. 169 


grössern nicht selten etwas kleiner oder doch nur eben so gross waren. Auch der-Querdurchmesser 
varüirt bei gleicher Länge der Schwärmsprösslinge ; er misst bei den grössten höchstens ’%s””. 

Während des 18. und 19. Februar hatte die Zahl der gebärenden Actinophryen und 
Podophryen sehr bedeutend zugenommen. In diesen beiden Tagen fand ich, ohne sehr anhaltend 
zu beobachten, allein über 200 Individuen mit rotirendem Schwärmsprössling auf. Alle diese In- 
dividuen waren einfache, wie dies schlagend die Podophryen bewiesen; denn wenn sie aus der 
Conjugation zweier Individuen hervorgegangen gewesen wären, so hätten sie dies doch durch die 
Anwesenheit zweier Stiele an ihrem Körper bekunden müssen. Ueberhaupt liessen sich jetzt so 
wenig, als früher conjugirte Individuen blicken. Die Erzeugung von Schwärmsprösslingen in 
unsern Acinetenzuständen ist daher ganz sicher ein völlig von der S 147. beschriebenen Conju- 
gation unabhängiger Act. 

Noch am Abend des 19. Februar erstattete ich über die eben geschilderten Beobachtun- 
gen einen kurzen Bericht in einer Sitzung der Gesellschaft naturforschender Freunde '), wodurch 
ein jetziges Mitglied der Berliner Academie der Wissenschaften, Herr Professor PETERS, veran- 
lasst wurde, sich nach aufgehobener Sitzung mit nach meiner Wohnung zu begeben, um sich von 
der Richtigkeit meiner Angaben durch eigene Anschauung zu überzeugen. Ich war sogleich im 
Stande, meinem Freunde PErErs mehrere Actinophryen mit lebhaft rotirenden Schwärmspröss- . 
lingen unter dem Mikroskope vorzuführen. Die stärkste Beglaubigung haben aber meine Angaben 
über die Schwärmsprösslinge der Actinophryen und Podophryen ?) durch meinen verehrten Lehrer, 
Herrn Geheimrath Jom. MÜrLer erhalten, der in neuester Zeit bei Berlin diese Acinetenzustände 
in grosser Menge auffand, sie anhaltend untersuchte und das Gebären von Schwärmsprösslingen 
sehr oft beobachtete. Ich bin ermächtigt, von diesen gütigen mündlichen Mittheilungen auch 
öffentlichen Gebrauch machen zu können, darf jedoch nicht verschweigen, dass.es Herr Geheim- 
rath MÜLLER für wahrscheinlicher hält, dass sich die Schwärmsprösslinge nicht zu Vorticellen 
umgestalten, sondern wieder zur Acinetenform zurückkehren. 

Ich bin nunmehr auf dem Punkte angelangt, um die Arbeiten, welche F. Pınzau in 
den Jahren 1846 und 1849 über die Entwickelung der Vorticellen in den Annales des sciences na- 
turelles veröffentlicht hat, kritisch beleuchten und auf ihren wahren Werth zurückführen zu 
können. Es liegen diesen Arbeiten mehrere richtige Beobachtungen zu Grunde, die aber gänzlich 
missverstanden wurden, weil Pınzau auf der Oberfläche stehen blieb, und sich nun weiter von 


dem Irrlichte der generatio aeguivoca leiten liess. Pınzau hatte bei den Beobachtungen, die er 


1) Die Spenersche Zeitung von 1850 enthält in der Beilage zu Nr. 56. folgende Angaben aus meinem Berichte : 
„STEIN theilte, anknüpfend an seine vor Kurzem veröffentlichten Untersuchungen über die Entwickelung der In- 
fusorien, mit, dass er nun auch die Embryonenbildung im Innern der Aetinophrys sol, welche von ihm als eine 
Entwickelungsstufe der Vorticella microstoma nachgewiesen wurde, beobachtet habe. Der Embryo rotirt im In- 
nern der Actinophrys, er entwickelt sich aus dem Nucleus derselben, ist eiförmig, vor dem spitzern Ende mit einem 
Kranze langer, schwingender Wimpern besetzt, und zeigt in seinem feinkörnigen Innern bereits wieder eine con- 
tractile Stelle und einen länglich ovalen Nucleus. Diese Embryonen sind wohl als Trichodinen beschrieben.‘ 

2) Sie wurden zuerst in meiner zweiten Infusorienabhandlung S. 476 — 77. veröffentlicht und durch die Ab- 
bildungen Fig. 9—12. erläutert. 


‚Stein, Infusorien. 29 


. 


170 Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. 


in seiner ersten Abhandlung ') beschreibt, genau dasselbe Material vor sich, wie ich, nämlich eine 
Infusion, in der die Vort. mierostoma, Podophrya fiva und Actinophrys sol gesellig bei einander 
lebten. Die von ihm gelieferten Abbildungen lassen darüber keinen Zweifel übrig, seine Nomen- 
clatur ist aber eine andere, weil er Dusarvın folgte, der in seinem Handbuche, ohne dass triftige 
Gründe dazu genöthigt hätten, die Vort. microstoma als Vort. infusionum *) und die Podoph. fiza 
als Actinophrys pedicellata aufführte. PınEAu’s Arbeit ist also schon darum von Interesse, weil 
sie auch für Frankreich das gleichzeitige Vorkommen von Vorticellen, Podophryen und Actino- 
phryen in Infusionen nachweist, worin gewiss ein Grund mehr liegt, dasselbe nicht für eine zu- 
fällige Erscheinung zu halten. PınzAu hat aber auch das Verdienst, zuerst mit sicherem Tacte 
herausgefühlt zu haben, dass jene drei Infusorienformen nur verschiedene Entwickelungsstufen 
ein und derselben Art sein können. Statt nun aber ihre gegenseitigen Beziehungen durch gründ- 
liche Beobachtungen ihrer gesammten Organisation näher festzustellen, ging PınzAu gleich daran, 
sie nach ihrer äussern Aehnlichkeit zu ordnen. Die für den einen Endpunkt der Entwickelung 
gehaltene Vorticelle, liess sich, wenn sie ihr Wirbelorgan eingezogen hatte, und ihren Stiel aus- 
gestreckt behielt (a. a. ©. Pl. IV. Fig. 19.), recht wohl mit einer Podophrya vergleichen, zumal, 
wenn man, wie PıyEau that, den contractilen Hohlraum im vordern Theile der Podophrye (Fig. 
17.) für eine Mundöffnung ansah. Zwischen beiden Formen war aber immer noch eine grosse 
Kluft; denn die Podophrya hatte einen steifen Stiel und ihr Körper war mit Tentakeln besetzt, 
während der Stiel der Vorticelle contractil und ihr Körper nackt war. Allein jene Kluft füllte an- 
scheinend zur Genüge eine Uebergangsform aus, die in allen Stücken noch eine Podophrye war, 
die aber schon deutlich im vordern Ende des Leibes das eingezogene Wirbelorgan der Vorticellen 
zeigte (Fig. 18.). Hätte Pıneau nur diese Form genauer beobachtet, so würde er über die Ent- 
wickelung der Vorticellen zu ganz andern Ansichten gekommen sein. So wenig nämlich die helle 
Stelle im vordern Ende der gewöhnlichen Podophryen eine Oeffnung nach aussen war, eben so 
wenig war die viel grössere, quer ovale bewimperte Stelle der in Fig. 18. abgebildeten Podophrye 
ein eingezogenes Wirbelorgan, sondern nichts weiter als ein zum Ausschwärmen reifer Schwärm- 
sprössling. Man vergleiche nur PıneAu’s Figur mit meiner ganz ähnlichen Fig. 32. auf Taf. IV. 
und man wird mir gewiss beistimmen. PınzAau hat auch den Nucleus der Podophryen ganz richtig 
abgebildet, ihm aber weiter keine Beachtung geschenkt; den der Vorticellen hat er nicht erkannt. 

Das Verhältniss, in welches Pıyzau die Podophryen zu den Vorticellen bringt, ist also 
ein durchaus verfehltes. Eben so irrig sind die Beziehungen zwischen Actinophrys und Podophrya 
aufgefasst. Die gänzliche Uebereinstimmung zwischen dem Podophryenkörper und einer Actino- 


1) Annales des sciences naturelles III. Serie Tom. ILI. p. 182—89. Pl. IV. Fig. 14—20. Daraus übersetzt 
in FRORIEP’S Neuen Notizen aus der Natur- und Heilkunde 1845. Band 35. S. 5. Fig. 23—29. auf der zuge- 
hörigen Tafel, r 

2) Unter Vort. infusionum vereinigt DUJARDIN Infusoires p. 558. Pl. 16. Fig. 5. 9. ganz mit Unrecht die 
gewiss verschiedene Arten darstellenden Vort. mierostoma und Vort. convallaria von EHRENBERG. Ob PINEAU die 
ächte Fort. mierostoma oder die nahe verwandte, ebenfalls in Infusionen lebende Vort. convallaria vor sich hatte, 


lässt sich nach der einen schr rohen Abbildung, welche er von der entwickelten Vorticelle gegeben hat, nicht mit 
Sicherheit entscheiden. j 


Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fica; Cysten der Stylonychia pustul. 171 


phrys konnte Pınzau nicht entgehen, es lag daher sehr nahe, die Actinophrys wegen des fehlenden 
Stiels als die der Podophrye vorausgehende Entwickelungsstufe anzusehen. Dass dies dennoch 
unrichtig ist, habe ich oben gezeigt, und die Behauptung, dass eme Actinophrys dadurch zu einer 
Podophrye werde, dass sich ein Tentakel der Actinophrys fixire und nach und nach zu dem Stiel 
der Podophrye ausbilde, ist völlig aus der Luft gegriffen. Mit den Actinophryen endlich wird 
PınEau am leichtesten fertig; diese müssen durch Urzeugung entstanden sein und zwar deshalb, 
weil zwischen den in allen Infusionen schwimmenden Körnermassen kleine Exemplare von Acti- 
nophrys und eben so grosse sphärische Kugeln — ohne Zweifel sehr kleine Vorticellencysten — 
beobachtet wurden (Fig. 14.). Jene Kugeln sollen durch Theilung der Körnermasse ent- 
standen sein. 

Der Entwickelungsgang der Vorticellen ist also nach PıneAu kurz folgender. Irgend ein 
Körnerhaufe der Infusion theilt sich in zellenartige Felder, von denen ein jedes, nach einem spä- 
tern 'Zusatze '), mit einem Kern versehen ist, der in der allgemeinen Körnermasse den ersten 
Anstoss zu der Abgränzung zellenartiger Felder giebt. Alsdann sondern sich die einzelnen Felder 
als selbstständige kernhaltige Zellen von einander und es entwickeln sich auf ihrer Oberfläche 
strahlenförmige , sehr schwach bewegliche Ausläufer (Actinophrys). Anfangs sind alle Ausläufer 
einander gleich, später eilt einer den übrigen im Wachsthum voran und fixirt sich irgendwo (Po- 
dophrye). Der Anfangs kuglige Körper der Podophrye wird bei weiterem Wachsthum mehr und 
mehr birnförmig und es zeigt sich am vordern Ende eine kreisförmige Oeffnung (Podophrye mit 
pulsirendem Hohlraume). Bei noch grössern Exemplaren ist die kreisförmige Oeffnung weiter ge- 
worden und erscheint am Rande mit deutlich schwingenden Wimpern besetzt (Podophrye mit 
Schwärmsprössling). Zuletzt verschwinden an der Podophrye die Strahlen, und der bisher unbe- 
wegliche Stiel wird contractil (Vorticelle mit contrahirtem Körper). Endlich nimmt der birnför- 
mige Körper die Glockenform an (ausgestreckte, wirbelnde Vorticelle). 

Nachdem Pınzau so von Haus aus einen falschen Weg in der Entwickelungsgeschichte 
der Vorticellen betreten hatte, war es nicht zu verwundern, dass er sich, als er später noch eine 
andere Entwickelungsstufe der Vorticellen kennen lernte ?), immer weiter von dem rechten Ziele 
entfernte. Er sah nämlich ganz, wie ich es geschildert habe, die Vorticellen sich auf ihrem Stiele 
mit einer diekwandigen Cyste umgeben (a. a. ©. Pl. I. Fig. 12.), später den Vorticellenstiel sich 
auflösen und die Cyste frei in der Infusion umhertreiben (Fig. 13.); er sah ferner den encystirten 
Vorticellenkörper sich in eine einfache geschlossene Blase umwandeln und später zahlreiche war- 
zenartige Auftreibungen an derselben hervortreten, so dass also auch in diesen Beziehungen 
Pıneav’s Untersuchungen zur Bestätigung der meinigen dienen können. Hätte PınEAu in seiner 
Infusion weiter nichts angetroffen, so würde er wohl an seiner bisherigen Auffassungsweise irre 
geworden sein, sich mit dem Gedanken an eine cyclische Entwickelung der Vorticellen befreundet 
und nach einem Zusammenhange zwischen der Cystenform der Vorticellen und ihren andern Ent- 


1) Annales des scien. natur. III. Serie Tom. IV. p. 103—4. 
2) Annales des science. naturelles III. Serie Tom. IX. p. 100—101. Pl. I. Fig. 11—19. 
225 


172 Schwärmsprösslinge der A. sol u. Podoph. fixa; Cysten der Stylonychia pustul. 


wickelungsstufen gesucht haben. Unglücklicher Weise war aber in der Infusion noch eine andere 
grössere Infusorienform , die Stylonychia pustulata sehr verbreitet (PınEau bestimmt sie, wie ein 
Vergleich seiner Figuren 17—19. mit EuRENBERG’s Abbildungen der Stylon. pustulata lehrt, irr- 
thümlich als eine Ozytricha), und diese encystirte sich ebenfalls. Pıyzau beobachtete nämlich 
ausser den gewöhnlichen , lebhaft umherschwimmenden Stylonychien kugelförmig zusammenge- 
zogene, sich nur langsam drehende Exemplare (Fig. 15. 16.) und eben so grosse, dünnhäutige 
Cysten, deren Bewohner ebenfalls in Rotationen begriffen war (Fig. 14.). Statt nun diese Cysten 
von den Stylonychien abzuleiten, identifieirte sie Pınzau mit den Vorticelleneysten. Er schrieb 
nun den letztern ein selbstständiges Wachsthum zu, und nahm an, dass sich dabei die Cysten- 
hülle immer mehr verdünne, bis zuletzt der eingeschlossene Körper frei werde und nun als eine 
Stylonychia erscheine, zuerst von kugelförmiger Gestalt, und mit noch mangelnder Mundspalte, 
später in der gestreckten, normal ausgebildeten Form. 

Ich muss bei dieser Gelegenheit bemerken, dass auch ich die in allen Infusionen gemeine 
Stylonychia pustulata sehr häufig gleichzeitig mit der Vorticella microstoma sich encystiren ge- 
sehen habe. Die Stylonychie zieht sich kugelförmig zusammen, behält ihr Wimperkleid und ihre 
Mundspalte, dreht sich langsam beständig im Kreise umher und schwitzt nach und nach die ge- 
wöhnliche Gallertmasse um sich aus. Auch nach Vollendung der Cyste (Taf. VI. Fig. 23. @.) 
rotirte der eingeschlossene Körper (b.) oft noch mit grosser Heftigkeit, oder er wälzte sich unter 
den zierlichsten Krümmungen und Windungen langsam hin und her, wobei die Wimpern neben 
der Mundspalte (c.) und die den Rand des Körpers einfassenden Wimpern (‚f. f.) sehr deutlich 
hervortreten. Die contractile Stelle (e.) hinter der Mundspalte machte sich stets sehr bemerklich, 
und einige Male unterschied ich auch die beiden ovalen Kerne (d. d.). Ist der encystirte Körper 
einmal zur Ruhe gekommen, so verschwinden die Wimpern und er gleicht bald einer völlig ge- 
schlossenen kugligen Blase. Waren die sich encystirenden Stylonychien klein , 'so sind ihre Cy- 
sten, wenn der eingeschlossene Körper in eine Mutterblase umgewandelt ist, von grössern Cysten 
der Vort. microstoma nur noch durch den doppelten Nucleus zu unterscheiden. Ueber das end- 
liche Schicksal der Stylonychiencysten habe ich bisher noch zu keinem sicheren Resultate kom- 
men können. 

Wir haben nunmehr geschen, dass alle Angaben PıykAau’s auf richtigen, wenn auch zum 
Theil sehr oberflächlichen Beobachtungen beruhen; PıwEau hatte alle Elemente in der Hand, um 
eine Entwickelungsgeschichte der Vort. mierostoma liefern zu können, und dennoch löste er diese 
Aufgabe ganz und gar nicht, weil er sich von einem falschen Principe, von der Existenz einer gene- 
ratio aequivoca, leiten liess. Die Actinophrys ist nach ihm durch Urzeugung entstanden, sie ver- 
wandelt sich in die Podophrye, die Podophrye in die Vorticelle, letztere encystirt sich, um endlich 
aus der Cyste die Stylonychia zu entlassen. Dies ist das schliessliche Resultat von Pıneau’s bis- 
herigen Untersuchungen. Wir haben aber nicht die mindeste Garantie, dass damit das Ziel der 
Umwandlungen erreicht ist, vielmehr müssen wir darauf gefasst sein, dass uns nächstens gemeldet 
wird, die Stylonychie habe sich wieder in eine andere Infusorienform verwandelt. So ist PınEAu 
schon im. vollen Zuge, in die unheilvolle Bahn einzulenken, auf der sich in neuester Zeit die sich 


; 4 
Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 173 


auf die Entwickelung der Infusorien und Würmer beziehenden Arbeiten von Dr. G. Gros be- 
wegen '). Für diesen Forscher existirt weder eine Gränze zwischen den einzelnen thierischen Or- 
ganisationsplänen, noch zwischen Thier- und Pflanzenreich;; er säet Thiere aus und erntet Pflan- 
zen ?); die Infusionsthiere sind wahre proteische Naturen, die Euglenen z. B. können sich einer- 
seits zu Conferven und Moosen, andererseits zu Räderthieren, Rundwürmern und Tardigraden 
entwickeln °?), sie können sich aber auch in Vorticellen, Stylonychien, Oxytrichen und andere be- 
wimperte Infusorienformen umwandeln, und diese gehen dann entweder wieder weitere Meta- 
morphosen ein, oder sie sterben und geben ihre Substanz dem grossen Ganzen zurück *). Die 
Kerne der Epithelialzellen in der Harnblase des Frosches entwickeln sich zu einem vorticellen- 
artigen Infusionsthiere, dieses verwandelt sich in die bekannte Opalina ranarum, und diese ver- 
puppt sich, um in eine Ascaride überzugehen °). 

Auf solche Abwege werden diejenigen Forscher stets gerathen müssen, welche nicht den 

Grundsatz anerkennen wollen, dass es in der Natur nur eine cyclische Entwickelung giebt. Der 
alte Satz: ‚‚omne vivum ex 0vo““ ist auch noch heute wahr, wenn wir ihm die zeitgemässere Form: 
‚„omne vivum a vivo“ geben, und man kann es daher EuRENBERG nicht verargen, wenn er über 
die Richtung, welche in Dr. Gros ihren Culminationspunkt erreicht hat, voll Entrüstung in die 
Worte ausbricht ©): ‚Wenn diese stete Erneuerung der Lächerlichkeit durch Irrthum und Ueber- 
eilung eine Zeitlang gedauert haben wird, werden so viele Seiten mit unlogischen Elementen 
dargestellt sein, dass die Philosophie den Satz (die generatio aequivoca) gern Preis giebt, und die 
Vertreter der organischen Naturwissenschaften denselben der Quadratur des Cirkels gleich achten, 
d. h. ihn so oft er wiederkehrt, ad acta legen.‘““ 


817. 
Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


Aus der Familie der Vorticellinen , deren entwickelungsgeschichtliche Verhältnisse ich 
bisher mit so sichtlichem Erfolge studirt hatte, erregte schon frühzeitig eine Form mein Interesse, 
die zu den am längsten bekannten gehört, die von fast allen Infusorienforschern untersucht 
wurde, von der aber bis auf den heutigen Tag noch keine einzige Fortpflanzungsweise beobachtet 
worden ist; es ist dies die Polypenlaus der ältern Forscher, die Trichodina pediculus Ehbg. (Ur- 
ceolaria stellina Diyard.).: Ich hatte dieses Thier gelegentlich theils auf der Oberfläche unserer 
Armpolypen, theils an den Kiemen des Hechtes und auf den Flossen der Stichlinge beobachtet, 


1) Man vergleiche nur dessen neueste Offenbarungen sur la generation spontande et Vembryogenie ascendante 
in den Annales des sciences naturelles 1852. IIT. Serie Tom. XVII. p. 193-206. 


plantes.‘* 
3) A. a. O. S. 198. 
4) Ebendaselbst p. 202. 
5) Ebendaselbst p. 204. 
6) Ueber die Formbeständigkeit S. 34. 


2) A. a. O. 8. 201: „Des essais faits avec soin prouvent que l’on peut semer des animauz et recolter des . 


& 


174 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


aber niemals waren mir|so wenig, als einem frühern Forscher) in der Theilung oder in der Knos- 
penbildung begriffene Individuen vorgekommen. Dieser Umstand und die sehr eigenthümlichen 
Örganisationsverhältnisse, über die sich in den Schriften nur unklare oder einander widerspre- 
chende Angaben finden, veranlassten mich, die Trichod. pedieulus zu einem speciellen Gegen- 
stande meiner Forschungen zu machen. Dies geschah zuerst während eines kurzen Aufenthaltes 
in Niemegk im April 1850, wo ich zahllose Exemplare jener Trichodinenart von den Stichlingen 
untersuchte. Gleichzeitig beobachtete ich hier auch die nahe verwandte, auf der Haut von Pla- 
naria torva äusserst gemeine Trich. mitra, die erst. durch v. SıeBoLp ') bekannt geworden ist. 
Im Hebst 1852 wurden sämmtliche Beobachtungen abermals in Niemegk wiederholt und dabei 
noch manche feinere Structurverhältnisse ermittelt. Ich glaube nunmehr über die ziemlich com- 
plieirte Organisation beider Trichodinen im Reinen zu sein. 

Die Gattung Trichodina muss gegenwärtig auf die beiden Arten 7. pedieulus Ehbg. 
und 7. mitra Sieb. beschränkt werden; die drei andern von EHRENBERG noch dazu gerechneten 
Arten sind aber als fremdartige und viel zu unvollständig untersuchte Formen auszuschliessen. 
Die T. grandinella und T. vorax von EHRENBERG ?) stellen wohl nur Schwärmsprösslinge oder 
auch Knospensprösslinge von Vorticellinen dar; seine noch unvollständiger beobachtete Trich. 
tentaculata ?) aber wird wahrscheinlich für immer ein Räthsel bleiben. Die Gattung Trichodina 
umfasst ungestielte, frei umherschweifende Vorticellinen, wie die anscheinend sehr verwandte 
Gattung Urocentrum Nützsch, Ehbg., mit der sie in eine eigene Unterfamilie zu vereinigen ist, 
die sich von den typischen Vorticellinen schon viel weiter entfernt, als es die Ophrydinen EnH- 
RENBERG’S thun. Die Trichodinen besitzen einen nackthäutigen, sehr contractilen, besonders in 
der Richtung der Längsaxe ausserordentlich veränderlichen , stumpfkegelförmigen Körper, der 
sich nach hinten plötzlich stark bauchig erweitert, auf dieser Erweiterung mit einem, dem hintern 
Wimperkranze der typischen Vorticellinen entsprechenden Kreise langer, dicht stehender, will- 
kührlich beweglicher Wimpern besetzt ist, und an seinem grad abgestutzten Ende einen compli- 
eirten Haftapparat trägt, mittelst dessen sich die Trichodinen fest an der Oberfläche fremder 
Körper anklammern können. Die einfache runde Mundöffnung liegt in einer der Seitenflächen 
des Körpers mehr oder weniger vom vordern Ende enfernt, und mit ihr steht noch eine besondere 
Zone von Wimpern in Verbindung, welche ihr die Nahrungsmittel zutreiben. Die 7. mitra, von 
der noch keine Abbildung existirt, habe ich auf Taf. VI. Fig. 57. in etwas geneigter Lage darge- 
stellt, so dass auch die hintere Endfläche mit dem Haftapparat sichtbar ist. Die Trich. pediculus 
zeigt Taf. VI. Fig. 54. in einer ihrer gewöhnlichsten Gestalten, wie dies Thier nämlich auf 
fremden Körpern kletternd hin und her gleitet. In Fig. 56. sieht man ihr hinteres Ende mit 
dem flach ausgebreiteten Haftapparate, und Fig. 55. stellt ein todtes, auf der Seite liegendes 
Thier dar, welches sich vollständig ausgereckt hat und durch Wasseraufnahme etwas aufge- 

“ schwollen ist. 


1) Lehrbuch der vergleichenden Anatomie $. 12. 
2) Die Infusionsthiere $. 267. 
3) Ebendaselbst S. 266. 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 175 


Die Trichodina pediculus hat einen turbanähnlichen Körper; ihr stumpfkegelförmiger 
Vorderleib (Fig. 54. a. 55. @.), welcher morphologisch dem Wirbelorgan der typischen Vorti- 
cellinen entsprechen dürfte, ist kürzer, als der sehr stark bauchig erweiterte Hinterleib (Fig. 54. b. 
55.5.), von dem er durch eine tiefe ringförmige Einschnürung gesondert ist. Aus ihr entspringen 
Wimpern (e. e.), die nicht immer so scharf hervortreten, als die des hintern Kranzes (d.), weil 
sie merklich kürzer und theilweise in die ringförmige Furche niedergelegt sind. In ihr liegt auch 
‚die Mundöffnung (Fig. 54. e.), in welche der vordere Wimperkranz die Nahrungsstoffe treibt. 
Der hintere Wimperkranz (d.), welcher dem Mundwimperkranze parallel geht, entspringt von 
der hintern Fläche des Hinterleibs, nahe über dem Ursprunge des Haftörgans (f.), wie man am 
besten an getödteten Thieren (Fig. 55. d.) sieht; er ist das hauptsächlichste Locomotionsorgan. 
Der Vorderleib kann bis zum gänzlichen Verschwinden in den Hinterleib zurückgezogen werden, 
der dann eine kurz walzenförmige Gestalt annimmt und vorn und hinten grade abgestutzt er- 
scheint. Auch der Hinterleib kann sich beträchtlich verkürzen, indem er sich in starke ringför- 
mige Falten legt. Der Rand seiner grad abgestutzten Endfläche, die viel kleiner ist, als eine 
durch die Mitte des Hinterleibs gelegie Horizontalebene,, ist von einem festen, knorpligen oder 
hornartigen Ringe (Fig. 56. g.) eingefasst, der in ganz regelmässigen Abständen sowohl an seiner 
äussern, wie an seiner innern Seite in lange, spitze, zahnföürmige Häkchen ausgezogen und hinter 
dem Ursprunge jedes Häkchenpaares etwas eingeschnürt ist, so dass der ganze Ring wie gefie- 
dert erscheint und den Eindruck eines Uhrrädchens macht. Die innern Häkchen des Ringes 
liegen mit der hintern Körperfläche in gleicher Ebene, die äussern sind aber stark nach rückwärts 
und aussen gekrümmt. Von dem Aussenrande des knorpligen Ringes und zwar über der Basis 
der äussern Häkchen entspringt eine sehr eigenthümliche,, bisher in keiner Beschreibung hervor- 
gehobene, ringförmige, vollkommen durchsichtige, oft etwas gelblich gefärbte Membran von horn- 
artigem Ansehen (Fig. 56. f. und Fig. 54. und 55. f.), welche aber ausserordentlich biegsam ist 
und in der Richtung von innen nach aussen von sehr dicht neben einander stehenden, feinen 
Streifen durchzogen wird. Sie bildet bald einen ganz flach ausgebreiteten Saum des Knorpel- 
ringes, bald einen nach rückwärts gerichteten Napf (Fig. 55. f.). Das uhrradähnliche Gerüst mit 
der von ihm ausgehenden ringförmigen Membran wird durch Essigsäure sehr schnell aufgelöst, 
während der übrige Körper nicht angegriffen wird. Tödtet man dagegen die Thiere mit Alkohol, 
so übersieht man den gesammten Haftapparat ganz scharf. 

EHrEnger@’s Abbildungen der 7. pediculus ') geben von diesen complicirten Structur- 
verhältnissen keine Vorstellung; sie stellen nur einen Wimperkranz, bald den vordern (in Fig. 2. 
3. u. 4.), baldden hintern (in Fig. 5.u. 7.) dar, und der Haftapparat, der als ein Kranz von 24—28 
beweglichen Häkchen beschrieben wird, mittelst deren das Thier die Körnchen der lockern Poly- 
penhaut soll ausgraben und verzehren können, ist völlig verkannt worden, obgleich sich in Er- 
RENBERG’S Fig. 5. seine wesentlichsten Theile (nur der innere Häkchenkreis ist nicht angedeutet) 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXIV. Fir. IV. 2— 8. 


176 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


wohl herausfinden lassen. In den Abbildungen von DusArvın ') ist wenigstens der vordere und 
hintere Wimperkranz richtig unterschieden, namentlich in Fig. 2. c. und 2. «. Auch ist in Fig. 
2. b. der Haftapparat, dessen aber im Text mit keiner Sylbe gedacht wird, etwas kenntlicher ab- 
gebildet, jedoch sind die Häkchen an der innern Seite des Knorpelringes ebenfalls weggelassen, 
und an der äussern sind sie als breite, grade, säulenartige Stäbe in der ringförmigen Membran 
dargestellt. Erst v. SIEBOLD gab eine richtige Beschreibung des Knorpelringes und seiner Häk- 
chen, die ringförmige Membran hat er aber mit dem hintern Wimperkranze zusammengenommen 
für ein einziges Organ angesehen; denn er lässt den hintern Wimperkranz, der als eine unduli- 
rende Membran aufgefasst wird ”), von dem gezähnten Knorpelringe ausgehen, an welchem doch 
nur die ringföormige Membran befestigt ist. Der.hintere Wimperkranz, der bei 7. pedieulus und 
T. mitra nach meinen Beobachtungen ganz gleich gebildet ist, macht allerdings an lebenden 
Thieren wegen der sehr dicht neben einander eingefügten Wimpern leicht den Eindruck einer 
den Hinterleib säumenden, undulirenden Membran, welche nicht bloss bei 7. mitra, sondern 
auch bei 7". pedieulus am Rande zahnförmig ausgezackt erscheint; tödtet man aber die Thiere 
mit verdünnter Essigsäure oder Alkohol, so unterscheidet man scharf jede einzelne Wimper. Dass 
der hintere Wimperkranz weder mit dem gezähnten Knorpelringe noch mit der ringförmigen 
Membran zusammenhängt, davon überzeugt man sich durch Quetschen des Thieres, wodurch man 
leicht den ganzen Haftapparat in völliger Integrität vom Körper trennt. 

Die in der ringförmigen Furche des vordern Wimperkranzes gelegene Mundöffnung von 
T. pedieulus (Fig. 54. e.) wird meistens dadurch verdeckt, dass der Vorderleib mehr oder weniger 
in den Hinterleib zurückgezogen ist. Wenn aber das Thier nach Nahrung wirbelt, so erscheint 
der Mund als eine weite runde Oeffnung, hinter welcher der Vorderrand des Hinterleibs eine 
halbnapfförmig nach aussen vorspringende Ausbuchtung bildet. Die dünnhäutige, trichterförmige 
Speiseröhre Fig. 56. e. e‘.) ist in ihrem weiten Theile mit mehreren kräftigen Wimpern besetzt; 
sie erstreckt sich in einem sanften Bogen in fäst horizontaler, nur wenig nach abwärts geneigter 
Richtung von aussen nach innen und mündet etwas jenseits der Körpermitte mit grad abge- 
stutztem Ende in die Leibessubstanz aus. Neben dem Ende der Speiseröhre, fast in der Längsaxe 
des Körpers liegt eine runde, contractile Stelle (Fig. 56. ?.), die öfters durch die dicht in der 
Mitte des Hinterleibs aufgehäuften Nahrungsballen undeutlich wird. Der Nucleus (Fig. 55. %.) 


tritt erst beim Zusatz von Essigsäure ganz scharf hervor; er ist lang bandförmig und bald in 


1) Infusoires Pl. 16. Fig. 2. a. b. ce. d. 

2) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band II. S. 361. ‚‚Unter den Infusorien ist die Gattung 
Trichodina mit einer ausgezeichneten undulirenden Membran ausgestattet, welche den untern Rand des Körpers 
kreisförmig besetzt hält und von einem festen, gezähnten, einem Uhrrädchen nicht unähnlichen Gerüste gestützt 
wird. Bei Trichodina pedieulus ist dieser Flimmersaum ganzrandig; bei 7. mitra, welche ich häufig auf Planarien 
angetroffen habe, erscheint der freie Rand derselben tief und zart gefranzt. TREMBLEY, GOEZE, O. F. MÜLLER, 
CARUS, DUJARDIN u. A. haben in Folge optischer Täuschung diese undulirende Membran der 7". pedieulus für einen 
schwingenden Wimperkranz gehalten. Noch auffallender ist es aber, dass EHRENBERG dieses Flimmerorgan ganz 
übersehen und die starren Zähne des vorhin erwähnten radförmigen Gerüstes bei 7. pedieulus als eben so viele 
bewegliche Flimmerfortsätze abgebildet hat.‘ 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 177 


einer sanft aufsteigenden Spiralwindung, bald einfach ringförmig zusammengekrümmt. EHREN- 
. BERG hat ihn a. a. O. Fig. 5. zu kurz und dick, als einen nierenförmigen Körper abgebildet. Der 
Längsdurchmesser der grössten Trichodinen beträgt ohne den Haftapparat durchschnittlich 7/0” ; 
der grösste Querdurchmesser kommt dem Längsdurchmesser sehr nahe gleich. Der Durchmesser 
der ganz flach ausgebreiteten ringförmigen Membran des Haftapparates beträgt '/s” und der des 
gezähnten Knorpelringes '/;s”’. Die kleinsten Trichodinen sind nur um die Hälfte kleiner (1%. 


lang und breit), und sie zeigen in allen Stücken dieselbe Organisation, wie die grössten. 


Die Trichodina mitra zeichnet sich durch einen verlängerten , fast walzenförmigen Vor- 
derleib (Fig. 57. «.) aus, der beträchtlich länger ist, als der wenig breitere, mehr scheibenförmige 
Hinterleib (2.), in welche der Vorderleib durch ziemlich allmähliche Erweiterung übergeht. Der 
äusserste Rand des Hinterleibs ist mit einem genau eben solchen Wimperkranze besetzt, wie bei 
T. pediculus. Der Haftapparat dagegen ist wesentlich verschieden; er besteht aus einem ein- 
fachen, nicht mit Häkchen bewaffneten, wellig gerandeten Knorpelringe (g.), an welchem eine 
ringförmige Membran ( f.) befestigt ist, die genau denselben Bau hat, wie bei T7'. pediculus , nur 
verhältnissmässig schmaler, weniger deutlich gestreift, farbloser und durchsichtiger ist, weshalb 

‚sie auch viel leichter übersehen wird. Der Vorderleib ist nahe hinter dem abgerundeten, stumpfen 
Vorderende mit einer starken Einkerbung (e.) versehen, und in dieser liegt die Mundöffnung. 
Der vor ihr gelegene und sie etwas überwölbende, schwach kuppenartig abgesetzte Theil des Vor- 
derleibes (e’.) entspricht dem Wirbelorgane der typischen Vorticellinen; er kann nicht in den 
hintern Theil des Vorderleibs zurückgezogen werden, wohl aber kann er die Mundöffnung durch 
übernickendes seitliches Zusammenzucken verschliessen. Von dem Munde zieht sich ein Streifen 
kräftiger Wimpern (c’.) nach aufwärts über die Kuppe hinweg bis etwa zur Mitte der entgegen- 
gesetzten Seite hinab; ein zweiter Wimperstreifen (c.) geht vom Munde auf der gegenüberlie- 
genden Seite eine kleine Strecke weiter nach abwärts. Beide bilden zusammen eine vertikale, auf 
der Ebene des hintern Wimperkranzes senkrecht stehende Wimperzone, die dem vordern horizon- 
talen Wimperkranze der 7’. pedieulus entspricht. Die ziemlich lange, schief nach innen verlau- 
fende Speiseröhre enthält in ihrem weitern Anfange (€) die gewöhnlichen vereinzelten Wimpern. 
Die Nahrungsballen liegen im Vorderleibe um das hintere Ende der Speiseröhre zusammenge- 
häuft; auch ist hier eine contractile Stelle vorhanden. Der lange bandförmige, nach beiden Enden 
etwas verschmälerte Nucleus (A.) liegt gewöhnlich sehr versteckt im Hinterleibe, indem ihn der 
Haftapparat ganz oder theilweis verdeckt; er wird stets erst durch Essigsäure sichtbar. Die 
grössten Exemplare von 7’. mitra waren Y,,” lang und am Hinterleibe %,”” breit; die kleinsten 


waren etwa halb so gross. 


Obgleich ich unzählige Individuen beider Trichodinenarten genau untersuchte, so war 
ich doch abermals nicht im Stande, irgend einer Fortpflanzungsweise auf die Spur zu kommen. 
“ Nirgends zeigte sich eine Andeutung von Selbsttheilung oder von Knospenbildung. Auffallend ist 
es auch, dass die Grösse beider Trichodinen nur innerhalb ziemlich enger Gränzen schwankt, und 
dass sehr kleine Individuen nicht anzutreffen.sind. Man muss daher wohl auf eine eigenthümliche 


Stein, Infusorien. 93 


178 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


Entwickelungsweise schliessen, und es liegt nahe, an eine Fortpflanzung durch ruhende Zustände 
zu denken. Eifrig untersuchte ich nun zuvörderst die Kiemen, Flossen und selbst die Körperhaut 
der Stichlinge, allein ich fand kein Gebilde, welches ich als eine ruhende Form der 7. pedieulus 
hätte in Anspruch nehmen können. An den Kiemen bemerkte ich nur in Menge den merkwür- 
digen, ammenartigen Parasiten Gyrodactylus elegans Nordm., und so weit ich ihn genauer unter- 


suchte, bestätigte ich durchweg die so höchst überraschenden und paradox erscheinenden Ent- 
deckungen v. SIEBOLD’s '). 


Ein glücklicheres Resultat schien Anfangs die Untersuchung des Wirthes der Trich. 
mitra zu versprechen. Als ich nämlich die Planaria torva zerstückelte und die Bruchstücke com- 
primirte, gewahrte ich in dem dendritisch verästelten Darmkanal dieses Strudelwurmes mehrere 
Exemplare eines sehr grossen, infusorienartigen Schmarotzers, in dem ich die durch v. SıeBoLD 
zuerst bekannt gewordene Opalina planariarum erkannte, die neuerlich von M. S. ScHuLtze sehr 
genau beschrieben und abgebildet, aber ohne triftigen Grund in Opalina polymorpha umgetauft 
worden ist?). Ich untersuchte nun auf dieselbe Weise immer mehr Planarien, und traf fast in 
jeder einige Exemplare der Opal. planariarum. Im Darme der Planaria lactea und nigra dagegen 
beobachtete ich die Op. planariarum niemals, diese Strudelwürmer waren aber auch nicht von der 
Trichodina mitra bewohnt. Hierdurch kam ich auf den Gedanken , es könne vielleicht zwischen 
den Trichodinen und Opalinen ein näherer Zusammenhang bestehen, und die letzten könnten 
möglicher Weise durch eine Art rückschreitender Metamorphose aus den erstern hervorgegangen 
sein. Ich durfte diese freilich kühne Idee darum nicht sofort von der Hand weisen, weil ich die 
Opalinen längst in Verdacht hatte, dass sie keine selbstständigen Infusorienformen seien, weil 
ferner die Trieh. mitra eine gewisse äussere Aehnlichkeit mit der Opal. planariarum hatte und 
die kleinern Exemplare der letztern Art sich unmittelbar an die grössern Exemplare der erstern 


anschlossen, und weil ich endlich von der Trich. mitra durchaus keine, auf ihre Entstehung hin- 
deutende Entwickelungsstufe aufzufinden vermochte. 


An der Opal. planariarum beobachte ich zunächst Folgendes. Ihr Körper stellt einen 
langen walzenförmigen Schlauch dar, der am hintern Ende kegelförmig zugespitzt ist, am vordern 
dagegen sich in eine ansehnliche, halbkugelförmige Haftscheibe erweitert, mittelst welcher sich 
das Thier an den Wandungen des Darmkanals, welchen es bewohnt, fest anzusaugen vermag. 
Der Rand dieser Haftscheibe ist mit einem dichten Kranze langer Wimpern besetzt. An der zum 
Anheften bestimmten Fläche der Scheibe schienen keine Wimpern vorhanden zu sein, ihre Rück- 
seite dagegen und der von ihrer Mitte ausgehende eigentliche Körper sind dicht bewimpert, die 
Wimpern sind aber hier merklich kürzer. Nach einer Mundöffnung suchte ich, wie bei allen 


ächten Opalinen, vergebens.’ Das Innere des ganzen Körpers ist mit der gewöhnlichen, den Infu- 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band. I. S, 347—59. 
2) Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien von Dr. MAx SIGMUND SCHULTZE. Greifswald, 1851. 8. 67. 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 179 


sionsthieren eigenen homogenen Körnermasse erfüllt, zwischen der regellos wasserhelle Hohl- 
räume zerstreut liegen. Von eigentlichen Organen bemerkt man nur ein die ganze Länge des 
Thieres durchlaufendes pulsirendes Gefäss und den Nucleus. Das pulsirende Gefäss fängt in der 
äussersten Spitze des Leibes nahe unter der Körperhaut an, ohne jedoch mit derselben in Zu- 
sammenhang zu stehen und endigt eben so nahe an der vordern Seite der Haftscheibe. Von einer 
vordern und hintern Oeffnung des Gefässes nach aussen, welche ScHhuLtze vermuthet, habe ich 
bei aller Sorgfalt, mit der ich diesen Punkt untersuchte, nichts zu sehen vermocht; ich muss 
vielmehr das Gefäss für überall geschlossen erklären. Seine Wandungen werden von einer deut- 
lichen, sehr zarten, structurlosen Haut gebildet, und da ich diese niemals an einem pulsirenden 
Hohlraume anderer Infusionsthiere mir zur Anschauung habe bringen können, so halte ich es 
auch nicht für gerechtfertigt, das contractile Gefäss der Opal. planariarum als gleichwerthig mit 
den pulsirenden Hohlräumen der übrigen Infusionsthiere anzusehen. Den Inhalt des Gefässes 
bildet eine wasserhelle Flüssigkeit, welche durch rhythmische Contractionen der Gefässwan- 
dungen bald nach vorn, bald nach hinten getrieben wird. Erfüllt die Flüssigkeit das Gefäss 
gleichmässig, so ist dasselbe wegen der umgebenden Körnermasse nur schwer oder gar nicht 
wahrzunehmen; die Stellen des Gefässes dagegen, in welchen sich durch Contraction des übrigen 
Gefässtheiles die Flüssigkeit anhäuft, treten stets sehr deutlich hervor. Tödtet man das Thier 
mit Alkohol, so übersieht man das Gefäss seiner ganzen Ausdehnung nach, und nun machen 
sich auch seine Wandungen sehr bemerklich. Der Nucleus ist auf keine bestimmte Stelle des 
Körpers angewiesen, bald sieht man ihn in der äussersten Körperspitze, bald in der Haftscheibe, 
bald mehr nach der Mitte des Körpers zu. Er hat eine eiförmige oder ovale Gestalt, ist stets sehr 
scharf begränzt und besteht aus einer dichten feinkörnigen Masse, in der häufig eine geringere 
oder grössere Anzahl von gröbern Körnern eingebettet liegen. Schuttze scheint anzunehmen, dass 
der Nucleus nicht immer vorhanden sei, sondern dass er sich erst in einer spätern Zeit in den 
Opalinen entwickele; ich kann jedoch versichern, dass ich ihn in den Opalinen von allen Grössen 
bei genauerem Nachforschen aufgefunden habe. Die grössten von mir beobachteten Opalinen 
waren Y;””’ lang und Y,o”” breit, ihr Nucleus war %5”” lang. 

Die Opal. planariarum pflanzt sich durch Quertheilung fort, die ich gar nicht selten 
beobachtet und durch alle Stadien verfolgt habe. Es rückt zu dem Ende der Nucleus in die Mitte 
des Leibes oder ein wenig dahinter, und der Körper schnürt sich nun an dieser Stelle so ein, dass 
in jedem der beiden Segmente eine Hälfte des Nucleus zu liegen kommt. Während die Thei- 
lungsfurche des Körpers allmählich auf der einen Seite tiefer eingreift, als auf der andern, theilt 
sich sowohl das contractile Gefäss, als auch der Nucleus der Quere nach, und jeder specielle. Nu- 
cleus wird durch Contractionen der Körperwandungen nach der Mitte des Segmentes hinge- 
drängt, für welches er von Anfang an bestimmt war. Gleichzeitig schwillt der vordere Theil des 
hintern Segmentes kopfförmig an, und dehnt sich immer mehr.nach der Seite hin in Form einer 
halbkugelförmigen Scheibe aus, welche von der Theilungsfurche am stärksten eingeschnürt 
wurde. Zuletzt hängen beide neue Thiere nur noch auf der einen Seite durch einen schmalen 
Verbindungsstrang zusammen, und sie haben auf dieser Entwickelungsstufe, nicht selten eine 

Dar 


180 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


frappante Aehnlichkeit mit in der Quertheilung begriffenen Stentoren, namentlich mit ‚Stentor 
Roeselit, der freilich nur selten in diesem Zustande zu beobachten ist '). 

SchurtzeE hat nur einmal eine sich theilende Opal. planariarum beobachtet, diesem 
Vorgange aber eine wesentlich andere Deutung gegeben ?). ‚‚Es scheint mir,‘ sagt SCHULZE, 
‚„‚dass die Opalinen keine selbstständige Thiergattung bilden, sondern nur Entwickelungsstufen 
oder Ammen anderer Thiere darstellen. Die Vorbereitungen zu einer weitern Entwickelung habe 
ich an Opalina polymorpha (Op. planariarum Sieb. St.) wahrgenommen. Es bilden sich nämlich 
im Innern derselben eiförmige Blasen, welche erst hell und durchsichtig, später mit dunklen 
Körnchen angefüllt meist im hintern Theile des Körpers angetroffen werden, und in der Fig. 4. a. 
abgebildeten Form ganz den Eindruck eines Keimkörnerhaufens machen, aus welchem auf dem 
Wege des Generationswechsels ein neues, anders als das Mutterthier gestaltetes Wesen hervor- 
gehen wird. Einmal fand ich zwei solche dunkle Kerne in einer Opaline (Fig. 5.). Zugleich hatte 
sich diese zu einer Abschnürung vorbereitet, durch welche die Kerne mit einem Theile des Mut- 
terthieres entfernt werden sollten. Vielleicht, dass eine Opaline durch öfteres Abschnüren des 
jedesmaligen Hinterendes nach der Bildung eines Keimkörnerhaufens in demselben eine Reihe 
von neuen Thieren zu produciren im Stande ist.‘‘ 

Ich habe schon bemerkt, dass der von Schuttze als Keimkörnerhaufen gedeutete Nu- 
eleus in allen Opalinen anzutreffen ist, und dass dieser ganz unabhängig von der Grösse der Opa- 
linen bald aus einer feinern , bald aus einer gröbern Körnermasse zusammengesetzt ist. Ich kann 
daher eine nachträgliche Entstehung des Nucleus und eine allmähliche weitere Entwickelung 
desselben nicht gelten lassen. Die von Schuutze zuletzt erwähnte Opaline (Fig. 5. a. a. 0.) ist 
ein in der Theilung schon weit vorgerücktes Individuum, dergleichen ich oft gesehen habe; irr- 
thümlich versetzt aber SchuLtze den vordern Nucleus (Fig. 5. a.) in die Haftscheibe des hintern 
Theilungssprösslings, während er doch offenbar nur in dem hintern Ende des vordern liegt. Hier- 
mit fällt die Annahme, dass ein Theil des Mutterthieres sammt beiden Kernen durch Abschnü- 
rung entfernt werde, und dass diese Abschnürung auf einen Generationswechsel hindeute. Ich 
kann also bei der Opalina planariarum keine andere Fortpflanzungsweise finden, als die ganz 
normale Quertheilung, 

Die Opalina planariarum zeigt sich in ihrem feinern Baue und der bis jetzt allein be- 
kannt gewordenen Fortpflanzungsweise den unzweifelhaften Infusionsthieren sehr nahe verwandt, 
ist sie aber darum eine selbstständige Infusorienform, und kann sie nicht vielmehr die Entwicke- 
lungsstufe einer andern oder wohl gar einer höhern Thierform darstellen? Dies ist die wichtige 
Frage, um derentwillen ich hier meine Beobachtungen über die Trichodinen und Opalinen glaubte 


zur Sprache bringen zu müssen. Den ersten Theil der Frage muss ich mit SchuLtze verneinend 


1) Man vergleiche deshalb EHRENBERG, die Infusionsthiere Taf. XXIV. Fig. II. 4. Die Treue dieser Ab- 
bildung kann ich nach eigenen in Berlin angestellten Beobachtungen bestätigen, nur sah ich den Nucleus weiter 
nach hinten sich herab erstrecken und am Anfange des hintern Theilungssprösslings in denselben hineingebogen. 

2) A. a. O. S. 68. und Taf. VII. Fig. 5. 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 181 


beantworten, und zwar deshalb, weil sich unter den genauer gekannten bewimperten Infusorien- 
gattungen keine einzige befindet, welche mundlos wäre, wie dies alle ächten Opalinen (z. B. 
Opalina ranarum, planariarum , lumbriei, naidos, branchiarum) nach den übereinstimmenden 
Beobachtungen von v. SIEBOLD, SCHULTZE und mir, entschieden sind. EHRENBERG spricht zwar 
bei Opal. ranarum (Bursaria Ehbg.) von einer Mundspalte am vordern Ende '), aber grade bei 
dieser colossalen und jederzeit in grossen Schaaren im Mastdarm und der Harnblase der Frösche 
anzutreffenden Art kann man sich ganz zuverlässig überzeugen, dass eine Mundöffnung nicht 
vorhanden ist. Man sieht wohl bisweilen an den verschiedensten Stellen dieses Thieres eine 
seichte Falte, aber man tödte es nur mit schwacher Jodlösung oder mit Alkohol oder Essigsäure, 
und man wird diese Falte verschwinden sehen und nirgends die leiseste Spur einer Oeffnung auffin- 
den; eben so wenig wird man jemals irgend welche fremde Körperchen im Innern des Leibes zu 
beobachten vermögen. Bei Opal. branchiarum, welche ich zu Tausenden im Innern der Kiemen- 
blätter von Gammarus pulez entdeckte ?), ist nicht einmal der Schein einer Mundöffnung vor- 
handen, und dasselbe gilt von Opal. lumbriei und Opal. planariarum. Opal. naidos kenne ich 
nicht aus eigener Anschauung. 
Das Fehlen eines Mundes halte ich aber darum bei bewimperten Infusorienformen für 
ein wesentliches Kriterium ihrer Unselbstständigkeit, weil wir gesehen haben, dass bewimperte 
Infusorienformen, wie die Vorticellinen, sich in einen mundlosen Zustand, die Acinetenform um- 
wandeln, und weil wir ferner gesehen haben, dass ein anderer unentwickelter Zustand der be- 
wimperten Infusionsthiere, die Schwärmsprösslingsform, ebenfalls in der Regel mundlos ist. 
Manche Schwärmsprösslinge sind überdies den Opalinen zum Verwechseln ähnlich‘, so z. B. der 
Schwärmsprössling der Acinete mit dem zungenförmigen Fortsatze (S. 106.). Vergleichen wir 
ferner die verschiedenen Opalinen unter einander, so treffen wir bei der grössten äusserlichen 
Uebereinstimmung so erhebliche Unterschiede in ihrer innern Organisation an, wie sie sich sonst 
_ bei Arten einer natürlichen Infusoriengattung nicht finden. Die Opalina planariarum und die 
von SCHULTZE in einer Meeresplanarie entdeckte Opal. uncinata ?) sind allein mit dem den ganzen 
Körper durchlaufenden 'Längsgefässe versehen; die andern Opalinen haben nicht einmal die ge- 
wöhnlichen pulsirenden Hohlräume der bewimperten Infusorien, sondern eine unbestimmte An- 
zahl von ganz regellos zerstreuten und in jedem Individuum eine andere Lage zeigenden Hohl- 
räumen, wie dies auch bei den Acineten so oft der Fall ist. Eben so auffallende Verschieden- 
heiten treten in Betreff des Nucleus hervor. Bei Opal. planariarum bietet derselbe nichts Eigen- 
thümliches dar, sondern er verhält sich in allen Beziehungen wie der Nucleus anderer Infusions- 
thiere. Bei Opal. branchiarum dagegen ist er ungewöhnlich gross; sein Volumen beträgt fast die 
Hälfte des ganzen Körpervolumens, und seine Form, stimmt so genau mit der gesammten Körper- 


form überein, dass es den Anschein gewinnt, als läge in der Axe der Opaline ein etwas kleineres 


1) Die Infusionsthiere S. 330. 
2) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung S. 486. 
3) A. a. O. S. 68—69. 


182 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


Thier eingeschachtelt, dessen Conturen genau denen der Opaline parallel gehen. Ein ähnliches 
Verhältniss scheint bei der Opal. lineata obzuwalten, welche SchuLtze in der Nais littoralis der 
Ostsee entdeckte '). Die Opal. ranarum endlich zeigt keine Spur des den bewimperten Infusorien 
ganz allgemein zukommenden Nucleus, wie oft ich sie auch in den verschiedensten Localitäten 
und mit allen nur denkbaren Mitteln darauf untersucht habe. Eben so vergebens habe ich mich 
bei dieser Opaline nach einer Fortpflanzung durch Theilung umgesehen. Bisweilen traf ich zwar 
unter vielen Hunderten ein Exemplar, welches eine Einschnürung zeigte, allein diese hatte eine 
so ungewöhnliche Richtung, dass sie nur von einer Verletzung des 'Thieres herrühren konnte. 

Aus allen diesen Gründen kann ich die Opalinen nicht für selbstständige Infusionsthiere 
halten, sondern ich sehe in ihnen nur einen infusorienähnlichen Zustand, in welchen Thiere, die 
vielleicht in ihrem reifen Lebensalter sehr von einander verschieden sind, während ihrer Entwik- 
kelung übergehen. Da Trichodina mitra und Opalina planariarrm dasselbe Thier bewohnen und 
überaus häufig gleichzeitig anzutreffen sind, so könnten sie möglicher Weise zu einer Art ge- 
hören. Die zu einer viel bedeutendern Grösse heranwachsende Opaline müsste in diesem Falle 
aus der Trichodine hervorgehen. Das hintere Ende der Trichodinen würde dann zu dem vordern 
der Opalinen werden, eine Umkehrung, die nichts Auffallendes hätte, da sie bei den sich von 
ihren Stielen ablösenden Vorticellenkörpern auch eintritt; es müsste ferner das uhrradähn- 
liche Gerüst mit der ringförmigen Membran abgeworfen werden, was bei Trich. pedieulus wirk- 
lich vorzukommen scheint, wenigstens beobachtete ich auf dem Stichlinge einige Exemplare ohne 
diesen Apparat; es müsste ferner Mund und Schlundröhre eingehen, wie bei den Vorticellen, 
wenn sie in den Acinetenzustand übergehen; endlich aber müsste sich die Art der Bewimperung 
des Körpers ändern. Von dergleichen Metamorphosen der Trich. mitra habe ich bisher, trotz- 
dem dass ich speciell und anhaltend darnach suchte, nichts zu beobachten vermocht. Ein Zu- 
sammenhang zwischen Trichod. mitra und Opalina planariarum scheint mir daher sehr unwahr- 
scheinlich. 

Es ist aber auch denkbar, dass die Opalinen gar nicht in den Entwickelungskreis von 
Infusionsthieren gehören, sondern vielmehr die Larven von Thieren eines höhern Organisations- 
planes darstellen. Dieser gewiss Manchem sehr anstössig erscheinende Gedanke regte sich in mir 
zuerst beim Anblick der von M. Schuutze gelieferten Abbildungen *) der seltsamen Opalına un- 
cinata, die dieser Forscher häufig in der Planaria ulvae der Ostsee beobachtete. Die Opal. un- 
cinata stimmt im feinern Baue genau mit Opal. planariarum überein, sie besitzt dasselbe con- 
tractile Längsgefäss und denselben Nucleus, vermehrt sich ebenfalls durch Quertheilung, sie ist 
aber von allen bekännten Opalinen durch zwei kräftige hornige Haken verschieden , die am vor- 
dern Körperrande jederseits neben der Mittellinie sitzen. Was soll man von dieser auffallenden, 
bei einem Infusionsthiere sehr fremdartig erscheinenden Bewaffnung, durch welche die Opal. un- 
cinata einen unverkennbaren bilateralen Character erhält, denken? Ich glaube dies, dass sich die 


1) A.a. O. S. 69. und Taf. VII. Fig. 10. 11. 
2) Ebendaselbst Taf. VII. Fig, 8. 9. 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 183 


Opaline später mittelst der Haken irgendwo fixirt, ihr Flimmerkleid verliert und eine Metamor- 
phöose erleidet, die sie wahrscheinlich in eine Thierform mit bilateralem Typus überführt. Denn 
dass die Haken nicht die Bestimmung haben können, das Einwandern der Opalinen in die Pla- 
narien zu vermitteln, wie dies z. B. hinsichtlich der hakenförmigen Bewaffnung der Bandwurm- 
embryonen feststeht‘), das geht schon aus ihrer Form, noch mehr aber daraus hervor, dass die 
Opalinen nicht in abgeschlossenen Höhlen der Planarien, sondern in deren Darmkanale leben, zu 
dem sie durch den weiten Mund freien Zugang haben. Dass die Haken aber bloss zum vorüber- 
gehenden Festhäkeln an den Darmwandungen dienen sollten, ist darum unwahrscheinlich, weil 
sehr nahe verwandte, ebenfalls nur den Darmkanal bewohnende Infusorien, wie z. B. die Opal. 
naidos und lineata, ferner die Opal. ranarum und die Bursaria cordiformis,, welche so gemein 
im Mastdarm und der Harnblase der Frösche sind, keine Vorrichtungen zum Anhäkeln an den 
Darmwandungen besitzen. j 

Die Untersuchungen über die Infusorienfauna der Regenwürmer,, welche ich erst im 
Jahre 1853 hier in Tharand mit Erfolg angestellt, aber noch nicht abgeschlossen habe, lassen es 
mir noch wahrscheinlicher erscheinen , dass die Opalinen die Larven von Würmern sein können. 
Ich hatte, als ich die Naturgeschichte der Gregarinen studirte, in Berlin und Niemegk zahllose 
Regenwürmer verschiedener Art zergliedert, aber niemals waren mir bewimperte Infusionsthiere _ 
aufgestossen,, die doch schon im vorigen Jahrhundert von v. GLEICHEN und dann von SCHRANK 
und neuerlich von DvsAarvın in Frankreich häufig beobachtet worden waren. Auch EHRENBERG 
klagt, dass er bei Berlin viele Hunderte von Regenwürmern vergeblich nach Infusorien durch- 
sucht und erst ganz zuletzt in fünf Exemplaren welche gefunden habe ?). Bei Tharand enthält 
etwa jeder sechste bis achte Regenwurm, den ich untersuchte, zwischen seinem erdigen Darmin- 
halte Infusorien und dann gewöhnlich zahlreiche Exemplare. Die verschiedenen Arten von Re- 
genwürmern werden ohne Auswahl von denselben Infusorien bewohnt; wenigstens traf ich in 
Lumbriceus terrester, anatomieus, foetidus und tetraedrus dieselben Formen. 

Die infusorienartigen Schmarotzer der Regenwürmer gehören zweien verschiedenen Gat- 
tungen an. Die eine, die Leucophra lumbrici von SCHRANK, ist eine ächte Bursaria (Subgen. 
Frontonia Ehbg.) und der Burs. cordiformis der Frösche nahe verwandt; DusArpın hat sie ziem- 
lich kenntlich abgebildet ?), aber ohne Grund zu einer neuen Gattung Plagiotoma erhoben, weil 
er über den Character der Bursarien zu keiner Klarheit kam. Dies geht schon daraus hervor, dass 
er die Burs. cordiformis zu den Opalinen brachte. EHRENBERG, der nur unsere Burs. lumbriei 
in den Regenwürmern kennen lernte ‚ stellt sie zur Gattung Paramaecium, was mir darum nicht 
gerechtfertigt erscheint, weil die Paramäcien auf ihrer ganzen Oberfläche mit gleich langen Wim- 


pern bekleidet sind, während unser Infusionsthier, wie die ächten Bursarien, ausser den gewöhn- 


1) Vergl. darüber meine Beiträge zur Entwickelungsgesch. der Eingeweidewürmer. Zeitschrift für wiss. 
Zoologie Band IV. S. 205. 

2) Die Infusionsthiere S. 345. 

3) Infusoires Pl. 9. Fig. 12. a. b. 


184 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


lichen Wimpern noch mit dem so characteristischen, vom vordern Ende bis zum Munde herab- 
gehenden und sich dann schief nach einwärts krümmenden Saum längerer griffelartiger Wimpern 
versehen ist '). 

Die andern Regenwurmparasiten (vergl. Taf. V. Fig. 23. und 24.) gehören der Gattung 
Opalina an. Ich unterschied dreierlei Formen, die mit den von Dusarvıx in Frankreich beob- 
achteten zusammenfallen, die ich aber Grund habe, nicht für verschiedene Arten auszugeben, 
obgleich sie DusarDın sogar in zwei verschiedene Gattungen vertheilt. Alle drei stimmen darin 
mit einander überein, dass sie einen mundlosen, ovalen, plattgedrückten Körper haben, der auf 
seiner ganzen Oberfläche gleichmässig bewimpert ist. Die Wimpern stehen in regelmässigen Längs- 
reihen, die ziemlich dicht neben einander liegen. In dem sehr feinkörnigen Körperinhalte liegen 
regellos zerstreut und in unbestimmter Zahl runde, nicht pulsirende Hohlräume (Fig. 23. und 
24. a. a.), und die ganze Längsaxe des Körpers durchläuft vom vordern Ende bis zum hintern 
ein grader, darmförmiger Nucleus, an dem man sehr deutlich glashelle, derbe, structurlose Wan- 
dungen (b. b.) und einen homogenen, feinkörnigen Inhalt (e. e.) unterscheidet. Alle vermehren 
sich häufig durch Quertheilung. 

Die gewöhnlichste Form der Opalinen (Fig. 23.) zeigt keine andern, als die angegebenen 
Charactere, sie ist von DusAarvın als Leucophrys striata beschrieben worden ?). Ich beobachtete 
sie in sehr verschiedenen Grössen, von Yo — Yı,” Länge, ünd traf sie auf allen Grössenstufen 
in der Quertheilung. Die zweite Form unterscheidet sich von der erstern nur dadurch, dass sie 
im Wasser schnell unregelmässig aufschwillt, indem sich die Körperhaut von dem Körperinhalte 
immer mehr und mehr entfernt, bis zuletzt der Körperinhalt wie eine zweite kleinere Opaline 
innerhalb einer grössern erscheint. Dusarpın nennt diese Form, deren Artrechte er aber selbst 
für zweifelhaft hält, Leucophrys nodulata°). Ich vereinige beide ohne Bedenken zu einer Art, 
und nenne diese Opalina lumbriei, zumal da schon M. ScHuLTze unter diesem Namen jedenfalls 
dieselben Infusorien gemeint hat. 

Die dritte Opalinenform (Fig. 24.) könnte‘noch am ersten eine selbstständige Art sein, 
denn sie hat bei gänzlicher Uebereinstimmung mit der ersten Form doch einen sehr eigenthüm- 
lichen, schon bei 100maliger Vergrösserung in voller Schärfe hervortretenden Character. Dieser 
besteht nämlich in einem kräftigen, unpaaren, hornigen Haftapparate (Fig. 24. d.), welcher sich 
nahe am vordern Ende auf der flachern Bauchseite des Thieres befindet. Er wird von einem grä- 
tenförmigen, leicht gebogenen Grundstück gebildet, welches rechts neben der Mittellinie liegt, 
dem rechten vordern Seitenrande des Thieres ziemlich parallel läuft und seiner ganzen Ausdeh- 
nung nach der Körperhaut angewachsen ist. Das vordere dickste Ende des Grundstücks fällt ge- 
nau in die Mittellinie und von ihm erhebt sich frei nach aussen ein stark gekrümmter, sehr 


1) Die Synonymie ist also folgende: Bursaria lumbriei Stein= Leucophra lumbriei Schrank = Paramae- 
cium compressum Ehbg.— Plagiotoma lumbriei Dujardin. 

2) Infusoires S. 459. Ich rechne hierher seine Figuren 1 — 6. auf Taf. IX. Am naturgetreusten ist Fig. 5. 
und demnächst Fig. 3. und 6. ! 

3) Ebendaselbst S. 460. und Pl. IX. Fig. 7. 8. 9. 


Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 185 


spitzer Hornhaken, der noch nicht halb so lang ist, als das Grundstück. Der ganze Haftapparat 
bringt einen schwachen Eindruck auf der Körperhaut hervor, der sich besonders auf der linken 
Seite als eine dem grätenförmigen Grundstück analog gelegene Falte (e.) bemerklich macht , die 
man sich hüten muss, für eine Mundspalte zu halten. Die Genesis des Haftapparates ist leicht 
bei in der Quertheilung begriffenen Thieren zu beobachten. Es entsteht nämlich bei dem sich 
abschnürenden Individuum zuerst in der Mittellinie ein kleiner Hormnhöcker (Fig. 24. d’.), und 
dieser verlängert sich durch Apposition neuer Theile nach rechts und rückwärts in das Grund- 
stück, während sich gleichzeitig auf ihm der Hakenfortsatz ausbildet. Sehr bemerkenswerth ist 
noch, dass in der homogenen, feinkörnigen Nucleussubstanz (c. c’.) meistens eine grössere oder 
geringere Anzahl von soliden ovalen Kernen und länglichen Stäbchen vorkommen. 

Als ich diese höchst interessante Opaline, die ich in grossen Schaaren beobachtet habe, 
kennen lernte, hielt ich sie für etwas ganz Neues, weil ich mir nicht denken konnte, dass Jemand 
den merkwürdigen Haftapparat übersehen oder falsch auffassen könne. Gleichwohl ist dies Du- 
JARDIN begegnet , der freilich nur einmal zwei Exemplare gesehen hat. Seine Opalina lumbriei‘) 
ist nichts weiter, als die eben von mir geschilderte Opaline, wie seine Abbildung beweist, die ein 
Individuum darstellt, von dem sich eben ein Theilungssprössling abgesondert hat, daher sein hin- 
teres Körperende noch nicht abgerundet ist. Der dunkle Streifen im vordern Ende ist der ganz 
unklar beobachtete Haftapparat, den Dusarvıy für einen schiefen Mund ansah. Ich will die ge- 
genwärtige Opalinenform vorläufig unter dem Namen Opal. armata fixiren, wiewohl sie mir nur 
eine weitere Entwickelungsstufe meiner Opal. Tumbriei zu sein scheint ?). 

Ich habe nämlich von der-Opal. armata bisher durchaus keine jungen Individuen an- 
treffen können, die ich doch so oft bei Opal. Tumbrici beobachtete, sondern alle Individuen waren 
ziemlich von gleicher Grösse und zwar stets etwas grösser, als die grössten Individuen von Opal. 
lumbriei, an welche sich aber die kleinern Individuen von Opal. armata unmittelbar anschlossen. 


ZZ 


Opal. lumbrici wächst bis zu einer Länge von Y/ı,”’ heran, Opal. armala ist gewöhnlich Yı.— 


’ 


lang, eben aus der Theilung hervorgegangene Individuen messen aber nur Yo Nr. Erwäst 
man nun ferner, dass sich ausser dem hornigen Haftapparat auch nicht der leiseste Unterschied 
zwischen Opal. lumbriei und Opal. armata auffinden lässt, so wird es sehr wahrscheinlich , dass 
die Opal. arıiata nur eine weiter vorgeschrittene Entwickelungsstufe der Opal. lumhriei ist. Ist 
dies der Fall, dann wird gewiss die Opal. armata später noch viel bedeutendere Metamorphosen 
eingehen, die vielleicht erst eintreten, wenn die Opalinen an einen, ihrer weitern Entwickelung 
günstigern Ort gelangen, etwa dadurch, dass die Regenwürmer von andern Thieren gefressen 
werden. Dass die Op. armata ihren Haftapparat zum Anhäkeln an den Darmwandungen ge- 
brauchte, habe ich nie gesehen; denn ich traf sie stets mitten zwischen den unverdaulichen , aus 


Steinchen, Erde und thierischen und vegetabilischen Fragmenten gebildeten Massen, die den 


1) Infusoires p. 461. und Pl. XIII. Fig. 12. 
2) Die Synonymie der in den Regenwürmern lebenden Opalinen ist demnach folgende: Opal. lumbriei 
Stein— Leucophrys striata und nodulata Diyjardin. — Opal. armata Stein— Opal. lumbriei Dujard. 
‚Stein. Infusorien. 24 


186 Ueber die Gattung Trichodina und über die Natur der Opalinen. 


Darmkanal der Regenwürmer erfüllen. Hierdurch wird es noch wahrscheinlicher, dass der Haft- 
apparat zu einer dauernden Fixirung der Opaline bestimmt ist. Das Festsetzen könnte wohl den 
Zweck haben, die Opaline oder ihren schlauchförmigen Nucleus in einen Eingeweidewurm um- 
zugestalten. Denn es ist bereits eine nicht geringe Zahl von Eingeweidewürmern bekannt, aus 
deren Eiern infusorienartige Embryonen ausschlüpfen. Leider sind die letztern noch nicht ge- 
nauer auf ihre, feinern histiologischen Verhältnisse untersucht; meistens wird nur angegeben, 
dass sie mit einem allgemeinen oder partiellen Wimperkleide versehen sind, nicht aber, ob sich 
auch die Gesammtmasse des Körpers eben so, wie bei den ächten bewimperten Infusorien ver- 
hält. Ein genauerer Vergleich zwischen Opalinen. und den infusorienartigen Embryonen der 
Würmer ist daher zur Zeit nicht. möglich. 


Wohl aber deuten schon ältere Beobachtungen darauf hin, dass zwischen Opalinen und 
Eingeweidewürmern ein näherer Zusammenhang bestehen könne. Unsere Süsswassermuscheln 
sind bekanntlich sehr reich mit Eingeweidewürmern verschiedener Art und mit deren Entwicke- 
lungsstufen besetzt. So finden sich z. B. in den Anodonten nach den klassischen Untersuchungen 
von K. E. v. Baer ') Aspidogaster conchicola, Distomum duplicatum , Bucephalus polymorphus 
und Cercarien ; ausser diesen Eingeweidewürmern kommen aber auch infusorienartige Schma- 
rotzer im Innern der Anodonten ‚vor, die v. Baer nach dem damaligen Standpunkte der Infu- 
sorienkunde als Colpoden und Paramäcien bestimmte ?). Es waren dies jedenfalls, wie auch wohl 
die von ©. F. MÜLLER an Mytilus edulis beobachteten Leucophra fluida, L. fluxa und L. ar- 
milla®) Opalinen; denn EHRENBERG hat einen Bewohner der Anodonten, der fraglich zur Gat- 


tung Leucophrys gestellt und L. Anodontae genannt wurde *), nach stärkerer Vergrösserung, als 
v. Baer abgebildet, und in dieser Abbildung kann ich nur eine Opaline erkennen. STEENSTRUP. 


hat dieselben Infusorien, wie v. BAER, ebenfalls massenhaft im Mantel, Fusse und andern innern 
Theilen der Anodonten beobachtet und ihre Metamorphose in Eingeweidewürmer direct ver- 
folgt). Er sah nämlich, dass sie ihr Wimperkleid verloren, sich festsetzten,, und sich nach und 
nach in ganz unbewegliche, ovale, parenchymatöse Körper umwandelten, die aber zu wachsen 
fortfuhren und eine innere Höhlung bekamen, in der sich die Keime zu Cercarienformen ent- 
wickelten.. Eben so machen es STEENSTRUP’S Untersuchungen wahrscheinlich, dass die von CARUS 
in den angeschwollenen Fühlern der Succinea amphibea entdeckte und als Zeucochloridium pa- 
radozum beschriebene Amme eines Distomums aus einer in ihrer Gesellschaft lebenden Opaline 
hervorgeht, welche mit der Opal. ranarum Aehnlichkeit hat °). In der letztern Opalinenform er- 


1) Beiträge zur Kenntniss der niedern Thiere in Nov. Acta. Acad. Caes. Leop. Carol. Vol. XIII. Pars II. 
p- 925 

2) A. a. O. 8. 59697. 

3), Animaleula infusoria p. 156. 

4) Die Infusionsthiere S. 313. und Taf. XXXII. Fig. 6. 

5) Ueber den Generationswechsel $. 98—100, 

6) Ebendaselbst S. 105. 


Ueber die Brutbildung bei Cihlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 187 


blickte auch schon STEENSTRUP die Larve eines Eingeweidewurmes. In neuster Zeit hat endlich 
Acassız gefunden '), dass der Embryo eines Distomums eine Opalinenart ist. i 
Jedenfalls verdienen die Opalinen für die Folge die sorgfältigste Beachtung und ich 
empfehle sie hiermit allen Forschern, denen sie zufällig aufstossen sollten, angelegentlich. 
Sollten sich die Opalinen dereinst wirklich als die Larven von Eingeweidewürmern erweisen, so 
läge die Thatsache vor, dass die Larven höherer Thierformen im feinern Baue bis auf die feinsten 
Einzelheiten mit den ächten Infusionsthieren übereinstimmten und sich auch auf dieselbe Weise, 
wie diese, durch Theilung vermehrten. Dann würde die Begriffsbestimmung der Infusionsthiere 
noch schwieriger werden, als sie. es zur Zeit schon wegen der yielen zweideutigen Formen ist, die 
mit eben so vielem Rechte einen Platz in der Abtheilung der Infusorien,, wie unter den niedern 


Algen beanspruchen können. 


8. 18. 
Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum und Vorticella microstoma 
und weitere Beobachtungen über die ruhenden Zustände der letztern Infusorienform. 


Unter allen entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen, welche ich bisher angestellt 
hatte, schienen mir diejenigen, welche die Vorticella mierostoma betrafen, am meisten dem Ab- 
schlusse nahe zu sein. Nur zwei Punkte machten noch weitere Beobachtungen wünschenswerth, 
und über diese wollte ich wenigstens noch ganz im Klaren sein, bevor ich meine Arbeiten der 
Oeffentlichkeit übergäbe. Einmal nämlich wünschte ich mich von Neuem und wo möglich noch 
bestimmter zu überzeugen, dass die Acinetenzustände Aectinophrys sol und Podophrya fixa wirk- 
lich auf die Weise aus den Vorticölleneysten hervorgingen,, wie ich oben zu zeigen gesucht habe, 
und‘ sodann wollte ich ermitteln, welche Rolle der Nucleus jener Acinetenzustände bei der Er- 
. zeugung der Schwärmsprösslinge spiele. Zu einer neuen Untersuchungsreihe bot sich mir im 
April 1850 reichliches Material dar. In einer Schüssel, in welcher Phryganidenlarven in Fäulniss 
übergegangen waren, traten nämlich zahlreiche Individuen der Vort. mierostoma auf, die sich, 
nachdem ich ein lebhaft vegetirendes Exemplar der Hottonia palustris in das Wasser gesetzt 
hatte, um die Fäulniss zu beseitigen, in. kurzer Zeit so massenhaft vermehrten ‚ dass die Ober- 
fläche der Flüssigkeit ganz milchig aussah. Ich schöpfte die milchige Schicht, die lediglich aus 
sehr muntern Vorticellen bestand, am 21. April ab und that sie in ein Glas mit reinem Brunnen- 
wasser. Schon am folgenden Tage fand ich viele der so isolirten Vorticellen encystirt und zwar 
ohne Unterschied grosse und .kleine Individuen. In den nächsten drei Tagen veränderte sich 
nichts weiter, als dass sich alle noch vorhandenen freien Vorticellen verpuppten. 

Jetzt liess ich die Flüssigkeit mehrere Tage in Ruhe, weil ich glaubte, dass nicht sobald 


eine weitere Veränderung, als höchstens die Umwandlung des encystirten Vorticellenkörpers in 


1) Söliman Amerie. Journal Mai 1852 p. 425. Ich entlehne diese Angabe und das Citat aus V. Carus Sy- 
stem der thierischen Morphologie. Leipzig, 1853. 8. 43. N 


24* 


= 


188 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


- 
eine Mutterblase eintreten würde. Als ich aber meine Beobachtungen am 2. Mai wieder aufnahm, 
fand ich bereits einzelne kleinere und grössere Individuen der bekannten Acinetenform, deren 
Zahl sich in den beiden nächsten Tagen sehr bedeutend vermehrte. Vom Beginn des Encysti- 
rungsprocesses bis zum Erscheinen der ersten Acineten waren also nur 11 Tage verflossen. Der 
Acinetenzustand war abermals durch die verschiedensten Formen von Actinophryen und Podo- 
phryen repräsentirt, am häufigsten war aber die Actinophrysform mit abgerundet dreieckigem, die 
Tentakeln in drei Büscheln tragendem Körper und die kurzgestielte Podophryenform mit zwei 
auf etwas vorgezogenen Vorderecken sitzenden Tentakelbüscheln (Taf. IV. Fig. 38. und. 41.). 
Gleichzeitig fanden sich noch Vorticelleneysten mit unveränderten Körpern, in den meisten war 
er aber in eine Mutterblase verwandelt, und sehr oft beobachtete ich ähnliche Cysten, wie die 
auf Taf. IV. in Fig. 50. und 51. abgebildeten, deren Mutterblase durch blindsackartige oder 
kleinere blasenförmige Auftreibungen ganz uneben geworden war, und die immer mehrere, oft 
zahlreiche wasserhelle Hohlräume von sehr ungleicher Grösse enthielt. Nicht selten hatten sich 
einzelne blindsackartige Vorsprünge der Mutterblase so stark ausgedehnt, dass die Cyste eine 
unregelmässige, abgerundet drei- bis fünfeckige Gestalt angenommen hatte. Diese Beobach- 
tungen machten mich natürlich in meinen früher gewonnenen Ansichten nur noch sicherer, ob- 
gleich ich auch diesmal keine bestimmtern Uebergangsstufen von den zuletzt erwähnten Oysten 
zu den Acinetenzuständen auffand. In dem ziemlich trüben Innern der Acineten, aus dem selbst 
der Nucleus oft nur sehr matt hervorschimmerte, konnte ich bis zum 8. Mai keine Veränderungen 
bemerken ; an diesem Tage begegneten mir aber die ersten Acineten mit einem völlig entwickelten, 
lebhaft rotirendem Schwärmsprössling. Am 9. und 10. Mai waren dergleichen Acineten schon 
eine ganz gewöhnliche Erscheinung und ich verfolgte häufig das freiwillige Ausschwärmen der 
Sprösslinge. Conjugirte Acinetenzustände waren mir während dieser ganzen Beobachtungsperiode, 
die mich um keinen wesentlichen Schritt weiter führte, auch nicht einmal vorgekommen. 

Im Juni 1550 nahm ich, um frisches Beobachtungsmaterial zu erhalten , wieder zu den 
Sturmfässern auf dem Gensdarmenmarkte meine Zuflucht, die mir im vergangenen Jahre grössere 
Acinetenzustände der Vort. microstoma und zugleich den so werthvollen Cystenzustand des OAx- 
lodon eueullulus geliefert hatten. Ich schöpfte diesmal aus einem Fasse, welches ein intensiv 
grünes Wasser von fast ölartigem Ansehen enthielt. Die Färbung dieses Wassers rührte von un- 
geheuren Schaaren des O’hlorogonium euchlorum Ehbg. her, eines starren, spindelförmigen, mo- 
nadenartigen Infusoriums, das am vordern Ende mit zwei langen, die Locomotion vermittelnden 
Geisseln versehen ist, und dessen krystallhelle Körperhülle von einem grünen, feinkörnigen In- 
halte erfüllt wird, der an seinem vordern Ende einen sehr kleinen rothen Pigmentfleck führt. 
Unter den Chlorogonien fanden sich ausserdem noch in ziemlicher Menge kleine Individuen des 
Ohrlodon eucullulus, aber nur sehr untergeordnet Vorticellen. 

Obgleich ich die geisseltragenden Infusorien schon seit längerer Zeit aus dem Kreise 
meiner Untersuchungen absichtlich ausgeschlossen hatte, um mich nicht von meinen Hauptauf- 
gaben abziehen zu lassen, so mochte ich doch das sich mir jetzt so massenhaft darbietende C’Alo- 


rogonium euchlorum wicht von der Hand weisen, ohne zu versuchen, ob es mir nicht gelingen 


# Deber die Brutbildung bei C'hlorogonium euchlorum u. Wort. microstoma. 189 


sollte, die höchst interessanten Angaben, welche Dr. J. F. Weisse in Petersburg kurze Zeit 
zuvor über die Entwickelungsweise jenes Geschöpfes veröffentlicht und auf deren Bedeutung 
K. E. v. Baer noch in einer besondern Nachschrift aufmerksam gemacht hatte !), durch eigene 
Anschauung kennen zu lernen. Anfangs vermochte ich keine andere Vermehrungsweise aufzu- 
finden, als die auch sehr merkwürdige, zuerst durch EHRENBERG *) bekannt gewordene, mehr- 
fache schiefe Selbsttheilung. Als ich aber eines Tages (es war der 23. Juni) meine Beobachtungen 
zufällig schon früh um 7 Uhr begann, traf ich sofort in Menge alle die von Weisse beschriebenen 
Metamorphosenstufen des Chlorogoniums, welche die Bildung einer zahlreichen lebendigen Brut 
zum Zweck haben. Die ersten Anfänge dieser Entwickelungsweise geben sich dadurch zu erken- 
nen, dass der gesammte Leibesinhalt des Chloregoniums von den starren, nicht die geringste 
Spur von Contractilität zeigenden, durchsichtigen Körperwandungen etwas nach innen zurück- 
weicht und einen scharf begränzten, spindelförmigen Körper bildet, der bald nachher seichtere 
und tiefere, quer und schief verlaufende Einschnürungen bekommt. Nach einem bestimmten Ge- 
setze, treten diese Einschnürungen nicht auf; denn oft sah ich einen grossen Theil des contra- 
hirten Körperinhalts noch ganz glatt, während der andere bereits mit kleinern und grössern 
höckrigen Vorsprüngen und blasenförmigen Auftreibungen versehen war. Eine einigermaassen 
ähnlich fortschreitende, regelmässige Zerklüftung, wie bei der Dottertheilung, findet durchaus 
nicht statt. Mit der Zeit bekommt der ganze contrabirte Körperinhalt eine ziemlich gleichförmige, 
blasig-körnige Oberfläche, die Einschnürungen werden dann immer zahlreicher, greifen tiefer 
ein, und sondern die einzelnen Vorsprünge mehr und mehr als selbstständige Bläschen von einan- 
der, und zuletzt ninrmt der Körperinhalt ein brombeer- oder weintraubenartiges Ansehen an, 
indem er einen spindelförmigen Haufen von zahlreichen, dicht zusammengedrängten und innig 
an einander klebenden, länglich ovalen Körnchen bildet. 

Die Chlorogonien, welche in den eben geschilderten Metamorphosen begriffen sind, 
hören nicht auf, sich auf dieselbe Weise, wie die gewöhnlichen Individuen zu bewegen , zuletzt 
aber, wenn der Körperinhalt bereits in einen gleichförmigen Körnerhaufen umgewandelt ist und 
der Zusammenhang der einzelnen Körner immer loser zu werden anfängt, verlangsamen sich ihre 
Bewegungen und sie bleiben dann plötzlich ganz stille liegen. Fixirt man sie nun einige Zeit, so 
sieht man mit Staunen, bisweilen schon nach wenigen Minuten, wie den ganzen Körnerhaufen ein 
leises Wogen: durchzieht und gleichsam von innen her ein Drängen stattfindet, was daher rührt, 
dass die einzelnen Körner, die nun zu selbstständigem Leben erwacht sind, sich vollständig von 
einander trennen. Ist dies geschehen, so fahren sie in buntem Gewimmel nach allen Richtungen 
hin aus einander. Jedes Körnchen ist ein Junges von länglich ovaler Gestalt, das sich gewiss 
auch vermittelst schwingender Geisseln bewegt; doch lassen sich diese bei der geringen Grösse 
des Körpers nicht direct beobachten. Bald giebt die todte Mutterhülle der gegen sie andrängen- 


1) Bulletin physico -mathematique de U Acad. des seiene. de St. Petersbourg T. VI. Nr. 20. und daraus über- 
setzt in WIEGMANN’S Archiv für Naturgesch. 1848 Band I. S. 65--71. 
2) Die Infusionsthiere S. 114. 


199 Ueber die Brutbildung bei Chhlorogonium euchlorum u. Vort. microstoma. 


den Brut gewöhnlich in der Nähe ihrer Mitte nach, die Jungen stürzen nach aussen hervor 
und zerstreuen sich nach allen Seiten, Anfangs noch etwas taumelnd, dann aber in sehr ge- 
wandten Bewegungen und unter beständigen Drehungen um ihre Axe. Unmittelbar nach dem 
Ausschwärmen der Jungen konnte ich stets noch die nun gänzlich entleerte, krystallhelle, starre 
Mutterhülle erkennen, nach kurzer Zeit aber wurde sie undeutlicher, sie löste sich sichtlich auf 
und verschwand spurlos. 

Von 7 bis 9 Uhr, wo ich meine Beobachtungen abbrechen musste, hatte ich Hunderte 
von Chlorogonien aufgefunden, deren Körperinhalt die Traubenform angenommen hatte. Die 
meisten derselben lagen regungslos am Boden des Gefässes, und bei diesen brauchte ich nicht 
lange auf den Act des Ausschwärmens der Jungen zu warten, den ich in Zeit von zwei Stunden 
wohl einige 30 Male verfolgte. Die Chlorogonien, welche auf diese, mehr einer innern Knospen- 
bildung, als einer fortgesetzten Theilung vergleichbare Weise in lebendige Brut zerfielen, hatten 
übrigens eine sehr verschiedene Grösse und nach dieser richtete sich wieder die Grösse der Jun- 
gen. Die Zahl derselben in einem Mutterkörper scheint nicht so beträchtlich zu schwanken; ich 
schätzte sie durchschnittlich auf 25 bis einige 30. 

"Als ich am Nachmittage meine Untersuchungen fortsetzen wollte, war ich nicht wenig 
erstaunt, keine einzige der am Morgen gesehenen, in der Brutbildung' begriffenen Chlorogonien 
mehr auffinden zu können; es zeigten sich überall nur gewöhnliche Individuen , ausserdem aber 
noch eime von mir früher nicht bemerkte, jetzt in grosser Anzahl vorhandene, zu Familienstöcken 
vereinigte Monadenform, die Uvella bodo Ehbg., die auch Weisse im Gefolge der lebendig gebä- 
renden Chlorogonien stets massenhaft auftreten sah, und die er deshalb für die weiter entwickelte 
Chlorogonienbrut ansah. Diese Annahme hat auf den ersten Anblick Manches für sich, und EH- 
RENBERG selbst sprach bereits die Vermuthung aus, die Uvella bodo könne vielleicht der Jugend- 
zustand des C’hlorog. euchlorum sein '). Mir scheint dies dennoch, nachdem ich von U, bodo 
sehr grosse Exemplare genauer untersucht habe, nicht gut möglich zu sein. Die U. dodo bildet 
maulbeerartige Familienstöcke, welche aus einer grössern oder geringern Zahl ovaler, umgekehrt 
eiförmiger ; oder kurz spindelförmiger, monadenartiger Individuen bestehen, die Anfangs mit 
einem grössern Theile ihrer Seitenwandungen verwachsen sind, später sich'nur noch in einzelnen 
Punkten berühren und zuletzt ganz aus einanderfallen. Jedes Individuum hat eine krystallhelle 
Körperhaut, umschliesst einen homogenen, feinkörnigen grünen Inhalt ohne rothen Pigment- 
fleck und ist an einem seiner freien Enden mit langen Geisseln versehen , die weder von Eurkx- ' 
BERG, noch von Weıssz erwähnt werden. Die meisten Geisseln sind bei den Bewegungen des Fa- 
milienstocks, der nach vorn breiter und abgerundeter ist, und der beständig um seine Längsaxe 
rotirt, nach hinten gerichtet, und da sie sich vielfältig kreuzen, so lässt sich natürlich nicht be- 
stimmen, wie viele Geisseln auf ein.Individuum kommen. 'Zerfällt aber der Stock in seine Indi- 
viduen, so sieht man ganz deutlich, dass jedes derselben mit mehr als zwei Geisseln versehen ist, 
die auf einem kurzen , schnabelartigen Vorsprunge sitzen. Ueber ihre Zahl bin ich nur insofern - 


1) Die Infusionsthiere 8. 267. 


Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Wort. mierostoma. 191 


zweifelhaft geblieben, als ich nicht mit Sicherheit anzugeben vermag, ob vier oder fünf Geisseln 
vorhanden sind. Ganz bestimmt erkannte ich stets vier, nicht selten schien aber auch noch eine 


fünfte Geissel vorhanden zu sein. 


Die durch den Zerfall des Familienstockes frei werdenden Individuen entwickeln sich 
wieder zu neuen Stöcken, indem auf dem mittlern Theile ihres Leibes im ganzen Umfange hök- 
kerartige Auswüchse, die offenbar die Bedeutung von Knospen haben, entstehen, zu blindsack- 
artigen Beuteln auswachsen und sich immer schärfer als selbstständige ovale Säckchen, die an 
dem einen Pole besondere Geisseln bekommen, abschnüren. Nicht selten traf ich im Zerfallen 
begriffene Stöcke, deren hintere Individuen sich durch Knospenbildung bereits zu neuen kleinen 
Stöcken zu entwickeln angefangen hatten, während die vordern noch einfach waren. Die jungen 
Stöcke, die oft schon die Form einer kleinen Maulbeere hatten, waren nicht grösser, als die ein- 
fachen Individuen ‚ mit denen sie wieder zu einem grössern maulbeerartigen Stocke verel- 


nigt waren. 


‚Aus diesen Beobachtungen folgt zuvörderst, dass unsere sich zu maulbeerartigen Stöcken 
entwickelnde Monadenform nicht länger zur Gattung Uvella gerechnet werden darf, da die Mit- 
glieder dieser Gattung, so weit sie genauer beobachtet sind, durch den Besitz von nur zwei 
Geisseln an jedem Individuum characterisirt sind !). Eine Mehrzahl von Geisseln zeichnet unter 
den grünen Monadenformen nur die Gattung Phacelomonas von EHRENBERG aus, die zur Zeit 
nur von einer einzigen Art, der Ph. pulvisculus Ehbg. gebildet wird ?). Zu dieser Gattung muss 
die Uvella bodo Ehbg. als eine zweite Art, die demnach Phacelomonas bodo heissen wird, ge- 
bracht werden. PA. pulviseulus führt nach Eurexsure $S—10 Geisseln und ist bisher nur in ein- 
fachen, durch vollständige Quertheilung (?) sich vermehrenden Individuen beobachtet worden; 
Ph. bodo besitzt 4—5 Geisseln und entwickelt sich durch Knospenbildung zu Familienstöcken, 
die wieder in einfache Individuen oder junge Familienstöcke zerfallen. — In der Mehrzahl der 
Geisseln liest nun aber auch für mich der Grund, warum ich EurENBeEre’s Uvella bodo nicht 

mit Weisse für eine weitere Entwickelungsstufe der Chlorogonienbrut ansehen kann. Wäre sie 
" dies, so könnte sie sich immerhin zu Familienstöcken entwickeln , ‚jedes Individuum würde dann 
aber doch nur mit zwei Geisseln versehen: sein können, weil nur auf diese Weise eine Rückkehr 
von den Uvellen zu den Chlorogonien denkbar ist. Denn, dass die aus dem Zerfall des Uvellen- 
stocks frei werdenden Individuen zwei oder drei ihrer Geisseln abwerfen sollten, um wieder in 
die Chlorogonienform übergehen zu können. ist doch höchst unwahrscheinlich. Dass übrigens 
Monas (Glenomorum) tingens Ehbg.°) keine, selbstständige Monadenform ist, sondern nur un- 
ausgewachsene Zustände des Chlorog. euchlorum darstellt, wie ebenfalls zuerst Weisser geltend 
machte, das halte auch ich für unzweifelhaft. 


1), EHRENBERG, die Infusionsthiere $. 19. 
2) Ebendaselbst S. 28. 
3) Ebendaselbst S. 17. und 27. und Taf. I. Fig. XXI. 


192 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


Phacelomonas bodo beobachtete ich auch in den folgenden Tagen noch sehr häufig zu 
jeder Tageszeit, die brutbildenden Chlorogonien traf ich aber immer nur in den Morgenstunden ') 
und zwar höchstens bis früh um -10 Uhr; später waren sie stets spurlos verschwunden. Beachtet 
man künftighin diesen Umstand, so wird man vielleicht das sehr verbreitete und gemeine Chloro- 
gonium immer in der Brutbildung beobachten können. Auf die Frage, ob die unter dem Namen 
Chlorogonium und Phacelomonas begriffenen Geschöpfe, 'Thiere oder Pflanzen seien, kann ich 
nicht näher eingehen, ohne die mir hier gesteckten Gränzen weit zu überschreiten. Ich muss 
mich mit der Bemerkung begnügen, dass mir das Erstere zur Zeit immer noch wahrscheinlicher 
erscheint. Geschöpfe, die sich ihr ganzes Leben lang bewegen, die sich fleissig theils durch mehr- 
fache gleichzeitige diagonale Selbsttheilung,, theils durch innere oder äussere gleichzeitige mehr- 
fache Knospenbildung vermehren, die ferner, so weit meine Erfahrungen reicher’, niemals für 
längere Zeit in Ruhe übergehen und zu keimen anfangen, die endlich den durch unverkennbare 
thierische Charactere ausgezeichneten Euglenen so ausserordentlich nahe stehen, kann ich mich 
vor der Hand noch nicht entschliessen, deshalb für pflanzliche Gebilde auszugeben , weil gewisse 
Algen sehr ähnlich geformte Schwärmzellen hervorbringen. 

Beim Aufsuchen der brutbildenden Chlorogonien traf ich noch in ziemlicher Anzahl, doch 
meist nur vereinzelt, die Cystenzustände des Chilodon eueullulus, die zum Theil auch einen ent- 
wickelten Schwärmsprössling enthielten. Ueber diese zweite Beobachtung von Chilodoncysten 
habe ich bereits oben gesprochen. Am 7. Juni schöpfte ich noch einmal aus einem andern Sturm- 
fasse auf dem Gensdarmenmarkte Wasser, und dieses war wieder sehr reich an Vorticellen,, ent- 
hielt auch bereits eine beträchtliche Anzahl von Vorticelleneysten ; Acinetenzustände aber sah ich 
in den drei ersten Tagen nicht. Dann erlitten meine Beobachtungen eine Unterbrechung bis zum 
16. Juli, und an diesem Tage traf ich bereits eine grosse Menge Acinetenzustände, und zwar fast 
nur runde Actinophryen mit über die ganze Oberfläche vertheilten Tentakeln und Actinophryen 
mit abgerundet dreieckigem Körper. Sie hatten zum Theil eine ansehnliche Grösse, zeigten auch 
mehrfach die äussere eystenartige Hülle an einer oder mehreren Stellen blasenförmig von dem 
eingeschlossenen eigentlichen Körper abgehoben, und der Körperinhalt war oft durchscheinend 
genug, um die festen Gebilde in ihm schärfer unterscheiden zu können. Bald traf ich Indivi- 
duen , die statt des gewöhnlichen Nucleus einen viel grössern, ovalen, scharf begränzten Körper 
enthielten, um den aber keine deutliche Höhle zu unterscheiden war; er zeigte nicht die leisesten 
Regungen und hatte eine ganz nackte, wimperlose Oberfläche. Da ich ausser demselben keinen 
besondern Nucleus zu unterscheiden vermochte, so glaubte ich, dass der Nucleus des Actinophrys- 
körpers sich zu dem grössern ovalen Körper entwickelt habe, was, wie ich jetzt weiss, nicht 
richtig ist. Dass der ovale Körper ein in der Bildung begriffener Schwärmsprössling war, konnte 


nicht zweifelhaft sein, denn ich traf in den nächsten Tagen Actinophryen mit einem eben so 


1) Das Austreten von beweglichen Keimzellen bei den Algen pflegt bekanntlich ebenfalls auf die frühen 
Morgenstunden beschränkt zu sein. Man vergleiche hierüber die höchst interessanten Angaben von ALEX. BRAUN 
in seinen „„Betrachtungen über die Ersch, der Verjüngung in der Natur‘‘ 8. 237—41. 


” 


um 


Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. microstoma. 193 


grossen ovalen Körper, der bereits Andeutungen von’Wimpern zeigte und der in einer deutlichen 
Aushöhlung des Leibesinhalts ruhte. Entwickelte Schwärmsprösslinge beobachtete ich erst vom 
20. Juli an häufig. 

Hiermit schlossen meine Infusorienforschungen in Berlin ab; denn zu Anfang August 
erhielt ich den Ruf in meine gegenwärtige Stellung nach Tharand, und dadurch wurde meinen 
wissenschaftlichen Untersuchungen für lange Zeit ein Ziel gesetzt. Erst in den Herbstferien des 
Jahres 1851 konnte ich die ein ganzes Jahr lang mit schmerzlicher Resignation unterbrochenen 
Infusorienarbeiten wieder aufnehmen, und dies geschah während eines längern Aufenthaltes in 
Niemegk '). Hier war es eine meiner vorzüglichsten Aufgaben, mir noch mehr Licht über die 
ruhenden Zustände der Vort. microstoma zu verschaffen. Am 21. August schöpfte ich aus dem 
schon mehrerwähnten Mistpfuhl wieder einen Tassenkopf voll Jauche, die von Tausenden zu an- 
sehnlicher Grösse entwickelter Vorticellen belebt wurde, auch bereits eine grosse Anzahl von 
Cystenzuständen enthielt, die theils frei umhertrieben,, theils noch mit dem Vorticellenstiele im 
Zusammenhange standen. Untergeordnet fanden sich in der Jauche noch Chlamidomonas pulvis- 
eulus, Buglena viridis und BE. pleuronectes, Paramaecium aurelia, Stylonychia pustulat« und 
Holophrya discolor ; letztere Infusorienform traf ich ebenfalls nicht selten in diekwandigen Cy- 
sten eingeschlossen. Ich verwendete nun täglich auf die Controle der Jauche etwa eine Stunde, 
während ich die übrige Zeit dem Studium anderer Infusorienformen widmete, von denen im fol- 
genden Abschnitte die Rede sein wird. Anfangs vermehrten sich die Vorticellen noch lebhaft 
durch Theilung und Knospenbildung, bald aber wurden die freien Vorticellen seltner, ohne je- 
doch ganz zu verschwinden, und ungeheure Massen von Vorticellencysten trieben nun theils an 
der Oberfläche des Wassers umher, theils lagen sie in dichten Schichten in dem körnigen Ueber- 
zuge an den Wandungen der Tasse und ganz besonders in dem auf dem Boden derselben abge- 
setzten Schlamme. Acinetenzustände liessen sich nirgends blicken. 

Um die Vorticellencysten möglichst von den noch vorhandenen freien Infusorienformen 
zu sondern und dadurch ihre Verwandlungen ungestörter verfolgen zu können , wählte ich jetzt 
ein Verfahren, von dem ich auch noch hoffte, dass es vielleicht die weitere Entwickelung der 
Vorticellenceysten beschleunigen könne. Ich goss nämlich am 27. August früh den grössten Theil 
der Jauche bis auf den schlammigen Bodensatz in ein anderes Gefäss, und liess dann den Boden- 
satz und den die Wandungen der Tasse bekleidenden Ueberzug durch Verdunstung der noch vor- 


handenen Wassertheilchen eintrocknen. Dies war bereits am Morgen des folgenden Tages ge- 


schehen ; dessenungeachtet liess ich die festen Rückstände noch den ganzen Tag über an der 


Sonne stehen, so dass sie eine harte, zerreibliche, fest an der Unterlage angebackene Masse bil- 
deten. Am 29. August Nachmittags kratzte ich diese Masse auf einen Haufen zusammen und 
übergoss sie nun mit reinem Brunnenwasser, welches ich in der Regel so gut wie ganz frei von 
Infusorien fand. In dem aufgeweichten Schlamme zeigte sich jetzt natürlich nichts weiter als 


1) Ueber einen grossen Theil der hier gewonnenen Resultate handelt speciell meine’ zweite Infusorien- 
abhandlung. 


Stein, Infusorien. 25 


ie 


194 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


Vorticelleneysten und vereinzelte Oysten der Holophrya discolor ; ın beiden war der Inhalt durch- 
aus frisch und unversehrt geblieben. Bei der Revision am folgenden Tage bemerkte ich mit Be- 
fremden hin und wieder völlig ausgewachsene, frei umherschwimmende Vorticellen, die aber zum 
Theil schon wieder im Eneystiren begriffen waren. Ich vermuthe, dass diese durch die schnelle 
Verdunstung des Wassers verhindert wurden, sich zu verpuppen, und dass sie sich bloss durch 
einfache kuglige Contraction ihres Körpers, ähnlich wie die Räderthiere beim Wassermangel, 
vor dem Absterben schützten. Schon am nächsten Tage waren sie wieder verschwunden. 

In den ersten Tagen des September fanden sich immer noch sehr viele Cysten mit un- 
verändertem Vorticellenkörper; häufig hatte sich der letztere aber bereits in eine Mutterblase-um- 
gewandelt, und diese begann schon ein gelapptes Ansehen anzunehmen (Taf. IV. Fig. 50.) und 
sich in zahlreiche, kurz blasenförmige Blindsäckchen an ihrer Oberfläche zu erheben (Fig. 51.). 
Dergleichen Cysten wurden bis zum 8. September immer häufiger, und diese fasste ich nun be- 
sonders scharf ins Auge. An diesem Tage fiel es mir zuerst auf, dass sich an manchen Cysten 
ein blindsackartiger Vorsprung der Mutterblase, oder sogar drei bis vier, in einen kegelförmigen 
Zapfen (Fig. 52. a. a.) ausgedehnt hatten, welcher die Cystenwandungen durchbohrte und eine 


kurze Strecke weit frei nach aussen hervorragte. Am häufigsten waren die Cysten mit nur einem 


zapfenartigen Vorsprunge, und als ich eine solche einige Zeit fixirte, sah ich mit Staunen, wie 


sich plötzlich der zapfenartige Vorsprung (Fig. 53. ec.) an der Spitze öffnete, und wie gleich 
darauf unter Zusammenschrumpfen der Mutterblase (5.) aus der Oeffnung eine dünne gallert- 
artige wasserhelle Flüssigkeit hervorquoll, die sich zu einer an der Zapfenmündung hängen blei- 
benden, eine zahlreiche, lebendige Brut einschliessenden Kugel (d.) ausbreitete. Die Gallertkugel 
hatte fast den Umfang der Cystenhöhlung, und sie enthielt einige dreissig Junge (e.), die sich 
sehr munter und behende in ihr umhertummelten, und deren Gewimmel ganz denselben Anblick 
gewährte, wie das der Chlorogonienbrut in der starren, entleerten Mutterhülle. Sie hatten einen 
opaken , bläulichgrauen Körper von ovalem oder eiförmigem Umriss, der aber durch Umbiegen 
des vordern Endes nach der einen oder der andern Seite gewöhnlich eine nierenförmige Gestalt 
annahm. Wimpern vermochte ich. an so kleinen Körpern, die kaum "ss" Länge überschritten, 
nicht zu unterscheiden. Die Vorticellenbrut hat eine unverkennbare Achnlichkeit mit manchen 
in der Gattung Monas untergebrachten Infusorienformen, namentlich mit Monas colpoda und M. 
seintillans, und ich vermuthe daher, dass sich dereinst die nicht grün gefärbten Monadenformen 
wohl nur als die Jugendzustände bewimperter Infusorienformen ausweisen werden. 

a Die aus der Mutterblase hervorgetretene Gallertkugel schwillt schon nach wenigen Mi- 
nuten durch Wasseraufnahme beträchtlich auf, fliesst dann plötzlich aus einander und die auf 
diese Weise frei werdende Brut zerstreut sich nun eilig in ganz ähnlichen Bewegungen, wie sie 
den Monaden eigen sind. Die in der Vorticelleneyste zurückbleibende, mehr oder weniger zu- 
sammengeschrumpfte, runzlige Mutterblase ist bis auf geringe Reste feiner Körnchen, welche 
ihrer innern Oberfläche ankleben, alles Inhalts beraubt, und sie bleibt mit ihrer halsartigen, 
sich nicht wieder schliessenden Mündung in der Oeffnung der Cystenwand hängen. Dergleichen 


Cysten mit entleerter Mutterblase sah ich nach Verlauf einiger Tage in grosser Menge an der 


Ueber .die Brutbildung bei Ohlorogonium euchlorum u. Vort. mierosioma. 195 


Oberfläche der Flüssigkeit umhertreiben. Noch am 8. September, besonders aber in den nächst- 
folgenden Tagen beobachtete ich häufig Cysten mit hervorragender Mündung der Mutterblase, 
an der noch die die Brut umschliessende Gallertkugel hing, auch sah ich mehrmals wieder einen 
über die Cystenwand hervorragenden Fortsatz der Mutterblase sich öffnen und in demselben Au- 
genblicke den gesammten zähflüssigen krystallhellen Inhalt mit der wimmelnden Brut hervor- 
schiessen. ‘Noch häufiger aber verschaffte ich mir diesen Anblick dadurch, dass ich auf die Cysten 
mit’ blasig-höckriger Oberfläche einen mässigen Druck mit dem Deckgläschen ausübte. Nicht 
selten presste ich dann einen mehr oder weniger trüben zähflüssigen Inhalt hervor, in dem be- 
wegungslose, opake, scheibenförmige Körperchen lagen. In diesem Falle war offenbar der Inhalt 
"@er Mutterblase zur Geburt noch nicht reif gewesen. Als ich nun die noch stehen gebliebene, ab- 
gegossene Jauche vom 27. August untersuchte, traf ich ebenfalls eine Menge Vorticelleneysten 
mit reifer Brut. Das Eintrocknen der Cysten ist also keineswegs eine Vorbedingung zur Erzeu- 
gung der Brut. | 
Der lebendige Inhalt von reifen Mutterblasen, die bereits mit einem oder mehreren zapfen- 
artigen Fortsätzen die Cystenwand durchbohrt hatten, liess sich von aussen niemals unterschei- 
den; denn die Oberfläche der Mutterblase erscheint stets sehr trübe nnd nur an gewissen, scharf 
umschriebenen rundlichen, knollen- oder nierenförmigen Stellen, die oft einen anzgbalichen Um- 
fang hatten und dann wie Inseln in der trüben peripherischen Substanz erschienen, leuchtete die 
helle, den ganzen innern Raum der Mutterblase erfüllende Gallertsubstanz hervor, welche durch 
die Brut wieder eine grössere oder geringere Trübung erhielt. Dagegen traf ich eine beträchtliche 
Anzahl von Vorticelleneysten mit einer weniger weit in der Entwickelung vorgeschrittenen Mut- 
terblase (Taf. IV. Fig. 49.), welche noch eine ziemlich ebene Oberfläche hatte, einen deutlicher 
kömigen Inhalt umschloss, aber bereits ebenfalls mehrere helle, hohlraumartige Stellen zeigte. 
In ihrem Innern war noch sehr deutlich der langgestreckte hufeisen - oder ringförmig zusammen- 
gekrümmte Nucleus zu erkennen, von dem in den reifern Cysten keine Spur aufzufinden war. 
Er bestand aber nicht mehr aus der gewöhnlichen homogenen feinkörnigen Substanz allein, son- 
dern in derselben lag noch eine unbestimmte hl von scharf begränzten, scheibenförmigen, kern- 
artigen Gebilden, und nicht selten glich er einem Strange von dicht neben einander liegenden, 
opaken, rundlichen oder ovalen Körperchen (Fig. 49. d.), die nur durch geringe Reste einer lich- 
tern Bindesubstanz zusammengehalten wurden. Diese Beobachtungen zusammengenommen 
klären uns hinlänglich über die Vorgänge im Innern der Vorticelleneysten auf, welche die Er- 
zeugung einer lebendigen Brut zum Ziel haben. Hat sich nämlich der encystirte Vorticellen- 
körper in eine Mutterblase umgewandelt, so wird jedenfalls nach und nach der körnige Inhalt der 
letztern bis auf geringe peripherische Reste in eine gallertartige, homogene, krystallhelle Flüssig- 
keit, gleichsam in eine Art Fruchtwasser umgewandelt, während sich gleichzeitig innerhalb des 
unverkürzt gebliebenen Nucleus zahlreiche, scharf begränzte, scheibenförmige Körperchen ent- 
wickeln, die sich auf Kosten der ursprünglichen Nucleussubstanz vergrössern und zuletzt als 
lebendige Brut auseinanderfallen. Die inzwischen sehr uneben gewordene Mutterblase dehnt 
sich endlich an einer oder mehreren Stellen in kegelförmige, die Cystenwand durchbohrende Fort- 


25 


F.. 
4 


2 


196 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. microstoma. j 


sätze aus, und indem einer derselben in Folge von Contractionen der Mutterblase an der Spitze 
platzt, schiesst das gallertartige Fruchtwasser mit den in ihm enthaltenen Jungen hervor. r 

Ich muss gestehen, dass mir die eben geschilderte Entdeckung Anfangs höchst unge- 
legen kam; denn sie schien meine so mühsam errungenen Ansichten über die Entstehungsweise 
der Acinetenzustände umzustossen, ja es wohl gar in Frage zu stellen, ob die Acineten wirklich 
in den Entwickelungskreis vorticellenartiger Infusionsthiere gehörten. Bisher hatte ich geglaubt, 
dass die Vorticelleneysten mit am stärksten in der Metamorphose vorgeschrittenen, in blindsack- 
artige Läppchen ausgezogenen Mutterblasen auf dem Uebergange in den Acinetenzustand be- 
griffen seien ; jetzt hatte ich mich durch sehr zahlreiche Beobachtungen überzeugen müssen, dass 
sie keine weitere Formumwandlung erlitten, sondern dass ihre Mutterblase zuletzt nur eine zahl- 
reiche lebendige Brut entliess. Dessenungeachtet fand ich bei wiederholter ruhiger Erwägung 
aller der Thatsachen, welche mich auf die Bildungsweise der Acineten geführt hatten, dass meine 
Ansicht über diesen Gegenstand dennoch im Wesentlichen richtig sein müsse, dass sie aber in 
irgend einem Punkte noch einer Berichtigung bedürfe. Jedenfalls war die Behauptung von mir 
zu allgemein gewesen, dass der Cystenzustand der Vorticellen nur eine Vorbereitungsstufe zu dem 
Acinetenzustande derselben bilde; denn die Vorticelleneysten mit lappiger Mutterblase lieferten 
ja entschieden keine Acineten. Eben so entschieden lehrten aber auch die feinern Structurver- 
hältnisse der verschiedenen Formen des Acinetenzustandes, dass dieselben von einer gemeinsamen, 
eystenartigen Grundform ausgehen müssen. Erwägen wir dies und den Umstand, dass die Aci- 
netenzustände ganz constant im Gefolge des Encystirungsprozesses der Vorticellen auftreten, so 
werden wir nicht für alle encystirten Vorticellen genau dieselbe Weiterentwickelung voraussetzen 
dürfen, sondern annehmen müssen, dass sich die einen auf die früher angegebene Weise in Aci- 
netenformen umbilden, die andern aber zu Brut erzeugenden Mutterblasen entwickeln. 

Diese Ansicht wird noch besonders dadurch unterstützt, dass ich neben den Brut ge- 
bärenden Cysten fortdauernd und in grosser Anzahl solche Vorticelleneysten beobachtete, deren 
ebenfalls bereits in eine Mutterblase umgewandelter Körper die Cystenhöhlung genau ausfüllte, 
Die Wandungen dieser Cysten waren gewöhnlich®iel dünnhäutiger und weicher, und der eney- 
stirte Körper enthielt nicht immer den langgestreckten, hufeisenförmig zusammengekrümmten 
Nucleus, sondern einen mehr oder weniger verkürzten; ja nicht selten bildete der Nucleus einen 
kurz nierenförmigen bis ovalen Körper, wie in den Acinetenzuständen. Der letztere Punkt ist 
sehr beachtenswerth, weil er lehrt, dass sich die encystirten Vorticellen, nachdem sie zu einfachen 
‚Blasen geworden sind, nach zwei verschiedenen Richtungen weiter entwickeln; denn in den Brut 
erzeugenden Mutterblasen behält der Nucleus bis zu seinem Zerfallen in die Brut seine ursprüng- 
liche, langgestreckte Form bei. Vielleicht können nur diejenigen Vorticellenceysten in die Acine- 
tenzustände übergehen, welche die dünnhäutigen, gallertartigen, dem eingeschlossenen Körper 
innig anliegenden Wandungen haben. 

Auch diesmal wartete ich nicht vergeblich auf die Acinetenzustände. Am 18. September 
erschienen die ersten Exemplare, aber noch ausserordentlich vereinzelt; es waren nur kurz- und 
dünngestielte Podophryen. Am 19. September traf ich bereits in jedem Tropfen ein bis zwei Aci- 


Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 197 


netenzustände und zwar sowohl kurz- und langgestielte Podophryen, wie auch Actinophryen ; 
eine kurzgestielte Podophrye enthielt sogar schon einen rotirenden Schwärmsprössling. Am 20. 
und 21. September hob ich mit jedem Tropfen durchschnittlich 6—8 Acinetenzustände aus der 
Flüssigkeit, und in den nächstfolgenden Tagen oft 20 — 30, zumal wenn ich ganz nahe an der 
Oberfläche schöpfte. Vom 21. September an waren entwickelte Schwärmsprösslinge in den Aci- 
netenzuständen eine häufige Erscheinung; conjugirte Acineten wurden aber durchaus nicht beob- 
achtet. Weiter wurden diese Untersuchungen nicht fortgesetzt, da meine Zeit in Niemegk ausser- 
ordentlich durch die im folgenden Abschnitte geschilderten Infusorienformen in Anspruch ge- 
nommen wurde. 

Im Laufe der Jahre 1852 und 1853 habe ich in Tharand die Vort. mierostoma noch sehr 
oft zum Gegenstande meiner Untersuchungen gemacht und fast alles früher Gesehene immer 
wieder aufgefunden. Ich will jedoch den Leser nicht durch eine ausführliche Schilderung aller 
einzelnen Beobachtungsreihen ermüden, sondern nur die wesentlichsten Momente aus allen zu- 
sammen hervorheben. Als ein wichtiges Resultat muss ich voranstellen, dass, so oft sich bei mir 
Vorticellen in Menge encystirten, ohne Ausnahme auch früher oder später die Acinetenzustände 
in grosser Zahl erschienen. Dies geschah auch, wenn ich eine Flüssigkeit, die viele Vorticellen- 
cysten enthielt, eintrocknen und Wochen lang stehen liess, und wenn ich dann den steinhart ge- 
wordenen Rückstand mit destillirtem Wasser übergoss. Bisweilen erschienen schon nach 12 Stun- 
den einzelne grosse Actinophryen, die ganz unmöglich in so kurzer Zeit aus solchen feinen Köm- 
chen hätten heranwachsen können, als EHRENBERG für die Erzeugung aller Infusionsthiere vor- 
aussetzt. In andern Fällen musste ich aber auch 14 Tage und länger warten, bevor die Acineten- 
zustände auftraten. Niemals habe ich vergeblich auf sie gewartet, und ich kann deshalb mit vol- 
lem Rechte sagen, dass ich Actinophrys sol und Podophrya fiva aus der Vorticella microstoma 
erzogen habe. Hatten die Acinetenzustände einige Zeit Schwärmsprösslinge zu gebären ange- 
fangen, so erschienen auch die Vorticellen wieder in Menge in der Flüssigkeit, und da diese mit 
der Zeit sich wieder encystirten und Acineten lieferten, so hatte ich von einer einzigen Vorticellen- 
zucht Monate lang ein unerschöpfliches Beobachtungsmaterial für alle Entwickelungsstufen, an 
dem ich noch manche werthvolle Thatsachen kennen lernte. 

Einige Male trat an Wochen lang in flachen Porzellanschüsseln cultivirten Acinetenzu- 
ständen eine höchst lehrreiche, krankhafte Veränderung ein, die vielleicht durch das Nachgiessen 
nicht geeigneten, frischen Wassers veranlasst wurde. An den meisten Acinetenzuständen (es 
waren meistens ganz kurzgestielte Podophryen) sonderten sich nämlich die beiden Blemente weit 
von einander, die an den normalen Individuen gar nicht oder nur schwer zu unterscheiden 
sind, — die Hülle und der eigentliche Acinetenkörper. Die Hülle (Taf. IV. Fig. 45. a.) bildete 
einen weiten, dickwandigen, krystallhellen Sack, der noch genau den Umriss einer gewöhnlichen, 
kurzstieligen, am vordern Ende mit zwei vorspringenden Ecken versehenen Podophrye zeigte; 
der eigentliche, rings herum ganz scharf contourirte und daher jedenfalls von einer besondern 
Membran begränzte Körper (b.) hatte eine viel geringere Ausdehnung, aber eine entsprechende 
Form, und ragte gewöhnlich mit seinem vordern, die beiden Tentakelbüschel tragenden Ende 


198 Ueber die Brutbildung bei C'hlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


frei aus der Hülle hervor. Ein geringer. Druck reichte hin, um ihn vollständig aus der Hülle 
herauszutreiben. Nicht selten steckte aber auch der Körper noch vollständig in seiner mehr oder 
weniger abstehenden Hülle, an dessen vorderer Wand er dann aufgehängt erschien. Innerhalb 
des Körpers war stets der Nucleus und die contractile Stelle zu unterscheiden, letztere war aber 
starr, und auch an den Tentakeln war keine Bewegung wahrzunehmen. Angesichts dieser von 
mir in grosser Menge beobachteten Formen wird man kaum noch an der Richtigkeit meiner 
Theorie. über die Entstehung der Acinetenzustände zweifeln können; -der dickwandige, krystall- 
helle Gallertsack (Fig. 45. a.) ist offenbar nichts weiter, als eine wenig modificirte Vorticellen- 
cyste. Unsere Formen beweisen auch mit Evidenz, dass die Tentakeln der Acineten Ausstülpun- 
gen des eigentlichen Körpers sind. Möglicher Weise sind die eben geschilderten Acinetenzustände 
keine krankhaften Bildungen, sondern vielleicht verlässt der Acinetenkörper, nachdem er eine 
Zeit lang Schwärmsprösslinge geboren hat, eben so seine cystenartige Hülle, wie es den S. 135. 
mitgetheilten Beobachtungen zufolge die eneystirten Individuen von Chilodon eucullulus thun, um 
wieder in die gewöhnliche Vorticellenform zurückzukehren 

Noch tiefer drang ich in das Entwickelungsleben der Vorticellen und der Infusionsthiere 
überhaupt erst von dem Zeitpunkte an ein, wo ich zu chemischen Reagentien meine Zuflucht 
nahm. Dies geschah zuerst probeweise im Spätherbst 1851, und als ich mich von der ausserordent- 
lichen Wirksamkeit gewisser Reagentien , namentlich der Essigsäure, überzeugt hatte, bei allen 
von Anfang des Jahres 1852 an angestellten Untersuchungen. Die in den vorausgehenden Ab- 
schnitten meiner Schrift mitgetheilten Beobachtungen, bei denen der Anwendung chemischer 
Hülfsmittel gedacht ist, stammen alle aus dieser spätern Periode, und sie wurden nur früher einge- 
fochten , damit ich nicht nöthig hätte, in den letzten Abschnitten noch einmal auf den grössern 
Theil der früher abgehandelten Gegenstände zurückzukehren. Wenn ich in der Ermittelung der 
feinern Organisationsverhältnisse vieler Infusionsthiere glücklicher gewesen bin, als meine Vor- 
gänger, so verdanke ich dies wesentlich dem fleissigen Gebrauche von Reagentien. Wären sie 
früher zur Anwendung gekommen, so würde die Infusorienkunde längst eine andere Gestalt ge- 
wonnen haben, und manche vorgefassten Meinungen hätten sich nicht so lange halten können. 
Der neueste Schriftsteller über Infusorien, der ihrem Studium augenscheinlich viele Zeit ge- 
widmet hat, Perry, bezweifelt noch das allgemeine Vorkommen eines Nucleus bei: den bewim- 
perten Infusorien und giebt zu verstehen, dass willkührlich fremde Körper möchten als Kerne 
gedeutet worden sein !); die Anwendung der Essigsäure allein würde ihn in den allermeisten 
Fällen eines Bessern haben belehren können. Der Nucleus fehlt nach meinen Erfahrungen kei- 


1) Zur Kenntniss kleinster Lebensformen $. 55. ‚Man ‚hat in neuster Zeit mehrfach auf die sogenannten 
Nuclei der Infusorien hingewiesen, um auch durch sie zu erweisen, dass dieselben einzellige Thiere seien. EcK- 
HARD giebt sehr unpassend diese Kerne für Drüsen aus, v. SIEBOLD behauptet, sie lägen lose im Parenchym, Infu- 
sorien drehten sich oft um diese ihre Kerne, was ECKHARD für eine optische Täuschung erklären will. STEIN lässt 
bekanntlich diesen sogenannten Nucleus bei der Verwandlung der Vorticellinen eine bedeutende Rolle spielen ; ich 
muss gestehen, dass ich den Nucleus bei sehr vielen Ciliaten ganz vergeblich gesucht habe. Man muss sich hier 
in Acht nehmen, nicht etwa diesen oder jenen (?) , nz sogar einen fremden Körper der bekannten Zellen- 
theorie zulieb für einen Nucleus zu halten.‘* 


Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort.mierostoma. 199 


nem einzigen bewimperten Infusionsthiere; freilich ist er in vielen Fällen nur.durch chemische 
Hülfsmittel sichtbar zu machen, dann tritt.er aber auch mit sehr wenigen Ausnahmen so scharf 
und in so prägnanter-Form hervor, dass eine Verwechselung mit fremden Körpern unmöglich ist. 

Die erste Thatsache, welche ich an den Acinetenzuständen der Vorticella microstoma 
mittelst verdünnter Essigsäure ermittelte, war, dass wenn dieselben einen Schwärmsprössling 
(z. B. Fig.:28. e. 32. c. 33. ce.) enthielten, ohne Ausnahme noch ein besonderer, früher oft über- 
sehener Nucleus (Fig, 28.'a. Fig. 32. db. 33. 5.) in dem Acinetenkörper vorhanden war, der jedes- 
mal unmittelbar an die Höhlung für den Schwärmsprössling gränzte. Es war also die eine Zeit 
lang’ gehegte Ansicht zu berichtigen, dass sich der gesammte Nucleus unserer Acinetenformen 
zum Schwärmsprössling entwickele. Dass jedoch der Nucleus bei der Bildung des Schwärmspröss- 
lings betheiligt sein müsse, das lehrte unzweideutig seine ganz constante Lage dicht neben dem 
Schwärmsprössling. Durch die Essigsäure wurden auch die frühern Entwickelungsstufen des 
Schwärmsprösslings einer scharfen Beobachtung leicht zugänglich. Ich traf nämlich sehr oft dicht 
dem Nucleus der Acinete (Fig. 48. d.) anliegend eine ovale runde, scharf begränzte Scheibe (e.), 
welche aus einer viel lichtern , feinkörnigen Substanz bestand, als der Nucleus und welche einen 
centralen runden oder ovalen, dunklern Kern enthielt. Diese Scheibe war offenbar derun entwickelte 
Schwärmsprössling. Sie konnte ihrer Substanz nach nicht wohl durch eine einfache Theilung 
des Acinetenkernes entstanden sein. Lange wollte es mir nicht glücken, den innern Zusammen- 
hang zwischen ihr und dem Acinetennucleus aufzufinden, so häufig auch die Acinetenzustände 
mit Nucleus und scheibenförmigem Körper waren. Endlich fand ich aber doch einige Exemplare 
(Fig. 47.), an denen ich mit der grössten Schärfe erkannte, dass von der Mitte des quer gelagerten 
Nucleus (d.) rechtwinklig ein strangförmiger Fortsatz ausging, der sich bis in die Mitte des 
scheibenförmigen Körpers (e.) hineinerstreckte und hier mit einer kopfförmigen Anschwellung (@') 
endigte. Obgleich ich diese Beobachtung nur sechsmal"gemacht habe, so stehe ich doch in jeder 
Beziehung für ihre Zuverlässigkeit ein. Der scheibenförmige Körper zeigte nur an vier Exem- 
plaren die in Fig. 47. abgebildete Grösse,’ an den beiden andern wurde der Fortsatz des Nucleus 
von einer viel schmälern, länglich ovalen Umhüllungssubstanz umgeben. Diesen Beobachtungen 
zufolge wird die Anlage des Schwärmsprösslings dadurch gebildet, dass der Nucleus der Acinete 
zuerst einen rechtwinklig abgehenden Fortsatz entwickelt, um welchen sich dann eine nach und 
nach an Umfang zunehmende Atmosphäre von lichter Substanz ablagert, die zuletzt den Nucleus- 
fortsatz so von dem Nucleuskörper abschnürt, dass der erstere ganz und’ gar in die Mitte der nun- 
mehr eine scharf begränzte Scheibe bildenden Umhüllungssubstanz zu liegen kommt. Nicht der 
ganze Schwärmsprössling geht also aus einer abgeschnürten Portion des Acinetennucleus hervor, 
sondern nur der innerste Theil desselben, welcher als sein Nucleus fungirt, während der eigent- 
liche Körper des Schwärmsprösslings, wie es scheint, durch Neubildung aus dem Inhalte des 
Acinetenkörpers entsteht. Jedenfalls ist die Bildungsweise des Schwärmsprösslings am Acineten- 
kerne eine sehr eigenthümliche, die zwar einige Aehnlichkeit mit einer Knospenbildung am Aci- 
netenkerne hat, davon aber doch auch sehr wesentlich verschieden ist. 

Jetzt ergiebt sich auch für die S. 63. mitgetheilten Beobachtungen über die Entstehung 


x%# 


200 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


der Schwärmsprösslinge in den Acineten der Wasserlinsen (Taf. III. Fig. 32. f. 33. f.) die rich- 
tige Deutung. Offenbar entsteht hier der Schwärmsprössling ganz auf dieselbe Weise, wie in den 
Acinetenzuständen der Vort. microstoma, denn die schmale Brücke (Fig. 32. e'.) zwischen dem 
Nucleus (e.) und dem unentwickelten Schwärmsprössling (,f.) ist jedenfalls ein rechtwinklig vom 
Nucleus abgehender, nur durch Quetschen des Acinetenkörpers etwas verschobener Fortsatz, 
dessen grösserer Theil in der Axe der Schwärmsprösslingsanlage stecken wird. Die grosse Ueber- 
einstimmung, welche die Acinetenzustände der Vort. micerostoma und die Acineten der Wasser- 
linsen auch hinsichtlich der Form, Lage und Entstehungsweise ihrer Schwärmsprösslinge zeigen, 
muss uns noch mehr in der $. 146. weiter motivirten Ansicht befestigen, dass die Acineten der 


Wasserlinsen von der mit ihnen stets gleichzeitig und massenhaft vorkommenden Vortie. nebuli- 


‚fera abstammen. 


Die Essigsäure wurde ferner wichtig, um das Vorhandensein einer besondern eystenähn- 
lichen Hülle an den Acinetenzuständen der V. microstoma mit Leichtigkeit nachzuweisen. Auf 
Taf. IV. sind in Fig. 46. und 47. zwei kurzgestielte Podophryen und in Fig. 48. eine schwach 
dreilappige Actinophrys nach längerer Einwirkung von unverdünnter Essigsäure dargestellt. So 
wie sich ein Tropfen Essigsäure in der Umgebung der Acineten ausbreitet, so schrumpfen sofort 
die Tentaken (Fig. 46 — 48. e.) unter wellenförmigen Kräuselungen sehr stark zusammen, die 
contractilen Stellen verschwinden in der Regel spurlos, und der Nucleus, sowie der etwa vorhan- 
dene Schwärmsprössling oder seine Anlage, treten mit scharfen Contouren hervor. Nach einiger 
Zeit tritt im ganzen Umfange des Acinetenkörpers (Fig. 47. d.) ein mehr und mehr aufschwel- 
lender gallertartiger Hof (a.) auf, der sich zuletzt, namentlich wenn man noch einige Tropfen 
Essigsäure auf das Object bringt, als ein dickwandiger, geschlossener Sack (Fig. 46. a. u. 48. a.) 
von dem eigentlichen, ganz glatten und scharf begränzten Körper (b. db.) abhebt. Letzterer er- 
scheint nicht selten ganz frei liegend in seiner eystenartigen Hülle (Fig. 46.), und man sieht dann 
ebenfalls deutlich, dass die Tentakeln (e.) fadenförmige Verlängerungen des eigentlichen Körpers 
sind; gewöhnlich aber bleibt der Körper an den Tentakeln tragenden Stellen mit der Hülle in 
Berührung (Fig. 48.). Jetzt oder schon früher hat sich auch der Nucleus (Fig. 46—48. d.) scharf 
in die zellenwandähnliche Hülle und in den homogenen, feinkörnigen Inhalt gesondert. Nicht 
an allen Acineten bewirkt die Essigsäure gleich gut die Sonderung der Hülle von dem Körper, 
sondern oft kommt es bloss bis zur Bildung des gallertartigen Hofes (Fig. 47.); ja bisweilen bleibt 
auch dieser nur von geringer Dicke. Es scheint daher fast, als ob die Hülle mit zunehmendem 
Alter eine innigere Verschmelzung mit der eigentlichen Körperhaut eingehe. 

An den ältern Vorticelleneysten mit einer Mutterblase brachte die Essigsäure keine 
merkliche Veränderung hervor, nur wich der eingeschlossene Körper etwas von den Cystenwan- 
dungen zurück, und der Nucleus wurde sehr deutlich. Cysten, welche dem eingeschlossenen 
Körper innig anlagen, wie die in Fig. 22. abgebildete, quollen in Essigsäure eben so auf, wie die 
Acinetenhülle, und hoben sich nach und nach von dem Körper ab. Behandelte ich Cysten mit 
lappiger oder brombeerartig aufgetriebener Mutterblase mit Essigsäure, so wurde die Mutterblase 


entweder so getrübt, dass gar kein Detail im Innern zu unterscheiden war, oder ich sah mehr 


Ueber die Brutbildung bei C'hlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 201 


oder weniger deutlich einen Strang von der Form des gewöhnlichen Nucleus, der aus zahllosen, 
dicht neben einander liegenden rundlichen Scheibchen zusammengesetzt erschien, ähnlich wie 
der Nucleus (d.) in Fig. 49. Sehr auffallend ist es, dass nicht selten in dem Nucleus erst kürzlich 
encystirter Vorticellen (Fig. 19. d.), so wie selbst bei noch ganz freien, grossen Individuen (Fig. 
17. e.) bereits eine geringe Anzahl von scheibenförmigen, kernartigen Körperchen besonders nach 
Behandlung mit Essigsäure hervortritt. Diese Körperchen sind jedoch durchaus nicht constant, 
weder bei allen freien’ grossen Vorticellen,, noch bei den enceystirten vorhanden; vielleicht sind ' 
nur diejenigen Vorticellen, deren Nucleus bereits mit solchen Nucleolis versehen ist, zur Brut- 
bildung bestimmt. Mehrmals glückte es mir, einen solchen Nucleus aus sehr grossen, mit Essig- 
säure getödteten Vorticellen zu isoliren (Fig. 24. stellt ihn nach einer 450maligen Vergrösserung 
dar), und ich beobachtete an ihm sehr klar die krystallbelle, farblose Nucleusmembran («.), die 
sich von dem dichten feinkörnigen Inhalte (b.) ringsherum abgehoben hatte, und 6—10 dunkle, 
scheibenförmige Nucleoli (e. e.) von gleicher Grösse, welche in ziemlich gleichen Abständen in 
dem Nucleusinhalte vertheilt lagen und von einem schmalen hellen Hofe begränzt wurden. Ob 
letzterer von einer abgehobenen Membran der Nucleoli herrührte, oder ob er nur eine Höhlung 
in dem Nucleusinhalte darstellte, wage ich nicht zu entscheiden. Statt der Nucleoli beobachtete 
ich in dem Nucleusinhalte mancher freien und encystirten Vorticellen ganz ähnlich vertheilte, 
kleinere, wasserhelle, unveränderliche Hohlräume, die man sich hüten muss, mit Nucleolis zu 
verwechseln. Die meisten Individuen der Wort. microstoma haben aber einen ganz homo- 
genen Nucleusinhalt, wie die grosse Mehrzahl der Vorticellinen und der bewimperten Infusorien 
überhaupt. | 

Die ältern, durch Essigsäure sich nicht verändernden Vorticelleneysten behandelte ich 
noch mit verschiedenen andern Reagentien, um über den Stoff Aufschluss zu erhalten, aus wel- 
chem die Cystenwandungen bestehen. In einem Tropfen concentrirter Schwefelsäure quillt die 
Cyste sogleich mehr oder weniger stark auf; auch der eingeschlossene Körper bläht sich auf, in- 
dem sich ein farbloser, gallertartiger Hof um den sich mehr verdichtenden Inhalt bildet, welcher 
häufig eine blass rosenrothe Farbe annimmt, was auf freien Zucker in dem Körperinhalt hin- 
deutet. Setzt man noch einen Tropfen Schwefelsäure hinzu, so löst sich die Cyste und der gallert- 
artige Hof vollständig auf, während der Körperinhalt als ein zusammenhängender Körnerballen 
frei im Lösungsmittel umhertreibt. Kalte und selbst bis zum Kochen erhitzte Kalilauge verän- 
dert die Vorticelleneysten gar nicht, von dem Inhalte des eingeschlossenen Körpers hebt sich aber 
häufig eine sehr zarte, krystallhelle Membran, jedenfalls die Körperhaut, ab. Auch kalte Sal- 
peter- und Salzsäure verändern die Cysten nicht; erstere färbt den Inhalt des eingeschlossenen 
‘ Körpers goldgelb. Nach längerem Kochen in concentrirter Kalilauge oder Salpetersäure ver- 
mochte ‚ich die Vorticelleneysten nicht mehr aufzufinden. In Zuckerlösung erleidet die Cyste 
ebenfalls keine Veränderung , der eingeschlossene Körper schrumpft aber sofort auf ein ausseror- 
dentlich geringes Volumen zusammen, wobei er eine sehr unebene, runzlige Oberfläche annimmt. 
Setzt man dann einen Tropfen concentrirter Schwefelsäure hinzu, so dehnt sich nicht bloss die 


Cyste (Taf. IV. Fig. 25. @.) etwas aus, sondern auch der zusammengeschrumpfte Körper kehrt 
‚Stein, Infusorien. 36 


202 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


sogleich zu seinem früheren Volumen zurück, sein Inhalt (e.) färbt sich tief rosenroth und um 
denselben ist jetzt die Körperhaut als eine zarte farblose Hülle (2.) sichtbar. Eine ganz besonders 
intensiv rosenrothe Farbe zeigt die Nucleussubstanz (d.), von welcher sich ebenfalls die Nucleus- 
membran abgehoben hat. In Jodtinctur bleibt die Cyste unverändert, der Körper zieht sich etwas 
zusammen und färbt sich tief goldgelb; eine noch intensiver goldgelbe Farbe nimmt der ebenfalls 
schmaler werdende, aber sehr scharf hervortretende Nucleus an. Setzt. man nun concentrirte 

“ Schwefelsäure hinzu, so tritt um den hochgelb gefärbt bleibenden Körperinhalt eine farblose Hülle 
auf, und die aufquellende Cyste färbt sich häufig mehr oder weniger tief weinroth, namentlich 
wenn die Cysten zuvor einige Zeit in Kalilauge gelegen haben. Die letztere Reaction, welche 
ohne Zweifel Cellulose anzeigen würde, habe ich nicht immer erhalten können; auch schien es 
mir öfters, als sei nicht die Cystenwand selbst weinroth gefärbt, sondern nur die zwischen dem 
Vorticellenkörper und der Cystenwand enthaltene Flüssigkeit. Wie es sich nun auch damit ver- 
halten mag, so viel ist doch aus allen angegebenen Reactionen ersichtlich, dass die Cystenwand, 
wenn nicht aus Cellulose selbst, so doch aus einem der Cellulose sehr nahe verwandten Stoffe be- 
stehen müsse. 

Diese Thatsache ist insofern wichtig, weil sie lehrt, dass wir von der Chemie nicht all- 
zuviel erwarten dürfen, wenn es sich um die Bestimmung der thierischen oder pflanzlichen Natur 
der einfachsten Organismen oder ihrer Producte handelt. Der blosse Chemiker würde die 
Vorticelleneysten mit der regungslosen Mutterblase leicht für eine vegetabilische Zelle halten, und 
in den Cystenwandungen die Zellenmembran, in der Körperhaut den Primordialschlauch und in 
der: Körpersubstanz den Zelleninhalt erblicken. Wissen wir nicht, woher ein zellenähnlicher 
Körper stammt oder wozu er sich entwickelt, so werden wir in vielen Fällen auch durch Anwen- 
dung chemischer Hülfsmittel nicht mit Sicherheit erfahren , ob erin das Thier- oder Pflanzen- 

reich zu verweisen ist. Auch Con hat in seinem neusten, schätzbaren Aufsatze über den Ency- 
stirungsprozess der Infusorien '), in dem er ganz und gar meine Ansichten über diesen Vorgang 
durch eine Reihe eigener Beobachtungen bestätigt, seine Hoffnungen auf die Chemie bereits sehr 
herabgestimmt; denn er schliesst seine Arbeit mit den Worten: ‚‚Das sicherste Merkmal um eine .. 
Pflanzenzelle von einer Infusoriencyste zu unterscheiden, wäre die chemische Untersuchung ddr 
Membran, da die vegetabilische Natur einer Zelle erwiesen scheint, wenn ihre Membran aus Cel- 
lulose besteht; leider lässt sich aber auch an den Pilzzellen nicht immer die characteristische 


Reaction der Holzfaser hervorrufen. So viel ergiebt sich aus dieser Darstellung, dass wenn einer- 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band IV. S. 253—80. CoHN beobachtete den Eneystirungspro- j 
zess bei Vorticella, Euglena viridis, Trachelocerca olor , Trachelius ovum, Prorodon teres und Holophrya.ovum und 
eine sehr interessante Hülsenbildung bei Stentor Müller’; ausserdem schildert er noch eine von Dr. AUERBACH 
beobachtete Cystenform, die zu C’hilodon uneinatus gezogen wird, die aber, wie ich weiter unten zeigen werde, 
wahrscheinlich von Glaucoma seintillans abstammt. Comn’s wichtige Aufklärungen über den innern Bau des 
Trachelius ovum, dem EHRENBERG einen baumförmig verästelten Darmkanal zuschreibt, kann ich nach mehr- 
fachen eigenen Untersuchungen nur- bestätigen. Den Prorodon teres sah auch ich in seinen Cysten öfter in zwei 
Individuen zerfallen. 


Ueber die Brutbildung bei C'hlorogonium euchlorum u. Vort. microstoma. 203 


seits die Pflanzen in der Schwärmzellenbildung Zustände besitzen, welche in hohem Grade an 
die Infusorien erinnern, auf der andern Seite auch im T hierreiche Entwickelungsformen durch 
die Cystenbildungen gegeben sind, welche mit Pflanzenzellen unverkennbare Analogien zeigen, 
und dass beide Phänomene es in hohem Grade erschweren, ein entscheidendes Kriterium zwischen 
beiden organischen Naturreichen aufzustellen. ‘“ 

Die Beobachtungen über Brutbildung bei Vortic. mierostoma habe ich leider in neuester 
Zeit nicht noch einmal zu wiederholen Gelegenheit gehabt; doch traf ich im Juni 1852 in einer 
Infusion, die reich an Cysten- und Acinetenzuständen der Pr: ort. microstoma war, die aber auch 
» eine beträchtliche Anzahl anderer Infusorienformen enthielt, gar nicht selten Cysten (Taf. IV. 
Fig. 54. 55.), welche in Form und Grösse ganz mit den gewöhnlichen, sich zur Brutbildung an- 
schickenden Vorticelleneysten übereinstimmten. In ihrer Mutterblase (Fig. 54. 5.) lagen 2 —8, 
am häufigsten 4—6 rundliche, ovale oder nierenförmige Tochterblasen (e. c.) unregelmässig durch 
einander, welche meist eine ungleiche Grösse hatten und einen trüben, fein - oder grobkörnigen 
Inhalt umschlossen, in dem noch öfters ein wasserheller Hohlraum (Fig. 55. 5.) zu unterscheiden 
war. Die Tochterblasen treten nach Behandlung mit Essigsäure besonders scharf hervor, ein 
Nucleus wurde aber weder in ihnen, noch in der Mutterblase sichtbar. Die Tochterblasen dehnen 
sich mit der Zeit in einen röhrenförmigen Fortsatz aus (Fig. 55. d.), welcher die Mutterblase und 
die Cystenwand durchbricht, eine ziemliche Strecke weit über die letztere hervortritt und sich 
zuletzt an der Spitze öffnet (Fig. 55. e. e.). Diese Weiterentwickelung der einzelnen Tochter- 
blasen erfolgt in der Regel nicht gleichzeitig, sondern die einen haben bereits ihren Inhalt nach 
aussen entleert und sind zu flaschenförmigen, runzligen Säckchen zusammengeschrumpft, wäh- 
rend die andern noch ihre gewöhnliche Form zeigen oder doch nur einen kürzern oder längern 
Fortsatz getrieben haben. Das Oeffnen der Tochterblasen und den Austritt des Inhalts beobach- 
tete ich nicht direct, mehrmals aber sah ich an der geöffneten Mündung eine Gallertkugel mit 
lebendiger Brut hängen, die im Kleinen der in Fig. 53. bei d. abgebildeten sehr ähnlich war. 
Stammen die Cysten mit Tochterblasen wirklich von der Vort. microstoma ab, wie mir kaum 
zweifelhaft erscheint; so geht offenbar die Brutbildung nach einem doppelten Typus vor sich; 
entweder wird nämlich nur der Nucleus und der Inhalt der Mutterblase zur Brutbildung ver- 
wendet, oder in der Mutterblase entstehen erst auf Kosten ihres Inhalts mehrere Tochterblasen, 
von denen eine jede sich wie eine Mutterblase verhält. 

Nachdem wir bei Vort. mierostoma eine Fortpflanzung durch Acinetenzustände und 
durch Brut entwickelnde Cystenzustände haben kennen lernen, werden nun auch die frühern 
Beobachtungen über die Zpistylis plicatilis verständlich. Wir lernten bei dieser Art Acineten- 
zustände mit dünnen, ganz starren Stielen (S. 11. und 95.) und Cysten mit sehr kurzen, dicken 
Stielen (S. 97.) kennen, die sich nicht auf einander zurückführen liessen und die uns S. 99. 
nöthigten, zweierlei ruhende Zustände bei Epest. plicatilis anzunehmen. Wie wir uns die Ent- 
stehungsweise der Epistylisacineten im Gegensatz zu den Vorticellenacineten zu denken haben 
ist bereits $. 146. dargethan worden. Jetzt werden wir aber auch nicht mehr in Verlegenheit 
sein, welche Bedeutung wir dem Cystenzustande der Epist. plicatilis zuzuschreiben haben; er 

26 * 


204 Ueber die Brutbildung bei Chlorogonium euchlorum u. Vort. mierostoma. 


wird aller Wahrscheinlichkeit nach zur Erzeugung lebendiger Brut dienen. Dasselbe wird auch 
von dem Cystenzustande der Epistylis branchiophila (8. 125.) gelten. Dass sich in den Cysten 
der Vorticella nebulifera ebenfalls lebendige Brut entwickeln kann, lehren die S. 59. mitge- 
theilten Beobachtungen. 

Im Verlaufe meiner Schrift habe ich bis hierher schon eine nicht unbeträchtliche Anzahl 
von sehr verschiedenen Infusionsthieren namhaft gemacht, bei welchen ich Cystenbildung beob- 
achtete; ziehen wir nun noch die von Con 1) beobachteten Fälle in Betracht, so können wir 
kaum mehr daran zweifeln, dass der Enecystirungsprozess bei den Infusorien eine sehr allgemein 
verbreitete Erscheinung sein muss. Diese Ansicht hat auch bereits Coun ausgesprochen ?). Ob 
der Encystirungsprozess immer einen Fortpflanzungsact einleitet, wie ich glaube, das müssen 
künftige Beobachtungen entscheiden. Die wenigsten Cystenzustände der Infusorien sind bis jetzt 
anhaltend genug verfolgt worden; sichere 'Thatsache aber ist jetzt schon, dass sie sich auf ver- 
schiedene Weise weiter entwickeln können. Bald vermehrt sich das in der Cyste eingeschlossene 
Thier durch Theilung (z. B. Euglena viridis und Colpoda cueullus), bald erzeugt es Schwärm- 
sprösslinge und zwar entweder ohne Veränderung der Cystenform (O’hilodon ceucullulus) oder 
nach Umwandlung des Cystenzustandes in eine Acinetenform (viele Vorticellinen), bald entsteht 
in dem encystirten Infusionsthiere eine zahlreiche lebendige Brut (Vort. microstoma). Die Brut- 
bildung , obgleich nur erst bei zwei Arten der Gattung Vorticella mit Sicherheit constatirt, ist 
vielleicht am häufigsten das Ziel des Encystirungsprozesses, da sie uns das nicht selten plötzliche 
und massenhafte Auftreten von Infusorien in einer Flüssigkeit am leichtesten erklärt. 

Schliesslich mache ich noch darauf aufmerksam, dass schon A. Ecker eine Brutbildung 
im Innern von Infusoriencysten beobachtet zu haben scheint, die jedoch ganz anders gedeutet 
wurde ®). Ecker traf nämlich in den Eierschnüren des Lymnaeus stagnalis bei Basel mehrmals 
Eier, die vom Embryo nur noch die Schale enthielten, sonst abes ganz mit ejähnlichen, weissen 
Kugeln von verschiedener Grösse angefüllt waren. Die Kugeln bestanden aus einer dicken, 
durchsichtigen gallertartigen Hülle, welche meistens ein centrales kernartiges Gebilde und zahl- 
lose gleich grosse, cercomonadenartige Körperchen umschlossen , die so dicht zusammengedrängt 
lagen, dass die Kugeln einem dem Ende der Furchung nahen Eie glichen ‚ in dem die einzelnen 
cercomonadenartigen Körperchen die Furchungskugeln darstellen. Wurden die Kugeln gesprengt, 
so quollen die Cercomonaden hervor, und bewegten sich als selbstständige Thierchen unter man- 
nichfaltiger Veränderung ihrer Körperform weiter. Einige Kugeln enthielten einen homo- 
genen Inhalt, der bald aus einer feinkörnigen Substanz mit hellen, ziemlich regelmässig 
zerstreuten, bläschenartigen Flecken, bald aus fettartigen Tropfen bestand, zwischen denen öfters 
das vorhin erwähnte, kernartige Gebilde hervortrat. Ecker stellt die kühne Hypothese auf, dass 
die Kugeln die Eier irgend eines Thieres seien, deren Dotter einen totalen Furchungsprozess 


1) A. a. O. S. 265—75. 
2) Ebendaselbst S.259. 
3) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band IH. S. 412—15. und Taf. XII. Fig. 1—4. . 


Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheuteniü u. Dendrocometes paradozus. 205 
“ 


durchmache, worauf sich jede Furchungskugel zu einem besondern Infusionsthiere entwickele, 
welches die Charactere der Gattung Cercomonas von Dusannıy an sich trage. Ich kann in den 
Kugeln nur die Cysten einer grössern bewimperten Infusorienform erkennen, welche in zahlreichen 
Exemplaren in ein Lymnäenei einwanderte, sich hier encystirte und zuletzt ihren Leibesinhalt 
zu lebendiger Brut von der Form der Cercomonaden entwickelte. Befremdend ist mir allein die 
Angabe, dass in den Cysten mit entwickelten Cercomonaden noch ein nucleusartiger Körper per- 
sistiren soll. Vielleicht ist hierbei doch eine Täuschung vorgekommen. Es ist nicht unwahr- 
scheinlich, dass die von EckEr beobachteten Kugeln den Cystenzustand von Uroleptus hospes 
Ehbg. darstellen, denn dieses den Oxytrichinen sehr nahe stehende, %.”” lange Infusionsthier 
wurde von EHRENBERG in leerem Schneckenlaich,, wie auch in den Zellen des ausgekrochenen 
Froschlaiches, kugelartig zusammengeballt, in zahllosen Mengen bei Berlin beobachtet; doch sah 
EHRENBERG in jedem Ei nur ein contrahirtes Thier '). 


$. 19. 


Ueber Spirochona gemmipara und S. Scheutenüi und den Acinetenzustand 
Dendrocometes paradoxus. 


Meine in Niemegk in den Sommerferien des Jahres 1851 unternommenen Infusorienfor- 
schungen wurden von einem besonders günstigen Erfolge gekrönt. Während die in $. 18. ge- 
schilderten Vorticellenuntersuchungen im Gange waren, lernte ich nebenher im Wasser eines 
Torfstiches den Volwox minor und seine ruhenden Formen kennen, worüber bereits $. 47. be- 
richtet wurde. In demselben Torfstiche beobachtete ich auch mehrere, aus zahlreichen Individuen 
zusammengesetzte Stöcke des Dinobryon sertularia, eines sehr eigenthümlichen und noch wenig 
gekannten,' euglenenartigen Infusionsthieres, welches ganz frei in einer krystallhellen, becher- 
förmigen Hülse steckt, die grosse Aehnlichkeit mit der Hülse von Vaginicola erystallina und 
Cothurnia imberbis hat. Sämmtliche Hülsen eines Stockes sind nur mechanisch mit einander 
verbunden, keineswegs aber nach und nach durch Knospenbildung aus der hintersten hervorge- 
gangen, wie EHRENBERG angiebt?). Es wäre auch seltsam, wenn eine Hülse, die doch immer 
nur das todte Absonderungsproduct eines Thieres ist, durch Knospung eine neue Hülse mit einem 
neuen Thiere erzeugen könnte. Jedes Individuum enthält im Grunde des Körpers einen hellen, 
homogenen, scheibenförmigen Nucleus, in dessen Mitte noch ein kleiner Nucleolus liegt, so dass 
der Nucleus einer kernhaltigen Zelle sehr ähnlich sieht. Auf der äussern Oberfläche einzelner 
Hülsen des Stockes sass öfters ein der Epipyzis utriculus Ehbg.°) sehr ähnliches Geschöpf ange- 
heftet, welches höchst wahrscheinlich nur den Jugendzustand von Dinodryon sertularia darstellt, 


da ich in seinem Körper ganz denselben zellenartigen Nucleus, wie bei D. sertularia beobachtete. 


1) Die Infusionsthiere S. 359. und Taf. XL. Fig. II. 1—11. 
2) Ebendaselbst 8. 124. und Taf. VIII. Fig. S. 
3) Ebendaselbst S. 123. und Taf. VIII. Fig. 7. 


206 Ueber Spirochonu gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradoxus. 


Demnächst nahm ich noch einmal die’ Wasserasseln vor, um die auf den Beinen der- 
selben lebenden Zoothamnien und, die Opereularia stenostoma (vergl. S. 74.) genauer zu studiren. 
Zufällig kamen mit den abgerissenen Beinen einige Kiemenblätter der Wasserassel mit unter das 
Mikroskop, und da ‚erblickte ich denn zum ersten Male auf denselben eine grosse Menge Indi- 
viduen der bereits $. 92. geschilderten Zagenophrys ampulla. Dieser Fund bestimmte mich, als 
ich ihn einigermaassen ausgebeutet hatte, auch die Kiemenblätter des bisher von mir noch gar 
nicht auf infusorielle Bewohner untersuchten Gammarus pulex einer Revision zu unterwerfen, 
und ich lernte nun in schneller Aufeinanderfolge ein sehr reiches Infusorienleben auf allen appen- 
dieulären Organen des Flohkrebses kennen.. Auf der Oberfläche der durchsichtigen Kiemenblätter, 
wie auch. auf der Oberfläche der grössern, dickern und weniger durchsichtigen Deckstücke der 
Kiemenblätter, welche bekanntlich beide an der Basis der Beine eingelenkt sind, fanden sich 
. fast stets zahlreiche Exemplare der Lagenophrys ampulla. In den Lacunen der Kiemenblätter 
tummelten sich häufig mehrere Hunderte von kleinen und grossen Individuen der Opalina bran- 
chiarım umher. An den Beinen- traf ich oft in grosser Menge sehr entwickelte Zoothamnien- 
stöcke (vergl. $. 20.) und hin, und wieder auch eine Acinetenform, die ohne Zweifel von dieser 
Zoothamnienart abstammt; kümmerlich entwickelte Zoothamnienstöcke kommen auch auf den 
Kiemenblättern nicht selten vor. An den Beinen entdeckte ich ferner die schon S. 95. geschil- 
derte Lagenophrys nassa, auch begegnete mir hier öfters eine diekstielige, wahrscheinlich noch 
unbeschriebene Epistylis, von der ich leider keine hinlänglich genaue Zeichnung entworfen habe. 
Meine ganze Aufmerksamkeit nahmen aber zwei höchst eigenthümliche,, ganz starre Infusorien- 
formen in Anspruch, welche ich sehr häufig am Rande der Kiemenblätter beobachtete. In der 
einen von ihnen (Taf. V. Fig. 1.) erkannte ich den Repräsentanten einer neuen Gattung aus der 
Familie der Vorticellinen im weitern Sinne, welchen ich in meiner zweiten Infusorienabhandlung 
unter dem Namen Spirochona gemmipara beschrieb '); die zweite Form (Taf. V. Fig. 9. 10.) 
schien mir zwar von Anfang an nur ein Acinetenzustand der Spiroch. gemmipara zu sein, da mir 
aber doch noch einige Bedenken hinsichtlich ihrer Abstammung blieben, so zog ich es vor, sie 
einstweilen als eine generisch neue Acinetenform unter dem Namen Dendrocometes paradozus 
aufzustellen ?). Nach Tharand zurückgekehrt, war es mein eifrigstes Bestreben, die in Niemegk 
nicht völlig zum Abschluss gebrachten Untersuchungen über die Spirochonen und Dendrocometen 
weiter fortzuführen, allein ich vermochte in uriserem Hauptgewässer, der Weiseritz, keinen ein- 
zigen Gammarus aufzufinden. ‘Erst im Frühjahr 1852 traf ich in mehreren kleinen Bächen bei 
Tharand grosse Schaaren von Flohkrebsen an, und auf ihren Kiemenblättern fanden sich zu 
meiner Freude ebenfalls sehr häufig Spirochonen und Dendrocometen. An diesen bestätigte ich 
nicht bloss die frühern Beobachtungen, sondern da ich sie-auch nach der neuern Methode mit 
Reagentien untersuchte, so wurden noch manche früher übersehene Verhältnisse ermittelt, die 


nicht mehr daran zweifeln liessen, dass der Dendrocometes paradoxus wirklich nur den Acineten- 


1) A. a. O. S. 485—92. und Taf. XVIII. Fig. 14—17. 
2) Ebendaselbst S. 492—99 und Taf. XVII. Fig. 18. und 19. 


Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradozus. 207 


zustand der Spirochona gemmipara darstellt. Ich will nun noch einmal den Bau und die Ent- 
wickelungsgeschichte der Spirochonen nach meinen neuesten bis zum Herbst des Jahres 1852 fort- 
geführten Beobachtungen umständlich erörtern. 

Die Spirochonen (Taf. V. Fig. 1.) haben einen nackten, steif aufrecht stehenden, an- 
scheinend ganz regungslosen Körper von länglich flaschenförmiger Gestalt, der nach vorn mit 
einem spiralförmig ausgezogenen, trichterförmigen Mundstück endet. Der eigentliche Körper(a.) 
ist schmal umgekehrt eiförmig, nach hinten verengert und sitzt entweder unmittelbar mit seiner 
grad abgestutzten Basis, oder mit einem besondern, sehr kurzen Stielchen (b.) auf der Kante der 
Kiemenblätter fest, von der aus er sich ganz frei wie ein chitinartiger Fortsatz des Kiemenblatt- 
randes in das umgebende Wasser hinein erstreckt. Nach vorn ist: der Körper in einen kurzen 
Hals verengert und dann in ein mehr oder weniger schief arigesetztes, dünnhäutiges, hohltrichter- 
förmiges Peristom (ec. c’.) erweitert, dessen Durchmesser der grössten Breite des Körpers gleich- 
kommt. Das Peristom ist auf der einen Seite der ganzen Länge nach gespalten, und von den 
beiden an den Spalt gränzenden Abschnitten bleibt der niedrigere (c.) unverändert in seiner Lage, 
der höhere (c’.) aber rollt sich nach innen um und rückt der Axe des Peristoms näher. Dadurch 
erhält das letztere noch eine seitliche Mündung (Fig. 2. @.), durch welche die zur vordern Mündung 
eingedrungenen unbrauchbaren Stoffe leichter aus dem Grunde des Peristoms wieder entfernt werden 
können. Die einwärts gerollte Lamelle (Fig. 5. e’.) bildetszuerst nur den Anfang zu einem zweiten 
engern Trichter, mit der Zeit aber wird ihr Grund zu einer soliden Spindel (Fig. 1. d.), um 
welche ihr freier Theil sich in einer schief aufwärts steigenden, allmählich über den Peristomrand 
hervortretenden Spirale windet, die an völlig ausgewachsenen Thieren (Fig. 1.) zwei Umgänge 
beschreibt. Diese beiden Umgänge sammt ihrer Spindel dürften morphologisch dem Wirbelorgan 
der typischen Vorticellinen entsprechen, obgleich sie nur eine unmittelbare Fortsetzung des Pe- 
ristoms (e. c'.) bilden. Der Kürze halber will ich das Peristom und seine spiralige Fortsetzung zu- 
sammen als Spiraltrichter bezeichnen. Dieser bildet also höchstens drei vollständige Umgänge,. 
die als drei in einander steckende Trichter erscheinen, welche so weit von einander abstehen, dass 
Stoffe, welche in den obersten Trichter gerathen, schnell bis auf den Boden des untersten Trich- 
ters hinabgleiten. 

Der Grund des Peristoms ist mit sehr zarten, lebhaft undulirenden Wimpern bekleidet, 
die noch nicht ganz bis zum Rande desselben hinaufreichen; sie fehlen in dem obersten Trichter 
bestimmt, scheinen sich aber bis in den Grund des zweiten Trichters hinein fortzusetzen. Zwi- 
schen den Wimpern befindet sich an der tiefsten Stelle des Peristoms, dicht neben der Spindel (d.), 
die jedenfalls sehr enge Mundöffnung, deren Lage man nur aus dem Verlaufe der meist scharf 

. hervortretenden Speiseröhre (e.) erschliessen kann. Letztere ist ein enger, wimperloser Kanal, 
der sich vom Munde aus in einem sanften Spiralbogen nahe unter der Haut bis zur Mitte der ge- 
genüberliegenden Seite hinabzieht. Neben dem Ende der Speiseröhre befindet sich eine runde 
contractile Stelle (‚f.), die aber nur in längern Intervallen verschwindet und wieder erscheint. 
In dem feinkörnigen Körperinhalte bilden sich nur sehr kleine Nahrungsvacuolen,, die meist nur 


Wasser und dann und wann einzelne feine Körnchen enthalten; grössere feste Einschlüsse sah 


. 


208 Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradozus. ” 


ich nie im Körperinhalte. Der Nucleus (g.) liegt im vordern "Theile des Leibes, nahe hinter der 
halsförmigen Verengerung; er hat bei den entwickelten Thieren einen ähnlichen, zusammenge- 
setzten Bau, wie bei C’hilodon cucullulus, der oft schon ohne Reagentien zu erkennen ist, in allen 
Fällen aber nach Anwendung von Essigsäure oder Jod ganz klar hervortritt. Der scharf begränzte 
Nucleus ist rundlich, oval oder abgerundet viereckig und besteht aus einer sehr dichten, opaken 
Substanz, in der sich meist excentrisch eine wasserhelle rundliche Höhlung befindet, die nicht 
von einer besondern Membran ausgekleidet ist. In der Mitte der Höhlung liegt ein solider Nu- 
cleolus, welcher von einer dichtern oder dünnern Atmosphäre feiner Pünktchen umhüllt ist. Bei 
jüngeren Thieren enthält der Nucleus (Fig. 2. d.) nur eine mehr centrale, quer elliptische Höh- 


„lung, und bei den jüngsten ist er entweder ganz solide, oder eine sehr schmale, bald grade, bald 


halbmondförmige Spalte geht durch die Mitte des Nucleus bis an seine Oberfläche und theilt den 
Nucleusinhalt in zwei fast gleichgrosse Hälften (Fig. 4. und 5. d.). 

Der Körper der Spirochonen wird von einer pergamentartigen, krystallhellen, keiner 
selbstständigen Contractionen fähigen Haut begränzt, an der man deutlich doppelte Contourlinien 
(Fig. 1.) unterscheiden kann. Diese Haut hat die meiste Aehnlichkeit mit den Körperbedek- 
kungen der Euploten, welche jedoch noch von dem Thiere gebogen werden können, was hier 
nicht möglich zu sein scheint. Man sieht zwar öfters unregelmässige Falten in der Haut '), 
diese rühren aber wohl nur daher, «dass der Körper durch starke Wasserströmungen oder 
andere mechanische Ursachen umgebogen wurde. Anders verhält es sich mit dem Spiraltrichter, 
der zwar lediglich eine Fortsetzung der Körperhaut, jedenfalls aber viel dünnwandiger ist. Er 
zeigt so ausserordentlich verschiedene Stellungsverhältnisse zur Körperaxe, dass ich ihm ein 
selbstständiges, wenn auch nur schwaches und sehr träges Bewegungsvermögen zuschreiben 
muss. Die Spindel des Spiraltrichters fällt nämlich keineswegs immer mit der Körperaxe zusam- 
men, sondern sie ist bald nach dieser, bald nach jener Seite gegen dieselbe geneigt, bisweilen so 
stark, dass die vordere Mündung des Trichters ganz seitwärts gerichtet ist. Dass der Spiraltrichter 
viel weicher und biegsamer sein muss, als die übrige Körperhaut, lehrt auch die Anwendung von 
Essigsäure; denn diese löst den ganzen Trichter und oft selbst noch den Anfang des Halses auf, 
der Körperinhalt sammt dem Nucleus quillt dann häufig am offnen vordern Ende nach aussen 
bervor, und man erhält nun ganz für sich die völlig structur- und farblose, krystallhelle, steife 
Körperhaut. Wird der Körperinhalt nicht herausgetrieben , so zieht er sich doch so stark zusam- 
men, dass die Körperhaut ebenfalls ganz rein isolirt wird. 

Die grössten Spirochonen sind %s” lang und %%0” breit, und ihr Nucleus hält Yıos” 
im Durchmesser; die kleinsten Spirochonen sind %3”” lang. Der Spiraltrichter ist bei den mei- 
sten Thieren, wenn die seitliche Mündung dem Beobachter zugekehrt ist (Fig. 2.), von rechts 
nach links gewunden; es finden sich aber auch Individuen mit nach rechts gewundenem Spiral- 
trichter. Die Fortpflanzung durch Selbstheilung, die mit sehr wenigen Ausnahmen die gewöhn- 
lichste bei den bewimperten Infusionsthieren ist, kommt bei den Spirochonen gar nicht vor; da- 


7% 


1) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung Fig. 16. a. 


& 


Ueber Spirochona gemmipara, $. Scheutenüi u. Dendrocometes paradozus. 209 


gegen vermehren sie sich grade eben so häufig durch Knospenbildung, wie die grosse Mehrzahl 
der übrigen Ciliaten durch Theilung. Die Knospenbildung ist nicht auf die ausgebildetsten 


Thiere (Fig. 1. %.) beschränkt, sondern sie tritt eben so häufig schon bei Individuen ein, die nur 


halb so gross oder noch etwas kleiner sind (Fig. 2.). Gewöhnlich trifft man an einem 'Thiere nur 
eine Knospe, häufig aber auch zwei, die stets dicht hinter einander sitzen und von denen Jedes- 
mal die hinterste (Fig. 2. d.) weiter entwickelt ist, als die vordere (e.). Entwickelt sich nur ein 
"Knospensprössling,, so sitzt dieser in der Regel etwas vor der breitesten Stelle des Leibes; sollen 
zwei Knospensprösslinge entwickelt werden, so entsteht der erste mehr oder weniger weit hinter 
der Mitte des Körpers, und wenn er fast zum Ablösen reif ist, wächst der zwischen ihm und dem 
Hals des Mutterthieres gelegene Theil der Leibeswandungen in eine zweite Knospe aus. Die 
Knospe erscheint zuerst als eine breite, blindsackartige Ausstülpung der Leibeswandungen, die 
sich schnell zu einem halbovalen Körper (Fig. 2. e.) entwickelt, der den Vorderleib des Mutter- 
thieres mit dem Spiraltrichter oft so stark seitwärts drängt, dass er nun selbst die Längsaxe ein- 
nimmt und sich mit dem Hinterleibe des Mutterthieres zum Hauptkörper ergänzt. Noch ehe die 
Knospe sich zu einem selbstständigen Individuum vom Mutterthiere abzuschnüren beginnt, unter- 
scheidet man in ihrer Mitte oder etwas weiter nach vorn bereits einen opaken, scharf begränzten, 
ganz homogenen Fleck, den durch Neubildung entstehenden Nucleus (man vergl. die Knospe ec. 
in Fig. 2.) und am vordern Ende der Knospe zuerst eine flache, grubenförmige Vertiefung, etwas 
später einen queren streifenförmigen Spalt, der sich unter einem knieförmigen Bogen auf der 
einen Seite der Knospe nach abwärts fortsetzt. 

Der ausgebildete, durchschnittlich Ys— Yo” lange Knospensprössling (Fig. 1. h. und 
Fig 2. d.) hängt nur noch durch ein ganz kurzes, enges Stielchen mit dem Mutterkörper zusam- 
men; er hat eine ovale Gestalt und ist vorn und hinten etwas abgestutzt; häufig ist er auch auf 
der einen Seite schwach ausgebuchtet, so dass seine Gesammtform einer Bohne ähnelt. Am vor- 
dein Ende befindet sich in der starren Körperhaut ein breiter querer klaffender Ausschnitt 
(Fig. 1. i.), welcher sich auf der einen, gewöhnlich etwas ausgebuchteten Seite als ein schmalerer, 
sich stetig verengernder Spalt bis in die Nähe des hintern Körperendes hinabzieht und hier mit 
einer rundlichen Grube endet. Der gesammte Ausschnitt scheint nur eine knieförmig gebogene, 
am vordern Ende verbreiterte, seichte Rinne zu sein, die von einer sehr zarten Haut ausgekleidet 
wird, welche einen breiten Streifen lebhaft undulirender Wimpern trägt (Fig. 6. d.); ich nenne 
deshalb den gesammten Ausschnitt den Wimperspalt. Die den Wimperspalt begränzenden Ränder 
der starren Körperhaut ragen über denselben etwas kantenartig hervor. Für gewöhnlich sind die 
Wimpern in den Spalt niedergelegt, und man sieht daher in demselben nur ein unbestimmtes 
lebhaftes Unduliren ; erst wenn sich der Knospensprössling vom Mutterthiere trennen will, richten 
sich die Wimpern, namentlich am vordern Ende, in die Höhe, und sie ragen dann eine kleine 
Strecke über den Wimperspalt hinaus. In Fig. 3. ist ein sehr ansehnlicher Knospensprössling 
dargestellt, der sich aber von seinem Mutterthiere abgelöst und während des Schwimmens so ge- 
dreht hat, dass er den ganzen, besonders stark klaffenden Wimperspalt und die Zone der aufge- 


richteten Wimpern (a. b.) dem Beobachter zukehrt. Das Ablösen des Knospensprösslings scheint 
‚Stein, Infusorien. 27 


“+ 


210 Ueber Spirochona gemmipara, 8. Scheutenü u. Dendrocometes paradoxus. 


bloss durch die Resorption des Stielchens zu Stande zu kommen; denn ich sah ihn gewöhnlich 
plötzlich abfallen, ohne dass kräftigere Wimperbewegungen oder eine merkliche Veränderung der 
Körperform vorausgingen. Eine Mundöffnung konnte ich nicht auffinden ; wahrscheinlich ent- 
steht sie erst später zwischen den vordern längern Wimpern (Fig. 3. a.), wenn sich der Knospen- 
sprössling wieder festgesetzt hat. Der Nucleus (Fig. 1. %., Fig. 3. c. und Fig. 6. e.) ist stets 
mit dem innern queren Spalt versehen, der oft erst nach Anwendung von Essigsäure deutlich 
hervortritt. - 

Der ‚abgelöste Knospensprössling schwimmt mittelst des aufgerichteten Wimperstreifens 
in langsamen, taumelnden Bewegungen und unter häufigen Drehungen um seine Längsaxe weiter. 
Auch sind seine Wandungen schwacher eigener Bewegungen fähig, die darin bestehen, dass der 
Wimperspalt, namentlich am vordern Ende, sich bald verengert, bald stärker erweitert. Die 
stärkste Erweiterung, welche ich beobachtete, zeigt Fig. 3. Der Knospensprössling tummelt sich 
oft nur kurze Zeit in der nächsten Umgebung des Kiemenblattes umher, welches von dem Mutter- 
thiere bewohnt wird; dann setzt er sich ebenfalls auf der Kante des Kiemenblattes mit seinem 
hintern Ende fest, indem er hier eine kleine Quantität klebriger Substanz ausscheidet, die häufig 
zu einem ganz kurzen Stielchen erstarrt (Fig. 4.). Nach einiger Zeit neigen sich die Seitenränder 
des Wimperspaltes (Fig. 3. b.) zusammen und verwachsen nach hinten mit einander, während 
nach vorn der eine (Fig. 4. c.) über den andern (c’.) hinweggreift. Auf diese Weise entsteht der 
erste Anfang zu dem Spivraltrichter, der sich dadurch weiter entwickelt, dass die kantenartig vor- 
springenden, vorderen Ränder des Wimperspaltes trichterförmig in die Höhe wachsen, und dass 
gleichzeitig der überdeckte Seitenrand (Fig. 4. c’‘.) des Wimperspaltes in spiraler Richtung nach 
innen weiter wächst (Fig. 5. c‘.). Die den Scheitel des Knospensprösslings einnehmenden Wimpern 
(Fig. 3. «@.) bilden nun die Wimpern des Trichtergrundes, während die kürzern,, von den Seiten- 
rändern des Wimperspaltes überdeckten Wimpern (Fig. 3. 5.) resorbirt werden. Häufig beob- 
achtete ich am Rande der Kiemenblätter mehr oder weniger verstümmelte Spirochonen, die an- 
scheinend den vordern Theil ihres Körpers durch den Biss irgend eines Thieres verloren hatten. 
Nicht selten war nur noch ein kleiner Theil des hintern Körperendes (Fig. 6. a.) vorhanden, das 
bisweilen einen ganz unverletzt gebliebenen Knospensprössling (b.) trug. Dergleichen Exemplare 
machen in gewissen Lagen und wenn das Rudiment des Spirochonenkörpers seine vordern Wund- 
ränder zusammengezogen hat '), den Eindruck eines Knospensprösslings, der sich kürzlich fixirt 
und noch vor der Entwickelung des Spiraltrichters eine neue kleinere Knospe an seiner Basis ge- 
trieben hat. Die frühere Angabe von mir *), dass der noch nicht zur Spirochonenform entwickelte 
Knospensprössling bereits wieder eine Knospe erzeugen könne, ist hiernach zu berichtigen. 

Nicht alle Knospensprösslinge entwickeln sich wieder zu Spirochonen, sondern viele von 
ihnen gehen früher oder später in einen ruhenden Zustand über, und aus diesem bildet sich die 


Acinetenform der Spirochonen, der sogenannte Dendrocometes paradozus , hervor. Ich schliesse 


1) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung Taf. XVII. 2 15. 
2) Ebendaselbst S. 489 und 491. 


Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheuteniül u. Dendrocometes paradozus. 211 


dies zuvörderst aus zwei Beobachtungen. Mehrmals sah ich matt umherschwimmende Knospen- 
sprösslinge, welche sich plötzlich auf der Fläche des Kiemenblattes, in der Nähe des Randes, 
wo auch die Dendrocometen zu lagern pflegen , niederliessen und sich auf eine ihrer breiten Seiten 
umlegten, ohne sich später wieder zu erheben. Ihre Wimperbewegungen wurden immer schwä- 
cher und hörten bald ganz auf, und zuletzt schien sich der Wimperspalt völlig geschlossen zu 
haben. Sodann beobachtete ich häufig ebenfalls nahe am Rande der Kiemenblätter regungslose, 
starre, rundliche, planconvexe Körper (Taf. V. Fig. 7. a.), die nirgends eine Oeffnung hatten 
und mit der abgeplatteten Seite auf der Oberfläche des Kiemenblattes festgewachsen waren. Die 
Verbindung vermittelte eine gallertartige Substanz, welche nicht selten an der einen Seite etwas 
über den Rand des Körpers hervorgequollen war (Fig. 7. b.). Diese Körper hatten oft nur die 
Grösse gewöhnlicher Knospensprösslinge, da’ der Durchmesser der kleinsten nur Y%4— is” be- 
trug; sie wurden von derselben starren, krystallhellen Haut begränzt und umschlossen denselben 
gleichartigen, feinkörnigen Inhalt, wie die Knospensprösslinge, ganz besonders wurde aber ihre 
Abstammung von dem letztern noch durch den chararteristischen runden Nucleus (c.) bewiesen, 
der nach Behandlung mit Essigsäure ebenfalls den centralen, queren Spalt erkennen liess. Neben 
dem Nucleus war im Innern des Körpers häufig noch ein runder, heller Hohlraum (d.) vorhan- 
‘ den, der sich entweder gar nicht veränderte, oder doch nur bisweilen auf einige Zeit verschwand 
und dann wieder erschien. Ohne Zweifel entwickeln sich diejenigen Knospensprösslinge , welche 
sich mit einer ihrer breiten Seiten auf die Kiemenblätter niederlegen, dadurch zu den ruhenden 
Körpern, dass aus dem Wimperspalte zuletzt ein gallertartiges Exsudat hervortritt, welches den 
Knospensprössling an seiner Unterlage festkittet, und welches zugleich den Wimperspalt voll- 
ständig schliesst. 

Am äussersten Umfange der ruhenden Körper bilden sich mit der Zeit ein oder mehrere, 


grade, starre, zapfenförmige Ausstülpungen (Fig. 8. «.), die bei weiterer Verlängerung sich sanft 


aufwärts krümmen, an der Spitze anschwellen und sich in drei, seltener in zwei Läppchen (Fig. 
“ 


8. a’. Fig. 13. a.) theilen, die sich bald in eben so viele divergirende Zinken (Fig. 11. a.) ver- 
wandeln. Die Zinken können sich unter gleichzeitiger Vergrösserung ihres Stammes, der fortan 
Arm heissen mag, zu besondern , mehr oder weniger bogenförmig nach aussen gekrümmten, dreh- 
runden Aesten entwickeln, die ziemlich gleichlang, aber kürzer und dünner sind, als der Arm. 
Jeder Ast endigt wieder mit Zinken (Fig. 10. «’.) und diese können sich noch einmal zu Zinken 
tragenden Aesten (Fig. 10. a.) entwickeln. Weiter pflegt die Verästelung der Arme nicht zu 
gehen. Die planconvexen Körper mit mehr oder weniger verästelten Armen sind nun eben die 
Formen, welche ich früher provisorisch unter dem Namen Dendrocometes paradozus zusam- 
menfasste. 

Die Dendrocometen sind auf den Kiemenblättern des Gammarus pulex eben so gemein, 
als die Spirochonen; sie liegen gewöhnlich in der Nähe des Randes, so dass der verästelte Theil 
ihrer Arme frei über das Kiemenblatt hinausragt. Dadurch wird der Beobachter zuerst auf sie auf- 
merksam, selbst wenn er nur mit schwachen Vergrösserungen nach ihnen sucht. Besonders dicht 
gedrängt pflegen sie in der Umgebung des Kiemenblattgrundes zu sitzen, während die Spirocho- 


Ds 


jr 


212 Ueber Spirochona gemmipara, 8. Scheutenüi u. Dendrocometes paradozus. 


- 


nen vorzugsweise den ganzen Vorderrand des Kiemenblattes einnehmen. Nicht selten finden sich 
auch Dendrocometen auf der Kante des Kiemenblattes angewachsen (Fig. 9.). Die Dendroco- 
meten varüiren in der Zahl, Lage, Grösse und Verästelung ihrer Arme so ausserordentlich, dass 
man kaum zwei vollkommen gleiche Exemplare antrifft; die Fig. S—16. dargestellten Formen 
repräsentiren nur einige der erheblichsten Varietäten. Alle haben einen fast vollkommen runden, 
planconvexen, nirgends mit einer Oeffnung versehenen Körper, dessen Durchmesser zwischen 
%4—Yss schwankt. Wenn sie ganz isolirt liegen, entspringen die Arme häufig in ganz gleich- 
mässigen Abständen vom Umfange des Körpers und zwar am gewöhnlichsten dann in der Fünf- 
zahl; doch sind die einzelnen Arme nur selten ganz übereinstimmend entwickelt (Fig. 14.), ge- 
wöhnlich sind einige viel dicker, länger und stärker verästelt (Fig. 10. a.), als die andern («’.). 
Schon an den ganz unentwickelten Individuen (Fig. 8.) sind meistens einzelne Arme (a’.) den 
übrigen (a.) im Wachsthum vorangeeilt. Mehr als sechs Arme, die ich nur einige Male beobach- 
tete, kamen nicht vor. Reguläre drei- und vierarmige Dendrocometen (Fig. 13.) sind nicht selten. 
Bei zweiarmigen Formen stehen die Arme bisweilen gegenüber (Fig. 9.), gewöhnlich sind sie 
aber einander genähert, oder doch höchstens um 90° von einander entfernt (Fig. 12.). Sehr häufig 
sind die Ärme nur auf einer Seite in geringen und ungleichen Abständen von einander entwickelt 
(Fig. 11.), was hauptsächlich dann der Fall ist, wenn mehrere Dendrocometen dicht an einander 
gränzen; die Arme sitzen dann immer an dem frei gebliebenen Rande des Körpers. Auf einer 
Seite nahe bei einander stehende Arme oder nur ein einziger Arm überhaupt (Fig. 15.) finden 
sich jedoch auch häufig bei ganz isolirt sitzenden Individuen. Endlich kommen auch gar nicht 
selten armlose Formen (Fig. 16.) vor, in deren Innerem dieselben Entwickelungen stattgefunden 
haben, wie bei den Arm-tragenden Dendrocometen. 

Die Arme der Dendrocometen repräsentiren offenbar sowohl morphologisch, als physio- 
logisch die Tentakeln der gewöhnlichen Acinetenformen ; jeder einzelne Arm entspricht mit seinen 
Verästelungen einer solchen büschelförmigen Gruppe von Tentakeln, wie wir sie bei vielen Aci- 
neten haben kennen lernen. Einer Verkürzung und Verlängerung sind aber weder die Arme noch 
ihre Verästelungen fähig; auch vermögen sie sich nicht zusammenzuneigen, um Thiere,, die mit 
ihnen in Berührung kommen, zu fangen. Indessen scheint ihnen doch ein ähnliches Beugungs- 
vermögen, wie dem Spiraltrichter der Spirochonen zuzukommen; denn sie sind bald ganz hori- 
zontal ansgebreitet, bald steigen sie in einem stark gekrümmten Bogen aufwärts (Fig. 9. a. a.), 
bald sind sie so stark nach innen über den Körper zusammengeneigt, dass sich ihre Zinken fast 
berühren. Auch zeigen die einzelnen Aeste eines Armes sehr verschiedene Stellungen zu einander, 
besonders die Zinken; bald sind sie knäulartig zusammengebogen (Fig. 14.), bald weit auseinan- 
dergespreizt (Fig. 10.). Die Haut, welche die Arme begränzt, obgleich eine unmittelbare Aus- 
stülpung der Körperhaut, ist doch weicher und dünner als diese, und sie wird besonders auf den 
feinern Verästelungen der Arme ausserordentlich zart. Behandelt man eine Dendrocomete vor- 
sichtig mit verdünnter Essigsäure oder mit Alkohol (Fig. 15.), so zieht sich der ganz homogene, 
feinkörnige Körperinhalt (2.) von der krystallhellen, doppelt contourirten Körperhaut (a.) zurück, 
und eben so sondert sich im untern Theile der Arme Haut und Inhalt. Man sieht nun deutlich, 


Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradozus. 213 


wie der Körperinhalt sich in die Arme fortsetzt, in den Aesten immer ärmer an Körnchen und 
daher blasser wird, und dass die Zinken eine ganz helle, homogene Masse bilden. Ferner zeigt 


sich die Haut der Arme an ihrem Ursprunge aus der Körperhaut fast noch eben so dick, als diese, 


bald aber verschwinden die doppelten Contourlinien und sie wird immer feiner. Setzt man con- 


centrirte. Essigsäure hinzu, so schrumpfen die Arme sogleich stark zusammen und lösen sich bis 
auf den Grundtheil bald eben so vollständig auf, wie der Trichter der Spirochonen, während die 
Körperhaut, wie die der Spirochonen, unverändert bleibt. In Zuckerlösung schrumpfen Spiro- 
chonen und Dendrocometen bis zum Unkenntlichen zusammen; setzt man dann sehr vorsichtig 
Schwefelsäure hinzu, so schwellen sie sehr schnell auf, wobei sich die Arme und der Spiraltrichter 
sogleich auflösen, der Körperinhalt aber färbt sich blass rosenroth. Nach einiger Zeit löst die 
Schwefelsäure auch die Körperhaut auf. Wie in ihrem chemischen Verhalten, so stimmen auch 
in allen physikalischen Eigenschaften die Körperhaut und der Körperinhalt der Spirochonen und 
der Dendrocometen so vollkommen überein, wie das nur bei Formen der Fall sein kann, die dem 
Entwickelungskreise derselben Art angehören. Da die Arme der Dendrocometen wegen ihrer 
Starrheit nicht zum Ergreifen und Festhalten ihnen sich nahender Infusorien dienen können, 
was zum Theil wenigstens eine Function der Acinetententakeln ist, so werden wir sie nur als 
Organe zum Aufsaugen flüssiger Nahrungsstoffe deuten können, die ins Besondere durch die sehr 
zarthäutigen Zinken eindringen werden. s 

In dem feinkörnigen Körperinhalte der Dendrocometen finden sich niemals fremde Ein- 
schlüsse, ganz constant ist aber ein ziemlich in der Mitte gelegener, sehr verschieden grosser und 
verschieden gestalteter Nucleus (Fig. 9— 14. b. b’., Fig. 15. c. und 16. e.) und meistens auch 
ein der Peripherie näher gerückter, runder, heller Hohlraum (Fig. 10. 13. 14. ce.) vorhanden. 
Letzterer bleibt lange Zeit ganz unveränderlich, nur dann und wann sah ich ihn auf kurze Zeit 
verschwinden und bisweilen im Momente des Verschwindens eine dreilappige oder rosettenartige 
Form annehmen (Fig. 9. c.). Der Nucleus fehlt niemals, und wenn ich ihn früher !) öfters ver- 
geblich suchte oder ihn nur als einen undeutlich begränzten Körnerhaufen sah, so lag dies nur 
daran, dass ich keine Reagentien anwendete. Der Zusatz von Essigsäure macht ihn sofort mit 
ganz scharfen Contouren sichtbar und nach einiger Zeit hebt sich auch die Nucleusmembran von 
dem homogenen, feinkörnigen Inhalte ab (Fig. 15. c. 16. e.). Die verschiedene Form und Grösse 
des Nucleus rührt daher, dass er sich ganz allmählich weiter entwickelt und zuletzt durch Thei- 
lung in ein als Nucleus fortbestehendes und in ein zum Schwärmsprössling sich ausbildendes 
Segment zerfällt. Nur der Anwendung der Essigsäure verdanke ich die Kenntniss dieses ganzen 
Vorganges. Ursprünglich ist der Nucleus, wie im Knospensprössling der Spirochonen, rund und 
sein Inhalt wird durch einen schmalen queren Spalt in zwei Hälften getheilt (Fig. 7. c.). Bei 
seiner Vergrösserung dehnt er sich vorzugsweise in der Richtung des Spaltes zu einem ovalen oder 
abgerundet rautenförmigen Körper aus, in dessen grösserer Diagonale die beiden frühern Inhalts- 
portionen aneinanderstossen. Diese sondern sich jetzt durch ihre feinere Structur scharf von ein- 


1) Vergl. meine zweite Infusorienabhandlung S. 496. 


ur 


214 Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradozus. 


ander; die eine Hälfte (Fig. 8. 5.) bleibt feinkörnig, wie der ursprüngliche gesammte Nucleusin- 
halt, die andere Hälfte (5’.) erscheint der Länge nach gestreift oder wellig gefaltet. 

Oft sind beide Portionen ungleichförmig entwickelt; so bildet z. B. in Fig. 14. die kör- 
nige Portion einen stumpfkegelförmigen, etwas gekrümmten Stiel (d.), auf dessen erweitertem, 
grad abgestutztem Ende die faltige Portion (b’.) wie der Hut eines Pilzes aufsitzt. Von beiden 
Portionen hat sich durch längere Einwirkung der Essigsäure die ihnen gemeinsame Nucleusmem- 
bran (a.) abgehoben. Mehrmals schien es mir, als erstrecke sich in der Mitte der Berührungs- 
fläche beider Portionen ein zapfenförmiger Fortsatz der körnigen Portion in das Innere der fal- 
tigen hinein. Ist dies wirklich der Fall, so würde der zapfenförmige Fortsatz zum Nucleus des 
Schwärmsprösslings werden, der sich mit der Zeit aus der faltigen Portion des Dendrocometen- 
nucleus entwickelt. Die körnig gebliebene Portion des letztern (Fig. 12. b.) wird nämlich nach 
und nach durch eine im Umfange der Berührungsfläche auftretende und immer tiefer eingreifende 
Einschnürung von der faltigen (b’.) gesondert, welche gleichzeitig beträchtlich an Umfang zu- 
nimmt, während sich die körnige Porfion nicht weiter vergrössert. Nach vollständiger Trennung 
beider Segmente bleiben sie fortwährend dicht neben einander liegen, der körnige Abschnitt fun- 
girt nun als mehr oder weniger gestreckter, halb ovaler, halb spindelförmiger oder abgerundet 
dreieckiger Nucleus der Dendrocomete weiter (Fig. 10. b. 11. 5. 13. b. und Fig. 15. e. 16. e.), 
der faltige aber bekommt bei weiterer Ausdehnung eine ganz glatte Oberfläche, in seiner nächsten 
Umgebung löst sich der körnige Inhalt der Dendrocomete auf, und es entsteht eine scharf be- 
gränzte Höhlung (Fig. 10. e. 15. e. 16. e.), in der er sich zum lebhaft wimpernden Schwärm- 
sprössling (Fig. 10. d. 11. d. 13. d.) entwickelt. 

Die Organisation des reifen Schwärmsprösslings ist schon durch die Haut des Dendro- 
cometenkörpers hindurch ohne Anwendung von Reagentien klar zu erkennen; ich habe aber auch 
oft isolirte Sprösslinge untersucht (Fig. 17. 18.), die entweder ausschwärmten, oder durch Druck 
auf den Dendrocometenkörper ins Freie gefördert wurden. Die Schwärmsprösslinge haben einen 
mehr oder weniger abgeplatteten, ovalen oder eiförmigen, am vordern Ende grad abgestutzten 
Körper, der häufig auch auf der einen Seite abgestutzt oder schwach bogenförmig ausgeschnitten 
ist, so dass er fast nierenförmig (Fig 11. d.) erscheint. Die glatte, starre Körperhaut hat genau 
dieselbe Consistenz und denselben Grad der Biegsamkeit, wie bei den Knospensprösslingen der 
Spirochonen, denen überhaupt die Schwärmsprösslinge sehr ähnlich sind. Denn an ihrem vor- 
dern Ende befindet sich ebenfalls ein breiter, querer Ausschnitt (Fig. 17. d.), der auf der einen 
Seite knieförmig nach hinten umbiegend, sich wenigstens bis zur Mitte dieser Seite, oft aber auch 
noch etwas weiter nach abwärts erstreckt. Der Ausschnitt ist keine in das Innere des Körpers 
führende, spaltförmige Oeffnung, sondern die Körperhaut faltet sich nur stark nach innen ein 
und nimmt hier eine viel zartere Beschaffenheit an. Eine Oeffnung vermochte ich innerhalb des 
Ausschnittes nicht wahrzunehmen. Sein weiterer, querer Theil fällt häufig mit dem vordern Ende 
des Körpers zusammen (Fig. 15. d. 16. d.), gewöhnlicher aber rückt er ein wenig rückwärts in 
die eine der beiden Seitenflächen hinein (Fig. 17. d. 10. d. 11. d. 13. d.), welche ich als die 
obere bezeichnen will. Die obere Wand des Ausschnittes kann dem gegenüberliegenden Rande 


Ueber Spirochona gemmipara, $. Scheutenii u. Dendrocometes paradosus. 215 


desselben genähert und weiter von ihm entfernt werden, daher erscheint der Ausschnitt bald sehr 
schmal (Fig. 17. d.), bald sehr weit (Fig. 15. d. 16. d.). Genau dieselben Verhältnisse zeigt der 
Wimperspalt der Knospensprösslige, dem offenbar der knieförmige Ausschnitt der Schwärmspröss- 
linge völlig äquivalent ist, obgleich sich in dem letztern keine Wimpern entwickeln. 

Die grosse Uebereinstimmung zwischen Knospen- und Schwärmsprössling tritt beson- 
ders hervor, wenn beide auf der Kante liegen und den ganzen knieförmigen Ausschnitt dem Beob- 
achter zukehren, wie dies bei dem noch nicht völlig entwickelten Schwärmsprössling d. in Fig. 
16. und dem in Fig. 3. abgebildeten Knospensprössling der Fall ist. Der Schwärmsprössling ist 
auf dem grössten Theile seiner Oberfläche nackt, nur rings um den Rand der obern Seite zieht 
sich ein schmaler Saum von Wimpern (Fig. 17. a. 18. a.) herum, die aus drei tiefen, dem Kör- 
perrande parallelen Furchen entspringen, Sie stehen ziemlich dicht hinter einander, sind aber 
dünn und zart und deshalb wahrscheinlich nur für eine kurze Dauer bestimmt. In dem feinkör- 
nigen Körperinhalte ist stets ein homogener, abgerundet dreieckiger .oder ovaler Nucleus (Fig. 
17. b. 18. 5.) und häufig auch ein heller, runder, neben dem hintern Ende des Ausschnittes ge- 
legener Hohlraum (Fig. 17. c.) zu unterscheiden, der. sich ganz wie der Hohlraum der Spirocho- 
nen-und Dendrocometen verhält. Der Schwärmsprössling wimpert schon innerhalb der Dendro- 
cometen sehr lebhaft und schiebt sich in seiner Höhlung hin und her, ohne jedoch zu rotiren. Er 
sprengt zuletzt die Haut des Dendrocometenkörpers an irgend einer Stelle, arbeitet sich aber nur 
sehr langsam aus der Oeffnung hervor, die sich dann bald darauf wieder vollständig schliesst. 
Seine Bewegungen sind nicht sehr lebhaft, so dass man ihn ohne Mühe lange Zeit verfolgen kann ; 
er wälzt sich dabei häufig um seine Längsaxe (Fig. 18.). 

Der Schwärmsprössling hat im Verhältniss zum Mutterkörper eine bedeutende Grösse ; 
in einer Dendrocomete von Ys:"” Körperdurchmesser war er Yss”’ lang und 10” breit. Da die 
Dendrocometen, wie die Acineten, auf allen Entwickelungsstufen Schwärmsprösslinge erzeugen, 
so ist die absolute Grösse der letztern sehr verschieden, sie schwankt zwischen Y,,—Ys,”” Länge. 
Häufig beobachtete ich völlig entwickelte Schwärmsprösslinge in Mutterkörpern,, die noch keine 
Spur von Armen zeigten (Fig. 16.). Dergleichen Fälle beweisen vollends, dass die Dendrocometen 
keine selbstständige Infusorienform sein können; denn eine geschlossene, regungslose, starre 
Blase wird doch wohl Niemand für eine ausgebildete Thierform ausgeben wollen. Die unter dem 
Namen Dendrocometes paradoxus zusammengefassten Gebilde sind also jedenfalls nur. die ruhen- 
den Formen oder die Acinetenzustände einer frei beweglichen Infusorienform. Wollten wir als 
solche den Schwärmsprössling ansehen, so müsste uns doch sogleich auffallen , dass derselbe in 
keiner der bisher aufgestellten Familien des Infusoriensystems unterzubringen wäre. Am ersten 
würde er sich noch an die Familie der Euploten hinsichtlich seiner Körperbedeckung; und wenn 
in dem knieförmigen Ausschnitte eine Mundöffnung vorhanden wäre, anschliessen ; allein die 
sehr eigenthümliche peripherische Zone von dicht stehenden, dünnen, hinfälligen Wimpern er- 
laubt eine Vereinigung mit jener Familie, welche durch den Besitz isolirter, griffelförmiger Wim- 
pern ausgezeichnet ist, durchaus nicht. Wir müssten also den Schwärmsprössling zu einer eigenen 


Gattung und Familie erheben und annehmen, dass er dadurch in seinen ruhenden Zustand über- 
» 


ey 


216 Ueber Spirochona gemmipara, S. Scheutenü u. Dendrocometes paradozus. 
” “ . 


gehe, dass er sich mit einer seiner breiten Seitenflächen festsetze, die Wimpern abwerfe, und dass 
der knieförmige Ausschnitt durch Verwachsen seiner Ränder geschlossen werde. Es müsste also 
ganz dieselbe Metamorphose erfolgen, wie in dem Falle, dass wir die Dendrocometen aus Knos- 
pensprösslingen der Spirochonen hervorgehen lassen. 

Erwägen wir nun, was oben für die letztere Metamorphose sprach, berücksichtigen wir 
ferner, in wie ausserordentlich vielen Stücken die Spirochonen und ihre Knospensprösslinge mit 
den Dendrocometen und ihren Schwärmsprösslingen übereinstimmen, und erinnern wir uns end- 
lich daran, dass nur noch bei vorticellenartigen Infusionsthieren, nämlich bei den Theilungs- 
sprösslingen der Gattung Lagenophrys eine ganz analoge peripherische Bewimperung (Taf. VI. 
Fig. 15. e. 16. e.) vorkommt, wie an den Schwärmsprösslingen der Spirochonen, so können wir 
uns nur für die Ansicht entscheiden, dass die Dendrocometen die Acinetenzustände der Spiro- 
chonen sind, und dass sie aus deren Knospensprösslingen hervorgehen. Die Schwärmsprösslinge 
müssen dann später wieder die Spirochonenform annehmen, und diese Umbildung wird auf ganz 
analoge Weise erfolgen, wie die Entwickelung des Knospensprösslings zur jungen Spirochone. 
Uebrigens ist nicht nothwendig, dass jeder Schwärmsprössling zur Spirochonenform zurückkehrt, 
sondern mancher geht vielleicht nach einer längern oder kürzern Periode freien Umherschweifens 
sogleich in die Dendrocometenform über, und erst der von dieser erzeugte Schwärmsprössling 
oder eine noch spätere Generation entwickelt sich wieder zu einer Spirochone. Die grossen 
ruhenden Köper, welche noch keine, flüssige Nahrungsstoffe aufsaugenden Arme entwickelt haben 
(Fig. 16.), dürften vielleicht direct aus grossen Schwärmsprösslingen hervorgegangen sein. 

Als ich meine ersten Beobachtungen über die Spirochonen veröffentlicht hatte, schrieb 
mir mein geehrter Freund, Herr Kaufmann A. Schzuren in Amsterdam, der sich in seinen 
Mussestunden seit Jahren sehr anhaltend und erfolgreich mit dem Studium der Infusorienwelt be- 
schäftigt und viele interessante Materialien gesammelt hat, dass er schon ein Jahr früher, als ich, 
auf Flohkrebsen, welche einen mit brakischem Wasser erfüllten Graben bei Amsterdam bevöl- 
kerten, sehr häufig Infusorien beobachtet habe, die mit meiner Spiroch. gemmipara sehr viel 
Aehnlichkeit hätten, aber in der Organisation des vordern Endes wesentlich verschieden seien. 
Nach den beigelegten Zeichnungen, von denen ich eine Figur auf Taf. V. Fig. 29. copirt habe, 
und nach den nähern Angaben über die Körperstellen der Flohkrebse, welche jene Infusorien be- 
wohnen, konnte es nicht zweifelhaft sein, dass sie eine neue Art der Gattung Spirochona bilde- 
ten, die ich nach ihrem Entdecker Sp. Scheutenüi nenne. Später hatte Herr Scnzuren die Güte, 
mir in Spiritus eine Anzahl Flohkrebse aus der vorhin bezeichneten Localität zu übersenden. 
Auf einigen derselben traf ich eine ziemliche Menge theils einfacher, theils mit ein oder zwei 
Knospen versehener Spirochonen, deren Körper sich sehr gut erhalten hatte; aber das Peristom 
war meistens sehr verzerrt. Eins der am besten erhaltenen Individuen habe ich in Fig. 30. auf 
Taf. V. so, wie es sich mir darstellte, abgebildet. Die Sp. Scheutenii unterscheidet sich von S. 
gemmipara schon durch ihr Vorkommen; sie findet sich nämlich niemals auf den Kiemenblät- 
tern, welche nach Scheuren’s Angabe überhaupt keine infusoriellen Bewohner tragen sollen, 


sondern nur an den langen gefiederten Borsten, welche die beiden neben einander auf einem 
B 


Ueber Zoothamnium affine, über Opereul. Lichtensteimü u. deren Acineten. 217 


gemeinsamen Grundstück sitzenden Endglieder der Postabdominalfüsse säumen. Eine einzige 
Borste trägt oft mehrere Thiere, die an ihr nur mittelst eines kurzen Stielchens (Fig. 29.8.) so 
befestigt sind, dass das Thier mit der Borste einen sehr spitzen Winkel bildet. In der Körperform 
und in de? Grösse stimmt Sp. Scheutenü ganz mit Sp. gemmipara überein, aber ihr Peristom 
scheint sich nicht, zu einem spiralig ausgezogenen Trichter zu entwickeln, sondern einfacher zu 
bleiben. Einen besondern Charakter erhält das Peristom dadurch, dass sein Rand auf der einen 
Seite in dicht nebeneinander stehende, krystallhelle, starre, fadenförmige Fortsätze (Fig. 29. ea 
30. c'.) ausgezogen ist. Nach Scnruren würde das Peristom ein einfacher, fast napfförmiger 
Trichter (Fig. 29. c.) sein, aus dem sich eine abgerundete, am Rande mit starren borstenförmigen 
Fortsätzen besetzte Lamelle (e‘.) erhebt. Mir schien jene Lamelle. nur die sich nach innen ein- 
rollende Hälfte der Trichterwand zu sein. Im Grunde des Trichters steht ein Büschel zarter, leb- 
haft schwingender Wimpern (Fig. 29. d.), welche noch an Spiritusexemplaren als ein ovales 
Zäpfchen (Fig. 30. d.) zu erkennen sind. ‘In histiologischer Beziehung scheint zwischen beiden 
Spirochonen kein Unterschied zu sein; an den in Spiritus gelegenen Exemplaren der Sp. Scheu-, 
tenüi hatte sich der Körperinhalt (Fig. 30. «‘.) von den starren, doppeltcontourirten, krystall- 
hellen Körperwandungen (a.) beträchtlich zurückgezogen, und in dem länglich ovalen Nucleus (e.), 
den ScHEUTEN homogen darstellt (Fig. 29. e.), sah ich öfters deutlich eine quer elliptische Höh- 
lung. Die Knospen (Fig. 29. f.) entstehen an denselben Stellen, wie bei Sp. gemmipara. An 
den Borsten- der Postabdominalfüsse ist bisher noch kein dendrocometenartiges Gebilde ange- 
troffen worden, ich zweifle jedoch nicht, dass sich dergleichen bei genaueren Revisionen des 
ganzen Flohkrebskörpers irgendwo finden werden. Ob der Gammarus in dem Graben bei Amster- 
dam von unserm @. pulex verschieden ist, weiss ich nicht zu sagen; bei letzterer Art habe ich 


noch niemals Spirochonen auf den Borsten der Afterfüsse beobachtet. 


20. 


un 


Ueber Zoothamnium affine und Acineta tuberosa, über Opercularia Lichten- 
steinii mit Acineten und über die gefingerte Aecinete. 


Nächst den Spirochonen, Dendrocometen und Lagenophryen des Gammarus ‚pulex ex- 
regte ein Zoothamnium meine Aufmerksamkeit, welches häufig in sehr entwickelten, vielästigen 
'Stöcken an den Beinen der in den Niemegker und Tharander Gewässern eingesammelten Floh- 
krebse festsass. Der Raumersparniss halber habe ich von dieser Art auf Taf. III. Fig. 45. nur 
einen ganz niedrigen, von vier mittelgrossen Individuen gebildeten Stock abgebildet. Ueber die 
Begränzung der Gattung Zoothamnium ist bereits $. 9. gesprochen und dort auch hervorgehoben 
worden , wie schwierig es sei, die sich unter sehr verschiedenen äussern Verhältnissen so oft der 
Beobachtung darbietenden Zoothamnien auf scharf umschriebene Species zurückzuführen. Das 
auf den Flohkrebsen lebende Zoothamnium stimmt sowohl in der Gestalt der Einzelthiere, als ın 
der Dicke der sie tragenden Aeste mit dem Zooth. arbuscula von EHRENBERG überein; da ich 
aber unter Hunderten von Stöcken nie einen ähnlichen beobachtete, wie der von diesem Forscher 


‚Stein, Infusorien. > 2 25 


218 Ueber Zoothamnium affine, über Opercul. Lichtensteiniüi u. deren Acineten. 


abgebildete'), und da ich auch niemals auffallend grössere, knollenartige Individuen auf den 
Stöcken antraf, so halte ich es für gerathener, unsere Form vorläufig als eine besondere Art unter 
dem Namen Zooth. affine aufzuführen, anstatt sie jetzt schon mit dem Z. arbuscula zu vereini- 
gen, was wohl später nöthig werden könnte. 

Das Zooth. affine bildet wiederholt dichotomisch verästelte Stöcke; welche die Einzel- 
thiere in nahezu gleicher Höhe tragen. Die Verästelung des Stockes beginnt entweder nahe über 
dem Anheftungspunkte, und dann wiederholt sich die Gabelung gewöhnlich in kurzen Abständen 
schnell nach einander (Taf. III. Fig. 45. a.), und es entsteht ein dichtes, strauchförmiges Stiel- 
gerüst, das nicht in ein compaktes Knäuel zusammen zu schnellen vermag, da die einzelnen 
Aeste wegen ihrer Kürze nur schwacher schraubenförmiger Windungen fähig sind; oder die Ver- 
ästelung beginnt erst nach Bildung eines längerii Stammes, der jedoch nur wenig oder gar nicht 
dicker ist, als die folgenden Glieder des Stockes, die ihrerseits ebenfalls sämmtlich sehr langge- 
streckt und deutlich spiralig gedreht sind, und dann gleicht der Stock schlanken Bäumchen , die 
mit grosser Heftigkeit in ein dichtes, kugelförmiges Knäuel zusammenschnellen. Zwischen beiden 
Extremen giebt es viele Mittelglieder. Die krystallhellen, dicken Aeste sind an den langgliedrigen 
Stöcken im ausgestreckten Zustande ganz glatt, und nur wenn sie zusammenschnellen , bekom- 
men sie dicht auf einander folgende, tiefe ringförmige Einschnürungen ; an den kurzgliedrigen 
Stöcken sind sie aber auch im ausgestreckten Zustande mit zahlreichen seichtern und tiefern 
ringförmigen Einschnürungen versehen , die häufig noch viel stärker ausgeprägt sind, als an dem 
Stielgerüst a. in Fig. 45. Sind die Aeste eines Stockes geringelt, so sind sie merklich dicker, als 
die ganz glatten Aeste eines andern Stockes, der gleich grosse Individuen trägt. Der Axenkanal 
und der Stielstreif (Fig. 45. d.) bilden, wie bei allen Zoothamnien, durch den ganzen Stock ein 
continuirlich zusammenhängendes System, nur die untersten Glieder strauchartiger Stöcke und 
der Basaltheil des Stammes baumförmiger Stöcke sind häufig durch und durch solide, wie bei den 
meisten Epistylisarten,, und sie bleiben daher auch beim Zusammenschnellen der übrigen Stock- 
glieder steif aufrecht. In diesen Fällen hatte entweder das erste Thier, welches die Gründlage 
des ganzen Stockes bildete, einen soliden Grundtheil ausgeschieden, oder es hatten sogar die 
ersten Generationen von Thieren der ganzen Ausdehnung nach solide Stiele gebildet, und erst 
die folgenden Generationen entwickelten die normalen mit Axenkanal und Stielstreif versehenen 
Stiele.. Man muss sich daher wohl hüten , unentwickelte Zoothamnienstöcke deshalb für Episty- 
lisstöcke zu bestimmen, weil an ihnen kein Axenkanal und Stielstreif vorhanden ist. In diesen 
Fehler wird man nicht verfallen, wenn man die noch vorhandenen entwickelten Stockformen be- 
rücksichtigt; ausserdem sind aber auch die unentwickelten Zoothamnienstöcke mit soliden Aesten 
dadurch von Epistylisstöcken zu unterscheiden, dass sie lange nicht so steif, sondern viel bieg- 
samer und elastischer sind, als die letztern, dass ihre Aeste seichte und tiefe ringförmige Ein- 
schnürungen besitzen und sich beim Zusammenzucken der Thiere unter noch stärkerer Quer- 
runzelung merklich verkürzen und verdicken. Unentwickelte Zoothamnienstöcke, die noch in 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXIX. Fig. 2. 


Ueber Zoothamnium affine, über Opercul. Lichtensteini u. deren Acineten. 219 


der dritten und vierten Ordnung der Aeste ohne Stielstreif sind, finden sich besonders häufig auf 
den Kiemenblättern der Flohkrebse zwischen den dort so gewöhnlich lagernden Lagenophryen 
zerstreut, und sie sehen mit ihren dicken, unregelmässig gekrümmten, ausserordentlich tief quer- 
geringelten Aesten beim ersten Anblick so fremdartig aus, dass ich anfangs selbst glaubte, nicht 
bloss eine eigene Art, sondern sogar eine neue Gattung von Vorticellinen vor mir zu haben. Man 
sieht hieraus, wie leicht grobe Irrthümer in der Infusorienkunde begangen werden können, wenn 
man sich an vereinzelte extreme Formen anklammert und der Entwickelungsgeschichte keine 
Rechnung trägt. 

Die Einzelthiere haben einen ovalen, nach hinten nur schwach verengerten, vorn schief 
abgestutzten Körper, der von einem dicken, wulstigen Peristom gekrönt wird, das kaum so breit 
ist, als der grösste Querdurchmesser des Körpers. Das Wirbelorgan ist merklich enger und ragt 
nur wenig über das Peristom hervor. Letzteres zeichnet sich besonders noch dadurch aus, dass 
sich sein Vorderrand häufig in einen viel engern, dünnwandigern, kurz röhrenförmigen Fortsatz 
ausdehnt (Fig. 45. e.), der sich durch eine ringförmige Einfaltung von dem hintern, wulstig blei- 
benden Theile des Peristoms so absetzt, dass es scheint, als stecke in dem äussern, wulstigen Pe- 
ristom ein zweites weiter nach aussen hervorragendes, gradröhriges. Diese Verdoppelung des Pe- 
ristoms ist jedoch an keinem Thiere bleibend , sondern nur ein vorübergehender Moment, der ge- 
wöhnlich nur kurz vor der Retraction des Wirbelorgans und dann wieder beim Entfalten des con- 
trahirt gewesenen Peristoms beobachtet wird. Neben dem vordern Ende der kurzen und ziemlich 
weiten Speiseröhre und oft ganz in die Scheibe des Wirbelorgans hineingerückt, liegt die con- 
tractile Stelle (Fig. 45. d.). Der Nucleus (e.) ist kurz bandförmig und halbringförmig zusammen- 
gekrümmt. Der Stielstreif endet an der Basis des Thieres mit einer schwachen Erweiterung und 
schickt keinen Fortsatz in das Innere des Körpers. Ein wesentlicher Character unserer Art be- 
steht in der beträchtlichen Dieke der Aeste, verglichen mit dem grössten Querdurchmesser der 
von ihnen getragenen Thiere. Das Thier ist nämlich nur noch einmal so breit, wie der Stiel, 
welchen es ausscheidet, oder doch nur wenig'breiter. An den meisten Stöcken sınd die Thiere 
Ya — Yay lang und Y4—"/ıs”” breit, während die Dicke der Aeste, auf welchen sie sitzen, 
Yas— hs beträgt. 

Auf den Beinen sowohl der Niemegker, wie der Tharander Flohkrebse traf ich häufig in 
Gesellschaft des Zooth. affıne eine Acinetenform, welche gewöhnlich in den Gelenken der Beine, 
besonders zwischen den dünnern Endgliedern verborgen sass. Nicht selten beobachtete ich in 
einem Gelenke 6—8 dicht neben einander sitzende Acineten. Sie haben einen sehr kurzen, oft 
kaum bemerkbaren, weichen , dehnbaren Stiel und einen Körper, der sowohl in seinem Umrisse, 
als auch in der Stellung der Tentakeln ganz mit dem Körper der auf Taf. III. Fig. 38. abgebil- 
deten Acinete der Cyclopen übereinstimmt. Da die letztere, wie wir 8. 146. sahen, von der Zoo- 
thamnienform der Cyclopen abzuleiten war, so wird auch die Acinete auf den Beinen des Gam- 
marus pulex als eine Entwickelungsstufe des Zooth. affine angesehen werden müssen. Sie erreicht 
keine bedeutende Grösse; ihr Körper wird höchstens Yss”’ lang, der bläulichgraue Körperinhalt 
ist feinkörnig und blass, der Nucleus oval und !%56”’ lang. Leider habe ich es bisher versäumt, 

DEE 


Ey ? 


220 Ueber Zoothamnium affine, über Opercul. Lichtensteinü u. deren Acineten. 


diese Acinete genauer zu untersuchen ; nur das will ich noch hervorheben, dass ich häufig statt der 
Acineten in den Gelenken der Beine ganz eben so gruppirte, glatte, ovale dünnhäutige Körperfand, 
die offenbar ruhende, noch nicht zur Acinetenform entwickelte Zustände des Zooth. affine waren. 

Nachdem mir die Gammarusarten des süssen Wassers eine so reiche Ausbeute geliefert 
hatten, war ich höchst begierig, irgend eine Gammarusart des Meeres auf infusorielle Bewohner 
zu untersuchen, und zwar besonders deshalb, weil ich hoffte, auf ihr ähnliche Infusorienformen 
anzutreffen, als auf den Flohkrebsen des süssen Wassers, die sich ja in den verschiedensten Loca- 
litäten immer von denselben Schmarotzern bewohnt zeigten. Ging meine Hoffnung in Erfüllung, 
dann musste es sich zeigen, ob die Beziehungen , in welche ich die Dendrocometen zu den Spi- 
rochonen, und die Acineten der Flohkrebse zu ihren Zoothamnien gebracht hatte, richtig gewesen 
waren. Da ich verhindert wurde, selbst an die See zu reisen, so bat ich einen in Stralsund leben- 
den Verwandten, am Strande der Ostsee eine Anzahl der zwischen dem ausgeworfenen Seegrase 
befindlichen kleinen Krustenthiere aufzulesen, sie in ein geräumiges, mit weitem Halse ver- 
sehenes und bis-zu zwei Dritttheilen mit Seewasser und Seegras gefülltes Gefäss zu werfen, das- 
selbe nicht zu dicht zu verschliessen und mir es sofort nach 'Tharand zu senden. Am 14. October 
1852 traf die gewünschte Sendung bei mir ein; sie enthielt zweierlei, völlig munter und gesund 
gebliebene Crustaceen , nämlich 16 grosse Individuen von Gammarus marinus und einige 20 von 
Sphaeroma serrata. Das Meerwasser selbst wurde von den bereits S. 157. aufgezählten Infuso- 
rienformen belebt, die ich sammt einigen der Zergliederung entronnenen Sphäromen bis tief ins 
folgende Frühjahr hinein am Leben erhielt. 

.. Zuerst wurde der Gammarus marinus vorgenommen, und jedes abgelöste Bein und Kie- 
menblatt sorgfältig unter dem Mikroskope revidirt. Das Resultat war, dass kein einziger Gam- 
marus von Spirochonen, Dendrocometen oder Lagenophryen bewohnt wurde, und dass die ‚Kie- 
menblätter überhaupt frei von infuseriellen Schmarotzern waren. Dagegen traf ich sehr häufig 
auf den Beinen ein: Zoothamnium, das sowohl in der Stockform,, als in der Stärke der Aeste und 
in der Gestalt und innern Organisation der Individuen vollkommen mit dem Zooth. affine über- 
einstimmte. Ich vermochte wenigstens keinen haltbaren Unterschied zwischen der Meeres- und 
Süsswasserzoothamnie aufzufinden, und ich muss daher beide zu einer Art vereinigen. An man- 
chen Individuen sah ich den Körperinhalt blass rostgelb gefärbt; diese Färbung rührt aber gewiss 
nur von der Nahrung her, denn die meisten haben einen bläulichgrauen Körperinhalt, wie die 
Süsswasserform. Uebrigens ist schon eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Infusorien bekannt 
geworden, die in völlig identischen Formen im Meere und im süssen Wasser vorkommen, was um 
so auffallender ist, als eine Meeresform mit süssem Wasser behandelt, sogleich sehr runzlig und 
uneben wird und bald darauf abstirbt. Ausser den Zoothamnien beobachtete ich auf-Gammarus 
marinus nur noch eine ohne Zweifel von ihr abstammende’Acinetenform , die besonders häufig 
an der Einlenkungsstelle der Kiemenblätter und in den Gelenken zwischen den untersten Ab- 
schnitten der Beine sass. Noch viel häufiger traf ich dieselbe Acinetenform zwischen sehr ver- 
schiedenen Gelenken der Beine von Sphaeroma serrata und zwar ebenfalls oft gleichzeitig mit 


dem Zooth. affine. Bisweilen trug jedes Bein einer SpA. serrata Acineten ; auf manchen Beinen 


Ueber Zoothammium affıne, über Opercul. Lichtensteinü u. deren Acineten. 221 


zählte ich 16 — 20 Exemplare. Andere, als diese beiden Infusorienformen waren auch auf den 
‚Sphäromen nicht aufzufinden. 

Die auf Gammarus marinus und Sphaeroma serrata lebenden Acineten, gehören sicher- 
lich einer und derselben Art an, obgleich sie beträchtlich in der Grösse, in der äussern Form und 
in der Färbung des Körperinhalts variiren. Die kleinern Individuen sind von der Acinetenform 
des Gam. puler nicht zu unterscheiden, höchstens ist ihr Stiel etwas mehr entwickelt und der 
Körper oft uneben und runzlig. Die grössern Individuen (Taf. III. Fig. 46—49.) zeigen dagegen 
manche Eigenthümlichkeiten;; es sind dies die Formen, die bereits von EHuRENBERG auf verschie- 
denen Algen der Ostsee beobachtet und unter dem Namen Acineta tuberosa beschrieben wurden '). 
Sie sind in so fern von hohem Interesse, als sie uns den allgemeinen Bauplan der von contractil- 
stieligen Vorticellinen abstammenden Acineten ohne Anwendung irgend eines chemischen Hülfs- 
mittels oder mechanischer Manipulationen ganz klar erkennen lassen. Man sieht nämlich sofort, 
dass der eigentliche Körper der Acinete (Fig. 46. c. 47. c.) rings herum von einer cystenartigen 
Hülle (3. 5.) umschlossen wird, und dass sich diese nach hinten in den Stiel (a.) der Acinete 
auszieht. Der Acinetenkörper ist mehr oder weniger zusammengedrückt, im Umrisse kurz oder 
langglockenförmig bis trichterförmig und am vordern Ende in zwei abgerundete Lappen oder 
kegelförmig vorspringende Ecken ausgezogen, welche die strahlenförmig ausgebreiteten Tentakeln 
aussenden. Zwischen den beiden Ecken befindet sich in der Mitte des Vorderrandes oft noch ein 
schwacher Vorsprung (Fig. 49.), der aber keine Tentakeln trägt. Dass der Körper von einer be- 
sondern, seinem Inhalte innig anliegenden Membran begränzt wird, lehren schon seine überaus 
scharfen Contourlinien,, ganz besonders aber die sehr häufig an seiner hintern Hälfte zu beobach- 
tenden in regelmässigen Abständen auf einander folgenden, ringförmigen Einschnürungen (Fig. 
47. e. und Fig. 49. c.), für die sich kein entsprechender Ausdruck an der umschliessenden Hülle 
(b. b’.) findet, ausser wo dieselbe, wie in Fig. 46. und 48., der Körperhaut innig anliegt. Eben 
so häufig finden sich in der äussern Hülle unregelmässige Falten und Runzeln, während die dar- 
unter gelegenen Körperwandungen glatt sind. Die krystallhelle, farblose, elastische Hülle des 
Acinetenkörpers liegt an kleinern Individuen der Körperhaut so innig an, dass man sie für diese 
selbst halten wird; an grössern Individuen steht 'sie aber wenigstens am vordern Ende (Fig. 
416. d’.) und beim-Uebergang in den Stiel (@’.) mehr oder weniger weit von der Körperhaut ab. 
Der Zusatz eines Tropfens Essigsäure hebt sie sofort an allen übrigen Punkten mit Ausnahme 
der beiden Ecken, von welchen die Tentakeln ausgehen, von dem geringelt bleibenden Körper 
(Fig. 49. e.) als einen glatten, allseitig geschlossenen Sack (b. D’.) ab, der sich nach hinten in 
den hohlen Stiel (@.) verengert. Häufig hat sich der Körper (Fig. 47. ce.) freiwillig von seiner 
Hülle (3. 0’.) zurückgezogen, und nur die die Tentakeln tragenden Fortsätze hängen noch mit 
derselben zusammen. Nicht selten gelang es mir, den Körper (Fig. 50..c.) unverletzt aus seiner 
Hülle (d.) hervorzupressen ; letztere erschien dann als ein diekwandiger, mit einigen tiefen Falten 


versehener, am vordern Ende seiner ganzen Breite nach gespaltener Sack, von der Form des Aci- 


1) Die Infusionsthiere S. 241. Taf. XX. Fig. IX. 


222 Ueber Zoothamnium affıne, über Opereul. Lichtensteinüi u. deren Acineten. 


netenkörpers. Aehnliche leere Hüllen, die wohl nur durch Zufall ihren Körper verloren hatten, 
beobachtete ich auch bisweilen auf den Beinen der Sphaeroma serrata. Der bald grade, bald un- 
regelmässig gekrümmte Stiel der Acinete ist meistens viel kürzer, als der Acinetenkörper, selten 
kommt er demselben an Länge gleich (Fig. 46. a. «’‘.). Im letztern Falle ist er glatt und nur in 
seinem obern Theile mit einer deutlichen, nach hinten enger werdenden und zuletzt verschwin- 
denden Höhlung (a’.) versehen. Die kurzen Stiele (Fig. 47. a.) sind bald hohl und quergeringelt, 
bald sind die Stielwandungen in einen glatten homogenen Körper verschmolzen. Dass die Stiele 
eine unmittelbare Fortsetzung der Hülle des Acinetenkörpers sind, geht auch aus ihrer grossen 
Dehnbarkeit hervor. Uebt man nämlich einen schiefen Druck auf den vordern Theil des Acine- 
tenkörpers aus, so kann man einen ganz kurzen Stiel zu einem dünnen Faden ausziehen , der so 
lang oder noch länger ist, als der Acinetenkörper. ‘ 

Diese so leicht und sicher zu beobachtenden Structurverhältnisse unserer Acineten, die 
genau dieselben sind, wie bei den zu Vorticella nebulifera gezogenen Acineten der Wasserlinsen 
(vergl. S. 60. und Taf. III. Fig. 32. 33.) und wie bei der als Podophrya fixa bezeichneten Aci- 
netenform der Vort. mierostoma (vergl, S. 141—46.), wo sie aber meistens schwieriger nachzu- 
weisen sind, können meiner Ansicht nach auf keine andere Weise erklärt werden, als dass wir 
die Acineten von einfachen Cystenzuständen der allein in ihrer Gesellschaft massenhaft vorkom- 
menden Vorticellinen ableiten , und dass wir den eingeschlossenen Körper in der an fremden Ge- 
genständen aufsitzenden Cyste sich nach der freien Seite hin zu der specifischen Acinetenform 
ausdehnen lassen. Der Körper unserer Meeresacinete ist kräftiger, wenn gleich nur langsam auf- 
einanderfolgender Contractionen fähig, die sich natürlich auch der leicht biegsamen Hülle mit- 
theilen, zumal wenn diese dem Körper innig anliegt. Die Contractionen bestehen theils in ring- 
förmigen Einschnürungen,, theils in ganz unregelmässig verlaufenden Faltungen und Runzelun- 
gen, in deren Folge der Körper oft eine sehr geneigte Stellung gegen seinen Stiel annimmt 
(Fig. 46.). Manche Individuen muss man sehr lange fixiren, um nur eine leise Veränderung der 
Körperumrisse wahrzunehmen. Die borstenförmigen, am Ende geknopften Tentakeln verkürzen 
und verlängern sich auf die gewöhnliche Weise, halten auch Infusorien, die mit ihnen in Berüh- 
rung kommen, fest. Bei starker Beunruhigung neigen sich die strahlig ausgebreiteten Tentakeln 
einer Ecke häufig in ein Bündel paralleler Fäden zusammen (Fig. 46. f. f'. und Fig. 48.), das 
eine Strecke weit in das Innere des Körpers zurückgezogen wird. Es scheint dies hauptsächlich 
bei Individuen mit stark nach aussen vorspringenden Tentakelhöckern der Fall zu sein; letztere 
stülpen sich wahrscheinlich blindsackartig nach innen ein und bringen dadurch die auf ihnen 
sitzenden Tentakeln in die parallele Lage. 

Die homogene Grundsubstanz des Körperinhalts, in der eine grössere oder geringere 
Zahl Fettkörnchen eingebettet liegen, ist bald ganz farblos, bald mit einem lichtern oder dunklern, 
sehr fein zertheilten rostgelben Pigmente gemischt, das an einzelnen Stellen bisweilen in Form 
kleiner ölartiger Tröpfchen erscheint. Auch an den grössten Acineten ist sehr häufig keine Spur 
von Pigment vorhanden, es entwickelt sich daher wohl nur bei gewissen Stoffumwandlungen im 
Innern des Körpers. Fremde Einschlüsse enthält derselbe niemals; in der Nähe des vordern En- 


Ueber Zoothamnium affıne, über Opercul. Lichtensteinü u. deren Acineten. 223 


des, zwischen beiden Tentakelhöckern liegt die contractile Stelle (Fig. 46—49. e.), und ziemlich 
in der Mitte des Körpers der verhältnissmässig kleine, ovale Nucleus (Fig. 46. d. 48. d.), von 
dessen homogenem Inhalte durch Essigsäure die Nucleusmembran abgehoben wird (Fig. 49. d.). 
Bisweilen ist der Nucleus schwach nierenförmig (Fig. 50. c.) oder gar kurz bandförmig (Fig. 47.d.). 
In vielen Acineten beobachtete ich einen fast reifen Schwärmsprössling (Fig. 48. g.), dem nur 
noch die Bewimperung fehlte; er ist ein ansehnlicher, breit ovaler, lichter Körper, der von dem 
Nucleus der Acinete bis nahe an den Vorderrand des Körpers reicht und einen besondern, läng- 
lichen Nucleus, so wie auch eine kleine, contractile Stelle enthält. In einigen Acineten sah ich 
auch von dem etwas quer gestreckten Nucleus einen ähnlichen zapfenartigen Fortsatz in die 
Schwärmsprösslingsanlage sich himeinerstrecken, wie bei den Acinetenzuständen der Vort. micro- 
stoma (Taf. IV. Fig. 47. d’.). Leider traf ich in keiner Acinete einen völlig entwickelten 
Schwärmsprössling; wahrscheinlich erhält derselbe aber zuletzt denselben Wimperkranz, wie bei 
den Schwärmsprösslingen der Vorticellen. Die Länge des Acinetenkörpers schwankte‘ zwischen 
Ya—Yar , der Stiel war höchstens Yıs“ 


bildete Acinete hatte einen Ys.”’ langen Körper, der Nucleus maass Yss”’ und der Schwärm- 


’ 


, meistens aber nur Ys— 3” lang. Die Fig. 48. abge- 


sprössling ?/43”” 

Unser Zoothamnium und die zu ihr gezogene, oben geschilderte Acineta tuberosa Ehbg. 
scheinen im Meere sehr gemein und sehr verbreitet zu sein. Ich lernte beide bereits im Februar 
1850 in einer sonst armen Sendung von Seewasser aus dem Kieler Hafen, welche ich der freund- 
lichen Vermittelung des Herrn Dr. JEsszx verdankte, auf Polysiphonienfragmenten kennen, doch 
hielt ich damals ihr Nebeneinandervorkommen noch für zufällig. Im Juli 1853 beobachtete ich 
beide Formen in unglaublicher Menge auf Ceramium diaphanum aus dem Hafen von Swine- 
münde, leider aber waren sämmtliche Exemplare auf dem Transporte nach Tharand abgestorben. 
Viele Ceramienäste waren ringsherum so dicht mit sehr entwickelten Zoothamnienstöcken, die 
aber meist die Thiere verloren hatten, und mit der Acin. tuberosa besetzt, wie manche Wasser- 
linsenwurzeln des Berliner Thiergartens mit Vorticella nebulifera und ihrer Acinetenform. Auch 
auf den mir von Herrn ScHEUTEN aus Amsterdam in Spiritus übersandten Flohkrebsen trafich 
mehrfach an den Beinen dieselben Zoothamnien und Acineten. Endlich hat auch v. EichwArLn 
am Ostseestrande von Livland auf Ceramium diaphanum sowohl die Acineta tuberosa, als auch 
eine ästige, contractilstielige, zu Oarchesium polypinum gezogene Vorticellenform beobachtet !), 
die ohne Zweifel mit unserem Zoothamnium identisch sein wird. 

In dem vorhin erwähnten Seewasser aus dem Kieler Hafen fanden sich einige Fäden 
von Conferva linum und Fragmente einer Polysiphonie, die ziemlich reich mit Cothurnia mari- 


tima Ehbg.”), so wie auch mit einigen Exemplaren der zierlichen, durch eine gelbbraune, quer- 


1) Erster Nachtrag zur Infusorienkunde Russlands 8. 46. Zweiter Nachtrag S. 109. und 114. Bei dieser Ge- 
legenheit bemerke ich noch nachträglich, dass v. EıcHwALD (Dritter Nachtrag zur Infusorienkunde Russlands 
S. 124.) die von mir $. 38. beschriebene Varietät der Vaginiecola erystallina als besondere Art unter dem ‚Namen 
Vagin. pedunculata aufgestellt hat. 

2) Die Infusionsthiere S. 298. und Taf. XXX. Fig. VIH. 


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Es # * ö u 


224 Ueber Zoothamnium affıne, über Opercul. Lichtensteinüi u. deren Acineten. m 
a 


geringelte Hülse ausgezeichneten Cothurnia pupa Eichw.') besetzt waren. Die Coth. maritima 
(Taf. III. Fig. 36.) ist der Vaginicola erystallina sehr ähnlich. Das Thier selbst (e.) bietet nicht 
den geringsten Unterschied dar; auch die krystallhelle, walzenförmige, nach hinten schwach 
bauchig erweiterte Hülse (2.) gleicht der von V. erystallina, sie unterscheidet sich aber durch 
einen stets vorhandenen, dünnen, fadenförmigen, soliden Stiel (a.), der durchschnittlich ,—"/s 
der Hülsenlänge erreicht. Ausser den gewöhnlichen Exemplaren der Coth. maritima fanden sich 
einige von der in Fig. 37. abgebildeten Form, Das Thier (e.) hatte sich in den Grund der Hülse 
(b.) zurückgezogen und in eine geschlossene, länglich ovale Blase verwandelt, welche von einer 
Gallertschicht (d.) umgeben wurde. Wahrscheinlich waren diese Individuen auf dem Uebergange 
in eine Acinetenform (Fig. 36.) begriffen, die ich nicht selten dicht neben gewöhnlichen Cothur- 
nien sitzen sah. Diese Acineten bestanden aus einer gestielten, am vordern Ende dachförmig ver- 
schlossenen, krystallhellen Hülse (d.), welche ganz der hintern Hälfte einer gewöhnlichen Co- 
thurnıenhülse glich, und aus einem der vordern Hälfte der Hülse aufgehängten, kurz birnförmigen 
Körper (c.), der an seinen vordern Ecken zwei Büschel geknopfter Tentakeln ausschickte, und in 
seiner farblosen, feinkörnigen Leibessubstanz eine contractile Stelle (e.) und einen ovalen Nu- 
cleus (d.) enthielt. Ich halte es für ziemlich sicher, dass diese Acineten von der Ooth. maritima 
abstammen; doch könnten sie möglicher Weise auch Varietäten der in demselben Meereswasser 
von mir beobachteten Acineta tuberosa sein. Künftige, mit Reagentien anzustellende Unter- 
suchungen, bei denen besonders auf die Beschaffenheit des Acinetenstieles zu achten sein wird, 
müssen hierüber weitern Aufschluss geben. 

Wie unter den von contractilstieligen Vorticellinen abgeleiteten Autännekeritäik sich 
ganz besonders leicht bei der Acineta tuberosa der Nachweis führen lässt, dass der Acinetenkörper 
in einer cystenartigen Hülle eingeschlossen ist, welche nur von den Tentakeln durchbohrt wird, 
so ist dies auch bei einem Acinetenzustande der Fall, welchen ich während eines kurzen Aufent- 
haltes in Berlin zu Anfang September 1852 entdeckte. Ich war in einem Bassın des Thiergartens 
in der Nähe des grossen Sterns auf den Fang des Dytiseus marginalis ausgegangen, um auf dem- 
selben nach der Acinetenform der Opereularia artieulata zu suchen, deren entwickelten Schwärm- 
sprössling ich noch gar zu gern hätte kennen lernen mögen ; allein dieser Käfer liess sich nicht 
blicken, und ich musste mich mit dem hier’sehr häufigen, von mir noch nicht auf Infusorien un- 
tersuchten Hyphydrus ovatus, so wie mit Hydaticus transversalis und verschiedenen Zlybius - und 
Agabus- Arten begnügen. Auf den Beinen dieser Wasserkäfer, besonders auf denen des Aydat. 
transversalis traf ich sehr häufig eine noch unbeschriebene Opereularie (Taf. V. Fig. 31.), die mir 
schon einige Male bei Tharand auf Agabus maculatus und Ag. bipustulatus vorgekommen war; ich 


1) Zweiter Nachtrag zur Infusorienkunde Russlands $. 119. und Taf. IV. Fig. 24. Ich sah die Hülse nicht 
quergerippt, wie EicHwAuLp abbildet, sondern quer eingeschnürt. SCHEUTEN beobachtete sehr ähnliche Formen 
theils mit ganz glatter, theils mit quergeringelter Hülse in einem mit dem Y in Verbindung stehenden Graben bei 
Amsterdam. Sie zeichneten sich dadurch sehr aus, dass sie die Hülsenmündung durch einen besondern Deckel 
verschliessen konnten. Ob diese Formen eigene Arten bilden, oder ob auch die Cothur. pupa von EICHwWALD mit 
einem Deckel versehen ist, müssen weitere Untersuchungen entscheiden. 


. . L, u 


4 Teber Zoothamnium affıne, über Opercul. Lichtensteinii u. deren Acineten. 225 


m 


nenne sie in dankbarer Erinnerung an meinen väterlichen Freund und frühern Vorgesetzten’ 
Opercularia Lichtensteinü. Gleichzeitig mit ihr oder nur allein auf den Hinterbeinen des Ayphy- 
drus ovatus fand sich eine Acinetenform (Taf. V. Fig. ee, die ohne Zweifel von der Oper- 
cularie abstammte. 

Von der Op. Lichtensteinüi habe ich nur einen ganz alten, drei Individuen tragenden 
Stock in Fig. 31. abgebildet, dessen hinterstes, sich noch ein wenig verengerndes Stammende 
aus Mangel an Raum weggelassen wurde. Aehnliche Stöcke wurden von mir auf dem Hydaticus 
transversalis nicht selten beobachtet; die Stöcke jüngerer Generationen , die mehrmals unmittel- 
bar auf den Aesten älterer Stöcke angewachsen waren, zeigten gewöhnlich ein sehr verschiedenes 
Ansehen, so dass man sich leicht zur Aufstellung mehrerer Arten versucht fühlen könnte, trügen 
nicht alle Stöcke dieselben Thiere. Die verschiedenen Stockformen stimmen nur darin mit ein- 
ander überein, dass sich die Aeste von der Basis nach der Spitze hin mehr oder weniger stetig er- 
weitern, dass die Aeste einer und derselben Ordnung sehr ungleichartig entwickelt sind, und 
dass daher die Thiere in verschiedenen Höhen des Stockes sitzen. Die Stöcke der ältesten Gene- 
rationen sind niedrig und werden nur von wenigen Individuen zusammengesetzt, die auf kurzen 
und krummen, ganz enorm dicken Aesten (Fig. 31. .) sitzen, wie sie bei keiner andern Opereu- 
larie vorkommen. Die Oberfläche des ganzen Stielgerüstes ist von zahlreichen, dicht auf einander 
folgenden, seichtern und tiefern, queren, welligen Einschnürungen überaus uneben und fast 
knorrig; die tiefer gelegenen Schichten sind deutlich längsgestreift. Die jüngern Generationen 
bilden nicht selten eben so entwickelte, stark verästelte Stöcke, wie die Opere. artieulata und 
O. berberina; namentlich sind die untern Aeste des Stockes häufig sehr bedeutend in die Länge 
entwickelt, während sie weiter nach oben hin dicht gehäuft in treppenförmiger Anordnung sitzen. 
Die Aeste solcher Stöcke sind nicht ungewöhnlich verdickt, sondern eben so schlank, als die Aeste 
gleich grosser Generationen von Opere. articulata; sie zeigen, wie diese, nur hie und da quere 
Einschnitte, namentlich unmittelbar unter einer Gabelung, sind eben so deutlich der Länge nach 
gestreift, unterscheiden sich aber dadurch, dass sie sich von der Basis nach der Spitze noch merk- 
licher erweitern, als bei Opere. berberina. Die jüngsten Individuen sitzen häufig einzeln, oder zu 
zweien bis dreien auf sehr kurzen, glatten Stielen in den Gelenken der Beine oder zwischen den 
Schienendornen der Wasserkäfer versteckt. 

Die Thiere (Fig. 31. A.) zeichnen sich durch einen plumpen, fast tonnenförmigen, 
kurzen und dicken Körper aus, der noch nicht doppelt so lang, als breit ist. Bei den dickästigen 
Generationen ist er fast walzenförmig, in der Mitte schwach bauchig erweitert und am Grunde 
fast so breit, als am Peristom (c.), welches wulstförmig verdickt ist. Der Körper der dünnästigen 
Generationen verengert sich etwas hinter der Mitte allmählich bis nach seinem Anheftungspunkte, 
er ist daher an seiner Basis viel schmaler, als am Peristom, das bei allen 'Thieren fast so breit ist, 
als die Mitte des Körpers. Das Wirbelorgan (a. a’.) ragt nur wenig über die Peristommündung 
hinaus, sein Stiel (a’.) ist kurz, dick und fast walzenförmig und die nur wenig breitere, flache 
Scheibe (a) wird von einem einfachen Kreise kräftiger Wimpern gesäumt. Die den weiten Rachen 
(d.) auskleidende Membran tritt als ein freier ringförmiger Saum (b.), der das Wirbelorgan um- 


Stein, Infusorien. 29 


» 


226 Ueber Zoothamnium affine, über Opereul. Lichtensteinüi u. deren Acineten. ‘ 


fasst über das Peristom hervor‘; der Rand dieses Saumes ist gekerbt und in feine Längsfalten ge- 
legt, auch scheint er mit Wimpern besetzt zu sein, vielleicht nur an der dem Wirbelorgan gegen- 
überliegenden Stelle (bei d.). Der Rachen verengert sich auf der Seite des Wirbelorgans in die 
grade nach hinten hinabgehende Speiseröhre (e.), welche gleich am Eingange mit 3—4 kräftigen 
Wimpern besetzt ist. Neben dem Anfange der Speiseröhre liegt die runde, contractile Stelle (f.). 
Der Nucleus (g.), der durch die verschluckten Bissen leicht hin und hergeschoben wird, nimmt 
keinen bestimmten Ort ein; er ist stets kurz oval oder rundlich und besteht aus einer dichten, 
feinkörnigen Substanz. Im hintern Theile des Leibes, in welchen keine Nahrungsballen gelan- 
gen, liegt ein querer Haufen dicht zusammengedrängter Fettkörnchen (A.), wie bei vielen steif- 
stieligen Vorticellinen. Die Thiere zucken nicht heftig zusammen, verkürzen sich bei der Con- 
traction (B.) nur wenig, indem sie sich in grader Richtung auf den Stiel zurückziehen und nehmen 
eine ovale oder kurz eiförmige Gestalt an; das Peristom schliesst sich hierbei gewöhnlich so kräf- 
tig, dass um den Nabel tiefe Längsfalten (B. e.) entstehen. Der Körper der ältesten Generationen 
"und die Breite der Stiele, 


auf welchen sie sitzen, beträgt, wenn die Stöcke niedrig und wenigästig sind, nicht selten Yo”. 


7 


ist durchschnittlich %46”’ lang und Ys5”” breit; ihr Nucleus misst !/3’ 


Eben so grosse Individuen kommen aber auch auf baumförmig verästelten Stöcken vor, deren 
Aeste an den entwickeltsten Stellen noch nicht halb so breit sind. Von Opereularia articulata 
unterscheidet sich die Op. Lichtensteinü sofort durch den stets rundlichen Nucleus, von Opere. 
berberina,, der sie in der gesammten Organisation viel näher steht, durch den bei gleicher Länge 
um das Doppelte breitern Körper und dadurch, dass sie sich beim Contrahiren niemals rück- 
über wirft. 

Die Acinetenform, welche ich zu Op. Lichtensteinii ziehe, traf ich fast beständig in 
einigen Exemplaren auf dem langen Enddorn der Hinterschienen von Hyphydrus ovatus, aber 
auch nicht selten in 30—40 Exemplaren auf den Schenkeln von Aydaticus transversalis. Sie 
kam in sehr verschiedenen Grössen vor und variirte auch in der Körperform ausserordentlich. 
Eins der grössten Exemplare zeigt Fig. 32. ; das in Fig. 37. abgebildete gehört zu den kleinsten. 
Alle haben einen kurzen und dicken, soliden Stiel (Fig. 32—37. «a.), der sich von der Basis nach 
der Spitze beträchtlich erweitert, zuerst gewöhnlich schief aufwärts steigt und dann grade in die 
Höhe geht; er wird höchstens halb so lang als der Körper, ist aber oft so kurz, dass die Acinete 
fast sitzend erscheint (Fig. 35. 36.). In seinen feinern Structurverhältnissen stimmt er vollkom- 
men mit den Aesten der niedrige Stöcke bildenden Opercularien überein; denn er ist an seiner 
Oberfläche eben so quergerunzelt und knorrig und im Innern ebenfalls fein längsgestreift. Auch 
in optischer Beziehung und in seiner Consistenz verhält er sich ganz gleich. Der Acinetenkörper 
ist sehr polymorph; gewöhnlich (Fig. 32-—34.) ist er stark von den Seiten her zusammengedrückt, 
im Umrisse bald kurz- oder langoval, bald eiförmig, bald birnförmig, bald fast kreisrund, in allen 
Fällen natürlich nach der Basis hin so verengert, dass seine Grundfläche die Stielerweiterung 
deckt. Bei den kleinern und sehr kurzgestielten Individuen (Fig. 35.) ist der Körper meistens in 
der Richtung der Längsaxe sehr verkürzt und oft so stark niedergedrückt, dass der Stiel von dem 
Körpergrunde völlig eingehüllt wird; der quer auf dem Stiele sitzende Körper erscheint dann 


* 
Ueber Zoothamnium affine, über Opercul. Lichtensieinü u. deren Acineten. 227 


bald nierenförmig, bald abgerundet rechteckig, bald lappig mützenförmig (Fig. 35. 5.). Derglei- 
chen Individuen sitzen häufig in dicht gedrängten Gruppen auf den Schenkeln der Wasserkäfer, 
Sehr auffallend ist es, dass der Acinetenkörper meistens keine Tentakeln besitzt; nur hin und 
wieder traf ich an grössern Exemplaren jederseits am Rande des vordern Endes eine kleine An- 
zahl kurzer, fadenförmiger Blindröhrchen (Fig. 32. e.), an denen ich jedoch keine Bewegungen 
wahrnehmen konnte. Eben so wenig zeigt der Körper irgend eine Spur von Contractionen. 

Die Körpersubstanz ist farblos und ganz unabhängig von der Grösse des Körpers bald 
arm an Fettkörnchen, bald sehr dicht damit erfüllt; im Grunde des Körpers ist meistens ein 
ähnlicher dunkler Körnerhaufen (Fig. 32. f.) vorhanden, wie im Opercularienkörper. Eigentliche 
contractile Stellen fehlen, nur hin und wieder sah ich einen vereinzelten, unveränderlichen Hohl- 
raum. Der Nucleus (Fig. 32. ec. Fig. 33—36. d.) ist rund bis länglich oval, er bleibt stets ein- 
fach und dadurch unterscheidet sich die gegenwärtige Acinetenform sehr bestimmt von der Aci- 
netenform der Opercularia articulata (S. 117.), deren Nucleus sich mit der Zeit baumförmig ver- 
ästelt. N icht selten beobachtete ich, selbst in sehr kleinen Acineten, einen Schwärmsprössling 
(Fig. 32. d.), doch glückte es mir noch nicht, ihn hervorzuquetschen oder sein freiwilliges Aus- 
treten zu beobachten. Er liegt auch hier in einer besondern Höhle in der Nähe des Nucleus, und 
_ erscheint als ein abgerundet dreieckiger, oder eiförmiger, stark gefalteter, bewegungsloser Körper, 
der wahrscheinlich auf der ganzen Oberfläche ein dicht anliegendes Wimperkleid trägt; aus sei- 
nem Innern schimmerte einige Male ziemlich deutlich ein rundlicher Nucleus hervor. In einem 
ovalen Acinetenkörper von Y:”” Länge war der anscheinend reife Schwärmsprössling ss” lang; 
in einem nierenförmigen Acinetenkörper, dessen grösster Durchmesser Yjs”” betrug, war der 
quergelagerte Schwärmsprössling ?/;6”’ lang. Die grössten Acinetenkörper, welche ich beobach- 
tete, waren Y/\s lang und %,” breit; die kleinsten hielten nur %s”’ im Durchmesser. 

Nach aussen ist der Acinetenkörper von einer durchsichtigen, farblosen, doppelt contou- 
rirten Schicht (Fig. 32. d’. d’.) begränzt,. die man zunächst für die Haut des Acinetenkörpers 
halten wird. Setzt man aber Essigsäure hinzu, so quillt diese Schicht stark auf, und sie erscheint 
nach wenigen Minuten als eine dickwandige, krystallhelle Gallerteyste (Fig. 33. c. und 34. e.; 
letztere Figur zeigt die Acinete von der schmalen Seite), welche sich rings herum von dem eigent- 
lichen, ganz glatten und scharf begränzten Acinetenkörper (Fig. 33. b. und 34. b.) abgehoben 
hat. Gleichzeitig sonderte sich am Nucleus (d. d.) Membran und Inhalt. Selbst an den kleinen 
Acineten mit unregelmässig aufgetriebenem mützenförmigem' Körper (Fig. 35. d.) trat bei An- 
wendung von Essigsäure eine scharfe Trennung von Hülle und Körper ein (Fig. 36.); der letz- 
tere (b.) behielt seine unebene lappige Oberfläche, während die aufgequollene Hülle (e.) eine 
glattwandige Blase bildete. An den kleinsten Acineten (Fig. 37.) schwoll die Hülle nur auf, ohne 
vom eingeschlossenen Körper zurückzuweichen. Zwischen Gruppen von Acineten finden sich 
nicht selten vereinzelte Opercularien auf ganz eben so gestalteten kurzen Stielen, wie die Acine- 
ten; sie wirbeln theils noch nach Nahrung, theils behalten sie ihr Peristom fortwährend ge- 
schlossen. Die letztern Formen (Fig. 38.) sind von Acineten nur dadurch zu unterscheiden, dass 
an ihrem Körper (d.) noch dann und wann schwache Zuckungen, und namentlich Längsfalten 

29* 


228 Ueber Zoothamntum affine, über Opercul. Lichtenstein u. deren Acineten. 


um den Peristomnabel herum (e.) zu beobachten sind. Behandelte ich sie mit Essigsäure, so sah 
ich um den Körper einiger bereits einen sehr weichen, gallertartigen Hof (d.) erscheinen, welcher 
beweist, dass solche Opercularien auf dem Uebergange in den Acinetenzustand begriffen sind; es 
braucht nur noch der Peristomnabel völlig zu verwachsen, und noch mehr Gallertsubstanz nach 
aussen abgesondert zu werden, so haben wir die gewöhnliche Acinetenform. Nach diesen Erfah- 
rungen kann wohl kaum noch ein begründeter Zweifel übrig bleiben, dass sich die steifästigen 
Vorticellinen wirklich auf die Weise in Acineten verwandeln, wie ich es bereits $. 147. ausge- 
sprochen habe. 

Manche Infusorien gehen übrigens in den Acinetenzustand über, ohne sich mit einer 
eystenartigen Hülle zu umgeben. Der derbhäutige Körper der Dendrocometen steckt sicherlich 
in keiner Hülle ; eben so wenig vermochte ich eine solche bei einer sehr merkwürdigen Acineten- 
form (Taf. V. Fig. 19— 22.) nachzuweisen, die von allen bekannten Acineten generisch verschie- 
den ist. Sie mag vorläufig die gefingerte Acinete heissen, da ich nicht habe ergründen 
können, von welcher Infusorienform sie abzuleiten ist. Ich beobachtete sie bisher nur auf einigen 
wenigen, bei Niemegk im September 1851 und 52 eingesammelten Wasserasseln und zwar nur in 
einer einzigen Localität. Wenn sie auf einer Wasserassel vorhanden war, so traf ich stets meh- 
rere, bisweilen einige dreissig Exemplare, die sämmtlich ganz frei auf der Kante der Kiemen- 
blätter sassen. Die gefingerte Acinete hat einen stiellosen, bald patellenartigen (Fig. 19.), bald 
mützenförmigen (Fig. 22.), bald querovalen Körper, der auf der Kante des Kiemenblattes ent- 
weder mit seiner ganzen Grundfläche aufsitzt, oder, wenn diese sanft abgerundet ist (Fig. 19. 
und 21.), nur mit der Mitte derselben. Die Oberseite des Körpers zeigt gewöhnlich unregel- 
mässige Einbuchtungen und kleine höcker- oder blindsackartige Vorsprünge, und häufig setzt sich 
die vordere Hälfte durch eine tiefe ringförmige Einschnürung von der wulstig verdickten hintern 
Hälfte ab (Fig. 22.), wodurch der Körper eine frappante Aehnlichkeit mit manchen contrahirten 
Formen der Trichodina pedieulus erhält (Taf. VI. Fig. 54.). Von der ganzen Oberfläche des 
Körpers oder, wenn eine ringförmige Einschnürung vorhanden ist, nur von seinem vordern Ab- 
schnitte entspringen zahlreiche, divergirende, sehr dicke, fingerförmige Tentakeln (Fig. 19. d.), 
die ganz regungslos zu sein scheinen; ich konnte wenigstens keine Verkürzungen und Verlänge- 
rungen wahrnehmen. Eben so wenig sah ich am Körper Contractionen; doch kann er gewiss 
seinen Umriss etwas verändern. Der perlgraue Inhalt ist so trübe, dass ein Nucleus nicht zu un- 
terscheiden ist. Bei Behandlung mit Essigsäure krümmten sich die Tentakeln ein wenig knie- 
förmig mit der Spitze einwärts (Fig. 21. d.), und dann trat im Innern des Körpers, jedoch nie 
recht deutlich, ein langgestreckter, anscheinend eng schraubenförmig gewundener Nucleus (Fig. 
21. e.) hervor. Eigentliche contractile Stellen fehlen, meistens sind aber ein bis drei verschieden 
grosse, unveränderliche Hohlräume (Fig. 19. a.) vorhanden. Häufig beobachtete ich dicht neben 
den entwickelten Acineten, ganz glatte, tentakellose Formen (Fig. 20.). Der Körper der grössten 
Acineten ist Ys0”” breit und !/s”” hoch. 


Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 229 


Se 2: 
Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Aecineten des Flusskrebses. 


Das reiche Infusorienleben, welches ich auf Süsswasser- und Meerescrustaceen hatte 
kennen lernen, liess erwarten, dass auch der Flusskrebs eine Johnende Ausbeute liefern werde. 
Dies ist denn auch der Fall gewesen, obgleich ich bisher nur in Tharand dann und wann Krebse 
zu untersuchen Gelegenheit hatte, die noch dazu fast sämmtlich aus dem höhern Erzgebirge 
stammten, und in einem kalten, klaren, aller Vegetation beraubten und deshalb an Infusorien- 
formen sehr armen Wasser gelebt hatten. Im Juli 1852 wurden die ersten Krebse auf Infusorien 
untersucht, und sie lieferten mir gleich massenhaft eine neue, sehr liebliche Cothurnie, welche ich 
meinem verehrten Freunde v. SıeRoLD zu Ehren, der einen wesentlichen Anstoss zu den vorliegenden 
Untersuchungen gegeben hat, Cothurnia Sieboldii nenne. Eifriger setzte ich diese Forschungen 
im Frühling und Sommer 1853 fort, und ich fand nun noch vier ebenfalls neue Vorticellinen auf, 
welche ich im Nachstehenden unter den Namen Cothurnia astaci, Cothurnia curva, Opercularia 
microstoma und Epistylis erassicollis beschreiben werde. Die werthvollste Entdeckung war aber 
eine in vielen Beziehungen sehr lehrreiche Acinetenform, die höchst wahrscheinlich von der Zpi- 
stylis crassicollis abstammt. 

Die Cothurnia Sieboldü (Taf. VI. Fig. 17. und 18.) ist die gemeinste, von mir nie ver- 
geblich gesuchte, meist in zahllosen Exemplaren vorkommende Infusorienform des Flusskrebses. 
Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich ihre Anzahl auf manchem Krebse auf mehrere Tausende 
anschlage. Sie findet sich auf den verschiedensten appendiculären Organen des Körpers, z. B. auf 
den Borsten der äussern Kieferpaare und ihrer Taster und auf den Borsten der Afterfüsse, ganz 
besonders aber auf allen Kiemen, und hier sowohl auf den zahlreichen cylindrischen Kiemen- 
fäden, welche in fast fiederförmiger Anordnung dem Kiemenschafte aufsitzen '), als auch vorzüg- 
lich in den Falten der blattförmigen Ausbreitung ?), in welcher der Schaft der einen Kieme jedes 
Beines endigt. Auf der blattförmigen Ausbreitung sitzen die Cothurnien in den sehr regelmässig 
mit eben so breiten rippenförmigen Vorsprüngen abwechselnden Falten und zwar meist dicht 
hinter einander an den Rändern der die Falten begränzenden Rippen angewachsen, mit welchen 
die Cothurnienhülse einen sehr spitzen Winkel bildet. In jeder Falte sieht man daher gewöhnlich 
zwei, einander gegenüberliesende Reihen von Cothurnien, die einander die Rückseiten zukehren . 
und mit den Mündungen alle nach derselben Richtung und zwar nach der Basis des Kiemen- 
lappens hin liegen. In ähnlicher Weise sind die Cothurnien in der Regel auch an den Kiemen- 
fäden befestigt, nur sitzen sie hier regelloser über die ganze Oberfläche derselben zerstreut. 
Manche Hülsen liegen dem Kiemenfaden nicht unter einem spitzen Winkel an, sondern sie 


stehen senkrecht auf demselben. 


1) Man vergl. BRAnDr und RatzesurG Medicinische Zoologie Band II. Taf. XT. Fig. ‘23. y. d. 
2) Ebendaselbst Fig. 23. #. Der lockenförmige Anhang «. trägt keine Cothurnien. 


230 Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 


Die Cothurnia Steboldii hat eine so eigenthümlich gestaltete Hülse (Fig. 17. 18. a. 5.), 
dass sie mit keiner andern Cothurnie verwechselt werden kann. In Fig. 17. sieht man die Hülse 
von der breiten, dem Körpertheile, auf welchem die Cothurnie sitzt, zugekehrten Seite, die man 
als Bauchseite bezeichnen kann, Fig. 18. zeigt sie von der schmalen Seite. Der Hülsenstiel («.) 
ist sehr kurz, dick, farblos, tief quer geringelt, an der Spitze unregelmässig aufgeschwollen und 
meist sehr schief bis fast rechtwinklig am Grunde der Hülse angesetzt. Die Hülse (d.) ist im 
Allgemeinen fast glockenförmig, aber in der vordern Hälfte stark zusammengedrückt; in der hin- 
tern bauchig erweitert, besonders auf der Rückseite; die Bauchwand ist beträchtlich niedriger, 
als die Rückenwand, und die beiden schmalen Seiten sind nach vorn in zwei auswärts gerichtete, 
mit den Spitzen gewöhnlich wieder sanft einwärts gekrümmte, halbrinnenförmige Hörner (ec. e.) 
ausgezogen. Die Wandungen der Hülse sind Anfangs weich, farblos und krystallhell, später 
werden sie gelb und lederartig und zuletzt mehr oder weniger tief rostbraun und hornartig. Das 
farblose, im Verhältniss zur Weite der Hülse sehr schmale, lang walzenförmige, nach hinten 
wenig verengerte Thier (Fig. 18. d.) gleicht fast ganz dem Thiere von Vaginieola erystallina. 
Sein Peristom bildet eine ringförmige Wulst, die mit einzelnen Wimpern (Fig. 17. d.) besetzte 
‘Speiseröhre zieht sich bis über die Mitte des Körpers hinab, neben derselben liegt die contraetile 
Stelle (e.) und etwas weiter nach hinten der dicke, kurz bandförmige, halbringförmig gekrümmte 
Nucleus (f.), der schon ohne künstliche Behandlung sichtbar ist. Obgleich die Krebse, welche 
ich untersuchte, meist schon länger als einen Tag aus dem Wasser genommen waren, so waren 
die Cothurnien doch sämmtlich am Leben geblieben, indem sie ihr Wirbelorgan eingezogen und 
das Peristom fest verschlossen hatten. Es hielt meist schwer, sie wieder zur vollständigen Ent- 
faltung zu bringen; sie reckten zwar den Körper so weit aus, dass zwischen Peristom und Wir- 
belorgan Wasser eindringen konnte (Fig. 17.), schnellten dann aber gleich wieder auf den Grund 
der Hülse zurück. Nur selten sah ich die Thiere sich. vollständig ausstrecken und nach Nahrung 
wirbeln (Fig. 18.); sie bogen dann den vordern Theil ihres Körpers über den Rand der Hülsen- 
mündung stark nach aussen um, bald über den Mündungsrand der Bauchseite, bald über den der 
Rückseite zwischen beiden Hörnern. Die Thiere vermehren sich so häufig durch Längstheilung, 
dass man fast eben so viele Hülsen mit zwei Bewohnern, als mit einem antrifft. Die Hülse erhält 
gleich bei ihrer Bildung die bleibende Form, und kann sich später nicht weiter vergrössern. So 
lange die Bildung der Hülse währt, ist das Thier contrahirt; ihre erste Anlage ist ein gallert- 
“ artiges Absonderungsproduct der ganzen Oberfläche des kuglig contrahirten Körpers. Bald weicht 
der Körper, indem er sich etwas in die Länge streckt, mit seinem hintern Theile von der hier 
ee zu einer consistentern krystallhellen Haut erstarrten Gallertschicht zurück, die, wenn er 
wieder zurückschnellt, zahlreiche, ringförmige Falten bekommt. Nach vom wird der häutige 
Grundtheil der Hülse immer zarter und er liegt hier der Körperoberfläche bis zur Peristommün- 
dung, welche allein frei bleibt, innig an. Weitere Stadien der Hülsenbildung habe ich noch nicht 
beobachtet, und ich vermag nicht anzugeben , auf welche Weise sich die Hörner bilden. Bei den 
grössten Cothurnien ist die Hülse Y6”” lang, und ihre Breite beträgt etwas hinter der Mitte Ya, 
von einem Horn zum andern aber '%,. Die kleinsten Cothurnien sind nur um die Hälfte kleiner ; 


Ueber’ die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 231 


ihre Hülsen sind oft eben so tief rostbraun gefärbt, als die der grössten, die Hörner aber sind ver- 
hältnissmässig kürzer, fast grade und häufig nur als schwach vorgezogene Ecken angedeutet. 
Auch differiren Bauch - und Rückenwand der Hülse viel weniger in der Länge. 

Die Cothurnia astaci (Taf. VI. Fig. 20.) habe ich ebenfalls auf allen’ untersuchten 
Krebsen angetroffen; sie findet sich besonders auf den Afterfüssen und zwar. an den gefiederten 
Borsten, welche die beiden neben einander eingefügten Endglieder säumen. Auch in der Kiemen- 
höhle scheint sie nie zu fehlen ; doch traf ich sie nie auf den Kiemen selbst, sondern nur auf den 
starren Borsten, welche am Rande der Grundstücke sitzen, von denen die Schäfte der einzelnen 
Kiemen entspringen. Die Coth. astaci ist mit der S. S6— 88. ausführlich geschilderten Coth. 
imberbis so nahe verwandt, dass ich sie Anfangs für eine blosse Varietät derselben hielt; da ich 
sie aber so massenhaft auf dem Flusskrebse und in immer gleich bleibender Form beobachtete, 
so zog ich es vor, sie als eigene Art aufzustellen. Die Hülse (Fig. 20. 5.) ist vollkommen dreh- 
rund, etwas vor der Mitte am engsten, nach vorn schwach erweitert und an der Mündung etwas 
nach aussen umgeschweift; der hintere Theil der Hülse ist stark bauchig erweitert und kuglig 
abgerundet. Der dicke, kurze Stiel (@.) der Hülse ist fast walzenförmig, nach der Spitze trichter- 
förmig erweitert, auf seiner ganzen Oberfläche tief und dicht quergerunzelt und im Innern längs- 
gestreift, wie die Opercularienstiele; er ist selten ganz gerade, sondern mehr oder weniger knie- 
förmig gebogen und meist so lang, als der vierte Theil der Hülse. Die Wandungen alter Hülsen 
sind derb lederartig bis fast hornartig, durchsichtig und blassgelb, aber nie rostfarbig, wie die 
der Coth. Steboldü. Bei Coth. imberbis ist der Stiel verhältnissmässig dünner, die Hülse nach 
hinten zugespitzter und nach vorn stetig verengert. Das Thier ragt im völlig ausgestreckten Zu- 
stande meist eine’ansehnliche Strecke über die Hülsenmündung hinaus, und dadurch, so wie 
durch das dicke, ringförmige Peristom und den schmalen, fast walzenförmigen Körper unter- 
scheidet sich die gegenwärtige Art ebenfalls von Cotih. imberbis. Die bis zur Mitte des Körpers 
hinabreichende Speiseröhre (e.) ist viel enger; neben ihrem Ende liegt die contractile’ Stelle (e.) ° 
und der kurz bandförmige Nucleus (d.). Enthält eine Hülse, wie sehr gewöhnlich, zwei Thei- 
lungssprösslinge, so ist häufig der eine merklich länger, als der andere. Bei den ältesten Gene- 
rationen ist die Hülse höchstens Y,”’ lang und 140” breit; die jüngsten Generationen waren 
etwas unter halb so gross. 

Häufig traf ich in der Hülsenbildung begriffene Thiere, namentlich sah ich oft die in 
Fig. 21. und 22. abgebildeten Zustände. Bei beiden ist die Hülse gleich weit entwickelt, in 
Fig. 21. erscheint aber das Thier (ec. c’.) in seiner gewöhnlichen Stellung zur Hülse, während es 
sich in Fig. 22. momentan so weit ausgereckt hat, dass es sein Peristom über dem Rande der 
Hülsenmündung entfalten und nach Nahrung wirbeln konnte. Nach wenigen Augenblicken wird 
das Wirbelorgan wieder eingezogen, und das Thier nimmt nun wieder für längere Zeit die eichel- 
förmige Gestalt wie in Fig. 21. an. Auf dieser Entwickelungsstufe bildet die ganz farblose, kıy- 
stallhelle Hülse ein weit vom Körper abstehendes, bereits ziemlich consistentes Halboval (d.), am 
vordern Ende sind aber die noch sehr weichen und biegsamen Wandungen einwärts gezogen und 


nach innen und hinten in einen engen röhrig trichterförmigen Fortsatz (b’. d’.) umgerollt, welcher 


[22 
232 Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskiebses. 


hinter dem Peristom an den Vorderkörper (e.) des Thieres herantritt und denselben bis zu dem 
Anfange des mehr oder weniger stark napfförmig ausgedehnten Hinterkörpers (c’.) überzieht. 
Auf einer noch frühern Entwickelungsstufe erscheint die Hülse als ein kurzer Napf, welcher nur 
die hintere Hälfte des sehr stark kuglig contrahirten Thieres umfasst; der Vorderrand des Napfes 
setzt sich ebenfalls nach ein- und rückwärts in eine zarte Lamelle fort, welche in einer seichten 
ringförmigen Einschnürung am hintern Drittel des Körpers endigt. Endlieh sah ich ganz nackte 
Cothurnien auf einem völlig entwickelten Stiele sitzen. Das Thier scheidet also jedenfalls zuerst 
nach Art der Opercularien und Epistyliden einen Stiel aus seinem hintern Ende aus, und erst 
wenn dieser vollendet ist, beginnt die Bildung der Hülse, welche den eben mitgetheilten Beob- 
achtungen zufolge auf dieselbe Weise ihre definitive Form erhalten wird, wie ich es ausführlich 
S. 87. bezüglich der Coth. imberbis erläutert habe. 

Die Cothurnia curva (Taf. VI. Fig. 19.) habe ich bisher nur auf einem Krebse aus der 
Gegend von Frauenstein im Erzgebirge, aber in Hunderten von Individuen beobachtet. Sie fand 
sich nur in den Furchen des terminalen, faltigen Kiemenlappens und war hier auf dieselbe Weise 
an den Rippenrändern festgewachsen, wie die gleichzeitig mit ihr vorkommende Coth. Steboldi. 
Die Ooth. curva gleicht einer krummgebogenen Coth. astaci, sie ist aber gewiss keine Varietät 
derselben; denn zahllose Individuen zeigten genau dieselbe Form, ferner wurde die Coth. astacı 
von mir noch nie auf dem faltigen Kiemenlappen beobachtet, und endlich sind die alten Hülsen 
tief rostroth gefärbt. Der Stiel (a.) der Hülse verhielt sich wie bei ©. astaci, doch ist er stets 
knieförmig gebogen und etwas schief an der Hülse angesetzt. Letztere (b.) ist drehrund, ihr vor- 
deres fast walzenförmiges Drittel ist stark nach der Rückseite zu umgebogen,, so dass die Mün- 
dung in Bezug auf den Anheftungspunkt der Hülse schief nach auswärts gerichtet ist; nach 
hinten ist: die Hülse bauchig erweitert und auf der Rückseite fast höckerartig aufgeblasen. Das 
Thier, welches ich nicht zur vollständigen Entfaltung bewegen konnte, scheint ganz mit dem der 
beiden andern Cothurnienarten des Krebses übereinzustimmen ; in seiner Mitte liegt die contrac- 
tile Stelle (e.) und der dicke, halbringförmige Nucleus ( d.). Die Hülsen waren durchschnitt- 
lich 440° lang. 

Die Opereularia microstoma (Taf. VI. Fig. 24.) beobachtete ich häufig auf den End- 
gliedern der Afterfüsse, seltener auf den Kiemenschäften des Krebses. Sie hat viel Aehnlichkeit 
mit der oben S. 74. beschriebenen Opere. stenostoma der Wasserassel, sowohl in der Stockform, 
als auch in der Gestalt der Thiere. Wie diese bildet sie meistens nur sehr niedrige, von wenigen 
Individuen zusammengesetzte Stöcke; nur einige Male fand ich wiederholt dichotomisch ver- 
ästelte Stöcke, die in ungleicher Höhe einige zwanzig Individuen trugen, jedoch waren auch diese 
nur niedrig, da die längsten Stockglieder noch nicht ganz so lang, waren, als die Einzelthiere. 
Die Aeste sind verhältnissmässig dünn und meist in Folge sehr tiefer, dicht auf einanderfolgender, 
und zum Theil schiefer ringförmiger Einschnürungen (Fig. 24. a.) mehr oder weniger gekrümmt 
und knorrig. Bisweilen gehen die Einschnitte auf der einen Seite eines Astes so tief, dass der- 
selbe hier regelmässig gesägt erscheint, an entwickeltern Stöcken dagegen sind manche Aeste 
ganz glatt und auch ohne Spur von Längsstreifung. Die ausgestreckten Thiere (Fig. 24. 4.) 


“ 


7 


Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 233 


haben einen birnförmigen, hinter der Mitte ringförmig eingeschnürten Körper, welcher nach vorn 
in ein sehr enges Peristom ausgezogen ist. Das kurzgestielte Wirbelorgan hat eine ebenso enge, 
sehr schief angesetzte Scheibe (d.); ihm gegenüber liegt anscheinend ein zungenartiger Fort- 
satz (c.) der Rachenhaut, der mir jedoch mehrmals nur den Eindruck einer zusammengekrümmten 
Wimperborste machte. Der Rachen ist verhältnissmässig eng und nahe vor dem Uebergange in 
die enge, kurze Speiseröhre (e.), die sich nur bis zu der ringförmigen Einschnürung des Körpers 
erstreckt, mit drei langen Wimpern (d.) besetzt. Neben dem Anfange der Speiseröhre liegt nach 
aussen die contractile Stelle (f.) und auf der entgegengesetzten Seite, gewöhnlich gleich hinter 
der Einfügungsstelle des Wirbelorgans, der hakenförmig gekrümmte Nucleus (g.), dessen eines 
Ende mierklich verbreitert und schwach gelappt ist. Bei der Contraction behält-der Körper (B.) 
gewöhnlich seine Birnform , indem er nur das Wirbelorgan (b’.) in den Rachen zurückzieht und 
das Peristom mehr oder weniger schliesst; auch verkürzt er sich etwas durch Bildung ringför- 
miger Falten am hintern Ende. Nur bei stärkern Reizen schieben sich die hintern Abschnitte 
fernrohrartig in einander, und dann erscheint das Thier kurz oval. Bei den ältesten Generationen 
ist der Körper durchschnittlich %,”’ lang, in der Mitte 3” und am Peristom Yıas” breit. 

Die Epistylis erassicollis (Taf. VI. Fig. 25.) findet sich häufig auf den gefiederten Bor- 
sten der Afterfüsse, auf den Borstenhaaren der äussersten Kieferpaare und ihrer Taster und auch 
hin und wieder auf den Kiemenschäften. Ich traf am häufigsten einzelne, auf einem kurzen oder 
langen Stiele sitzende Individuen, oder zwei Individuen auf einem ziemlich langen, einfach gega- 
belten Stamme, wie Fig. 25., wenn wir uns den Stamm («a.) bis zum Rande der Tafel verlängert 
denken; mehrmals beobachtete ich aber auch ziemlich entwickelte, von 12—20 Individuen gebil- 
dete, bäumchenartige Stöcke von der Form, wie sie die Zpistylis anastatica zu bilden pflegt. Ein 
verhältnissmässig langer Stamm verästelt sich nämlich unter spitzen Winkeln so gleichförmig wie- 
derholt dichotomisch, dass stets sämmtliche Individuen in derselben Höhe liegen. Die krystall- 
hellen Aeste des Stockes sind bald ganz glatt, grade und von gleichförmiger Stärke, bald in sehr 
verschiedenen Abständen fein quergestreift oder auch wohl ganz schwach gegliedert, was an dem 
Stielgerüste @. «. in Fig. 25. etwas zu grob ausgedrückt ist. An manchen Stöcken zeigen die 
Aeste an den Gabelstellen eine capitälchenartige Erweiterung (Fig. 25. d.), die besonders stark 
an den von mir auf den Kiemen gefundenen, sehr kurzästigen Stöcken hervortrat. Die Einzel- 
thiere (4.) haben einen umgekehrt eiförmigen , nach hinten zugespitzten, nach vorn wenig ver- 
engerten Körper, den ein hoch ringförmiges, bindenartiges Peristom (c.) krönt, dessen Durch- 
messer etwas kleiner ist, als der grösste Querdurchmesser des Körpers. Das Wirbelorean (d.) hat 
eine sanft gewölbte Scheibe, füllt die Peristommündung aus und ragt kaum über dieselbe hervor. 
Die Speiseröhre (e.) ist Anfangs ein weiter, mit den gewöhnlichen Wimpern versehener und bis 
zum hintern-Rande des Peristoms schräg nach innen verlaufender Kanal, der sich dann knieför- 
mig nach aussen wendet, sich stetig verengert und nahe hinter der Mitte des Körpers endet. Die 
eontractile Stelle (f.) liegt weit nach vorn in dem kurzen, dicken Stiele des Wirbelorgans; der 
lang bandförmige, hufeisenförmig gekrümmte, ganz homogene Nucleus (g.) nimmt gewöhnlich 
die Mitte des Körpers ein. Der Körperinhalt ist weiss, häufig mit einem Stich ins Rosenrothe. 


‚Stein, Infusorien. * 30 
* 


R2 
M 


234 Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 


Bei den gewöhnlichen -Contractionen nimmt das Thier Birnform an (Fig. 25. B.), und der vordere 
‚Theil des Peristoms zieht sich in einen engen, stumpf kegelförmigen Schnabel aus; bei den stärk- 
sten Contractionen wird das Thier oval, und das Peristom bildet dann einen längern und dickern 


[222 


schnabelförmigen Fortsatz. Der Körper der ältesten Generationen ist durchschnittlich %/%0” lang 
und Yo breit. Die jüngsten Generationen (Fig. 26.) haben einen sehr gestreckten Körper (b.), 
ihr Nucleus ist länglich oval und schwach gekrümmt, und sie sitzen entweder einzeln auf einem 
dünnen, fadenförmigen, ganz glatten Stiele, oder zwei bis drei Individuen bilden einen Stock (@.) 
mit oft sehr entwickelten, aber ungleich langen Gliedern. 

Auf dem Flusskrebse habe ich bisher nur eine Art von Acineten (Taf. VI. Fig. 27—35. 
und Fig. 40. 41.) auffinden können, die, nach der Organisation ihres Stieles zu urtheilen, nur von 
der eben geschilderten Epistylis crassicollis abstammen kann. Sie ist vorzugsweise auf den ge- 
fiederten Borsten der Afterfüsse anzutreffen, doch beobachtete ich sie auch einzeln auf den Bor- 
stenhaaren, welche die Grundstücke der Kiemen säumen, hier jedoch meist nur in sehr kleinen 
Exemplaren (Fig. 40. 41.). Die Afterfüsse mancher Krebse waren mit zahlreichen sehr grossen 
(Fig. 27. 29. 31.), mittelgrossen (Fig. 33.) und kleinen Individuen besetzt, und gleichzeitig war 
dann stets die Epist. erassicollis, doch auch nicht minder häufig die Opereularia mierostoma vor- 
handen. Auf nicht wenigen Krebsen suchte ich vergeblich nach Acineten, was aber zum Theil 
daher rühren mag, dass ich Anfangs fast nur die Kiemen auf Infusorien untersuchte; erst bei den 
letzten, im Juni und Juli 1853 angestellten Beobachtungen wurden vorzugsweise die Afterfüsse 
berücksichtigt. 

Unsere Acinete hat einen krystallhellen, soliden, in sehr verschiedenen Abständen leicht 
eingeschnürten und fein quergestreiften Stiel (Fig. 27. 29. 31. a. a. a.), der in seinem ganzen 
optischen Verhalten und in seiner Consistenz mit den Stielgliedern der Epist. crassicollis über- 
einstimmt; er unterscheidet sich aber dadurch von denselben, dass er sich in geringer Entfernung 
von seinem Anheftungspunkte ziemlich stetig und bedeutend nach der Spitze hin erweitert. Nicht 
selten ist der Stiel an der Spitze dreimal breiter, als an der Basis, diese aber ist auch bei den 
grössten Acineten nie dicker, als die Stiele der ältesten Generationen von Epist. erassicollis. Der 
Stiel ist in der Regel ganz grade, wie in Fig. 28. und 29., doch auch öfters etwas schief aufstei- 
gend (Fig. 33.) oder unregelmässig verbogen (Fig. 27.). Seine Länge ist sehr verschieden; bei 
den meisten Acineten wird er noch nicht ganz so lang oder doch nur etwas länger, als der Kör- 
per (Fig. 28. 31. 33.), im günstigsten Falle erreicht er die doppelte Länge des Körpers (Fig. 27.). 
Die kleinsten Acineten sind gewöhnlich sehr kurzstielig (Fig. 40. 41.), nicht selten fast sitzend. 
Der Acinetenkörper ist mehr oder weniger zusammengedrückt, im Umriss bei den grössern Indi- 
viduen gewöhnlich länglich rechteckig, mit abgerundeten Ecken und sanft nach auswärts oder 
einwärts ausgebuchteten Seiten (Fig. 27. 31.), in der Mitte ist er meistens bauchig erweitert; die 
kleinern Individuen haben bald einen umgekehrt eiförmigen, bald birnförmigen , rundlichen oder 
nierenförmigen Körper, der an der Basis zur Aufnahme der Stielspitze abgestutzt oder ausge- 
randet ist (Fig. 33. 40. 41.). Die borstenförmigen, am Ende geknopften Tentakeln, die sich lang- 
sam verkürzen und verlängern können, sind immer nur in geringer Zahl vorhanden. Sie sitzen, 


Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 235 


wenn der Körper rechteckig ist, zu zweien bis vieren, strahlig ausgebreitet, aber an der Basis ge- 
trennt von einander auf den vier Ecken (Fig. 27. c. c.); auch finden sich dann und wann noch 
einzelne zerstreut am Rande, besonders am Vorderrande, der überhaupt mehr Tentakeln hat, als 
der Hinterrand. Ist der Körper abgerundet, so sitzen die Tentakeln über den ganzen Rand, ziem- 
lich weit von einander, zerstreut (Fig. 33. 40. 41.). Bei den grössern Acineten sind die Tenta- 
keln nicht viel länger, als der Körper breit ist, bei den kleinsten haben sie eine verhältnissmässig 
viel grössere Länge (Fig. 41.). Ganz glatte, tentakellose Formen sind nicht selten; sie haben 
immer einen gerundeten, ‚ovalen oder birnförmigen Körper. 

Nach aussen ist der ganz regungslose und unveränderliche Acinetenkörper von doppelten 
Contourlinien begränzt, die aber einander so genähert sind, dass ich es vorzog, nur einfache Con- 
touren zu zeichnen. Der homogene fein- oder grobkörnige Körperinhalt ist bald ganz farblos, 
bald mehr oder weniger tief rosenröthlich gefärbt. Er enthält nie fremde Einschlüsse, aber eine 
unbestimmte Zahl wasserheller, kleinerer und grösserer, runder Hohlräume (Fig. 27. d. d.), die 
nicht rhythmisch contractil sind; doch verschwinden einzelne bisweilen, während eben so an 
einer andern Stelle ein neuer Hohlraum auftaucht. Der Nucleus (Fig. 27. e.) ist kurz oder lang- 
gestreckt oval und ganz homogen. Beim Zusatz von Esgigsäure (Fig. 28.) verkürzen sich die 
Tentakeln etwas und krümmen sich wellen - oder zickzackförmig, es hebt sich an dem Körper (b.) 
eine doppelt contourirte Gallerthülle (2’.) ab, und am Nucleus (e.) sondert sich Membran und 
Inhalt. Der Körper der grössten Acineten ist durchschnittlich %%”’ lang und Yo” breit; ihr 
Stiel ist höchstens Y,5”’ lang, am Grunde 440° und an der Spitze Y3”’ breit. Der Körper der 
kleinsten Acineten hält nur Yıos”” im Durchmesser. 

Reife Schwärmsprösslinge habe ich unzählige Male in Acineten von allen Grössen (Fig. 
29. c. 31. ec. 33. c. und 40.) bis herab zu Individuen von nur Y;6”” Körperdurchmesser ange- 
troffen und ihr freiwilliges Hervortreten in mehr als hundert Fällen beobachtet. Der Schwärm- 
sprössling hat im Verhältniss zum Mutterkörper eine bedeutende Grösse, er liegt in einer seinen 
Contouren conformen Aushöhlung (Fig. 29. d. 31. d.) der Leibessubstanz und erscheint als ein 
unregelmässig ovaler oder eiföürmiger, stark der Länge nach zusammengefalteter, und häufig nie- 
renförmig gekrümmter Schlauch, der niemals Rotationsbewegungen vollführt und überhaupt 
kaum ein schwaches Lebenszeichen von sich giebt. Seine Oberfläche scheint ganz glatt zu sein, 
und nur in sehr günstigen Lagen unterscheidet man bisweilen matt undulirende, sehr dicht ste- 
hende, feine Wimpern (Fig. 31. e.). Der Nucleus der Acinete (Fig. 29. d. 31. b.) gränzt un- 
mittelbar an die Höhlung des Schwärmsprösslings, er liegt immer auf der ausgebuchteten Seite 
derselben, und wird häufig ganz von dem Sprössling verdeckt (Fig. 33. 40.). Auf welche Weise 
sich der letztere vom Nucleus aus bildet, habe ich noch nicht genügend erforscht. Die Geburt des 
Schwärmsprösslings findet unter sehr eigenthümlichen Erscheinungen statt, und dadurch unter- 
scheidet sich unsere Acinete von allen bekannten. Ich beobachtete den Geburtsact ganz ausser- 
ordentlich häufig am 18. Juni und 20. Juli 1853 an Acineten, welche auf von lebenden Krebsen 
abgeschnittenen Afterfüssen sassen, die einen Tag lang in frischem Wasser gelegen hatten. Die 
in Fig. 29. abgebildete Acinete erscheint nach fast vollendetem Austritte ihres Schwärmspröss- 

302 


236 Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Aecineten des Flusskrebses. 
- 


lings (e.) in der in Fig. 30. dargestellten Form; Fig. 32. zeigt die in Fig. 31. abgebildete Acinete 
zehn Minuten nach dem Ausschwärmen des Sprösslings, und in Fig. 34. und 35. sieht man die 
in Fig. 33. dargestellte Acinete im mittlern und letzten Geburtsstadium des Schwärmsprösslings (e). 

Dass ein Geburtsact eintreten soll, verräth sich vorher durch kein einziges Anzeichen, 
sondern ich sah stets plötzlich ‚den Sprössling (Fig. 33. ce.) unter kräftigen, nach vorn drängenden 
Contractionen und Expansionen zu selbstständiger Thätigkeit erwachen,, gleichzeitig bekam der 
Acinetenkörper quere Runzeln,, seine Tentakeln senkten sich und schrumpften wellenförmig zu- 
sammen und unmittelbar darauf begann der Sprössling aus einem am vordern Ende entstandenen 
Risse langsam hervorzuquellen. Zuerst trat ein beutelförmiges Wärzchen nach aussen, das bald 
durch die weiter nachdrängenden Körpertheile zu einem querovalen oder nierenförmigen, concen- 
trisch gefalteten und noch ganz nackt erscheinenden Blindsack (Fig. 34. e’.) anschwoll, der durch 
eine kurze, stielartige Verengerung mit dem noch im Innern der Acinete steckenden Körper- 
theile (e.) zusammenhing. Schon jetzt erscheint der Acinetenkörper, mit seinem frühern Volumen 
(Fig. 33.) verglichen, ungewöhnlich verkleinert und sehr stark quergerunzelt ; noch viel auffallen- 
der aber wird dieser Grössenunterschied, wenn der Sprössling (Fig. 35. e. und 30. e.) zum grössten 
Theile oder ganz aus dem Acinetenk@rper hervorgequollen ist. Es sieht dann grade so aus, als 
habe sich der Acinetenkörper nur gehäutet und als entweiche sein Inhalt aus der'abgestreiften 
und auf den Stiel zurückgedrängten Haut als ein frei bewegliches Wesen ganz anderer Art. Un- 
tersucht man jedoch die vermeintliche Haut näher, so findet man, dass sie nicht leer ist, sondern 
einen körnigen Inhalt einschliesst, zwischen dem auch noch ein besonderer Nucleus (Fig. 30. 2.) 
versteckt liegt. Fixirte ich solche Acineten, die eben geboren hatten, einige Zeit, so sah ich, dass 
ihr Körper im kleinen Maassstabe wieder eine ähnliche Gestalt annahm (Fig. 32.), als er vor 
dem Austritte des Schwärmsprösslings (Fig. 31.) gehabt hatte; auch fingen die zusammenge- 
schrumpften Tentakeln wieder an, sich auszustrecken. Ohne Zweifel wächst daher der Körper 
mit der Zeit wieder zu seiner frühern Grösse heran, indem die Tentakeln flüssige Nahrungsstoffe 
aufsaugen, und dann wird wieder ein neuer Schwärmsprössling vom Kern aus gebildet werden. 
Immerhin bleibt das ausserordentliche Zusammenschrumpfen des Acinetenkörpers bei der Geburt 
des Schwärmsprösslings, die durchaus von keinem Austritte körniger Inhaltsbestandtheile des 
Acinetenkörpers begleitet ist, sehr seltsam und räthselhaft, und ich weiss dafür keinen genügenden 
Erklärungsgrund anzugeben. Vielleicht enthält der Acinetenkörper mit einem entwickelten 
Schwärmsprössling, wie die Brut gebärenden Mutterblasen in den Vorticelleneysten, nur nahe an 
seiner Peripherie körnige Substanz, weiter nach innen zu aber eine Art Fruchtwasser, welches 
mit dem Sprössling nach aussen entweicht. 

Ist der Sprössling fast ganz aus dem Mutterkörper hervorgetreten (Fig. 30. 35. e.), so 
erscheint seine nun ganz glatte Oberfläche immer noch nackt, nach einigen Secunden aber erhebt 
sich an seinem vordern Ende ein dichtes Wimperkleid, welches bisher der Haut innig angedrückt 
lag, und er wimpert sich nun vollends ins Freie. Noch häufiger drängt sich der Sprössling, ohne 
die Wimpern in Thätigkeit zu setzen, ganz aus der Acinete heraus, und er bleibt dann vor der- 
selben als ein glatter, nackter, ovaler Körper etwa zehn Secunden lang ganz stille liegen; nun 


Ueber die vorticellenartigen Bewohner und Acineten des Flusskrebses. 237 
” 


erst erheben sich die Wimpern, und er schwimmt in langsamen , gleitenden Bewegungen, ohne 
sich um seine Axe zu drehen, weiter. Gewöhnlich entfernt er sich nicht weit von dem Afterfusse, 
auf dem die Acinete sitzt, sondern er beschreibt um denselben weitere und engere Kreise und 

“sucht dann immer wieder die Borsten des Afterfusses auf, als wolle er sich auf denselben ansie- 
deln. Bisweilen bleibt er hier auch eine Zeit lang still liegen und undulirt nur noch ganz matt 
mit den Wimpern, dann aber beginnt er wieder die gewöhnlichen kreisenden Bewegungen. Der 
Körper des freien Schwärmsprösslings (Fig. 36—39.) ist oval, bald mit fast parallelen Seitenrän- 
dern (Fig. 37.), bald nur auf der einen Seite grade abgestutzt oder seicht ausgebuchtet (Fig. 36.); 
seine obere Seite (Fig. 38. a.) ist flach gewölbt, seine untere (a’.) abgeplattet, wie man besonders 
an getödteten Thieren sieht, wenn sie sich auf die Kante stellen. Als Tödtungsmittel empfehle 
ich Chromsäure, weil sie das Wimperkleid kaum alterirt und auch den Nucleus sehr klar macht. 
Die Wimpern (Fig. 36. «.) sind ausserordentlich zart und hinfällig, aber ziemlich lang und sehr 
dicht stehend ; sie bedecken auf der obern Seite (Fig. 36. 37. 39. und Fig. 38. @.) nur das vor- 
dere Viertel, ziehen sich aber an den Seiten fast bis zur Mitte des Körpers hinab. Auf der untern 
Seite (Fig. 38. a’. und Fig. 31. ec.) sind wenigstens die vordern zwei Drittel mit einem Wimper- 
kleide überzogen. Der bei grössern Sprösslingen oft ziemlich grobkörnige Körperinhalt ist stets 
farblos und enthält mehrere kleine, nicht pulsirende, wasserhelle Hohlräume (Fig. 36. c.), die 
nach Behandlung mit Chromsäure (Fig. 37. 38.) verschwunden sind. Der Nucleus (Fig. 36. d.) 
ist stets langgestreckt bandförmig und halb ringförmig oder knickbogig zusammengekrümmt. 
Eine Mundöffnung fehlt zuverlässig. Die grössten Schwärmsprösslinge (Fig. 36.) sind 5” lang 
und %;,”” breit; in Fig. 39. ist ein um mehr als die Hälfte kleinerer dargestellt, ich beobachtete 
aber noch beträchtlich kleinere. Bei den kleinern Sprösslingen ist der Nucleus verhältnissmässig 
kürzer und gedrungener, bisweilen fast nierenförmig. 

Die Schwärmsprösslinge unserer Acinete haben viel Aehnlichkeit mit Opalinen, sie un- 
terscheiden sich aber sofort von denselben durch die nur partielle Bewimperung. Der Mangel 
eines Mundes und die eigenthümliche Art der Bewimperung müssen uns überzeugen, dass die 
Schwärmsprösslinge keine entwickelte Infusorienform darstellen können, sondern dass sie 'eine 
weitere Metamorphose zu bestehen haben. Berücksichtigen wir nun die Aehnlichkeit ihres Nu- 
cleus mit dem der Vorticellinen, erwägen wir ferner, wie sehr das Stielgerüst der Epistylis crassı- 
collis mit dem Stiele der Acineten übereinstimmt, welche unsern Sprösslingen das Dasein geben, 
und rufen wir uns die Gründe zurück (man denke nur an die Dendrocometen), welche es un- 
möglich machen, die Acineten überhaupt als selbstständige Infusorienformen aufzufassen, so kann 
sich uns nur die Annahme empfehlen, dass sich unsere Schwärmsprösslinge mit der Zeit zur 


Epist. erassicollis entwickeln werden. 


- . og. . 7 . # . 
238 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 


1a 
2102 


un 


Zur Entwickelungsgeschichte von Paramaecium bursaria, Ophridium versatile, 
Nassula ambigua und Glaucoma scintillans. 


Ueber das Paramaecium bursaria Focke (Loxodes bursaria Ehbg.) haben wir bekannt- 
lich vor einiger Zeit eine umfassende, sehr wichtige Monographie von Conn ') erhalten, in der 
die bereits eine Reform der Infusorienkunde in Aussicht stellenden Entdeckungen FockeE’s von 
einer kreisenden Bewegung des Leibesinhalts ?) und von einer Erzeugung lebendiger Keime im 
Innern des Körpers °) in den wesentlichsten Punkten bestätigt, in einzelnen berichtigt und nach 
mehrern Seiten hin bedeutend erweitert wurden, und in der zugleich die gesammte Na- 
turgeschichte des Param. bursaria eine gründlichere Bearbeitung erfuhr, als von irgend einem 
frühern Forscher. Auch ich habe von dem Augenblicke an, wo ich durch verschiedene Bemer- 
kungen in v. SIEBOLD’S vergleichender Anatomie auf die fast in Vergessenheit gerathenen Ent- 
deckungen von FockE aufmerksam geworden war, die dieser Forscher auffallender Weise nicht 
weiter verfolgt zu haben scheint, keine Gelegenheit vorübergehen lassen, das Param. bursarıa 
sorgfältig zu studiren. Mir lag vor allen Dingen daran, die von Fockz angegebene innere Keim- 
bildung, deren Herd der Nucleus sein sollte, durch eigene Anschauung kennen zu lernen, weil 
ich darin eine der von mir bei den Acineten entdeckten Schwärmsprösslingsbildung entsprechende 
Fortpflanzungsweise erblicken musste. Allein bei Berlin und Niemegk traf ich das Par. bursaria 
immer nur vereinzelt und in einigen Exemplaren an, und ich hatte von diesen weiter keinen Ge- 
winn, als dass ich mit ihrer Organisation ziemlich vertraut wurde. Erst im Mai 1852 lernte ich 
das P. bursaria in ungeheuren Schaaren bei Tharand in einem kleinen Tümpel, der davon ganz 
grün gefärbt war, kennen, und ich beobachtete es nun unausgesetzt bis in den Juli hinein. Da 
inzwischen Conn’s Arbeit erschienen war, so konnte ich’meine ältern, in manchen Punkten mit 
Coux’s Angaben nicht im Einklang stehenden Beobachtungen über die Organisation des P. bur- 
saria noch einmal an dem mir zu Gebote stehenden überreichen Material controliren. Ich will 
nun zuvörderst das Ergebniss dieser Untersuchungen, bei denen mir unter Tausenden von Indi- 
viduen auch nicht ein in der Keimbildung begriffenes aufstiess, mittheilen. 

Das Paramaecium bursaria, welches auf Taf. IV. in Fig. 6. von der Rückseite, in Fig. 7. 
von der Bauchseite dargestellt ist, hat einen bilateralen, mässig plattgedrückten, oblongen, ge- 
wöhnlich vor der Mitte sich etwas erweiternden (Fig. 6. 11.) Körper, der am vordern Ende von 
links nach rechts in der Weise schräg abgestutzt ist, dass die linke Körperseite viel kürzer er- 
scheint, als die rechte, und dass ein sehr ungleichseitig zugespitztes Vorderende entsteht, dessen 


linker, von Eurensgere *) als erweiterte, beilartige Oberlippe bezeichneter Rand auffallend länger 


1) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Band III. S. 260—79. und Taf. VII. Fig. 1—12. 

9) Isis 1836. 8. 756. 

3) Amtlicher Bericht über die 22. Versammlung deutscher Naturforscher in Bremen 1844. 8. 110. 
4) Die Infusionsthiere S. 324—25. und Taf. XXXIV. Fig. IH. 


# 
Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma scint. 239 


ist, als der rechte. Vorder- und Seitenrand der linken Seite sind zusammengenommen länger, 
als auf der rechten Seite, und sie stossen häufig (Fig. 9.) nicht unter einem stumpfen Winkel 
zusammen, sondern gehen ohne scharfe Gränze in einander über, so dass der Körper fast eiförmig 
und nur auf der rechten Seite grad abgestutzt oder sanft ausgebuchtet erscheint. Auf der Bauch- 
seite ist der Körper in der hintern Hälfte so stark gewölbt, wie auf der Rückseite, in der vordern 
Hälfte befindet sich aber eine weite, einem halbirten Trichter ähnliche Aushöhlung (Fig. 7. a.; 
sie scheint auch auf der Rückseite in Fig. 6. bei«@. e. durch), die in der ganzen Breite des linken 
Vorderrandes beginnt und sich in schräger Richtung nach rechts und hinten bis zur Mitte des 
Körpers hinabzieht, wo sie in der Nähe des rechten Seitenrandes endigt. Die halbtrichterförmige 
Aushöhlung ist hinten am tiefsten und verflacht sich stetig nach vorn ; deshalb erscheint der linke 
Vorderrand beilartig zugeschärft, und der ganze Körper erhält auf der Bauchseite liegend die pan- 
toffelähnliche Gestalt, welche auch dem allbekannten Paramaecium aurelia eigen ist und nach 
der diese Art von den ältern Forschern Pantoffelthierchen genannt wurde. Am Grunde der trich- 
terförmigen Aushöhlung befindet sich die quere oder etwas schräge, bald halbmond - bald nieren- 
förmig erscheinende Mundöffnung (Fig. 7. b.), welche in diekurze, nach aussen und rückwärts 
verlaufende, ziemlich weite, nach hinten wenig verengerte, zarthäutige Speiseröhre (c.) führt, die 
mit grad abgestutztem Ende in die Leibeshöhle ausmündet und an ihrer innern Oberfläche dicht 
mit sehr zarten Wimpern besetzt ist. Genau eben so verhält sich die Speiseröhre’bei Par. aurelia. 

Die Oberfläche des Thieres ist von einem Systeme dicht auf einander folgender, in 
schiefer Richtung um den Körper herumlaufender Furchen durchzogen, die sich vielfach unter 
spitzen Winkeln kreuzen und der ganzen Oberfläche ein feinreticulirtes Ansehen geben. In un- 
sern Figuren sind die Furchen nur am Rande des Körpers, der davon zierlich gekerbt erscheint, 
angegeben. Eben so sind auch nur am Rande die den ganzen Körper überziehenden ziemlich 
langen Wimpern ausgeführt, welche dicht neben einander auf den rippenartigen Erhabenheiten 
der Haut sitzen. Sie sind durchaus überall von gleicher Länge, und darum kann unser Thier 
weder zur Gattung Loxodes, noch zur Gattung Bursaria gestellt werden ; denn bei beiden Gat- 
tungen finden sich zweierlei Wimpern, nämlich längere und kräftigere borstenförmige Mund- 
wimpern und dünnere und kürzere Körperwimpern. EHRENBERG lässt freilich den Körper unserer 
Art nur von einem ganz kurzen Wimperkleide bedeckt sein und giebt am Rande der trichterför- 
migen Aushöhlung lange, griffelartige Wimpern an !); allein sowohl an lebenden, stillstehenden, 
wie auch an getödteten Thieren überzeugt man sich leicht, dass diese Angaben unrichtig sind. 
Die Bewimperung stimmt vielmehr ganz mit der von Param. aurelia überein, nur ist sie verhält- 
u, länger. Conx giebt zwar die Bewimperung richtig als gleichartig an, er glaubt 
aber, dass die Wimpern in der Wirklichkeit bei weitem länger seien, als man sie mit dem Auge 
verfolgen könne ?), und er bildet sie auch beträchtlich länger ab, als ich. Con stützt seine An- 


sicht auf die Beobachtung von Thieren, welche er auf der Glasplatte eintrocknen liess, und die 


1) Die Infusionsthiere Taf. XXXIV. Fig. III. 2. 
2) A. a. 0. 8. 263—64. 


240 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 


dann von langen, Krystallnadeln ähnlichen Fäden starrten. Diese Thatsache beweist jedoch nicht 
das, was sie beweisen soll; denn man erhält ganz dieselbe Anschauung, wenn man die Thiere 
plötzlich mit concentrirter Essigsäure tödtet, man sieht dann aber ganz deutlich, dass in dem 
Augenblicke, wo die Essigsäure an das Thier herantritt, die Wimpern sich plötzlich in drei bis 
viermal längere Borsten ausziehen. Wendet man dagegen die Essigsäure in sehr verdünntem Zu- 
stande an, so wird das Thier ganz allmählich getödtet, und dann schiessen ‚die Wimpern nicht, 
wie Krystallnadeln, vom Körperrande hervor, sondern sie behalten dieselbe Länge, wie man sie 
am lebenden, stillestehenden T'hiere beobachtet. Eine ähnliche, widernatürliche Verlängerung 
der Wimpern tritt bei noch vielen andern Infusionsthieren beim Eintrocknen auf Glasplatten und 
noch mehr beim Zusatz von Essigsäure ein. Im auffallendsten Grade beobachtete ich diese Er- 
scheinung bei den Arten der Gattung Ophryoglena,; hier verwandelten sich die Wimpern beim 
Zusatz von Essigsäure in ein dichtes Gewirre von lockigen und geknickten Haaren , die zum 
Theil so lang waren, als der ganze Körper. 

. Bei Param. bursaria hebt Essigsäure nicht selten grössere oder kleinere Stücke der 
Körperhaut blasenförmig von der darunter gelegenen Leibessubstanz ab. Dergleichen Hautstücke 
sind zart, durchsichtig, farblos und dicht mit sehr kleinen, in schiefen, sich kreuzenden Reihen 
stehenden Höckerchen besetzt, welche die Wimpern tragen, und welche der Haut ein chagrin- 
artiges Ansehen geben. Unter der Haut liegt eine krystallhelle, homogene, consistente, ziemlich 
dicke Lage, die Rindenschicht, die nach innen zu von feinen Pünktchen getrübt wird und hier 
die zahlreichen, oft sehr dicht neben einander liegenden, groben chlorophyllartigen Körner (Fig. 
6. e.) eingebettet enthält, die dem Thiere eine lichter oder dunkler grüne Farbe geben. Die Chlo- 
rophylikörner fehlen bei sehr jungen Thieren (Fig. 11.) stets, und auch bei ganz alten (Fig. $.) 
ist nicht selten keine Spur von grünen Körnern vorhanden, sondern es zeigen sich nur viel 
kleinere, dunkel contourirte, farblose Körnchen, welche ganz den gewöhnlichen Fettkörnchen 
gleichen. Dergleichen farblose Individuen sind dem Param. aurelia zum Verwechseln ähnlich, 
und sie unterscheiden sich äusserlich von dieser Art nur durch den im Verhältniss zur Länge 
breitern Körper. Die Rindenschicht der Rückseite enthält die beiden contractilen Stellen (Fig. 
6. c, ce. Fig. 10. a. a.); die eine liegt am Ende des ersten Körperdrittels und etwas der rechten 
Seite genähert, die andere am Anfange des hintern Körperdrittels und mehr der linken Seite ge- 
nähert. Die contractilen Stellen behalten auch bei der Contraction bis zum völligen Verschwinden 
ihre einfache runde Form bei; wird aber das Thier durch ein. Deckgläschen mässig comprimirt, 
so werden sie häufig bei der Contraction ganz auf dieselbe Weise -sternförmig, wie di tractilen 

nee 

EHRENBERG’s und Fockr’s über die contractilen Stellen. r 
Auf die Rindenschicht folgt die berühmte, breite, schleimähnliche Zone des Leibes- 
inhalts, welche in beständiger Rotation begriffen ist. Sie ist in Fig. 6. nur durch die Pfeile, ın 
Fig. 7. sowohl durch diese, als auch die zahlreichen in ihr enthaltenen Körnchen bezeichnet. 
Die Chlorophylikörner sind in Fig. 7. auf der Rücken- und Bauchseite weggelassen worden und 
nur in dem Randtheile der Rindenschicht angegeben, um den rotirenden Strom klar zur An- 


Ü 
Stellen des Param. aurelia. Hieraus erklären sich die von einander abweiche 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 241 


schauung zu bringen; Fig. 7. stellt also das Thier mehr im mittlern horizontalen Durchschnitte 
dar. Ich mochte das Mikroskop einstellen, wie ich wollte, immer sah ich nur einen breiten, ellip- 
tischen Strom rotiren, der nach aussen von der Rindenschicht, nach innen von einem das Cen- 
trum des Thieres einnehmenden, elliptischen Felde (Fig. 7. e.) begränzt wird. Letzteres besteht 
aus einer farblosen homogenen, von feinen Pünktchen getrübten Substanz, welchem die Chloro- 
phylikörner zu fehlen scheinen, in der aber der Nucleus (d. d’.) eingebettet liegt. Ich muss daher 
Conn widersprechen, der den gesammten, von der Rindenschicht umschlossenen Leibesinhalt 
rotiren lässt '). Wäre dies der Fall, dann müsste doch auch der Nucleus seinen Ort beständig 
verändern, was durchaus nicht geschieht. Eben so muss ich Cor hinsichtlich der Richtung des 
Stromes widersprechen , die allerdings ganz constant ist. Sie lässt sich unabhängig von der Lage 
des Thieres bestimmen; der Strom ist nämlich, wie die Richtung der Pfeile in Fig. 6. und 7. 
zeigt, stets ein an der langen Seite des Vorderrandes aufsteigender. Der Strom bewegt sich also 
in der natürlichen Lage des Thieres (Fig. 6.), am vordern Ende von links nach rechts, am hintern 
von rechts nach links. Conx bezeichnet den Strom umgekehrt, wie weniger aus seiner Beschrei- 
bung, die in diesem Punkte unbestimmt ist, als aus seiner Fig. 1. erhellt; auch irrt er darin, dass 
Fig. 1. das Thier von der Bauchseite darstellen soll; seine sämmtlichen Figuren, mit Ausnahme 
der Fig. 4., zeigen das Thier von der Rückseite. Mein Widerspruch hinsichtlich der Richtung 
des Stromes und der Bezeichnung der Körperseiten gründet sich auf sehr oft und mit aller mög- 
lichen Sorgfalt wiederholte Beobachtungen. Dass ich Rücken - und Bauchseite richtig unter- 
schieden habe, das geht auch aus den gleichnamigen Bestimmungen, welche Eur£NnBErg in der 
Erklärung seiner Abbildungen giebt, hervor. 

Die energischen Rotationen des Stromes sind von den Bewegungen des Thieres völlig 
unabhängig; denn gerade nur dann, wenn die Thiere stille stehen, ist eine genaue Beobachtung 
der Rotation möglich. Der Strom reisst die in ihn von der Speiseröhre aus eindringenden Stoffe 
mit sich fort; so sieht man in Fig. 6. eine mitrotirende Navicula (d’.) und ein rundes Bläs- 
chen (d.). Auch enthält er kleine Chlorophylikörner, doch sah ich diese immer nur vereinzelt; 
nächst den Nahrungsstoffen sind feinere und gröbere, farblose Körnchen die wesentlichsten festen 
Gebilde in der rotirenden, schleimigen Grundsubstanz. Höchst auffallend ist es, und führt viel- 
leicht zur Erklärung der Rotationsbewegung, dass nur bei denjenigen Paramäcien ein rotirender 
Strom vorhanden ist, deren Rindenschicht reichlich mit Chlorophylikörnern versehen ist. In den 
farblosen Individuen (Fig. 8. 11.) ist keine Spur einer rotirenden Schieht zu beobachten, und 
auch in den nur sparsame Chlorophylikörner enthaltenden Individuen, welche in ihrem Innern 
en. erzeugen (Fig. 9. 10.), vermisste ich eine solche beständig. Beiderlei Individuen 
haben unter der Rindenschicht einen ganz gleichartig consistenten Leibesinhalt. Vielleicht hängt 
daher die Rotationsströmung mit einer energischen Sauerstoffabscheidung der Chlorophylikörner 
im Sonnenlichte zusammen. In keinem Falle haben Körpercontractionen auch nur den geringsten 


Antheil an der Strömung; denn sie könnten doch höchstens nur ein unbestimmtes Hin- und 


2) A. a. 0. 8. 265. 


‚Stein, Infusorien. 31 


242 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 


Herfliessen des Inhalts, aber keinen geschlossenen, sich in einer ganz constanten Richtung und 
mit so grosser Energie bewegenden Strom verursachen. Die bekannte, von EHRENBERG gege- 
bene ') Erklärung ist daher völlig unhaltbar, wie bereits Cosx hervorgehoben hat; Conn verfällt 
aber in den entgegengesetzten Fehler von EHurengerrG. Während letzterer bei Param. bursaria 
zur Erklärung der Strömung eine ausserordentliche Contractilität des Körpers voraussetzt, welche 
in der That gar nicht vorhanden ist, spricht Conn den Körperwandungen nicht bloss bei Param. 
bursaria, sondern auch bei Param. aurelia und sogar bei Chilodon eueullulus jedes selbstständige 
Contractionsvermögen ab”). In Betreff des Chill. cueullulus verweise ich auf meine ($. 13.) mit- 
getheilten Beobachtungen, die wohl zur Genüge ein energisches Contractionsvermögen beweisen; 
hinsichtlich des Param. bursaria will ich nur auf eine leicht zu bestätigende, sehr kräftige Con- 
tractionsweise aufmerksam machen. Wenn die Thiere sich ganz frei bewegen, wobei sie sich 
häufig um die Längsaxe drehen, verändert sich nicht bloss die Richtung der schief um den Körper 
herumlaufenden Furchen fast in jedem Augenblicke bedeutend, sondern sie rollen auch sehr oft 
auf der Bauchseite die Seitentheile der vordern Körperhälfte so stark muschelförmig nach innen 
zusammen, dass die halbtrichterförmige Aushöhlung sich fast in einen vollständigen Trichter 
verwandelt. Eben so verändert sich bei Par. aurelia die schiefe zum Munde führende Falte fast 
in jedem Augenblicke, indem sie bald seichter, bald tiefer rinnenförmig wird, so dass der Körper 
bald fast glatt, bald sehr deutlich pantoffelartig erscheint. Selbst die so derbhäutigen Euploten 
sind im Stande, ihren Körper merklich zu krümmen und zu biegen, ohne dass sie mit fremden 
Körpern in Berührung kommen. 

Von besonderem Interesse ist der Bau des Nucleus, auf den zuerst v. SIEBoLD °) auf- 
merksam machte und den dann Coux weiter verfolgte und sorgfältig schilderte. Der Nucleus 
(Fig. 6. db. Fig. 7. d.) liegt in dem an der Rotation nicht Antheil nehmenden Mittelfelde des 
Körperinhalts, zwischen beiden contractilen Stellen; er schimmert oft schon ziemlich deutlich 
durch die Körperwandungen des lebenden 'Thieres hindurch, tritt aber erst ganz scharf hervor, 
wenn man Essigsäure anwendet. Auch lässt er sich sehr leicht durch Quetschen des Körpers, zumal 
wenn derselbe vorher mit Essigsäure behandelt wurde, ganz isolirt darstellen (Fig. 12.). Seine 
Gestalt ist länglich eiförmig oder eiförmig-nierenförmig; dicht hinter dem spitzern Ende befindet 
sich eine kleine, grubige Vertiefung, und in dieser liegt ein entsprechender ovaler oder eiförmiger 
Nucleolus (Fig. 7. d’.), der dem eigentlichen Nucleus nur äusserlich angeheftet ist. Der Nucleus 
besteht aus einer derben, elastischen Membran (Fig. 12. a.), die nicht selten deutliche Falten 
(Fig. 9. b. Fig. 15. @’.) zeigt, und aus einem homogenen, opaken Inhalte (Fig. 12. d.), den die 
Membran sehr lose umschliesst. Essigsäure hebt die Membran noch weiter vom Inhalte ab, und 
an isolirten Kernen schwillt durch blosse Wasseraufnahme die Membran zu einer vom Inhalte 
weit abstehenden, ovalen Blase auf (Fig. 12. a.). Man sieht dann nur noch am Inhalte (Fig. 12. 5. 


1) Die Infusionsthiere S. 262. 
2) A. a. O. S. 267. 
3) Lehrbuch der vergl. Anatomie $. 24. 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigsua u. Glaucoma scint. 243 


Fig. 10. b.) den Abdruck der grubigen Vertiefung für den Nucleolus. Letzterer (Fig. 12. e.) zeigt 
stets dieselbe Zusammensetzung aus Membran und Inhalt, wie der Nucleus, doch tritt diese 
immer erst hervor, wenn Essigsäure einige Zeit auf den Nucleolus eingewirkt hat. Nucleus und 
Nucleolus sind also nur durch ihre Membranen aneinander geklebt, und diese Verbindung ist so 
lose, dass sie durch Druck leicht aufgehoben werden kann. Da die farblosen Individuen genau 
denselben Nucleus (Fig. 8. b. c. und ’. c’. und Fig. 11.) haben, der Nucleus von Paramaecium 
aurelia aber ein einfach ovaler Körper ist, so kann der Verdacht nicht aufkommen, ich habe un- 
gewöhnlich breite Individuen der letztern Art für farblose Individuen des Param. bursaria ge- 
halten. Zum Ueberfluss sei noch bemerkt, dass in dem Tümpel, der mir das Param. bursaria so 
massenhaft lieferte, das Param. aurelia gar nicht vorkam. Einen ähnlichen Nucleus mit äusser- 
lich aufsitzendem Nucleolus, wie bei Par. bursaria, habe ich nur noch bei Prorodon teres bereits 
im Jahre 1848 beobachtet. Cosm !) giebt den Nucleus dieses Infusionsthieres, den EHRENBERG ?) 
ganz übersehen hat, als einfach kuglig an; es sitzt aber dem rundlichen Nucleus noch ein an- 
sehnlicher,, stabförmiger, an dem einen Ende gewöhnlich etwas verdickter und bisweilen zwei- 
spaltiger Nucleolus auf. 

Die von mir untersuchten Thiere erreichten eine viel bedeutendere Grösse, als die von 
EHRENBERG und Coun beobachteten. Die grössten Individuen waren durchschnittlich Yıs”, 
einige sogar Yı4” lang und die Länge ihres Nucleus betrug %,—/ıs””. Individuen von Ys— ko" 
Länge waren am häufigsten vorhanden. Die jüngsten, stets farblosen Individuen waren nur Ya”, 
und ihr Nucleus Y;0” lang. Quer- und Längstheilung beobachtete ich gleich häufig; beide Ver- 
mehrungsweisen bieten nichts Ungewöhnliches dar, nur das bisher noch nicht beschriebene Ver- 
halten des Nucleus ist dabei von Interesse. Der Nucleus erscheint schon frühzeitig, wenn die 
Theilungsfurche noch wenig tief eingedrungen ist (Fig. 8.), als ein lang bandförmiger, mit der 
Theilungsfurche sich kreuzender, aus zwei fast spindelförmigen Hälften (2. 5.) zusammenge- 
setzter Körper, von denen eine jede bereits an dem freien Ende mit einem besondern Nucleolus 
(e. e'.) versehen ist. Ueber die Entstehung dieser Nucleusform geben gewisse Individuen Aufschluss, 
die äusserlich noch keine Vorbereitung zur Theilung zeigten; ihr Nucleus hatte die in Fig. 13. 
abgebildete Gestalt. Der eigentliche Nucleus (@.) war bereits etwas verlängert und knieförmig 
zusammengebogen ‚ und über dem Winkel des Knies schwebte der beiden Schenkeln noch ge- 
meinsame Nucleolus (d.). Jedenfalls zerfällt dieser demnächst in zwei Hälften, die beiden 
Schenkel verlängern sich dann, und jeder führt die ihm anhängende Nucleushälfte mit sich fort. 
Nicht bei allen Individuen entwickelt sich der Nucleus auf die eben angegebene Weise zum Be- 
hufe der Theilung ; denn ich sah eben so häufig schon vor dem Erscheinen der Theilungsfurche 
den eigentlichen Nucleus in zwei halbkuglige Hälften (Fig. 14. a. «’.) zerfallen, zwischen denen 


der gemeinsame Nucleolus (d.) lag. In diesem Falle muss sich ebenfalls der Nucleolus noch 


1) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. Band IV. S. 271. 
2) Die Infusionsthiere S. 316. und Taf. XXXII. Fig. 11. 


SS 


344 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma scint. 


theilen, und es ist dann gleich beim Beginn der Körpertheilung für jeden künftigen Theilungs- 
sprössling ein für sich bestehender Nucleus vorhanden. 

Erst im Mai 1853 lernte ich bei einem kurzen Besuche in Berlin ganz zufällig die von 
Fockz entdeckte und von Conn so glücklich weiter verfolgte Vermehrungsweise des Param. bur- 
saria kennen, welche offenbar als eine Fortpflanzung durch Schwärmsprösslinge zu bezeichnen ist, 
obgleich die Mutterthiere nicht in einen ruhenden Zustand übergehen. Ich hatte am 18. Mai einem 
Schüler, der eine Excursion nach den Pichelsbergen machte, den Auftrag gegeben, mir aus irgend 
einem Wasserbecken, welches eine reiche Confervenvegetation zeigen werde, eine Flasche mit 
Wasser und den auf seiner Oberfläche schwimmenden Vegetabilien zu füllen. Mein Wunsch wurde 
erfüllt, und als ich nun am andern Morgen das mir mitgebrachte Wasser untersuchte, entdeckte 
ich darin zu meiner grossen Ueberraschung zahllose Individuen des Par. bursaria, von denen 
sich sehr viele durch eine ungewöhnlich blassgrüne Farbe auszeichneten, da sie viel sparsamer 
mit Chlorophylikörnern erfüllt waren (Fig. 9. 10.), als die bisher von mir beobachteten Indivi- 
duen; auch zeigte sich im Innern keine Rotationsströmung. Die Anwendung von Essigsäure 
lehrte sofort, wie ich mir gleich gedacht hatte, dass die blassgrünen Thiere in der Bildung von 
Schwärmsprösslingen begriffen waren. Dicht vor dem etwas schräg gelagerten Nucleus (Fig. 9. b. 
Fig. 15. a. a’‘.) und demselben meist sehr innig angeschmiegt lag nämlich constant ein scharf be- 
gränzter, scheibenförmiger Körper (Fig. 9. ec. und Fig. 15. b.), der fast so gross war, wie der 
Nucleus, der aber aus einer viel lichtern, farblosen Substanz bestand und keine ringsherum ab- 
stehende Hülle zeigte. In der Mitte des scheibenförmigen Körpers befand sich ein besonderer, run- 
der, opaker Nucleus (Fig. 15. e.) und neben demselben eine contractile Stelle (Fig. 15. d.). Der 
scheibenförmige Körper ist offenbar die Anlage zu einem oder zu mehreren Schwärmsprösslingen, 
und seine innige Verbindung mit dem Nucleus des Mutterthieres, dem er wie eine Knospe auf- 
sitzt, muss uns überzeugen, dass er von demselben aus gebildet wird. Wahrscheinlich geschieht 
dies auf eine ähnliche Weise, wie sich bei den Acinetenzuständen der Vort. microstoma die 
Schwärmsprösslingsanlage (Taf. IV. Fig. 47. und 48. e.) am Nucleolus (d.) entwickelt. Der Nu- 
cleolus der Paramäcien betheiligt sich in keinem Falle bei der Bildung der Schwärmsprösslings- 
anlage; denn ich fand ihn seltsamer Weise fast stets von seinem Nucleus abgetrennt und mehr 
oder weniger weit in das vordere Körperende hinaufgedrängt (Fig. 9. 5’. und Fig. 10. 5.). Nur 
einige Male (Fig. 16.) sah ich, dass der Nucleolus (5.) seine gewöhnliche Lage am Nucleus («.) 
beibehalten hatte, während der scheibenförmige Körper (e.) am Nucleolus zu hängen schien; in 
diesem Falle hatte die Schwärmsprösslingsanlage jedenfalls ihren Zusammenhang mit dem Nu- 
eleus bereits aufgegeben und war wohl nur zufällig mit dem Nucleolus in Berührung gekommen. 

Vom 19. Mai früh bis zum 20. Nachmittags beobachtete ich Hunderte von Paramäcien, die 
neben dem Nucleus die eben geschilderte Schwärmsprösslingsanlage enthielten. Am 20. Mai gegen 
Abend fand ich endlich einige Individuen (Fig. 10.), die keine Schwärmsprösslingsanlage mehr 
enthielten, sondern einen entwickelten Schwärmsprössling (c.) mit sich herumschleppten. Letz- 
terer hatte einen fast walzenförmigen , farblosen Körper, war an beiden Enden abgerundet und hier 
mit wenigen, kurzen, am Ende geknopften, tentakelartigen Fortsätzenver sehen, von denen einige 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassüla ambigua u. Glaucoma seint. 245 


den Sprössling am Rande des Mutterkörpers-festhielten. Die ganze une des Körpers war 
bewimpert, da ich aber über ihre Länge bei dem Zwielichte, in dem diese Beobachtungen gemacht 
wurden, zweifelhaft blieb, so habe ich sie nicht mit abgebildet. Im Innnern des Sprösslings 
waren ein oder zwei contractile Stellen und ein länglich ovaler Nucleus (letzterer erst beim Zusatz 
von Essigsäure) zu unterscheiden. Der Sprössling war offenbar nur eine weitere Entwickelungs- 
stufe des scheibenförmigen Körpers c. in Fig. 9.; denn in dem Mutterthiere (Fig. 10.), an wel- 
chem der Sprössling hing, fand sich kein scheibenförmiger Körper, der Nucleus (d’.) lag aber weit 
von dem Nucleus (2.) entfernt. Am Mutterthiere fand sich da, wo der Sprössling ansass, ganz 
bestimmt keine Oeffnung, sondern nur eine schwache Einbuchtung; diese bezeichnete ohne 
Zweifel die Stelle, an welcher der Sprössling den Körper durchbrach, und die sich dann später 
wieder vollständig schloss. Der von Conx beschriebene Ausführungsgang ') ist daher gewiss. kein 
besonderes Organ, sondern nur eine bald sich wieder schliessende kanalartige Lücke, die wohl 
nur dann zu beobachten sein wird, wenn sich in einem Mutterthiere gleichzeitig mehrere Spröss- 
linge entwickelt haben, von denen bereits einer oder mehrere nach aussen durchgebrochen sind. 
Ich habe diesen Fall nicht selbst beobachtet; denn da ich nothwendig am 21. von Berlin abreisen 
musste, könnte ich leider meine noch viel versprechenden Untersuchungen nicht weiter fort- 
setzen. Zwar nahm ich das werthvolle Beobachtungsmaterial mit nach Tharand, allein die Thiere 
überstanden den Transport nicht. 

Sind mehrere Sprösslinge in einem Mutterthiere vorhanden, so sind diese, nach Coux’s 
Abbildungen zu urtheilen, höchst wahrscheinlich durch Theilung der ursprünglichen, am Nucleus 
entstandenen, scheibenförmigen Sprösslingsanlage hervorgegangen, die sich zuvor wohl noch 
merklich vergrössert haben wird. Diese vergrösserte Sprösslingsanlage hat Focke jedenfalls mit 
dem Nucleus des Mutterthieres verwechselt, da er angiebt, dass die Sprösslinge innerhalb des 
Nucleus entstehen sollen, was doch bestimmt nicht der Fall ist. Eben so muss ich mit Conx der 
Angabe von Focke widersprechen , dass die Sprösslinge bereits die grüne Farbe der Mutterthiere 
zeigen; sie sind stets farblos, wie alle jungen Parämäcien. Da die kurzen, tentakelartigen Fort- 
sätze nicht allen Sprösslingen zukommen, so sind sie gewiss nur unwesentliche, temporäre Bil- 
dungen, die bald wieder durch Einziehen in den Körper verschwinden werden, und dann wird 
nur noch eine geringe Formmodification nöthig sein und die Mundöffnung zu entstehen brauchen, 
um den Sprössling in ein gewöhnliches junges Paramäcium (Fig. 11.) überzuführen. Conx’s und 
meine Beobachtungen geben zusammengenommen ein vollständiges Bild von der Fortpflanzung 
des Param. bursaria durch Schwärmsprösslinge; von Coux wurden hauptsächlich die reifen 
Sprösslinge und die Art ihres Ausschwärmens beobachtet, meine Untersuchungen geben über 
ihre Entstehung und ihr Verhältniss zum Nucleus des Mutterthieres Aufschluss, worüber Coun 
im Dunkeln blieb. 

Bei meinem Aufenthalte in Berlin hatte ich Gelegenheit, noch ein anderes höchst inter- 


essantes Infusionsthier aus der Familie der Vorticellinen zu studiren, dem ich schon seit langer 


1) A. a. 0. 8.272. 


246 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambiqua u. Glaucoma seint. 


"Zeit nachgestellt hatte. Es war dies das Ophridium versatile Ehbg. '), über welches 
A. v. Franzzıus in neuerer Zeit Beobachtungen veröffentlicht hat ?), die den Angaben Euren- 
BERG’S in sehr wesentlichen Punkten widersprechen. Das Material zu meinen Untersuchungen 
verdanke ich der Güte des Herrn Geheimrath Jo. MÜLLER, der grade eine bedeutende Anzahl 
von grossen Familienstöcken jener Vorticelline erhalten hatte, die für Froschlaich eingesammelt 
worden waren. Das Ophridium versatile bildet bekanntlich bis faust- und selbst kopfgrosse, 
durchsichtige Gallertkugeln, die von unzähligen grüngefärbten, vorticellenartigen Thieren bewohnt 
werden ; die von mir untersuchten Stöcke waren nicht viel grösser, als eine ansehnliche Wallnuss, 
sie trugen aber ungewöhnlich grosse, im ausgestreckten Zustande %”’ lange Thiere (Taf. IV. 
Fig. 2.). Zuerst richtete ich natürlich meine Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen 
den einzelnen Thieren und dem von ihnen gebildeten Gallertstock , hinsichtlich dessen die Beob- 
achtungen von EHRENBERG und von v. FRAntzrus am weitesten auseinandergehen, und ich 
überzeugte mich bald, dass in diesem Punkte v. Frantzıus vollkommen Recht hat. Der Gallert- 
stock ist durchaus nicht aus Zellen zusammengesetzt, in welchen die einzelnen Thiere stecken, 
sondern diese sitzen ganz frei auf der Oberfläche der durch und durch homogenen, geschmolzenem 
Glase ähnlichen und nach aussen von einer etwas consistenteren Schicht begränzten Gallertkugel. 
Schnellt ein Thier heftig zusammen, so drückt: es die Oberfläche der Kugel an der Stelle, wo es 
mit seiner Basis aufsitzt, ein wenig ein, aber in das Innere der Gallertkugel vermag es nicht im 
mindesten einzudringen. Die sehr verengerte, grad abgestutzte Basis des Thieres scheint der Ku- 
geloberfläche einfach aufgewachsen zu sein, bei genauerer Untersuchung unterscheidet man aber 
oft noch einen dünnen, innerhalb der Gallertmasse gelegenen, stielartigen Fortsatz (Fig. 2. h.), 
welchen v. Frantzıus bis fast zur Mitte der Kugel verfolgt haben will?), während EurENBERG 
einen solchen gar nicht erwähnt. Mir schien es immer, als ob der Stiel nach kurzem Verlaufe, 
wobei er sich mehr und mehr verengert, ohne scharfe Gränzen in die Gallertmasse übergehe. Im 
Innern der Gallertkugel sah ich zwar stets unregelmässig durch einander gewundene feine Fäden, 
diese haben aber sicherlich mit den Thieren nichts zu thun, sondern ich kann in ihnen nur parasi- 
tische, wahrscheinlich in die Familie der Leptomiteen gehörige Vegetabilien erkennen, welche 
auch v. Frantzıus in den Gallertstöcken beobachtete *). Mir scheint das Stielrudiment nur ein 
Kunstproduct, ein radialer, nach innen zu sich allmählich verlierender, etwas consistenterer 
Streifen der Gallertkugel zu sein, der durch das Zurückschnellen des Thieres auf die Kugelober- 
fläche verursacht wird. Sässen die Thiere wirklich auf steifen, nach dem Centrum der Gallert- 
kugel zusammenlaufenden Stielen, wie v. Frantzıus angiebt, so bliebe der Ursprung des Gallert- 
stockes, der doch nur ein Absonderungsproduet der Körperbasis sein kann, und der offenbar an- 


statt eines Stielgerüstes ausgeschieden wird, völlig räthselhaft, und bei der Längstheilung der 


1) Die Infusionsthiere S. 293. u. Taf. XXX. Fig. 1. 

2) Analecta ad Ophridii versatilis historiam naturalem. Vratislaviae, MDCCCXLIX. 
3) A. a. O.p. 4. und 5. 

4) Ebendaselbst p. 7. 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 247 


Thiere müsste auch der Stiel getheilt werden, was doch gegen alle Analogie ist. v. FRANTZIUS 
nimmt denn auch in der That eine Längstheilung des Stieles an und lässt den Ursprung des Gal- 
lertstockes unerklärt '). 

Die Thiere (Taf. IV. Fig. 2.) haben einen sehr langgestreckten, fast spindelförmigen 
Körper, der sich hinter der Mitte stetig bis zum Anheftungspunkte auf der Oberfläche des Gallert- 
stockes verengert, nach vorn aber in einen langen walzenförmigen Halstheil ausgezogen ist, wel- 
cher sich am Ende schwach trichterförmig erweitert und ein schmales, ringförmiges, bewimpertes 
Peristom (b.) trägt. Aus dem Peristom ragt ein, ganz wie bei Vorticella, Vaginicola und Epi- 
stylis, gebildetes Wirbelorgan (a.) hervor, dessen Wimpern von denen des Peristoms nicht ver- 
schieden sind. Das Mundende ist weder von EHRENBERG noch von v. FrANTZIUS richtig darge- 
stellt worden; meine Angaben gründen sich nicht bloss auf die Beobachtung lebender Thiere, 
sondern ich traf auch todte Individuen, deren Mundapparat vollständig ausgestreckt geblieben war, 
so dass ich ihn mit aller Musse genau studiren konnte. Die Speiseröhre (ec. c’.), welche EHurEx- 
BERG gar nicht, v. Frantzrus aber etwas zu kurz abgebildet hat, ist ein langer enger Kanal, der 
fast bis zur Mitte des Körpers hinabreicht und in geringer Entfernung vom Munde mit den ge- 
wöhnlichen, drei bis vier Wimpern (c'.) besetzt ist. Neben dem Ende der Speiseröhre liegt die 
contractile Stelle (d.), und durch einen beträchtlichen Theil des Mittelleibes verläuft der sehr 
lange, dünne, strangförmige, verschiedentlich geschlängelte Nucleus (e. e.). Die Körperhaut ist 
mit schr dicht auf einander folgenden , feinen ringförmigen Einschnürungen versehen, ausserdem 
bemerkt man in der Regel auf der Halbansicht des Thieres drei von der Basis bis zur Mitte des 
Körpers sich hinaufziehende Längsfalten (g. g.), die bei der Contraction des Thieres völlig ver- 
schwinden. Unter der Körperhaut folgt eine krystallhelle Rindenschicht, wie bei Paramaecium 
bursaria, und erst in der tiefer gelegenen Leibessubstanz sind zahlreiche Chlorophylikörner (f:) 
eingebettet. Im Zustande mässiger Contraction nimmt das Thier eine sehr zierliche, langhalsig 
flaschenförmige Gestalt (Fig. 3.) an, und auch der Nucleus (e.) zieht sich zu einem viel kür- 
zern und dickern Strang zusammen; bei der stärksten Contraction wird das Thier oval bis fast 
kuglig. Die Theilung, welche immer nur Längstheilung ist, erfolgt ganz wie bei den eigentlichen 
Vorticellen, mit denen die Ophridien in ihrem gesammten Körperbaue aufs vollständigste über- 
einstimmen. Wie diese, bilden die Ophridien, wenn sie ihren Gallertstock verlassen wollen, einen 
hintern Wimperkranz und schwimmen nach der Ablösung, das hintere Ende nach vorn gekehrt, 
umher. Häufig erfolgt aber auch die Ablösung ohne Entwickelung des hintern Wimperkranzes 
und dann bewegen sich die Thiere mit dem vordern Ende voran und meist zur Flaschenform con- 
trahirt vermittelst des ausgestreckten Wirbelorgans. 

Das Ophridium versatile geht, wie so viele Vorticellinen, ganz zuverlässig in einen Aci- 


netenzustand über. Ich entdeckte diese werthvolle Thatsache an einem Gallertstocke, der nur 


1) A. a. ©. p. 10. ‚‚Quae divisio longitudinalis etiam ad filamenta protendi videtur, quanguam dichotomicas 
eorum ramnficationes nunquanı observavi.‘“ — „Frusira autem operam dedi, ut massae gelatinosae originem eruerem; 
nee unguam mihi contigit, singularem quandam corporis partem invenüre, per quam secernatur.‘““ 


248 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma scint. 


noch von sehr wenigen Thieren, die sich sämmtlich zur Ablösung anschickten, bewohnt wurde. 
Dieser Gallertstock wurde von ovalen, planconvexen, allseitig geschlossenen i ruhenden Körpern 
(Taf. IV. Fig. 4.) bedeckt, welche mit der abgeplatteten Seite der Kugeloberfläche aufsassen. 
Sie glichen stark contrahirten und ganz platt niedergedrückten Ophridien, nur war keine Spur 
von Peristom, Wirbelorgan und Speiseröhre mehr aufzufinden, der Nucleus (e.) hatte sich in 
einen abgerundet dreieckigen oder einfach scheibenförmigen Körper zusammengezogen. Im In- 
nern des ruhenden Körpers lagen die unveränderten Chlorophylikörner (2.) sehr dicht gedrängt 
bei einander, nach aussen folgte eine krystallbelle Schicht (a.), die nur der Rindenschicht und 
Haut der Ophridien zu entsprechen schien. Auf demselben Stocke fand sich neben diesen Kör- 
pern eine nicht unbedeutende Anzahl anderer (Fig. 5.), von derselben Grösse und Form, welche 
auf der ganzen Oberfläche mit geschlängelten, bewegungslosen, fingerförmigen Tentakeln (d. d.) 
besetzt waren. Sie enthielten einen ovalen Nucleus (e.), ihre Leibessubstanz war feinkörniger und 
schmutzig gelbbraun gefärbt, und nur hie und da zeigten sich noch vereinzelte, theils unverän- 
derte, theils im Zerfallen begriffene Chlorophyllkörner (b.). Offenbar sind dies die entwickelten 
Acinetenzustände des Ophrid. versatile, die sehr an die $S. 228. beschriebene, gefingerte Acinete 
erinnern. Etwas Weiteres habe ich nicht ermitteln können, da ich auch diese Beobachtungen 
wegen meiner Abreise von Berlin abbrechen musste. 
In dem oben erwähnten Tümpel bei Tharand, der mir im Frühjahr 1852 so zahllose In- 

dividuen des Param. bursaria geliefert hatte, beobachtete ich gleichzeitig in ziemlicher Menge 
ein zierliches, etwas vor der Mitte des Körpers mit einem vorstehenden Schlundtrichter versehenes 
Infusionsthier (Taf. VI. Fig. 42.), welches sowohl mit der Nassula aurea, als auch mit dem O’i- 
lodon ornatus und Ch. aureus nahe verwandt ist. Ob die drei eben genannten Arten EHRENBERG’S 
wirklich von einander verschieden sind, oder ob sie nicht vielmehr nur verschiedene Entwicke- 
lungsstufen einer und derselben Art darstellen, lasse ich dahingestellt, da ich sie noch nicht 
selbst zu beobachten Gelegenheit hatte. Jedenfalls ist meine Art von ihnen durch die Beschaffen- 
heit des Schlundtrichters verschieden, vorausgesetzt, dass Eur£exBerg’s Abbildungen des Schlund- 
trichters von Nassula aurea und von Chilodon ornatus und aureus völlig naturgetreu sind. Ich 
ziehe meine Art, die in Form, Grösse und im innern Bau dem Chrilodon ornatus ') besonders nahe 
steht, wegen ihres walzenförmigen, vorn und hinten abgerundeten Körpers zur Gattung Nassula 
und nicht zur Gattung Chilodon, welche nach meiner Ansicht nur auf die plattgedrückten Formen 
mit scharf von einander geschiedener Rücken - und Bauchseite und mit einem zum Tasten be- 
stimmten lippenartigen Fortsatze zu beschränken ist. Diese Nassula mag N. ambigua heissen; 
sie hat einen fast ovalen, nur sehr kurz walzenförmigen, vorn und hinten gleichförmig abgerun- 
deten Körper, der nicht ganz noch einmal so lang als breit ist. Er ist auf der ganzen Oberfläche 
mit regelmässig in Längsreihen angeordneten Wimpern bedeckt, die in der Abbildung nur am 
Rande angegeben sind. Der drehrunde, vor der grad abgestutzten, ganzrandigen Mündung 
schwach keulenförmig erweiterte, ganz starre Schlundtrichter (Fig. 42. a. 44. c.), der sich sehr 


I) EHRENBERG, die Infusionsthiere $. 338. und Taf. XXXVI. Fig. IX. 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma scint. _ 249 


leicht vollständig isolirt darstellen lässt, zeigte keine Spur einer Zusammensetzung; er hat sehr 
dicke, von doppelten Contourlinien begränzte , homogene, farblose pergamentartige, Wandungen 
und ragt nur mit seiner keulenförmig erweiterten Hälfte frei nach aussen hervor. Neben dem 
Grunde des Schlundtrichters liegt die contractile Stelle (Fig. 42. c.), welche beim Verschwinden 
und beim Wiedererscheinen Rosettenform (Fig. 44. d.) annimmt, grade wie die ganz eben so ge- 
lagerte contractile Stelle von C’hilodon ornatus. Der gewöhnlich in der hintern Körperhälfte ge- 
legene Nucleus (Fig. 42. 5. 44. e.) ist oval bis fast rundlich,, wie der von Ch. ornatus, und aus 
einer opaken, gleichförmigen Körnermasse zusammengesetzt, die von einer zarten Membran .um- 
schlossen wird. Der Leibesinhalt ist ursprünglich ganz farblos, bei den meisten Individuen ist er 
aber von den aufgelösten Nahrungsstoffen mehr oder weniger tief rostgelb gefärbt, ähnlich wie 
bei CR. ornatus. Die Nahrung der Thiere besteht nämlich in Oscillatorien (Fig. 42. d. d.), von 
denen oft so lange Fäden verschluckt werden, dass der Körper widernatürlich verlängert und aus 
einander gespreizt wird. Bei der Verdauung zerfallen die Oscillatorien in ihre scheibenförmigen 
Glieder, diese nehmen zuerst eine spangrüne, später eine schmutzigblaue, und zuletzt eine rost- 
braune Farbe an, und endlich lösen sie sich in eine sehr fein zertheilte Masse auf, die den Kör- 
perinhalt gleichförmig rostgelb färbt: Die röthlichblau gefärbten Oscillatorienfragmente hat Er- 
RENBERG bei Nassula, Chilodon und andern von Oscillatorien lebenden Infusionsthieren für ein 
eigenes Organsystem ausgegeben, welches einen der Verdauung dienenden Saft absondere '). 

Die Nassula ambigua war meistens Yo” lang und "/s5”” breit, ihr Nucleus maass 46” 
und eben so lang war auch der Schlundtrichter. Häufig traf ich sie in dickwandigen,, durchsich- 
tigen, ziemlich resistenten, kugelförmigen Cysten (Fig. 43. a.) eingeschlossen, welche Yo — 2" 
im Durchmesser hielten. Das eingeschlossene Thier (2.) füllte die Cyste vollständig aus, nur an 
einer Stelle war es häufig von der Cystenwand etwas zurückgewichen und hier zeigte es eine 
grubenförmige Einstülpung (e.). Der Schlundtrichter (e.) leuchtete stets sehr scharf durch die 
Cystenwandungen hindurch, und der Nucleus (d.) war meist ohne Anwendung von Essigsäure 
zu unterscheiden. Die Oberfläche des Körpers schien ganz nackt zu sein, sprengte ich jedoch die 
Cyste (Fig. 44. a.), so richtete sich sogleich das noch völlig erhaltene Wimperkleid an dem her- 
vorquellenden Thiere (5.) in die Höhe, und nachdem sich die gewöhnliche Körpergestalt wieder 
hergestellt hatte, schwamm das Thier munter davon. Die Cystenwandungen sind noch dadurch 
ausgezeichnet, dass sie sehr regelmässig und zierlich reihig punktirt erscheinen (Fig. 44. @.); ich 
vermuthe dass diese Punktreihen ein Abdruck von der Bewimperung des eingeschlossenen Thieres 
sind. Wahrscheinlich erzeugt die encystirte Nassula, ohne weitere Veränderungen zu erleiden, 
Schwärmsprösslinge, wie der nahe verwandte C’hilodon cucullulus, der wohl ebenfalls seinen 
Schlundtrichter und seine vollständige Bewimperung mit in den Cystenzustand hinübernehmen 
wird, was ich oben (S. 132.) zweifelhaft lassen musste. 

Schliesslich muss ich noch eines von Dr. AuErBAcH beobachteten Cystenzustandes ge- 


denken, den Corn in seiner Abhandlung über den Eneystirungsprozess der Infusorien zur Sprache 


1) Die Infusionsthiere S. 339. 


Stein, Infusorien. N h 32 


250 Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaucoma seint. 


gebracht hat '). Die von Coun beschriebenen Cysten waren sehr klein, oval und enthielten stets 
zwei Thiere, die eine ähnliche Gestalt hatten wie Chilod. uncinatus. Comn leitet deshalb die 
Cysten von Chel. uneinatus ab und nimmt an, dass von diesem Thiere sich stets, wie bei den Gre- 
garinen, zwei Individuen zusammen encystirten. Ich kann Coun in beiden Punkten nicht bei- 
treten; denn ich hatte Gelegenheit im Juni 1852 dieselben Cysten auf verschiedenen Entwicke- 
lungsstufen und in bedeutender Anzahl zu beobachten, sie fanden sich gleichzeitig mit @lau- 
eomascintillans Ehbg. und stammen höchst wahrscheinlich von diesem Infusionsthiere ab. 
Das überall verbreitete und gemeine Glaue. seintillans (Taf. VI. Fig. 45. 46.) hat bekanntlich 
cinen ovalen, etwas plattgedrückten Körper, der auf der ganzen Oberfläche mit gleichlangen, in 
Längsreihen stehenden Wimpern besetzt ist. Auf der Bauchseite befindet sich zu Ende des ersten 
Viertels die Mundöffnung (Fig. 45. @.), ein ovaler, in der Längsrichtung des Körpers liegender 
Spalt, welcher von einem frei nach aussen vorspringenden,, morphologisch dem Schlundtrichter 
von Chtlodon und Nassula entsprechenden Hautsaum eingefasst wird. Dieser Hautsaum besteht, 
wie man am besten an mit Jod getödteten Thieren (Fig. 46.) sieht, aus zwei gegenüberliegenden, 
von vorn nach hinten zu niedriger werdenden und an beiden Enden in einander übergehenden 
Klappen (a. und «’.), von denen die rechte (a.) beträchtlich höher ist, als die linke («’.), welche 
meist nur als ein aufgeworfener Rand erscheint. Sie fahren im Leben unaufhörlich und mit 
grosser Schnelligkeit zusammen und wieder auseinander; am deutlichsten tritt natürlich die Be- 
wegung an der entwickeltern rechten Klappe hervor, daher auch EHRENBERG nur von einer zit- 
ternden Klappe spricht, die ihm ein halbovales, rüssel- oder zungenartiges Blättchen mit vorderem 
steifen Rande zu sein scheint ?). Hinter der Mitte des Körpers liegt der runde, scheibenförmige, 
ganz homogene Nucleus (Fig. 15. 46. 5.) und noch weiter nach hinten die contractile Stelle (e.), 
welche in der Regel bis zum völligen Verschwinden rund bleibt. Nur selten sah ich sie im Ver- 
schwinden etwas rosettenartig, aber nie so stark und spitzstrahlig werden, wie es EHRENBERG 
a. a. O. in Fig. V. 1. 2. abbildet. In der Infusion, von der hier die Rede ist, schwankte die Kör- 
perlänge der Glaucomen zwischen Y— Ya”. 

Die Cysten (Fig. 47—53.), welche ich gleichzeitig mit den Glaucomen beobachtete, 
hatten sehr durchsichtige weiche, gallertartige Wandungen (Fig. 47. a.) und differirten beträcht- 
lich in der Grösse; ihre Länge schwankte zwischen Y;—Y4s””. Die einen enthielten einen ein- 
fachen Körper, auf dessen Oberfläche ich mehrmals noch sehr deutlich die Längsreihen von Wim- 
pern erkannte (Fig. 47.); gewöhnlich aber erschien der Körper ganz glatt (Fig. 48. 49.). Inner- 
halb des Körpers zeigte sich ein Nucleus (Fig. 47. b.) und eine contractile Stelle (e.), die genau 
dieselbe Form und Lage, wie bei Glaucoma seintillans hatten. Die contractile Stelle war bisweilen 
bisquitförmig (Fig. 49. c.), was eine Vorbereitung zur Quertheilung des encystirten Thieres zu 
sein schien, die ich durch alle Stadien verfolgt habe (Fig. 50. 51.). Bei der Quertheilung rückt 
der Nucleus in die Mitte des Körpers und nimmt ein ovale Gestalt an, die Theilungsfurche geht 


1) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie Band IV. S. 269. und Taf. XII. Fig. 12 und 13. 
2) Die Infusionsthiere S. 335. und Taf. XXXVI. Fig. V. 


e‘ 


£ 


Ueber Param. bursaria, Ophridium versatile, Nassula ambigua u. Glaueoma seint. ‘ 251 


dann quer durch den Nucleus (Fig. 50. .) und sondert das Thier in zwei halbkuglige Segmente, 
von denen jedes bereits mit einer contractilen Stelle (e. c’‘.) versehen ist. Nach vollendeter Thei- 
lung (Fig. 51.) liegt in der Mitte jedes Theilungssprösslings ein besonderer Nucleus (d. 5.) und 
hinter demselben eine contractile Stelle (e. c’‘.), und von den beiden an die ursprüngliche Thei- 
lungsfurche gränzenden Ecken zieht sich an dem einen Individuum die linke, an dem andern die 
rechte in ein Läppchen aus, welches das vordere Ende jedes Theilungssprösslings bezeichnet. Zu- 
letzt verschieben sich die beiden Theilungssprösslinge (Fig. 52. a. b. und Fig. 53.) so gegen ein- 
ander, als wäre die Theilung in schiefer diagonaler Richtung erfolgt, die einander berührenden 
Ränder sind etwas wulstig nach aufwärts umgeschlagen und so entsteht eine Körperform, die 
allerdings an Chilodon erinnert. Da Conn nur die in Fig. 52. und 53. abgebildeten Cystenzu- 
stände kannte, so lag es sehr nahe, dieselben von Chilodon abzuleiten. Stammten sie wirklich 
von dieser Infusoriengattung ab, so müssten wenigstens zwei diagonal gegenüberliegende contrac- 
tile Stellen in einem Theilungssprössling vorhanden sein, auch dürfte der Nucleus nicht constant 


homogen sein, sondern er müsste wenigstens eben so oft eine innere Höhlung mit einem Nucleolus 


‚zeigen (vergl. S. 129—30.), was beides nicht der Fall ist. Mehr als zwei Thiere beobachtete ich 


in keiner Cyste; beide lagen stets regungslos neben einander. 


32” 


Erklärung der Abbildungen. 


Sänmmtliche Figuren sind nach einer 300-maligen Linearvergrösserung gezeichnet, mit Ausnahme einiger 


weniger, bei denen die Vergrösserung besonders bemerkt ist. Der Nucleus ist an lebenden "hieren nicht immer 
so deutlich, wie ihn die Abbildungen zeigen; sondern man muss meistens die Thiere erst tödten, um ihn so scharf 
und bestimmt zu sehen. \ 


Parale 


Fig. 1-5. Zur Entwickelungsgeschichte von Epistylis plicatilis Ehbg. Vergl. $. 11 —13. und 


Fig. 1. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 


S. 95—97. 

Ein mit Acineten besetzter Familienstock, dessen Aeste i. nach oben hin nur theilweis ausgeführt sind. 4. 
Ein ausgestrecktes, nach Nahrung wirbelndes Epistylisthier; a. das Wirbelorgan;; b. die contractile Stelle; 
e. das Peristom;; d. die Speiseröhre; e. der Nucleus; f. die Nahrungsballen. 2. Ein mässig contrahirtes 
Epistylisthier; a’. das eingezogene Wirbelorgan; . die contractile Stelle; e. der Nucleus; g. ein dichter 
Haufen von Fettkörnchen, der wahrscheinlich das Material zur Verlängerung der Stockäste liefert. €. Ein 
stark contrahirtes Epistylisthier, das im Begriff ist den Stock zu verlassen, und welches zu dem Ende den 
hintern Wimperkranz A. entwickelt hat. D. D. D. Drei entwickelte, aus der Umwandlung von Epistylis- 
thieren hervorgegangene Acinetenzustände; b. die contractile Stelle; e. der Nucleus; %. Stiel der Acineten; 
m. die Tentakelbüschel. Z. Eine unentwickelte, glatte, tentakellose Acinete. 


- Ein kleiner Abschnitt eines andern Epistylisstockes a. a., welcher mit zwei unentwickelten Acineten 4. 


und 2.und einer entwickelten, aber stark contrahirten Acinete (©. besetzt ist; 5. 5. Stiel der Acineten; 
d. eine contractile Stelle; ec. der Nucleus. k 


. Ein stark contrahirtes Epistylisthier, welches sich vor Kurzem, wie der noch vorhandene hintere Wimper- 


kranz c. lehrt, von seinem Stocke gelöst, und sich bald darauf durch Ausscheidung eines kurzen Stieles d. 
wieder fixirt hat, um sich zu encystiren; a. eingezogenes Wirbelorgan ; d. Nucleus. 


. Ein auf einem etwas längern Stiele b. sitzendes Thier, was sich bereits mit einer dünnen Gallertschicht a. 


umgeben hat. 


. 5. Ein eben so lang gestieltes Thier, von einer entwickelten Cyste a. umschlossen. 


6—5. Diediademartige Acinete. Vergl. S. 71—73. a. Stiel der Acinete; D. b. perlartige, wasserhelle 


Hohlräume; ce. c. ausgestreckte Tentakeln; d. d. zusammengezogene Tentakeln; e. der Schwärmsprössling 
der Acinete, welcher in Fig. 6. durch einen spaltförmigen Riss f. des Acinetenkörpers nach aussen hervor- 
bricht, in Fig. $. aber noch in einer Aushöhlung 4. des Leibesinhalts der Acinete eingeschlossen liegt; 
9- 9. der bandförmige Nucleus der Acinete; :. i. Hülle des Acinetenkörpers. 


. Ein Cystenzustand von Vorticellanebulifera Ehbg., der lebendige Brut enthielt. Vergl. S. 59. 


a. die Oyste mit einem Risse a’., durch welchen die die lebendige Brut enthaltende Gallertkugel e. hervor- 
trat; b. der halbverweste Vorticellenstiel. 


10—12. Zur Entwickelungsgeschichte von Epistylis branchiophila Perty. Vergl. S. 123—26. 
10. Ein Familienstock e. e. e. dieser Art, auf welchem sich drei Acineten angesiedelt haben, von welchen es 


jedoch noch zweifelhaft ist, ob sie von Epist. branchiophila abstammen. 4. B. Zwei vollständig ausge- 


n 


Fig. 


Fig. 


Fig. 1 


Fig. 


Erklärung der Abbildungen. 253 


streckte Epistylisthiere; a. das Wirbelorgan ; 5. die Speiseröhre; c. die contractile Stelle; d. der Nucleus. 
C. Ein contrahirtes Epistylisthier; «’. das eingezogene Wirbelorgan; A. eine Knospe. D..Eine unent- 
wickelte, tentakellose Acinete. Z. E. Zwei entwickelte Acineten; a. Stiel, b. ‚Nucleus, c. contractile 
Stelle, d. Tentakeln der Acinete. . » 
11. Ein von nur zwei Individuen gebildeter ee das eine Individuum A. ist noch ganz frei und 
wirbelt nach Nahrung, das andere 2. ist in der Cystenbildung begriffen ; a. die noch nicht vollendete Cyste; 
ee das eingeschlossene, contrahirte Epistylisthier. 
. Ein vollständig entwickelter, vom Stocke abgefallener Cystenzustand; «. die achtkantige Cyste; 5. das in 
eine geschlossene Blase (Mutterblase) umgewandelte Epistylisthier. 


.13—22. Zur Entwickelungsgeschichte von Vaginicola erystallina Ehbg. Vergl. S. 35—42. 


ds 64-71. 


. 13. Ein mit Essigsäure behandeltes kleines Exemplar von Yag. erystallina; a. die kurzgestielte Hülse; d. das 


contrahirte Thier; e. dessen Nucleus. 


. 14. Ein von kleinen Exemplaren der Vag. erystallina abstammender Acinetenzustand (die ee mystaecina 


Ehbg.); a. die Hülse; 5. der Acinetenkörper; c. die contractile Stelle; d. der Nucleus; e. eine dünne Gal- 
lertschicht, welche den Acinetenkörper umgiebt und ihn in der Hülse aufgehängt erhält; f. die vom Aci- 
netenkörper ausstrahlenden Tentakeln. 


. 15. Eine kleine Vaginicolenacinete, welche dem Beobachter den Scheitel zukehrt; «a. a. die Abschnitte des 


dachförmigen Verschlusses der Hülse ; d. der Acinetenkörper; f. f. die durch die Spalten des dachförmigen 
Verschlusses hervortretenden Tentakeln des Acinetenkörpers. 


. 16. Eine kleine Vaginicolenacinete mit zwei Gallerttaschen g. g., von denen die eine einen unentwickelten 


Schwärmsprössling i., die andere einen entwickeltern %. enthält; die übrigen Buchstaben haben die Bedeu- 
A wie in Fig. 14. 

. Eine von sehr grossen niert der Vaginieola erystallina abstammende Acinete; a. die Hülse; d. der 
ee: ; e. die contractile Stelle; d. der Nuleus; e. e. die den Acinetenkörper umgebende Gallert- 
schicht ; f. die Tentakeln; g. Gallerttasche mit einem Schwärmsprösslinge A. 


. 18. Eine grosse Va@inicolenacinete, von der aber nur der vordere T'heil der Hülse abgebildet ist, mit einem 


sehr kleinen Acinetenkörper 5. und einer Sprösslingstasche g. 


. 19. Der vordere Theil einer sehr grossen Vaginicolenacinete mit fünf Sprösslingstaschen g. g., welche theils 


unentwickelte z. i., theils entwickelte Schwärmsprösslinge A. r. umschliessen. Der Nucleus c. der Acinete 
hat sich sehr Verlängert und schickt sich zur Quertheilung an. 


. 20. Vorderes Ende einer grossen Vaginicolenacinete; a. Hülse; 5. der tentakellose Acinetenkörper mit zwei 


Blinddärmchen 5’. d’., dessen Inhalt sich in sechs zellenartige Körper c. ec. umgebildet hat. 


ig. 21. Eine 450mal vergrösserte, etwas comprimirte Gallerttasche a. a. von der Vaginicolenacinete Fig. 19. mit 


. dem Schwärmsprössling 5., an dem eine wimpernde Furche e. und eine contractile Stelle d. zu unter 
“ scheiden ist. 
92. Ein eben solcher Schwärmsprössling in einer etwas andern Lage; a. ein bewimperter, einem eingezogenen 
Wirbelorgan ähnelnder Lappen; d. Furche (Speiseröhre?) ; ce. contractile Stelle. 


Taf. II. 


19. Zur Entwickelungsgeschichte der Opereularia articulata Ehbg. Vergl. S. 109—123. 
. Ein dreigliedriger, von einer ganz alten Operculariengeneration gebildeter Stock, an dem nur ein Indivi- 
duum-ausgeführt ist; a. die Scheibe; 5. der Stiel des Wirbelorgans; ce. die manschettenartige Unterlippe; 
d. der Rachen; e. e. die Speiseröhre mit drei Wimpern am Eingange; e’. die mittlere Bahn, welche die 
Nahrungsstoffe durch die Leibessubstanz beschreiben; f. die contractile Stelle; g. die vordere Hälfte des 
Nucleus; A. Nahrungsballen; z. diehter Haufen von Fettkörnchen; A. das im Stich zu dunkel ausgefallene 
Stielgerüst. } : 

2. Eine entwickelte Acinetenform der Opere. articulata, welche von einer der ältesten Operculariengene- 
rationen abstammt; a. der Stiel der Acinete; a’. die Stielerweiterung;; 5. der Acinetenkörper; 5’. b’. die 
Hülle des Acinetenkörpers; e. e. die Tentakeln; d. d. wasserhelle Hohlräume; e. diehte Gruppe von Fett- 
körnchen, der Gruppe ?. in Fig. 1. entsprechend; f. der dendritisch verästelte Nucleus. 


. 3. Eine ähnliche Opereularienacinete, in deren Innerem sich eine abgeschnürte Nucleusportion zum Schwärm- 


sprössling g. entwickelt hat. Die Buchstaben haben sonst dieselbe Bedeutung, wie in Fig. 2 


” 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Erklärung der Abbildungen. 


. 4. Eine unentwickelte, von einer viel jüngern Operculariengeneration abstammende Acinete mit einem noch 


unverästelten Nucleus d. 


.5. Eine ebenfalls unentwickelte, aber von einer ältern Operculariengeneration abstammende Acinete, deren 


Nucleus d. auch noch einfach ist. 


. 6. Eine entwickelte, von einer sehr jungen Operculariengeneration abstammende Acinete mit bereits ver- 


ästeltem Nucleus ce. 

. Einige Stockäste von einer mittelgrossen Opereulariengeneration. A. Ein ausgestrecktes Thier; a. das Wir- 
belorgan; b. die Rachenhöhle; d. der Nucleus. 2. Ein mässig contrahirtes Thier, das sich zur Ablösung 
vom Stocke anschickt; a’. das eingezogene Wirbelorgan; e. der hintere Wimperkranz. ('. Ein eben solches, 
stark auf den Stiel zurückgezogenes Thier; e. e. die Aeste des Stielgerüstes. 


1 


. 8. Der Anfang zu einem Stocke von einer noch jüngern Operculariengeneration 
g. 9. Ein stark comprimirter Schwärmsprössling aus einer grossen Opereularienacinete, der sich auf der Ober- 


fläche deutlich bewimpert zeigt. 


. 10. Ein Familienstock von Opercularia berberina m. Vergl. S. 99—103. A. A. Zwei ausge- 


streckte, nach Nahrung wirbelnde Thiere; a. das Wirbelorgan; 5. die manschettenartige Unterlippe; e. die 
Rachenhöhle; d. die Speiseröhre ; d’. und d”. die Bahnen, welche die Nahrungsmittel in der Leibessubstanz 
beschreiben; e. Wimpern in der Speiseröhre; f. die contractile Stelle; g. der Nucleus; :. die Stelle, wo un- 
verdauliche Stoffe aus der Leibessubstanz in den Rachen zurücktreten. 2. und 2’. Contrahirte Thiere, 
welche sich auf ihren Stielen rücküber werfen; a. das eingezogene Wirbelorgan; g. der Nucleus. C. Ein 
eontrahirtes Thier, welches im Begriffe ist, sich vom Stocke abzulösen; a. der eichelartige Vorderleib; 
b. der napfförmige Hinterleib; e. der hintere Wimperkranz. D. Ein in der Längstheilung begriffenes Indi- 
viduum; g. der verlängerte, quergelagerte Nucleus; m. m. das Stielgerüst. 


.11—22. Zur Naturgeschichte der Acinete mit dem zungenförmigen Fortsatze, welche als 


Acinetenform der Opercularia berberina , in deren Gesellschaft sie in der Regel vorkommt, zu deuten ver- 
sucht wurde. S. 103—109. 


g. 11. Eine sehr grosse Acinete; a. der Stiel der Acinete; . 5. scheidenartige Hülle des Acinetenkörpers; c. der 


eigentliche Acinetenkörper ; ce’. zungenförmiger Fortsatz desselben; d. d. die Tentakelbüschel; e. der Nu- 
eleus ; f. Oeltropfen ; g. der vordere, g’. der hintere Mündungssaum der scheidenartigen Hülle; A. bezeichnet 
die Stelle, bis zu welcher der Acinetenkörper mit der scheidenartigen Hülle verwachsen ist; ?. i. contractile 
Stellen des zungenförmigen Fortsatzes. 

12. Eine ähnliche Acinete, aus welcher sich eben ein Schwärmsprössling hervorarbeitet; a. Stiel der Acinete; 
b. b. scheidenartige Hülle; ce. Acinetenkörper; c’. zungenförmiger Fortsatz; ‚f. Nucleus; g. bezeichnet den 
Weg, welchen der Schwärmsprössling durch die Leibessubstanz des Acinetenkörpers zurücklegte; A. der in 
der Geburt stehende, noch trichterförmig zusammengerollte Schwärmsprössling. 


. 13. Der ausgeschwärmte, frei umherschwimmende Acinetensprössling; a. Nucleus desselben; 5. db. contrac- 


tile Stellen. 


g. 14. Eine stark contrahirte Acinete; a. a‘. a’. der in die Mündung der scheidenartigen Hülle zurückgezogene 


zungenförmige Fortsatz; b. b. der hervorragende Theil, 5’. 5’. der in den Acinetenkörper zurückgezogene 
Theil der contrahirten Tentakeln; ce. e. und d. d. zwei tiefe quere Einschnürungen des Acinetenkörpers und 
seiner Hülle; e. der Nucleus; ‚f. Schwärmsprössling, Ah. Höhlung, in der er liegt; g. die zwei contractilen 
Stellen des Schwärmsprösslings. 


. 15. Eine andere grosse Acinete im contrahirten Zustande; a. Mündung der scheidenartigen Hülle; d. der frei 


in die Mündung hineinragende Theil der contrahirten Tentakelbüschel; e. contractile Stelle des zurückge- 
zogenen zungenförmigen Fortsatzes; d. d. eine quere Einschnürung des Acinetenkörpers; e. Oeltropfen ; 
f. der Nucleus; g. der Schwärmsprössling, &. Höhlung, in der er liegt, A. seine contractilen Stellen. 


. 16. Eine mehrmals unter dem Deckglase hin und hergerollte Acinete; a. a. die scheidenartige Hülle; 2. d. der 


eigentliche Acinetenkörper; ce. der Nucleus; d. der Schwärmsprössling. 
17. Eine leere Acinetenhülle, von der schmalen Seite gesehen; a. a. die freien Ränder des Mündungssaumes; 
db. b. Bacillarien, die oft die leeren Hüllen dicht gedrängt erfüllen. 


. 18. Eine jüngere Generation von Acineten, ebenfalls mit einer queren Einschnürung; a. a. der nicht ganz aus- 


gestülpte zungenförmige Fortsatz. 
19. Eine der jüngsten Acinetengenerationen von der breiten Seite gesehen, mit ovalem Nucleus. 


. 20. Dieselbe mehr von der schmalen Seite gesehen. 


Fig 


Erklärung der Abbildungen. 255 


. 21. Eine mit Essigsäure behandelte Acinete; a. a. die seitlichen Lappen, ce. der mittlere Lappen des zurück- 
gezogenen zungenförmigen Fortsatzes; b. b..der vorragende, ’. b’. der in den Acinetenkörper zurückge- 
zogene, ungewöhnlich lange Theil der Tentakeln ; d. der Nucleus, dessen vordere ‚ sehr verbreiterte Hälfte 
sich wahrscheinlich zu einem Schwärmsprössling entwickelt. 

. 22. Ein aus der Acinete hervorgequetschter Nucleus «., mit einer contractilen Stelle d. im vordern dickern 
Ende; c. Inhalt des Acinetenkörpers. 


.23. Ein sehr junges Individuum von Vaginicolacrystallina inder Hülsenbildung be- 
griffen. Vergl. S. 37. a. die Hülse; 5. das Peristom des Thieres; c. das Wirbelorgan (die Wimpern sind 
im Stich etwas zu lang ausgefallen) ; d. der Nucleus. 


.24. Dasvordere Ende einer sehr grossen Operculariaarticulata. Vergl. S. 113—115. a. die 
faltige Haut der Rachenhöhle; 5. der Stiel des Wirbelorgans, welcher kein Muskel ist, da man in ihm, 
wenn er sich ausstreckt, feine Körnchen aufwärts strömen sieht, was der Pfeil andeuten soll ; e. die Scheibe 
des Wirbelorgans; d. die unterlippenartige Fortsetzung der Rachenhöhlenhaut; e. e. zwei räthselhafte, 


nierenförmige Körper. 
TarollT. 


. 1-31. Zur Entwickelungsgeschichte von Oolpoda cucullus Ehdg. Vergl. S. 15—25. 
. 1. Eins der grössern Individuen, wie sie nur bei meiner ersten Beobachtungsreihe vorkamen; a. die bewim- 
perte Oberlippe; d. der Mund; ce. verschluckte Nahrungsstoffe; d. contractile Stelle. 

2—5. Die am häufigsten in den Infusionen vorkommenden grössern Formen; 5. Mund; d. contractile Stelle. 
4. Ein Individuum von der Rückseite gesehen. 

. 6. und 7. Zwei Individuen mit der sogenannten Zunge c. r 
$. Ein eben solches Individuum mit Alkohol behandelt; «a. die bewimperte Oberlippe ; d. der Mund; ce. die in 
ein Wimperbüschel zerfallene, sogenannte Zunge; e. Wimpern am hintern Bauchrande, die ohne Reagentien 
nicht sichtbar sind; f. der Nucleus. 

. 9. Sehr junge Colpoden. 


ig. 10. Eine kuglig contrahirte, in der Richtung der Curve e. sich umherwälzende Colpode; a. die eingezogene 


Oberlippe; b. die contractile Stelle. 
. 11. Eine ruhende, kuglig contrahirte ältere Colpode. 


. 12. Eine Jüngere, ebenfalls kuglig contrahirte, ruhende Colpode, mit der Andeutung einer Theilungsfurche a. 


im Aequator. 
. 13. Zwei noch zusammenhängende, sich am Rande stark contrahirende und langsam im Kreise umherwälzende 


Theilungssprösslinge; b. b. die contractilen Stellen derselben. 


ig. 14. Vier, nach den Ecken eines Tetraders gruppirte, mit einander zusammenhängende Theilungssprösslinge, 


die sich ebenfalls langsam im Kreise drehen. 
. 15—29. Cystenzustände alter und junger Colpoden. . 


ig. 15. Eine grosse Cyste mit einer contrahirten Colpode, welche entweder ruht, oder sich langsam in der Oyste 


hin und herschiebt. 
. 16. Eine grosse Cyste mit zwei ruhenden Theilungssprösslingen. 
. 17. Ein eben solcher Cystenzustand, der von einer viel jüngern Colpode abstammt. 
. 18. Eine Cyste, deren beide Theilungssprösslinge wieder beweglich geworden sind und sich munter um- 


herjagen. 


ig. 19. Eine mit Alkohol behandelte Cyste mit tetraedrisch gruppirten ruhenden Theilungssprösslingen; a. der 


Nucleus, d. die contractile Stelle der Sprösslinge. y 

. 20. Eine Cyste mit vier kreuzweis gruppirten, ruhenden Theilungssprösslingen. 

. 21. Eine ähnliche Cyste mit Alkohol behandelt, wodurch der Nucleus a. a. der Sprösslinge sichtbar wird. 

. 22. Eine Cyste mit vier sich umherwälzenden Theilungssprösslingen. 

. 23. Eine ähnliche, noch sehr weiche Cyste, die durch das Andrängen der vier sehr muntern Theilungspröss- 
linge vorübergehend eckig wird und bucklige Auftreibungen bekommt. 

. 24. Eine ähnliche Oyste, welche eine Oefinung bekommen hat, durch welche so eben ein Theilungsspröss- 
ling a. auschlüpft - r 

. 25. Eine grosse Oyste mit zwei aneinandergedrückten, ruhenden und zwei sich lebhaft umherwälzenden 'Thei- 


lungssprösslingen. 


7 


&- 


256 Erklärung der Abbildungen. 

Fig. 26. Eine sehr kleine y ste mit vier ruhenden Theilungssprösslingen. 

Fig. 27. Eine Cyste mit vier Tochtereysten. ze 

Fig. 28. Eine Cyste mit acht Theilungssprösslingen. 

Fig. 29. Eine Cyste mit acht Tochtereysten. 

Fig. 30. Eine von selbst geplatzte Cyste, aus welcher die Tochtereysten hervortreten. 

Fig. 31. a. Frei umherschwimmende, von sehr verschieden grossen Colpoden abstammende Tochtereysten ; 5. zwei 
dergleichen Cysten, aus denen der eingeschlossene Körper hervorgequetscht ist; ce. leere, 450mal ver- 
grösserte Tochtercysten, die haufenweise an der Oberfläche der Infusion umhertreiben. - 

Fig. 32-34. Die von Vorticella nebulifera abstammenden Acinetenformen der Wasserlin- 
sen. Vergl. S. 59—64. und S. 146. . 

Fig. 32. Die Form mit zwei Tentakelbüscheln. a. Stiel der Acinete; a’. Erweiterung der Stielhöhle in die Hülle 
b. b. des Acinetenkörpers e.; d. die Tentakelbüschel; e. Nucleus der Acinete, e’. Fortsatz desselben zur 
Schwärmsprösslingsanlage f.; g. g: contractile Stellen. 2 

Fig. 33. Eine ebensolehe Acinete. a. der Stiel, 5. b. die Hülle des Acinetenkörpers e.; e. der Nucleus; ” reifer 
Schwärmsprössling, A. Höhlung, in welcher derselbe liegt. ; 

Fig. 34. Die Form mit rundem, am ganzen Rande Tentakeln tragenden Körper; a. der Stiel; b. b. die Körperhülle;; 
e. der Nucleus. 

Fig. 35—37. Zur Entwickelungsgeschichte von Cotkurniamaritima Ehbg. Vergl. S. 223—24. 

Fig. 35: Eine gewöhnliche Cothurnie; a. Hülsenstiel; 5: Hülse; e. das Thier. 

Fig. 36. Acinetenzustand dieser Cothurnie (?); d. gestielte Hülse ; e. der Acinetenkörper; d. der Nucleus; e. die 
contractile Stelle. 

Fig. 37. Eine Cothurnie, in deren Hülse b. ein stark contrahirter, anscheinend völlig geschlossener Thierkörper e. 
sitzt, der um sich eine Gallertschicht d. abgesondert hat. 

Fig. 35 —44. Zur Naturgeschichte derauf Cyelops quadricornis lebenden Acinetenund Vor- 
ticellinen. Vergl. S. 50—54., S. 84. und S. 146. _ 

Fig. 38. Eine sehr grosse Acinete; a. der Nucleus; 5. die contractile Stelle; c. der reife, langsam rotirende Schwärm- 
sprössling ; d. die Tentakelbüschel. 

Fig. 39. Eine eben solche Acinete, deren Sprössling a. eben ausschwärmt. 

Fig. 40. Freie Schwärmsprösslinge dieser Acineten; a. die Form, welche der Sprössling gewöhnlich beim Schwim- 


men zeigt; 5. ein zusammengeschnellter Sprössling; ec. ein mit dem vordern Ende hin und hertastender 
Sprössling. 


. 41. Vier kleinere Acineten a. b. c. d. von denen die Acinete d. einen nen Schwärmsprössling enthält. 
. 42. und 43. Sehr junge, 450mal vergrösserte steifästige Familienstöcke, welche wahrscheinlich zu Zpistylis 


digitalis Ehbg. oder zu Zoothamnium parasita m. gehören; Fig. 43. a. das steifästige Stielgerüst; b. ein 
Thier, welches sich freiwillig vom Stocke abgelöst hat. 


. 44. Zoothamnium parasita m. (Carchesium pygmaeum Ehbg.); a. ein Knospensprössling. Die Wimpern am 


Peristom und Wirbelorgan sind nicht ringsherum ausgeführt, sondern nur an zwei gegenüberliegenden 
Punkten angedeutet. 


. 45—50. Zur Entwickelungsgeschichte von Zoothamnium affine m. Vergl. S. 217—223. 
. 45. Ein niedriger, von vier Thieren gebildeter Stock des Zooth. affine ; a. die dieken Wandungen des Stielge- 


rüstes; b. der in dem Axenkanale gelegene Stielstreif (der sogenannte Muskel) ; ec. der Nucleus, d. die con- 
tractile Stelle eines Thieres; e. vorübergehende Duplicatur des Peristoms. 


. 46. Eine sehr grosse Acinetenform des Zooth. affine (die Acineta tuberosa Ehbg.); a. der Stiel; a’. Erweite- 


rung der Stielhöhle zu der Hülle b. 5’. des Acinetenkörpers c.; d. der Nucleus; e. die contractile Stelle; 
F. Tentakelbündel; ‚f’. der in die Leibeshöhle der Acinete zurückgezogene Theil der Tentakeln. 


. 47. Eine kleinere Acinete derselben Art; a. der hohle, quergeringelte Stiel; d. 5’. die von dem DaB 


e. frei abstehende eystenartige Hülle; d. der Nucleus; e. die contractile Stelle. 


. 48. Eine ähnliche Acinete mit innig dem Körper anliegender Hülle und stark. eingezogenen Tentakeln; 


d. Nucleus; e. contractile Stelle; g. unreifer Schwärmsprössling. 


. 49. Eine eben solche, mit Essigsäure behandelte Acinete; die Buchstaben haben die Bedeutung wie in 


Fig. 46. und 47. 


. 50. Eine Acinete, aus deren eystenartiger Hülle b. der unverletzte Acinetenkörper c. hervorgequetscht wurde. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


. 53. Ein kleines Individuum mit fast hakenförmig gekrümmter Oberlippe (der C’hilodon uncinatus Ehbg.) 
. 54. Ein kleines Individuum in der Quertheilung. 5 

. 55. Ein sehr junges Individuum in der Längstheilung. I) 

. 56. und 57. Etwas contrahirte, sich sehr matt bewegende Individuen mit nicht sichtbarem Schlundtrichter, 


Erklärung der Abbildungen. 


I) 
{371 
1 


.51—69. Zur Entwiekelungsgeschichtevon Chilodon cucullulus Ehbg. Vergl. 126—138. 
g. 51. Ein grösseres Individuum von Chilodon eucullulus von der Bauchseite gesehen; a. die Oberlippe; 5. der 


Schlundtrichter; e. der Nucleus; d. d. d. drei contractile Stellen. 


. 52. Ein Thier von der Rückseite, das zahlreiche Individuen von C’hlamidomonas pulviseulus verschluckt hat; 
a 


d. d. die beiden gewöhnlich nur vorhandenen contractilen Stellen; e. der Nucleus. 


welche im Begriffe sind, sich zu encystiren. 


. 58. und 59. Zwei Cystenzustände des C’hilodon eueullulus; a. die Cystenwand; b. das eingeschlossene, ruhende 


Thier mit den beiden diagonal gegenüberliegenden contractilen Stellen und dem Nucleus c. 


. 60. Eine grössere Chilodoneyste a., deren Mutterkörper 5. in einer besondern Höhlung d. einen lebhaft roti- 


renden Schwärmsprössling e. umschliesst. 


. 61. und 62. Zwei ähnliche Cysten a., aus welchen der Mutterkörper b. sammt dem in ihm erzeugten Schwärm- 


sprössling c. hervorgepresst ist. In Fig. 62. ist der Schwärmsprössling weiter entwickelt, als in Fig. 61. 


. 63. Sehr verschieden grosse Chilodoneysten, welche zu einer hautartigen Schicht mit einander verbunden 
sind; a. eine leere Cyste; d. Cyste mit einem lebhaft wimpernden Schwärmsprössling im Mutterkörper; c 


b’. eine ähnliche Cyste mit einem sich wurmförmig windenden Schwärmsprössling; 2”. Cyste mit beträcht- 
lich verkleinertem Mutterkörper und einem wimpernden Schwärmsprössling in demselben; ce. ec. kleine 
Cysten mit gewöhnlichem Nucleus im Mutterkörper; ce’. eine grosse Cyste mit einem unentwickelten 
Schwärmsprössling. ; : 


. 64. Eine grössere Chilodoncyste a. mit einem durch Gebären von Schwärmsprösslingen sehr verkleinerten 


Mutterkörper . 


. 65. Eine Cyste a., welche das Mutterthier d., nachdem es einen Sprössling geboren hat, wieder verlässt. 
. 66. Eine leere Chilodoneyste mit der Oefinung a., aus welcher das Mutterthier hervorschlüpfte. 
. 67. und 69. Zwei Cysten, in welchen sich das Mutterthier b. und der von ihm geborene Schwärmsprössling c. 


umherwälzen. « : 
. 69. Der freie Schwärmsprössling von Qhilodon eueullulus (das Cyelidium glaueoma Ehbg.); a. Nucleus; b. con- 
tractile Stelle. » 
Taf. IV. 


.1. Eine ungewöhnlich grosse Acinetenform der Opercularia articulata. Vergl. S. 122. 


a. der engere, a’. der erweiterte Theil des Acinetenstieles; 5. b. die Längsstreifung im Innern des Stieles; 
ce. die dichtere Anhäufung von Fettkörnchen; d. d. der dendritische Nucleus mit grossen Höhlungen im 
Innern; e. die Tentakeln. 


.2—5. ZurEntwickelungsgeschichte von Ophridium versatile Ehbg. Vergl. S. 246—248. 
.2. Ein völlig ausgestrecktes Einzelthier; «. das Wirbelorgan; 5. das Peristom; c. c'. die Speiseröhre; d. die 


contractile Stelle; e. e. der Nucleus; f. die Chlorophylikörner in der Rindenschicht des Leibes; g. g. Längs- 
falten der Körperhaut; A. Stielrudiment (?). 

3. Dasselbe Thier im mässig contrahirten Zustande; a. das eingezogene Wirbelorgan; b. der über das Wirbel- 
organ vorgezogene Theil des Peristoms; c. Wimpern in der Speiseröhre; d. die contractile Stelle; e. der 
zusammengezogene Nucleus; ‚f. Chlorophyllkörner. 


. 4. Ruhender Zustand des Ophrid. versatile; a. die krystallhelle Rindenschicht; b. der grünkörnige Inhalt; 


c. der Nucleus. 


.5. Die Acinetenform, welche sich aus dem vorigen Zustande entwickelt; a. der Acinetenkörper; 5. Reste der 


Chlorophylikörner; c. der Nucleus; d. die fingerförmigen Tentakeln. 


6-16. Zur Entwickelungsgeschichte von Paramaecium bursaria Focke (Loxodes bursaria 
Ehbg.) Vergl. S235 —245. 

6. Das Thier von der Rückseite; a. die auf der Rückseite durchschimmernde halbtrichterförmige Aushöhlung 
der Bauchseite; D. der Nucleus; c. c. die beiden contractilen Stellen ; d. ein verschlucktes Bläschen und d’. 
eine verschluckte Navicula, welche sich in dem durch die Pfeile bezeichneten rotirenden Strom des Leibes- 
inhalts befinden; e. die in der Rindenschicht eingebetteten Chlorophylikörner. 


‚Stein, Infusorien. 23 


« 


Erklärung der Abbildungen. 


. 7. Das Thier von der Bauchseite, doch sind die Chlorophylikörner bis auf die am Rande gelegenen wegge- 


lassen worden; a. die halbtrichterförmige Aushöhlung, welche zur Mundöffnung d. führt; e. die Speise- 
röhre; d. der Nucleus mit seinem Nucleolus d’.; e. das ruhende Mittelfeld der Leibessubstanz; die Pfeile 
bezeichnen den rotirenden Strom des Leibesinhalts. 


. 8. Ein farbloses, in der Quertheilung begriffenes Thier; a. a’. die contractilen Stellen; d. b’. der verlängerte, 


in der Mitte stark eingeschnürte Nuclens, der bereits an jedem Ende mit einem besondern Nucleolus e. 
und ce’. versehen ist. 


. 9. und 10. Zwei an Chlorophylikörnern arme, in der Fortpflanzung durch Schwärmsprösslinge begriffene 


Thiere; a. a. die contractilen Stellen; d. der Nucleus; 5’. der vom Nucleus getrennte Nucleolus. Fig. 9. e. 
Die dem Nucleus aufsitzende Schwärmsprösslingsanlage. Fig. 10. ce. Der bereits nach aussen getretene, 
dem Mutterthiere durch tentakelartige Fortsätze anhängende Schwärmsprössling, dessen Bewimperung 
weggelassen ist. i 


. 11. Ein junges, farbloses Paramaeeium bursaria. . 
,. 12. Ein isolirter mit Essigsäure behandelter Nucleus aus einem alten Thiere; a. die Membran, 5. der Inhalt 


des Nucleus; ec. der Nucleolus. 


. 13. und 14. Verschiedene Formen des Nucleus bei der Theilung der Thiere; a. eigentlicher Nucleus; b. 


Nucleolus. 


. 15. und 16. Verbindung der Schwärmsprösslingsanlage mit dem Nucleus. In Fig. 15 bezeichnet a. den Inhalt, 


a’. die faltige Membran des auf dem spitzen Ende stehenden Nucleus, d. die Schwärmsprösslingsanlage, 
e. deren Nucleus und d. eine contractile Stelle. In Fig. 16. ist @. der Nucleus, d. der Nucleolus und e. die 
Schwärmsprösslingsanlage. j 


. 17—55. Zur Entwickelungsgeschichte der Vorticella mierostoma Ehbg. Vergl. S. 25—35; 


S. 138—150 ; 8. 164—173; S. 187. und $. 193—203. 


. 17. Eine ältere Vorticelle; a. das Wirbelorgan; db. das Peristom; e. die Speiseröhre; d. die contractile Stelle; 


e. der Nucleus; ‚f. der contractile Stiel; g. eine Knospe; A. ein reifer Knospensprössling. 


. 18. Eine sehr junge Vorticelle, welche bereits einen reifen Knospensprössling erzeugt hat. 
. 19. Eine ältere Vorticelle, welche sich auf ihrem ausgestreckt gebliebenen Stiele «., dessen Axenstreif in meh- 


rere Stücke zerfallen ist, encystirt hat; d. die Cyste; ce. das’eingezogene Wirbelorgan; d. der Nucleus; 
 e. die contractile Stelle. 


. 20. Eine jüngere Vorticelle, welche sich auf ihrem in enge spiralige Windungen zusammengezogenen Stiel a, 


encystirt hat; b. die Cyste; c. der noch in seiner Cyste zusammenzuckende Vorticellenkörper. 


. 21-23. Stiellose, von verschieden grossen Vorticellen abstammende Cysten. In Fig. 21. stellt «. die Cyste 


und 5. den bereits in eine Mutterblase umgewandelten Vorticellenkörper dar. 


. 24. Isolirter Nucleus aus einer alten Vorticelle, 450mal vergrössert; a. Membran, d. Inhalt des Nucleus 


ce. ec. Nucleoli. 


. 25. Eine mit Zucker und Schwefelsäure behandelte Vorticelleneyste; a. die Cystenwandung; b. die Haut des 


Vorticellenkörpers; ce. der rosenroth gefärbte Körperinhalt; d. der dunkelrosenroth gefärbte Nucleus mit 
seiner abstehenden Membran. 


.26—29. Ungestielte Acinetenzustände der Vorticella mierostoma, welche unter der Actinophrys sol der Autoren 


begriffen sind. 


. 26. Eine von einer sehr jungen Vorticelle abstammende Aetinophrys. 
. 27. Eine grössere Aetinophrys, an der sich durch Druck die cystenartige Hülle «. von dem eingeschlossenen 


Körper b. abgesondert hat; c. der Nucleus; d. contractile Stelle. 


. 28. Eine sehr grosse Actinophrys mit büschlig gruppirten Tentakeln; a. der Nucleus; . b. b. contractile 


Stellen; c. der lebhaft rotirende Schwärmsprössling; d. die Höhlung,, in der er liegt. 


. 29. Zwei in Conjugation getretene Actinophryen A. und 2. 
. 30—35. Gestielte Acinetenzustände der Vort. mierostoma, welche mit der Podoph. fira Ehbg. zusammenfallen. 
. 30. Eine wahrscheinlich pathologisch veränderte, unentwickelte Podophryenform,, welche eine unverkennbare 


Uebergangsstufe von den Podophryen zu den encystirten Vorticellen darstellt; a. die quergerippte, cysten- 
artige Hülle, welche in einen schnabelförmigen Stiel @’. ausgezogen ist; b. die eingeschlossene Mutterblase. 


. 31. Eine ähnliche Podophryenform, welche bereits Tentakeln entwickelt hat; die Hülle «a. ist mit einem län- 


gern, hohlen Stiele a’. versehen. 


. 32. Eine gewöhnliche, entwickelte Podophrye mit sehr gekrümmtem Stiele a., an dessen freiem Ende stets 


Erklärung der Abbildungen. 259 


ein Häufchen feiner Körner a’. anklebt; a”. die Eweiterung der Stielwandungen zu der dem Körper innig 
anliegenden Hülle; d. der Nucleus; c. der reife Schwärmsprössling. 

Fig. 33. Eine ebenfalls gewöhnliche Podophryenform ; a. der Stiel; 5. der Nucleus; ce. der lebhaft rotirende 
Schwärmsprössling, d. Höhlung, in der er liegt. 

Fig. 34. Dieselbe Podophrye, aus der so eben der Schwärmsprössling hervorgebrochen ist; a. die contractile Stelle; 
db. der Nucleus; d. die nach aussen geöffnete Höhlung, in welcher der Schwärmsprössling ce. lag. 

Fig. 35. Dieselbe Podophrye einige Minuten später; die Oeffnung d. im Körper hat sich fast vollständig wieder 
geschlossen, und die contractile Stelle @, und der Nucleus 5. haben eine andere Stelle eingenommen. 

Fig. 36. Ein sehr grosser freier Schwärmsprössling ; a. das kopfförmige Vorderende; 5. der Hinterleib; c. die hals- 
förmige geringelte Einschnürung, von welcher die Wimpern entspringen; d. der Nucleus; e. die contrac- 
tile Stelle. 

Fig. 37. Ein kleinerer Schwärmsprössling mit Jod getödtet. 

Fig. 33. Eine sehr kleine Podophrye mit sehr kurzem Stiele @.,, aus welcher so eben ein Schwärmsprössling c. her- 
vorbricht ; 5. Nucleus. 

Fig. 39. Eine Podophrye mit gradem Stiele a. und übernickendem Körper; 5. der Nucleus; ce. reifer Schwärm- 
sprössling. 

Fig. 40. Zwei in Conjugation getretene, sehr grosse Podophryen 4. a. und 2. b. 

Fig. 41. Eine Podophrye, an deren hinterer Hälfte die den Körper umgebende Hülle a’. a’. sehr deutlich hervor- 

? tritt; a. schnabelartiger Fortsatz der Hülle. - 

Fig. 42. Eine Actinophrys 4. mit einer Podophrye 2. in Conjugation. 

- Fig. 43. Zwei sehr kleine conjugirte Actinophryen, 

Fig. 4. Eine sehr kleine Podophrye mit einer entsprechend grossen Actinophrys in Conjugation; «a. Stiel der 
Podophrye. 

Fig. 45. Eine Podophrye, aus deren aufgeschwollener, cystenartigen Hülle a. der die Tentakeln tragende Körper 
b. freiwillig hervorgetreten war. 

Fig. 46. Eine mit Essigsäure behandelte Podophrye; a. die vom eigentlichen Körper db. ringsherum zurückge- 
wichene, aufgeschwollene Hülle; c. die zusammengeschrumpften Tentakeln; d. der Nucleus. 

Fig. 47. Eine andere mit Essigsäure behandelte Podophrye; &. die Hülle; d. der Körper; c. die Tentakeln; d. der 
Nucleus, d’. zaptenförmiger Fortsatz desselben, um welchen sich der Schwärmsprössling e. entwickelt. 

Fig. 48. Eine mit Essigsäure behandelte Actinophrys; a. die abstehende Hülle; 5. der Körper; c. die Tentakeln; 
d. der Nucleus; e. die vom Nucleus bereits abgeschnürte Schwärmsprösslingsanlage. 

Fig. 49—55. Lebendige Brut erzeugende Vorticellencysten. 

Fig. 49. Eine Cyste mit noch ziemlich glatter Mutterblase ; d. der Nucleus erscheint aus zahlreichen, scheibenför- 

migen Körnern zusammengesetzt. 

0. Eine Cyste a. mit gelappter Mutterblase 5. 

1. Eine Cyste mit brombeerartiger Mutterblase. 

2. Eine Cyste, die von vier kegelförmigen Fortsätzen a. a. der Mutterblase durchbohrt wird. 

3. Eine Cyste a., deren Mutterblase d. ihren Inhalt nach aussen entleert hat; c. die halsartige Mündung der 

Mutterblase ; d. das gallertartige Fruchtwasser; e. die lebendige Brut. 

Fig. 54. Eine Cyste a., deren Mutterblase d. fünf Tochterblasen c. c. einschliesst. 

Fig. 55. Eine ähnliche Cyste mit vier Tochterblasen, von denen eine a. noch unverändert ist, die zweite d. hat mit 
einem kegelförmigen Fortsatze die Cystenwand durchbrochen, und die beiden andern c. ce. haben bereits 
ihren Inhalt.nach aussen entleert. 


Bu 
or Qu 


= 
dad 
oo 


MatıaV. 


Fig. 1—18. Zur Entwickelungsgeschichte von Spirochona gemmiparam. Vergl. S. 206—216. 
Fig. 1. Eine sehr entwickelte Spirochone; a. der Körper; b. der Stiel; ce. c’. das Peristom und sein spiraltrichter- 
förmiger Fortsatz; d. die Wimpern im Grunde des Peristoms, welche die Mundöffnung umgeben; e. die 
Speiseröhre; f. contractile Stelle; g. der Nucleus; %. ein Knospensprössling, i. sein Wimperspalt und %. 
sein Nucleus. 
Fig. 2. Eine jüngere Spirochone; a. die seitliche Tricehtermündung;; 5. der Nucleus der Spirochone; ce. eine Knospe; 
d. ein zum Ablösen reifer Knospensprössling. 
g. 3. Ein schwimmender, 400mal vergrösserter Knospensprössling; a. der weitklaffende Wimperspalt mit seinem 
Wimperstreifen ; ec. der Nucleus. 


Ei 


(7 


33 


Sic 
99 09 09 09 09 


9 09 ug 


Fig: 
Fig. 


Fig. 


. 9. Eine entwickelte Dendrocomete n 


Erklärung der Abbildungen. 


. 4. Fixirter Knospensprössling; c. ec’. die über einander geschlagenen Seitenränder des Wimperspaltes; d. 


der Nucleus. 
. Eine etwas spätere Entwickelungsstufe, die bereits die gewöhnliche Spirochonenform hat; ce. c’. der Trichter; 
d. der Nucleus. 


Si 


. 6. Ein Knospensprössling b., der nur an einem Spirochonenrudimente a. sitzt; der übrige Theil der Spiro- 


chone ist wahrscheinlich von irgend einem Thiere abgebissen worden; e. der Nucleus, d. der Wimperspalt 
des Knospensprösslings. 

. Aus einem Knospensprössling hervorgegangener ruhender Zustand der Spirochone, welcher eine Ueber- 
gangsstufe ‘zu dem früher als Dendrocometes paradozus bezeichneten Acinetenzustande bildet; a. der Kör- 
per; . eine gallertartige Schicht, welche den Körper fixirt; e. der Nucleus; d. contractile Stelle. 


-—ı 


. 8. Eine weitere Entwickelungsstufe oder eine unentwickelte Dendrocometenform; a. eine noch ganz einfache 


Armanlage; a’. eine Armanlage, die sich bereits in drei Zinken getheilt hat. Der Nucleus beginnt sich in 
zwei Hälften zu sondern, von denen die eine 5. als Nucleus persistirt, die andere D’. sich zu einem Schwärm- 
sprössling entwickelt. # 

zwei gegenüberstehenden Armen a. a.; b. der Nucleus; c. die con- 
tractile Stelle. 


. 10. Eine sehr entwickelte, reguläre Dendrocomete mit grossen @. und kleinen Armen «’.; b. der Nucleus; 


c. die contractile Stelle; d. derreife Schwärmsprössling, e. die Höhle, in der er liegt. 

11. Eine Dendrocomete mit vier einseitig entwickelten Armen a. a’.; db. der Nucleus; d. der reife Schwärm- 
sprössling. 

12. Eine Dendrocomete mit zwei einseitig entwickelten Armen; d. der Nucleus und 2’. die noch mit ihm zu- 
sammenhängende Schwärmsprösslingsanlage. 


. 13. Eine kleine reguläre Dendrocomete mit drei unentwickelten Armen a.; b. Nucleus; d. reifer Schwärm- 


sprössling; c. contractile Stelle. 


. 14. Eine reguläre fünfarmige Dendrocomete, deren Nucleus so dargestellt ist, wie er nach Behandlung mit 


Essigsäure erscheint; a. die gemeinsame Nucleusmembran; 5. die Hälfte, welche als Nucleus fortbesteht; 
5‘. die Hälfte, welche sich zum Schwärmsprössling entwickelt. k 


. 15. Eine einarmige Dendrocomete mit Alkohol und verdünnter Essigsäure behandelt; a. die Körpermembran ; 


db. der Körperinhalt; c. der Nucleus; d. der Schwärmsprössling, e. die Höhlung, in welcher derselbe liest. 


. 16. Eine armlose Dendrocomete mit Essigsäure behandelt; der Schwärmsprössling d. kehrt dem Beobachter 


die schmale Seite zu. k 


. Ein freier, mit Jod getödteter Schwärmsprössling; a. die concentrischen Randfurchen mit den aus ihnen 
N Wimpern; 5. der Nucleus; ce. contractile Stelle; d. der knieförmige Spalt, welcher dem 
Wimperspalte der Knospensprösslinge der Spirochonen entspricht. 


. 18. Ein schwimmender, sich um seine Längsaxe drehender Schwärmsprössling ; a. die die Wimpern tragenden 


Randfurchen ; 5. der Nucleus. 


.19—22. Die gefingerte Acinete. Vergl. S. 228. 

. 19. Die gewöhnliche Form; a. ein runder wasserheller Hohlraum; 5. Tentakel. 

. 20. Die unentwickelte, tentakellose Form; a. der runde Hohlraum. 

. 21. Eine mit Essigsäure behandelte Acinete; 5. die einwärts gekrümmten Tentakeln; e. der Nucleus (?). 
. 22. Ein contrahirtes, mützenförmiges Individuum. 


- 23—24. OpalinendesRegenwurms. Vergl. S. 184—186. 
. 23. Opacina lumbriei m.; a. a. unveränderliche Hohlräume; 5. Nucleusmembran; e. Nucleusinhalt. 
. 24. Opalina armata m. in der Quertheilung begriffen; a. a. unveränderliche Hohlräume; 5. Nucleusmemibran, 


e. Nucleusinhalt des vordern Theilungssprösslings; 5’. c’. dieselben Theile des hintern Theilungssprösslings ; 
d. der Hornhaken des vordern Theilungssprösslings; d’. der in der Bildung begriffene Hornhaken am hin- 
tern Theilungssprösslinge; e. eine durch den Hornhaken verursachte schiefe Falte. 


25—27. Zur Naturgeschichtevon detinophrysoculatam. Vergl. S. 157—163. 

25. Eine gewöhnliche Aetinophr, ys oculata; a. a. die Tentakeln; 5. die helle Aukseunc ce. ce. Vacuolen 
unter derselben; d. eine sehr erweiterte, mit Nahrungsstoffen erfüllte Vacuole; e. die Rindensubstanz; 
F. die BE nubetans; 9. der centrale, einer kernhaltigen Zelle ähnliche Nucleus; A. eine blindsackartige 
Ausstülpung zum Ergreifen von Nahrungsstoffen. 

26. Eine mit Essigsäure behandelte Gruppe von drei conjugirten Individuen A., B. und (. der detin. oculata, 


Fig. 


. 38. Eine stark contrahirte Opercularie auf dem Uebergange in den Acinetenzustand; a. der Stiel; d. der Oper- 


Fig. 
Fig. 


Erklärung der Abbildungen. 261 


a. die zusammengeschrumpften Tentakeln; b. die die Individuen 2. und (. verbindende Substanzbrücke; 
ce. c. die noch nicht mit einander verschmolzenen Communicationsstränge zwischen den Individuen 4. und 
B.; d. eine mit Nahrungsstoffen erfüllte Vacuole; e. die Rindensubstanz, f. die Marksubstanz, g. der Nu- 
dena des Individuums A. 


. 27. Eine Gruppe von vier vollständig conjugirten Individuen A., 2., C.und D.; a. a. die die einzelnen Indi- 


viduen verbindende Zwischensubstanz; 5. d. kleine Vacuolen unter der gemeinsamen Aussenschicht; e. c. c. 
grössere Vacuolen in der Zwischensubstanz; d. eine ähnliche, mit Nahrungsstoffen erfüllte Vacuole; d’. eine 
sehr grosse mit von aussen aufgenommenen Körpern x. und x’. erfüllte Vacuole; e. die Rindensubstanz, 
Ff. die Marksubstanz, g. der Nucleus des Individuums 4. 


. 28. Isolirter Nucleus der detinophrys oculata. 


ig. 29—30. Spirochona Scheuteniim. Vergl. 216—17. 
ig. 29. Eine von Herrn SCHEUTEN entworfene Zeichnung des lebenden Thieres; a. der Körper; b. der Stiel; c. 


der Trichter; ce’. die mit steifen Borsten besetzte Lamelle ; ie Wimpern im Trichtergrunde; e. der Nu- 
cleus; f. eine Knospe. 7 


. 30. Eine von mir nach Spiritusexemplaren entworfene Zeichnung; a. die Körperhaut; a’. der Körperinhalt; 


e. ce’. der Spiraltrichter; d. die zusammengeschrumpften Wimpern; e. der Nucleus. 


.31—38. Zur Entwiekelungsgeschichte der Opercularia Lichtensteinii m. Vergl. 8. 223>—28. 
ie. 31. Ein alter, von drei Individuen gebildeter Stock der ©. Zichtensteinü. 4. Ein ausgestrecktes Thier ; a. das 


Wirbelorgan, a’. dessen Stiel; 5. die manschettenartige Unterlippe; ce. das Peristom; d. der Rachen; e. die 
Speiseröhre; f. die contractile Stelle; g. der Nucleus; %. Gruppe von Fettkörnchen. 2. Ein contrahirtes 
Thier; a. das eingezogene Wirbelorgan; c. das geschlossene, faltige Peristom; g. der Nucleus; i. das 
Stielgerüst. 


&. 32. Die Acinetenform der O. Zichtensteinü; a. der Stiel; 5. der Körper, 2’. b’. dessen Hülle; e. der Nucleus; 


d. der Schwärmsprössling; e. Tentakeln ; f. Gruppe von Fettkörnchen. 


. 33. Eine andere tentakellose Acinete derselben Art mit Essigsäure behandelt; a. der Stiel; b. der Körper; 


e. die aufgequollene, eystenartige Hülle; d. der Nucleus mit der abgehobenen Nucleusmembran. 


.. 34. Dieselbe Acinete von der schmalen Seite gesehen; die Buchstaben haben gleiche Bedeutung. 
. 35. Eine kleine Acinete derselben Art; a. der Stiel; db. der Körper; d. der Nucleus. 
g. 36. Eine sehr ähnliche Acinete mit Essigsäure behandelt; 5. der eigentliche Körper; ec. die aufgequollene 


Hülle; d. der Nucleus. 
37. Eine der kleinsten Acineten, ebenfalls mit Essigsäure behandelt. 


eularienkörper; c. das contrahirte faltige Peristom; d. Gallerthülle; e. Nucleus. 


Ataıs, ME 
1—2. Zur Organisation von Carchesium polypinum Ehbg. Vergl. S. 78—83. 


1. Oberes Ende eines von drei Individuen gebildeten Stockes; @. die Stielwandungen ; b. der Stielkanal; c. der 


Stielstreif des terminalen Thieres; e’. ce’. die für sich bestehenden Stielsteifen der seitlichen Thiere; d. d. die 
beiden faserartigen, in den Basaltheil der Einzelthiere auslaufenden Fortsätze der Stielstreifen. A. Zwei 


aufrechte, ausgestreckte Thiere. 2. Ein überhängendes, ausgestrecktes Thier; e. das Peristom ; f. das Wir- 


belorgan; g. die Mundöffnung; A. die Speiseröhre; i. die contractile Stelle; X. der Nucleus. 


. 2. Ein Abschnitt des schraubenförmig zusammengezogenen Carchesienstieles, mit Chromsäure behandelt und 


450mal vergrössert; a. a. die quergeringelten Stielwandungen; . b. der Stielkanal; c. der Stielstreif. 


.3—16. Zur Naturgeschichte der Gattung Zagenophrys m. Vergl. SS 95. 
SE Lagenophrys nassa m. von der Seite gesehen ; a. die Hülse; b. das Mündungsrohr der Hülse; c. der Körper, 


ec‘. das Wirbelorgan des Thieres; d. die Speiseröhre; e. der Nucleus. 


. 4. Lagenophrys vaginieola m. von der Rückseite gesehen; a. die Hülse; 2. b. die beiden aufgesperrten Klap- 


pen der Hülsenmündung;; ce. der Körper des Thieres; d. das Peristom; e. das Wirbelorgan; f. die Speise- 
röhre ; g. die contractile Stelle; A. der Nucleus; i. eine abgefallene, in der Theilung begriffene Knospe. 
. Dasselbe Thier, welches eben erst seine Hülse vollendet und den Körper noch nicht zu der gewöhnlichen 
' Form zusammengezogen hat; a. die Hülse; b. die zusammengeneigten Klappen; c. das Wirbelorgan; d. 
das Peristom. 


or 


Erklärung der Abbildungen. B 


. 6. Dieselbe Art in der Theilung begriffen; a. der vordere Theilungssprössling; d. die Anlage zum hintern 


Theilungssprössling. 
. Dieselbe Art nach vollendeter Theilung; a. der vordere, nach Nahrung wirbelnde Theilungssprössling ; 
b. der hintere Theilungssprössling mit eingezogenem Wirbelorgan, ec. der seitliche Wimperkranz desselben. 
. Dieselbe Art mit einer Knospe c. am hintern Ende; a. die geschlossenen Klappen der Hülse; db. das con- 
trahirte Thier. 


wo 


. 9. Dieselbe Art mit vier freien Knospensprösslingen in der Hülse; a. das ausgestreckte Mutterthier ; b. b. ein- 


zelne Knospensprösslinge ; b’. zwei noch mit einander zusammenhängende Knospensprösslinge. 


. 10. Dieselbe Art von der Seite gesehen ; a. das von der Hülsenmündung zurückgewichene Mutterthier; 2. b. 


zwei Knospensprösslinge, von denen der vordere im Begriffe ist, die Hülse zu verlassen. 


. 11. Zagenophrys ampulla m. von der Rückseite gesehen; a. die Hülse; d. das in der Hülsenmündung be- 


festigte Peristom des Thieres; e. das Wirbelorgan ; d. die Speiseröhre; e. die contractile Stelle; f. der 
Nucleus; g. g. zwei freie Knospensprösslinge. 


. 12. Dieselbe Art in der Theilung begriffen; a. der vordere T'heilungssprössling; d. die Anlage zum hintern 


Theilungssprössling. 
13. Dieselbe Art nach vollendeter Theilung; a. der vordere, b. der hintere Theilungssprössling, beide mit ein- 
gezogenem Wirbelorgan; ce. der seitliche Wimperkranz des hintern Theilungssprösslings. 


. 14. Dieselbe Art; der vordere Theilungssprössling a. hat sich von seinem Peristome 5. abgeschnürt und eben- 


falls einen seitlichen Wimperkranz entwickelt; e. der hintere Theilungssprössling, ce’. dessen Peristom. 


. 15. Dieselbe Art; a. die Hülse, a’. verdickte Leiste an der Ausbuchtung derselben; 5. der gelappte Rand der 


Hülsenmündung; ce. der eine Theilungssprössling von der Bauchseite gesehen, der andere (Fig. 16.) hat 
De Hülse bereits verlassen. 

. Ein Theilungssprössling der Zagen. ampulla von der Seite gesehen; «a. das Peristom ; 2: der Nucleus, c. 
Mn seitliche Wimperkranz. 


. 17—22. Die Cothurnienartendes Flusskrebses. Vergl. $S. 229—232. 


17. Cothrurnia Sieboldii m. von der breiten Seite gesehen; a. der Stiel; 5. die Hülse, ce. c. die Hörner der- 
selben ; d. die Speiseröhre, e. die contractile Stelle, f. der Nucleus des Thieres. 
18. Dieselbe Art von der Seite gesehen; a—e. wie vorhin, d. das völlig ausgestreckte Thier. 


Dd 
g. 19. Cothurnia curva m.; a. der Stiel; b. die Hülse; ce. die contractile Stelle, d. der Nucleus des nicht völlig 


ausgestreckten Thieres. 


20. Cothurnia astaci m.; a. der Stiel; d. die Hülse; e. die Speiseröhre, d. der Nucleus, e. die contractile 


Stelle des ausgestreckten Thieres. 

21. Dieselbe Art in der Hülsenbildung begriffen ; db. der steifere Theil der Hülse, 2’. d’. der weiche, häntige 
Umschlag derselben, welcher den eichelartigen Vorderleib e. des Thieres überzieht; e’. der napfförmige 
Hinterleib. 


. 22. Eine ähnliche unentwickelte Hülse mit einem mehr ausgestreckten, nach Nahrung wirbelnden Thiere. 


ig. 23. Cystenzustand der Stylonychia pustulata Ehbg. Vergl. S. 171. a. Die Cyste; Db. das con- 


trahirte, sich lebhaft umher drehende Thier; e. die Wimpern des Mundspaltes; d. d. die beiden Nuclei; 
e. die contractile Stelle; f. /. die Wimpern des Körperrandes. 


.24 26. Diesteifästigen Vorticellinen des Flusskrebses. Vergl. S. 232—234. 
. 24. Ein von drei Individuen gebildeter Stock der Opercularia mierostoma m. a. Das Stielgerüst. A. Ein aus- 


gestrecktes Thier; 5. das Wirbelorgan; ce. die Unterlippe; d. der Rachen; e. die Speiseröhre ; f. die con- 
tractile Stelle; y. der Nucleus. 2. Ein contrahirtes Thier ; b’. das eingezogene Wirbelorgan ; g. der Nucleus. 


Fig. 25. Oberes Ende eines von zwei Individuen der Zpistylis erassieollis m. gebildeten Stockes a. a. Das Stielge- 
rüst, Ö. capitälchenartige Erweiterung des Stammes. A. Ein ausgestrecktes Thier; c. das Peristom; d. das 
Wirbelorgan; e. die Speiseröhre; f. die cauteactile, Stelle; g. der Nucleus. 2. Ein contrahirtes Thier; 

y d. das eingezogene Wirbelorgan. 

Fig. 26. Eine sehr junge Generation derselben Art; a. das Stielgerüst; 5. ein ausgestrecktes, c. ein contrahirtes Thier. 

Fig. 27—41. Die Acinetenform des FlusskrebsesundihreSchwärmsprösslinge. Vrgl. S. 234—37. 

Fig. 27. Eine sehr-grosse Acinete mit gekrümmtem Stiel a.; b. der Acinetenkörper ; e. ce. die Tentakeln; d. d. un- 
veränderliche Hohlräume; e. der Nucleus. 

Fig. 28. Eine mit Essigsäure behandelte Acinete; a. der Stiel ; 5. der Körper, 5’. aufgeschwollene Hülle desselben ; ; 


ce. der Nucleus. 


Erklärung der Abbildungen. 263 


. 29. Eine grosse Acinete mit einem entwickelten Schwärmsprösslinge; a. der Stiel, db. der Nucleus der Acinete; 


ce. der Schwärmsprössling, d. die Höhlung, in der er liegt. 


. 30. Dieselbe Acinete mit fast vollständig ausgeschlüpftem Schwärmsprössling e.; a. der Stiel, d. der ausser- 


ordentlich zusammengeschrumpfte Körper der Acinete. 


. 31. Eine kürzer gestielte grosse Acinete mit einem auf der Bauchseite deutlich wimpernden Schwärmsprössling e. 
. 32. Dieselbe Acinete kurze Zeit nach der Geburt des Schwärmsprösslings. 

. 33. Eine kleinere Acinete mit einem entwickelten Schwärmsprössling c. 

. 34. Dieselbe Acinete während des Gebärens; c. der noch im Acinetenkörper steckende Theil des Schwärm- 


sprösslings, c’. der nach aussen hervorgequollene Theil desselben. 


. 35. Dieselbe Acinete, nachdem der Schwärmsprössling fast vollständig ins Freie gelangt ist. 
g. 36. Der von der in Fig. 29. und 30. abgebildeten Acinete geborene Schwärmsprössling von der Rückseite; 


a. das nur partielle Wimperkleid; d. der Nucleus; c. ec. wasserhelle Hohlräume. 


. 37. Ein anderer Schwärmsprössling mit Chromsäure getödtet. 

. 38. Derselbe auf dem Rande stehend ; a. die Rückseite; a’. die Bauchseite. 

. 39. Ein Schwärmsprössling aus einer kleinen Acinete. 

. 40. Eine sehr kleine Acinete, die bereits einen reifen Schwärmsprössling enthält. 
. 41. Eine der kleinsten Acineten, welche ich beobachtete. 


.42—44. Zur Entwickelungsgeschichte von Nassulaambiguam. Vergl. S. 243-249. 
ig. 42. Ein grösseres Individuum von der Bauchseite mit nur am Rande ausgeführten Wimpern; a. der Schlund- 


trichter ; d. der Nucleus; c. die contractile Stelle; d. d. verschluckte Oscillatorien. 


. 43. Ein encystirtes Thier; a. die Cyste; b. das contrahirte Thier; ec. der Schlundtrichter; d. der Nucleus; 


e. eine grubige Einstülpung. 


. 44. Eine gesprengte Cyste a., aus der das lebhaft wimpernde Thier D. grösstentheils hervorgetreten ist; c. der 


Schlundtrichter; d. die contractile Stelle beim Verschwinden; e. der Nucleus. 


.45—53. Zur Entwickelungsgeschichte von G@lauceoma seintillans. Vergl. S. 250—251. 
g. 45. Ein älteres Thier von der Bauchseite; a. der Mund mit dem ihn umgebenden, häutigen Saume; d. der 


Nucleus; e. die contractile Stelle. 


. 46. Ein mit Jod getödtetes Thier; a. und a’. die beiden klappenartigen Lippen des Mundsaumes; d. der Nucleus. 
g. 47. Ein eneystirtes Thier mit noch kenntlichen Wimperreihen; a. die Cyste; 5. der Nucleus; c. die con- 


tractile Stelle. 


. 48. Ein kleineres encystirtes Thier, dessen Oberfläche glatt erscheint. 
. 49. Eine ebensolche Cyste, deren Bewohner sich zur Quertheilung anschickt; 5. der Nucleus; c. die bisquit- 


förmig gewordene contractile Stelle. 


.50. Das encystirte Thier in der Quertheilung; d. der eingeschnürte Nucleus; ce. und ce’. die contractile Stelle 


jedes Segmentes. 


. 51. Eine Öyste mit zwei vor kurzem durch Quertheilung des ursprünglichen Thieres entstandenen Individuen ; 


db. ec. und b’. c’. Nucleus und contractile Stelle der beiden Theilungssprösslinge. 


. 52. und 53. Die am häufigsten vorkommenden Cysten, in denen die beiden Theilungssprösslinge a. und d. sich 


so gegen einander verschoben haben, als ob sie durch diagonale Theilung des ursprünglichen Cystenbe- 
wohners entstanden wären. h y 


.54—57. Zur Organisation der Gattung T'richodina. Vergl. S. 174—178. 
ig. 54. Trichodina pedieulus Ehbg. von der Seite gesehen, wie sie auf fremden Körpern dahingleitet. «. Der Vor- 


derleib;; d. der Hinterleib; e. der vordere Wimperkranz; d. der hintere Wimperkranz; e. die Mundöffnung ; 
Ff. die ringförmige Membran des am abgestutzten Hinterende sitzenden Haftapparates. 


.55. Ein todtes, aufgeschwollenes Thier derselben Art, auf der Seite liegend; A. der Nucleus; die übrigen 


Buchstaben wie vorhin. 


. 56. Das abgestutzte Hinterende derselben Art; d. der Hinterleib mit dem hintern Wimperkranz d.; e. e'. die 


Speiseröhre; f. die ringförmige Membran, g. der uhrrädchenähnliche, hornige Ring des Haftapparates; 
i. die contraetile Stelle. 


. 57. Trichodina mitra Sieb. a. Der Vorderleib; d. der Hinterleib; e. c. der vertikale Wimpersaum ; d. der 


hintere Wimperkranz; e. die Mundöffnung; e’. die Speiseröhre; ‚f. die ringförmige Membran, g. der hor- 
nige Ring des Haftapparates; %. der Nucleus. 


Acineta Ehb. 12. 

Aeineta mystacina Ehb. 35. 39—12. 
64— 71. 

— tuberosa Ehb. 221—24. 

Acinete der Cyclopen 48. 52 — 57. 
146. 219. 

—, die diademartige 71—73. 146. 

— mit dem zungenförm. Fortsatze 
103—109. 

— des Flusskrebses 234—37. 

—, die gefingerte 228. 248. 

— der Wasserlinsen 58. 60 —64. 
146. 222. 

Acinetenzustand von Cothurnia ma- 
ritima 224. 

— — Epistylis branchiophila 124. 

—— — crassicollis 234— 37. 

—— — plicatilis 12— 14. 95 — 97. 
146. 

— — Opercularia artieulata 14.109. 
117—23. 146. 227. 

—— — berberina 103—109. 

—— — Lichtensteinü 226— 28. 

— — Ophridium versatile 247. 

— — Spirochona gemmipara 206. 
210—16. 

— — Vaginieola erystallina 35. 
39—42. 64— 71. 

— — Vorticella mierostoma 140 bis 


150. 155. 164—71. 187 — 92. 
196— 200. 
—— — nebulifera 64. 146. 222. 


— — Zoothamnium affine 219 — 23. 

—— — parasita 146. 219. 

Acomia ovulum Duj. 157. 

Actinophrys Ehb. 126. 140. 

Aetinophrys difformis Ehb. 161. 

— Eichhornü Ehb. 148 — 57. 161. 
163. 


Register. 


Actinophrys oculata Stein 157—64. 


— pedicellata Dj. 170. 
— sol Ehb. 140—50. 
Aspidisca Iynceus Ehb. 158. 


Bursaria Ehb. 183. 239 
Bursaria blattarum Stein 42. 
— cordiformis Ehb. 42. 183. 
— leucas Ehb. 42. 

— lumbriei Stein 183. 

— ranarum Ehb. 181. 


Carchesium Ehb. T4—85. 


Carchesium polypinum Ehb. 58. 78. 


82. 223. 


— pygmaeum Ehb. 43. 48. 50. 52. 


85. 146. 


. — spectabile Ehb. 77. 


Cercomonas Duj. 205. 
Chilodon Ehb. 248. 
Chilodon aureus Ehb. 248. 


— cucullulus Ehb. 19. 126— 38. 


192. 242. 249. 
— ornatus Ehb. 248. 
— uncinatus Ehb. 130. 202. 25. 


Chlorogonium euchlorum Ehb. 20. 


188—92. 
Colpoda ceueullus Ehb. 
34—35. 131. 204. 
Cothurnia Ehb. 36. 38. 86. 
Cothurnia astaci Stein 229. 231. 
— curva Stein 229. 222. 
— havniensis Ehb. 56. 


— imberbis Ehb. S5—88. 97. 231. 


— maritima Ehb. 223. 
— pupa Eichw. 224. 
— Sieboldit Stein. 229—31. 


Oyelidium glaucoma Ehb. 135—38. 


15 — 25. 


Dendrocometes paradoxus Stein 206. 


210— 16. 
Dinobryon sertularia Ehb. 205. 


Enchelys corrugata Duj. 137. 
— nodulosa Duj. 137. 

— ovata Duj. 137. 

— subangulata Di. 137. 

— triquetra 137. 

Epipyeis utrieulus Ehb. 205. 
Epistylis Ehb. T—11. 


Epistylis anastatica Ehb. 49.50. 58. 


— arabica Ehb. 716. 
— berberiformis Ehb. 99. 
— botrytis Ehbg. 58. 76. 


— branchtophila Perty 123 — 26. 


204. 
— crassicollis Stein 229. 233. 
— digitalis Ehb. 48—50. 57. 146. 
— flavicans Ehb. 58. 72. 
-— grandis Ehb. 58. 
— nutans Ehb. 10. 59. 


— plicatilis Ehb. 7—15. 50. 95-98. 


203. 
— vegetans Ehb. 58. 


Euglena viridis Ehb. 4—6. 202. 204. 


Euplotes appendiculatus Ehb. 157. 


Glaucoma scintillans Ehb. 202. 250. 


Glenomorum tingens Ehb. 191. 
Gregarina Dufour 1—3. 


Halteria grandinella Duj. 54. 


Holophrya discolor Ehb. 6.193. 194. 


— ovum Ehb. 202. 


Lagenophrys Stein 88. 


" Lagenophrys ampulla Stein 92—95. 


206. 
— nassa Stein 92. 95. 97. 206. 
— vaginicola Stein 85. 88—92. 


% 


Leucophra hımbriei Schrank 183. 
Leucophrys anodontae Ehb. 186. 
— nodulata Duj. 184. 155. 

— »pyriformis Ehb. 19. 

— striata Di. 184. 155. 
Loxodes bursaria Ehb. 238. 

— caueullulus Du. 131. 

— dentatus Dj. 128. 131. 

— retieulatus Diy. 131. 


 Monus colpoda Ehb. 194. 


— scintillans Ehb. 194. 
— tingens Ehb..191. 


Nassula Ehb. 248. 

Nassula ambigua Stein 248—49. 
— aurea Ehb. 248. 

Neonema marina Dig. 137. 


Opalina Purk. Valent. 113—837. 
Opalina armata Stein 185. 


" — branchiarum Stein 151. 206. 


— lineata Schultze 182. 

— lumbriei Stein 184—85. 

— naidos Di. 181. 183. 

— planariarum v. Sieb. 11S—82. 
— polymorpha Schultze 178. 


— ranarum Purk. Valent. 1831—83. 


156. 
— wneinata Schultze 181 —82. 
Opercularia Ehb. T—11. 


Opercularia articulata Ehb. T7—10. 


109-— 23. 225—26. 


— berberina Stein 99 — 103. 108. 


225—26. 
— Lichtensteinmü Stein 225>—28. 
— mierostoma Stein 229. 232. 


‚Stein, Infusorien. 


Register. 


Opereularia nutans Stein 10.58 —59. 
62. 64. 146. 

— stenostoma Stein 74. 232. 

Ophridium Ehb. 36. 94. 

Ophridium versatile Ehb. 246 — 48. 

Ophryoglena Ehb. 240. 


Paramaecium aurelia Ehb. 239 —40. 
242 —43. 

— bursaria Focke 233--45. 

— cölpoda Ehb. 19. 131. 

— compressum Ehb. 184. 

Phacelomonas bodo Stein 191—92. 


* — pulvisceulus Ehb. 191. 


Plagiotoma lumbriei Duj. 183 -— 84. 

Ploesconia longiremis Dj. 157. 

— scutum Duj. 158. 

Podophrya fixa Ehb. 66. 127.140 bis 
150. 164-- 71. 187. 192. 196— 200. 
222. 

Polytoma uvella Ehb. 43. 

Prorodon niveus 6. 

Prorodon teres Ehb. 6. 243. 


Spirochona Stein 94. 206. 

‚Spirochona yemmipara Stein 206 bis 
216. 

— Scheutenü Stein 216—17. 

Stentor Ehb. 33. 36. 94. 

Stentor Müllerüi Ehb. 202. 

— KBoeselü Ehb. 202. 

Stylonychia pustulata Ehb. 17 


1597 


Tintinnus Ehb. 36. 

Trachelius ovum Ehb. 202. 
Trachelocerca olor Ehb. 202. 
Triehodina Ehb. 36. 174. 
Trichodina grandinella Ehb. 54.174. 


4 


265 


Triehodina mitra v. Sieb. 174—7S. 
182. 

— pedieulus Ehb. 54. 173—18. 182. 
228. 

— tentaculata Ehb. 174. 

— vorax Ehb. 54. 174. 


Urceolaria stellina Di. 173. 
Urocentrum Ehb. 174. 
Uroleptus hospes Ehb. 205. 
Tvella bodo Ehb. 190. 


Vaginicola erystallina Ehb. 35 —42. 
58. 64—71. 

Vaginicola decumbens Ehb. 58. 97. 

— grandis Perty 38. 65. 

— pedunculata Echw. 223. 

— tineta Ehb. 58. 

Volvox Ehb. 42. 

Volvox aureus Ehb. 47. 

— globator Ehb. 43—48. 

— minor Stein. 47. 205. 

— stellatus Ehb. 46. 

Vorticella Ehb. 74—55. 

Vorticellinen 36. 94. 

Vorticella campanula Ehb. 78. 

— convallaria Ehb. 78. 79. 170. 

— infusionum Duj. 170. 

— mierostoma Ehb. 25 — 35. 126. 
139—50. 164— 71. 187 — 88. 192 
—204. 

— nebulifera Ehb. 42. 58. 59. 64. 
78. 146. 204. 

— patellina Ehb. 58. 

Zoothamnium Ehb. T74—85. 206.217. 

Zoothamnium affine Stein 218—23. 

— arbuseula Ehb. 17. S4. 217. 

— parasita Stein 84. 85. 


34 


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