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Full text of "Die jahresbilanz der A.G. unter besonderer berücksichtigung ihres wesens [microform], sowie der bewertung der betriebsgegenstände .."

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MASTER 

NEGATIVE 

NO.  94-82234- 1 2 


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Author: 


Hotz,  Jean 


Title: 


Die  Jahresbilanz  der  A.G 
unter  besonderer... 

Place: 

Linz  a.D. 

Date: 

1918 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 
PRESERVATiON  DIVISION 

BIBLIOGRAPHIC  MICROFORM  TARGET 


MASTER  NEGATIVE  « 


ORIGINAL  MATERIAL  AS  FILMED  -    EXISTING  BIBLIOGRAPHIC  RECORD 


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Hotz,   Jean. 

••*  Die  Jahresbilanz  der  A.  C.  unter  besonderer 
berüoksichtigung  ihres  wesons,  sowie  der  bewer- 
tung  der  betriebg^o/^onstände  ...  von  Jean  Hotz  . . . 
Linz  ai  D.,  Zentraldruokorei  gesellsohaft  n,  b,  h 
1918. 

78  p.    RZ   on. 

Thesis,  Zürich,  1917. 

"Separat-abdruck  aus  der  »Zeitschrift  für  buch- 
haltuns",  XXVII.   ^^  Jahrgang." 


RESTRICTIONS  ON  OSE: 


TECHNICAL  MICROFORM  DATA 


RLM  SEE:  ?f)fm\ 


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RLMED  BY  PRESERVATION  RESOURCES.  BETHLEHEM.  PA. 


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LIBRARY 


School  of  Business 


ÜOlF.  Exchange      Sfp  1  0  W£ 
Separat-Abdruck  aus  der  „Zeitschrift  für  Buchhaltung". 

XX VII.  Jahrgang. 

Druck  und  Verlag  der  Zentraldruckerei,  Linz  a.  D. 


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Die  Johresliilonz  der  A.  S. 

unter  besonileRr  BerocksicMliuns  Ihres  Oesens, 
sooie  der  Beoertuni  der  BetnelBseseiutliide. 


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Inauguraldissertation  der  staatswissenschaftlichen  Fakultät  der  Universität 
Zürich  zur  Erlangung  der  Würde  eines  Doktor  der  Volkswirtschaft 

vorgelegt  von 
Jean  Hotz  aus  Nänikon-Uster 

genehmigt  auf  Antrag  von  Herren  Prof. 

Dr.  G.  Bachmann  und  Dr.  H.  Sieveking 

am  24.  Februar  1917. 


Linz  a.  D.,  1918. 

Druck  der  Zentraldruckerei.  (ieaeUschaft  m.  b.  H.,  Landstraße  21. 


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Vorwort. 


ii«.o,,^^'n ^*^^?!^'''®°f ^^^i*'^^.®  Fat»l*ät  gestattet  hierdurch   die  Drucklegung  vor- 
neCen  zu '  woller°'  ^"^  "^^^  '*^"°  ausgesprochenen  Anschauungen  Stillung 

Zürich,  den  24.  Februar  1917. 

Der  Dekan  der  staatswissenschaftlichen  Fakultät; 

Dr.  O.  Juzi. 


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Der  Zweck  der  vorliegenden  Untersuchung  ist  ein  zweifacher.  Einmal 
soll  sie  zu  der  gegenwärtig  viel  diskutierten  Frage  des  Verhältnisses  der 
Privatwirtschaftslehre  zur  Nationalökonomie  einen  an  einem  praktischen 
Problem    durchgeführten    kleinen  Beitrag   liefern.     Andererseits   wird   in 
letzter  Zeit   vor   allem    in   der  Schweiz   die  Revision   des  Aktienrechtes 
ziemlich  eingehend  diskutiert.    Auch  in  dieser  Hinsicht  glauben  wir  mit 
dieser  Abhandlung  etwelche  Anregungen  bieten  zu  können.   Wenn  unter 
obigen  Gesichtspunkten    der  Arbeit   eine   gewisse  Aktualität  somit  nicht 
abgesprochen  werden    kann,    so  wird   sie  zweifellos  da  dem  Geiste  der 
Zeit   weniger    entgegenkommen,    wo    sie    die  Stellung    des  Staates   zur 
Bilanzierungsfrage    erörtert.'    Es    ist   unbestreitbar,    daß   in    den   letzten 
Dezennien   der  Ruf  nach    staatlicher  Regulierung  des  Wirtschaftslebens 
immer  stärker  geworden  ist   und  die  gegenwärtigen  Ereignisse  scheinen 
diese  Tendenzen   in   bedeutendem   Maße   zu   verstärken.     Im  Gegensatz 
dazu  stehen  wir  in  Bilanzfragen  dem  manchesterlichen  Liberalismus  doch 
nicht  allzu  fern.    Eingehende  Bilanzvorschriften  sind  vor  allem  am  Anfang 
der  Entwicklung   des  Bilanzwesens,   sowie   der   modernen  Gesellschafts- 
formen, insbesondere  der  Aktiengesellschaft  und  Genossenschaft,  notwendig. 
Auch  die  Einsicht  scheint   immer  allgemeiner  zu  werden,    daß  gewisse 
unerfreuliche  Ereignisse  der  letzten  Jahre  ihre  Ursache  größtenteils  nicht 
in   mangelhaften   Bewertungs Vorschriften   haben,    als  vielmehr  in  einem 
unwirksamen  Revisions-  und  Kontroll wesen. 

Es  ist  mir  schließlich  noch  eine  angenehme  Pflicht,  meinen  hoch- 
verehrten Lehrern  an  der  Universität  Zürich,  den  Herren  Professoren 
G.  Bach  mann  und  H.  Sieveking,  sowie  den  beiden  Vertretern  der 
Privatwirtschaftslehre  an  der  Universität  Genf,  den  Herren  Professoren 
H.  Toendury  und  E.  FoUiet,  für  ihre  liebenswürdige  Unterstützung, 
die  sie  mir  bei  der  Ausarbeitung  dieser  Studie  angedeihen  ließen,  herzUch 
zu  danken. 


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I.  Theoretischer  Teil. 

Das  Wesen  der  Bilanz. 

§  1.  Historische  Bemerkungen. 

Wie  in  der  theoretischen  Nationalökonomie,  so  sind  auch  in  der 
allgemeinen,  wissenschaftlichen  Privatwirtschaftslehre  die  Begrifife  Ver- 
mögen und  Kapital  von  grundlegender  Bedeutung.  Es  sei  hier  der  Ver- 
such gemacht  dieselben  etwas  genauer  zu  untersuchen,  im  besondern 
hinsichtlich  ihrer  Bedeutung  für  die  Jahresbilanz  der  Aktiengesellschaft. 
Bei  fast  sämtlichen  Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  des  Bilanzwesens 
wird  nicht  mit  der  nötigen  Schärfe  zwischen  Wesen  (essence)  und  Zweck 
(but)  der  Bilanz  unterschieden,  was  vor  allem  die  theoretischen  Formu- 
lierungen nachteilig  beeinflußt.')  Für  unsere  Untersuchung  gibt  uns  die 
geschichtliche  Entwicklung  der  Buchführung  im  allgemeinen  und  der 
Jahresbilanz  im  speziellen,  sehr  wertvolle  Anhaltspunkte. 

Die  Führung  von  Handelsbüchern  ist  alte  kaufmännische  Sitte. 
Schon  die  römischen  Argentarii  und  Nummularii  führten  solche.  Im 
Mittelalter  wurde  der  Gebrauch  derselben  allgemein  ;  ihre  Bedeutung  fand 
eine  scharfe  Anerkennung  durch  die  ihnen  zugebilligte  Beweiskraft,  welche 
bereits  zur  Zeit  der  Postglossatoren  allgemein  anerkannt  wurde.')  Ein 
Vergleich  jener  Bücher  mit  den  heutzutage  geführten  ist  jedoch  nicht 
gut  möglich,  sie  hatten  noch  zu  wenig  miteinander  gemein,  auch  sind 
Inventur  und  Bilanz  noch  gänzlich  unbekannt.  Man  hat  gemeint,  die 
Ausbildung  der  Buchhaltung  sei  erst  möglich  geworden  durch  die  An- 
nahme der  arabischen  Ziffern.  Diesen  Standpunkt  vertritt  vor  allem 
Simon  in  seinem  bereits  zitierten  Standardwerk  über  die  Bilanzen  (a.  a. 
O.,  Seite  29/30).  Dem  tritt  nun  Sieveking  entgegen,  der  auf  Grund 
seiner  historischen  Untersuchungen  zu  folgendem  Resultat  gelangt:») 
„Die  Einführung  der  arabischen  Ziffern  bedeutet  nur  eine  ähnliche  Er- 
leichterung wie  z.  B.  die  Einführung  des  Dezimalsystems.  Auch  mit  den 
romischen  Ziffern  konnten  die  Italiener  zur  doppelten  Buchführung  über- 
gehen.     Freilich  kam  es  darauf  an,  diese  schwedälligen  Zahlzeichen  zu 

»)  Das  Wesen  wird  schon  bei  Kovero  (die  Bewertung  der  Vermögensgegen- 
stände m  den  Jahresbilanzen  der  privaten  Unternehmungen)  von  den  Funktionen 
(i^weck)  der  Bilanz  getrennt,  jedoch  kommt  bei  dieser  Trennung  das  Wesen  zu  kurz. 
Ziemlich  emgehend  dagegen  behandeln  das  Wesen  der  Bilanz  Schär  (Buchhaltung 
und  Bilanz)  und  Sganzini  (Zur  Grundlegung  der  realistischen  Theorie  der  doppelten 
«uchbaltung),  dann  aber  auch  Nick  lisch  (Allgem.  kautm.  Betriebslehre  al«  Privat- 
wirtschaftslehre des  Handels  und  der  Industrie).    Vergl.  unsere  Ausführungen  in  §  7, 

)  Zitiert  nach  öimon:  „Die  Bilanzen  der  Aktiengesellschaften  und  der  Kom- 
manditgesellschaften auf  Aktien."     3.  Auflage.     Berlin,  1899.    8.  28. 

)  H  e  i  n  r i  c h  8  i  e  ve  k  i  n g :  Aus  venetianischen  Handlungsbüchern.  Ein  Bei- 
trag zur  Geschichte  des  Großhandels  im  15.  Jahrhundert  in  Schmollers  Jahrbuch  für 
Gesetzgebung,  Verwaltung  und  Volkswirtschaft  im  Deutschen  Reich,  25.  Jahrgang. 
Leipzig,  1901,  Seite  314/5.  ^  ^* 


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handhaben  Man  erlangte  die  Möglichkeit  leichter  Addition  auch  großer 
Sumn^en  dadurch  daß  Einer,  Zehner,  Hunderter  u.  s.  w.  genau  unter- 
einander geschneben  und  deutlich  voneinander  getrennt  wurden  ')  So 
wurde  ein  Rechnen  mit  Millionen  möglich,  wie  es  die  Schuldenverwaltung 
der  großen  Kommunen  erforderte.  Diese  Methode  scheint  schon  im 
Altertum  bekannt  gewesen  zu  sein.  Auch  das  Hauptverdienst  des  Pisaner 
Rechenkünstlers  LionardoFibonacci,  dem  zu  Anfang  des  13.  Jahrhunderts 
die  dankbare  Vaterstadt  eine  jährliche  Rente  von  20  Ih  und  eine  Marmor- 
inschnft  bewilligte,  scheint  darin  bestanden  zu  haben,  daß  er  seinen  Lands- 
leuten  beibrachte,  Lire,  soldi  und  denari  säuberlich  untereinander  zu 
schreiben  und  zu  addieren." 

Fibonacci  hat  auch  das  Abendland  mit  den  arabischen  Ziffern  be- 
kannt gemacht  Aber  die  Form  für  die  einzelnen  Zahlzeichen  war  noch 
keine  feststehende,  so  daß  hier  betrügerische  Aenderungen  leichter  möe- 
hch  waren  als  bei  den  römischen  Ziffern.  Darum  verbot  1299  das  Statut 
der  Florentiner  Wechslerzunft  ihre  Anwendung  und  noch  das  Freibur^er 
Stadtrecht  von  1520  will  kaufmännischen  Schuldbüchern  nur  dann  Be- 
weiskraft zuerkennen,  wenn  die  Summen  „nit  mit  zyffevn,  sondern 
langenzal  oder  mit  ganzen  Worten"  angegeben  sind. 

Von  den  venetianischen  Handlungsbüchern  ist  das  Badoers,  der  in 
Konstantinopel  schrieb,  in  arabischen  Ziffern  gehalten.  Im  allgemeinen 
hielten  noch  im  16.  Jahrhundert  die  Italiener  in  ihren  Rechnungen  an 
den  romischen  Ziffern  fest.  Sie  verwandten  die  arabischen  nur  im  Text 
wahrend  die  Deutschen  es  umgekehrt  machten,  weil,  wie  der  Nürnberger 
Wolfgang  Schweiker  1549  meinte,  man  mit  den  „neuen"  Ziffern  „pelder 
summieren"  könne  als  mit  den  „keiseriichen". 

Die  ersten  Spuren  der  Bilanzen  trifft  man  bei  der  Doppik,  bei  jener 
vervollkommneteren  Buchführungsart.  Diese  scheint  zuerst,  und  zwar 
um  die  Mitte  des  U.Jahrhunderts  in  der  Staatsbuchhaltung  von  Genua 
und  in  der  Buchführung  der  genueser  Banken,  wie  der  Casa  di  S.  Giorgio 
in  Anwendung  gekommen  zu  sein.^»)  Auch  sollen  sowohl  der  vStaat  als 
die  Banken  schon  im  14.  Jahrhundert  alljährlich  Bilanzen  aufgestellt 
haben  Allem  Anschein  nach  hatten  diese  jedoch  nur  den  Charakter  von 
Probebilanzen.«)   AehnHches  ist  zu  schließen  aus  den  Ausführungen  wohl 

•  ui-  ')  H^^^JL^ch  Sieveking:  Genueser  Finanzwesen  mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der  Casa  Di  S.  Giorgio.  I.  Genueser  Finanzwesen  vom  12  b  s  14  J^r- 
hundert.    Freiburg  i.  B.,  Leipzig  und  Tübingen,  1898,  Seite  208 

2)  Sie  Peking:  Genueser  Finanzwesen,  insbesondere  Seite  119/20  Ferner: 
Derselbe :  Aus  genueser  Rechnungs-  und  Steuerbüchern.  Ein  Beitrag  zur  mittelalter- 
bchen  Handels-  und  Vermögensstatistik  in  den  Sitzungsberichten  der  kais  Ak^dem[e 
S^Ä/^^^^^^^^^^^  "^^'^    P^'losophisch-historische  Ilasse.    U2,ZJ:1  t^^^^l 

A         .^)  Kovero:    Die  Bewertung  der  Vermögensgegenstände  in  den  Jahresbilanzen 
der  pnvaten  Unternehmungen   mit  besonderer  lerülklichtigung  dernicht  reaUaierten 
Verluste  und  Gewinne.     Berlin,    1912.    Seite  8.     Ferner:    SievekinT-      aS^^^^ 
diesen  Errungenschaften  wurde  zunächst  nicht  all  zu  häufig  Gebrauch  gemacht     Der 
Geschäftsmann    der  nur  sich  selbst  Rechenschaft  schuldete^  war  auch  i^  Venedig  im 

zu  iehet"  Wi  "sind  l^i^T^f  '^'^r'^  ^^^^^"'.S^^  '^'^  ^'^  ^'"^^^^'^  sefne  ßflanz 
1440  49  *  ffihr  o  V'  ^°"^"««^t'  »°  dem  zweiten  Hauptbuch,  das  Andrea  Barbarigo 
•i?r  1^-  .  %^^'°c?  °^''®  ^'^^"^  ^^  fi°<^en,  das  Conto  Utile  e  dani  Fol  210  ist 
nicht  saldiert.  Sem  Sohn  Nicolo  Barbarigo  berechnet  in  dem  1456-82  gefüh^rtln 
Hauptbuch  wenigstens  jährlich  den  Gewinn,  aber  eine  Bilanz  finden  wir  auch  hLr  erst 
1482  am  Schlüsse  des  Buches.  Und  diese  Sitte,  erst  mit  derSchluLTnes  Buches 
die  Bilanz  zu  ziehen,  erhielt  sich  bis  ins  17.  Jahrhundert.    Der  St^Hnd  dfe  Banken 


des  ältesten  Schriftstellers  über  die  Doppik:  Benedetto  Cotrugli  Raugeo 
in  seinem  Buch:  „Della  Mercatura  et  del  Mercante  perfetto".  Cotrugli 
spricht  zwar  von  einer  Bilanz  (Hauptbilanz).  Diese  ^sollte  am  Anfang 
jeden  Jahres  aus  dem  Hauptbuch  gezogen  werden.  Weil  jedoch,  nach 
den  Erklärungen  Cotruglis  zu  schließen,  die  Gewinne  und  Verluste  erst 
nach  der  Ziehung  der  Bilanz  auf  das  Kapitalkonto  zu  übertragen  waren, 
scheint  hiermit  nur  eine  Probebilanz  beabsichtigt  worden  zu  sein.  Eine 
Inventur  kennt  Cotrugli  nicht.')   ' 

Im  allgemeinen  scheint  die  doppelte  Buchhaltung  zu  der  Zeit 
Cotruglis")  in  der  Praxis,  außer  bei  den  Banken,  noch  in  ziemlich  unvervoll- 
komm neter  Form  vorgekommen  zu  sein.  So  wurde,  wie  aus  den  Büchern 
der  venetianischen  Firma  Barbarigo  hervorgeht,  der  Gewinn  nicht  immer 
nach  regelmäßigen  Perioden  berechnet,  und  Bilanzen')  kamen  nur  in  den 
seltensten  Fällen,  meistens  nur  wenn  die  Bücher  vollgeschrieben  waren, 
zur  Aufstellung. 

Mit  einem  gedruckten  Werke  trat  allerdings  als  erster  der  Vene- 
tianer  und  Mönch  Luca  Pacioli  an  die  Oeffentlichkeit.  Im  Jahre  1494 
erschien  als  erste  literarische  Bearbeitung  der  doppelten  Buchführung  sein 
Werk:  „Tractatus  de  computis  et  scripturis"  in  der  „Summa  de  Arith- 
metica,  Geometria,  Proportioni  et  Proportionalitä".*) 

wurden  in  Genua  schon  im  14.  Jahrhundert  zu  jährlicher  Aufstellung  der  Bilanz  dadurch 
veranlaßt,  daß  sie  jedes  Jahr  ein  neues  Buch  anfangen  mußten."  (Aus  venetianischen 
Handlungsbüchern  Seite  318/9.)  Dazu  Simons  (a.  a.  O.  Seite  41  ff)  Ausfahrungen 
über  die  Handelskompagnien  des  17.  Jahrhunderts. 

»)  Benedetto  Cotrugli  Raugeo:  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Buch- 
haltung vonKarlPeterKheilin  Prag,  in  der  österreichischen  Zeitschrift  för  das 
kauftn.  Unterrichtawesen,  II.  Jahrgang,  Wien  1906,  Seite  59/63,  „benedetto  Cotrugli 
schrieb  sein  Buch  im  Jahre  1458,  also  um  36  Jahre  früher,  als  der  im  Jahre  1494  im 
Druck  erschienene  Buchhaltungstraktat  des  Luca  Pacioli.  Nichtsdestoweniger  ge- 
bührt das  Verdienst,  der  erste  Lehrmeister  der  doppelten  Buchhaltung  gewesen 
zu  sein,  weiterhin  dem  unsterblichen  FräLuca  diSanSepolcro,  weil  sein  Traktat 
de  Computis  et  Scri  pturis  durch  die  Drucklegung  im  Jahre  1494  an  den  Tag 
gebracht  und  dadurch  um  79  Jahre  früher  als  die  Abhandlung  des  Benedetto  C  o  t  r  u  g  1  i 
gemeinnützHch  geworden  ist."  (Khei),  a.a.O.  Seite 59.)  Sieveking:  Aus  venetianischen 
Handlungsbüchern,  Seite  321,  323/4.    Kovero,  a.  a.  0.  Seite  8/9. 

2)Sie^e]j.jjjg.  Aus  venetianischen  Handiungsbüchern,  Seite  318/9.  Femer 
beite  323:  „Der  Gedanke,  durch  die  Buchführung  eine  üebersicht  über  das  gesamte 
Vermögen  und  seine  Veränderungen  zu  erlangen,  schwebte  Praktikern  und  Schrift- 
stellern im  15.  Jahrhundert  wohl  vor.  Allein,  wurde  das  Ziel  schon  dadurch  erreicht, 
daß  man  das  Gewinn-  und  Verlustkonto  durch  das  Kapitalkonto  saldierte?  Prüfen  wir 
die  Bilanzen  der  Barbarigo,  so  sehen  wir,  daß  hier  nichts  als  Roh bilanzen  vorliegen. 

In  dem  Konto,  saldo  de  debitori  e  creditori  Andrea  Barbarigos  von  1434  er- 
scheinen Waren  und  Wechsel,  wie  das  bei  einer  Rohbilanz  üblich  ist,  während  diese 
Konten  definitiv  durch  das  Gewinn-  und  Verlustkonto  geschlossen  werden  müßten  Das 
Konto  saldo  wird  belastet  durch  die  Ausgaben  der  Haushaltung,  wie  das  auch  bei 
einer  Probebilanz  geschieht,  während  sonst  das  Kapitalkonto  bestimmt  ist,  das  Haua- 
haltungsunkostenkont^  zu  saldieren.  Nicolo  Barbarigo  überträgt  sogar  Gewinn-  und 
Verlust  nicht  auf  das  Kapital-,  sondern  auf  das  Saldokonto.  Hier  steht  im  Haben 
neben  dem  Kapital  der  Brüder  Nicolo  und  Aluixe  Barbarigo  von  1186  L  4  s  11  rf  26  », 
das  sich  zumeist  aus  Staatsschulden  und  Immobilien  zusammensetzt,  der  Handelsgewinn 
der  Jahre  1458-82  von  1538  L  IS  s  lü  d."     Vergl.  auch  Kovero  (a.  a.  O.  Seite  9). 

3)  Daß  es  sich  wohl  fast  durchwegs  nur  um  Probe-(Roh-)bilanzen  gehandelt  hat, 
Seitre'^^  1       d  ^  ^S^°  ^^^^'■^^^'^^^^  '^®**^°*-   Vergl.  hiezu  auch  unsere  Anmerkungen  3, 

Torino*i8^8°    P*"®^*^*®"®   ®   "°*®'    ®*^'*°    P"    ^^^^    ^^1    ^^^^'   Vincenzo    Gitti, 


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Als  Bücher  nennt  er  uns  Memorial,  fournal  und  Hauptbuch  (qua- 
derno  dobbio).  Auch  Eingangsinventar,  Kapitalkonto  und  Gewinn-  und 
Verlustkonto  sind*  ihm  bekannt.  Dagegen  berichtet  er  uns  nichts  von 
spatern  regelmäßigen  Inventaraufnahmen.  Die  Schlußbilanz  wird  nach 
seiner  Angabe  nur  an  vereinzelten  Orten  jährlich  gezogen.')  Begrifflich 
erforderlich  erschien  sie  nur  zu  dem  rechnerischen  Zweck  des  Ab- 
schlusses der  Bücher,  sobald  diese  voll  waren.  Dann  wurden  Geschäfts- 
spesen, Pnvatausgaben,  Gewinne  u.  dgl.  auf  Gewinn-  und  Verlustkonto 
übertragen,  die  buchmäßig  vorhandenen  Warenbestände  zu  den  buch- 
mäßig ermittelten  Erwerbspreisen  eingesetzt,  alle  Konten  —  Gewinn-  und 
Verlustkonto  durch  Kapital  —  saldiert.  Sämtliche  Saldi  waren  dann  in 
der  Bilanz,  welche  auf  einem  besondern  Blatte*)  aufgestellt  wurde,  zu 
verzeichnen  und  von  hier  aus  auf  die  neuen  Bücher  zu  übertragen.*) 

Die  Bilanz  Paciolis  stellte  somit  eine  Art  Vermögensbilanz 
dar.  Ihre  damalige  Form  hat  sich  bis  heute  in  der  doppelten  Buchführung 
erhalten.  Allerdings  haben  im  Laufe  der  Entwicklung  bedeutsame  materielle 
Aenderungen  stattgefunden.  Obschon  sie  sich  nur  auf  Buchbeträge 
gründete,  ihr  Zweck  also  nur  ein  buchhalterischer  war,  so  unter- 
schied sie  sich  doch  bedeutend  von  der  Saldobilanz  einer  Probebilanz 
wegen  des  Umstandes,  daß  alle  Geschäftsspesen  und  Privatausgaben  auf 
Gewinn  und  Verlust,  und  von  da  auf  das  Kapitalkonto  übertragen  wurden. 
Die  buchmäßige  Ermittlung  des  Gewinnes  resp.  Veriustes  auf  Waren  war 
dadurch  ohne  Zugrundelegung  einer  neuen  selbständigen  Inventarisierung 
möglich,  daß  m  den  Büchern  über  die  Warenbestände  neben  der  Geld- 
rechnung auch  eine  Mengenverrechnung  stattfand,  indem  auch  Angaben 
über  Stückzahl,  Maße,  Gewichte,  Marke,  Nummern  etc.  gemacht  wurden. 
Wenn  sich  nun  auch  schon  zu  seiner  Zeit  die  regelmäßige,  jähriiche  Auf- 
stellung von  Schlußbilanzen  vor  allem  bei  den  Großkaufleuten  eingebürgert 
hatte,  so  ist  doch  mit  Nachdruck  zu  betonen,  daß  eine  selbständige 
außerhalb  der  Buchhaltung  stehende  Schlußin ventur  nicht 
vorgenommen  wurde.*) 

»)  Pacioli,  Seite  113,  capitolo  XXXII. 
*)  Paeioli,  Seite  128.  capitolo  XXXVI. 
')  Vergl.  auch  Simon,  a.  a.  0.,  Seite  31. 

T.  T  *)  Sieveking:  Aus  venetianiachen  Handlungsbüchern,  Seite  323/24:  „Den 
Italienern  macht  der  Abschluß  ihrer  Bücher  ^oße  Mühe.  Cotrugli  fordert  ein  Sabbath- 
i-  o  1,  ^  siebente  Jahr  müsse  der  Kaufmann  von  seinen  Geschäften  feiern.  Diese 
Muße  sollte  er  aber  zum  Abschließen  seiner  Bücher  verwenden,  a).  Die  Depositenbanken 
der  Oasa  dl  fe.  Giorgio  wurden  alljährlich  zwei  Monate  hindurch  geschlossen,  während 
man  die  Bucher  revidierte  und  abschloß.  Aber  eine  Mühe,  die  notwendig  der  Auf- 
Stellung  einer  Schluübilanz  vorangehen  muß,  scheinen  die  Italiener  nicht  gewürdigt  zu 
haben:  die  Aufnahme  des  Schlußinventars.  Auch  Paeioli  erwähnt  nichts  davon  und 
gibt  nur  eine  Darstellung  der  Probebilanz,  b).  Diese  gewährt  offenbar  nur  eine  formale 
Kontrolle.  Um  eine  ganz  zuverlässige  Uebersicht  über  Stand  und  Gang  des  Geschäftes 
zu  gewinnen,  ist  es  nötig,  durch  die  Schlußinventur  den  Wert  der  Bestände  zu  schätzen, 
diesen  Wert  mit  dem  Buchwert  zu  vergleichen  und  eine  eventuelle  Differenz  als  Ge- 
winn oder  Verlust  vorzutraL^en.  Davon  glaubten  die  Italiener  absehen  zu  können.  Erst 
^^.!?^^  und  nach  ihm  die  Ordonnance  de  commerce  verlangten  im  17.  Jahrhundert  regel- 
mäßig wiederkehrende  effektive  Inventarisierung." 

a)  Ausführlich  bei  Kh eil,  a.  a.  0.,  Seite  61/2. 

b)  Kovero,  a.  a.  O.  S.  10,  Fußnote  3.  „Die  Behauptungen  Sievekings  Cvergl 
„Aus  venetianischen  Handlungsbüchern",  Seite  324)  sowie  Strieders  (vergl.  Jacob 
btneder.  Die  Inventur  der  Firma  Fugger  aus  dem  Jahre  1527",  „Zeitschrift  für  die 
gesamte  Staatswissenschaft",  Ergänzungsheft  XVII,  Tübingen,  1905,  S.  3),  daß  Paeioli 
nur  Probebilanzen   gekannt    hätte,  müsse    daher   als   nicht    ganz    korrekt   bezeichnet 


Erst  im  16.  Jahrhundert  ist  dann  das  Schlußinventar  im  Zusammen- 
hang mit  der  doppelten  Buchhaltung  in  Gebrauch  gekommen.')  So  ist  das 
Schlußinventar  der  Firma  Fugger  vom  Jahre  1527,  welches  wegen  des 
Todfalles  Jakob  Fuggers  errichtet  wurde,  auf  eine  tatsächliche  Auf- 
nahme und  Abschätzung  des  Vermögens  gegründet.  Auch  sind  zum  Bei- 
spiel die  Bilanzen  der  Firma  Antoni  Haug  d.  Ae.  u.  a.  während  der 
Jahre  1533—1562  auf  Grund  effektiver,  mit  ziemlicher  Regelmäßigkeit 
jedes  zweite  Jahr  vorgenommener  Inventarisation  aufgestellt.')  Anders 
verhält  es  sich  allerdings  mit  der  zeitgenössischen  Literatur.  So  stehen 
Dominico  Manzoni,  dessen  „Quaderno  doppio  col  suo  giornale,  nova- 
mente  composito  et  diligentissime  ordinato,  secondo  il  costume  di  Ve- 
netia"  im  Jahre  1640  in  Venedig  erschien,  und  Faschier  Goessen,  dessen 
„Buchhalten  fein  kurz  zusammengefaßt  und  begriffen,  nach  art  und  weise 
der  Italiener  mit  allerhand  verständlichen  guten  Exemplen"  im  Jahre  1694 
in  Hamburg  gedruckt  wurde,  noch  auf  dem  Standpunkt  von  Paeioli.  In 
dem  Buche  Manzonis  ist  die  Ermittlung  der  Schlußbestände  nur  auf  Grund 
der  Skontri  dargestellt.  Henricus  Grammateus,  der  älteste  deutsche  Buch- 
führungsschriftsteller, kennt  in  seiner  Arbeit  „Neu  künstlich  Rechen- 
büchlein uff  alle  Kaufmannschaft"  überhaupt  keine  Bilanz;  das  Schluß- 
inventar wird  weder  von  loann  Gottlib  noch  von  Angelo  Pietra  erwähnt. 
Von  spätem  Schriftstellern  des  17.  Jahrhunderts  gründen  Nicolas  Beusser, 
dessen  „Neu  vollkommenes  Buchhalten"  im  Jahre  1669  in  Frankfurt  er- 
schien, sowie  De  la  Porte,  welcher  in  seinem  im  Jahre  1687  in  Amsterdam 
gedruckten  Buche  „Le  Guide  des  N^gocians  et  Teneurs  de  Livres**  eine 

werden.  In  den  Saldobilanzen  der  Probebilanzen  entsprechen  die  Saldi  der  „gemischten« 
Konti,  welche  gleichzeitig  Bestandkonti  (und  Gewinn-  und  Verlustkonti)  sind,  den  Be- 
ständen nicht,  und  z.  B.  die  besonders  wichtigen  Beträge  der  Gewinne  an  Waren  können 
nicht  bestimmt  werden;  dieses  wird  erst  durch  Berechnung  der  Bestände  aus  Skontri 
möglich.  Daß  die  Warenkonti  als  „gemischte"  Konti  geführt  wurden,  geht  aus  den 
Schriften  späterer  Autoren  hervor  (vergl.  z.  B.  Stevin  und  de  La  Porte)."  Aehnlieh 
Simon,  a.  a.  O.,  Seite  30/2. 

*)  Hiezu  sei  noch  aus  den  Untersuchungen  von  Sieveking  angeführt:  „Ich 
möchte  die  doppelte  Buchführung  als  genuesische  Erfindung  bezeichnen.  Aach  nahm 
Paeioli  seine  Beispiele  aus  Venedig.  In  Florenz  aber  wurde  diese  Buchführung  selbst 
1458  noch  nicht  vollkommen  eingeführt  (Genueser  Finanzwesen  I  S.  119).  Auch  für 
den  Kaufmann  bedeutete  die  Annahme  der  doppelten  Buchführung  nicht  ohne  weiteres 
eine  bessere  Uebersicht  über  den  Stand  der  Geschäfte ...  Die  Schwierigkeiten  ergaben 
sich  daraus,  daß  die  in  einer  Hausgemeinschaft  lebenden  Brüder  die  Aufstellung  einer 
Vermögensbilanz  bisher  nocb  nicht  für  der  Mühe  wert  gehalten  hatten.  Es  scheint 
beim  Tode  des  Vaters  keine  Schätzung  des  Vermögens  stattgefunden  zu  haben,  die  zu 
Beginn  jeder  Buchführung  notwendige  Inventaraufnahme  mangelte.  Am  Anfang  des 
Buches  steht  ein  Konto  der  aus  einem  früheren  Buche  übernommenen  Kreditoren  und 
Debitoren,  aber  nach  einer  vollständigen  Bilanz  des  Vermögens  suchen  wir  vergebens. 
Gerade  die  Konten  des  reinen   Vermögens  sind  unvollkommen  gespeist  und  saldiert 

Wieder  scheinen  die  in  unvollkommener  Buchführung  gehaltenen  Rechnungen 
der  Florentiner  Handelsgesellschaften  über  das  Wesentliche,  den  Stand  und 
die  Zusammensetzung  des  Vermögens,  genauere  Auskunft  zu  geben.  In  der  Tat  zeigen 
uns  die  periodischen  Abrechnungen  der  Alberti  und  Peruzzi  klar  den  jeweiligen  Stand 
des  Geschäftes.  Durch  die  Vergleichung  der  verschiedenen  Abrechnungen  können  wir 
die  eingetretenen  Veränderungen  feststellen.  —  Die  Ueberlegenheit  der  Florentiner  Rech- 
nungen beruhte  auf  der  regelmäßigen  Aufnahme  der  Inventur.  Allein,  die  doppelte 
Buchführung  bot  doch  die  Möglichkeit  übersichtlicherer  Rechnung  dar,  als  sie  die 
Florentiner  kannten.  Es  kam  nur  darauf  an,  die  gewonnenen  Prinzipien  konsequent 
durchzuführen."  (Aus  venetianischen  Handlungsbüchern,  Seite  317/8.) 

^)  Strieder:  „Die  Inventur  der  Firma  Fugger  aus  dem  Jahre  1527 ^  S.  3  fauch 
Note  5),  5,  13,  IG  zitiert  nach  Kovero  (a.  a.  0.  S.  11/12.) 


rm 


10 

Darstellung  der  italienischen  Buchhaltung  gibt,  der  Bücherabschluß  noch 
immer  auf  Skontri.  Dagegen  anerkennt  Georg  Niclaus  Schurtz  in  seinem 
im  Jahre  1695  m  Nürnberg  im  Druck  erschienenen  „General  Instruction 
des  Buchhaltens"  schon  die  effektive  Inventar isation  als  Grund- 
läge  der  Schlußbilanz,  obgleich  er  die  Inventur  wegen  der  damit  ver- 
bundenen  Mühe  nicht  in  jedem  Jahre  für  notwendig  erachtet.  Besondere 
Inventarbucher  oder  Inventare  hat  Schurtz  noch  nicht ;  die  Bestände  werden 
den  bkontri  entnommen,  aber  diese  durch  Inventur  kontrolliert.  Die  Schluß- 
bilanz  wird  „Schlußbilanz  nach  der  Inventur"  genannt.') 

Im  Jahre  1673  wurde  dann  in  Frankreich  die  ».Ordonnance  de  com- 
merce erlassen,  die  jedes  zweite  Jahr  eine  Inventuraufnahme  vorschrieb 
Auch  Jaques  Savary'),  der  geistige  Urheber  obigen  Gesetzes,  verlangt  in 
seinem  berühmten  Werk:  „Le  parfait  n^gcciant  ou  instruction  gönirale 
pour  ce  qui  regarde  le  commerce  de  toute  sorte  des  marchandises",  daß 
uns  die  Bilanz  ein  Bild  des  Vermögensstandes  gewähre,  und  zwar  hat  sie 
sich  auf  eine  effektive  Inventur  zu  stützen. 

Die  Kodifikationen  des  Handelsrechts  haben  dann  in  der  Folge  fast 
ausnahmslos  Inventur  und  Bilanz  gesetzlich  vorgeschrieben.  Während  nun 
der  Code  de  commerce  vom  10.  September  1807  und  seine  Gruppe  iähr- 
hche  Inventarisation  in  einem  besondern  Buch  vorschrieb,  auf  jegliche 
nähere  Bezeichnung  der  Bewertungsgrundsätze  aber  verzichtete,  ging  der 
deutsche  Gesetzgeber  und  seine  Gruppe  in  seinen  Bestimmungen  bedeutend 
weiter  So  lautete  Art.  31.  des  deutschen  Handelsgesetzbuches  von  1862 
wie  folgt:  Bei  der  Aufnahme  des  Inventars  und  der  Bilanz  sind  sämt- 
liche Vermogensstiicke  und  Forderungen  nach  dem  Werte  anzusetzen, 
welcher  ihnen  zur  Zeit  der  Aufnahme  beizulegen  ist.  Zweifelhafte  Forde- 
rungen sind  nach  ihrem  wahrscheinlichen  Werte  anzusetzen,  uneinbring- 
ncne  abzuschreiben.  ^ 

Fast  wörtlich  wurden  diese  Bestimmungen  auch  in  das  neue  deutsche 
Handelsgesetzbuch  vom  10.  Mai  1897  §  40  übergenommen:  Die  Bilanz 
ist  in  Kelchswahrung  aufzustellen. 

Bei  der  Aufstellung  des  Inventars  und  der  Bilanz  sind  sämtliche 
Vermogensgegenstände  und  Schulden  nach  dem  Werte  anzusetzen,  der 
Ihnen  in  dem  Zeitpunkte  beizulegen  ist,  für  welchen  die  Aufstellung  stattfindet. 

Zweifelhafte  Forderungen  sind  nach  ihrem  wahrscheinlichen  Werte 
anzusetzen,  uneinbnngliche  Forderungen  abzuschreiben. 

Aehnlich  lautet  der  Einleitungssatz  des  Art.  656  des  Schweiz  Obli- 
gationenrechts :  Die  Bilanz  ist  so  klar  und  übersichtlich  aufzustellen  daß 
die  Aktionare  emen  möglichst  sichern  Einblick  in  die  wirkliche  Ver- 
mögenslage') der  Gesellschaft  erhalten. 

A     .  ^/^^"^„eisten   juristischen   Autoren  und  auch    Kovero   vertreten   die 
Ansicht    daß  mit  diesen  Bestimmungen  der  Gesetzgeber  eben  den  wahren 
den  wirklichen,   den   gegenwärtigen   Wert  im  Auge  hatte.    Wir  werden 

TT  K  ul^  ,^"J"^??°^®"  ^"«  Kovero,  a.  a.  0.  S.  11—13,  der  einen  ausführlichen 
UebeTbhck  über  die  geschichtliche  Entwicklung  der  Bilanz  gibt!  Ferner  P^^nn dorf 
Geschichte  der  Buchhaltung  in  Deutschland,  Leipzig,  1913,  Seite  186  ^^°°^^'^*- 
2)  ueber  die  Entstehung  des  parfait  n^gociant,  sowie  die  Stellung  zur  franz 
Handelsgesetzgebung,  vom  Jahre  1673  vergl.  Eduard  W eher*  Ui^uLJtlnV^^^^^ 
der  Handelsbetriebslehre,  Ergänzungsheft  49  derZe  tschi^ft  fL  d^e  /^^^^^^^^ 
Wissenschaft,  Tübingen  1914,  Seite  14/5.  gesamte  ötaats- 

^)  Vom  Autor  gesperrt. 


11 

uns  später  eingehender  mit  den  §  40  und  261    des  deutschen   Handels- 
gesetzbuches, sowie  Art.  656  des  Schweiz.  O.  R.  zu  befassen  haben. 

Wir  wollen  nun  an  Hand  einer  schematischen  Bilanzaufstellung 
versuchen,  auf  das  Wesen  der  kaufmännischen  Bilanz  etwas  näher  ein- 
zutreten. 

§  2.  Beispiel  einer  Bilanz. 

Bilanz  am  31.  Dezember  19 .  .*) 

Aktiva: 

Immobilienkonto Mk.  34,077.041-60 

Dienstmaterialkonten    (Werkzeuge    und    Geräte    und 

Bureau-Einrichtung)      ^          495  333-32 

Magazinkonten ^       9,628.517-25 

Debitorenkonto ^     16,489.037-38 

Avalkonto Mk.  3,773.547-— 

Wertpapierkonto ^          614.661-06 

Wechselkonto ^          267.649-14 

Kassenkonto 302.62830 

Mk.  61,874.858.05 

Passiva: 

Aktienkapitalkonto Mk.  35,000.000-— 

Reservefonds 7,877.235-04 

Dispositionsfonds       ^  706.862*57 

Stiftungsfonds ^  50.979-06 

Avalkonto Mk.  3,773.547-— 

Kreditoren ^  11,820.031-62 

Gewinn-  und  Verlustkonto. „  6,419.749-76 

Mk.  61,874.85805 

§  3.  Der  Kapitalbegriff, 
a)  Betrachten  wir  zuerst  die  Passiven,  die  Kapitalseite  der  Bilanz. 
Wir  werden  so  vorgehen,  daß  wir  uns  zunächst  etwas  nach  dem  Kapital- 
begriff m  der  nationalökonomischen  Literatur  umsehen,  um  dann 
nachher  zu  untersuchen,  als  was  wir  uns  das  Kapital  in  der  Bilanz  vor- 
zustellen haben. 

Ursprünglich  verstand  man  darunter  das  Hauptsächliche,  die  Haupt- 
summe, den  Kapitalbetrag  einer  Geldschuld,  von  der  die  Zinsen  einen 
bestimmten  Prozentsatz  ausmachen.  Auch  noch  im  Mittelalter  bezeichnete 
man  mit  „capitale"  ganz  allgemein  das  durch  Anleihen  gewinnbringend 
angelegte  Geldvermögen,  d.  h.  die  dargeliehene  Geldsumme.  Erst 
das  Verbot  des  Zinsennehmens  durch  die  katholische  Kirche  brachte  dann 
eine  Wandlung  in  den  Anschauungen.  Es  wurde  nämlich  von  den  Gegnern 
des  Zinsverbots  mit  Recht  darauf  hingewiesen,  daß  sich  das  Geldvermögen 
auch  in  anderer  Weise  nutzbringend  verwenden  lasse,  als  durch  das  Mittel 
des  Darlehens  oder  der  sonstigen  Kreditgewährung.  So  kam  der  Kauf 
von  Grundstücken  oder  von  Waren  in  Betracht.   Dadurch  ergab  sich  auch 

-  i,  u?J^^^}^  Nicklisch:  Allgemeine  kaoftnännische  Betriebslehre  als  Pri?atwirt- 
sciiaftslehre  des  Handels  (und  der  Industrie)  Bd.  L,  Leipzig.  1912,  Seite  53,  handelt  es 
SICH  um  die  Bilanz  eines  Bergwerks,  die  hier  nur  im  Auszuge  gegeben  ist. 


>' 


12 


13 


auf  diesem  Wege  für  den  Besitzer  ein  Nutzen.  Der  Gedanke  lag  somit 
nahe,  den  Begriff  des  Kapitals  nicht  bloß  auf  die  geliehene  Geldsumme 
zu  beschränken,  sondern  denselben  auf  geliehene  Güter  überhaupt 
auszudehnen,  da  ja  das  Geld  nur  als  Stellvertreter  der  betref- 
fenden Güter  in  Betracht  kommt.  Diese  Konsequenz  wurde  jedoch  nicht 
gezogen,  vorwiegend  wohl  aus  dem  Grunde,  weil  das  seit  dem  Ende  des 
Mittelalters  sich  entwickelnde  Merkantilsystem  dem  Gelde  eine  ganz  ex- 
7eptionelle  Stellung  im  Haushalt  der  Völker  einräumte  und  den  Ausdruck 
„Kapital"  ausschließlich  für  verliehene  Geldsummen  gebrauchte.  —  Erst 
die  Physiokraten  traten  der  bis  dahin  herrschenden  Anschauung  entgegen, 
daß  unter  dem  Worte  „Kapital"  nur  eine  gegen  Zins  ausgeliehene  Geld- 
summe zu  verstehen  sei.') 

Der  bekannteste  Theoretiker  auf  diesem  Gebiete  der  Volkswirtschafts- 
lehre,  Böhm-Bawerk  gibt  uns  in  seinem  Artikel  „Kapital"  im  Hand- 
wörterbuch der  Staatswissenschaften,  III.  Auflage,  S.  778,  folgende  zwei 
Definitionen:  Unter  Kapital  versteht  man:  1.  einen  Vorrat  von  Produkten, 
welche  ihrem  Eigner  als  Mittel  privatwirtschaftlichen  Erwerbs  oder  zur 
Bildung  von  Einkommen  dienen  (Vorrat  produzierter  Erwerbsmittel,  Er- 
werbskapital, Privatkapital,  capital  simplement  lucratif). 
2.  Einen  Vorrat  von  Produkten,  welche  als  Mittel  einer  ferneren  Pro- 
duktion dienen  (Vorrat  von  produzierten  Produktionsmitteln,  oder  Zwischen- 
produkten, Produktiv-Kapital,  sozial-  oder  volkswirtschaft- 
liches Kapital.^) 

Somit  ergibt  sich  als  gemeinsames  Merkmal  beider  Begriffe,  daß  sie 
nicht  nur  Geldsummen,  sondern  Vorräte  von  Gütern  von  was  immer  für 
einer  Art  umfassen,  doch  muß  es  sich  um  Produkte  handeln.  Ausgeschlossen 
bleiben  infolgedessen  einmal  die  zwar  als  Güter,  aber  nicht  als  Produkte 
geltenden  persönlichen  Arbeitsleistungen,  auf  der  andern  Seite  der  natür- 
liche Grund  und  Boden.  Ferner  müssen  diese  Produkte  in  irgendeiner 
Art  zur  Gütergewinnung  bestimmt  sein,  im  Gegensatz  zu  Zwecken  des 
unmittelbaren  Lebensgenusses.  Hierdurch  scheidet  sich  der  Begriff  des 
Kapitals  von  dem  des  Genußvermögens,  (stock  for  immediate  consumption.) 

Als  Unterscheidungsmerkmale  der  beiden  Kapitalbegriffe  haben  wir 
vor  allem  die  Art  der  Gütergewinnung,  auf  die  sie  Bezug  nehmen.  Weiter 
gefaßt  ist  der  Begriff  des  Privat-  oder  Erwerbskapitals.  Hier  genügt  die 
Widmung  zu  irgend  einer  Art  des  Gütererwerbs,  der  nicht  gerade  durch 
Produktion,  sondern  z.  B.  auch  durch  Tausch,  Verleihen  oder  Vermieten 
statthaben  kann.  Das  Produktiv-  oder  Sozialkapital,  als  Kapitalbegriff  im 
engern  Sinn,  setzt  eine  Gütererzeugung  oder  Produktion  voraus. 

In  seiner  Dogmengeschichte  des  Kapitals  unterscheidet  Böhm-Bawerk 
drei  Hauptperioden. 

In  der  ersten  Periode  erfährt  der  Kapitalbegriff  vor  allem  durch  die 
Physiokraten  in  der  Weise  eine  sehr  bedeutende  Erweiterung,  als  er  nun- 
mehr nicht  nur  auf  die  Geldkapitalien,  sondern  auf  Gütervorräte  überhaupt 

')  Vergl.  Fr.  Kleinwächter  in  Schönbergs  Handbuch  der  politischen  Oeko- 
nomie,  S.  188. 

^)  Kritisch  hiezu:  Liefmann:  Ertrag  und  Einkommen  auf  der  Grundlage  einer 
rein  subjektiven  Wertlehre,  Jena.  1907,  Seite  15/6.  Ferner  Diehl  Karl:  Zur  Kritik  der 
Kapitalzinstheorie  von  Böhm-Bawerk,  in  den  Jahrbüchern  für  Nationalökonomie  und 
Statistik,  105.  Bd.  Jena,  1915,  Seite  581/3. 


Anwendung  findet.  Es  ist  vor  allem  das  Verdienst  Turgots  dies  scharf 
formuliert  zu  haben.*) 

Die  zweite  Epoche  steht  unter  dem  Einfluß  von  Adam  Smith. 
Er  prägt  sehr  klar  und  scharfsinnig  die  Bezeichnung  des  Produktiv- 
kapitals. Auch  ihm  entgeht  allerdings  die  Tatsache  nicht,  daß  zwar 
innerhalb  einer  wirtschaftenden  Gesellschaft  einzelne  Individuen  auch  durch 
Tausch,  Verleihen  oder  Vermieten  u.  dgl.  einen  Erwerb  ziehen,  daß  da- 
gegen die  wirtschaftende  Gesellschaft  im  ganzen  sich  nicht  anders  be- 
reichern könne  als  durch  Produktion  neuer  Güter:  für  sie  können  daher 
als  Kapital  nur  die  zur  Produktion  dienenden  Gütervorräte  gelten.  Auch 
hier  beherrscht  er  seine  Zeit  so  vollkommen,  daß  sein  volkswirtschaft- 
licher Kapitalbegriff,  der  eine  für  die  Analyse  der  Erscheinungen  der  volks- 
wirtschaftlichen Produktion  wichtigen  Gütergruppe  glücklich  hervorhob, 
binnen  kurzem  den  altern  und  weitern  privatwirtschaftlichen  Kapital- 
begriff vollkommen  überflügelte.  Von  nun  an  nimmt  man  in  wissenschaft- 
lichen Erörterungen  auf  ihn  allein  Bezug  und  definiert  nach  ihm  das 
Kapital  als  den  Inbegriff  produzierter  Produktionsmittel.  ^)  Ganz  nebenbei 
wird  dann  noch  bemerkt,  daß  für  einzelne  Individuen  auch  solche  Güter, 
die  nicht  der  Produktion  dienen,  wie  z.  B.  vermietete  Wohnhäuser  oder 
Möbel  als  Kapital  aufgefaßt  werden  können. 

Die  dritte  Periode  bringt  uns  dann  wieder  eine  Differenzierung  der 
in  der  zweiten  Periode  vermischten  zwei  Begriffe.  Man  sah  wieder,  daß 
nämlich  die  Rentenquelle  von  Produktionswerkzeug  Kapital 
sich  nicht  bloß  durch  den  Hinzutritt  privater  Eigentumsrechte,  sondern  auch 
dadurch  unterscheidet,  daß  sie  einen  andern,  und  zwar  weitern  Kreis  von 
realen  Gütern  umschließt;  kurz,  daß  man  es  auch  abgesehen  von  der  Be- 
trachtung der  rechtlichen  Verhältnisse,  deren  Gegenstand  die  Kapitalgüter 
sind,  in  der  Rentenquelle')  und  im  Produktionsfaktor*)  Kapital  mit  zwei  von- 
einander verschiedenen  Realbegriffen  zu  tun  hat,  die  nur  infolge  eines 
eigentümlichen  Ganges  der  terminologischen  Entwicklung  denselben  Namen 
tragen. 

Es  ginge  weit  über  den  Rahmen  dieser  Arbeit  hinaus,  wollten  wir 
nur  die  hauptsächlichsten  Kapitaldefinitionen  dieser  Periode  hier  kurz 
vorführen. 

Liefmann,*)  als  Verfasser  der  zuletzt  erschienenen  Publikationen 
über  unseren  Gegenstand,  faßt  den  Stand  der  Meinungen  über  den  Kapital* 

')  Es  ist  zu  bemerken,  daß  vor  den  Physiokraten  schon  der  Reformater  Calvin 
den  Standpunkt  vertreten  bat,  dafi  das  Zinsverbot  deshalb  nicht  am  Platze  sei,  da  num 
es  ja  leicht  umgehen  könne  mit  der  Fruktifizierung  seines  Geldkapitals  auf  andere  Weise: 
Kauf  von  Grundstücken  etc. 

0  Auch  bei  Smith  findet  sich  schon  die  Auffaa^uitg  des  Erwerbskapitak. 
(Wealth  of  nation^  11.  Buch,  Kap.  l.)  Vergl.  auch  Lezis  in  Elsters  Wörterbuch  d«r 
Volkswirtschaft  Bd.  li,  Seite  14.  Ferner  Liefmann:  Kapital  und  Kapitalismus,  in  der 
Zeitschrift  lür  die  gesamte  Staatswissenschaft.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  t\.  Bücher, 
72.  Jahrg.  1916/17,  3.  Helt,  Seite  335/6.  Komorzynski,  Dr.  Johann  von;  Die  national- 
ökonomische  Lehre  vom  Kredit.  Innsbruck,  19<)3,  Seite  145/152. 

')  Die  vier  Hnuptzweige  des  Einkommens  sind  bekannt  ich:  Grundrente, 
Arbeitslohn,  Zins  und  Unternehmergewinn  entsprechend  den  BentenqueUea : 
Grund  und  Boden,  Arbeit  und  Erwerbs  kapital. 

*)  Die  volkswirtschaftlichen  Produktionsfaktoren  sind:  Natur,  Arbeit  und  Pro- 
dukt i  v  kapital. 

^)  Liefmann.  Robert:    Kapital  und  Kapitalismus,   in  der  Zeitschrift  für  die 

fesamte  StaatswissenscbMft,  herausgegeben  von  Prof.  Dr.  K.  Bücher,  72.  Jahrg.  1916/7, 
.  Heft.  Seite  342J/3.    Siehe  ferner  daselbst  Seite  334,  347,  350. 


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begriff  wie  folgt  zusammen:  „So  wird  heute  allgemein  Kapital  im 
volkswirtschaftlichen  Sinn  als  produziertes  Produktions- 
mittel und  im  privatwirtschaftlichen  Sinne  als  Erwerbs- 
mittel unterschieden.  Ob  Erwerbsmittel  dabei  Erzielung  von  Pro- 
dukten oder  von  Geldmengen  bedeutet,  das  geht  bei  den  meisten 
Autoren  durcheinander,  die  ganz  schlauen  lassen  diese  Frage  wohlweislich 
offen.  Je  deutlicher  das  letztere  betont  wird,  um  so  mehr  nähert  sich 
der  Autor  für  den  privatwirtschaftlichen  Kapitalbegriff  der  zweiten,  geld- 
lichen Auffassung,  bis  dann  in  deren  Vollendung  das  Kapital  selbst  über- 
haupt nur  noch  als  Geldausdruck  aufgefaßt  wird." 

Diese  Doppelspurigkeit  des  Kapitalbegriffes  ist  in  den  letzten  Jahren 
energisch  bekämpft  worden.')  In  seinen  neuesten  Untersuchungen  gibt 
uns  Liefmann')  nun  folgende  Begriffsbestimmung:  „Kapital  ist  die 
zur  Feststellung  eines  Geldertrages  dienende  Geldrechnungs- 
form dauerbarer  Kostengüter  und  das  Geld  selbst  als  solches." 
Diese  Definition  kommt  auch  der  unsrigen,  privatwirtschaftlichen  (bilanz- 
mäßigen) von  allen  übrigen  am  nächsten. 

b)  Weniger  Schwierigkeiten  bietet  uns  der  privat  wirtschaftliche 
(bilanzmäßige)  Kapitalbegriff,  indem  wir  uns  mit  Vorteil  an  den  Sprach- 
gebrauch halten  können.  Darnach  möchten  wir  das  Erwerbskapital 
(capital  lucratlf)  definieren  als  die  Summe  der  in  einem  Unter- 
nehmen arbeitenden,  investierten  Vermögenswerte,  und  zwar 
in  Geldform  ausgedrückt. 

In  der  Bilanz  entspricht  das  privatwirtschaftliche  Kapital  den 
Passiven.') 

Kapital  =  Passiven. 

Für  das  Gesamtkapital,  das  in  einer  Unternehmung  werbend  tätig 
ist,  ergibt  sich  dann  folgende  sehr  bedeutsame  Zweiteilung*): 

eigenes  Kapital  (eigene  Mittel) 
fremdes       „        (fremde      „     ) 

Das  Kapital  läßt  sich  ferner  zerlegen  nach  dem  Gesichtspunkt  der 
Dauer,    wählend  welcher  es  dem  Unternehmen  zur  Verfügung  gestellt 

')  Liefmann:  Ertrag  und  Einkommen  auf  der  Grundlage  einer  rein  subjek- 
tiven Wertlehre,  a.  a.    >.  S.  15/6. 

D  i  eh  I :  Zur  Kritik  der  Kapitalzinstheorie  von  Böhm-Bawerk,  in  den  Jahrbüchern 
für  Nationalökonomie  und  Statistik,  a.  a.  O.  S.  581/3. 

^)  Liefmann,  Robert:  Grundsätze  der  Volkswirtschaftslehre,  Stuttgart  und 
Berlin,  1917,  Seite  567.    Ferner  Derselbe:  Kapital  und  Kapitalismus.  a.a.O.  Seite  3i8. 

^)  Nicht  ganz  richtig  ist  es  somit,  wenn  Lexis  (a.  a.  O.  Seite  15)  schreibt: 
Was  ist  nun  als  das  wirk-ame  Kapital  des  Unternehmers  anzusehen?  Ohne  Zweifel 
die  Gesamtsumme  der  Aktiva,  nicht  bloß  das  eigene  Kapital  des  Unternehmers.  Vergl. 
unsere  Ausführungen  über  das  Verhältnis  von  Vermögen  und  Kapital  in  der  Bilanz. 
Seite  16  ff. 

*)  In  diesem  Zusammenhan?  kommen  wir  kurz  auf  K'arl  Marx  zu  sprechen. 
Bekanntlich  sieht  Marx  den  Kapitalzins  als  einen  Weutegewinn  an,  den  der  Kapitalist 
auf  Kosten  des  Lohnarbeiters  an  sich  zieht.  Dieses  Moment  der  Ausbeutung  erscheint 
ihm  nun  so  wichtig,  daß  er  es  als  konstituierendes  Merkmal  in  den  isegriff  des  Kapitals 
hineinträgt:  er  faßt  als  Kapital  nur  diejenigen  Produktionsmittel  auf,  welche  in  der 
Hand  von  Kapitalisten  „als  Exploitation«-  und  Beherrschungsmittel  des  Arbeiters  dienen." 
Dieselben  Dinge  im  Besitz  des  Arbeiters  sind  dagegen  kein  Kapital.  (Marx,  das 
Kapital  I,  1.  Auflage.  747.  Zitiert  nach  böhm-Bawerk:  Positive  Theorie  des  Kapitals, 
2.  Auflage.  Innsbruck  1902,  S.  33  und  60.)  Wenn  wir  auch  die  Besitzverhältnisse 
für  das  privatwirtschaftliche  Kapital  als  relevant  anerkennen,  so  finden  wir  es  doch  zu 
weit  gegangen  das  Kapital  mit  „Ausbeutungsmittel-  zu  identifizieren. 


16 

wurde.     Da   kommt  in  erster  Linie  das  eigene  Kapital  in  Betracht  mit 
einer  unbeschränkten  Laufzeit.   Die  Bestandteile  des  Fremdkapitals  weisen 
in  dieser  Hinsicht  bedeutende  Gradunterschiede  auf.    Ebenfalls  auf  unbe- 
stimmte Zeit  bleiben  die  Beträge  in  der  Form  von  Kommanditeinlagen 
lim    Geschäft.     Hierauf    folgen    die    langfristigen    Schuldverpflichtungen: 
[Obligationen  und  Hypothekarschulden    und  zuletzt  haben  wir  noch   die 
verschiedenen  kurzfristigen  Verbindlichkeiten :  Eigenwechsel,  Tratten  und 
[Akzepte,  Depositen,  Sparkasseneinlagen,  Giro,  Scheck,   Korrespondenten, 
Kreditoren,  verfallene  Coupons.    Eine  etwas  weniger  geläufige  Einteilung 
der  fremden  Mittel  wäre   noch   diejenige  in  Anlageschulden  (eigenes 
Kapital,  Kommanditen,  Hypothekenbelastungen,  langfristige  Obligationen) 
|und  Betriebsschulden  (alle  übrigen  Verbindlichkeiten). 

In  der  Form  eines  Table  aus  ergibt  sich  folgendes  Bild: 

c)  Der    Grundbegriff   Kapital    in    volks-    und   privatwirtschaft- 
licher Hinsicht. 


|a)  volks'wirtschaftlicher  Kapital- 

begriff.*) 
Die  Gesamtheit  der  vorhandenen 

produzierten  Produktionsmittel. 
Sachgüter,  Summe  dieser  Güter 

in  Naturalform. 
Produktivkapital,      capital     pro- 

ductif. 


|l.  Ei  gen  kapital 

Dauer  unbeschränkt. 


b)  privatwirtschaftlicher  Kapi- 
talbegriff. 

Kapital-Passiven,  die  Summe  der 
in  einem  Unternehmen  arbei- 
tenden, investierten  Vermögens- 
werte. 

Vermögenswerte,  in  Geld  form. 

Er  wer  bskapital,  capital  lue  ratif 

II.  Fremdkapital 

Hinsichtlich  des  Betrages  genau 
feststellbar. 


mit  verschiedener  Dauer: 
a)  mit  unbeschränkter  Dauer:    Kommanditen. 


ß) 


beschränkter 


1.  langfristig: 
Dauer: \  Obligationen, 

Hypotheken. 

2.  kurzfristig: 
Eigenwechsel, 
Tratten  und 
Akzepte, 
Depositen, 
Sparkassen, 

/  Giro,  Scheck, 
Korrespondenten, 
Kreditoren, 
Verfallene  Coupons. 


')  Wir  stell  enhier  den  nach  Liefmann  immer  noch  vorherrschen- 
den volkswirtschaftlichen  Kapitalbegriff,  ohne  uns  mit  demselben 
|zu  identifizieren,  unserm  privatwirtschaftlichen  (bilanzmäßigen) 
Kapitalbegriff  gegenüber.  ^     ' 


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§  4.  Der  Vermögensbegriff. 

a)  Wir  kommen  nun  zu  den  Aktiven,  der  Vermögensseite  der 
Bilanz.  Der  Vermögensbegriff  nimmt  in  der  volkswirtschaftlichen  Literatur 
bei  weitem  nicht  die  Stellung  ein,  wie  die  Erörterungen  über  das  Kapital. 
Einzelne  Schriftsteller  gehen  sogar  soweit,  daß  sie  ihn  vor  allem  privat- 
wirtschaftlich aufgefaßt  wissen  wollen. ')  Volksvermögen,  Nationalvermögen, 
Fortune,  Richesse  d*un  pays,  Wealth,  das  sind  die  Bezeichnungen,  die 
wir  bei  den  nationalökonomischen  Schriftstellern  antreffen.  Es  ist  das  Ver- 
dienst von  Prof.  Wey ermann*)  in  Bern,  in  diese  Verschiedenartigkeit 
der  Begriffe  Klarheit  gebracht  zu  haben.  Wir  brauchen  lür  unsere  Unter- 
suchung auf  diese  verschiedenen  volkswirtschaftlichen  Definitionen  nicht 
näher  einzutreten.     Wir  haben  die  Beziehung: 

Vermögen  ==  Aktiven. 

Bilanzmäßig  betrachtet  stellt  sich  das  privatwirtschaftliche 
Vermögen  dar,  als  die  Gesamtheit  der  konkreten  Werte,  die 
das  Kapital  einer  U  nternehmung  ausmachen  und  zwar  eben- 
falls in  Geld  ausgedrückt. 

b)  Wir  haben  also: 

Kapital  =  Passiven 
Vermögen  =  Aktiven 

Ferner  wissen  wir,  daß  Aktiven  =  Passiven  sind  und  haben  somit 
in  einer  privatwirtschaftlichen  Unternehmung  zwei  Ausdrücke,  nämHch 
Kapital  und  Vermögen  mit  gleichgroßen  Geldbeträgen.  Es  soll  nun  noch 
in  kurzen  Zügen  versucht  werden,  die  Unterschiede,  die  trotz  obiger  Aus- 
führung zwischen  Kapital  und  Vermögen  in  der  Bilanz  bestehen,  klar- 
zulegen. 

Einen  ersten  Unterschied  veranschaulicht  Professor  John  B.  Clark:') 
„In  einem  bestimmten  Augenblicke  befinden  sich  in  dem  Vermögen  einer 
Person  bestimmte  Güter.  Schon  im  nächsten  Augenblicke  aber  kann  sich 
die  Zusammensetzung  geändert  haben.  Einige  von  ihnen  können  ver- 
schwunden und  ihre  Plätze  von  andern  eingenommen  sein.  Am  Ende 
eines  Jahres  werden  sehr  viele,  am  Ende  von  5  Jahren  weitaus  die  meisten 
verschwunden  sein,  aber  die  ganze  Zeit  hindurch  werden  wir  Güter  dieser 
Art  in  unserm  Besitze  gehabt  haben,  nur  nicht  gerade  jene,  die  wir  zu 
Anfang  hatten.  Während  der  5  Jahre  und  während  vieler  solcher  Perioden 
werden  wir  stets  eine  Masse  von  Erwerbsvermögen  besessen  haben,  dessen 
konkrete  Zusammensetzung  in  stetem  Wechsel  ist.  Die  Identität  der  In- 
dividuen in  der  Masse  wird  nicht  aufrecht  bleiben.  Es  geht  ein  steter 
Prozeß  der  Abstoßung  und  des  Wiederersatzes  der  einzelnen  Elemente 
jener  Gesamtheit,  welche  durch  andauernde  Zeit  den  Besitz  des  Kapita- 
listen bildet,  vor  sich.     Das  Bleibende  in  dieser  Masse  von  wechselnder 

0  Vergl.  Conrad:  Grundriß  zum  Studium  der  politischen  Oekonomie.  1.  Teil, 
7.  Auflage.  Jena,  1910,  tieite  20.  Ferner  Lexis,  im  Handwörterbuch  der  Staatswissen- 
schatten, 3.  Auflage.  Artikel:  Verteilung,  Seite  831. 

*)  Die  statistischen  Versuche  einer  Erfassung  des  Volksvermögena,  in  der  Zeit- 
schrift iür  Schweiz.  Statistik.  1915,  Seite  54  ff.  Derselbe:  Sozialökonomische  Begriffs- 
entwicklung  des  Vermögens  und  Voiksvermögens,  in  den  Jahrbüchern  für  National- 
ökonomie und  Statistik,  Bd.  107,  Jena  1916.  Seite  194. 

^)  Wir  folgen  im  wesentlichen  Nicklisch:  Allgemeine  kaufmännische  Betriebslehre 
als  Priyatwirtschaftslehre  des  Handels  (und  der  Industrie),  Band  1,  Leipzig  1912,  Seite  59  ff. 
Die  Clarkechen  Ausführungen  hat  er  nur  wenig  abgeändert. 


Zusammensetzung  ist  etwas,  das  nach  irgend  einer  Benennung  verlangt. 
Wir  bezeichnen  es  mit  Kapital." 

Damit  haben  wir  den  ersten  Unterschied  zwischen  den  Begriffen  des 
Kapitals  und  Vermögens:  Vermögen  ist  die  konkrete  Zusammensetzung 
der  Erwerbsmittel ;  Kapital  ist  das  Bleibende  in  dieser  Vermögensmasse, 
die  Summe  des  Wertes,  der  den  Gütern  innewohnt,  welcher  Art  sie  im 
konkreten  Falle  auch  sein  mögen.') 

Ein  zweiter  Unterschied  ergibt  sich  daraus,  daß  das  Vermögen 
nach  Güterarten  zerlegt  wird,  weil  es  eben  die  Erwerbsmittel  in  ihrer 
konkreten  Zusammenstellung  darstellt.  Anders  das  Kapital,  das  ja  eine 
abstrakte,  gleichbleibende  Summe  darstellt,  bei  der  es,  wie  wir  gesehen 
haben,  nicht  auf  die  Güterarten,  sondern  auf  die  Eigentumsverhältnisse 
ankommt. 

Drittens  ist  schließlich  darauf  aufmerksam  zu  machen,  daß  uns 
die  Passiven  das  Kapital  in  seiner  Höhe  ausweisen,  das  Vermögen  in  den 
Aktiven  sich  uns  aber  zugleich  als  die  wirtschaftliche  Kraft  des  Unter- 
nehmens  darstellt.  So  hat  zum  Beispiel  ein  Unternehmen  mit  einem  großen 
Kassenbestand  und  Bankguthaben,  verhältnismäßig  wenig  Debitoren  und 
Waren  seine  Mittel  nicht  intensiv  ausgenützt,  ein  anderes  aber  mit  wenig 
disponiblen  Mitteln,  großem  Warenvorrat,  Debitorenbestand  und  Anlage- 
vermögen seine  wirtschaftliche  Kraft  stark  angespannt. 


c)  Die  Grundbegriffe  Vermögen 


1.  Aktiven  =  Vermögen. 

2.  Die  Gesamtheit  der  konkreten 
Werte,  die  das  Kapital  einer  Un- 
ternehmung ausmachen,  auch  in 
Geldform. 

3.  Die  konkreten  Werte  des  Ka- 
pitals. 

4.  Zerlegung  nach  a)  Rentabilität. 

b)  Liquidität. 

5.  Wirtschaftliche  Kraft  des  Unter- 
nehmens. 


1. 

2. 


3 
4. 


5. 


und  Kapital  in  def  Bilanz. 

Passiven  =  Kapital. 
Die  Summe  der  in  einem  Unter- 
nehmen arbeitenden,  investierten 
Vermögenswerte. 
Abstrakte    Gesamtsumme    des 
Kapitals. 

Zerlegung  nach  a)  Eigentumsver- 
hältnissen. 
b)  Dauer  der  Ver- 
fügbarkeit. 
Größe  des  Kapitals. 


d)  Wir  müssen  jetzt  noch  auf  die  Zerlegung  der  Aktiven,  des  Ver- 
mögens nach  dem  Gesichtspunkt  der  Rentabilität  und  Liquidität  zu  sprechen 

0  Vergl.  zu  diesem  Punkt  Philippovich  in  seinem  Grandriü  der  politischen 
Oekonomie,  1.  Band  10.  Auflage,  Seite  188:  „Erwerbskapital  ist  daher  noch  nicht  durch 
das  Vorhandensein  von  bestimmten  Sachgütern  gegeben,  wie  dies  beim  Produktivkapital 
der  Fall  ist.  Es  ist  nicht  die  konkrete  Form  der  Vermögensobjekte,  die  wir  in  ihm  be- 
trachten, sondern  die  durch  sie  repräsentierte  wirtschaftliche  Vcrlügungsgewalt  im  Ver- 
kehr, die  durch  das  Privateigentum  und  die  Verkehrsfreiheit  gesichert  ist.  Diese  Ver- 
tiigungsgewalt,  ausgedrückt  in  Geldeinheiten,  kann  eine  gleichbleibende  Größe  sein, 
während  die  konkreten  Objekte,  aut  weiche  sie  sich  stützt,  ihrer  Art,  iürer  Form,  ihrer 
technischen  Brauchbarkeit  nach  wechseln." 

Ferner  vo  n  VV  ieser  im  Grundriß  der  Sozialökonomik,  1.  Abtlg.,  Tübingen  1914, 
öeite  174.  Wahrend  die  einzelnen  Kapitalgüter  durch  ihre  Verwendung  aufgebraucht 
werden,  ist  das  Kapital  im  ganzen  unverbrauchlich.  In  fortwährendem  Wechsel  seiner 
einzelnen  Bestandteile  läßt  es  sich  immer  wieder  erneuern. 

Fuchs,  Prof.  Dr.  C.  J.:  Volkswirtschaftslehre,  in  der  Sammlung  Göschen.  Berlin 
und  Leipzig  1913,  Seite  67:  Kapital  in  abstraktem  Sinn  oder  „Kapital"  schlechthin  ist 
also  immer  ein  Wertbetrag  von  bestimmter  Größe  ohne  Rücksicht  auf  die  Güter, 
in  welchen  er  verkörpert  ist. 

Ferner  die  bei  Komorzynski  (a.  a.  O.,  Seite  164/5)  aufgeftthrten  Schriftsteller. 

Dr.  Jean  Hot«:    „Die  JahresbllÄM  der  A.  G.«  a 


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kommen.   Am  geläufigsten  ist  die  Einteilung  nach  dem  Grade  der  Liqui- 
dität. Darnach  ergäbe  sich  ungefähr  folgendes  Bild: 

I.  Betriebsmittel  (umlaufendes  Kapital). 

1.  Kassa,  verfallene  Coupons. 

2.  Giro-,  Scheck-  und  Korrespondenten-Debitoren  (Bankguthaben). 

3.  Wechsel. 

4.  Lombard-  und  Reportvorschüsse.  (Debitoren.) 
6.  Kontokorrent-Debitoren. 

6.  Effekten. 

7.  Hypotheken  (Schuldbriefe). 

8.  Waren:  Rohstoffe,  Materialien,  Vorräte,  in  Arbeit  befindliche 
und  fertige  Fabrikate. 

II.  Betriebsanlagen  (stehendes  Kapital). 

L  Mobilien:  Werkzeuge,  Gerätschaften,  Modelle,  Zeichnungen, 
Mobiliar. 

2.  Immobilien:  Grundstücke,  Fabrikgebäude,  Wohnhäuser,  maschi- 
nelle Anlagen,  Maschinen. 

3.  (Immaterielle  Anlagen):  Patente,  Konzessionen,  Fabrikations- 
geheimnisse, Kundschaft,  Organisationskosten. 

III.  Ergänzungsposten: 

1.  Korrekturposten:  Konto  für  ausstehende  Aktieneinzahlungen- 
Konto  für  zurückgekaufte  Aktien,  Obligationen  oder  Schuld, 
briefe,  Obligationen  Disagiokonto. 

2.  Transitorische  Posten  (Antizipationen):  Diskonto-(Zins-)Konto 
auf  Brief-  und  Buchschulden. 

3.  Durchlaufende  Posten :  Bürgschafts-  und  Garantieregreßrechte, 
Kautionen,  Regreßrechte  aus  Wechselobligo  (Giri). 
eventuell : 

IV.  Reinverlust  (Verlustvortrag). 

Prof.  Ed.  Folliet')  gibt  uns  eine  ziemlich  weitgehende  Analyse  der 
Betriebsanlagen,  indem  er  ausführt: 

Dans  toute  entreprise,  on  trouve  des  valeurs  qui  ne  circulent  pas, 
qui  ne  disparaissent  pas  par  l'exploitation  normale  de  la  maison,  ou  qui 
ne  disparaissent  que  pas  un  usage  prolong6. 

Ce  sont  les  valeurs  immobilis^es  qui  sont,  elles-mpmes,  subdivis^es  en. 

Valeurs  immobiHs^es  corporelles, 

Valeurs  immobilis^es  incorporelles. 

Les  premidres  comprennent  tous  les  capitaux  fixes  qui  servent  ä  l'ex- 
ploitation de  Tentreprise  et  qui  produisent  sans  circuler,  tels  que  les 
me übles,  les  machin  es,  les  im  me übles,  etc. 

Les  valeurs  immobilis^es  corporelies  ont  toutes  une  valeur  intrin- 
s^que,  c'est  ce  qui  les  distingue  des  valeurs  immobilis^es  incorporelles. 

Quelques-unes  de  ces  dernidres  sont  cependant  öventuellement 
r^alisables,  par  exemple: 

')  Les  Sciences  ^conomiques  et  sociales  ä  l'universit^  de  Genöve,  Gen^ve  1916, 
Seite  88/9. 

Ferner:  Ed.  Folliet:  Le  bilan  dans  les  soci^t^s  anonymes  au  point  de  vue  juri- 
dique  et  comptable,  Paris  1913,  Seite  40  ff. 


Valeurs 
immobilis^es. 


19 

Les  brevets,  la  clientde,  les  concessions;  d^autres  comme  les  frais 
d'organisation,  de  fondation,  sont  purement  fictives,  ce  sont  des  pertes 
reportöes  ä  nouveau,  leur  röalisation  est  donc  absolument  impossible. 

Nous  appellerons  les  premidres:  valeurs  immobilis6es  incorporelles 
murales,  et  les  derni^res:  valeurs  immobilis^es  incorporelles  fictives. 

Voici,  sous  forme  de  tableau,  cette  subdivision  des  valeurs  immo- 
Ibilis^es. 

corporelies  (Immeubles,  Mat^riel,  Mobilier). 

morales    (Brevets,    Clientdle,    Con- 

:»/«r%..»rx^»ii»,,  I  cession) 

incorporelles/    .     .  ' 

fictives  (Frais  d'organisation.  Frais 
de  fondation). 

Prof.  Nicklisch')  unterscheidet  vier  Hauptgruppen  des  Vermögens  in 
der  Bilanz: 

1.  Anlage-  oder  Gebrauchsgüter. 

Grundstücke  und  Gebäude,  die  dem  eisjenen  Betriebe  dienen,  Ma- 
schinen, Werkzeuge  und  Geräte.  Palente  und  Beteiligungen  sind  besondere 
Arten  von  Anlagegütern.  So  auch  der  Wert  der  Firma,  wo  er  in  den 
Büchern  auftritt. 

2.  Umsatzgüter: 

a)  Umsatzträger:  Ware,  Wechsel,  Effekten  etc. 

b)  Regulierungsgüter:  Diese  charakterisieren  sich  dadurch, 
daß  sie  sich  zwischen  den  Wirtschaften  in  einer  Richtung  be- 
wegen, die  der  Umsatzträger  entgegengesetzt  ist.  Die  Grenze 
zwischen  beiden  ist  nicht  leicht  zu  ziehen,  da  diese  ebenfalls 
zu  ReguHerungszwecken  benützt  werden  und  sich  in  großem 
Umfange  ein  Ausgleich  gegenseitiger  Forderungen  ergibt,  die  aus 
dem  Verkehr  von  Umsatzträgern  entstanden  sind.  Die  Barsumme 
und  die  Guthaben  auf  den  Giro-,  Scheck-  und  Inkassokonten 
bilden  zweifellos  Regulierungsmittel. 

3.  Gewährleistungsgüter:  Kautionen,  Garantiegüter  für  die  Abwick- 

lung des  Zoll-Eisenbahnverkehrs  etc. 

4.  Reservegüter:  Es  handelt  sich  um  solche  Güter,  die  zurzeit  im  Be- 

triebe nicht  gebraucht  werden,  vielmehr  für  günstige  Einkaufs- 
gelegenheiten, oder  für  die  Gewährung  größerer  Kredite,  die  zur 
Förderung  des  Absatzes  sich  als  notwendig  erweisen,  oder  für 
eine  Erweiterung  des  Betriebes  zur  Verfügung  stehen.  Sie  haben 
meist  die  Form  von  Regulierungsgütern  (Bankguthaben)  oder  Um- 
satzträgern (Effekten),  können  aber  auch  in  der  Form  von  Grund- 
stücken auftreten,  so  daß  sie  nur  auf  Umwegen  flüssig  gemacht 
werden  können. 
Noch  konsequenter  stellt  Toendury')  das  wirtschaftliche  Moment  der 

Rentabilität  in  den  Vordergrund  seiner  Gliederung  des  Vermögens; 

nach  ihm  ergibt  sich  folgende  Aufstellung: 

1.  Nicht  rentable  Werte.  Zur  Regulierung  der  Zahlungen  bestimmt: 

a)  solche,  die  ausschließlich  dazu  bestimmt  sind,  Regulie- 

rungsgüter  sowie  die  Reservegüter:  Bai'bestand,  Scheck 

*)  Nicklisch:  Allgemeine  kaufmännische  Betriebslehre,  Seite  87/9. 
^)  Aus  dem  haadelswissenschaftlichen   Seminar  der   Universität  Genf.    Leiter: 
Herr  Prof.  Dr.  H.  Toendury. 


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und  Girorechnungen,  Bankkonto,  enthaltend  auch  diejenigen 
Mittel,  die  nötig  werden  können.  Gelegen  hei  tseinkäufe  auszu- 
führen, die  Kreditgewährung  auszudehnen  etc. 

b)  Gewährleistungsgüter  (Börse,  Zollbehörden  etc.) 

II.  Rentable  Werte,  die  direkt  mit  dem  Betrieb  zusammenhängen, 

a)  solche,  die  direkt  Gegenstand  des  Betriebes  sind.  (Waren,  Roh- 
stoffe, Hilfsstoffe,  sowie  alle  übrigen  Güter,  die  für  den  Tausch- 
verkehr in  Frage  kommen :  Wechsel,  Wertpapiere,  Debitoren  etc.) 
Je  nach  der  Umschlagsdauer  in  kurz-,  mittel-  und  langfristige 
eingeteilt.  (Direkt  rentable  Werte.) 

b)  solche,  die  der  Betrieb  nur  als  Mittel  (Hilfsmittel)  benötigt. 
(Anlagen,  Werkzeuge,  Maschinen  etc.)  (Indirekt  rentable 
Werte.)  Sie  werden  weiter  eingeteilt  in: 

1.  Sachwerte  (Güter)     i  "  ^!^  ^!^!^  f^^^^  abnützen, 

l  p  die  sich  langsam  abnützen. 

2.  Immaterielle  Werte/  ^  moralische,  rechtliche:  Patente  etc. 

l  p  hktive:  Organisationskosten  eta 
Wir  wollen  uns  für  unsere  Untersuchung  dieser  letzten  Einteilung 
von  Toendury  bedienen,  indem  sie  dem  Wesen  der  kaufmännischen  Unter- 
nehmung am  besten  gerecht  wird.') 

§  6.  Stehendes  und  umlaufendes  Vermögen. 
(Betriebs-  und  Veräußerungsgegenstände.) 

a)  Begriffsbestimmung.  In  der  Literatur  treffen  wir  fast  aus- 
nahmslos  die  Benennung  stehendes  und  umlaufendes  Kapital,  nach  dem 
Vorausgegangenen  werden  wir  für  unsere  Untersuchung  von  Vermögen 
sprechen,  da  es  sich  um  die  konkreten  Werte  der  Aktiven,  also  um  die 
Bestandteile  des  Vermögens  handelt. 

Wir  beginnen  unsere  Erörterungen  am  besten  mit  der  Frage  nach 
den  Zwecken  der  einzelnen  Vermögensbestandteile  eines  geschäftlichen 
Unternehmens.  Sie  dienen  bekanntlich  dem  Gebrauch  im  Betriebe  oder 
der  Veräußerung,  weil  jede  Erwerbsunternehmung  in  der  Regel  die  Tätig- 
keit des  Händlers  mit  der  des  Konsumenten  verbindet,  indem  sie  bezüg- 
lich gewisser  Vermögensbestandteile  die  Weiterveräußerung,  bezüglich 
anderer  den  eigenen  Gebrauch  beabsichtigt.  Dieser  Unterscheidungsgrund 
ist  für  die  Frage  der  Bilanzbewertung  zuerst  von  Scheffier  („Ueber 
Bilanzen",  „Vierteljahresschrift  für  Volkswirtschaft,  Politik  und  Kultur- 
geschichte", 62.  Band,  Beriin  1879,  Seite  22—25)  in  den  Vordergrund 
gerückt  worden.  Er  teilt  die  Vermögensgegenstände  ein  in  „solche,  bei 
deren  Wertbestimmung  dauernd  nur  der  Eigentümer  interessiert  ist,  und 
solche,  bei  denen  dauernd  oder  vorübergehend  andere  mitinteressiert  sind." 
Zu  den  ersteren  gehören:  „Der  ganze  arbeitende  Apparat,  die  sogenannte 
Anlage,  bestehend  aus  dem  Immobiliar  und  dem  eisernen  Inventar  von 
Geräten,  Hilfsmaschinen  u.  s.  w.,  überhaupt  alles,  was  nur  als  Mittel  zur 
Vollführung  des  Zweckes  der  Unternehmung  da  ist  und  demnach,  solange 
dieser  Zweck  besteht,  auch  da  sein  muß',  und  zu  den  letzteren  rechnet 

')  Dagegen  haben  wir  dieselbe  in  unserer  schematischen  Bilanzaufsteilung  (§  5) 
in  der  Weise  abgeändert,  daß  wir  bei  den  indirekt  rentablen  Werten  noch  eine  dritte 
Kategorie,  nämlich  solche  Werte,  die  sich  nicht  abnützen,  ausgeschieden  haben.  Es  ist 
dies  dann  für  die  Bewertungslehre  von  Vorteil.    VergL  unsere  Ausführungen  §  U  B  lU  ^. 


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er  „im  wesentlichen  diejenigen  Objekte,   welche  von  dem   Gesamtbesitze 
unter  Umständen  abgetrennt  und  veräußert  werden  können  oder  sollen".') 
„Nahe  verwandt  mit  den  Darlegungen  Schelflers  sind  die  Simons. 
Da  seine  Ausführungen  aber  viel  klarer  gehalten  sind  als  die  Schefflers, 
da  er  überhaupt  als  erster  Jurist   auf  den   Unterschied   zwischen  Gegen- 
ständen, welche   dem    Gebrauche  und  solchen,   welche   der  Veräußerung 
dienen  und  deren  Bedeutung  für  die  Bilanzbewertung  hinwies,  da  ferner 
mit  dem  außerordentlichen  Aufschwung  der  deutschen  Volkswirtschalt  die 
Zahl  der  kaufmännischen  Unternehmungen  (darunter  besonders  die  Zahl 
der  Aktiengesellschaften)  rapid   anwuchs   und  infolgedessen    das    Bilanz- 
wesen, besonders   infolge   des   Auftauchens   aller   möglichen  Streitfragen, 
eine  weit  größere  Beachtung  als  früher  beanspruchte,  so  ist  es  begreiflich, 
daß  sein  Buch,  das  in  meisterhafter  Weise  alle  einschlägigen  rechtHchen 
wie  volks-  und  privatwirtschaftlichen  Fragen  behandelt,  eine  außerordent- 
liche Verbreitung  gefunden  hat."')  Simon  hat  dann  für  die  beiden  großen 
Klassen  der  Vermögensbestandteile,  nämlich  derjenigen,  die  für  den  eigenen 
Gebrauch,    sowie   derjenigen,   die  zur  Weiterveräußerung  bestimmt  sind, 
verschiedene   Bezeichnungen   eingeführt,   indem  er  die  zum   eigenen  Ge- 
brauch bestimmten  als   „Betriebsgegenstände"  und  die  zum  Verkauf,  d.  h. 
zum  Gebrauch  und  Verbrauch  durch  andere  bestimmten  als  ,,  Veräußerungs- 
gegenstände    bezeichnet.^)   Zu  dieser  ersten  Kategorie,  d.  h.  der  Betriebs- 
gegenstände bemerkt  Fäs  (a.  a.  O.,  Seite  26/7)  folgendes:  Sie  umfaßt  die- 
jenigen   Güter  einer   Unternehmung,  die   am  Ziele   der  normalen  Güter- 
bewegung, beim   Konsumenten,  angelangt  sind.    Sie   dienen   dem  Unter- 
nehmer als    Mittel   zur   Erzeugung    neuer   Güter;    er   verwertet   sie  zum 
Zwecke  der  Produktion.   Im  HinbHck  auf  diese  Funktion  der  Konsumgüter 
einer  Unternehmung  im  Dienste  der  Produktion  sagt  man,  sie  seien  zur 
reproduktiven  Konsumtion  bestimmt.  Die  Aufgabe  der  reproduktiven  Kon- 
sumtion ist  es,  mit  einer  möglichst  geringen  Wertvernichtung,  respektive 
Kostenaufwand,   möghchst   wertvolle   neue  Brauchbarkeiten    (Nutzeffekte, 
Erfolge,  Erträgnisse,  Einkommen)  zu  erzielen.  Für  die  auf  bestimmte  (jähr- 
liche)   Rechnungsperioden    abstellende    Buchführung   und    Bilanzen  wird 
folgende  Unterscheidung  innerhalb  der  zur  reproduktiven  Konsumtion  er- 
worbenen Güter  von  hervorragender  Bedeutung. 

Fäs  (a.  a.  O.,  Seite  27/8)  charakterisiert  nun  das  sog.  stehende 
Kapital  (Vermögen)  wie  folgt:  „Unter  den  zur  reproduktiven  Konsumtion 
erworbenen  Gütern  finden  sich  solche  Vermögensbestandteile,  deren  Ver- 
wertung und  Entwertung  (sofern  letztere  überhaupt  stattfindet)  geraume 
Zeit  dauert,  und  die  mehrere  Produktionsakte  und  Rechnungsperioden  zu 
überdauern  imstande  sind,  ohne  ihre  ursprüngliche  Gestalt  dabei  zu  ver- 
lieren. Der  Verlust  (Konsum)  ihres  Wertes  verteilt  sich 
auf  eine  Vielheit  von  Produkten  und  Rechnungs- 
perioden und  belastet  deshalb  das  einzelne  Produkt 
und  die  einzelne  Betriebsperiode  nur  mit  einem  Teil 
ihres  Wertes.  Solche  Vermögensbestandteile  sind  stehendes  Kapital 
der  Unternehmung.  Die  wichtigsten  Beispiele  dafür  sind  die  Immobilien, 
Mobilien  und  die  immateriellen   Rechte  und  Güter   einer  Unternehmung, 

')  Siehe  Fäs  Emil:  Die  Berücksichtigung  der  Wertverminderiingen  des  stehenden 
Kapitals  in  den  Jahresbilanzen  der  Erwerbswirtscbaften.  Zürcher  Dissertation,  Seite  26. 
^ft.^  ^)  Siegfried  Buff;  in  der  Festschrift  lür  Lujo  Brentano,  München  und  Leipzig 
1916,  Seite  76. 

»)  Fäs:  a.  a.  0.,  Seite  26. 


83 

immer  vorausgesetzt,  daß  sie  (zum  Konsumentenanschaffungspreise)  mit 
der  Absicht  der  eigenen  Verwendung  erworben  wurden. 

Von  den  übrigen  zur  reproduktiven  Konsumtion  angeschafften  Gutem 
unterscheidet  sich  das  stehende  Kapital  dadurch,  daß  jene  schon  in  einem 
oder  verhältnismäßig  wenigen  Produktionsakten,  immer  aber  innerhalb 
einer  einzigen  Rechnungsperiode  vollständig  umgewandelt  w^erden,  meistens 
ihre  selbständige  Gestalt  und  stets  ihren  selbständigen  Wert  verlieren. 
Sie  fallen  der  einzelnen  Rechnungsperiode  mit  ihrem 
vollen  Wert  zur  Last.  Beispiele  dafür  sind  Kohle,  Oel,  Licht  und 
alle  jene  zahlreichen  Gegenstände  kurzer  Gebrauchsdauer,  die  jede  Unter- 
nehmung benötigt.  Sie  bilden  zusammen  mit  den  zur  Veräußerung  er- 
worbenen Vermögensgegenständen  (Rohstoffe,  Hilfsstoffe,  in  Fabrikation 
stehende  Waren  und  fertige  Waren)  und  dem  Gelde  das  umlaufende 
Kapital  einer  Unternehmung." 

Fäs  (a.  a.  O.,  Seite  28  ff)  hat  den  Begriff  des  stehenden  Kapitals 
in  einem  historischen  UeberbHck  bei  den  verschiedensten  Nationalöko- 
nomen untersucht.  Wir  verweisen  für  alles  Detail  auf  seine  Untersuchung. 
Unseres  Erachtens  macht  er  sehr  richtig  darauf  aufmerksam,  daß  die  be- 
treffenden Autoren  bald  mehr  die  Güter,  die  gänzlich  dem  einen  Jahr  zur 
Last  fallen,  in  welchem  sie  in  ihrer  Totalität  konsumiert  werden,  bald 
mehr  das  Moment  der  Veräußerung  betonen.  So  schwebt  eben  Quesnay') 
das  erstere  vor,  wenn  er  ausführt:  „Les  avances  annuelles  consistent  dans 
les  d^penses  qui  se  fönt  annuellement  pour  le  travail  de  la  culture,  ces 
avances  doivent  6tre  distinguöes  des  avances  primitives,  qui  forment  le 
fonds  de  l'ötabhssement  de  la  culture ..."  Anders  dagegen  Adam  S  m  i  th*), 
er  legt  den  Nachdruck  auf  das  Moment  der  Veräußerung  (changing 
masters")  resp.  NichtVeräußerung  der  Güter.  „There  are  two  different 
ways  in  which  a  capital  may  be  employed  so  as  to  yield  a  revenue  er 
profit  to  its  employer. 

First,  it  may  be  employed  in  raising,  manufacturing,  or  purchasing 
goods,  and  selling  them  again  with  a  profit  The  capital  employed  in  this 
manner  yields  no  revenue  or  profit  to  its  employer,  while  it  either  re- 
mains  in  bis  possession,  or  continues  in  the  same  shape.  The  goods  of 
the  merchant  yield  him  no  revenue  or  profit  tili  he  sells  them  for  money, 
and  the  money  yields  him  as  little  tili  it  is  again  exchanged  for  goods. 
His  capital  is  continually  going  from  him  in  one  shape,  and  returning 
to  him  in  another,  and  it  is  only  by  means  of  such  circulation,  or  suc- 
cessive  exchanges,  that  it  can  yield  him  any  profit.  Such  capitals,  there- 
fore,  may  very  properly  be  called  circulating  capitals. 

Secondly,  it  may  be  employed  in  the  improvement  of  land,  in  the 
purchase  of  useful  machines  and  instruments  of  trade,  or  in  such  like 
things  as  yield  a  revenue  or  profit  without  changing  masters,  or  circu- 
lating any  lurther.  Such  capitals,  therefore,  may  very  properly  be  called 
fixed  capitals. 

Sehr  gut  veranschaulicht  er  das  Gesagte  mit  folgenden  Ausführungen 
(a.  a.  O.,  Seite  244/5):  „That  part  of  the  capital  of  the  farmer  which 
is  employed  in  the  instruments  of  agriculture  is  a  fixed,   that  which  is 

•)  Franjois  Qaesnay,  „Tableau  ^conomique",  abgedruckt  in  „ausgewählte 
Lesestücke  zum  Studium  der  politischen  Oekonomie",  herausgegeben  von  Karl  Diehl 
und  Paul  Mombert,  iil.  Band,  Karlsruhe  i.  ü.  1911,  Seite  24/5. 

')  An  Inquiry  into  the  Nature  and  Causes  of  the  Wealth  of  Nationa  by  Adaa 
Smith,  Volume  i,  Everyman's  Library,  edited  by  Ernest  Bhys,  London,  Seite  243;  4. 


24 

employed  in  the  wages  and  maintenance  of  his  laboring  servants,  is  a 
circulating  capital.  He  makes  a  profit  of  the  one  by  keeping  it  in  his  own 
possession,  and  of  the  other  by  parting  with  it.  The  price  or  value  of 
his  labouring  cattle  is  a  fixed  capital  in  the  same  manner  as  that  of  the 
instruments  of  husbandry.  Their  maintenance  is  a  circulating  capilal  in 
tlfb  same  manner  as  that  of  the  labouring  servants.  The  farmer  makes 
his  profit  by  keeping  the  labouring  cattle,  and  by  parting  with  their  mainten- 
ance. Both  the  price  and  the  maintenance  of  the  cattle  which  are  brought 
in  and  fattened,  not  for  labour,  but  for  sale,  are  a  circulating  capital. 
The  farmer  makes  his  profit  by  parting  with  them.  A  fleck  ot  sheep  or 
a  herd  ot  cattle  that,  in  a  breeding  country,  is  bought  in,  neither  for  labour,  nor 
for  sale,  but  in  order  to  make  a  profit  by  their  wool,  by  their  milk,  and  by 
their  increase,  is  a  fixed  capital.  The  profit  is  made  by  keeping  them. 
Their  maintenance  is  a  circulating  capital.  The  profit  is  made  by  par- 
ting with  it;  and  it  comes  back  with  both  its  own  profit  and  the  profit 
upon  the  whole  price  of  the  cattle,  in  the  price  of  the  wool,  the  milk, 
and  the  increase.  The  whole  value  of  the  seed,  too,  is  properly  a  fixed 
capital.  Though  it  goes  backwards  and  forwards  between  the  ground  and 
the  granary,  it  never  changes  masters,  and  therefore  does  not  properly 
circulate.  The  former  makes  his  profit,  not  by  its  sale,  but  by  its 
increase." 

Eine  wesentliche  Klärung  des  Begriffes  des  stehenden  Kapitals  nach 
einer  Seite  hin  haben  die  Untersuchungen  von  Karl  Marx  gebracht, 
indem  er  hervorhebt,  daß  es  auf  den  „verschiedenen  Umschlag-'  des  im 
Produktionsprozeß  fungierenden  „Kapital wertes"  ankommt.  Nicht  der  Ver- 
lust der  selbständigen  Gestalt,  sondern  der  Verlust  des  selbständigen  Wertes 
ist  entscheidend.') 

S  c  h  m  o  1 1  e r^)  führt  aus:  Die  durch  A.  Smith  begründete  Einteilung 
des  Kapitals  in  umlaufendes  und  stehendes  geht  vom  Kapital  im 
Sinne  der  der  Produktion  dienenden  Gütervorräte  aus.  Zum  ersteren  rechnet 
man  die  beweglichen  Vorräte,  Lebensmittel,  Rohstoffe,  Zwischenprodukte, 
das  Geld  in  den  Geschäftskassen,  zum  letzteren  die  Werkzeuge,  Maschinen, 
Gebäude,  Grundstücke,  Meliorationen.  Es  ist  in  erster  Linie  ein  technischer 
Unterschied,  aber  dann  auch  ein  geschältlicher.  Das  umlaufende  Kapital, 
Betriebskapital,  erlaubt  technisch  nur  eine  einmalige  Verwendung;  es  gibt 
bei  richtiger  Produktion  seinen  ganzen  Wert  in  das  Produkt,  das  stehende 
nur  seine  Nutzung,  denn  dieses  erlaubt  eine  Verwendung  für  Monate  und 
Jahre.  Das  Betriebskapital  ist  technisch  zwar  teilweise  nur  zu  bestimmten 
Zwecken  verwendbar,  die  Wolle  zu  Wollgeweben;  ein  großer  Teil  aber, 
Geld,  Lebensmittel  und  anderes,  kann  zu  allem  Möglichen  dienen,  und 
fast  stets  kann  das  Betriebskapital  leicht  veräußert  und  so  sein  Wert 
anderen  Zwecken  zugewendet  werden.  Vom  stehenden  Kapital  kann  ein 
Teil,  wie  Häuser,  Dampfmaschinen  zwar  auch  technisch  zu  verschiedenen 
Zwecken  dienen,  aber  nie  in  dem  Umfang  wie  das  umlaufende  Kapital; 
das  meiste  stehende  Kapital  ist  für  immer  einem  bestimmten  technischen 
Zwecke  angepaßt,  wie  ein  Spinnstuhl,  ein  Waggon,  die  Maschinerie  eines 
Bergwerks;  es  ist  auch  viel  schwerer  verkäuflich. 

')  Zitiert  nach  Fäs  (a.  a.  O.,  Seite  31   und  33.) 

0  In  seinem  Grundriß  der  Allgemeinen  Volkswirtschaftslehre,  6.  Aufla<re, 
Leipzig  19ü4,  il.  Band,  Seite  180/1. 


85 

Bei  Adolf  Wagner')  lesen  wir:  Das  stehende  Kapital  dient  bei 
einer  Reihe  von  Güterproduktionen.  Nur  der  Betrag  der  Abnutzung 
(Amortisation)  geht  in  die  Kosten  des  neuen  Produktes  über.  Es  wird 
daher  auch  erst  allmählig  aus  dem  Erlöse  aller  der  Produkte  ersetzt, 
zu  deren  Herstellung  es  diente  und  erst  dann  wieder  ganz  disponibel. 

Auch  Böhm-Bawerk*)  unterscheidet  stehendes  (festes,  Anlage-) 
und  umlaufendes  (flüssiges,  Betriebs-) Kapital.  Das  umlaufende  umfaßt 
jene  Kapitalgüter,  welche  nur  eine  einmalige  Verwendung  zu  Produktions- 
(Erwerbs-)Zwecken  zulassen  und  daher  in  demjenigen  Produktions-(Er- 
werbs-)Akte,  in  welchem  sie  überhaupt  zur  Verwendung  gelangen,  mit 
ihrem  ganzen  Werte  aufgezehrt  oder  hingegeben  werden  und  demnach  auch 
das  Kostenkonto  dieses  Aktes  mit  ihrem  ganzen  Werte  belasten.  Das 
stehende  Kapital  dagegen  ist  einer  wiederholten,  über  mehrere  Produk- 
tionsperioden (Erwerbsakte)  andauernden  Verwendung  fähig,  verliert  wäh- 
rend jeder  derselben  nur  einen  Teil  seines  Wertes  und  belastet  daher  auch 
das  Kostenkonto,  abgesehen  von  den  Zinsen,  jedesmal  nur  mit  einer  Quote 
(Abnutzungs-  oder  Amortisationsquote)  seines  Wertes. 

Man  pflegt  als  Charaktereigentümlichkeit  des  stehenden  Kapitals  zu 
bezeichnen,  daß  es  seine  Bestimmung  schwerer  wechseln  könne  als  das 
umlaufende.  Das  ist  nicht  buchstäblich,  wohl  aber  dem  Sinne  nach  richtig. 
Es  können  nämhch  zwar  auch  diejenigen  Güter,  welche  das  umlaufende 
Kapital  bilden,  in  der  Regel  ihre  Bestimmung  nicht  mehr  wechseln  ;  z.  B. 
die  einmal  vorhandene  Wolle  wdrd  notwendig  zur  Tucherzeugung,  der  ein- 
mal vorhandene  Indigo  zum  blau  iärben,  der  vorhandene  Flachs  zur  Lein- 
wanderzeugung benutzt  werden  müssen.  Aber  weil  sich  die  genannten 
Stoffe  in  einer  einzigen  Produktionsperiode  rasch  verzehren,  hat  man 
verhältnismäßig  oft  und  bald  die  Wahl,  ob  man  den  aus  der  produktiven 
Verwendung  erzielten  Eriös  neueriich  in  dieselbe  Produktionsart  investieren, 
also  damit  abermals  Wolle,  Indigo  oder  Flachs  nachschaffen  oder  aber 
ihm  eine  andere  Bestimmung  geben  will.  Diese  Wahlfreiheit  hat  man 
natürlich  bei  stehenden  Kapitalien,  die  sich  erst  in  einer  längeren  Reihe 
von  Produktionsperioden  allmählich  abnutzen  und  bezahlt  machen  wie  bei 
Maschinen,  Fabrikanlagen  u.  dgl.  viel  seltener  und  nach  viel  längeren 
Zwischenräumen,  innerhalb  deren  viel  leichter  solche  Veränderungen  der 
Technik,  der  Bedürfnisse,  Konjunkturen  u.  dgl.  eintreten  können,  welche 
emen  — nicht  realisierbaren  -  Bestimmungswechsel  wünschenswert  machen 
würden. 

Marsh  all  (Principles  of  Economics,  Bd.  I,  5.  Aufl.,  London  1907, 
Seite  75)  schließt  sich  der  Auffassung  von  Mill  an :  We  may  follow  Mill 
in  distinguishing  circulating  capital  „which  fulfils  the  whole  of  its 
Office  m  the  production  in  which  it  is  engaofed,  by  a  single  use,  ,,from 
fixed  capital"  which  exists  in  a  durable  shape  and  the  return  to  which 
IS  spread  over  a  period  of  corresponding  duration-".*) 

0  Lehr-  und  Handbuch  der  politischen  Oekonomie.  Erste  Hauptabteilunff:  Grund- 
legung der  politischen  Oekonomie,  3.  Auflage,  1.  Teil,  Leipzig  1892,  Seite  315. 

TT    -A     o  Handwörterbuch  der  Staatswissenschaften,  3.  Auflage,  Jena  1910,  Artikel 
„Kapital",  Seite  780/1. 

^)  Adam  Smith's  distinction  between  fixed  and  circulating  capital  tumed  on 
the  question  wheter  the  goods  „yield  a  profit  without  changing  masters«  or  not.  Ri- 
cardo made  it  turu  on  whether  they  are  „of  slow  consumption  or  require  to  be  fre- 
quently  reproduced« ;  but  he  truly  remarks  that  this  is  „a  division  not  essential,  and 
in  which  the  hne  of  demarcation  cannot  be  accurately  drawn".  Vergl.  hiezu  auch  die 
Bemerkungen  von  Fäs,  a.  a.  0.,  Seite  30/31. 


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26 

Auch  Philipp ovich')  sei  in  diesem  Zusammenhang  noch  zitiert. 
„Zu  dem  stehenden  Kapital  gehören  die  unbeweo;lichen  und  die 
dauerhaften,  nur  einer  allmählichen  Abnützung  unterliegenden  Sachgüter, 
also  Gebäude,  Maschinen,  Verkehrsmittel  u.  dgl.  Vom  Standpunkt  des  Er- 
werbskapitals treten  noch  hinzu  der  Boden  und  solche  Berechtigungen, 
die  der  Unternehmung  einen  besonderen  Nutzen  gewähren  und  verkehrs- 
fähig sind,  wie  Patente,  Konzessionen  u.  dgl.  Das  umlaufende  Kapital 
dagegen  besteht  aus  Gütern,  bezw.  Verkehrsobjekten,  die  in  einer  oder 
wenigen  Perioden  der  Produktion  oder  Erwerbstätigkeit  verbraucht  oder 
umgesetzt  werden,  wie  Rohstoffe  und  Hilfsstoffe  in  der  industriellen  Pro- 
duktion. Saatgut  und  Düngmittel  in  der  Landwirtschaft,  Gehälter  und 
Löhne  der  Angestellten  u.  s.  w.  Eine  besondere  Form  des  umlaufenden 
Kapitals  sind  die  zum  Verkauf  bereiten  Waren  und  Verkehrsobjekte  über- 
haupt, wie  sie  bei  den  Warenhändlern,  Banken  sichtbar  werden.  Auch 
das  Geld,  bezw.  die  fälligen  Geldforderungen,  gehören  zum  umlaufenden 
Kapital.  Das  stehende  Kapital  wird  auch  Anlagekapital,  das  um- 
laufende Kapital  Betriebskapital  genannt. 

Die  Bedeutung  dieser  Unterscheidung  liegt  darin,  daß  das  stehende 
Kapital  durch  längere  Zeit  gebunden  ist,  d.  h.  in  jeder  Wirtschaftsperiode 
wird  nur  ein  Teil  jener  Sondergüter  oder  Vermögenswerte,  aus  denen  das 
stehende  Kapital  besteht,  verbraucht,  und  es  geht  daher  auch  nur  dieser 
Teil  des  Vermögenswertes  in  das  Produkt  über,  während  der  Wert  des 
umlaufenden  Kapitals  völlig  in  das  Produkt  übergeht." 

Versuchen  wir  nun  eine  eigene  Begriffsbestimmung  zu  geben.  Es 
handelt  sich  beim  stehenden  Vermögen  um  die  indirekt  rentablen  Werte, 
die  der  Betrieb  als  Mittel  (Hilfsmittel)  benötigt.  Dazugehören:  Immobilien: 
Grundstücke,  Gebäulichkeiten  (Fabrikgebäude  und  Wohnhäuser),  Maschinen, 
maschinelle  Anlagen,  Mobilien :  Werkzeuge,  Gerätschaften,  Modelle,  Zeich- 
nungen, MobiHar;  immaterielle  Anlagen:  Patente,  Konzessionen,  Fabrik- 
geheimnisse, Kundschaft,  Organisationskosten  etc.  Ein  weiteres  Merkmal 
ist  das,  daß  sie  nur  noch  im  Hinblick  auf  den  Betrieb  der  Unternehmung 
bewertet  werden  können,  für  sie  kommt  eben  der  Gebrauchswert,  der  sog. 
Betriebswert  in  Frage.  Sofern  sie  sich  abnützen,  d.  h.  verbraucht  werden, 
verteilt  man  diese  Abnützung  meistens  auf  eine  Vielheit  von  Produkten 
und  Rechnungsperioden.  Ein  Verbrauch,  resp.  Abnützung  ist  aber  nicht 
bei  allen  Betriebsgegenständen  zu  konstatieren,  nicht  z.  B.  bei  Grund- 
stücken, Anlagewertpapieren  etc.,  somit  ist  dieser  Umstand  kein  Kriterium 
des  stehenden  Vermögens. 

Wir  möchten  das  stehende  Vermögen  definieren,  als  jene 
indirekt  rentablen  Werte,  die  der  Betrieb  als  Mittel  (Hilfsmittel) 
benötigt,  deshalb  auch  Betriebs-  oder  Gebrauchsgegenstände 
genannt  werden  und  deren  Bewertung  somit  als  Gebrauchs- 
und nicht  als  Veräußerungsgegenstände  zu  erfolgen  hat. 

Unter  umlaufendem  Vermögen  verstehen  wir  alle  übrigen 
Vermögenswerte:  alle  nicht  rentablen  Werte  (Regulierungs- 
und Reservegüter,  Gewährleistungsgüter),  sowie  alle  direkt 
rentablen  Werte,  die  direkt  Gegenstand  des  Betriebes  sind 
(Waren,  Wechsel,  Wertpapiere,  Debitoren,  Rohstoffe)  und  deren  Bewer- 
tung entweder  unter  dem  Gesichtspunkt  der  Veräußerungs- 
oder Betriebsgegenstände  zu  erfolgen  hat.  Es  handelt  sich  somit 

')  a.  a.  O.,  Seite  196. 


27 

* 
um  die  eigentlichen  Veräußerungsgegenstände  wie  Waren,  Wechsel,  Wert- 
papiere, Bargeld  etc.,  ferner  aber  auch  um  solche  die  selber  nicht,  hin- 
gegen in  einer  andern  Form  (Waren)  zur  Veräußerung  bestimmt  sind 
wie  Kohle,  Gel,  Saat'),  Rohstoffe,  Hilfsstoffe,  in  Arbeit  befindliche  Fabri- 
kate. Ich  möchte  diese  letzteren  Gegenstände  Quasi-Veräußerungs- 
gegenstände  nennen.  Da  sie  schon  im  ersten  Produktionsakt  unter- 
gehen, also  ihren  ganzen  Wert  dem  neuen  Produkt  abgeben,  belasten  sie 
nur  eine  einzige  Rechnungsperiode  und  zwar  mit  ihrem  vollen  Wert.  Ein 
Teil  dieser  Quasi-Veräußerungsgegenstände  folgt  nun  nicht  den  Bewer- 
tungsregeln für  die  Veräußerungs-  sondern  für  die  Betriebsgegenstände, 
indem  für  einzelne  unter  ihnen  (Hilfsstoffe,  Halbfabrikate)  beim  Fehlen  eines 
Markt-  und  Börsen-  oder  sonstigen  Verkaufspreises  eine  Orientierung  an 
demselben  unmöglich  ist.  Als  besonderes  Unterscheidungsmerkmal  wird 
vor  allem  der  Umstand  von  Bedeutung,  daß  das  stehende  Vermögen  seine 
Bestimmung  schwerer  wechseln  kann,  als  das  umlaufende.  (Böhm-Bawerk, 
a.  a.  0.,  Seite  780). 

b)  Bedeutung  des  stehenden  Vermögens:  Schon  Adam 
Smith  (a.  a.  O.,  Seite  244),  ist  die  Bedeutung  des  stehenden  Kapitals,  vor 
allem  seine  verschiedene  Größe  bei  den  verschiedenen  Wirtschaftseinheiten 
bekannt  gewesen.  An  die  enorme  Steigerung  gerade  in  unserm  Zeitalter 
in  den  verschiedensten  Industriezweigen  hat  er  doch  wohl  nicht  gedacht. 
Gerade  diese  ungeahnte  Zunahme  des  stehenden  Vermögens  kann  als  ein 
Charakteristikum  der  heutigen  Wirtschaft  bezeichnet  werden.  Einer  Unter- 
suchung von  Prof.  M.  Weyermann*)  über  das  Verhältnis  des  stehenden 
zum  umlaufenden  Vermögen  entnehmen  wir  folgende  Zahlen: 

in  84  Betrieben  der  Metallindustrie  betrug  das  stehende  Vermögen  62% 

des  Gesamtkapitals, 
»20  „  „     keramischen  Industrie  betrug  das  stehende  Vermögen 

52Vo  des  Gesamtkapitals, 
»59  »}  »    Maschinenindustrie   betrug   das   stehende   Vermögen 

427o  <les  Gesamtkapitals, 
»17  f  „    elektrischen  Industrie  betrug  das  stehende  Vermögen 

57°/o  des  Gesamtkapitals, 

')  Adam  Smith  faßt  unseres  Erachtens  den  Begriff  der  Veräußerungsgegen- 
stände zu  eng,  wenn  er  die  Aussaat,  Oel,  Kohle  u.  s.  w.  zum  stehenden  Vermögen 
rechnet.  Sie  werden  zwar  nicht  als  solche  direkt  sondern  nur  als  Bestandteile  von 
Waren  in  den  Verkehr  gebracht;  wir  nennen  sie  Quasi-Veräußerungsgegenstände;  zum 
Unterschied  des  stehenden  Vermögens  handelt  es  sich  um  Güter,  die  auf  einmal,  also 
m  einem  einzigen  Produktionsakt,  und  zwar  mit  ihrem  vollen  Wert  im  neuen  Produkt 
aufgehen,  während  bei  den  betriebsgegenständen  die  durch  die  Produktion  verursachte 
Abnutzung  oder  sonstige  Entwertung  die  Produkte  nur  indirekt  verteuert.  Ebenso  Fäs, 
a.  a.  0.,  Seite  29.  Vergl.  auch  Conrad  (Grundriß  der  politischen  Oekonomie.  1.  Teil: 
JSationalökonomie,  4.  Auflage,  Jena  1902,  S3ite  38.)  Die  Eigentümlichkeit  des  umlau- 
fenden Kapitals  liegt  darin,  daß  es  nur  einmal  in  dem  Produktionsprozeß  zur  Anwen- 
dung gelangt,  in  seiner  bisherigen  Gestalt  dabei  umgewandelt  wird  und  daß  der  Wert 
voll  und  ganz  in  den  des  neuen  Produktes  übergeht.  Das  ist  der  Fall,  wenn  das  Ge- 
treide ausgesät  oder  verfüttert  wird.  Es  wird  als  solches  vernichtet  und  geht  in  dem 
landwirtschaftlichen  Prozesse  dem  Werte  nach  in  Stroh  und  Körner  der  neuen  Ernte, 
oder  in  l^leisch  und  Milch  der  gefütterten  Tiere  über;  wie  ebenso  in  der  Mühle  das 
Getreide  in  Mehl,  das  Mehl  in  der  Bäckerei  in  Brot  verwandelt  wird,  das  als  umlau- 
fendes Kapital  nur  einmal  in  dem  Produktionsprozesse  zu  dienen  vermag.  Das  ist 
ebenso  der  jr  all  bei  der  Kohle,  die  zur  Erzeugung  des  Dampfes  dient,  bei  der  Wolle, 
die  zu  Garn  versponnen  wird,  während  das  Garn  wiederum  zu  Zeug  verwebt  wird. 

2)M.  Weyermann:  Die  ökonomische  Eigenart  der  modernen  gewerblichen 
Technik,  im  Grundriß  der  Sozialökonomik,  VI.  Abteilung,  Seite  145. 


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28 

in  46  Betrieben  der  Textilindustrie  betrug  das  stehende  Vermögen  587„ 

des  Gesamtkapitals. 

Eine  weitere  sehr  instruktive  Studie  in  obiger  Hinsicht  stammt 
aus  der  Feder  von  V.  Nef,  St.  Gallen'):  Der  Anlagekapitalbedarf  der 
schweizerischen  Stickerei-Industrie.  Ein  Schätzungsversuch.  Wir  ent- 
nehmen derselben  folgende  Zahlen: 

Das  in  der  Stickerei  investierte  Maschinenkapital  steigerte  sich 
in  den  10  Jahren  1900  bis  1910  von  47*1  Millionen  auf  90-5  Millionen, 
d.  h.  um  mehr  als  927«.  Die  prozentische  Verteilung  des  Anlagekapitals 
in  Maschinen  auf  die  einzelnen  Industriezweige  war  in  den  beiden  Ver- 
gleichsjahren die  folgende: 

Industriezweig :  1900  1 910 

Schifflistickerei 31-7  60*2 

Handmaschinenstickerei 67-3  39-4 

Kettenstichstickerei  ........  l-O  0*4 

Lorrainestickerei O'O 

Total  .    .  100-0     100-0 

Nach  seinen  Berechnungen  wären  ferner  in  Fabrikation s- 
gebäulichkeiten  im  Jahre  1900  68  Millionen  Fr.  und  im  Jahre  1910 
105-6  Millionen  Fr.  investiert  gewesen  (ohne  Berechnung  der  Amorti- 
sationen und  V^ertzuwachse).  Die  Zunahme  dfcs  investierten  Kapitals 
betrug  also  in  diesem  Jahrzehnt  55-17o.  Die  prozentische  Verteilung  auf 
die  Industriezweige  ist  folgende: 

1900  1910 

Schifflistickerei 29-8  52-6 

Handstickerei 689  468 

Kettenstichstickerei 1-3  o-6 

100-0     1000 

Die  Verschiebung  des  Anlagekapitals  zu  Gunsten  der  Schifflistickerei 
treffen  wir  auch  hier  wieder,  wenn  auch  nicht  so  ausgeprägt  wie  beim 
Maschinenkapital. 

Ferner  schätzte  er  das  Gesamtan  lagekapital  auf  233-6  Mil- 
lionen im  Jahre  1910,  134-1  Millionen  im  Jahre  19t0.  Es  hat  sich  somit 
um  74-27o  vermehrt.  Am  stärksten  ist  die  Vermehrung  bei  der  Schiffli- 
stickerei. Dort  hat  das  Maschinenkapital  um  264-4'7„  zugenommen,  das 
Gebäudekapital  um  173-1"„.  In  diesem  Zusammenhang  wollen  wir  nicht 
unterlassen  auf  die  sehr  interessanten  Untersuchungen  von  Nicklisch*) 
hmzuweisen.  Auch  seine  äußerst  anschauliche  Darstellungsweise  des  Ver- 
hältnisses der  verschiedenen  Vermögensgüter  untereinander  sei  besonders 
hervorgehoben. 

Diese  Tatsache,  die  gewaltige  Steigerung  der  Anlagen  im  modernen 
Wirtschaftsbetneb,  hat  nun  vor  allem  zwei  weittragende  Wirkungen : 

1.  Dadurch,  daß  der  Unternehmer  einen  bedeutenden  Teil  seiner 
Mittel  fortan  in  den  indirekt  rentablen  Betriebsgegenständen  anlegen  muß, 
wird  auch  die  Art  und  Weise  seiner  Kalkulation  eine  andere.  Jetzt  heißt 
es  nicht  nur  vorübergehend  Gewinne  erzielen,  denn  die  Anlagen  dauern 

')  Zeitschrift  für  schweizerische  Statistik,  Jahrgang  1915,  Seite  182  ff. 
^)  Allg.  kaufm.  Betriebslehre:    Der  Aufbau  des  Vermögens,  Seite  85  ff. 


Ä9 

sehr  oft  Jahre,  Jahrzehnte.  Viel  wichtiger  ist  jetzt  ein  stabiler,  sicherer 
Geschäftsbetrieb.  Aus  dem  „merchant  adventurer",  an  welchen  sich  auch 
gewisse  Anklänge  in  dem  wild  darauf  los  gründenden  Spekulanten  der 
Periode  nach  dem  Frankfurter  Frieden  finden,  wird  im  Laufe  der  Zeit 
ein  mehr  sachlich  abwägender,  reeller  Kaufmann. 

2.  Die  Produktion  steigert  sich  in  eine  solche  großen  Stils,  und 
zwar  aus  folgenden  Ueberiegungen :  „Man  hat  nämhch  die  Unterschei- 
dung in  proportionale  und  gleichbleibende  (eiserne)  Kosten 
im  Betriebe  zu  berücksichtigen."  Die  Selbstkosten  der  industriellen  Pro- 
duktion setzen  sich  somit  aus  zwei  Teilen  zusammen;  der  eine  Teil 
wächst  proportional  mit  der  Produktions-  bezw.  Absatzmenge;  auf  die 
Einheit  bezogen,  sind  die  Kosten  also  gleich  groß,  ob  die  Produktions- 
und Absatzmenge  größer  oder  kleiner  ist.  Hierher  gehören  z.  B.  die 
Rohstoffe  und  produktiven  Löhne  etc. 

Der  andere  Teil  der  Selbstkosten  ist  keineswegs  von  der  Produk- 
tions- und  Absatzmenge  abhängig;  diese  Kosten  müssen  unter  allen  Um- 
ständen bestritten  werden,  ob  die  Produktions-  und  Absatzmenge  größer 
oder  kleiner  ist.  Wir  bezeichnen  sie  als  eiserne  Kosten ;  hierher  gehören 
z.  B.  Abschreibungen,  Zinsen  und  Unterhaltung  von  Immobilien  und 
Maschinen  u.  s.  w.') 

Es  ist  nun  ohne  weiteres  klar,  daß  der  Zweck  der  Unternehmung, 
einen  höchst  möglichen  wirtschaitlichen  Ertrag  zu  liefern,  durch  das 
Hinzutreten  der  Kategorie  der  indirekt  rentablen  Anlagen  nicht  geändert 
wird.  Im  Gegenteil,  gerade  durch  sie  soll  ja  die  Leistungsfähigkeit  des 
Betriebes  erhc>ht  werden.  Je  besser  nun  vor  allem  die  Anlagen  ausgenutzt 
werden  können  durch  größern  Umsatz,  auf  eine  desto  größere  Anzahl 
von  Produkten  verteilen  sich  die  eisernen,  gleichbleibenden  Kosten,  die 
Selbstkosten  fallen,  was  zur  Folge  hat,  daß  sich  bei  gleichbleibenden  Ver- 
kaufspreisen steigende  Gewinne  ergeben. 

Es  ergibt  sich  hieraus  die  Regel:  Bei  der  Möglichkeit,  die 
eisernen  Kosten  auf  eine  größere  Anzahl  von  Produkten 
verteilen  zu  können,  fällt  der  Selbstkostenpreis,  bei 
gleichbleibenden  Verkaufspreisen  steigt  daher  der  Ge- 
winn. 

Hieraus  läßt  sich  wieder  folgender  Betriebsgrundsatz  ableiten*): 
Kann  man  durch  Preisherabsetzung  die  Absatzmenge  bis 
zur  Grenze  der  Leistungsfähigkeit  der  Anlage  vergrößern, 
so  vergrößert  sich  der  Gewinn  trotz  erheblicher  Preis- 
ermäßigung, falls  diese  kleiner  ist  als  die  Verbilligung 
der  Produktionskosten. 

• 

Wir  sehen  also,  die  Tendenz  der  Produktionssteigerung  ist  offen- 
sichtlich; sie  hängt  in  aller  erster  Linie  mit  dem  Wesen,  mit  der  wirt- 
schafthchen  Eigenart  des  Anlagekapitals  zusammen. 

Daß  auch  für  die  Volkswirtschaft  und  nicht  nur  für  den  privaten 
Unternehmer,  infolge  billigerer  Preise,  Vorteile  entstehen  können,  ergibt 
sich  in  frappanter  Weise  an  folgenden  zwei  Beispielen:'') 

>)  Verg).  die  Ausführungen  von  Schär:     Buchhaltung  und  Bilanz.    2.  Auflage. 
Berlin,  19U.    Abschnitt  G.  Kalkulatorische  Buchhaltung,  Seite  255  ff. 
*)  Schär,  a.  a.  0.  Seite  261. 
')  Entnommen  aus  Toendury,  a.  a.  0.  Seite  60. 


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t : 


30 

Produktionskosten  einer  Schreibmaschinenfabrik: 
Bei     ioo  Schreibmaschinen  kost.  Fr.  250'—  d.  Stck;  nach  Erhöhung  der 

Betriebsanlagen : 
"150  „  „       „    200-—  „      „       später  bei  noch 

größerer  Produktion : 
^000  „  „       „     185-—  „      „       schheßlich: 

2000  .  „       ..     175  — 


r) 


n 


w  »        :••      175* —    „         „ 

Aehnlich  verhielt  es  sich  in  einer  Bohrmaschinenfabrik: 

1200  Stück  ä  Frs.  1*84 

3450       „      „      „  1-76 

8560       „      „      „  1-51 

12400       ...  1-40 


Wir  sehen  wie  die  Probleme  der  Kapitalgröße,  der  Selbstkosten- 
berechnung, der  Absatzgebiete,  der  Produktionssteigerung,  der  Konzen- 
trationsbestrebungen etc.  in  engstem  Zusammenhang  mit  der  Frage  der 
Anlagegüter  in  der  wirtschaftlichen  Unternehmung  stehen. 

§  7.    Das  Wesen   der  Bilanz. 

a)  Im  Allgemeinen.  Wie  wir  an  anderer  Stelle  bereits  gesehen 
haben,  stellen  die  Passiven  in  der  Bilanz  das  Kapital  dar,  und  zwar  als 
abstrakte  Geldsumme.  Nehmen  wir  zuerst  an  es  handle  sich  um  ein 
mit  Waren  handelndes  Unternehmen.  Was  wird  mit  dem  Kapital,  das 
dem  betreffenden  Händler  zur  Verfügung  steht,  geschehen?  Es  wird 
eben  größtenteils  zum  Ankauf  von  Waren  verwendet  werden,  ein  Teil 
bleibt  vielleicht  in  der  Kasse  als  Barbestand,  ein  anderer  bei  der  Bank 
bis  er  ebenfalls  im  Geschäft  Verwendung  findet.  Die  erste  Stufe  ist  also 
die,  daß  das  Kapital  in  die  verschiedenen  Vermögenswerte  umgewandelt 
wird.  Schärfer  formuliert,  stellen  diese  Vermögenswerte  vorläufig  gar 
nichts  anderes  als  die  Aufwendungen  für  dieselben  dar.  Nehmen  wir 
ferner  an,  am  Ende  des  Jahres,  dem  Zeitpunkt  für  die  Bilanzaufstellung, 
seien  sämtliche  Waren  verkauft,  der  Eriös  befinde  sich  in  der  Kasse  und 
im  Bankkonto.  Für  die  Bilanzauistellung  ergibt  sich  keine  Schwierigkeit. 
Die  Summe  der  konkreten  Vermögensgegenstände  (in  unserm  Falle,  Kassa 
und  Bank)  ist  ganz  genau,  exakt  feststellbar  und  ist  als  abstrakte  Geld- 
summe gleich  dem  Kapital.  Den  Erfolg  können  wir  feststellen  nach  der 
alt  bekannten  Formel:  Endkapital  •  Anfangskapital  =  Erfolg  (Rein- 
gewinn oder  Reinverlust),  oder  in  Gleichungsform: 


Anfangskapital  4-  Reingewinn  =  Endkapital  oder 
Anfangskapital  —  Reinverlust    =  Endkapital. 

Sehr  zutreffend  faßt  diese  verschiedenen  Stadien  Sganzini')  zu- 
sammen. „Der  Grundvorgang  erscheint  danach  als  geschlossene  Kreis- 
bewegung des  Unternehmungskapitals.  Durch  eine  solche  wird  der  Pro- 
duktionsprozeß tatsächhch  vollzogen.  Das  Kapital  (in  Geldform)  wird 
verausgabt,  um  die  unmittelbaren  Produktionsmittel  anzuschaffen,  in  Stand 
und  in  Tätigkeit  zu  erhalten  (Aufwendungsprozeß,  wodurch  das  Geld- 
kapital   in    die   stehenden   und   mobilen   Produktionsmittel    umgewandelt 

«7-  ^^  ,"^'^5  Grundlegung  der  realistischen  Theorie  der  doppelten  Buchhaltung." 
Wissenschaftüche  Beilage  zum  neunten  Jahresbericht  der  Städtischen  Han-ielsakademie 
St.  GaUen.    St.  Gallen,  1908,  Seite  22.    Vergl.  auch  Schär,  a.  a.  0.  Seite  10  ff. 


31 

wird,  bestehend  aus  Geldausgabe  und  Eingang  konkreter  Gegenstände, 
bezw.  produktiven  Leistungen).  Der  innere  Umformungsprozeß  vollzieht 
sich  dann,  bis  schließlich  die  fertige  Leistung  abgegeben  wird  und  dafür, 
wiederum  in  Geldform,  als  Gegenleistung  das  Kapital  erscheint,  um, 
immer  wieder  von  neuem,  denselben  Kreislauf  zu  beschreiben."  Wir 
wollen  dieses  erste  Stadium  charakterisieren  als  die  Umwand- 
lung der  Passiven  in  die  Aktiven  auf  Grund  des  Anschaffungs- 
preises. Wie  wir  in  unserer  historischen  Einleitung  festgelegt  haben, 
stellte  im  Anfang  der  Entwicklung  der  Buchhaltung,  die  Bilanz  lange 
Zeit  nur  ein  rein  formaler  Abschluß  dar. 

Wir  kommen  zurück  auf  unser  1.  Beispiel  mit  der  Abänderung,  daß 
wir  diesmal  Fabrikant  sind  und  die  konkreten  Vermögensgegenstände  als 
inImmobiHen,  Maschinen,  Waren,  Halbfabrikaten,  Rohstoffen,  Bank  und 
I  Kassa   bestehend   betrachten.     Die  Aktiven    stellen    wieder    die  Aufwen- 
dungen dar,  doch  ist  jetzt  der  Umwandlungsprozeß  am  Ende  der  Rech- 
nungsperiode   noch    nicht   so   weit   gediehen,    daß  dieselben  auch  bereits 
schon   wieder   in    die  Form    des  Geldkapitals   zurückverwandelt   worden 
wären.     Hier   beginnt   eben   die  Schwierigkeit.     W  ährenddem  früher  die 
Buchhaltung  an  diesen  Nominalwerten  der  vorhandenen  Waren,  in  Arbeit 
befindlichen  Fabrikaten  etc.  einfach  festgehalten  hat,  verfährt  eben  unsere 
entwickeltere  Buchführungs-  und  Bilanzpraxis  anders.     Bei  den  fertigen 
Waren    irägt   sich   der  Fabrikant,    ob  er  diese  Aufwendungen  nun  auch 
mit  gutem  Gewissen  mit  der  vollen  Summe  als  Vermögenswert  stehen 
lassen    dürfe.      Das    Urteil     hierüber     bildet    er    sich    auf    Grund    von 
Schätzungen    an  Hand    von  Markt-    und   Börsenpreisen    oder    sonstigen 
Kenntnissen    der    Verkaufsmöglichkeiten.     Bei    den    Halbfabrikaten    und 
Rohstoffen  etc.    als   direkt  rentablen,    genauer    gesagt    als  Quasi -Ver- 
äußerungsgegenständen   macht    er    die    gleichen    Ueberlegungen. 
Doch  kompHziert  sich  hier  die  Schätzung  noch  mehr,  indem  für  einzelne 
unter  ihnen  (Hilfsstoffe  und  Halbfabrikate  etc.)  beim  Fehlen  eines  Markt- 
!und  Börsen-   oder   sonstigen  Verkaufspreises   eine  Orientierung   an   den- 
selben unmöglich  ist.    Er  wird  ähnlich  verfahren,  wie  im  Falle  von  Be- 
triebsgegenständen, die  wir  jetzt  betrachten  wollen.    Es  handelt  sich  um 
die   indirekt   rentablen   Vermögenswerte.     Eine   große  Anzahl    derselben 
(Fabrikgebäude,    Maschinen,   Werkzeuge  etc.)  büßt  ihren  Wert  nur  nach 
und  nach  ein,  so  daß  ihr  Charakter  als  Aufwendung  nicht  mehr  so  deut- 
lich zu  Tage  tritt.     Und   doch   ist   unleugbar,    daß   sie  eines  Tages  ver- 
schwinden werden,    auch  sie  müssen  sich  wieder  in  Geldkapital  zurück- 
verwandeln.    Weil    nun    diese  Aufwendungen   tatsächlich   einer  Vielheit 
von  Rechnungsperioden  zur  Last  fallen,  indem  sie  nicht  mit  ihrem  ganzen 
Betrag  als  Veriust  angerechnet  werden  können,  anderseits  aber  für  den 
noch  nicht  als  Veriust  zu  taxierenden  Betrag  Vermögen  darstellen,  werden 
auch  hier  wieder  Schätzungen  notwendig.     Es  ist  festzustellen,   was  ge- 
hört  in    der  in  Frage  stehenden  Rechnungsperiode  in  die  Gewinn-  und 
Veriustrechnung  und  was  kann  als  Vermögen  in  die  Bilanz  aulgenommen 
werden.')     Nach  Sganzini  (a.  a.  O.  Seite  40)  kann  dies   auf  zwei  Arten 
geschehen,  „indem  am  Schluß  der  Rechnungsperiode:  a)  von  der  Gesamt- 
summe^ Aufwendungen  diejenige,  welche  dem  laufenden  Jahre  zur  Last 

»)  Die  beiden  Beträge  stehen  in  Wechselwirkung,  d.  h.  sie  ergänzen  sich,  bilden 
eben  zusammen  die  Aufwendung.  Ist  z.  ß.  der  Verlust  groß,  so  verbleibt  weaiir  Ver- 
mögen und  umgekehrt  ^ 


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32  .  . 

fällt,  abgezogen  wird,  die  übrige  Summe  auf  das  neue  Jahr  übertragen 
wird  und  diesem  wiederum  als  Aufwendung  belastet  u.  s.  w.,  oder  b)  der 
verbleibende,  tatsächlich  nicht  aufgewendete  Teil  direkt  an  Ort  und  Stelle 
durch  Kontrolle  bestimmt  und  auf  Grund  desselben  der  Anteil  des  laufenden 
Jahres  als  Differenz  berechnet  wird.')  Diesen  Zweck  zu  erfüllen,  ist  die 
jährliche  Inventuraufnahme  bestimmt,  welche  nichts  anderes  ist  als  eine 
statische  Kontrolle,  d.  h.  eine  Prüfung  und  Aufzeichnung  des  Unter- 
nehmungskapitals  in  einem  gegebenen  Augenblick  und  nach  seinen  kon- 
kreten Bestandteilen.  Sie  gibt  eine  bestimmte  Lage  im  ununterbrochenen 
Kreislauf  des  Kapitals  in  erstarrter  Form  wieder  ....  Das  neue  und  eigen- 
artige der  Inventuraufnahme  liegt  in  der  Aufzeichnung  und  Wertbestim- 
mung der  konkreten  Produktionsmittel,  umlaufenden  und  festen,  d.  h.  der 
verbleibenden  Aufwendungen.  Ueber  den  allmählichen  Verbrauch  ist 
höchstens  eine  technische  Kontrolle  und  auch  diese  nicht  in  allen  Fällen 
mögHch.  Die  Rechnung  ist  genötigt,  die  erste  Anschaffung  schon  als 
Aufwendung  anzusehen.  Der  einer  Rechnungsperiode  zu  belastende  Anteil 
muß  daher  auf  einem  Umweg^e  bestimmt  werden,  durch  Feststellung  des 
am  Schlüsse  verbleibenden  Wertes.  Die  Trennung  in  Rechnungsperioden 
ist  eine  rein  künstliche.  Die  Wertbestimmung  kann  daher  auch  nur  künst- 
lich, durch    willkürlichen    Akt  stattfinden In  der   Notwendigkeit  der 

Heranziehung  solcher  Werte,  die  auf  bloßer  Schätzung  beruhen,  liegt  der 
schwache  Punkt  des  Rechnungssystems,  der  nicht  zu  beseitigen  ist,  weil 
er  in  dem  Umstand  der  künstHchen  Abgrenzung  einer  Rechnungsperiode 
wurzelt."  Kritisch  ist  zu  bemerken,  daß  Sganzini  und  vor  allem  auch  die 
meisten  Bilanz-  und  Abschreibungstheoretiker  das  stehende  Kapital,  die 
indirekt  rentablen  Betriebsgegenstände  nicht  sorgfältig  genug  analysiert 
haben.  So  wird  man  bei  Anlagewertschriften  und  Grundstücken  die  Be- 
wertung nach  andern  Gesichtspunkten  vornehmen  als  bei  den  Sachwerten, 
die  sich  abnützen;  das  Gleiche  wäre  von  den  immateriellen  Werten  zu 
sagen.  Dieses  zweite  Stadium  möchten  wir  charakterisieren  als  die  Ueber- 
führung  des  Kapitals  (Passiven)  in  die  einzelnen  Vermögens- 
werte (Aktiven)  und  Bewerlung  derselben  in  starker  Anlehnung 
an  den   Anschaffungspreis. 

b)  Definition  der  Bilanz.  Auf  Grund  unserer  Untersuchungen 
über  das  Wiesen  der  Bilanz  möchten  wir  nun  folgende  Begriffsbestim- 
mung geben'): 

Wir  verstehen  unter  der  Bilanz  eine  kontoförmige  Auf- 
stellung in  der  Weise,  daß  die  rechte  Seite,  die  Passiven,  das  Kapital 

^)  In  der  Praxis  sind  auch  in  der  Tat  beide  Methoden  in  Anwendung;  darüber 
später.   — 

2)  Aehnlich  Schär  in  der  Schweizerischen  handeis  wissenschaftlichen  Zeitschrift. 
September  1916,  Basel,  Seite  205:  „Die  Bilanz  ist  die  doppelte  Rechnung  über  das 
an  einem  bestimmten  Zeitpunkt  —  den  ßilanztag  —  vorhandene  Geschäftsvermögen 
einer  Öonderwirtschaft ;  die  eine  Seite  der  Rechnung  enthält  die  nach  wirtschnftliclien 
Funktionen  geordneten  und  nach  gesetzlichen  Vorschriften  und  kaufmännischen  Normen 
bewerteten  Vermögensbestandteile,  die  Sach-  und  Rechtsgüter  oder  Aktiven :  die  Gegen- 
seite der  Rechnung  stellt  dasselbe  Vermögen  nach  seinen  rechtlichen  Quellen  dar, 
indem  es  zerlegt  wird  in  das  vom  Unternehmer  selbst  herstammende  Eigenkapital,  das 
Reinvermögen,  und  in  das  auf  dem  Wege  des  Kredits  aus  andeien  Wirtschaften  stam- 
mende Fremdkapital,  die  Schulden  oder  Passiven  im  engern  Sinne."  —  Die  meisten 
andern  Buchhaltungs-  und  Bilanzschriftsteller  weichen  deshalb  wesentlich  von  meiner 
Begriffsbestimmung  ab,  weil  sie  sich  nicht  genügend  an  das  Wesen  der  Bilanz  halten, 
sondern  auf  andere  Merkmale  wie  Zweck  der  Bilanz,  Recht  etc.  mehr  Gewicht  legen. 


33 


der  Unternehmung  als  abstrakt©  Geldsumme,  nach  Eiffenlmiif. 
anspruchen  und  Dauer  der  Yerfügbarkeit  gesondert  darstellt, 
während  die  linke  Seite,  die  Aktiven,  dasTermögen  in  seinen 
einzelnen  konkreten  Bestandteilen,  und  zwar  unter  dem  Ge- 
sichtspunkt der  Rentabilität  und  Xiquidität  geordnet  und 
auf  Grund  einer  Inventur,  die  sich  auf  eine  nach  kauf- 
raannischen  Grundsätzen  vorgenommenen  Bewertung 
stützt,  aufweist.  ^ 


IL  Praktischer  Teil. 

Der  Zweck  der  Bilanz. 

§  8.    Der  Zweck  der  Bilanz  im  allgemeinen. 

a)  Darstellung  der  Vermögenslage  und  Erfolgsermitt- 
lung  als  Zweck  der  Bilanz.  Das  Wesen  der  Bilanz  kann  durch 
den  Zweck,  zu  welchem  man  die  Bilanz  aufstellt,  bedeutende  Modifi- 
kationen erfahren.  Welches  ist  nun  der  Zweck  der  Bilanz  ?  Die  besetz- 
liehen  Bestimmungen  geben  uns  etwelche  Anhaltspunkte.  Art  666. 
Absatz  1,  des  Schweiz.  Obligationenrechtes  lautet:  Die  Bilanz  ist  so  klar 
und  übersichtlich  aufzustellen,  daß  die  Aktionäre  einen  möglichst  sichern 
Einblick  in  die  wirkliche  Vermögenslage  der  Gesellschaft  erhalten.  Ganz 
allgemein,  also  nicht  nur  für  die  Aktiengesellschaft  wie  in  der  Schweiz 
bestimmen  §  39  und  40  des  deutschen  Handelsgesetzbuches:  * 

§  39,  Abs  1.  Jeder  Kaufmann  hat  bei  dem  Beginn  seines  Handels- 
gewerbes seine  Grundstücke,  seine  Forderungen  und  Schulden,  den  Betrag 
semes  baren  Geldes  und  seine  sonstigen  Vermögensgegenstände  genau 
zu  verzeichnen     dabei   den  Wert   der   einzelnen  Vermögensgegenstände 

d^Ä'"^  """^K'^Kf"«  ^^'  Verhältnis  des  Vermögens  und  d^  Schulden 
darstellenden  Abschluß  zu  machen. 

i'*^!.-^^^;,^-  ^^^  ^^^  Aufstellung  des  Inventars  und  der  Bilanz 
sind  sämtliche  Vermögensgegenstände  und  Schulden  nach  dem  Werte 
anzusetzen,  der  ihnen  in  dem  Zeitpunkte  beizulegen  ist,  für  welchen  die 
Aufstellung  stattfindet. 

AK  f  "^  die  Aktiengesellschaften  verlangt  der  Gesetzgeber  femer  in  §  261. 
Abs.  6,  daß  der  aus  der  Vergleichung  sämtlicher  Aktiva  und  sämtiiche^ 
Passiva  sich  ergebende  Gewinn  oder  Verlust  am  Schlüsse  der  Büanz  be- 
sonders angegeben  werden  muß. 

^^n^.^^fu''^^!'^^  ^'''^'''*  F^ej/ann  einzelne  Buchhaltungs-  und  Bilanz- 
Schnftsteller.')     Es  werden   folgende  Funktionen  der  Biltnz  aufgezählt: 

I.Sie  soll  uns  über  die  Vermögenslage  Auskunft  geben.  Daran 
hat  in  erster  Linie  die  Unternehmung  selber  ein  großes  Interesse.  Hiezu 
gesellen  sich  die  Aktionäre,  Gläubiger  etc.  Bedeutungsvoll  wird  sie  als 
n:i';^:i'v\i:^^^^^  des  Venustes  der  Hälfte  des  Grundkapitals 

2.  Die  zweite  Hauptfunktion  besteht  in  der  E  r  f  o  1  g  s  e  r  m  i  1 1 1  u  n  ^ 
Intere^sse  ^'^^^^  ^'^  Unternehmung  und  Aktionäre  etc.  ein  vital» 

^1  O  °R  ^A?;  *fi^?*  ?K  ^f  ^  ^}  t'  ^"*^*^  ^*«'  *•  *•  Ö-  Seite  3  ff. 
^)  U.  K.  Art.  657,  Abs.  1  und  2  and  Art.  704. 

Dr.  Jean  Hott :  „Die  JahresbilaM  der  A.  G.** 

9 


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34 

3.  Sie  ist  in  gewissem  Sinne  eine  periodische  Korrektur  der 
Buchhaltung. 

4.  Sie  bildet  die  Grundlage  für  die  Leistungen  der  Unter- 
nehmung an  den  Fiskus. 

6.  Als  statistische  Grundlage  für  die  Wirtschaftswissen- 
schaften interessiert  sie  den  Privatwirtschaftler  wie  den  National- 
ökonomen. 

6.  Dient  sie  nicht  nur  der  Erfolgsermittlung,  sondern  auch  als 
Grundlage  iür  die  Gewinnverteilung.  Neben  der  Dividendenfest- 
setzung wird  sie  auch  für  die  Bestimmung  der  Tantieme  von  Bedeutung. 

Es  ist  nun  ohne  weiteres  verständlich,  daß  die  Bilanz  nicht  in 
gleichem  Maße  sämtlichen  oben  aufgezählten  Postulaten  gerecht  werden 
kann.  Diese  Behauptung  sei  kurz  erläutert,  a)  Nach  obigen  Funktionen 
der  Jahresbilanz  soll  sie  auch  Aktionären  und  Drittpersonen  einen  mög- 
lichst sichern  Einblick  in  die  wirkliche  Vermögenslage  der  Gesellschaft 
gestatten.  Leider  all  zu  oft  finden  die  Gesellschaften,  daß  dies  nicht  in 
ihrem  Interesse  liege  aus  Konkurrenzrücksichten,  wegen  dem  Aktienkurs, 
wegen  dem  Kredit  des  Unternehmens  etc.  Wir  haben  hier  gewissermaßen 
dafür  eine  Erklärung,  daß  die  Bilanzen  häufig  unübersichtlich  sind.  Gerade 
das  Anhäufen  von  stillen  Reserven  hat  eben  nicht  selten  den  Zweck,  die 
wahre  Situation  zu  verbergen,  b)  Die  Bilanz  dient  als  statistische  Grund- 
lage der  Wissenschaft.  Unter  diesem  Gesichtspunkt  wäre  es  sehr  zu 
wünschen,  daß  die  einzelnen  Bilanzposten  in  den  verschiedenen  Betrieben 
eine  möglichst  gleichartige  Behandlung  erfahren  würden,  ein  Postulat, 
das  vorläufig  noch  Wunsch  bleiben  muß.  —  R  ehm')  schreibt  im  Vorwort 
zu  seinen  „Bilanzen":  „Aus  einem  dreifachen  Grunde  tritt  das  Recht 
ordnend  an  die  Bilanz  der  kaufmännischen  Unternehmung  heran,  nicht 
wegen  der  Bedeutung,  welche  der  Rechnungsabschluß  für  den  Unter- 
nehmer selbst  besitzt,  sondern  1.  wegen  seiner  Bedeutung  für  die  Gläu- 
biger und  Gesellschafter  desselben  und  solche,  die  das  eine  oder  andere 
werden  wollen ;  2.  wegen  seiner  Bedeutung  für  die  Beurteilung  der  Steuer- 
kraft des  Kaufmanns;  3.  wegen  des  Einflusses  der  Unternehmung  und 
damit  auch  ihrer  Bilanz  auf  die  gesamte  Volkswirtschaft  (Versicherungs- 
unternehmungen, Hypotheken-]  und  Notenbanken)."  Je  nachdem  nun  die 
betreffenden  Schriftsteller  den  einen  oder  andern  Zweck  mehr  betonen, 
werden  eben  ihre  Vorschläge  auch  verschieden  ausfallen  müssen.  Damit 
haben  wir  wohl  den  wunden  Punkt  der  Bilanzpolitik  wie  überhaupt  jeder 
Politik  hervorgehoben.  Aehnlich  drückt  sich  Folliet*)  aus:  „II  est 
d*autres  objets  ou  groupes  d'objets  pour  l'övaluation  desquels  une  r^gle 
peut  6tre  admise,  mais  les  propositions  sont  presque  aussi  nombreuses 
que  les  auteurs.  Ceci  provient  de  ce  que  chacun  s*attache  plus  sp6ciale- 
ment  ä  un  cas  particulier,  ä  teile  ou  teile  partie  du  bilan  lorsqu'il  for- 
mule  sa  proposition,  au  Heu  de  tenir  compte  de  la  nature  si  diff^rente 
des  Moments  qui  composent  Tactif.**  Wir  werden  uns  im  Nachfolgenden 
in  der  Hauptsache  auf  den  privatwirtschaftlichen  Standpunkt 
stellen,  gemäß  dem  Charakter  unserer  Untersuchung.  Das  wird  uns  nicht 
hindern,    wenn    immer    sich    die  Gelegenheit    bietet,    auch    die    übrigen 

^)  Die  Bilanzen  der  Aktiengesellschaften  etc.   1.  Aufl.,  München,  1903,  Seite  III. 
»)  Le  bilan  dans  les  Sociötäs  Anonymes  etc.    a.  a.  0.,  Seite  28/9. 


Momente,  die  verschiedenen  aufgezählten  Funktionen,  gebührend  zu  be- 
rücksichtigen. Ein  Umstand  wird  sich  aber  gleichsam  wie  ein  roter 
Faden  durch  sämtliche  Untersuchungen  bemerkbar  machen:  die  starke 
Betonung  und  Anlehnung  an  das  Wesen,  den  Charakter  der  Bilanz.  Für 
uns  gewinnen  somit  die  ersten  beiden  Funktionen  der 
Bilanz:  Darstellung  der  Vermögenslage,  sowie  die  Grund- 
läge  für  die  Erfolgsermitttung  besondere  Bedeutung. 

b)  Vermögens-  oder  Gewinnermittlungs-Bilanz?   Es  hat 
sich  hier  in  der  Literatur  eine  Kontroverse  ergeben,  in  der  Weise,  daß 
man  die  Bilanz  als  Vermögensbilanz  einerseits  und  als  Gewinnermittlungs- 
Bilanz')  andererseits  im  Sinne  eines  Gegensatzes  einander  gegenüberstellte  ») 
Uns   scheint   die  Problemstellung   bei   dieser   ganzen  Frage   ungeschickt 
gewählt.   Wie  wir  im  ersten  Teil  unserer  Untersuchung  gesehen  haben, 
hegt    im    Wesen    der    Bilanz    kein    solcher   Gegensatz.     Nach    unserer 
Gleichung:     Anfangsvermögen  -f-  Reingewinn  =  Endvermögen 
ergibt  sich,   daß,  wenn  wir  das  Vermögen  kennen,   wir  auch  den  Rein- 
gewinn  bestimmen    können   und   umgekehrt.     Nur  kommt  jetzt  hier  die 
bchwiengkeit  der  Bewertung  des  Vermögens.    Wie  wir  schon  früher  aus- 
geluhrt  haben,  kann  dasselbe  nicht  genau  festgestellt  werden,  wir  müssen 
uns   mit  Schätzungen   behelfen.     In  scharfsinniger  Weise  charakterisiert 
bganzini  (a.a.O.  Seite  41)  dieses  Dilemma:    „An  die  Stelle  der  Wirk- 
lichkeit treten  dann  Gesichtspunkte  praktischer  Zweckmäßigkeit,    die  als 
Richtschnur  bei  der  Wertschätzung  (Wertansetzung)  in  jedem  konkreten 
Falle   dienen.     Der  Willkür  ist   hier   ein   ziemlich  weiter  Spielraum  ffe- 
boten.  )    Es  hangt  häufig  von  den  durch  den  Einzelfall  auferiegten  Rück- 
sichten ab,  welcher  Aufwendungsbetrag  der  Rechnungsperiode  zu  belasten 
ist.    Besonders  bei  den  modernen  gesellschaftlichen  Unternehmungen  ist 
die  brtragsberechnung  eine  ziemlich  willkürliche  und  hängt  häufig  vom 
Dividendensatze  ab,    den   man   an   die  Aktionäre   auszuschütten   für  gut 
hndet.    Die  Festsetzung  der  Amortisationsquoten  für  Anlagen  ist  erheb- 
heb  verschieden,  je  nach  dem  Einzelfalle.    Man  kann  es  für  gut  finden 
m  einzelnen  Jahren  größere  Abschreibungen  vorzunehmen,  um  den  Vor- 
teil bedeutender  stiller  Reserven  zu  genießen,  und  um  spätere  Jahrgänge 
möglichst  zu  entlasten.     Die  Amortisationsquotenbestimmung,   die  Ein- 
schätzung  der  bleibenden  Warenvorräte  haben  von  der  rechnerischen 
bei te  vor  allem  den  Zweck,  d.^njenigen  Teil  der  |ahresaufwendungen  zu 
bestimmen     welcher  der  nächsten  Periode  zur  Last  gelegt  werden  muß 

Antif If    .J^'T'    '"^''"^^    ^l"    ^^"^    veriaufenen  Jahre  zu  belastenden 
Anteil       Wir   können   nunmehr    einen  Schritt  weiter  gehen  und  sagen, 

GewinnÄu'gt^^^^^^  ''^'^  unterscheidet  ferner:  Vermögensverteilong«.  J 

Leipzig!  ms!^^''  ^'*  ^'    "^*^  Bilanzwerte,  was  sie  sind  und  was  sie  nicht  sind,« 
Fischer,  Dr.  R  :      üeber  die  Grundlagen  der  Bilanzwerte."    Leiozie-    mm 

3* 


II  ' 


36 

daß  sich  auch  für  die  Praxis  nicht  nur  kein  Gegensatz 
zwischen  Vermögens-  und  Erfolgsermittlungs-Bilanz  kon- 
struieren läßt,  sondern,  daß  die  Bilanz  eben  nur  dann 
genau  aufgestellt  worden  ist,  wenn  durch  sie  das  Ver- 
mögen und  der  Erfolg  in  gleichem  Maße  genau  ausge» 
wiesen  wird.')  Man  wird  uns  einwenden,  daß  aber  doch  die  Praxis 
dahin  tendiere,  vor  allem  den  Erfolg  in  der  abgelaufenen  Rechnungs- 
periode zu  bestimmen,  daß  sogar  gewisse  Vermögensgegenstände  gar 
nicht  jedes  mal  neu  bewertet  werden,  sondern  einfach  um  die  früher  be- 
stimmte Amortisationsquote  gekürzt,  ins  Inventar  aufgenommen  werden. 
Wie  wir  später  noch  genauer  sehen  werden,  ist  dies  richtig.  Doch  stellt 
diese  Art  der  Bewertung  (besser  gesagt  Nichtbewertung)  eben  nur  ein 
allerdings  sehr  brauchbares  und  viel  angewandtes  Aushilfsmittel  dar,  das 
sicherlich,  wäre  es  möglich  auf  eine  andere  Art  jedesmal  den  Wert  der 
betreffenden  Vermögensgegenstände  genau  zu  bestimmen,  durch  jenen 
Bewertungsmodus  ersetzt  würde.  Auch  der  Einwand,  die  Bilanz  weise 
überhaupt  nicht  das  richtige  Vermögen  auf,  ist  nicht  stichhaltig.  Wir 
können  hier  wiederholen,  daß  es  eben  noch  ein  Vermögen  außerhalb  der 
Bilanz  gibt,  das  sich  mit  dem  bilanzmäßigen  nicht  zu  decken  braucht. 
Wenn  z.  B.  der  Gesetzgeber  jegliche  bilanzmäßige  Berücksichtigung  von 
Werterhöhungen  bei  Betriebsgegenständen  verbietet,  so  hat  er  es  nicht 
getan,  um  die  Unternehmung  daran  zu  hindern,  ihr  Vermögen  richtig 
auszuweisen,  sondern  der  Willkür  bei  der  Bestimmung  des  sogenannten. 
Gebrauchs-  oder  Betriebswertes  gewisse  Schranken  aufzuerlegen.  Anderer- 
seits gestattet  das  Gesetz  in  Deutschland  (§  261,  Abs.  3)  ausdrücklich, 
daß  Anlagen  und  sonstige  Betriebsgegenstände  ohne  Rücksicht  auf  einen 
geringeren  Wert  zu  dem  Anschaffungs-  oder  Herstellungspreis  unter  Be- 
rücksichtigung der  Abschreibungen  angesetzt  werden  dürfen.  Nach  unserer 
Auffassung  will  das  besagen,  daß  damit  eine  zu  einem  andern  als  dem 
Veräußerungswert,  nämlich  zum  Betriebswert,  vorgenommene  Bewertung^ 
zugelassen  wird.  Richtiger  ausgedrückt  sollte  man  sagen, 
daß   in   der  Praxis  bald  ein  besonders  großes  Interesse  an 

')  Schär,  a.  a.  0.  Seite  76:  Wegen  dieses  Unterschiedes  in  den  gesetzlichem 
Vorschriften  über  die  Bewertung  der  betreffenden  Vermögensbestandteile  leiten  viele 
Schriftsteiler,  Juristen  und  Fachmänner,  einen  Wesensunterschied  ab  zwischen  den 
Bilanzen  der  Aktiengesellschatten  (nach  §  261)  und  den  Bilanzen  der  übrigen  Unter- 
nehmungsformen,  Einzelkaufmann,  offene  Handelsgesellschaft,  Kommanditgesellschaft^ 
G.  m.  b.  H.,  Genossenschaft,  Gewerkschaft  u.  s.  w.  Sie  bezeichnen  die  letzteren  nach 
§ 40  aufgestellten  Bilanzen  als  Vermögensfeststellungsbilanz,  die  ersteren 
als  Gewinnermittlungs-  oder  Gewinnverteilungsbilanz.  Sie  übersehen 
offenbar,  daß  auch  die  Bilanz  nach  §  261  eine  Vermögensfeststellunirsbilanz,  die  nach 
§  40  auch  eine  Gewinnermittlungsbilanz,  bei  den  Handelsgesellschaften,  Genossen- 
Schäften,  G.m.b.H.  sogar  auch  eine  Gewinnyerteilungsbilanz  ist.  Jede  Hilanz  ist  auf 
die  Bewertung  der  Vermögensbestandteile  durch  die  Inventur  auf- 
gebaut; jede  Gewinn-  und  Verlustrechnung  ist  eine  Ableitung  und  Zusammenfassung 
der  Unterschiede  zwischen  dem  ÖoUbestand  laut  den  Konten  und  dem  Istbestand  laut 
der  Inventur.  Dadurch,  daß  bei  der  Bilanz  der  Aktiengesellschatt  einzelne  Sach- 
güter, wie  Waren  und  Wertpapiere,  höchstens  zum  Anscliaffungs-  oder  Herstellungs- 
wert angesetzt  werden  dürfen,  wird  das  Wesen  der  Bilanz  nicht  in  dem  Maße  verändert, 
daß  sich  eine  Bezeichnung:  rechtfertigen  würde,  die  «las  WeH»>n  der  Bilanz  verdeckt 
oder  geradezu  verneint.  Gegen  diese  Unterscheidung,  die  nur  Verwirrung  hervorrufen 
kann,  spricht  auch  die  Tatsache,  daß  die  strengeren  Bewertungsgrundsätze,  weiche  das 
Gesetz  den  Aktiengesellschaften  vorschreibt,  fast  durchijängig  auch  bei  den  übrigen 
Gesellschaften,  namentlich  bei  Genossenschaften  und  G.  m.  b.  H.,  freiwillig  ange- 
wendet werden. 


31 

einem  kleinern,  bald  an  einem  größern  als  dem  tatsächlich 
erzielten  Reingewinn  besteht.  Stille  Reserven  schaffen,  heißt  eben 
nicht  nur  sich  gegen  allfällige  Verluste  schützen,  es  heißt  zugleich  auch 
den  Reingewinn  zu  klein  ausweisen.  Andererseits  handelt  es  sich  beim 
Ueberbewerten  nicht  nur  um  einen  zu  großen  Optimismus  bei  der  Be- 
wertung, der  Reingewinn  ist  zu  hoch.  Aehnlich  äußert  sich  zu  diesem 
Punkt  Dr.  Gustav  Müller:')  ^Im  Geschäftsleben  ist  bei  der  Bilanzierung 
zwar  regelmäßig  das  Interesse  an  der  Erfolgsermittlung ^)  stärker  als  an 
der  Feststellung  des  Vermögens-Status.  Zuweilen  jedoch,  z.  B.  bei  Aus- 
einandersetzungen mit  Gesellschaften,  überwiegt  das  Interesse  an  der 
Höhe  des  Vermögens-Saldos.  Praktisch  bedeutsam  ist  solcher  Unterschied 
der  Interessen  insofern  nicht,  als  in  dem  Maße,  wie  der  Reinerfolg  wächst, 
sich  auch  das  Geschäftsvermögen  mehrt  oder  sich  die  Geschäftsschuld 
mindert  und  umgekehrt.  Darin  jedoch  liegt  große  praktische  Bedeutung, 
daß  Unterbewertungen  im  Interesse  beabsichtigter  Erfolgs- Verkleinerung 
oder  Ueberbewertungen  aus  dem  entgegengesetzten  Grunde  die  objektive 
Feststellung  der  Vermögenslage  vereiteln." 

Wenn  wir  kurz  resümieren,  so  müssen  wir  ausdrücklich  betonen, 
daß  die  einseitigen  Bezeichnungen  Vermögens-  wie  Gewinnermittlungs- 
Bilanz  auf  die  Jahresbilanz  der  Aktiengesellschaft  angewendet,  weder 
theoretisch  noch  praktisch  gerechtfertigt  sind.  Dieselbe  ist  eben  beides.*) 
Es  wäre  daher  besser,  einfach  von  Bilanz  (im  Sinne  von  gewöhnlicher 
Jahresbilanz)  zu  sprechen,  will  man  nicht  Gefahr  laufen,  durch  eine 
ungenaue,  leicht  mißverständliche  Formulierung  auf  eine  schiefe  Ebene 
hinüber  zu  gleiten. 

Bewertungslehre. 

§  9.  Der  Gesetzgeber  in  Deutschland  und  der  Schweiz  zur 
Frage  der  Bewertung,  a)  Die  allg.  Bewertungsvorschriften  des 
§  40  H.  G.  B.  Auch  für  unsere  Untersuchung  ist  es  zweckmäßig,  von 
§  40  des  Handelsgesetzbuches  auszugehen,  der  für  alle  der  Bilanzpflicht 
unterworfenen  Unternehmungen  eine  Bewertungsnorm  aufstellt  Mit  der 
Interpretation  dieses  äußerst  wichtigen,  grundlegenden  Paragraphen  haben 
sich  nicht  nur  Juristen,  sondern  auch  Privatwirtschaftler  beschäftigt.  Um 
Klarheit  in  die  sich  widersprechenden  Ansichten  zu  bringen,  haben  sich 
vor  allem  2  Schriftsteller  sehr  verdienstlich  gemacht.  Es  sind  dies  Passow 
und  Schmalenbach.    Beide  haben  sich  die  Mühe  genommen,  die  Ent. 

0  nDie  kaufmännische  Erfolgsrechnung.  (Gewmn-  und  Verluat-Eechnumr.)« 
Berlin,  1915.    Seite  24.  ^  ' 

^)  Schmalenbach:  „Zeitschrift  für  Handelswissenschaft  und  Handelspraxis« 
a.  a.  0.  Seite  351:  Man  kann  sagen:  Eine  kaufmännische  Bilanz  stellt  eine  Ver- 
mögensübersicht dar  insoweit,  als  man  einer  solchen  zur  Ermittlung  des  Betriebs- 
gewinnes bedarf.  GewiÜ  gibt  es  im  kaufmännischen  Leben  Büanzen,  die  echte  und 
rechte  Vermögensbilanzen  sind  oder  sein  sollen.  Bei  Liquidationen,  Auseinander- 
setzungen, kurz  überall,  wo  es  eben  auf  das  Vermögen  und  nicht  auf  den  Gewinn 
ankommt,  wird  man  sie  finden.  Aber  die  gewöhnliche  Jahresbilanz  soll  offenbar 
nicht  so  sehr  das  absolute,  als  das  relative  Vermögen,  nicht  die  Wohlhabenheit,  als 
vielmehr  das  Geschäftsergebnis  erkennen  lassexj. 

^  a)  Vergleiche  auch  die  Ausführungen  von  Bachmann,  G.  Prof.  Dr.: 
„Kommentar  zur  Aktiengesellschaft  (Anonyme  Gesellschaft)  und  Genossenschaft." 
Zürich,  1915.    Seite  191. 

b)  Sicherlich  etwas  einseitig  sind  auch  die  Bemerkungen  von  Berliner:  „Bnch- 
haltungs-  und  Bilanzen-Lehre."  IL,  3.  Auflage.  Hannover  und  Leipzig,  1911,  Seite  74/6. 
*ir  betont  zu  stark  den  Vermögenscharakter  der  Bilanz. 


38 


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«;i' 


stehungsgeschichte  der  fraglichen   gesetzlichen  Bestimmungen   genau  zu: 
studieren.  Eine  einheitliche  Interpretation  hat  sich  nicht  ergeben. 

Passow')  faßt  seine  Untersuchungen  kurz  folgendermaßen  zu- 
sammen: „Diese  Vorschrift  des  §40  H.  G.  B.  hat  nun  sehr  verschieden- 
artige Interpretationen  erfahren.  Zuerst  nahm  man  in  der  Literatur  und' 
auch  in  der  Rechtsprechung  des  höchsten  Gerichtshofes*)  allgemein  an, 
daß  das  Gesetz  die  Aufführung  der  Aktiven  zu  ihrem  Veräußer ungs werte- 
vorschreibe.  Als  man  jedoch  dann  merkte,  daß  dieser  Grundsatz  z.  B. 
von  den  Eisenbahn-Aktien-Gesellschaften  bei  der  Bewertung  ihrer  Bahn- 
anlagen u.  s.  w.  nicht  angewandt  werde  und  vernünftigerweise  auch  nicht 
angewandt  werden  könne,  ging  man  zu  anderen  Auslegungen  über,  wo- 
bei man  dann  erklärte,  das  Gesetz  schreibe  nicht  unter  allen  Umständen 
den  Veräußerungswert,  sondern  den  Gebrauchswert  oder  den  Geschäfts- 
wert oder  den  Zeitwert  und  dergleichen  mehr  vor.  Daneben  behielt  aber 
auch  die  Auffassung,  daß  der  Veräußerungswert  vorgeschrieben  ist,  ihre 
Anhänger.')  Um  angesichts  dieser  bestehenden  Meinungsverschiedenheiten 
größere  Klarheit  über  die  Bedeutung  der  gesetzlichen  Bewertungsvorschrift 
zu  gewinnen,  habe  ich  (Passow),  und  zwar  zum  ersten  Male  in  der  ge- 
samten Bilanzliteratur,  eingehend  u.  a.  die  Entstehungsgeschichte  der 
fraglichen  Bestimmung  von  der  Ordonnance  de  Commerce  und  dem  all- 
gemeinen Landrecht  an  durch  alle  gesetzgeberischen  Stadien  hindurch 
vei'folgt  und  auf  Grund  dieser  Materialien  in  einer  wohl  allen  Zweifel: 
ausschließenden  Weise  festgestellt,  daß,  in  direktem  Gegensatz  zu  anderen 
Auffassungen,  die  Verfasser  der  Bestimmung  damit  ausdrücklich  den  Ver- 
äußerungswert vorschreiben  wollten.  Das  ist,  wie  ich  damals  schrieb,  ein 
Prinzip,  mit  dem  die  Praxis  nicht  durchkommen  kann  und  an  das  sie 
sich  jedenfalls  tatsächlich  nicht  bindet.  Trotzdem  kann  die  Aufgabe  der 
juristischen  Interpretation  nur  darin  bestehen,  den  Sinn  darzulegen,  den 
der  Gesetzgeber  mit  der  fraglichen  Vorschrift  verbunden  hat  Kommt  man 


»)  Vergl.  Richard  Passow:  Ueber  die  Bewertung  der  Betriebsanlagen  in  den 
Bilanzen,  im  ßankarchiv  13.  Jahrg.  1913/14  Seite  151.  Ferner  sein  Buch:  Die  Bilan- 
zen der  privaten  Unternehmungen,  Leipzig  1910,  Seite  96  ff. 

*)  Es  bandelt  sich  um  die  berühmt  gewordene,  oit  kritisierte  Entscheidung 
des  Reichsoberhandelsgerichts  vom  3.  Dezember  1873:  „Unter  dem  als 
maßgebend  für  die  Bilanz  zu  ermittelnden  gegenwärtigen  Werte  ist  aber  überall  der 
allgemeine  Verkehrswert  im  Gegensatze  zu  einem  nur  auf  willkürliches 
subjektives  Ermessen  oder  auf  bloße  Spekulation  zurückzuführenden  Wertanschlage 
zu  verstehen,  da  die  Bilanz  der  objektiven  Wahrheit,  der  wirklichen  Vermögens- 
lage entsprechen  soll,  woraus  folst,  daß  Vermögensbestandteile  (Aktiva  oder  Passiva), 
die  einen  Markt-  oder  Börsenpreis  (Kurs)  haben,  der  Regel  nach  zu  dem  sich  hieraus 
ergebenden  Werte  in  die  Bilanz  einzustellen  sind,  während  für  andere  Vermögens- 
bestandteile deren  gegenwärtiger  obj  ek  ti  ve  r  Wert  auf  sonstige  Weise  zu  er- 
mitteln ist.  .  .  .  Aus  dieser  ....  Instruktion  ist  vielmehr  nur  das  Prinzip  zu  ent- 
nehmen, daß  die  Bilanz  überhaupt  ....  der  objektiven  Wahrheit  möglichst  nahe 
kommen  soll.  ... 

Der  Bilanz  liegt  hiernach  in  der  Tat  die  Idee  einer  fingierten  augen- 
blicklichen Realisierung  sämtlicher  Aktiva  und  Passiva  zugrunde,  wobei 
jedoch  davon  ausgegangen  werden  muß,  daß  in  Wirklichkeit  nicht  die  Liquidation, 
sondern  vielmehr  der  Fortbestand  des  Geschäfts  beabsichtigt  wird,  und  daß  da- 
her bei  der  Ermittlung  und  Feststellung  der  einzelnen  Werte  derjenige  Einfluß  un= 

berücksichtigt  zu  lassen  ist,  welchen  eine  Liquidation  auf  dieselben  ausüben  würde." 
(R.  O.  H.  G.,  Bd.  XII,  S.  18  ff.  Zimmermann,  a.  a.  O.  S.  204/5;  Simon  a.  a.  0.  S.  290.) 

•'')  Vergl.  die  Ausführungen  und  Literaturangaben  bei  Z  i  m  m  e  r  m  a  n  n  D  r.  H. : 
Die  Jahresbilanz  der  Aktiengesellschaft  nach  deutschem  und  schweizerischem  Recht. 
Zürich  1912.  Seite  210  ff. 


ZU  dem  Resultat,  daß  das  Gesetz  etwas  Unpraktisches  und  Unzweck- 
mäßiges fordert,  so  mag  man  auf  die  Abänderung  des  Gesetzes  hinwirken, 
an  dem  Gesetzeswort  selbst  soll  man  aber  nicht  herumdeuteln. 

Da  diese  Untersuchungen  über  die  Entstehungsgeschichte  der  all* 
gemeinen  gesetzlichen  Bewertungsvorschrift  nicht  in  einem  rein  juristi- 
schen Werke  veröffentlicht  waren,  so  haben  die  Juristen  zunächst  sich 
nicht  damit  beschäftigt.  Erfreulicherweise  hat  aber  jetzt  Rudolf  Fischer 
in  einer  neuen  Schrilt')  zu  meinen  Darlegungen  Stellung  genommen,  und 
er  ist  unter  eingehender  Verwertung  des  von  mir  beigebrachten  Beweis- 
materials dabei  zu  dem  gleichen  Resultat  gekommen.  Hoffentlich  wird 
die  juristische  Literatur  nun  allgemein  von  jenen  Darlegungen  Kenntnis 
nehmen  und  damit  der  Streit  über  den  Sinn  der  allgemeinen  gesetzlichen 
Bewertungsvorschriit  ein"  Ende  nehmen." 

Dieser  Wunsch  Passows  ist  nun  nicht  in  Erfüllung  gegangen. 
Schmalenbach  kommt  anscheinend  ganz  unabhängig  von  Passow,  zu 
einer  andern  Interpretation  der  gesetzlichen  Bestimmungen.')  „So  liegt 
bei  Betrachtung  des  Für  und  Gegen  die  Absicht  des  Gesetzgebers  bei 
aller  Dürftigkeit  der  Protokolle  ziemlich  einfach  zutage. 

Der  Kaulmann  soll  Inventuren  und  Bilanzen  machen,  soll  zu  diesem 
Zwecke  Bewertungen  vornehmen.  Er  soll  diese  Aufgaben  aber  nicht  etwa 
nur  zum  Schein  und  in  wertloser  Weise  machen.  Er  soll  bei  diesen 
Arbeiten  eine  g:ewisse  Freiheit  haben,  aber  nicht  eine  subjektive,  sondern 
nur  objektive  Freiheit*),  diejenige  Freiheit,  die  durch  die  Umstände,  durch 
die  Verschiedenartigkeit  der  Verhältnisse  geboten  ist. 

Es  ist  demzufolge  unter  „Wert"  im  Sinne  der  §§  29  und  30  nicht 
ein  bestimmter  Wert  zu  verstehen,  sondern  Wert  ist  hier  derjenige  Wert, 
den  man  anzuwenden  hat,  um  zu  einer  fachgerechten  Bilanz  zu  gelangen. 
Je  nach  Unternehmungsart,  Bilanzobjekt  und  überwiegenden  Bilanzzwecken 
ist  dieser  Wert  verschieden.  Er  fügt  dann  Seite  28/9  noch  hinzu:  Die 
durch  das  neue  Handelsgesetzbuch  geschaffene  Ordnung  des  Bilanzrechts 
bestätigt  im  allgemeinen  das  geltende  Recht,  es  verbessert  nur  teilweise 
den  Wortlaut  und  gibt  einige  kleine  Zusätze.  An  den  Hauptfragen  wird 
nichts  geändert,  insbesondere  nicht  an  Zweck  und  Wert  der  Bilanz." 

Wir  stehen  im  großen  und  ganzen  auf  dem  Standpunkt  von  Schmalen- 
bach. Der  Gesetzgeber  wollte  ganz  allgemein  das  vorschreiben,  was  als 
Sitte  bei  den  soliden,  reellen  Kaufleuten  angesprochen  werden  kann,  näm- 

')  Buchführung  und  Bilanzaufstellung  nach  Handelsrecht,  Leipzig  1913,  S.  4Z  ff. 

2)  Schmalenbach  E. :  Ueber  das  allgemeine  Bilanzrecht,  in  seiner  Zeit- 
schrift für  handelswissenschaftliche  Forschung,  11.  Jahrgang,  Oktober  1916,  Seite  1  ff. 

^)  Ausführlicher  dazu  Seite  16/7.  Jeder  Kaufmann  hat  das  Recht,  bei  der  Auf- 
stellung der  Bilanz  seinen  eigenen,  privaten  Zwecken  zu  folgen.  Von  mehreren  möglichen 
Bilanzen  kann  er  diejenige  wählen,  die  den  Zwecken  seines  Geschäfts  am  besten  entspricht. 
Aber  disse  Freiheit  bedeutet  nicht,  daß  ein  Kaufmann,  nur  um  das  Gesetz  zu  erfüllen, 
angebliche  und  nicht  wirkliche  Zwecke  geltend  machen  kann,  wenn  der  Gesetzgeber 
sich  darauf  verläßt,  daß  das  Selbstinterease  bei  der  Auswahl  der  Bilanzzwecke  genügend 
wirksam  sei  zur  Erfüllung  auch  öffentlicher  Interessen,  so  ist  die  Bedingung,  daÖ 
JsderSäänn  seinen  Interessen  in  Wirklichkeit  nächgelie. 

Der  Kaufmann  ist  infolgedessen  nicht  subjektiv  frei;  er  kann  nicht  willkürlich 
bestimmen,  dieses  und  jenes  seien  seine  Bilanzzwecke.  Vielmehr  wächst  in  jedem  Be- 
triebe der  Bilanzzweck  aus  den  Umständen,  wie  sie  in  diesem  Betriebe  beschaffen  sind, 
heraus.  Und  so  bestimmt  sich  der  Zweck  unabhängig  von  dem  Wollen  des  Kaufmanns, 
d.  h,  also  objektiv,  wenngleich  nach  subjektiven  Umständen. 


40 

lieh  die  Grundsätze  ordnungsgemäßer  Buchführung.  Dies  ändert 
sich  auch  nicht  bei  den  Bewertungsvorschriften  die  uns  §  261  für  die 
Aktiengellschaften  gibt  und  die  wir  nunmehr  kritisch  betrachten  und  in 
unserem  Sinne  interpretieren  wollen.') 

b)   Die   Bewertungsvorschriften    für    die    Aktiengesellschaften 

des  §  261  H.  G.  B. 

Wie  wir  gesehen  haben,  so  verlangt  der  Gesetzgeber  im  allgemeinen 
Bilanzrecht  keine  Bilanzierung  auf  Grund  des  Veräußerungs-,  des  soge- 
nannten objektiven  Wertes,  sondern  stellt  ab  auf  die  üsanzen  und  Gepflogen- 
heiten des  ordentlichen  Kaufmanns.  Wie  steht  es  nun  aber  mit  den 
Bilanzen  der  Aktiengesellschaften,  verträgt  sich  obige  Auffassung  mit 
§  261,  insbesondere  mit  Absatz  3:  „Anlagen  und  sonstige  Gegenstände, 
die  nicht  zur  Weiterveräußerung,  vielmehr  dauernd  zum  Geschäftsbetrieb 
der  Gesellschaft  bestimmt  sind,  dürfen  ohne  Rücksicht  auf  einen  gerin- 
geren Wert  zu  dem  Anschaffungs-  oder  Herstellungspreis  angesetzt  werden, 
sofern  ein  der  Abnutzung  gleichkommender  Betrag  in  Abzug  gebracht 
oder  ein  ihr  entsprechender  Erneuerungsfonds  in  Ansatz  gebracht  wird." 

Es  wurde  vielfach  der  Standpunkt  vertreten,  der  obige  Absatz  3 
sei  zu  Gunsten  der  A.  G.  als  Ausnahme  von  der  Regel  des  §  40  zu 
betrachten.'^)  Schon  die  Abfassung  des  Artikels  selber,  der  Text,  läßt  eine 
solche  Annahme  nicht  zu.  Er  beginnt  folgendermaßen:  „Für  die  Auf- 
stellung der  Bilanz  kommen  die  Vorschriften  des  §  40  mit  folgenden 
Maßgaben  zur  Anwendung. "  Wenn  der  Gesetzgeber  die  Bestimmungen 
von  §  261  als  Ausnahme  hätte  aulgefaßt  wissen  wollen,  hätte  er  dies 
ausdrücklich  sagen  können,  vielleicht  durch  Ersetzung  des  Wortes  Maß- 
gaben durch  Ausnahmen. 

Wir  möchten  den  §  261,  insbesondere  Absatz  3,  wie  folgt  inter- 
pretieren: Mit  dem  §  40,  indem  der  Gesetzgeber  eine  Bewertung  in  der 
Weise  verlangt,  daß  sämtliche  Vermögensgegenstände  und  Schulden  nach 
dem  Werte  anzusetzen  sind,  der  ihnen  in  dem  Zeitpunkte  beizulegen  ist, 
für  welchen  die  Aufstellung  stattfindet,  sollte  einfach  eine  ganz  allgemeine 
Bewertungsnorm  aufgestellt  werden.  Wenn  er  dann  für  die  Aktiengesell- 
schaft in  Art.  261  detailliertere  Vorschriften  für  die  Bewertung  aufnahm, 
so  geschah  dies  doch  wohl  nicht  um  Ausnahmen  zu  Gunsten  der  A.  G. 
zu  stipulieren,  als  eher  um  die  allgemeine  Fassung  des  §  40  zu  präzi- 
sieren, genauer  zu  umschreiben.  Daß  auch  die  Furcht,  es  könnte  die  zu 
große  Freiheit  von  §  40  so  mißbraucht  werden,  daß  starke  Ueberbewer- 
tungen  zu  häufig  dazu  führen  könnten,  daß  nicht  nur  nicht  realisierte 
Gewinne,  sondern  sogar  Grundkapital  als  Dividende  unter  die  Aktionäre 
ausgeschüttet  werden,  ist  nicht  zu  leugnen.  Dies  konnte  aber  unmöglich 

0  Vergl.  auch  S  i  m  o  n  (a.  a.  O.  S.  299/300),  ferner  S  c  h  e  f  f  1  e  r  (a.  a.  O.  S.  1  ff.) 
2)  Zimmermann,  a.  a.  0.  S.  212.  Ferner  schreibt  er  Seite  217:  Mit  Rücksicht 
auf  die  früher  geschilderten  Mängel  einer  Bewertung  der  Vermögensbestandteile  auf 
Grundlage  des  Veräußerungswertes  wurden  in  verschiedene,  moderne  Gesetzgebuno-en 
Bestimmungen  aufgenommen,  welche  einerseits  zum  Zweck  haben,  das  freie  Ermessen 
und  die  Willkür  des  Bilanzierenden  einzuschränken  und  die  Verteilung  nicht  reali- 
sierten Gewinnes  zu  verhindern,  anderseits  die  Härten,  welche  insbesondere  die  Bewer- 
tung der  Betriebsgegenstände  nach  dem  Veräußeruugspreis  für  die  am  Reingewinne 
eines  Unternehmens  Partizipierenden  hat,  zu  mildern.  Es  handelt  sich  hierbei  in  ge- 
¥ns8em  Umfange  um  die  Kodifizierung  der  Bewertungaregeln,  die  von  den  Einzelkauf- 
leuten, wie  von  den  Gesellschaften  schon  seit  Jahrhunderten  beobachtet  wurden,  also 
nicht  um  ganz  neugeschaffenes  Recht. 


41 

dadurch  verhütet  werden,  daß  den  Aktiengesellschaften  für  die  Bewertung 
ihrer  Vermögensgegenstände  eine  größere  Bewegungsfreiheit  gewährt 
wurde.  Das  Gegenteil  ist  dann  auch  der  Fall  gewesen,  wenn  z.  B.  das 
Ueberschreiten  des  Markt-,  Börsen-,  Herstellungs-  oder  Anschaffungspreises 
direkt  verboten  wird  (Absatz  1  und  2),  oder  die  Kosten  der  Errichtung 
und  Verwaltung  als  Aktiven  ausgeschlossen  werden.  (Abs.  4)  Seh  mal  en- 
bach  (a.  a.  0.  S.  22/3)  nimmt  hiezu  ebenfalls  Stellung:  „Man  hat  in  der 
neueren  ßilanzliteratur  die  Behauptung  gelesen,  die  Aktienbilanz  sei  in- 
folge ihrer  besonderen  Natur  und  der  ihr  angepaßten  Rechtsbestimmung 
eine  „Erfolgermittlungsbilanz"  oder  „Gewinn Verteilungsbilanz''  und  die 
übrigen  Bilanzen  seien  „Vermögensbilanzen". 

Zweifellos  ging  die  besondere  Regelung  der  Aktienbilanz  von  der 
Meinung  aus,  daß  der  den  Aktionären  zukommende  Gewinn  mit  Vorsicht 
und  Maßhalten  zu  verteilen  sei.  Aber  die  Sorge  des  Gesetzgebers  erstreckte 
sich  nicht  auf  richtige  Berechnung  des  zu  Verteilenden,  sondern  auf  vor- 
sichtige Darstellung  des  Zurückbleibenden.  Die  Aktienbilanz  sollte  nicht 
mit  falschen  oder  zu  hoch  angesetzten  Aktiven  und,  entsprechend,  nicht 
mit  zu  hohen  Kapitalkonten  prunken.  Es  sollte  ein  gewisser  Verlaß  auf 
die  Bilanzposten  sein.  Insoweit  eine  solche  Büanz  sich  von  der  allge- 
meinen unterscheidet,  handelt  es  sich  um  eine  Verstärkung  ihres  stati- 
schen und  nicht  ihres  dynamischen  Charakters.  Sie  ist  also  nicht  mehr, 
sondern  weniger  Erfolgsermittlungsbilanz  als  die  allgemeine  Bilanz. 

Ebenso  unrichtig  ist  es,  die  allgemeine  Bilanz  eine  „Vermögens- 
bilanz** zu  nennen.  Gewiß  soll  sie  die  Lage  des  Vermögens  zeigen ;  aber 
eine  solche  Uebersicht  kann  ebensowohl  dazu  dienen,  die  absolute  als 
die  relative  Größe  (Vermögensänderung,  Bewegung)  ersichtlich  zu  machen. 
Der  Begriff  „Vermögensbilanz,  wenn  er  gebraucht  wird  im  Gegensatz 
zu  „Erfolgsbilanz",  ist  in  stärkerem  Maße  für  die  Aktienbilanz  richtig 
als  für  die  allgemeine  Bilanz."')  Was  für  Prinzipien,  Grundsätze  und 
Gesichtspunkte  bei  der  Bewertung  im  Sinne  eines  ordentlichen  Geschäfts- 
mannes in  Anwendung  kommen,  werden  wir  in  den  nächsten  Paragraphen 
genauer  ausführen. 

c)  Die  Bewertungsvorschriften  für  die  Schweiz  nach  O.  R.656. 

Ein  allgemeines  Bilanzrecht,  das  sich  auf  einen  speziellen  Gesetzes- 
paragraphen stützen  könnte,  wie  das  in  Deutschland  mit  §  40  H.  G.  B. 
^er  Fall  ist,  kennen  wir  nicht.  Für  sämtliche  Rechtsverhältnisse  in  Bezug 
auf  Buchhaltung,  Bilanzaufstellung,  Bewertungsfrage  etc.  bei  andern 
Unternehmungen  als  den  Aktiengesellschaften,  sind  wir  genötigt  zu  Art. 
877  des  O.  R.  Zuflucht  zu  nehmen,  welcher  von  einer  ordnungs- 
gemäßen Buchführung  spricht.  Die  Bezeichnung  ordnungsgemäß  erstreckt 
sich  zweifellos  auch  auf  die  Bilanzierung.*)  Um  so  größer  ist  die  Bedeu- 
tung von  Art.  656  O.  R.,  welcher  die  Grundsätze  der  Bilanzaufstellung 
für  die  Aktiengesellschaften  regelt.  Dazu  führt  ßachmann  (a.  a.  O. 
Seite  190)  Folgendes  aus:  „Die  Bedeutung  des  Artikels  ist  mit  den  Jahren, 
mit  denen  sich  das  Interesse  an  der  Bilanzpraxis  gesteigert  hat,  immer 
mehr  hervorgetreten.  Obschon  rechtlich  diese  Bilanznormen  nur  für  die 
Aktiengesellschaften  gelten,  finden  sie  doch  faktisch  auch  auf  die   Bilan- 

*)  Vergl.  unsere  Ausfuhrungen  in  §  8  b. 
=}  Ebenso  Zimmermann,  a.  a.  0.  S.  217. 


IT'. 


t» 


42 

ziening  anderer  Gesellschaften,  ja  auch  auf  die  Einzelunternehmung  An- 
wendung und  das  um  so  mehr,  als  dem  Obligationenrechte  überhaupt 
Bilanzbestimmungen  für  die  nicht  aktienrechtliche  Unternehmung  ganz 
fehlen,  Art.  877."  Ein  bestimmter  Wert,  beispielsweise  der  Veräußerungs- 
wert,  ist  bei  uns  somit  wie  in  Deutschland  nicht  vorgeschrieben,  auch 
nicht  für  die  A.  G. ')  &  > 

§  10.    Zusammenfassende   Darstellung   der    Bewertungsbestim- 
mungen des  Aktienrechts. 

a)  Tableau  über  die  Bewertungsvorschriften  des  Aktienrechts. 
Schweiz.  O.  R.  Art.  656. 

I.  Kurshabende  Papiere-Durch- 
schnittskurs d.  letzten  Monats. 
Waren-Kostenpreis  o.  Markt- 
preis. 


Deutschland  H.  G.  B.  §261. 


I.  Wert- 
papiere 

Ware 


II.  Andere    Vermögens -Gegen- 
stände =  ? 


mit 

Börsen- 
oder 

Markt- 
preis 


Börsen-  oder 
Marktpreis  des 

Bilanztermins 
even.  Anschaf- 
fungs-  od.  Her- 


stellungspreis. 

IL  Andere  Vermögens-Gegenstände  = 

Anschaffungs-   o.  Herstellungspreis. 

III.  Anlage-Gegenstände  =  An-    III.  Anlage  -  Gegenst  ände   =    Anschaf- 

schaffungskosteny.Abschrei-  fungs-  oder  Herstellungspreis  •/.  Ab- 

*5ungen.  Schreibungen. 

b)  Die  Bewertung  der  „andern  Vermögensgegenstände". 
In  der  Schweiz  fehlt  eine  gesetzliche  Bestimmung,  wie  sie  z.  B.  im 
deutschen    Handelsgesetzbuch    für    die    „andern    Vermögensgegenstände" 
aufgenommen   wurde.     Es   erhebt   sich   nun   die  Frage,   wie  sollen  diese 
Werte,   die   also   nicht   bei   einer   der  vom  Gesetz  genannten  Kategorien 
untergebracht  werden  können,  bewertet  werden  ?    Die  Frage  ist  bestritten, 
die  einen  sind  für  den  Veräußerungswert,  die  andern  plädieren,  und  zwar 
unseres    Erachtens   mit  Recht   für   den    sogenannten   Betriebs -Geschäfts- 
Gebrauchswert.    Beide  stützen  sich  für  ihre  Interpretation  auf  die  berühmt 
gewordene  Entscheidung  des  Bundesgerichtes  vom  22.  Juni  1901  i.  S. 
Schweizer  kontra  Hypothekarbank,  Zürich,  E.  B.  G.  Bd.  27  ^  Seite  240/1: 
„Als  anfechtbar  möchten  diese  Beschlüsse  z.  B.  dann  erscheinen,   wenn 
nachgewiesen  oder  zum  Beweise  verstellt  wäre,   daß  Schuldbriefe  erheb- 
hchen   Nominalwertes   aber  zweifelhafter  Güte,   wie  sie  in  Zeiten   hypo- 
thekarischer Krisen  so  häufig  um  ganz  minime  Beträge  zu  kaufen  sind, 
von   der  beklagten    Aktiengesellschaft   zu   minimalen   Preisen    angekauft, 
dagegen  zu  dem  vollen  Nominalwerte  in  die  Aktiven  der  Bilanz  eingestellt 
worden  seien.    In  diesem  Falle  würde  es  sich  allerdings  nicht  mehr  um 
in   den  Grenzen  vernünftigen  Ermessens  sich  bewegende  Taxation  eines 
Vermögensobjektes,    sondern   um   die   Einstellung   eines,    zum   mindesten 
großen  Teils  fiktiven  Wertes  in  die  Bilanz  handeln.    Allein  ein  deratiger 
Tatbestand  ist  vom  Kläger  weder  nachgewiesen,  noch  behauptet  worden, 
er  hat  sich  vielmehr  auf  die  Behauptung  beschränkt,  daß  Schuldbriefe  mit 
Einschlägen  gekauft,  dagegen  zu  vollem  Nominalwerte  in  die  Bilanz  ein- 
gestellt  worden  seien,  während  nach  dem  Gesetze,  gleich  wie  bei  Waren 

.nnn   l)  ^^^^^J.^^  Meinung  C  u  r  t  i,   Schweizerisches  Handelsrecht,  2.  Aufl.  Zürich, 
lyijy,  Seite  209. 


Vorräten,  höchstens  der  Anschaffungswert  eingesetzt  werden  dürfe.  Dieser 
Satz  folgt  aber  durchaus  nicht  aus  dem  dem  Obligationenrecht  zu  Grunde 
liegenden  Prinzip,  daß  die  Bilanzaufstellung  die  Darstellung  der  wirk- 
lichen Vermögenslage  der  Gesellschaft  zu  geben  habe.  Richtig  ist  aller- 
dings, daß  das  neue  d e u t s c h e  Handelsgesetzbuch  (gleich  wie  schon  die 
Aktiennovelle  von  1884)  in  §  26  Ziff.  1  vorschreibt,  daß  wie  Wertpapiere 
und  Waren,  die  einen  Börsen-  oder  Marktpreis  haben,  so  auch  andere 
Vermögensgegenstände  höchstens  zu  dem  Anschaffungs-  oder  Herstellungs- 
preis  anzusetzen  seien,  so  daß  also  nach  deutschem  Rechte  der  Stand- 
punkt des  Klägers  allerdings  begründet  wäre;  es  mögen  auch  vielleicht, 
speziell  in  betreff  der  Bilanz  der  Aktiengesellschaft  legislative  Gründe  für 
denselben  sprechen.  Allein  dem  geltenden  schweizerischen  Rechte  ist  die 
Regel,  daß  der  Anschaffungspreis  der  höchste  zulässige  Bilanzwert  sei, 
als  eine  allgemeine  fremd,  und  es  ist  ja  auch  klar,  daß  nicht  behauptet 
werden  kann,  der  wirkliche  Wert  eines  Vermögensgegenstandes,  speziell 
einer  Schuldbriefforderung  könne  den  Beti'ag  des  Anschaffungspreises  nicht 
übersteigen.  Im  Gegenteil  geht  natüriich  gerade  beim  Ankaufe  von  Schuld- 
briefen zur  Weiterveräußerung  der  Käufer  des  Schuldbriefes  gewiß  davon 
aus,  daß  der  von  ihm  bezahlte  Ankaufspreis  den  Wert,  welchen  der  Schuld- 
brief in  seinem  Geschäfte  darstelle,  nicht  erreiche.  Wenn  der  Kläger  be- 
hauptet hat,  das  Gesetz  verfange  für  die  Bilanz  der  Aktiengesellschaft  die 
Einsetzung  des  niedrigsten  Wertes,  also  davon  ausgeht,  es  dürfe  in  die 
Bilanz  der  Aktiengesellschaft  nicht  der  volle  Wert  eingesetzt  wrrden, 
so  ist  dies  nicht  richtig;  soweit  das  Gesetz  nicht  Sonderbestimmungen  für 
einzelne  Bilanzposten  aufstellt,  darf  in  die  Bilanz  der  Aktiengesellschaft 
der  volle  Wert  der  Vermögensgegenstände  eingesetzt  werden.  Daß  im 
übrigen  die  für  den  Schuldbrief  bestand  in  die  Bilanz  eingesetzten  Wert- 
ansätze sich  nicht  in  den  Grenzen  einer  nach  vernünftigem  Ermessen 
unter  Würdigung  aller  Umstände  angenommenen  Schätzung  des  Wertes 
dieser  Briefe  bewegen,  hat  der  Kläger  weder  bestimmt  behauptet,  noch 
weniger  zum  Beweise  verstellt  und  es  erscheint  dies  überhaupt  nach  dea 
Akten  als  ausgeschlossen." 

Ferner  dieselbe  Entscheidung  des  Bundesgerichtes  Seite  239/40:  „Es 
ist  also  der  Rechtsgrundsatz  festzuhalten,  daß  in  der  Bilanz  der  wirkliche 
und  nicht  ein  fiktiver  Wert  der  Vermögensobjekte  einzustellen  ist,  und  daß, 
wenn  dieser  Rechtsgrundsatz  von  den  Gesellschaftsorganen,  speziell  der 
Generalversammlung  verietzt  wird,  den  einzelnen  Aktionären  ein  An- 
fechtungsrecht gegen  die  betreffenden  Beschlüsse  zusteht.  Soweit  das  Gesetz 
nicht  besondere  Bewertungsgrundsätze  für  einzelne  Vermögensobjekte  auf- 
stellt, ist  daran  festzuhalten,  daß  als  maßgebender  Wert  derjenige  Wert 
erscheint,  den  das  betreffende  Aktivum  als  Bestandteil  des  Gesellschafts- 
geschäftes hat." 

Zimmermann  (a.  a.  Seite  219/20)  legt  besonderes  Gewicht  auf  den 
Passus  der  Entscheidung,  wo  erklärt  wird,  daß  in  der  Bilanz  der  A.  G. 
der  volle  Wert  der  Vermögensgegenstände  eingesetzt  werden  dürfe. 
Er  bemerkt  hiezu  wörtlich:  „Das  Bundesgericht  findet,  es  sei  der  „wirk- 
liche", der  „volle"  Wert  in  Ansatz  zu  bringen.  Dai  unter  ist  wohl  der 
Veraußerungswert  des  Tages,  für  welchen  die  Bilanz  aufgestellt  wird,  zu 
verstehen."     Zu  dieser  Stellungnahme  müssen  wir  zwei   Einwendungen 


3 


machen.')  1.  Das  Bundesgericht  sagt  nicht,  es  müsse  der  volle  Wert 
des  Vermögensgegenstandes  eingesetzt  werden,  sondern  es  dürfe  dies 
geschehen.  2.  Selbst  wenn  der  Gesetzgeber  den  vollen  Wert  verlangen 
würde,  so  hieße  das  unseres  Erachtens  noch  lange  nicht  die  Bewertung 
zum  Veräulierungspreis  vornehmen.  Wir  möchten  der  Meinung 
entschieden  entgegentreten,  es  handle  sich  nur  dann  um 
<len  richtigen,  vollen,  wirklichen,  wahren,  objektiven 
Wert,  wenn  der  Bewertung  der  Veräußerungswert  zu 
Grunde  liege.  Denken  wir  an  das  klassische  Beispiel  der  Maschine, 
die  nur  verhältnismäßig  kurze  Zeit  im  Gebrauch  gestanden  hat.  Wäre 
'hier  zum  Veräußerungspreis  zu  bewerten,  so  hieße  das  nicht  viel  anderes 
als  die  Maschine  zum  Werte  des  Altmetalls  in  die  Bilanz  einsetzen,  was 
sicherlich  nicht  gerechtfertigt  wäre  und  auch  von  keinem  Gesetzgeber  ver- 
langt werden  kann.  Für  die  ßetriebsgegenstände  kommt  eben,  wie  wir 
später  noch  einläßlicher  ausführen  werden,  der  Betriebswert  in  Frage. 
Auch  eine  solche  Bewertung  kann  einen  richtigen,  wirklichen  Wert  er- 
geben, wenn  sie  mit  der  Sorgfalt  des  ordentlichen  Kaufmannes  vorge- 
iiommen  wird.  Auch  bei  der  Zuhilfenahme  des  Veräußerungswertes  kommt 
man  nie  zu  einem  absoluten,  objektiven  Wert,  denn  sollte  zur  Veräußerung 
geschritten  werden  müssen,  so  kann  sich  bei  großem  Angebot  der  Preis 
«ben  wesentlich  verändern.  Ferner  ist  zu  sagen,  daß  man  für  verschiedene 
Betriebsgegenstände  (Grundstücke,  Gebäude,  Maschinen  etc.)  bei  der  Fest- 
stellung eines  Veräußerungswertes  auf  fast  unüberwindliche  Schwierig- 
keiten stoßen  würde.  Uns  erscheint  daher  die  Interpretation  von  Frey 
&  Bachmann  die  richtige  zu  sein,  die  sich  auf  jene  Stelle  der  Entscheidung 
stützt,  die  von  demjenigen  Werte  spricht,  „den  das  betreffende 
Aktivum  als  Bestandteil  des  Gesellschaftsgeschäftes  hat" 

Frey')  schreibt:  „Namentlich  aber  werden  sich  die  Verwaltungsräte 
-vor  Augen  halten  müssen  und  dürfen,  daß,  wie  bei  andern  Aktiven,  so 
auch  bei  den  Wertpapieren  —  sofern  nicht  ein  nach  positiver  Gesetzes- 
vorschrift zugrunde  zu  legender  äußerlicher  Anhaltspunkt  für  die  Bilan- 
zierung in  Gestalt  einer  Durchschnittsnotiz  des  letzten  Monats  vor  dem 
Bilanztage  vorhanden  ist  —  der  richtige  Bilanzwert  derjenige  ist,  den  sie 
für  die  Gesellschaft,  für  das  Geschäft  haben,  nicht  der  gemeine 
Wert,  w'iQ  er  sich  bei  einer  augenblicklichen  Zwangsversilberung  voraus- 
sichtlich stellen  würde." 

„Nach  Bach  mann')  versteht  das  Gericht  unter  diesem  Wert,  den 
das  betreffende  Aktivum  als  Bestandteil  des  Gesellschaftsgeschäfts  hat, 
nicht  einen  Verkehrswert,  sondern  einen  sogenannten  Betriebs-  oder  Ge- 
samtwert . .  .  Das  Urteil  des  Bundesgerichtes  basiert  aui  der  Simonschen 
Theorie  nicht  eines  reinen  Affektionswertes,  sondern  eines  subjektiven 
Wertes,  der  sich  auf  das  innere  Moment  gründet  und  darauf  abstellt,  was 
der  betreffende  Gegenstand  bestimmten  Gesellschaften  an  Wert  bedeutet." 

*)  Wir  wenden  uns  bloß  gegen  die  Interpretation  der  bundesgerichtlichen  Ent- 
scheidung durch  Zimmermann,  er  steht  selber  hinsichtlich  der  Art  und  Weise,  wie  be- 
wertet werden  soll,  auf  einem  andern  Standpunkt.     (S.  22Ü/1). 

2)  Frey  Dr  Julius:  Zur  Frage  der  Aufstellung  der  Bilanzen  auf  Ende  1914  in 
der  Neuen  Zürcher  Zeitung  Nr.  1581  vom  26.  November  1914. 

^)  Bach  mann  G.  Prof.,  Dr.,  in  seinem  Kommentar  a.  a.  0.,  Seite  196. 
Derselbe,  ebenfalls  in  der  Neuen  Zürcher  Zeitung  Nr.  1589  vom  29.  No- 
vember 1914. 


Wie  sich  dieser  subjektive  Wert,  besser  Betriebswert  genannt,  bestimmen 
läßt,  werden  wir  in  den  folgenden  Paragraphen  ausfuhren. 

Auch  die  deutsche  Bestimmung  von  §  261  Abs.  2  ist  nicht  ganx 
klar.  Es  ist  nicht  ohne  weiteres  ersichtlich  ob  auch  hier  im  Falle  der 
Anschaffungs-  oder  Herstellungspreis  höher  als  ein  eventueller  Markt- 
oder Börsenpreis  ist,  dieser  letztere  maßgebend  sein  soll.  Zimmermann'> 
(a.  a.  O.  Seite  283)  ist  der  Meinung,  daß  Vermögensgegenstände  die  unter 
Abs.  2.  von  §  261  fallen,  sofern  der  Veräußerungspreis  niedriger  sei  al& 
der  Anschaffungs-  oder  Herstellungspreis,  dieselben  nur  zu  dem  ersteren 
erscheinen  dürfen.  Der  soeben  zitierte  Paragraph  des  deutschen  Rechts 
erwähne  diese  Einschränkung  nicht  ausdrücklich,  sie  müsse  aber  dennoch 
in  den  Intentionen  des  Gesetzgebers  liegen,  denn  die  Bestimmung  könne 
nur  als  Maximalbewertungsvorschrift  gedacht  sein.  Nach  unten  wolle  sie 
die  Bewertung  nicht  regeln,  daiür  gelten  die  allgemeinen  Grundsätze. 
Wir  schließen  uns  seinen  Ausführungen  an,  immerhin  bleibt  die  Formu- 
lierung wie  sie  jetzt  besteht  revisionsbedürftig. 

§  II.  Was  versteht  man  unter  dem  Selbstkostenpreis? 
Es  handelt  sich  hier  um  eine  Streitfrage,  die  vor  allem  theoretisch 
ein  gewisses  Interesse  beansprucht,  währenddem  sie  für  die  Praxis  nicht 
von  der  Wichtigkeit  ist,  die  ihr  gewisse  Autoren  beimessen  wollen.  *> 
Die  Selbstkosten  setzen  sich  aus  folgenden  Elementen  zusammen:  1.  Die 
Aufwendungen  für  dip  Rohstoffe  und  Materialien,  2.  die  produktiven 
Löhne,  3.  die  Kosten  der  Hilfsbetriebe,  4.  die  Abschreibungen  und  5.  die 
allgemeinen  Unkosten.  Auch  eventuelle  Verkaufsspesen  hinzuzuschlagen,, 
wird  man  deshalb  ablehnen,  weil  dies  der  Auffassung  der  Praxis  wider- 

0  Vergl.  ferner  R  e  h  m  (a.  a.  0.  2.  Aufl.  Seite  365/7),  Staub's  Kommentar 
zum  Handelsgesetzbuch,  8.  Aufl.,  1.  Band,  Berlin  1906,  Seite  895/9.  Simon  (a.  a.  O. 
Seite  334  ff.  §  87).  ^ 

^)  Ca  Imes,  Dr.  Albert;  Der  Fabrikbetrieb.  4.  Aufl.  Leipzig  1916,  8.  169: 
nDa  die  Streitfrage  noch  heute  ungelöst  ist,  umgehen  die  meisten  Industriellen  die 
Entscheidung  dieses  zweifelhalten  Punktes,  indem  sie  die  Vorräte  an  Fertig-,  Zwischen- 
und  Halbfabrikaten  so  niedrig  ansetzen,  daß  ihr  Bilanzwert  sicher  das  bei  striktester 
Auslegung  des  Gesetzes  zulässige  Wertmaß  nicht  übersteigt.  Dies  geschieht  dadurch,, 
daß  sie  für  die  Bewertung  nur  die  Materialkosten  rechnen,  wo  diese,  wie  in  Fleiach- 
und  Wurstfiabriken,  die  Hauptkosten  ausmachen,  oder  die  Material-  und  die  Lohn- 
kosten unter  Außerachtlassung  jeglicher  ünkostenzuschläge  benutzen.  Gerade  in  diese 
Bilanzpositionen  werden  ja  bekanntlich  mit  Vorliebe  stille  Reserven  unter- 
gebracht." 

Aehnlich  Schmalenbach:  Die  Generalunkosten  als  Produktionskosten  in  der 
Bilanz  der  Aktiengesellschaft,  in  seiner  Zeitschrift  für  handelswissenschaftliche  For- 
schung, 2.  Jahrgang  1907/8,  Seite  161:  , Nicht  für  alle  Aktiengesellschaften  ist  diese 
Frage  von  praktischer  Bedeutung.  Es  gibt  viele  Aktiengesellschaften,  welche  ihre 
Warenvorräte  mit  Wissen  und  Willen  niedriger  bewerten  als  das  Gesetz  verlangt,  sei 
es,  weil  sie  ohnehin  bestrebt  sind,  stille  Reserven  zu  bilden,  sei  es,  weil  sie  auf  dies© 
Weise  den  schwierigen  Fragen  der  Zuschlagbarkeit  gewisser  Unkosten  entgehen  wollen. 
Daneben  aber  gibt  es  sehr  viele  Betriebe,  welche  die  Warenvorräte  so  hoch  bewerten, 
wie  sie  es  nach  dem  Gesetz  dürfen. 

Es  ist  nicht  gesagt,  daß  solche  Gesellschaften  zu  denen  gehören  müssen,  die 
grundsätzlicd  die  Bilanz  so  „gut"  machen,  wie  es  irgend  möglich  ist  Auch  sehr  vor- 
sichtige Gesellschaften,  deren  An  läge  werte  voll  stiller  Eleserven  stecken,  können  speziell 
bei  der  Bewertung  der  Warenvorräte  ihre  Politik  des  Gewinn  Versteckens  grund- 
^tzlich ^aufgeben,  denn  tatsächlich  spricht  bei  den  Warenvorräten  vieles  gegen  solche 

Zu  diesem  letzten  Punkt  Schmalenbachs  vergl.  auch  Zimmermann  (a.  a. 
0.  Seite  230).  »     u  i,  .».. 


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sprechen  würde.')  Wenn  nun  auch  im  allgemeinen  darüber  kein  Zweifel 
bestehen  kann,  was  als  Selbstkosten  eines  Fabrikates  aufzufassen  ist,  so 
hat  sich  andererseits  als  sehr  bestritten  erwiesen,  was  speziell  für 'die 
Bilanzierung,  und  für  uns  für  die  Bilanz  der  A.  G.  als  zulässiger  Selbst- 
kostenpreis  betrachtet  werden  müsse.  Die  Kontroverse,  an  der  sich  Simon, 
Esser,  Rehm,  Fischer,  Schmalenbach,  Zimmermann  und  Calmes  etc.  be- 
teihgt  haben,  erstreckt  sich  vor  allem  auf  folgende  Punkte:  1.  Gehören 
die  Kosten  der  Hilfsbetriebe  zu  den  direkten  Produktionskosten  der  Fa- 
brikate oder  zu  den  allgemeinen  Unkosten?  2.  Sind  die  allgemeinen  Un- 
kosten, die  sog.  Generalunkosten  als  Bestandteil  der  Selbstkosten  für  die 
Bilanzierung  zulässig?  3.  Wie  verhält  es  sich  mit  den  Abschreibungen 
bei  der  Bewertung  der  noch  im  Inventar  vorhandenen  Warenbestände? 

Der  Gesetzgeber  hat  weder  in  der  Schweiz  noch  in  Deutschland 
im  Gesetz  zu  dieser  Streitfrage  Stellung  genommen,  wir  müssen  somit 
aul  die  Usanzen  und  Gebräuche  des  ordentlichen  Kaufmanns  abstellen 
Nur  die  Denkschrift  des  Jahres  1896  zum  Entwurf  des  neuen  Handels- 
gesetzbuches Seite  345  enthält  folgenden  Passus:  „Was  die  bestrittene 
l^rage  betnfft,  ob  bei  der  Berechnung  des  Herstellungspreises  von  Waren 
auch  ein  entsprechender  Teil  der  Generalunkosten  des  Unternehmens  in 
Ansatz  gebracht  werden  kann,  so  erscheint  es  nicht  angängig,  eine  solche 
Berechnungsweise  durch  ausdrückliche  Vorschrift  ohne  jede  Einschrän- 
kung zu  gestatten,  weil  alsdann,  der  Vorschrift  der  Nr  4  (des  ^  26) 
entgegen,  die  sämtlichen  Kosten  der  Verwaltung  aut  einem  Umwege  doch 
als  Aktivum  in  die  Bilanz  eingesetzt  werden  könnten.  Es  muß  dem  ver- 
standigen Ermessen  in  jedem  einzelnen  Falle  überiassen  bleiben,  inwie- 
weit ohne  Verietzung  der  erwähnten  Vorschrift  gewisse  allgemeine  Kosten 
als  Bestandteil  der   Herstellungskosten    berücksichtigt   werden    können." 

Zur  Beantwortung  des  ersten  Punktes  gehört  eine  Definition  der 
allgememen  Unkosten.  Calmes')  kann  im  allgemeinen  zugestimmt 
werden  wenn  er  dieselben  folgendermaßen  formuliert:  „Als  Unkosten 
oder  allgemeine  Kosten  (auch  Generalkosten,  Spesen,  Regiekosten  genannt) 
sind  im  Warengeschäft  im  Gegensatz  zu  den  direkten  Material-  und 
Lohnaufwendungen  diejenigen  Kosten  eines  Unternehmens  zu  verstehen 

deren  unmittelbare  ZuteilungaufdieumgesetzteWare,  respektive 
auf  die  hergestellten  Erzeugnisse  oder  auf  die  Betriebsabtei- 
lungen nicht  möglich  ist,  weil  diese  Aufwendungen  durch  das 
Unternehmen  als  Ganzes  verursacht  werden."  Es  gibt  nun  neben 
den  Matenal-  und  Lohnaufwendungen  noch  andere  Kosten  wie  diejenigen 

nKo.  A^  ^'^-^y  V*"  '•  ^'  5*  9'ß^'^^  ^^^'  formuliert  dies  noch  etwas  genauer :  „Wenn 
d^n  Hfi.W  ^^  h'^'.T''  ^^".^^^  die  Bewertung  der  Warenbestände  die  Selbstkosten 
^!^fän^f  ^  darstellen,  so  ist  dabei  an  Summen  gedacht,  die  auch  den  Anteil  der 
Bestände  an  den  Verwaltangskosten  enthalten.  Ausgeschlossen  sind  aber  die  V  e  r- 
waltungskosten  die  als  im  Interesse  des  V  er  kau  fs  aufge  wan  dt 
gelten  müssen,  und  die  eigentlichen  Verkaufskosten 
9  A«fl  V^  •  Y  ?o?q"  °  "  5»,d  B  o  1  J  e  r :  Leitfaden  des  kaufmännischen  Rechnens  1.  Teil. 
2.  Aufl.  Zürich  1913,  S.  6  ,  geben  uns  für  den  Warenhandel  folgendes  öchema-  Ein 
kauftpreis  (lt.  Faktura  des  Lieferanten  netto)  +  Einkaufsspesen  =  SelbstkoTten  4- 
^TaTftp'feil  ^^**^^«^k-"^«P'ei3  +  Verkaufsspesen  =  Bratto- 
Seite  2^3^  *  ^  "*  ®  *  '  ^^-  ^  ^  ^  ^  ••  *  •  ^«'*  Fabrikbetrieb  4.  Auflage,  Leipzig  1916. 
Seite  50.^^'^'''^  ««  H  e  w  8  k  i  A  1  be  r  t :   Der  Fabrikbetrieb.  2.  Aufl.  Berlin  1907, 


41 

für  die  Krait  etc.,  die  direkt  meßbar  sind  und  auch  auf  die  einzelnen 
Produkte  geschlagen  werden  können.  Man  kann  sie  mit  Calmes  (a.  a.  O. 
Seite  203)  als  Kosten  der  Hilfsbetriebe  bezeichnen,  wobei  aber  zu 
betonen  ist,  daß  nicht  alle  Kosten  der  Hilfsbetriebe  so  behandelt  werden 
können,  indem  für  einzelne  unter  ihnen  die  sofortige  Verteilung  auf  die 
einzelne  Ware  praktisch  unmöglich  ist.  Diese  letztern  rechnen  wir  dann 
zu  den  allgemeinen  Unkosten. 

Damit  kommen  wir  zum  2.  Punkt:  Sind  die  allgemeinen  Unkosten, 
die  sog.  Generalunkosten  als  Bestandteil  der  Selbstkosten  für  die  Bilan- 
zierung zulässig?  Wie  schon  angedeutet,  scheiden  für  uns  diejenigen 
Verwaltungskosten  aus,  die  als  im  Interesse  des  Verkaufs  aufgewendet 
gelten  müssen,  sowie  die  eigentlichen  Verkaufskosten. ')  Von  den  Schrift- 
stellern, die  gegen  die  Zuschlagbarkeit  der  allg.  Unkosten  für  ßilanzzwecke 
der  A.  G.  sind,  wird  als  Hauptarguraent  aufgeführt,  es  würde  damit 
Ziff.  4  von  §  261  resp.  Ziff.  1  des  Art.  656  O.  R.  illusorisch  gemacht 
Auf  diesem  Boden  steht  im  großen  und  ganzen  auch  die  bereits  zitierte 
Denkschrift.  Einmal  ist  hier  einzuwenden,  daß  dem  nur  dann  so  wäre, 
wenn  ein  großer  Warenvorrat  vorhanden  wäre.  Ist  dies  der  Fall,  dann 
können  dafür  2  Hauptgründe  angeführt  werden,  a)  Die  Waren  werden 
extra  zurückbehalten,  weil  mit  einem  Steigen  des  Preises  unbedingt  ge- 
rechnet wird.  Hier  ist  unseres  Erachtens  die  Gesellschaft  berechtigt,  dea 
Selbstkostenpreis  bei  der  Bewertung  sowieso  zu  überschreiten.  Unsere 
Streitfrage  wird  also  nicht  praktisch,  b)  Die  Waren  können  nicht  ver- 
kauft werden,  weil  der  Absatz  stockt,  dann  liegt  aber  die  Frage  eher 
folgendermaßen:  Können  diese  lagernden  Fabrikate  mit  dem  Selbstkosten- 
preis überhaupt  in  die  Bilanz  eingesetzt  werden,  ohne  gegen  die  Grund- 
satze des  ordentlichen  Kaufmanns  zu  verstoßen?  Es  kommt  unseres 
Erachtens  hier  weniger  darauf  an,  ob  die  Unkosten  zugeschlagen  werden 
dürfen  oder  nicht. '')  o         -o 

Auch  die  Gründe,  die  den  Gesetzgeber  veranlaßt  haben,  jene  Be- 
stimmung aufzunehmen,  sind  vielfach  unrichtig  gedeutet  worden  Der 
Gesetzgeber  wollte  damit  nicht  die  allg.  Unkosten  als  Bestandteil  der 
bilanzmäßigen  Selbstkosten  verbieten,  sondern  verhindern,  daß  dieselben 
als  Anlagewerte  unter  die  Aktiven  aufgenommen  wurden.  In  der  Schweiz 
ist  dies  für  die  Organisationskosten  für  die  Dauer  von  höchstens  5  [ahren 
ausdrücklich  gestattet.  (0.  R.  656,  Ziff  1.)  Auf  diesem  Standpunkt  steht 
vor  allem  Schmalenbach  (a.  a.  0.  Seite  165):  „Wenn  unter  „Kosten 
der  Organisation  und  Verwaltung«  im  Sinne  von  H.  G.  B.  §  261  Ziffer  4 
die  Ausgaben  zu  verstehen  sind,  für  die  man  das  wirtschaftliche  Akti- 
vum  Zustand  des  Organisiertseins-  erhält,  dann  können  nicht  zugleich 
die  „Kosten  der  Organisation  und  Verwaltung'*  im  Sinne  von  Produk- 
tionskosten gemeint  sein.  Die  ersteren  sind  Anlagekosten,  die  letzteren 
Unkosten  Eine  Ausgabe  kann  das  eine  oder  das  andere,  niemals  das 
^'"!,  "i^  o  f  ^^  andere  sem.  Ist  es  richtig,  was  kaum  bestritten  werden 
wird  daß  der  Gesetzgeber  die  Kosten  der  Organisation  und  Verwaltung 
als  Anlagekosten  treffen  will,  dann  hat  er  eben  diesen  Begriff  und 
nicht  zugleich  noch  einen  ganz  anderen  Begriff  im  Auge. 

Für  meine  Auffassung  spricht  nicht  nur  die  Entstehungsgeschichte 
sondern  auch  der  Wortlaut.  §  261  behandelt  erst  die  Veräußerungsgegen- 

»)  Wir  folgen  dabei  N  i  c  k  1  i  s  c  h  (t.  a.  O.  Seite  106). 
)  Vergl.  dazu  C  a  1  m  e  s  (a.  a.  O.  Seite  173  oben). 


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stände,  dann  die  Anlagegegenstände  und  schließlich  die  Kapitalkonten 
Die  Bestimmung  über  die  Kosten  der  Organisation  findet  sich  in  Ziffer  4 
also  unter  den  Anlagen .... 

Einige  Kommentatoren  tun  so,  als  ob  durch  die  sogenannten  General- 
nnkostenzuschläge  eine  Hintertür  geöffnet  sei,  durch  die  die  verbotenen 
Aktiva  des  §  261,  Ziffer  4,  nun  doch  wieder  Aktiva  werden.  Das  ist  un- 
richtig. Entweder  ist  eine  Ausgabe  geleistet  für  den  Zustand  des  Organi- 
siertseins, dann  darf  sie  nicht  als  Aktivum  behandelt  werden,  mag  der 
Zustand  des  Organisiertseins  so  viel  wert  sein  wie  er  wolle.  Oder  aber 
sie  ist  geleistet  als  Produktionsunkosten,  dann  ist  sie  keine  Ausgabe  im 
Sinne  des  §  261,  Ziffer  4.  Man  kann  nun  selbstverständlich  nicht  deshalb, 
weil  die  Kosten  für  das  Organisiertsein  nicht  bilanzfähig  sind,  sie  einfach 
umtaufen  in  Produktionskosten." 

Von  den  Abschreibungen  ist  nun  drittens  zu  sagen,  daß  sie  zu  den 
allgemeinen  Unkosten  gehören.  Allerdings  müssen  wir  einige  Einschrän- 
kungen machen.  Derjenige  Teil  derselben,  der  über  das  erforderliche,  den 
Umständen  angemessene  Maß  hinausgeht,  bildet  eine  stille  Reserve  und 
daher  keinen  Bestandteil  der  General  Unkosten.  Ebenso  gehören  diejenigen 
Abschreibungen  nicht  dazu,  die  sich  auf  Gebäulichkeiten  beziehen,  die  dem 
Verkaufe  dienen,  ferner  nicht  diejenigen,  die  dadurch  notwendig  wurden,, 
weil  z.  B.  durch  außerordentliche  Fälle  (Ueberschwemmung,  Erdbeben,. 
Maschinenbruch  etc.)  Anlagen  außer  Betrieb  gesetzt  wurden,  oder  doch 
erheblich  an  Wert  einbüßten.') 

NVir  sind  daher  mit  Schmalenbach,  Esser,  Zimmermann  und  Fischer  etc. 
der  Meinung,  daß  ein  angemessener  Teil  der  allgemeinen  Unkosten  bei 
der  Bewertung  auch  für  die  Aktiengesellschaft  als  Teil  der  Selbstkosten 
angesehen  werden  kann.*)  Unseres  Erachten s  kommt  es  aber 
mehr  darauf  an,  ob  überhaupt  zu  den  Selbstkosten  bewertet 
werden  darf,  als  auf  die  Streitfrage,  ob  die  allgemeinen 
Unkosten  aktivisch  als  indirekte  Produktionskosten  be- 
handelt werden  dürfen. 

§  12.  Die  Bewertung  der  Veräußerungsgegenstände. 

a)  Im  Allgemeinen. 

Wenn  wir  Scheffler  („Ueber  Bilanzen"  in  der  Vierteljahrs- 
schrift für  Volkswirtschaft,  Politik  und  Kulturgeschichte  Band  62,  Berlin 
1879)  dafür  zu  großem  Dank  verpflichtet  sind,  daß  er  in  richtiger  Er- 
kenntnis des  Wesens  der  Bilanzwerte,  jene  fundamentale  Einteilung  in 
solche,  bei  deren  Wertbestimmung  dauernd  nur  der  Eigentümer  inter- 
essiert ist,  und  solche,  bei  denen  dauernd  oder  vorübergehend  andere 
mitinteressiert  sind,  vorgenommen  hat,  so  können  wir  ihm  andererseits 
einen  Vorwurf  hinsichtlich  der  Bewertung  der  zuletzt  genannten  Gegen- 
stände nicht  ersparen.  Er  stellt  nämlich  den  Satz  auf:  Für  die  Bewer- 
tung bezüglich  der  ersten  ist  der  Anschaffangs-  oder  Herstellungspreis 
„der   Kostenpreis",    bezüglich    der   letzteren    dagegen    der    Verkaufspreis 

0  Vergl.  hiezu  Srhmalenbach  (a.  a.  0.  Seite  171/2),  ferner  Caimes  (a.  a.  0. 
Seite  172/3.) 

0  Anderer  Meinung  Bachmann  (a.  a.  0.  S.  194),  Simon  (a.  a.  O.  S.  344  ff.), 
Rehm  (a.  a.  0.  S.  709  ff.)  Mit  Einschränkungen  auch  Caimes  (a.  a.  0.  Ö.  I6H  ff.) 
und  Folliet  (a.  a.  0.  S.  90.)  Für  weitere  Literaturao gaben  vergl.  Zimmermann 
(a.  a.  O.  S.  231,  Anmerkung  9.) 


49 

maßgebend.  ^)      Dieser    Auffassung    trat    dann    aber    sehr    energiscli    und 
mit    viel    Geschick    Dr.    R.    Fischer«)    entgegen.     Wir    können    seinen 
Standpunkt     kurz     folgendermaßen     zusammenfassen:      [Jißt    man    sich 
aber     bei     der     Bewertung     der     Veräußerungsgegenstände     von     der 
Vorsicht     leiten,      so     ergeben     sich     die     Bestimmungen     in     i<    261, 
Ziff.    1     und    2,    H.  G.  B.,    von    selbst;    denn    andere    Werte,    als    der 
Veräußerungs-  und  der  Selbstkostenwert,  lassen  sich  denkbarerweise  nicht 
heranziehen,   und  das  Gebot   der  Vorsicht   kann   dann   nur  dahin  «^ehen, 
von   den    beiden  Werten    stets   den  zu  wählen,   der  unter  den  jeweilit^en 
Verhältnissen  der  niedrigere  ist,  also  bei  Waren  und  Fabrikaten  fast  durch 
gehend    den    Anschaffungspreis.     Ein    Ueberschreiten    des    Selbstkosten- 
preises  sollte   niclit  vorkommen,    für   ihn  würde   das   eine  prinzipwidrige 
Handlung   bedeuten.     Er   muß   zwar   zugeben,    daß,    wenn  auch  vielfach, 
vorzüglich  bei  Gebrauchsgegenständen,  sowie  bei  Halb-  und  (ianzfabrikaten] 
das  strikte  Einhalten  des  Selbstkostenpreises  zu  beobachten  wäre,  so  doch 
keineswegs   bei    den   zur  Zeit  der  Inventur  aufzunehmenden  Vorräten  an 
Rohmaterialien  und  auch  nicht  bei  Waren  in  reinen '  Verkaufsgeschäften; 
hier   könnte    ein    konstanter  Brauch   der  Kaufleute,  sich   in  den   ( irenzcu 
der  Selbstkosten  zu  bewegen,  nicht  behauptet  werden,  da  sie  l>ei  steigenden 
Konjunkturen  Rohmaterialien  und  Waren   unter   einer,    wenn   auch   nicht 
erheblichen    Steigerung    des    Selbstkostenpreises     anzunehmen    pflegten. 
Fischer  ((Grundlagen,  Seite  20)  gibt  uns  dafür  folgende  Erklärung:    „Ein- 
mal rechtfertigen  die  gestiegenen  Warenpreise  nach  der  Ansicht  der  Kauf- 
leute  nicht    etwa  unmittelbar,    auf  Grund  einer  selbständigen  Bewertung, 
sondern    erst    mittelbar,    nämlich    unter  dem  Ciesichtspunkte   eines  gegen 
die  Regel  verschobenen  Selbstkostenwertes,  das  Einsetzen  der  Waren  zu 
einem  höheren,  als  dem  Anschaffungspreise  in  die  Bilanz.    Zweitens:    der 
Selbstkostenbegriff  wird  in  der  Praxis  immer  noch  so  respektiert,   daß  der 
Charakter  der  Bilanz  als  Selbstkostenberechnung  aufrecht  erhalten  bleibt. 
Am  Ende  drittens:    eine  solche  Bilanzierungsweise,  die  von  der  Praxis  als 
ein  nioht  zu  flagranter  X'erstoß  gegen  das  Prinzip  der  Selbstkostenberech- 
nung  noch   angesehen  wird,   ist  und  bleibt  nichts  destoweniger  eben  ein 
X'erstoß  gegen  das  Prinzip.'    Diesen  Standpunkt  von  Fischer  können  wir 
nicht    in  vollem  Umfange    mit    ihm  teilen.     Richtig  ist,   daß  dem  Selbst- 
kostenpreis   eine    große  Bedeutung   bei  der  Bewertung  zukommt.     Es  ist 
dies  historisch  begründet  und  entspricht  ebenfalls  dem  Wesen  der  Bilanz. 
Dagegen  führt  eine  zu  strikte  Handhal)img  dieses  Prinzips  zu  ungerecht- 
tertigten  wirtschaftlichen  Härten,  auch  widerspricht  es  einer  andern  kauf- 
männischen Gepflogenheit,  die  dahin  tendiert.  (Gewinne  wie  Verluste  der- 
jenigen Rechnungsperiode  gutzuschreiben  res[).  anzulasten,  in  der  sie  wirt- 
schaftlich begründet  wurden.   Man  wird  uns  einwenden,  wie  steht  es  aber 
dann  mit  dem  Standpunkt  des  Gesetzgebers,  der  die  Verteilung  von  noch 
nicht  realisierten  Gewinnen  bekämpft.^    Wir  wollen  hier  die  Frage  nicht 
naher  untersuchen,  ob  der  Gesetzg(?ber  nur  die  Verteilung  nicht  realisierter 
^lewinne  bei  Betriebs-  oder  ebenfalls  bei  Veräußerungsgegenständen  aus- 
srliließen  wollte.     Für  die  Schweiz   hat  das  Obligationen  recht  wenigstens 
j'ei  Wertpapieren  die  Berücksichtigung  noch  nicht  realisierter  Gewinne  in 
''''deutendem  Alaße  sanktioniert,  indem  kurshabende  Papiere  zu  dem  Kurs- 

M  Vergl.  Siegfried  Buff  (a.  a.  O.,  Seite  76). 

a        r^^  ^^   R.  Fischer:    Die  Bilanzwerte,  was  sie  sind,   und  was  sie  nicht  sind, 

lA'  7o'  ^®'^®  ^^^  ^-    I^crselbe:  Ueber  die  Grundlagen  der  Bilantwerte.  a.a.O., 
ocite   18  n. 

Hr.  .T.  Hotz:    ,Die  Jahresbilanz  dor  A.  G." 


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werte  angesetzt  werden  dürfen,  welchen  dieselben  durchschnittlich  in  dem 
letzten  Monate  vor  dem  Bilanztage  gehabt  haben.    Die  Bestimmung  wurde 
.schon  öfters  als  zu  weitgehend  kritisiert,   und  als  bessere  Lösung  vorge- 
schlagen   für  die  Wertpapiere,    wie  im  deutschen  Handelsgesetzbuch,   als 
Höchstgrenze  den  Anschaffungspreis,  resp.  den  niedrigeren  Tageskurs  zu 
übernehmen.     Diesen  Vorschlag  möchten  wir  bekämpfen,    und  zwar  aus 
f«»lgenden   (iründen:     Es    hat    sich    gezeigt,    daß   die  Vorschrift   des  An- 
schaffungspreises als  Höchstgrenze  zu  streng  ist.    Gewisse  Unternehmungen 
kcmnen  geradezu  gezwungen  werden,  gegen  ihren  Willen  und  sogar  gegen 
ihr  Interesse,   Wertpapiere   veräußern    zu   müssen,    um   den  eingetretenen 
Kursgewinn    zu   lukrieren.     Viel   imerfreulicher  ist  aber,  wenn   man  dazu 
schreitet    unlautere    Manipulationen,    sogenannte   Schiebungen    vorzu- 
nehmen, um  die  aktienrechtlichen  Beweitungsbestimmungen  zu  umgehen.*) 
Auch  in  Deutschland  hat  es  schon  Stimmen  gegeben,    die  auf  die  Nach- 
teile dieser  gesetzlichen  Bestimmung  in  §  261,  Abs.  1,  hingewiesen  haben. 
Es    wurde    sogar   die  Vermutung   ausgedrückt,    die   weitere  Fassung   der 
Bewertungsvorschriften  im  Schweiz.  Obligationen  recht  für  die  Wertpapiere 
sei   mit   ein  (irund   für  das  Auswandern  gewisser  finanzieller  Trustgesell- 
s(  haften  nach  der  Schweiz.    Wir  glauben  hier  an  dieser  Stelle  für  sämt- 
liche   gesetzgeberischen  Eingriffe    in    das  wirt.schaftliche  Leben   sagen   zu 
können.    dalS,  wenn  es  sich  um  wirtschaftlich  notwendige  Vorgänge  han- 
delte, eine  Einschränkung  oder  ein  Verbot  meistens  unwirksam  geblieben 
ist.    Die  Praxis  behilft  sich  in  verschiedener  Weise,  bald  wandert  sie  mit 
ihren  Geschäften  ab,   sofern  dies  nicht  möglich   ist    sucht  sie    das  Gesetz 
zu    umgehen,    indem    sie   Schiebungen,    sogenannte   Scheingeschäfte   vor- 
nimmt, oder  die  geschäfdiche  Transaktion  in  andere  Formen  kleidet.    Für 
diesen  letzteren  Fall  sei  beispielsweise  an  die  New- Yorker  Börse  erinnert. 
Um  die  Spekulation  einzudämmen,  hat  man  seinerzeit  das  Termingeschäft 
verboten  und  trotzdem  gibt  es  wohl  keine  Bör.se,  an  der  die  Spekulation 
mehr   blüht    als    gerade    an  der  New- Yorker.     Statt,    daß  wie  früher  nur 
von  Termin  zu  Termin  die  Engagements  liquidiert  oder  prolongiert  wurden, 
geschieht    dies  jetzt    täglich.     Dies  wird   ermöglicht  durch  die  Institution 
des   täglichen  Geldes  (Call  Money).     Aehnlich'  verhält    es   sich   in   Berlin 
für   diejenigen  Papiere,    für   die   ein  Verbot   des  Zeitge.schäftes   besteht.«) 
Als    Beispiel    für    die    sogenannten    Schiebungen    wären    Scheingeschäfte 

*)  Vergl.  hiezu  Zimmermann,  a.  a.  O.,  Seite  221/2.  Ferner  Stampf li 
Arthur:  Schweizerische  Investment-Trusts,  Basel  1909,  Seite  21/2,  Heft  2,  der 
Mitteilungen  aus  dem  handeltwissenschaftlichen  Seminar  der  Universität  Zürich 
herausgegeben  von  Prof.  Dr.  G.  Bachmann.  Prof.  Dr.  V.  Für  1  an:  Die  Bewertung 
der  öffentlichen  Anlehenstitres  in  den  Bilanzen  der  Aktiengesellscbalten,  im  Bank- 
archiv, 9.  Jahrgang,  1909/10,  Seite  370,  Fußnote  2:  „Die  Bewertung  der  Effekten 
nach  dem  AnscbaflFungspreise  würde  zu  dem  Zustande  führen,  daß  dieselbe  Effekten- 
art unter  Umständen  zu  gleicher  Zeit  je  nach  dem  Zeitpunkt  der  Erwerbung  ver- 
schieden bewertet  würde.  Zudem  würde  sie,  wenn  der  Anschaffungspreis  tief  unter 
dem  Pariwerte  steht,  in  Perioden  dauernder  Kurssteigerung  ebenso  zu  €  Verlusten» 
führen,  wie  in  Zeiten  dauernden  Kursrückganges  die  jetzige  Bewertungsmethode 
Bei  dem  jetzigen  Stand  der  Gesetzgebung  kann,  wenn  der  Anschaf- 
fungswert tief  unter  dem  Kurswert  steht,  durch  gleichzeitigen  Kauf 
und  Verkauf  der  Effekten  die  Einstellung  zum  vollen  Kurswert  in 
die  Bilanz  erfolgen." 

0  Vergl.  m.  Schrift:  Beiträge  zur  Lehre  von  Börse  und  Geldmarkt.  Zürich 
1915,  Seite  47  und  72/3,  Heft  28,  der  Mitteilungen  aus  dem  handelswisscnschaftlichen 
Seminar  der  Universität  Zürich,  herausgegeben  von  Professor  Dr.  G.  Bachraann. 


zwischen  Mutter-  und  Tochtergesellschaften    zu    nennen,    wo    ja   meistens 
.IfT  Bilanztermin  ein  verschiedener  ist. 

Wenn  wir  nun  versuchen,  eine  allgemeine  Formulierung  für  die  hv- 
ucrtung  der  Veräußei ungsgegenstände  zu  finden,  so  kommen  wir  zu  fol- 
gendem Resultat:  In  erster  Linie  kommt  der  Selbstkostenpreis 
in  Betracht.  Es  entspricht  dies  der  historischen  Entwick- 
lung, sowie  dem  Wesen  der  Bilanz.    Da  es  sich  um  Vermögens- 
:,^egenstände  handelt,  die  alle  einmal  vernußert  werden  sollen,  muß  schon 
vor    der    Veräußerung    auf   diesen    Verkaufspreis    Rücksicht    genommen 
werden.  Man  könnte  von  einer  Diskontierung  des  künftigen  Erlöses  sprechen. 
Allerdings  müßte  dann  unter  Diskont  jener  Abzug  verstanden  werden,  der 
sich  zusammensetzt  aus  dem  /ins  für  die  / witsch enz ei t.  ferner  aber 
auch  eine  gewisse  Kisikoprämie  für  den   Fall  eines  Sinkens  des  Ver- 
kaufspreises init  einschließt.  Die  Praxis  verfährt  aber  gewöhnlich  nicht  so. 
\'on  Ausnahmen  abgesehen  benützt  der  Kaufmann  den  Verkaufspreis  ein- 
lach als  Maßstab  dafür,  ob  er  mit  gutem  (Gewissen  zum  Selbstkostenpreis 
bilanzieren  dürfe,  oder  ob  er  darunter  gehen  solle.    Als  zweites  Ele- 
ment   kommt    also    für  die    Bewertung   der   Veräußerungs- 
gegenstände   neben    dem     Selbstkostenpreis    der    Markt- 
börsen   oder    sonstige    Verkaufspreis    als    O  rient  ierungs- 
mittel  i  n  B  e  t  r  a  c  h  t.  Nui  ausnahmsweise,  bei  einer  dauernden  Erhöhung 
«Icr  Verkaufspreise  kann,  nicht  muß,  der  Selbstkostenpreis  überschritten 
werden. 

b)  Im  Speziellen. 
Die  Bewertung  der  Debitoren  (Forderungen,  stößt  auf  die  größten 
Schwierigkeiten.  Sie  müssen  zu  ihrem  Barwert  eingesetzt  werden.*]  Dann 
aber  muß  auch  ihre  Sicherheit  bei  der  Bew  ertung  berücksichtigt  werden. 
Was  uneinbringlich  ist,  also  als  verloren  zu  betrachten  ist,  muß  abgeschrieben 
werden  oder  durch  Einsetzen  eines  Korrekturpostens  unter  die  Passiven, 
gewöhnlich  Delkrederekonto«)  genannt,  ein  Ausgleich  geschaffen  werden. 
Wie  viel  nun  als  uneinbnngbar  zu  verbuchen  ist.  läßt  sich  nur  erfahrung*;- 
gcmäß  feststellen. 

Bei  den  in  Fabrikation  sich  befindenden  und  fertigen  Waren  müssen 
wir  unterscheiden,  ob  es  sich  um  solche  handelt,  die  bereits  bestellt  sind, 
fiir  die  somit  ein  Verkaufspreis  abgemacht  worden  ist,  und  solche,  die  auf 
r.ager  hergestellt  werden.  Für  die  Bewertung  der  ensteren  ergibt  sich  keine 
allzugroße  Schwierigkeit,  sie  können  zum' bekannten  Verkaufspreis,  d.  h. 
die  in  Fabrikation  stehenden,  zum  entsprechenden  Anteil  desselben  bilanziert 
Werdens),  sofern  nicht  die  Vorsicht  gebietet,  im  Hinblick  auf  eventuelle 
\  eHuste  beim  Abnehmer,  einen  niedrigeren  Ansatz  zu  wählen. 

•)  Vergl.  Nicklisch,  a.  a.  O.  Seite  108/9. 

•)  Oft  findet  man  auch  die  Bezeichnung  Delkrederefonds.  Diese  Bezeichnung 
ist  dann  ganz  unrichtig,  wenn  es  sich  um  einen  Deckungsfonds  für  Minderwerte  auf 
der  Aktivseite  handelt.  Oft  enthält  er  aber  auch  teilweise  eine  Reserve,  und  ist 
aann  für  diesen  Betrag  die  Bezeichnung  als  Fonds  unanfechtbar. 

»)  Vergl.  die  Ausführungen  von  Zimmermann  (a.  a.  C,  Seite  241  2),  Bach- 
mann  (a.  a.  C,  Seite  194),  Calmes  (a.  a.  O.,  Seite  428/9.):  „Deshalb  darf  dieser  Ge- 
winn in  die  Bewertung  verkaufter  Fertigfabrikate  wohl  einbezogen  werden  .  .  Größere 
:x:]iwierigkeiten  bietet  die  richtige  Bewertung  bestellter  Halbfabrikate . .  Richtiger 
erscheint  mir  daher  die  Bewertung  zu  den  gesamten  bisherigen  Selbstkosten  (inklu- 
Ih^.  uv^a^""}  ^"«ögl'ch  eines  Anteils  am  kalkulierten  Gewinn,  der  zwischen  dem 
aDzuschhcßenden  Geschäftsjahre  und  dem  Jahre  der  Fertigstellung,  z.  B.  im  Verhältnis 
2u  den  m  beiden  Jahren  auf  die  betreffende  Fabrikation  verwendeten  Löhne,  oder 
sonst  nach  einem  anderen  geeigneten  Maßstab,  verteUt  werden  könnte 

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52 

Für  die  auf  Lager  fabrizierten  Fabrikate  kommt  das,  was  wir  als 
allgemeine  Regel  festgestellt  haben  zur  Anwendung.  Eine  Höherbewertung 
als  zum  Selbstkostenpreis  wird  kaum  in  Frage  kommen,  es  sei  denn,  der 
Fall  liege  so,  daß  die  Firma  zum  bereits  bedeutend  höhern  Verkaufspreis 
noch  nicht  verkaufen  will,  indem  ein  Sinken  fast  ausgeschlossen,  das 
weitere  Steigen  aber  sehr  wahrscheinlich  ist.  Aber  auch  in  diesem  Fall 
wird  man  nie  bis  zum  Verkaufspreise  gehen,  sondern  immer  eine  gewisse 
Marge  für  eventuelle  Preisrückgänge  reservieren. 

Niclit  sehr  einfach  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  sogenannten 
Q  u  a  s  i  -  V  e  r  ä  u  ß  e  r  u  n  g  s  ge  g  e  n  s  t  ä  n  d  e  n,  die  selber  nicht,  hingegen  in 
einer  andern  Form  (Waren)  veräußert  werden.  (Saat,  Kohle,  Oel,  Rohstoflfe, 
Hilfsstoffe,  in  Arbeit  befindliche  Fabrikate,  wie  auch  solche  Fabrikate,  die 
der  Betrit^b  selber  produziert,  aber  auch  wieder  selber  verbraucht,  also 
nicht  zur  Veräußerung  gelangen.)')  Auch  bei  diesen  Quasi- Veräußerungs- 
gegenständen wird  man  zunächst  vom  Selbstko.stenpreis  auszugehen  haben. 
Besteht  ein  Markt-,  Börsen-  oder  sonstiger  Verkaufspreis,  so  wird  man 
sich  desselben  (ebenfalls  zur  Orientierung  bedienen.  Ist  ein  solcher  nicht 
vorhanden,  wie  z.  B,  meistens  für  in  Arbeit  l)efindliche  Waren,  so  ist  der 
Wert  maßgebend,  den  der  betreffende  Vermögensgegenstand  als  Bestand- 
teil des  betreffenden  Cieschäftes  hat.  Dieser  Wert  ist  ein  subjektiver  und 
unrd  Geschäfts-Betriebs-  oder  Gebrauchswert  genannt.  Besonders  befaßt 
sich  Simon  (a.  a.  O.,  Seite  362)  mit  der  Bew^ertung  der  Halbfabrikate, 
die  nicht  marktijänijige  Ware  sind.  Der  Verkaufswert  kommt  für  diese 
Vermögenswerte  deshalb  nicht  in  Betracht,  weil  eine  Veräußerung  vor- 
läufig nicht  beabsichtigt  ist.  Nach  ihm  kommt  für  die  Bewertung  ein  so- 
genannter besonderer  V  e  r  k  a  u  f  s  w^  e  r  t  in  Frage:  nämlich  der 
Verkaufs  wert  der  fertigen  Ware  abzüglich  der  auf  die 
Fertigstellung  noch  zu  verwendenden  Kosten.  Dieser  beson- 
dere Verkaufswert  ist  nun  offenbar  zu  hoch  gegriffen.^)  Es  ist  nicht  an- 
t£ängig,  den  ganzen  Reingewinn  bereits  voll  zu  berücksichtigen.  Er  ist 
erstens  noch  nicht  ganz  verdient,  fällt  also  nicht  mit  seinem  ganzen  Be- 
trage  der  abgelaufenen  Wirtschaftsperiode  zu ;  zw^eitens  sollte  für  den  Fall 
des  Sinkens  des  Verkaufspreises  doch  eine  gewisse  Marge  zwischen  Her- 

Im  übrigen  gehört  diese  Frage  zu  denjenigen,  die  nicht  prinzipiell  entschieden 
werden  können.  Die  Art  der  Bewertung  bestellter  Halbfabrikate  wird  immer  von 
den  Umständen  und  besonders  von  dem  Grad  der  Fertigstellung  der  zu  bewertenden 
Halbfabrikate  abhängen.  Ist  die  Fabrikation  noch  nicht  sehr  fortgeschritten,  so  wird 
diese  Bewertung  am  besten  zu  den  bisherigen  Selbstkosten  ohne  die  Einbeziehung 
von  Unkostenzuschlägen  und  eines  Gewinnanteiles  stattfinden.  Eine  solche  Bewer- 
tung wäre  aber  für  Halbfabrikate,  die  beinahe  fertig  sind,  unrichtig,  weil  dann  der 
ganze  Gewinn,  dazu  noch  um  den  Betrag  der  nicht  verrechneten  bisherigen  Unkosten 
erhöht,  ausschließlich  dem  Jahre  der  Fertigstellung  zugute  käme." 

1)  Reisch  und  Kreibig:  Bilanz  und  Steuer,  I.Band,  Wien  1900,  Seite  357, 
stehen  wie  Adam  Smith  auf  dem  Standpunkt,  daß  es  sich  bei  erzeugten  und  weiter 
zu  verarbeitenden  Halbfabrikaten  um  Betriebs-  und  nicht  um  Veräußerungsgegen- 
stände handle.  Sie  nennen  diese  Halbfabrikate  komplementäre  Güter.  Dieser  Auf- 
fassung tritt  Calmes  Dr.  A.  (Der  Fabrikbetrieb,  4.  Aufl.  a.  a  O.,  Seite  165)  zutreffend 
entgegen:  .,Auch  die  Zwischenprodukte  und  die  Halbfabrikate  sind  meines  Erachtens 
als  Veräußerungsgegenstände  anzusehen,  da  es  sich  hiebei  um  die  Veräußerungs- 
absicht handelt,  und  diese  in  der  Regel  bei  diesen  Erzeugnissen  vorhanden  ist.  In 
dieser  Hinsicht  besteht  zwischen  den  Fertigfabnkaien  einerseits  und  den  Halbfabri- 
katen und  Zwischenprodukten  anderseits  bloß  der  Unterschied,  daß  erstcre  in  ihrem 
augenblicklichen  Zustand,  letztere  aber  erst  nach  einer  ße-  oder  Verarbeitung  zur 
Veräußerung  gelangen  sollen." 

')  Vergl.  Calmes  (Der  Fabrikbetrieb,  4.  Aufl.,  Seite  167). 


r»3 

Stellungskosten  und  Verkaufs|)reis  offen  gelassen  werden.  Calmes  {der 
Fabrikbetrieb,  4.  Aufl..  a.  a.  O.,  Seite  167 )  schlägt  folgende  Lösung  vor  :  „Für 
die  Bewertung  der  Halbfabrikate  kann  al.^o  weder  ilir  Realisierungswert, 
noch  ihr  um  die  Kosten  der  Fertigstellung  verminderter  Verkaufswert  als 
Fertigfabrikat  in  Frage  kommen,  und  es  bleibt  denn  nichts  anderes  übrig, 
als  die  Bewertung  dem  subjektiven  Ermessen  des  Fabrikanten  unter  Wah- 
rung der  üblichen  kaufmännischen  \^>rsicht  zu  überlassen.  Dem  ent- 
sprechend wird  man  in  der  F*raxis  die  nicht  marktgän- 
gigen Halbfabrikate  unter  keinen  Umständen  höher  be- 
werten, als  zu  ihrem  Selbstkostenwert.  Eine  dahingehende 
kaufmännisciie  Gepflogenheit  kann  als  bestehend  angenommen  werden. 
h'ast  alle  Autoren  sind  hiezu  übereinstimmender  Ansicht,  und  auch  Reisch 
und  Kl  eibig  gelangen,  wie  oben  erwähnt,  obschon  auf  Grund  einer  ganz 
anderen  Deduktion,  zu  demselben  Bewertungsgrundsatz.  Für  die  Aktien- 
gesellschaften und  Kommandit-Aktiengcsellschaften  ist  überdies  dieser 
Grundsatz  gemäß  H.  (i.  B.  i?  260,  Ziffer  1,  Zwang.svorschrift."  Wir  sind 
mit  Calmes  nicht  ganz  einverstanden.  Diese  Halbfabrikate  haben,  wie  wir 
schon  oben  angetcmt  haben,  einen  Betriebswert. 

Im  allgemeinen  wird  der  Selbstkostenpreis i)  mit  dem  Betriebsweri 
als  übereinstimmend  angenommen  werden  können.  Es  braucht  dies  aller 
nicht  notwendig  der  Fall  zu  sein.  So  .sind  folgende  Fälle  denkbar:  Die 
Rohstoffe  und  I  lilfsprodukte  sind  gestiegen  und  es  werden  voraussichtlich 
auch  bedeutend  höhere  Preise  für  das  fertige  Fabrikat  erzielt  werden,  dann 
darf  der  Selbstkostenpreis  auch  überschritten  werden.  Umgekehrt  können 
die  Roh-  und  Hilfs.stoffe  gefallen  sein,  was  unter  Um.^tänden  auf  den  Kauf- 
preis drücken  kann  ;  in  diesem  Falle  sollte  dann  vor  allem  ein  niedrigerer 
Wert  als  der  Selbstkostenpreis  der  Bilanzierung  zu  (irunde  gelegt  werden, 
wenn  zwischen  ihm  und  dem  Verkaufspreis  keine  genügende  Marge  mehr 
besteht.  !  esp.  er  ihn  sogar  übersteigt.  Ein  dritter  Fall  wäre  der,  daß  zwar 
die  Roh-  und  Hilfsstoffe*  in  ihrem  Preise  unverändert  geblieben  sind,  die 
VerkaufspriMse  sich  hingegen  nach  oben  oder  unten  bedeutend  verändert 
haben,  was  zur  Folge  hätte,  daß  der  Selbstkostenpreis  in  obigem  Sinne 
eine  iXbänderung  erfahren  kann.  Wie  wir  später  noch  deudichcr  sehen 
werden,  kann  eben  hier  bei  den  Gegenständen,  tur  die  der  Betriebswert 
in  Anwendung  kommt,  einzig  und  allein  auf  das  solide,  reelle  Vorgehen 
des  gewissenhatten  Kaufmimns  abgestellt  werden.*! 

•)  Was  wir  darunter  verstehen  siehe  in  unscrn  Ausfährangen  des  §  12.  Vergf 
ferner  Calmes,  a.  a.  O.,  Seite  426.  „Immerhin  ist  der  Meinung  eotgegenzutrcten,  es 
müßten  die  Haibfabrikato  unbedingt  zu  den  Selbstkosten  bewertet  werden.  Die 
Gefahr  und  die  Unzulässigkeit  eines  solchen  Verfahrens  liegt  auf  der  Hand,  wenn 
man  den  Fall  annimmt,  daß  die  Konjunktur  zurückgeht  und  die  Preise  fallen,  o4er 
daß  infolge  von  Betriebsfehlern  und  Betriebiunf&llen  die  Selbstkosten  unverliältnis- 
mißig  hoch  sind.  Dann  ist  eben  unter  den  Selbstkosten  zu  bewerten,  die  SellMt- 
kosten  sind  bloß  die  zulässige  Höchstgrenze  der  Bewertung."  Ferner  derselbe 
(Der  Fabrikbetrieb,  4.  Aufl.)  Seite  167. 

')  Diesem  Gedankengang  gibt  auch  Bachmann  („Neue  Züricher  Zeitung" 
vom  29.  November  1914)  Ausdruck,  wenn  er  ausführt:  ^Den  Industriellen  fehlt  gerade 
das,  was  verlangt  werden  will :  ein  sicherer  Maßstab  zur  Wertung.  Wir  haben  wohl 
für  Rohstoffe  unter  Umständen  Kursnotierungen,  aber  diese  Rohstoffe,  die  wir  zur 
Fabrikation  ankaufen,  anvertrauen  wir  nicht  mehr  dem  Markte,  sondern  nehmen  sie 
zu  den  übrigen  Hunderttausenden  von  Werten  von  Materialien,  die  wir  bereits  in 
unserer  Fabrikation  haben.  Dafür  gibt  uns  auch  kein  Gesetzgeber  bestimmte  Weg- 
leitungen. Und  doch  hat  man  sich  gerade  in  diesen  Kreisen  immer  zu  helfen  gewußt: 
man  weiß  hier  sehr  wohl,  wie  man  vorzugehen  hat,  wenn  man  solid  bilanzieren  will.'' 


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54 

Wenn  wir  nun  zur  Frago  der  Bewertung  der  Wertpapiere  über- 
gehen, so  müssen  wir  zugeben,  daß  unsere  allgemeine   Formulierung  der 
Bewertungsregeln  für  die  Veräußei  ungsgegenstä'nde  in  der  Schweiz  weniger 
den  Ciepflogenheiten  des  praktischen  Lebens,  wie  auch  nicht  der  Bestim- 
mung des  Obligationenrechtes  entspricht.   Nach  unten  hin  haben  wir  aller- 
dings eine  ähnliche  Regulierung.    Sofern  der  An.schaflfungspreis  höher  i.st 
als  der  Durchschnittskurs   des   letzton  Monats   vor   der    Bilanzaufstellung, 
muß  der  letztere  gewählt  werden.    Nach  oben  aber,  in  l  ■  ebereinstimmung 
mit  dem  (besetz,  wird  nicht  auf  den  Anschaffungspreis  als  Höchstgrenze, 
sondern  auf  obigen  Durch  seh  nittskurs  abgestellt.    Die  gesetzlicl:e  Bestim- 
mung des  Durchschnitt.skurses.   wie  sie  das   Schweizerische   ( )l>ligationen- 
recht  in  Art.  656,  Absatz    3,  aufweist,  ist   in  gewissen  Fällen    anfechtbar. 
Der  Gesetzgeber,  in  richtiger  Erkenntnis  der  Tatsache,  daß  beim  Abstellen 
auf  den  Tageskurs  mittels   unreeller   Manipulationen,   der.selbr  ungerecht- 
fertigterweise  in   die   Höhe  getrieben   werden   könnte,   hat   diesen  Dinch- 
schnittskurs  akzeptiert.  Es  ist  aber  möglich,  daß  ein  Wertpapier  fast  den 
ganzen  Monat  vor  der  Bilanzaufstellung   hindurch    ungefähr  zum  gleichen 
Kurs  notiert  wurde,  dagegen   gegen  das  Ende  wegen    ungünstigen  Nach- 
richten über  die  betreffend«^  (iesellschaft  plötzlich  sehr  tief  im  Werte  fallen 
kann.     In  diesem  Falle  muß  eine  Bilanzierung,  die  immerhin   den  gesetz- 
lichen Vorschriften  gerecht  wird,  als  zu  hoch  taxiert  werden,  indem  dieser 
Durchschnittskurs  unter  Umständen  bedeutend   höher  sein   kann,  als  der 
wirkliche    Veräußerungspreis    des   betreffenden    Wertpapieres.     Folliet 
(a.  a.  O.,  Seite  71),  indem  er  auf  obige  Möglichkeiten  Bezug  nimmt,  schlägt 
folgende  Lösung  vor:  „En  resume,  le  cours  moyen  peut  etre  superieur  au 
prix  de  revient   et  aussi  a  la   valeur  actuelle  reelle.   C'est   pourquoi  nous 
rstimons  les  titres  cotes  en  bourse  doivent   etre   portes   au  cours  moyen 
du  mois  qui  precedt*  Tinventaire,  si  cc  cours  ne  depasse  pas  celui  du  jour 
de  rinventaire  et  le  prix  de   revient.  Ils  doivent   etre  portes   au   prix  de 
revient  si  celui-ci  est    inferieur  au   cours   moyen  et  au   cours  du  jour,  et 
enfin,  ä  la  valeur  actuelle,  si  celle-ci  est  inferieure  au  cours  moyen  et  au 
prix  de  revient. 

11  y  a  en  re.sumr  trois  prix  qui  peuvent  .servir  de  ba.se  a  IVvaluation 
<les  titres.  le  cours  moyen,  le  cours  du  jour  et  le  prix  de  re- 
vient, et  c'est  le  plus  bas  (|ui  doit  servir  de  taux  pour  le 
calcul.'' 

.Auch  diesem  \^3rschlag  können  wir  nicht  zustimmen,  und  zwar  aus 
folgenden  Ueberlegungen :  Ein  Einsetzen  überhaupt  zum  vollen  Verkaufs- 
preis, Tage.skurs,  halten  wir  für  zu  weit  gegangen.  Es  .sollte  immer  zu 
<  inem  An.satz  bilanziert  werden,  der  gegenüber  dem  Tageskurs  für  un- 
vorhergesehene Ereignisse  noch  eine  Marge  übrig  läßt.  Wie  groß  die- 
selbe sein  .<oll,  läßt  .sich  nicht  auf  eine  allgemeine  Formel  bringen  Aul 
der  andern  Seite  vertreten  wir  den  Standpunkt,  daß  ein  üeberschreiten 
nicht  des  \\^rkaufspreise.s,  wohl  aber  des  Anschaffungspreises  gestattet 
sein  soll.  Es  ist  dies  vor  allem  für  die  großen  Effekten-  und  Handels- 
banken eine  wirt.schaftliche  Notwendigkeit.  Die  Wertpapiere  dienen  nämlich 
diesen  Instituten  zwei  voneinander  verschiedenen  Zwecken:  .sie  sind  ein- 
mal Ware,  sollen  also  mit  (Gewinn  veräußert  werden,  ferner  werden  sie 
als  liquide  Aktiven  betrachtet,  kommen  also  unter  diesem  Gesichts- 
punkt nur  unter  gewissen  Um.ständen  zur  Veräußerung.  Ihr  Charakter 
wäre  folgendermaßen  zu  um.schreiben.    Die  Wertpapiere  sollen  veräußert 


OD 


werden,  um  einen  Kursgewinn  zu  liefern,  ist  es  aber  auf  der  andern 
Seite  möglich,  wenigstens  einen  Teil  dieses  Kursgewinnes  «ihne  Veräuße- 
rung zu  lukrieren,  sind  diese  Institute  sehr  froh,  dieselben  Wertpapit  re 
unter  Umständen  als  liquide  Vermögenswerte  behalten  zu  können. 

Auch  für  die  Wertpapiere  sollte  nach  unserer  Auffassung  vom  An- 
schaffungspreis ausgegangen  werden.  Dieser  darf  dann  an  Hand  der  Kurs- 
notierungen korrigiert  werden.  Ist  der  Kurswert»)  niedriger  als  der  An- 
schaffungspreis, so  soll  dieser  letztere  erniedrigt  werden  und  zwar  so,  daß 
zwischen  diesem  neuen  Ansätze  und  dem  in  Betracht  kommenden  Kurs- 
wert noch  eine  den  Umständen  angemessene  Marge  übrig  bleibt,  i.st  der 
Kurswert  gestiegen,  .so  liegt  die  Sache  umgekehrt.  Der  neue  Bilanzwert 
darf  den  Änschaffimgspreis  übersteigen,  immerhin  soll  auch  hier  mit  dem 
Wertansatz  nie  bis  zum  Kurswert  gegangen  werden,  es  würde  dies  einer 
soliden  Bilanzierungsweise  widei sprechen.*)  Gleich  sollen  auch  solche  Wert- 
papiere behandelt  werden*  welche  zwar  keinen  Börsenkurs  hal»en,  dagegen 
im  freien  Verkehr,  wie  ihn  vor  allem  die  Banken  pflegen  und  dafür  auch 
Kursnotizen  herausgeben,  gehandelt  werden. »)  Dagegen  schreibt  I'rey 
(a.  a.  O.):  ,,Man  wird  vor  allem  aus  feststellen  müssen,  daß  von  einem 
für  die  Bilanzierung  maßgebenden  „Kurswerte"  nicht  gesprochen  werden 
kann,  wenn  etwa,  wie  es  tatsächlich  vorkommt,  auf  der  Bahnhofstrafk- 
oder  im  Cafc^  Terrasse  zwischen  Börsenagenten  vereinzeltt^  Kaufgeschäfte 
über  eine  Anzahl  Aktien  oder  Obligationen  dieser  oder  jener  Gattung  ab- 
ge.schlo.ssen  werden  :  .solche  Tran.saktionen  entbehren  der  für  ein  regel- 
rechtes Börsengeschäft  unumgänglich  nötigen  öffentlichen  KontroUe  uiul 
jener  Zuverlässigkeit,  wie  sie  nur  aus  der  Wirkung  von  öffentlichem  An- 
gebot und  Nachfrage  entspringen  kann.  Solche  reinen  Zufallskurse  sind 
daher  für  die  Bewertung  der  betreffenden  Wertpapiere  in  den  Bilanz«'n 
der  Aktiengesellschaften  auszuschalten." 

Alle  übrigen  Veräußerungsgegenstände  richten  sich  nach 
den  für  diese  Kategorie  von  Werten  maßgebenden  allgemeinen  Bewertungs- 
regeln. Es  ist  vom  Anschaffungs-  resp.  Selbstkostenpreis  auszugehen. 
Dieser  kann  eventuell  an  Hand  eines  Markt-,  Börsen-  oder  sonstigen  Vti  - 
kaufsprei.ses  korrigiert  werden;  ist  ein  solcher  nicht  vorhanden,  so  ist  der 
Wert  maßgebenfl.  den  das  Aktivum  als  Be.standteil  des  lietreffenden  Ge- 
schäftes hat. 

;$  13.  Reformvorschläge   hinsichtlich    der   gesetzlichen  Be- 
wertungsvorschriften  für   die    Veräußer ungsgegen ständr. 

Als  Grundlage  für  die  Bewertung  der  Veräußerungsgegenstände  dient 
in  erster  Linie  der  Selb.sdv0.stenpreis.  Zweitens  kommt  dann  der  Markt-, 
Bör-sen-  oder  .sonstige   X^^rkaufspreis   als   Orientierungsmittel  in  Betracht. 

»)  Unter  Kurswert  in  unterm  Sinne  verstehen  wir  einen  vernunttigeii  Dmdi- 
schnittskurs  an  Hand  der  Notierungen  des  letzten  Monats  vor  der  Bilansaulstellinic. 
Er  soll  den  ungeflUiren  Wert  des  in  Frage  stehenden  Wertpapiers  zum  Autdraä 
bringen,  also  gewisse  Zufälligkeiten  nach  unten  und  nach  oben  unberückticiltifft 
lasten.  Das  wäre  in  jenem  Beispiel  nicht  der  Fall,  wo  ein  Papier  gegea  End«  & 
Monats  eine  starke  Baiste  erleidet  und  sich  dennoch  für  daatelbe  ein  vertdütnii- 
mäßig  hoher  Durchschnitttkurs  ergibt  In  diesem  Falle  müßte  dann  ein  bedenteod 
niedrigerer  Kurs  angenommen  werden.  Wie  tief  gegangen  werden  mufi,  ergibt  aicii 
aut  den  Umständen  des  einzelnen  Falles. 

*)  Ebenso  Bachmann  (a.  a.  O.,  Seite  193)  „Eine  soüde  Biliaiierang  wird 
mcht  an  diese  oberste  Grenze  des  Wertantatzes  gdien." 

•)  Vergl.  Bachmann  (a.  a.  O.,  Seite  193). 


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56 

Nur  ausnahmsweise,  bei  einer  dauernden   Erhöhung  des  Verkaufspreises 
kann  der  Selbstkostenpreis  überschritten  werden.    Bis  zum  Verkaufspreis 
wnd  man  aus  Gründen   der  Vorsicht   mit  dem    Wertansatz   nicht  gehen 
Anderseits  wird  es  die  Geschäftsgebarung   des  ordentHchen  Kaufmannes 
verlangen    bei  Sinken  des  Verkaufspreises  oder  bei  zu  hohen  Selbstkosten 
mit  dem  Wertansatz  unter  die  letztern  zu  gehen. 

1 .  Fertige  Waren,  oder  solche,  die  sich  noch  in  Fabrikation  befinden 
können,  sofern  es  sich  um  bestellte  Waren  handelt,  zum  abgemachten  Ver- 
kaufspreis, resp.  zum  entsprechenden  Anteil  desselben,  bilanziert  werden 
Vieliach  wird  es  angezeigt  sein,  nicht  so  weit  zu  gehen,  indem  man  dem 
Kisiko  beim  Debitor  Rechnung  trägt. 

cc  ^i.^}^  ''^'  Q»^'^i-Ve^äußerungsgegenstände  (Saat,  Kohle,  Oel,  Roh- 
stoffe, Hilfsstoffe,  in  Arbeit  befindliche  Fabrikate,  wie  auch  solche  Fabrikate 
die  der  Betneb  selber  produziert,  aber  auch  selber  wieder  verbraucht  also 
nicht  zur  Veräußerung  gelangen),  haben  ßetriebswert.  Für  sie  kommt'  der- 
jenige Wert  in  Betracht,  den  sie  für  das  betreffende  Geschäft  haben. 

3.  Für  die  Bewertung  der  kurshabenden  Papiere  gelten  die  oben  an- 
gegebenen allgemeinen  Grundsätze.  Nur  soll  ein  vernünftiger  Kurswert 
eine  Art  Durchschnittskurs  des  letzten  Monats  vor  der  Bilanzierung  als 
Orientierungsmittel  herbeigezogen  werden.  Unter  einem  vernünftigen  Kurs- 
wert verstehen  wir  einen  solchen,  der  dem  wirklichen  Kurswert  des  Papiers 
möglichst  entspricht.  Wir  wollen  damit  vor  allem  gegen  den  Durchschnitts- 
kurs von  ().  K.,  Art.  656,  Absatz  3,  Stellung  nehmen,  der  bei  bedeutenden 
Kursveränderungen  im  Laufe  des  Monats  vor  dir  Bilanzaufstellunji  ein 
ganz  unbrauchbares  Produkt  darstellen  kann. 

>?  14.  Die  Bewertung  der  Betriebsgegenstände. 

A.  Im  allgemeinen. 

Die  Behandlung  der  Bewertung  der  Betriebs-  oder  Gebrauchsgegen- 
stände nimmt  in  der  Literatur  einen  viel  größeren  Raum  ein,  als  diejenige 
der  \  eräußerungsgegen.stände.  Dieser  Umstand  findet  vor  allem  in  zwei 
Momenti'n  seine  Begründung.  Einmal  ist  es  viel  schwieriger,  bei  dieser 
Kategorie  von  Vermögenswerten  allgemein  gültige  Richtlinien  zu  gewinnen 
indem  der  Veräußerungspreis,  das  sehr  wertvolle  und  bequeme  Orientierungs- 
mittel für  die  Bewertung  der  Veräußerungsgegenstände,  hier  nicht  benützt 
werden  kann.  Es  hat  sehr  lange  gedauert,  bis  sich  diese  Erkenntnis  vor 
allem  in  der  bilanzrechtlichen  und  bilanztechnischen  Literatur  Bahn  ge- 
brochen hatte.  Das  größte  Verdienst  gebührt  hiebei  neben  Scheffler  vor 
allem  Dr.  Hermann  Veit  Simon,  der  mit  der  Publikation  seines  viel 
zitierten  Standardwerkes  über  die  Bilanzen  der  Aktiengesell- 
schaften und  der  Kommanditgesellschaften  auf  Aktien  im 
Jahre  1886  der  eigentliche  Begründer  und  bedeutendste  Lehrmeister  der 
Kilanzwi  SS  cn  Schaft  wurde.  Ein  zweitei  (irund,  der  die  ausführlichere 
Behandlung  dieser  Fragen  wohl  rechtfertigt,  liegt  in  dem  Umstand,  daß 
die  Anlagegegenstände  in  den  Bilanzen  der  Aktiengesellschaften  an  Be- 
deutung stetig  und  in  immer  größerem  Maße  zunehmen.') 

Es  ist  eine  fast  entmutigende  Tatsache,  daß  trotz  des  Umstandes  der 
stallen  Berücksichtigung  gerade  der  Probleme  bei  der  Bewertung  der  ße- 
tneb.sgegenstände,  die  Ansichten  wenigstens  äußerlich,  auf  den  ersten  Blick. 

')  Vergl.  unsere  Ausführungen  in  §  6  b. 


57 

noch  stark  auseinandergehen.  M  ül  1er»)  charakterisiert  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Bewertungsfrage  mit  folgenden  Worten :  „Dem  im  Bilanzwesen  prak- 
tusch  eiiahrenen  Leser  wird  nicht  entgangen  sein,  daß  in  jeder  der  vorstehend 
zitierten  Aeußerungen  der  Fach.schriftsteller  in  mehr  oder  minder  großem 
Umfang  Ansichten  enthalten  sind,  die  den  bei  der  bilanziellen  Bewertung 
in  der  geschäftlichen  Pra.xis  lebendig  werdenden  Grundsätzen  und  Erwii^ 
gungen  entsprechen. 

Schon  aus  der  Tatsache  der  voneinander  al)weichenden  Meinungen 
deren  jede  sich  auf  begründete  Ursachen  stützt,  darf  man  folgern,  daß 
eine  erschöpfende  Beantwortung  der  die  Bewertungslehre  beben  sehenden 
Grundfrage  durch  das  Aufstellen  eines  allgemein  gültigen  Hauptgrund- 
satzes nicht  möglich  ist.  Implizite  folgt  dies  mehr  oder  weniger  auch  aus 
den  weiteren  Darlegungen,  mit  denen  die  Autoren  ihren  prinzipiellen  Stand 
punkt  in  der  Bewertungsfrage  begleiten."  Mit  diesen  Aeußerungen  sind 
wir  nicht  einverstanden.  Wenn  wir  uns  trotz  gewisser  Bedenken  entschlossen 
haben,  ebenfalls  einen  Beitrag  zu  dieser  vielumstrittenen  Frage  zu  liefern, 
so  liegt  der  (irund  darin,  daß  wir  den  Versuch  machen  wollen,  die  ver 
schiedenen  Auffassungen  einander  etwas  näher  m  bringen.  Wenn  Kovero 
bemüht  war,  als  Anhänger  des  objektiven  Wertes,  ein  allgemein  gültiges 
Hewertungsprinzip  aufzustellen,  so  gilt  es  für  uns.  für  die  Anschauungen 
der  X^ertreter  des  subjektiven  Wertes  eine  gewisse  Systematik  zu  finden. 
Unser  Standpunkt  ist  in  Kürze  zusammengefaßt  der  folgende;  Wir  sind 
Anhänger  der  Zweiteilung  der  Vermögen.sgegenstände  in  X'eräußerungs- 
und  Betriebswerte,  l'ür  die  erste  Kategorie  "kommt  dem  Anschaffungs-, 
r(»sp.  Herstellungspiiis  im  Zusammenhang  mit  dem  Veräußerungswert  eine 
aus.schlaggel)ende  Rollo  zu.  Nur  für  die  sog.  Quasi- Veräußerungsgegenstände 
vorschiebt  sich  die  Sache  etwas,  indem  dort  der  Betriebswert  mit  hinein- 
spielt, weil  ja  eine  Veräußerung  vorläufig  nicht  beabsichtigt  ist.  Immerhin 
kommen  sie,  wenn  auch  in  einer  andern  Form,  schließlich  doch  zum  Ver- 
kauf Der  zukünftige  X'erkaufspreis  spielt  somit,  wenn  auch  nicht  direkt, 
.-sondern  dc»ch  indirekt  mit  hinein. 

Anders  liegen  die  X'eihältnisse  nun  bei  den  Betriebs-  oder  Ge- 
Inauchsgegonständon.  Hier  haben  wir  als  in  Betracht  kommende 
Werte  (Ion  Anschaffungs-,  resp.  Herstellungspreis  und  den  sog.  (ie- 
brauchs-  oder  Betriebswert.  Der  erst ere  wird  am  letztern  und  nicht 
an  einem  eventuellen  Verkaufs-  ( Veräußerungs-)  wert  korrigiert.  Und  zwar 
können  wir  gleich  hier  bemerken,  daß  der  Anschaffungs-,  resp.  Herstel- 
lungspreis in  der  Praxis,  in  Uebereinstimmung  mit  den  gesetzlichen  Be- 
stimmungen in  der  .Schweiz  wie  in  Deut.schland.  nie  lil^erschritten  wird,«; 
Es  kommt  also  nur  eine  Korrektur  nach  unten  in  Frage.  Daß  der  An- 
schaffungs- und  Herstellungspreis  nicht  üljor.schritten  werden  darf,  ist  ganz 
gerechtfertigt.  \\<»  sollte  sonst  die  (irenze  gezogen  werden.-  Und  aufder 
andern  Seite  entspricht  dieses  Vorgehen  auch  vollkommen  der  w  irtschaft- 
lichen  Sachlage.  Ohne  zur  Wräußerung  zu  schreiten,  k^rnnte  ein  .Mehr- 
wert in  den  wichtigsten  ballen  auch  gar  nicht  praktisch  verwendbar  ge- 
macht werden,  und  eine  Realisierung  ist  gerade  nicht  beabsichtigt.  Anders 
<lagegen  verhält  es  sich  bei  der  Abnahme  des  Betriebswertes.  Dieser  Um- 
stand wird  (lein  vorsichtigen  Kaufmann  nicht  entgehen.  Wir  werden  auf 
diese  Frage  später  noch  näher  einzutreten  haben.  Zusammenfassend  können 

0  Die  kaufmännische  Erfolg^rcchnung,  a.  a.  O.,  Seite  177. 


4, 
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1- 


wir  für  die  Betriebsgegenstände  sagen:  Für  sie  kommt  als 
Orientierungsmittel  durchwegs  nicht  der  Vera  ußer  ungs-. 
sondernder  sog.  Betriebswert  in  Frage.  Unseres  Erachten  s  dreht 
sich  der  Streit  um  die  Bew^itungsfrage  bei  den  maßgebenden  Bilanz- 
schriftstellern, die  den  speziellen  Charakter  der  Betriebsgegenstände  an- 
erkennen, nicht  um  die  Frage,  ob  der  Veräußerungs-  oder  der 
B e t r i e b s w e r t  zur  A n w e n d u n g  k o m m e n  soll,  sondern  um  die 
Art  und  Weise,  wie  man  diesen  Betriebswert  festzustellen 
hat,  damit  er  von  dem  praktischen  Kaufmann  verwertet 
werden  kann. 

B.  Kritik   der   verschiedenen   Be  vvertungsprinzip  ien    für   «lie 

B  e  t  r  i  eb  s  g  e  g  o  n  s  t  ä  n  d  e. 

1.  Uebersiclu   über  die  verschiedenen  BevvcMt  u  ngspri  nz  i  pien. 
Wir  können  zwei  Hauptgruppen  von  Auffassungen  unterscheiden: 

a)  Man  verlangt,  daß  die  Bewertung  eine  objektive  sei,  auf 
« »bjektiver  Grundlage  fuße.  Ihre  Anhänger  schlagen  demnach  als  He- 
wertungsgrundlage  den  Veräußerungswert  als  einen  objektiven,  wirklichen, 
wahren,  gemeinen,  reellen  Wert  vor.  Eine  andere  Richtung  lehnt  diesen 
V^eräußerungswert  ab  und  schlägt  ihrerseits  als  einzig  richtige  Bewertungs- 
grundlage den  gegenwärtigen,  objekiven,  volkswirtschaftlichen  Anschaf- 
fungswert vor. 

ß)  Noch  mannigfaltiger  sind  die  Anschauungen  bei  den  \  ertretern 
eines  mehr  oder  weniger  subjektiven  Betriebs-,  Gebrauchs- oder  (ieschäfts- 
wertes.  Da  haben  wir  einmal  die  ältesten  Schriftsteller  als  Anhänger  iles 
individuellen  Gebrauchs-  oder  Betriebswertes.  Eine  weitere  (iruppe  will 
nicht  so  weit  gehen  und  schlägt  den  individuellen  Geschäftswert  vor. 
Nicht  der  individuelle  Geschäftsinhaber,  sondern  das  individuelle  Geschäft, 
in  den  Händen  jedes  verständigen  Besitzers,  soll  maßgebend  sein.  Noch 
andere  dokumentieren  ihren  subjektiven  Standpunkt,  indem  sie  direkt  auf 
die  subjektive  Wertlehre  der  österreichischen  Schule  der  Nationalökonomie 
Bezug  nehmen.  Die  letzte  (iruppe  lehnt  jede  Anlehnung  an  einen  sub- 
jektiven Gebrauchs-,  Betriebs-  oder  Geschäftswert  ab,  betont  dagegen  eine 
auf  kanfmännisrh-))raktische  Ideen  gegründete  Bewertungsmethode. 

11    Seh  rmati  sehe  Uelxrsichi   über  die  verschiedenen 

15  e  w  e  r  t  u  n  g  s  p  r  i  n  z  i  p  i  e  n. 

b)  Subjektiver  Wert. 


1 


al  Objektiver   Wert') 

Veräußerungs  wert,  als  «ib- 
jektiver,  wirklicher,  wahrer,  ge- 
meiner, reeller  Wert.  (Knappe, 
Ring,  Endemann.j 
2.  (iegenwärtiger,  objektiver,  volks- 
wirtschaftlicher A  n  sc  h  a  f  f  u  n  g  s- 
wert.     (Kovero,  Fäs.) 


1.  Individueller  Gebrauchs- 
oder Betriebs  w  e  r  t.  f  Scheffler, 
Simon,  Berliner.) 

2.  Individueller  Geschäfts- 
wert (nicht  der  individuelle  Ge- 
schäftsinhaber, sondern  das  indi- 
viduelle Geschäft  in  den  Händen 
jedes  verständigenBesitzers  ist  maß- 
gebend). (Staub,  Rehm,  Lehmann.) 

«)  Objektiv  im  Sinne  der  betreffenden  Autoren,   nicht  nach  der  nationalöko- 
noDiischen  Wert  lehre. 


b)  Subjektiver  Wert. 

3.  Subjektiver  Gebrauchswert 
(wie  die  österreichische  Schule 
der  Nationalökonomie).  (Reisch 
und  Kreibig,  Nicklisch.) 

4.  Ablehnung  der  Lehren  des  subjek- 
tiven Gebrauchs-,  Betriebs-  oder 
Geschäftswertes,  Betonung  einer 
auf  kaufmänn.-praktischen 
Ideen  gegründeten  Bewer- 
tungsmethode. (Fischer,Schma- 
lenbach,  Passow,  Zimmermann,  i 

Hl.  Kritik  der  verschiedenen  Bewertungsprinzipien. 
a)   Objektiver    Wert.     1.   Als   Anhänger    einer    Bewertung    auf 
( irund  des  Veräußerungswertes  sind  vor  allem  zu  nennen  Knappe»)  und 
Ring«).    Nach  Endemann  ist  der  effektive,  zur  Zeit  der  Aufnahme  des 
Inventars  wirklich  vorhandene  Wert  maßgebend.     Hiemit  wird  im  allge- 
meinen der  sofortige  Veräußerungswert  gemeint;  betreffs  der  W^aren  be- 
umt  er  doch,  daß  diese  nicht  nach  einem  zu  erhoffenden  Verkaufspreise, 
sondern    nach    dem   Anschaffungspreise    bewertet    werden    sollten,    wobei 
.Vbzüge   für   die  Wert  Verminderung   durch    die  Lagerung   u.  s.  w    vorzu- 
nehmen seien.3)     In  der  ersten  Zeit  nach  Erlaß  des  Handelsgesetz! >uches 
wurde  in  der  juristischen  Literatur  ganz  allgemein*)  die  Ansicht  veitrcten, 
daß  die  Vermögensgegenstände  mit  dem  Betrage  in  die  Bilanz  eingesetzt 
werden  müßten,  zu  dem  sie  veräußerbar  seien.    Maßgebend  sei  ihr  Reali- 
sierungs-,  Liquidations-,  Verkaufs-,  Verkehrs-,  gemeiner,  objektiver  Wert, 
ihr  objektiver  Tauschwert.   Diese  Auffassung  wui^de  auch  von  dem  höchsten 
( xerichtshof,  dem  Reichsoberhandelsgericht  (Entscheidung  vom  3.  Dezember 
1873)  vertreten.*)     Abgesehen  davon,    daß  ein  .solches  Bewertungsprinzip 
m  der  Praxis  auf  harten  Widerstand  stoßen  wurde,  weil  es  zu  ganz  imge- 
rechtfertigten  wirtschaftlichen  Härten  führen  müßte,  wird  sein  Zweck  auch 
nur  in  unbefriedigendem  Maße  erreicht.    Die  Befürworter  des  Veräußerungs- 
wertes wollen   eben   eine   objektive  Bewertung    erzielen.*)     Dies    ist   aber 
mit  den  besten  Willen   nicht  bei  allen  Vermögensgegenständen  tnöglich. 
Bei  verschiedenen  Betriebsgegenständen,  wie  Grundstücken,  Gebäuden  etc., 
ist  eine  nur  annähernd  genaue  Feststellung  des  V^erkaufswertes  unmöglich' 
Mit  einer  Bewertung  zum  Verkaufspreis,  die  ein  objektives  Resultat,  wirk- 
liche Werte   liefern    sollte,    kann   gerade   das  Gegenteil   erreicht    werden, 
üebertreibungen,   ja   sogar   fiktiven  Wertansätzen   würde   damit    Für  und 
Tor  geöffnet.    Auch  widerspricht  es  absolut  dem  Charakter  der  Betriebs- 

^  n'\*^1^LP®o9"^=    ^»«  Bilanzen  der  Aktiengesellschaften   ©tc.    Hannover 
und  Berlin  1903,  Seite  90/2. 

")RingViktor:    Das  Reichsgesetz  betreffend  die  Kommanditgesellschaften 
auf  Aktien  und  die  Aktiengesellschaften  vom  18.  Juli  1884,  2.  Aufltge    Berlin  1893 
Seite  604.  ^  ' 

»)  Handbuch    des    deutschen   Handels-.    See-   und   WechselrechU     1    Band 
Seite  244/5,  xitiert  nach  Kovero  (a.  a.  O.,  Seite  73). 
*)  Simon  (a.  a.  O.,  Seite  290). 

*)PassowR.:    Die  Bilanzen  der  privaten  Unternehmungen.    Leipsig  1910, 

beite  85. 

•)  Vergl.  auch  die  Ausführungen  über  den  objektiven  Wert  von  Buff  (a  a.O 
i^eite  81/2). 


1 


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ili 


l'f 


60 

i^ej^enstände  als  Aufwendungen,  wenn  man  mit  dem  Wertansatz  über  den 
Anschaffungspreis  geht, 

Aehnliches  muß  2.  von  dem  gegenwärtigen,  objektiven,  volkswirt- 
schaftlichen Anschaffungswet  t  als  Bewertungsgiundlage  gesagt  werden.  Sein 
erster  Befürworter  war  Dr.  Ilmari  Kovero  mit  seinen  sehr  interessanten 
Untersuchungen  über  „die  Bewertung  der  Vermögensgegenstände  in  den 
Jahresbilanzen  der  privaten  Unternehmungen  etc."  (a.  a.  O.)  Koveros  Be- 
wertungslehre wurde  dann  von  Fäs^  akzeptiert.  Beide  Abhandlungen  be- 
weisen wie  man  eben,  je  nachdem  man  den  Zweck  der  Bilanz  verschieden 
auffaßt,  zu  ganz  verschiedenen  Resultaten  kommen  kann.  Beide  Autoren 
legen  ein  besonderes  Gewicht  auf  die  Vergleichbarkeil  der  Wertansätze 
hl  der  Bilanz.  Wir  können  ihnen  den  Vorwurf  nicht  ersparen,  daß  sie  sich 
zu  weit  vom  Wesen  und  auch  von  dem,  was  die  Bilanz  in  Wirklichkeit 
ist,  entfernt  haben.  Passow*)  hat  zu  den  Ausführungen  Koveros  Stellung 
genommen.  Seiner  meistens  sehr  zutreffenden  Kritik  entnehmen  wir  fol- 
gendes; Eine  Vergleichung  des  X'ermögens  verschiedener  Unternehmungen 
zu  ermöglichen,  kann  schon  deshalb  nicht  der  Zweck  der  Bilanzen  sein, 
weil  in  Wirklichkeit  weitaus  die  meisten  Bilanzen  gar  nicht  veröffentlicht, 
sondern  ängstlich  als  Cieheimnis  gehütet  werden.  Zu  was  für  ganz  un- 
l)rauchbaren  Resultaten  ferner  eine  Bewertung  zum  gegenwärtigen  objek- 
tiven Anschaffungswert  führen  kann,  veranschaulicht  er  an  dem  Beispiel 
einer  großen  Ueberlandszentrale.  Je  nach  den  Schwankungen  des  Kupfer- 
j)reises  würde  sich  der  „gegenwärtige  Anschaffungswert"  dieser  Leitungen 
von  Jahr  zu  Jahr  außerordentlich  verändern,  und  damit  würden  Büanzen. 
die  diese  Aenderungen  alljährlich  berücksichtigten,  ein  vollständig  anderes 
Ergebnis  /eigen,  als  das  der  geschäftlichen  Auffassung  vom  Wesen  des 
( ieschäftsertrages  entspricht.  =') 

Aber  auch  dann,  wenn  man  Kovero  prinzipiell  zustimmen  würde, 
ergäben  sich  wieder  ähnliche  Schwierigkeiten  bei  der  Feststellung  des 
gegenwärtigen  objektiven  Ansclvaffungswertes,  wie  wir  dies  gesehen  haben 
1)eim  Veräußerungswert.  Kovero  äußert  sich  hiezu  auf  Seite  121/2  seines 
Buches  wie  folgt:  „Was  die  Durchführung  dieses  Prinzipes  betrifft,  ist  zu- 
näch.^^t  zu  beachten,  daß  für  alle  Vermögensgegenstände,  welche  einen 
Marktpreis  oder  Börsenpreis  haben,  wie  Waren,  Effekten  u.  s.  w.,  die 
Bilanzwerte  auf  Grund  dieser  zu  bestimmen  sind.  Für  die  Detaillisten 
kommen  hiebei  die  für  dieselben  auf  dem  Markte  geltenden  Anschaffungs- 
preise, für  die  ( irossisten  die  für  diese  geltenden  in  Betracht  u.  s.  w.,  be- 
treffs der  Pnxiuzenten  sind  die  Marktpreise  für  die  Anschaffung  der  Roh- 
und  Hilfsstoffe  zu  berücksichtigen.  Betreffs  solcher  Vermögensgegenstände, 

0  Die  Berücksichtigung  der  Wertminderungen  des  stehenden  Kapitals  etc. 
(a.  a.  O.). 

')  Passow  R. :  Ueber  die  Bewertung  der  Betriebsanligen  in  den  Bilanzen,  im 
Bankarchiv,  13.  Jahrgang  1913/4,  Seite  150  ff. 

^)  Es  muß  allerdings  gegen  Passow  bemerkt  werden,  dalS  Kovero  die  un- 
gunstige Beeinflussung  des  Geschäftsertrages  dadurch  zu  umgehen  sucht,  daß  er  in 
origineller  Weise  die  nicht  realisierten  Gewinne  und  Verluste  von  den  realisierten 
in  dpr  Bilanz  getrennt  aufführt.  (Kovero,  Seite  204  ff.)  Es  ist  dies  sicherlich  eine 
gewisse  Entkräftung  des  Arguments  von  Passow.  Anderseits  wäre  es  doch  eine 
ziemlich  große  Zumutung  an  die  Kaufmannschaft,  wollte  man  diese  Ausscheidung 
von  ihr  verlangen,  wenn  man  doch  d^nn  wieder  zugeben  muß,  daß  das  gewünschte 
Resultat  nicht  zu  erreichen  ist,  weil  die  Feststellung  des  objektiven  Antchaffungs- 
wertes  sehr  oft  nur  mit  „wenig  objektiven*'  Schätzungen  möglich  wird.  Vergl. 
auch  die  Kritik  der  Koveroschen  Abhandlung  bei  B  uff  (a.  a.  O.,  Seite  88,  Fui&note  4). 


61 

welche  keinen  eigentlichen  Marktpreis  haben,  wie  die  Immobilien,  ist  der 
gegenwärtige  gemeine  auf  Grund  der  zuletzt  im  allgemeinen  bezahlten 
Preise  zu  ermittelnde  Anschaffungswert  für  die  Bewertung  maßgebend.  In 
solchen  Fällen  wiederum,  in  denen  ein  neuer  gegenwärtiger  Anschaffung.s- 
preis  überhaupt  nicht  ermittelt  werden  kann,  muß  der  ursprüngliche  Preis 
als  auch  gegenwärtig  geltend  angesehen  werden/* 

b)  Subjektiver  Wert.  1.  Die  Hauptvertreter  eines  sog.  indivi- 
duellen Gebrauchs-  oder  Betriebswertes  sind  Scheffler  und  Simon. 
Wir  kennen  Scheffler')  bereits  aus  unseren  Ausführungen  in  i>  6  über 
stehendes  und  umlaufendes  Vermcigen  (Betiiebs-  und  Veräußerungsgt^gen- 
stände).  Er  ist  bekanntlich  der  Begründer  jener  für  die  Bewertungsfragi 
fundamentalen  Einteilung  der  Vermögenswerte  in  zwei  Hauptkategorien,  die 
dann  von  Simon  die  zutreffenden  Bezeichnungen  Veräußerungs-  und  Be- 
triebsgegenstände erhalten  haben.  Er  ist  der  erste  der  von  der  Auffassung, 
daß  für  alle  Aktivpo.sten  der  Bilanz  der  Veräußerungswert  maßgebend  sei, 
bewußt  und  entschieden  abgewichen  ist.  „In  einer  bisweilen  etwas  unklaren 
und  unglücklichen  Ausdrucksweise  führt  er  vor  allem  folgendes  aus,  das 
für  uns  sehr  wichtig  ist :  Art.  31  gebe  keine  genaue  Definition  des  Wertes. 
Das  sei  eine  legislatorische  Weisheit,  denn  für  einen  und  denselben  (gegen- 
ständ ergebe  sich  ein  verschiedener  Wert,  je  nach  dem  Gesichtspunkt, 
unter  dem  man  den  Gegenstand  betrachte.  Der  Zweck  des  Gegenstandes 
sei  das  wesentlich  Bestimmende  bei  der  Wertermittlung.  Für  die  Bilanz 
komme  als  Wert  eines  (Gegenstandes  in  Betracht  „sein  Gebrauchs- 
wert in  der  Hand  des  Gebrauchers  unter  den  gegebenen 
Umständen",  also  der  Gebrauchswert,  welchen  der  Gegenstand  „für 
den  Besitzer  hat''.-)  Scheffler  charakterisiert  die  beiden  großen  Klassen 
der  Vermögensgegenstände  so,  daß  bei  der  ersten  an  der  Wertbestimmung 
dauernd  nur  der  Eigentümer  interessi<Mt  ist,  bei  der  zweiten  dagegen  dauernd 
oder  vorübergehend  andere  mitinteressieit  sind.  Zu  der  ersteren  Klasse 
gehöie  „der  ganze  arbeitende  Apparat,  die  sog.  Anlage,  bestehend  aus  dem 
Immobiliar  und  dem  eisernen  Inventar  von  Geräten,  Hilfsmaschinen  u.  s.  w., 
überhaupt  alles  das,  was  nur  als  Mittel  zur  Vollführung  des  Zweckes  der 
Unternehmung  da  ist  und  demnach,  solange  der  letztere  Zweck  besteht, 
auch  dauernd  da  sein  muß**.  Zur  zweiten  Klasse  rechnet  er  „im  wesent- 
lichen diejenigen  Objekte,  welche  von  dem  (iesamtbesitz  unter  Umständen 
abgetrennt  und  veräußert  werden  kiWmen  otler  sollen**.  Für  die  Bewer- 
tung sei  bezüglich  der  ersteren  der  Anschaffimgs-  oder  Herstellungspreis, 
bezüglich  der  letzteren  dagegen  der  \'eräußerungs-  oder  Verkaufspreis 
maßgebend.  Wenn  die  ersteren  abgenutzt  seien,  solle  der  entsprechende 
Betrag  vermindert  werden,  aber  andere  Wertveränderungen»)  (durch  Kon- 
junkturen u.  s.  w.)  seien  nicht  zu  l)erück'sichtigen.*) 

')  Vergl.  seinen  Aulsati:  „Ueber  Bilanzen'  ,  m  der  Vier teljahresschrift  für  Volks- 
wirtschaft, Politik  und  Kulturgeschichte,  62.  Band,  Berlin  1879,  Seite  22—25. 

*)  Zitiert  nach  Passowia.  a.  O..  Seite  86/7),  dessen  Verdienst  es  ist,  als  erster 
weitere  Kreise  auf  die  Ausführungen  Schefflers  hingewiesen  zu  haben. 

»)  Die  betreffende  Steile  besagt:  Trete  an  diesen  Gegenständen  eine  AbnuUung 
ein,  so  mindere  die  Abnutzung  den  Wert  (und  zwar  um  den  Kostenpreis,  welcher 
aufgewendet  werden  muß,  um  den  Abgang  zu  decken  oder  den  ursprünglichen 
Apparat  wieder  herzustellend  Andere  Wertveränderungen  kämen  nicht  in  Betracht. 
„Nur  durch  diesen  Verlust  an  objektivem  Bestände,  nicht  durch  Konjunkturen,  Preis- 
veränderungen, Rentabiliiätsschuankungen  und  beliebige  andere  Zeit  Verhältnisse  kann 
sich  der  Wert  des  Immobiliars  und  des  arbeitenden  Apparates  in  der  Bilanz  ändern.' 
(Passow,  a.  a.  O.,  Seite  88.) 

*)  Vergl.  Passow  (a.  a.  O..  Seite  87/8).  Kovero    a.  a.  O.,  Seite  73'4.)  Buff 
(a.  a.  O.,  Seite  75/6).  Fäs  (a.  a.  O.,  Seite  26).  Hiezu  kritisch  Buff  (a.  a.  O.,  Seite  76. 


f 


62 

In  einem  ähnlichen  Gedankengang  wie  Scheffler,  bewegt  sicli  S  i  m  on. 
Wir  sind,  wenigstens  im  Prinzip,  Anhänger  seines  individuellen  Gebrauchs-, 
resp.  Betriebswertes.  Wir  werden  nunmehr  unsere  Ausfuhrungen  so  gliedern, 
daß  wir  zunächst  in  kurzen  Zügen  eine  Darstellung  der  Simonschen  Be 
wertungslehre  für  die  Betriebsgegenstände  zu  geben  versuchen,  um  dann 
zusammenfassend  unsere  Kritik  folgen  zu  lassen. 

7.)  Hauptpunkte  der  Simonschen  Bewertungslehre   für  die 

Betriebsgegenstände. 

„Ist  es  unrichtig,  den  allgemeinen  Verkehrswert  als  Prinzip  oder  auch 
nur  als  Regel  der  Bilanzansätze  anzusehen,  so  ist  es  auf  der  anderen  Seite 
notwendig,  einen  gemeinsamen  Gesichtspunkt  zu  finden,  aus  welchem  die- 
selben erklärt  werden  können.  Denn  durch  die  Bilanz  soll  der  augen- 
blickliche Wert  des  Vermögens  gefunden  werden,  und  es  müssen  daher 
einheitliche    Grundsätze    über    den    Wertansatz    vorhanden    sein; 

sonst  würde  dieBilanz  in  Einzelposten  zerfallen,  für  welche 
der  Vergleichungsmaßstab  fehlt." 

Jenes  einheitliche  Prinzip  läßt  sich  nur  aus  der  Natur  der  Bilanz  er- 
klären. Sie  soll  die  Darstellung  des  Vermögens  einer  bestimmten  Persön- 
lichkeit bilden.  Losgelöst  von  dieser  F*ersönlichkeit  nehmen  die  einzelnen 
Vermögensobjekte  einen  anderen  Charakter  an  ;  manche  sind  überhaupt 
nicht  übertragbar,  noch  mehr  aber  verändern  ihren  Wert  in  zweiter  Hand. 
Was  für  den  einen  nur  als  Obrauchsgegenstand  in  Betracht  kommt,  ist 
für  den  andern  nur  als  Veräußerungsgegenstand  von  Bedeutung.  Was  der 
eine  mit  Rücksicht  auf  seine  Beziehungen  oder  seine  Stellung  in  der  Ge- 
schäftswelt zu  hohem  Preise  zu  veräußern  in  der  Lage  ist,  kann  der  andere 
nur  zu  erheblich  niedrigerem  verkaufen.  Dieselbe  Sache  kann  für  ver- 
schiedene Personen  verschiedenen  Gebrauchswert  haben,  je  nach  den 
Mitteln,  welche  sie  auf  die  Sache  zu  verwenden  in  der  Lage  sind,  und  je 
nach  den  Zwecken,  welche  sie  verfolgen. 

Nun  ist  es  aber  für  den  Kaufmann,  für  den  Aktienverein,  welcher 
sich  ein  Bild  von  seiner  Vermögenslage  machen  will,  völlig  gleichgültig, 
welchen  Wert  nne  Sache,  die  er  besitzt,  in  der  Hand  eines  anderen  hat, 
oder  welchen  Gebraucliswert  eine  Sache  hat,  welche  er  zur  Veräußerung 
erworben  hat.  Verändert  der  Kaufmann  die  Bestimmung  des  Gegen- 
standes, so  ändert  sich  für  diesen  hiedurch  die  Wertgrundlage;  muß  er 
z.  B.  aus  irgend  welchen  Gründen  ein  industrielles  Unternehmen,  das  er 
fabrikmäßig  betrieben  hat,  veräußern,  so  kommt  von  dem  Zeitpunkt  an, 
in  welchem  er  den  Entschluß  hiezu  gefaßt  hat,  nicht  mehr  der  Gebrauchs-, 
sondern  nur  noch  der  Realisationswert  in  Betracht. 

Hienach  können  wir  den  Wert,  welcher  für  die  Bilanz  maßgebend 
sein  muß,  als  den  individuellen  Wert  bezeichnen.  Es  ist  dies 
der  besondere  Gebrauchs-  oder  Verkehrswert.  Ob  Gebrauchs- 
oder Verkehrswert  maßgeblich,  ist  Tatfiage  und  hängt  von  dt  r  Bestimmung 
des  Gegenstandes  ab. 

Der  indi\  iduelle  Wert  ist  keineswegs  ein  willkürl icher; 
im  Gegenteil:  er  erheischt  die  sorgfältigste  Prüfung.    Denn  es  ist  in  jedem 

Fußnote  1):  Unter  Kostenpreis  versteht  er  im  wesentlichen  den  Kaufpreis.    Hier 
will  jedoch  Scheffler  (Seite  25  ff.)  bei  der  Bewertung  später  nur  Wertminderungen 
durch  Abnutzung,  Verlust  am  Bestände  oder  an  der  Substanz  berücksichtigt  wissen 
nicht  aber  den  Einfluß   von  Konjunkturen,   Preisveränderungen  u.  s.  w.,  eine  Auf- 
fassung, die  wir  natürlich  nicht  teilen  können. 


f»H 

einzelnen  Kall  zu  untersuchen,  welche  Gesichtspunkte  mit  Rücksicht  auf 
das  Bilanzsubjekt  für  entscheidend  zu  erachten  sind,  und  erst  hienach 
dar!  der  für  das  Bilanzobjekt  anzusetzende  Wert  berechnet  werden.^) 

Ferner  führt  Simon  (a.  a.  O.,  Seite  408)  aus:  „Wir  haben  im 
vorstehenden  gesehen,  daß  die  Betriebsgegenstände  tatsächlich  und  ge- 
setzlich zu  einem  Betrage  angesetzt  werden,  welcher  sich  aus  dem  Unter- 
schied zwischen  Erwerbspreis  und  der  verhältnismäfMgen  .Minderung  des 
Betriebswerts  ergibt." 

Ist  dies  nun  in  der  Tat  der  besondere  Betriebswert  r 

Die  Frage  muß  für  die  Bilanz  bejahend  l)eantwortet  werden. 

Mit  dem  Augenblicke,  in  welchem  der  Kaufmann  einen  dauernd  zum 
Betrieb  bestimmten  Gegenstand  erwirbt,  kommt  für  ihn  nur  noch  in  Be- 
tracht, daß  er  ihn  haben  und  benutzen  kann,  und  zwar  in  demjenigen 
Zustande,  weichet  für  ihn  im  Erwerbszeitpunkt  maßgebend  war.  Sow^eit 
m  diesem  Zustand  aus  tatsächlichen  oder  rechtlichen  (Gründen  eine  Ver- 
schlechterung eintritt,  verringert  sich  allerdings  der  Betrieliswert  für  den 
Besitzer.  Es  müssen  die  erforderlichen  Anstalten  getroffen  werden,  um 
den  Verlust  l)ei  teilweiser  oder  gänzlicher  Abnutzung  auszugleichen. '  Atis 
den  in  §  105  dargelegten  (iründen  kann  der  Betriebswert  sinken.  Der 
individuelle  Wert  des  Betriebsgegenstands  ist  daher  der 
Krwerbspreis   abzüglich  der  Minderung  des  Bet  riebswerts. 

(51  Kritik    der  Simonschen,    sowie    der   übrigen  Bewertungs- 
lehren für  die  Betriebsgegenstände. 
Simon    ist    von   verschiedenen  Seiten    stark    angegriffen  worden,    so 
vor  allem  von   Fischer,  Passow,  Zimmermann  und  Kovero.     Die  Einwen 
düngen,  die  von  diesen  Autoren  gemacht  werden,  sind  unseres  Erachtens 
aber  nicht  immer  zutreffend.    Die  letzten  drei  Autoren  werfen  Simon  vor, 
daß  er  gar  nicht  angebe,  wie  sein  individueller  Gebrauchswert  überhaupt 
festzustellen  sei.    (ianz  unvermittelt  gebrauche  er  bei  der  Besprechung  des 
Wertansatzes    der    einzelnen    Bilanzposten    den    Ausdruck   „Betriebswert", 
ohne  denselben  zu  definieren  und  ohne  darauf  hinzuweisen,  daß  „Betriebs- 
wert" ein  Synonym  sei  für  Gebrauchswert.-^)     In  der  Tat  wendet  Simon 
diese  Bezeichnung  zum  ersten  Male  auf  Seite  399  in  der  Randbemerkung 
an.    Mit  Butt  sind  wir  der  Ansicht,  daß  die  Ausführungen  Simons  nicht 
den   geringsten  Zweifel    daiüber  aua-ommen  lassen,    daf.s  er  diese  beiden 
Ausdrücke    im    gleichen  Sinne   angewendet  wissen   will.     Das   ergibt   sich 
vor  allem  aus  dem  Umstand,  daß  es  sich  Seite  399,  wo  er  diesen  Betriebs- 
wert   einführt,    um    die  Bewertung  der    sogenannten  Betriebsgegenstände 
handelt.    Ob  er  die  Namensänderung  bewußt,  d.  h.  absichtlich  vorgenommen 
hat,  ist  nicht  feststellbar.     Wenn  wir  uns  aber  dariiber  klar  werden,  daß 
es  sich  bei  dem  individuellen  Gebrauchswert  der  Betriebsanlagen  um  einen 
Wert    handelt,    der   auf  Grund   praktischer,    kaufmännischer  Erwägungen 
ermittelt   werden    .soll,    so   erscheint   uns  die    Bezeichnung  „Betriebswert  • 
eher  eine  Veri^esserung  der  Terminologie.    Ks  ist  unleugbar,  daß  es  sich 
um  einen  ( Gebrauchswert  handelt,  doch  sind  dem  tVeien  Schätzen,  der  zu 
individuellen  Festsetzung  dieses  Gebrauchswertes  mit  Rücksicht  auf  prak 
tische  Erwägungen,    auf  die  Brauchbarkeit  nämlich  für  Bilanzzwecke    «e- 

0  Simon  (a.  a   O.,  Seite  303/5). 

')  Zimmermann    (a  a.  O..   Seite  266/7),    Kovero  (t.  a.  O.,   Seite  76/7). 
Passow  (a.  a.  O.,  Seite  91).  ' 


1 


6+ 


wisse  Schranken  »gezogen.  Wir  vertreten  die  Auffassung,  daß  der 
nationalökonomische  und  der  privatwirtschaftliche  (bilanz- 
mäßige) Gebrauchswert  allerdings  nicht  artverschiedene,  wohl 
aber  fipadverschiedene  Begriffe  darstellen,  indem  beim 
ersteren  die  (Frenzen  weiter  gezogen  sind,  der  letztere  dagegen, 
mitRücksicht  eben  auf  seine  Verwendung  für  dieBilanz,  merk- 
liche Einschränkungen  erfährt.  Simon  gibt  uns  ganz  zutreffende 
Ausführungen  darüber,  was  den  Betriebswert  bestimme.  So  behandelt  er 
eingehend  folgende  sehr  wichtige  Punkte:  Höhe  des  Wertansatzes,  Ver- 
äußerungswert nicht  Mindestbetrag,  die  Abnutzung,  die  Substanzverringe- 
rung, die  ßrauchl>arkeitsverminderung,  Reparaturen,  Verbesserungen  etc. 
Sehr  beachttMiswert  ist,  was  er  in  §  105,  Seite  ,399,  schreibt.  Es  handelt 
sich  um  jenen  Abschnitt,  den  er  in  der  Randbemerkung  folgendermaßen 
charakterisiert:  Notwendigkeit  der  Ab.schreibung  we^en  jeder  Minderung 
des  Betriebswerts,  Abnutzung  nur  eine  Art  dieser  Minderung.  Dort  heißt 
^'^,.  y^:  18,^)  a.  Ziff.  3,  239  b.  des  Aktiengesetzes  (vergl.  jetzt  i<§  261, 
Zift.  3,  320  X.  H,  Ci.  B.)  gingen  davon  aus,  daß  Anlagen  etc.,  welche 
dauernd  für  den  Betrieb  bestimmt  sind,  nach  der  bisherigen  Praxis 
schlechthin  zu  dem  Erwerbspreise  eingesetzt  wurden,  wenn  nur  ein  der 
körperlichen  Abnutzung  entsprechender  Betrag  in  Abzug  gebracht 
wurde.  Diese  Voraussetzung  war  aber  nicht  völlig  zutreffend.  Mit  der 
lierrschenden  deutschen  Theorie,  welche  den  „objektiven  Wert"  für  maß- 
gebend erachtete,  stand  die  Praxis  der  Aktienvereine  insofern  in  Wider- 
spruch, als  diese  ihre  Betriebsgegenstände  nicht  nach  dem  jeweiligen  Ver- 
äußerungswert ansetzten.  Dagegen  kann  sich  der  individuelle  Wert 
der  Sache  für  die  Gesellschaft  außer  durch  Abnutzung  auch 
noch  aus  mannigfachen  anderen  Gründen  ändern,  welche  bei 
der  Bilanzaufstellung  berücksichtigt  werden  müssen  und  stets 
berücksichtigt  wurden.') 

Auf  diese  Tatsache  wurde  nicht  immer  in  ausreichendem  Maße  hin- 
gewiesen. Es  ist  unstreitig  das  Verdienst  Simons,  auch  hier  mit  der  nötigen 
Klarheit  und  Sachkenntnis  an  die  Behandlung  des  Problems  der  Bewertung 
der  Betriebsgegenstände  herangegangen  zu  sein. 

Es  handelt  sich  also  um  zwei  Hauptkategorien  von  Ursachen  für 
die  Abnahme  des  Betriebswertes: 

1**  die  materielle  Abnutzung, 

2^  was  wir  als  immaterielle  Abnutzung  bezeichnen  wollen. 

Für  die  zweite  Art  dt:r  Abnutzung  gibt  uns  Simons)  folgendes 
Beispiel:  Es  kommt  sehr  häufig  vor,  daß  der  Staat  oder  die  Gemeinde 
einer  i)rivaten  (iesellschaft  die  Konzession  erteilt,  gewisse  Unternehmungen 
zu  bauen  und  zu  betreiben  (Transportunternehmungen:  Tram,  Eisen- 
bahn etc.).  Nicht  selten  wird  an  die  Konzession  die  Bedingung  geknüpft, 
daß  nach  Ablauf  z.  B.  der  Konzessionsdauer  die  betreffendellnternehmung 
zu  einer  zum  voraus  abgemachten  Summe  oder  gar  gratis  an  den  Staat, 
resp.  die  Gemeinde  heimfallen  soll.  Man  muß  hier  im  ersten  Falle  die 
Betriebsgegenstände  bis  auf  die  abgemachte  Summe,  im  letzteren  dagegen 
vollständig  amortisieren. 

Ein  anderer  Fall  für  diese  zweite  immaterielle  Abnutzung  liegt  dann 
vor,    wenn    ein    ßeiriebsgegenstand    eine    Entwertung    erföhrt,    die    ihre 

'»  Dies  vor  allem  gegen  Scheffler  (a.  a.  O.,  Seite  25) 
^  a.  a.  O.,  Seite  401/2. 


65 

Ursachen  ebenfalls  nicht  in  einer  materiellen  Abnutzung  im  Betrieb  hat. 
Hiezu  folgende  Beispiele:     Eine  Gebäulichkeit,  die  der  Herstellung  eines 
speziellen  Produktes  diente,  kann  zu  diesem  Zwecke  nicht  mehr  verendet 
werden,  weil  die  Fabrikation  des  betreffenden  Artikels  aus  irgend  einem 
Grunde  eingestellt  wurde.    Dieses  Gebäude  werde  nun  als  Schuppen  ver- 
wendet   Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  der  Betriebswert  desselben  nicht 
mehr  der   gleiche  ist    er  kann  gesunken,   ausnahmsweise  auch  gestiegen 
sein.    Aufjeden  Fall  hat  die  eventuelle  Entwertung  mit  einer  körperiichen 
Abnutzung  nichts  zu  tun.   Ein  noch  lehrreicheres  Beispiel  liegt  dann  vor 
wenn  auf  emem  Gebiete  neue  leistungsfähigere  Maschinen  erfunden  werden! 
Theoretisch   mußte   diesem  Umstand    in  Form   einer  Abschreibung  keine 
kechnung  getragen  werden,   wenn  bloß  der  Veräußerungswert  gesunken 
ist.;)    Es  ist  ja  möglich,  daß  die  betreffenden  alten  Maschinen  im  Betriebe 
weiter  verbleiben,  daß  eine  eventuelle  kleinere  Leistungsfähigkeit  bei  den 
Maschinen   durch   andere   Umstände   (billigere  Arbeitskräfte,   bessere  Ge- 
schäftsorganisation etc.)  kompensiert  werden  kann.    Nur  wenn  dies  nicht 
möglich  sein  sollte,  die  Konkurrenzfähigkeit  des  Unternehmens  abnehmen 
wurde   mußte  wegen  diesem  Umstände,  der  Abnahme  des  Betriebswertes, 
die  Abschreibungsquote  vergrößert  werden. 

Mit    den  Ausführungen  Simons,    hinsichdich   der  Erklärung   seines 
Betriebs  wertes     sind   wir   durchaus    einverstanden.     Er   unterstreicht 
zutreffend,   daß   es   nicht   auf  die  Verminderung    des   Ver- 
außerungswertes,  sondern  in  erster  Linie  auf  die  Abnahme 
d  e  s  B  e  t  r  1  e  b  s  w  e  r  t  e  s  a  n  k  o  m  m  e.    Das  schließt  natüriich  die  Zulässi?- 
keit,    auch   bei   bloßem  Sinken   des  Verkaufswertes   von  Betriebsanlagen 
Abschreibungen  vorzunehmen,  nicht  aus.»)   Nicht  folgen  können  wir  ihm 
dagegen,  wenn  er  in  §  106,  Seite  407,  ausführt:    „Die  gesetzlichen  Vor- 
Schriften  über  den  Wertansatz  der  Betriebsgegenstände  gehen  davon  aus, 
daß  schlechthin  der  Erwerbspreis  unter  Berücksichtigung  der  Abnutzung 
bezw.  der  Minderung  des  Betriebswertes  eingestellt  werden  kann.    Ob  der 
Veräußerungswert  auch  nur  in  irgend  einem  Zeitpunkt  mit  diesem  Ansatz 
übereinstimmte   ist  gleichgültig.     Daher  kommt  es  auch  nicht  darauf  an 
ob  der  Erwerbspreis  ein  angemessener  war,   und  es  ist  demgemäß  uner- 
heblich   ob  die  Angemessenheit  auf  Irrtum  eines  der  Vertragsschließenden 
oder  selbst  auf  Arglist  der  Gegenpartei  beruht. 

Dagegen  erscheint  es  nicht  als  zulässig,  den  vereinbarten  Preis  noch 
dann  unverändert  als  Erwerbspreis  anzusehen,  wenn  die  übervorteilte  Ge- 
sellschaft von  dem  Gegenkontrahenten  oder  einer  dritten  Person  eine  Ent- 
schädigung zum  Ausgleich  des  entstandent^n  Schadens  erhält.  So  ist  es 
vorgekommen,  daß  der  Verkäufer  einer  Fabrik  der  zum  Betrieb  derselben 

...rt  .'>V^'.ß'-^or  allem  Simons  Ausführungen  Seite  409:  Ob  der  Veräußerungs- 
wert  sich  geändert  hat,  ist  dagegen  unerheblich.  v:*u"g:> 

HU  ,..*!? ""i^  ^^T^-^"  ^^'?  78/80)  macht  unseres  Erachtens  nicht  mit  Unrecht  auf 
die  verschiedene  Lebensdauer  der  einzelnen  Unternehmungsformen  aufmerksam- 
„Dazu  kommt  ferner,  daß  die  Frage,  ob  ein  Vermögensgegenstand  als  GdTraudS: 
form  V^^f  ß«"^"g«g^gen«tf  d  in  Betracht  kommen  s^l  je  nfch  der  Unterne^uS^- 
form.  der  die  emzelnen  Vermogensgegenstände  angehören,  unter  Umständen  eine 
verschiedene  Beantwortung  finden  kann.  BekanntHch  hat  eine  ASgeseirschSft 
eme  viel    ängere  Lebensdauer  als  eine  Personalgesellschaft,   z.  B.  e  n  Inze  unt^ 

M^"^6"Toät7.nT^^^  "'^-K^-  ^  ^^^S^"'  wie  durch'^SheTt. 

S  f  f,??  h7  t  1^^^?  Geschaftsai^osung.  bezw.  Geschäftsverkauf,  spielen  jeden- 
falls für  den  Einzelkaufmann,  die  offene  Handelsgesellschaft  und  Kommanditiesell- 
Schaft  eme  größere  Rolle  als  für  die  Aktiengesellschaft  etc."  «^onimanaitgeseli 

Dr.  J.  Hotz:    „Die  Jahresbilanz  der  A.  G."  e 


I 


66 

begründeten  industriellen  Gesellschaft  zur  Abwendung  einer  auf  Schaden- 
ersatz wegen  falscher  Angaben  im  Kaufvertrage  gerichteten  Klage  einen 
namhaften  Betrag  des  Kaufpreises  zurückvergütete.  In  einem  anderen 
Fall  gab  der  Einbringer  einer  Fabrik  mit  Rücksicht  auf  die  übermäßige 
Höhe  des  Einbringungspreises  der  Gesellschaft  einen  Teil  der  erhaltenen 
Aktien  zum  Zwecke  der  Kraftloserklärung  zurück. 

In  derartigen  Fällen  mindert  sich  der  Erwerbspreis  um  die  zurück- 
vergüteten Beträge,  bezw.  Aktien,  und  es  muß  demgemäß  in  den  Bilanzen 
eine  entsprechende  Herabsetzung  des  Wertes  erfolgen." 

Hiezu  möchten  wir  folgende  kritische  Bemerkungen  machen:  Nach 
unserer  Ansicht  geht  Simon  bei  obigen  Erörterungen  über  den  Erwerbs- 
preis zu  weit.  Er  gibt  dies  auch  indirekt  zu,  indem  er  dann  eine  Zurück- 
führung  des  unangemessenen  Erwerbspreises  auf  einen  angemessenen  ver- 
langt, wenn  die  übervorteilte  Gesellschaft  von  dem  Gegenkontrahenten 
oder  einer  dritten  Person  eine  Entschädigung  zum  Ausgleich  des  ent- 
standenen Schadens  erhält.  Ob  aber  eine  solche  Entschädigung  erfolgt 
oder  nicht,  ändert  sicherlich  an  dem  Wesen  der  Sache  nichts,  in  beiden 
Fällen  ist  der  zu  Buch  stehende  Betrag  ein  unangemessener,  teilweise 
sogar  ein  fiktiver,  der  auf  jeden  Fall  korrigiert  werden  muß.  Wir  sind 
der  Meinung,  daß  an  diesem  sozusagen  einzigen  objektiven  Element  für 
die  Bestimmung  des  Betriebswerts  unbedingt  festgehalten  werden  muß. 
Es  bleibt  für  das  subjektive  Ermessen  der  Gesellschaft,  bei  der  Anerken- 
nung des  Betriebswertes  als  maßgebenden  Wert,  noch  genügend  Spielraum. 
Daß  an  einem  vernünftigen,  den  Umständen  entsprechenden,  angemessenen 
Erwerbspreis  festgehalten  werde,  dafür  sprechen  auch  äußerst  wichtige, 
praktische  Erwägungen.  Die  Frage  wird  besonders  bedeutungsvoll  bei 
den  sogenannten  Sacheinlagen,  in  unserem  Falle  vor  allem  bei  den  Aktien- 
gesellschaften. Die  Richtigkeit  unseres  Postulates  begründet  auch  Folliet, 
w^enn  er  (a.  a.  O.,  Seite  32/3  und  39)  ausführt:  „Une  societe  anonyme, 
qu'elle  soit  commerciale,  industrielle  ou  financiere,  ne  peut  pas  prosperer, 
ni  meme  vivre,  si  eile  ne  dispose  pas  effectivement  du  capital  qu'elle 
enonce  et  qu'elle  doit  remunerer,  La  realite  du  capital  est  indispensable 
dans  rinteret  des  actionnaires,  comme  dans  celui  des  tiers.  Cependant 
Texageration  des  apports  n*est  pas  aussi  rare  qu^on  pourrait  le  croire: 
Les  fondateurs  de  societes  anonymes  n*ont  souvent  en  vue  que  leur 
interet  personnel.  Pourvu  qu'ils  puissent  se  faire  attribuer  sur  le  capital 
d'origine  un  nombre  d'actions  important  et  ecouler  rapidement  ces  actions 
au  pair  ou  meme  avec  prime,  ils  ne  se  preoccupent  guere  de  Pavenir  de 
la  societe. 

Pour  terminer  cette  question  si  importante,  nous  ajouterons  que  les 
apports  ne  doivent  pas  subsister  dans  le  bilan  au  prix  d'aquisition,  ils 
doivent  naturellement  etre  evalues  a  leur  taux  reel,  sans  qu'il  y  ait  Heu 
de  s'occuper  de  leur  valeur  d'estimation  originaire.  Du  jour  öu  il  est 
etabli  qu'une  estimation  est  fausse,  il  n'y  a  pas  Heu  de  la  maintenir;  ce 
n'est  pas  parce  que  la  Societe  a  ete  trompee  qu*elle  doit  ä  son  tour 
tromper  les  tiers  sur  la  valeur  de  leur  gage.  D'autre  part,  Part.  656  du 
C.  O.  stipule  que  les  immeubles,  bätiments  et  machines  doivent  etre 
evalues,  au  maximum,  au  prix  d'acquisition  et  deduction  faite  de  Pamor- 
tissement  que  comportent  les  circonstances.  Or  quel  est  le  but  d'un 
amortissement .^   Ramener  un  objet  ä  sa  valeur  reelle.   Par  consequent, 


67 

il  semble  bien  que  Pamortissement  que  comportent  les  circon- 
stances doit  toe  au  moins  egal  ä  la  majoration."») 

Wir  stehen  also,  im  Gegensatz  zu  der  Ansicht  von  Simon,  auf  dem 
Standpunkt,  daß  der  Erwerbspreis  ein  angemessener  sein  müsse.  Gestattet 
man  em  Abweichen  von  diesem  Prinzip,  so  bedeutet  das  für  die  Aktien- 
gesellschaft die  Möglichkeit,  unter  den  Aktiven  fiktive  Werte  anzuführen 
was  zur  Folge  hat,  daß  ihr  Kapital,  eigenes  und  eventuell  auch  fremdes' 
m  den  Aktiven  keine  genügende  Deckung  mehr  besitzt.  Aehnliches  muß 
vom  Herstellungspreis  selbst  fabrizierter  Anlagen  verlangt  werden.  Arbeitet 
die  Gesellschaft  mit  zu  hohen  Selbstkosten,  dann  wird  bei  einer  Bewertun<T 
der  betreffenden  Vermögenswerte  unter  diesenWert  gegangen  werden  müssen 
Ebenso  unzulässig  ist  es,  die  Aufträge  für  das  eigene  Unternehmen  mit 
den  Kosten  mißlungener  Ausführung  fremder  Aufträge  zu  belasten  um 
diese  den  Augen  der  Kontrolle  zu  entziehen,  wie  das  in  der  Praxis  ge- 
legentlich vorkommen  soll.«)  In  beiden  Fällen  würde  es  sich  um  einen 
Verstoß  gegen  die  Sitten  und  Gebräuche  des  ordentlichen  Kaufmanns 
handeln. 

Zusammenfassend  können  wir  unsern  Standpunkt  in  der  Frage  der 
Bewertung  der  Betriebsgegenstände  kurz  folgendermaßen  wiedergeben- 
Der  historischen  Entwicklung,  sowie  dem  Wesen  der  Bilanz 
entsprechend  ist  bei  der  Bewertung  vom  Anschaffungs-  resp 
Herstellungs- (Selbstkosten-)  preis  auszugehen.  Dieser  soll  ein 
angemessener,  den  Umständen  entsprechender  sein.  Der  maß- 
gebende Betriebswert  wird  gefunden,  indem  der  Entwertung 
des  Betriebsgegenstandes  durch  angemessene  Abschreibungen 
vom  Anschaffungs-  resp.  Herstellungspreis  Rechnung  getragen 
wird.  Ursache  der  Entwertung  kann  eine  materielle  oder  im- 
materielle Abnutzung  sein. 

Damit  können  wir  kurz  auf  den  Gedankengang  der  4.  Gruppe  ein- 
treten, der  sich  vor  allem  um  die  Frage  der  Abschreibungen  dreht. 
iMscher,  der  Hauptvertreter  dieser  Gruppe  von  Bilanzschriftstellem,  be- 

I-  .  *)  Ob  Folliet  allerdings  unter  „valeur  reelle"  einen  in  unserm  Sinne  formu- 
lierten ßetriebswert  versteht,  ist  zum  mindesten  fraglich.  Er  betont  etwas  zu  stark 
die  Bedeutung  des  Veräußerungswertes  auch  bei  der  Bewertungsfrage  der  Betriebs- 
gegenstande.   (Seite  31,  55,  57,8.)  ^ 

!L^'i^V'^^]^  ^*-  ^  ^'  ^®*^^  ^^)-  Simon  (a.  a,  O..  Seite  409)  führt  noch 
aus:  „Will  der  Kaufmann  am  Ende  des  Jahres  seinen  Gewinn  und  Verlust  feststellen 
so  muß  er  daher  die  Betriebsgegenstände  zum  Kostenpreise  unter  Berücksichtigung 
der  Wertminderung  in  die  Bilanz  setzen.  Jede  andere  Berechnung,  insbesondere 
etwa  die  Ertragskap italisierung,  würde  eine  willkürliche  sein,  und  ist  daher  eine 
solche  andere  Berechnung,  wie  gegenüber  der  neueren  Rechtsprechung  des  Reichs- 
gerichts nochmals  nachdrücklich  hervorgehoben  werden  mag,  niemals  von  Aktien- 
vereinen gemacht  und  niemals  von  den  Verwaltungsbehörden  ver- 
langt worden.  Sie  würde  Gewinne  und  Verluste  annehmen,  welche  tatsächlich 
nicht  enstanden  sind  und  deren  Entstehung,  so  lange  der  Gegenstand  seinem  dauernden 
Zwecke  erhalten  bleibt  und  daher  nicht  veräußert  wird,  regelmäßig  ausgeschlossen 
erscheint.  Stellt  sich  heraus,  daß  die  Gesellschaft  auf  wirtschafilich  nicht  haltbarer 
Grundlage,  msbesondere  bezüglich  der  Rentabilität,  begründet  ist  und  wird  infolge- 
dessen eine  Reorganisation  derselben  nötig,  so  tritt,  wie  wir  bereits  Seite  366  ge- 
sehen haben,  bisweilen  seitens  der  Gesellschaft  eine  Herabsetzung  der  Werte  der 
Betriebsgegenstände  ein.  Derartige  außerordentliche  Fälle  bestätigen  nur  die  hier 
vertretenen  Grundsätze.  Denn  eine  solche  Herabsetzung  enthält  das  Anerkenntnis, 
daß  die  betroffenen  Betriebsgegenstände  für  die  Gesellschaft  nicht  denjenigen  Be- 
iriebswert  haben,  welcher  bei  deren  Erwerb  vorausgesetzt  wurde  Ob  der  Ver- 
außerungswert  sich  geändert  hat,  ist  dagegen  unerheblich.'* 

5* 


!• 


i 


68 

streitet  vor  allem  die  Möglichkeit,  den  Gebrauchswert  einer  Sache  im 
wirtschaftlichen  Sinne  in  der  Buchführung  ziffernmäßig  in  Geld  ausdrücken 
zu  können.  Er  schreibt  w^örtlich*):  „Eine  ganz  andere  Frage  aber  ist 
die,  ob  man  das,  was  man  wirtschaftlich  den  Gebrauchswert  nennt,  auch 
in  geldeswerte  Ziffern  einkleiden  und  so  buchführungsmäßig  zum  Aus- 
drucke bringen  kann.  Sowohl  Reisch-Kreibig  als  auch  Simon  vertreten, 
und  zwar  der  letztere  mit  sehr  großem  Nachdruck,  die  Ansicht,  daß  der 
von  ihnen  bezeichnete  Wert  einer  Gebrauchssache  ganz  derselbe  wäre, 
wie  der  in  den  Büchern  und  der  Bilanz  geführte.  —  Im  nachstehenden 
werden  Gebrauchs-  und  Nutzungsfähigkeit,  sowie  Brauch-  und  Nutzbarkeit 
miteinander  in  gleichem,  und  zwar  in  dem  Sinne  gebraucht,  daß  darunter 
alle  wirtschaftlichen  Vorteile  verstanden  werden,  die  eine  Sache  durch 
Gebrauch  ihrem  Besitzer  gewährt  und  der  diesen  Begriffen  entsprechende 
Wert  wird  mit  Gebrauchs-  oder  Nutzungswert  bezeichnet.  Dies  voraus- 
geschickt wird  zu  verneinen  sein,  daß  es  jemals  möglich  ist,  in  der  Buch- 
führung unmittelbar  den  Nutzungswert  ziffernmäßig  in  Geld  darzustellen; 
(das  wäre  nur  beim  Vermieten  und  Verpachten,  also  durch  Vermittlung? 
eines  hinzutretenden  Rechtsverhältnisses  denkbar),  und  auf  diesen  Umstand 
kommt  es  doch  allein  in  der  Buchführung  an. 

Die  vorstehenden  Ausführungen  beweisen  deutlich,  daß  der  buch- 
mäßige Wert  eines  Benutzungsgegenstandes  nicht  mehr  und  nicht  weniger 
ist,  als  der  jeweilig  in  einer  bestimmten,  dem  Gebrauche  dienenden  Sache 
angelegte  Teil  des  Geschäftskapitales.  Ausschließlich  nämlich  im  An- 
schaffungspreis besteht  der  ursprüngliche  Wert  der  Sache  sowie  ausschließ- 
lich in  dem  quotalen  Reste  dieses  Preises  besteht  der  spätere  Wert,  in 
der  Weise,  daß  der  Restbetrag  unter  Zugrundelegung  der  wahrscheinlichen 
Gesamtdauer  der  Sache  als  Gebrauchssache  bestimmt  wird.  Hingegen 
kommt  darin  nicht  und  kann  auch  nicht  zum  Ausdruck  kommen  der 
Nutzen,    den    die  Sache   in  Wirklichkeit   für  den   Geschäftsbetrieb   hat." 

Ungefähr  auf  demselben  Standpunkt  steht  Schmalenbach«): 
„Fischer  weist  darin  nachdrücklich  darauf  hin,  daß  der  Buchwert  der 
Gebrauchssachen  nicht  unter  die  nationalökonomischen  Wertkategorien 
fällt,  vielmehr  den  um  die  Amortisationsquoten  verringerten  Anschaffungs- 
wert darstellt;  diese  Tatsache  wird  sowohl  in  der  handelsrechtlichen  als 
auch  handelstechnischen  Literatur  durchwegs  übersehen  . . .  Der  Verfasser 
weist  mit  Recht  darauf  hin,  daß  die  Abschreibung  keine  Abschätzung  der 
Abnutzung  ist  und  sein  soll,  sondern  eine  Amortisationsquote,  die  ledig- 
lich die  Gesamtnutzungsdauer  in  Betracht  zieht.  Genauer  wäre  zu  sagen 
gewesen,  daß  auch  die  Gesamtnutzungsdauer  nur  sekundär  in  Betracht 
kommt,  primär  dagegen  die  Entschließung  des  Kaufmanns  über  die  An- 
zahl der  Jahre,  denen  die  Kosten  einer  Gebrauchssache  zur  Last  fallen 
sollen.     Die  Gebrauchsdauer  stellt  lediglich  ein  Maximum  dar. 

Daß  übrigens  tatsächlich  die  Rücksicht  auf  faktische  Abnutzung 
(und  faktische  Wertv^erminderung  aus  anderen  Gründen)  bei  dtn  Ab- 
schreibungen  des  Kaufmanns,   sagen  wir  einmal  tertiär  nebenhergeht,   ist 

*)  Fischer,  die  Bilanzwerte,  a.  a.  O.,  Seite  48  und  51,  ferner  seine  Grund- 
lagen der  Bilanzwerte,  a.  a.  O.,  Seite  50  ff. 

«)  Schmalenbach,  in  seiner  Zeitschrift  für  handelswissenschaftliche  Forschung, 
U.  Jahrgang  1907/08,  Seite  79/80.  Ferner  ebenda  I.  Jahrgang  1910  11,  Seite  379  ff, 
VII.  Jahrgang  1912/13,  Seite  142. 


69 

dem  Verfasser  gewiß  nicht  entgangen;  seine  natürliche  Position  in  dieser 
Diskussion  mag  es  ihn  vergessen  gemacht  haben.'*') 

Das  große  Verdienst  von  Fischer  und  Schmalenbach  ist  es,  darauf 
li ingewiesen   zu   haben,   daß  der  zu  Buch  stehende  Betrag  der  Betriebs- 
gegenstnnde  nicht  mit  dem  Gebrauchswert  im  volkswirtschaftlichen  Sinne 
identisch  sei.    Die  Beispiele,  die  sie  ihrer  langjährigen  Praxis  entnehmen 
können,  sind  zur  Beweisführung  ebenfalls  sehr  geeignet.    Daß  Simon  hie 
und  da  seinen  individuellen  Betriebswert  zu  weit  faßt,  ihm  etwas  zu  sehr 
der  Gebrauchswert  der  Nationalökonomie  vorschwebt,  kann  nicht  geleugnet 
werden.   Es  ist  dies  vor  allem  der  Fall,  wo  er  seine  von  uns  kritisierten 
Ausfuhrungen   über  den  Erwerbspreis  macht.     Dagegen    scheint   es 
uns  doch  zu  weit  gegangen  zu   sein,  jeglichen  Gebrauchs- 
resp.   Betriebswert    ablehnen   zu    wollen.     Es    handelt    sich 
eben  um  den  privatwirtschaftlich-bilanzmäßigen  Gebrauchs- 
wert   als   B  e  t  r  i  e  b  s  w  e  r  t.     Wie  wir   schon   gesehen  haben,   sind  bei 
Ihm  die  Grenzen  enger  gezogen  als  beim  volkswirtschaftlichen  Gebrauchs- 
wert.    Wie  der  individuelle  Gebrauchswert  bestimmt  wird,  dafür  haben 
wir  die   allgemeine  Fassung  bereits  formuliert.    In  der  Praxis  kommt  es 
allerdings  im  großen   und  ganzen  darauf  heraus,   daß  die  Anschaffungs- 
kosten auf  die  einzelnen  Jahre  der  mutmaßlichen  Gebrauchsdauer  verteilt 
werden.     Fischer  und  mit  ihm  Zimmermann  nennen   diese  Methode  zu- 
treffend das  „Prinzip  des  zeitlichen  Kostenausgleiches««).   Ob 
es   aber   immer  angängig  ist,   eine  Entwertung  nicht  sofort  größtenteils 
abzubuchen,  sondern  auf  den  Rest  der  Gebrauchsjahre  zu  verteilen    kann 
vor    allem    für    die    immaterielle  Entwertung   kaum    ausnahmslos   bejaht 
werden. 3)     Dann  gibt  es  Betriebswerte,   die  nicht  notwendigerweise  eine 
Entwertung  erfahren  müssen,  z.  B.  Grundstücke,  Anlagewertpapiere    Die 
Formulierung    der   Betriebsgegenstände    einfach    als   Aufwendungen     die 
dann   den   einzelnen  Jahren   der  Gebrauchsdauer  als  mehr  oder  weniger 
gleichmäßigen  Betrag  anzulasten  sind,  ist  theoretisch  nicht  ganz  haltbar 
indem   sie   sich  zu  einseitig  auf  diejenigen  Vermögenswerte  bezieht,   die 
sich  abnutzen.     Wir  glauben,  daß  bei  den  meisten  Bilanztheoretikern  in 
ihren  Formulierungen   nicht  immer   in   genügendem  Maße   auf  die  Ver- 
schiedenartigkeit der   einzelnen  Komponenten  der  Betriebsanlagen  Rück- 
sicht genommen  worden  ist.   Gerade  in  dieser  Beziehung  ist  die  von  uns 
im  theoretischen  Teil  vorgenommene  Einteilung  der  sogenannten  indirekt 
rentablen  Werte  (Betriebsgegenstände)   in:     1.  Sachwerte  (Güter),    a)  die 
sich  rasch  abnützen,    ß)  die  sich   langsam  abnützen;    2.  Werte,    die  sich 
nicht    abnützen;    3.  immaterielle  Werte,    ol)  moralische,    rechtliche    und 
ß)  fiktive,  von  Bedeutung. 

V  Siehe  Zimmermann,  a.a.O.,  Seite  266/9;  Kovero,  a.a.O.,  Seite  71  (f.; 
Buff,""!'  a' O    S^te^85/7  ^^^^^'^®  im  Bankarchiv,  13.  Jahrgang  1913/14.  Seite  151; 

Seite  210^'^^*^^^'  ^'^  Bilanzwerte,  a.  a.  O.,  Seite  91;   Zimmermann,   a.  a.  O., 

.*)  Bereits  die  Simonsche  Formulierung  seines  individuellen  Betriebswertes 
laut  eine  gewisse  Verteilung  auf  die  einzelnen  Jahre  der  Gebrauchsdauer  zu,  indem 
er  von  der  verhältnismäßigen  Minderung  des  Betriebswertes  spricht.  Auch 
uir  haben  ein  solches  Vorgehen  im  Auge;  denn  wir  verlangen  nicht,  daß  eine  even- 
tuelie  Entwertung  sofort  über  Gewinn-  und  Verlust-Konto  abgebucht  werden  müsse 
Wir  haben  uns  folgendermaßen  ausgedrückt:  Der  maßgebende  Betriebswert  wird 
gefunden,  indem  der  Entwertung  des  Betriebsgegenstandes  durch  angemessene  Ab- 
Schreibungen  vom  Anschaffungs-  resp.  Hersteilungspreis  Rechnung   getragen  wird 


i 


~1 


70 

Schmalenbach  (in  seiner  Zeitschrift,  Seite  79,  II.  Jahrgang)  macht 
gegen  Fischer  noch  folgende  Einwendung:  „Eine  Ungenauigkeit  in  der 
Darstellung  ist  auch  darin  zu  erblicken,  daß  eine  Grenze  zwischen  Ge- 
brauchs- und  Veräußerungssache  für  die  kaufmännische  Bilanzierungs- 
technik angenommen  wird,  die  tatsächlich  nicht  besteht;  die  Tatsachen 
sind  vielmehr  folgende:  Der  Kaufmann  unterscheidet  1.  eine  Sachen- 
bewertung durch  Inventarisierung  und  Abschätzung  und  2.  eine  Ab- 
schreibungsbewertung durch  Einsetzen  des  Anschaffungswertes  vermindert 
um  Amortisationsquoten  (und  Vermehrung  um  Zugänge).  Die  Hand- 
handhabung ist  nun  aber  nicht  so,  daß  die  Methode  1.  lediglich  für  Ver- 
äußerungssachen, die  Methode  2.  ausschließlich  für  Gebrauchssachen  an- 
gewendet wird.  Es  gibt  Fabriken,  welche  die  Werkzeuge  durch  einfache 
Zugangsverbuchung  und  jährliche  Abschreibung  (ohne  Inventur)  behandeln, 
während  andere  für  gleichartige  Werkzeuge,  Bestandsaufnahme  und  Ab- 
schätzung vorziehen.  Es  gibt  beispielsweise  Walzwerke,  welche  die  Walzen 
inventarisieren,  und  es  gibt  Walzwerke,  die  sie  mit  Abschreibungen  be- 
handeln. Anderseits  kommt  es  nicht  selten  vor,  daß  lange  lagernde 
Waren,  Hilfsmaterialien  und  dergleichen,  durch  die  Technik  der  Ab- 
schreibungi)  erfaßt  werden. ^^ 

Wir  möchten  Schmalenbach  zustimmen,  daß  in  der  Tat  die  Schei- 
dung der  Vermögenswerte  in  Veräußerungs-  und  Betriebsgegenstände  für 
die  Bilanzierungstechnik  nicht  besteht  und  notwendigerweise  auch  nicht 
bestehen  muß.  Es  kommt  bei  der  Bewertung  nicht  auf  die  Technik  an, 
der  man  sich  bedient,  um  zu  einem  brauchbaren  Resultat  zu  gelangen. 
Immerhin  ist  zu  sagen,  sollte  in  einem  gegebenen  Falle  die  gewählte 
Methode  zu  einem  unrichtigen,  d.  h.  ungenügend  genauen  Ergebnis  führen, 
dann  wäre  der  Kaufmann  gezwungen,  ein  anderes  Verfahren  anzuwenden. 
Für  die  Bewertungsfrage  dagegen  wird  die  oben  genannte  Unterscheidung 
von  sehr  großer  Bedeutung.  Wir  haben  zwar  gesehen,  daß  sie  nicht 
immer  absolut  zutrifft,  wie  z.  B.  dann  nicht,  wenn  für  einzelne  Ver- 
äußerungsgegenstände (oft  bei  den  Quasi- Veräußerungsgegenständen)  ein 
Verkaufspreis  als  Orientierungsmittel  für  die  Bewertung  schwer  ermittelt 
werden  kann.  Dann  kommt  eben  der  Betriebswert  in  Frage.  Immerhin 
bleibt  der  fundamentale  Unterschied  bestehen,  daß  bei  den  Veräußerungs- 
gegenständen, auch  wenn  ein  Verkaufspreis  nicht  festgestellt  werden  kann, 
die  Absicht  der  Veräußerung  bei  Ermittlung  dieses  Betriebswertes  eine 
Rolle  spielt. 

Im  Gegensatz  zu  Scheffler,  Simon  und  Berliner«),  die  auf  dem  Stand- 
punkt eines  individuellen  Gebrauchs-  oder  Betriebswertes  stehen,  haben 
wir  noch  kurz  jene  2.  Kategorie  von  Autoren  zu  nennen,  die  mit  der 
Subjektivität  in  der  Bewertung  nicht  so  weit  gehen  wollen.  Es  sind  dies 
vor   allem  Staub, 3)    Rehm*)    und  Lehmann,    die   als   maßgebend   einen 

*)  Ueber  die  Abschreibungsfrage,  auf  die  in  dieser  Abhandlung  nicht 
näher  eingegangen  werden  kann,  vergleiche  Schmalenbach:  Die  Abschreibung, 
in  seiner  Zeitschrift  für  handelswissenschaftliche  Forschung,  III.  Jahrgang  1908/09, 
Seite  81  ff.,  derselbe  ebenda  II. Jahrgang  1907/08,  Seite  79/80,  V.Jahrgang  1910/11, 
Seite  378  ff.  Berliner:  Buchhaltungs-  und  Bilanzlehre,  3.  Auflage,  Seite  75  6,  101  ff. 
Fäs,  (a.a.O.).   Schiff  Emil:  Die  Wertminderungen  an  Betriebsanlagen,  Berlin  1909. 

2)  A.  a.  O.,  Seite  88:  Simon,  die  Bilanzen  der  Aktiengesellschaften,  2.  Auflage, 
^  78,  spricht  deshalb  treffend  von  einem  individuellen  Wert.  Ferner  derselbe, 
Seite  92.     Einen  objektiven  Wert  gibt  es  nicht. 

')  Staub:  Kommentar  zum  Handelsgesetzbuch,  Berlin  1912,  9.  Auflage» 
Seite  235. 

♦)  Rehm,  2.  Auflage,  a.  a.  O.,  Seite  359. 


71 

sogenannten  Geschäfts  wert  für  die  Bewertung  der  Betriebsgegenstände 
vorschlagen.  Dieser  läßt  sich  charakterisieren  als  einen  solchen  Wert,  wie 
Ihn  die  betrefifenden  Betriebsanlagen  nicht  für  jeden  beliebigen  Geschäfts- 
inhaber, sondern  für  jeden  verständigen,  bedächtigen,  vorsichtigen  (ordent- 
lichen) Besitzer  des  Geschäftes  repräsentieren.«)     Wir  schließen  uns  der 

Ä^f^^  ^^r^^^.  (^V^-  ,^'  Seite  93)  an,  der  meint,  der  Ausdruck 
Geschäftswert  sei  ein  absolut  wertloser,  weil  sich  gar  keine  bestimmte 
Vorstellung  damit  verbmde.  In  der  Tat  ist  die  Absicht,  mit  dieser  Ab- 
änderung der  Simonschen  Formulierung,  dem  subjektiven  Ermessen  des 
Bewertenden  Schranken  zu  ziehen,  nicht  zu  erreichen.  Lehmann«)  fögt 
denn  auch  hinzu,  daß  dieses  im  Grund  genommen  auf  ungefähr  dasselbe 
herauskomme,  was  Simon  mit  dem  „individuellen  Wert«  verstehe  nur 
ziehe  Simon  an  einzelnen  Stellen  Folgerungen,  welche  nicht  haltbar  ^eien. 

H.n  r^5  ^^^  ^- ^["PP\^,^n  ß"anzschriftstellem,  die  sich  ausdrücklich  auf 
den  Gebrauchswert  der  Nationalökonomie  stützen:  Reisch  &  Kreibig^) 
und  Nicki  1  seh*)  haben  wir  in  diesem  Zusammenhang  nicht  mehr  ein- 
zugehen;  die  nötige  Kritik  ist  schon  bei  der  Besprechung  der  Scheffler- 
Simonschen  Lehre  geübt  worden.  ^"ciucr 

Damit  haben  wir  die  Besprechung  und  Kritik  der  Bewertungsfrage 
^fL  Betriebsgegenständen  beendigt.  Es  ginge  über  den  Rahmln 
dieser  vorwiegend  theoretischen  Untersuchung  hinaus,  noch  weiter  auf  die 
Bewertung  der  einzelnen  Bestandteile  des  Betriebsvermögens  einzutreten. 
i\ur  zwei  derselben  sollen  noch  kurz  etwas  näher  erörtert  werden,  weil 
D^Trlal  H  ^"^f^^^  Abhandlung  nicht  genügend  berücksichtigt  wurden: 
Die  l^rage  der  Anlagewertpapiere,  sowie  die  immateriellen  Werte. 

C.  Die  Anlagewertpapiere. 

H,vc  m  '  ^'^^  Unternehmungen,  die  Wertpapiere  mit  der  Absicht  kaufen, 
dieselben  als  dauernde  Anlagen  zu  behalten.  Es  handelt  sich  also  um 
Betriebsgegenstände  und  keineswegs  um  Veräußerungsgegenstände.  Dieser 
Umstand  ist  für  die  Art  der  Bewertung  von  grundlegender  Bedeutung. 
Es  erhebt  sich  die  Frage,  können  solche  Betriebseffekten  nach  dem  Wort- 
laut des  geltenden  Rechts  auch  als  solche  bilanziert  werden  >  Für  die 
^chweiz  ist  es  dann  zweifellos  abzulehnen,  wenn  es  sich  um  kurs- 
habende Papiere  handelt.  „Kurshabende  Papiere  sind  nicht  nur  jene 
welche  einen  Börsenkurs  haben,  sondern  auch  die,  welche  im  freien  Ver- 
kehr, wie  Ihn  vor  allem  die  Banken  pflegen  und  dafür  auch  Kursnotizen 
herausgeben,  gehandelt  werden. ...  Die  Vorschrift  (O.  R.  656,  Ziff  3) 
gih  für  alle  l^rshabenden  Wertpapiere  schlechthin,  auch  für  solche,  'die 
zu  billigerem  Kurse  hereingenommen  (Gegensatz  zu  Ziff  2)  ja  sogar  viel- 
eicht  geschenkt  wurden  wie  für  solche,  die  als  sogenannte  dauernde  An- 
läge  behalten  werden  Sie  gilt  anderseits  nur  für  kurshabende  Papiere, 
also  z.  B.jiicht   für  Schuldbriefe,   Entscheidung  des  Bundesgerichts  vom 

»)  Vergleiche  auch  Kovero,  a.  a.  O.,  Seite  77/9;  Buff   a  a.  O    Seite  «2/q. 
Passow,  a.  a.  O.,  Seite  92/3.  ^   *  '  '  ^®*^®  **^'^' 

«)  Vergleiche  Kovero,  a.  a.  O.,  Seite  79. 

»)  Reisch  &  Kreibig.    Bilanz  und  Steuer,  3.  Auflage,«Wien  1914   S^te  339 
«.;of  '^  '^/^Hj.^^'^^'  *•  *•  ^'  Seite  98.    Nicklisch  geht  bei  seinen  Untersuchungen 
^rr.t3..h  fH-T  '^'-  T'i'!^'''  ^^^^'"^  ^'  ""^'  d^ß  seine  AusführungerXe^^^^ 
rrs^S'^chrt^^ffe^^^^^^^  ^^^^  ^^  ^--^^"-  a/crdmÄ^e 


- 


^2 

22.  Juni  1901    i.  S.   Schweitzer   g.    Hypothekarbank  Zürich."»)     Für   das 
Deutsche  Reich  gehen  die  Auffassungen   auseinander,   die   einen  bejahen 
die  Zulässigkeit  der  Bewertung  nach  §  261,  Abs.  3,  die  andern  bestreiten 
sie.2)     Daß    gewisse    Kategorien   von   Unternehmungen    ein    sehr   großes 
Interesse    an    der  Möghchkeit   der  Bewertung   gewisser  Wertpapiere   als 
Betriebsgegenstände  haben,  ist  nicht  zu  leugnen.   Es  wären  da  zu  nennen: 
Banken,  finanzielle  Trustgesellschaften,  ferner  auch  Sparkassen  und  Ver- 
sicherungsgesellschaften.    Aber   auch    der  Staat    als   Kreditnehmer   kann 
daran  ein  Interesse  haben,  indem  unter  Umständen  seine  Schuldverschrei- 
bungen  als  Anlagepapiere  weniger  gekauft  werden.»)     Rein   ökonomisch 
betrachtet,    kann    man    wirklich    nicht    einsehen,    weshalb    beispielsweise 
Schuldbriefe  und   nicht  kurshabende  Papiere  als  Betriebsgegenstände  be- 
handelt werden   dürfen,   während  die  kurshabenden  Effekten  davon  aus- 
geschlossen  sein    sollen.     Wir   stehen   vollkommen   auf  dem  Standpunkt 
von   R  ei  seh    (a.  a.  O.,  Seite  306):     „Allerdings   hat  §  261    die  Unter- 
scheidung  von    Veräußerungs-   und   von   Betriebsgegenständen    rezipiert, 
aber    er   hat   die  Unterscheidung   nicht    als    obersten  Einteilungsgrund 
anerkannt,    sondern    ein  anderes  Moment  an  die  Spitze  gestellt,    nämlich 
den  Umstand,   ob  das  Vermögensstück  einen  »Börsen-  oder  Marktpreis« 
besitzt  oder  nicht.   Von  dem  hier  betonten  Standpunkt  der  Subjektivität 
des  Werturteiles  kann  diese  Systematik  nicht  gebilligt  werden:    Das  Be- 
dürfnis   nach    einer   richtigen   Ertragsnachweisung*)    und    die   Richtigkeit 
dieser  Ertragsnachweisung   ist   offenbar   ganz   unabhängig  von  dem  Um- 
Stande,   ob   sich   der  Preis  des  Vermögensstückes  schwer  oder  leicht  be- 
stimmen  läßt,    entscheidend   ist  vielmehr  nur,    ob  die  Absicht  besteht, 
das  Vermögensstück   als  Veräußerungs-   oder   als   Betriebsgegenstand   zu 
verwenden,    weil  von  letzterem  Umstände  die  Bedeutung  der  Tausch- 
wertveränderung   für    die    Ertragnach Weisung    abhängt.«     Eine    gewisse 
Schwierigkeit   liegt  nun  darin,   die  fraglichen  Effekten  als  Anlagepapiere 
erkenntlich  zu  machen.    Eine  Lösung  wäre  die,  daß  der  Gesetzgeber  ver- 
langen würde,   daß  dieselben  in  der  Bilanz  besonders  aufgeführt  werden 
müssen  und  als  solche  ausdrücklich  zu  bezeichnen  sind.    In  letzter  Linie 
bleibt   dies    natürlich    eine  Vertrauensfrage  in   die  maßgebenden  Organe 
der  Gesellschaft.    Daß  diese  Kategorie  von  Wertpapieren  ihren  Charakter 
ändern  kann,  ist  ohne  weiteres  klar.   Durch  gewisse  Umstände  gez^siingen, 
kann  eine  Unternehmung  in  die  Lage  kommen,   die   früher  als  Betriebs- 
effekten aufgeführten  Papiere,   nunmehr  als  Veräußerungsgegenstände  zu 
bilanzieren,   was  für  die  Bewertung  von  großer  Bedeutung  ist.     Die  als 
dauernde  Anlage  bestimmten  Effekten  haben  einen  Betriebswert  für  die 
Gesellschaft,  auf  diesen  kommt  es  in  erster  Linie  bei  der  Bewertung  an, 
sekundär  allerdings  kann  auch  ein  eventueller  Markt-,  Börsen-  oder  Ver- 
äußerungspreis Bedeutung  erlangen.    Nach  N  i  c  k  1  i  s  c  h  (a.  a.  O.,  Seite  101) 
;,ist  bei  dauernden  Beteiligungen  der  Nutzen  zusammengesetzt.  Er  ergibt 
sich  zum  Teil  unmittelbar,  zum  Teil  mittelbar.    Der  unmittelbare  besteht 

r»-  T  u^  Fachmann  a.a.O.,  Seite  193.  Vergleiche  auch  Zimmermann,  Dr  H.: 
Die  Jahresbilanz  der  Aktiengesellschaft  nach  deutschem  und  schweizerischem  Recht. 
Zürich.    Diss.  Seite  243/4. 

»)  Reisch     i.  Bankarchiv  9,   a.  a.  O.,   Seite  305  und  369,    ferner  Zimmer- 
mann, a.  a.  O.,  Seite  219  und  243,  insbesondere  seine  Zitate. 

»)  Reisch,  a.  a.  O.,  Seite  305. 
ab  elellt^^^  Formulierung  der  Bilanz  nur  als  ErtragsermitÜungsbilanz  haben  wir 


73 

in  dem  Gewinn,  der  auf  den  Anteil  an  den  Geschäften  anderer  Unt^r 
nehmungen  entfallt,  der  mittelbare  in  den  Vorteilen,  2Te  durch  ßt 
teihgung  sichergestellten  Geschäftsbeziehungen  für  den  eigenen  Betrat 
für  den  eigenen  Umsatz  haben.  Auch  Schaden  entspringraus  Sen 
Beziehungen^  Ist  eine  Unternehmung  mit  anderen  »verhiratet.  so  ist 
sie  in  Ihren  Entschließungen  nicht  mehr  ganz  frei,  vielmehr  genö  i^  auch 
einzukaufen  oder  zu  verkaufen,  wo  es  für  sie  mit  Nachteil  glschieht'  oder 

fn  leTSTt  ""w ''''h"  ^^"--^--^  ^-  -e  selbst  ficht  genügend 
in  der  Hand  hat.  Wenn  der  gesamte  reine  Wert  des  Nutzens  in  einem 
Betrage  zusammengefaßt  und  dieser  zu  dem  üblichen  Zinsfuße  kapitaS 
Zl'l  hm''  ^''  *^^»^^re^^^"^'*  festgestellt^!)  Für  andere  Fap^Tvor 
allem  Obligationen  und  Staatsschuldverschreibungen  fällt  natürlich'  das 
erste  Moment,  der  unmittelbare  Gewinn  an  Geschäften  anderer  Unter 
nehmungen  weg.     Hier   ist   die  Feststellung  des  Betriebswertes  dn^ 

SnTen't:  Sf "  h'''^^^"^   '"^'^^^.'^"'^  ^^^'"^   larersidrnicht 
gewinnen.     Es   gelten   die   von   uns  aufgesteUten  allgemeinen  Grundsätze 

für  die  Bewertung  der  Betriebsgegenstände.  Doch  flhlen  hier  sozusagen 
jeghche  äußeren  Anhaltspunkte  für  die  Ermittlung  des  BilaTzwertesfes 
maßgebenden  Betriebswertes.  Eine  Behandlung^  als  AufwendTng^  und 
iZL  h  ""?.  ^^^,^"%^wendeten  Kosten  auf  die  Gebrauchfdauer 
kommt  hier  nicht  in  Frage.  Erstens  braucht  nicht  unbedingt  eine  Ent- 
wertung vorzukommen;  zweitens  kann  meistens  eine  Gebrauchfdauer  nicht 
bestimmt  werden  Die  Anlagewertpapiere  sind  ein  Beis^  wo  dn  Ver- 
teilen von  Betriebswerteinbußen  auf  spätere  Jahre  unter  Umständen  mh 
den  Grundsätzen  des  ordentlichen  Kaufmanns  unvereinbar  wäre    Es  ka^n 

tZr  '"r  ^'n "  ^"^  ^""  ^^*"'  ^^""  ^^  ^i^h  um  Aktien  oder  Obl" 
gationen  industridler  Gesellschaften  handdt,  die  Entwicklung  derselben 
aber  die  gehegten  Erwartungen  Lügen  straft.     Unter  diesen  ^UmstSden 

Wertung  als  Betriebsgegenstand  kdne  Berechtigung.   Hier  handelt  es  tich 
n  weitgehendem  Maße  um  dne  Vertrauensfrage  in  das  richtige  Uchäft 
liehe  Ermessen  und  die  Rechthchkdt  der  Verwaltung  und  KontrolS^^^ 
Eine  e  was  liberalere  Behandlung  kann  man  Staatspapieren  ode    sSlen 
mundelsichern  Papieren  angeddhen  lassen;  vor  allem  wenn  die  Entwertung 
keine  dauernde  ist  oder  aber  dne  Rückzahlung  zum  Nennwert  zu  Sen 

Ander'seiSTäßt  ^T/T"" /""l   ^"■^'.   ^'^^^'^    ^^^    ^    -^rt" 
Anderseits   läßt   sich  doch  vielleicht  nicht  ganz  von  der  Hand  weisen 

tfiJT""\^^"u^T'''    '"^   ^''^'   ^^^    ^^^^«    Gesellschaft    dren  -^' 
natürlich    nicht    objektiv,    sondern    nur   subjektiv  ~  höhern    Wert    oder 

anTrn  ^"f^''  ,f  "^S^"  ^^^^^^^'  haben  können,  als  im  Besitz  eine 
andern.     Eine  Versicherungsgesellschaft   hat  beispidsweise  ihre  Verträge 

ico^mor^vn^If^"^'*^'  Kapitalisierung  weisen  ebenfalls  hin: 
Kreditf  Xrt  Vach^^e;:rmrn'"a\"'o"   in'c  "^^^t^^iomische  Lehre  vom 
Ökonomie  und  StatLi^SeitTm  '         ^''"'^'*'  Jahrbüchern   für  National- 

AnmerkunrJ''^^''''   ''  ''  ^''  ^"^"  ''  ^'    ^^^'^™*"«'   -•  ^'  O.,  Seite  193/4. 
Nach  unserer  Auffassung  kann  dieses  Moment  fii-  a;^  di 

Vergl.  auch  Simon  (a.  a.  O.,  Seite  409). 

«)  Siehe  auch  B  ach  mann,  a.  a.  O..  Seite  191. 

*)  In  der  ,Neuen  Zürcher  Zeitung«  vom  26.  November  1914 


^mvii"^ 


T* > 


74 

unter  Zugrundelegung  einer  vierprozentigen  Verzinsung  ihrer  Fonds  ab- 
geschlossen und  ihre  Prämienreserven  in  der  Tat  in  vierprozentigen  erst- 
klassigen Staatspapieren,  die  sie  zu  pari  gekauft  hat,  angelegt.  Sie  denkt 
auch  nicht  daran,  diese  Papiere  zu  verkaufen.  Was  verschlägt  es  denn 
nun,  wenn  diese  Papiere,  deren  Zinseingänge  ja  unverändert  bleiben,  vor- 
übergehend auf  90  Prozent  im  Kurse  zurückgehen  ?  Die  Gesellschaft  hat 
die  gleichen  Einnahmen  wie  früher  und  der  schließliche  Rückzahlungswert 
ihrer  Anlagepapiere  ist  bei  der  Solidität  ^es  Schuldners  auch  der  gleiche 
geblieben.  Hier  hat  es  in  der  Tat  wenig  Sinn,  einen  Verlust  auszurechnen, 
der  bei  dem  Umstände,  daß  das  einbezahlte  Aktienkapital  von  Ver- 
sicherungsgesellschaften in  der  Regel  gegenüber  dem  Effektenbesitz  klein 
ist,  sehr  leicht  zur  Dividendenlosigkeit  der  Aktien  führen  und  dadurch 
dem  Kredit  der  Gesellschaft  erheblich  schaden  kann."  —  In  gleicher 
Weise  darf  auch  hier,  wie  bei  den  übrigen  Anlagen,  der  Anschaffungs- 
preis nicht  überschritten  werden. 

D.  Die  immateriellen  Werte. 

Aehnlich  wie  bei  den  soeben  behandelten  Anlagewertpapieren  liegen 
die  Verhältnisse  bei  den  immateriellen  Werten.  Auch  hier  fehlen  sehr 
oft  positive  Anhaltspunkte  für  die  Bewertung.  In  Anlehnung  an  die 
Systematik  von  Folliet^)  haben  wir  eine  Zweiteilung  derselben  in 
a)  moralische,  rechtliche  und  b)  fiktive  vorgenommen.  Zu  den 
moralischen,  rechtlichen  gehören:  Kundschaft,  Patente,  Lizenzen,  Geheim- 
verfahren, Verlags-  und  Urheberrechte,  Konzessionen  etc.  Die  be- 
deutendsten unter  den  fiktiven  sind  die  Organisations-  und  Gründungs- 
kosten, Obligationendisagio  etc.  Für  diejenigen  Werte,  für  die  eine  Ge- 
brauchsdauer (z.  B.  Konzessionsdauer,  Laufzeit  der  unter  pari  ausgegebenen 
Obligationen,  gesetzliche  Schutzfrist)  in  Betracht  kommt,  kann  man  unter 
Umständen  die  aufgewendeten  Kosten  auf  die  verschiedenen  Jahre  der- 
selben verteilen.  Gegen  ein  solches  Verfahren  kann  bei  Konzessionen 
und  Obligationendisagio  nicht  viel  eingewendet  werden.  Aber  auch  hier 
ist  die  Regel  nicht  absolut.  So  könnte  unter  Umständen  eine  VerteUung 
der  Kosten  eines  Patentes  oder  einer  Lizenz  selbst  auf  die  Jahre  der  ge- 
setzlichen Schutzfrist  nicht  ungefährlich  werden,  denn  dafür  kann  der 
Gesetzgeber  keine  Garantie  übernehmen,  daß  nicht  eines  Tages  ein  ge- 
schütztes Patent  durch  eine  bessere,  originellere  Erfindung  überholt  werde. 
Mit  Rücksicht  auf  den  unsichern  Charakter  dieser  Vermögenswerte  wird 
also  eine  möglichst  rasche  Abschreibung  derselben  geboten  sein.  Auch 
hier  muß  auf  das  verständige  Ermessen,  die  solide  Geschäftsgebarung  der 
bewertenden  Organe  der  Aktiengesellschaften  abgestellt  werden.  Im- 
materielle Werte,  die  von  einer  Gesellschaft  nur  zum  Zwecke  des  Wieder- 
verkaufes erworben  wurden,  besitzen  die  Eigenschaft  von  Veräußerungs- 
gegenständen.«)  Sie  richten  sich  nach  den  für  dieselben  maßgebenden 
Bewertungsgrundsätzen.  Die  von  Folliet  vorgeschlagene  Einteüung  der 
immateriellen  Werte  in  oben  genannte  zwei  Hauptkategorien  ist  vor  allem 
für  die  Frage  der  Abschreibungen  von  Bedeutung.  Die  moralisch,  recht- 
lichen  sind  eventuell   realisierbar,   die  anderen  dagegen  in  keinem  Falle. 

*)  In  seinem  Buch:  La  Bilan  etc.,  a.  a.  O.,  Seite  40,  sowie  in  seiner  Antritts- 
vorlesung:  Les  Amortissements,  a.  a.  O.,  Seite  88/9. 

')  Zimmermann  (a.  a.  O.,  Seite  283).  Mit  seiner  Interpretation  der  gesetz- 
lichen Bewertungsvorschriften  für  die  Schweiz  sind  wir  auch  hier,  wie  wir  schon 
früher  ausführlicher  gezeigt  haben,  nicht  einverstanden. 


75 

Der  Gesetzgeber  hat  in  O.  R.,  Art.  656,  Abs.  1,  eine  aktivische  Behand- 
lung der  sogenannten  Organisationskosteni)  während  5  Jahren  ausdrücklich 
zugelassen,  immerhin  mit  der  Einschränkung,  daß  in  jedem  Jahre  S 
destens  der  entsprechende  Bruchteil  als  Ausgabe  zu  verrechnenTt 
Aehnhches  kann  von  dem  Obligationendisagio  gesagt  werden-  auch  her 
muß  dasselbe  durch  jährliche  Abschreibungen  hl  zum  VeSar(Rück 
Zahlungstermin  der  Obligationen)    amortisiert   werden.     (O.  R.,  KS. 

Ffine\s?      Fn  "^'    '^"^    ""'"'"'    ^''"^^'^"^    ^^^    Ausführungen 

mora les  et  firt^v.^   TT"'   'f    "^"^   ^^^^^^^erise   les   valeurs   immobilisles 
morales  et  fictives,  c'est  que  leur  estimation  est  arbitraire 

,  II  en  resulte  que  Pamortissement  de  ces  valeurs  ne  peut  etre  con- 

sider^  comme  obligatoire  en  Pabsence  de  benefice,  k  moins^ue  des  dTs- 
positions  legales  ou  statutaires  ne  Pimposent. 

Par    contre,    on    peut    poser    le    principe    qu'il    est    de   bonne   ad 
m.„.strat,on   d'amortir  les  valeurs  evemuelleme„;'  realfsables  et  qu'l  est 
preferable  d'amortir  rapidement  les  valeurs  fictives  " 

Es  wäre  nach   unserer  Ansicht  durchaus  verfehlt,  woUte  hier  der 

Hrh^I'^V    Lu"  '*^'''^"  ^'•^'"^"  '"  '^'^  "^"'^'''^  komplizierten  wirtschaft- 
iTil!"  Verhältnisse   eingreifen.     Wir   zweifeln,   ob   es  möglich  wäre,   in 
dieser  Frage   überhaupt   brauchbare  Vorschriften  aufstellen   zu  könken 
Fol  he  t  schlägt  (m  seinem  Buche  über:  Le  bilan  etc.,  a.a.O.,  Seite  49)' 

Sfur  mo°nr'i.  "''  l  "^  r--^^  ''''  P°"^  ''-^  '^  bilan  aucuni 
fi^fnn   T         ''^'"^^  Pendant  le  cours  d'une  societe,   sauf  en  cas  de 

veUe  branch^S""  "^^  '"'"''  ^"^  °P'"*'°"^  P^^  '^  '^^^^**°"  ^'une  nou- 
velle   branche   d  affaires,   ou   encore   en  cas  de  rachat,   par  une  societe 
d  une  entreprise  döjä  en  activitö.  '  societe, 

2«  Une  valeur  morale  ne  pourra  pas  6tre  portöe  dans  le  bilan  pour 

dMucZnM^^^TT  ^  ""^"^  P°"'  '^*J"^"^  ''"^  '^g""'t  rannte  prec^dente, 
deduction  faite  de  Pamortissement. 

....  ^^  ß^^  allgemein  gehaltenen  Vorschläge  zu  besseren  Resultaten 
fuhren  wurden  als  die  bisherige  Freiheit,  bleibe  dahingestellt.  ''^'""^*^" 
,„.h  ^.'"'''^'*/"='?  möchten  wir  noch  einmal  ausdrücklich  bemerken,  daß 

rkvhi  ""^  ■,  ^ "'«  "^'^'"  Betriebsgegenständen,  der  Erwerbspreis») 
die  Höchstgrenze  darstellt«)    Darüber  hinaus  darf  nicht  gegangen  werden.») 

E.  Die  Werterhöhung  bei  Betriebsgegenständen. 

roiiiei  ^a.  a   u.,  i>eite  41),  Zimmermann  (a.  a.  O.,  Seite  80) 

S«ite  o«/o  ^'f^;^^'^' 7^™*"^'   ^^-  ^-  9"  ^^'^^  *<^<^)-    Vergl.  auch  was  er  ausführt 
Utlratur  Zimmermann  (a.  a.  O.,  Seite  281  ff.),  sowie  bei  ihm  wekefe 

»)  Vergl.  unsere  Ausführungen:    §  14,  ß.  III..  b,  3. 

Fra^e  kommt^Ä  n.^rh  ^^^^"''^a'^^"^^"'-^»^  J^  ^^"  Anschaffungspreis  nicht  in 
Trage  kommt,  durfte  nach  unserer  Ansicht  ein  angemessener   schätzunesweise  festl 
gestellter  Anschaffungspreis  der  Bewertung  zugrunde  gele^  wtrder  W^^^^ 
es  dann  darauf  an.  ob  es  sich  um  Veräußerungs-  oder^SCe^^^^^^ 
sie  wurden  s.ch  dann  nach  den  von  uns  für  diese  Vermö7enSS^^^ 
Bewertungsgrundsatzen  richten.  Ausführlicheres  bei  Zimmermann  (aa  O   sSte23% 
Siehe  auch  Bachmann  (a.  a.  O..  Seite  193.  Ziffer  ^t"™^'™*"" va-*-"'^«»^«239). 

betrac'hlf  LeiT/Z'n^^^^^^  die  wir  im  folgenden  Abschnitt  E.  die  aber  richtig 

Detrachtet,  keine  Ausnahmen  von  der  Regel  darstellen,  machen  werden. 


. 


76 

ein  Ueberschreiten  des  Anschaffungs-,  resp.  Herstellungspreises,  komme 
nicht  in  Frage.  Es  entspreche  dies  dem  Charakter  dieser  Vermögenswerte, 
als  Aufwendungen,  als  nicht  veräußerbare  Werte  und  stehe  auch  im  Ein- 
klang mit  dem  Gesetz,  sowie  den  Gepflogenheiten  der  kaufmännischen 
Praxis.»)  Die  Frage  der  Instandhaltungs-,  Reparatur-,  Ersatz-  und  Erweite- 
rungskosten der  Betriebsanlagen  scheint  nun  obigem  Prinzip  zuwiderzu- 
laufen. Es  wurde  nämlich  darauf  hingewiesen,  daß  es  doch  unzweifelhaft 
sei,  daß  z.  B.  eine  Maschine  an  Wert  tatsächlich  zunehmen  könne.  Dies 
werde  dann  zutreffen,  wenn  eine  Gesellschaft  über  die  nötigen  Instand- 
haltungs- und  Reparaturkosten  hinaus  Aufwendungen  mache.  Auch  ein 
Patent  könne  im  Werte  dadurch  steigen,  daß  die  Unternehmung  sagen  wir 
noch  ein  Zusatzpatent  erwerbe.  In  beiden  Fällen  habe  der  Betriebswert 
der  betreffenden  Anlagen  zugenommen.  Es  steht  der  Berücksichtigung  der 
Werterhöhung  in  solchen  Fällen  auch  in  der  Tat  nichts  entgegen.  Immer- 
hin müssen  zwei  Bedingungen  erfüllt  werden  :  Die  zu  berücksichtigende 
Wertzunahme  darf  die  dafür  aufgewendeten  Kosten  nicht  übersteigen.  Eine 
solche  kann  nur  dann  berücksichtigt  werden,  wenn  derselben  eine  Leistung 
seitens  der  betreffenden  Gesellschaft  in  der  gleichen  Höhe  gegenübersteht. 
Zweitens  muß  durch  die  Aufwendungen  eine  im  Vergleich  zum  Normal- 
zustande des  Gegenstandes  erhebliche  Verbesserung  eingetreten  sein.  Es 
muß  sich  also  um  eine  tatsächhche  Wert  er  höh  ung  handeln.  In  diesem 
Falle  haben  wir  es  dann  mit  einer  Art  neuen  Aufwendung  (Anschaffung) 
zu  tun.  Die  Ausnahme  von  der  Regel  w^ar  somit  nur  eine  scheinbare. 
Aehnlich  verhält  es  sich  mit  den  Kosten  für  Erweiterungen  und  Ergän- 
zungen schon  bestehender  Anlagen.  Auch  sie  dürfen  unter  die  Aktiven 
aufgenommen  werden,  denn  es  handelt  sich  um  die  Anschaffung,  bezw. 
Herstellung  von  neuen  Vermögensgegenständen.*) 

§  15.    Zur    Frage   der    Reform    der   Bewertungsvorschriften 

für  die  Betriebsgegenstände. 

Die  Bewertungsvorschriften  haben,  wie  wir  gesehen  haben,  die  ver- 
schiedensten Interpretationen  erfahren.  Während  die  einen  auf  dem  Stand- 
punkt stehen,  daß  die  Formulierung  des  Gesetzgebers  mit  den  Gepflogen- 
heiten der  Praxis  bei  nicht  allzu  wörtlicher  Interpretation  vereinbart  sei«), 
verlangen  andere  eine  Abänderung  derselben.  So  vertritt  vor  allem  Pas- 
sow  die  Ansicht,  die   Bewertungsvorschriften  seien  in  der  Weise  abzu- 

V  Vergl.  auch  Komorzynski:  Die  nationalökonomische  Lehre  vom  Kredit. 
Innsbruck  1903.  Seite  194/200. 

')  Pur  weitere  Details  verweisen  wir  auf  Zimmermann  (a.  a.  O.,  Seite  263/6\ 
insbesondere  betreffend  die  Ersatzanschaffungen.  Ferner  Fäs  (a.a.O.,  Seite  117  ff). 
Folliet:  Lo  bilan  etc.  a.a.O.,  Seite  56  und  61.  Zutreffend  weist  er  auch  auf  Art.  5 
des  Bundesgesclzes  über  das  Rechnungswesen  der  Eisenbahnen  vom  27.  März  1896  hin. 

')  Scheffler  (a.  a.  O.  Seite  20),  Simon  (a.  a.  O.,  Seite  299/30),  Zimmer- 
mann (a.  a.  O.,  Seite  210  ff),  Fischer:  Buchführung  und  Bilanzvorstellung  nach 
Handelsrecrit,  Leipzig  1913,  Seite  50.  Er  vertritt  den  Standpunkt,  »ur  Beseitigung 
der  durch  die  Bewertungsvorschriften  des  §  40  H.  G.  B.  angerichteten  „Verwirrung" 
bedürfe  es  keineswegs  eines  Aktes  der  Gesetzgebung.  „Bereits  die  Gesetzesauslegung 
bietet  genügend  Handhabe:  Gewohnheitsrecht  derogiert  dem  Gesetzesrecht.  Darüber, 
<iaß  es  sich  bei  der  verkehrsüblichen  Bilanzierung  um  ein  Gewohnheitsrecht  handelt, 
um  eine  Uebung,  die  so,  wie  sie  ist,  sein  muß  und  nicht  anders  sein  kann,  braucht 
nichts  mehr  angeführt  zu  werden.  Der  Grundsatz  der  selbständigen  Bewer- 
tung in  §  40  ist  daher  durh  die  ordnungsmäßige  Prüfung  der  Selbst- 
kosten aus  Anlaß  der  jährlichen  Erfolgsberechnung  zu  ersetzen." 
<Ruff,  a.  a.  O.,  Seite  89/90.] 


( 


77 

ändern,  daß  sie  mit  der  Praxis  mehr  im  Einklang  stehen.»)  „Zunächst  aber 
muß  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  allgemeine  Bewertungsvorschriften 
überhaupt  notwendig  sind.     Meines  Erachtens  liegt  kein  dringendes  Be- 
dürfnis vor,  für  alle  Bilanzen   allgemeine  Bewertungsvorschriften   zu  er- 
lassen. Es  könnten  also  die  Absätze  2  und  3  des  §  40  H.  G.  B.  gestrichen 
und  etwa  durch  folgende  Vorschrift  ersetzt  werden:  Bei  der  Aufstellung 
des  Inventars  und  der  Bilanz  sind  die  Vermögensgegenstände  und  Schulden 
nach  den  Grundsätzen  ordentlicher  Geschäftsführung  zu  bewerten,  wie  das 
ähnlich  schon  auf  der  Nürnberger  Konferenz  vorgeschlagen  ist  (Seite  211)  ** 
Er  ist  sich  allerdings  wohl  bewußt,  daß  eine  solche  Fassung  dem  privaten 
Ermessen  einen  sehr  weiten  Spielraum  läßt.  Wolle  man  sich  deshalb  für 
alle  Bilanzen  oder  für  die  Bilanzen  bestimmter  Arten  von  Unternehmungen 
nicht  mit  einer  so  allgemeinen  Bewertungsvorschrift  begnügen,  so  müsse 
man  jedenfalls  bei  derartigen  Vorschriften  immer  auf  den  Gesichtspunkt 
Q  o^i  ^vT^™^^^^""^  Rücksicht  nehmen.  Es  wäre  dann  z.  B.  die  jetzt  im 
^  261,  Ziffer  3,  enthaltene  Sondervorschrift  zu  einer  allgemeinen  Bewer- 
tungsvorschrift zu  erheben,  es  wäre  genauer  zu  bestimmen,   was  als  An- 
schaffungs- oder  Herstellungspreis  anzusehen  ist  und  dergleichen  mehr.  Zu 
diesen  Vorschlägen  macht  Buff  (a.  a.  O.,  Seite  90,  Anmerkung  2)  folgende 
kritische  Bemerkungen  :   „Hierauf  ist  zu  erwidern,  daß  es  bei   der  Viel- 
gestaltigkeit  der  geschäftlichen  Gepflogenheiten  des  Einzelkaufmannes,  der 
ottenen  Handelsgesellschaft  und  Kommanditgesellschaft,  für  die  ja  die  all- 
gemeinen Bewertungsvorschriften  des   §  40  H.  G.  B.  in  erster  Linie  in 
Betracht  kommen,  gar  nicht  möglich  wäre,  sei  es  für  alle  Bilanzen,  sei  es 
tur  die  Bilanzen  bestimmter  Arten   von  Unternehmungen,  detaillierte  Be- 
wertungsvorschriften    aufzustellen,     die     der     Verkehrsauffassung     voll- 
kommen Rechnung  tragen.«    Auch  Folliet  (a.  a.  O.,  Seite  56)  ist  mit 
den.  für  die  A.  G.  in  der  Schweiz  geltenden  Bewertungsvorschriften  des 
Art.  656,  Abs.  2  O.  R.,  nicht  einverstanden.  „Le  C.  O.,  art  656,  No.  2,  pr^voit 
que  les  machines  doivent  etre  evaluees  tout  au  plus  au  prix  d'acquisition, 
et  d^duction  faite  de  Pamortissement   que  comportent  les  circonstances' 
Nous  pensons  qull  ne  faudrait  pas  interpreter  cette  disposition  trop  ä  la 
lettre ;  en  effet  si  normalement,  une  machine  ne  peut  pas  augmenter  de 
valeur  entre  les  mains  de  la  societe,  il  est  pourtant  des  cas  öu  eile  pour- 
rait,  ä  notre  avis,  etre  portee  au  bilan  pour  une  somme  depassant  le  prix 
d'acquisition;   par   exemple,   lorsque  la   societe   lui  aurait  fait   subir   des 
modifications  importantes,  ayant  pour  effet  un   accroissement   reel  de  sa 
valeur.     D'autre  part,   si   la  societe  a  fait  une  mauvaise  affaire,   il  serait 
prefdrable  de  ne  pas  inscrire  ces  machines  ou  cet  outillage  au  prix  d*ac- 
quisition.    A  notre  avis,  le  legislateur  aurait  mieux  fait  exiger  Pinscription 
de  ces  objets  ä  leur  valeur  actuelle  ä  moins  que  celle-ci  ne  füt  sup^rieure 
au  prix  d'acquisition." 

Seinen  kritischen  Bemerkungen  können  wir  vollkommen  zustimmen, 
nicht  dagegen  seinem  Abänderungsvorschlag,  und  zwar  deswegen  nicht] 
weil  er  uns  nicht  genügend  aufklärt,  was  er  unter  „valeur  actuelle"  ver- 
steht. Aus  unsern  bisherigen  Ausführungen  ergibt  sich,  daß  wir  die  vor- 
geschlagenen Gesetzesänderungen  ablehnen  müssen.  Entweder  stützen  sie 
sich  auf  eine  unrichtige  Interpretation  der  bestehenden  Vorschriften,  oder 
dann  auf  ein  unseres  Erachtens  unrichtiges  Bewertungsprinzip.  §  40  des 
deutschen  H.  G.  B.  regelt  in  zutreffender  Weise  ganz  allgemein  die  Bilanz- 

0  a.  a.O  ,  Seite  111  und  211 ,  ferner  derselbe  im  Bankarchiv,  a.a.O.,  Seite  150  ff. 


78 


aufstellungi);  §  261  nimmt  auf  ihn  Bezug,  §  40  gilt  also  auch  für  die 
Aktiengesellschaft  subsidiär.  Was  nun  speziell  die  Regelung  für  die  Aktien- 
gesellschaft anbelangt,  so  möchten  wir  den  ausdrücklichen  Einbezug  der 
Anlagewertpapiere  in  §  261,  Abs.  3,  und  Art.  656  O.  R.,  Abs.  2,  vor- 
schlagen. 

^)  Wir  stimmen  Buff  (a.a.O.,  Seite  92)  zu,  der  schreibt:  Wir  können  daher 
den  gesetzlichen  Bewertungsvorschriften  des  §  40  H.  G.  B.  mit  Scheffler  die  Aner- 
kennung zollen,  daß  in  ihrer  Allgemeinheit,  welche  sich  vor  der  Proklamierung  eines 
Grundsatzes  fernhält,  eine  legislatorische  Weisheit  zu  erblicken  sei,  eine  Anerken- 
nung, die  keineswegs  allen  den  Kaufmannstand  betreffenden  Gesetzen  ausgesprochen 
werden  kann. 


Inhaltsverzekhnis. 

[,.   Vorwort **^ 

****** •...,       J 

I.  Theoretischer  Teil. 

Das  Wesen  der  Bilanz ^ 

§    1.   Historische  Bemerkungen *.*.'.'.*.'. e 

I    2.   Beispiel  einer  Bilanz -? 

§    3.   Der  Kapitalbegriff '.*.*.!*.]! jj 

a)  Der  volkswirtschaftliche  Kapitalbegriff  (Produkt!  vkapit'al.'capitai  produktiv)  11 
c^\  P",^*^^^!'*^^^^^^^^^*^^  (bilanzmäßige)   Kapitalbegriff  (Erwerbskapital, 

c)  Der  Grundbegriff  Kapital  in  volks-  und  privatwirtschaftlicher"  Hinsicht 

(m  tabellarischer  Form) .r 

§    4.  Der  Vermögensbegriff ] J^ 

a)  Der  privatwirtschaftliche  (bilanzmäßige)  Vermögensbegriif  '.   [   [   '   '       '  u 
d^  K^^^-^^f  zwischen  privatwirtschaftlichem  (bilanzmäßigem)  Vermögen 

c)  Die  Grundbegriffe  Vermögen  und  Kapital  in  "der  Bil'an'z  (iii  tabell'ar.* Forin)  17 

d)  Zeriegung  des  Vermögens  in  der  Bilanz 17 

§     5.    Schematische  Bilanzaufstellung gO 

§    6.   Stehendes  undumlaufendesVermögen(Betriebs-u.VeräulJerungsgegenstände)  21 

a)  ßegrmsbestimmung »  »  »  / 

b)  Bedeutung  des  stehenden  Vermögens  ..'..*.".' 07 

§    7.    Das  Wesen  der  Bilanz tt. 

a)  Im  allgemeinen '[ X« 

b)  Definition  der  Bilanz ''-........  32 

II.  Praktischer  Teil. 

Der  Zweck  der  Bilanz 03 

§    8.   Der  Zweck  der  Bilanz  im  allgemeinen '.".*.**.*.''*  33 

a)  Darstellung  der  Vermögenslage  und  Erfolgsermittlung  als  Zweck  der  Bilanz  33 
,  b;  Vermögens-  oder  Gewinnermittlungsbilanz? 35 

Bewertungslehre *....*      37 

§    9.   Der  Gesetzgeber  in  Deutschland  und  der  Schweiz  zur  Frage  der  BeweituDß  37 

a)  Die  allgememen  Bewertungsvorschriften  des  §  40  H.  G.  B.   .    .  37 

b)  Die  Bewertungsvorschriften  für  die  Aktiengesellschaften  des  §  261  H  G  B*  40 

c)  Die  Bewertungsvorschriften  für  die  Schweiz  nach  O.  R.  656     .    .  "  41 
§  10.   Zusammenfassende  Darstellung  der  Bewertungsvorschriften  des  Aktienrechts  42 

a)  Tableau  über  die  Bewertungsvorschriften  des  Aktienrechts   ......  42 

b)  Die  Bewertung  der  „andern  Vermögensgegenstände" .'   .*       '  42 

§  11.    Was  versteht  man  unter  dem  Selbstkostenpreis? 45 

%  12.   Die  Bewertung  der  Veräußerungsgegenstände !   i   .    ]    *   .  48 

a)  Im  allgemeinen '       *  '  4« 

b)  Im  speziellen ....*...*. 51 

%  13.    Reformvorschläge  hinsichtlich  der  gesetzlichen  Bewertuiigs Vorschriften  für 

.  1^     fl^  Veräußerungsgegenstände. 55 

$  14.   Die  Bewertung  der  Betriebsgegenstände 55 

A.  Im  allgemeinen . sa 

B.  Kritik  der  verschiedenenBewertungsprinzipien  für  die  Betriebsgegenstände  58 
1.  Uebersicht  über  die  verschiedenen  Bewertungsprinzipien 58 

II.  Schematische  Uebersicht  über  die  verschiedenen  Bewertungsprinzipien  58 
III.  Kritik  der  verschiedenen  Bewertungsprinzipien    ....  59 

a)  Objektiver  Wert .  S9 

b)  Subjektiver  Wert ■'...,..[[.  61 

a)  Hauptpunkte  der  Simonschen  Bewertungslehre  für  die  Betriebs- 
gegenstände      ^2 

ß)  Kritik  der  Simonschen,  sowie  der  übrigen  Bewertungslehren  für 
die  Betriebsgegenstände ^3 

C.  Die  Anlagewertpapiere yj 

D.  Die  immateriellen  Werte        ...,,'..,..,.,,    ]   ]    .   [    '  74 

E.  Die  Werterhöhung  bei  Betriebsgegenständen    .    .    .    . 75 

^  15.   ZurFrage  der  Reform  der  Bewertungsvorschriften  für  die  Betriebsgegenstände  76 


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