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I
1««
lörkrung t|)rl)llttt)cr i:i)eologtf.
D. ^. $^tait€x, uTiö D. ^. grcmer,
¥nif. in Ziltiitigin. $nif. in ©»iferudHi.
dritter Jaljcflang 1899.
Die jof^anneifd^c Ct^riftologie.
trud unb ^Berloe Don 6. »ertcUmniitt.
ISO».
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PortDort 3um brittcn 3al^rgang.
i)er Perfuc^, bntd} unfcre „Beiträge 5ur ^öröerung c^rtft»
lieber C^eologte" einer regen unö fruchtbaren Jtrbeitsgemeinfc^aft
unter bemn 5U öienen, öie für ftdj felbft oöer für einen mettern
Kreis öie t^eologifdje Jtrbeit beöürfen unö betreiben, ^at nun
feine beiöen erften 3a^re hinter ftc^. VOas aus i^m gemoröen
ift, liegt unfern Cefern vor 2tugen; uns felbft liegt beiöes gleic^»
mä^ig fern, Klage u>ie Hu^m.
IDir fe^en öen Perfuc^ fort, meil uns öie t^eologifc^e
2trbeit nidft als ein Spiel unö £u^s gilt, ipeldjer öer Kirche
im ©runöe entbehrlich märe, fonöern 5U öen i^r gefteüten 2tuf«
gaben gehört, öie fie nidft ungeftraft rerfäumt. 2tuc^ für unfere
(ßeiftlidjen , fo menig fie fxd) ausfdjlieflidj unö einfeitig als
iptffenfc^aftlidje Jtrbeiter füllen öürfen, liegt für i^r perfönlidfes
u>ie amtliches ©eöei^en riel öaran, öaf jte fic^ immer u>ieöer
ernft unö 5ufammen^ängenö öer ^ndft unö 2tnftrengung u>iffen=
fdfaftlidjer 2lrbeit Eingeben. Der Dienft, öen mir unfern Cefern
hierbei leiften, fann freilidj nicijt öarin befte^en, öaf mir i^nen
nur genufreic^e, unmittelbar öas 3nnerfte belebenöe Ceftüre
öarbieten. C^eologie ift itrbeit; bcnn fie i)ai es mit öer
Seoliftif öes mirflic^en ©efc^e^ens 5U t^un, öas fic^ auf unferm
iröifdjen Boöen PoUsogen ifai, unö fann fic^ öarum nidjt nur
mit öem, mas öes ©eiftes ift, befc^äftigen, fonöern ifai and}
ein reic^Iidfes IRaf Don „Stoff" 5U be^errfdjen, öeffen 3e»
arbeitung langfam unö mü^fam gelingt. Dodj meröen es öie
Beiträge immer als ^xel im Jtuge behalten, nic^t ins ^anö*
werf oereinselter Stoffbearbeitung 5U perjtnfen, fonöern öen Blicf
je unö je mieöer bis $u jener ^ö^e öurc^öringen 5U laffen, mo
öerfelbe an (ßottes lüort unö lüerf (Sott faft unö öaöurc^ öen
gansen inneren Cebensfdfa^ me^rt unö ftärft.
258948
— IV —
Den PortDürfen, 6ie uns u>egen unfrer Jtuffc^rift trafen,
6af wxv „auf Büdjertitcin bas ZHonopoI c^riftlidjer QT^eoIogic
für uns refcroierten" u, ögl., fielen u>ir in 6er guten ^^perftc^t
gegenüber, öaf es fidf auc^ an öen Beiträgen ermeifen ipir6,
öaf es feinen jidjereren Sc^u^ gegen felbftifdje Korruption
giebt, als 6ie ernfte Unterfteüung unter C^riftus, Ijoffen auc^,
6af öie „Beiträge" geraöe nadf öiefer Seite einen Beruf ^aben
un6 öie ©efa^r eines feftenljaften QTreibens auf 6em u>iffen=
fc^aftlidfen Jtrbeitsgebiete 5U minöern permögen, 6as 5U>ar nidjt
6en Hamen C^rifti, tpo^l aber öen Oel öer „miffenfdjaftlidjen
QT^eoIogie" für fic^ als ZHonopoI begeljrt. XDenn öie polemif
Don jener Seite gelegentlich ^erb tperöen foUte, bitten wir unfere
2Ttitarbeiter unö £efer um ruhige ©eöulö. Das freiließ ift uns
unperftänölic^, vok jidj ein QT^eoIoge im Blicf auf öie moöerne
(ßeöanfenbemegung Derbergen fann, öaf öie C^riftologie bis 5U
iljrem erften, einfac^ften Poröerfa^ in ^rage gefteüt u>irö, unö
öaf es für öie epangelifdje QTIjeoIogie pon grunölegenöer Be-
öeutung ift, was im Hamen C^rifti pon 3efus ausgefagt mirö.
Stftlatfer^ arr^mcr*
®ie
Uc. theol. W. Xütgxvl,
a- D- pToT- fat DntroMib.
las»
^nUtt
€ate
(Einleitung - 1—3
1. Kapitel.
^er ©ol^n ®otte§ 4—38
3)ie Wlextmale bcr aKeffianität Sefu. — ^tx §crr ber Söelt. —
S)er ei^riftuS unb ber ®eift. — ^er OJel^orfam beg ©ol^ne^. —
^er ©ol^n fielet unb l^ört ben ^ater. — S)ie 5lb^&ngtg!eit
Sefu öon ©Ott. — 2)ie ©tunbe Sefu. — ^ie einlädt 3efu mit
®ott. — ®ie ©ottl^eit 3efu. — ^er ÖJel^orfam gegen OJott
unb bie (Sinl^eit mit @ott in il^rer SSerlnitpfung.
2. Äapitel.
^er Urfprung Sefu au§ bem §imme( .... 39—67
3)te trabitioneUe (Erträrung. — ©tatifti! be« ^uöbrucfg. — ^ie
Stinontjma unb Dp^ofita. — 2)ie 2)efinition. — S)er 3Renfd§en*
fol^n, ber im §immel ift. — SSerborgenl^eit unb Offenbarung
feiner $errlid^!eit. — ^a§ ©elbftbewugtfein 3efu. — 2)er ©in*
geborne. — 2)ie 3Ktematiöe, fittlid^er ober meto^l^^fifd^er Ur*
fprung auS @ott, befielet bei Sol^anneS nid^t. — ^ie Unmög(id§!eit
ju fünbigen. — S)ie SSerfud^ungen. — SSoUtommenl^eit unb
(SntWitllung.
3. Ädpiter.
t)ie SRenfd^^eit gefu 68—88
^ie gteifd^ttJerbung beg SBorte^. — ^ie ^Betonung ber SKenfd^*
^eit 3efu. — ^er SRenfd^enfol^n. — S)ie ©r^l^ung be§
aßenfd^enfo^ncg. — 2)er „9Jame" Sefu. — S)a§ SeugniS
3efu. — S)ie grei^eit bom ©efe^. — Sefu« unb bag 5irtc
Xeftamcnt. — ^er 2;ob Sefu.
4. ^o^itel.
5)ie ßiebc Sefu 84—99
^ie Siebe (Sottet. — ^ie S^oUtommenl^eit ber Siebe 3efu. —
^er S^ergid^t auf ba§ ©erid^t. — ^ie SBunber Sefu al§ ^ülfc
unb arg Seid^en. — ®ie SBerle unb ba8 SBer! Sefu. — ^ie
^err(id§leit. — ®ie ©elbftöerleugnung S^fu unb ber Söeräic^t
— VIII —
€fite
ouf feine ^errlid^lcit. — 2)a§ 2)ienen unb Sterben. — t)te
i&cUigung. — 2)et gotn 3^fu.
5. §tQpM.
2)ic ®aben 3efu an bie SBelt 100—114
einlädt Don ®obc unb $erfon. — DaS ßid^t. — t)ie ©eilung
beS ©Unbgebomen. — Die SBal^rl^eit. — DoS Seben. —
Dai^ ^en unb ^rinlen feinet Steifd^ed unb 8(ute$. —
Der ©eift. — Der SBcinftorf unb bie »leben.
6. ^o^itel.
Die Sogo«le]^re 115—139
^ie ?(nlnitpfung on bie borl^anbene fiogoSlel^re. -- '^a^
aSort QJotteS in ber opoftolifc^en (SJemeinbe. — öer^dltni«
Don aSort unb SBcrl im 3ol^onne«eöangeliuni. — Die 3Wotiöe
be$ @rfa^e<S ber pneuntatifc^en (E^riftologie burd^ bie SogoS^^
djriftologie. — DoS SJer^altniö beS ßogoS ju ®ott unb jur
SBea. — ^ie ©c^öpfung ber Sßelt bur(^ bo« 28ort. — Die
S5ebeutung biefeiJ 6Jebanfen§ im ©öangetium. — SBort, fieben
unb Sid^t. — Die (iWenntniStl^eorie he^ 3ol^anne§.
j • V • •• , • •
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^ine Untetfud^ung ber jol^anneifd^en Sl^rifiologie lann bei
bct gcöcnroättigcn Soge ber biblifd^^tJ^eologifd^en SCtbeit nid&t mit
einer S)arfieIIung ber Sogoölel^te anfangen. SBenn ber ®t)angelifi
mit berfelben beginnt, fo fefet er freilidö Dorauä, bafe ber ©e^
meinfae, für bie er fd^reibt, biefer Segriff tJoHfiänbig burd^fld^tig
unb beöwegen geeignet ift, bem SBerftänbniä ber 5|Jerfon gefu ju
biencn. 3n ber gegenwärtigen tl^eologifd^en 3lrbeit aber ift bie
Sebeutung beä Sluöbrudö unb fein SBerl^dltnid jur ßl^rifiologie
beö ®t)angeliumä fel^r umftritten. 3)ie Unterführung wirb be«-
wegen tjereinfad^t, wenn man }unä# bie ßl^riftologie beä @t)ans
geliumö barfteHt unb t)on t)ier aus bie Sogoölei^re TJerftel^t. ©teBt
man bie Sogoölel^re an bie ©pifee, fo erläutert man fie aus ber
in ber apoftoUf(3&en 3cit tjorl^anbenen Sogoölel^re, an bie Sol^anne«
anfttüpft. 3)ann aber trägt man leidet au(^ biejenigen 3*8^ i>^^
Sogoötel^re, bie fi^ bei S^^^^^^ö ^^^^ mieberfinben , in bad
®DangcKum l^inein. Sufeerbem erroedEt bie SJarfieHung felbfi bann
ben ©d^ein, afe fei bie jol^anneifd&e ßl^riftologie auö ber Sogoß-
leiere l^eraudgefponnen, unb bie Sejiel^ung ber ©ebanfen auf baä
gefd^id^tUd^e SBirfeit 3efu wirb tjon tjom^erein gelodfert. 3n ber
©efd^id^te bed ©ebanlend ifl ed l^äufig pedfmä^ig, t)on ber
Sruc^t auöjugel^en unb ii^re ©ntfiei^ung bis in bie SEBurjel J^inein
ju ijerfolgen. SRur fo ift man fid&er, alle SEBurjeln }u finben unb
fein Clement in bie 3)arfteIIung J^ineinjujiel^en , ba« auf bie
Silbung ber §ru(^t feinen ©influfe geliabt l^at. 3Kan mufe alfo
oerfud^en, bie jol^anneifd^e Sogoöletire auö ber ßl^riftologie beö
©oongeliumö ju t)erftel)en. — ®rft menn man bie jol^anneifd&e
Sogoöle^re bargeftettt l^at, fann man feftfteUen, roeld^e ©lemente
ber t)oroufgegangenen ©efi^id^te Sol&anneö aufgenommen l^at.
S)ie SBoranfteUung ber Sogoölelire ift au(^ beöroegen irre-
fül^renb, meil ber Slnfd^ein entjiet)t, als wäre ber ganje 3lufbau
l^^r lOJ^anneifd^en 6t)riftologie bem ©oangelium im Unterfd&iebe
JJon ben übrigen neuteftamentlid^en ©d^riften ebenfo eigentümlid^
roie biefer Unterbau. S)aö 3ot)anne§et)angelium t)at aber ebenfo-
• • • ".
a. % • .~ •
— 2 —
roeniö auöfd&licfelid^ inbtoibucHc 3^0^ / «^^^ itßcnb eine neu-
teftamentlid^e ©d^rift. ©ie aUe l^aben }u iJ^ret aSotauöfefeung beit
©emeinbeglauben bet apojiolifd^en '^txK. 3lu(3^ bie iot)antteif(ä&e
ß^riftoloöie erbaut ftd^ auf einet bem ganzen bleuen 2^eftamcnt
gemeinfanten Safts. 3lad& ,,l^ifiotif(ä^et'' 9Ketl^obe wirb baö 33ilb
nur bann entworfen, wenn man bie bem gotiannedeoangelium
mit allen neutefiamentUd^en ©d^riften gemeinfamen 3^0^ W^^
jei^net. ®ö ift nid^t ganj ridötig, ben Sogoßbegriff ben ©runb::
begriff ber iot)anneif(^en ßi^rifiologie ju nennen. ®l^er ift er bie
©pifte, baö '^x^, auf mel(^eö ber ©ebanfengang juftrebt. 3)ie^
wirb baburd^, ba§ gol^anneö mit bem Sogoönamen beginnt, nid&t
roiberlegt, fonbem betätigt. Sefanntlid^ ift eö d^arafteriftifd^ für
ben Soangeliften , bafe er feine ©ebanfengänge nid&t genetifd^
barfteHt. 3)ie SJarftettung verfolgt nid^t baö SBerben ber ©e^
baufen, fo bafe baö %^x^%t am ©d^lufe ftel)t, fonbem fie beginnt
mit bem ©anjen unb fteigt abmärtö ju ben einzelnen 2^eilen.
®r benft intuitio, nid^t inbuftit).
Slnfnitpfungöpunfte l)at bie jol^anneifd^e ßliriftologie nid^t
nur im ©emeinbeglauben ber apofiolifd^en Äird^e, fonbem aud^
im 3iubentum. 3lud& t)om Soi^anneöeoangelium gilt, bafe feine
ganje Segrifföraelt an bie f^nagogale S^l)eoIogie anfnüpft.^) SJaia
®oangelium fd^liefet fid^ aber nid&t (xxk baö alejanbrinifd^e, fonbem
an baö paläftinenfifdbe ^ubentum an. 6in Seroeid bafür ifi bie
©prad&e.2) ©in weiterer Seioeiö ift bie 35egrifföreit)e beö ©oan-
geliften.^) gür bie (S^riftologie wirb bie folgenbe S)arfiettunft
bieö jeigen.
©er ©runbbegriff , ber 3luögangdpunft ber jol^anneifd^en
e^riftologie ift ber jübifd&e ßl^riftuögebanfe. 3u jeigen, bafe
Sefus ber e^riftuö, ber ©ol^n ©otteö ift, baö ift baä 3tcl be&
eoangeliumö, 20, 31. SBon ber 3lnfnüpfung ^x^ ben ©^rijiuö-
gebanfen wirb bie Unterfud^ung bal)er augjuge^en t)aben. Slud^
bie aibfid^t, bie ben SBerfaffer bei ber 3lnfnüpfung an bie SogoS:^
lelire leitete, läfet fid6 nidfet auö bem 3lnfang beö ®üangelium^
attein feftftetten. SDie golge biefer aKetf)obc ift bie, bag xa^Xi
1) S^gl. .<Qol^mann, SReuteftamentlid^e X^cologie n, 368. SSeiafäder,
2)a§ ojjoftoIifcS^e Seitarter, 530 f.
2) ©glatter, %tx ©taube. 1. Slufl. @. 5. %xm. i.
3) $8gl. l^ierüber neuerbingö ©d^latter, ®ie ^araUelen in ben SSorten
3efu bei gol^anneS unb SJlattl^äuS. (33ettTäge, II. S^i^rgang, 5. §eft.)
— 3 —
naäi einem aus bem beginn bed Sud^cö fcftgefefetcn ^xozd aUeö
golgenbe etflärt, enltüebet gemattfam naö) biefem ^xoed beutet,
ober xmbetüdfi(|tigt läfet.
3)ie Slbjtd^t, bie man in bem ©üauöelium etfenut, bebingt
bie ©teHung, bie man i^m in bet ©ef^id^te giebt. 3Ke^t als
bei irgenb einer neutejiamentlid^en ©(^rift l)äugt beim ^o^anneö-
eoangetium bie ^rage na6^ bem SBerfaffer unb ber 3^it mit ber
X^eologie, befonberß mit bet ß^rijiologie beö ®oangettum§, ju^
fammen. S)ie 3)atierung beö ©oangetiumö ^öngt faft auö?
fd^lie^tid^ von ber grage ab, in roeti^er 3cit «tan bie ß^tiftologie
beö SSud^eö motioiert unb t)erfiänblid& finbet.
Sie folgenbe 2)arftetlung fe^t ben jof)auneif($en Urfprung
beö vierten ®oangeliumö unb ber "^oifanm^bxk^e oorauä. 3)ie
Unterfud^ung ift oou biefer SBorauöfe^ung unabl^ängig, aber bie
Stefultate ber biblifd^-t^eologifd^cn 3lrbeit fpred^en bei Seantroortung
ber fritifc^en fragen emfci&eibenb mit. Bä^on baö SSer^ältniö ber
io^anneijcöen ß^riftologie jum jübifd^en ß^rifiuöbitbe ift bebejitfam
für bie Datierung beß ©tjangetiumS.
Unter aßen neuteftamentUd^en ©(^riften roirb man am
menigften bem jol^anneifd^en ®oangelium burd^ eine ftatiftif(^e
@jegefe, bie fid^ auö ©injelunterfud^ungen jufammenfe^t, geredet.
6§ l^anbelt fid^ um eine l)ijiorifd^e unb nid^t um eine p^itologifd^e
Unterfud^ung. 3)ie 2lufgabe roirb nur burd& eine jufammen^
faffenbe organifd&e Sieprobuftion gelöft. 3Bie bie ©ebanfenbilbung
beö So^anneö ein eigentümlid&eö 3i«^inanber von 3inbuftion unb
©pefulation jeigt, fo ifi ein fold^eß aud^ bei ber SBiebergabe
feiner ©ebanfen erfovberlid^, mobei jtd^ über baö 3Sorn)iegen beö
einen ober beö anbern ©lementeö von Dornl^erein nid^tö auö^^
mad^en läfet.^)
^) ^on ber Sittetatur finb mir ber jweite S3anb ber ©inreitung in§
^em 2:eftament öon 3a^n unb bie Sd^riften öon Sd^tatter, ^u§(egung be§
Sol^anneSeöangeliumö, ©alw unb Stuttgart 1899, ^ie ^araHeren in hm
aöorten 3efu bei So^anne« unb 9)latt^äu§ (S3eiträge, II. Sal^rgang, 5. §eft)
unb ber auffaßt ^er S3rud^ Qefu mit ber ^w^cnfd^aft in ben Drelli ge*
Wibmeten ^b^aubtungen : „3lu§ ©d^rift unb ©efc^id^te" erft beim ^bfd^Iug
be§ SJianuffripteS sugegangen. ^od^ waren nod^ einjefne 9lac§träge unb
^luSeinanberfe^ungen mit biefen ©d^riften, bie in ber ßitteratur über ha^
Soi^anneSeöangelium eine bebeutenbe Stellung einnel^men, möglid).
per §of^n #otte$-
2)cr ©runbbegriff ber jol^anncifd&en ©l^rifloloflic iji bcr
öcgttff : ©ol^n ©ottcö. 35ie öcjeid&nung ifl bef anntlid^ mcffianif d&
unb aud& bei 3fol^anneö burd&auö f^nonpm bcm ©l^tifluÄtitel/)
Dgl. 11, 27 rxt; f? XQiarog 6 viog rnv dsov, 20, 31 ^Itjaovg
iativ 6 XQiaxog b vlog xov dsov, DgL im crfieii 33ricfc 5, 1 :
^Ifjoovg iativ 6 Xgioxog mit SB. 5: l^aovg iativ 6 viog roü
d^eov a[d bad ^efenntnid bed ®(au6end.
35a6 ber öegtiff bei So^anncö Qtnan ebenfo mie im ganjen
bleuen ^leftament bie 33afifi ber ©^riftologie ift, jeigt ber ©d&tug
bed (Soangeliumd am ftarften: ^ad 3^^'' ^^^ SDangeliumd ift
bie 33e9rünbun0 bed ©lauben«, bafe 3efu« ber ©J^riflu«, ber
©ol^n ©otted ift. 3)em entfprid^t eö, wenn ber erfie 33rief alö
ben entfd&eibenben 3lbfall t)on ber ©emeinbe bie SBerneinung ber
aRefRanität 3efu bejeid&net, 2, 22. 8Q3ie in ber gefamten apofto=
Ufd^en ©emeinbe bebingt a\xi) bei 3ol^annefi bad öefenntni« jur
3Keffianität 3efu bie 3w9^^öriflfeit jur ©emeinbe.
allein l^iermit ifi ber Slufibrucf nod& nid&t oerfianben. 3Rit
roeld^em SRed^te 3efuö ber 5Rame bed ßl^rifiud, beö ©ol^neä
@otteö gß'&ö^i^^ jeigen junäcjft bie SEBorte, in benen bie Über-
tragung biefe« S^itefä auf Sefuö begrünbet wirb. Slm ©d&lufe
beö (SDangeliumö, 20, 31, l^eifet eö, bafe bie im ©oangelium
erjäl^lten 3^^^^^ gefd^rieben feien, Iva matsvfjts ort 'Ifjaovg
iativ Xgiatog 6 vlog tov d^sov. 3)a3felbe Urteil fprid&t bafi
») ^ie§ befttcitet ga^n, (Sinreitung 11, ©. 533. mdn aud§ bie mu
faffenbften ^uöfagcn. über ben @o^n öJottc^ begrilnben hä 3o^annc§,
warum i^m ber e^riftuöname gebührt, ^cn 33eweiö bafür fott bie gange
obige ?lu§fü^rung geben.
— 5 -
SSoIf aus, 7/ 31 ; 6 XQtarog orav sldtj /urj nXslova atjfxfta
noiTjasi &v ovTog noiet; 10, 25 beantwortet 3efnö felbfl bie
fjtage, ob et bcr ß^tijiuö fei, mit ben SSBotten: r« sgya ä
iydj noicS €V t^ ovi/uari rov natQog /uov, tuvtu /uaorvQft nsQi
i/Liov. 3(n jToei ©teilen wirb baö wunbcrbatc SBiffen 3efu ald
aJierfmal feiner 3Keffianität genannt. 1, 50 begtünbet bad
rounberbare 2Biffen 3efu bei Slat^anael bad 33efenntniö: av d
6 viog Tov &(ov, av ßaaiXfvg si tov ^lagai^X, 2)er gleite
©d^IujS liegt 4, 29 DOt: Sevrs Idtrs uvdQtanov og sinev /lioi
navra a inolfjaa fniJTi. ovrog 6(ttiv o Xgtarog] l^ietnad^ liegt
bei So^anneö genau berfelbe ©d^lufe t)or wie bei ben ©rinoptifern :
aus ben 3^'^^^/ i>^^ 3)laijt Sefu, fd^liefet man auf feine
SReffianität, pe finb ber (Sr!enntniögrunb berfclben. 2)ie jol^an-
neifd^e ßl^tiftologie ift genau mie bie ß^riftologie ber ©pnoptüer
t)om SKefpaöbilb auö entworfen, fie ift burd^ Übertragung be3=
felben auf ^efuö gewonnen. 2Bie bei ben ©pnoptifern ift aucj
bei Sö^annes ber ©ol^n ber, ben ber 3Sater liebt, 3, 35; 5, 20;
10, 17; 15, 9; 17, 23 ff. ©r ift ber ^eilige ©otted, b. ^. ber,
ber ber SBelt entnommen ift, ber (Sott gel^ört unb ben ©Ott
gebrau(ä&t, 6, 69; 10, 30. SDer ©ol^n liebt ben Sßater, 14, 31,
unb bieö äufeert [x^ barin, bafe er feinen SBillen t^ut, 4, 34;
5, 30; 6, 38; 8, 29. 46. 55; 15, 10. SDie erfüttung beö
aBiffen« ©otteß alfo ift baö aWer!mal feiner ©ottcfifol^nfd&aft.
3Bie bie Siebe 3^fw ju ©Ott nii^t verborgene, rul^enbe ©efinnung
ift, fonbem fid& barin äufeert, bafe er ben SBillen ©otteö tl^ut, fo
befielet aud^ bie Siebe ©otteö ju Sefuö barin, bafe ©Ott ben
SBillen 3efu tl^ut, auf il^n l^ört, fein SBort mal^r mai^t (ogl. bie
3flegel 9, 31). ©Ott giebt Sefuö feine SBerfe, 5, 36. Sefuö
t^ut bie SBerfe ©otteö, 10, 37. ©ott ^ört i^n aaejeit, 11, 42.^
aSor allen S)ingen entfprid^t ber jol^anneifd^e ©ol^neögebanfc bem
jübifd&en 3Kefftaöbitbe barin, bafe bie 2iotenauferwedhtng il^m
übertragen ift: man erwartete t)om ©^riftuö bie ©rwedfung ber
SCoten, ogl. 5, 21 ff., bef. 29; 11, 27. Sßad& bem jübifd&en
ßl^riftuögebanfen ift ber gefalbte ^önig 3örael§ aud^ ber, ber
©Ott nid^t nur Sörael, fonbem aud& bie SBBelt unterwerfen wirb,
») S« fommt borldufig nid^t barauf an, bie ^rt, wie bicfer Sufammen*
l^ong 3efu mit öJott gebadet ift, barjufteKen, fonbcrn nur gu äeigen, baß
bie ^luSfagen bc§ goi^anneg über ben @ol^n bem iübifd^en (E^riftuögebanfen
cntf|)red§en.
— 6 —
ber $crr, bcm ©ott bic SBBclt jum ©iflcntum gegeben l^at, für
bcffen ^errfd^aft ©Ott fte fd&uf. ©ie gehört i^m, felbji wenn ftc
il^m nod& nid^t ge^otd^t, eben beöroegen, weil fie ®ott gehört.
@ie wirb ®ott untettl^an hnxi) ben ©^riftuö imb bem 6^rijiu§ burd^
©Ott. 5Diefeö aWerfmal beö ß^riftufibilbeö fie^t in ber nteffianifd&cn
ißoffnung butd^ g}f. 2 oöttig fefi. 2)en SBotten: 2)u bift mein
©o^n, idfe ^abe bid^ l^eute gejeugt, tolrb bort afe unmittelbar fidb
barauf bauenbe Folgerung angefi^loffen : gorbere Don mir, unb idö
roid bir bie aSötfet jum 6rbe geben unb bie ®nben ber 6rbe jum
©igentum. 2lud& biefeö 3JJer!mal ber ß^riftuö^offnung erflärt
eine Sieil^e oon Sufifprüd^en beö jol^anneifd&en ©oangeliumö unb
ftellt i^ren Sinn unb i^re SBerbiubung mit bem ß^riftuögebanfen
feft. 3n ben SBortcn beö Käufer« 3, 35 fd^lie^t fid^ ben
SBorten: ber Sßater liebt ben ©o^n, alö felbftoerftönblid^e gort-
fefcung bas 39e!enntni§ an: unb er ^at aUe« in feine ^anb
gegeben. @§ ift ganj roidfürlid^ unb burd^ ben ßwfammenl^ang
in feiner SBeife begrfmbet, einjutragen: „35ie ganje 3luöfü^rung
beö göttlid^en ^eilöratfdbluffeö/' wie SEBeife, $ol|mann u. a. er-
flären. S)ie ©rflärung, bafe er i^m bie 2Belt jum ©igentum
übergeben, if)n jum ^errn ber Sffielt gemad^t ^at, mirb nid^t nur
burd^ ben SKuöbrud! felbft, fonbern aud^ burd& ben jübifd&en
3Keffia§gebanfen, bem biefer 3^0 mefentlid^ ift, geforbert. 2)er
gleid^e ©ebanfe mirb 13, 3 au3gefprod6en : navra eScuxsv aii^
nuxriQ sig rag yuQag. 3)ie SEBorte brüd^cu in gleid^er Seife
baö ßl^riftusberou^tfein au§, mie 3Rattl^. 11, 27 navx(s. fioi
noQsSo&f] V7i6 Tov nargog /uov, unb fo roittfürlid^ eö ift, bie|e
SBorte in irgenb einer SBeife einjuf d&ränf en , etioa burd^ ben
3ufa|: „alles, maö jur 2lu«fü^rung bed göttlid^en ^eite-
ratfd^luffes gehört" (SBeife),^ fo mittfürlid^ ift eö aud^, bie jo^an^-
») ßbcnfo beutet ^ol^mann, 9ieuteftamentUd^e S^l^eologie I, 274 f. 2)ie
SBorte lönnten fic^ „fd^werlic^ auf bic Übergabe be^ SBeltregimente« an
gefuS beäie^en", „nad^bem ®ott foeben als iperr §imme(ö unb ber @rbc
bejeid^net war." SJreilic^, wenn bie „Übergabe beö SBcltrcgimente«" on
Sefu§ im ©cgcufa^ baju ftünbc, ha^ öJott §err be§ §immel§ unb ber
(Bxhe ift, bann würbe nid^t nur bic borl^crgel^enbc (Erinnerung l^ieran,
fonbern ba§ gange (SJotteöbewufttfein 3efu ein folc^eS SBort unmöglich
machen. 9?un aber fte^en beibe 33efenntniffe für hk 5lpofte( nid^t im ®egcn*
fa^ ju einanber, fonbern fie finb laufal miteinanber öerbunben. GJerabc
weil ÖJott ber §err ber SBelt ift, fo ift e§ auc^ Scfuö, unb burd^ ScfuS
— 7 —
tteif^cn SBottc mit anbctcm 3Kafeftabc als bem ©^riftuöberoufetfcin
3U tncffen unb jlc alfo cinjufi^Tättfcn. 3lu(^ baö ift falfd^, il^rc
SSebcutung auf baö 3Ka§ l^eTabjubrüdcn, tocld^eö an etnpirifd^er
•SBcltl^cnf^aft im ßcbcn 3cfu fid^tbar mitb. 3Kan octfcnnt bamit
ten ©laubcnfiaft, bcr in biefcm änfptud^ liegt. 3)a§ Urteil ift
ttii^t bem (Stabe angepaßt, in bem bie SBelt tl^atfäcjlidö Sefuß
iitttett^an wirb, fonbetn e§ ftüfet [x^ auf ben ©otteögebanfen :
5Die SBelt gel^ört Sefuö, roeil ©Ott fte i^m gab. 3ln ©ottes
^ad^t wirb 3«fu S3eftfe gemeffen. 8Ba§ ®ott gel^ött, gel^ött au(J
^efuö. Sßgl. 16, 14: ndvTa oaa €/€i 6 naTTjQ e/na iariv.
17, 10 enti^ält bcibe Seiten biefeö Urteite: xai t« i/Lia navra
3)ieö ift aber tbtn ber ^nl^alt ber jübifiä^en g^riftuöl^offnung :
©Ott unterwirft fid^ bie Sffielt burd^ ben Äönig, unb ber ^önig
xintermirft fi($ bie 2Belt burd^ ©otteö SKad^t : inbem fic bem einen
fiel^ört unb gel^ord^t, geprt unb gel^ord^t fie anä) bem anbern.
9lud& bem Silbe von bem Wirten unb ber $erbe liegt baö
^l^riftuöberouMcte ju ©runbe. 2)aburd§ unterfd^eibet fid^ ber
^irte oon ben aWietlingen, bafe bie ©d^afe fein ©igentum finb.
©ie gel^ören il^m, f(^on el^e er in bie ^ürbe tritt, unb a\xi) bie,
Jbei benen er je^t nid^t ift, gel^ören i^m bod^ f(^on jefet. 9lur
weil fie i^m gel^ören, fo gel^ord^en fie il^m.
SDenfelben ©ebanfen brüdt in ber 5Rebe be§ Xäuferö 3, 29
ias S3ilb t)om Sräutigam auö. Sie SRebe ift eine aintroort auf
ben 33erid&t ber jünger bes 2:äuferö: alle fommen ju t^m.
^ieö miß fie erflären unb red^tfertigen. ©ö mürbe nid^t ge-
fd^e^en, menn eö nid^t SBille unb 2Bir!ung ©otteö märe. Sefuö
^at fid^ bieg nid^t „genommen", eö ift nid^tö fünftlid^ ©emad^teö
unb ©efud^teö. 6ö ift i^m gegeben au§ bem ^immel. 3)en
3;äufer oerläfet baö Sßolf unb ge^t ju Sefuö, weil nid^t er,
bringt GJott fein Sdcid^. ^ic tönigSftdlunö Scfu begrenzt bie aScltl^errfd^aft
<sjotte§ nid^t, ba fie ja nur in 3cfu ©cl^otfam gegen ©Ott begrünbet ift.
%ie^ ju geigen, ift eines bcr bel^crrfd^cnbcn ^ntcreffen beS gol^anneg*
©bangettumö, wie unten beriefen werben wirb. — ^ie SWißbeutungen be§
2Borte§ ftammen entweber bal^er, bag man bie SJereinigung beSfclben mit
bem QJotteSgebanfen nid^t erfennt, ober bal^er, ba% man e§ an ber im
gefd§i(3^trid§cn Seben 3efu erlennbaren ©rfa^rung mißt, ^iefeg le^tere M^^
tjcrftänbnis ift im Sejt befproc^en. 9Jad^ „^iftorifc^er" SÄetl^obc barf ba«
28ort nur nad^ bem (5]§riftu§gebanlen öerftanben werben.
- 8 —
fonbetn Sefuö ber ©l^tiftuÄ ifi. ,,SBcr bic 33taut ^at, bet ifi ber
Sräutiöam." 35atau8, bafe boö 5Bott, fobolb Sefuö aufttitt, ft(ä&
Dom S^äufct fort ju il^m g^ogen fü^tt, ift etfcnnbat, bafe et ber
,,39räuti0am", ber ©l^riftuö ifi. Jlid&t fo wirb gcfd&loffcn:
baburd^, bafe ftc ju il^tn fommcn, gcl^ören fte i^tn — vizlme^x
ifi baö Äommcn bcd 3Solfcö ju 3cfuö ber ©rfenntnifigrunb feiner
3Kefftanität : weil fie il^m gehören, fo fommen fie ju ü^tn. ©r
ift i^r $crr unb Scfifecr, fcjon e^e fie ju il^m tarnen, ^iernad^
ift nun aud^ baö SBort 1, 11 ju beuten: eig tä l'dta ^kdsv xai
Ol idini avTov ov naQeXaßov. SWau beutet biefeS SBort über-
wieflenb auf ba§ Sßolf Sßroel.^) Stud^ wenn bieö ber gaff wäre,
würbe bad SBort au3 bent ©l^riftuögebanfen Derftönblid^ fein, ja
e§ wäre bann affein au§ biefem ©ebanfcn ju oerfie^en.
Saffein^) 58. 11 ift paraffel 58. 10. mm ^at eingeroorfen,
58. 11 fafle 58. 10 gegenüber nid&tö 5Reueö, wenn mit tu Uta
ebenfaffö bie 5Belt gemeint fei.*) Snbeffen beibe 58erfe bejeid^nen
ben unnatürlid^en Sl^arafter bed Unglauben^ ber 5lBelt naSi jtoei
üerfd^iebcnen ©eiten l^in: bie 5Belt na^m ü^n nid&t auf, obgleid^
fie burd^ il^n gemacht mar unb obgleid^ fie fein ©igentum mar.
greilid^ Rängen beibe ©ebanfen jufammen. Slber fie finb nidftt
ibentifd^. ©ie merben in ber neuteftamentlid^en ©l^rifiologie aud^
fonft nebeneinanber geftefft. 2)er jmeite ©ebanle, bafe bie 9Befl
bas eigentum beö ßl^riftud ift, f^liejst ben erften nod^ nid^t
unmittelbar in fid§. ©r brüdft einfad^ ben Snl^alt beß ©^riftu«^
gebanfenö aw^. 3in bem ©ebanfen aber, bafe bie 5Belt bem
9JJeffia§ gel^ört, liegt no(^ nid^t, bafs er fie gemad^t l^at. Slfo
ift 58. 11 aud^ bann, menn man unter r« Uta bie SBelt Derfie^t,
feine SBieberl^olung. 58ielmel^r fann 58. 11 nur alö ^araffele
JU 58. 10 gebeutet merben unb r« Yöia bejeid^net bie 5!Bclt, t)on
ber biöl^er affein bie 3lebe mar. 3)er ©ebanfenfreiö ift unioerfa-
lifiifd^. greilid^ ift er mit bem ßogoögcbanfen in 58crbinbun8
gebrad^t, affein er ift nid&t etma erft auö bemfelben t)erflänblid^.
58ielmel^r fagt er bur(^auö nid^t me^r, afe bie Stnmenbung be«
G^riftuögebanfenö auf Sefuö ergiebt: bie 5BeIt ift fein ©igentum.
*) 5Sgr. j. S3. §amad a. a. D. ©. 220. SBciß j. b. @t.
>) Sßgl aud§ ipol^mann j. b. @t. unb aSeigfödEer a. a. D. 520.
8) S8albcnf|)crger, ^cr Prolog be§ biertcn @bangerium§, @. 18, fc^riegt
üuS fel^r ungurdd^enbcn iBeobad^tungen, „bag ot Utoi in ben frommen
Reifen eine ftcl^enbc SScjcid^nung für baS SubenöoK geworben war."
— 9 —
2)aö SBott T« idia feiert ou(^ itn 33ilbc t)om Ritten unb bcr
iQCtbe toicbct 10, 3 f. 12. — 1, 11 jcigt aber beutlid^, n)ic baö
Urteil, bafe bie SBelt boö ©igentum 3efu tft, in feiner SBeife
baoon abl^ängig ift, ob fie il^m gel^ord^t. 3)ie 9)lenfd^en werben
fein ©igentutti genannt, obgleich fte i^n nid^t aufnehmen. @ben
weil biefer ©ebanfe ben ©laubenßaft in jld^ f^ä&liefet, wirb er
feineönjegö bur(^ bie ^Beobachtung burd^freujt, bafe in anberen
SBorten nur biejenigen, bie gläubig geworben finb, als fold^e
3efu ©igentutti genannt werben, ogl. 13, 1. %üx jxe ift bafi
©laubenöurteil jum ©rfa^rungöurteil geworben, wä^renb baö
Urteil, bafe bie ganje SBelt 3efu ©igentum ift, jur 2Birfli(^feit
in berjenigen Spannung fielet, bie eö eben junt ©laubenö-
urteil mad^t.
hiermit finb auö bem begriffe: @o^n ©otteö nur bie^
jenigen SJiomente ^eroorgel^oben; bie ber ©i^riftuögebanfe in fid^
fd^liefet unb in benen bie jol^anneifd^e ©l^riftologie bie ©^riftologie
ber ©pnoptifer nid&t überfd^reitet. 5Rur wenn man bie fpnoptifd^e
ß^riftologie willfürlii^ einfd^ränft unb nid^t nad& bem jübifc^en
9Keffiaöbilbe beutet, fann man bicö oerfennen. 3lu(^ bei ben
©pnoptifern wirb Sefuö an feiner SWad^t alö ber oon @ott jum
^erm ber SBelt beftimmte 6^rifiu§ erfannt. ©ß ift aud^ für bie
fpnoptifd^e ©l^riftologie eine SSerfennung beö im S3efcnntni9 jur
aWeffianität 3efu liegenben ©laubenö, wenn man befiniert,
baj3 Sefuö ber 3Reffiad nid^t fei, fonbern bafe er jum SKefflafi
nur beftimmt fei. 3)a er oon (Sott baju beftimmt ift, fo
bel^anbelt er feine SKeffianität nid^t alö rein jufünftig, fonbern
mit bem Flamen giebt il^m ©Ott baö 3leid^. B^^^f^g ift nur
bie Offenbarung feiner 9)leffianität.
3)ie Übereinftimmung erftredt fid^ nod^ auf einen anbern
^unft. Slämlid^ aud& Sol^anneö leitet wie bie ©pnoptifer bie
©otteöfo^nfd^aft 3efu auö bem ©eifte ©otteö ab. 1, 33 f. be=
grünbet ber Säufer fein B^^gniö, bafe Sefuö ber ©o^n ©otteö
fei, bamit, ba§ er ben ®eift f)abz auf il|n l^erabfommen feigen.
2)er ju ©runbe liegenbe ©c^lufe ift alfo ber: wer ©otteö ®eift
l^at, ber ift ©otteö ©ol^n. 2lud^ in bem äBorte beö ^läuferö
3, 34 wirb bie SBebeutung S^fw barauö erflärt, bafe @ott i^m
feinen ©eift gegeben l^at. 33. 34 fagt, bafe Sefuö, weil ©Ott il^n
fanbte, ®otte§ SBorte rebet. 35ieö wirb bamit begrünbet, ba&
©Ott ben ©eift o^ne 3Wa6 giebt. SDafe er ©otteö SBorte rebet.
- 10 —
ettl&xi ^x^ batauö; bafe et bcn ßanjcn ©cift ©otteö empfangen
l^at. ®r ift bct XxäQei beö ©eifieö ©otteö. 35atum rebet er
nid^t ,,auö ber erbe". aSgl. SB. 31.
®erfel6e ©ebanfe erflärt baö SBort 6, 63 t6 nvtvfiu ianv
ro l^(oo7ioiovv, ri (Juq'% ovx (oq)Xft ovSiv. ®a3 SBott foff ben
3lttfio6 befcitigen, ben bie Sänget an bet DOt^etgel^enben 3tebe
ncl^men, an bet Sel^auptung bet lebenfd^affenben SWac^t feines
gleifd&eö. 2)aö SBBott ifi abet felbftüetjiänblic^ nid&t ate SRegation
bet biöl^etigcn Sluöfül^rung, fonbetn ate beten ©tHätung gemeint,
€ö foll alfo crflätcn, roatum bem gleif^e 3efu eine foK^e Ättoft
innerool^nt. 2Bie getabe biefe ©teile jeigt, empfängt au(^ bei
Sol^anneö bet SBegtiff feine 39ebeutung butd^ bcn ®egenfa| gegen
nvev/Lia, SBBenn man 1, 14 unb 1. Sol^. 4, 2 einetfeitö t)er-
gleid^t unb anbctetfeitö 3, 6: ro ysyewrifjiivov ix rtjg caQxog
ca^i i(TTiv, mo ebenfattß nvsvfla ben ©egenfafe bilbet, fo ift
etftc^tlid^ , ba§ aag'^ bei Sol^anneö fo wenig alö bei ^aulud
,,einen au§ itbifd^em §leif(^ beftel^enben 3Wenfd^enlcib" bejeid&net,
loie 5)8fleibetet befiniett/) fonbetn bafe es bie ganjc menfd^Iic^e
3ltt, baö menfd&Ii(^c SBefen bcjeid&net, ogl. aud& 17, 2. 2)iefeö
gleifd^ als fol<^eö roitft ni(|t Seben, fonft roäxt jene leben-
fdfeaffenbe SBitfung ni(^t 3efu eigentümlid^ , benn fein gleif4
fein menfd&Iid&cö SBefen teilt Sefuö mit bet gefamten 2Renfd&l^eit.
2lbet nut 3efu gleif(^ übt jene 2Bitfung am. Sffiaö alfo Scben
fd^afft, baö ift nid^t baö gleifd^, fonbetn bet (Seifl. ^ietbutci^
mitb bet ootl^etgel^enbe ©ebanfe in folgenbet 3Beife etflätt:
toenn baö %ld\i^ 3efu &tbtn fdbafft, fo liegt baö nid&t am
gleifd^ als fold^em, fonbetn am (Seift. 3)ct ®eift ift es, bet
but(i baö gleifd& ^efu Seben fd&afft. SDaS gleifd^ 3efu ifi baö
aJlittel, but(| meld^cs bas Seben allein gemitft mitb:*) maS aber
butd^ baö gleifd^ ^efu bas Seben mitft, bas ift bet ©eift. SJBcil
but(^ bie 5D?enfd^l^eit, bie menfd^lid&e 9ltt ^efu, bet ©eift mitft,
f f(|afft fie Seben. 9llfo aucj in biefem SBotte ift bie Sebeutung
Sefu aus feinem ©eiftbeftfe etflätt. 2lls SCtäget be« ©eiftcä
loitft et in feinet menfd^lid^en Sttt.
3n biefen SSBottcn ift nut auöbtü(fli(| auSgefptod^en, was
fidb aus anbeten 2luöfagcn als il^te SBotauSfefeung etgiebt. S)er
') Urc^riftentum, @. 258.
2) tiefer (SJebanfe wirb f|)ätcr feine ©rlduterung flnbcn.
— 11 —
©tfenntniögrunb ber 3Kcffiiamtöt 3cfu ift audfe bei Sol^anneö bic
3Ka(|t fcincö 2Bortc9 unb feiner Xi)at, übernatürlid^eö SSBiffen
itnb übernatüTli(^e 9Jlad^t. S)iefe beiben nun finb na(| bent
allgemeinen Urteil ber apoftolifd^en ©emeinbe bie SBirfungen beö
©eifteö.O
2)a§ SSerl^dltnid ^t\\x jum ©eifte nadfe bem jol^anneifd^en
@t)angelium wirb fpäter no(| weiter unterfud^t werben. 2ln
bicfer ©teile fomntt eö nur barauf an, bie 39ebeutung beö
©eiftbeRleä für bie Übertragung beö ©ol^neönamenö feftjuftellen,
iinb jroar fo weit feftjuftellen, afe fie Rd^ mit ber f9noptif(j^en
€^riftologie bedt: 3efu« ift bet ©ofin ©olteö, ber e^riftuö aU
ber 2^räger bes ©eifteö. 9lu(^ bie Semerfung t)on ^olfemann,^)
bafe baö oon ^o^annes mel^rfa(^ fieroorgel^obene ,,39leiben" beö
©eifteö etxoa^ 5Reueö fei, ift ni(^t begrünbet. 3lu(^ bie ©pnoptifer
benfen nid&t nur an ,,momentane unb ftofeweife ©inwirfungen
bed ©eifteö".^) ©ie leiten aHeö ^anbeln unb SReben 3efu, feine
ganje ^Perfon t)om ©eijie ©otteö ab: 2)urd^ ben 33efi| beö
©eifteä ift er ber ©^riftuö. 8Ba§ bebeutet bie 3Kitteilung beß
©eifieö in ber ^laufe anbereö, als bieö, bafe SefuS jum S^räger
bed ©eifteö wirb? 2)a ber ®eift baö 33anb jwifd&en ©Ott unb
ilWenfd^ bebeutet, fo f(^lieJ3t fi(| au(ä& bei ben ©pnoptifern an
ia^ Äommen beö ©eifteö fein Sleiben. Ober benfen fie fidfe
etwa bie ©emeinfcjaft 3efu mit ©ott nur „momentan unb fto6=
weife", unb nid^t Dielmel^r bleibenb?
Slud) ber 2Biberfprud& ber beiben S^aufberid^te ift fünftlid^
eingetragen. SSBenn nod^ So^anneö ber 3;äufer a\i^ bem auf
^) SSgl. ®unfe(, 2)ic Söirfungcn he^ ^eiligen QJciftcö unb @(3^lattcr in
ben ©xeifswalber ©tubien, ©. 101; cbenbort ©. 216.
«) II, 459. *
*) ®iefe üRigbeutung ber fgnoptifd^en d^riftoloöie pngt bamit
^ufammcn, baß man feit ber @d§rift öon ®unfc( ben ncuteftamentlid^en
©eiftgebanfen cinfcitig unter ba§ SWad^lfd^ema fubjumiert. ©d^on ber
^mitt %eil be§ 8u(^e§ öon QJunfel beweift, bag fid^ ber paulinifd^e GJeift*
^thanU fo nid^t berftel^en lögt. Stm Harften geigt fid§ ber ?lbftanb ber
^un!e(fd§en Klärungen t>om paulinifd^en ^ebanlen barin, ha^ er nid§t gu
€r!laren öermag, ha% ba§ Seufjen auS bem Reifte ©otteS ftammt. ^enn
biefe§ 3Bort ift bei $aulu§ nid^t gelegentlich, fonbem ftel^t an entfd^eibenber
©teile unb bie öon ®unfel gegebene ©rllärung jerreigt ben 3ufammen]§ang.
gür bie ©l^riftologie ift e§ öerl^öngniSöoK, baß burd§ biefen öJeiftgebanfen
bie „©ntdußcrung" S^rifti ööllig unöerftänblid^ wirb.
— 12 -
Scfuö l^crabfommcnbcn ©cijie f(ilic6t, bofe 3efu3 bcr (So'^n
OottcS ifi, fo ift cö loibcrfinnig, bcm ©üangclißcn bcn ®tbanten
untetiufd^icben, bafe bic 2iiufe bei tl^m nid&t mel^t für Sfefuß,
fonbctn nur itod^ für bcn 2^öufer Scbcutung l^abc. SBie fönntc
bad ^crabfommcn bcö (Scifteö auf gcfud feine SBebeutung für
Sefus felbft l^aben! SBicImel^r fe|t bod^ ber ©(ä^lufe bed 2;äuferö
beutlid^ ben ©ebanfcn Dorau«, bafe 3efu3 burd^ ©otteö &eift
©otteö ©o^n ift. 2)ieö ift genau berfelbe @eban!e, ber fid^ bei
ben ©pnoptifern finbet.*) 2)er ©^riftuögebanfe iß alfo wie bei
ben ©pnoptifern bie 33afi§ ber jol^anneifd^en ©^riftologie. 3tn
allen biefen ©tüden überfd^reitet bie jol^anneif(i^e ß^riftologie bic
ftinoptifd^e nid^t.
Mein ber ©ol^neögebanfe etl^ält bei Sol^anneö nod& eine
roeitergefienbe ©riförung unb SSegrünbung. 6ö fragt fid^ nun, in
roeld^em 3Serl^ältniö biefelbe ju bcrjenigen gorm ber ß^riftologte
ftel^t, bie bei ben ©pnoptifern t)orIiegt. 3Son einer boppeltcn
Sebeutung beö 9luSbrudö ;,©ol^n ©otteö" bei Sol^anneö ju
reben, l^eifet auf ba« SBerftänbnid feiner ©^riftofogie t)er-
jid^ten.*) 5Run ift aber ber innere g^föntmenl^ang aller 3lu^=
fagen über ben ©ol^n @otte§ bei ^^flönneö beutlid^ erfennbar.
2)er ©el^orfam, ber au(| nad^ ben ©pnoptifern ^efuö afö beni
©o^ne eigentüntli(^ ift, wirb bei ^ol^anneö in folgenben SBorten
*) ^et eigenttt(3^e ®runb ber $o(emif ^ol^mann« liegt aud^ flor ni^t
in ber gorm ber jol^anneifd^en ©rjöl^lung, fonbern in folgcnber Sfte^lcjioti:
„3ft in (£l^riftu§ ber ßogo§ erfd^icnen unb ftammt feine l^öl^ere ©rlenntniS
au§ feinem borgefc^id^tlid^en ©ein beim 58ater, fo öerliert boneben bie Xaufe
i^ren eigentlid^en Snl^alt. 68 bebarf feine§ nad^gel^enben ®eburt§momcnte§
feiner (SJotteSfol^nfc^aft; fein öon Anfang an übermenfd§lid§e8 SScnjufetfein
lann feine Steigerung burd§ öJcifte^begabung erfal^ren." 3)iefe gonje
^olemil berul^t, wie fid§ geigen wirb, auf einem burc^gel^cnben EJHS*
öcrftanbni§ ber jol^anneifd^cn ©l^riftologie. @d§on bie f^noptifd^e Sl^riftologie
wirb burd§ biefe 5luffaffung ber QJeifteSmitteilung befanntlid^ ben meiften
unberftanbli(3^. ^ol^mann bemerkt: „^ungfraugeburt unb ^orbantaufe finb
Doppelgänger, bie fi(3^ eigentlid^ auSfc^liegen." greili(3^ ift biefe ^tif l^er^
öorgerufen burd§ Deutungen ber ®eifte8mitteilung, bie fid§ au§ ber ©in*
tragung ber mobemen fogcnannten fenotifd^en S^riftologie in bie ©bangelien
erlldren.
2) iBalbenfperger ©. 159 fonftatiert brei öerfd^iebene (j^riftologifd^e
S3etra(^tung§weifen, ol^ne aud§ nur einen §Berfud§ ju mad^en, bie ßinl^eit ju
er!ennen. ©ein Sntcreffe erfd^öpft fid^ in ber ©rforfd^ung anberer 3"^
fammenpnge.
— 13 —
bcf^ticben. 5, 19: 3)er ©ol^n fann nid&td dou ft(i^ fcl6fi aud
tt)un, Tocnn er nid^t ben Sßatcr etwas tl^un fielet. SB. 30: 3d^
fann ni(ä^td t)Ott mir felbft aud tl^un, wie id^ ^öre, rid^te iä^.
1, 28: Sßon mir felbft auö bin id^ nid^t gefommen, fonbem eä
ift ein SJBa^r^aftiger, ber mid& gefanbt l^at. 8, 28: 3d& tl^ue
nid^tä Don mir felbft, fonbem mie mid^ ber SBater gelehrt l^at,
baö rebe id&. 35. 42 : 3d^ bin nid^t oon mir felbft aus ithxtmtxi,
fonbem jener ^at mid^ g^f^^i^t. 12, 49: 3luö mir felbft ^erauö
\iOibt id§ nid&ts gerebet, fonbem ber Sßater, ber mid^ fanbte, ber
l^at mir Sluftrag gegeben. 14, 10: 35ie SJBorte, weld^e id^ ju
eud& rebe, bie rebe id^ ni(^t oon mir. 2)iefer Sieil^e oon SBorten
ift ber (Segenfafe: nid^t oon mir auö, fonbem oon ©Ott l^er —
cigentümli^. 3)em SReben, ^anbeln, Äommen oon (Sott l^er
fte^t ber Urfprung ber aiftion ^cfu oon ftd^ felbft aud ate ein
©egenfafe, ber l^ierburd^ auögefd^loffen wirb, gegenüber. 3)ie
SBenbung ov^ afp' eavrov finbet ftd6 bei Sol^anneö jroeimal ol^ne
eine Sejiel^ung auf 3efuö. 11, 51 wirb oom ^oi^enpriefter
gefagt: rovre äi afp savTOv ovx einsv, dXXa dQ)^i€QBvq coV xov
iviavTov ixslvov snQOfpfixevasv, @egenfa| jum SReben oon ftd^
felbft aus ift l^ier bad SBeißfagen, b. ^. ba§ SReben auö Sn^
fpiration, auö bem ©eifte ©otted. 3)aö 2Bort entftammt nic^t
feinem eigenen SBeioufetf ein , fonbem c§ mar ein gegebenes,
empfangenes. ^I^nlid^ wirb bie Sffienbung 18, 38 gebrandet:
dq)' eavTOv av tovto Xdyeig, ij aXka aoi emov negi i/nov.
3)aS SBort entftammt ni(^t il^m felbft, fonbem anberen. 2)aS
ei^arafteriftifd^e an biefer SRei^e oon 2Borten ift bies, bafe ber
Urfpmng ' „oon ftd^ felbft" jum Urfpmng „aus ©Ott" in
©egenfafc gefiellt mirb: feine SBorte ftammen aus ©Ott, fofern
fie nid^t aus il^m felbft ftammen. 3)ai5 SBort unb 2:i^at Sefu
il^ren Urfprung in ©Ott ^aben, fd&liefet ben Urfprung aus bem
S3emu6tfci« 3efu aus. 3)aS Sßer^ältnis ift alfo nid&t fo oor^
gefteHt, bafe Sfefus aus ©Ott ftammt unb besmegen aud^ inbireft
alles, was er fagt unb tl^ut. Diefer ©ebanfe ift burd§ bie auS::
brüdflid^e SRegation: „nid^t aus mir" auSgefd^loffen. SBielme^r
ftammen Sffiorte unb 2^^aten S^f« '^^^^^^ ^«^ gegenwärtig aus
©Ott. aSBir l^aben jwei SRei^en oon SKusfagen: feine 3Borte l^aben
nid^t i^ren Urfprung in i^m, fonbem in ©Ott, er rebet, was
©Ott il^m fagt, er ift infpiriert, unb feine SBerfe ftammen aus
©Ott, ftnb burd^ ©ottes SBitten unb äBirfen begrünbet. Unb
— 14 —
gioar cntfpringcn olle feine SBotte unb alle feine SBcrfc ouö
©Ott, et fonn gar nid^tö ol^ne ©Ott. 3n jroei SBotten wirb
nid^t blofe Don ben Sffiotten unb SBerfen, fonbem t)om Qe^amten
9luftrcten, t)om „kommen" ^t\n gefaßt, bafe e« nid^t il)ttt fclbfi,
fonbem ®ott entftammc, nämlid^ 7, 28 unb 8, 42.
2)a6 3efu6 nicjt oon jtd& felbft l^er gefommen ift, rotrb an
ber erften ©tette burd^ ben ©cgenfafe erläutert, bafe er oon &ott
f)tx ift unb ©Ott i^n fanbte. 3lud6 an ber jroeiten ©teile
begrünbet bie 3U)roeifung beö ©ebanfend, bafe er oon fid^ felbft
l^er fottime, bie SBerftd^erung, bafe er oon ©ott ausging. ^ier=
nad& erhalten wir ate ©cgenfa| jum Urfprung 3fefu auä &ott
ben be§ Äommenö oon fid^ felbft ^er. ©ein gefamted 9luftreten
cntfpringt ni(|t feinem eigenen SBillen, fonbem ifi in @ott
begrünbet. ©iefeö ©enben ©oited ifi alfo nid^t afe ein bem
gefd^id^tUd^en Lebenslauf 3efu gegenüber oergangeneö, in feine
^räejiftenj jurüdEreid6enbefi gebadl^t, fonbem ald ein feinem
gefd^id^tlid^en auftreten gleid^jeitigeö , alfi ein baöfelbe bireft
begrünbenbeö. ©ott ift ber fein 2luftreten bireft unb gegenwärtig
^eroorrufenbe. 3n bem SBorte 12, 49 fefet Sefud bem SBefenntniö,
bafe er nid^t oon fid6 felbft gerebet l^abe, bie SBorte l^inju:
fonbern ber 3Sater, ber mi(^ fanbte, felbft l^at mir ein ©e6o/
gegeben, load id§ reben unb roaö id^ fagen foH. 3)aö 5ßerfetam
fann fid^ nid^t auf bie ^räeEiftenj ^z]u bejiel^en, fonbem eä
bejie^t fid& auf bie nun abgefd^loffene 3cit beö SRebenö 3fefu jum
33olf: ^ier ^at er nid^t au§ ftd^ felbft gerebet, fonbem er ^t
gefagt, roaö ©ott i^m geboten ^at. 35Jie l^ier ba« SReben, fo
wirb 14, 31 ba§ 2^^un 3efu mit einem ©ebot ©otteö begrünbet:
wie ber Sßater mir ein ©ebot gegeben l^at, fo t^ue id§. ©benfo
finbet [xä) 15, 10: icb l^abe bie ©ebote meines SBaterö bema^rt.
3n biefen äßorten mirb bie 39egrünbung beß 3lebend unb
^^unö Sefu in ©ott genauer befd^rieben : fie oolljiefit [xä) burd^ ein
©ebieten ©otteö unb ein ©el^ord^en 3>efu. aiHein eine anbere SRei^e
oon SBorten läfet bie Slrt, roie baö JReben, 2^^un unb baö gefamte
Huftreten 3efu auö ©Ott ftammt, nod& beutlid^er erfennen. S)ie
Segrünbung beö SBirfenö ^efu in ©ott wirb l^äufig in ben
2luöbrudf gefaxt, ba§ ^t^m ©ott fcfie unb ^öre. 3)er ©ebanfe
finbet fid^ an folgenben ©teilen: 1, 18: &€6v ovSetg ico()ax6v
TKonoTS' jiiovoysvrjg &€og 6 (ov ug xov xoXnov tov nar^og,
e'AsVvog i'^fjy/^aaTO, 3, 11: o oidafj,ev kakov/Liev xai o icoQa-
— 15 —
jeafisv fiuQxvQOVfxsv, SB. 31 : o 6i€ Tov ovQuvov SQxoiLievog
ecoQuxsv xai ijxovaBV fna^ivgel^. Ö, 19: ov dvvaxai o vlog
noisiv «9* eavTOV ovdsv, äv /lij^ti ßkinfj rov nariga noi^
ovvra, 33. 30: ov ^vva/nfxL eyw nouiv an i/navTOv f)v6li^
xa&(og dxovco xgcvia. SB. 37 faßt ScfuS ju fciticn gcittbcu:
ovTC qxavrjV avxov nuinoTe dxfjxoars, ovts sMog avrov
efogaxars. 6, 46: ov^ ori tov nariga ecigaxiv rig, ei /ufj
(OV naga tov d'sov, ovvog hcigaxsv tov d'eov, 8, 26: o
nefxxpag fis aXTj&fjg ioriv, xdyta ä ijxovaa nag^ avrov ravra
XaXw elg rov xoaf,iov. 8, 38: a eyoi> i(ogaxa naga T(p nargi
XaXöS. aitt bicfcr ©teile ift bcr Oegenfafe lel^rretd^: xai v/ustg
ovv a ijxovaars naga ro{5 nargog noetrs. SB. 40: dXi^d'eiav
v/Liiv XskaXyjxa, i]V ijxovaa naga rov &€0v. SB. 47 l^eifet eö in
einem attgemcin gültigen @a|e, bcr aber auf ^efus angewaubt
toeiben foll: 6 wv €X rov d'eov rä g^j/nara rov deov dxovet '
6ia TOVTO v/usig ovx dxovere, ort ix rov d'eov ovx iari.
S)em entfptid^t eine SReil^e von äuöfagen, bie baö aSet^ältnid
T)on ber ©eite ©otteö auö befd^teiben. 5, 20: 6 yag narijg
(ptXet TOV vlov xai ndvra öeixvvoLV avrfp a avrog noiet, xai
/Lielt^ova Tovrcoy öef^ei avrt^ i'gya, 8, 28 : an if,tavTOv noito
ovSev , akXa xadajg idida^ev f,ie b narrjg y ravra AaAco.
12, 49: ^1 ifiavrov ovx ikdXrjfTa, dkV 6 nif-ix^jag f,i€ nartjg
avTog jLioi ivToXriv SiöcDxev. 2)ie ttieiflen biefer SJBorte bejie^t
man auf bie Sßtäepfienj 3efu. SKUein bei einigen ift bie§ nid^t
möglid&. S)ieö gilt jebenfallö von benjenigen SßJotten, in benen
audgefptod^en wirb, bafe baö 3;^un unb Sieben ^t\n nid^t in
i^m felbft entfptingt, fonbem in @ott. 5, 19 n)itb bie 3lrt, wie
Sefuä fein 2:i^un auö ®ott f(3&öpft, fo auögebrüdt, bafe er t^ut,
roaö er ben SBater tl^un ,,fiel^t". ^ier fann felbftDcrftänblid^ nur
von einem gegenwärtigen ©e^en beö X\)nm ©otteö bie SRebe
fein, in bem baö gegenwärtige ^anbeln Sefu begrünbet ift. 3)em
entfpricbt bie Segrünbung in SB. 20: 3)er SBater „jeigt" bem
©ol^ne alles, roaö er felbft tl^ut. 35aö S^i^m ©otteS unb bad
©el^en 3fcfu fäHt natürlid^ in ben gegenwärtigen Lebenslauf Sefu.
@benfo liegt baö SBerl^ältniS 5, 30. $ier wirb von einem ^ören
3efu gerebet, burd^ wel($ed er fein 2^^un, in biefem galle fein
3tid&ten von ©Ott, Einnimmt. SttuS i^m felber ftammt fein X^nn
unb alfo aud& fein SRid^ten nid&t. ©r empfängt es t)on ©Ott»
2)ieS wirb fo auSgebrüdt: er rid^tet, wie er „^ört". Jtatürlid^
— 16 —
tann aud^ l^tet bem ganjen 3ufammenl^ange nad^ nur t)on einem
gegeniDättigen Q'dxtn bet Stimme ®otted, burd^ xoeUit^ bad
Urteil 3efu bcgtünbet roitb, bie SRebe fein. 2)otin, bafe 3«fuö
©ottcd Stimme „^ört", ift fein Sieben, barin, bafe er @otted
£^at fie^t, fein ^anbetn begränbet. S)arum flammt ed nid^t aud
i^m felbfl, fonbern aufi @ott, auö bem Fimmel.
Slllein man erflärt bie meiften biefer SBorte, nömtid^ alte
biejenigen, in benen bie SBorte 3efu über bad i^m eigentümlid^e
$ören unb ©e^en ©otteö in perfeftifd^en ober aoriftifd&en SBen-
bungen miebergegeben finb, t)on einem $ören unb ©el^en bcd
^räcEiftenten. ©d^on baö wäre auffallenb, bafe bann mit bem-
felben aiudbrud jroei ganj T)erfd^iebene SBerl^äÜniffe bejeid^net
mürben. Unb jmar begrünbet Sefu« jebefimal bie Sebeutung
feines Sffiirfenö auf biefe SBeife. ©ie Mre bann alfo in jmet
fel^r Derfd^iebenen, miteinanber nid^t üergleid^baren fjormen be-
grünbet. Snbeffen einige jener 3Borte jeigen beutlid^, bafe in ber
ganjcn Slnfd^auung nid^t auf bie ^Präejiftenj jurüdgegangen mirb.
8, 38 ftettt 3efuö fein aSer^dltnid ju ©Ott bem »er^ältni« ber
©egner jum 2^eufel gegenüber. 2Bie er rebet, roas er von feinem
SSater gefeiten l^at, fo t^un aud^ fie, maß fie von i^rem 95ater
l^örten. SGBie Sefuö ©Ott gefe^en l^at, fo prten bie ©egner bcn
2^eufel. (So ^anbelt fid^ alfo um oergleid&bare SBerl^ältniffe. 3n
ber aoriftifd&en 58erbalform l^anbclt ed fid& felbfioerflänblid^ nid^t
um irgenb ein t)orgefd^id&tli(|e§ ©reigniö, fonbern um eine in bie
SSergangen^eit, aber natürlid^ in baö irbifd&e &tUn fadenbe ©in-
mirfung beö ^leufelö. ©ie ift nid^t jeitlid^ i^rem gegenmdrtigen
Sebcn ooraufgc^cnb gebadet, fonbern fie fommt „oon unten" l^er,
auö bem 3enfeit§. SJergangcnl^eit ift bie ^i^fpi^^tion befi 2;eufeld
nur gegenüber ber burd^ fie begrünbeten 2^l^at. SBie bie eine
©inroirfung t)orgefteIlt ifl, fo au(^ bie anbere: in gleid^er SBeife
ift in einer SBirfung ©otteö baß Xf^nn 3efu begrünbet. SEBie
ber aiuöbrudE, fo ift aud6 bie aSorftcHung ganj bie gleid&e wie in
bem aSJorte 5, 19. SBeife bcmerft: ,,35ad icooaxa barf nidfet
wegen beö 5ßarallelidmuö mit bem ^xovaats oon feinem jeitlid^en
aSerfel^r mit ©Ott genommen werben, ba ehzn, um ben Untere
fd^ieb beö beiberfeitigcn SSerl^ältniffeö ju marfiercn, ber Sluöbrud
rocd^felt." Sllfo ben SBed&fel beS SCempuö fü^rt aud^ SEBeife nid^t
aU ©runb an, benn freilid^, wenn ba§ birefte unb gegenwärtige
aScri^ältniS ber ©egner jum S^eufel in aoriftifd^en SBenbungen
— 17 —
fccf^ticbcn woetben fann, fo ifi aud& im erften ©Itcbe ba« ^ßct^
fcftutn fein 33cn)cid bafür, bafe on ein t)otjeitli(i^ed SBet^ältni«
Qeba^i ift. ^uh^m finbet fxd^ bet äotift aud& in SBorten, in
benen boö SBetl^ältniä 3efu ju (Sott befd^rieben wirb, nämlic^
8, 40: ijxovaa nuQa rov &€0v unb 35. 28: sSlia^iv fie o
nar^Q. Sluö bem ©ebtaud^ beö 3lotifi in 8, 38 bei bcr 33cs
fd^reibung beö aSerl^ältniffcd ber ©egner jum 2^cufel, etgiebt fid§,
bafe bie aSetbalfotmen, roeld^e Die aSergangenl^eit auöbtücfen, nid^t
ate Sewoeiö bafftr vetroettct werben bürfen, bafe eö ftd& um bie
^täefifienj ^anbelt. SÄbet SQBcife fü^tt ate »eteg ben SBed^fel
beä Sluöbrudö: ©e^en unb $öten an. SBenn inbejfen unbefititten
in anbeten ©teilen fx(^ aufigefptod&en finbet, bafe 3efuÄ aud6 in
feinem öegennrnttiflen 2thtn ©Ott fielet, fo ift au(^ l^ier ber
©ebraud^ biefed Sluöbrucffi fein SBeroei« bafür, bafe an bie ^rä-
ejiften} ^t\\x gebad&t ifi. ^eilid^ ift ber SBecJfel be« Sttuöbrucf«
abfid&töooH. Slllein er l^at ein gönj anbereö SKotio. ©en
©egnem wirb freilid^ ein $örcn beö 2^eufefe jugefd&rieben, aber
nid^t ein ©el^en bedfelben. ©benfo aber wirb 6, 45 ein $ören
©otted ate etwad bem SDtenfd^en ^öglid^ed bejeid^net, audbräcfUd^
aber wirb ^injugefügt, bafe ein ©el^en ©otted oon 3Renfd^en
nid&t gelten fönne. ©o mirb benn freißd^ 5, 37 bafi fjaftum,
ta^ bie ©egner ©otteö ©timme hörten, beftritten, aber ald
Unmöglidfeit für einen 3Kenfd§en wirb bei Sol^anned mit einer
offenbar abftd&tlid&en ©leic^mö&igfeit immer nur baö ©el^en ©ottefi
b^eid&net, 1, 18; 6, 46; 1. 3o^. 4, 20. SDieö fommt nur
Sefuö ju, aber nidbt etwa nur bem präejiftenten , mie bie
angefül^rten ©teilen beweifen. — 3lud& in bem SBorte 8, 38
wirb baö ,,©(6auen" ©otteö ate ein in baö gegenwärtige Seben
2Scfu fallenbeö, fein 2^^un begrünbenbed SBa^rne^men ©otteö
gebadet. S)ieö ift perfeftifd^ auSgebrüdt, weil eö in bem SRomente
beö SRebenö 3«fW/ weld^es eö ^eroorruft, ate eine abgefc^loffene
S^^atfacje fiintcr il^m liegt. 33eftätigt wirb biefe 3)eutung burd^
baö SBort 8, 47. 3)er ©prud§ erflärt, unter wcld^er Sebingung
bad SBort ©ottefi gehört wirb. ®s ift eine allgemeine Siegel,
bie ben ©runb angiebt, um beö Witten bie 3uben baö SBort
©otted nid&t l^ören. 3)ie SRegel wirb um fo mel^r aud§ auf
3iefud angewanbt, ate gerabe Sefuö aus ©Ott ift: weil er in
ooUftem ©inne aud ©Ott ift, fo ^ört er bie SBorte ©otteö. 9lud§
in biefem ©prud^e ift, wie fowo^l bie präfentifd^e gorm, ate bie
Stttaert, S)ie H. (S^rifloloaie. 2
— 18 —
äniDenbunfl bct Stegcl auf btc ©egner jcigt, von einem gegens
toättigen ^öten bed S93orted ®otted unb t>on einet ind gegen::
n)ärtige fieben faSenben älbftammung aud (Sott bie Stebe.
^iernadö iji e« nun tjon t)oml^erein roal^rfd^einlid^, bafe oud^
bie anbeten SBotte, in benen bet gleid&e ©ebanfe au«gefptod&en
ifi, t)on einem gegenw&ttigen Sßetfe^t ^t^n mit ®ott tebcit.
Dad aaSott 3, 11 fann ft(6 nad& bem 3wfötti»^c«^önge ttofe beö
^lutafe nut auf 3efuö be^ie^en. 2)et entfd&eibenbe Seroeiö
bafüt liegt im Sn^alte befi SBotted felbft. SJa« SBott gicbt
Slntmott auf bie fjtage be« Slifobemuö, wie eine ®ebutt auö
bem ©eifte möglid^ fei. Sefuö betuft fxd& auf fein SBiffen. ©r
tebet, xomn et t)on bet Oebutt auö bem ©eifie fptid&t, nid&t von
S)ingen, bie il^m ftemb Rnb, fonbetn von fold&en, bie et fennt.
6t fann beömegen bejeugen. ^iuqtvqbTv bejeid&net ftetö bie
SBetfünbigung einet 2:i^atfad^e, bie nut bet SBetfÜnbigenbe felbfi
ma^tgenommen l^at, fo bafe bet $ötet auf ben ©tauben an fein
2Bott angewiefen ifi. Slifobemuö ^t ju glauben. 3)aÄ jroeite
©lieb bed SBotteö fptid^t auö, motauf M bafi SBiffen 3efu
gtünbet. SBenn et oon einet 3^wgung butd^ ben ©eift fpti(|t,
fo bejeugt et bamit eine 3;^atfad^e, bie in ben 33eteid& feinet
®tfal^tung fällt: et bejeugt, xooA et ,,gcfel^en" l^at. 3lud& i^tet
ift baö ©(^auen beffen, mas S^fwö gefeiten l^at, ein in fein
gegenmättiges ^thtn faHenbeö. 33ei bet B^wßwng aus bem ©elfte
l^anbett ed fid^ um ein SC^un ©otted. SDiefe« SCI^un ©otteö fäUt
in ben SJeteid^ bet 2Bal^tne^mung 3efu: il^m ift ed fein ©e-
^eimnis, et etföl^tt eö an fid^. ®ö ift beutlid^, bafe fid^ in biefet
2luöfage 3efu§ mit niemanbem gufammenfaffen fann, mebet mit
bem 3;äufet, nod^ mit ben ^topl^eten, no($ mit feinet ©emeinbe.
3lad& ben bisset batgeftellten ©ebanfen ift thtn bad ©e^en beö
SBitfenö ©otteö etroad Sefuö attein ©igentümlic^eö.
3n benfelben SBotftettungöfteiö fügt fid^ aud^ bad SSBott beö
2;äufetö 3, 31 f. ein: SDet 2:äufet ftettt fein SQBott bem 2Botte
3efu gegenübet. 6t ift oon bet Stbe l^et unb tebet beöroegen
oon bet 6tbe l^et. 3^fw^ bagegen ift bet auö bem ^immel
Äommenbe. 3lfe ein fold^et bejeugt et, uoaö et gefeiten unb
ge^ött ^at.O 3lu(ä& biefeö SBott bejie^t p* nid&t auf bie gStäepftenj
1) 3u lefcn: 6 ix tov oiüquvov iQX^^f^^f^og S lajQaxev xai ijxovOiv
judQivQd. Übrigen« wirb bcr ©ebanle burd§ bieg @d§tt)anfcn ber Xejte
nid^t in gragc gejieHt.
— 19 —
Sefit. S^fwö ifi bet au« bcm ^Imtnel Äotntnenbe: fein flcflen-
roärtigeö SKuftteten ifi ein Äotntnen auö bcm Fimmel, cntftatnmt
bem ^itntnel.^) 2)a« Äomtncn 3cfu aud bcm ^immel ift bcm
Äommcn bcs 2^äufetS auö bct ®tbc analog. Site ©cßenfaft jum
Äommcn bcö 2iäufetö axx^ bct 6rbc fann ba« Äommcn 3cfu
auö bcm ^immcl nicfet bic SScrtaufd^ung feinet ftfi^eten ©p^äte
mit feinet jefeißcn bejcid6ncn. @ö fommt abet in biefem 3^^-
fammen^ange auf bic Äoncftl^eit bcö ©egenfafeeö an. 2)et
2^äufet fiammt infofetn von bct ®tbc, als jtc bie il^n Mlbenbe,
ßcfialtcnbe ©p^äte ift: roaö et ift, ba« ift et butd& bie ®tbc: fte
fd^liefet bie i^n ßcftaltenben ^aftoten in ftd^. analog ift bct
Utfptung 3efu auö bcm ^immcl gebadet: bet ^immel ift bie
Scfum geftaltenbc ©p^äte, roaö et ift, baö ift et butci^ ben
^immcl. aiö ein fold^ct bejeugt et, roaö et gefeiten l^at unb
l^öttc. 3>a et bem ^immel entftammt, teici^t feine SBa^tne^mung
in ben Fimmel hinein. ®t tcbet t)on 2)ingcn, bie in feine
©tfa^tung fallen, b. 1^. et jeugt, et ift ein 3^wge beffcn, mooon
et fptic^t. 2)ie ©pl^äte, bic il^n bilbct, ift eben babutd& feinem
©c^en unb $ötcn jugönglid^ gemad^t. ^atum ift fein 3Bott
Seugniö unb ^at Autorität. 2)ie äutotität bcö SBotte« 3efu
mitb in bem fd&on befptod&enen SSJotte SB. 34 babut(J begtünbet,
ba§ et ben ®eift o^ne 3Wafe ^at. 2)ie ©in^eitlid^feit biefet
fd^einbat boppelten Segtünbung ift nut butd^ftd^tig, wenn man
ben l^tmmlifd^en Utfptung 3efu nid&t afe Sßettaufd^ung feine«
Dtteö, fonbctn ate gegenroättigeö ©ebilbctfein butd& ben ^immel
oetftel^t.*) 3ltlcin bieö fann etft bie folgenbe Untetfuc^ung im
3ufammcnl^angc bcroeifen. 2)aö SSJott ift inl^altlid^ genau pataHel
bem aSBotte 8, 47 : SSJet auö ®ott ift, bet ^ött bie SSJotte ©otteö.
^) ®cn abj(^lic6cnbcn ©ctt)ei§ füt biefc Deutung bc« SBortcS bringt
ba^ folgenbe.
*) 2)a ^olgmann, Sf^cuteftamcntlid^c X^cologic II, ©. 402, bie l^imm*
(ifc^c Slbhinft 3efu o^ne genauere Unterfut^ung tro^ ben au^ öon il^m
bemerften entgegcnftc^enben ©eobad^tungcn mit ber ^röejiftenj ibcntifijicrt,
fo entbecft er frcilid^ @. 460 einen SBiberf))ru(^, ben er fel^r ungenügenb
löft: „(ginerfeitS ift 6;]^riftuS öon oben gelommen 3, 21 unb bejeugt, wo«
er oben gefeiten unb gel^ört l^at 3, 32: anbrerfeitS tl^ut er bieg aber bod^
nur, weil er 3, 34 in ft^ranlenlofer SBeife mit bem QJcift begabt ift.
tiefer Q^otteSgeift {d^eint i^n bemnac^ ebenfo an baS, tt)a« er beim $ater
gehört unb gefeiten ]§at, ju erinnern, wie bann ber l^etlige ®eift 14, 26 bie
günger baran erinnern foll, toaS 3efug getrau l^at."
2*
- 20 -
2)lefe bitcfte gcgentpärtiöc SBal^me^tnunö ©ottcö i|i Scfitd
allein eigen. 2)ieö wirb 1, 18 unb 6, 46 auSgefprocfeen. 1, 18
^eigt ed: ®ott \)at niemanb jemato gefeiten. Slatütlic^ fann
na^ ben bldl^et befptod^enen SBorten, befonberö aber nad^ 6, 46,
Sefuö nid^t mit in bicfed Urteil eingefci^loffen fein. aSielmcl^r
fefet ber jweite 2^eil bed ©pmd^eö^) loorau«, bafe ber ©ol^n
©otteg toon biefem Urteil audgenommen x% hierauf berul^t,
was in biefem jroeiten 2^eil üon il^m gefagt ijt. 3^ ilfjy^aaTo
fann nur tov &sov Dbjeft fein, ^r biefed i^ystadai gicbt
ber ©aft 6 äv sig roi' xoXnov tov nargog ben ®runb an.
©onft l^ätte er im g^f^mmenl^ange gar fein SJtotit). 6r gicbt
eben bie ©tettung 3efu an, vermöge beren oon i^m nicfet gilt,
bafe er ®ott nid^t gefeiten l^at. Sllö ber, t)t)n bem gilt, 6 äv eig
TOV xoXnov TOV nazifog, fann er ©Ott funb tl^un. 2)iefer
3ufa| fann alfo unmöglid^ „auf ben erl^öl^ten ß^riftuö gelten",
mie SBeife urteilt. 3lu(!& ^arnad unb ^oI|mann finben burd^
ben Swföl auögebrücft, bafe ^efuö ju ©Ott jurüdgefel^rt ift unb
bei i^m roeilt. 9Wan folgert bieö aus ber präfentif<3&en gorm
beö ^articipiumö unb aus ber 5ßräpofition eig, burd^ meldte bie
SSorfteHung beö ^ingelangtfeinö auögebrüdt fei. ätttein eine
Erinnerung an bie ®rl^öl^ung ^t^n i)at im 3ufammenl^ange ^ax
feinen ©inn. ®er Ba% fügt fid^ nur bann in ben ©ebanten-
gang ein, menn man nid&tö weiter in i^m lieft, afe was er
unmittelbar auöbrüdEt, nämti(J ben 2luöbrudE ber unmittelbaren
m^t Sefu bei ©Ott, ber oöttigen ©emeinfd^aft mit ©Ott, in ber
eö begrünbet ift, bafe er ©Ott gefeiten ^at unb il^n beöl^alb funb
tl^un fann. ®er ^n^al^ ift aud^ nid^t auf bie 5ßräefiftenj ju
befd^ränfen. SBielme^r jagt er in feiner präfentifd&en gorm ein-
fad^, bafe er ber ®tngeborne im ©d^ofee bes SSaterö ift. 3)as
Urteil gilt oon bem ©ol^ne ©otteö ganj allgemein: er ifi aud^
in feinem gefd&id&tli(^en Seben bei ©Ott, in feiner näd^ften SRöl^e,
tinb in innigfter ©emeinfd^aft mit ifim. ^olfemann roirft ein,
i)aj3 bie antifen SBorftettungen oon „oben" unb „unten" ju bid^te
9lealität befi|en, als „bafe fle ben ©ebanfeu einer ben Slaum
ignorierenben ©emeinfd^aft unb ©inl^eit juliefeen." @ö mirb jtd^
fpäter jeigen, bafe mit biefer attgemeinen 33emerfung fid^ über bie
2)a§ ©(^wanlen ber Xc^tc ift für bie geftftellung be« ^ier öcrfolöten
<5Jebanlengange§ ol^ne ^öebeutung.
— 21 -
io!^anneif(i^e S^rifiologie nid^td audmad^en lägt. 2)Qd Utteil, bog
Sefuö anä) loä^rcnb fcincö gefd&id^tUcfeen Scbenö im ©d^ofee
@otted fl^t, ift nid^t auffaUenbet ald bad anbete, bog ®ott in
il^m unb er in ®ott ifi. Qn biefen SBotten ift bod^ no(% loiel
ftötfet eine „ben SRaum ignorierenbc ©emeinfd^aft itnb @inl^eit"
auöge^prod^en, S)er Stuöbrud, bet Swfammen^anfl unb bet biöl^er
t)etfolgte ©ebanfengang ber jol^anneifd^en ß^tifiologie fotbctt
btttd^au«, baö SBort afe Sejeid^nung betienigen 3läl^e bei ©Ott
ju beuten, vermöge beten Sefuö aud^ in feinem gefd^id&tlid^en
ßcben ©Ott gefeiten \)at unb il^n beSmegen funb t^un fonnte.^)
2llfo aud6 an biefet ©teile ift, wie bie ©emeinfd^aft 3efu
mit ©Ott, fo audb fein Böhmen ©otteö als ein in fein gefd^id^ts
lid^eö Seben fattenbeä SBetl^ältniö üotgeftellt. S)icfe 2)eutung wirb
butd^ ba§ patattele SSJort 6, 46 beftätigt. ^iet mitb ausbtüdflid^
bet, bet t)on ©Ott l^ct jiammt, als bet einjige begeid^net, bet üon
bet Siegel ausgenommen ift, bajj niemanb ©Ott gefeiten ^at.
3llS jroeite patattele gut ©tläutetung beö SBotteö bietet fid& 8, 47
wv ix jov &fOV Ja ^rjfxuTa tov &€0v dxovsi. SSeiben SEßotteU
gemeinfam ift bie ©tunbangabe bet SBa^tnel^mung ©otteö: 6 (ov
ix (tefp. naQcc) tov ^bov. SSBie beteits bei bet ©tläutetung bed
SBotteS 8, 47 feftgeftettt ift, ift bet Utfptung auö ©Ott als
gcgcnioättiget gebadet. 2)em entfptid^t in bem SßJotte 1, 18
o wv fig TOV xoXnov to,v nuTQog, ebenfalls olS ein baS gefd^id^
lid^e Seben 3efu bebingenbes aSet^ältnis. 2)et @pn4 6, 46 ttitt
als ®infd^tänfung obet Segtenjung beS lootlietge^enben ©ptud^eS
auf. 3n biefem mitb ein ^öten ©ottcS aud^ ben 3Wenfd6en ju-
gefd&tieben. 3lllcin bet ©ol^n allein l^at il^n nid^t nut gel^ött,
fonbetn au^ gefe^en. 3lud^ biefet 5ßatatleliSmuS nötigt baju, bas
„^öten" 3efu in feinem gefd^idbtlid^en ßebeuslauf ju fud^en.
S)en cntf(Jeibenben Seioeis füt bie S^^efe, bajg bei Sol^annes
baS ^öten unb ©el^en ©ottes fi(J nut auf bie 5ßtäeEi|ienj
bcjiel^t, btingt bie 3«fönimenftettung unb SSetgleid^ung bet be=
fptod^cnen SBotte. 2)a6 einige t)on il^nen fi(^ auf bas gefd^id^t^^
lid^c Sebcn 3efu bejie^en, ifi unbefttitten. 2)iefe SBotte abet
^er ©cbraud^ ber ^rc^jofition €ig beeinftufet ben öJebanten ntt^t
wcfentlic^. SSielleid^t l^at ba§ SBilb, miä^e^ ben 9(u§bruc! gcftaltete, bie
SBa^l ber ^räpofition beftimmt. SSgl. befonberg ©remer s. v. x6Xno<:^
maf^t\ä^einÜ^ aber ift bie ^o^jofition einfad^ « iy- «gl. ma% ®rammatil
beS neuteftamentn(^en ®rie(j^if(j^, @. 119 f.
— 22 —
jicl^en auf einer Sinie mit ben anbeten, bie man auf bie ^ä-
elften; }u bejiel^en pflegt. 2)amit aber ift bie Unrid^tiglett
biefet Sejiel^unö naij&geroiefen. 3n atten SSJotten mirb au«
biefex SBorftettung bie Sebeutung unb Äraft t)on SBott unb %\)at
Sefu, bie buxd& i^n t)ermittelte Offenbarung @otte«, gefolgert.
@ie lann unmöglid^ burd^ {mei fo l^eterogene @ebanlenreil^en
begrünbet fein, gemer finben ^ä^ biejenigen JBJenbungen be«
Sludbrudö, auf bie man in einigen SBorten bie SSejiel^ung auf
bie ^räefiftenj grünbet, j. 33. bie auf bie SSergangenl^it bejüg=
liefen Xempora, auci^ in benjenigen SBorten, bie ftd^ ol^ne S^eifel
nid^t auf bie ^räefiftenj bejiel^en. @ö ift alfo notwenbig, atte
biefc SBorte auf ein in baö gefd^id&tlid^e 2tbtn ^e\n fattenbed
aSerl^ältniö ju ®ott ju bcjie^en.
^örcn unb ©el^en lommen als bie formen unb SSebingungen
ungel^emmten Sßerfe^td in 33etra(i^t. 2)er ©Dangelift empfinbet
ben Slnftofe ber SBerborgenl^eit ©otteö, burd^ bie er ber aBal^r=
nel^mung entjogen ift, aU befonberd fdbroer. 3)ieö ift ber @runb,
um bedmiQen bad @oangelium ben ß^f^^^^^^^^d S^f^ ^ii
©Ott unter bem Silbe bed ©eigens unb ^ören« barftettt: jene
©efd^iebenl^eit von (Sott fättt für 3efu« fort: er fielet in Döttig
freier ®emeinf(Jaft mit (Sott, ©eine ©ebunben^eit unter bie
Sebingungen ber irbifd^en ©jifienj bebeutet feine ©d^eibung oon
©Ott. 2)iefer ungel^emmte, burd& feine ©d^ranfe gefiörte SScrfei^r
mit ©Ott ift bie grei^eit Sefu. Sroifd^en i^m unb ©Ott giebt
es feine ©renje unb SJrennung: er ift ber ©ol^n, ber nidftt oom
aSater gefd^ieben mirb, fonbem im ^aufe bed SSaterö bleibt —
natürlid^ aud^ mdl^renb feines irbifd^en Sebenö, ogl. 8, 35.
SDie SEBorte 5, 19 u. 37; 8, 28; 12, 49 loerbinben bie
©ebanfen, bafe 3efu« ©ott fielet unb l^ört, mit ben anberen, bafe
er nid^td oon fid& felbft auö t^ut, fonbem bafe fein 3^un in
©Ott begrünbet ift. SSJeil ^efus tl^ut, ma« il^m ber 58ater jeigt,
unb rebet, maö il^m ber SBatcr fagt, fo fiammt fein Xl^un nid^t
aud il^m, fonbem aus ©Ott. 2)ie jmeite Steige oon Äuöfagen
erläutert alfo bie erfte unb jeigt, mie bie 33egrünbung be« Xi)\in^
3efu in ©Ott oorgeftetlt ift. ©ie ift nid^t naturl^aft gebadet,
fonbern oolljie^t fid^ burd^ ein ^nn, SReben unb ©ebieten
©ottes, ein ©el^en, $ören unb ©e^ordl^en 3efu. 2)iefeö SSer-
l^ältniö JU ©Ott iji i^m, alö bem ©o^ne, eigentümlid^. 2)er
©ebanfe xoxxh nai) jmei ©eiten geroenbet: meil er fo l^anbelt, ift
— 23 -
er hex ©ol^tt unb: weil er ber ©ol^n i% fo l^anbelt er in biefer
SBeife. Sil« ber ©ol^n ifi er ®ott gel^orfam itnb aU ber, ber
©Ott gel^otd&t, ift er ber ©o^n. ^n feiner t)onflänbi8en 3lb-
l^änßiflfeit t)on ©Ott befielet feine ©ottedfol^nfd&aft. 5Diefe at^
i^ängiflleit befielet barin, bafe ©Ott il^m fein SSJerf jeigt unb fein
aSSort fagt, nnb bafe 3efu« tl^ut, load er jte^t, itnb fagt, roaö er
l^ört. ©ie Slb^ängigfeit . oon ©ött ifi bie gorm ber ©otteö-
fol^nfd&aft 3efu. 2)ie ©ottedföl^nfd^aft 3efu nnb fein ©el^orfam
gegen ©Ott ftcl^en in aBed^fetoirfung. SBeil aber ©Ott babei ber
3lnl^ebenbe, SSegrünbenbe, Übergeorbnete bleibt, fo wirb ber Äern
ber jo^anneifd^ert ©l^rifiologie oerlannt , wenn man biefen 3^==
fammen^ang fo beutet, afe maä^e na<3& bem ©oangelium 3efu«
ftd^ felbft burd^ feinen ©e^orfam jum ©ol^ne. 2)ad Urteil, bafe
er als ber ©ol^n ben SBillen ©otteö tl^ut, fie^t über bem anberen,
bafe er ald ber, ber ben SBitten ©otteö t^ut, ber ©ol^n ifi, fo
gut ©Ott über 3efu« fielet. 5Die %f)at 3efu, bie ©otteö SBitten
t)ottjire(It, fiammt eben nid^t aus il^m, fonbem er t^ut fie, meil
©Ott fie i^m jeigt unb giebt. 2)ad ifi bie 9lrt, mie ©Ott il^n ju
feinem ©ol^ne mad^t, bafe er il^m fein SBerl unb fein SBort giebt.
SKber eben beötoegen ift bie Slrt, wie Sefuö ©o^n ifi, baö ^\xn
bed il^m oon ©Ott gegebenen SBerfed. Qn ©otteö ©abe ifi 3efu
%^at unb in 3efu ^at ©otteä ©abe begrünbet. 5Dad SBer-
l^ältntd ifi ald bauernbe, ba$ ganje S^un unb £eben ^t^n
begrünbenbe, gefialtenbe SBe<3&feln)irIung jmifd^en i^m unb ©Ott
gebadet.
3>ie« wirb am flarften burd^ baö SBort 4, 34 auögebrüdEt:
^eine ©peife ift, bafe id& tl^ue ben SBitten beffen, ber mid&
fanbte, unb fein SBerf ooHenbe. 2)ie ©peife !ommt l^ier nid^t
ate baö in SBetrad&t, „roaö Sefriebigung unb ©enüge giebt," wie
SBeig eiflärt, fonbem alö bad, mad bad Seben erhält, nid^t aU
©enufemittel, fonbem alö Sebenömittel. 3)urd& baö %i)Vin beij
SBitten« ©otteö bilbet 3efuö ftd^ felbft, mad&t er ftd^ ju bem,
roa« er ifi. ©ott ift ber il^n ©peifenbe, fein &tbm Unterl^altenbe,
inbem er i^m fein SBerf unb SBort giebt; baö ^innel^men biefer
©peife burd& 3efuö begrünbet baö 2%un feined SBerfed. 3)urd^
badfelbe bilbet er Rd^ felbfi, feine 5ßerfon. 2)urd^ biefe« SSilb
mirb bad ^un bed SBiQend ©otted als bie Sebingung bejeid^net,
unter ber Sefuö fid& afe baö, ma« er ifi, aud^ erplt: er ift ber
©ol^n, aber er ift eö nur in ber gorm, bafe er ©otteö SBitten
— 24 —
ti)\xt: wie bie ©pcifc baö t)otl^anbcne Scbcn itnterl^ält. 9lus bet^
fclbcn Slnfd&auuitfl ctflärt fld^ bad SBott 6, 57: 3<3& ^^^ rocßcn
beö SBatcrS: bic ßebcnbigfeit 3efu ifi in ber Scbenbigfcit @ottc^
begtünbet. ®ott ift ber baö Scben 3^f^ ftänbig Unterl^altcnbe^
33cgtünbcnbe, ©rjcugenbe. 3)abuxd^, bafe er attc feine einjelnen
2;i^aten fo auöfd^Iicfelid^ l^erDorbringt; bafe ber ©ol^n hnxä) Rd^
felbft ö^r nid^tö tl^un fann, bringt er feine gonjc ©jifienj, fein
ßeben l^erDor; babur<^, ba§ er bie Xi)attn 3efu l^erporbringt,
fpeift er i{)n, b. 1^. erhält er il^n felbftänbig aU baö, was er ift,
b. 1^. als feinen ©ol^n: bitrd^ bie Xl^at roirb bie ^erfon.
3n einen eigenartigen Sludbrud wirb biefe völlige Wo-
^ängigfeit 3efu von ©Ott gefaxt, 2, 4; 7, 30; 8, 20; 12, 23. 27;
13, 1; 17, 1. Xl^at unb ©rlebniö 3efu ift bapon abhängig, ob
feine ;,@tunbe" gefommen ift ober nid^t. SWan l^at bel^anptet,
bafe biefer Sluöbrud bei 3ol^anncö immer bie Xobeöftunbe be-
jeid^ne. 2)iefe ©rfläruttg läjjt Rd^ an ben meijien ©teilen nur
mit Eintragungen burd^fül^rcn. 3o^anneö menbet ben Segriff
ni(ä^t nur auf ^^fwö an. 2lm burd^fid^tigften ift ber ©inn ber
Sffienbung 16, 21: SBenn ein Sffieib gebiert, fo l^at fie Trauer,
weil il^re ©tunbe gefommen ift S)aö SBort bejeid^nct l^ier baö
(greigniö alö oom SBotten beö SKenfd&en unabhängig, naä) einer
objeftioen Siegel il^n treffenb. 2)ie ^ext ift fijiert, unb sraar
burd^ göttlid^e 33eftimmung. 2inbem aber nic^t gefagt mirb: bie
©tunbe ber ©eburt, fonbern l^re ©tunbe, mirb auögebrücft,
bafe baö in biefer SEßeifc burd^ göttli(Je SSeftimmung figierte
©reigniö ber Seftimmung beö SBeibeö entfprid^t: baö ©rlebniö
geprt roefentlic]^ ju bem il^r oon ®ott beftimmten ®ef(i&idEc, in
bie il^r oon ®ott gegebene 2lufgabe. ©inen ganj analogen ©inn
l^at baö aöBort in feiner Slnroenbung auf '^e\n^: eö bejeid^net
S^l^at unb ©rlebniö 3efu alö ©lieber beö il^m oon ©Ott gegebenen
Serufeö, unb baö Eintreten beiber alö allein oom 3Billen ©otteö
abl^ängig. gn einigen ©rjäl^lungen jeigt ber ®oangelift biefe
oöttige äbl^ängigfeit beö Sebenölaufö 3efu allein t)om SBitten unb
%^m ©otteö.
S)aö ©efprä* mit ber aWutter 3efu 2, 3 f. I^at bie S3e^
beutung, bieö ^eroorjul^eben. 3lxä^t baö 33ebürfniö für fid^ giebt
für 3efuö baö 3Jlotit) jum ^anbeln ab, an6) nid&t bie in bem-
felben begrünbete 33ittc, felbft bann nicfet, m^nn fie oon feiner
3Rutter auöge^t. 2lu<3& oom SBitten Sefu ^ängt bie X^at nid&t
j
— 25 -
ab, er t^ui fte nid^t ^^üon ftd^ fclbjt auö'', fonbcrn ftc l^äußt
allem t)om aBiHen ©otteö ab. ©ofort naä) bicfem ©efptäd^
n)itb bie StfüHunö ber SBitte erjäl^It. ®ö tritt fein neue^
3Kt)tnettt ein, roeli^eö bie Xf)at äufeerlid^ motiviert. 33. 4 unb 5
fönnten fel^len. ©ie l^aben aber niäit ben 3"^^*^ ^^^ ©tettung
Sefu ju feiner 9Wutter barjuftetten, fonbern nur ben, ju jeigen,
bafe bie Xf)at 3efu überl^aupt nid^t buri äujjere Sebinöunßen
l^erooröerufen wirb, fonbern attein t)om SBillen ©otteö abfiängt.
9f?od& ftärfer wirb biefe Slb^änöigfeit 3efu t)om SBitten ©otteö
in ber ©rjäl^Iung 7, 1 — 10 Ijeroorge^oben. S)ie Slufforberunft
feiner 33rüber, inm gefte ju jiel^n, beantwortet Sefuö mit ben
SQBorten: aWeine 3eit tft no* nid^t ba (58. 6). 3(| gtl^e ni^t
l^inauf JU biefem geft, benn meine 3^it ift no(J nid^t erfüllt.^)
xaiQ6g f)ai benfelben ©inn wie in ben anbern SSBorten cSpo.
2lud^ bieö 3Bort bebeutet nid^t: meine Slobeöftunbe ift nod^ nid^t
gefommen, fonbern ber t)on @ott befiimmte S^i^punft ift nod^
nid^t gefommen. aWan trifft bie aWeinunß beö ©oangeliften nid^t,
wenn man bie 3lblel^nung 3efu nid|t ernft nimmt, fonbern
meint, bafe er burd^ eine unbeftimmte 3lntn)ort feinen maleren
(gntfd^lufe oerfd^roeige. 2lud& ift eö pöttig oerfel^It, nad^.®rünben
ju fud^en, roeämegen Qefuö nid|t fofort, fonbern erft fpäter ging.
SlUeö, maö man bafür angefül^rt l^at, erflärt bie ©rjäl^lung nid^t.
3lbfid&tlid& nennt ber ©oangelift feinen ®runb, um beßroillen
3cfuß fpäter bod& l^inaufjog, benn bie 33emerfung, bajj er nid^t
öffentlid&, fonbern l^eimlid^ l^inau^og, fann nid^t als änbeutung
bicfe§ ©runbeö aufgefaßt werben. S)enn 3efus l^at oorl^er eben
nid^t nur verneint, bafe er „bel^ufä öffentlid&er meffianifd^er ©elbft=
barftettung" l^inaufjiel^en motte. ®ie ©ituation l^at fid^ äufeerlid&
in feiner Sejiel^ung geänbert. äud^ in S^^ufalem änbert fid^
nid&ts baburd&, bafe 3efuö erft fpäter eintritt, jebenfattö wirb bieö
nid^t aU baö SKotio ber 3Serjögerung angegeben. 3lm roenigften
gicbt man bie SKeinung beö ©oangeliften mit ber S)efinition
miebcr, bafe Sefuö injmifd&en feinen ®ntf(|luJ3 geänbert l^abe.
Sßielmel^r fott au(| biefe ©rjäl^lung nur jeigen, roie 3efu X^at
vom aBitten ©otteö abfängt, ©erabe inbem fein 4u6ereö 3Jioür>
für fein fpätereö ^inaufgie^en angegeben mirb, fott gejeigt werben,
bafe eben äufeere ©ituationen überl^aupt bie S^l^at ^e\M nic^t
@S ift ovx JU lefcn, oi;n<a ift ^orrrttur na^ bem golgenben.
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bcjiimmen, fonbcm nur ber SBitte ©ottcd. SBann bie „Bttxnhe"
3efu ift, baö ifl nid^t empitif<3& erfcnnbar. 2)et ©oauBeKfi ßiebt
a\x(b ben 3«^^* ©ottcö bei bicfcr SScrjögerung nid^t an. 2lu(ä&
ber ©d&ein, bafe 3cfu X\)at butd& äufeere SttJ^^tnäfeigfeit bcftlmmt
fei, voixh t)ermiebcn. SRid^t aM ber 3we(fmäfeigfeit fd^Iiefet er
auf @t)tted äBiQen, fonbem ber ©laube, bog l^ier @otted 3BilIe
regiert, fci^läßt atte gragen nad^ ber S^täm&^XQUit nicbcr.
2)arwtn finbet er aitd^ gar feinen Slnftofe barin, bafe 3efud juerfl
verneint, roaö er fpäter bod^ tl^ut. SSielmel^r will er gcrabe
barauf aufmerffam mad^en. ©in aBiberfprud^ in SBort unb X^at
Sefu würbe für il^n nur bann vorliegen, wenn er für feine
aßeigerung einen anbem ©runb angäbe alö ben, bafe feine 3^^
nod^ nid^t gefommen ifi, itnb wenn feine X^ai ein anbere« 3Äotio
l^ätte, als eben ben, bafe feine ©tnnbc gefommen war. 3lber bie
@rjäl^lung jeigt atterbing«, wie ernji^aft ber ®t)angelijt ftd^ bie
Slbl^ängigfeit Sefu t)on @ott, bie loöllige SSegrünbnng feines
gefamten 2^l^unö in ©ott, t)t)rfiettt. @r bemerft aud& gar ni($t
ausbrücflid^, bafe ber 2lufbrud6 Qefu in einer i^m ju teil gc^
roorbenen SBeifung ©otted begrünbet ifi. @r beutet bie« nur
baburdi an, bafe er üon gar feinem 2Motit) erjäl^lt. 2)a6 nad&
ber 3lrt, wie 3efuö t)orl^er feine SBeigerung begrünbet l^at, bieö
nur baran liegen fann, bafe injicifd^en ©otteö SBeifung eintrat,
bieö Urteil fd&liefet baö SBertrauen beö ©oangelifien auf 3efu
aSort unb ben ©lauben an bie faftifd^e 33egrünbung feiner 2^l^at
in ©Ott in ftd^. ®benfo ift bie »erjögerung be« aufbrud&ö 3efu
beim SJobe beö ßajaruö gemeint, ^ie 5Rot an fid& unb bie
33itte ftnb noä) nid^t baö jureid&enbe SMotio für bie $ülfe. 3)er
fpätere 2lufbru(| Sefu wirb anä) ^ier in feiner 2Beife äufeerlid^
motioiert: ein äußerer ©runb, ba§ er gerabe nad^ jwei klagen
aufbrid^t, wirb abfid&tlid^ nid^t angegeben, ©erabe l^ierburd^ wirb
beutlid^, baj3 nur ber aSille ©otteö bie S^^at 3efu regiert.
2Bie bie X^aten, fo l^ängt aud^ ber ©ang beö äußeren
Sebenölaufö 3efu allein t)om SBiUen ©otteö ab. @ö mag jeber^
mann gewillt unb atleö bereit fein, 3efum ju ergreifen — ni(^t
baö 3itfömmentreffen ber äußeren 33ebingungen , fonbem ber
gSBitte ©otteö entfd^eibet über fein ©efd^idE. 5Der ®oangelift giebt
mit beutlid^er Slbftd&t feinen äußeren ©runb an, warum ber
^lan nid^t jur Sluöfül^rung fommt: niemanb fann i^m etwaö
anl^aben, wenn feine ©tunbe nid&t gefommen ift, 7, 30; 8, 20.
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©benfowcntg ucranlafet ixflenb ein äujsctefi Slnjeid&cn, fonbctn
allein bie innere Überjeugung Qefu baö Urteil, bafe bie ©tunbc
eefommen ift, 13, 1 ; 17, 1, 2)icfe ßenfung beä äußeren Sebend
3>efu gel^ört ebenfo ju bem, roaö il^m ate bent ©o^ne eigen ift,
n)ie bie ©eftaltung. feineö inneren ßebenö. S)iefe t)öHiflc ©eftaltung
feines fiebenö bur<3& @ott ift etroaö S^fuö allein ®igentümli(6e§ ;
von feinen 33rübem gilt fie nid^t: il^re ßcit ift immer ba, 7, 6.
2Bie beö ©ol^neö SBiHen unb ^ll^at attein ber SBater bcjiimmt,
fo befiimmt aud& fein ©efd&id attein ber SBater. 2lte ber @of|n
l^ängt 3efuö allein von ®ott ab; aber von (Sott ^ängt er
iDoHfiänbig ab. ®er @eban!e beö unbebingten ©d^u|eö t)or SRot
unb ©efal^r, ber bem ©ol^ne gebül^rt, wie er fid^ in ben Sluf-
forberungcn ber SBerfud^ungSgefd^id^te auöfprid&t, ift aufgenommen
burd^ ben ©ebanfen, bafe ©Ott eö ift, ber atteö, roaö ben ©ol^n
trifft, befiimmt.
2luö ber ©rfenntniö, bafe ©Ott SBort unb Sfficr! ^efu wirft,
folgt, bafe ©Ott in 3efu unb 3efud in ©Ott ift. 10, 38: „2Benn
i(ä^ (bie SBcrfc meines SBaterö) t^ue, fo glaubet, wenn il^r aud^
mir ni(^t glaubt, boci^ ben SßJcrfen, bamit i^r jur Srfenntniö
fommt unb erfennt, bafe in mir ber 58ater ift unb iä) in bem
«ater/' 5Der glei(|e ©(i^lufe liegt 14, 10 vor: „©laubjt bu nid^t,
i)a§ id^ im Sßater unb ber SBater in mir ift? SDie SJBorte, weld^e
i^ ju eud& rcbe, bie rebe id6 nid^t von mir felbft. 2)er SBater
aber, ber in mir bleibt, t^ut feine SSBerfe." 5Daö ©bötafteriftifd^e
an bicfen SBorten ift bie«, bafe nid^t etwa nur 3efuö ober ber
eoangelift an bie 2:^aten gefu bicfe Folgerung als eine ®r^
Weiterung beffen anfügt, waö fonft t)on 3efuö gefagt ifi, fonbern,
ba^ er t)on ben Jüngern unb ben ©egnern biefen ©d^lufe forbert:
barin fprid^t Rd^ auö, wie notwenbig bem 6t)angeliften biefe
Folgerung ift. ©ie ift mit bem Urteil, bafe 3efuö nid^t aus [x^
felbft, fonbern auö ©Ott l^anbelt, unmittelbar alö barin ein^
gefd&loffen gegeben, ^n beiben ©teilen wirb bireft alö ber
3wedE ber SBerfe gefu angegeben, bafe fie bie ®r!enntniö erwedten
foHcn, bafe ©ott in Sefuö unb Sefuö in ©Ott ift. 2)a Sefuö
bie SBorte, bie er rebet, niä^t am fid^ felbfi rebet, fo ifi
ber SBater in i^m. 2)ie aSerfld^erung : 3d& bin im SSater
unb ber SBater in mir, wirb einfad^ burd^ bie Berufung barauf,
bafe Sefu SBorte nid&t aus i^m felber ftammen, begrünbet. ©ie
flammen, fä^rt bet ©ebanfengang fort, nid^t aus Sefuö, fonbern
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aus bcm aSatcT. hieran wirb nun nid^t etwa aU weitete ^oU
öerung angefdllojfen, bafe bet SBatet in 3efuö ift. 2)ie8 liegt
x)ielme^t fo felbfioetftänbUd^ bereits barin, bafe ©Ott eö ifi, ber
bie SBerfe 3efu tl^ut, ba§ eö cinfad^ in ben jweiten ©oft auf:^
genommen mirb: S)er SBater, ber in mir bleibt, t^ut feine
SBerfe.^ S)ie gortfft^rung beö @eban!enö 95. 11 jerlegt blefen
©ebanfen in einen (Sd^lufe: ©laubt mir, baß id& im SBater bin
unb ber 3Sater in mir; menn aber nid^t, fo glaubt bod^ um ber
SCBerfe felbft roiHen. S^^^d^ft forbert 3^fwö ©lauben auf feine
einfädle SSerfid^erung l^in. 3BoIIen fie biefer nid^t glauben, fo
finb bie SBerfc jebenfaHö ein unmiberleglidler 33emei«, vqI.
17, 21. 23. 5Darin, bafe 3efu SOBerf burd^ ©Ott gemirft iji,
liegt, bafe ®ott Sefuö innerool^nt, il^n ju feinem Drte gemad^t
^at. Umgefe^rt ift ®ott ber Ort 3efu, 3efuö ift in ©Ott. SDie
aSorftettung ift ganj realiftifd^. ©ott ift ber S^f^m Umfangenbe
unb in fid^ Sd^liefeenbe. 2)er SluöbrudE bejei(^net bie 3la^t 3efu
bei ©Ott noc^ ftärfer als ber anbere, bajj 3efu§ im ©d&ofee
©otteö ift: er ifl in ©Ott felbft, roie ©Ott i^m innemol^nt,
14, 10 wirb mit biefen SEßorten erläutert, baft, mer Sefum
gefeiten l^at, ben 3Sater gefeiten l^at. SBeil ©Ott i^m innerool^nt
unb atte feine S^^aten unb 3Botte begri'mbet, fo ba§ 3^fu %^at
©otteö 5C^at, ^efu SBort ©otteö SBort, 3efu SBiUe ©ottcö Sitte
ift, unb roeil er, inbem er alle feine Slfte l^eroorbringt , i^
felbft, feine ^erfon, l^eroonuft, fo ift 3ßf«ö bie Offenbarung
©otteö. 3n il^m ift ©Ott ftd^tbar geworben. Unb jmar too^nt
©Ott il^m Qaxii inne. 2)ieö ift ganj gleid^bebeutenb mit bem
bereitö erläuterten äBort, bajs Sefuö ben ©eift ol^ne SWafe |at.
S)en gleid^en ©ebanfen brüdfen bie äßorte auö: ällleö, maä ber
aSater l^at, ift mein, 16, 15. S)aö 2Bort überfd^reitet in biefem
3ufammenl^ange ben unmittelbaren ©inn, ben e§ burd^ äln^
menbung beä ©l^riftuägebanfenö auf S^fw^ erl^ält. Slfe einfad^er
Sttuöbrud beö ß^riftuöbemufetfeinä fagt baö SBort, bafe bie SBelt,
roeil fte ©ott gel^ört, aud& 3^1«^ gel^ört. ^ier rid^tet ftd& ber
SlidE auf ben äujjeren Umfang be§ 33eftfteö ^t\\x: in biefem
SBenn im erften ©liebe nur öon ben SSottcn, im ^weiten nur Don
ben SSerifen bie 'Siehe ift, fo l^at ha^ felbftöerftänblid^ ni(^t ben ©inn, bie
SBerle im Unterfd^iebe öon ben SSorten in befonberer SSeife Don öJott ab*
juleiten. SBielmel^r ift wa^rft^einlid^ l^ier SSerfe ber umfaffenberc aud^ bie
Sporte in fid^ fd^Ueßcnbe SScgriff.
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©innc gel^ört allcö, roa« ©Ott gehört, i^m. 16, 15 ifl inbcffen
ni(ä^t t)on bcr SBelt bic Siebe, fonbern t)on bem, road ®ott ate
inneren Sejtfe an Ätaft unb ®eiji in |t(J trägt. ^\xä^ bie«
nennt 3efu§ fein eigen. Überfd^ritten iji l^iernüt, wie überl^aupt
in ber jo^anneifd&en ©^riftologie, ber tnefjtanifd&e ©ebanle in^
fofem, alö l^iermit ber innere @runb angegeben wirb, nm beß-
willen 3efu§ ben mefltanif^en ©ebanfen auf fi(| anroenben barf
unb fann. 2)ie 9Belt gel^ört il^m beöioegeu, fo roal^r fie @ott
gel^ört, weil ©otteö eigener innerer SSefife, eben baö, n)obur<3& er
©Ott unb ^err ber SBelt ifi, il^m gel^ört unb fein innered
©igentum bilbet. 2)aö 9Bort erläutert nur, loaö ed ju bebeuten
l)at, bafe ©Ott 3efud inneiool^nt, ober, bafe er il^m ben ®eifi
ol^ne 3Ra^ gegeben l^at.
3}lm barf aud^ aud beut ftonte^t feine 9efd§ränhtng
nel^men, etioa bie : bafe eö jtd^ um „ben gefamten Sffial^rl^eitdbefife"
bed SSaterö l^anble (SBeig). ^ieö erlaubt ber aUgemeine unb
toeite SuöbrudE nid&t. Slnbere 2Borte aber überbieten biefen
(Sebanfen auöbrürflid&. 2)ie SMad^t über aM gleif* gehört
Sefuö, 17, 2, bie ^errlid&feit geprt Sefuö, 93. 22 unb 24: ©Ott
l^at fi(^ felbji, ben gefamten Snl^alt feine« eigenen SBefenö, 3efu«
mitgeteilt, inbem er il^m inneiool^nt.
2)iefe ®rfenntnid loottenbet fi(6 in bem Urteil: 3d& unb
ber aSater jtnb ein«, 10, 30. 3)iefed SBort empfängt feine
Erläuterung eben burd^ bie bargefiettte ©ebanfenreil^e, in bcr
ed }um 3U)f(i^lu^ lommt. SBeil niemanb ©Ott fein (Eigentum
entreißen fann, fo fann aucfe niemanb 3efu« biefeö Eigentum
nehmen: pe finb in Sefu SRad^t fici^er, weil jte in ©otte«
9)la4t fuiber finb, benn Sefuö unb ©ott jtnb eins. 2)ad
3Bort begrünbet an biefer ©teDe alfo ben ©ebanfen, bafe
©otteö 3Kad^t Sefud gel^ört. 3lber eö ifl attgemeiner: nid^t
nur ©otteö 3Ka<3&t, fonbern ©otteö ^eulid^feit, ©otteö ©eift,
©otteö gefamtcr innerer Sefife, bieö alleö ge^rt 3efuö.
©otteö SBort, SBitte unb %i)at ifl 3efu aBort, SBiOe unb
5C^at. 3efu aWad^t l^at nur an ©otteö 'maijt, feine $en=
li^feit nur an ©otteö ^enlicfefeit, fein 33ejt| nur an ©otteö
35eftfe feine ©renjc. ©o meit baö eine reid^t, fo weit reid^t eben
beöioegen aud& baö anbere: barum finb beibe einö. S)amit ifl
auögefprod&en, bafe 3efuö ju ©Ott gel^ört, er ifl ©ott. 20, 28
ifl biefe ©rfenntniö natürlich nid&t alö ein gelegentlid& aufbliftenber
— 30 —
©ebanfc gemeint, fonbem eö ifi bafi ßiel, ju betn ba« ©oan^
gelium l^inftrebt. 2)ieö Sefenntniö fott jum ©d^Iitfe ouöflcfpro^en
werben.
3)ie Übertraßung bed ^Präbifateß bet ©ottl^eit auf Scfuö
wirb ani) 10, 33—38 begrünbet. 2)ie 3«bcn warfen Sefufi auf
®runb beö SSJorteö: 3(^ unb ber SSater pnb ein«, Säfterung
vox, weil er, ber bo(| SWenfd^ ift, ft^ felbft ju ®ott maä^t.
Offenbar folgern fie nad^ ber 3Weinung befi 6t)angelifien l^ierauö
mit Siedet, ba^ er [xi^ babttrd^ @ott^eit beilegt. 2)ied jeigt ftd^
aud^ barin, bafe 3efu« in feiner äntwort feineßwegfi bcn SSor^
wurf jurüdtwcift. Sßielmel^r fotl bie Slntwort fein 3ie6)t jeigen,
[xä) baö 5ßräbifat ber ©ott^eit jujufd^reiben. 2)ie ganje Sluö^
fül^rung jeigt, wie eng für ben ©Dangeliften bie loerfc^iebenen
(feriftologifd^en Segriffe miteinanber jufammenl^ängen. SBeil Scfuö
fagt: x6) unb ber Sßater Rnb ein«, fo mad^t er fi<3& felbft
}u ©Ott: legt er fl(| ©in^eit mit ©ott bei, fo legt
er jtd& ©ottl^eit bei. S)ie Slntwort 3«f« bejiel^t ben Sßorwurf
ber ßäfterung auf bie ©elbftbejeid^nung 3efu alfi ©ol^n ©otteö.
9latürli(| fott baö nid^t bebeuten, bafe er jtd§ ja nid^t: @ott,
fonbem nur: ©otteö ©ol^n genannt l^abe,^) fonbern cö jeigt nur,
bafe mä) ber aibfid^t beö ©oangeliften '^t^M mit bem SBortc:
Sd^ unb ber SBater finb einö — eben nid^tö anbereö ald fein
©o^neöbewufetfein auögefprod^en l^at: er l^at mit jenem SBorte
nid^tö anbereö gefagt, afe wad er aud^ mit ber 2lnnal^me be&
2:itelö: ©o^n ©otteö fagt.^) SBer Rd^ ben ©ol^n ©otteö nennt,
ber barf aud^ fagen: 3d& unb ber aSater finb einö. Unb mit
bemfelben SBorte ^at er pd^ aud& ©ott^eit beigelegt. 58. 37 u. 38
forbert S^fwö «tn feiner SSJerfe willen ©lauben für baö, roa^ er
von [xäj fagte. SBaö pe aber a\x^ ben SSJerfen erfennen fotten,
ift bieö, ba§ ber SBater in il^m unb' er im aSater ifi. Sllfo aud^
bieö l^at benfelben ©inn wie ba« 33efenntnid, bafe er unb ber
SSater eins finb.
S)er entfd^eibenbe Seweiö für feinen änfprud^ finb alfo feine
SBerfe. 5Die 3luöfü^rung SB. 34—36 beweift nid&t, bafe er ein
^) ®cöen ^amad, Settft^rift für X^coloöte unb mt^t 1892, 6. 196:
„öebü^rt in biefem ©inne aud§ gefu bie SSejcid^nung „öJott", fo l^at er bod§
felbft für fid^ bie SSegcid^nunö vtog tov ^eov, nid^t d^eos für ft(j§ in 9ln*
fprud^ öenommen."
>) SSgl. aSeiß j. b. ©t.
— 31 —
9flc(^t l^at, fid& bcn 2Stcl bet ©ott^cit bcijulcgcn, fonbcrn roeifi
nur bcn SSortDitrf jurücf, bafe fein SBort fd^on bcfirocgen eine
Saflerung fei, n)eil er als 9Renfd^ ft^ ju @t)tt mai^z. ^axan^,
ha% et 3Kenfd^ ift, folgt ntd^t, bofe et läftett, wenn et fic^
©ottl^eit beilegt, ^ietfüt roitb jnnä# ein ©d&riftbeioci« bei-
gebta^t. SRatütliÄ ifi bicfet etnfil^aft gemeint, wie nod& au«=
btttcflid^ butd^ ben S^iW^^föfe : xai ov dvvarai Xv&^vai tj ygatpri
petfid^ert roitb. SBad bie ©d&tift fagt, ift SSJol^tl^cit. SRun abet
giebt es fol(|e, bie bie ©d^rift felbft ^foi nennt, nämlid^ bie^?
jenigen uQoq ovq o koyoq Tov &sov iyivsto. 2)iefer Saft fann
nid^t blofe bebeuten: bie in jenem ©ottedwott ängetebeten.*)
2)ann wöte bet @aft bebeutttngdlos. S)iefet ätelatiofoft entfptid^t
melmel^t beutli(i^ bem SRelatiofaft in 93; 36: ov 6 naxr^Q i^ylaaev
xai änioTBiXsv Big rov xog/hov. @o gut nun biefet ben @tunb
baffit angiebt, ba^ 2i^fud bad ^ied^t ^at, fid^ <3ol^n ®otted }U
nennen, fo gut giebt bet etfie Slclatiofafe ben ®tunb bafüt an,
ba^ ©Ott jene im ^falm Slngetebeten ©ötter nannte. 2)ie'
jenigen, ju benen baö SBott ©otteö fam, bie nennt et ©öttet.
93. 34 u. 35 jeigt junäd^ft, bafe ®ott felbft aWcnfd&en ©öttet
nannte, bafe eö alfo nid^t eine ©otteöläfietung ju fein btaud^t,
wenn Sefuö fid^ baö ^ptäbilat bet ©ottl^eit beilegt. @ö ift
natütlid& nid^t gletd&gültig , bafe bet Scioeid bie gotm eines
©d^tiftbemeifcfi annimmt. 3n bet ©d&tift ift @ott bet Slebenbe.
©Ott l^at bas 9ted^t unb bie 3Rad^t, äRenfd^en ®ottl^eit beijulegen.
2Bem ®ott ©ottl^eit beilegt, nut bet batf fte ftd^ felbft beilegen.
2)et »emeiö fagt alfo: ein aWenfd^, bem butd^ ©otte« aBille,
SBott unb ©abc ©ott^eit beigelegt witb, bet läftett nid&t, wenn
et Re ftd^ beilegt. S)utd& ©otteö ©abe giebt e« füt aWcnfd^en
©ott^eit, wie jene« ©d&tiftroott bemeift. Unb jroat legt ©Ott
benen baö 5ßtäbifat bet ©ottl^eit bei, ju benen bad SBott ©otteö
fam. 5Dieö giebt i^m ba« SRed&t, jie ©öttet }U nennen, ^iet^
butd^ i^aben fte 2:eil empfangen an göttlid&em SBefen. S)utd^
fein SBott teilt ©Ott ftd^ felbft, fein SBefen mit. 5Datum nennt
et fte ©öttet. SDutd& fein SBott fann ©Ott SKenfd&en ©ott^eit
geben.
S)et ©d&lufe fteigt nun aufroättö. 5Denn bet 9lelatiofa|:
„toeld&en bet 93atet heiligte unb in bie SBelt fanbte," bebeutet
@o ^ei|, ^ol^mann u. a.
— 32 —
natürlid^ bent Sa^ gegenfi6er: „i\x rotl6jtn bad Sßort ®oM
fommt" eine ©teiöerung. 2)et ©d&Iufefaft l^at bemnad^ ben
©Inn: bcr l^at um fo t)iel tne^r xeä^t, fld^ ©ott ju nennen, roas
er eben fd&on bamit tl^ut, bafe er itd& ben ©o^n ©otteö nennt.
®ö ifi alfo beutlid^, bafe ba« gjräbifat ber ©ottl^eit Sefud in
befonberem Sinne beigelegt werben foD. 3)er ©d^riftbemeiö jeigt,
bafe ©Ott ©ottl^eit geben fann unb giebt burci^ fein 9Bort. 2)et
jroeite ©afe jeigt, mit welchem SRed^te 3«fwö fte jtd^ getabe in
befonberem ©inne beilegen fann. ,;J)er 58ater heiligte il^n unb
fanbte i^n in bie SBelt/' S)ie ©tette ift nid^t audreid&enb bomit
erflärt; bafe man fagt, ber 2^on liege ouf: 6 nar/^Q, fo ba§ bcr
©inn etma ber wäre: ®ott, ber il^m gegenüber Sßatet ifi, fo
bafe bieö alfo eine Umfd&teibung beö ^of)m&namenQ wäre, ©o
etwa erflärt SBeife: ^©ofetn ber t)om Sßater ©efanbte then bcr
©o^n ift/' 2lber ber ©afe foll bod^ gerabe ben ®runb bafüt
angeben, bafe 3efud jtd& ©ol^n ®otte« nennt. 2)iefen geben b«
tßräbifate an. S)er SSater l^eiligte il^n. 2)al^er ifi er o «yio?
TotJ .%ov, ogl. 6, 69. ,öeilig ift ber, ber in ©otteö SRäl^e fie^t,
in feiner ©p^äre unb unter feinem ©(ä^ufte. S)er Segriff fd^liefet
inbeffen nid^t nur ben ©ebanfen in fi<3&, bafe er ®ott gel^ört,
fonbern ben, bafe il^n @ott gebrauii^t, il^n ju feinem Drgan
macfet. S)aö jroeite ^JJräbifat aniarsilfv eig t6v xoafiov b^eid^inct
nid^t einen jeitlicfe vom erften gefd&iebenen 2lft, fo ba§ bie
Heiligung 3efu alö oorange^enb gebadet würbe. "Me baö
Äommen 3efu im @oangelium fein gefamteö auftreten umfaßt,
fo bejci(Jnet bie ©enbung bie Segrünbung beöfelben burd^ ®ott.
SBeife bejiel^t bie Heiligung auf bie Xaufe 3efu unb bie
©enbung auf baö barauf folgenbe öffcntlid&e auftreten. SMein
bie ©enbung in bie SBelt umfafet bei Sol^anne« bie gefamtc
irbifd^e ©jiftenj 3efu, fein gefamtcr Sebenölauf unb bamit feine
ganje 5ßerfon in aDen il&ren Xl^aten unb 3Borten entjiammt bem
SBirlen ®otte«: er fommt oon ®ott l^er in bie SSJelt. 2)em'
entfpred&enb barf man aud^ ayial^eiv nic^t auf bie 2^aufe
befd^ränfen. Slid^tig ifl inbeffen an biefer 2)eutung bie Sejie^ung
auf bie 2ludräftung mit bem ®eifte. 3)iefelbe ift fd^on burd^
ben äuöbrudE üyioLi,siv nal^e gelegt. Slud^ biefe befd^ränft itd&,
wie fd^on gejeigt ift unb ftd^ fpäter nod6 genauer ergeben wirb,
nid&t auf bie Xaufe, fonbern fte umfafet ebenfallö bad gefamte
Seben 3efu: er felbft, feine aaQi, er in feiner meufd^lid^en %xt
— 33 —
flammt auö bcm (Seifte. ®er äuöbrurf entfpTld6t alfo bem
Umfange nad^ butd^auö bem 5ßräbif at äniarBilBv. 3bxx bejeid&net
et baö 9Set{)ältniö , in weld^eö S^fuö ju ©Ott gefeit wirb,
mäl^renb ber jtDeite fein aSerl^ältniö jur SBelt ausbrüdt. S)utd^
t)ie in biefe SBorte gefaxte S3egabung itnb ©tettung fielet Sefuö
übet benen, ju benen baä 2Bort ©otteö fam. ®ä tft oft barauf
axtfmerffam gemad&t worben, bafe bie beiben auf S^fuö belogenen
^täbifate biefelben finb, bie für bie Sluötüftung bet 5ßtopI)eten
öcbtaud^t werben. '
gut ba§ 3Setftänbni§ biefet ©tette genügt eö, feftjufteHen,
bag 3ef u§ but(^ biefe SBotte als bet S3ote ©otteö bejeid^net witb,
b. 1^. als bet, mit bem baö 2Bott ®otte§ in bie 2BeIt fommt,
benn bet 5ptopI)et ift bet, bet baö SBott OotteS btingt. ^n
befonbetS einjigattiget SCBeife fommt mit S^fwö ba§ SBott ©otteö
in bie SEBelt. 2)atauö , bajj bieö bet im jroeiten Stelatiofaß
auögebtürfte ©ebanfe ift, etHätt eö fi(^, bafe bet SBotjug betet,
bie d^soi genannt roetben, in bie SBotte gefaxt toitb: ju il^nen
fam baö SEBott ©otteö. ®ä ifi nun oerftänblid^ , inrotefetn bet
jmeite $Relatit)fa| getabe biefem ©ebanfen gegenübet eine BXtv
getung bebeutet. SDie Sßütbe bet einen befielet batin, bafe baö
SBott ©otteö JU il^nen fommt, bie SBütbe beö anbetn batin, bajg
eö butd& unb mit il^m fommt. S)en einen bleibt baö SBott
(Sotteö tXvoa^ äufeetlid^eö: e§ fommt alö ein neueß, jraeiteä ju
i^nen l^inju. ^efus bagegen etl^ält eö babutd^, bafe ®ott il^n
t)utd& ben ©eift bilbet unb fein SSuftteten begtünbet unb geftaltet.
(§x mitb nid&t babutd^ jum 33efi|et beö SBotteö gemaijt, ba§ e§
als ein jroeiteS ju i^m {)injufommt, fonbern but(| bie 2ltt, wie
©Ott ü^n felbet butc]^ ben ©eift bilbet. Äautet nun bie %oh
öetung auö bem Sd^tiftroott : butd^ ©ottes SBott fommt ©otteö
aitt }um aRenfd&en, butd^ fein SBott teilt et fein SBefen, b. 1^.
<Sottl^eit mit, fo gilt bieö oon S^fw^ w fo t)iel {)öl^etem 3Kafee,
afö nid^t nut ju il^m baä 2Bott ©otteö fam, fonbetn but(| i{)n
bas SBott ©otteö in bie SBelt fam. 3n bemfelben S8et{)ältniö,
tu bem et jum SBotte ©otteö ftefit, fielet et jum SBefen ©otteö:
€t ift mit ©Ott einö, ift ©ott.
35ie 35atfteIIung l^at beteitö gejeigt, bafe bie t)ottftänbige
tabl^ängigfeit gefu, feine gänjlid&e Untetotbnung untet ©Ott, nid^t
einen ©egenfaft ju feinet (ginl^eit mit ©ott bebeutet, fonbetn bafe
beibeö faufal miteinanbet oetbunben, ja ibentifd^ ift. aitte SBotte,
— 34 -
in bcncn 3cfud auöfprid^t, bafe er nid^t aus |t(i& fclbft rcbc unb
l^anblc, fonbcm SBort unb SBcrf Don Oott empfange, follen eben
bte Sebeutung feined 9(ufttetend audbtüden. ®ben bedtoegen ifl
fein SBort unb SBerf Ootteö SBerf. 2)urd& feinen Oel^orfam
gegen ®ott, Dermöge beffen ©otted SBitte fein SBille ift, fein
SBerf Ootteö SBirfung, fein SBort ©otteö ®abe ift, maä)t er p*
felbft jum Drgan ®otte«, jum Drt ®otteö, unb ifi eins mit
©Ott. Ober Dielmel^r: nid^t er felbft ma^t fid& ju ©otteö Drgan,
fonbem inbem er ©Ott gegenüber feinen eigenen SBitten l^at,
mad^t ©Ott il^n ju feinem Drgan; er ,, heiligt" il^n unb mai^t
fid& mit i^m einö, mad^t fid& ju feinem Drt. SefuS ifi ©Ott
gegenüber bcr SBartenbe, ©mpfangenbe, ©ott ift ber ©ebcnbe.
Sie Überorbnung ©otteö über 3efuö befielt nid&t barin, ba^
©Ott etroaö für jid^ bcl^ält, Dielmc^r teilt er fid^ Sefuö ganj mit
unb mad^t il^n jum Jtönig ber ganjen SBelt, fonbertt @otte$
Überorbnung befielet barin, bafe er ber 2lnl^ebenbe, ©ebenbe,
Segrünbenbe, SefuS ber ©el^ord^enbe, ©mpfangenbe, äusfül^renbe
ifi. SRid&t Sefuö jie^t burd& feine grömmigfcit baö ©eben ©otteft
auf fld& l^erab, fonbem in ©otteö @abe ift fd&on ber anl^ebenbe
©cl^orfam 3efu begrünbet.
3)ieö ift f^on bamit auögcfprod&en, ba§ 3efuS feinen ©el^orfam
gegen ©Ott barauf jurüdffül^rt, bafe er ber ©ol^n ift. ©eöl^alb ifl
ba§ SBort 14, 28 : bcr SSater ift größer alö ii), nid^t ein SBiberfprud^
ober eine ©dbroierigfeit in biefer ß^riftologie, fonbem eö ift bie
biefelbe tragcnbe SSorauöfe^ung. 2)ie SBed^felroirfung jroifdfeen
©Ott unb. gefuö üerläuft fo, bafe ©Ott, inbem Sefuö ftd^ t^m
unterorbnet, 3efum neben fid^ ftellt, ober Dielme^r, ba Sfol^anned
abfi(^tlid& ben 3luöbrudE ber SRebenorbnung üermeibet, i^n in ftc^
aufnimmt. @ö ift beöroegen ein feltfameß aJiifeoerftänbniö ber
jo^anneifi^en ß^riftologie, wenn man auf baö 93eten Sefu auf-
merffam mad^t alö auf einen 3^0^ t^wrd^ ben feine ©inl^eit mit
©Ott irgenbroie eingcfd&ränft würbe: bur(^ bic völlige, ftetige
3?cceptit)ität gcfu ©Ott gegenüber ift ja feine @in^eit mit ©Ott
gcrabe bcbingt. 2)cutHd& fprid^t So^anneö bicö in bem ©ebct
am ©rabe beö Sajaruö 11, 41 f. auö. ©ä ift eine ©ntftettung
beö ©ebanfenö, wenn man'üon einem „©d^cingebet" rebct. 3)a^
©ebct beginnt mit mol^lcrmogcncr 2lbfid^t mit bcm 2)anfc: 3cfu^
ift bcr ©rl^örung gemife, er meife bereits, bafe er crl^ört werben
Tüirb, bafe er erhört ift, ba§ ©Ott il^n allejeit l^ört. hiermit
- 35 —
Toitb auöflefptod^en, bafe attcö ^\xn 3efu, eben roeil eö i^m
von ©Ott ßeßeben wirb, burd& fein ©ebet Dermittelt ifi. 3)er
©a^: bu l^örft mid& att^eit, ift bie notroenbige ©rgänjung beö
anberen, ba§ ^efu gefamteö SBirfen (Sott entfpringt, ja, bafe et
nt^tö t^un lann ol^ne ben aSater. SBie Sefuö ben SBatet attejeit
^öxi, fo l^ört bet SBater allejeit S^fwwi- ©ö wirb burd^ biefeö
2Bott nur auöbrüdlid^ auSgefprod&en, bafe 3efuö |tdb in biefem
SSetl^ältniö ju ©Ott nid&t pafjio, fonbetn teceptio oerl^ält. 3)ie
Sttpnßißfeit g^f« oon ©Ott erfd^eint nad& aufeen ate ein S^l^un
beö SBittenö ©otteö, nad^ innen ate ein ftänbigeö auf ©Ott
flerid&teteö Segel^ren, ein Sitten. ®ie Senjirfung bcö SBerfeä ifi
bcmgemäfe ein beftänbigeö erböten ©otteö. SBeil ^efuS ©otteö
SBiUen t^ut, t^ut ©ott ben SBittcn Sefu. 2)eöroeßen fprid^t et
auöbtücflid^ auö, bafe il^n biefe ftänbige ©eroifel^eit bet etl^örung
feines Sittenö begleitet. SRii^t etroa, weil i^m bieö etft jefit unb
nut in biefem äugenblid geioife ift, fpti(^t et eö auö, fonbetn
um T)ot bem SBoH ju befennen, bafe ©ott eö ift, ber biefe Xf)at
tl^ut, bamit bem aSolf bie 2I|at jum ©laubenömotio roitb, bamit eö
in 3efu X^at ©otteö 2:^at unb in feinem auftreten ©otteö
©enbung etfenne. ^olfemann bemetft ju bet ©tette, „bie Ableitung
beö unl^iftotifd^en 3^0^^ öuö bet Sbee beö ßogoö, beffen ©ebete
felbfh)etftänbli(^ etl^ött roetben," fei fid&et. allein biefet 3m9
etgtcbt fid6 bireft auö bem ©ol^neögebanfen. SBeil et bet ©o^n
if*/ fo ift 3ef«ö geroife, bafe ©ott fein SBott mal^t mad^en mitb.
SInbetö jietten fid^ abet aud& bie ©pnoptifet baö SBirfen 3efu
ni^t oot. Sefu SBet! ift eben beömegen mad&toott, meil eö butd&
©Ott gemitlt mitb, unb wenn Sefuö bei ben ©pnoptifetn nid^t
nut felbft mit unbebingtet ^woex^xä^t tebet, fonbetn aud^ oom
SBolfe unbebingteö SBettrauen auf bie SRad^t feineö SBotteö fotbett,
fo fefet bieö uatütlid^ ootauö, bafe et aud& nad& ben ©pnoptifetn
gemiB ift, bafe ©ott i^n „attejeit ptt".
aßenn in 3efu SBirfen ©otteö 2Bitfen in bie 2BeIt ^inein^-
tritt, fo mitb bamit ^e^\xQ nid&t auf bie Stufe eineö „2)ut(^'
gangöpunfteö" füt bie göttlid^e S^ätigfeit f)etabgebtüdEt. 3)ie
oöllige g^ieceptioität ©Ott gegenübet jetbrüdEt bie ^ßerfönlid^feit
3efu nid^t. 2)ie oon ©ott in il^m geroedfte SCf)at i)at bie SSe-
beutung eineö eigenen 2Bittenöafteö .^efu unb fein 2Berf ift nidfet
tixoa nur „empttif($" betrad^tet fein eigeneö 2Bet!, mäfirenb eö
untet „teligiöfet Setrad^tungömeife" alö ©otteö SBetf etfd^eint.
— 36 —
^iefe 2)eutung bet jol^anneifd^en ^^rifiologie ertoeifl ftd^ aud^
no(^ an einet fpäter ju etörtcmben Slcil^e t)on äuöfagen gcmcffen
al§ ö^wi^Ioö. 3cfuö fiettt fein eigene« SBetf neben Oottcö 2Bert
alö bejfen aSottenbunß. ©ein SBirlen fe^t baö ßöttlid&c SBirfen
fort unb bringt es an^ ^uL Si^ö brüdt ber Xexminn^
TsXeioo) auö: er mait baö t)om SBater begonnene SBBerf fertig,
4, 34; 5, 36; 17, 4. S)ie SRegel, bafe ber ajJenfd^ [xd^ nid^tö
nel^men fann, roaö i^m nidit auö bem ^immel gegeben ift,
3, 27, wirb befonberö auf ben ©rfolg beö SEBirfenS 3^1« <J"-
geroanbt. 2Ber ju '^t^n^ fommt, ben ^at @ott i^m eegeben,
6, 37: QÜeö, toqö mir ber SBater giebt, wirb ju mir tommen,
Dgl. SB. 39. SBaö er f)at, l^ält er beöroegen feft, weil ©Ott es
i^m gegeben ^ai, 10, 29. 58gl. femer 17, 2. 6. 7. 9. ,12. 24;
18, 9: ©eine jünger gab ©ott i^m. 3)er ©ebanfe wirb ni<]^t
nur auf bie 3Jlenf(ä&en angeroanbt: SRiemanb fann ju i^m
fommen, wenn eö if)m ni(^t t)om SBater l^er gegeben ift, 6, 65,
ober, menn il^n ber 58ater nid&t jiel^t, 33. 44, fonbern aud^ auf
3efus. Slud^ SefuS fann [xS) ni($tö nehmen, mag @ott il^m
nid^t giebt: er ift ®ott gegenüber ni(^t nur in 33ejug auf SBort,
^raft unb 2Berf rein receptit), fonbern aud^ in Sejug auf feinen
©rfolg ift er ber ©mpfangenbe. Unb nid^t nur ben ©rfolg feines
2BirfenS grenjt ®ott ab, fonbern anä) bie 3Kenf(^en, an bencn
3efuö überl^aupt mirfen fott, fü^rt ©Ott i^m ju. ^efus ge^t
nidfet aus, um ju fud&en, fonbern er läfet bie aJJenf(^en ju ftd^
fommen. ©eine ®üte äufeert fid& nid^t im 3luffu(^en berer, bie
feiner bebürfen, fonbern barin, bafe er bie, bie ju i^m fommen,
ni(ä^t IjinauSfiöfet, 6, 37. SBie fid& l)ierin fein ©el^orfam gegen
©Ott äußert, fo liegt eben in ber abmartenben, nur l^inne^menben
Haltung 3^fw ^^^ SRenfd^en gegenüber ber ©laubenSaft. S)iefeö
3ufammenn)irfen ©otteS unb ^efu jeigt mieber, mie uöttig für
SefuS feine Unterorbnung unter ©ott mit feiner ©teHung neben
©Ott üerbunben ift. ©inerfeits vermag er nur bort ju mirfen,
mo ©otteS SBirfen ilim vorgearbeitet f|at, anbererfeits fefit fxi)
©otteS SBirfen in feinem 2Birfen fort unb erreid^t erft bur(|
Sefu X^ai fein 3iel. SDaS 58erl)ältniö mirb 4, 36 burd^ baS
SBilb t)om ©äemann unb ©(ä^nitter erläutert. S^fn SBerf oer-
gleiiä^t fic^ ber 2lrbeit bes ©c^uitters, ber ben ©rtrag ber aJlül^e
beS ©demanns einfammelt. B^Ö^^i^ "tit bem ©rntenben erlebt
ber ©äenbe ©rtrag unb greube feiner 3lrbeit. aJJit ber 3lrbeit
^ H ^. l -i,.W„ ' .jajJg n
— 37 —
teilt ©Ott aiid^ feine greube mit S^fuö: bie DöHiße ©inl^eit
bctber jeiflt [x6) barin, bafe jebet fic^ am SEBerfe bcö anbern freut.
SDicfcr ©eft(^töpunft bcf)errfd^t bie ^arftettuna ber SBirffamfeit
Scfu im ®t)anöelium. 3lxä^t ein SBort ober eine 5C^at S^f«
üctanlafet ben Seginn feiner ^l^ätigfeit ober mad^t feine SSe-
bcutung erfennbar. S)ur(^ eine göttlid&e Offenbarung mirb er
bcm 2^äufer bejeid^net. 3l\ä)t auf einen SRuf l^in folgen il)m bie
erftcn 3ä"8^i^f fonbem junäd^ft folgen fie il&m auf SSeranlaffung
jeneö S^äuferroorteö unb bann erft fommt $^efu§ iljnen entgegen.
(Sl^arafteriftifd^ ift in ber ®rjäl)lung ber @ebrau($ beö 5JBorte§:
svQLoxsiv, n)el(ä^eö baö jufäHige 2lntreffen bejeid^net, ogl 35. 42.
44. 46.^) 3)er ©oangelift mad^t baburd^ barauf aufmerffam,
ba§ ^ier ni($t bered&nete W\\i^i, menf(^li(^er SBiHe, überl)aupt
nid&tö ©efud&teö unb ©emad&teö oorliegt. ^arin liegt il^m bie
@eu)äl^r, bafe l^ier ©otteö Seitung maltet.
S8on bemfelben ©efid^töpunft au§ ift ber ©injug ^^f^ i^
Scrufalem 12, 12 ff. bargeftettt. 2Bäl|renb bie ©pnoptifer bie
Slbfid^t S^fu ^ert)orl)eben, burd& bie gorm beö einjugeö an bie
SBeiöjagung ju erinnern unb bie Slnorbnungen unb 58or:=
bereitungen, burd^ meld&e fid& ^efuö baö SCier oerfd^afft, auö-
fü^rlid^ erjä^len, erjäl^lt 3ol)anneö nur: er fanb einen ©fei unb
fcfete ^\i^ barauf. er l)ebt alfo nidfjt %^Oii unb Sabfid^t 3efu,
fonbern bie göttlii^e ©(^idfung l)eroor, bie biefe gorm beö ®in=
jugeö bemirfte.
SDie bargefieate 3lbl)ängigfeit Sefu oon ©Ott ftel)t alfo nid^t
im ©egenfafe ju feiner ©inl^eit mit ©Ott, fonbern begrünbet bie=
felbe. Snbem feine gefamte 3l!tioität in feiner Sieceptioität ©Ott
gegenüber begrünbet ift, ift fein 3Bir!en ©otteö SBirfen, ©otteö
. 93efi% fein 95efi^ unb er felbfi einä mit ©Ott. 5Die ganje
©ebanfenreil^e aber ift ©rläutcrung ber 95ejeid^nung „@ol;n
©otteö". ^ie Sejeid^nung ift bei ^o^önneö fo gut wie bei ben
©^noptifem meffianifd^: ber ©ol)n ©otteö ift ber 6l)riftuö.
Mein ber bargeftettte ©ebanfenfreiä ftettt bar, moburdö er ber
e^riftuö ifi: burd^ biefeö aSer^ältniö ju ©Ott ift er ber ©ol^n.
2)er 6f)riftuöname ift nid^t ein äufeerlic^ il^m angeliefteter S^itel,
fonbern eö ift in ^efu gjerfon begrünbet, bafe i^m biefer SCitel
jufommt. Unb basjenigc aSerl^ältniS ju ©Ott, burd^ meld^eö er
SJgl. SSeiJ au biefen Stellen.
— 38 —
jum ßl^rifitud wirb, ficttt eben Sol^anneö bar. 3lud§ bte ©pnoptifer
beantworten bie grage, warum gerabe 3efud ber @l^tifhtd ifi,
inbem fie fagcn: burd^ ben ®ei^ l^at il^n ®ott jum ß^rifhiö
ßemad^t: ate ber Präger beö ©eifteö ijl er ber (S^rifiuö.
So^anneö gc^t in ber SJeutung beö Sßerl^ältniffe« }u ©Ott, burd^
n)eld&eö 3efuö jum ß^riftuö wirb, nur nod^ weiter. ®ö ifi aber
beutli(i&, bafe nid&t jwei begriffe Dom ©ol^ne ©otteö bei ü^m
nebeneinanber ficl^en, ein fogenannter „meffianifd&er" unb ein
,,metapl^pjifd^er". ^Sielmel^r l^at ber äuöbrurf burd&gel^cnb bie
flleid^e Sebeutung.^)
») ^iefciS an fic| ganj cinfa^e SJctl^dltni« bcburftc bcSwcgcn einer fo
augfül^rlid^en Darlegung, weil eine lutje SJcmcrtung leicht migberpanbcn
wirb. <So bel^auptet ^olftmann, Sf^cutcftamcntlicle Xl^cologic I, @. 265,
^nm. 1, i(^ l^ättc ben meffianifd^en ©inn ber ^Se^eii^nung „©ol^n ©otte^"
geleugnet. 3(^ l^offe, ba| bie obige ^orfteKung beuttic^ genug ift.
_i
Per lltfpruttg §iefu m^ bem ^xvxml.
3um Dottftänbiflcn SBcrftänbniö bcö Scgriffd „©ol^n ©ottcö"
flc^ört bic ©tläutctung bcö Sefcnntniffeö t)om ^immlifd^cn Urfptung
3efu, tüelc^cö in bcr jol^anncifd^cn ©^rtftologic eine bcbeutfame
©tellunfl einnimmt. SJian pflegt biefen ©ebanfen mit bem
^äepiftenjöebanfen jufammenjufteffen unb and bemfelben jn er^
flären. 3)afe ^efuö auö bem ^immel gefommen ifi, bebeutet, bafe
«t üor feinem gefd^id^tlid&en Seben im ^immel roat, biefe feine
^immlifd^e ©jifienj aber aufgegeben unb mit feiner irbifdfeen 3)afeinö-
flcjialt Dertaufd^t ^at. SBBeife erllärt : ,,3luö bem ^immel ifi er jur
®rbe tierabgefiiegen, roeil fein mefjianifd&er 33eruf fein ©rfd^einen
auf ßrben forberte. 3lfe ber, melier urfprüngtt(^ im ^immel
geroefen iji, ifi ^t\\x^ ber einjigartige ajJenf^enfo^n, ber je^t
jmor bie göttli^e ^errlid^feit nid^t befi^t, aber ber fteten gött-
ßd^en 2Bunberl^ülfe geroife ift."0 //®ö ift nid^t gefagt, ba§ ber
Sogoö gleifd& annahm, fonbcrn, bafe ber ßogoö 5leif(^ würbe,
't^^x^ er alfo etmaö anbereö rourbe, ate er früher roar."^) @leid&-
TOOl^I bemerft SBeife: „®ie ©enbung beö eingcbornen Sol^neä
toirb bei ^joi^anneö nid^t, wie bei ^JJauluö, unter ben ©efid^tö^
punit einer ©miebrigung gejtellt; fie l^at uielmel^r nur 'baju
beigetragen, bafe biefelbe feinem SBefen nad& offenbar unb er
fo unter ben ©laubigen, meldte feine ^errlid^feit erfannten. Der-
^crrlid^t murbe."^) Sßad^ SBeife wirb alfo burd^ bie SBorte t)on
bcr i^immlifc^en ^erfunft 3efu gefagt, bafe ber fiogoö pd& in
einen aRenfd&en üerroanbelte. 3lnberö beutet ^Jjpeiberer*) ben
©ebanfen: „(gö (b. \ baö SEBort marb gleifd^) Reifet einfad^, bafe
et einen aus irbifd^em gleifd^ befie^enben aWenf(^enleib am
*) SRciitcftamcntL 2:]^coto9ie, § U4.
«) § 145«.
«) § 145 c.
*) ^aS Urt^riftentum, 6. 758.
— 40 —
genommen ^abe. 2)ie ^etfönlid^feit be« uranfänflnd^cn ]^imm=
Iif(i^en ©otteöfol^ncö blieb babei unoeränbcrt , nur ^eim ®r=
fd&cinungöform rourbe eine anbete, inbcm er feinen ^immctöglanj
Der^üttte imler bem ©rbcnfleib beö iierbli(^en 3Kenfdöen Scfuö,
um batin feine oorübetöel^enbc „^dtroü\)n\xnQ^^ unter unö ©rbcm
menf(^en aufjufi^Iaöen. 2)er jo^Qnneif^e G^riftuö ift alfo nid&t
ein eigentlicher 3Kenf(ä&, ber t)on ber 6rbe l^er ift, fonbcrn er f/i
iüefentli(ä& ber göttUd^e Sogoö ober ©otteöfo^n .t)om ^immel/'
^arnacf^) erflärt „bie SBorftettung ber ^immlifd^en ^erfunft unb
^räeEiftenj" naä) ben jübifd^en Sßorftettungen über bie gJräejifiens
beä aneffiaä. ,,2llfo bleibt nur ber SCI^atbeftanb übrig, bafe ber
3Weffia§ jroar ävdgcanog ift, ober bennod^, unb jnjar als fold^et, t)or
feiner jeitlid^en @rf(i^einung bei (Sott geroeilt ^at." „SBic jcmanb,
ber alö 2Renfd& geboren werben wirb, fd&on oor ©rfd^Qffung ber SBelt
bei ©Ott meilen fann, fragte man nid&t, weil man nid^t pl^ilo--
fopl^ierte." „ßö finb feine äuöfagen über „^räefifienj" in bot
Sinne, ben man f)eute mit biefem SBorte oerbinbet; benn fie bej^anpten
nid^t, ba§ Sefuö alö göttlid^eö Oeiftmefen oor feiner irbifdfeen ©fiftenj
e^ifüert t)abe, fonbern fie Dcrfeßen ben ganjen 3Kenf(^en in
bie oorroeltlidfte 3^^^ J" ©Ott." 2lnbeutungen ju einer nnbern
erflärung beö „kommend 3efu in bie SBelt" giebt Äö^Ier,^)
inbem er ben ©inn ber begriffe „^immel" unb „SBelt" bar^
ftettt. „®ie ©runboorftcttung , meldte bie jol^anneifd^e SEBclt^
anfi^auung mit bem SEBorte „^immel" Derbinbet, unb welche and^
in ber jur aSergeiftigung fortf(^reitenben ©ntioidEIung beä begriffe*
fi^ geltenb mad^t, ift atterbingö bie SBorftedung beö über bie
@rbe auögefpannten ^immetegeroölbeä mit bem baliinter befinb^
lid^en SRaume." 3)ann aber bemerft er, bafe ^immel unb ©Ott
9BBc(^f elbegriffe finb, ferner: „3)ie ganje ©umme ber gottfremben
unb gottf einbüßen 3Jfotit)e unb Äräfte, wie fie im Seben unb
treiben ber aKenf(^en ineinanber mirfen unb jufammen^ängenb
fid& ausprägen, bie in ber aKenfd&l)eit oenoirflid&te lebenbige
Drganifation beö SBöfen — baö ift bie aSBelt." „SBirb nun ber
in biefem ©inne aufgefaßten SBelt ber ^immcl gegenübergeftellt,
fo ift unter le^terem ber Sereid^ ©otteö, bad l)ei6t baö ©cbiet
ber reinen, oon feinblid^en ©infläffen freien unb unoerf ehrten
1) 8eitfd§rift für 2:^eoroöic unb mx^e. 2. Sal^rgang 1892, @. 200 ff.
«) ^on ber SBcU sunt §immetrcid§, ©. 1—7.
— 41 —
ööttlidfecn Dtbnunö ju oerfte^cn. SBon einer lofalen Segrenjung
tft babei nic^t bie SRebe." SBon l^ier au« fommt Äö^ler fd^üefelid^
}u bem ©(J^lufe: „®r tft in bie SBelt gefommen, baß will
bcbeuten : 6r ift in bicfeö uerfel^rte 2^reiben, in biefeä ^errfd^aftö=
gebiet bcö 33öjen mit einer bejHmmten Seruföaufßabe eingetreten,
^0 bafe er fi($ von Slmtö roegen mit einem Äreife ju fd^affen
ma<^t, bem er felbft naä) feiner 5Ratur= unb fiebenßrid^tung nid)t
angehört." ©leid^roo^l finbct Äö^ler ben lofalen Sinn beö
Äommenö S^fw öuö bem ^immel in ben 2luöbrü(fen dvaßalvsiv
imb xaraßacveiv, 6 ävcDd-sp sQ/ofisvoq unb bemgemäfe in einer
ganjen Sieil^e t)on 3luöfagen beö @oangeliumö mieber.^) gerner
fragt cö fid&, mie ber fo ober anberö uorgeftedte l^immlifd^e
Urfprung 3efu fi(| ju feiner ^ßräe^ifienj oer^ält. Äötjler fagt:
,,3Bie DoHjiel^t fi(^ nun baö Äommen ^efu oom ^immel in bie
aSelt? 2Bo ift ber Übergangöpunft ? 3luf ©runb ber ße^re
Dom präejiftenten Sogoö liegt eö noi^t, biefen ^JJunft in ben
5lugenblicf ber ©eburt ju Derlegen." ^iernai^ f^eint eö, alö
forbere nad^ Kollier bie ^räeEiftenjoorftettung bie Sejie^ung beä
,,Äommenä in bie JBelt" auf bie ©eburt 3^fu. 3Benn nun
biejer Segriff gelegentlid^ einen anbern Sinn ^at, fo bliebe mi^
^ier ein ungelöfteö 5ßroblem.
2)a6 ^ol^anneä Don einer realen perfonl^aften ^räeEiftenj
S^rifti rebet, fte^t feft. ^arnad^) bemerlt über biefen ^unft:
,,@ö tann fd^roerlid^ bezweifelt werben, bafe er nicifet nur eine
,,ibeale" — wenn man fie fo nennen n)itt — meffianifd^e ^rä-
cfiftcnj 3^fu Dorgeftellt l)at, fonbern eine reale ©fiftenj bei
©Ott," S)ieö erfennt au(J& Sepfd^lag^) (xn\ ,,2)a6 berfelbe fid&
ben präeyiftenten ß^riftuö ate eine oon ©Ott unterfd^iebene, thtn-
fallö gottgel^ciligte ^erfon oorgeftellt l^at, mirb nad& bem ©ingang
feines ©oangeliumö, fotoie nad^ ber ©teile 12, 41, in meld&er
er bie bem Sefaia erfd&ienene ^errlid^feit ©otteö auf Sefum
beutet, nid^t }u beftreiten fein." 3)ie grage ift alfo bie: 2Bie
oerl^ält fi^ ber gef(^id^tlid&e 3efu§ jum präejiftenten ? 2Bie ift
bie ^erfunft 3efu auö bem ^immel Dorgeftefft?
S)cr SluöbrudE finbet fic6 an folgenben ©teilen: 3, 13:
ix Tov ovQavov xaraßdg, 6 viog tov dv&Qconov, 3, 31 :
©. 2.
») 31. a. D. @ 204.
«») SRcutcftamcntt. 2:]^eorogic. 2. Slufl. 2. 39anb. <S. 430.
— 42 -
o ix Tov ovQuvov iQX^ofXBVoq inavco navrcov sotIv. 6, 32ff. :
öldoyaiv v/ntv tov agxov ix tov ovgavov tov dXtj^ivov. 33. 38:
xuTaßsßtjxa ano tov ovquvov, SB, 41 : iyd si/tu 6 uQTOt; o
xaTußaq ix tov ovquvov, 38. 42 : ix tov ovgavov xaraßdßfjxa,
58. 50: ovTog ioTtv 6 uQToq 6 ix tov ovquvov xaTaßalvcDV.
33. 51 : iyci sifxi uQToq 6 l^cav 6 ix tov ovquvov xaraßag.
6ö finbcn fid^ al\o in bicfcn a3crbinbun8en bie SBottc xaraßalvBiv
unb einmal sg/ja&ui, unb jroar in aoriftifd&cn, pctfeftifd^cn unb
präfentifd&en gormcn.
S)ct ©inn bcö SKuöbturfd wirb burcfe bie parallelen unb
fpnonpmen SBenbungen beleud&tet. 3, 31 bietet ate parallele ju
o ix TOV ovgavov ig/o/nsvog bie SBotte o avcodsv SQX^f^^'^^^
inavo) nuvTcov ioTiv, S, 28 bringt bie SBenbung iyco ix Tm
(xv(o eifiL 2lm tiäufiöften finbet fid& al« ^arattele ber Sluöbruct
t)on ©Ott fein. 2)ie ©tette 16, 28 jeigt am beutlid&ftcn burd
ben nad^folflenben ©egenfal, bafe biefe SBenbung bem Sluöbrud:
,,auö bem ^immel fommen" burd^auö fpnonpm ift: i'^ijX&ov ix
TOV nuTQog xai iXrj'kvd'a sig tov xoa/nov' nuhv aq)l7]fxi tov
y.OG/uov xai noQSvojuav ngog tov tiutsqu, ©leid^ beutltci^ jeigt
fldfe als ^Parattele ba« 2Bort VI, 8: ayvia^av aXtj&ojg Sn nuga
<Tov i^ldov. §iema4 i^at man ein SRe^t, biefe SBenbunfl
überl)aupt alö fpnonpm anjufelien. Sie finbet jid^ noc^ 3, 2:
ano d'sov iXrjXvd'ug, 6, 46: o (ov naga tov &sov, S, 42:
ix TOV &eov ilrjl^ov xai tjxa). 9, 16 fäHen bie ©egner ba^
Urteil: ovx sgtiv naga tov ^sov, 3)em entfprid^t 33. 33: h
f-irj rjv ovTog naga d'sov, 13, 3: ano d'sov i^?jk&€v xai
ngog tov &s6v vndysi. 16, 30: niGTSvo/nsv oti dno Ssov
iiijkdsg. S)iefem SKuöbrud entfpred^en bie ja^lreid&en SBorte, in
benen baö 3luftreten ^efu alö ein Äommen in bie SBelt ober al3
ein (Sefanbtfein in bie SBelt bejeii^net mirb, nämlid^ 1, 9;
3, 17. 19; 6, 14; 9, 39; 10, 36; 11, 27; 12, 46; 16, 28;
17, 18; 18, 37. ^n biefen Sorten finben fi* bie «ßräbifate
i'g/sG&ai, dnoaTsllsiv in perfeftifd^en unb aorifiifd^en , bie
^JJarticipia ßeleöentlid^ in präfentif(^en formen.
Site Dppojttum tritt am l^äufißften ber Sluöbrud auf: au§
ber 2Belt fein. 8, 23 : iyo) ovx stfii . ix tov xog/liov tovtov.
17, 14: iyco ovx sifxl ix tov xoGfiov, ebenfo 17, 16. 2)a3
aSBort 8, 23 bietet afe ^Parallele: vf^stg ix t(ov xarw iarl
8, 44: vfistg ix TOV nuTQog tov diaßoXov ioTS. 3, 31 bietet
— 43 —
alä ©Cgcnfafe jU 6 ix rov ovgavov ig/oitisvog blC SBottc: o cov
€x Tfjg yijg ix rtjg yijg iariv xai ix rijg yiJQ XaXsi. SBgl. aud&
au^ bctn crfteu Sricfc 3, 8: 6 noicSv r?jv afia^rluv ix roif dia-
ßokov ioTiv.
35cr Sinn bcr angefül^rten SBcnbungen erläutert fic^ burd^
bcn ©ebraud^, ber in anbern aSerbinbungen von i^nen gemad^t
totrb. SDaö Urteil, bafe ^efuö nid&t auö ber SBelt ift, wirb 17,
14 aud& auf bie Sö^Ö^^ auögebefint: ovx slaiv ix rov xog/uov
xa^üi^ iy(o ovx si/ni ix tov xogjliov. ©erfelbc ©ebanfe finbet
fid^ 15, 19, roo er burdö ben Oegenfa^ erläutert wirb: ix rov
x6a/nov ovx iari, dXV iyco i'^sXe'^djUfjv v/näg ix rot» xoa/Liov,
SDaö SQBort 19, 36 oerbinbet baöfelbe ^räbifat mit bem SReid^e
ß^rifti: ^ ßaoiXfla fj ifirj ovx sgtlv ix rov xog/uov tovtov.
©agegen gilt t)on ben geinben ^efu 8, 23: v/usig ix tovtov
TOV xoG/Liov iGTl 3luö bettt etftcn 33riefe läfet jtd& nod> 2, 16
l^erbeijief)en : ^ imSv/uia rijg Ga^xog xai ^ inidv/Lila toov
ocp&aX/Liwv xai rj dXa^ovia tov ßlov ovx SGiiv ix rov nuTQog,
dXld ix tov' xoGfiov €gtIv. gerner ifi ju üergleid&en 4, 4.
§ier werben bie ©laubigen ben falfd^en ^ropl^eten gegenüber-
gefiettt: v/xstg ix tov d-€ov iGTS — avToi ix tov xog/liov sigIv,
Sßgl. aS. 6. SDaöfelbe Urteil mit bem subj. rifing, 5, 19,
ol'dafXBv oTi ix tov dsov iGfiev. Sie ©eifter jtnb ju prüfen st
6x tov &£ov iGTLVy 4, 1. 58. 2 wirb 't^a^ 9JJer!mal beö Urfprungö
aus ©Ott angegeben. aSgl. 3, 10: ndg 6 (xrj noiSv 6ixai.oGvvfjv
ovx iGTiv ix TOV dsov. ©em entfprid^t 4, 7 jj dydnij ix TOV
^sov iGTLv. — 3llfo au(^ auf bie ^ropl^eten, bie ©lieber ber
©emeinbe unb auf baö, raad il^ren 33efife auömad^t, auf bie ©e=
red^tigfeit unb Siebe wirb baö Urteil auögebel^nt: jie Rnb auö
©Ott. 2lud^ für bie 93ejei(^nung beä Äommenö 3efu alö Äommen
in bie SBelt bietet ber erfte 33rief eine parallele 4, 1: noXXot
xf/Bv^07iQoq)rJTav s^fXfjXvd-aGiv sig tov xog/liov.
aSoIlftänbig fpnonpm bem 3lu§brudE: auö ©Ott fein ift bei
Sol^anned ber 3luöbrudE: auö ©ott geboren fein. Sieö jeigt fid&
am beutlid^ften im erften Briefe 3, 9 f. 3)ort entfprid^t nag 6
yeysvvtjfiivog ix tov dsov d/uaQTtuv ov noist, SB. 9, ben
äßorten näg firj noitav ÖixaioGvvrjv ovx sgtiv ix tov d'eov,
93. 10. @benfo 4, 7 ij dydnri ex tov &sov iGTiv unb ndg o
dyancov ix ror Sbov ysyivvrjTai. 5, 1 l^eifet eä : ndg o niGT£va}v
ort ^IfjGOvg iGTiv 6 XgiGTog ix tov dsov ysyivvtjTai. SDieS
— 44 —
ifi Döttig parallel bcm SBottc 4, 1, na* rocWem baö ^efenntni§
jum Äommen G^rifti im gleifd&c baö 3WerfmaI beö ©cinö auö
©Ott ift. ©benfo ift 2, 29 7r«c o noicov rrjp öiy,aiOO'uV7]V €§ av-
Tov yfyevvrjTui gcitau pataHcl bcu SBorten 3, 10, in bcnen baö
^räbifat nur lautet: er ift nic^t aus (Sott, ^icmad^ ift bei
3luöbru(f: auä ©Ott geboren fein bei Sol^anneö vöüxq fpnonpm
bem 2luöbrucf: a\x^ ©ott fein, unb atte ©ebanfenrci^icn, bie von
ber ©eburt aus ©ott l^anbeln, finb jum aSergleidfe ficranjusid^en.^
3nt ©Dangelium finbet fi(^ ber 3luöbrud ix &sov yewrj&fjvai
1, 13 alö ©rläutermtö beö Slußbrudö Tsycva &€ov 58. 12. 65
ift alfo ber B^fönimenl^anö beS ©ebanfenfreifeö mit bcm Seöriff
ber ©ottesfinbfd^aft auögefprod^en. 3lud^ 3, 10 ift rexpa tov
i^sov ölßi<$tt)ertiö mit shai ix tov d'sov gebrandet. 3lllc Se-
griffe, bie burdö bie aufgejätjlten 3lusbrü(fe bejei(^net werbe/;,
bilben, roie ber nad&geroiefene ^aratteliömuS berfelben jeigt, einen
in fid^ jufammenl)ängenben Sßorjiettungöfreis, unb eö ift roiüfürlii
l)ier ©renjen ju jiel)en, bie ber @t)angelift nid6t innel^ält. 3n
ben ganzen ©ebanfenfreiö gel)ört natürli(^ aud^ baö ©efprd'c^
3, 3 ff. über bie ©eburt aus bem ©eifte. 5Dieö brandete ni(|t
erft bemerft ju werben, wmn nid&t SEBeife bagegen ©infprud^ er-
l)oben l)ätte:^) „9iirgenbS bagegen ift ber ©eift, mie au§f(3^lie6li(|
bei ^auluö, als baö ^rincip beö neuen fittlid^en Sebenö gcbad&t."
§ 150 d. ainm. 8: „dagegen ift ber ©eift aud^ bei ^ol^anneö
nid^t alö ber ajJittler biefer ©otteömirfung (nämlid^ ber 3^WÖW"9
auö ©Ott) gebac^t." hiergegen fprid^t bie auöbrüdflic^e ©rflärung
beö ©oangeli ften felbft. S)afe ein ©ejeugtfein auö bem ©eifte
©otteö ein ©ejeugtfein auö ©ott ift, ift felbftoerftänblidö. 3Jun
fott eö auffallenb fein, bafe 3ol)anneö an ben anbern Stellen, an
benen er oon ber ©eburt auö ©ott rebet, ben ©eift nid&t oö
baö 9JJittel berfelben nennt. 2lber roenn er il^n aud^ nur ön
einer Stelle unb noc^ baju an fo bebeutfamer ©teile unb in
^) ^te 33eobad§tung, baß bie 5lu§bnldfe ^x loC s^eov dvai wnb /x lov
d-soC yevt^qOijvai, ht\ gol^anneS böötg f^non^m finb, entwertet bie S3e^
ttierJung §arnadf§, a. a. D. ©. 198, äl^nüc^ aud^ SBetg § 145, a. Sinnt. 2.
^a§ ber 5luöbrudf: auö ®ott geboren fein nid§t für ©l^riftuö, fonbcrn nur
für bie ©laubigen gebraucht werbe. %a% ift nac§ ber oben gegebenen
Statiftif ganj gleid^gültig. ^a^ bem ©prad^gebrauij^ beö So^anneö lönnte
d yfyyfj^fig ix tov d^fov 5, 18 fi^ fel^r wol^l auf Sefttö bejiel^en.
2) § 155, c. 5lnm. 5.
.
— 45 —
einem fo auöößfül)tten ©ebonfengang als baö 3Jlittel ber ^tn-
ßunß auö ©Ott bejcid^nct, unb tocnn er, toie in 58. 6 Qt^ä^k^t,
nod^ auöbrü(fU(^ bcgrüubet, roarum mit ©cift cö fein fann, n)0=
burcä^ eine neue ©eburt bewirft roitb, fo fte{)t bod^ l^inreid^enb
feft, baJ5 er fi($ bie ©eburt auä ©Ott aU burd^ ben ©eift ©otteö
Demüttelt Dorgeftettt l)at. ®ine bie cinjelnen StuöfüJ^rungen in
biefer aSeife ifolierenbe Sarftellung ift am aHerroenigfteu auf baö
Sol^anneöeoangelium anroenbbar. "^an üergifet babei, bafe ber
aScrfaffer auö einer ©emeinbe unb für eine ©emeinbe fd^rieb, in
ber eö, vok übrigens fdbon im ^wi^^ntum beftimmte 3SorfteIIungen
über ben ©eift ©otteö gab.*) öeftimmte SBirfungen leitete man
einfad^ unb ganj allgemein t)om ©eift ©otteö ab, roeöroegen bieö
nid^t iebeämal gefagt ju werben brandete.
3lIfo nad^ SolianneS ift bie ©eburt auö ©ott bur(^ ben
©eift vermittelt.
3n biefen ©ebanfenfreiö nun fügt fid& bie feftgeftedte Deu-
tung bc§ 5Ramen§: ,,@ol^n ©otteö" ergänjenb ein. @ö ift felbft^
Derftänblid^, bafe mit bem 5Wamen (Sol)n ©otteö eine 3^fwö allein
eigene Stellung bejei(^net werben foll. ®r ift 6 inovoysv^g
vi6q, l, 18; 3, 16. 18. SÖBaS er ift, ift er attein. ©leid&wo^l
jeigt bie gegebene Statiftif, bafe bie 3luöfagen über 3efuö
erläuternbe ?ßarallelen an ben 3luöfagen über bie ©emeinbe, bie
Äinber ©otteö, l^aben, auö benen entnommen werben fann, wie
ber Urfprung 3efu auö bem ^immel oorgeftellt ift. 3)er ©r*
jeugung burd^ ©Ott entfpric^t, wie bie ©tatiftif beweift, ber SRame
ber ©ottesfinber für bie ©lieber ber ©emeinbe. ©o jeigt nun
aud^ bie gegebene Erläuterung beö Segriffeö, bafe in ganj ana-
loger aßeife ber Slbftammung ^efu auö ©ott ber auf i^n an-
geroanbte SRame beö ©o^neö ©otted entfprid&t. SBie baö aWerf-
mal bcö l^inimlifd^en Urfprungö unb ber ©otteöfinbfdfeaft baö
SC^un ber ©eredfetigfeit unb beö SEBiaenä ©otteö, bie Übung ber
Siebe unb bie ©ünbloRgfeit ift, fo tl|ut aud& Sefuö eben als ber
©o^n ©otteö ben SBitten ©otteö, er :ift geredet, 1. 3ol). 3, 7;
2, 29. aSeijs bemerft fiierju (§ 150 d), inbem er erwägt, ob bie
^täbifate „Äinber ©otteö" unb „©o^n ©otteö" oerwanbt feien:
„Offenbar l^eifet Gfiriftuö I, 3, 8 ber ©of)n ©ottes wegen feiner
©ünbloftgfeit (58. 5) ober pofttio wegen feiner gottgleid^en ©e-
^Ql mmd, ^er ^eilige QJeift.
— 46 —
rcd^tigfeit (58. 7, vqI 2, 29); imb aud^ I, 1, 7 f^ä^cint bcr
5rtamc bc« ©ottcöfo^ncö auf feine ©ünbloftgfeit J^iujutoeifcn."
6r fä^rt bann aber fort: ^.SBaö abet bei i^m feinem utfprün9=
lid&en SSefen nad^ ftattfinbet, baö wirb bei ben ©laubigen geioirft
burcfe bic B^^wgung au« ©Ott." 3lbcr fd^on bie gegebene ©tatifiif
jeigt, bafe bie S^wßwng auö ©Ott aud& für 3>ßfwö gilt. Ur-
fprünglid^es 2Befen unb S^WÖ^^Ö öu§ ©Ott jtnb eben für bie
iof)anneifd&e ß^riftologie feine ©egcnfä^e.
S)iefe Überfid^t über ben Sprachgebrauch geftattet bereits
einen ©d&lufe auf ben ©inn beö Urteilö, ba§ Sefuö au« bem
^immel ftammt. ®ö ift gleic^bebeutenb mit bem anbern, bafe er
auö ©Ott fiammt, ober auö ©Ott geboren ift, oon ©ott fam ober
gcfanbt warb. 3luö ©Ott ftammen aud& feine jünger, bie ®e-
meinbe, bie Äinber ©otteö finb auö ©ott ober aus bem ©eifie
©otteö geboren. ©cre(^tig!eit unb ßiebe ftammen auö ©Ott unb
finb baö aJierfmal göttli(^en Urfprungö. ©ünbe bagegen ift boö
3eid^en bed Urfprungö auö ber Sßjelt, ober t)on unten ^er, ober
aus bem S^eufel. greilid^ ftammt 3efuö in befonberem ©inne
auö bem ^immel, er ift ber einjige ©ol^n ©otteö. 3lttein bic
©rflärung beö 3lamm^ fomol^I ate anä^ bie parallelen unb fpno=
npmen SßJenbungen jeigen, mie biefer l)immlif(^e Urfprung vox^
gefteat ift. SDaöfelbe aSer^ältniä ju ©ott, vermöge bejfcn 3efuö
©o§n ©otteö ift, bejeid^net ani) feine ^immlif($e ^crfunft. 35iefer
3luöbru(f fagt nid^t, bafe 3cfwö t)or feiner irbifd&en ©siftenj im
^immel war, unb hnxä) feine gleifd^merbung ben ^immel Vit-
laffen l^abe. @r bejeic^net alfo niäjt ben Übergang auä feinem
präejiftenten 2)afein in fein gef(i^i(^tlid&eä 2zbm: ba§ kommen
aus bem ^immcl ift nid^t als SBermanblung in einen 9JJenfd&en
oorgcftettt. 2)ie SBorfieHung ift meber lofal nod^ jeitlid^. aSieU
me^r roirb ber l^immlifd^e Urfprung ^^fu in folgenber SBeife
üorgeftettt : alle feine S^^aten unb 2Borte finb il^m oon ©Ott
gejeigt ober gegeben, fie finb t)on ©ott geroirft, fie ftammen aus
©Ott. 3"bem fein gcfamteS 2^f)Un aus ©ott fiammt, ftammt
feine ^erfon, er felbft aus ©ott. ©ein {)immlifd&er Urfprung ift
nid&t etiDa burd^ feine ©eburt abgefd^loffen, fonbern berfelbe um-
fafet fein ganjeS 2zbm. 3lxä)t nur ber 3lnfang feines irbifd&en
Sebens wirb als ein ^erabfommen aus bem ^immel bejeiijnet,
fonbern fein ganjeS Seben, S^ljun unb Sieben fommt aus bem
^immel. Sie l)immlifd&e ^erfunft ift ber bauernbe ©runb, bie
— 47 —
aSurjel fcincö ganjcn Scbcnö. 3)ic 3^W6W"9 ^^^^ ®ött ift ntdfet in
irgenb einem aMoment abgefd^Ioffen, fonbern jie ift eine lontinuierlid&e.
SDie ftetige Scgrünbung beö äBirfenS Sefu im ©elfte ©otteö —
bicö eben ift fein l^immlif(^cr Urfpruno. 3luö biefcr SBorftcttunö
etflären ftd^ bie ©pnonpma unb Dppoftta beö Segtiffö allein
unb DoUjiänbig.
35et funbamcntale Unterfd^ieb jroifd^en bem l)immlifd^en Urs
fptunß 3efu unb bem ber Singer ift batin begtünbet, bafe Sefuö
in ber ganjen Sici^e feiner S:^aten unb bamit in feiner 5ßerfon
ttuö bem ,^immel ftommt. @ö liegt in ber Sal^n biefeö ®c^
banfenö, bafe ^ol^anneö ebenfo wie bie ©poptifer gerabe aud^
ben ainfang beö 2tbm^ 3efu, feine ®eburt au§ bem Oeifte
®ottcö abgeleitet ^at. 35aö Urteil, bafe nid&t nur wie bei ben
5ßropl^eten einzelne aSorte unb Saaten, fonbern ber ganje 3Renfd^
auä bem ©eifte ©otteö abfiammt, märe au^ für if)n ol^ne biefcn
abfd^lufe faum begrünbet.^)
3luö ber bargeftettten aSorftellung erflärt fid& nun aud& baö
Sßort 1, 51: il^r werbet ben ^immel geöffnet fe^en unb bie
engel ©otteö ^erauffieigenb unb l^erabfteigenb auf ben ©o^rt beö
3Jlen?(i&en. S)em 3wfömmenl^ange nai^ giebt baö SQBort baö
Dottenbete ©laubenömotit) an, meld^eö ben Sö^ß^^ gegeben mer^
ben mirb. Man mufe ben ©ebanfen nid^t burd^ Deutung ber
eitiielnen 3üge beä Silbeö ju gewinnen fud&en. @ö ift an^
ber hetanntm altteftamentlic^en (Srjäl^lung übernommen unb
vtxfte^t ftd& einfad^ als plaftifdfte SDarftettung beö Urfprungö
3efu auö bem Fimmel. 6ä l^anbelt fid^ nid^t nur um bie SBer-
tnittlung ber SBunber 3efu. Sllleö, ma« Sefuö bcfl^t, wirb i^m
t)om Fimmel ^er gegeben. 6ö befielet eine aBed&felroirfung jwifd^en
') 2Bciffcnba(3§, X^eot. Sitteraturjeitunö 1896, 9hr. 20, (Bp. 518 wenbet
fleflcn biefcn ®cban!en, ben i(j§ in iBejug auf $autuS au§gef:prod^en l^atte,
ein, e§ fei bie§ eine /uerdßaoig bom geiftigen auf ba^ PW^S^^ (Gebiet.
2)amit überträgt er aber (ebigti^ ntoberne f ategorieen, — bie SBorfteÖung
öon einer l^immelwetten ^iftance gwifc^en $l^Qfi§ unb öJeift — inö SJeue
2:eftoment, wogegen man bod^ fonft gerabe gegenwärtig mit 9lec§t :prote«'
ftiert. — Übrigeng würbe oben bie iol^anneifd^e SSorfteHung bom Urfiprung
Sefu au§ bem ^immel beöwegen fo auSfül^rli^ erläutert, weil SBeiffenba^
bie ^arfteHung be§ <3oraKelen ipaulinifd^en öJebanfenö uid§t einmal ber*
ftanben l^at. Dbgleiij^ er bie ^leid^ung au§ bem §immel unb bem öJeift
anerlcnnt, f^jric^t er bann boc§ bon einem 5lblegen ber l^immlifd§en cTdl«
al§ ber gorm ber §er!unft 3efu aug bem §immel.
- 48 —
itim uttb ©Ott, ücrmögc beten et ben S^^^^It feincö Scbcnö aus
bem ißimmel, t)Ott ®ott l^et empfängt. Seftänbig fielet bet
^immcl il^m offen: fein aSetfel^t im ^immel ift frei unb un=
^ctjemmt.
SDie ^etfunft 3efu aus bem ^immel mitb 6, 32 bem
^erniebcrfommen beö 3Ranna aus bem ^immel geaenübcrgeflettt.
9lus bem Fimmel fiammenbeö 93rot ift nid^t baö, wa§ 2WofeS
gab, fonbetu baS n)itfli(^ oom ißimmel fommenbe 33rot ift 3efuß.
2)as aJianna fommt Dom ißimmel wie bet 3tegen, in räumlid^et
SBeife. 3lxä^i in lofalem ©inne, abet titn beö^alb rccH fommt
Sefuö aus bem ^immel, aus ©otteö Spl^äte. S)edl^aI6 ift et
tto| feinet natütlid^en 3ltt in unglei($ l^ö^etet SBeife t)on l^imm-
Ufd&et ^etfunft.
3lm ftätfften ift biefe SBotfiettung in bem SBotte 3, 13 aus^
gefpto(^en: niemanb ift l^inaufgeftiegen in ben Fimmel afe bcr,
bet oom ^immel fietniebetftieg, bet SKeufd^enfol^n, bet im ^immel
ift. 3)ie SBotte: 6 äv iv t(o ovquvi^ finb lebiglid^ um bet
fd^einbat unoottjiel^baten aSotftettung mitten, alfo aus bogmatifdjen
©tünben meggefatten. S)tü(fen fie einen ©ebanfen aus, bet M
in bie 33al)n bet jol^anneifd^en 6l)tiftologie einfügt, fo gcminnt
bie aSetmutung, \^(x^ fie fd^on ftül^ um il^tet Unoetftänblid&feit
mitten ausfielen, an SBal^tfc^einlid^feit.
3lm unn}al)tf(^einlid&ften ift biejenige ^Deutung bes SBotteS,
nac^ bet bem aSetfajfet beS ©oangeliums ein plumpet Stnad&toniö'
muS jugettaut metben mufe. ©o bejiel^t 2Beijfä(fet^) baS ^xn-
auffteigen in ben ^immel auf bie ^immelfal^tt ^efu. 2)ann
bejiefit man bas ©ein im ißimmel auf ben 6tl)öt|ten. SBciJB ^
etflätt: „S)a nun aud^ baS xaraßag ex Tov ovgavov xiaä) bet
gefamten Sel^tanfd^auung beS ©oangeliums bet flnnbilbli($e SluS-
btud ift filt bie ^etfunft aus einem ftülieten Ijimmlifd^en Seben
bei ©Ott, fo batf bie aSotftettung beS ©emefenfeinS im ^immel
but(ä& feine angebli(|e 9JletapI)et oetmif($t metben." @t bemetft
bann, bafe „bei bem oom ^immel ^etabgeftiegenen fein ©emefen-
fein im ^immel ni(i^t etft butdi ein ^etauffteigen uetmittelt xoax,
mie es bei atten anbetn SJlenfd&enfinbetn bet %a\L fein mufete."
9Bie ungenau mäte bann bet SluSbtudE: niemanb ift in ben
^immel tjinaufgeftiegen, als bet, bet oom ^immel lietniebetftieg!
^Ipoftor. BettaUer, @. 529.
— 49 —
3)iefer 2luöbTiidf fann bo$ nur jagen: bcr, bcr auö bcm ^immel
l^crabfam, S^fwö, bct allein ift eben beöroegen aud& in ben ^immel
l^inauföefiiegen. 3laä^ bet ©rllärung t)on SBeife pafet bet 2Cuö5
t)tud: ,;3n ben ^immel J^inaufgeftiegen fein" alfo bod^ nid^t auf
^efus. Slbet abgefcl^en baoon ergiebt biefe ®rflärung einen ©e*
banfen, bet bem bcö ®oangeliften entgegengefefet ift. 3lai^ SBeife
lann bet ©afe nur bebeuten: man mufe in ben Fimmel l^inauf=
gejHegen fein, obct genauer: man mu§ im ^immel geroefen fein,
looju füT ben 3roenfd^en ein ^inauffieigen gepten mürbe, um auö
bem Fimmel l^erabfteigen ju fönnen. 2)aj5 Sefuö göttlid&e 3)inge
offenbaren fann, erflärt fld^ barauö, bafe er im ^immel mar unb
aus il^m l^erabgefommen ift. S)er ©ebanfe beö ©üangeliften aber
ift ber: man mufe Dom ^inrntet l^erabgefommen fein, um in ben
^immel l^inaufftcigcn ju fönnen. 3)aö ^erabgefommenfein aus
bem Fimmel ifi Sebingung bes ißinauffieigens in ben ißimmel.
^Ifo fann mit biefem ißinauffieigen in ben ^immel, fofem e§
loon 3S«f«ö fliitt, bod^ ni(^t bie feinem irbifd^en Seben üorangel^enbe
^immlifd^e ©fifienj gemeint fein, ©ott ber ©a| forreft fein, fo
fann er nur ein in baS gefd^id&tlid^c Seben 3efu fattenbes ißinauf=
fleigen in ben §immel bejeid^nen, melc^eö i^m beSroegen möglid^
toar, roeil er oom ißimmel l^erabfiieg, unb mcld&eS beöroegen, weil
er allein loom ^immel l^erabftieg, nur il^m möglidfe mar. 3)eS=
megen pa^t aud^ bie 2)eutung Don ©teinmeper^) nid^t: „3Jein,
memanb ift je in ben ißimtnel geftiegen, bafe er bie inovQuvia
1)&tte f($auen fönnen. aber nid^t baö ijl mit bcm nad^folgenben
€1 firj geroofft, als griffe für ben einen, meld^er l^ier gerebet l^at,
ein fold^es dvaßeßrjxdvai ^lafe. 3lxijt aufgcfal^ren ifi biefer
€ine in ben Fimmel, fonbem l^ernieber ift er von bal^er ge=
fommen."
S)as SBort geprt jur Stntmort 3efu auf bie gragc bes
HWfobemuä : mie fann bics, b. \). bie ©eburt aus bem ©eifte, t)on
ber 3efuS fprad^, gefd&el^en. S)ic ^age fd^Kefet einen S^^eifel in
ftd^. hierauf bejie^t ftd^ 35. 11.^ ©er 3mcifel beS 9«fobemuS
l^ot fein SRed^t, benn SefuS rebet, mas er meife unb bcjeugt, mas
er gefeiten l^at. ®s ift bereits feftgefteHt, bafe biefes ©e^en in
i>en gefd^id&tlid^en ßebenslauf Sefu fällt. SefuS fprid^t t)on Singen,
*) S^citrdge jum SSerftanbniS bcS jol^anncifdjen ©öangeliumS IV, S. 50.
«) »gl. oben @. U.
«tttoert, SHe io^ S^TifloIooie. 4
~ 50 -
bic in feine SBal^mel^mung fatten. 2)em S^f^^wien^ange naä^
bejiei^t Rd^ baö aBott auf baö aCBitfen bcä ©eifteö ©otteö. 3)a§s
felbe ift i^m nid^t etwas gemes unb grembe«, fonbem er erfährt
eß. aSie et ®ott fennt unb ,,fie^t", fo „fie^t" er baö SBitfen beö
©eifteö. ©aö SBort üetfte^t [x(^ auß bet jol^anneifd&en ©J^tiftologie
fel^t cinfa(i^ : Sefu« fclbft erlebt es an fid^, bafe er aus bem ©eifte
geboten u)itb, et roitb felbft t)on ®ott butd^ ben ©eift ßejeuflt unb
besroegen fptid^t et t)on SJingen, bie i^m nid^t fetn unb ftemb flnb,
wenn et von einet ©ebutt aus bem ©eifte ©ottes tebet. ©et ben
jTOölften SBetS bel^ettfd^enbe ©egenfaft : inovQana unb Iniyua ift
befanntlid^ fel^t ftteitig. allein bie geftfiettung feines ©inneS ift füt
bie Deutung beS bteijc^nten SBetfeS DOtläufig nid^t notroenbig. S)iefet
SSetS et^ält butd^ ben 3wfammenl^ang unb butd^ ben feftgeftettten
©inn beS äluSbtudS: ,,2)et aus bem ißimmel ^etabgeftiegene"
eine Deutung, bie bem SBottlaut geted^t roitb. 3)as 2Bott foff
etfläten, bafe bie l^immlifd^en S)inge in bie SSal^tnel^mung 3efu
fallen, bafe S^fwö cS oetmag, oon l^immlifd^en 3)ingen ju teben.
@t üetmag bies allein, benn als bet, bet t)om ^immel ^etniebet^
ftieg, ift et in ben ^immel l^inaufgeftiegen. SBie baS ^etab^
fommen 3efu aus bem Fimmel ein fein ganjeS Seben umfpannen^
beS unb begtünbenbes lontinuietlid^es ©efd&el^en ift, mie baö
©d^auen ©ottes in bas gegenmättige Seben 3efu fällt, fo fällt
aud^ baS ^inauffteigen in ben ißimmel in fein gegenroättigeö
Seben. S)ies etgiebt fid^ mit ©oibenj bataus, bafe eS etfläten
foU, intoiefetn SefuS oon l^immlifd^en 2)ingen tcben fann, unb
bafe es anbtetfcits bebingt ift , butd^ fein ^etabfteigen aus bem
^immel. 35ie 3Sotftellung ift alfo genau biefelbe, bie butd^ baö
SBilb 1, 51 auSgebtüdt ift. SefuS fann l^immlifd^e S)inge be^
jeugen, ba et fidb in ben ^immel ju etl^eben oetmag, unb bieö
fann et, weil et aus bem ^immel l^etnicbetftieg. 3)ie SBot-
fteHung ift alfo nid^t lofal. ®S ift abet ganj falfd^, pe bilblid^
JU oetftel^en, oielme^ ift fie ganj tealiftifd^ gemeint. 3efu (Sfi-
ftenj etfttcdEt fi(^ in ben ^immel l^inein, et ftel^t in bet ©pl^äte
©ottes, feine innere ©rfal^tung umfaßt ben Fimmel. 3)aS ^immet
tei(^ fielet ifim offen, eS liegt jroifd^en ifim unb bem ^immeltcid^
feine ©d^tanfe.
35ie 3Sotftellung* übetfi^teitet but(^auS nid^t ben bisl^et bat-
geftellten ©ebanfenfteis. ®et o.n biefet ©teile ootliegenbe SluS*
btud ift fteilid^ bet am meiften mifeoctftanbene , abet bod^ nid^t
— 51 —
bcr ftätfftc. 2)cn ftätfftcn Sluöbrud finbct ber ©cbanfc in ber
%oxmzl: iä) in @ott unb @ott in mit. @o rcaliftifd^ bicS vox^
gcftcttt ift, fo ifi cö ho^ nitfet lofal 9cba(]^t: in bcmfclbcn Sinne
jtnb bie tJOtUcgcnbcn SSottc gemeint, älllein fie bereichern unb
oerbeutlic^en bie Slnfc^^auung beö ©oangeliften , inbem fie bie
2Be(i^feln)iTfunfl beutlid^ ausfpred^en, bie baö Seben 3efu ßeftaltet:
er fteiflt anä bem ißimmel ^emicber unb fteigt l^inauf, unb jroar
wirb betont, bafe baö erfte ^Moment bas bel^errfd^enbe ift. 3lur
roeil er auö bem ^immel lommt, fo oermag er eö, fid& in ben
Fimmel ju ergeben. 5Riemanb oermag eö, fi(3^ au§ fid^ felbft
l^erauS in ben ^immel ju erl^eben, feine l^immlifd&e 3lrt ift niii^t
feine X\)at, roäd&ft nid^t nadf unb na6) am x\)m ^eroor. greilid^
ift fie anä) feine %})at, hmä) eigenen SBiHen unb eigene 2^^at
ergebt er fic^ in bie @pf)äre @otte§ unb plt fid^ in feiner Stalle.
Slttein bie§ vermag er eben nur beöroegen, roeil er au§ bem
^immel l^emieberfam. SBeil feine %\)at eine oon ©Ott ftammenbe,
eine gegebene, eine auö bem ^immel empfangene ift, fo ergebt er
% burd^ fie in ben ^immel l^inein. ®r erl^ebt fi(^ nid^t eigene
ttiä(3^tiö unb eigenroiHig }u ®ott empor, fonbern nur, weil er Don
©Ott !am, oon i^m gebilbet unb geftaltet ift, fo erl^ebt er fid^ in
bie ©p^dre ©otteö. 3)er ©ebanfe ift inl^altlid^ völlig parallel
hem bereits erläutemben ©ebanfen, ba§ Sefuö einerfeits burd^
©otteö @abe, anbrerfeitö burd^ eigene 2^^at ®otte§ So^n ifi.
2Bie bettJtefen ifi, bleibt aud^ ^ier ber erfte ©ebanfe bem jroeiten
übergeorbnet, fo mafir ®ott 3efuö übergeorbnet ift: @otte§ ®aht
begrünbet ^^f« "^W- Stuf biefeä 58er^ältni§ mirb aud^ ^ier l^in^
gcroiefen but(^ ben äuöbrud: nur mer vom ^immel fommt, er=
^cbt fid^ in ben ^immel. S)aö Sein 3efu bei ®ott ift nid&t
5ßrobuft feiner S^l^at, fo fidler eö nur burd& feine S^l^at befielet,
fonbern eä ift @abe ©otteö.
Surd^ biefeö SBort wirb eine ©eutung ber jofianneifi^en
©l^riftologie au^brüdlid^ auögefi^loffen, bie o^ne^in mit bem ganjen
©otteögebanfen unb 6f|riftu§bilb beä ©oangeliften oöllig unoer-
einbar ift, nämlidö bie Sel^auptung, bafe fid& nad^ ^ofianneö ^efuö
jur ©ottl^eit emporhebe, bafe burd^ feine 2^^at bie ©ottfieit aus
i^m empormad^fe. ®a§ S^fwö feine ©inl^eit mit ©Ott inxä) fein
^anbeln feftf)ält, l^at freilidö bie 33ebeutung, bafe fein ©el^orfam
gegen ©ott wie bie gorm, fo bie Sebingung feiner ©inl^eit mit
©Ott ift. SDieö gilt für ben @of|n ©otte§, mie eä für bie Äinber
4*
— 52 —
©ottcö flilt.^) 3[bcr fo fern bcm S^i^önncS bct ©cbanfc licöt,
bafe bcr 3Rcnfd^ burd^ feine 2^at jum Äinbe ©otteö wirb, fo
fem liegt il^m bie SKeinung, bafe Scfuö fi(3& burd^ feine 2^at ju
©Ott emporgei^oben fiabe. SBie bei ben Äinbern ©otteö il^re
®eburt aus @ott baö ^anbeln crft ermöglid^t unb begrünbet,
burd^ toelcä^es fle bie ©emeinfd^aft mit @ott fcfil^alten, fo bleibt
aud^ bem ©ol^ne gegenüber ®ott ber bie ©in^eit . mit 3efuö
©tiftenbe, Segrünbenbe. 3lu(3& S^f^ö ^^^t bie ©otti^eit nid^t an
fid^ geriffen, fie entfielt nid&t t)on unten, fonbem fommt il^m von
oben al§ ©otteö ©abe. 2)er SBater ift gröfecr alö ber ©o^n,
©ottl^eit ift eine ©abe ©otteö, nid^t ein ^robuft menfd^Iid^er
J^i^at, nur mer t)on oben geftiegen ift, fann fid& nad^ oben er=
lieben. — 2)iefeö ©otteöberoufetfein ift ber 2^räger ber ganjen
jo^anncifd&en ©firiftologie.
3Son liierauö verliert ber S^f^fe o äv iv r<p ovQav^ aßeö
33efremblid^e, unb eö ifi fein fad^lid^er ©runb, il^n ju ftreid^cn.
2)ie äluölegung: „2)er 3J?enfd^enfo^n, ber im ^immel war" ift
nun freilid^ nid^t nur unnötig, fonbem unmöglid^. ©ie pafet
roebcr in ben unmittelbaren S^förnmenl^ang , nod^ in bie jo^an=
neifd&e ©liriftologie. 3Jur ift freiließ ber ©ebanfe gefteigert: in-
bem ^efuö Dom ißimmel l^emieber^ unb in ben ißimmel l^inauf=
fteigt, ift er im §immel, er fielet in ber ©pl^äre ©otteö unb
jroar gegenwärtig unb in ganj realiftifd&em ©inne. 2)a fein
Äommen auö bem ^immel nid^t alö eine in feiner ©eburt t)ott:=
brad^te SBertaufd^ung ber ©pl^äre gebadet ift, fonbem alö ein
ftänbigeö Empfangen feincö Sebenöinl^alteö auö bem ißimmel, fo
ift baö SBort: bafe er im Fimmel ift, neben ben SSorten, meldfee
befagen, bafe er auö bem ißimmel ftammt, üerftänblid^.
greilidö überfieigt bie in biefen SluöbrudE gefaxte SBorftellung
biejenige, bie burd^ ben 33egriff beö ^immlifd^en Urfprungö 3efu
auögebrüdEt wirb. 2)iefer lefeteren 2lnfd^auung entfprid^t unmittel=
bar ein Sffiort, meld^eö baö ©ein 3}efu in bem ißimmel in bie
3Sergangenl^eit ©erlegt, 6, 62: iav ovv &€(OQijrs t6v vlov rov
uvd-QcoTtov avaßaivovxa onov tjV ro tiqotsqov ; alö ©ergangen
unb jufünftig wirb ber ©tanb 3^fw im §immel aud& bcieid^net
in ben SSorten 17, 28: i'^ijXdov ix rov nargoq xai sXrjKvdu
sig TOP xoa/Liov' nauv dcpcrjfii tov xoafiov xai noQSVofjLai ngog
1) SSgl. (B^iattex, ^cr eJtaubc. ©. 317.
- 53 —
Tov nard^a. ®bcnfo tüttb bic (gr^ö^ung 3cfu l^äufiö ^^^ ^^^
©ci^cn }um aSatcr bcjeid&net, 7, 33; U, 12. 28; 16, 5. 10;
17, 11, 13, ®ö ctgiebt fid^ alfo f(i^cinbat eine boppelte SSe^
trad^tuttööTOeife : einetfeitß ift 3}cfuö au(^ in feinem gefd^id^tlid&cn
Seben bei ©Ott unb im ^immel, anbterfeitß fällt fein ^immlifd^et
Stanb in bie Qext feiner ^PtäeEifienj unb feinet ©r^ö^ung. 2)aö
^oblem, Toeldbeö fid^ l^ierauö ergiebt, batf man nid^t baburd^
beifeite fd^icben, bafe man bie eine ber beiben 33eobad^tung§rei^en
leugnet. 9iun finbet fid^ baö gleid^e Problem in ben SBorten
über bie ^6'ia 3efu. 3« einigen SSorten roirb fle bem ^rä=
cjiftenten unb ©rl^öl^ten beigelegt, 12, 41. 2)as an biefer ©teile
citicrte SEBott fptad^ Sefaiaö ort eiöfv t^v So^av avrov,^) 17, 5
TJ] So^JI Jl Sl^OV 71Q0 TOV TOV XOOfXOV SlVUl nUQOt Ool. SSgl.
33. 24 iva d'saygwGiv Trjv öo^av ttjv if^J]V, rjv Siäcaxdg fxoi
oTi ijyanfjadg fxs tiqo xuTaßoXijg xodfiov, ®ine anbre Steige
Don SBorten bejeid^net bie äo^a ^e\u ate feinen gegenu)ärtigen
3äeft^. 1, 14: i&saaafied^a Trjv do^av avTOv, 2, 11 €Cpav€Q(oa€
TTjV do^av avTov, SBgl. 11, 40: iav niaTSvafjg oxpfi Tfjv
^ogay TOV deov. hiermit finb bie SSorte, in benen pd^ ber
2!ertninuä öoii^siv jtnbet, ju x)ergleid&en. 7, 39 oinco yuQ tjv
nveviÄU, ort ^Irjaovg ovSinoj iSo'^da&rj, 12, 16 wirb bie ®r=
i^ö^ung 3^fu ebenfattö mit ben SEßorten bejeid^net ots ido^da&tj
^Ifjaovg. ^ambtxi [teilt eine SReil^e x)on Sßorten, in benen oon
einem in bie ©egenroart beö Seben§ S^fu fattenben 6oid^Biv bie
SRebe ifi. 11, 4, bie Äranfl^eit be§ Sajaruö liat ben 3"^^^ ^^'w
So'^aad'fj 6 vlog tov dsov dt' avTrjg. 12, 23: iXijXvdsv tj Sga
ha dol^aad'f} 6 vlog tov dvd'Qoinov, 13, 31 : vvv iSo'^da&tj 6
viog TOV dvd'Q(onov, xai o d^sog i^o'^dad-f] ev avTt^, 3lm un^
jroeibeutigfien wirb 1, 14 außgefprod^en, bafe bie ^errlid^feit 3efu
i§m in feinem gefd^id^tlid^en Seben gel^örte. ®ö ift n)infürlidb, an
biefer ©teile bem SQBorte einen anbern ©inn unterjufd^ieben, ober
feine Sebeutung einjufd&ränfen, etwa oon ber göttlid^en eine „gott^
menfd^lid^e" doia ju unterfd^eiben, ober oon „etliifd^cr" @ott=
gleld^l^eit ju fpred&en. SBeife bemerft ju ber ©teile: „©emijs ift
^ier nid&tö anbere« als bie uranfänglid^e göttlid^e ^enlid^feit beö
Sogoö gemeint ; aber biefelbe fonnte bod^ an bem gleifd^geroorbenen,
ber fid^, um gleifd^ ju werben, notmenbig i^rer entäußert l^aben
^) ai/roü bestellt fid^ auf ©l^riftuS. Sögt. SBeiß j. b. @t.
— 54 —
tnujgte, nur Qe^ä^ant tocrbcn, fofcrn @ott il^m fpccififiä^ QötUi^e
SBcrfc ju tl^un unb eben fold^c SEBorte ju reben gab." ättein bet
©ebanfe, „bafe et ftd^, um %kx\^ ju werben, notroenbig il^ret
entäußert l^aben mufete/' ben Sffieife ol^ne weiteres afe felbfiDet::
ftänblid^ befianbelt, tfi eben eingetragen. Db bicfer ©ebanfe ft^
mit bem beö ®oanöeUften bedt, baö ift gcrabe bie grage. 6ä mufe
unterfu(i^t werben, ob ftd^ bies SEBort nur baburd^ mit 17, 5 üer^
einigen läfet, bafe man e§ umbiegt. 2)aS SBBort fagt, bajg am
fleifd^geworbenen Sogoä bie göttlid^e ^errlid^feit ftd^tbar war, alfo
bafe er fte befafe unb nid^t, bafe er jte abgelegt l^atte. ©eutlid^er
jeigt 2, 11, wie baö SBerl^ältniS üorgeftettt ifi. 3)urd^ bie SBer^
wanblung beö SBafferä in SEBein offenbarte SefuS feine ^enlid^feit.
3)ie ©teile jeigt junäd^ft, bajs bas aSunber äöirfung unb STOerfc
mal feiner So^a ift: bieö wirb aud& 11 , 4 unb 33. 40 auö=
gcfprod^en: in feiner göttlid^en aJiad^t beftel^t feine göttlid^e Jo|a.
S)er Sluöbrucf icpavsQooGsv bejeii^net nun bie einjelne 2^l^at aU
„Offenbarung" feiner do^a.
SDie ^Borftettung ift alfo bie: ^efuö beftfet bie göttlid^e 66'^a,
aber biefer Sefife wirb nur in einjelnen feiner 2^^aten fid^tbar:
er ift oerborgen, ber 33eobad^tung nur in einjelnen feiner 2!l^aten
jugänglid^. 2)er ©ebanfe t)erftel)t fid^ nur auä ber SKrt, wie
3efu Äommen auö bem ^immel gebadet ift. greilid^ wäre mit
biefem 3luöbrudE feine ©eburt bejeid^net, fo wäre cö forreft, oon
einem „2lblegen" feiner äo^a ju reben. 3lllein wie 3^fwö gegen=
wärtlg auö bem ^immel fommt, fo ift aud^ feine Jo?« ate ber
gegenwärtig l^inter unb über ifim fte^enbe, jenfeitige 33efi^ ge-
bad^t, ber burc^ feine ^aim auö bem ißimmel lierauötritt : in
feinen X\)attn leud^tet fein fiimmlifd^er Urfprung burd^ feine
wenfd^lid^e 9lrt l^inburd^. @o gut ©Ott in i^m wolint, fo gut
befl^t er bie göttlid^e do^a. @o oereinigen fid^ aud& bie beiben
einanber fd^einbar wiberfpred^enben SReil^en oon 3Borten über bie
do'^a 3efu. 2)er SSefife ber öo^a ift für ^efuS infofern etwas
aSergangeneö unb Sw'fünftigeö , alä bie äo'^a gegenwärtig für
3efuä etwas Senfeitigeö, über i^m SiegenbeS ift, weld^eö aud^ in
feine eigene ®rfa^rung unb äujsere 3Ba^rnel^mung nur burd^ feine
S^l^aten tritt. 2)ie äo^a ift einerfeits bem ^ßräejiftenten unb ®rl)öl^ten
eigen, anbrerfeitö gel^ört fie '^t]m in feinem gefd^id^tlid^en Seben,
aber in verborgener SBeife, fo bafe fie nur in einjelnen S^^aten
fid^tbar wirb, ^m gefd^id^tlid^en Seben 3>efu befte^t eine Span-
— 55 —
nung, ittbcm feine ©rfd^einung feine ^ertlid^feit nid^t nur offen-
bart, fonbem ani) Derl^üllt. 3)a« 3wf<tt«wienfaIIen feiner (grfd^ei-
nung mit bem Sefife ber ^enlid^feit ifi für 3efuö etroaö ber
aSergangenl^eit unb ber S^h^^ft Sngel^öriöe«. ©er gegenioärtige
SeRfe ber ißerrKcä^feit wirb nid^t aU ein Don ®ott abgelöfter ge^:
bad^t, fonbem er befielet in einer fortlaufenben Begabung 3efu
burd^ ©Ott, burd& locld^e i^m ißenlid^feit mitgeteilt wirb, ©urd^
bie ©noecfung be§ Sajaruö toirb ber ©o^n ®otte§ Derl^errlid&t,
11, 4, bie iQerrlid^feit ©otteö wirb burd^ biefelbe ftd^tbar: auf
eine Begabung 3efu burd^ ®ott, eine SBcr^errlid^ung 3efu, fü^rt
fi$ bie SC^at jurüdE. 3lud& 12, 23 ^anbelt e§ fid^ um eine 3Ser=
Märung 3efu, von ber 33. 28 erjä^lt wirb. 3hir wenn man ben
©ebraud^ von ä^a mifebeutet unb bas SBort auf bie S^obeöjlunbe
bejie^en ju muffen glaubt, fann man bieö leugnen, ©aburd^,
bafe ©Ott S^fud üerflärt, oerflärt er feinen Flamen, fo gut 11, 40
bie ^enlid&feit @otte§ burd^ bie 2^^at fic^tbar wirb, burd^ weld^e
Se^uö t)erl^errlid^t wirb. 12, 28 bebeutet, bafe ©Ott im SBirfen
3eju jcinen Siamen üerl^errlid^t l^at unb roeiterl^in oerl^errlid^en
wirb. 2)ie gleiche aSed^fetoirfung jroifd^en ber 33erl^errlid^ung
3efu bur(ä& ©Ott unb ©ottes burd^ ^efus, bie in baö Seben 3iefu
felbÜ fällt, fprid^t 13, 31 f. auö: jefet roarb ber ^Kenfd^enfo^n
oer^errlid^t, unb ©Ott warb üer^errlid&t in il^m. ®ö ift auöbrüdE=
Ii($ von bem beftimmten S^ttpunft bie Siebe, in roeld&em ©Ott
3efuö ^errßd^feit mitteilte unb baburd^ fid^ felbft oer^errlid&te. 2ltte
SBorte, in benen von ber ^enlid^feit ^ßfu bie Siebe ift, brüden bie:=
fclbe aBed&felroirfung jroifd&en ©Ott unb S^f^^ ^«^z i>i^ ^^^ hnxä^-
fic^cnb in ber jo^anneifdben ß^riftologie beobad^ten läfet. ^efuö fud^t
ni^t feine ißerrlid&feit, er oerlierrlid^t nid^t fli^ felbft, fonbem ©Ott
t)cr|cnlid^t il^n, 8, 50. 54, f oioie er nid^t feinen SBiHen, fonbem ©otted
SBiUen t^ut. S)urd& feine 2^^at wirb ©Ott oer^enlid^t, im Sol^ne
iDirb ber Sßater üer^errlid^t, 14, 13, inbem nämlid^ 3>efuö tl^ut,
roorum in feinem SJamen ©Ott gebeten wirb, äud^ burd^ bie
grud^t, bie ^efu jünger bringen, mirb ©Ott ^errlid&, 15, 8.
S)ur(^ ba§ SBirfen be§ ©eifteö wirb ^efuä oer^errlidbt, 16, 14.
3n ben ©einigen wirb 3efuö oer^errlid^t, 17, 10. 2)ic ©pam
nung, bie in ben SQBorten über bie ^errlid^feit 3efu oorliegt, ge^t
burci^ bie ganje io^anneif(^e ©l^riftologie unb mirb beöl^alb burd&
biefelbe erläutert. 5Die aSer^errlid^ung 3efu burd& ©Ott burc^jicl^t
ben ganjen ßebenälauf Sefu: inbem i^m ©Ott SBerfe giebt, in
- 56 —
ff
bcnen feine ^etrlid^feit jtd&tbat wirb, Derl^mHd&t et il^n. Mm-
gefeiert: inbem Sefuö SBetfe t^ut, bie x\)m oon @ott ßegebcn
fxnb, Det^etrlid^t er (Sott, ©o g^^ f^i^ SQBirfen feine ©inl^cit
mit ©Ott offenbart, fo Q\xt offenbart eö feine göttlid^e ^errlic^feit.
aSBie bie ©inl^eit 3efu mit ®ott oerborgen ift unb nur in feinca
2!^aten fid^tbar wirb, fo ift aui^ bie ^enlid^feit 3^fw jenfeitig,.
oerborgen, innerlid^ unb tritt nur in einzelnen feiner %i)attn
am Sid^t.
2)er SSegriff ber So^a ift bcfanntlid^ feineöroegö fpecififd^
jofianneifd^. 2)ie änmenbung beäfelben auf Sefuö gel^ört jum
©emeingut ber apofioUf^en ©emeinbe. 3)ie ^errlid^feit ift bie
Sebenögeftalt ©otteö, bie als fold^e aud^ bem erl^öl^ten ©^riftuö eigea
ift. 3lfö fol(i^e ifi fie jenfeitig unb eö(3^atologif(ä^. ßl^arafteriftifd^ ifl
bie 3lrt, wie ^o^anneö fie als bie ©abe ©ottes an S^fuS in feinem
gefd^ii^tlid^en &tbm anfielet, ©ie ift realiftifi^ gebadet, als äufeerung
einer lebenfd&affenben, bie Siatur oerflärenben 3road^t unb gel^ört ju
ben äufeerungen beö ©eifte§. 3)ie 33emerfung oon SSeife:^) „^t^
fonberö bebeutfam mirb aber biefc aSorftettung burd^ bie ^t^
jiei^ung, in meldte fie ju bem 33egrif[ bcö nvtvfia gefefet toirb" —
biefe Semerfung gilt nid^t nur für 5ßauluö. Sola ift äufeerung.
be§ ©eifieö. ©o ifi aud^ bie Sola 3efu ©abe be§ ©eifieö.
aSie bie SBunber ^efu 2Bir!ungen beö ©eifteö finb, fo finb fie
©rfd^einungen feiner Sola. aJHt SRed^t nennt ^olfemann^) ate
fijnoptifd^e 5ßaraIIele ju biefem jol^anneifd&en ©ebanfen bie SBcr*
flärungSgef(^id&te. 2lud^ bie 58erHärung mirb im SRal^men bet
fpnoptifd^cn ß^riftologie alö SSirfung beö ©eifieö oorgefieHt.
3Bie ber über 3efu§ offenfte^enbe ^immel, auö bem er feinen
ßebensin^alt empfängt, obrool^l nid^t lofal, fo bod6 ganj realifitfd^
oorgefkeHt ift, fo ift aud^ in ganj realiftifd&er SSeife alö leintet
unb über i^m ftel^enbe 3Kad^t bie ^errlic^feit ©ottcö gebadet.
SSerborgen ift biefelbe, infofern Sefuß aaQl ift.^)
S)em entfpred^en nun genau bie einanber fd&einbar miber^^
fpred^enben 3luSfagen über baö 58erl^ältni§ S^f« ium ^immeL
®inerfeit§ roirb ber äufent^alt 3efu bei ©Ott, ober wie e§ 3o^
l^anncö nodb fi^ärfer auäbrüdEt: in ©Ott, ate etroaö ©egenmärtigeö
1) § 76 d.
8) ^aS jtoeite Problem, weld^eS ben ^Begriff ber §errlid§leit bietet, wirb
weiter unten befiprod^cn werben.
— 57 —
bejeid^net, 3^uS ft^t bei @ott, im ^immeL @ott ifi i^m nicbt
jenfeitig, fonbem er mo^nt in i^m, ^M Ite^t unb ^rt i^n, er
ifi nid^t gef^ieben oon i^, fonbem ift mit i^ eind. Snbrer-
feits mirb bo^ Sein ^^fu bei @ott ald etmaiS für ^tin^ 3kr^
gangenes unb künftiges bargejteOt. 2)a 2^fitS ^leifcb üi, fo fte^t
er in ber SSelt unb ifl oon @ott gefd^ieben.
SBie eint fi$ beibed? äßie fieOt ftc^ ^o^onned bod Selbfl^
benm^ein ^u oor? 6d mdre mügtg, fui^ biefe ^rage ju üeOen,
toenn ftc^ bei ^o^^^nned ni^t Sbibeutungen fönben, n>eld^e es uns
möglid^ mad^en, uns feinen ©ebonlen na^e }u bringen. @S ftnb
bieS bie Sßorte, mel^e für ben 93erfe^r 2[^fu mit @ott bie SuS^
brucfe: ®ott fe^en unb ^ören gebrouc!^
@S iß fd^on borouf oufmerffam gemad^ loorben, ba^ 8, 45 f.
baS ^ören @otteS oud^ auf onbre ouSgebe^nt loirb, loa^renb boS
Se^en @otteS nur oon 3efuS gilt Sine gonj ol^nlid^e Unterfd^eibung
finbet fidö 8, 38. ©ort fagt 3«fuS, bafe er rebe, mos er oon
feinem SJoter gefe^en ^abe, mo^enb bie Sejie^img ber @egner
jum SIeufel nur ein ^ören'' genannt nrirb. S)iefe Unterfd^ibung
fü^ auf bie Spur. 2)er @eban& ifi ni^t ^inreid^enb oerbeut=
ti^t, toemt man oon einer intuitioen SBal^me^mung @otteS
fpri(ä^t. S)cr @ebanle beö eoangelifien ifi befümmter. S)er eigem
tümlid^e @ebraud^, ben er oon bem XuSbrucf: Sd^auen, mad^t
ocrßci^t ftdj nur, menn man fid& boron erinnert, bap in ber opo=
ftoßfd^en @emeinbe Se^en ber fionbige ©egenfaft jum ©lauben
ifi. So ifi es aud^ bei 3o^^neö. ©ofe bieö aud& ber ©runb
bed oorliegenben Sprad^ebraud^ ifi, }eigt am beutlid^jien bas
ffiort 3, 11. aSBas 3efud oom SBirfen bes ©eijies ©otteä fagt,
tÜ für BtilobemuS ein @egenfianb bes @laubenS. @r mug es
onncl^mcn unb glauben.^) 3efuS bagegen ifi 3^«8«- 2BaS er
fögte, „fol^" er. SSefonntUd^ bejeid^net bas ©laubcn in ben
ncutefiamentlid^en Sd&riften nid^t nur eine Spannung ber äufeeren,
ftnnenfalligen ©rfa^rung bes SBeltlaufS, fonbem aud^ ber inneren
©tfa^rung gegenüber. Sludö bie innere ©rfal^rung, bie ber ®Iau=
benbe an fid^ mad^t, bedt fid^ nid^t mit bem, was er glaubt, er
,,^ei6t" ©ottes Ätnb. 2ß)er mas er fein wirb, ifi no(ä& nid&t er=
dienen, b. ^. nod& nid^t in feine ©rfa^rung getreten, einen
^egcnfal gegen biefe Spannung beS inneren Sehens mit bem
*) lajjißdpitp ift \id ^o^anneS bem nnjxivuv f^nonl^m.
— 58 —
©laubcnäurtcil bcjcid^nct baö ,,@d6aucn" 3cfu. (Sott ift für i^n
nid^t ein ©egcnfianb bcö ©laubcnö, bcr übet fid^ fclbft J^inauf-
ßtcift. SBiclmcl^r teid^t baö SBirten ©ottcö in bic ©rfa^rung 3efu
l^incin. 6ö DoHjie^t fid^ nld&t aufect unb übet il^m, fonbcm in
i^m unb burd^ il^n. ®S verläuft nid^t in irgcnb einer ©ifiancc
oom Innenleben S^fu, fonbern bedft fid& mit bemfelben. ©aä
gefamte Seben 3efu ifi im SBirfen ©otteö begrünbet. ®r ift
eins mit ®ott. SJeöroegen glaubt er il^n nid&t, fonbern er fte^t
i^n. 3n biefem SBerl^ältniö ju ©Ott fielet nur Sefuä, wä^renb
ba§ ^ören ©ottes, b. 1^. ein burd& ein S^nenroirfen @otte§ Der-
mittelteä Empfangen feines SBorteö, feiner Seigre, feiner SBeifung
aud^ oon 3Jlenfd^en audgefagt mirb..
3)ie SBal^rnel^mung ©otteö burd^ ^t\\x^ ift alfo nid^t fo
gemeint, bafe @ott in bie äujgere ®rfa^rung, in bie pi^^fifd^c
SBafirnel^mung ^c^u tritt, fonbern ©Ott tritt in bie innere
©rfa^rung ^t\\x. ©ein Innenleben fielet in feiner ©pannuttg
mit bem SBirfen ©ottes, fonbern er unb ber SBater finb
eins. 2)arum fielet 3efu§ im ^immel, in ber ©pl)äre ©otteö.
©ofern aber ©Ott eben nic^t in bie äufeere SBa^me^mung
3efu fällt, fofern ift er auö bem ^immel ^erabgefommen, fte^t er
in ber SBelt unb fern oon ©Ott. 3)a§ SBer^ältniö erl)ält eine
parallele, an ber man e§ ftd^ Derftänblid^ mad^en fann, burd^
bie neuteftamentlid^en 3luöfagen über bie Stellung ber ©emeinbe.
©ie ftel)t in ber SBelt unb bod^ im ^immelreid^. 2)aö $immel=
reid^ ^at fie im ©lauben. ^nitm nun aber biefer 2luöbrudE:
©lauben — im ^o^anneöeoangelium nid^t auf 3^f«ö angemanbt
wirb, fonbern ftatt beffen ber beö ©d^auenö, wirb bie ©iftance
jmifd^en S^fwS unb ber ©emeinbe l^eroorgel^obcn. ®r fielet nur
in feiner äufeeren ©rfd^einung, fofern er „gleifd^" ift, in ber
Söelt. ^n feinem Innenleben . ift er mit ©Ott f o eins , bajs er
i^n nid^t crft in bem über fid& felbft l^inauSgreifenben ©d^lufe beö
©laubenS erreid^t, fonbern i^n fie^t unb l^ört. ©o oerfie^t eö
fi(^, ba§ oon il^m gleid^jeitig gefagt merben fann, bafe er aus
bem ^immel gefommen ift, unb bafe er im ^immel ift. hiermit
ift jugleid& flar geworben, roie etroa ber ®oangelift fid^ ba§ ©elbft-
bemufetfein 3^fu oorftetlt. 3)ie gorm ber ßrinnerung ^at cö,
mie gejeigt ift, nid^t. 3Jlan fann aber aud^ nid^t fagen, bafe bie
Sejaljung feineö ^immlifd^en UrfprungS, feiner ^immlifd^en Slrt
unb feiner ^räejiftenj ein ©laubenöaft ift. '^mn baö 3Kerfmal
- 59 -
bc§ @laubcn§, bajs er an^ über bie innere ©rfal^rung l^inau§-
greift, fel^It bem 33en)uj5tfein 3efu. SlHein in ber Slnalogie be§
©laubenSafteä ift baö Seroufetfein S^f« t)or8efteIIt.
2)iejcß au(3^ im SBetgleid^ mit ben Äinbern ©otteS einjig-
artige aSerl^ältniö 3efu ju ©Ott wirb burd^ bie SSejeid^nung ^t\\x
aU beö einjigen ©ol^neö ©otteö auSgebtücft; baj5 ber im
SBorte /Liovoyevi^g liegenbe 33egriff ber 3^«ÖW"8 ^^' ^o^cinneö
nid^t nur auf bie Äinber ©otteö, fonbem au(3^ auf ^^M ^^'
geroenbet wirb, l^at bie bisi^erige S)arftellung beroiefen. 3n einer
5Beife, bie ber ®i^eugung ber Äinber ©otteä ganj gleichartig ift,
iji bie ©rjeugung ^z]vi bmä) ©Ott gebadet. 2)eön)egen fönnte eö
fd^cinen, alö fei ber Unterfd^ieb jroifd^en bem ©ofine ©otte§ unb
ben Äinbern ©otteö nur relatit) unb grabuett gebadet. Silber in=
bem 3cfuö in feinem ganjen Sebenölauf ber 3^wgung ©otteS
entftammt, fielet er nid^t in einer 5Rei^e mit ben Äinbern ©otteö,
fonbem in einer il^m allein eigenen Stellung über il^nen. 35ieö
^ott burd^ bie Benennung 3efu aU beö ©injigen auögebrüdt
roerben. ©eöroegen genügt bem ©oangeliften au(J bie 33ejeid^nung
3efu alö beö ®rftgebornen nid&t. 3)enn nii^t bieö, bafe er ber
erfte in ber SReil^e ber Äinber ©otteö ift, maä)t feine 3Bürbe aus,
fonbem bie§, bafe er ber einjige ift, ber ganj unb gar oon ©Ott
gejcugt ijt, ber einjige, in bem nid&tö ift, roaö nid&t au§ ©otteä
Beugung fiammt. ®r ift barum ber einjige, ber ganj unb gar
©otteö ©ol^n ift, unb barum ber einjige Sol^n ©otteö. Set in
hem SBorte liegenbe Segriff ber B^^ÖW^Ö l^^tf bemnac^ freilid^
nid^t ignoriert werben,^) aber er ift nid^t baö betonte SKoment beä
Sluöbrucfs. betont wirb oielmel^r bur(^ baä bcfanntlid^ aud& fonft
gebräud^Iic^e Söott, bafe 3>efu§ ber einjige Don ©Ott erjeugte
©ol^n ift, 3)le§ mufe aber eUn barum betont roerben, weil bie
Sfrt feiner ®rjeugimg burd^ ©Ott oon ber ©rjeugung ber Äinber
@otte§ nid^t qualitatio, nid^t unoergleid^bar t)erf(^ieben ift. S)en
Sluöbrud fteHt inbeffcn 3^fw§ nid^t nur oergleid^enb ben Äinbern
©otteö gegenüber, fonbem auc^ neben ©Ott. 2)ie (Sinjigfeit 2fefu
*) 3Äan muß überfe|cn: „ber (Sinäige", l^at fi(^ aber hahei baran ju
erinnern, ha% für Sol^anneg ber ^nbf(^aft§gebanfe mit bem geugungSbegriff
Jujammengel^ört. ^ie§ gitt aud^ für 3efu§, unb infofern ift ber zweite SBe*
ftanbteit be§ SBorte^ nii^t gleid^güttig. ^ie SBebeutfamleit be^felben barf
ni(J^t mit ber SKotiöierung beftritten werben, baß auf 3efu§ ber 35egriff ber
Seugung ni^t angewanbt merbe.
— 60 —
wirb ttid^t alö ctroaS S^fättifl^^ ^^^^ Ö^t bic Unoollfommcnl^cit
bcr ©ottcöfinbfd&aft bcr 2Rcnfd^cu als ein aWifecrfoIg öcba(3^t.
2)aö 2Bort bcjcid&nct bic ©injigfcit 3cfu nid&t nur alö S^^atfad^c,
fonbern afä SWotrocnbtgfcit : bcr cinjigc ©o^n fic^t neben bem
einjigen ®ott. 3lu(^ bem 5ßauluö ift eö n)i(3^ti9, bafe bem «Ic
^foc ber slg xvQtog entfptid^t. 3n bcr ©teHung, bie S^fw burd^
feine ©ol^nfcfeaft gegeben ift, Hegt f(^on, bafe er einjig in feiner
3lrt ift. 31^m gehört bie ganje SBelt unb bie ganje gütle ®ottcö.
6r ift baö eine ^kl beö einen ©otteö. 3)iefe ©injigfeit 3efu
brüdt fid^ baburdö am, bafe atte anbern Äinber ©otteä ju il^rcr
c^inbfd^aft erft burd^ il^n fommen. ®r fte^t nid&t nur jcitlid& t)or,
fonbern fd&öpferifd^ über i^ncn. greilid^ nehmen alle Äinber
©otteö an bem ganjen inneren unb äußeren 33efife 3efu teil,
aber nur fo, bafe ber bireft von ®ott begabte ©ol^n 3efud ift,
unb ba§ von i^m auö ®otte§ &aben auf feine Äinber übcrgel^cn.
©ie ge^en aber nid^t fo an bie Äinber ©otteö über, bafe fie ^u
einem i^nen pcrfönlid^ eingepflanjten S3ejtfe würben, ben 3efuö
an fie abgiebt, fo bafe fie nad^ ®mpfang besfelben felbftänbig
neben i^n treten fönnten. 3Sielme^r fommt baö eroige Seben nur
in Sefuö in bie SBelt: baö Seugniö ©otteS für Sefuö befielt
barin, bajs ba§ eroige 2zhen in bie Sffielt fommt unb jroar fo,
bafe eö in bem ©ofine ift, fo bafe eö für ben 3Kenfd^en nur im
©ol^ne befifebar ift. ©er eingeborne ©ol^n trägt eö aU feinen
eigenen 33efi| in fid^ felbfi: bie Äinber ©otteö ^aben e§ nur,
fofern fie ben ©ol^n ©otteö bei fid& l^aben, 1. ^oi). 5, 11 f.
SlHe Slu^fagen über 3efu§ gelten bei ^ol^anncö allgemein,
fie gelten aud^ für ben ^räejiftenten. 3)ie grage, ob S^fi^ö crji
burdfi feine ©enbung jum ©ol^ne roirb, ober ob bie ©ol^nfd^aft
aSorauöfe|ung ber ©enbung ift, befte^t für Sol^anneö nid&t. 2)a
bie ©enbung ©otteö gebadet ift ate ein realeö, gebenbeg, fd^affem
be§, jeugenbeö ^anbeln ®otte§, burd6 roeld^eß S^fwö ftänbig jum
1) 2)a§ 1, 18 fxovoyiv^fjg ^sog ju tefen fei, f (Steint mir nid^t \\^tx.
fiovoyevt'ig l^d^i für 3ol^anne§ burd§au§ nur alö Slbjeltib ju vlog. gal^n,
©nleitung II, 544 erlldrt: „($iner welcher @ott roar, unb fomit, ha man
nid^t aufl^ören lann, ßJott gu fein, feinem SBefen nad§ ®ott ift unb bleibt,
unb roeld^er bod^ anbrerfeitg öermöge feiner gleifd^werbung (SJotteS einziger
©ol^n ift." ^\x erklären rodre ber 3lu§brudf nur, wenn man ben im 33egriff
be§ /uoyoyey/jg liegenben gcugungggebanfen betont: bcrmöge ber Beugung
burd^ ©Ott ift er felbft ®ott.
— 61 —
<So\)n gemad&t wirb, fo roirb er burd& bic ©cnbung jum ©ol^nc
ßcma^t. Mein bicfcö Icbcnbigc, fortioäl^rcnb fid^ erncuetnbc
aScrJ^ältniö 3cfu ju ®ott wirb cb^nfo roic 3cfu ^crfon in bic
(Sioiöfcit hinauf verfolgt. 2)arum ifi audfe bcr ^räcyiftcnte für
Sol^anncß bct ©ol^n. 2)icd ift fo wenig ein Sffiiberfprud^ , ober
eine unßelöfie Unflarl^eit/) ate baö entfprc(]^enbe Urteil, ba« auf
ben l^ifiorifd^en S^f^ö angewanbt wirb, baj5 er ®otted ©ol^n ju-
gleidb immer ift unb immer wirb. ®s lix^t fid^ jwifd^en bem
proeEificnten unb bem „l^iftorifcä^en" nxiji fiä^eiben.^)
2)ie Untctfud^ung jeigt ben einl^eitlid^en g^arafter ber
jo^anneifd^en ßl^tiftologie. ®ö ifi ba« QUiä^t SSer^ältni« ju
©Ott, weM^cö mit bem Siamen ber ©ottcöfol^nfi^aft unb mit bem
Sefenntniä ju feinem ^immlifdften Urfprung auSgefprodfeen wirb.
3)ie biöl^etige ©arjiettung beweifl aud^, bafe non einem ©d^wonfen
jwifd^en metopl^pftfd^et unb ftttlid^er ä3egrfinbung ber @in^eit mit
©Ott nid^ bic SRcbe fein fonn.^) 3)ie SHtematioe, fittlid^er ober
maop^fifd^er Urfprung aus ©Ott, befielt für 3o^annc$ nid^t.
^cr ^^ler ifl fdbon bann gemad^t, wenn man bic ftttlid^
Segrimbtmg ber ^n^eit mit ©Ott fo befiniert, aU moc^e 3eftt$
fld^ fclbfl burd& fein ^onbeln jum ©o^nc ©ottcö. SHefc mit
ber gaiqcn jo^onneifd^en Geologie tn 9Btbcrfprud^ fte^be Sm
fd^ung t^ fd^on oben nribericgt wotben. Jtraft unb Siegel bet
X^at 3^ 6^i ^on ®0^ <ntd. 3nbem 3^u$ ben gdttlid^
älntrieb fox X^at mad^t, credit er fid^ in ber (^in^eit mit ©ott,
in ber er fie^. SBeil btefes Ser^Itnid ju ©Ott feinen gonjen
SebenSlmtf itmfponnt, fo flammt mit aäm feinen SiQendobett
feine ^[Serfon, fein ,^'', atid bem ig^mmel. ©tammt fein Sifle
QxA ©Ott, fo funmnt er aud (BM. Sie ^i^^Iogie be$ üvan^
gcitfien — imb ba er eine 3:^togie ^, io ^at er oud^ eine
^d^ologie — ift bttid^d ooluntutiftifc^. 95om Sitten fc^eibet
et md^t bod Seien. Xviä^ bie äUufvirfungen ber Xfytun, ber
SßiflenSo&e bottt iiA Die ^ikrton felbit am, SicJ^ nö^er tümrst
man bem ©ebonten 2>e4 üvar^^tUHm, warn man, ia^ Setäclmid
afe ein receptioeö betibreitt/i lad wirb, »ie licn 5«^;*.
>- Sie ^i^mzBM S 441 rz^it,
• ^«901 v-^^atias II. 441
toll Wb JJcgr:^ J<r lt«*r::r:i: er ^^x
— 62 —
am flarftcn unb einfai^ftcn burd^ baö SBort audgcbrüdt, bafe cä
3cfu ©pcifc ift, bcn SBittcn ©otteö ju tl^un. 3)icfeö SSort
bcjcic^nct nxä)t nur bic SRücfroirfung bcr ^at auf bcn SBBUIcn,
cö ftcttt Scfum nid&t nux in ein aSerfiältni« }u feinet 'S:^at, fonbem
JU ©Ott. ^\xä) ift baö aSerl^ältnid nid^t etwa nur fo ßebad^t,
bafe bie SRüdtoirfung ber 2^^at auf ben SBitten in teügiöfer
Settad&tungSroeife als SBirfung ®otte§ gebeutet würbe. S)iefe
ßrtlärung bcö SBerl^ältniffeö roäre eine ä^nlici^e Seifcitefd^iebung
beö ©otteögßbanfenö, wie biejenige, roeld^e bie Einigung jiDifc&en
3efuö unb ©Ott als oon unten, von 3cfu« auögel^enb benft.
aSiclme^r fommt bic Silbung ber ^erfon 3efu burd^ S^f« 2^N
fo juftanbe, bafe Sefu ©el^orfam gegen ©Ott jur SBorauöfeftung
unb golge eine Slufnal^me ©otteä, be« ©eijieö ©otte« l^at. S)ie
©inigung mit ©Ott ift Urfad^e unb SQBirfung feines ©el^orfamö
gegen ©Ott. ®ben meil fid^ 3ol^anneS baö SBerl^ältniö 3efu jii
©Ott receptio benft, lann er urteilen, bafe ^^fus burd^ feine
S^l^aten feine ^ßerfon bilbet: es befielet für i^n feine ©pannunft
jmifd^en SBitte unb SSefen. 3)iefe ^fpd^ologie bel^crrfd^t bie
©l^rifiologie bes ®oangelifien, weil fle feine gefamte Anthropologie
bel^errfd^t. 2)urd^ feine 2^^at bilbet für il^n jeber 3J?enfd^ fein
SBefen: mer bie SSai^rl^eit tl^ut, ber ijl aus ber SBal^rl^eit ober
aus ©Ott. 3lud^ ©laube ift M 3ol^anneS ein receptioes aSer^^
l^alten.^) 3n irgenb einem receptit)en SSerl^ältniS fielet ber
3J?enfdb für beS Slpoftels SlidE immer — wenn nidbt ju ©Ott, fo
jum S^eufel. Öffnet er fid^ nid^t im ©el^orfam gegen ©Ott bem
©influfe ©ottes, fo öffnet er fu^ burd^ bie böfen Segierben bem
einflufe beS S^eufels ju einer fünbigen %i)at. &m beSmegen,
meil es fid& l^ier um ein ganj reelles receptit)es SBerl^ältnis
^anbelt, fo fann ^oi^annes t)on einem Urfprung aus bem Xeufel
unb von Äinbern beS S^eufels fo gut reben, wie oon einem
Urfprung aus ©ott unb oon Äinbern ©otteS. ®s ift nad^ allem
33isl^erigen flar, bafe l^iermit nid^t an eine naturl^afte 2lbftammung
oon oben ober von unten unb alfo ni(^t an 2)ualiSmuS gebadet
ift. aUerbingS ift fel^r ernftfiaft unb realiftifd^ an eine Silbung
ber ^perfon gebadet, aber an eine 33ilbung, bie oermittelt ift
burd^ bas im Segelten in ber „Siebe jum Sid^t ober jur
ginfternis" pd^ DoDjielienbe ©id^öffnen bes 3Renfd^en für einen
jenfeitigen ©influjg.
^Ql ©d^latter, @. 138.
— 63 -
©abutd^, bafe bic ßin^eit Sefu mit ®ott eine g^iftö^tiö^
ift, wirb ftc für ben ©oangeliften nid^t unfid^er unb fd^roanfenb.
S5utd^ ben ©cblufe beS ©laubenö fielet er für 3efii§ nid^t weniger
alö für bie ©laubigen im ©ein in ®ott, bas bleiben in
i^m. 2lm fräftigften ift bieö 5, 30 auögebrüdt: 3d& fann nid^ts
tl^un t)Ott mir felbfi, Dgl. SB. 19: ©er ©ol^n fann nid^tö von
ftd^ fclbft tl^un. <öol6mannO bemerft: „2lud& nad& bem ©elbft-
jeugniö 5, 30 ift i^m bie fittlid^e Sebenötl^at jur 5Ratur-
notmenbißfeit geworben." Unb bod& fällt aud& biefeö SBort nid&t
aus bem Stammen ber ß^riftologie lierauö. SSie wir für alle
^riflologtfd^en äluöfagen bei Sol^anneä erläutembe ^parallelen in
feineu SBorten über bie ©laubigen finben, fo wirb aud^ biefeö
SBort erläutert burd^ 15, 5: Dl^ne mi(^ fönnt ii)x nicbt§ tl^un,
Dgl. SB. 4: wie bie SRebe feine grud^t bringen fann, wenn fie
nld^t im SBeinfiodE bleibt, ©o wenig jugeftanbenermajsen l^ier
an einen pi^pfxfd^en S^f^mmen^ang gebadet ifi, ber nid^t
mttenömäfeig wäre, fo wenig in bem ©elbftjeugniö 3efu.
Belege bafür, bafe bie ®in^eit 3efu mit ©Ott unb fein
©c^orfam, wenn er gläubig al§ unjerbred^lid^ bel^anbelt wirb,
barum nid&t pl^^fifd^ gebadet wirb, bietet befanntlid^ ber erfte
©rief: 3)er auö ®ott ©eborene fann nic&t fünbigen. ®ine
ß^riftologie, bie fid^ in ber ällternatioe bewegt: „entweber ber
^tifammen^ng 3efu mit ©Ott ift pi^pfifd^ ober er ift unfid^er",
tmb bie ben ©eift ©otteö nid^t ate baß fräftigfte Sanb ber
©inl^eit anfielet, nerjie^t nid^t ben ©lau ben beö Slpoftelö, ber
3efu ttani, weil er ©ott glaubt. S)ie unjerjiörbare ©inl^eit '^e\\x
mit ©Ott beruht auf ber geftigfeit feineö burd^ ©otte§ ©eift
etjeugten SBiHend. äud^ baö ift falfd^, in biefer burd^ baö
%l)m Sefu vermittelten ©inl^eit mit ©ott nur bie „menfd^lid^e
Scmufetfeinöfonn ju finben, in weld^er bem fleifd^geworbenen
ßogoö fein metap^i^Rfi^eö SBerl^ältniö jum aSater erfd^eint."^)
S)omit wirb biefem ganjen 58erl)ältni§ 3efu ju ©ott ber ®rnft
genommen, ben e§ für ben ®oangeliften l^at. gür il^n ift über-
l^aupt baö SBirfen ©otteö in ber 3cit nid^t nur „ßrfd^einung"
fcineö ewigen ©einö, fonbern ©ottes unb bamit 3efu SEBirfen
l^at ben vollen ®mft ber 2^1^ at, ber reellen SBed^felwirfung
1) 446.
*) ^oii^mann, 443.
— 64 —
jioifd^en @ott unb il^m. ©otteö 2;^at tft genau in bcmfclben
©innc bcbiußt butd^ 3cfu ^at, rote 3efu ^anbeln butd^ @ott
begrünbet ift.
2lud& benft fid^ ber ©Daußelift ben unDerbrüd^lid^cn ©el^rfam
3efu nid^t in ber gotm eineö mül^famen Äampfeö, feine ®e?
ted^tißfeit nid&t alö bo« SRefultot gcfol^rtjoller Äonfliftc, feine
ßiebc nid^t ote mül^fame Slieberfäntpfung be« ^affeö. SBer in
ber Slltemotipe bcfoneen ift: entroeber ber gute SBiHc ift alö
pl^pfifd&er ^ro}cJ3 ßebod^t, ober olö eine burd& ©egcnfäle ftd^
l)tnburd&rinflenbe SBiffenäberocßunß, ber lann bie ©l^rifioloßie be§
©panßeliften ni(j&t t)erftcl^en. SDer ©üünßelift erjäl^lt jroar roeber
bie 3Serfu(|unßößefd^id&te nod^ ben Äampf in ©eti^fcmane. 3)eS=
weßen bebeutet ober boö roieberl^olte Sefenntni« ber ©ünbloftgfctt
3iefu nid^t, bo§ er fid^ feinen Sebenölouf ol^ne Ärifcn benft.
3Son ber Äriflö im ßeben 3efu fprid^t er nur \o, ha% er bie
abßefd&loffene Überroinbung berfelben ouöfprid&t: 3d^ l^abe to
SEBelt überrounben, 16, 33; ber gürft ber SBelt l^at feinen »ntcil
an mir, 14, 31; in feiner Sejiel^unß gel^ört S^fuö feinem
^errfd^aftößebiet, ber SBelt, an. aiud^ biefe d^riftologtfd^cn äuö-
foßen l^aben im 1. Sriefe il^re erläuternben ^ßaraOlcIen: ber
©laubenöaft ift ber ©ieg, ber bie SEBelt überrounben l^at, 5, 4,
t)ßl. 4, 4: 3l^r feib auö ©Ott unb befteßtet fle, benn ber, ber in
eud^ ift, ift ßrö^er ah ber, ber in ber SBelt ift. SBic Sol^onneö
abfid^tlid^ üom Äampf ber ©emeinbe mit ber SBcIt unb bem
Satan nur ate t)on einem bereits entfd^iebenen rebet, b. f), alfo
ßläubiß, fo üerfd^meißt er aud^ bie S^l^atfad&e, baj5 3tcfuö SJe^
fud&unßen l)inter fid^ l^at, nid^t, aber er fprid^t nur von ber über-
munbenen 3Serfud^unß. 3)ie anßefül^rten 5ßaraIIelen jeigen, voit
falfd^ es ift, l^ierauS ju folßem, bafe er fid& ben ©el^orfam
ßl^rifti nid^t in ber gorm beö bemühten SBottenö benfe.
Snl^altlid^ bem S:obeöfampf in ©etl^femane parallel ift bie
©rjäl^Iunß 12, 27 ff. 3lud& So^anneä Derfd^leiert nid^t bie SCobeä^
not gefu, bie ratlofe Slnßft, bie fid^ in ber graße äußert: voa^
fott id& faßen? SDenn aud& bei ^o^anneö ift baö Sterben 3efu
ein ma^rl^aftißeö, meld&es feine „Seele erfd^üttert", nid^t nur ein
©reißniö, baö feine SRaturfeite berül^rt. S)aö folßenbe @ebet
jeißt anfd&aulid^, mie ernftl^aft eö Sol^anneö betont, ba§ Sefuö
©otteö SBiUen nur fo ju tl^un oermag, ba§ er ben eigenen
SBiUen oerleugnet. 2luöbrädElid& melbet fid^ junädöft ber natürlidje
- 65 ~
5B3iOc, bcr aBiffc bc§ ,,^Icif(^cö", bct ouf ©clbfter^altung ßcl^t.
®iefcr SBittc tft fo ftd&cr bü, alö Scfuö ,,5Icifci&" ift. ©ein
iittuntcrbto^cnct ©cJ^otfam befielet ni(3^t barin, bafe ber auf
^Sclbficrl^altung gcricfitctc SBiUc in U)ttt 90t nicj^t rorl^anbcn
ift, fonbetn batin, bafe et uetleugnet wirb. 35ie übetgreifenbe
"Sitte tfl bie um bie SBerl^etrliiiung beä ^lomenö ©ottcö.
IBie bie ©^noptifet ben ©ieg übet bcn ©otan in bet Übet=
Toinbung bet aSetfu(3^unß feigen, fo fnüpft il^n ^fol^onned an
t)ic Übetroinbunö biefet SSetfud&ung an: mit bet (ginroiUißune
^efu inö fieiben ifl bet Xeufel getid^tet. S)aö ^^ißinauöfiofeen"
beö S^eufefe witb in ben 3Roment beS 2^obeS 3cfu retlegt, allein
ba mit ber ©innjittigung 3efu in fein ©tetbcn fein 2^ob, fofetn
«r feine 3:;i^at unb fein ©el^orfam ift, gefid^ett ift, fo ift bet
Content beö ®eti(3^tcö fd^on je^t. 2lu(3^ bie fpnoptifdfte (gtjäl^lung
fptidöt abfi(S&tIi(3& nid^t t)on einem Äampf mit bcm ©atan, bet
^ butdö Sefu ganjcn ßefcendlauf i^injiel^t unb beffen ©ntfdbeibung
ttftenbmie ungewiß wate, ©etattige Äonfttuftionen beö inneten
Sebenölaufö 3efu fiub nid^t ©efd^id^tc, fonbetn betul^en auf
^ojlulaten übet bie gotm, in bet ben aWobetnen eine etl^ifd6e
„@ntn)idlung" allein benfbat etfd&eint. gut bie ©t)noptifet ftclit
<xm Sln^ong be§ Sebenö 3efu ein Äampf mit bem ©atan. 3Wan
Derfennt uöttig bie Sebeutung biefet ®tjä^Iung, menn man fie
öfe ©atfiettung eineä Rd^ butd^ ben Sebenögang S^fu l^in^
jiel^enbett Äampfeö beutet, ©etabe batauf fommt e§ füt bie
€t)an0clifien an, ba§ butd^ einen am 2lnfang beö Sebenö 3^fw
ftcl^enben Äampf bet <Satan befiegt mitb. SefanntUd^ fiellen bie
Teilungen bet S)ämenifd&cn bei ben ©t)noptiletn 3efu ©ieg übet
ben ©atan bat: tocü bet ©tatfe oon einem ©tätfeten übet^
rounben .ift, fo roitb il^m fein Staub genommen, weil bet ©atan
Dom ^immel fiel mie ein Slife, b. ^. mit einem ©daläge, fo
t)etmögen bie 3)ämonen nid^t ftanb ju l^alten. 2llfo aud^ nad&
bet fpnoptifd&en S)atfteIIung l^at Sefuö bie SBetfud^ung, inbem et
fte beftanb, mitflidö übetrounben. Slad^ bet SSctneinung beö böfen
^Billenö l^at et nid&t einen fottmäl^tenb f d^manfenben , fonbetn
einen feften Sßitten.
3ol^anneö betont eö ftat?, bafe 3efuö t)on Anfang an fettig
ift. SBie et fid& feine gteil^eit t)om Söfen nid^t alö einen be^
fiänbigen Äampf benft, fo befd^teibt et aud& ben ganjen geiftigen
Seftfe 3efu nid&t alö Sftefultat einet butdö äufeete ©tfa^tungen
8ütö<rt, 5Die fo^. Cötifloloflie. 5
— 66 —
geleiteten ,,6ntn)idlun9". ©ein Innenleben entftommt in attcn
feinen goltoren „ouö @ott" unb in feinet Sejiel^ung ,,auö bet
aBelt". aSon Anfang an burd^fd&out 3efu« ben aSemter. ©eine
3Kenf(ä^en!enntnis ftommt nid^t quo ®rf aljtungen , fonbem ,,et
raupte, u)0S im 3Wenfd^en u)or", 2, 25. .©ierauf beruft fld^ ber
©Dangelift, wenn er erjäl^lt, ba§ e« einen ©laubcn gab, ben
Scfuö nid&t mit bem gleid&en aSertrauen beantwortete, ©inen
@runb bafür giebt er nid&t an: warum gab e« ©laubenbe, bcnen
fi<J 3efuS Don t)oml^erein Derfagte? S)ie Antwort beö ©oan-
geliften fd^liefet baö völlige aSertrauen auf 3efu« in itd&. ^r
ben »lief beö 3üngers fd^ien Sefu aSer^alten miafürlic^, aber
3efug „fannte fie". ©benfo fielet ber ^inmei« gefu auf feinen
%ob am Slnfang feiner aSirffamfeit. aOBeil ber ©egenfaft jmifd^en
ber aBelt unb il^m nid^t erft nad& unb naäi entfielet unb ft(J
Derfd^ärft, fonbem bamit gegeben ift, bafe 3iefuö auö (Sott unb
nid^t auö ber aOBelt ift, fo ift eö bem ©Dangeliften mid^tig, ba%
mit bem erfien Qnia'Q^ixttm biefeö Äonflifte« ber aiuöblid auf
Sefu %ob gegeben ift. 3lud^ bie grei^eit 3efu oom Oefeft ijt
Don Slnfang an uorl^anben, ol^ne bafe fid& 3efuö von ber ®c^
bunbenl^eit an ba§ ®efe| lodringen müfete: bie greil^eit ifi in
feinem ©ol^nedberoufetfein begrlinbet.
Siiefer von Anfang an DoDüommenen ©d^eibung t)on ber
aSelt entfprid^t bie 2lrt, mie Sefu« bie aRenfd^en be^anbelt. gr
erlennt feine SWittelfiufen unb Übergangöformen an, fonbem nur
fertige unb ganjc ©rgebniffe. S)iefe ©igenart geftaltet ben
ganjen Segriffölreiö bei go^anneö. aBie er nur ©egenfäfec
fennt — ben Urfprung auö ©Ott unb ben auö ber aSelt ober
bem S^eufel — fo erfennt er aU ©laube nod& nid^t baö auf gefud
gerii^tete aSertrauen an, fonbem erft bie 2lnerfennung feiner
aWeffianität, in ber Siebe fielet er ben aSBillen jum ©terben, wie
im $a§ ben aBitten jum SCöten. aBeil Sefus fid& nid&t mit
l^alben ©rfolgen unb fd^manfenben S^ftänben begnügt, fonbem
rafdö auf ganje ®rgebniffe l^inmirft, fo mirb in ber 3)arfteDung
beö ©efji&id&tsoerlaufö fofort auf bie befinitiuen SRcfultate l^in=
geioiefen. aSon Slnfang an l^anbelt eö fid& um bie 3Keffianität
3efu, im Tempel fommt eö fofort jum aSrud^.
S)em entfprid^t bie Slrt ber ©efpräd&e unb Sieben ^efu.
©ie fteigcn nid&t oon ben näd^ftliegenben elementaren ©ebanfen
aufwärts, fonbem ftellen bie umfaffenbe Sluöfage, baö ©anjc,
- 67 —
boö 3i^I öu bic ©pifte. 3m ©efpräiä^ mit Slilobcmuö wirb bic
Slotmenbigfcit bct SBicbcrgcburt an ben Slnfang ßcftcHt unb
gegen ben ©inrourf cinfo^ loieberl^olt. Slbftcigenb werben bann
bie SBebingungen bet SBiebergeburt erläutert biö l^erab ju ber
elementaren gorberung, bie SBal^rl^eit ju tl^un. 3m ©efpräd^
mit bet ©amatiterin fiä^Iiefet ^t^n^ nid&t etma, fonbcm beginnt
mit ber Slnbietung beö lebenbigen Sßafferö unb medt, rüdEmärtß
fd^reitenb, bie Sebingungen beö 3Serftänbniffeö. ^nbtm baö ju
erreid&enbe ^id an bie ©pifee gefteHt mirb, foH Derl^inbert werben,
bafe bie ißörer [xä) in unfertigen Übergangdftabien fixieren.
3. Haptol
3)ic ganje ©cbanfenreil^e , bic ben l^tmmlifd&cn Urfprung
Sefu erläutert, ift bie t)om ©üaußeliften felbft gegebene Deutung
be§ 2Borte§ 1, 14: 6 Uyoq auQ% iysvero. 3)tc 3lrt, in ber er
ben Sttuöganö 3^fw auä bem ^immel DorfteHt, jeigt, wie er ft$
bie gleif(^tt)erbung beö Sogoö benft. ®r benft roeber an Sßet-
roanblung in einen 2Renf(ä^en, no(ä^ an SBertaufd^ung ber ©pl^äre.
ad^'^ erläutert ftd& aud^ bei 3of|anneö n)ie bei ^autuö bur(ä^
feinen ©egenfa^ gegen nvevfxw. @eift ju fein ifi ®ott roefentlit^,
%lt\\i^ ift baö bem 2Jlenf(^en SBefentlid^e, t)gl. 3, 6. o Aoyog
<Tao§ eysvBTo ift alfo ju überfe^en: 3)er Sogoö warb ein ntenfd&=
Ii(ä^e§ SBefen. 2)aö 9SerI)ältniö t)on Sogoö unb gleifd^ wirb ni(|t
burc^ ben 2^erminuö ,,2lnnel^men beö gleifd&eö" erläutert, fonbern
ba§ aSerl^ältniß beö göttlid^en unb menfd&Iid^en gaftorö wirb
faufal unb f(5öpferifd& gebadet. 2)iefeö menfd^lid^e SBefen fommt
auö bem Fimmel, inbem eö burd& feinen ganjen Sebenölouf l^in
t)on ©Ott gebilbet, l^err)orgebra($t , burd^ ©otteö ©eifi gejeugt
wirb. 2)aä 33en)u§tfein ^z\\x ift ein menfc^lid&eö, eö wirb meber
qIö ein in§ S^i^f^i^^ ücrfd&mimmenbes , nod^ in ber gorm
ber Erinnerung, am aEerroenigften aber atö ein nid&t ein-
l)eitlid&e§, fonbern in ber Sttnalogie beö ©laubenöafteö t)orgefteIIt.
Sie 3Jlad^t unb baö SBiffen 3efu treten in ber gorm göttlid^er
®ahzn in fein menf($lid^eö SBemufetfein, fie pnb nid^t ein t)on
©Ott abgelöfter Sertfe. ©ott^eit unb 2J{enfd6^eit finb für ben
®oangeliften nid^t ©egenfäfee, bie fid^ auöfd&Iiefeen, ober gegem
feitig begrenjen, alö fönnte t)on ^^]\x% nid^t im DoHften 3Ka6e
gelten, bafe er %\t\\i^ ift, roeil er ber £ogo§ ift, ober nid&t in
ganjem Umfange, bajs er ber Sogoö ift, meil er gleifd^ ift:
beibe ©ebanfen werben auögefd&loffen bur(5 bie gormel: ber
Sogoö marb %lt\S^. ®ö ift beöroegen ganj unrid&tig, t)on einem
— 69 —
,,t)on ber gleifd^rocrbunö unberül)rt gebliebenen SReftbuum beö
Sogoö" ju tebcn.^ 2)aö ßonje S^^tereffe beö eDangelifien l^aftet
haxan, ba§ in Scfuö nid&t nur ein „Bind r>on ®ott" in bic
3Belt gcfornmen ifi, fonbem bafe S^fuö ®otte§ 9 an je 3Raä^t
imb §enli(i?eit in fid& trägt, bojs (Sott ^iä) x^m Qarxi mitgeteilt
t)at: e§ liegt ein ftarfer S^on barauf, bafe S^fuö ben ©eift
ol^ne aWofe beftfet.^) 6r l^at boö 71X1700)^« ber ©nobe unb
aOBal^rl^eit in ii(3^, nid^t einen Xeil, fonbern boä ©onje, bie un-
getrübte unb beöl^alb unerfd&öpflic^e pHe.
2lber freili(ä^, ba ber aSerroanblungögebanfe bem ®üangeliften
fern liegt, fo bleiben für i^n alle 3lu§fagen über ben Sogoö in
üoffem Umfange gültig: ehen besiegen ift Sefuö „ber SWenfd&en-
fol^n, ber im Fimmel ift". Dabei benft ber 6t)angelifi nid&t an
ein 2)oppelmefen ober an ein jroiefpältigeö Seroujstfein in S^fuö:
nur folgt l^ierauö nid^t, bafe bie 3Jlenf($n)erbung als SSermanblung
gebadet ifi. S)a§ Sewufetfein feiner göttli(5en unb feiner menfd^s
Uiä^en 2lrt fielet bei ^efuö nid^t ncbeneinanber , fonbern l^at
bic mel^rfac^ befd^riebene, bem ©laubenöaft t)ergleid^bare gorm.^)
3lm menigfien trifft man bie 3Weinung beö ®t)angeliften,
wenn man il^m in irgenb einer gorm bofetifd&e ober gnoftifd^e
^) Sgl. borübcr §ol^mann II, 460, 3lnm. l unb iBalbenfpergcr, ©. 52.
2) t)aß Scr^öltniS beg SogoS gu (SJott wirb fpäter erläutert werben.
3j STn einer ©teHe finbet ftd§ bei ^ol^ntann ein öl)n(id§cr (SJebonle
©. 439: „5)te ^jeugung eine0 ©elbftbettJugtfeinS , mie e« fi^ in ben
iol^onnetf^cn ®l^riftu§rcbcn barfteHt, ift bie le^te unb l)öd§ftc Xl^at be§ auf
bic 2Be(t Wirtenben 2ogo§." ^aju ögl. ^nm. 2: „SBenn l^iernac^ ber
SogoS im ©ingebomen gleid§fam fein eigene^ ^robutt geworben wäre, fo
^dttc auc§ biefe SorfteHung eine ^aroHele." ^iefe iBemerlung ift aber bei
$o(|mann nicj^t nur ni^t ejegetifcj^ begrünbet, fonbern. wiberf:pri(^t oud^
feinen fonftigen 3lnfd§auungen, ba au^ §o(^mann ben Urf:prung Sefu au§
bem §tmme( in ber ^rt ber allgemeinen ejegetif^en Xrabition beutet. ^ud§
ift c§ ni(j^ ri(3§tig, gu fagen, ha% ber ßogoö „fein eigene^ ^robuft" ge*
worbcn fei. ^er ©ol^n entftammt ber ScwQimö ÖJotteS unb baS SSerpitni^
beS Sogo§ ju 3efug lann man nur infofern ein fd§öpferif(^e^ nennen, al§
ber Sogo§ für Sol^anneS ju (SJott ge^rt, unb alfo ber ßogo^gebanle in ben
QJotteSbegriff eingef^loffen ift. OTein ©otteS SBort wirb natürlid^ al^
®otte§ ®cbilbe gebadet unb jwar, wie ftd^ geigen wirb, al§ baS @räeugni§
feines ®cifteg. ^ie gleifij^werbung be§ SBorteS wirb beSl^alb fo gebat^t
fein, bag burd^ biefelbe :probuItiöe ?lftion (5Jotte§, beren (SrgeugniS fein SBort
ift; au^ Scfu „5Ceifd§", ber 9Renfc§ 3efu§, gebilbct wirb: fo ift er ba§
fleifd^gcworbcne Söort ©otteiS.
— 70 -
©cbonfen jufd^iebt. aRit bctfclben enctgic wie bcn l^immlifd&cn
Urfprunfl 3efu betont er feine menfd^Iiiä^e 9Crt, baö „gleifd^"
3efu, unb jroar nid&t nur int crften S5riefc, fonbcm audö im
(gnanßelium, ngl. Stap. 6.^) 3n bcr Seugnung beö „gleifd&eö" ©l^rifH
fielet ^ol^anneö boö aSefen beö 2lnti(ä&riften. S)ie ©egner, bie er
befämpft, feigen boö „%UxW ©i^rifti als roertloö an, feigen feine
Scbeutung nur im ©eifle, ber als ein non ber 5ßerfon 3^fw
ablösbarer SeRfe gebaut ift.^) ©ie fietten ®eijt unb gleif* in
©cgenfal ju einanber. ®egen biefe ©d^eibung beö ©eified oom
gleifd^e 3efu rid^tet pd^ nun nid^t nur bie ^polemi? be« erften
Sriefeö, fonbern aud^ bie ©l^riftologie beö ©uangeliumö. ^aä
©igentümlid^e an ber 5ßoIemi? beö ^ol^anneö ift bieö, bafe er fld&
burd& ben @egenfa| nid&t ju einer ^erabfefeung beä ©eifteö
treiben läfet, ebenforoenig wie burd& bie antignoftifd^e 5ßoIemif ju
einer ^erabfefeung ber 6r?enntnid.^) aSielmel^r fiettt et %U\\i\
unb @eift in ber ©l^riftologie ftetö in ein faufaleö aSerl^ältniö ju
einanber. 3)er Sefife beö ©eifieö fül^rt nxä)t jur Seugnung,
fonbern jum Selenntniö beö gleifd^eö ©l^rifti.
2)ie ©nergie, mit ber ^iol^anneö bieö btiont, erflärt aud^
ben ©ebanfengang oon Raip, 6. 2)ie äuöbrüdEe: 6ffen unb
S:rinfen ftnb Silber für bie aufnähme feiner 5ßerfon. SBaö
Sefuö forbcrt, ift abfolute, ganje SRcceptioität feiner ^erfon
gegenüber, ©laube ift bei ^pl^anncö alö receptioeö SBerl^alten
gebadet. 2)iefe SReceptioität öffnet g^fu baö Innenleben beö
ajienfd&en, fo ba§ er ber fie ©peifenbe, Seben ©rjeugenbc unb
@r^altenbe wirb in älinlid&er SBeife, roie ©otteö 3Bitten ju tl^un
3efu Spcife ift. 2)aö 3^^^ i^i^f^^ SReceptioität ^cfuö gegenübet
ift baöfelbc, roeld^eö Sol^anneö fonft in ben 2luöbrudE fa§t, bafe
Sefuö in ben ©einigen ift. 3)arum ?ann bie glaubenbe Sluf-
nal^me Sefu bur($ baö 33ilb beö ©ffenö unb S:rin!enö bejeidönet
2)ie ^cliaiiptung öon iBalbenfperger, 8. 31 f., bag ^o^anneö lein
„lebcnbigeö, tieferes ^^^creffe an ber ßrfd^einung be§ Sogoö im g(eif(^e"
i^obe, geigt, tüie ipenig fid§ bie öon il)m bel^auptete Xenbenj ber jol^anneift^en
Sl^riftotogie mit bem im (Söangelium crlennboren ^^tcreffe öereinigen läßt.
«) 1. 3o§. 4, 8 ift JU lefen Ive^ ögt. Mn, Einleitung II, 574.
*) ^iefe 5:^atfa(3§e jeigt, bag man fi(^ au(^ |)ofitiöe öJebanlen ber
jo]^anneif(3§en Si^riftologie ni(^t auö bem ®egenfafe erllären barf. @r ift
in feiner ©rienntniö ganj öom Dbjett unb ni(^t öon feinen öJegnern
abpngig.
— 71 —
tocrbcn. ^n bicfcm S^Motnmcnl^angc nun toitb cd betont, ba§
baö ,,^Icifd^" 3cfu cö ift, wad et bet SBelt jur 2Iufnal^me bot^
Metet, b. ^. feine menfd&Iid&e »tt. ©ein gleifd^ ift bie Seben
f(ä&affcttbc aWtfiä^t. SDie 2lbjtd^t ber fiarfen Betonung biefeö ©e^
bonlenö faßt mit ber ^Betonung ber aJlenfd&l^cit Sefu im erften
Sticfe jufammen. gteilid^ ift fein ^Ui^ä) nid&t in fid& fclbft leben^
f^affenb*, fonbcrn nur bedroeßen, roeil eö burd& ben ©eift erjeugt ift.
S)ie Icbenfd&affenbe Tlaä)t ift allein ber ©eift. Slllcin in feiner
anbcrn g^^^ f^^ff^ ^^ Seben, alö burd^ baö gleifd^ ^^fit-
3nbem er bie 3Wenf(^l|cit ^^fu erjeugt unb in bie äBelt fteHt,
fliebt ex ber SBelt baö Seben. @ine anbere SEBeife, bie SRoc^t
bcö ©eiftcö ju erfal^ren ate biefe, ben 2Wenf(|en 3^^^^ ¥^'
june^men, giebt eö nidfet. 3lid&t aufeer ober neben bem ^Ui^ä)^
Sefu wirft ber ©eift. 3n ber niebrigen unfd&einbaren gorm ber
f^toai^en ol^nmä(5tigen 3Jlenfd&l|eit '^z^n allein fann er l^in-
ftenommcn merben unb nur baburi^, bafe 3efu ^leifd^ auf-
ftenommcn wirb, wirb bie Iebenf(ä^affenbe 3Kac^t beö ©eifteä
töltt^am. 35er ©ebanfengang ftel^t alfo im f(|arfen ©egenfa|
jum 2)ofetiömuS unb jü allen gnoftif(^en ©ebanfengängen. ©ein
§lcl^^ ift baö S3rot, baö t)om Fimmel l^erunterfommt, b. ^, wie
feftgeftettt ift unb jum ©(^lufe beö ©efprä(5ö ja anä^ auöbrüdtid^
auögefpro(ä^ett mirb: eö fommt auö bem ©eifte. 2lber bafe ba§
©rjeugniö bcö ©eifteö gleifd^ ift, ein menf(ä^li(|eö SBefen, barauf
liegt ber 9?ad^bru(J in ber SRebe.^
S)ie 33etonung ber 3Kenfd^l^eit ^z\n im ©oangelium rid^tet
[lä) inbeffen nid&t in erfter Sinie gegen ein bofetifd^eö S^riftuä-
bilb, fonbern fte fprid^t ben ©egenfa^ 3efu gegen baö iübif(5e
%iftuöbilb au§.^) 2)em SEBorte 3^u, bafe er baö t)om ^immel
i^erobgefornmene Orot fei, feften bie Suben ben ^inroeiä auf feine
irbif($e 9lbftammung entgegen. 3efu 3lnfpru(5, auö bem ^immel
ju fommen, mirb burd^ feine menfd&li(5e natürlid&e 2lrt toiberlegt.
3l\i)i an ber 3SorftelIung eineö l^immlifd^en Urfprungö überl^aupt
ttel^men bie Suben Slnftofe, alö fei bamit etroaö an ftd^ Un-
möglid^eö auögefprod^en : Dielmc^r befa^en fic ja in ber ©rroartung
ber ^immlifd&en Sttbfunft beö (S^riftuö ein 3Wittet jum 3Ser^
1) SSgl. oben @. 9 f.
2) ^Ql ©d^latter, ^er §8ru^ Sefu mit ber gubenf^aft, „?luö @(^rift
unb @efd§td§te", ©. 3.
— 72 —
ftänbmö bicfeß 2lttfptud&d 3cfu. Smcin bafe Sefuö, beffcn äb^
fünft bcfannt ift, uon feinem l^immlifd&en Urfprung fprid^t, bilbet
ben änftofe. SDer 2lnfto§ ift betfelbe, bet oud^ 7, 27 qu0'
ftefprod^en roirb: ba man feinen Utfprung fennt, fö fann er ber
ei^riPuö nid&t fein. Sein ^immlijd^et Urfptung fd&liefet ootte
menfd^li^e 3ltt auö. ©eine ©rfd^einung mufe etroaö ©el^eimniö^
Dofleö l^oben. liefet 3^6 \^W 3^fwö. ®r tritt i^nen " mit ber
SBirflid^feit eines menfiä^lid&en ßebenö entgeßen. 6r fonn barum
ber ©tiriftuö, ber ©pcnber bed ewigen bebend, nid&t fein, ©egem
über biefem ^^antafiebilb oon einem flel^eimniSüollen, ber menfd^^
lid^en SBirflid^feit unäl^nlid&en ©l^riftud betont Sefuö, bofe fein
„gleifd^", feine menfd&lid^e SBirfli^feit, il^n jum Srot beö fiebernd
mad&e. Joimmlifd^er Urfprung unb menfd^lid^e SBirflid&feit fd^lie^en
fid^ nid^t ax\^, fonbem gerabe einen menfd&liiä^en ficbenölouf ffl^nt
er traft feineö l^immlifd&en Urfprungd.^)
gür So^anneö l^at eö aber in ber Äird&e bleibenbe Se^
beutung, bafe ^efuö feine Dotte menfd^lid&e SBirflid^feit ben ^ubcR
gegenüber nid&t verleugnet l^at, bafe er feine ^immlifd&e Slbfunft
nid^t etwa nur ju bel^aupten oermoAte, inbem er feine menfd^lid^e
Slrt Derfd^leierte unb fid^ einen ber irbifd&en 2Birflid&?eit frembea
älnftrid^ gab. 2)ie 9Wotit)e beö pl^antafkifd^en aufeermenfc^lid^en
ß^riftuöbilbeö feieren befiänbig lieber, unb barum l^at baö-
33efcnntniö 3efu ju feiner 3Wenfd^^eit bleibenbe 33ebeutung unt^
bie Sftebe ift für ^o^anneö ebenfogut gegen bie ©noftifer roie
gegen bie ©aliläer bebeutfam.
Siol^anneö Derfd^leiert eö in feiner SBeife, mie ftarf bad-
aSefenntniö jur SRefftanität 3efu mit allem, wad eö in ftd^
fd&liefet, mit ber flaren SBal^me^mung feiner mirflid&en SUleufd^-
lid&feit jufammenftiefe. 6r ift fid^ ber ftarfen Spannung beutli(^
bemufet, in ber fein ©laube an ^t]\x^ ju bem, maö an il^m
jtdbtbar mar, ftanb. 6r mad^t baö an ber ©tärfe beö 2lnftofee&
flar, ben man an feinem „^ki\d^^'* nat)m. 3)er ©ruft, mit bem
er eä betont, bafe Sefuö gleifd^ mar, jeigt, bafe feine Gl^riftologie
bie 3Wenfc^lid^feit 3efu ni(5t auögelöfd^t l^at. 3Ran barf barum
>) ^er ©egcnfaj, in ben l^ier bie jilbif(]^cn ^räcjiftcnjöorftcßungen unb
Gebauten über ben ^immlifd^en Urf|)rung be§ ©l^riftuö gu Scfu ©clbftjeugni«
treten, geigt, bog ber jol^anneifd^e ©cbanlc nic^t auiS bem jübifd^cn ent*
ftanben ift.
— 73 —
nid&t fagcn, ba^ eine fold^c ©J^xiftologie im (Sebonfen eines
Oenoffcn 3cfu ni(|t bcntoar fei.^)
35ie 5DIenfd^lid&!eit ^e]n liegt für Sol^anneö in bem 5Ramen:
anenfd^enfo^n, ben Sefuß fid& Qab. 3Jleffianif4 ift ber auöbnid
aud^ bei ^o^anneö, 12, 34 fielet er fpnonpm bem gl^riftuönamen,
imb aud^ 9, 35 f. feftt bie grage beö ©el^eilten Dorauö, bafe boö
SBort als 3Kcffiaö6cjet(j^nun0 perfianben mirb. allein bie beiben
parallelen 9iamen: (Sot)n ©otteö unb ©ol^n bed aWenfd^en werben
in ganj paralleler 3lrt im 3ol^anneöet)angelium ßebraudfet. SBic
So^anneö mit ber einen meffianif(3^en Sejeid^nung bie Slbfunft
3efu t)on (Sott auöbriidt, fo fielet er in ber anbern einen ^in^
Töeiö auf feine SStbftammunß t)om aWenfiä^en. $Ratürlid& wirb
bamit fein ©d^nitt burd& bie ^erfon 3efu gemad^t, alö fiammte
einer ber gaftoren, bie 3efu ^erfon bilben, etroa fein ®eift, t)on
©Ott unb ber anbere oom 3Renfd&en. S)iefe ©d^eibung roiber-
^ptid^t ber ©runbtenbenj ber jo^anneifd&en ©l^rifiologie : einerseits
ftantmt ^efuö, unb jmar gerabe in feiner menfd&lid^ natürlid^en
*ct, ganj t)on @ott, — fein gleifd^ auö bem ©eifte — anberer^
ieitä ifl er DöDig SWenfd^, ©ol^n be« SWenfd&en. 2)ie beiben il^n
bilbenben gaftoren werben nid^t abbiert, fonbern ftetien in fau=
falem aSer^ältniö ju einanber: jum aWenfd&en Sefuö fommt nid^t
etwa ber ©eifi alö ein neues, i^m frembes ©lement ^inju,
fonbern er ifi ber il^n geftaltenbe gaftor.
®ie meffianifd&e 33e}eid&nung toirb nad6 il^rem SEBortfinn
gebeutet. S)a§ Sefus feine menfd^lii^c SSlbfunft betont, mar allen
©oangeliften auffaHenb. 3)ie Sejeid^nung l^ebt i^n aber in feiner
SBeife aus ber SReilie ber 3Renfd^en empor, als bas Sbeal, ober
bas Urbilb bes 3Wenfd&en ober äl^nlid^. ^efuS fteHt fid& bamit
ben 3Kenfd&en gleid^: er ift ein ganjer unb mirflii^er, nid&t ein
befonberer 9Renf($; allein eS ift für SefuS etmas 33efonbereS, ein
3Renfd^ ju fein, ©eine 3lbftammung Dom aJlenfd&en trägt in fein
Seben eine ©pannung hinein. 1, 51 mirb baS umfaffenbc ©laubens^^
motit) an bie 3Jlenfd&lid&feit 3efu angefnüpft. 3«^^^ SReil^en oon
Erfahrungen mad^en bie jünger: er ift aKenfd^, aber ber ^immel
^) ©0 SBeiäfädEcr, 517: „teinc 9»ad§t bc§ OJlaubenS unb ber 5ßl)Uofop]^ie
lann örog genug öorgcfteHt ttjcrbcn, um bie Erinnerung beö ttjir!li(^en
Scbcn§ fo auSjulöfd^en unb bicfcS SBunbcrbilb * cineS göttlicj^en SScfcnS an
il^re ©teile ju fe^en. . . . fjür einen Uropoftel ift eS unbentbar."
— 74 —
fielet il^m offen unb ifi il^m ßcgenroartig, er ift ein 3Wcnfd&, bent
fein Sebenötnl^alt auö bcm ^immel jufttömt. Seibe«, feine
menf(ä^li(5e 2lrt unb fein l^immlifd&er Urfptunß, pnb an il^m
fi(3^t6ar. 3n äl^nlid&cr 3Beife wirb 3, 13 gerabe bie umfajfenbe,
roeiteft gel^enbe aiuöfage, bafe 3efud feinen Drt im ^immel l^at,
an feine aJienfd&lid&feit angefnüpft: er ift ein 3Jlenf(ä^, allein ein
9Kenf(^, ber im ^immel feine ©egenroart \)at Oerabe alö
3JJenf($, ni(6t nur uor ober nad& ber 3^^^ feines irbifd&en ficbens,
ift er im ^immel. S)iefen beiben SBorten am nä(6fien ftel^t
6, 62, ba aud& l^ier ber l^immlif^e Drt 3efu mit feiner menfd§=
li(ä^en 2lbftammunß in 3Serbinbung gebrad^t wirb: bafe er als
IDienfc^ in ben ^immel l^inauffteigt — baö mirb jeben 2lnftofe
an ben Slnfprüd&en, ben er in feiner menfd^Iid&en 3lrt mad^t,
befeitigen. 2)er Slnftofe, ber bur(i feine Sttuffal^rt in ben ^imtnef
gehoben wirb, ift ber, bajs 3efuö an feine aJlenfd^^eit, 6, 21,
unb jroar an baö ®ffen beö gleifd^eß unb 2!rin!en beä SluteS
beö aJlcnf(^enfol^ne«, 6, 53, ben 33efife beä ewigen 2zUm Inüpft.
3n biefer SRebe jeigt fid& beutlid^, bafe.^efuö fid^ „aJienfd&enfol^n"
nennt, weit er „ejlcif^ä^" ift. 2ln ben 3Wenfd&enfol^n wirb bas
2eben gebunben, in bemfelben ©inne wie an baö gleifd^ 3^fw.
33eibe Sttuöbrüde Jagen, bafe er gerabc in feiner menf(ä^li(ä^en Slrt
ber DueE beö Sebenö ift. ©benfo beutlid^ bejeiiä^net 5, 27 ber
Sluöbrud bie aJlenfd^lieit 3^f^- fie ift ber ©runb, bafe i^m baä
@eri(^t übertragen ifi: burd^ einen 2Jlenf(ä^en foll bie aWenfd^i^eit
geri(5tet werben. S)er ©ebanfe ifi be!anntUd& fe^r Derfd^iebcn
gebeutet worben. Selbftr)erftänbli($ foH baö ©eridbt burd& ben
3JJenf($en baö ©erid^t ©otteä nid^t auöfd^Iiefeen. ©Ott rid^tet b u r d&
einen 3)Zenfd6en. Sefuö rid&tet, wie er „prt", aud6 ben Urteilö==
fpru(5 empfängt er von ©Ott. ©leid^rool^t !ann „ber 3Kenfd&" in
einem 3ufammenl)ange, in bem t)om Sßeltrid^ter bie SRebe ift, nur
„©Ott" gegenüber ftel^en: bafe nid^t ©Ott felbft ri($tet, fonbcrn
bafe er burd^ S^fwS xi^tzt, \)at feinen ©runb in 3efu aJienfd^l^eit.
2)aö 2Bort roirb fid& barauö erflären, bajs baö ©erid&t fidfe
gegenwärtig -ooEjiel^t. SoH'ä im irbif(^en Seben beö 3Jlenf(5en
fid^ ooffftreden, fo mufe es burd^ einen 3Jlenfc^en geübt werben,
meil es auf ®rben ergel^en foll, fo mufe eö burd^ einen auf
@rben mirfenben 3)ienfd^en ooH/^ogen werben. S)er ©ebraud^ beö
ffiorteö an biefer ©teile l^at ein ganj äl)nli(5e9 3Jlotio wie 2Rattl^.
9, 6: 2)a bie ©ünben auf ®rben oergebeu werben, fo werben
fie burd^ einen 3Kenfd^en oergeben.
— 75 —
SlUc übrigen SBorle, in benen [xS) 3cfuö aKenf($enfol^n
nennt, fpreci^cn non- feiner (Srfiö^ung, 3, 14; 8, 28; 12, 34
ober SBerl^ertlid^unö 12, 23; 13, 31. hiermit ift ouööefprociöen,
bafe Sefuö, ba er 3Kenf(ä& ifi, onf ©r^ö^unß unb SBerl^enliiä^ung
wartet, ©ö liegt in biefen SBBorten no(| ein anberes 9Konient,
ofe in bencn, bie uom l^immlifd^en Drt beä aKenfd&enfol^neö
fpred^en, nämlid^ nid^t nur bie Überjeußunß, bo§ er aU aJlenfi^em
jo^n ber ©rl^öl^ung geroife ifi, fonbern aud& boö 33efenntniö, bafe
ex ate 3Jlenfd&enfol^n ber ©rl^ö^unö bebarf. ®ö wirb jugleid^
auööcbrücft, bafe bie §enlid&feit il^m gebührt unb bafe fie x^m
fc^It — fel)lt in bem bereits erläuterten ©inne. Site ^Kenfd&en^
finb fielet et mit bem 3lnfprud& auf ^errlid&feit ba, aber au^
mit bem Sebürfniö, t)erf|errli(3^t unb erl^öl^t ju werben, ba ^err=
li^feit unb l^immlifii^er Drt für il^n in feiner SWenfd&lid&feit etwas
Senfeitißeö finb.
2lud^ jum SSerftänbniö biefeS ©ebanfenö bietet ber Sol^anneß^
Wef in feinen SBorten über ben ©tanb ber ©läubißen eine
etläutembe ^ßaraHele. SDie ßiebe ©otteS befielet in ber Über:=
traguttö i>eö $Ramenö ber ©otteöfinber, 3, 1. S)en non ®ott
ßcgebeuen 3iamen be^dnbelt ^olianneö im ©($lu§ bcä ©laubens
aU ^Realität: unb mir finb es. 3lber erfd&ienen, in bie
erfal^rbarc SBirflii^feit ßetreten, ift nod& nid&t, roaS mir fein
werben. 3)ie Unterfud&unß über ben l^immlifd^en Urfprunß 3efu
^at flejeigt, inwieweit bie ©teHunß ^efu biefer Stettunß ber Äinber
®otte^ uerßleid^bar ift: weßen feiner aJJenfd^lic^feit bebarf au(3^ er
ber ©rpl^unß unb wartet auf bie „ßrfd^einunß" beffen, waö er
ift. 2lu(^ er befifet feine ©otteöfo^nfd^aft ate einen SRamen. 3)a
©Ott eö ifi, ber il^m ben SRamen ßab, fo befielet jwif(i&en 3latm\x
unb SBefen feine Spannuuß. S)urd^ ©otteö SBort, weld&eö il^n
©otteö ©ol^n nennt, ift er aud& wirfliiä^ ©otteö ©ol^n. S)a
feine menfd&lid& = niebriße ®rfd^einunß im ®eßenfa| ju feinem
9lamen fte^t, fo bepelzt ber ©laubenöaft barin, bafe ber aJlenfd^
ben 3ißfwS t)on ®ott beißeießten Flamen bejaht, ate SRealität
bel^anbelt, i^m ate bem in ©otteS SHad^t l^anbelnben ßl^riftuä
. vertraut. S)arum bejiel^t ^ol^anneö bcfonberS pufiß baö ©lauben
auf ben 5Ramen 3efu: 1, 12; 2, 2:); 3, 18; 1. 3o^. 3, 23;
5, 13; Dßl. 20, 31.
3)iefer ©ebraud^ beö 9iamenö ^efu fiä^liefet pd^ natürlid^ an
ben ©ebrau($ beö 9iamenö ©otteö im 2llten 2!cftamcnt an:
— 7G —
Sörocl \)at n\(i)t ©otteä pd&tbore ©cöenroart, fonbcrn feinen
Flamen bei fid^. ©benfo ift mit 3efu menf^lid^et Sltt bcr 5Rame
bed ©o^neö ®otte« bem 3Sol! jum ©laubenögrunb gegeben.
3)a ©Ott eö ift, ber il^m biefen Flamen ^ab, fo glaubt ber
3Renfdb an @ott, inbent er an S^f« ©otteöfol^nfd^aft gl^^itf^t/
foroie 3Serneinuna ber 3Reffianität S^fu Unglaube gegen ©Ott ifi.^)
3)afe ©Ott 3efum feinen Sol^n nannte, alfo il^n burci^
fein aSort ju feinem ©o^ne mad^te, bieö ift baö 3^«Ö^i^
©otteö für Sefuö. 2)er 3«fö"^tti^»^öng, in raeld^em im erften
Sriefe 5, 9 ff. oon ©otteö B^^Ö^i^ ^^ 3^f«ö gefprod^en mirb,
jeigt, baj5 ^o^^önneö tooI^I junä($ft an bad bei ber 3:aufe über
3efuö gefproc^ene 2Bort backte, meld&eö bie ©gnopti?er berid&ten.
©Ott tritt junäd&ft für i^n burd^ fein SBort ein. SDie ©otteö--
fol^nfd&aft 3efu wirb nid^t etma al« in ber B^^^^^f^ Kcgenb
augefel^en, nur liegt pe gcgenroärtig aufeerl^alb menfd&lid&er (St-
fal^rung unb ift nur ©Ott aufgebedt. 3)e«^alb ifi ©Ott ben
SKenfcben gegenüber ber ,,3^wge" ber ©otteöfol^nfd&aft 3efu.
S)aö „3cu6"tö" ©otteä aber forbert t)om aWenfd^en ,,©laube".
greili(^ befdöränft ftd^ ©otteö 3eugnid für 3efuö nid^t auf
fein SBort, eö tritt baju 3efu SBerf, ogl. im ©oangelium 5, 32
mit 58. 36. 3)ieö wirb im erften 33riefe 5, 11 f. ba^in erläutert,
baj5 baö burd^ Qefuö vermittelte emige 2tbm ©otted 3^«9"i^ f^^
Sefuö ift.
3n berfelben aSeife, mie ©Ott ber 3euge 3efu ifi, ifi 3efuÄ
©otteö 3euge, 3, 11. 32; ogl. 18, 37, berfelbe äuäbrud aud^
8, 14. Seibeö l^ängt innerlid^ jufammen. äuö bemfelben ©runbe,
ber für Sefuö ein 3««9«i^ ©otteö nötig mad&t, l^at 3iefuö ben
3Wenfd&en gegenüber bie (Stellung eineö 3cwgen. SSermöge ber
9iä^e bei ©Ott, bie il^m ein ©el^en unb ^ören ©otteö möglid^
mad&t, ift er ben aRenfd&en gegenüber, benen ©Ott t)erborgen ift,
3euge. 3n bem SBorte liegt aber ebenfo mie in ber Slnmenbung
beöfelben auf ©Ott ber ^inmeiö barauf, bafe 3efUd burd^ fein
SB ort für ©Ott eintritt. SDa er nid&t in ber ©rfd^einung beö
©otteöfol^neö, fonbern al« aJlenfd^enfinb auftritt, fo ift bie gorm,
in ber er ©otteö ©egenmart, aJlac^t unb ^^nlid^feit benjeift unb .
1) e§ ift Ilar, bag für go^anncö oße§ barauf ontontmt, bog 3cfug
ben tarnen he^ ©ol^neS (Hottet ni(]^t öon bcr ©cmeinbe atS ein „Söert«'
urteil", fonbcrn öon (äJott empfangen l^at.
.— 77 —
Dcrmtttclt, baö SBott. SJcörocgcn rcd^nct aud& Scfuö auf ©lauten.
SDa er burd^ fein 2Bort für (Sott eintritt, fo ift ein ©laube an
Scfuö ©laubc an ©ott unb bie aSerroeigerung beö ©lauben«
3cfuö gegenüber Unglaube gegen @ott.
Site ber 3Kenf $enf ol^n , beffen ©rfc^einung mit bem i^m
gegebenen Slamen beö ©ol^neö ©otteö in ©pannung ftef)t, bebarf
3efuö ber ©rp^ung, burd& roeld^e jene ©pannung aufgel^oben
Toirb. S)ic ®r^ö^ung 3efu ift nid&t räuntlid& t)orgefteIIt, fonbem
qualitatio, ebcnfo n)ie bie 33erl^errli(;^ung. ©rl^öl^t mufe Sefuö
werben, bamit er jum Duell beö eroigen SebenS für jeben
©taubenben roerbe/) 3/15. SDurd^ 3efu ©rl^öl^ung wirb feine
göttlid^c ©cnbung offenbart, 8, 28. SBenn er erpl^t roirb, roirb
CT atte ju fid& }iel)en, 12, 32. S)er ^inauftritt ^efu ju ©Ott,
fein Slütftritt in bie 3Serborgen^eit roirb int (Soangeliunt niemals
als ©(ä&ranfe, alö 6rf(ä^roerung feiner SBirffamleit, fonbem regel-
tnäfeig aU ©rroeiterung unb Steigerung berfelben, b. f). alfo alö
®r^ö^un0 gebadet.
S)er 9iücftritt ^efu ju ©ott entjie^t i^n freilid^ ber ffia^r::
ne|mung ber SBelt, aber nid^t bem „©el^en" ber ^ö^Ö^^/ 14, 19.
©ie werben feine ©inl^eit mit ©Ott, feine ©egenroart in il^nen
unb t^r ©ein in '^t^w^ crfennen, 14, 20. 2)ie (grl^ö^ung Sefu
bebeutet feinen aSerlufi für bie 3üi^9<^/ fonbem einen ©eroinn,
16, 7. 3)a Sefuö jum SSater gel|t, fo roirb ber an H)n
©faubcnbe nid&t nur biefelben, fonbem größere SEBerfe alö S^fwö
tl^un, 14, 12. SRa(3^ ber 2)arfteEung beö ©oangeliften l^at gefuö
feinen eigentlid&en ®rfolg, bie ©rünbung ber ©emeinbe, bie
„grud^t" feineö 3Birfenö, niemalö alö baö Slefultat feiner irbifd^en
SBirffamfeit erroartet, mit berfelben Seftimmt^eit aber alö bie
^mäit ber an i^n ©laubenben in aiuöftd^t geftettt, 4, 38; 12, 24.
Säie ©Ott l^inter ^^f^^ jurüdftritt unb i^m bie aSoHenbung
feineö aSerfeö überläfet, fo vermag auc^ 3^f«^ ^dnm Jüngern
^'c „größeren Söerfe" ju überlaffen. ©Ictd^rool^l bleibt er felbft
ä^nlid^ roie ©Ott in il^m in feinen Jüngern ber 3Birlenbe.
2)ie aSerl^errlid&ung 3efu ift aber nid^t nur oon fubjeftioer
Sebeutung für bie ^jünger, nid&t nur ©rfenntniögrunb für bie
©tettung 3efu, fonbem von objeftioer unb realer Sebeutung
für 3efuö felbft. Siegelmäfeig roirb Sefu ^inauftritt ju ©ott
•) ^V €<iU(o gu r/V ^Q^- ^^^6 S- ö- @t.
— 78 —
olö Sebinftung für bic ©cßcnroart beö ©cificd befd^ticbcn.
1, 39: ovTKo yuQ r^v nvsvjna, ort ^Irjaovg ovtko iSo'^aadTj,
SDicfcö SSJort erläutert [xi) bur(i 16, 7. 3efu ©rl^öl^ung ift bie
SBebingung ber ©egenioart beö ©eiftcö in ber SBBelt. S)er ©e-
bonfe ift in leiner SBeife pf^d^ologifd^ beßrünbet, fonbern objeftit),
d^riftoloftifd^. 3)urd^ 3efu ©rJ^öJ^ung ifi feine 9Bir!famfeit beö-
wegen gefteigert, weil er am Drte ®otted fielet. @r ift ben
©einigen gegenüber nid^t mel^r äufeerlid^, fonbern, ba er an
©otteö 3)afeindn)eife teilnimmt, innerlid^. 3)arum wirb er ben
Jüngern burii^ feine ©r^öl^ung näl^er gerüdt: er ift nunmehr
„in" il^nen, unb pe „in" il^m. Slbfifttliii^ roei^feln bie Sc?
jeid^nungen: „id) in eud^" unb „il^r in mir", ba bie ^taum?
Dorftettung nidfet genügt, um bie ©teDung 3efu auöjubrücfen.
©ie mirb burd§ lofale SBenbungen audgebrüdt, ba fie etnft^of/
unb realiiiif(i& gebadet ift. 3iefus ifi burd^ feine ©rl^öl^ung raum^
frei geworben, l^at teil an ber 2lllgegenmart ©otteö. 6r umfänßt
unb burd^maltet bie ©einigen. SSBeil nun baö SBalten 3^w unb
beö @eifteö niemalö audeinanbertreten , fonbern }ufammenfaQen,
fo gut afö baö aBirfen 3efu unb ©otteö, fo iji bie ©rl^ö^ung
3efu aud& für baö SBirfen beö ©eifteö eine ©pod^e. 3nbem
Sefuö in ben Jüngern gegenwärtig ift, ift ®eifi ba. 6r fommt
im ©eifte. ©rft burd^ SSefu neue innerlid^e ©egenmart in ben
©einigen ift ber ©cift ©otteö bei il^nen.
SDurdö feine ©r^ö^ung ift Sefuö ©cifi, wie ©ott ©eifi ift.
3)aö bebeutet freilid^ plr 3iefuö ebenfo wie für ©ott weit me^r
alö ben ©egenfafe gegen 3Baterialität unb räumlid^e Segrenjtl^eit.
3)afe ©Ott ©eift ift, bat jur golge baö nQogxwstv iv nvsv^axi
xai dXsi&ua, 4, 28 ff. ©ewö^nlid^ beutet man biefeö 3Bort fo,
bafe auö ber unräumlid^en aittgegcnwart ©otteö bie Snnerlid&feit
beö aSetenö folge. ^) 2lllcin nvsvfia l^at beibe aKaie benfelben
©inn, unb h nvBv^ari ift bie befannte 3Benbung, bie oom
©eifte ©otteö fprid^t: ©otteö ©eift ift ber ma^re Drt ber Sin::
betung. S)er ©ebanfe, bafe man ©ott fud&en ober fid^ ju i^m
erl^eben müjfe, wirb befeitigt: ba ©ott ©eift ift, fo fi^afft er im
') SSgl. j. §8. 2Bci6 j. b. ©t : „2)ic ^nbchmg ift nid§t eine X^ätigleit,
tt)e((^e in finnlid^cn §anb(ungen, öJcbörben, Zeremonien, ^t\U unb Drt§^
befd^ränlungen, überl^au^t im QJcbiete beS ©innlid^en gefd^ie^t, fonbern fie
öoßäiel^t fid§ in ber ©|)§äre beö öJeiftigen, baö in feiner reinen Snnerlid^tdt
öon aHen fol(^cn 33ebingungen unabpngig ift."
— 79 —
üKenfd^en, inbcm er il^n in ^iä^ l^mcinjicl^t unb ifjm inncrlid^
flCßenroäTlig wirb, fclbft baö @ebet. Sluö feiner ©egcnroart beim
3Kenfd^en entfpringt bas ®ebet. ©ebet entfielet ntd^t baburd^^.
bo§ ber 9)?eufd& ju ®ott fommt, fonberu babur(|, bafe @ott jum
3Renf(J^en lommt.
35ie8 SBort erläutert, was es für bie ©emeinbe ju bebeuten
l^al, ba§ 3efud burd^ feine ©r^öl^ung ©eift geworben ift. ®S
bebeutet nid^t nur feine unräumlid^e ©egenwart, fonbern feine
roirlfome 3Kad^t. ^nitm er il^nen nid^t mel^r äufeerlid& gegen^
ilbetftcl^t, fonbern fle in fi^ aufnimmt, greift er mit fd^öpferifd^er
Waä)i geftaltenb in il^r S^nenleben l^inein. 3n il^m ift nun
®otteS ©eift In il^nen. S)arum wirft ber ®rl^öl^te mel^r, afe
SSefuiJ in feinem gleifd^eöleben.
®inen Slnftofe giebt Sefuö nid^t nur inxö) feine bem
iübifd^en ßl^rifiuöbilb miberfpred^enbe, menf^Ud^e 2lrt, fonbern
au^ burd& fein Sßerl^ältniö jum ©efefe. S)er aus 3efu greil^eit
t)om ©efefe entfpringenbe Slnftofe wirb naä^ ber 2lrt beö gol^anneö
an einem Seifpiel erläutert unb an baöfelbe ber l^ierauö ent^
fpringenbe 33rud^ angefnüpft.^)
Seine greil^eit üom ©efefe begrünbet Sfefuö nid^t etwa burd^
ein bas ©efefe entmertenbed Urteil, fonbern attein burd6 einen
^inwetö auf feine ©emeinfd^aft mit ©Ott. ®r wirft, weil ©Ott
wirft. 2Beil fein 2:^un burd^ ©otteö 2;^un begrünbet ift, fo ift
ber 33ru($ bed ©abbatl^geboteö für il^n feine ©ünbe. S)a bie
am ©abbatl^ gef^el^ene 2^l^at ein SBunber ift, fo ift fie ein
Seugniö ©otteö für il^n. Dl^ne ©Ott l^ätte er fie nid^t ju ll^un
1) SBcisfädcr bcmcrtt ^icrju <B. 521: „^bcr ba§ ift avtäj qUcS, wa§
no^ cinigcrmaSen an jene (Streitig!citen erinnert. Unb ntd^t nur tiefe finb
in ben §intergrunb getreten, fonbern wa§ bie ^auptfac^e ift, 3efu§ felbft
l^at überl^aupt !eine ©teHung gum @efe^, e§ ift für il^n nic^t öorl^anben . . .
^nx in einer 3eit, bie ben Äampf unb bie grage be§ ®efe^c§ ööKig l^inter
fid^ l^atte, tonnte biefeS S3ilb öon 3efu§ entworfen unb biefe ßel^re öor^
getragen werben." W)tx Aap. 5 nimmt bei gol^anneS leine untergeorbnete
(Stellung ein, bie gan§e 9lebe Qefu ift bur(3^ feine greil^eit öom ^efe^
bcranlagt unb begrünbet. ^iefelbe unb ha^ Kapitel geigt, wie eS baburi^
5um S3ru(3^e !am. gerner wirb in Aap. 7 ber tonpt be§ 5. ^ap. wieber
aufgenommen unb ^a}p. 9 bringt no(3^ einmal einen ©abbatl^tonflüt. 5ln^
9efi(3^t§ biefer ©ad^lage muß man SöeigfödferS 33e]^auptung grunbloS nennen.
— 80 —
t)crmo(|t, in il^rcr löunbctl^aftcn SKrt trägt ftc mit betn SKctf-
mal bcö göttliij^cn Urfprungö aud^ baä 3^^^^^ ^^^ göttlid^cn
SRc(3^ted an \xä): fic fonntc nid^t im ©cgenfafe gegen
®ott, fonbcrn nur in ber t)ölligcn 2lbl^ängig!eit x>on xf)m ge-
f(^e^en. ^t^u^ erfäl^rt nid^t ans bem ®cfc| ben SBitten ©otteö
unb bie Siegel feines SBirfenS, fonbern burd^ feine birefte, bur(^
bas ©efefe ni^t »ermittelte ©emeinf^aft mit ©Ott. 3)ie ©eroöl^r
für bas JRed^t feiner ^l^at liegt alfo ni^t in il^rer Überein-
ftimmung mit bem ©efefe, fonbern in ber SReceptioität 3efu ©Ott
gegenüber, ^nbem er nur tl^ut, moju ©Ott i^m eintrieb unb
Äraft giebt, ift er geroife, in ber öal^n bes SBittenS ©otteS ju
bleiben, hierin beftel^t feine grei^eit üom ©efefe. S)ie Se^^
grünbung berfelben in feiner 3lbl)ängigfeit oon ©Ott erl^ebt il^n
über bie ©efal^r, burd^ feine grei^eit t)om ©efcfe fid^ aud^ von
©Ott JU emancipieren.
3n berfelben SGBeife wirb ^efu greil^eit 8, 35 beftimmt.
2lls ber ©ol)n ift er ben Äned^ten gegenüber ber greie. S^bem
bie Unfreiheit beS Äned^teS burd^ ben ©egenfafe feiner Stellung
JU ber bes ©ol)neS erläutert wirb, mirb flar, ba§ bie fj^eil^eit
in bem SSer^ältnis ju ©Ott gefel)en wirb. SBie bie Unfreil^eit
beS Äne(^teS bamit befd^rieben mirb, ba§ er nidfet immer (m
^aufe bleibt, fo foff mit ben SBorten, bafe ber ©ol)n auf immer
bleibt, beffen greil^eit bejeid^net merben. ©ie befielet in ber
greil^eit oon jeber il^n oon ©Ott fd^eibenben ©darauf e, in ber
ungei^emmten , bauernben ©emeinfd^aft mit ©Ott, bie aud^ in
feiner irbifd^en ©jiftenj nid^t befd^ränft ift: er „bleibt in bes
aSaterS ^aufe".
5DaS aSerpltniS ^icfu jur altteftamentlid^en Offenbarung ift
aber burd& feine greil^eit oom ©efefe nur nad^ einer ©eite l^in
beftimmt. 2lnbrerfeits betont ^efus ben ftrengften 3wfönimen=
l^ang jmifd^en ber in ii^m oorl^anbenen Offenbarung unb ber alt^
teftamentli(|en. 3n biefer öejiel^ung ift ber ©d^lu§ ber Siebe,
bie fi($ an ben Äonflift mit bem ©efefee anfnüpft, entfd^eibenb.
S)ie SRcbe fd^liefet 5, 45—47 bamit, bafe nid^t bei Sfefus, fonbern
bei ben ^uben bie Übertretung beS ©efe^es ift. 2)er ©ebanfen-
gang ift genau berfelbe mie 3Kattl^. 23. SBie bort ber 35rud6
mit ben ^l^arifäern abfid^tlid^ nid^t burd^ il)ren ©egenfafe
gegen SefuS, fonbern burd^ il^ren aSrud^ beS ©efefeeS begrünbet
mirb, fo auc^ in ber bei Sol^anneS gegebenen Siebe. S)ie in ber
— 81 —
Stblel^nung 3efu ttcöenbc @(36ulb finbet f(i^on in 3Kofeö il^ren
jllägcr. 2)ctttt bcr Unglaube 3efuö gegenüber l^at feinen
©runb im 3Kangel beö ©laubenö an 9Kofe§. S)ie ©teile
liat 7, 19 eine 5ßaraIIele, weld^e jeigt, ba§ eö ftd^ nid^t nur
-um bcn Unglauben an bie mejftanifd^e 3Ser^ei§ung ^anbelt.
®ort lautet ber SBorraurf, ber ben ©egenfafe gegen 3efu§
erflärt: 9iiemanb t)on eud^ tljut baö ©efefe. ©o ift axiä^
5, 46 ber Unglaube gegen 3Kofeä ber umfaffenbe 2luSbrudE für
bie 9li(ä&tad^tung feines SBorteö: 2)aä Übertreten beö ©eboteö ift
Unglaube gegen ben ©efefegeber, 5Der ©oife, bafe ber Ungel^orfam
gegen 3Kofe§ bie ©d^ulb ift, burd^ bie Sefuä unüerftänbli(i& wirb,
^at jwr Äel^rfeite ben anberen, 7, 17, bafe ber, ber @otte§ SBillen
tljun roiff, ben göttlid&en Urfprung ber Seigre 3efu erfennt.
3cfus ^ai alfo 3Kofeö unb bad Sitte SCeftament für rt4 e^^^eilid^
giebt es eine falf(3^e ©ci&äfeung be§ SKlten 2^eftamenteö in ^öraet,
bie fld^ in ber 9Jleinung jeigt, „in ben ©d^riften eroigcö Seben
^u l)aben", S)iefer 3Sorn)urf erflärt jt($ barauö, bafe man bie
?Btrfung be§ ©eifteö auf bie ©rjeugung beö ©d&riftn)orte§ be-
jiiötänfte, roeölialb man mit bem ©eift and) baö emige Seben im
33u(3^e fud^te.O
3öie aWofeS ftel^t aud^ 2lbral)am auf 3efu ©eite unb freut
^ an 3efu „2:ag", 8, 56. 35aö pofttiüe SSerl^dltniä jroifd^en
2Wofeä unb ^efuö wirb 1, 17 in ben ©afe gefaxt, ba^ burd|
STOofcö baö ©efe| gegeben mürbe, mälirenb baö SBerf 3efu barin
befleißt, baj3 bie ©nabe unb bie SBal^r^eit burd^ il^n „mürben",
b. f). al§ mirffame Gräfte in ben ©efd&id^tslauf eintraten. S)urd6
3Jiofeö tritt ber forbernbe SGBille ©otteö, ber ba§ ^anbeln Dom
3Wenfd^en erwartet, burdö S^f^^ "^^^ gebenbe SBiffe ©otteö, in bem
©Ott felbft ber ^anbelnbe ift, unb mit il^m bie SBergebung unb
bie SBal^rl^eit in bie SBelt ein.
SDie Slnfnüpfung an baö Sllte 2^eftament liegt fd^on in ber
Übernahme beö 6f)riftuönamenö unb jeigt fid^ in bem burd^ ba§
ßüangelium fid^ l^inburd&jiel^enben ©d^riftbemeiö. SBie ber Un-
glaube ber Suben mit ^efuö aud^ 3Kofeö trifft, fo glauben bie
M W- <ö(3^tatter, ^et erlaube, 2. 5lufl., @. 17: „Snbent ber ©eift
ni(ä§t anberS tt)irljatn gebadet toixb, al§ fo, baß er hie 6(^rift infpiriert,
roirb nid^tS ®anjc§, nid^t bie ©inl^eit unb S^otalität einer lebenbigen QJe*
ftaltung öon il^m erwartet, ©eine @abe ift etwas SJereinjelteS unb bleibt
über ber ^crfon unb il^r fremb."
8 U t g e r t , ^ie iol^. e^nflologie. 6
— 82 —
Sünger, inbcm jte an S^fu SBort glauben, aud^ an bic ©d^rift,
2, 22. 2)ic ©d^tift fann ni(^t aufgelöfl werben, 10, 35. Über
ben Qa^ unb bie 3Setlorenl^eit beö 3nbaß ttöftet fid^ Sefuö
bamit, bafe bieö gefd^al^, bamtt bie ©d^rift erfüllt werbe, 13, 18 ;
17, 12. S)er 33eleg bafür, bafe ber aSerrat nid&t auö bem
3lal^men beö SBittenö ©otteö l^eraudfättt, liegt bar in, bafe er
geroeiöfagt ift.
3fleben bie Seugnung beö gleif(^eö 3efu [teilt ber erfte 33rief
bie Seugnung feines 33tuteß, 5, 6. S)aö kommen 3efu burd^
SBaffer, b. i). bie öebeutung feiner 2^aufe unb alfo ber ©eifteö^
mitteijung, leugnen bie Slntid&riften nid&t, aber im S^f^w^w^^w^
l^ange mit ber SBerleugnung feiner aKenfd^l^eit leugnen pe baö
kommen 3efu burd& 33lut, b. \). bie öebeutung feineö ©terbeinö.
©ein 2;ob fommt in biefem ©ebanfengange als bie Äonfequenj
feines kommend im gteifd&e in 33etrad6t. 2)ie ©miebrigung, bie
l^ierin liegt, finbet in feinem ©terben il^re 3)urd^fül^rung unb
i^ren 3lbfd&lufe. ©o gut Sefuö als ber ©ol^n ©otted im
gleifd^e fommt, fo gut finb nid^t nur ©eift unb SQBaffer,
fonbern a\x6) fein 33lut baö B^^öwis für feine aWeffianität. ©ein
©terben fielet fo wenig aU fein %Ui^^ im ©egenfaft ju feinem
©eiftbepfe. es ift ebenfato ©otteö Beugniä für 3efu ©otteä:=
fol^nfd^aft. ©benjo wie baä gleifd& 3efu überl^aupt entfpringt eö
bem ©eifte. SBie ber ©eift in laufatem aSerl^ältniö jur ganjen
menfd^lid^en 2lrt Sefu fte^t, fo aud& ju feinem ©terben.
2lu4 im 6. Äapitel beö ®t)angeliumS ift eö fd^merlic^ }u=
fällig, Da6 bie für bie menfd^lid&e 3lrt gebräud&lid^e gormel:
5leif(^ unb a3lut — getrennt wirb, inbem junad^ft nur x>om
©ffen beö gleifd^eö unb bann üom ®ffen beö gleifd^eö unb t)om
Xrinfen beö 33luteö bie SRebe ift. 3)iefe getrennte ißert)orl^ebung
ber beiben einjelncn ©lemente beö menfd^lid^en SBefenö wirb bie«
felbe 33ebeutung ^aben wie bie a3etonung beö 33efenntniffeö jum
a3lute ß^rifti neben ber SBarnung t)or ber Sßerleugnung feineö
gleifd^eö. S)er @t)angelift benft aud^ im 6. Äapitel an ^t\\x
Xob, burd^ ben ^J^eifd^ unb 33lut gefd^ieben werben, ©ein
gleif^ ift beöwegen lebenfd^affenbe 3Kad^t, weil eö il^n jum
2'obe fü^rt: alö ber ©terbenbe bringt er ber SBelt baö 2tbm.
2)aö %Ux'\ä^ '^t^n ift bemnad^ für ben ©oangeliften bebeutfam
alö ®rmöglid^ung feineö ©terbenö: in feiner SBeife brüdt er
— 83 —
bicö burd^ bic lufnal^mc ber gormcl „fjlcifd^ unb SSlut" aus.
6ö ift alfo fcincörocflS tid^tig, bofe nad6 il^m baö %ki^ä) Sefu
nur ba§ 3Jtittel bcr Offenbarung feiner ^crrlid^feit fei.0 SSicl-
me^r Derfolgt aud^ Sol^anneö wie bie ©pnoptifer jwei Stellten
Don aWcrftnalen an Sefuö, bie SHerfmale feiner aWad^t, feiner
ioerrlid&feit unb bie feiner ©d&roäd^e, feines gleifd^es. 2)ad
f^Ieifdö ift wie eine Offenbarung, fo aud^ gleid^jeitig eine 3Ser-
l^üHung ber ^errlid^feit S^f^- biefelbe leud^tet nur in feinen
S^l^aten unb SBorten burd^ baS t)erl^üttenbe gleifd^ l^inburd^. Unb
auf biefc ©eite ber aWenfd^l^eit 3efu fällt atterbingS bei Sfol^anneö
ein fiarfcr %on.
») ©0 i. ». »arbenf|)ergcr.
6
4. ^Raptfel.
bapcl)t, toirb ni^t nur fotmcll bcftimmt, aU ©cl^orfatn gegen
©Ott, fonbern, ba ©ottcä SBittc Siebe ift, inJ^altliil ate SieBe,
unb jttjar junäiä^ft alö Siebe gegen ®ott, 14, 31. ^n biefer ffi
fein ®el)orfam gegen ©Ott begrünbet unb butd^ ba§ Sewa^xen
ber ©ebote ©otteö bleibt er in ber Siebe ©otte§. Slud^ ble
Siebe ^t\\x ju ©Ott fielet unter berfelben Siegel, unter ber bie
Siebe ber ^Kenfd^en ju ©Ott fielet, gür bie ©emeinbe gilt, baj5
baö Siebeäüerl^ältniö ju ©Ott nid&t t)on unten l^erauf entfielet, ate
würbe bie Siebe ©ottes in il^m burc^ bie Siebe ber 3Kenfd&en
tieroorgerufen. SBielntel^r entfielet alle Siebe t)on oben l^erunter,
bie ©ottl^eit ©otteö, feine übergeorbnete Stellung, bleibt geroal^rt.
©otteS Siebe erroedtt bie Siebe ber 3Renf(ä&en ju ©Ott unb untcr=
einanber, 1. ^ol^. 4, 10. Um beötoiffen gebrandet gol^anncö
ftänbig ben 3luöbrudE: bie Siebe ©otteö. OTeö, roaö t)on Siebe
ejiftiert, ift ©otteä ©igentum, weil fein SBerf. S)a baö Sieben
ber 3Renfc^en t)om Sieben ©otteä abpngig ift, fo erlifd&t bie
Siebe be§ 3Renfd&en baburc^, bafe er ou§ bem Äreife ber t)on
©Ott ©eliebten l^erauäfättt unb umgefel^rt: bur(i^ baö ©rlöfd^en
feiner Siebe fällt er auö ber Siebe ©otte§. S)Q^er ber fd^einbare
S)oppelflnn ber gormel: bleiben in ber Siebe ©otteö, ober: S)aö
bleiben ber Siebe ©otteö im 3Renf($en, moburd^ fowol^l bie
SDauer feines eigenen Siebenö als fein Sleiben im Greife ber
Äinber ©otteö be}ei(|net wirb.
3lu($ atteö Sieben 3efu ifi burd^ ©otteö Siebe ju il^m
begrünbet, 3,35; 10,17; 15,9; 17, 23 ff. Sefuö ift ber
birefte ©egenftanb unb ©mpfänger ber Siebe ©otteö. 2llö
Sufeerung ber Siebe ©otteö jur SBelt wirb regelmäßig bie
©enbung ^efu bejeid^net: barin offenbart fie fid^, 3, 16; 1. 3ol^.
— 85 —
4, 9. S)ic Siebe ©otteö fommt burd& ben Sol^n in bie SBelt.
SDie gießel, bofe ber, bcr @ott liebt, aud^ \>k SBrübet liebt, gilt
aud^ für 3cfud. 3)arum ift boö ©ebot @otte§ an Sefuö bie
ßiebeöübung: SB3ie @ott Sefum liebt, fo liebt Sefnö bie ©einen,
15, 9. ©0 ifi Sefud ber SBermittler bet Siebe ©otteö an bie
SBelt. 6r ifi aud^ ber SBetmittler bet Siebe ber 3Belt ju @ott.
2Ber ^efuö liebt, ber wirb üon ®ott geliebt, 14, 21. Snbem
Sefuö bie Siebe ber 3Kenfd&en auf fxd& jiel^t, jiel^t er bie Siebe
©otteö auf bie 3Renfd^en. SB3er Sefum liebt, ben üerniag @ott
JU lieben, ba et burd^ bie Siebe ju 3efud „an baö Sid^t fomntt",
im Unterfd&iebe r>on benen, bie „bie ginfiernid mel^r liebten, aU
ba§ ßidjt."
3fn ber Siebe 3efu ifi unbegrenjte SEBiUiöleit jut ißülfe mit
unbefcä^ränfter ©rmäd^tiflung ju berfelben geeint, wie fie ft(^ in
bem Slnetbieten äufeett: aSätefi bu mid&, fo gäbe xä) bir, 4, 10.
S)ie ßiebe ift beömegen bie einjige öebingung ber ®abe, ja bie
%ot otlein aud& ol^ne Sitte ifi il^t auöteid^enbeä 3Kotit): 2)er
fttanfe am Xä^, 5, 1 ff., mirb gel^eilt burd^ 3efu fpontaneti
»tten. SDie unetfd&öpflid&e SBittigfeit Sefu jum ©eben brädt
So^anneö mit ben 2Borten au§, ba§ bie jünger „@nabe um
©nabe" von xi)m empfangen l^ätten. ®r gab nid^t, um bem
Segel^ten unb ©eben ein @nbe ju mad&en, fonbern um ein
immer neueö a3egcl^ren ju wedfen unb ju befriebigcn. ©ein
&eben erjeugte fid& fietö burd& fid^ felbfi. 2)aö SBerl^ältniö von
bitten unb ®mpfangen erlifd&t ni^t, fonbern fe|t fxd& bauernb
fort, ba 3efu ßiel nid^t nut bie fad^lid^e ^ülfe, fonbetn bie
Sinbung be0 Süngerö an feine 5ßetfon ift. ©eine abfolute
SBittigfeit jum ®ebtn, bie im öebütfniö il^ren einjigen ©runb
l^at unb auf bie ©rmecfung beö öegel^renö ausgebt, um eö ju
ftiHen, brüdft 3efu0 in bem SBort 7, 37 auö: 3Benn jemanb
butftet, fo fomme et ju mir unb trinfe. 3)ie ©igenart feiner
Siebe befleißt barin, bafe fte fid& am 3Wangel entjünbet unb in
il^m il^r oott jureid&enbes 3Kotio l^at, ba berfelbe baö öegel^ren
auö bem 3Kenf^en l^enjortreibt.
SBäl^renb in biefem SBorte bie unbefd^rönfte ©nabe C^rifti
in bem SRuf ju fid& l^in fid^ äußert, mirb fie 6, 37 in bie SBorte
gefafet, bafe er niemanben, ber ju i^m fommt, l^inauöftüfet 3)aö
J^ommen ju i^m ift bie einjige unb t)öüig genügenbe öebingung
ber 3lnnal^me. SBeibe SBorte l^aben baä miteinanber gemeinfam
— 86 —
bafe Sefuö feine Siebe nl(3^t barin äufeett, bafe et ben S!Renf(|cn
nad^gel^t, fonbctn boirin, ba§ et jte ju ft(^ tuft obet ju ftd^
fommen läfet. ©eine Siebe fpti(^t 3efud babut(]^ aus, ba§ et
fein mefftanifd^eä Slmt but(| ba§ a3ilb beS ißitten batfiettt. S)aö
33ilb jeigt, waö et als fein 3^^^ ctgteift: afä bas eißentliiä^c
aSJcfen feines ©l^tiftuSamteö fielet et nid^t basr©ebieten an, fonbctn
bas ©eben. 3lls ißett bet aWenfAl^eit ift et bet, bet fie fd&üfet
unb üetfotgt. ®t ift xi)x baju ^eQ^ben, um fie üon bcm %m\el
JU ettettcn unb ju „fpeifen". ©einet Siebe entfptid^t bie SEBittig^
feit, mit bet il^m bie ©einen folgen, ol^ne bafe es bes Stt^ö^Ö^^
bebatf: bet 3^0 f^ßt anfd^aulid^ bie gteil^eit bet ©emeinbe bat.
SEBäl^tenb es im meffianif($en ©ebanfen liegt, ba§ baS SBolf unb
bie 3Belt im ßl^tiftus il^ten ^votd ^at, um feinetroitten ejiftiett,
um fein ©igentum }u bilben unb il^m ju bienen — liegt es
anbetetfeits in bet 9ltt, wie fid^ ^efus ben meffianifd&en ©eboufen
aneignet, bafe et in ben ©einen feinen 3^^^ P^^^/ fü^ ^^^ ^^
fein Scben unb feine 5petfon bal^ingiebt. S)iefe n)C(3&felnbe S^tU
fe^ung ift bet Siebe wefentlid^.
SBcil Sefus niä)t nut bem aWangcl, fonbetn bet ©ünbe
gegenübetflel^t, fo witb feine Siebe jut SSetjeil^ung: et „tid^tet
nid^t". ^ietbutdö fd^eibet et fid& t)on bet mef^anifd^en ©twattung,
bie als ben 3n)e(f bes ©^tiftus bas ©ctid^t anfal^. S)aS SRid&ten
3efu roitb nid&t nut fo beftimmt, bafe fein pofitiüet ^xozd baS
©ttettcn bet SBelt unb bas ©etid^t nut ein t)on i^m nid^t beab^
ftd^tigtet, abet unüetmeiblid^et ©tfolg feinet SBitfenS fei. 3n ben
SBotten übet baS ©etid^t 3, 17 ff.; 8, 15 ff.; 9, 39; 12, 47
roitb am beutlid^ften 9, 39 bie ölenbung bet ©el^enben ebenfo
ftlö Sefu ^kl genannt, mie bie ©tleud^tung bet Slinben. 3)ct
35etjid^t auf bas ©etid^t unb bie 3luSübung besfelben tteten nid^t
in einen fid& gegenfeitig auft)ebenben obet bef^tänfenben ©egenfafe
JU cinanbet ; baS bejal^enbe unb baS t)etncinenbe Utteil übet 3cfu
!Ri(^ten l^at oiclmel^t eine ^PataUele in ben SEBotten übet feine
ißettlid^feit : wie et üetl^cnlid^t roitb, inbem et feine ißettlid^feit
nid^t fud^t, fo tid^tet et, inbem et aufs SRid^ten üetjid^tet. S)ft
SSetjid^t auf baS Sudeten bebeutet füt bie einen SRettung, füt bie
anbetn ©erid^t. 5DaS ungel^emmte ©efd^el^enlaffen beS ööfen ifi
einetfeits 3Setjei{)ung bcsfelben, anbetetfeits ©ttafe. S)et Sßetjid&t
auf bas ©etid^t ift nid^t esd^atologifd^ gemeint, fonbetn ctflätt baS
SSctl^alten ^efu in feinet itbifd^en ©jiftenj. S)ct ncgatioe 2luSbtud
— 87 —
^aroftcrifictt feine ^kffbudt bem ööfen gegenübeT: et oe^inbett
eö nid&t, fonbent lä^t es gefdbeben. 2^iefer Segriff umfponnt ba«
gtti^e aSet^Üen 3efu wob Mögt, h(j^ er bie SRenfiöi nidbt na*
intern 3:^un be^onbelt, boft er fiilft, giebt unb rettet ungeadbtet
bcS im 3Rmf<ibcn loirffamen SSöfeiL 3)ie Sünbe wirb il^m mit
}um ©tunbc beö 9tidbtend, fonbem beö §elf«i«, beö ^Stettcns*',
2)cnn 3efu £ie6eii bleibt niAt SSo^tiooOm, pafnoe @üte, fonbem
es Dodenbet ^ jur SSot|[t^.
9[u(ib f^ bQ4 ^^^onnedenongelium bebeuten bie ^Sunber
3efu Snoetfe feiner Siebe, benn fie finb ©htubendmotioe. ^ie
^ifferenj ^mifciben bem ^o^onne^oangelium unb ben S^noptüern
in bcr Seurteilnng ber äSunber ^^u entfpriijt beö^alb genou
ber SDiffereiq im @(auben^griff.^) @Iaube nennt ^ol^anneö
ben erfolg ber 9Sunber gefu erft bonn, roenn fie bie grfenntni«
jciner 3Refftanität ermetft ^oben. SJcdroegen ei^lt ;^ol^anned
\olä^ 39Snnber, bie b(ö mefftonifcbe 3^^^ 3^f^ barftcHen, feine
^enlid^teit fi(|tbar ma<j^. 2)ie Srotnermanblung f)at nad^ aDen
©öangelien eine befonbere Sebeutung imb SBirfung gehabt.
äud^ in ber f^noptifd&cn ©i^o^Iung bebeutet biefc "S^at me^r,
üfe üe unmittelbar wirft. 3)ur(j& Re ftellt ft<6 3cfud ald ben
SctjoTgcr be§ 3Soßeö bar, unb jroar ate ben, ber ed mit
fd^öpfctif^er SKad&t fpeift, mie @ott Sdrael in ber aBüfle fpeifte,
b. ^. er tritt ate ber @^rifhtd auf. SLudbrücfUd^ mad^en bie
©pnoptifcr barouf aufmcrffam, bofe bicfc 2^^ot nid^t in einer
3lot motiDiert war, ber nicbt onbcrd obge^olfcn werben fonnte,
bQ§ ferner bie ®abe gcfu weit über bad Scbürfnid ^inaudging:
ftc ^at alfo nid&t nur ben 3«^^^/ ^ölfc in einer augenblicflidien
3lot ju fein, fonbem flc l^at ben Sinn, bie ß^rijiudftcttimg 3cfu
ju jeigcn unb bie mefftantfc^e ißoffnung bcö SJolfed auf Scfum
JU jie^en. 3)abci l^at bie Xf)at aber bodb nid^t einen f^mbolifd&en
ß^arafter. 3l^r 2Bcrt befielt ni(^t nur in ber 2lnbeutung unb
3)arficllung cincö ©ebanfenö. aSiclmel^r ftcHt 3efud fein Icftte«
3icl nur burd& eine Xl^at bar, bie ben ©l^araftcr l^ülfreid^er
Sicbeöübung l^at. aiUcin burd& feine ®abe jeigt er, bafe fein
SBille unb feine 3Kaci&t weit l^inaudge^en über gclegentlid^e §ülfe=
lelftungen in momentaner 5lot, unb beöroegen fein SBcrf J^inaud^
1) über bicfen öergtcid^e ©(ä^latter, S)cr Glaubt im 9Jeuen 3::cftament,
<S. 112.
— 88 —
Tci(^t über bic bur(3^ bic 3tot geforbcrtc ißülfe. S)arum ruft l^icr
bie 33itte nid&t bic Xi)at \)txvox, fonbcrn baö 3Bcrf fott bicö
33e9ct)tcn auf il^n jicl^cn.
©inen ä^nlid^cn ©inn l^abcn alle üon 3ol^anne§ berid^tetcn
SEBunber. 9ln erftet ©teile bexiä^tet ^o^anneä ein SBunbet, baö
unter flöttj äl^nti(3^en öebinflungen Qe^^kf)t 2)aß aSetJ^ältni^
t)on anta§ unb 2^at ift l^ier nod^ auffallenbet. 2)ie 2^^at teilt
mit bet Speifung beö 3Solfe§ ben 6l^ara!ter ber SSetroanblung.
3lu(^ bieö fd^lie^t einen ^inroeiö auf bas ^immelxtxä^ in ftd^:
man ermattete im ßl^riftus ben aSermanbler ber SBelt: ba^
kommen beö ^immelrei^ö ift SBeltüerHärung. 3lu^ ber Um^:
fianb, bafe bie ^^at jur J^eier eines geftes gef^iel^t, l^at beutlid^
eine aSebeutung, bie mit bem SEBort 3Jtattl^. 9, 15 ff. jufammen^-
trifft: ber 6l^riftu§ bringt bie greube beä ^immelreid^S, für bie
ba§ ^od^jeitöfeft ein ftel^enb geworbenes 33ilb ift. ®r l^ilft ni^t
nur in ber 3loi, fonbern er giebt roeit mel^r, als burd& bie 3lot
geforbert mirb, feine ®abe trägt nid&t nur ben ßl^arafter ber
SBieberl^erftellung beö 2llten, fonbern ben Stempel ber 3)laä)t, bie
5Reueö fd&afft. S)enn aud^ bas Äommen beö ißimmelreici&ö, ob-
glcid^ burd^ ©ünbe, 3lot unb 2^ob vtxanla^t, ift nid&t nur
SBieberl^erftellung, fonbern eine neue ©d^öpfung.
2lm einfa(|ften jeigen bie ^^otenermecfungen bie ©inl^eit Don
Siebedtl^at unb meffianif^er Äunbgebung im 3Birfcn 3efu: inbem
3efuß bie 2^oten ermedt, tritt er als ber ßi^riftuS auf. Xnxä^
bie ^otenermedEung offenbart er fid^ als ben ©eber bes S^bens.
2)ie 2)otenermecfung ift aber feinesmegs nur ein ©pmbol ber
©penbung bes emigen Sebens. Sßielme^r gehört au^ nad^
So^annes jum ewigen Seben bie 3luferftel^ung. ©o gut er mit
bem Swbentum unb ber apoftolifd^en ©emeinbe im ißimmelreid^
eine neue Slatur erwartete, fo gut ift bie bie 3flatur umfaffenbe
3Bir!ung nidjit baS ©pmbol ber innerlid&en SBirfung 3efu, fonbern
beren SBotlenbung unb Slbfd^lufe. 2)ie ^^otenerroedungen jeigen
Sefum als ben ©eber bes üoUenbeten ewigen ßebens. ©ie jeigen,
bafe bie ©tunbe „fd^on jefet" ift, in ber bie 2^oten bie ©timme
bes ©ol^nes ©ottes l^ören werben.
3n ä^nli(^er SBeife werben bie übrigen SBunber 3efu als
2)arftettungen feines innerlid^en S^dt^ aufgefaßt, bie ißeilung beS
ölinben als 3^i<^^«# ^^fe S^f^ö baS £id^t, bie ©peifung als
3eid&en, bafe er bas a3rot bes SebenS ift. Slttein bie einjelne
— 89 —
%\)at tt»irb bamit ni(|t auf bic Stufe einer für fid^ tuertlofen
©orftellung eineö ©ebanfens l^erabgefefet : fic ^at t^ren aBert
aud^ für fid^ ate fonfrete ißülfeleiftung. 2lber biefe %\)at jeigt
ftetö äugleii^ \)a^ über emjetnc ioülfelciftunaen J^inauöliegenbe
3icl 3efu. Unb bic ^ülfe in äufeerer 3flot ifl beSroeflen mel^r
olö ©pmbol beö gciftigen ^xtU Sfefu, weil fein lefeteö 3^^^ ®^ift
unb 5Ratur umfafet. S)arum ift bie 3Raä^t über bie Jiatur
©eroäl^r ber geiftigen 3Ka(ftt ^^fu.
35er 33licf von ben einzelnen ^ülfeleiftungen S^fw biö l^in=
auf ju feinem ei9entli(i6en ^id oeranlafet ben ©oangeliften, nid^t
nur von ben einjelnen SBerfen 3^fw^ fonbern t)on feinem einen
einl^citU(^en SBerf ju reben, 4, 34; 17, 4, SRid&t als jerflele
bad eine SBerf 3efu in eine 3leil^e von einjelnen SBerfen/) afo
loäre alfo bad eine SBerf bie ©umme ber SBunber ^cfu. %üx
ben ®oangeliften befielet bie grud&t beS SBirfenö 3cfu nid^t in
ben ©injelnen, benen er l^alf. 3Sielme|ir liegt ba§ SSerl^ältnid
kr Dielen SBerle ju bem einen SGBerf fo, bafe [xä) in jebem
SBerf bas eine aBerf Sefu barftettt. 2)iefeö SBerf ift (Sottet
3Serf. 3efuö t)oaftredt ben aSitten ©otteö, er realiftert bai^
SBeltjiel ©otteö, ftettt biejenige SBeltgeftalt ^er, bie ber 2lbfid&t
@otte§ entfprid^t. 2)er 2luöbrud fa§t bei ^o^anneö bie inner=
licfee unb äufeere ©eite beö aBirfenö 3efu in ein aBort jufammen.
3)iefelbe 3^f^wi^^"f^öw ^^^ geiftartigen unb naturl^aften
SBirfungen bietet ber öegriff ber ^errlid&feit 3efu. aBie bie-
felbe balb als gegenwärtig, balb als jufünftig bef(^rieben wirb,
fo wirb pe aud& teils in naturl^aften, teils in geiftigen, innere
lid^n aBirfungen erfannt. 2lu(3& bies ift für ben ©üangeliftcn
fein aBiberfprud^. aBer in ben mobemen Sllternatiüen 3latur
unb ©eift et^ifd^ unb metapl^pfifd^ u. f. m. benft, für ben be^^
l^alten äße ©ebanfengänge bes ©oangeliften etroaS Ungreifbares,
Sd&illernbeS. 3lber barin jeigt fi^ nur, bafe für ben ©üangeliften
biefe Sllternatiuen nid^t befleißen. 2)ie ©inl^eit ber geiftartigen
unb naturl^aften ^[ufeerungen ber ißerrlid^feit liegt ni(^t etwa
barin, ba§ für ben ®t)angeliften bie 5Ratur auf bie ©tufe eines
©pmbols, einer für ft(^ bebeutungslofen 3)arftettung bes ©eiftigen
l^erabgefunfen wäre; fte liegt in feinem ©otteSgebanfen. 2)ic
bas 3«^^"^^^^^ geftaltenbe unb bie nad& aufeen tretenbe, bie
') ©0 ^ol^mann, 447.
— 90 —
SRatut umfpanncnbc 9Mad^t fiettt ber ©oangelift im Scötiff bct
iQcrrlid&fett als eine einl^eitltcä^c bar, rocil für ®ott SEBitte unb
'S:f)at, 2Bort unb SEBcrf nid^t auöeinanbcr treten. S)er ®eift, ber
©otteö innerli(i^eä 3Befen bilbct, ifi jugleii^ bad Organ ber
fd^öpferifci&en naturl^aften SBlrfungen ©otteö. 3m Scbenötoerl
3efu, tt)et($eö in „biefc SBelt" i^ineinfättt, treten bcibe ©eiten
freilici^ außeinanber. aWit bem eroißen Seben tft bie Sluferftel^ung
allerbinöö g^wä^rleiftet, aber nid^t unmittelbar gegeben. Umgefcl^rt
ift burd^ bie Teilung beö natürlid^en ©ebred^enö ber 33tinbe xxoä)
nid^t jum ,^8ici&t ber SBelt" gekommen. aiHein gleid^rool^l bcft^t
Sefuö in feiner ^enlid^feit mit ©otteö ©nabe unb SBal^rl^eit
aud^ feine 3Kad^t über bie Statur.
2)od^ nennt ^ol^anneö in bem 3Borte, in bem er bie
§errli(^feit 3efu burd^ einen umfaffenben auöbrud befd^reiten
n)ill, abft(4tlid§ nicfit feine 3Ka(^t über bie 5iatur, fonbem feine
©nabe unb SBafjrl^eit, 1, 14. ^n einen gcroiffen ©egenfafe jut
natur^aften 3luffaffung ber ißerrlid&feit S^fw tritt baß SBort
13, 31 f. Snbem 3efuö burd^ eigene 2^^at ben SBerräter ent^
fernt, fütirt er felbft bie ©ntfd^eibung feines S^obeögefd^ideö l^erbei.
Sn äl^nlid^er SBeife roie 12, 31 mirb bie l^ierin liegenbe ©in::
roittigung ^efu in fein Sterben als ber feinen 2^ob begrünbenbe
SBiUenöaft, fofern fein Xoi feine eigene 3;i^at ifi, als ber eigent*
lid^e 3Jioment, in bem fein Sterben liegt, angefetien. S)ie Äraft,
burd^ eigenen SBillen unb eigene 2;^at in ben Xob ju gelten,
bilbet ^efu ißerrlid^feit. 35as SBBort erläutert ben ©ebanfen, ba§
feine ©nabe feine ^errlid^feit ifi. @s jeigt, mie raeit ber ©ebanfc
fül^rt, bafe S^fu ^nxlidi)hxt in innerlid^em geiftigem SBefife befielet.
3n bem @ntf(ftlu§ jum Sterben liegt bie größte 3Wad^t unb
©nabe feines SBidenS jufammengefdöloffen : er ift eine Dffen^
barung feiner ißerrlid^feit. S^bem ber 9Moment aber als SBer^
^errlid^ung befd^rieben mirb, mirb bie ©inmilligung ^t^u in fein
Sterben auf bie i^m von ©Ott gegebene Äraft unb ©rmäd^tigung
jurüdEgefü^rt. 3^bem it)m ©ott bie gäl^igfeit unb aBittigfeit
jum Sterben gab, oerljerrlid^te er il^n. ©ben weil biefer SBiUe
jum Sterben von ©ott ftammt, ift er nidöt nur eine S8er?
^errlid^ung Sefu burd^ ©Ott, fonbem aud^ eine SSerl^errlic^ung
©ottes burd^ S^fwö- Snbem SefuS auf baS il^m oon ©ott er^
mögli(^te SBoIlen eingeigt, aus bem i^m von ©Ott gegebenen
©eift bie Äraft jum Sterben nimmt, mad^t er an fid^ bie ißerr^
— 91 —
lidbfcit ©ottcö ftd^tbar. ^n ä^nlid^cr SBcife wirb 12, 23 ©tcrbcrt
unb 58erl^errli(ä&unfl 3^fw tncinanbcr gelegt. 5Da Sfßf^^ i« feinem
Seben „atteirt bleiben" mu§ unb erft buri^ fein Sterben oiele
grud^t bringen wirb, fo fielet er in ber 9lnfunft ber ©ried^en
boö 3ßi<^^ti/ i>öfe ^^^ ©tunbe feines ©terbenä gefommen ift.
©ein (Sterben aber ift feine Sßerl^errliiä^ung.
35oö 6l^arafteriftif(|e beS ©ebanfenö liegt barin, ba§ ^err=
lid^feit unb 3liebrigfeit ^^f^ ^W öIö ®egenfä|e erf(^einen, bie
einanber befd^ränfen, aud& jtnb beibe Segriffe nici^t nur faufal
miteinanber oerbunben, fonbem fie liegen ineinanber. 3efu SBitte
jum Sterben ift feine 3Ser^errli(|ung. 2)ie in bemfelben liegenbe
gäf)igfeit üöttiger ©etbftüerleugnung ift bie ®abt beö il^m ge^
gebenen ©eifteö ©otteö: fie ift bie f)ö#e Offenbarung fomol^l
ber aJla($t alö ber @nabe feines SBillenS.
3lm beutlid^ften ift bies in benjenigen SBorten, weld^e bie
?8erl^errlidbung ^S^fu burd^ ben S^erminuS ixpovadai roiebergeben.
Der ausbrud ixpovad-uL finbet fid^ 3, 14; 8, 28; 12, 32. 34.
3)ie ©igentümlid^feit besfelben befielet barin, bafe baS SBort foraol^l
bie Sreujigung als bie ©r^ebung 3efu in ben Fimmel bejeid^net,
nl 8, 28 unb 12, 33. ^efu %oh ift jugteid^ feine ©r^öfjung,
feine 3Serfefeung an ben Ort cSotteS. 2)er @t)angelift wäl^tt
einen beibe ©reigniffe umfaffenben 2luSbrudE, weil fte für ifjn in
faufalem 3ufanimenl^ang ftel^en.
®er ©el^orfam 3efu gegen ®ott begrünbet mit ^efu ^tn^^
Ud^feit aud^ feine 5»iebrigfeit. mnn Sfefu SBirfen unb ©ottes
SBirfen ibentifijiert werben, fo einigt ftdö bas für ben ©oangeliften
nid&t in ber SBeife, bafe baS in ^efus felbft entfpringenbe SBirfen
„religiös betrad^tet" als ©ottes SBirfen angefel^en würbe. Sßielme^r
befielet neben bem ©d&lu§: SfefuS, alfo ©Ott — bie älternatioe :
©Ott ober S^fuS. 2)ies wirb burd^ bie regelmäßig wieberfel^renbe
gormel auSgebrüdEt: „nid^t oon mir felbft ^er, fonbem x>on
©Ott." 3"fofem baS SBirfen ^efu aus ©Ott entfpringt, ent-
fpringt eS nid^t aus i^m felbft. aWan m\x^ biefe gormel nid&t
baf)in abf(^mäc^en, als lautete fie: nid^t nur aus mir felbft,
fonbem aus ©ott — als follte mit berfelben nur gefagt fein,
baß baS aSirfen 3efu einen tieferen Urfprung ^aU, als feinen
eigenen SBiHen. SBielmel^r jeigt biefe SBenbung, baß ber 2BiIle
Sefu nid^t nur als ber 2)urd^gangSpunft bes SBirfenS ©ottes
gebadet ift. 2)er ©ebanfe ift ber: wenn S^fwö ftc^ jwm Organ
— 92 —
©otteä ma(j&t, fo gefd^iel^t bieg burc^ eine SBetnetnung feines
eigenen SBittenS, burd^ eine SBerleugnung feiner felbft. 2)ie &n^
l^eit feineö SBittenö mit ®ott ifi nid^t naturl^aft gemeint, b. f).
nid^t fo, als t^tt Sefuö ©otteö SBillen, inbem er feinen eigenen
SBillen t^ut, roeil biefer mit ©otteö SBillen einig ift, fonbern baö
2^un beö SBittenö ©otteö fefet boö ftänbige 5jireiögeben feineö
eigenen SBittenö oorouö. SBenn er ©otteö SBitten tl^ut, fo l^eifet
baö, bofe er feinen eigenen SBitten nid^t tl^ut. 3)er ©el^orfam
gegen Oott ifi ein beftänbiger 3Serjid&t auf eigenes SBotten unb
^anbeln. 2)ie 3leceptii)ität @ott gegenüber ift bebingt burd^
beftänbige Sluötilgung feines SBittend, burd& ©elbftüer leugnung.
3tud^ 3efu ©el^orfam befleißt nid&t in ber Slrt, bo§ er bem oon
9iatur in il^m auftaud^enben triebe einfad^ folgte, geroife, bem
SBillen ©ottes ju entfpred^en, oielme^r befielet er in ber %t)m,
ba§ er feinem eigenen SBillen nid^t folgt, fonbern benfelbcu
oerneint. 2)en SBillen beffen, ber il^n fanbte, fud^t Sefuö baburi,
bafe er feinen eigenen SBillen nid^t fud^t, 5, 30. Snbem feine
Seigre ©ottes Seigre ifi, ift fie nid^t ^efu eigene Se^re, 7, 16.
Sllfo aud& ber @mpfang feines SBorteS üon ©Ott ift baburd^
bebingt, bafe er auf eigenes probuftioeS S)enfen t)erjid^tet.
ißierin jeigt fid^, in roeld^em aWafe ber ©oangelifl bamit
@rnft mad^t, bafe 3efuS „gleifd^" ift. 2)en SBitten ©ottes, beö
©eiftes, fann er nur fo tl^un, ba^ er ben SBiQen bes gleifd&eS,
feinen eigenen SBillen, ni(^t tl^ut. 3lii)t als fefete Sol^annes in
Sefu etroa einen reellen, fünbigen SBillen oorauS, ben SefuS erfi
überminben müfete. 3lber einen SBillen beS gleifd^es, einen
eigenen SBillen, fefet er in iljm ooraus, beffen ^kl bie ©elbft=
er^attung, beffen Snl^alt bas „Sieben ber ©eele" ift. S)ie SBer-
neinung biefes auf ©elbfterl^altung, auf bie eigene ©eele ge«
rid&teten SBillenS burd^ ben il^m oon ©ott gegebenen ©eifi ift bie
gorm bes ©e^orfamS 3efu, bie S^i^anneS burd& bie regelmäßig
mieberfel^renbe gormel „nid&t id&, fonbern ©ott" miebergiebt.
©ünbig ift nid^t bie ©Eiftenj biefeS natürlid^en SBoIlenS, fo menig
baS Sleifd^ etroas ©ünbiges ift. Sßielmel^r ift S^fwö baburc^
ol^ne ©ünbe, bafe er biefes SBoHen beftänbig t)emeint. 3)iefer
beftänbige 3Ser}i(^t auf baS XJ^nn feines SBillenS ift bie 6r-
niebrigung S^fu.
3n bem SBerjid^t auf eigenes, ©ott gegenüber felbftänbigeS
SBirfen liegt ber Sßerjid^t auf eigene ißerrlid^feit, 5,41; 7, 17 f.;
— se —
8, 50. SScil 3«^ &Irn5>frIfÄOTny ^:e Ä^xr^wwi bei ^rtmi
@otte4 burdb ibn i^. »o ^z!h ^ie baraod «5rTinoira>c „^«tIü=
feit^ ni4t om ^inu^, »ri^«ii «m Srn. oiid be« $<iä ^rtm
cntfprmgt Ztz Stejiii out icine ^KirliÄe::, b« ^»i ü^:,
roirb niiil in bot IRxrinflU iriner Gehin wrie Jit, n:it aU J5rr=
immblttng angdeben, aU %miTrrc;^ ber trine ati^dbe ^cbnimn^
f)ätte, fonbem er burd^ieiit unb nnniHinm ieui ^m<!d :^eboi dU
bcT bauemb bmdbgmibTtf, in Kber 2bdt frt.T;fbü;tflK unb iPtd>et=
ffoltt SeT)i& auf ^Bmolgung ffinet &it, Jlraitm nai Sbi^
eriennung, an^ubung ffintr %(u&t, aU bo^ ni^ miebeTbolit
SSerjici^ten ouf feinen eigenen SiDen, 3^ö§ ^efn^ ben ibm wn
@olt gege6enen Sein unb bamit bie goulidbe ^errlidbfdt nijit }u
einem 9uftmen in @otte$ ^Radst ge6rau(&t, fonbem jut fHlbnmg
unb @eikdtung eined biotenben, belfenben, bm ^ibernanb
bulbenben Sebend — bieö ift feine Gmiebrigung.
3)eT 9Aaxdt vsixb 7, 18 am flarften au$gefpn>^,
Su§ bei GiEenntnid, bog mit 3^ud @ott unb mit @ott ^fud
net^etrli^t roirb, folgt nidbt etroa, bafe 3efud, inbem et feine
^CTtUd^feit fu(i^t, inbitcft omj^ @ott Derberrlüt, fonbem eä
jol^t, bog er auf boS S^iad^ten xui^ feinet eigmm ^rtli^Ieit
Dcxji^t, inbem er ni(i^t oon fidj felbfl ^er rebct: nur fo
fann er bic ^crrlid^fcit @otted fuAen. 3«fw "^^^ 9<^it ^«^
einen Sei^i^t l^inbur<i^, bcr mit Sott geeinte S8ittc entfielt
nur burd^ Verneinung bed natärtid^n äSSoQenö unb Sege^rend.
®urd& bicfc Verleugnung feine« eigenen SBoÜcnö, S)en!end
unb feiner ©l^re, umfaffenb audgebrücft: feiner ^Seelc'', feiner
^crfon, uer^inbert eö Sefud, bafe au8 ber Wac^t feine« Sorte«
unb feiner 3;i^at eine @d^ä|ung feiner ^erfon erroad^fl, roeldbe
ntci^t jum ©tauben an (Sott würbe. SBeil biefe Selbft^
t)er leugnung Sebingung feine« oon (Sott i^m gegebeneu Sejtfte«
ift, fo bient 3efu ,,^errHd&feit'' jur Offenbarung ®otte«, roä^renb
im anberen galle M 3efu« al« ein 3"^^^^^^ ^^^^^ ^^^ einigen
©Ott, 5, 44, fieHen würbe, unb babur(3& nid^t für ©Ott, fonbem
für fidö ®^re geroinnen roürbe. Snbem er ft(3& aber bmi^ Ver-
neinung feine« ©elbft oöHig jum Organ ©otte« mad^t, roirb burcb
bie if)m gegebene @l^re ©Ott nid&t etroa verleugnet, fonbem geeiert.*)
1) Xie (M)ojtolif(^e SJere^rung Scfu ift alfo ba« öJcgenteil atteS „^^erocn-
tultug". ^ie ?Rebe 7, 17 ff. ift motiviert burc§ eine 33cwunbmm9 ferner
?5crfon, bie ba§ mxtm öJotteö in i^m öerlennt. ^iefc foH öerl^i^bert
»erben.
— 94 —
3)iefe ©clbftücrlcugmmg ift bic notrocnbige SScbingung be§
©el^otfamö gegen @oti, weil fic bie Sebingung bet Siebe ifi.
SDieö loirb an bet guferoafd^ung gejeigt. 2)ie ®tjäl^lung jeigt
anfdöaulic^ 3efu aSerjid&t auf eigene ®^re. S)ie ißaublung fielet
nid^t im ©egenfafe ju 3efu (Stellung: gerabe als ber xvgiog xai
MaaxaXog oettid^tet 3efuö bie SKrbeit beö ©Hauen. 3^f^ Siebe
ift 2)ienft. 2)eön)egen fiellt fie il^n nid^t über, fonbem unter bic
©einigen. 5Rur in bicfer gorm ift er il^r igerr. 3m Siebeö^
bienft offenbart fid& jugleid^ feine ^errlid^feit unb feine 5Riebrigfeit.
3)a§ natürlid^e SBolIen gefit auf ©elbfterl^altimg, ber Siebeöbienft
aber, ben 3efuö übt, ift ©elbftüerleugnung.
35ie t)on 3efuö geforberte unb barum geübte 3Serneinung
be§ eigenen 3BilIenö wirb auf eine umfaffenbe Siegel gebrad^t in
bem SBorte 12, 25: 2)em Sieben ber Seele, bem auf bie §r-
l^altung unb ^Pflege beö eigenen SBiHenö gerid&tetcn SBiHen, tritt afe
3efu ©ebot baö „Raffen" ber eigenen ©eele, bie ©elbftDerleugnunß,
gegenüber. 2)iefe ©elbftüerleugnung fd&liefet bie Sereitmittigfcit jum
©terben in fid^: auö bem aSerjic^t auf baö eigene SSegel^ren folgt
ber ajerjid^t auf ba§ eigene Seben, 10, 24 ff. Unb ba für
3ol^anne§ bie ©elbftoerneinung bie Äel^rfeite ber Siebe ift, fo
oerftel^t eö fid^, bafe für il^n Siebe bic 2Billigfeit jum ©terben in
fid^ fd&liefet, ebenfo xok ber ißofe i^^^ aBitten jum S^öten,
1. 3o^. 3, 15 ff.
2lud^ bie ©rjäl^lung oon ber gufetoafc^ung fielet an ber
©pifte ber Seibenögcfd&id^te alö ®rlöuterung berfelben. 2)aö
Sterben g^fu ift bie aSottenbung unb 3)urd6fül^rung feines
S)iencnö. S)ie ^anblung ftettt nid^t nur baö 2)ienen afe Snl^alt
beö aBir!en§ ^t^n bar, fie erläutert aud^ jugleid^ baö ^kl fcineö
Sieben^. @ö ift nid^t rid^tig, bieö als einen weiteren „oer=
borgenen Sinn" ber gujjtoafd^ung ju bejcid^ncn. ®r ift nid&t
weiter unb nid^t oerborgener, alä bie fd^on angegebene 35eutung,
beibe ©ebanfen gel^ören unmittelbar jufammen. 3)a 3^fu 3^^^
bie Steinigung ber jünger ift, fo tritt ber ^err afe ber ©flaoc
auf. S)ie ^anblung jeigt mit bem S^ek ber ®rniebrigung ^cfu
i£)ren ©runb : bienen mujs SefuS, meil bie ©einigen ber Steinigung
bebürfen. ätud^ bic Heiligung 3efu gefd^ie^t für bie jünger,
bamit aud^ fic gefieiligt feien in ber aSafir^eit, 17, 19. Söeil
Seben unb ©terben ^ßfu alö ^[ujserungen feiner ©elbftoerlcugnung
jufammeugefafet rocrbcn, fo gelten beibe „für" bic ©einigen.
— 95 —
2)ct ^irtc Icßt feine ©eele für bic ^etbe ab, 10, 11 ff. 2)ied
ift bie aSolIenbung feiner ßiebe: er giebt nidfetö ©adfeUd^eö, nic^l
nur natur^afte ©aben, wie in feinen SBunbern, fonbern itdfe felbfi
3)aö Sterben 3efu ift ein freiroilligeä. 5Riemanb fann feine
©eele von i^m nel^men, er felbft legt fie ab, 10, 18. 2lud6 bied
öefd^icl^t burdfe einen aSerjid^t auf bie Sludübung feiner 3Kad&t.
3)aä jciflt ber ©oangelift bei ber ©efangenna^me Sefu: tro|
feiner SDiad^t über bie ißäf^^Jf ergiebt er fxd^ i^nen freiroiflig,
18, 5 ff. 9lur burc^ bie SSemerfung, bafe aud^ gubaö gegen^
roärtig war, erinnert ber ©oangelift baran, bafe biefer i^n über^
gab. 3n ber erjäl&lung l^ebt er l^erDor, bafe Sefuö felbft fid^
burd^ einen freiioißigen aSerjid^t auf ben ©ebraud^ feiner SWad^t
Eingab. S)iefer SBerjid^t aber ift 3«fw SBitte, weil er ©otteä
SBille tfi: um bedroillen liebt il^n ber SBater. 3)arum wirb bad
2eiben 3iefu ganj ebenfo aus ©otteä wie aud 3efu SBißen ab^
jeleitct: nur roeil bem 5ßilatu§ bie 3fta6)t t)on oben ^er gegeben
% fo ^at er 3Kad&t über 3efud, 19, 11. Sie SWad^t, feine
Seele abjulegen ober ju nel&men, ifi, wie ^t\u ganjeä aBirfen, in
jeincr ®in^eit mit Sott begrünbet. ©ein ©terben ift nidfet oon
äußeren aSerl^ältnijfen, oom SBillen ober ber 3Rad&t ber SBelt
abhängig, fonbern ed tritt ein, wenn bie „©tunbe" gefommen ift.
3)ieä aber l^ängt allein oom aBillen ©otte« ab unb biefen feinen
SBüIen t)ollftrecft ©ott nidfet burdfe 3Renfd^en an 3^1«^/ ^W f^/
baj§ er einem 3Wenf(^en bie iiovala gäbe, 3efu Seben ju nehmen,
fonbern fo, ba§ er biefe slovoia Sefuö giebt. S)ie SDiad^t S^fu
über feine ©eele ift alfo nid^t fo gebadet, als wenn er im
Sterben aufeerl^alb beö SRaturprojeffeö ftdnbe, nid^t „gleifd^"
»ärc, ate wäre alfo fein ©terben fein roal^r^aftiged. 2)ie
SBitflid^feit beö ©terbenä betont So^anned ebenfo wie bie SBirfc
lid^feit beä gleifd^eö 3efu. ©leid^rool^l fällt er aud^ in feinem
Sterben nid^t au§ bem fein ganjeö Seben regierenben aSerl^ältnid
ju ©Ott. aBie fein ganjed Seben burd^ ©Ott geleitet toirb, unb
ixoox nid^t oon außen ^er, fonbern oon innen l^erauö, burdö ein
gnneroirfen ©otteö in Sefuö, fo entfpringt aud^ fein ©terben
bem SBiUen ©otteö, ber burd^ 3efu eigenen 2BiIlen wirft. 3«
bem 33efenntniö, bafe Sjefuä einjig burd^ ©otteä SBiflen fterben
mufe, liegt für ben ®oangeliften, bafe er nur burd^ feinen eigenen
SEBiUen ftirbt: benn burd^ niemanben alä burd^ 3efu§ oottftrecft
©Ott feinen äBitten.
- 96 —
2)a bet Xoh 3efu aU !I)ur(^fül^run9 feiner ©ettpoerleugnunfl
angefel^en wirb, fo roitb er ebenfo wie fein gefamter Sebenölouf
nid^t nur als 2)ienji an ben SWenfd^en, fonbern aud& als ©e-
^orfom gegen ©Ott, als 2)ienft an ®ott angefcl^en. 9Bie burd^
baö fortlaufenbe aufgeben feine« SBillenö in feinem Seben, fo
ntad^t er fid^ aud^ burd^ baä oottenbete preisgeben beö eigenen
üßoHenö, roeld^eö im ablegen ber ©eelc befielet, jum Drgan
©otteö. 35er 2lu«brucf 17, 19: ,,3d^ ^eilige mid& felbft/' ^at
an biefer ©teile eine beutlid^e Sejicl^ung auf 3efu ^ob. SBeife
bemerh, bafe ber SluöbrudE „auf bic tl^atfäd^lid^e SBei^e (ge^e),
raelcbe ßfiriiiuö, inbem er fid& burd^ feinen Xoi ®ott jum Dpfer
barbringt, an fid^ felbft oolliiefit". SBenn nun alö 3^^^ ^^^K^
Dpferö bejeidfenet wirb, bafe aud& bie jünger gel^eiligt werben
foHen, fo ift beutlid^, bafe an biefer Stelle unter Heiligung bie
Slneignung jum Drgan ©otteß gemeint ift. 3Bei^ fagt: „@etabe
auf bem 3)oppeIfinn beö ayiat^nv berul^t bie ^ointe beö 2lu§5
fprudbö." Slber biefer ©ebraud^ beö SludbrudEö jeigt gerabe, bafe
Seben unb Xoh S^fu unter einem ©efid^tdpunft jufammengefajjt
werben. 2)urd^ feinen gefamten ©el^orfam mad^t jid^, mie gejeigt
rourbe, S^fwö jum ®igentum unb Drgan ©otteö. S^^fofem mm
biefeä Eingeben beö eigenen SBittenö, biefeö ©id^öffnen für bic
©inmirfung ©otteö fid^ in 3efu S^obe t)oIlenbet, ifi biefer bic
t)oIIenbete ©elbftl^eiligung 3efu: er mad^t fld^ baburd^ jum Drgan
ber ©nabe ©otteö: burd^ il^n, burd^ feine 5ßerfon, burd^ fein
£eben unb Sterben „wirb" bie ©nabe ©otted, 1, 17. 3)urd&
i^n tritt fie afe roirffam geworbene 3Jlad^t in ben SBeltlauf ein.
2)urd& ben 2luöbrudE bejeid^net 3efuö fid^ aU Dpfer an ©Ott.*)
Slber biefer SSegriff wirb eben nid^t nur auf feinen Xob, fonbern
auf fein ganjeö &tbm angeroanbt. 2)em ©ebanfen liegt genau
berfelbe Dpferbegriff ju ©runbe, ber fld& aud^ im igebräerbrief
finbet: baö 2lufgeben beö eigenen SBiHenö unb baö Seja^en beö
SBiHenö ©otteö wirb alö ein ©Ott bargebrad^teö Dpfer bejeid^net.
3)iefeö Dpfern feineö aSiUenö, feineö ganjen Sebenö, feiner
^erfon an ©Ott DoHenbet fid^ in feinem 2^obe. 2)arum ift ^e^u^
nid^t nur alö ©terbenber, fonbern fd^on beim beginn feineö 2luf-
tretenö ©otteö Samm, nicfet nur fein ^ob, fonbern er felbft, feine
^erfon, ift bie SBerföl^nung.
') §8gL aSeig §. b. ©t. §olfemann II, 476 f. 479.
— 97 —
3cfu S)ienfi an bcn 3Kcnfd^cn unb fein S)icnfl an (Sott
[leiten in jroeifad^cm SBct^ältniö ju einanbct : feine . Siebe jur
SBclt wirb butd^ feine Siebe ju (Sott nid^t nur begtünbct, fonbetn
aud) bcgrenjt. SDieö fptid^t 3efud 6, 36—39 aus. SDafe er
niemanben, ber ju ü^m fommt, ^inaudftöfet, fiat feinen ©runb
barin, bafe er nid^t oom ^immel l^emieberftieg , um feinen
eigenen, fonbem um ©otteö SBillen ju tl^un. ®ie Siebe 3efu
berft fid^ i^rem Umfange nad^ oollfommen mit ©otteä Siebe. (Sr
ftöfet beöroegen feinen, ber ju il^m fommt, ^inauö, weil, wer ju
il^m fommt, ifim oon (Sott gegeben ifi. ©eine Siebe ^at aber
aud& an ©otteö Siebe il^re ©renje: benen, bie nid^t ju il^m
fommen, ge^t er nid&t nad^, ba fie beö^alb nidfet ju il^m fommen,
Toeil ©Ott Re il^m nid^t gab. 2Baö ©Ott i^m nid^t giebt, baö
nimmt er ftdfe aud^ nid^t.
©eine Siebe jur 3Belt tritt nid^t in @egenfa| ju feiner
Siebe ju @ott unb fd^liefet barum feine Slnerfennung ber ©ünbe .
ber 2Renf($en in Rd&: benn Übertretung beö ©ebote« ©otteö iji
^erroeigerung ber Siebe ju ©Ott, 1. ^oi). 5, 3. 2)arum ftellt
bet ©oangelift ebenfo tief mie bie Siebe 3efu ben ^oxn 3^fw
bat. SSJie ber 3om ©otted jtd^ äujjert in ber aSerroeigerung beö
®laubenö unb ber 5BerftodEung, 12, 38 ff., fo äußert fid6 ber
3oTn 3^u in ber 6nt}ief|ung ber ©laubenömotioe, in ber aSer-
i^üHung feines SBorteö. ^^fu« ift nid&t nur gefommen, bamit bie
3?rcljtfe^enben feigen, fonbem aud6 bamit bie ©el^enben blinb
loerben, 9, 39. ^ierauö erflärt fid^ ber eigentümlid^e ©l^arafter
ber SReben ^^fu bei ^^ficinneä.
S)er aSerftänbniölofigfeit begegnet ^^fud aud& bei SRifobemuö
unb ber ©amariterin. Slllein bem ©d^riftgele^rten wirb rüdEroärtö
fd^reitenb biö ju ber einfad&en gorberung, bie SBal^rl^cit ju
t^un, bie anfangt unoerftänbUd^e gorberung jugänglid^ gemad^t,
ber ©amariterin offenbart fid^ S^fwö aU ber ©l^rijiuö. S)en
©egnern bagegen fommt er nid&t entgegen, er befeitigt bie
Slnftöfee feineö 2Borteö nid^t, er oermittelt nid&t. 2)er aSer=
ftänbniölofigfeit gegenüber fteigt er nid^t l^erab auf ben ©tanb=
punft ber ©egner, fonbem ^ebt fid^ empor ju Sßorten, bie i^nen
immer unoerftänblid^er werben. 2)ie Slnftöfee milbert er nid)t,
fonbem oerfd^ärft fie. älm fd&örfften fommt ber 3ötn "^e^n jum
Sluöbrud in ber Siebe 8, 31 ff. 3)ieö ift um fo auffattenber, alö
bie SRebe an bie gläubig geworbenen ^xiim gerid&tet ift, roaä fld&
8ütflert, 5Die H. C^rifloloflie. 7
— 98 —
batauß ergiebt, bafe cß ftd& im Untetfd^iebe t)on bcr fd^on oott-
jogcnen 2lufna^me beä SBorteß 3cfu um bad Slcibcn in bcm-
fclbcn, 58. 31, unb umjbcn gottgang bcöfclben in il^ncn, 33. 37
— XiOQu — l^anbclt. ©erabc im ÜBibcrftteben bcrcr, bie bereite
gläubig geiDorbcn finb, ift 3cfu ^oxn bcgtünbct 2)ie 3iebc er-
läutert bie tieffte ©d&rüierigfeit, mit bet 3efud ben 3uben gegen=
über ju ringen l^atte. SBä^renb il^m im 5. Äapitcl baö ©efeft,
im 6. bad trabitionette ß^riftuöbilb entgegengel^alten wirb, ftöfet
er bei benen, bie feine SDtcffianität anerfannt l^aben, auf eine
3lbneigung gegen baö S^Ö^ftänbnid, baß fic feiner ©aben, be=
fonberö ber Befreiung, bebürftig feien, ißier tritt i^m baß ©elbft-
bewufetfein unb ber 2lnfprucb ber Äinber 2lbral^amß entgegen,
5B. 33, 52, bie feiner ißülfe nicfet bebürftig finb. 2)arum wirb
i^m l^ier oorgeworfen, bafe er fidö jum geinbe bed aSolfeß xaaä^e,
58. 48. S)ie Siebe jeigt nun, bafe fid^ Sefu ßo^n nic^t etma nur
gegen biejenigen roenbet, bie jid^ il^m t)on oornfierein üerfd&liefecu,
fonbem ba6 ber ©laube in feinen Slugen baö felbftgenügfame
SBerfd&liefeeti gegen feine ®oi>z ju um fo größerer ©d&ulb ftempelt.
Sefu 3ötn wenbet fi(^ nid^t etwa nur nad^ aufeen l^in gegen feine
©egner, fonbern nod& fdfeärfer gegen bie, bie fld^ im Greife ber
©laubigen auf irgenb einem fünfte feiner ©inrairfung üerfd&liefeen.
S)iefeß 2Birfen S^fu ift fein 3lid&ten. (So ift barum nid&t
üutreffenb, bafe ^ol^anneß baö ©erid^t alö einen „immanenten
^ßrojefe" auffajfe. S)er 3Renfd& bleibt in biefem ®rlebniß nid^t
fidb felbft unb feiner natürlidöen ©ntmidlung überlaffen, fonbem
baß ©erid^t ift 3efu 2^^at unb t)olljie^t fid& bur(^ ben ©ingriff
beß 2Borteß Sefu. S)er ©ebanfe ift feineßwegß ber, bafe baß
einl^eitlid^e unb gleid&mäfeige aSer^alten 3efu allen 3)lenfd^en
gegenüber nur je nad^ il^rer fittlid^en 2lrt jwei entgegengefeftte
©rfolge ^ätte, bie jid^ bann nur auß bem feiner eigenen ®nt=
midElung überlaffenen 3Jlenfd^en erflärten. S3eibe 2Birfungen
werben ni(^t alß unbeabfi(|tigte naturgemäße ®rfolge, fonbern alß
3efu SSille unb Slbfid^t befd&rieben. S)em entfpri(^t eß, ba§
Sefuß bei ^o^anneß ben 3Renfd^en nid^t in gleid^er SBeife gegen-
übertritt: er rebet ju ben ©egnern anberß alß ju benen, bie
„auß ber SSafir^eit finb". S)er Unglaube ber ©egncr ift nid^t
nur i^r eigeneß, fonbern ©otteß unb Sfefu 2Ber!. 2lud& finb bie
beiben ©ebanfen, bajs bie 3Renfd&en felbft baß ©eri(|t an M
DoUjiel^en unb baß gefuß ber SRid^ter ift, nid^t jmei oerfd^iebene
- 99 ~
SetTQ($tungdn)eifen be§ gleid^en (Sefd^e^end: e§ roirb an eine
tccllc SBed^felwirfung jwif^en bem 3Rcnf(|en unb S^M
gebacä^t. SBie bic einen ©nabe um ®nabe empfangen, b. \). für
bie ©nabe, bie ftc empfangen l^aben, mit immer neuer ©nabe
belol^nt merben, fo bafe [x6) S^fu ©abe beftänbig fteigert, fo iji
aud^ baö SQBer! gefu an ben Ungläubigen nid^t nur ein Äritifteren,
ein gacitjic^en, fonbern ein ißanbeln, ein ©teigem il^red Un^
glaubend unb il^red iQaffed. ^znn bad 9lu3bleiben bed ©laubend
alö aSottjirecfung bed ©eric^teö bejeid^net wirb, 3, 18, fo liegt
fd&on in biefer Deutung beö Unglaubens bie ®rfenntnis, bafe ber
Unglaube Qefu SBerl unb ©träfe ift. SBaö ü^ncn an S^fud
Toibermärtig ift, wirb barum niiä^t jurüdtgejieHt, fonbern J^ertjor^
gcl^oben.
5. HaptfBL
|)ie ^oßeti ^efn an bie '^ett
3)ic SSebcutung, bie 3efu« in feinet ©in^eit mit ©Ott für
bie 3Belt fiat, wirb von So^anneö in eine 3ieif|e eigenartiger
Segriffe gefaxt. 3^ bin baä 33rot beö Sebenä, 6, 35. 3d& bin
ba§ Sic&t ber SBelt, 8, 12. 3c& bin bie S:^ür, 10, 7. 3d& bin
bie ätuferftei^ung unb baö Seben, 11, 25. 3(36 bin ber SQBeg mb
bie 2Bat)rl^eit unb baö Seben, 14, 6. 34 bin ber roatirJ^oftige
äBeinftod, 15, 1. aSgl. im erften 33rief 2, 2: xai uvxoq iXaam;
aar IV negi rdov ufjtuQxioov ^f.i(ov, SBeife bemetft ju ber legten
Stelle: ,,®ö liegt aber aud^ im SKuöbrud feine befonbere Slb^
ftd&tlid^feit, fonbem berfelbe erflärt fid^ einfad^ burd& bie betannte
aKctonpmie, roonad^ bie 33ejeid)nung beö SKfteiS für ben fielet,
meld^er Url^eber, SBermittler beöfelben ift." SKIIein man braud&t
nur bie gegebene ©tatiftif ju bead^ten, um ju bemerlen, bafe
Diefe Si^ß^tifijierung ber &aU ^t^n mit feiner ^erfon woJ^l-
überlegte SKbfid^t ift. S^fwö felbft, feine 5ßerfon, unb jroar feine
menfd^lid^e 5ßerfon, fein „gleifd^", nid^t eine t)on il^m ablösbare
fad&lid^e ®abe ober eine an i^m gewonnene ®rfenntniö, ober ein
burd^ il^n geftifteteö aSer^ältniö, aud6 nid^t ein oon ifim ju
fc^eibenber ®eift, er felbft ift bie ®abe ©otteö an bie SBelt,
4, 10. 3" feinem S)afein, 9Bir!en unb ^anbeln beftel^en alle
&aben ©otteö an bie SBelt. !I)aburd& erleud&tet unb belebt ®ott
bie Söelt, ba§ er 3ßfwm l^ineinfteHt. 2)arum befielet feine fiiebe
barin, bafe er fid^ felbft für bie ©einen liingiebt, fein gleifd^ unb
Slut, .feine ©eele. ©r felbft ift 35rot, Seben, 9Beg unb aßa^rl^eit.
©ben beöroegen beftelit ber ©mpfang aller biefer ®üter im ^in-
nel^men unb Slneignen feiner 5ßerfon, im ,,®ffen feines gleifd^eö".
^iefelben foHen l^ier nid^t erfi^öpfenb unterfud^t werben, fonbem nur
infoweit, al§ fie §ur Erläuterung ber G^riftologie beitragen, ^ie folgenbc
Hnterfud^ung fott erlldren, inwiefern biefe QJaben Sefu mit feiner ^erfon
ibentifiäiert werben lönnen.
J
— 101 —
• • • »
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S)er @dKtn{e tfi fo loemg gelegentlid^ unb sufölDg, baB er mel^
me^r bog eigentlUle ^i^tereffe bۤ ermtigelt^en ausfprid^t. 6$
liegt ^iertn biefelbe ^lemit, bie üti^ im etjten Sriefe beobadbten
lagt: bie ^olonif gegm jd>e SbUfung irgmb einet @Qbe ^efu,
imb fei eö (uwi ber @eift, dou feinem ^gleifd^'', feiner menfd^-
lic^ ^Serfon. ^tä)alb fann ^uS bem @lauben ben 3"^^^
geben: ^bofe id& bin". 9Jid&t auf feine ©gcnfd^cn, ®orte ober
SaSerfe bqie^t n^ ber ©Urabe, fonbem auf fein ^ä^'', feine
^fcrfon, feine ©fiftenj. 3SeiI affein fd&on baö 3^afcin 3^u unb
bementfpre^i^enb t>c^ Se^, bie auf i^n gerid^tete SSa^me^mung
ba^ @[aubfndmotin iß, fo in @Iaube bie notmenbige §orm ber
Snerfennung feiner gräten; unb Unglaube ein ignorieren, ein
Verleugnen bcrfelben.
3>arum üt ba$ 6oange(ium S^ri^Iogie. 6§ bringt ben
@d)anlen ber S^noptifer forreft jum 9[bf(|Iug. Ser @[aubend=
alt ber Spnoptifer fprid^t fid^ in bem SelenntniS ouS: mit ^n
Kommen fommt baS Sleid^. Cbgleid^ ed nod^ nid^t offenbar
geiDorbcn iji, fo iji eö ba, weil ber ^nig ba ifL 2^icfcö 35e=
!emttmd nollenbet ftc^ in bem Se&nntnis bes S^^^neS- 3^u$
{db^ ift baS Seben, ba$ Sid^t. S3ie nid^t nur feine SSerfe unb
Sorte, fonbem feine ^Uerfon aus bem ^immel nammt, fo ftnb
ni^ mir bicf e feine SSirbingen, fonbem er felbfi baö Sid^t ber Seit.
fflö Sid^t ber Seit bqeid^et 3efud fid^ fdbft, 3, 19 f.; 8, 12;
9, 5; 12, 35 f. 46. 3)iefe Se^eid&nung entfprid^t bem S5?orte beS erftai
33riefe«, ba§ @ott £id&t ifi.*) Sei feinem ber jo^anncifc^n @mnb=
begriffe }eigt ed {td^ fo fe^ mie bei biefem, mie menig bie feine
©ebonfenmett inteSeltualiiterenbe Se^anblung bem goangeliften ge^
red^t ;u merben oermag. Süic^ bamit ift ber Segriff nicbt oer=
^) S^^^ biffm beibat ^n^ogen fonftnrifit ^olfnumn, U, 400 f.
einen äStberfpnic^. „(St fclbft, ber wahrhaftige öott, öciBt 5, 20 enrige^
fieben, nrie er an^ 1, 5 felbtt 2ic^t ift, im fprec^enben Unterfc^iebe l>on ber
f(^arf geff^iebenen SJegriffsiDett bcö ©tjangdimn^ , wo sunäcfiit dbrinu*
geben 11, 25 raib 8, 12 fiic^ üt" tU§ ob na^ bem düangclium 6brt^^
im Unterf^iebe öon öott 2\^t fein föntue, wöbrenb er gerabe allee,
Wad er üt, bnr^ feine (^emeiitfc^ mit ®ott üt nnb niÄtö bat, nwi^ er
nic^t t>on @ott onpfangen ^at! (E^rimiS üt natnr(i^ nur be^wcgrn Si(bt,
Weil ©Ott Si(^ ift. (£^ftn§ einen ß^araftcr beijufegen, bot er nicbt oon
®ott §at, ift für ben (StKtngeliften wiberünnig. £»ol|imann felbit muS feine
Se^auptnng eittfc^önfen bim^ hk Semerfimg, ba% „bann freiliÄ binjn*
gefftgt wirb, bog biefed )Beben in feinem So^ne ift".
, » - ' •
• . • . * . > -
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panben, ba§ man einen intetteltualifiif(3^en unb einen et^ifd^en
©inn jufammenabbiett. @o bemerft SBeijs ju 8, 12, bafe „baö
Sid^t immer nur SSilb für baö 9JlitteI, burd^ meld^eö ©ticnntniö
mitgeteilt wirb", fei. ®r finbet beöroegen in bem SBorte, ba§
©Ott Sid^t ift, ben ©cbanfen ouögebrüdEt, bafe ®ott burd& unb
burd^ erfennbar fei. Jlid^t fe^r oerfd^ieben baoon ift bie 3)eutun0
^olfemannä. Mein baS Sid^t^) ift ein geläufiöeä SSilb für baö
eiement beä Seben«, be« ©lüdfeö/) ber greube. aSerroanbt ift
ber begriff ber „^errlic^feit" unb fo realifiifd& mie biefet ift
aud& ber be§ Sid^teö gebadet. 3)er ©cgenfafe t)on Sid^t unb
ginftemis bei S^i^anneö fielet bem ©ebraud^ ber Silber bei ben
©pnoptifem fel^r nal^e. 3Jlit bem ^immelreid^ uerbinbet fid6 bie
SSorftettunö beö Sid&te§, „bie ginfterniö braufeen" ift bie fiöffc.
Sid&t bejeid^net bie ©pl^äre ber ©eligfeit beö Sebcnä, beö ^eifö.
2lud& bei S^i&cmneö fte^t Seben unb Sid&t jufammen, 1, 4. SBle
atte jol^anneifd^en Segriffe, fo ^ängt aud& biefer Segriff mit bem
©otteSgebanlen jufammen unb läjst fid^ t)on biefem auö am
leid^teften erläutern. SBenn oon ©Ott gefagt mirb, bafe er ßid^t
fei unb feine ^infterniö in il^m, fo fielet biefe ©rfenntniö ber
anberen na^e, bafe ©Ott Siebe ift. ©Ott ift fiid^t bebetttet: er ifi
ganje ©üte, fein SBitte ift nur baö ©ute, baö Seben, bie greube.
SBeife menbet ein, bafe biefer ©ebanfe etmas ©elbftüerftänblid^es
ausfpred^e. ©elbftt)erftänblid6 aber ifi biefeö SBort fo menig mie
baö anbere, bafe ©ott Siebe ift. 2)afe ©ott Sid^t ift, ifi bie
SSerfünbigung, bie bie Sipofiel erft S^fuö tjerbanfen, 1. ^ol^. 1, 5:
meil 3efuö Sid^t ifi, fo meife So^anneö, bafe ©ott Sid^t ift.
SDiefer ©otteSgebanfe ift fo menig felbftt)erftänblid&, ba§ er mh
melir ben ©laubenöaft in fid^ fd^liefet. 3)er ©laubenöfd^lufe liegt
barin, bafe er feine ©otteöerfenntniö nur an ^efuß bilbet. 3)er
felbftt)erftänblid6e, b. 1^. ber auö ber Seobad^tung beö 2Beltlaufs
gebilbete ©otteögebanfe mürbe ber fein, bafe in ©ott mie in ber
SBelt Sid^t unb ^infterniö ift. 3)arum mufe auöbrüdflid^ auö=
öefprod^en merben, bafe nid^tß oon ginfiemiö in il^m ift. SBürbe
auö bem SBeltlauf auf ©ott gefd^loffen, fo fäme biefe völlige
58erneinung ber ginfterniö nid^t juftanbe. 3i«bem ber äpoftel
feinen ©otteögebanfen nid^t ber empirifd&en 3BirIlid6feit anpafet,
^) ^gl. (Bremer s. v. ^mg.
«) Sögl. aud^ ©ol^mann ^m l, 4.: „gm ^Iten Xeftament ift Äid^t faft
immer »ilb be§ %\vidt^"
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fonbcrn il^n allein auf ^iefuS aufbaut unb bic ßattjc SRci^c aller
entöeßettöefcfeten ®rfal^runßcn unb SScobad^tungen nid^t auf fein
©otteöbilb mirten läßt, fonbem fraft beö an 3i^fwß gewonnenen
©inblicfö in baö 3Befen ©ottes üerneint, ift fein ©otteögebanfe
©laube. aSaö bie SBelt an ginfterniö in fid& trägt, ftammt nxä^t
auö ©Ott.
©ine le^rreid^e Erläuterung erhält bcr Segriff beö ßid&teö in
ber ©rjäl^Iung oon ber Teilung beö 35linbgebomen , Aap. 9.
S)ur(^ biefe Teilung jeigt ^t^n^, bafe er baö SicJ^t ber SBelt ift.
S)ie grage ber jünger fefet üorauö, bafe irgenbwo ©ünbe fein
muffe, wenn bieö Seiben oerftänblid^ fein folle. ^\)xz grage foll
fagen, bajs bod& biefe 2)eutung beö Seibenö biefen gall nid&t
erfläre: mag man ifin ober feine ©Itern oer antra ortlicä^ maien,
baö Seiben bleibt ein bun!leö SRätfel. 3)ie grage gel^t natürlid^
Don jübifd^en 9lnf(J^auungen auö, allein fte berül)rt ein SRätfel,
baö niä)t nur für jübifd^e« S)en!en eyifiiert. Äönnte man einen
Sufamtttenl^ang t)on ©Aulb unb ©träfe erfennen, fo märe ber
2;^tfad^e ber ©l^arafter beö ©innlofen/ Unoerftänblid^en ge^
nommen. SBeil jene 2)eutung in biefem galle oerfagt, gehört
baä ©ef(^icf beö Slinbgebornen ju ben S^^atfad^en , bie baö
SScUregiment ©otteö t)erf|üllen, e§ ift ,,^infterni§". 3)aö folgenbe
SBott 3efu giebt fid& alö Slntroort auf biefen 3w>cifel. 5Der
^ufammeni^ang oon ©(^ulb unb ©träfe erflärt fein ©efd^id
freifid^ nid&t, b. f). läfet ©Ott nid^t erfennen. ©leiÄmofit ift ber
Sßnbgcborne baju ba, bamit ©otteS SBerte an i^m offenbar
merben : au^ er foll ni(^t jur aScrl^üUung, fonbem jur SSejeugung
©ottes bicnen. 2)iefe SBerfe ©otteö ju mirfen, ift ^t^n Aufgabe.
SBcnn Sefuö fein Seben aU ben 2:ag, feinen Xoh als bas ^er=
einbreciben ber ^taä^t bejei(^net, fo ift bamit nicä^t gemeint, bafe
i^m felbft mit bem SJobe baö SiAt untergel^t, fonbem, mie bie
folgenben SBorte jeigen, bafe mit i^m ber SBelt baö SicJ^t untep
flcl)t: folange er in ber SBelt ift, ift er baS Sid^t ber SBelt.
©olange er in ber SBelt ift, mufe baö SBerf ©otteö gefd^e^en,
benn menn mit feinem ^ingel^en bie SRad&t fommt, ift niemanb
ba, ber eö vollbringen fönnte.
S)ie erjäfilung jeigt, in meld^em Sinne ft(S 3efu§ baö Sid^t
ber SBelt nennt, ^efuö offenbart bie ^enlid^feit, bie l^elfenbe
©Ute ©otted, meldte bie SBelt jured&tbringt. 2ln i^m ift fid&tbar,
bafe ©Ott nid^tö alö Siebe ift. Sefuö mirb nid^t nur afe bet
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©rfenntniägrunb bet ißenlidfefeit ©ottc« betrautet, ber ©ottcö
Siebe barftettt, fonbern al§ ber, burd^ ben bie ©nabe unb 3Bal^r^
fieit „wirb", roirffam in bie SBelt l^ineintritt. @r befeitigt alleä,
tt)aö bcm gütigen aBeltregiment @otte§ TOiberfpriAt, feine SKufgabc
ift eö, bie ginfterniö in 2iä)t ju uerroanbeln, SÜle ginfiernid,
roie j. 33. baö ©efd&id beö SSlinbgebomen, ift für il^n ber antrieb,
©otte« fd&affcnbe Tla^t ju offenbaren. 3)er @efi(StöIreiö ift
unioerfaliftifd^ , 3efuö ift baö 20^1 ber SBelt, er erleud^tet
jeben 3Jlenfd^en. SKudö biefer Unioerfaliömuö ift ©laube nnb
i)at feinen ®runb unb fein SRe^t in ber 3wfantmenfof|ung 3efu
mit ©Ott. SRidfet für bie empirifd^e SScobad^tung wirb alle ginftcr?
niö in Sid^t oerroanbelt, oielmelir lautet bie jo^anneifd^e fjötmel:
2)ad Sic^t fdöeint in ber ginftemi«. SBegen ber SSefeitigung ber
ginflemis an einer einjigen (Stelle f ann ^efuS baö Sidfet ber
SBelt genannt werben, toeil auö feiner S^^at auf ©otteö SBltte
gefd^loffen wirb. 3ft eö ©otteö 2Bille, ber in biefer ^l^at fid&tbat
wirb, fo erleudbtet fie bie SBelt. ©ie ift „3^^^^^"/ f^^ i^ißt baö
3iel ber SBelt, ben ewigen, bauernben SBitten ©ottes, ber ber
ganjen SBelt gilt.
®S ift alfo freilid^ rid^tig, bafe ber begriff eine SSejie^ung
auf bie ©rfenntniö in fid& fi^liefet. 3Wan fann befinieren: Sid^t
ift alleö, was ©otteö ©üte fid^tbar wad^t, ginftemiö atteö, wa&
Re Der^üttt. Sid^t ift Sefuö alä ber „3euge ©otteä".
SKfä baö Sid^t ift Sefuö ©egenftanb ber Siebe. 2)ie Siebe
ift für 3ol|anneS eine boppelte Bewegung bcd SBittenö: fie ifi
Segel^rung, 3ieceptit)ität unb 2;i|at, älftioität, beibeö in SBedbfeU
wirfung untereinanber, fie ift ein ^inne^men — lafißavBiv —
feiner 5ßerfon, unb S)ienft, baö S^l^un feine« ©cboteö. 3)er
lielfenben, gebenben ©üte 3efu entfprid^t alö bad notwenbige
SSerl^alten beö 3Kenfd^en ba§ fid& für il^n öffnenbe SSegel^ren»
2)iefeö fül^rt juni SJerjid&t auf baö eigen« SBotten unb jum S^i^un
beö SBitlenS Sefu. Umgelel^rt bebingt aud^ baö 2!l^un bie Siebe.
SBer 35öfeö tl^ut, bei bem ift ed t)erftänblid^, bafe er bie ginftcrnii^
nie^r liebt afe baö Sid&t. 3)arum ift SefuiS alö ba§ Sid^t aud^
©egenftanb beö ^affeö ber 3Belt, 3, 20; 7, 7; 15, 18. 23 ff-
SBeil er alö baö Sid^t ebenfo wie ©Ott alle ginfterniö unb bamit
ade ©ünbe oon fidb auöfd^ließt, bringt er burc^ fein SBirlen unb
Sieben, burd^ feine gefamte ©Eiftenj bem 3Jlenfd^en feine ©ünbe
jum 33ewuj3tf ein , er überfülirt il^n, 3, 20; 7, 7, unb wirb
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borum von i^m gcnticbcn unb fd^Ucfelid^ gel^afet alö ber „S^^Ö^"
feiner 33oöl^eü.
2lu(^ ben i^xn eigentümlici&en Segriff ber SBatirtieit roenbet
So^anncö auf 3efuö an. SDie SBa^rfieit ift ^efu ®abe unb
SEBirfunö, 1, 17, unb 3efuö felbft ift bie SEBa^r^eit, 14, 6. S)aß
6^arafterifiifd&e beö Segriffä, baä in bem legten äßorte flar!
I^eroortritt, befielet barin, bajs bei 3of|anneö bie aSa^r^eit nxä)t
alö ©ebilbe beö menfd&Ud^en ©rfennenö erfd^eint, fonbern aU eine
objeftiüc aWad^t, bie oberl^alb beö, menfcftlicJ^en ®rfennen§ ftel^enb
baöfelbe geftaltet. gerner ift bie SBal^rfieit nid&t nur bie baö ®r=
lennen gcftaltenbe 3?eflel, fonbern awä) bie SRegel beö ^anbelnö
unb ber gefamten ©yiftenj beö aJienf(ä&en, wie fid^ bieö in ben
SBenbunflen: bie 2Bat)rl^eit tl^un, aus ber SBafirfieit fein, in ber
SSal^rl^eit ftefien unb fein, bie 2Bal|rf|eit in ficiö Ijaben, auöbrüdt.
2)icfcr tealiftifd&en Raffung ber SBal^rl^eit entfpridfet bie Stellung,
bie bei ^ol^anneö baö ©rfennen l^at. 2)en ©egenfaft jur 2Bal^r=
^eit bilbet gleid&roo^I nid&t ber ©dfeein, fonbern bie ßüge, bie niä)t
MX im SWeben, fonbern aucö im ^anbeln beö 3Kenfd^en erfannt
tüitb. 9Jid^t nur baö jur ®r!enntni§ in ©egenfaft tretenbe 2Bort,
jonbem aud& ein fold&eä SBerf ift ßüge. 5Daö SBort über ben
Satan, 8, 44, bilbet einen genauen ©egenfafe ju bem SBorte
übet bie ^enlid^feit beö ©oI;ne§. SBie biefe in @üte unb SSa^r^
^eit beflef)t, fo ift baö aWerfmal beö @atan§ ^afe unb Süge.
2)er ^iifömmen^ang oon iSünbe unb Süge ift bem oon ©ünbe
unb ginfterniä analog. SBenn ©ünbe unb ßüge für S^licinneö
jufammengepren, fo l^at baö nii^t ben ©runb, bafe für i^n
SBai^rl^eit baö ^beal, bais, maö fein fott, im Unterfd^iebe oon bem,
was ift, bejeic^net,^) fonbern biefe Swfömmenftellung t)on @ünbe
unb ßüge l^at ben ©runb, bafe für ifin burd^ bas 33öfe ein SRife
burd^ bas 33en)ufetfßi»^ gemad&t mirb, burd^ ben es jroiefpältig
unb innerlid^ roiberfprud^SDolI wirb. 2lngefid^ts beS unaustilg-
baren 33en)UJ3tfeinS um baS, was red^t ift, unb beS nid^t ganj
ju Derioifd^enben ©ottesberoufetfeins ift bie iSünbe jugleid^ eine
Süge, eine 33erleugnung beS oon ©Ott ©erooHten ober eine 33e=
jal^ung beS oon ©Ott nid^t ©emoHten. 2)arum ift bie SSa^r^eit
nur baburd^ erreid^bar, bafe fie getl^an mirb. 3Son einem „iSd&ittern"
bcs Segriffs barf man alfo nxä)t reben. 2)er über ben blofe
') @o mf^iet a. a. D. @. 35.
— 106 —
formalen ©inn beö SBortcä übcrgtctfenbe ©cbraiid^ bcöfelbcit bei
3ot)anne§ ^at feinen inneren ©runb barin, bafe ber Segriff
ebenfo wie ber beö Sid^teö, bcm er auä) am nä(ä&ftcn oeriDanbt i|i,
im engeren ©innc tl^eologifd^ ift. SBal^rl^eit wirb nid^t jebe ®r=
fenntniö genannt, fonbem bie ©otteöerfenntniö. ®inen ©tnblicf
in biefen ©inn beä 3Borte« gicbt 8, 55: wenn ^iefuö bie il^m
gegebene @otteöer!enntniö verleugnen wollte, fo mürbe er jum
Sügncr merben, fomie bie 3uben beöl^alb Stigner finb, meil fie
bie i^nen möglicä^e ©otteäerfenntniö nieberl^alten. 3)cr ®ebrau(|
beö SBorteä aber jeigt, bafe man eö ebenfomenig mie ben Segriff
beö Sid^teö inteücftualifieren barf. SBenn S^fuö ate ber Sringer
ber ©rfenntnis ©otteö bie SBai^rl^eit genannt mirb, fo jeigt ebm
biefe perfonl^afte Sbentifijierung ^e^n mit ber 3Bal^rl^eit im S^-
fammenfiange mit bem fonftigen ®ebrau(J^ be« SBorteö, bafe baöci
feineömegö nur an fein SBort, an feine „Seigre" geba(ä^t \%
3liö)t nur fein SBort, fonbem er felbft ift bie SBal^r^eit, inbem
er bie SBa^r^eit tl&ut, auä il^r ftammt unb fie in fi(i& l^at. Snbem
feine ®r!enntniä ©otteö mit feinem ©cbanfenlauf aud^ fein SBort
unb fein SBerf regiert, ift er in feiner ^erfon bie äßal^t^cit,
b. \). ber, ber @ott in feinem gefamten Seben erfennbar maä^t,
©eine ganje ©jiftenj ift eine Seja^ung @otte§, ein 33e!enntni5
©otteö, ein S^wgnis für @ott, eine SSerneinung bed Söfen unb
beö^alb SBa^r^eit.
3u ben ©aben, bie 3efu§ als mit feiner 5ßcrfon gegeben
anbietet, gel^ört oor allen 2)ingen baö ßeben: 3<^ bin baö Seben,
11, 25. S)ie eigentümli(ä&e SBenbung, burd^ bie baö SBort 1, 4
nid&t nur alö lebenbig, fonbem als Drt bcö Sebenß befd^rieben
mirb, !e^rt bei So^^^^^ö aud^ fonft mieber, 1. 3ol^. 5, 11.
©Ott tritt baburd^ für feinen ©ol^n ein, bafe er emige« Seben
giebt, „unb biefe§ Seben ift in feinem ©ol^ne". 3[m ^aben ober
5Rid^t^aben beö ©ol^nes l^ängt beömegen SSefife ober SBerluft bes
Seben«. SDaö Seben ift nid&t ein oom ©ol^ne ablösbarer Seft^,
ben biefer abgiebt, fonbem man befi^t es nur burd^ bie ©egen=
mart bes ©ofineö. SBenn es ®aie 3efu an ben ©laubenben ifi,
fo mirb es biefem bod^ nid^t in berfelben SBeife eigen mie bem
©ol^ne. 2lud& ber ©o^n l^at bas Seben als eine i^m t)on ©Ott
t)erliel^ene ©abe. ätllein er trägt es in berfelben SBeife in pd^
felbft, mie ber SBater es in fid^ felbft l^at, 5, 26. greilid^ mirb
6, 53, t)gl. 1. 3o^. 3, 15, baS Seben ebenfatts als Sefife, ben
— 107 —
ber aRcnfd^ „in fid^ fclbfi" trägt, bcfd&riebcn.O 3LMn biefc
©tctten rocrben eben butd& 1. 3ol^. 5, 11 erläutert. 3n ben
SBorten 3efu o, 26 erhält bad h havrff) baburd^ eine befonbere
SSebeutunft, ba§ ber ScbendbeRl 3efu ber Sebenbigfeit ©otteö
ftleidbgcficnt wirb. S)ie 3Rcnfd&en ^aben bod Seben im ©lauben,
ber ben über il^m liegenben Seft| 3efu fein eigen nennt, 3efud
bagegen trägt e« in Rdfe felbfi. ©ein 2ebenöbeft| ifi jo wenig
als feine (Semeinfd^aft mit @ott burd^ Ol au ben Dcrmittelt.
Sud^ an biefer ©teile fprid&t ber ©oangelifi nid^t von einem
©lauben S^fw. 6t ifi vermöge feiner ©emeinfd^aft mit ©Ott in
berfelben SBeife mie ©Ott ber Ort beö Sebenö.
Snbem S^fwd nur bad, roaö in i^m felbfi mo^nt, Seben
nennt, gilt il^m bie 3)ofeinSn)eife ber 9Kcnfd&en alö S^ob.
3efu§ allein ift ber Sebenbige. ®ieö Seroufetfcin fprid^t fid& am
mdd^tigflen barin aud, bafe 3efud ben ©lauben an x\)n in ben
«u«bru(f fajfen lann: glauben, bafe i* bin, 8, 24. 28; 13, 19.
S)cr 2luöbru(f ifi fiel^enb unb barf bedroegen nid^t auö bem
icbeSmaligcn ß^fcnnmen^ang ergänjt werben. SBie Sefud allein
Scbcn julommt, fo gilt aud& oon i^m allein, bafe er „ifi". 6r
^at ein ©ein, wie eö ©Ott ^at, roeö^alb bie jufammenfaffenbe
§ottnel für ben auf i^n gerid^teten ©lauben lauten fann:
glauben, ba§ er ifi. Sludfe biefe gormcl fd&liefet ^ an alt-
teftamentüd&e SBortc an: wie ber ©laube an ©Ott ftd& in bem
Sefenntnid jufammenfafet, bafe er ifi, fo aud^ ber ©laube an
3cfuö. 3)er ©ebanfe ifi nid^t auffallenber alö ber anbere, bafe
3efu§ allein lebt, unb ifi bemfelben burd^auö paraßel.
SBie bie Äinber ®otte§ il^ren SebenöbeRl ber B^wgimg burd&
ben ©eifi ©otteö oerbanfen, fo ^at aud^ 3cfuä fein Seben
burd^ ©otted ©eifi. ©eifi unb Seben gel^ören jufammen, 6, 63.
SBie Sefuö ben ©eift ol^ne 9Kafe f)at, fo l^at er aud^ baö Seben
öanj. ©ein Sebenöbeftfe ^at eine aSoDftänbigfeit, oermöge beren
er t)on ber B^funft feine ©rgänjung unb güDung beöfelben
me^r erwartet. SBer baö Seben b«t, ber l^at bamit alled reid&lid&,
. 10, 10. 2)aö lebenbige SBaffer ftillt ben Surft auf ewig, 4, 14.
SSermöge feiner ooHfommenen ©emeinfd^aft mit ©Ott, fraft
beren er burd^ leine ©d^ranfe oom ^immelreidfe gefdfeieben ifi,
unb feine ^immlifd&e ©jifien} nid^t nur als SBergangenl^eit hinter
') SBorauf §amad fi(^ beruft.
— 108 —
fic^ unb aU jufünftigcö 3^^^^ t)ad crfi nod^ crrcicJ^t tüCTbcn
müfete, oot ftd&, fonbcrn aU ©cßentüort unb Slcalität bei ficä^
^at, [teilt er im gricben, 14, 27. 2)a fo bet ßebenöbcfife Sefu
i^m nid&t nur in einem ß^itlauf fncceffit) unb ftücteeife gegeben
mitb, fonbetn ein fcrtißet unb ganjer ift, fo wirb er butd^ ben
aiuöbrud ,,eroiöeä Seben" bejcid^net, roeld^er ben gegenroättigen
Sefift mit bem jufünftigcn, ben bieöfeitigen mit bem ienfeitigcn
in eine ©inlieit juf ammenfafet. *) 3n feiner einjigartigen ©e^
meinf(ä^aft mit ®ott unb feiner eiujigartigen l^immlifd^en ©Eifienj,
bie ifim feinen Drt in ©Ott unb im ^immel befümmt, ift 3efu§
ber einjige Sebenbige.
S)arum ift anä^ mit feinem Eintritt in bie äBelt ,,baö
Seben erfdbienen", imb mit feiner ©egenwart beim aKenfdJen
empfängt berfelbe baö ßeben. Seben unb ©eift i)at 3efuS ate
etmaö 3Jlitteilbareö empfangen. SBenn er nid^t nur ber Sebenblße,
fonbern ber, „in bem Seben ift", ber Drt beö Sebenö genannt
mirb, fo foll bamit auägebrüdtt werben, bafe er jugleid^ ber JQuett
beö Sebenö ift. 2)ied mirb im 6. Äapitel mit bem 93ilb: „Srot
beö Sebenö" bejeici&net. 2)a§ a3ilb bejeid^net Sefum ate ben baö
Seben SSegrünbenben imb (Srl^altenben : oom ©enufe biefeö SSroteö
pngt ber Sefife - beö Sebenö ab. Unb jmar ift ^efuö afö ber
aus bem ^immel Äommenbe baö ,,lebenbige" a3rot, ein 33rot,
bad Seben fd^afft, meil es Seben in fid^ trägt. SDurd^ bie
SRebe bejeid^net Sefuö pd^ ni(|t nur afe ben ©peifenbcn, fonbern
afe bie ©peife. ®r giebt nid^tö ©ad^lid^eö, nichts oon i^m 3Cb=
lööbareö, fonbern fid^ felbft, feine 5ßerfon. 5Wit bem ißwmeiö
auf feine oöllige ©elbft^ingabe an ben 3Jlenfc^en Derbinbet jid^,
mie fc^on nad^geroiefen in ber SRebe, burdö bie S^rennung ber
beiben jufammengel^örigen (Elemente: %Ui^ä^ unb 33lut — ber
^inmeiö auf feinen %oh,
©ein 2^ob gel^ört ju feiner DoIIenbeten ©clbftl^ingabe, er ifi
bie aSoflenbung feiner Siebe: burd^ ilin erft giebt er pd^ il^nen
üöHig jum ©enufe ^in: mie fein gleifd^ Sebingung feiner
fpeifenben aWad^t ift, feine aJlenfd^l^eit — fo ift eö aud^ fein
33lut, fein Sterben. S)er ©ebanfe fte^t auf einer Sinie mit ben
fd^on erläuterten ©ebanfengängen , bie bie 6rl|öl^ung ^jefu jur
Xie Definitionen be§ ewigen ßebenS, hie cS im QJegenfat 5ur ^eiU
öorfteUung al§ etmaS £lualitatiüe§ ober 3ntenfiöe§ ober gar ©tl^ifd^eS be*
jeid^nen, finb ju formell.
— 109 —
Sebingung bet ©ciftcämittcilung unb bct ©inrool^nunö 3efu
inad^cn.
SDcm Silbe beö 33rotcö cntfprec^enb iDitb baö ®ffcn unb
Sltinfcn aU öcbinöung bcä Scbcnö bcfd^ticbcn. 2)ie SEBottc 6c=
jeid&nen mit ftarfct Sctonung bic 3teceptit)ität bcö 3Jlcnf(^cn, bic
ber ^etfon ^z]u gegenüber gefotbett roirb. 2)er gteid^e ©ebanfe
wirb ol^ne 35ilb a\x^ fonfi auögefprod^en : boö ^innel^men —
lafißaveiv — ift baö t)on bet SBett erroattete SBer^alten ^t\vi^
öegenübcr, 1, 12. 5Diefet 33egtiff ift bei Sol^anneö bem be§
©laubenö fpnonpm, ba biefet aud^ ein receptbeö SJet^alten
bc5ei(^net. 2)a§ Sitb beö @ffen§ unb ^tinfenö erläutert bie
gorberung „^injune^men", inbem es jeigt, baj3 eö fi(^ nid^t um
ein äufeerU($eö 2lnne^men l^anbelt, fonbern um ein 3lufne|)men,
bur(i^ roeld&cö 3efuä inö Innenleben beä SJlenfci^en einbringt unb
cl id^affenb gefialtet. 2)ur(^ baö auf x^n gerid^tete Segcl^ren
öffnet jtd^ ber 3Jlenfd^ einer ®lnn)ir!ung 3efu, bie ein S^^newirfen
\m ^enfd&en ift. 2)em entfprid^t eö, bafe ^efuö fid^ ein ©ein in
feinen Sängern beilegt, roeld^eö ber ©egenroart ©otteö in ^efuö
analog ift, unb burd^ roeli^eä er in berfelben SBeife mit feinen
3ünöctn eins wirb, wie .©Ott mit i^m einö ift. S)iefeö SBer^
lältnis wirb in ganj äl^nlid^er SBeife wie bei ^ßauluö burd^
einen boppelten 3lu§brud bef(^rieben: Sefuö ift in feinen
3ünaem unb biefc ftnb in il^m: ber roed^felnbe 3lu§brucf mad^t
'i^axau^ aufmerffam, bafe baö SRaumbilb bod& nid^t genügt, um
'titn @thoixdtxi barjufteDen.
So realiftifd^ baö SBer^ältniö oorgeftettt wirb, fo ift eö bod^
m(i^t naturl)aft gebadbt. SDaö ©lauben, baä begel^renbe ©id^öffnen
3efu§ gegenüber ift bie 33ebingung feiner einbringeuben SBirt
famfeit. S)aä 3Serl^ältni§ ift ein SSerl^ältniö ber Siebe: mie bie
DöHige ©elbft^ingabe 3efu feine oollfommene Siebe ift, fo äufeert
ftö& in ber nii^t nur auf fad^lid^e ©aben unb naturl^afte
SBitfungen, fonbern auf i^n, auf feine ^erfon, auf fein
,,gleifd^ unb Slut" gerid^teten 33egel)rung bie Siebe be§ aWenfi^en.
5)a baö ^^nenroirfen 3efu im SJlenfd^en baö ^kl beö „@ffenä
unb S^rinfenö" ift, unb feine ©rp^ung Sebingung biefeS S^tnen-
n)ir!en§, fo ift bie SSottenbung feiner ©elbft^ingabe im S^obe bie
Sebingung bafür, baj3 fein „^Jl^ifd^" genoffen toerben fann. S)ie
SRebe ift oom ©oangeliften f(^n)erlid^ o^ne 5lücfft(^t auf baö 3lbenb=
nta^l formuliert: nid^t nur in bem oon Sefuö gebraud^ten Silbe,
— 110 -
fonbcm in il^tcm ©inne fommt fic mit bet ©cbeutung, bie bic
©pnoptifet bcm 2lbcnbma^l geben, übetein.
S)ie Sebenögabe roirb 6, 63 Dgl. 68 an baö SBort 3efu 06=
bunben: feine 2Borte ftnb (Seift unb Seben. 2)icfcr ©ebanfc
erläutert fid^ auö ber Sebcutung, bie Sefuö feinem SBBorte beilegt.
S)ie Selbftl^ingabe, bie im 6. Äopitel ald Eingabe feiner menf^=
lid^en ^erfon, feineö ,,gleifd^eö" befd^rieben mirb, ooUjiel^t 3efu3
burd^ fein SBort: burd^ fein 2Bort giebt er mel^r alö fac^lid^e
naturl^afte @abm, nämlid^ fid^ felbfi, feine ^erfon. ®ben meil
baö äebzn an il^n, an feine 5ßerfon gebunben ift, ift eß beäroegen
an fein SBort gebunben. hiermit mirb ber ©ebanfe beö ®in=
gangä aufgenommen unb erläutert: ,,im SBott mar Seben." S)aö
SScrl^ältniö ber Sänger jum äöorte entfpri(^t beömegen genau
il^rcm Sßerl^ältnid ju 3efuö unb mirb in benfelben SBenbungcn
befd^rieben: aufnel^men 12, 48. 2)em bleiben in Qefuö tritt baö
©leiben feineö 3Borteö in ben Süngern an bie ©eite, 15, 1.
3lu^ bie gorberung in feinem äBorte ju „bleiben" finbet ^ä^.
2)em 2lufnel^men beö 2BorteS entfprid^t ba§ ©ernähren beöfelben
— TfjQstv 8, 51. 52; 14, 23. 24; 15, 20; 17, 6 — momit
meber nur an ein 3lufl&eben in ©emufetfcin unb ©rinnerung, noc^
nur an eine (Erfüllung feiner gotberung gebadet ift. SBielmel^r
crflärt fid^ ber 2luäbrucf barauö, bafe baö 2Bort 3efu ate objef:=
tioe SKad^t, als reeller ©eftfc gebadet ifi, ber im SBoflen unb 33c-
gel^ren beö 3Renfd&en feftgel^alten werben mill, fo bafe er im
aJlenf^en „bleibt". aSom ^örcn beä SBorteö fann beämegen ber
©efl^ bes bebend abhängig gemad^t merben, 5, 24, ba bad
^ören afe receptioer 3lft gebadet ift.
2)a an baä SBort 3efu bqö emige Beben gebunben ifi, fo
mirb aud^ bie S^otenermedEung auöbrüdlid^ an baö „^ören feiner
Stimme" gebunben. Sluö bemfelbcn ©runbe faßt ber Sebenöbcflfe
in baö irbifd^e Seben ber 3ö"g^^^ ebenfo mie bas ©erid^t 12, 48.
2)ie Begabung mit Seben mirb im 5. wie im 6. Äapitel afä
örmedEung auö bem S^obe befd^rieben. Sie ift baö pd^fte SBerf
3efu, baä il)m mie ©Ott eigentümlid^ ift: er mad^t lebenbig,
meldte er roill, 5, 21. 2)er SebenSbefife l^ängt allein oom aOBitten
3iefu ab, entfpringt in feiner SBeife im SBillcn beö 3Jlenfd&en.^)
§arnac!, a. a. D. 6. Iö5, 5(nm. 1 beäei^uet „ba§ betonte ot\ »Uh
als bunfcl, aber auij^ niij^t au§ ber SogoSlel^re ju crtl&ren. @§ giebt l^ier
— 111 —
3n ben SGBortcn über bie S^otcncTOeduna im 5. Äapitcl l^at
cd bcfanntUd^ ©d^iDicxigfcitcn gcmad^t, bafe bic S^otenettocdEung
balb als QZimxüixxÜQe^, halb als eöd^atologifd^eS SEßcrf ^^f^ ^^'
fd&cint; wie bct Ungläubige fc^on gerid^tet ift, fo ift bet @lau=
benbe bereitö auö bem S^obe in baö Seben übergegangen. 3)ie
©tunbe, in bct bie ^oten ble Stimme beö (So^ne§ ®otteö pren,
fommt unb ift bod^ aud^ fd&on jefet. 2)iefelbc gormel, bie bie
aSirfung 3cfu einerfeitö alö gegenwärtig, anbrerfeitö aU sufünftig
bejeid&net, ftnbct fid& 4, 23. ^n ber 3tebe übet bie SCotenerroedung
finb SB. 28. 29 ol^ne S^^^if^l eäd^atologifd^ ju beuten. 2)ie 58or=
auöfefeung, bafe 3fol^anneö bie iötaelitifd^e Sluferfte^ungöl^offnung
,,petgeiftige", l|at SBenbt auf ben ©cbanfen gebrad^t, bie ©teile
als ©loffc }u ftreid^en. 2)as Reifet auf baö SBcrftänbniö ber
©teile oerjid^ten. ©o wenig bie ©egenwart be§ ewigen &ebtm
unb bes (Serid&teö für 3<>^önneß bie ©twattung beö Offenbar-
roerbens biefer ©rgebniffe beö SBirfend 3^fu mit feiner 5ßarufle
auSfd^Uefeen, fo wenig x)erjid&tet er auf bie äuferftc^ungS^offnung,
benn aud^ fein ©oangelium fd^tiejjt mit ber ©rjäl^lung t)om Sluf-
exftanbenen. fjreilid^ trifft man ben ©cbanfen beö ©oangeliften
ou^ nid^t, wenn man „x)on einem einjigen jufammenl^ängenben
Sßetlauf ber ^(oonoltjoig rebet, weld^er ben SKenfd^en nad^ feinem
5Perjon= unb feinem SRaturleben umfaßt, fid^ aber nur aömä^lid^
nad^ beibcn ©eiten ooUjicI^t." ^) SBon einem ,,allmäl^lid^en Über-
d(inß einer fittli^en ®rwecfung in eine pl^pfifd&e" fann fd^on
wegen ber völligen Unflarl^eit biefer ©rflärung nid^t bie SRebe
fein. 2)ie Siebe bleibt unoerftanben, folangc man pcrfennt, bafe
bie burd^s ganje 3leue ^eftament l^inburd&ge^enbe Slnfd&auung loor-
liegt, nad) ber baö ^immelrei^ mit allem, waö e§ in fic^ fd^liefet,
Bercitö gegenwärtig ift. 2)aö SBort, bafe bie Soten bereits jefet
crmedt finb, ift nid^t parabofcr, als bas anbere, bafe bas ^immel-
in bcm ebangelium leine beutli^e ^arattcle." 2)ic greil^cit be§ SSittenS
Sefu ift aber ni(3^t QJott gegenüber betont, bann wäre ha§ 2Sort nid^t nur
einzigartig, fonbern e§ ftdnbe in bire!tem (^Jegenfa^ ju aUent, wa§ baS
eöangeUum fonft über Seju m^dngigleit bon ÖJott fagt. 5lber aUerbingg
Wirb bie Unab^dngigteit beg SSerfeS 3efu bom SSiUen be§ 9Kenf(^en auS^»
gefprod^en. STrägt e§ in biefer S3e§ie]^ung ein (SJel^eimniS in fid^, fo fielet e§
bod§ ni(j^t, wie §arnad meint, ol^ne 58eifpiet ba, fonbern l^at fogar bei ben
@t}nopri]fem eine (el^rreid^e ^arallete. 9Katt^. 11, 27. ^ud^ ^ier wirb ber
SSiUe gefu al§ ber le^tc ©runb feiner X^at bejeid^net.
^Ö^t- ^ol^mann j. b. @t.
— 112 —
tcic^ öefommen unb baö ßcben etfd&icncn ifi. 3)ie Xotcuenoedung
fommt in öettad^t als SBcrlci^ung beö ßcbenö. 2)ie gegcnmärtige
©rtüedunö, bic fid^ butd^ baö SOBort 3cfu oottjicl^t, befielt mä^
bcm B^föttimcn^auö bcr SRebc batin, bafe bic ©taubenbcn bur<|
baö SBott 3efu bem ©erid&t bereits entnommen fxnb, bafe il^nen
il^r Slnteil am ^immelteid^, an bet Slufcrftel^unö burd^ baö SBort
3efu bereits jugefprod^en ifi. Sie finb aus bem 2^obe ins Seben
^inübergeaanöen, fie finb bereits auferfianben — biefes SBort
fd&liefet ben ©laubensaft in fid^. 3)ie 2luferftel^ung ifi für fie ber
jroifd^en gurd^t unb Hoffnung fd^roanfenben ©rmartung entnommen,
fie ö^^ört i^nen bereits, tiefer ©laube ifi d^rifiologifd^ motioiert
unb beruht auf ber reellen Sebeutung beS SBorteS 3efu, tocK^cS
bireft ins 2d)zn ruft, ermedEt. 9Kan trifft alfo ben ©ebonfm
beS ©oangelifteu aud& nid^t, wenn man bie ins geöenroartifle
Seben fallenbe (grmedEung im Unterfd^iebe t)on ber pl^pjtfd^en 3luf=
erfiet)unö eine ,,fittUd^e" (grmedEung nennt, als menn eS fic^ ^let
nur um einen 3Ser0lei(i l^anbelte. 3)er ©ebanfe l^at feine ^ax--
adele am paulinifi^en ®lauben> bafe bie (Semeinbe mit ©J^rifluä
ermedt ifi, nämlid^ für bas Urteil OotteS, meld^cs fie im ©laubcn
als gemife unb reell, als SBir!lid^!eit anfielet.
S)er aSerjid^t auf bas (Serid^t, ber im ©oanßelium als S"'
l^alt ber ©nabe ©^rifti bejeid^net ift, ifi l^iemad^ nid^t ettoaö
SbeelleS, ober nur ^RegatioeS. ß^riftus mirb ftets als l^anbelitb
gebälgt. SBie fein SRid^ten nid^t nur ein Urteilen ift, ober ein
paffioes 33etrad^ten einer ,,immanenten" ©ntmidElung beS 3Renfd^cn,
fo ift ber SSerjid^ auf baS ©eric^t, bas ©rretten eine pofitioc
fd^öpferifd^e Begabung mit Seben.
2)ie @abe 3efu an bie SBelt mirb nii^t nur 2zbm genannt,
fonbern aud^ ®eift. 33eibe begriffe finb fpnon^m. 3Sgl. 6, 63.
3)en ©eift nennt SefuS als feine ®abe nid^t nur in ben SJlbfd&iebö-
reben, fonbern aud^ im ©efpräd^ mit $RifobemuS, im ©efpräd^
mit ber Samariterin, in bem SBorte 6, 63; 7, 37. 2Bie feine
aJla(fet barauf berul)t, bafe er ber S^räger beS ©eifieS ift, fo be-
fte^t fein SBerf barin, bafe er ber ©eber beS ©eifteS ift. ©eift
ift nidE)t etma eine feiner ©aben, fonbern in i^m fajst fid^ atteS
jufammen, maS SefuS ju geben l^at. 2)ur(ft i|)n mirft er bie
^inbfd^aft, ^av- 3, unb bas wahrhaftige ©ebet, ^av. 4. Snbetn
er ©eift giebt, mad^t er ben 5IJienfd^en nid^t nur jum paffioen
©mpfänger, fonbern jum 2^^äter: er ftittt ni^t nur ben Surft
- 113 —
bcö 3Rcnf(^cn, fonbetn ma^t ii)n fclbft jum Quctt, 7, 37 f. 3)iefc
Segrünbung ciöencr 2lftioität unb ^tobultbität mad^t bie aSott=
fommcnl^eit bcr @abc 3cfu auö unb jciQt bie aSoDfommcnl^eit
feiner Siebe: Sefuö begrabiett bie ©einiöcn nid&t ju blofeen ©m-
pfäugern, fonbetn er l^ebt fie empor auf bie ©tufe oon X\)ätem,
beren 3)ienfi er [x^ ßcfallen läfet. @r oermaö nid^t nur ju geben,
fonbetn aud^ ju nel^men, ja er überlädt ben Seiniflen bie
„ßtöfectcn SBBetfe" unb fteut ftd^, bafe fie etnten, was et gefäet
f)at, 4, 3. 11.
ajie ©tettung, bie 34«^ ^^^ Oebet feinen 3tingetn gegenübet
etl^ält, n)itb in bem 33ilbe t)om SOBeinftodE Äapitel 15 befd^tieben.
2)utd& baö 33ilb roitb etläutett, bafe baä oon @ott bet 2Belt ge=
gebene &Azn in feinem ©ot)ne ift. ®a ^^fwö bet einjige Dtt
unb Dxtell beä Seben« ift, fo ift eä ol^ne i^n nid^t ju geroinnen
unb jroat giebt et eä nid^t an ben Sänget ab, fonbetn bel^ätt es
in bet aSeife als feinen eigenen 33efife, bafe baö 2zbzn oon bet
®emeinfd&aft mit il^m abl^ängig ifi, n)ie bie gtud&tbatfeit bet SRebe
Don i^rem 3^f^wi^^J^^öng mit bem SGBeinftod abl^ängt. 3n biefem
%Tmtniö regiert eine objeftioe SRegel, bie bem Jlaturgefeft oer*
ftlci^bar ift: foroenig bie vom SBBeinftodE getrennte $Rebe g^^ud^t
bxittöen fann, fo wenig ber oon gefus gefd^iebenc jünger: o^ne
Scjuö !ann er fo roenig etmaö tl^un, wie ^efuö ol;ne (Sott, ©ad
Siel bet eJemeinfd^aft mit Sefuö ift bie grud^t. SDer auSbrud
bejetd^net fo roenig wie ber SluöbrudE „3Berf" ba§, roaö ber jünger
au§ ftd^ felbft mad^t, fonbern ba§ bleibenbe ®rgebnid feiner Siebeö-
Übung an ben aWenfd^en. ^olfemann bemerft ju 15, 16: „(pdguv
mQnitv erinnert jroar an 58. 2. 4. 5. 8, ift aber bod^ etroaä anbetö
gemeint." ®t bejiel^t es mic SBeife' u. a. auf bie aWifflondt^ätigfeit
ber Slpoftel unb unterfd&eibet eö oon ber allen SReufd^en gebotenen
Siebeöübung. 3)a8 ift angefid^tö beö ganj gleid^en SluöbrudEs unb
öngefid^tö ber SBieberl^olung be§ SiebeögeboteS SB. 17 ganj um
begrttnbet. 2)ie ben Jüngern gebotene Siebesübung wirb ganj
analog ber Siebesübung 3efu gebadet: am ^anbeln 3efu wirb
erfannt, was Siebe ift. 2)ie Segrünbung bes ©laubens iji bie
oon ben Sö^Ö^tn erwartete ^rud^t, bie il^nen gebotene SiebeS=
Übung, ©efliffentlid^ mirb niefit jroifd^en einer nur ben Slpofteln
geftcdEten unb einer aßen ©liebem ber ©emeinbe gegebenen Sluf?
gäbe gefd&ieben.
3)a bie grud^tbarfeit bur($ bie ©emeinfd^aft mit ^efus be-
— 114 —
bingt iji, fo lautet bet Smpcratio: bleibet in mir. änbrerfeiti^
ifi eine SSerbinbung mit 3efuß möglid^, o^ne ba§ grudbt entfielt,
wie ed frud^tlofe Sieben giebt. 3n biefem gatte wirb bie ®e^
meinf^aft mit 3efud gelöfi. 3)ie Sdfung bicfer SBerbinbung fann
aber nid&t nur ©träfe, fonbem aud^ eigene 2:^at be§ Süngcrd
fein. Slud^ für jte ifl Döttige unb befinitiDe S^eibung Don 3efud
bie ©träfe. 3)a3 33ilb jeigt, ba^ bie Sebenbigfeit bes ^üngetd
feine 3BirIfamfeit in ^6) fd^liefet, mie bie lebenbige Siebe grud&t
bringt. 3efuö l^at in bem einjelnen, bcr an i^n gläubig ge^
roorben i% nod^ nid^t fein lefeteö giel eneid^t, fonbem fein 3iel
gel^t über bcn ©injelnen ^inauö auf eine ©emeinfd^aft, barum
ge^t fein 2Birfen burd^ ben ©injelnen ^inburd^, eö fd^liefet fi^
ni(^t in bcr ©rjeugung beö ©laubend ob, fonbem gel^t in ber SSe^
grünbung ber Siebe weiter burd^ ben ©laubigen ^inburd^ auf onbere.
SBie 3efud im @oangelium nid^t nur afö baö 3^^^ ^^
©laubenö, fonbem au^ afe baö 3^^^ ^^^ Siebe befd^rieben ToiÄ,
fo ifi er nid^t nur ber Segrünber beö ©laubenö, fonbem au^
bcr ermcdEcr ber Siebe, 13, 34 f.; 15, 12. 17. @o fel^
bcr ©oangcUfi bie frud^tbringenbc SBirffamfeit S^fw im &^
fpräd^ mit cinjclnen fielet, möl^renb feine SReben jum Solf
©treitreben finb,^) fo ift gleid^mo^l fein S^tl nid^t in ben @in=
jelncn in i^rer Sfolicrtl^cit erreid^t, fonbem ebeit roeil fein SBiUe
in bcn ©injelncn bie ©rmedfung bcr Siebe ift, fo ifl fein 3^^^
eine ©emeinfd^aft. 3)icö liegt fd&on im ©^riftuönamcn : er fommt
als ber Äönig, bcr baö aSolf fammelt. 3)cr Oebanfe tritt im
Silbe x)om ^irtcn unb ber iperbe mieber: bem einen Wirten
cntfprid&t bie eine $crbc, 10, 16. S)ic ©rböl^ung 3cfu l^at bad
3icl, atte ju il^m ju jic^cn, 12) 32. 3)urd^ feinen ^ob fül^rt er
bie jerftrcuten ^inber ©ottcö }u einer ®inl^eit jufammcn, 11, 52.
S)ic Sitte für bie ©einen lautet, „bafe fic eins feien, fo mie
wir." 2)cm cntfprid^t baö ^kl, mcld^cö Sol^anncä feiner eigenen
5ßrebigt ftcdEt: bamit aud^ il^r ©cmcinfd^aft l^abt mit un§. 2)iefe
aber fommt juftanbe burd& bie ©emeinfd^aft mit bem SBatcr unb
mit feinem ©ol^nc Scfuö ©^riftuö. 2lud^ bas 33ilb oom aBcim
ftod ftcllt alö 3efu 3tel bie ©inigung bcr 3)lenfd^en ju einem
gcgliebertcn Drganiömuö bar.
1) ^Ql Sc^ratter, ^er S3ru(^ Sefu mit ber gubenfd^aft ©. 7, in bcr
Dreöi gewibtneten (Sammlung: 3lu§ ©d^rift unb GJcfc^ic^te.
6. KapifeL
SBcnn ^ol^anncö an bic ©pifee beö ©öanöcliumö eine aRc-
bitatton über baö ,,2Bott" ftettt, fo entfptid^t baö ber fd^on
(J^atafterifierten 3ltt feiner ©ebanfenbilbung, bie fid^ ni(ä^t nur an
ben einjelnen 3teben, fonbern aud^ im ^anitn beobai^ten läfet.
©ine ©inleitung ift ber Slnfang be§ ©oangeliumö ni^t. 3Sielmel^r
wirb aud^ für baö ganje (goangcUum bie umfaffenbe, l^öd^fte,
ticfftc aiußfaße, beren 3lu§füt)rung baö ©oangclium bringt, an
bie ©pifee gefiettt. 3)aö ©loangelium entfaltet bann, roaö bie
6ingang§tt)orte enthalten, im einjelnen. 2lber aud^ ber ©ingang
bes ©tjangeliumö felbft ift wieber nad^ berfelben SRegel gebilbet.
6r bilbet nii^t einen ftetig voxmxt^ fd^reitenben ©ebanfengang,
fonbern mel^rere Äreife. ®ie vom ©anjen jum ©injelnen aU
fteigenbe (Sebanfenbctuegung roieber^olt fid& me^rfad^ in parallelen
©tüdfen, bie fortfc&reitenb benfelben ©ebanfen immer fonf reter
auöfül^ren. —
SDie SBejeid^nung 3efu al§ bes ^^SBorteä" fielet formett nid^t
oereinjelt im ©oangelium ba. Sie x)ergleid^t fid^ oielmel^r ber
butd^gel^enben 3i>cntiflfation ^efu mit feinen ©aben, bie für baö
©t)angelium d^arafteriftifd^ ift. Sefuö ift ba§ SGBort, wie er baö
2iä)t, ba§ Seben, bie 2Ba^rt)eit, ber SEBeg, bie 3Serfö|)nung ift.
S)ie %xaQt ift mir bie, roarum baö 3Bort ate ber umfaffenbfie
Segriff an bie ©pifee beö ©oangeliumö gefteöt mirb. 3Jun jeigt
fd^on bie ©infü^rung beö 3luäbrudö alö eineö befannten unb
Dcrfiänblid^en, ba^ er bem ©oangeliften gegeben war. 2)ie 2ln=
fnüpfnng an eine f(^on t)orl)anbene Sogo§Ie()re fann afö erwiefen
angefetien werben.^) ©ine Sogoäfel)re aber gab eö nidit nur im
3lleEanbrini§muö, fonbern au(^ in ber paläftinenfifd^en ©pnagoge.
1) 2)ie Seugnung einer jol^anneifd^en SogoSlel^re bei Qal^n, Einleitung II,
536 tt)äre nur bann aufregt ju erl^alten, wenn fonft feine SogoStel^re nad^*
8*
— 116 —
SBatum nun bcm ©oangelificn biefe Sel^rc^) itäQmt etfd&icn,
bem aSetfiänbniö 3cfu ju bicncn, baö läßt fi(^ nur aus feiner
eigenen Sluöfü^rung entnehmen. 3Jlan gerät fonft in ©cfal^r,
Sntereifen, bie il^m fern liegen, in bie Sogoäle^re ^ineinjutragen.
3Kan fann na(§ ber 3)ar|iellung ber jo^anneifd^en Sogoölei^re
rüdroärtö f(J^Iiefeenb biejenigen ©ebanfen feftfietten, roeld^e feiner
Sogo§le|)re mit ber x)oraufge^enben iäbif(i§en gemeinfam flnb.
SBenn man bie jo^anneifd^e Sogoölel^re aus ber 3lnfnüpfung
an alejanbrinifd^e ^l^ilofopl)ie erHärt, fo pflegt man il^r SKotit)
fo ju beftimmen, wie es gegenwärtig SBeijfäder^) formuliert:
,,^iefer neuen, ber iol)anneif(^en Seigre (bient) ber ßogosbegriff
beö atejanbrinifi^en ^Jubentumö, burd^ roeldöen biefeß ben alten
©ottesglauben ju einer ißl^ilofopl^ie* umgefialtet, bie alle SBeft-
rätfei löfen unb biefen ©lauben aud^ bem tieibnifc^en 3)enfen
genel^m matten follte." SBenn aber bie jotianneifd^e Sogoöle^te
i^re bireften 2lnfnüpfimgspunfte in ber paläftinenfifc^en ©^nagoge
f)ixt, fo ifi es aud^ roa^rfd^cinlid^, bafe il^re 3lufna^me anbere
9J?otiDe \)at 3Han wirb fid^ beSroegen nad& ben im @oangelium
felbft erfennbaren 5IJiotioen umfel)en muffen.
©d^on aSBeijf ädEer ^) Iiat barauf aufmerffam gemad&t, ba§ bie
Übertragung ber Sogoslel^re auf 3efuS ein 3Kittelglieb im d^rifi^
liefen ©emeinbeglauben x)orauSfefee. 2)iefeS aJlittelglieb jroifd&en
ber paläftinenfifd^en unb ber jol^anneifd&en SogoSlel^re l&at aber
wei^bar roäre. 2)a e§ aber eine fold^e gab, fo ift eine ^ntnitpfung an bie*
felbc ni(j^t ju beftreiten. S^^n meint, man !önne öon einer SogoSlcl^rc fo
wenig wie öon einer Sid^tlcl^re fpre(3^en. %hex im 1. unb im 14. ^erfe
ptte Sol^annejJ nid^t ßid^t ober ßcben ober eine anbere ber „formal öcr»»
gteid^baren ^Benennungen ß^l^rifti" gebraud^en lönnen.
^) ^li^t bie ^jl^itonif^e ober :paläftinenfifd^e, fonbern bie jol^anneif^e
Sogoölel^re allein foU bargefteßt werben. 3n il^rem ^rif^ait liegt ber ^c*
weis bafür, wo il^r 5ln!nü^fung§:pun!t ju fu^en ift.
2) ^oftoUf^eg Seitolter. 2. 5luft. ©. 531.
8) „SSenn man nun bcnnod^ glaubte, unter biefem Sogo§, ber anf&ngli^
bei OJott ift, ba§ SSort be§ ©bangcliumS öerftel^cn ju bürfen, fo ift ba§
wol^l al§ ©rllärung be§ S3egrip ni^t ri^tig, unb bod^ ift bie gäl^rte nid^t
ganj eine falfd^e. ^a§ rid^tige baran ift, ba^ e§ fic§ um ein SWittelglicb
bei ber Übertragung jeneS ^Begriffs l^anbelt. Sdngft ift für bie Seigre be§
^öangeliumö bie Söejeid^nung SSort ÖJotteÖ köyog rou (^soC gelaufig ge*
worben, unb e§ finb namentlid^ fpatere ©d^riften, wie bie £ula§fd§riften,
weld^c biefelbe mit Ißorliebe gebraud^en " ^. a. D. ©. 532.
— 117 —
eine t)iel ßxöfeete Sebeutung/) eine öebeutung, bie [x^ auä) butd^
eine ©tatifii! beö ©ebraud^ö ni(i§t ganj batfiellen läfet. 3Ran l^at
^äufi0 batauf oufmetff am ßemad^t, bafe $ebr. 4, 12 in ber
tealifiifd^en Slrt vom SOBorte ofe einet wirffamen 3Jla6)t ju tcben,
bem jol^anneifc^en ©ebtaud^e beö SBorteö nal^e fiel^e. 6ä l^anbelt
fid^ aber nic^t bloß um biefe einjelne ©teile, fonbetn um bie
SBebeutunß, bie bem SBorte ©otteö in bet apojiolifd&en ©emeinbe
butd&gel^enb beigeleßt ift. 2lu^ bie ßlitifioloßie beö ^ebräetbriefed
iji üom ,,2Botte" auö gebilbet. ^efus ift für ben ^ebräerbrief
^propl^et, b. 1^. ber SSejxfeer unb öringer beö 2Borte§ ©otteä:
butd& i^n ,,rebete" ©Ott. 3)er 2lnfto6, ben ber ^ebräerbricf be-
feitigcn fott, befielet barin, bafe ben Sefern ber Sefifc ber neu^
tejiamentlic|en ©emeinbe ju gerinöfügiß erfd^eint: 3efu§ rebete,
TOäl^rcnb bie ©emeinbe einen l^anbelnben, fd&affenben, bie 2BeIt
üetflärenben (Sl^riftuä ermartete. 2)em geßenüber leitet ber Srief
bie ßefer an, 3efu SBort als bie umfaffenbe ©abe ©ottes ju
^^äftcn. ®iefe aRad^t ^at eö, weil eö afe 3efu SBort ©otteö
5Bort ifi. 3)ie umfaffenbe Sebeutung beö SBorteö 3efu unb ba-
mit ber apoftolifd&en ^rebigt ju begrünben, baju bient ber gange
cxfte S^eil ber ßl^rifiologie beö Sriefeö. 3QBät)renb ber 2lnfto§ ber
©emeinbe barin befte^t, bafe am SBeltlauf burd^ ^efu Äommen
ni(!^tö geänbert ift, ba§ beöwegen bie auf i\)n geftellte (grroartung
cnttäuf^t unb ber 2lbfan gered^tfertigt ju fein fd^eint, jeigt ber
Srief, bafe bie ©emeinbe mit 3efu SBort ©otteö ganje (äaU
beult.
©ine äl^nlid^e Seobad^tung lä^t Rd^ im erften ^etruöbriefe
mad&en, 1, 24 ff. 3)ie SBiebergeburt jum ewigen Seben gefd^iel^t
burd^ baö ewige SBort ©otteö, b. 1^. burd^ baö SBort ber eoan^
gelifd^en aSerfünbigung , roeld^eö an bie ©emeinbe gefommen ifi.
3n berfelben SBeife wirb bie ©rjeugung ber ©emeinbe 3af. 1, 18
auö bem aSBorte abgeleitet. 2)ie rettenbe SRad^t ift baö SBort.
älud^ $auluö be^anbelt baö äBort ©otteö alö ©otteö äRadbt, bie
bie ®rrettung fd^afft, SRöm. 1, 16; 1. Äor. 1, 18; 2, 4; 2. Äor.
6, 7; 1. 5C^eff. 1, 5. 3lm eigentümlid&ften ift biefe 3lrt, x)om
„aOBorte" ju fpred^en, befanntlid^ in ber 2lpoftelgefd^id^te auö=
gebilbet.
35iefer auf baö „SBort" gerid^tete ©laube ift l^iftorifd^ fe^t
*) SJgt Bremer s. v. koyog.
— 118 —
TOO^I t)erftänbli($. ®r cntfianb birelt auö bct ©ituation bcr Sipofiel.
3nbcm fic [xä) aU bic Sringcr beö ^immcltcid^ö , beö eroißcn
Scbenö, bcr 58erföl^nunö, beö ©ctftcö anfallen, waren fie in i^rer
in bie erfal^rbare aBirÄi(i^feit fallenben aBirffamfeit auf baö SBort
befd^ränft. ^urd§ ben @($[u^ bes ©laubend n)irb nun aUed, wad
ftd^ Don ißoffnuna an ben ßl^rifiuönamen anfnüpft, and SEBort
gel^eftet. 3n berfelben SBeife einißte aber weiter rücfraärtö fd^on
Sefuö felbft bas 33efenntniö ju feiner SKeffianität mit feiner auf
baö aOBort eingefd^ränftcn aBirffamfeit. 3)ie eJ^age, in roeld^er
SBeife fid^ baö 3Wad&tbeu)u^tfein 3efu mit ber beobachtbaren SBBirfc
lid^feit »ertrug, wirb x)on allen ©loangelificn fo beantwortet, bafe
er feinen SWad^tbefifc in feinem SBort ftd^ gegeben wußte. S)arum
eint fid^ aud^ bei ben Spofteln in jwanglofcr unb gefd&id^tlidj
oöllig oerftänblid^cr SBeife baä Sefenntniö jur SKeffianität 3efu
mit ber ©rfa^rung ber oollen gefd^idbtUd^cn SBirf lid&f eit , in ble
feine ©fifienj eingefd^loffen war. S^bem um beöwillen bie au^
i^n geftellte Hoffnung nid&t auf baä aWafe beö 6rfat)rbaren l^erab-
finft, fonbern ftd^ in ber ^ö^e ber mefjtanifd^en i&offnung l^ölt,
wirb atteä, was biefe Hoffnung umfafet, an fein SBort gefnüpft.
Stuf biefe SBeife wirb bie a3ejal^ung ber SWeffianität 3efu jum
(Stauben unb jwar jum ©lauben an fein SQBort. 2)aö SBort Ifi
ber ,,©amc", bur^ ben er baö 3tcid& wirft, baö unfd&einbare
©enffom unb ber ins SKe^I gelegte Sauerteig, ^eilid^ wäre
biefe ©ad^Iage gefd^id^tlid^ gar nid^t benfbar, ol^ne fein bas SBBott
bcgleitenbes SOBerf, wel(^eö eben bafür forgt, ba§ bie auf S^fwö
geftellte Hoffnung nid&t auf baä SRafe ber empirifd^en SBirflid&feit
I)erabftnft, b. l). ungläubig wirb. SlHein bie ©inigung beö Se-
fenntniffeö jur aRad&t mit ber ©rfa^rung ber 3Wenfd^Ud&feit 3efu
ooffjog fid^ bod^ baburd^, bafe man in feinem SBortc (Sotteö 3Wad6t
erfannte.
S)ieö gilt befonberö von ber Scbeutung, bie in ber Jol^an-
neif(^en S)arftellung bem SBorte 3efu im 3Ser^ältniö ju feinem
SBerfe beigelegt wirb.
3efud giebt feinen SBerfen ein boppelteö SJer^ältniö ju feinen
Borten: baö 2Berf fte^t \)'6\)tx afe baö SEBort, eö ift bad mäi^'^
tigere ©laubendmotio, weldfees feine SBirfung audb bann nod^ ju
enei^en Dermag, wenn ba§ SBort oerfagt, 10, 38; 14, 11;
15, 24. 9lls aRad^terweiö fte^t baö SSBerf, bie ftd^tbar nad^ außen
tretenbe, 2;i^atbeftänbe fd^affenbe SBirfung über bem SBort. 3)enn
~ 119 —
im SBcrfe jcigt 3efuö feine ©inl^eit mit (Sott in unraibetfpred^Rd&et
^eife. S)aö SBetf geiDinnt getabe beöl^alb ctpl^te S3ebeutunö,
metl mit bem kommen beä ßl^rifiuö baö ißimmelteid^ nid^t offenbar
mirb. SDaö SBetf jeigt, bafe eö 3efu« ni&t an bet beim ß^tifiuS
crmarteten 'Sfla^t fe^lt. ®§ loergröfeert beöroegen bie ©(^ulb bed
«oifcö, 15, 24. Sol^anneö berid^tet alfo baöfelbe Urteil 3efu,
mie bie Spnoptifer: bie ©d^ulb ber galiläifd^en ©täbte wirb ba^
bur(äb grofe, ba§ fie 3efu SBunber fallen, 2lnöefi(ä^§ ber citierten
Säotte ift es freili(ä& oöDig loerfel^lt, bem Sol^anneö ben mobemen
IScbanfen unterjufd^ieben, bafe baö SBcrf nur alö erläutentbeö
©ijmbDl einen 3Bert l^at, roäl^renb baö SBort bie ,,58er0eijiigun9"
t)er X^at biete. ®in ßl^riftuö, für ben eö nur ein 3teben, unb
nid^t ein ^anbeln, nur SBol^lmoEen unb nii^t SBol^ltl^at, nur
ol^nmä(^tiöe ®üte göbe, ifi für ü^n nid^t möglid^. ©ntmeber wäre
bie ®in^eit 3efu mit ®ott jerriffen, wenn gefuö nur an ©otteö
^ort unb nid^t an feinem ^anbeln 2lnteil l^ätte, ober bie ©d^ranfe
läge gar im ©otteSgebanfen felbft: ein fold^er ß^riftuö würbe
«inen nur rebenben, nid^t aber l^anbelnben ®ott oorausfefeen. 35ie
mad&t über bie Jlatur ift ein für ®ott unb alfo für ß^riftuä
«benfo mefenttid^eö 3lttribut, wie bie 3Rad^ über ben ®eifi.
Mein inbem Sefuö 4, 48; 20, 29 einen ©lauben tabelt,
ber bem S^^eifelnben erft bur^ baö 3^i<ä^ß" abgenötigt toirb,
fprid^t er inbireft baö Urteil auö, bafe fein SSort mel^r ift, alö
fein SBerf. 3)enn jener 2^abel verlangt nid^t, bafe ber ©laube
ftdp an bem (Geringeren genügen laffen müfete, fonbern bafe er
ba^ SBort alö baö 2Sertt)ottere fd^äfeen müfete. SDie ©d&ranfe
bicfeö ©laubenö liegt in hzm ifim ju®runbe liegenben 33egel^ren.
®r »erlangt fad^lid^e ®aben anftatt beö aSorteö. 3)arum fteHt
Sol^anneö biefen ©lauben in ©egenfafe ju bem ber Samariter,
ber um feineö SBorteö mitten entfielet, 4, 41, unb feinen ®runb
im ^ören l^at, SB. 42. 5Diefer ®laube äußert fic^ beöroegen aud§
nid^t in ber Sitte um naturl^afte SBirfungen, fonbern in bem auf
feine ^erfon gerid&teten Segel^ren: fie baten i^n, bei il^nen ju
bleiben.
aSie S^fwö ben ®lauben um beö SBunberö mitten ivm
©louben an fein SBort tierauf^ebt, fott bie ©rjöl^lung 4 , 46 ff.
feigen, ^bem ber Äöniglid^e auf S^f^ SBort l^in glauben mufe,
fott fein ®laube an ^efuö über bie ©d&öfcung feiner ^ülfe l^in^
ouögel^oben werben jur (Srfenntniö ber SBlad^t unb ^errlid^feit
— 120 —
feines SEBorted, alö beö größten Sefifecß 3cfu. 2)icfe ©d&äfeung
beö SBotteö but(^}ie^t nun boö ß^nje ©loangelium. 3luf einen
umfaffenben 3luäbrud ift fte in bem 33efenntniö flebrad^t, bafe
3efu SBott bas emge Seben Dcxmittelt, 5, 24; 6, 63. 68; 8, 51,
SDa Sefu SBort ju ben 30^8^^" ^föm, fo ftnb jxe rein, 15, 3.
©roigeö Seben wirb niemals an S^fu 3Betf, fonbem nur an fein
SGBort öefnüpft. 3)er Sebeutung, bie bem SBorte QZiebzn wirb,
entfptid&t ber SBert, ber bet ©tfenntniö beigelegt ift unb bie
©teDung; bie bie aSal^tl^eit etl^ält. 3Kan befiniert ben jol^an^
neifd&en ©ebanfen ni^t beutlid^ genug, wenn man von einem
©rfennen, meld^ed auf „innerer ©emeinfiaft" rul^t, rebet, ober
mie SBeife ju 17, 3 t)on einem „©id&oerfenfen in baö l^öc^ftc ®r-
fenntniöobjeft", einem „geiftigen 2lnfd&auen". 2)ad ®igentümK(§e
beö. ©ebanfenö liegt loielmel^r barin, ba^ für Soi^anneö beim
SBcrftel^en, menn eö auf 5ßerfonen, jumal auf ©Ott gerid^tet \%
feiner ber beteiligten paffio bleibt. SBie ber SBerftel^enbe ni^t
paffit) einen ©inbrucf aufnimmt, fonbem mit feinem SBegel^ren in
ben anbern einbringt, fo nimmt ber anbrc nid^t bie Stellung
eines rul^enben Dbjeftes ein, fonbem er bleibt ^erfon. 2)as
aSerftänbnis läfet fid^ nid§t erreid^en, menn er fid^ nid^t ju erfennen
giebt. 3)abur(^ unterfd^eibet fid^ bie 5ßcrfon t)on ben fad^lid^en
Dbjetten beS SBerftefienS. SDer ©rfennenbe unb ber ©rfannte finb
beibe altix) unb beibc receptio. 3)aS oerftel^enbe (ginbringen beS
einen ift nur möglid§ burd^ ein mitteilenbes ©id^öffnen bes anbem.
SBerftänbniS ift ftets etmas ©egenfcitiges, fid^ SebingcnbeS.
SBie SefuS bie ©einigen fennt, fo mirb er Don il)nen er^
fannt 10, 15 unb wie SefuS ben SBater fennt, fo fennt ber SBater
il)n, 10, 15. SDem entfprid^t es, bafe bas JRefultat bes ©rfennenS,
bie aOBal^rl^eit, als eine objjeftioe aJlad&t erfd&eint, bie nid&t unter-
f)alb beS (grfennens fielet, als fein ^ßrobuft, fonbem oberf)alb bes^
felben, als bie baS ©rfenncn regicrenbe SKad^t.
3)ie tiefere Sebeutung bes SEBorteS |)ängt bamit jufammen,
bafe es allein oermag, ©rfenntnis ju geben. 3n biefer SBesiel^ung
ift bas SBerf ftumm, ber SDeutung bebürftig, weS^ialb ben SBBerfen
fiets beutenbe SReben folgen, bie il^nen il^re SBBirfung fidlem follen-
3)as aOBort bagegen begrünbet besl^alb SBerftänbnis, weil burd&
basfelbe ^t^m fid^ felbft öffnet, ©ein innerfies, perfönlid^es, gei-
ftiges 2Befen oermag er nid&t im SBerf barjufteHen, fonbem nur
nod^ ins SGBort ju faffen. ©ein lefetes ^kl ift, ©emeinfd^aft mit
— 121 —
ftd^ felbft in ftiften, ftd^ felbft ^u geben. Sid^ felbft aber fann
er nm nod^ im SBotte geben, ©cift läfet ftd^ nur inö 2&ott
faffen. 3)ieö wirb in bem Sffiotte 6, 63 außgcfprot^en. 2öte
Won feftöeftettt ift, faßt biefer ©pru*, bafe 3efu gleifd^ beöl)alb
Seben f(^afft, roeil but(^ baöfelbe ber ®eifi wirft, ^niüiefern
bur(fi Scfuö ber ©eift toirft unb warum er eineö 3Jlenfd^en bebarf,
um ju mirfen, beibeä erWärt ber ©d^Iujs be§ ©prud^eß: S)er
©eift wirft burd^ 3efu gleifd^, infofern feine SBorte ©eift unb
Seben finb; in feinem „%UxW ift ©eift, ba er in feinem SBort
ift. Unb tim beöl^alb, weil ber ©eift beö SBorteö bebarf, um
JU wirfen, bebarf er eines SKenfc^en.^) SBeil bieö bie öebeutung
fcincö SBorteö ift, fo giebt 3of)anneö 3efu SBort als feine ©elbft^
mittcilunö.'O 3^f^^ ^^'^^^ ^^^ ft^ f^'tbft, ba er fidb felbft burdfes
aBort mitteilen will. 2Bie allein baö aßort bie 5ßerfon ^efu in
ftd^ JU f äffen loermaß/ f o loermag eö aud^ allein in baö perf ön^
lidöc ö^iftige innere beS 2Kenfd&en ju bringen. 2)ie natur^aften
SBirfungen 3efu bleiben bem SJlenfd^en ttroa^ äufeerlii^eö. S)aS
SBort fielet als ©ingriff in ba§ perfönlid^e geiftige SBefen beS
3Jlenfd&en pl^er als baö SBerf, ba biefes nur ein geftaltenber
eingriff in bie 5Ratur ift. 2lllein von S^fw SBort gilt, bafe es
(Seift unb Seben ift. ®S ifi bie Sebeutung ber ©d&lufeworte bes
12. Kapitels, bas ©ewid^t bes SBorteS 3efu Jöeroorjulieben :
von ber ©tellung ju feinem SBorte l^ängt bas aSert)ältniS ju il^m
felbft unb bamit bas SBerl^ältniS jU ©Ott unb bas befinitioe
©efd^idE bes aWenf^en ab. ©ein SBort ift bie ri(^tenbe 5IJiad^t
unb jwar in einem fold^en Umfange, bafe SefuS fagen fann:
nid^t id^ rid^te, fonbern mein SBort.
3n basfelbe SBerpltniS wie ju fidö felbft, ftettt 3efuS bie
jünger ju ©Ott. 3nbem fie wie von il^m, fo aud& t)on ©Ott
ni(^t fad^lid^e natur^afte ©aben, fonbern i^ri felbft, ©emeinfd^aft
mit il^m, aSerftänbniS ©otteS erwarten follen, f)abzn fie ©ottes
*) S'iebenbci bemer!t crgiebt ji(j§ l^ictauö, wie öcrfel^rt eS ift, bie S^l^efe,
ha^ ber ®eift bur(3^§ SSort wirlt, in QJegenja^ ju ber anbern ju fteHen,
*ba6 er burij^ SRctifd^cn, burd^ ^erfonen wirft. Söeil er bur^ ^erfonen
wirft, f4) wirft er burd^S SSort unb untgefel^rt.
*) 9(Rögnd^erweife l^at aud^ ba§ biel umftrittene SSort 8, 25 biefen Sinn:
^ic 5lntwort auf bie grage: wer er fei, lautet: öon öornl^erein (ober: ganj
unb gar) waS id^ aud^ rebe ju eud^. Seine $erfon liegt in feinem SSorte,
fein SBort ift er felbft. ^gl. Sutl^arbt unb Sd^latter g. b. @t.
— 122 —
aBort als feine innetlid^fie unb tieffie Oobe, in ber ftc il^n felbfl
l^aben, ju fd^öfeen. 2)arum ^ebt Sol^anned an ber ©teile, in ber
et jufammenfaffenb S^f« Sebeutung audfprid^t, l^etoor, ba^ et
ben x)etbotöenen ®ott butd^ö SBott bem ©tfennen bet SRenfd^en
nal^e bxa^tt, 1, 18 ixstvog igiyy^aaTo. ^nhtm 3efuö afe
äuöleßet bejeid^net witb, foH auöflebrüdt werben, ba^ et bnrd&Ä
2Bort ©Ott erfennbar ma^te, bafe er aber baö 2Bort nid^t pro-
buciert, fonbern bafe es ein il^m gegebeneö ifi. 2)a Sefuö eben
inbem er burd^ö SBort wirft, mit feinem eiflenen SBefen ©otted
innerfieö petfönlid&eö SBefen öffnet, fo ift bad „SBort" ber treffenbjie
Sluöbrud für baö SSer^dltniö 3efu ju ®ott. älö bie Offenbarung
bed geiftartiflen , perfönlid^en ©otteö ifi Sefuö bad perfönlid^e
SBort.
35ie Sebeutung, roeld^e bie Slnlnüpfung ber ©l^riftologie an
bie Sogoälel^re l^at, wirb Har, rotnn man auf baö aSerl^ältniö bet
jol^anneifd^en ß^rifiologic ju ber Stuftbilbung berfelben in ben
übrigen neuteftamentlid&en ©d^riften ad^tet. aBeijfädEer*) bemerlt
über baö 58er^ältniö ber paulinifd^en jur jo^anneifd^en ei^tifto^
logie: „®ie ßel)re von bem göttlid&en Sogoö afe bem gottwefen^
gleid^en unb einzigen ©ol^ne ©otteö, weld^e baö ©üangelium an
bie Spifee fiellt, ift bod^ ztvoai ganj anbres afe bie paulinifd&e
Seigre von bem ©ol^ne ©otteö afe l^immlifd^em ©eiftroefen, ber
gleifd^ angenommen l^at. 3)er ©ol^n ©otteä im ©inne bed ^au^
lud ifi nid^tö anbreö afe ber t)on ®ott t)oraud bereitete SKeffta«
unb ©rlöfet; unb wie er fid& benfelben beult, bad ifi ganj von
biefer feiner 93efiimmung abl^ängig, unb fü^rt beöl^alb weber jur
wefentUdben ©ottl^eit, nod& ju ber fodmifd^en Sebeutung, wcld^e
il^m baö oiertc (goangeliitm beilegt."
5Dafe fid^ ^Paulus ßl^riftum afe 3Wenfd^en präejiflierenb ge^
bad^t l^abc, wie SBeijf ädtcr ^) mit anbern annimmt, beruht auf
einem aWifeoerftänbnis von 1. Äor. 15, 47.*) SSielmel^r l^aben
gerabe bie weitefigel^enben Sefenntniffe beö ^Prologs, bie bie fau^
*) S)ic ?lu§fül^tung jcigt, baft §arna(f nid^t im 9led§tc ift mit bet Sc*
mertung, bag „in bem bicrtcn ©öangclium leine SJcrbinbungSlinie gebogen
fei jwif^en bem iperfönlid^en Sogo« unb bem ßogo« al« (äJnabenbotf^aft
OJotteS."
«) ©. 530.
») ©. 120 f.
<) SSgr. eJreifj^warbcr ©tubien, @. 209 f.
— 123 —
t
fale unb ftnalc ©teDung 3efu jur SBctt auöfprcd^en, il^rc unjroci^
bctitißcn ^parallelen bei 5ßaulu§ unb im ^cbtäerbrief. SDiefer
^l^atfad^e ßeßenübet ifi eß loöDifl unbegtünbet, biefe SuSfagen
bireft ober inbiteft fo ju betianbeln, als wären jie auö ber Sogoon
lel^re entftanben. 35er Unterfd^ieb ber jol^anneifd^en ß^rifiologie
t)on ber paulinif(i§en unb überhaupt t)on ber gemeind^rifiliiä^en
befielet barin, bafe biefe mit bem Seßriff beö ©eiftes gebilbet ift.
2Bir Iiaben jroei ^rifioloflifd^e ©ebanfenrei^en im 5Reucn 2^efta=
ment, bie pneumatif(i§e unb bie Soaoöd&riftoloßie. 3)aö SBer^ält?
nid 3>efu JU ©Ott unb feine barin begrünbete Stellung jur SBelt
erflärt man fid^ baö eine 3Jlal burdö ben SKittelbegriff beö ©eifieS,
baö anbre 9WaI bur(^ ben beö SBorteö. 3^^^ Sogoäiä&riftologie
gel^ört in geroiffem ©inne aud^ ber ^ebräerbrief. SBenn man
nun nad^ ben 5IRotipen ber Sufnal^me einer £ogoöIe|re fragt, fo
i|i baö ^Problem genauer bal^in ju formulieren: aud roeld^em
©runbe mirb bad SBer^ältniö 3efu ju ©Ott fiatt burd^ ben Se=
griff bcö ©eifteö burd^ ben beö SBorteö befiimmt? SBerbrängt
Töirb ber ©eiftgebanfe nid^t. 2lud6 für ^ol^anneö ift S^f^ö i>cr
aus bem ©eifte gebome ©ol^n ©otteö, ber 2:räger beö ©eifieö
©otteö. 2)ie pneumatifcöe ©l^riftologie fott alfo burd^ bie Sogoö-
^riftologie nid§t foioo^l erfefet alö erläutert loerben-O 3Ba§ für
einen ©runb fann biefe ©eftaltung' ber ©l^riftologie ^aben? 6ö
leud^tet ein, bafe man, roenn bie ^rage fo liegt, oon einer 3iüc!=
ftdjt auf bie „©ebilbeten" ni($t mel^r reben barf.
35ie aSertung beö SBorteö in feinem aSerl^ältniö jum SBerr
im Sol^anneöeoangelium fül^rt auf eine anbre ©pur, bie fid^ aud^
fonfi im bleuen 2^eftament oerfolgen läfet. 2)ad SBort wirb, mie
fid^ gezeigt l^at, aU Eingriff in baö perfönlid^e, geiftige Seben
bem aCBerf alä SBirfung auf bie SRatur übergeorbnet. SBort unb
SBerf aber werben beibe x)om ©eifte abgeleitet. 9lun ift in ben
neuteftamentlid^en ©d^riften * ju erfennen, bafe bie naturartigen,
tounberl^aften SBirfungen beä ©eifieö in ben apoftolifd&en ©e-
tneinben leid&t überfd&äftt unb feinen innerlid&en geizigen SBirfungen
gegenüber in ben SBorbergrunb gebrängt würben.
») ^Ql Sd^lattcT, ^cr QKaube. 2. ^tuflage. ©.. 147: SBill man öon
einem gortfd^ritt in ber ß^riftologic bei Sol^anncS fipred^en, fo befielet er
barin, bag er bur<j§ ben iBogoSgebanlen ben ^Pegriff gegen ISerflad^ung
energif(^ gef^ü|t l^at.
— 124 —
©(^on in ben f^noptifd&cn ©oangclicn roirb auf bicfc 6r=
fd^cimmß 3lücffid&t öenommcn. SRattl^. 7', 21^-23 tpcnbct ftd^
gegen fold&e, roeli^c weiöfagten, 3)ämonen oertticben unb oiele
Sffiunbet traten. S)ieö finb bie ©tücfe, bie man in bet apo=
ftolifd&en ©emeinbe alö SJBirhtngen beö ©eifteö f(]^äfctc. ©ie
werben aufgejä^lt alö ber unroiberleglid^e Seroeiö für bie ®c=
nieinfcä^aft mit 3efuö unb als öeßtünbung beö änteife am
^immelteidö: gerabe in ber munberl^aften 3lrt i^rcr SBerfe liegt
für bie JRebenben bie überjeugenbe Äraft i^reä 2lnfpru(ä&ö. '^xi
biefem SEBorte fprid&t fid^ alfo eine abfolutc ©d^äfeung ber natur-
^aften SBirfungen bes (Seifteö auö : fie begrünben einen unjmeifel-
l^aften 2lnfprud^ an baö ^immelrei(^. Die 2lntmort 3efu jerftört
biefe SHufton: fie tl^aten bie ©ünbe. ©erabe weil fie burd^ ü^re
d&ariömatifd&e ^Begabung ben öefifc beö ©eifteö bemeifen, fo werben
fie um i^rer (Sefefeloflgfeit mitten nermorfen. 3li^t natur^a^e
SBirfungen, fonbern baö SC^un beö aBittens ©otteö ift baö 3iel
3efu unb be§ ©eifteö.
3Kit einer Überfd^äfcung naturl^after d^ariömatifd^er ^Begabung
f)ai befanntlid^ aud& ^pauluö in feineti (Semeinben ju fämpfcn.
1. Äor. 13 mirb ben 3Birfungen beä ©eifteö auf bie 5Ratur bie
ßiebe als fein eigentlid^eS innerlid&eS 3^^^ gegenübergefiettt. ®iefe
beiben §3eifpiele jeigen, bafe es fid^ nid^t um oereinjelte, gelegent-
lid^e jufättige SSerirrungen , fonbern um meit t)erbreitete, tief^
greifenbe ©efa^ren ^anbelte.
♦ aOBenn nun aus ä^nli(^cn ©rünben im ^ol^anneSetjangelium
Sfefu SBort über fein SBerf geftettt mirb, fo mirb man bas aMotit>
ber Erläuterung ber pneumatifd^en ©J^riftofogie burd& bie Sogos^
d^riftologie in biefer SRid^tung ju fud^en ^aben: inbem ber aus
bem ©eift ©rjeugte baS SBort genannt mirb, fott einer Jlaturalis
fierung bes ©eiftbegriffs unb bamit einer aSerftad^ung ber ©^rijlo::
logie Qmzf)xt merben: als baS eigentlid^fte ©rjeugnis beS ©eiftes,
als feinen abäquateften 3luSbrucf ^at bie ©emeinbe nid^t feine
natur^aften aOBirfungen; fonbern bas SBort ju fd^äfeen. S)arum
mirb unter ben oorl^anbenen Gegriffen biefer als bie treffenbfie
SBejeid^nung für bas, mas SefuS ift, gemä^lt : nid^t im SBerf,
fonbern nur im aBort oermag ©ott, ba er ©eift ift, fid6 felbft ju
geben.^)
») gal^n, ©. 537 er!(&rt bie SBal^l ber 33eäeid§nung folgenbcrmajen:
Söcil aber biefeS Seben oug ber ftummen SScrborgenl^cit bei ®ott l^crbor*'
— 125 —
2)Qd 9Roth> ber Sogodle^re geitatm einen Sinblicf in i^ren
@tnn. ^nbtm ^^^ned für ben Sobn @otte^ gerabe on ber
@pi^e bed eoangelium^, loo 3^ Ser^Itnid )u ®ott ouf einm
ttmfaffenben äbtsbnicf gebraii^ loiib, bie Sejeid^mmg bed ä&orted
einführt, bejmnmt ex fein Ser^öltnig }u @ott in eigenartiger
2Beife. 3>er Segriff brücft }unäd^ bie »efentlid^ 3uge^örigfeit ju
@ott oud: ber Sogod ge^rt ebenfo niefentli(| ju @ott ote ber
@eifi.O
2)a ©Ott ®eifl ijt, fo ge^drt bad ^SBort^ ju feinem SBefen.
9Bo @ei{t i% ba iß qu(6 Sort )S^a% SBort ijt bie SBeife, »ie
ber @eifl ^ äußert unb bed^lb fein SRerbnoL 2}er Sogoö
forbert nid^t als fein ^rrelat bie Seit itnb ed ifl ni<i^t jutreffenb,
i^n ate ben Offenbarer @otted }u beftnieren. Sie Xufna^me bed
Segriffs ruft im Sponel nid^ ben @ebanten an bie SBelt ^erDor,
}u ber (Sott rebet unb ber Segriff brüctt bedmegen biefen ©e^
banlen anä^ maß auS: bas äSort nmr f(|on im äbifang unb ed
iü JU @ott ^in gemenbet. dUä^t um ber SSelt loillen ^at @ott
einen £ogoS, fonbem er ifl in i^m fettfi^ in feinem eigenen geifi^
artigen SBefen, bas fid^ nur ind Sßort }u faffen oermag, be^
gtünbet. 2)ur(i^ ben So^nednamen mirb bad Ser^ältnid 2[efu
iu @ott aus @otteS Siebe erf lärt : ®otteS Siebe ifl ber ®runb
feines 3)afeinS. Sud^ biefer Segriff giebt i^m ben @runb feiner
giften} auSf(|Ke6U(!b in @ott unb nid^t au(]^ nod^ nebenher in
efnem Seburfnis ber SSelt. aniein inbem bie €^rifio[ogie an
ben SogoSbegriff angefnüpft wirb, wirb fie mit ber @eifiigleit
@otteS in Serbinbung gebrad^t. 3)ie 6^ri{lo(ogie bes @oangelifien
fd^Iiegt fid^ an baS oon @ott gegebene ^!tum an: fie ifl Sr^
fcnntnis 3efu. SÜIcin fie oottenbct fid^, inbem bie n)cfentli<|e
Buge^örigfeit 3cfu ju ®ott erfannt wirb : fie läuft htH)a\i> fpefu-
latio aus: burd^ bie Sogosle^re mirb bie S^riflologie als ein
notmenbigeS SRoment beS ®otteSgebanfenS erfannt.
getreten ... ifl, barum !ann man c3 baS SBort beS ßebenS nennen." «Hein
ein ©egenfot i^^ ©c^weigen ift burd^ bicfe 33c5eid§nung nid^t nal^e gjclegt.
®oS SBort wirb im ©öangelium immer nur öcrglid^en mit bcm SBer!. Äuc^
ift nic^t JU öerfte^en, wie e^ Sal^n mit bem Eingang bt^ ©öangclium«
bereinigt, wenn er fogt: „^Ifo ift okoyog ein 9^ame nic^t be« präejiftentcn
e^riftuS al§ fold^cn, fonbem gerabe beö fleif (^geworbenen."
») 28eiäfä(fer 6. 531, „ol^ne eine weitere Ableitung, al« baß cS jum
SBcfen ©otteö felbft gehört."
— 126 —
^olfemann^) dcmcrft: „3^ä^t nur jum Scflriff bct SBBelt^
fonbern ium SScgriff @otteö gehört bcrfclbe" (ber Sogod). atttein
bcr iol^anncifd^e Sogoö gehört eben nid^t ^,jutn 33egTiff ber SBelt.'*'
3n biefem fünfte nnterfd^eibet ftd) bie jol^anneifd^e Sogodlel^re
x)Ott ber pl^ilonifd^n in d^arafteriftifd&er SBeife. Sefanntlid^ ijl
für 5ß^iIo ber ßogod ein Sinbeglieb jroifd^en @ott unb SBelt.
3!)er Sogoö l^at feinen ^totd in ber ^erfieHung ber Sejiel^ung
jroifd^en ®ott unb SBelt: er ift ein für ben SSerfel^r @otteö mit
ber SBelt notn)enbiged äRittel. 2)cr pl^ilonifd^e Sogod l^at alfo
QÜcrbingö ben ®runb feiner ®Eiftenj nid^t in (Sott allein, fonbern
er gehört ebenfo roefentlid^ jur SBelt.
^er jol^anneifd^e Sogoö gel^ört allein }u ®ott: bied ifl fd^on
bamit audgefprod^en, ba^ er burd^ eine jeitlid^e 93efiimmung am-
brüdlid^ vom ®efd^affenen aufgenommen n)irb: in @ott aDetn
^at er @runb unb ^xd feiner @Eiilenj, nid^t jur SBelt, fonbern
}u ©Ott l^in ifi er geroenbet ngog tov d^eov, 3)ie ©inl^eit t)on
©Ott unb feinem SBort befielet oor unb beö^alb abgefe^en t)Ou
ber SBelt. ©ie l^at il^re Sebeutung in fid^ felbft unb bleibt mit
bem 58er^ältnid ©otted jur SBelt untermengt. S)ied brüdEt bie,
befanntlid^ im ©oangelium 17, 5 mieberfel^renbe jeitlid&e Se^
ftimmung auö.
3)iefer 3^8 i^^^ jol^ianneifd^en ßogoöle^re ift foroenig neben^
fäd^lid^ ober jufällig, bafe er im ©oangelium regelmäßig loieber::
f^rt. ©efliffentlid^ n)irb ber ©ebanfe, bafe ^efuö für baö SSer^
l^ältniö ©otteö jur SBelt bie Stellung eines bienenben aWittel^
gliebeS einnel^me, abgemel[)rt. 3)ie SBelt fielet nid^t als ber bem
Sogoä geftedte S^zd, um beäroiHen er ba ift, über il^m. S)ie
2lnmenbung beö meffianifd^en ©ebanfenö auf 3[efuö ergiebt oiet
me^r ben Äanon, bajs bie SBelt fein Eigentum ift. 25ie burd^^
fd^lagenbe SJebeutung biefeö ©ebanfenö für bie jo^anneifd^e
ß^riftologie liegt auf ber ^anb. '^n ©Ott ^at er, toie ben
©runb, fo aud^ baö 3^^^ ]tim^ ßebcnö. 9lid^t um ber
SBelt unb ber aJIenfd^en willen ifi er ba, fonbern umgefel^rt:
bie SBelt ift um feinetroiHen ba, fie ift fein Eigentum, ©iefeö
Seroufetfein beftimmt bie ganje igaltung ^t^n im ©oangelium:
fo fe^r ber ^err als ber S)iener auftritt, fo bleibt bod^ fein
Dienft an ber SBelt in feinem Dienft an ©Ott begrünbet
1) ©. 392.
— 127 —
unb barum burd) bcnfelbcn begrenjt. 35a er um ©ottcö xoxüm
lebt, fo bleibt trofc feines ©ieufteö an ben 3Kenfd^en, feiner i0in=
gäbe an bie 3Wenfd&en fein 3^^^, bafe ®otteö SBille unb nitä&t,
ba§ ber aOBiUe ber 3Wenfd&en oefd^el^e. ©eine Siebe bleibt vereint
mit bem 3orn gegen bie meufd^lid^e ©ünbe unb mad&t xf)m ani^
ben aSerjitä^t auf ben Sol^n beä SBerberbenö mögli^ 17, 12. @r
Detmag beöwegen vom ®rfolg üöllig unabl^ängig ju bleiben, ßäge
bie aSBelt alö baö 3^^^ f^^^^^ SEBirffamfeit über i^m, fo würbe
buxä^ jcben aWifeerfolg ditä^t unb Äraft feineö SEBirfenö in grage
geficllt. 2)a er aber um ©otteä roiHen lebt, fo bleibt er in feiner
aOBirffamleit oon ber aOBelt gänjlid^ unabl[)ängig. 6ine dit^U
fertigung erhält fein SSirfen nid^t burd^ ben ®rfolg, fonbern ba-
bur(ä^, baj5 er ©otteö SöiHen t||ut. S)er ©oangelift jeigt bed?
wegen, bafe 3efu SC^un ni(ä&t burd^ 3wedEmä§igfeit geregelt ift:
er pafet fid^ ber Slrt ber 3Wenfd§en nid^t an, er rid^tet fid& nid^t
nad^ i^nen unb fud^t feine SSermittlungen, er tl[)ut oielmel^r bie
,3öl)r^eit", er ift in feinem SBirfen allein oon @ott äbljängig
unb „fielet" unb ,,l^ört" aud^ nur auf ©ott: er rid^tet fid& nid^t
nadft ben SEBünfd^en feiner Umgebung, fonbern roartet auf feine
„@tunbe".
3lm fräftigjien ift bie auöfd^liefelid^e 3w9^^örigleit 3efu ju
©Ott 5, 23 auögefprod^cn. gefus ift baö ©erid&t, bie SCoten-
erujedhmg unb bamit bie i^öd^fte X\)at ©otteö übertragen.
SBarum? 35amit ade ben ©o^n eieren, wie fie ben aSater
eieren. @ott rid&tet fein SBerl nid^t beö^alb burd& il^n auö,
weil er felbft etwa eineö fol(|en SJlittelgliebeö bebürfte, ober weil
ed um ber SBelt willen aus irgenb einem ©runbe notwenbig
ober jwedEmäfeig wäre, fonbern bamit SefuS göttlid^e 6^re empfange.
SDafe ber ©o^n baö 3iel ©ottes unb nid^t baö 3Kittel ©otteS
ift — ober oielmelir nur beSwegen fein 3Jlittel, weil fein 3^^^,
lönnte nid^t ftärfer ausgebrüdt werben. S)ie 58ermittlung beS
göttlid&en SBirtenö burd^ 3efuS ^at jum einzigen ©runb unb
3we(f, baj5 Sefuö feiner ©ottl^eit entfpred^enb als ©ott be^anbelt
werbe. S)er ©ebanfe liegt burd&aus in ber Äonfequenj bes 33e-
!enntniffes }ur ©ott^eit 3efu. ©o gut es eine aSerleugnung ber
©ott^eit ©ottes wäre, wenn man i^n als 3Jtittel ju einem über
il^m liegenben 3«^^^ be^anbeln woßte, fo gut folgt aud^ aus ber
®ottl)eit 3efu, ba§ nid^t er in ber SEBelt, fonbern bie SBelt in
i^m il^r 3iel erhält unb jwar weil ©ott nid&t in ber 2Belt, fom
— 128 —
bern in i^m ficö ba§ 3^^^ f^i^^^ ißonbelnö, aud& feine« SBBirfenö
in ber SEBelt giebt: bet 33ater liebt ben ©o^n unb l^at i^m äße
©inge übetfleben.
3luö biefcr Bwß^^örigfeit be§ S090S ju ®ott erflären fid&
aud^ bie übrigen SluSfagen bet Sogoölel^te : aud^ bie SBeltfd^öpfung
ifi burd^ ben Sogoö oetmitlelt. S)a§ nid^t crft bie Slnroenbung bet
Sogoölel^re auf Sefuö biefen ©ebanfen erjeugt ^at, etgiebt fid^, wie
oben bemerft, fd^on barauö, bafe er fid^ befanntlid^ aud^ bei ^auluö
unb im ^ebräerbriefe finbet. 3l&^tx liegt eö, an ben ©d^8pfungö=
berid&t ju benfen, unb bei ben fonftigen Slnflängen biefe« 3lb=
fd^nitteö an ben SInfang bet (Senefis {iv dg/J) ift eö nid&t roaf)x^
fd6einlid&, bafe bet ©öangelift an bie ©d^öpfung bet SBelt butd^ö
2Bott nid&t f oUte gebadet f)abtn : et fielet im altteftamentlid^en 2^ef t
eine SBeftötigung beffen, maö et oom SBotte fagt. äudfe fd^elnt
bie Seobad^tung , bafe im alten ^Tefiament baö SBBott aU baä
3Rittel be§ fd^öpfetifd^en äBitfenö (Sotteö be^anbelt mitb, einet
bet 3lnfnüpfungöpunfte bet paläftinenpfd^en Sogoöle^te gemefen ju
fein. Die JRücffid^t auf ®en. 1 mäte bann f^on butc^ ben Sn-
fd^luB an biefe Sogoöle^te gegeben. 2lbet man lann nid^t fagen,
baB 3ol^anneö feinen ©ebanfen etft auö ®en. 1 l^etauögelefen
i^abe. 6t ctflätt fid& auö bet ßl^tifiologie , meiere baö ganje
©Dangelium bel^ettfd^t, unb liegt im 33efenntni« jut ©ott^eit
Sfefu. S)ie SRegel, bafe aUed, mad bet SSatet tl^ut, aud^ bet
©ol^n tl^ut, gilt in fttenget SlUgemeini^eit unb mitb aud^ auf bie
fd&öpfetifd^e ^^ätigfeit ®otteö auögebel^nt. ©0 gut im ®vaiu
gelium biefe oöHige ©emeinfd^aft ©otteö unb 3^fw ^wf ^'^^ £1^^^
©otteö jutücfgefül^tt mitb, fo gut ift aud^ in bet Sogoäle^xe
biefet ©ebanfe ni($t itgenbmie aud bem ^rozd etflätt.
^n 33. 10 unb 11 metben bie beiben ©ebanfen nebem
einanbet geftedt, bafe bie aOBelt baö Eigentum beö Söotteö, unb
bafe fte fein SBetf ift. S)ie Slnmenbung beö etfien ©ebanfenö
aufS^fwö liegt fd^on in bet Übetttagung beö ß^tiftuönamend auf
i^n. Snbem beibe ©ebanfen nebeneinanbetgeftellt metben, u)itb
il^te 3^föwimengeptigfeit tjotauögefe^t : bie SBelt fann fd&liefelid^
nut beömegen Eigentum beö 2Botteö fein, meil fte fein SBetf ift.
gtaglid^ ift befanntlid^, auö roeld^em ©tunbe auöbtüdflidb bet
©ebanfe abgerael^tt roitb, bafe oon bet ©d^öpfung butd^ ben Sogoö
uid^tö ausgenommen fei. 3)ie SBejie^ung auf ben aßcltftoff lann
aud^ ^ol^mann ,,nut alö eine jufätlig offen gelaffene SUlögUd&feit
^
— 129 —
be^ 5Dcnfenö, uic^t alö ©egenftaub einer auöbrüdlic^en Sc()re"
X)ctfiel^en. S)iefe 33eäiel^unö tft but(| nid^tö' begrünbet. 2lbet ber
©Dangelift fd^reibt feine gebanfcnlofcn unb jroedlofen Säfee.
^tgenb einen ©runb niufe biejc SSetfid&erung ^abm. @r läfet
ft(^ im ©oangeüum etfennen. S)ie S;i^atfa(|e, bafe bie SBelt burc^
baö aOBott würbe, fte^t in ftarfem Äontraft ju ber anbern, bafe
bic SBelt il^n nid&t etfannte, 58. 11. 5Darauö, bafe fie fein SBerf
toar, l^ätte eigentlidfe folgen muffen, ba^ fie if)n erfannte. 35ie
aScrftänbniölofigfeit ber aOBelt 3^fwö gegenüber mirb angefid^tö ber
©d^öpferfteHung ^efu jur ©d^ulb.
2lm eigenartigften feiert ber ©ebanfe im Silbe t)om Wirten
unb ber ißerbe Äapitel 10 roicber. Snbem S^f^^ fi<^ init ber
%f)üx jur ißürbe oergleid^t, bejei(^net et fid^ alö ben, ber allein
3utritt jur iperbe üermittelt, ä^nlid^ wie er fid& burd& baö 33ilb
beö 9Begeö ben nennt, ber allein ju ©Ott bringt. 2Ber fic^ ber
(Semeinbe mit Seifeitefe^ung ^z^xx nat)t, ber roirb babur(^ jum
35teb, b. \), er vermag fid& ber aWenfd&en nur mit ©eroalt ju be=
mä(^tigcn, ipäl^renb bie ©emeinbe ben, ber il)r burdö Sefuö ^xx-
geführt roirb, fdfeon bei feinem Eintritt in bie ^ürbe von bem
25ieb unterfd^eiben fann unb i^m ofine ^wanQ freiwillig folgt.
3n ber SBenbung, bie bem ©leid^niö von 33. 11 abgegeben
roirb, besein^net fid^ ^t\n^ nic^t nur alö ben, ber ben Betritt jur
^erbe gerodl^rt, alö ben, burc^ ben man jum Wirten roirb, fon=
bem alö ben ißirten felbft. 2lud6 in biefem ©leid&niö liegt ber
SBcleg bafür, bafe er ber rechte ^irte ift, barin, bafe er „bie
©einen fennt unb bie ©einen it)n". ©d&on roenn er bie ißürbe
betritt, erfennen i^n bie ©dfeafe unb folgen if)m roiHig. 3lud^
bie ^erbe in ber „anbern ipürbe", roirb i^n, wenn er bie ißürbe
betritt alö if)ren Wirten erfennen. 3n beiben ©leidfeniffen roirb
üorauögefefet, bafe jroif d^en ipirt unb ^erbe t)ort)er xxoä) feine 23e=
jiel^ung beftanb. S)aö 3^^^ b'eiber SBergleid^e ift gerabe auöju-
fpre($en, bafe beim erften S^^fömmentreffen von Qixt unb ^erbe
bie ^erbe fofort unb von felbft geroife ift, roer ber redete §irte
ift. ©ben l^ierin befielt baö 3Herfmal feineö ^irtenamteö unb ber
Seroeiö für fein 3ieä^t, rod^renb baö aWerfmal ber 3)iebe barin
befielt, bafe bie iperbe if)re ©timme nidfet fennt unb il^nen nid^t
folgt. S)aö ganje 3ißl beö ©leid&niffeö, bie Unterfd^eibung jroifien
i^en roaf)ren Wirten unb ben S)ieben, bie fid^ nur baburd^ untere
Ijd^ciben, ob fie bur(^ $^efu§ ber ^erbe naiven ober ol^ne il^n, unb
«ütgcrt, ^ie jo^. (S^tifloloöie. 9
- 130 —
bemöcmäfe bie ^etbe folßfam finben ober nid§t, — biefcö 3*^^
bcd ©cbanfenä fc^t t)orauö uub fpricä^t auö, bafe ^cfuö allein eö
t)enna9, menfd^Hd^er ©intoirfung baö Snnere beö 3Renfd^en ju
öffnen. 2)er 2;on ber SRebe liegt barauf, ba§ eine jenfeitä beö
betDujsten 3Setfe^tß unb ber gefcä^id^tlid^en Sejiefiunßen Uegenbe
3Serbinbunö jroifd^en bem Ritten unb ber ^erbe befielt, hierauf
beruht bie gäl^ißfeit ber (Semeinbe roa^rc unb falfd&e Wirten ju
unterfc^eiben unb ben redeten Wirten fofort ju erfcnnen. iß^erauf
beruht tl^re greil[)eit. S)ie falfc^en gül^rer Sf^raelö müjfen bie
(Semeinbe burd& nomiftif(|en Qroan^ tjergeroaltiöcn, wenn Re fie
leiten unb bel^errfd^en wollen. SBenn bie Wirten, bie burd^ 3efus
jt(i ber ©emeinbe naiven, bieö nid^t nötig ^aben, fonbern burdj
i^r aOBort bie ©emeinbe leiten, ite nid^t treiben, fonbern Dotan-
gelten unb gewife finb, bafe bie (Semeinbe il^nen willig folgt, ^o
erflärt fi(^ bieö zbtn baraus, bafe ber ©inroirfung ^t^n ba§
Sfnnere ber ajlenfd&en offen fte^t, bafe er bie „^^ür" jur ©emeinbe
ift. ©eine ©inwirlung reid&t in il^r inneres l^inein unb t)ermag
fie beöl^alb non Snnen l^erauö miliig ju mad^en. S)iefe gä^igfeit,
bie ©emeinbe für bie ißirten jugänglid^ unb miHig ju mad^en,
biefe ©eroife^eit, fofort unb mit ©id^erl^eit alö ber redete ^irte
erfannt ju merben, berul^t nid^t auf ber SBirffamfeit beö „gefd§id&t=
lid^en" 3efu§, ba ber ©rfolg be^felben ja gerabe erflärt merben foll,
fonbern auf einer über bie gefd&i(^tlid^en S^f^wimen^ängc ^inauö=
reid^enben ©emeinfd^aft mit ber ^erbe, bie in ber (Sinfieit 3efu
mit ©Ott x\)xm ©runb ^at. 6r fennt bie ©einen unb bie
©einen fennen i^n vermöge feiner S^gc^örigfeit ju ®ott.
6ö giebt freilid^ nod& @($afe, bie nid^t jur ißerbe gel^ören,
unb bemgemäfe nid^t auf 3efu ©timme pren, SS. 26 f. 3lllein
bieö mirb alö ©d)ulb angefel^en. S)ie SWenfdfeen merben nid&t
naturliaft ju i^m l^ingejogen. ®em (Sleid&niö entfpric^t e§ genau,
menn eö 1, 10 alö unnatürlid^ bejeidönet mirb, bafe bie SBelt i^n
nid^t nerftanb, obgleid^ fie fein SBerf mar. S)ie SRebe fe|t nor=
auö, bafe baö SBort baö Sid^t ift, meld^eö „jeben SKenfc^en er=
leud^tet", obgleid^ fie nid^t alle baö £i(^t in fid^ aufnel^men.
Sluö feiner ©d&öpferfteHung }ur 2Belt folgt, ba§ er 35erftänb--
niö oon i^r ju erwarten bered^tigt ift, nid^t aber, bafe pe il^n
mirflid& nerftel^t. Söol^l aber mirb il^re 5Berftänbniölortg!eit ba^
burd& }ur ©d&ulb. Sefuö trägt fraft feiner (Scmeinfd&aft mit ©Ott
— 131 —
baö 3)Jcrtmal beö ®(|öpfcrö an fid^, weä^alb er bem 3)icnfd^en
von SRatur t)crftänbli($ fein mufe.
35er ©tjangelift lennt aber no(^ einen anbern Urfprung aus
©Ott ober auö ber SBal^r^eit, ber bem Ursprung 3efu auö bem
^ittimel analog ift unb me^r in fid^ f(iliefet aU bie naturl^afte
Slbpngigfeit beö (Sefd&öpfeö oon ®ott. 2Ran ^at i^m beöroeßen
bualiftif(36e ©ebanfen jugefd^oben. Slllein gerabe gegen eine bua=
lifiifd&e Sluffaffung ftd^ert er fein SBort burd^ ben S^f^fc' ^^^
ntd^tö, roaö geworben ift, ol^ne i^n würbe. 3lnr in biefem ©egen?
fafe f)at bie negatioe ©rläuterung beö pofitioen Sa^eö ein oer=
ftänblidbeö, fonfretes 3Jlotio. 3^m entfprid&t in 33. 9 bie SBe^
tonung, mit ber befannt toirb, ba^ baö Sid&t jeben SÖienfd&en
erleud&tet. 3)iefer ©laube fid&ert ben unioerfaliftifd^en ^orijont
beö @oangeIium§.
©eöroegen ift i^m bie fd^öpferifd&e Stellung 3(efu jur 2Belt
unb bementfpred^enb bie natur^afte öejiel^ung ju ben 3Wenfd^en
bebeutfam. S)enn biefem 9Serf)ältni§ ju i^m ift niemanb entjogen.
Slbfid^tlid^ ift ber neutrifd^e Sluöbrucf gebraud&t : nid)tö, aud^ nid^tö
©adölid&eö ift ausgenommen, aud^ bie SRatur, baS „S'f^if^" ^"^'
fpringt ber fd6öpferif(|en 3Jlad^t bes SBorteS. 3n ber erfal^rbaren
SBirflid^feit tritt biefem ©lauben bie „ginftemis" gegenüber, bie
nid&t aus ®ott ift, alles mas feinen Urfprung aus ber SBelt unb
auQ bem Teufel nimmt. Sßenn es ma^r wäre, ba§ für ^o^annes
ber SBeltlauf, nur bie jeitUd^e ©rfd^einung, bas bur(|fid§tige ®9m=
bol jcitlofer 3been märe, fo märe baS Jlebeneinanber jener beiben
©cbanfenreil^en freilid^ unoerftänblid^. Slllein für ben ©oangeliften
l^at bas meltlid^e ®ef(|el^en ben ganjen ®rnft ber 2^l^at, nod&
mel^r beS SBerfeS, b. ^. beS bleibenben ©rgebniffes, meld^es
bem iganbeln entfpringt unb als ein gaftum an ber aSirflid^feit
teilnimmt. Dbgleid& nid^ts bem ©(Raffen ©ottes unb feines SffiorteS
entjogen ift, fo giebt es beSmegen bod& fold^eS, mas nid^t aus
©Ott ift. 5Run ift ^probuftioität im ftrengen Sinn für Sol^anneS
ftets etmas Übermeltlid^eS, 3^«f^WgeS. 2ltle menfd&lid&e ^probufe
tioität ift burd^ SReceptioität bebingt, oermöge beren ber 3Wenfd^ fid^
ber erjeugenben ©inmirfung einer jenfeitigen ©p^äre öffnet. 3n
biefem ©inne fielet ber ©ol^n ©ottes in ber SOBelt ben 2Berfen
unb ben Äinbern beS 2^eufels gegenüber: mäl^renb ber 3Wenfd^ in
feiner ©ünbe receptio ift, rebet ber 2^eufel, menn er lügt, aus
feinem „eigenen", ©o ernfifiaft unb realiftifd^ alfo bie 5ßrobufc
9*
— 132 —
tioität bcs 2^cufclö gebadet ift, fo bleibt bod^ ücmtögc bcr @im=
gung 3(cfu mit bem ©d^öpfer iebet S)ualiömuö fern, ©arum
fielet Sefuö bem, ber in ber SBelt ift, als bet gtöfeete gegenüber.
3Kan befd^ränft bie Sebeutung ber ßogoöle^re, wenn man
t)on „fporabifd^en SBirfungen" beö Sogoö rebet. ©d^öpferifd&e
Stellung unb uniDerfeHe 33ebeutung gehören für ben ©Dangeliften
jufammen. ®r leitet üom SBorte nid^t etma nur biejjenigen ab,
bie aus ber ,,Söa{)rl^eit" ober aus ®ott finb.^) 2lu(| t)on 3n-
farnationen beö SBorteö oor unb aufeer^alb ^e\u ju reben ift
eine miüfürlid^e Eintragung gegen baö auöbrüdflid^e SBort beö
äpoftels: Sefuö ift i^m ©otteä einjiger ©o^n. ebenfo irrtümlid^
mirb aus 1, 10 eine ^mmanenj bes Sogos in ber SBelt l^erauS-
gelefen. 35en ©ebanfen, ba^ ber SogoS ber SBelt immanent ift, fonntc
So^anneS nid^t mit ben SBorten auöbrücfen : er mar in ber SßeÜ.
S)urd) feine ganje 9luSbrudEömeife mirb außer B^^^f^l gefteHt, bafe
biefe SBenbung bie gleifc^merbung bes SBorteS bejeid^net. 2)urc^
biefe „fommt er in bie SBelt'' unb infolge berfelben „ift er in
ber SBelt." @S ift millfürlid^ bem SluSbrud, an biefer einen
©teile einen ganj anbern ®inn unterjufi^ieben.
9ln bas Sefenntnis }ur fd^öpferifd^en 5fJlad^t beS aSortcö
fd&ließt fid^ ber ©afe an: in i^m mar &ebtn. ®as ^wtperfeftum
giebt feinen ©runb, biefes ^ßräbifat auf ben irbifd&en ßebenslauf
Sefu ju bejiel^en, ober oielmel^r ju befd^ränfen, ba eö ja aud^ im
Eingang gebrandet mirb. 3to(| weniger freilid^ barf man bie
3luSfage auf ben ^räejiftenten befd^ränfen, ba fie ja gerabe bie
SBirffamfeit '^t\u in feinem irbifd^en Seben erläutern unb aus
feiner @inl)eit mit @ott begrünben foll. S)aS ^mperfeftum ift
oeranlaßt bur4 ben 3iücfblidf auf ben „Slnfang", in bem baö
SBort mar, unb bel)errfd^t beömegen bie 33ef(|reibung besfelben:*)
bas SBort mar oon Slnfang an ber Drt unb Duell bes SebenS.
2)er ©ebanfe bel)errfd^t bie ß^riftologie bes ©oangeliumö nid^t
nur infofern bas Seben als umfaffenbe 33ejei($nung für SBefife
unb &abz '^t^u genannt mirb, fonbern au(| infofern, als bas
Seben an baS SBort gebunben mirb. S)ie SBirffamfeit gefu be=
mälirt bie ©rfenntnis, bafe im SBorte äzben mar. S)arum i)at
biefer ©ebanfe im ©ingang bes ©oangeliums feinesfalls nur ben
1) ÖJegen ^olfemann n, 358 f.
2) ^a§ gmperfeftum bcr ©tää^rung, ^arnadf ©. 218, 3lum. 1.
— 133 —
©inn, ju erläutern, inroiefcrn burd^ ben Soßoä aUeö geworben
fein fann.
3lx6)t nur biefer eine ©ebanfe, fonbern bie ganje ß^riftoloßie
beö ©oangeliumö baut fid^ auf ber Ji^atfad^e auf, ba^ baö 9Bort
ba§ Seben in fi(| trägt. @lei(|n)0^l befielet jn3if(|en beiben ®e=
banfen ein innerer S^fontmen^ang : al§ Duett beö Sebens ^at
baö SBort an ber ©d^öpfung teil. S)iefer B^f^^^^^^^^i^Ö "^äre
freili<^ nid^t möglich, wenn für Sol^anneö jtüifi^en bem „pl^gfifdöen"
unb beut ewigen Seben ein 2lbftanb beftänbe, ber eö t)ern)e{)rte,
beibe im Segriff 2zbzn jufammenjufafferi. ®n)igeö unb p^gfifdieö
Sebcit finb für ^o^onneö nid^t unoergleid^bar oerfd^ieben, fonbern
baö eroige Seben ift baö n)af)r^aftige, ganje Seben, bie ^integrierung
beö irbifd^en Sebenö. 2)a§ eroige Seben als ©egcnfa^ jum p^g-
fifc^cn ju erllären, pa^t fd&on barum ni(|t, roeil eö fidb ja in ber
9lufcrftef)ung oottenbet. ®ie SluferroedEung, bie '^z\\x^ fid^ beilegt,
ift eine fd^öpferif(^e ^{)at, bie ausbrücflid^ auö bem SebenöbcR^
3eju abgeleitet roirb. 3n berfelben SBeife roirb ber Slnteil bcö
3Borte§ an ber @(|öpfung barauö erflärt, bafe in iljm Seben roar.
SBenn im ©oangelium an Sefu SBort bie Sebenögabe gefnüpft
roirb, fo erHärt fid& aud^ bie§ auö ber fd^öpferif($en 3Kad&t, bie
3iefu§ feinem Söort gegeben roeife: eö giebt Seben unb ©eift.
gür ben (Soangeliften fd^liefet fid^ ber ©laube an bie fdböpferifd^e
Tla^t beö Söorteö 3efu an bie Sr^iatfad&e, bafe ba§ SBort Sefu
aud& bie aWad^t ift, bur($ bie er feine 2Berfe oerrid^tet, 4, 46 ff.
2)afe baö Sid^t nid^t ebenfo unmittelbar com 2Borte abgeleitet
roirb, fonbern bafe ber ©oangelift bie SRei^e: 9Bort, Seben, Sid^t
giebt, ift rool^lüberlegte 2lbfi($t.^) 3^^ Offenbarung ©otteö roirb
baö SBort baburd^, bafe e§ Seben roirft. 2)ie irbif(|e ©jiftenj bes
50Jenfd^en t)erl^üttt eben babur($, bafe fie 2^ob ift, ©otteö SEBalten:
bie SBelt unb baö gleifd^ finb für ben ©oangeliften ginfterniö.
3um S^wß^tt ©otteö unb bamit jum Sid^t, jum ©otteöberoeiö
roirb ber aKenfd& erft baburdö, bafe er am Seben teil geroinnt : mit
bem Seben trägt er bie ®abz unb bamit baö 3JJerfmal @otte§ an
fi(^. @o ift aud^ ^e\n^ als ber Sebenbige unb Sebenfd^affenbe
aud^ ber, ber ©otteä 2Bitte unb ©abc fid^tbar unb gegenwärtig
in bie SEBelt bringt unb bamit baö Sid^t ber 2Belt. SDie mxh
famfeit be§ Sid^teö roirb jebod^ nid&t alö SBertreibung ber ginfter-
1) SSgl. §aruac! unb ©d^tatter j. b. ©t.
— 134 —
niö befdötiebcn , foubern burd& bic gormcl: eö fd&cint in bct
ginftctniö. 5Rcben beni Si^t bleibt bic ginftcrniö in ber 3Beft
als reelle 3Rad§t in bcftanb. S)ad ©d^luferoott biefeö etften Slb-
fd&nitteö batf man nid^t auf bic Unübcrroinblidbfeit bcö ßid^ted
bejic^cn/) fonbern ate einen ^inroeiö auf bcn bcötcnjtcn ©rfolg
bed ßid^ted. SKit biefem ^inroeiö fd^licfet fid^ aud^ bct folflcnbe
©ebanfenfreid SS. 11 unb 12. 5Die 5Belt tjctfianb xf)n ni*t, bic
©einen nahmen i^n nid^t auf, bic gi^^ft^^^^i^ «tgriff es nid^t —
baö finb beutlid^e ^parallelen, bic ben ©rfolfl beö Sid^tcö befd^teiben.
®et Sluöbrucf xaTuXuiiißavsiv fotl nur ben (Sebanfcn auöbtüden,
bafe bic ©rleudltung fein ©rlcbniö ifi, roeld^eö einem pafüpen
3Wenfd^en wiberfäl^rt, fonbern bafe baö Sf^^i^tingen beö Sid^teä in
fein 3nnereö burd& ein aftiüeö, receptiües SBer^alten beö ajlenfdjen
bebinflt ift. ^raglii^ ift im ßiifömmenl^anö bie Sebeutung, bie
bem SBed^fel beö 2^empuö jufommt. Dafi bie öejiel^ung au^
bie irbifd^e SBirffamfeit Sf^fu ni(^t erfi mit SB. 14 beginnt,
wirb fd&on burd^ bie SBorte in 58. 10 feftgefteHt: er war
in ber SBelt. 2)er gortfd^ritt befielet barin, bafe bie Sefd&rei-
bung fonfreter, beftimmter, fd^drfer mirb. ©eine ©inglieberung
in bie SQBelt mar ernftfiaft unb ganj: er rourbe gleifd^:
aS. 9—13 reben alfo von ber irbifd&en SEBirffamfeit 3efu. 2)ic
33efd§reibung gipfelt in einem ^inmeiö auf ben ©rtrag feined
Scbenö. ^n bemfelben ©ebanfen gipfelt ber 3lbfd^nitt SB. 1—5.
3!)iefer Slbfd&nitt ift alfo ebenfattö dn in fid^ gefd^loffener noll^
ftänbiger ©ebanfenfreiö , eine tl^ematifd| an bie ©pi^e gefiettte
Sluöfage, bie alleö, maö oom Sogod ju fagen ift, umfaßt unb im
golgenbcn nid^t ergänjt, fonbern erläutert mirb. SB. 5 wirb burd&
aS. 10 — 13 mieber aufgenommen unb befd^reibt ben ®rfolg 3efu.
SDie erjä^lenbe gorm ■— 'Aarilaßsv — nimmt bie 9tebe ba an,
mo ber ©oangelift an bic hinter i^m liegenbe (Sefd^id^tc ^t\vi
benft, mä^renb abfid^tötjott baö ©d^einen beä Sid&teö als bauernbe
©egenmart bejeid^net mirb. 3)iefe bleibenbe ©egenmart beö ßid^teö
fd^liefet bie pofitioe grud&t beS SEBirfens ^efu mit ein, bie in
33. 12 f. lonf reter gefennjeid^net wirb. 3)enn bic Äinber ©otteö
finb für ben ©laubcn beö ©oangcliften ber Drt unb baö Drgan
beö ©ol^ncö ®otte§ in ber SBclt: in il)nen ift fein Si(^t in ber
SBelt gegenmärtig. SlUe übrigen Urteile beö erften ®ebanfen=
») mt SBcig.
— 135 —
Iteifcö bejic^en fid^ fteilid^ auf bic itbii(^e SBirffainfeit 3efu, bie
in bet bef^ricbcncn Slrt beö SBortcö ©otteö il^ten ©runb l^at.
3)enn bicjc ©tcHung bcö Sogoä liegt, wie ßcjciot roorben ift,
nid^t als aSetgansenfieit, fonbctn aU bleibenbe ©cßenToatt, ate
bauernbcr ®tunb feinet ©yiftenj hinter ober in Sefuö. S)arum
gilt fein SBort beö ©oangeliften über 3efuö nut t)om ,,5ßrä=
ejiftenten". ©benfomenig aber gelten fie nur t)on ber irbifd^en
SBirffamfeit 3efu. gür bie fd^affenbe SBirffamfeit beä SOBorteö
ift bieö fd^on nad^geroiefen unb jroar alö ein bie ßl^riftologie beö
©oangeliumö regierenber ©ebanfe: Dermögc feiner (Sinl^eit mit
©Ott fte^t 3(efuö ber SBell ni($t nur als feinem ©igentum,
fonbern aud& alö ber burd6 i^n geworbenen gegenüber, bie i^n
barum oon ben falfd^cn ißirten oon SRatur ju unterfd^eiben oer=
mögen.
5Rod& weiter greift baö SBefennlniö, n)el(|eö baö SBort nii^t
nur ben ©(^öpfer, fonbern baö Sid^t ber 3Jlenf(|en nennt. 2luö
ber fd^öpferifd^en ©tedung beö 2Borte§ werben nur bie naturl^aften
SBebingungen unb bamit nur eine fold&e SJJöglid^feit ber ©rfennt^
ni§ 3efu abgeleitet, fraft beren baö Unterbleiben beö ©laubenö
jur ©d&ulb wirb; bagegen berjenige SSerbanb mit ©Ott, aw^ bem
jtd^ baß faftifd&e ©ntftefien be§ ©laubenö an Sefuö ergicbt, ift
nid^t in ber natur^aften 2lbf)ängigfeit beö ©efd^öpfeS oom ©d^öpfer
begrünbet, fonbern barin, bafe ba§ SBort baö Sid^t ber SRenfd^en
mar. 2lud& biefer ©ebanfe burd^jieljt baö ©oangelium. 35er
©oangelift fennt eine Slbftammung auö ©Ott, bic ber 2lbfunft
Sefu aus ©Ott t)erglei(|bar unb weit melir ift, als baö ©efd&affen=
fein t)on ©Ott. S)ie Formeln: aus ©Ott fein, aus ber 2Bal^r^eit
fein, feine SBerfe „in ©Ott" tl^un, bejeid^nen eine ©emeinfdöaft
mit ©Ott, bie burd^ Sefus nid^t t)ermittelt ift, benn biefe 35egriffe
follen ja gerabe ben boppelten ©rfolg 3efu erflären. 3n biefen
©ebanfengängen {el^rt ber ©laube wieber, ba^ bas SJBort bas
Sid^t ber 3)lenfd^en war.
2lud& l^ier bleibt ber ißorijont unioerfaliftifdb. aSom Söorte
©ottes wirb nid^t nur bie altteftamentlid^e Dffenbantng abgeleitet.
Slud^ bie ©rlftuterung, bie 3Bei^ ^) bem SBort giebt, ift ju eng :
„dagegen nimmt er an, ba§ ©tral^len bes Sid^tes, weld^es ber
Sogos oon 9lnfang an allen 3Jtenfd&en gefpenbet ^at, audfe in bie
') 9leuteftamentÜc^e ^^l^eologie § I52d.
— 136 —
^cibcnmclt gefallen unb bort auföeuomnien unb löirffam getDorbcii
finb." SBenn ber ©oanaelifi fagt, bafe baö SSort jcben SJlen-
f(]&en erleud^tet, fo fpritä^t er nid^t nur t)on einjelnen ©tral^kn,
bie in bie öeibenroelt gebtungen ftnb. gteilii^ f(^Uefet ber 2luö-
brud ,,erleud&ten" ben ©rfolg nid^t mit ein. Dad ©inbringen beö
ßid^teö in ben SKenfd^en ift baoon abl^ängig, bafe berfelbe cö
ergreift.
S)er ©üangelift fpri(^t alfo von einer jebem aMenf(|en ju^
gänglid&en, bur(^ baä SBort vermittelten ©otteöerfenntniö, bie il^n
befäl^igt, fein SBerf ,,in @ott" ju tl^un unb bamit '^z^um ju r)er=
[teilen. 3)urd^ ben ©lauben, bafe baö Sid&t an jcben 3Kenf(^en
fommt, fd^liefet ber ©oangelift aßen S)uali§muö auö. 2)er @e-
banfe ergiebt fid^ wieber au§ ber ©in^eit beö SBorteö ©ottcö mit
©Ott unb ift ein im ©otteögebanfen beö ©oangeliften begrünbetc§
!®laubenöurteil, baö nid^t weiter erläutert ober begrünbet wirb.
§at ein foldbeö 33efenntniö im SSeroufetf^in eineö 3lugenjeugen
3efu SRaum? 9Jad^ ajJattl^äuö nimmt ^t]m bie Reiben, bie i^n
nie gefannt ^aben, menn fte Siebe geübt l^aben, inö igimmelrcid^
auf. 2)iefe öebeutuug fommt ber an fid^ geringfügigen 2^^at
babur(^ JU, ba§ 3f^fuö fie alö il^m felbft getf)an anfielt: baö
Siebeöroerf bejiel^t fidft auf i^n, eö ift it)m getl^an, ift fein ©igen-
tum. 33ei ^o^anneö entflammt baö in ®ott getl^ane SEBerf bcm
aSerbanb mit ®ott, bem SBorte ©otteö, eö ift baö SBerf beö
SBorteö. Der 3lbftanb jroifd&en beiben ©ebanfen ift berfelbe loie
in ber ganzen (^riftologifd^en ©ebanfenrei^e. S)a 3Jlatt^äuö bie
©^riftologie im 9tal^men beö 3Kefftaöbilbeö barfteHt, fo ^ebt er bie
finale Stellung 3^fw jur Söelt ^crt)or: pe ift fein ©igentum.
S)iefen ©lauben unterbaut ^oljanneö bur(| baö 33cfenntniö jur
fc^öpferifdien faufalen ©teßung ^t\\x jur 3Belt : fie ifi fein ©igen=
tum, meil fie fein SBerf ift.^)
2)ie übrigen ^tuöfttgen öon ^ 1—18 finb an \f)xex ©teile erläutert
ttJorben. 9?id^t alle ejcgetifc^en Probleme biefe§ 5lbfd^nitte§ finb für bie
^orftettung ber ©l^riftologie üon SBebcutung. §ier5u rc^ne i(ft ou^ bie
©rmül^nunö beöXäuferÖ. SBalbenfperger l^ot auf biefe eine SSeobad^tung eine
X^eorte onfgebaut, au§ ber wieber einmal atte^ erfldrt werben fott. ^ie
^urd^fül^rung feiner §t)pot]^efe in ber ©rflärung be§ „^rolog§" grünbet
fi(^ auf ein nic^t fe^r reid^^altigeS unb mit menig ^itif auögefud^teö SOlaterial
ft)nagogaler @eban!en. Sine ^u^einanberfe^ung mit i^m im einjelnen wäre
in einer pofttiüen ^arftellung ber ßogoölel^re ni^t fe^r fruchtbar, fonbern
nur ftörenb.
— 137 —
SDic aiuöfagcn über ben ^^täcEiftentcn finb nid^t als „Slücf-
fd&Iüffe" auö bcr empirifd&en SBa^rncl^munö beö ^iftorif(|cn ^cfuß
ju ctflätcn. 3)aö ift eine unbercd&tigtc ©intraßunfl mobcrner
crfcnntniö = tl^corctifd^et 3)Jetf)obcn in bie 2)cnfn)cifc bcö ©Dan-
öeliftcn. SBäl^renb man bod^ fonft scgcnroättig mit Siedet ßCöeu
bie ©intraguuö moberncr Segriffe in bie apoftolifd^e ©ebanfen-
melt proteftiert, ift eö in ben roeiteften Greifen üblid^ geworben,
gerabe ben ganj mobernen in feinen ^iftorifdfeen 3Kotit)en völlig
burc^ficfetigen 9lgnofticiömu§ ben Slpofteln unterjufd^ieben. 5Rur
einige 33eifpiele feien genannt: fo fagt öalbenfperger @. 9: ,,®ö
finb nid^t irgenb roeli^e feinfinnige, foömologifd^e Spefulationen,
bie er anftellt. . . . Söa§ l^ätten aud^ fold&e S)inge mit feinem
2Berf gemein? 2Bo märe eine ©pur bauon im ganjen 6t)an=
gelium? Slud^ auf biefem ^^unfte bemä^rt fi(| bie praftifd^e SRid^-
tung ber neuteftamentlid&en Sd^riftfteder , bie burd^aus in il^rer
Seit leben unb t)on ben 3nteref[en berfelben fid^ beftimmen laffen."
§reilic& l^at ber 2lpoftel feine Äoömologie, aber eine S^eologie
unb ni(^t blofe mie bie 3Kobernen ein ^fpd&ologie, aui) ift ber
Oegenftanb feines 23enfen§ ni($t bie Sleligion, fonbern (Sott.
^arnadE^) fagt: „SBie jemanb, ber aU 3JlenfdC) geboren werben
wirb, fd^on oon ®rf(|affung ber SBelt bei ®ott meilen fann, fragte
man nid^t, weil man nic^t p^ilofopl^ierte." 3)iefe moberne 3flefig=
nation liegt meit ab t)on bem ®rfenntniömute, ben ben Slpofteln
ilire Äenntniö ßl^rifti gab. SBepfdblag^) glaubt bei ber ©arftedung
ber jol^anneif(^en ßl^riftologie ,,ber Unbe^olfenl^eit eines t^eologif(|
ungefd^ulten ©enferö, SRed^nung tragen" ju muffen. ®ine fold^e
©eringfd^äfeung beö apoftoIif(^en ©ebanfenS fielet in ftarf em ®egen=
fa|e ju ber Danfbadeit, mit ber bie 3lpoftel bie i^nen ermög=
lid^te Kenntnis ß^rifti unb ©otteö be^anbeln. @anj unbefangen
trägt S(|renf^) bie moberne ©rfenntniötl^eorie in baö ^^oJ^anneö-
eoangelium ein: ,,2)afe folc^e Sebenöfpenbung nur möglid^ mar
burd^ einen felbft ßebenbigen, berülirt ^^^önneö aud&, aber nur
^ie oben gegebene ^arftellung ber Sogo^Ie^re fott geigen, ha^ bie QJe*
bauten berfelben bie gange jo^anneifd^e ©l^riftologie tragen, bag alfo ber
©üongelift nid^t, wie §arnacf in ber öfter« citierten Slbl^anblung au^gefül^rt
l^at, im ©öangetium felbft ben Sogo^begriff l^at fotten laffen.
1) 51. a. D. @. 202.
«) 9ieuteftamentUd§e S^eologie II, 432.
8) ^ie iol^anneifc^e ^nfc^auung üom Seben, @. 60.
— 138 —
in Äürjc imb o^ne auf bcn 3n^alt bicfcö Sebcnö eiujugcl^cn.
(£§ fie^t eben l^ierin toie mit oiclen anbern 35inöen: bic 3Bir::
fungen werben auöfüJ^rlid^ bel^anbelt. betreffs ber Urfad^en begmüßt
man fid& mit rocniöen 3tücff(3^lüffen ; bie SBirlungen finb baß a3e=
lannU, bie Urfad&en ba« üer^ältnismäfeiß Unbefannte." 5Ric^t
nur bie jo^anneifd^e, fonbem bie gefamte apoftolifd^e @ebanlen=
bilbung verläuft genau in ber cntßeßengefefeten Slid^tung unb man
mi^Derftel^t fie beftänbiß, ro^nn man baö nid&t immer im Sluge
bel^ält. Die SÄpoftel Rnb feine ^ßf^d&ologen , fonbem ^^eologen.
Sie fd^lie^en nid^t oon unten nad^ oben, fonbern oon oben nad&
unten, nid^t oom aWenfd^en auf @ott, fonbern t)on ©ott auf ben
3)ienfd^en. 3)aö ift baö SBefen beö ©laubenöfd&luffeö , barum
tritt berfelbe in Oegenfal ju rein empirifd&er 3Ketl^obe. 3!)ieö ifi
befonberö mid^tig für bie ß^riftologie. ©ie bleibt x)öttig un=
üerftänblid^, folange man nid&t erfennt, baj5 jte nid^t allein burö^
gitidf^lüffe gebilbet ift, fonbern bafe meil biefe „JRücffd&lüffe" auf
©Ott führen, oom ©otteögebanfen ein fonftltutioer ©ebraudb gc=
mad^t mirb, fpefulatio auö i^m gefolgert wirb. 3n berfclben
SBeife mie a\x^ bem (Sotteögebanfen — alfo im genauen
©egenfa^ ju ber Sel^auptung ©d^renfs mirb aud& aus ber
e^riftologie gefolgert. Sei S^^anneö entfielt bie ß^riftologie
uid&t auö 9Wicff(^lüffen aus ber Se^re vom ©Triften, fonbern
umgefe^rt auö ber ß^riftologie folgt, maö t)om ©Triften gilt,
eben meil bieö afleö nur von ßl^riftuS gilt unb bem ©Triften
im ©lauben eigen ift. 3tidbt meil mir lebenbig finb, mie Sd^renf
meint, fd&liefet man, ba§ ßl^riftuö lebt, fonbern weil „baö Seben
ift in feinem ©ol^ne", fo f)abm mir mit bem ©ol^ne aud^ baö
Seben. 35arum ift bie Se^re oom ©Triften bei ^ol&anneö eine
©rläuterung ber ß^riftologie. SBorte, mie bie üiel befprod^enen
über bie Unfäl^igfeit beö ©laubenben jur ©ünbe finb alö em-
pirifd^e Seobad^tungen gar ni(|t oerftänblid^ , fie finb nid^t 33e=
fd^reibungen beö „d&riftlid^en Semu^tfeinö", fonbem ©(^lüffe auö
ber 3)ia(|t ß^rifti, bie trofe ber ©rfa^rung feftgel^alten werben.
Unb ganj parallel verläuft bie gefamte ©ebanfenbilbung beö
2lpofteld unb nid^t nur bie feinige, fonbern aud^ bie beö 5ßauluö.
3)aö Dbjeft beö apoftolifd^en ©enfenö ift nid^t baö (^riftlid^e Se=
roufetfein, fonbern @ott. 3lx^t einmal bie 2luöfagen über ben
„^iftorifd^en" ^e\\x^ laffen fid6 alö ©d&lüffe auö ben an i^m mög-
lichen 33eoba(^tungen oollftänbig erflären, ba fie ja ben ©laubenö-
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a!t in fic^ fd^licfeen. 3Sielmc^t ift bic 6t)riftoloötc fottticH butd^-
auö fpcfulatio, ftc entfielet oon oben l^cxuntcx auö bem ©ottcö-
ßcbanfcn. Snbcm bic ®int)cit 3cfu mit ®ott an feinen „3^i<ä^en"
beobad&tet wirb, toitb fie, wo jte nid^t beobad^tbar ift, geglaubt.
®atum wirb aHeö, waö im ©otteögebanfen liegt, auf i^n über-
tragen. 3)arum fd^eint mir aud^ bie Semerfung oon Ää^ler^
nid&t jutreffenb: „Unb fo liegt in allem, waö man ß^rifto-
logifd^eö im "iflmtn S^eftament finbet, immer nur bie Sluöfage ber
33ürgfd^aft für ba§, maö bie ©laubeuben an bem ©etreujigten
unb 6r^öt)ten für i^re ©emeinfd^aft mit ®ott traben fönnen,
l)aben foHen unb roirflic^ traben." 3)enn aud^ ^iernad^ fd^eint eö,
afe fei bie apoftolifd^e ß^riftologie burd^ SRüdfd&lüffe ober ^oftu-
täte auö bem ©lauben entftanben; wä^renb umgefeljrt bie @laubenö=
fd^lüffe auf bie ©t^riftologie gegrünbet finb. 3^ti^t nur bie ®r=
fenntniöt^eorie, fonbern aud^ bie grömmigfeit beö ®oangeliften
toirb oetfannt, wenn man feine ß^riftologie nad^ 2lrt ber 3Jio=
bernen auö ^oftulaten oom „praftifd^en" Sebürfniö auö ent::
[tauben benft. 3)ie grömmigfeit beö ©oangeliften wirb l^ierburd^
infofern angetaftet, alö er ©Ott nid^t burd^ ^oftulate fein SBerf
Dorfc^reibt. ®r bleibt mit feinem ©ebanfen nid^t ba ^kf)zn, too
ia^ praltif^e „Snterejfe" erlifd^t. 5Da fein „Snterejfe" toirllid^
auf 6t)riftuö gerid^tet ift, fo f)at ü)m ba^ ®rfennen, ba§ aSer=
fielen ß^rifii an fid^ Sebeutung. 5Denn ßl^riftuö gilt il^m nid^t
nur ak ©rmöglic^ung beö ©laubenö, fonbern aU ©egenftanb ber
fiiebe. 3^^ Sieben aber gehört bie greube an einem ©rfennen,
roeld^eö feine 33emegung nid^t nur auö bem egoiftifd^en Sebürfniö
nimmt.
*) ?Rcalcnct)I(opäbie für proteftantifc^e ^^^eologie unb ^td^e. 4. S3anb.
3. ^ufl. ^rt. e^riftologie, ©. 16.
YB ?76,.'!9
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