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Full text of "Die johanneische Christologie"

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I 





1«« 

lörkrung t|)rl)llttt)cr i:i)eologtf. 



D. ^. $^tait€x, uTiö D. ^. grcmer, 

¥nif. in Ziltiitigin. $nif. in ©»iferudHi. 



dritter Jaljcflang 1899. 
Die jof^anneifd^c Ct^riftologie. 



trud unb ^Berloe Don 6. »ertcUmniitt. 
ISO». 



SS z(^o/ 
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PortDort 3um brittcn 3al^rgang. 



i)er Perfuc^, bntd} unfcre „Beiträge 5ur ^öröerung c^rtft» 
lieber C^eologte" einer regen unö fruchtbaren Jtrbeitsgemeinfc^aft 
unter bemn 5U öienen, öie für ftdj felbft oöer für einen mettern 
Kreis öie t^eologifdje Jtrbeit beöürfen unö betreiben, ^at nun 
feine beiöen erften 3a^re hinter ftc^. VOas aus i^m gemoröen 
ift, liegt unfern Cefern vor 2tugen; uns felbft liegt beiöes gleic^» 
mä^ig fern, Klage u>ie Hu^m. 

IDir fe^en öen Perfuc^ fort, meil uns öie t^eologifc^e 
2trbeit nidft als ein Spiel unö £u^s gilt, ipeldjer öer Kirche 
im ©runöe entbehrlich märe, fonöern 5U öen i^r gefteüten 2tuf« 
gaben gehört, öie fie nidft ungeftraft rerfäumt. 2tuc^ für unfere 
(ßeiftlidjen , fo menig fie fxd) ausfdjlieflidj unö einfeitig als 
iptffenfc^aftlidje Jtrbeiter füllen öürfen, liegt für i^r perfönlidfes 
u>ie amtliches ©eöei^en riel öaran, öaf jte fic^ immer u>ieöer 
ernft unö 5ufammen^ängenö öer ^ndft unö 2tnftrengung u>iffen= 
fdfaftlidjer 2lrbeit Eingeben. Der Dienft, öen mir unfern Cefern 
hierbei leiften, fann freilidj nicijt öarin befte^en, öaf mir i^nen 
nur genufreic^e, unmittelbar öas 3nnerfte belebenöe Ceftüre 
öarbieten. C^eologie ift itrbeit; bcnn fie i)ai es mit öer 
Seoliftif öes mirflic^en ©efc^e^ens 5U t^un, öas fic^ auf unferm 
iröifdjen Boöen PoUsogen ifai, unö fann fic^ öarum nidjt nur 
mit öem, mas öes ©eiftes ift, befc^äftigen, fonöern ifai and} 
ein reic^Iidfes IRaf Don „Stoff" 5U be^errfdjen, öeffen 3e» 
arbeitung langfam unö mü^fam gelingt. Dodj meröen es öie 
Beiträge immer als ^xel im Jtuge behalten, nic^t ins ^anö* 
werf oereinselter Stoffbearbeitung 5U perjtnfen, fonöern öen Blicf 
je unö je mieöer bis $u jener ^ö^e öurc^öringen 5U laffen, mo 
öerfelbe an (ßottes lüort unö lüerf (Sott faft unö öaöurc^ öen 
gansen inneren Cebensfdfa^ me^rt unö ftärft. 

258948 



— IV — 

Den PortDürfen, 6ie uns u>egen unfrer Jtuffc^rift trafen, 
6af wxv „auf Büdjertitcin bas ZHonopoI c^riftlidjer QT^eoIogic 
für uns refcroierten" u, ögl., fielen u>ir in 6er guten ^^perftc^t 
gegenüber, öaf es fidf auc^ an öen Beiträgen ermeifen ipir6, 
öaf es feinen jidjereren Sc^u^ gegen felbftifdje Korruption 
giebt, als 6ie ernfte Unterfteüung unter C^riftus, Ijoffen auc^, 
6af öie „Beiträge" geraöe nadf öiefer Seite einen Beruf ^aben 
un6 öie ©efa^r eines feftenljaften QTreibens auf 6em u>iffen= 
fc^aftlidfen Jtrbeitsgebiete 5U minöern permögen, 6as 5U>ar nidjt 
6en Hamen C^rifti, tpo^l aber öen Oel öer „miffenfdjaftlidjen 
QT^eoIogie" für fic^ als ZHonopoI begeljrt. XDenn öie polemif 
Don jener Seite gelegentlich ^erb tperöen foUte, bitten wir unfere 
2Ttitarbeiter unö £efer um ruhige ©eöulö. Das freiließ ift uns 
unperftänölic^, vok jidj ein QT^eoIoge im Blicf auf öie moöerne 
(ßeöanfenbemegung Derbergen fann, öaf öie C^riftologie bis 5U 
iljrem erften, einfac^ften Poröerfa^ in ^rage gefteüt u>irö, unö 
öaf es für öie epangelifdje QTIjeoIogie pon grunölegenöer Be- 
öeutung ift, was im Hamen C^rifti pon 3efus ausgefagt mirö. 



Stftlatfer^ arr^mcr* 



®ie 



Uc. theol. W. Xütgxvl, 

a- D- pToT- fat DntroMib. 



las» 



^nUtt 



€ate 
(Einleitung - 1—3 

1. Kapitel. 

^er ©ol^n ®otte§ 4—38 

3)ie Wlextmale bcr aKeffianität Sefu. — ^tx §crr ber Söelt. — 
S)er ei^riftuS unb ber ®eift. — ^er OJel^orfam beg ©ol^ne^. — 
^er ©ol^n fielet unb l^ört ben ^ater. — S)ie 5lb^&ngtg!eit 
Sefu öon ©Ott. — 2)ie ©tunbe Sefu. — ^ie einlädt 3efu mit 
®ott. — ®ie ©ottl^eit 3efu. — ^er ÖJel^orfam gegen OJott 
unb bie (Sinl^eit mit @ott in il^rer SSerlnitpfung. 

2. Äapitel. 

^er Urfprung Sefu au§ bem §imme( .... 39—67 

3)te trabitioneUe (Erträrung. — ©tatifti! be« ^uöbrucfg. — ^ie 
Stinontjma unb Dp^ofita. — 2)ie 2)efinition. — S)er 3Renfd§en* 
fol^n, ber im §immel ift. — SSerborgenl^eit unb Offenbarung 
feiner $errlid^!eit. — ^a§ ©elbftbewugtfein 3efu. — 2)er ©in* 
geborne. — 2)ie 3Ktematiöe, fittlid^er ober meto^l^^fifd^er Ur* 
fprung auS @ott, befielet bei Sol^anneS nid^t. — ^ie Unmög(id§!eit 
ju fünbigen. — S)ie SSerfud^ungen. — SSoUtommenl^eit unb 
(SntWitllung. 

3. Ädpiter. 

t)ie SRenfd^^eit gefu 68—88 

^ie gteifd^ttJerbung beg SBorte^. — ^ie ^Betonung ber SKenfd^* 
^eit 3efu. — ^er SRenfd^enfol^n. — S)ie ©r^l^ung be§ 
aßenfd^enfo^ncg. — 2)er „9Jame" Sefu. — S)a§ SeugniS 
3efu. — S)ie grei^eit bom ©efe^. — Sefu« unb bag 5irtc 
Xeftamcnt. — ^er 2;ob Sefu. 

4. ^o^itel. 

5)ie ßiebc Sefu 84—99 

^ie Siebe (Sottet. — ^ie S^oUtommenl^eit ber Siebe 3efu. — 
^er S^ergid^t auf ba§ ©erid^t. — ^ie SBunber Sefu al§ ^ülfc 
unb arg Seid^en. — ®ie SBerle unb ba8 SBer! Sefu. — ^ie 
^err(id§leit. — ®ie ©elbftöerleugnung S^fu unb ber Söeräic^t 



— VIII — 



€fite 



ouf feine ^errlid^lcit. — 2)a§ 2)ienen unb Sterben. — t)te 
i&cUigung. — 2)et gotn 3^fu. 

5. §tQpM. 

2)ic ®aben 3efu an bie SBelt 100—114 

einlädt Don ®obc unb $erfon. — DaS ßid^t. — t)ie ©eilung 
beS ©Unbgebomen. — Die SBal^rl^eit. — DoS Seben. — 
Dai^ ^en unb ^rinlen feinet Steifd^ed unb 8(ute$. — 
Der ©eift. — Der SBcinftorf unb bie »leben. 

6. ^o^itel. 

Die Sogo«le]^re 115—139 

^ie ?(nlnitpfung on bie borl^anbene fiogoSlel^re. -- '^a^ 
aSort QJotteS in ber opoftolifc^en (SJemeinbe. — öer^dltni« 
Don aSort unb SBcrl im 3ol^onne«eöangeliuni. — Die 3Wotiöe 
be$ @rfa^e<S ber pneuntatifc^en (E^riftologie burd^ bie SogoS^^ 
djriftologie. — DoS SJer^altniö beS ßogoS ju ®ott unb jur 
SBea. — ^ie ©c^öpfung ber Sßelt bur(^ bo« 28ort. — Die 
S5ebeutung biefeiJ 6Jebanfen§ im ©öangetium. — SBort, fieben 
unb Sid^t. — Die (iWenntniStl^eorie he^ 3ol^anne§. 



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^ine Untetfud^ung ber jol^anneifd^en Sl^rifiologie lann bei 
bct gcöcnroättigcn Soge ber biblifd^^tJ^eologifd^en SCtbeit nid&t mit 
einer S)arfieIIung ber Sogoölel^te anfangen. SBenn ber ®t)angelifi 
mit berfelben beginnt, fo fefet er freilidö Dorauä, bafe ber ©e^ 
meinfae, für bie er fd^reibt, biefer Segriff tJoHfiänbig burd^fld^tig 
unb beöwegen geeignet ift, bem SBerftänbniä ber 5|Jerfon gefu ju 
biencn. 3n ber gegenwärtigen tl^eologifd^en 3lrbeit aber ift bie 
Sebeutung beä Sluöbrudö unb fein SBerl^dltnid jur ßl^rifiologie 
beö ®t)angeliumä fel^r umftritten. 3)ie Unterführung wirb be«- 
wegen tjereinfad^t, wenn man }unä# bie ßl^riftologie beä @t)ans 
geliumö barfteHt unb t)on t)ier aus bie Sogoölei^re TJerftel^t. ©teBt 
man bie Sogoölel^re an bie ©pifee, fo erläutert man fie aus ber 
in ber apoftoUf(3&en 3cit tjorl^anbenen Sogoölel^re, an bie Sol^anne« 
anfttüpft. 3)ann aber trägt man leidet au(^ biejenigen 3*8^ i>^^ 
Sogoötel^re, bie fi^ bei S^^^^^^ö ^^^^ mieberfinben , in bad 
®DangcKum l^inein. Sufeerbem erroedEt bie SJarfieHung felbfi bann 
ben ©d^ein, afe fei bie jol^anneifd&e ßl^riftologie auö ber Sogoß- 
leiere l^eraudgefponnen, unb bie Sejiel^ung ber ©ebanfen auf baä 
gefd^id^tUd^e SBirfeit 3efu wirb tjon tjom^erein gelodfert. 3n ber 
©efd^id^te bed ©ebanlend ifl ed l^äufig pedfmä^ig, t)on ber 
Sruc^t auöjugel^en unb ii^re ©ntfiei^ung bis in bie SEBurjel J^inein 
ju ijerfolgen. SRur fo ift man fid&er, alle SEBurjeln }u finben unb 
fein Clement in bie 3)arfteIIung J^ineinjujiel^en , ba« auf bie 
Silbung ber §ru(^t feinen ©influfe geliabt l^at. 3Kan mufe alfo 
oerfud^en, bie jol^anneifd^e Sogoöletire auö ber ßl^riftologie beö 
©oongeliumö ju t)erftel)en. — ®rft menn man bie jol^anneifd&e 
Sogoöle^re bargeftettt l^at, fann man feftfteUen, roeld^e ©lemente 
ber t)oroufgegangenen ©efi^id^te Sol&anneö aufgenommen l^at. 

S)ie SBoranfteUung ber Sogoölelire ift au(^ beöroegen irre- 
fül^renb, meil ber Slnfd^ein entjiet)t, als wäre ber ganje 3lufbau 
l^^r lOJ^anneifd^en 6t)riftologie bem ©oangelium im Unterfd&iebe 
JJon ben übrigen neuteftamentlid^en ©d^riften ebenfo eigentümlid^ 
roie biefer Unterbau. S)aö 3ot)anne§et)angelium t)at aber ebenfo- 



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— 2 — 

roeniö auöfd&licfelid^ inbtoibucHc 3^0^ / «^^^ itßcnb eine neu- 
teftamentlid^e ©d^rift. ©ie aUe l^aben }u iJ^ret aSotauöfefeung beit 
©emeinbeglauben bet apojiolifd^en '^txK. 3lu(3^ bie iot)antteif(ä&e 
ß^riftoloöie erbaut ftd^ auf einet bem ganzen bleuen 2^eftamcnt 
gemeinfanten Safts. 3lad& ,,l^ifiotif(ä^et'' 9Ketl^obe wirb baö 33ilb 
nur bann entworfen, wenn man bie bem gotiannedeoangelium 
mit allen neutefiamentUd^en ©d^riften gemeinfamen 3^0^ W^^ 
jei^net. ®ö ift nid^t ganj ridötig, ben Sogoßbegriff ben ©runb:: 
begriff ber iot)anneif(^en ßi^rifiologie ju nennen. ®l^er ift er bie 
©pifte, baö '^x^, auf mel(^eö ber ©ebanfengang juftrebt. 3)ie^ 
wirb baburd^, ba§ gol^anneö mit bem Sogoönamen beginnt, nid&t 
roiberlegt, fonbem betätigt. Sefanntlid^ ift eö d^arafteriftifd^ für 
ben Soangeliften , bafe er feine ©ebanfengänge nid&t genetifd^ 
barfteHt. 3)ie SJarftettung verfolgt nid^t baö SBerben ber ©e^ 
baufen, fo bafe baö %^x^%t am ©d^lufe ftel)t, fonbem fie beginnt 
mit bem ©anjen unb fteigt abmärtö ju ben einzelnen 2^eilen. 
®r benft intuitio, nid^t inbuftit). 

Slnfnitpfungöpunfte l)at bie jol^anneifd^e ßliriftologie nid^t 
nur im ©emeinbeglauben ber apofiolifd^en Äird^e, fonbem aud^ 
im 3iubentum. 3lud& t)om Soi^anneöeoangelium gilt, bafe feine 
ganje Segrifföraelt an bie f^nagogale S^l)eoIogie anfnüpft.^) SJaia 
®oangelium fd^liefet fid^ aber nid&t (xxk baö alejanbrinifd^e, fonbem 
an baö paläftinenfifdbe ^ubentum an. 6in Seroeid bafür ifi bie 
©prad&e.2) ©in weiterer Seioeiö ift bie 35egrifföreit)e beö ©oan- 
geliften.^) gür bie (S^riftologie wirb bie folgenbe S)arfiettunft 
bieö jeigen. 

©er ©runbbegriff , ber 3luögangdpunft ber jol^anneifd^en 
e^riftologie ift ber jübifd&e ßl^riftuögebanfe. 3u jeigen, bafe 
Sefus ber e^riftuö, ber ©ol^n ©otteö ift, baö ift baä 3tcl be& 
eoangeliumö, 20, 31. SBon ber 3lnfnüpfung ^x^ ben ©^rijiuö- 
gebanfen wirb bie Unterfud^ung bal)er augjuge^en t)aben. Slud^ 
bie aibfid^t, bie ben SBerfaffer bei ber 3lnfnüpfung an bie SogoS:^ 
lelire leitete, läfet fid6 nidfet auö bem 3lnfang beö ®üangelium^ 
attein feftftetten. SDie golge biefer aKetf)obc ift bie, bag xa^Xi 



1) S^gl. .<Qol^mann, SReuteftamentlid^e X^cologie n, 368. SSeiafäder, 
2)a§ ojjoftoIifcS^e Seitarter, 530 f. 

2) ©glatter, %tx ©taube. 1. Slufl. @. 5. %xm. i. 

3) $8gl. l^ierüber neuerbingö ©d^latter, ®ie ^araUelen in ben SSorten 
3efu bei gol^anneS unb SJlattl^äuS. (33ettTäge, II. S^i^rgang, 5. §eft.) 



— 3 — 

naäi einem aus bem beginn bed Sud^cö fcftgefefetcn ^xozd aUeö 
golgenbe etflärt, enltüebet gemattfam naö) biefem ^xoed beutet, 
ober xmbetüdfi(|tigt läfet. 

3)ie Slbjtd^t, bie man in bem ©üauöelium etfenut, bebingt 
bie ©teHung, bie man i^m in bet ©ef^id^te giebt. 3Ke^t als 
bei irgenb einer neutejiamentlid^en ©(^rift l)äugt beim ^o^anneö- 
eoangetium bie ^rage na6^ bem SBerfaffer unb ber 3^it mit ber 
X^eologie, befonberß mit bet ß^rijiologie beö ®oangettum§, ju^ 
fammen. S)ie 3)atierung beö ©oangetiumö ^öngt faft auö? 
fd^lie^tid^ von ber grage ab, in roeti^er 3cit «tan bie ß^tiftologie 
beö SSud^eö motioiert unb t)erfiänblid& finbet. 

Sie folgenbe 2)arftetlung fe^t ben jof)auneif($en Urfprung 
beö vierten ®oangeliumö unb ber "^oifanm^bxk^e oorauä. 3)ie 
Unterfud^ung ift oou biefer SBorauöfe^ung unabl^ängig, aber bie 
Stefultate ber biblifd^-t^eologifd^cn 3lrbeit fpred^en bei Seantroortung 
ber fritifc^en fragen emfci&eibenb mit. Bä^on baö SSer^ältniö ber 
io^anneijcöen ß^riftologie jum jübifd^en ß^rifiuöbitbe ift bebejitfam 
für bie Datierung beß ©tjangetiumS. 

Unter aßen neuteftamentUd^en ©(^riften roirb man am 
menigften bem jol^anneifd^en ®oangelium burd^ eine ftatiftif(^e 
@jegefe, bie fid^ auö ©injelunterfud^ungen jufammenfe^t, geredet. 
6§ l^anbelt fid^ um eine l)ijiorifd^e unb nid^t um eine p^itologifd^e 
Unterfud^ung. 3)ie 2lufgabe roirb nur burd& eine jufammen^ 
faffenbe organifd&e Sieprobuftion gelöft. 3Bie bie ©ebanfenbilbung 
beö So^anneö ein eigentümlid&eö 3i«^inanber von 3inbuftion unb 
©pefulation jeigt, fo ifi ein fold^eß aud^ bei ber SBiebergabe 
feiner ©ebanfen erfovberlid^, mobei jtd^ über baö 3Sorn)iegen beö 
einen ober beö anbern ©lementeö von Dornl^erein nid^tö auö^^ 
mad^en läfet.^) 

^) ^on ber Sittetatur finb mir ber jweite S3anb ber ©inreitung in§ 
^em 2:eftament öon 3a^n unb bie Sd^riften öon Sd^tatter, ^u§(egung be§ 
Sol^anneSeöangeliumö, ©alw unb Stuttgart 1899, ^ie ^araHeren in hm 
aöorten 3efu bei So^anne« unb 9)latt^äu§ (S3eiträge, II. Sal^rgang, 5. §eft) 
unb ber auffaßt ^er S3rud^ Qefu mit ber ^w^cnfd^aft in ben Drelli ge* 
Wibmeten ^b^aubtungen : „3lu§ ©d^rift unb ©efc^id^te" erft beim ^bfd^Iug 
be§ SJianuffripteS sugegangen. ^od^ waren nod^ einjefne 9lac§träge unb 
^luSeinanberfe^ungen mit biefen ©d^riften, bie in ber ßitteratur über ha^ 
Soi^anneSeöangelium eine bebeutenbe Stellung einnel^men, möglid). 



per §of^n #otte$- 

2)cr ©runbbegriff ber jol^anncifd&en ©l^rifloloflic iji bcr 
öcgttff : ©ol^n ©ottcö. 35ie öcjeid&nung ifl bef anntlid^ mcffianif d& 
unb aud& bei 3fol^anneö burd&auö f^nonpm bcm ©l^tifluÄtitel/) 

Dgl. 11, 27 rxt; f? XQiarog 6 viog rnv dsov, 20, 31 ^Itjaovg 

iativ 6 XQiaxog b vlog xov dsov, DgL im crfieii 33ricfc 5, 1 : 

^Ifjoovg iativ 6 Xgioxog mit SB. 5: l^aovg iativ 6 viog roü 

d^eov a[d bad ^efenntnid bed ®(au6end. 

35a6 ber öegtiff bei So^anncö Qtnan ebenfo mie im ganjen 
bleuen ^leftament bie 33afifi ber ©^riftologie ift, jeigt ber ©d&tug 
bed (Soangeliumd am ftarften: ^ad 3^^'' ^^^ SDangeliumd ift 
bie 33e9rünbun0 bed ©lauben«, bafe 3efu« ber ©J^riflu«, ber 
©ol^n ©otted ift. 3)em entfprid^t eö, wenn ber erfie 33rief alö 
ben entfd&eibenben 3lbfall t)on ber ©emeinbe bie SBerneinung ber 
aRefRanität 3efu bejeid&net, 2, 22. 8Q3ie in ber gefamten apofto= 
Ufd^en ©emeinbe bebingt a\xi) bei 3ol^annefi bad öefenntni« jur 
3Keffianität 3efu bie 3w9^^öriflfeit jur ©emeinbe. 

allein l^iermit ifi ber Slufibrucf nod& nid&t oerfianben. 3Rit 
roeld^em SRed^te 3efuö ber 5Rame bed ßl^rifiud, beö ©ol^neä 
@otteö gß'&ö^i^^ jeigen junäcjft bie SEBorte, in benen bie Über- 
tragung biefe« S^itefä auf Sefuö begrünbet wirb. Slm ©d&lufe 
beö (SDangeliumö, 20, 31, l^eifet eö, bafe bie im ©oangelium 
erjäl^lten 3^^^^^ gefd^rieben feien, Iva matsvfjts ort 'Ifjaovg 
iativ Xgiatog 6 vlog tov d^sov. 3)a3felbe Urteil fprid&t bafi 



») ^ie§ befttcitet ga^n, (Sinreitung 11, ©. 533. mdn aud§ bie mu 
faffenbften ^uöfagcn. über ben @o^n öJottc^ begrilnben hä 3o^annc§, 
warum i^m ber e^riftuöname gebührt, ^cn 33eweiö bafür fott bie gange 
obige ?lu§fü^rung geben. 



— 5 - 

SSoIf aus, 7/ 31 ; 6 XQtarog orav sldtj /urj nXslova atjfxfta 

noiTjasi &v ovTog noiet; 10, 25 beantwortet 3efnö felbfl bie 
fjtage, ob et bcr ß^tijiuö fei, mit ben SSBotten: r« sgya ä 

iydj noicS €V t^ ovi/uari rov natQog /uov, tuvtu /uaorvQft nsQi 

i/Liov. 3(n jToei ©teilen wirb baö wunbcrbatc SBiffen 3efu ald 
aJierfmal feiner 3Keffianität genannt. 1, 50 begtünbet bad 
rounberbare 2Biffen 3efu bei Slat^anael bad 33efenntniö: av d 

6 viog Tov &(ov, av ßaaiXfvg si tov ^lagai^X, 2)er gleite 
©d^IujS liegt 4, 29 DOt: Sevrs Idtrs uvdQtanov og sinev /lioi 
navra a inolfjaa fniJTi. ovrog 6(ttiv o Xgtarog] l^ietnad^ liegt 

bei So^anneö genau berfelbe ©d^lufe t)or wie bei ben ©rinoptifern : 
aus ben 3^'^^^/ i>^^ 3)laijt Sefu, fd^liefet man auf feine 
SReffianität, pe finb ber (Sr!enntniögrunb berfclben. 2)ie jol^an- 
neifd^e ßl^tiftologie ift genau mie bie ß^riftologie ber ©pnoptüer 
t)om SKefpaöbilb auö entworfen, fie ift burd^ Übertragung be3= 
felben auf ^efuö gewonnen. 2Bie bei ben ©pnoptifern ift aucj 
bei Sö^annes ber ©ol^n ber, ben ber 3Sater liebt, 3, 35; 5, 20; 
10, 17; 15, 9; 17, 23 ff. ©r ift ber ^eilige ©otted, b. ^. ber, 
ber ber SBelt entnommen ift, ber (Sott gel^ört unb ben ©Ott 
gebrau(ä&t, 6, 69; 10, 30. SDer ©ol^n liebt ben Sßater, 14, 31, 
unb bieö äufeert [x^ barin, bafe er feinen SBillen t^ut, 4, 34; 
5, 30; 6, 38; 8, 29. 46. 55; 15, 10. SDie erfüttung beö 
aBiffen« ©otteß alfo ift baö aWer!mal feiner ©ottcfifol^nfd&aft. 
3Bie bie Siebe 3^fw ju ©Ott nii^t verborgene, rul^enbe ©efinnung 
ift, fonbem fid& barin äufeert, bafe er ben SBillen ©otteö tl^ut, fo 
befielet aud^ bie Siebe ©otteö ju Sefuö barin, bafe ©Ott ben 
SBillen 3efu tl^ut, auf il^n l^ört, fein SBort mal^r mai^t (ogl. bie 
3flegel 9, 31). ©Ott giebt Sefuö feine SBerfe, 5, 36. Sefuö 
t^ut bie SBerfe ©otteö, 10, 37. ©ott ^ört i^n aaejeit, 11, 42.^ 
aSor allen S)ingen entfprid^t ber jol^anneifd^e ©ol^neögebanfc bem 
jübifd&en 3Kefftaöbitbe barin, bafe bie 2iotenauferwedhtng il^m 
übertragen ift: man erwartete t)om ©^riftuö bie ©rwedfung ber 
SCoten, ogl. 5, 21 ff., bef. 29; 11, 27. Sßad& bem jübifd&en 
ßl^riftuögebanfen ift ber gefalbte ^önig 3örael§ aud^ ber, ber 
©Ott nid^t nur Sörael, fonbem aud& bie SBBelt unterwerfen wirb, 



») S« fommt borldufig nid^t barauf an, bie ^rt, wie bicfer Sufammen* 
l^ong 3efu mit öJott gebadet ift, barjufteKen, fonbcrn nur gu äeigen, baß 
bie ^luSfagen bc§ goi^anneg über ben @ol^n bem iübifd^en (E^riftuögebanfen 
cntf|)red§en. 



— 6 — 

ber $crr, bcm ©ott bic SBBclt jum ©iflcntum gegeben l^at, für 
bcffen ^errfd^aft ©Ott fte fd&uf. ©ie gehört i^m, felbji wenn ftc 
il^m nod& nid^t ge^otd^t, eben beöroegen, weil fie ®ott gehört. 
@ie wirb ®ott untettl^an hnxi) ben ©^riftuö imb bem 6^rijiu§ burd^ 
©Ott. 5Diefeö aWerfmal beö ß^riftufibilbeö fie^t in ber nteffianifd&cn 
ißoffnung butd^ g}f. 2 oöttig fefi. 2)en SBotten: 2)u bift mein 
©o^n, idfe ^abe bid^ l^eute gejeugt, tolrb bort afe unmittelbar fidb 
barauf bauenbe Folgerung angefi^loffen : gorbere Don mir, unb idö 
roid bir bie aSötfet jum 6rbe geben unb bie ®nben ber 6rbe jum 
©igentum. 2lud& biefeö 3JJer!mal ber ß^riftuö^offnung erflärt 
eine Sieil^e oon Sufifprüd^en beö jol^anneifd&en ©oangeliumö unb 
ftellt i^ren Sinn unb i^re SBerbiubung mit bem ß^riftuögebanfen 
feft. 3n ben SBortcn beö Käufer« 3, 35 fd^lie^t fid^ ben 
SBorten: ber Sßater liebt ben ©o^n, alö felbftoerftönblid^e gort- 
fefcung bas 39e!enntni§ an: unb er ^at aUe« in feine ^anb 
gegeben. @§ ift ganj roidfürlid^ unb burd^ ben ßwfammenl^ang 
in feiner SBeife begrfmbet, einjutragen: „35ie ganje 3luöfü^rung 
beö göttlid^en ^eilöratfdbluffeö/' wie SEBeife, $ol|mann u. a. er- 
flären. S)ie ©rflärung, bafe er i^m bie 2Belt jum ©igentum 
übergeben, if)n jum ^errn ber Sffielt gemad^t ^at, mirb nid^t nur 
burd^ ben SKuöbrud! felbft, fonbern aud^ burd& ben jübifd&en 
3Keffia§gebanfen, bem biefer 3^0 mefentlid^ ift, geforbert. 2)er 
gleid^e ©ebanfe mirb 13, 3 au3gefprod6en : navra eScuxsv aii^ 
nuxriQ sig rag yuQag. 3)ie SEBorte brüd^cu in gleid^er Seife 
baö ßl^riftusberou^tfein au§, mie 3Rattl^. 11, 27 navx(s. fioi 
noQsSo&f] V7i6 Tov nargog /uov, unb fo roittfürlid^ eö ift, bie|e 
SBorte in irgenb einer SBeife einjuf d&ränf en , etioa burd^ ben 
3ufa|: „alles, maö jur 2lu«fü^rung bed göttlid^en ^eite- 
ratfd^luffes gehört" (SBeife),^ fo mittfürlid^ ift eö aud^, bie jo^an^- 



») ßbcnfo beutet ^ol^mann, 9ieuteftamentUd^e S^l^eologie I, 274 f. 2)ie 
SBorte lönnten fic^ „fd^werlic^ auf bic Übergabe be^ SBeltregimente« an 
gefuS beäie^en", „nad^bem ®ott foeben als iperr §imme(ö unb ber @rbc 
bejeid^net war." SJreilic^, wenn bie „Übergabe beö SBcltrcgimente«" on 
Sefu§ im ©cgcufa^ baju ftünbc, ha^ öJott §err be§ §immel§ unb ber 
(Bxhe ift, bann würbe nid^t nur bic borl^crgel^enbc (Erinnerung l^ieran, 
fonbern ba§ gange (SJotteöbewufttfein 3efu ein folc^eS SBort unmöglich 
machen. 9?un aber fte^en beibe 33efenntniffe für hk 5lpofte( nid^t im ®egcn* 
fa^ ju einanber, fonbern fie finb laufal miteinanber öerbunben. GJerabc 
weil ÖJott ber §err ber SBelt ift, fo ift e§ auc^ Scfuö, unb burd^ ScfuS 



— 7 — 

tteif^cn SBottc mit anbctcm 3Kafeftabc als bem ©^riftuöberoufetfcin 
3U tncffen unb jlc alfo cinjufi^Tättfcn. 3lu(^ baö ift falfd^, il^rc 
SSebcutung auf baö 3Ka§ l^eTabjubrüdcn, tocld^eö an etnpirifd^er 
•SBcltl^cnf^aft im ßcbcn 3cfu fid^tbar mitb. 3Kan octfcnnt bamit 
ten ©laubcnfiaft, bcr in biefcm änfptud^ liegt. 3)a§ Urteil ift 
ttii^t bem (Stabe angepaßt, in bem bie SBelt tl^atfäcjlidö Sefuß 
iitttett^an wirb, fonbetn e§ ftüfet [x^ auf ben ©otteögebanfen : 
5Die SBelt gel^ört Sefuö, roeil ©Ott fte i^m gab. 3ln ©ottes 
^ad^t wirb 3«fu S3eftfe gemeffen. 8Ba§ ®ott gel^ött, gel^ött au(J 

^efuö. Sßgl. 16, 14: ndvTa oaa €/€i 6 naTTjQ e/na iariv. 

17, 10 enti^ält bcibe Seiten biefeö Urteite: xai t« i/Lia navra 

3)ieö ift aber tbtn ber ^nl^alt ber jübifiä^en g^riftuöl^offnung : 
©Ott unterwirft fid^ bie Sffielt burd^ ben Äönig, unb ber ^önig 
xintermirft fi($ bie 2Belt burd^ ©otteö SKad^t : inbem fic bem einen 
fiel^ört unb gel^ord^t, geprt unb gel^ord^t fie anä) bem anbern. 
9lud& bem Silbe von bem Wirten unb ber $erbe liegt baö 
^l^riftuöberouMcte ju ©runbe. 2)aburd§ unterfd^eibet fid^ ber 
^irte oon ben aWietlingen, bafe bie ©d^afe fein ©igentum finb. 
©ie gel^ören il^m, f(^on el^e er in bie ^ürbe tritt, unb a\xi) bie, 
Jbei benen er je^t nid^t ift, gel^ören i^m bod^ f(^on jefet. 9lur 
weil fie i^m gel^ören, fo gel^ord^en fie il^m. 

SDenfelben ©ebanfen brüdt in ber 5Rebe be§ Xäuferö 3, 29 
ias S3ilb t)om Sräutigam auö. Sie SRebe ift eine aintroort auf 
ben 33erid&t ber jünger bes 2:äuferö: alle fommen ju t^m. 
^ieö miß fie erflären unb red^tfertigen. ©ö mürbe nid^t ge- 
fd^e^en, menn eö nid^t SBille unb 2Bir!ung ©otteö märe. Sefuö 
^at fid^ bieg nid^t „genommen", eö ift nid^tö fünftlid^ ©emad^teö 
unb ©efud^teö. 6ö ift i^m gegeben au§ bem ^immel. 3)en 
3;äufer oerläfet baö Sßolf unb ge^t ju Sefuö, weil nid^t er, 



bringt GJott fein Sdcid^. ^ic tönigSftdlunö Scfu begrenzt bie aScltl^errfd^aft 
<sjotte§ nid^t, ba fie ja nur in 3cfu ©cl^otfam gegen ©Ott begrünbet ift. 
%ie^ ju geigen, ift eines bcr bel^crrfd^cnbcn ^ntcreffen beS gol^anneg* 
©bangettumö, wie unten beriefen werben wirb. — ^ie SWißbeutungen be§ 
2Borte§ ftammen entweber bal^er, bag man bie SJereinigung beSfclben mit 
bem QJotteSgebanfen nid^t erfennt, ober bal^er, ba% man e§ an ber im 
gefd§i(3^trid§cn Seben 3efu erlennbaren ©rfa^rung mißt, ^iefeg le^tere M^^ 
tjcrftänbnis ift im Sejt befproc^en. 9Jad^ „^iftorifc^er" SÄetl^obc barf ba« 
28ort nur nad^ bem (5]§riftu§gebanlen öerftanben werben. 



- 8 — 

fonbetn Sefuö ber ©l^tiftuÄ ifi. ,,SBcr bic 33taut ^at, bet ifi ber 
Sräutiöam." 35atau8, bafe boö 5Bott, fobolb Sefuö aufttitt, ft(ä& 
Dom S^äufct fort ju il^m g^ogen fü^tt, ift etfcnnbat, bafe et ber 
,,39räuti0am", ber ©l^riftuö ifi. Jlid&t fo wirb gcfd&loffcn: 
baburd^, bafe ftc ju il^tn fommcn, gcl^ören fte i^tn — vizlme^x 
ifi baö Äommcn bcd 3Solfcö ju 3cfuö ber ©rfenntnifigrunb feiner 
3Kefftanität : weil fie il^m gehören, fo fommen fie ju ü^tn. ©r 
ift i^r $crr unb Scfifecr, fcjon e^e fie ju il^m tarnen, ^iernad^ 
ift nun aud^ baö SBort 1, 11 ju beuten: eig tä l'dta ^kdsv xai 
Ol idini avTov ov naQeXaßov. SWau beutet biefeS SBort über- 
wieflenb auf ba§ Sßolf Sßroel.^) Stud^ wenn bieö ber gaff wäre, 
würbe bad SBort au3 bent ©l^riftuögebanfen Derftönblid^ fein, ja 
e§ wäre bann affein au§ biefem ©ebanfcn ju oerfie^en. 

Saffein^) 58. 11 ift paraffel 58. 10. mm ^at eingeroorfen, 
58. 11 fafle 58. 10 gegenüber nid&tö 5Reueö, wenn mit tu Uta 
ebenfaffö bie 5Belt gemeint fei.*) Snbeffen beibe 58erfe bejeid^nen 
ben unnatürlid^en Sl^arafter bed Unglauben^ ber 5lBelt naSi jtoei 
üerfd^iebcnen ©eiten l^in: bie 5Belt na^m ü^n nid&t auf, obgleid^ 
fie burd^ il^n gemacht mar unb obgleid^ fie fein ©igentum mar. 
greilid^ Rängen beibe ©ebanfen jufammen. Slber fie finb nidftt 
ibentifd^. ©ie merben in ber neuteftamentlid^en ©l^rifiologie aud^ 
fonft nebeneinanber geftefft. 2)er jmeite ©ebanle, bafe bie 9Befl 
bas eigentum beö ßl^riftud ift, f^liejst ben erften nod^ nid^t 
unmittelbar in fid§. ©r brüdft einfad^ ben Snl^alt beß ©^riftu«^ 
gebanfenö aw^. 3in bem ©ebanfen aber, bafe bie 5Belt bem 
9JJeffia§ gel^ört, liegt no(^ nid^t, bafs er fie gemad^t l^at. Slfo 
ift 58. 11 aud^ bann, menn man unter r« Uta bie SBelt Derfie^t, 
feine SBieberl^olung. 58ielmel^r fann 58. 11 nur alö ^araffele 
JU 58. 10 gebeutet merben unb r« Yöia bejeid^net bie 5!Bclt, t)on 
ber biöl^er affein bie 3lebe mar. 3)er ©ebanfenfreiö ift unioerfa- 
lifiifd^. greilid^ ift er mit bem ßogoögcbanfen in 58crbinbun8 
gebrad^t, affein er ift nid&t etma erft auö bemfelben t)erflänblid^. 
58ielmel^r fagt er bur(^auö nid^t me^r, afe bie Stnmenbung be« 
G^riftuögebanfenö auf Sefuö ergiebt: bie 5BeIt ift fein ©igentum. 



*) 5Sgr. j. S3. §amad a. a. D. ©. 220. SBciß j. b. @t. 

>) Sßgl aud§ ipol^mann j. b. @t. unb aSeigfödEer a. a. D. 520. 

8) S8albcnf|)crger, ^cr Prolog be§ biertcn @bangerium§, @. 18, fc^riegt 
üuS fel^r ungurdd^enbcn iBeobad^tungen, „bag ot Utoi in ben frommen 
Reifen eine ftcl^enbc SScjcid^nung für baS SubenöoK geworben war." 



— 9 — 

2)aö SBott T« idia feiert ou(^ itn 33ilbc t)om Ritten unb bcr 
iQCtbe toicbct 10, 3 f. 12. — 1, 11 jcigt aber beutlid^, n)ic baö 
Urteil, bafe bie SBelt boö ©igentum 3efu tft, in feiner SBeife 
baoon abl^ängig ift, ob fie il^m gel^ord^t. 3)ie 9)lenfd^en werben 
fein ©igentutti genannt, obgleich fte i^n nid^t aufnehmen. @ben 
weil biefer ©ebanfe ben ©laubenßaft in jld^ f^ä&liefet, wirb er 
feineönjegö bur(^ bie ^Beobachtung burd^freujt, bafe in anberen 
SBorten nur biejenigen, bie gläubig geworben finb, als fold^e 
3efu ©igentutti genannt werben, ogl. 13, 1. %üx jxe ift bafi 
©laubenöurteil jum ©rfa^rungöurteil geworben, wä^renb baö 
Urteil, bafe bie ganje SBelt 3efu ©igentum ift, jur 2Birfli(^feit 
in berjenigen Spannung fielet, bie eö eben junt ©laubenö- 
urteil mad^t. 

hiermit finb auö bem begriffe: @o^n ©otteö nur bie^ 
jenigen SJiomente ^eroorgel^oben; bie ber ©i^riftuögebanfe in fid^ 
fd^liefet unb in benen bie jol^anneifd^e ©l^riftologie bie ©^riftologie 
ber ©pnoptifer nid&t überfd^reitet. 5Rur wenn man bie fpnoptifd^e 
ß^riftologie willfürlii^ einfd^ränft unb nid^t nad& bem jübifc^en 
9Keffiaöbilbe beutet, fann man bicö oerfennen. 3lu(^ bei ben 
©pnoptifern wirb Sefuö an feiner SWad^t alö ber oon @ott jum 
^erm ber SBelt beftimmte 6^rifiu§ erfannt. ©ß ift aud^ für bie 
fpnoptifd^e ©l^riftologie eine SSerfennung beö im S3efcnntni9 jur 
aWeffianität 3efu liegenben ©laubenö, wenn man befiniert, 
baj3 Sefuö ber 3Reffiad nid^t fei, fonbern bafe er jum SKefflafi 
nur beftimmt fei. 3)a er oon (Sott baju beftimmt ift, fo 
bel^anbelt er feine SKeffianität nid^t alö rein jufünftig, fonbern 
mit bem Flamen giebt il^m ©Ott baö 3leid^. B^^^f^g ift nur 
bie Offenbarung feiner 9)leffianität. 

3)ie Übereinftimmung erftredt fid^ nod^ auf einen anbern 
^unft. Slämlid^ aud& Sol^anneö leitet wie bie ©pnoptifer bie 
©otteöfo^nfd^aft 3efu auö bem ©eifte ©otteö ab. 1, 33 f. be= 
grünbet ber Säufer fein B^^gniö, bafe Sefuö ber ©o^n ©otteö 
fei, bamit, ba§ er ben ®eift f)abz auf il|n l^erabfommen feigen. 
2)er ju ©runbe liegenbe ©c^lufe ift alfo ber: wer ©otteö ®eift 
l^at, ber ift ©otteö ©ol^n. 2lud^ in bem äBorte beö ^läuferö 
3, 34 wirb bie SBebeutung S^fw barauö erflärt, bafe @ott i^m 
feinen ©eift gegeben l^at. 33. 34 fagt, bafe Sefuö, weil ©Ott il^n 
fanbte, ®otte§ SBorte rebet. 35ieö wirb bamit begrünbet, ba& 
©Ott ben ©eift o^ne 3Wa6 giebt. SDafe er ©otteö SBorte rebet. 



- 10 — 

ettl&xi ^x^ batauö; bafe et bcn ßanjcn ©cift ©otteö empfangen 
l^at. ®r ift bct XxäQei beö ©eifieö ©otteö. 35atum rebet er 
nid^t ,,auö ber erbe". aSgl. SB. 31. 

®erfel6e ©ebanfe erflärt baö SBort 6, 63 t6 nvtvfiu ianv 

ro l^(oo7ioiovv, ri (Juq'% ovx (oq)Xft ovSiv. ®a3 SBott foff ben 

3lttfio6 befcitigen, ben bie Sänget an bet DOt^etgel^enben 3tebe 
ncl^men, an bet Sel^auptung bet lebenfd^affenben SWac^t feines 
gleifd&eö. 2)aö SBBott ifi abet felbftüetjiänblic^ nid&t ate SRegation 
bet biöl^etigcn Sluöfül^rung, fonbetn ate beten ©tHätung gemeint, 
€ö foll alfo crflätcn, roatum bem gleif^e 3efu eine foK^e Ättoft 
innerool^nt. 2Bie getabe biefe ©teile jeigt, empfängt au(^ bei 
Sol^anneö bet SBegtiff feine 39ebeutung butd^ bcn ®egenfa| gegen 
nvev/Lia, SBBenn man 1, 14 unb 1. Sol^. 4, 2 einetfeitö t)er- 

gleid^t unb anbctetfeitö 3, 6: ro ysyewrifjiivov ix rtjg caQxog 

ca^i i(TTiv, mo ebenfattß nvsvfla ben ©egenfafe bilbet, fo ift 
etftc^tlid^ , ba§ aag'^ bei Sol^anneö fo wenig alö bei ^aulud 
,,einen au§ itbifd^em §leif(^ beftel^enben 3Wenfd^enlcib" bejeid&net, 
loie 5)8fleibetet befiniett/) fonbetn bafe es bie ganjc menfd^Iic^e 
3ltt, baö menfd&Ii(^c SBefen bcjeid&net, ogl. aud& 17, 2. 2)iefeö 
gleifd^ als fol<^eö roitft ni(|t Seben, fonft roäxt jene leben- 
fdfeaffenbe SBitfung ni(^t 3efu eigentümlid^ , benn fein gleif4 
fein menfd&Iid&cö SBefen teilt Sefuö mit bet gefamten 2Renfd&l^eit. 
2lbet nut 3efu gleif(^ übt jene 2Bitfung am. Sffiaö alfo Scben 
fd^afft, baö ift nid^t baö gleifd^, fonbetn bet (Seifl. ^ietbutci^ 
mitb bet ootl^etgel^enbe ©ebanfe in folgenbet 3Beife etflätt: 
toenn baö %ld\i^ 3efu &tbtn fdbafft, fo liegt baö nid&t am 
gleifd^ als fold^em, fonbetn am (Seift. 3)ct ®eift ift es, bet 
but(i baö gleifd& ^efu Seben fd&afft. SDaS gleifd^ 3efu ifi baö 
aJlittel, but(| meld^cs bas Seben allein gemitft mitb:*) maS aber 
butd^ baö gleifd^ ^efu bas Seben mitft, bas ift bet ©eift. SJBcil 
but(^ bie 5D?enfd^l^eit, bie menfd^lid&e 9ltt ^efu, bet ©eift mitft, 
f f(|afft fie Seben. 9llfo aucj in biefem SBotte ift bie Sebeutung 
Sefu aus feinem ©eiftbeftfe etflätt. 2lls SCtäget be« ©eiftcä 
loitft et in feinet menfd^lid^en Sttt. 

3n biefen SSBottcn ift nut auöbtü(fli(| auSgefptod^en, was 
fidb aus anbeten 2luöfagcn als il^te SBotauSfefeung etgiebt. S)er 



') Urc^riftentum, @. 258. 

2) tiefer (SJebanfe wirb f|)ätcr feine ©rlduterung flnbcn. 



— 11 — 

©tfenntniögrunb ber 3Kcffiiamtöt 3cfu ift audfe bei Sol^anneö bic 
3Ka(|t fcincö 2Bortc9 unb feiner Xi)at, übernatürlid^eö SSBiffen 
itnb übernatüTli(^e 9Jlad^t. S)iefe beiben nun finb na(| bent 
allgemeinen Urteil ber apoftolifd^en ©emeinbe bie SBirfungen beö 

©eifteö.O 

2)a§ SSerl^dltnid ^t\\x jum ©eifte nadfe bem jol^anneifd^en 

@t)angelium wirb fpäter no(| weiter unterfud^t werben. 2ln 

bicfer ©teile fomntt eö nur barauf an, bie 39ebeutung beö 

©eiftbeRleä für bie Übertragung beö ©ol^neönamenö feftjuftellen, 

iinb jroar fo weit feftjuftellen, afe fie Rd^ mit ber f9noptif(j^en 

€^riftologie bedt: 3efu« ift bet ©ofin ©olteö, ber e^riftuö aU 

ber 2^räger bes ©eifteö. 9lu(^ bie Semerfung t)on ^olfemann,^) 

bafe baö oon ^o^annes mel^rfa(^ fieroorgel^obene ,,39leiben" beö 

©eifteö etxoa^ 5Reueö fei, ift ni(^t begrünbet. 3lu(^ bie ©pnoptifer 

benfen nid&t nur an ,,momentane unb ftofeweife ©inwirfungen 

bed ©eifteö".^) ©ie leiten aHeö ^anbeln unb SReben 3efu, feine 

ganje ^Perfon t)om ©eijie ©otteö ab: 2)urd^ ben 33efi| beö 

©eifteä ift er ber ©^riftuö. 8Ba§ bebeutet bie 3Kitteilung beß 

©eifieö in ber ^laufe anbereö, als bieö, bafe SefuS jum S^räger 

bed ©eifteö wirb? 2)a ber ®eift baö 33anb jwifd&en ©Ott unb 

ilWenfd^ bebeutet, fo f(^lieJ3t fi(| au(ä& bei ben ©pnoptifern an 

ia^ Äommen beö ©eifteö fein Sleiben. Ober benfen fie fidfe 

etwa bie ©emeinfcjaft 3efu mit ©ott nur „momentan unb fto6= 

weife", unb nid^t Dielmel^r bleibenb? 

Slud) ber 2Biberfprud& ber beiben S^aufberid^te ift fünftlid^ 

eingetragen. SSBenn nod^ So^anneö ber 3;äufer a\i^ bem auf 



^) SSgl. ®unfe(, 2)ic Söirfungcn he^ ^eiligen QJciftcö unb @(3^lattcr in 
ben ©xeifswalber ©tubien, ©. 101; cbenbort ©. 216. 

«) II, 459. * 

*) ®iefe üRigbeutung ber fgnoptifd^en d^riftoloöie pngt bamit 
^ufammcn, baß man feit ber @d§rift öon ®unfc( ben ncuteftamentlid^en 
©eiftgebanfen cinfcitig unter ba§ SWad^lfd^ema fubjumiert. ©d^on ber 
^mitt %eil be§ 8u(^e§ öon QJunfel beweift, bag fid^ ber paulinifd^e GJeift* 
^thanU fo nid^t berftel^en lögt. Stm Harften geigt fid§ ber ?lbftanb ber 
^un!e(fd§en Klärungen t>om paulinifd^en ^ebanlen barin, ha^ er nid§t gu 
€r!laren öermag, ha% ba§ Seufjen auS bem Reifte ©otteS ftammt. ^enn 
biefe§ 3Bort ift bei $aulu§ nid^t gelegentlich, fonbem ftel^t an entfd^eibenber 
©teile unb bie öon ®unfel gegebene ©rllärung jerreigt ben 3ufammen]§ang. 

gür bie ©l^riftologie ift e§ öerl^öngniSöoK, baß burd§ biefen öJeiftgebanfen 
bie „©ntdußcrung" S^rifti ööllig unöerftänblid^ wirb. 



— 12 - 

Scfuö l^crabfommcnbcn ©cijie f(ilic6t, bofe 3efu3 bcr (So'^n 
OottcS ifi, fo ift cö loibcrfinnig, bcm ©üangclißcn bcn ®tbanten 
untetiufd^icben, bafe bic 2iiufe bei tl^m nid&t mel^t für Sfefuß, 
fonbctn nur itod^ für bcn 2^öufer Scbcutung l^abc. SBie fönntc 
bad ^crabfommcn bcö (Scifteö auf gcfud feine SBebeutung für 
Sefus felbft l^aben! SBicImel^r fe|t bod^ ber ©(ä^lufe bed 2;äuferö 
beutlid^ ben ©ebanfcn Dorau«, bafe 3efu3 burd^ ©otteö &eift 
©otteö ©o^n ift. 2)ieö ift genau berfelbe @eban!e, ber fid^ bei 
ben ©pnoptifern finbet.*) 2)er ©^riftuögebanfe iß alfo wie bei 
ben ©pnoptifern bie 33afi§ ber jol^anneifd^en ©^riftologie. 3tn 
allen biefen ©tüden überfd^reitet bie jol^anneif(i^e ß^riftologie bic 
ftinoptifd^e nid^t. 

Mein ber ©ol^neögebanfe etl^ält bei Sol^anneö nod& eine 
roeitergefienbe ©riförung unb SSegrünbung. 6ö fragt fid^ nun, in 
roeld^em 3Serl^ältniö biefelbe ju bcrjenigen gorm ber ß^riftologte 
ftel^t, bie bei ben ©pnoptifern t)orIiegt. 3Son einer boppeltcn 
Sebeutung beö 9luSbrudö ;,©ol^n ©otteö" bei Sol^anneö ju 
reben, l^eifet auf ba« SBerftänbnid feiner ©^riftofogie t)er- 
jid^ten.*) 5Run ift aber ber innere g^föntmenl^ang aller 3lu^= 
fagen über ben ©ol^n @otte§ bei ^^flönneö beutlid^ erfennbar. 
2)er ©el^orfam, ber au(| nad^ ben ©pnoptifern ^efuö afö beni 
©o^ne eigentüntli(^ ift, wirb bei ^ol^anneö in folgenben SBorten 



*) ^et eigenttt(3^e ®runb ber $o(emif ^ol^mann« liegt aud^ flor ni^t 
in ber gorm ber jol^anneifd^en ©rjöl^lung, fonbern in folgcnber Sfte^lcjioti: 
„3ft in (£l^riftu§ ber ßogo§ erfd^icnen unb ftammt feine l^öl^ere ©rlenntniS 
au§ feinem borgefc^id^tlid^en ©ein beim 58ater, fo öerliert boneben bie Xaufe 
i^ren eigentlid^en Snl^alt. 68 bebarf feine§ nad^gel^enben ®eburt§momcnte§ 
feiner (SJotteSfol^nfc^aft; fein öon Anfang an übermenfd§lid§e8 SScnjufetfein 
lann feine Steigerung burd§ öJcifte^begabung erfal^ren." 3)iefe gonje 
^olemil berul^t, wie fid§ geigen wirb, auf einem burc^gel^cnben EJHS* 
öcrftanbni§ ber jol^anneifd^cn ©l^riftologie. @d§on bie f^noptifd^e Sl^riftologie 
wirb burd§ biefe 5luffaffung ber QJeifteSmitteilung befanntlid^ ben meiften 
unberftanbli(3^. ^ol^mann bemerkt: „^ungfraugeburt unb ^orbantaufe finb 
Doppelgänger, bie fi(3^ eigentlid^ auSfc^liegen." greili(3^ ift biefe ^tif l^er^ 
öorgerufen burd§ Deutungen ber ®eifte8mitteilung, bie fid§ au§ ber ©in* 
tragung ber mobemen fogcnannten fenotifd^en S^riftologie in bie ©bangelien 
erlldren. 

2) iBalbenfperger ©. 159 fonftatiert brei öerfd^iebene (j^riftologifd^e 
S3etra(^tung§weifen, ol^ne aud§ nur einen §Berfud§ ju mad^en, bie ßinl^eit ju 
er!ennen. ©ein Sntcreffe erfd^öpft fid^ in ber ©rforfd^ung anberer 3"^ 
fammenpnge. 



— 13 — 

bcf^ticben. 5, 19: 3)er ©ol^n fann nid&td dou ft(i^ fcl6fi aud 
tt)un, Tocnn er nid^t ben Sßatcr etwas tl^un fielet. SB. 30: 3d^ 
fann ni(ä^td t)Ott mir felbft aud tl^un, wie id^ ^öre, rid^te iä^. 
1, 28: Sßon mir felbft auö bin id^ nid^t gefommen, fonbem eä 
ift ein SJBa^r^aftiger, ber mid& gefanbt l^at. 8, 28: 3d& tl^ue 
nid^tä Don mir felbft, fonbem mie mid^ ber SBater gelehrt l^at, 
baö rebe id&. 35. 42 : 3d^ bin nid^t oon mir felbft aus ithxtmtxi, 
fonbem jener ^at mid^ g^f^^i^t. 12, 49: 3luö mir felbft ^erauö 
\iOibt id§ nid&ts gerebet, fonbem ber Sßater, ber mid^ fanbte, ber 
l^at mir Sluftrag gegeben. 14, 10: 35ie SJBorte, weld^e id^ ju 
eud& rebe, bie rebe id^ ni(^t oon mir. 2)iefer Sieil^e oon SBorten 
ift ber (Segenfafe: nid^t oon mir auö, fonbem oon ©Ott l^er — 
cigentümli^. 3)em SReben, ^anbeln, Äommen oon (Sott l^er 
fte^t ber Urfprung ber aiftion ^cfu oon ftd^ felbft aud ate ein 
©egenfafe, ber l^ierburd^ auögefd^loffen wirb, gegenüber. 3)ie 
SBenbung ov^ afp' eavrov finbet ftd6 bei Sol^anneö jroeimal ol^ne 
eine Sejiel^ung auf 3efuö. 11, 51 wirb oom ^oi^enpriefter 

gefagt: rovre äi afp savTOv ovx einsv, dXXa dQ)^i€QBvq coV xov 

iviavTov ixslvov snQOfpfixevasv, @egenfa| jum SReben oon ftd^ 
felbft aus ift l^ier bad SBeißfagen, b. ^. ba§ SReben auö Sn^ 
fpiration, auö bem ©eifte ©otted. 3)aö 2Bort entftammt nic^t 
feinem eigenen SBeioufetf ein , fonbem c§ mar ein gegebenes, 
empfangenes. ^I^nlid^ wirb bie Sffienbung 18, 38 gebrandet: 

dq)' eavTOv av tovto Xdyeig, ij aXka aoi emov negi i/nov. 

3)aS SBort entftammt ni(^t il^m felbft, fonbem anberen. 2)aS 
ei^arafteriftifd^e an biefer SRei^e oon 2Borten ift bies, bafe ber 
Urfpmng ' „oon ftd^ felbft" jum Urfpmng „aus ©Ott" in 
©egenfafc gefiellt mirb: feine SBorte ftammen aus ©Ott, fofern 
fie nid^t aus il^m felbft ftammen. 3)ai5 SBort unb 2:i^at Sefu 
il^ren Urfprung in ©Ott ^aben, fd&liefet ben Urfprung aus bem 
S3emu6tfci« 3efu aus. 3)aS Sßer^ältnis ift alfo nid&t fo oor^ 
gefteHt, bafe Sfefus aus ©Ott ftammt unb besmegen aud^ inbireft 
alles, was er fagt unb tl^ut. Diefer ©ebanfe ift burd§ bie auS:: 
brüdflid^e SRegation: „nid^t aus mir" auSgefd^loffen. SBielme^r 
ftammen Sffiorte unb 2^^aten S^f« '^^^^^^ ^«^ gegenwärtig aus 
©Ott. aSBir l^aben jwei SRei^en oon SKusfagen: feine 3Borte l^aben 
nid^t i^ren Urfprung in i^m, fonbem in ©Ott, er rebet, was 
©Ott il^m fagt, er ift infpiriert, unb feine SBerfe ftammen aus 
©Ott, ftnb burd^ ©ottes SBitten unb äBirfen begrünbet. Unb 



— 14 — 

gioar cntfpringcn olle feine SBotte unb alle feine SBcrfc ouö 
©Ott, et fonn gar nid^tö ol^ne ©Ott. 3n jroei SBotten wirb 
nid^t blofe Don ben Sffiotten unb SBerfen, fonbem t)om Qe^amten 
9luftrcten, t)om „kommen" ^t\n gefaßt, bafe e« nid^t il)ttt fclbfi, 
fonbem ®ott entftammc, nämlid^ 7, 28 unb 8, 42. 

2)a6 3efu6 nicjt oon jtd& felbft l^er gefommen ift, rotrb an 
ber erften ©tette burd^ ben ©cgenfafe erläutert, bafe er oon &ott 
f)tx ift unb ©Ott i^n fanbte. 3lud6 an ber jroeiten ©teile 
begrünbet bie 3U)roeifung beö ©ebanfend, bafe er oon fid^ felbft 
l^er fottime, bie SBerftd^erung, bafe er oon ©ott ausging. ^ier= 
nad& erhalten wir ate ©cgenfa| jum Urfprung 3fefu auä &ott 
ben be§ Äommenö oon fid^ felbft ^er. ©ein gefamted 9luftreten 
cntfpringt ni(|t feinem eigenen SBillen, fonbem ifi in @ott 
begrünbet. ©iefeö ©enben ©oited ifi alfo nid^t afe ein bem 
gefd^id^tUd^en Lebenslauf 3efu gegenüber oergangeneö, in feine 
^räejiftenj jurüdEreid6enbefi gebadl^t, fonbem ald ein feinem 
gefd^id^tlid^en auftreten gleid^jeitigeö , alfi ein baöfelbe bireft 
begrünbenbeö. ©ott ift ber fein 2luftreten bireft unb gegenwärtig 
^eroorrufenbe. 3n bem SBorte 12, 49 fefet Sefud bem SBefenntniö, 
bafe er nid^t oon fid6 felbft gerebet l^abe, bie SBorte l^inju: 
fonbern ber 3Sater, ber mi(^ fanbte, felbft l^at mir ein ©e6o/ 
gegeben, load id§ reben unb roaö id^ fagen foH. 3)aö 5ßerfetam 
fann fid^ nid^t auf bie ^räeEiftenj ^z]u bejiel^en, fonbem eä 
bejie^t fid& auf bie nun abgefd^loffene 3cit beö SRebenö 3fefu jum 
33olf: ^ier ^at er nid^t au§ ftd^ felbft gerebet, fonbem er ^t 
gefagt, roaö ©ott i^m geboten ^at. 35Jie l^ier ba« SReben, fo 
wirb 14, 31 ba§ 2^^un 3efu mit einem ©ebot ©otteö begrünbet: 
wie ber Sßater mir ein ©ebot gegeben l^at, fo t^ue id§. ©benfo 
finbet [xä) 15, 10: icb l^abe bie ©ebote meines SBaterö bema^rt. 

3n biefen äßorten mirb bie 39egrünbung beß 3lebend unb 
^^unö Sefu in ©ott genauer befd^rieben : fie oolljiefit [xä) burd^ ein 
©ebieten ©otteö unb ein ©el^ord^en 3>efu. aiHein eine anbere SRei^e 
oon SBorten läfet bie Slrt, roie baö JReben, 2^^un unb baö gefamte 
Huftreten 3efu auö ©Ott ftammt, nod& beutlid^er erfennen. S)ie 
Segrünbung beö SBirfenö ^efu in ©ott wirb l^äufig in ben 
2luöbrudf gefaxt, ba§ ^t^m ©ott fcfie unb ^öre. 3)er ©ebanfe 
finbet fid^ an folgenben ©teilen: 1, 18: &€6v ovSetg ico()ax6v 

TKonoTS' jiiovoysvrjg &€og 6 (ov ug xov xoXnov tov nar^og, 
e'AsVvog i'^fjy/^aaTO, 3, 11: o oidafj,ev kakov/Liev xai o icoQa- 



— 15 — 

jeafisv fiuQxvQOVfxsv, SB. 31 : o 6i€ Tov ovQuvov SQxoiLievog 
ecoQuxsv xai ijxovaBV fna^ivgel^. Ö, 19: ov dvvaxai o vlog 
noisiv «9* eavTOV ovdsv, äv /lij^ti ßkinfj rov nariga noi^ 
ovvra, 33. 30: ov ^vva/nfxL eyw nouiv an i/navTOv f)v6li^ 

xa&(og dxovco xgcvia. SB. 37 faßt ScfuS ju fciticn gcittbcu: 

ovTC qxavrjV avxov nuinoTe dxfjxoars, ovts sMog avrov 
efogaxars. 6, 46: ov^ ori tov nariga ecigaxiv rig, ei /ufj 
(OV naga tov d'sov, ovvog hcigaxsv tov d'eov, 8, 26: o 
nefxxpag fis aXTj&fjg ioriv, xdyta ä ijxovaa nag^ avrov ravra 
XaXw elg rov xoaf,iov. 8, 38: a eyoi> i(ogaxa naga T(p nargi 

XaXöS. aitt bicfcr ©teile ift bcr Oegenfafe lel^rretd^: xai v/ustg 

ovv a ijxovaars naga ro{5 nargog noetrs. SB. 40: dXi^d'eiav 
v/Liiv XskaXyjxa, i]V ijxovaa naga rov &€0v. SB. 47 l^eifet eö in 

einem attgemcin gültigen @a|e, bcr aber auf ^efus angewaubt 

toeiben foll: 6 wv €X rov d'eov rä g^j/nara rov deov dxovet ' 
6ia TOVTO v/usig ovx dxovere, ort ix rov d'eov ovx iari. 

S)em entfptid^t eine SReil^e von äuöfagen, bie baö aSet^ältnid 
T)on ber ©eite ©otteö auö befd^teiben. 5, 20: 6 yag narijg 

(ptXet TOV vlov xai ndvra öeixvvoLV avrfp a avrog noiet, xai 
/Lielt^ova Tovrcoy öef^ei avrt^ i'gya, 8, 28 : an if,tavTOv noito 
ovSev , akXa xadajg idida^ev f,ie b narrjg y ravra AaAco. 
12, 49: ^1 ifiavrov ovx ikdXrjfTa, dkV 6 nif-ix^jag f,i€ nartjg 

avTog jLioi ivToXriv SiöcDxev. 2)ie ttieiflen biefer SJBorte bejie^t 
man auf bie Sßtäepfienj 3efu. SKUein bei einigen ift bie§ nid^t 
möglid&. S)ieö gilt jebenfallö von benjenigen SßJotten, in benen 
audgefptod^en wirb, bafe baö 3;^un unb Sieben ^t\n nid^t in 
i^m felbft entfptingt, fonbem in @ott. 5, 19 n)itb bie 3lrt, wie 
Sefuä fein 2:i^un auö ®ott f(3&öpft, fo auögebrüdt, bafe er t^ut, 
roaö er ben SBater tl^un ,,fiel^t". ^ier fann felbftDcrftänblid^ nur 
von einem gegenwärtigen ©e^en beö X\)nm ©otteö bie SRebe 
fein, in bem baö gegenwärtige ^anbeln Sefu begrünbet ift. 3)em 
entfpricbt bie Segrünbung in SB. 20: 3)er SBater „jeigt" bem 
©ol^ne alles, roaö er felbft tl^ut. 35aö S^i^m ©otteS unb bad 
©el^en 3fcfu fäHt natürlid^ in ben gegenwärtigen Lebenslauf Sefu. 
@benfo liegt baö SBerl^ältniS 5, 30. $ier wirb von einem ^ören 
3efu gerebet, burd^ wel($ed er fein 2^^un, in biefem galle fein 
3tid&ten von ©Ott, Einnimmt. SttuS i^m felber ftammt fein X^nn 
unb alfo aud& fein SRid^ten nid&t. ©r empfängt es t)on ©Ott» 
2)ieS wirb fo auSgebrüdt: er rid^tet, wie er „^ört". Jtatürlid^ 



— 16 — 

tann aud^ l^tet bem ganjen 3ufammenl^ange nad^ nur t)on einem 
gegeniDättigen Q'dxtn bet Stimme ®otted, burd^ xoeUit^ bad 
Urteil 3efu bcgtünbet roitb, bie SRebe fein. 2)otin, bafe 3«fuö 
©ottcd Stimme „^ört", ift fein Sieben, barin, bafe er @otted 
£^at fie^t, fein ^anbetn begränbet. S)arum flammt ed nid^t aud 
i^m felbfl, fonbern aufi @ott, auö bem Fimmel. 

Slllein man erflärt bie meiften biefer SBorte, nömtid^ alte 
biejenigen, in benen bie SBorte 3efu über bad i^m eigentümlid^e 
$ören unb ©e^en ©otteö in perfeftifd^en ober aoriftifd&en SBen- 
bungen miebergegeben finb, t)on einem $ören unb ©el^en bcd 
^räcEiftenten. ©d^on baö wäre auffallenb, bafe bann mit bem- 
felben aiudbrud jroei ganj T)erfd^iebene SBerl^äÜniffe bejeid^net 
mürben. Unb jmar begrünbet Sefu« jebefimal bie Sebeutung 
feines Sffiirfenö auf biefe SBeife. ©ie Mre bann alfo in jmet 
fel^r Derfd^iebenen, miteinanber nid^t üergleid^baren fjormen be- 
grünbet. Snbeffen einige jener 3Borte jeigen beutlid^, bafe in ber 
ganjcn Slnfd^auung nid^t auf bie ^Präejiftenj jurüdgegangen mirb. 
8, 38 ftettt 3efuö fein aSer^dltnid ju ©Ott bem »er^ältni« ber 
©egner jum 2^eufel gegenüber. 2Bie er rebet, roas er von feinem 
SSater gefeiten l^at, fo t^un aud^ fie, maß fie von i^rem 95ater 
l^örten. SGBie Sefuö ©Ott gefe^en l^at, fo prten bie ©egner bcn 
2^eufel. (So ^anbelt fid^ alfo um oergleid&bare SBerl^ältniffe. 3n 
ber aoriftifd&en 58erbalform l^anbclt ed fid& felbfioerflänblid^ nid^t 
um irgenb ein t)orgefd^id&tli(|e§ ©reigniö, fonbern um eine in bie 
SSergangen^eit, aber natürlid^ in baö irbifd&e &tUn fadenbe ©in- 
mirfung beö ^leufelö. ©ie ift nid^t jeitlid^ i^rem gegenmdrtigen 
Sebcn ooraufgc^cnb gebadet, fonbern fie fommt „oon unten" l^er, 
auö bem 3enfeit§. SJergangcnl^eit ift bie ^i^fpi^^tion befi 2;eufeld 
nur gegenüber ber burd^ fie begrünbeten 2^l^at. SBie bie eine 
©inroirfung t)orgefteIlt ifl, fo au(^ bie anbere: in gleid^er SBeife 
ift in einer SBirfung ©otteö baß Xf^nn 3efu begrünbet. SEBie 
ber aiuöbrudE, fo ift aud6 bie aSorftcHung ganj bie gleid&e wie in 
bem aSJorte 5, 19. SBeife bcmerft: ,,35ad icooaxa barf nidfet 
wegen beö 5ßarallelidmuö mit bem ^xovaats oon feinem jeitlid^en 
aSerfel^r mit ©Ott genommen werben, ba ehzn, um ben Untere 
fd^ieb beö beiberfeitigcn SSerl^ältniffeö ju marfiercn, ber Sluöbrud 
rocd^felt." Sllfo ben SBed&fel beS SCempuö fü^rt aud^ SEBeife nid^t 
aU ©runb an, benn freilid^, wenn ba§ birefte unb gegenwärtige 
aScri^ältniS ber ©egner jum S^eufel in aoriftifd^en SBenbungen 



— 17 — 

fccf^ticbcn woetben fann, fo ifi aud& im erften ©Itcbe ba« ^ßct^ 
fcftutn fein 33cn)cid bafür, bafe on ein t)otjeitli(i^ed SBet^ältni« 
Qeba^i ift. ^uh^m finbet fxd^ bet äotift aud& in SBorten, in 
benen boö SBetl^ältniä 3efu ju (Sott befd^rieben wirb, nämlic^ 

8, 40: ijxovaa nuQa rov &€0v unb 35. 28: sSlia^iv fie o 

nar^Q. Sluö bem ©ebtaud^ beö 3lotifi in 8, 38 bei bcr 33cs 

fd^reibung beö aSerl^ältniffcd ber ©egner jum 2^cufel, etgiebt fid§, 

bafe bie aSetbalfotmen, roeld^e Die aSergangenl^eit auöbtücfen, nid^t 

ate Sewoeiö bafftr vetroettct werben bürfen, bafe eö ftd& um bie 

^täefifienj ^anbelt. SÄbet SQBcife fü^tt ate »eteg ben SBed^fel 

beä Sluöbrudö: ©e^en unb $öten an. SBenn inbejfen unbefititten 

in anbeten ©teilen fx(^ aufigefptod&en finbet, bafe 3efuÄ aud6 in 

feinem öegennrnttiflen 2thtn ©Ott fielet, fo ift au(^ l^ier ber 

©ebraud^ biefed Sluöbrucffi fein SBeroei« bafür, bafe an bie ^rä- 

ejiften} ^t\\x gebad&t ifi. ^eilid^ ift ber SBecJfel be« Sttuöbrucf« 

abfid&töooH. Slllein er l^at ein gönj anbereö SKotio. ©en 

©egnem wirb freilid^ ein $örcn beö 2^eufefe jugefd&rieben, aber 

nid^t ein ©el^en bedfelben. ©benfo aber wirb 6, 45 ein $ören 

©otted ate etwad bem SDtenfd^en ^öglid^ed bejeid^net, audbräcfUd^ 

aber wirb ^injugefügt, bafe ein ©el^en ©otted oon 3Renfd^en 

nid&t gelten fönne. ©o mirb benn freißd^ 5, 37 bafi fjaftum, 

ta^ bie ©egner ©otteö ©timme hörten, beftritten, aber ald 

Unmöglidfeit für einen 3Kenfd§en wirb bei Sol^anned mit einer 

offenbar abftd&tlid&en ©leic^mö&igfeit immer nur baö ©el^en ©ottefi 

b^eid&net, 1, 18; 6, 46; 1. 3o^. 4, 20. SDieö fommt nur 

Sefuö ju, aber nidbt etwa nur bem präejiftenten , mie bie 

angefül^rten ©teilen beweifen. — 3lud& in bem SBorte 8, 38 

wirb baö ,,©(6auen" ©otteö ate ein in baö gegenwärtige Seben 

2Scfu fallenbeö, fein 2^^un begrünbenbed SBa^rne^men ©otteö 

gebadet. S)ieö ift perfeftifd^ auSgebrüdt, weil eö in bem SRomente 

beö SRebenö 3«fW/ weld^es eö ^eroorruft, ate eine abgefc^loffene 

S^^atfacje fiintcr il^m liegt. 33eftätigt wirb biefe 3)eutung burd^ 

baö SBort 8, 47. 3)er ©prud§ erflärt, unter wcld^er Sebingung 

bad SBort ©ottefi gehört wirb. ®s ift eine allgemeine Siegel, 

bie ben ©runb angiebt, um beö Witten bie 3uben baö SBort 

©otted nid&t l^ören. 3)ie SRegel wirb um fo mel^r aud§ auf 

3iefud angewanbt, ate gerabe Sefuö aus ©Ott ift: weil er in 

ooUftem ©inne aud ©Ott ift, fo ^ört er bie SBorte ©otteö. 9lud§ 

in biefem ©prud^e ift, wie fowo^l bie präfentifd^e gorm, ate bie 

Stttaert, S)ie H. (S^rifloloaie. 2 



— 18 — 

äniDenbunfl bct Stegcl auf btc ©egner jcigt, von einem gegens 
toättigen ^öten bed S93orted ®otted unb t>on einet ind gegen:: 
n)ärtige fieben faSenben älbftammung aud (Sott bie Stebe. 

^iernadö iji e« nun tjon t)oml^erein roal^rfd^einlid^, bafe oud^ 
bie anbeten SBotte, in benen bet gleid&e ©ebanfe au«gefptod&en 
ifi, t)on einem gegenw&ttigen Sßetfe^t ^t^n mit ®ott tebcit. 
Dad aaSott 3, 11 fann ft(6 nad& bem 3wfötti»^c«^önge ttofe beö 
^lutafe nut auf 3efuö be^ie^en. 2)et entfd&eibenbe Seroeiö 
bafüt liegt im Sn^alte befi SBotted felbft. SJa« SBott gicbt 
Slntmott auf bie fjtage be« Slifobemuö, wie eine ®ebutt auö 
bem ©eifte möglid^ fei. Sefuö betuft fxd& auf fein SBiffen. ©r 
tebet, xomn et t)on bet Oebutt auö bem ©eifie fptid&t, nid&t von 
S)ingen, bie il^m ftemb Rnb, fonbetn von fold&en, bie et fennt. 
6t fann beömegen bejeugen. ^iuqtvqbTv bejeid&net ftetö bie 
SBetfünbigung einet 2:i^atfad^e, bie nut bet SBetfÜnbigenbe felbfi 
ma^tgenommen l^at, fo bafe bet $ötet auf ben ©tauben an fein 
2Bott angewiefen ifi. Slifobemuö ^t ju glauben. 3)aÄ jroeite 
©lieb bed SBotteö fptid^t auö, motauf M bafi SBiffen 3efu 
gtünbet. SBenn et oon einet 3^wgung butd^ ben ©eift fpti(|t, 
fo bejeugt et bamit eine 3;^atfad^e, bie in ben 33eteid& feinet 
®tfal^tung fällt: et bejeugt, xooA et ,,gcfel^en" l^at. 3lud& i^tet 
ift baö ©(^auen beffen, mas S^fwö gefeiten l^at, ein in fein 
gegenmättiges ^thtn faHenbeö. 33ei bet B^wßwng aus bem ©elfte 
l^anbett ed fid^ um ein SC^un ©otted. SDiefe« SCI^un ©otteö fäUt 
in ben SJeteid^ bet 2Bal^tne^mung 3efu: il^m ift ed fein ©e- 
^eimnis, et etföl^tt eö an fid^. ®ö ift beutlid^, bafe fid^ in biefet 
2luöfage 3efu§ mit niemanbem gufammenfaffen fann, mebet mit 
bem 3;äufet, nod^ mit ben ^topl^eten, no($ mit feinet ©emeinbe. 
3lad& ben bisset batgeftellten ©ebanfen ift thtn bad ©e^en beö 
SBitfenö ©otteö etroad Sefuö attein ©igentümlic^eö. 

3n benfelben SBotftettungöfteiö fügt fid^ aud^ bad SSBott beö 
2;äufetö 3, 31 f. ein: SDet 2:äufet ftettt fein SQBott bem 2Botte 
3efu gegenübet. 6t ift oon bet Stbe l^et unb tebet beöroegen 
oon bet 6tbe l^et. 3^fw^ bagegen ift bet auö bem ^immel 
Äommenbe. 3lfe ein fold^et bejeugt et, uoaö et gefeiten unb 
ge^ött ^at.O 3lu(ä& biefeö SBott bejie^t p* nid&t auf bie gStäepftenj 

1) 3u lefcn: 6 ix tov oiüquvov iQX^^f^^f^og S lajQaxev xai ijxovOiv 

judQivQd. Übrigen« wirb bcr ©ebanle burd§ bieg @d§tt)anfcn ber Xejte 
nid^t in gragc gejieHt. 



— 19 — 

Sefit. S^fwö ifi bet au« bcm ^Imtnel Äotntnenbe: fein flcflen- 
roärtigeö SKuftteten ifi ein Äotntnen auö bcm Fimmel, cntftatnmt 
bem ^itntnel.^) 2)a« Äomtncn 3cfu aud bcm ^immel ift bcm 
Äommcn bcs 2^äufetS auö bct ®tbc analog. Site ©cßenfaft jum 
Äommcn bcö 2iäufetö axx^ bct 6rbc fann ba« Äommcn 3cfu 
auö bcm ^immcl nicfet bic SScrtaufd^ung feinet ftfi^eten ©p^äte 
mit feinet jefeißcn bejcid6ncn. @ö fommt abet in biefem 3^^- 
fammen^ange auf bic Äoncftl^eit bcö ©egenfafeeö an. 2)et 
2^äufet fiammt infofetn von bct ®tbc, als jtc bie il^n Mlbenbe, 
ßcfialtcnbe ©p^äte ift: roaö et ift, ba« ift et butd& bie ®tbc: fte 
fd^liefet bie i^n ßcftaltenben ^aftoten in ftd^. analog ift bct 
Utfptung 3efu auö bcm ^immcl gebadet: bet ^immel ift bie 
Scfum geftaltenbc ©p^äte, roaö et ift, baö ift et butci^ ben 
^immcl. aiö ein fold^ct bejeugt et, roaö et gefeiten l^at unb 
l^öttc. 3>a et bem ^immel entftammt, teici^t feine SBa^tne^mung 
in ben Fimmel hinein. ®t tcbet t)on 2)ingcn, bie in feine 
©tfa^tung fallen, b. 1^. et jeugt, et ift ein 3^wge beffcn, mooon 
et fptic^t. 2)ie ©pl^äte, bic il^n bilbct, ift eben babutd& feinem 
©c^en unb $ötcn jugönglid^ gemad^t. ^atum ift fein 3Bott 
Seugniö unb ^at Autorität. 2)ie äutotität bcö SBotte« 3efu 
mitb in bem fd&on befptod&enen SSJotte SB. 34 babut(J begtünbet, 
ba§ et ben ®eift o^ne 3Wafe ^at. 2)ie ©in^eitlid^feit biefet 
fd^einbat boppelten Segtünbung ift nut butd^ftd^tig, wenn man 
ben l^tmmlifd^en Utfptung 3efu nid&t afe Sßettaufd^ung feine« 
Dtteö, fonbctn ate gegenroättigeö ©ebilbctfein butd& ben ^immel 
oetftel^t.*) 3ltlcin bieö fann etft bie folgenbe Untetfuc^ung im 
3ufammcnl^angc bcroeifen. 2)aö SSJott ift inl^altlid^ genau pataHel 
bem aSBotte 8, 47 : SSJet auö ®ott ift, bet ^ött bie SSJotte ©otteö. 



^) ®cn abj(^lic6cnbcn ©ctt)ei§ füt biefc Deutung bc« SBortcS bringt 
ba^ folgenbe. 

*) 2)a ^olgmann, Sf^cuteftamcntlid^c X^cologic II, ©. 402, bie l^imm* 
(ifc^c Slbhinft 3efu o^ne genauere Unterfut^ung tro^ ben au^ öon il^m 
bemerften entgegcnftc^enben ©eobad^tungcn mit ber ^röejiftenj ibcntifijicrt, 
fo entbecft er frcilid^ @. 460 einen SBiberf))ru(^, ben er fel^r ungenügenb 
löft: „(ginerfeitS ift 6;]^riftuS öon oben gelommen 3, 21 unb bejeugt, wo« 
er oben gefeiten unb gel^ört l^at 3, 32: anbrerfeitS tl^ut er bieg aber bod^ 
nur, weil er 3, 34 in ft^ranlenlofer SBeife mit bem QJcift begabt ift. 
tiefer Q^otteSgeift {d^eint i^n bemnac^ ebenfo an baS, tt)a« er beim $ater 
gehört unb gefeiten ]§at, ju erinnern, wie bann ber l^etlige ®eift 14, 26 bie 
günger baran erinnern foll, toaS 3efug getrau l^at." 

2* 



- 20 - 

2)lefe bitcfte gcgentpärtiöc SBal^me^tnunö ©ottcö i|i Scfitd 
allein eigen. 2)ieö wirb 1, 18 unb 6, 46 auSgefprocfeen. 1, 18 
^eigt ed: ®ott \)at niemanb jemato gefeiten. Slatütlic^ fann 
na^ ben bldl^et befptod^enen SBorten, befonberö aber nad^ 6, 46, 
Sefuö nid^t mit in bicfed Urteil eingefci^loffen fein. aSielmcl^r 
fefet ber jweite 2^eil bed ©pmd^eö^) loorau«, bafe ber ©ol^n 
©otteg toon biefem Urteil audgenommen x% hierauf berul^t, 
was in biefem jroeiten 2^eil üon il^m gefagt ijt. 3^ ilfjy^aaTo 
fann nur tov &sov Dbjeft fein, ^r biefed i^ystadai gicbt 
ber ©aft 6 äv sig roi' xoXnov tov nargog ben ®runb an. 
©onft l^ätte er im g^f^mmenl^ange gar fein SJtotit). 6r gicbt 
eben bie ©tettung 3efu an, vermöge beren oon i^m nicfet gilt, 
bafe er ®ott nid^t gefeiten l^at. Sllö ber, t)t)n bem gilt, 6 äv eig 
TOV xoXnov TOV nazifog, fann er ©Ott funb tl^un. 2)iefer 
3ufa| fann alfo unmöglid^ „auf ben erl^öl^ten ß^riftuö gelten", 
mie SBeife urteilt. 3lu(!& ^arnad unb ^oI|mann finben burd^ 
ben Swföl auögebrücft, bafe ^efuö ju ©Ott jurüdgefel^rt ift unb 
bei i^m roeilt. 9Wan folgert bieö aus ber präfentif<3&en gorm 
beö ^articipiumö unb aus ber 5ßräpofition eig, burd^ meldte bie 
SSorfteHung beö ^ingelangtfeinö auögebrüdt fei. ätttein eine 
Erinnerung an bie ®rl^öl^ung ^t^n i)at im 3ufammenl^ange ^ax 
feinen ©inn. ®er Ba% fügt fid^ nur bann in ben ©ebanten- 
gang ein, menn man nid&tö weiter in i^m lieft, afe was er 
unmittelbar auöbrüdEt, nämti(J ben 2luöbrudE ber unmittelbaren 
m^t Sefu bei ©Ott, ber oöttigen ©emeinfd^aft mit ©Ott, in ber 
eö begrünbet ift, bafe er ©Ott gefeiten ^at unb il^n beöl^alb funb 
tl^un fann. ®er ^n^al^ ift aud^ nid^t auf bie 5ßräefiftenj ju 
befd^ränfen. SBielme^r jagt er in feiner präfentifd&en gorm ein- 
fad^, bafe er ber ®tngeborne im ©d^ofee bes SSaterö ift. 3)as 
Urteil gilt oon bem ©ol^ne ©otteö ganj allgemein: er ifi aud^ 
in feinem gefd&id&tli(^en Seben bei ©Ott, in feiner näd^ften SRöl^e, 
tinb in innigfter ©emeinfd^aft mit ifim. ^olfemann roirft ein, 
i)aj3 bie antifen SBorftettungen oon „oben" unb „unten" ju bid^te 
9lealität befi|en, als „bafe fle ben ©ebanfeu einer ben Slaum 
ignorierenben ©emeinfd^aft unb ©inl^eit juliefeen." @ö mirb jtd^ 
fpäter jeigen, bafe mit biefer attgemeinen 33emerfung fid^ über bie 



2)a§ ©(^wanlen ber Xc^tc ift für bie geftftellung be« ^ier öcrfolöten 
<5Jebanlengange§ ol^ne ^öebeutung. 



— 21 - 

io!^anneif(i^e S^rifiologie nid^td audmad^en lägt. 2)Qd Utteil, bog 
Sefuö anä) loä^rcnb fcincö gefd&id^tUcfeen Scbenö im ©d^ofee 
@otted fl^t, ift nid^t auffaUenbet ald bad anbete, bog ®ott in 
il^m unb er in ®ott ifi. Qn biefen SBotten ift bod^ no(% loiel 
ftötfet eine „ben SRaum ignorierenbc ©emeinfd^aft itnb @inl^eit" 
auöge^prod^en, S)er Stuöbrud, bet Swfammen^anfl unb bet biöl^er 
t)etfolgte ©ebanfengang ber jol^anneifd^en ß^tifiologie fotbctt 
btttd^au«, baö SBort afe Sejeid^nung betienigen 3läl^e bei ©Ott 
ju beuten, vermöge beten Sefuö aud^ in feinem gefd^id&tlid^en 
ßcben ©Ott gefeiten \)at unb il^n beSmegen funb t^un fonnte.^) 

2llfo aud6 an biefet ©teile ift, wie bie ©emeinfd^aft 3efu 
mit ©Ott, fo audb fein Böhmen ©otteö als ein in fein gefd^id^ts 
lid^eö Seben fattenbeä SBetl^ältniö üotgeftellt. S)icfe 2)eutung wirb 
butd^ ba§ patattele SSJort 6, 46 beftätigt. ^iet mitb ausbtüdflid^ 
bet, bet t)on ©Ott l^ct jiammt, als bet einjige begeid^net, bet üon 
bet Siegel ausgenommen ift, bajj niemanb ©Ott gefeiten ^at. 
3llS jroeite patattele gut ©tläutetung beö SBotteö bietet fid& 8, 47 

wv ix jov &fOV Ja ^rjfxuTa tov &€0v dxovsi. SSeiben SEßotteU 

gemeinfam ift bie ©tunbangabe bet SBa^tnel^mung ©otteö: 6 (ov 
ix (tefp. naQcc) tov ^bov. SSBie beteits bei bet ©tläutetung bed 
SBotteS 8, 47 feftgeftettt ift, ift bet Utfptung auö ©Ott als 
gcgcnioättiget gebadet. 2)em entfptid^t in bem SßJotte 1, 18 
o wv fig TOV xoXnov to,v nuTQog, ebenfalls olS ein baS gefd^id^ 
lid^e Seben 3efu bebingenbes aSet^ältnis. 2)et @pn4 6, 46 ttitt 
als ®infd^tänfung obet Segtenjung beS lootlietge^enben ©ptud^eS 
auf. 3n biefem mitb ein ^öten ©ottcS aud^ ben 3Wenfd6en ju- 
gefd&tieben. 3lllcin bet ©ol^n allein l^at il^n nid^t nut gel^ött, 
fonbetn au^ gefe^en. 3lud^ biefet 5ßatatleliSmuS nötigt baju, bas 
„^öten" 3efu in feinem gefd^idbtlid^en ßebeuslauf ju fud^en. 

S)en cntf(Jeibenben Seioeis füt bie S^^efe, bajg bei Sol^annes 
baS ^öten unb ©el^en ©ottes fi(J nut auf bie 5ßtäeEi|ienj 
bcjiel^t, btingt bie 3«fönimenftettung unb SSetgleid^ung bet be= 
fptod^cnen SBotte. 2)a6 einige t)on il^nen fi(^ auf bas gefd^id^t^^ 
lid^c Sebcn 3efu bejie^en, ifi unbefttitten. 2)iefe SBotte abet 



^er ©cbraud^ ber ^rc^jofition €ig beeinftufet ben öJebanten ntt^t 
wcfentlic^. SSielleid^t l^at ba§ SBilb, miä^e^ ben 9(u§bruc! gcftaltete, bie 
SBa^l ber ^räpofition beftimmt. SSgl. befonberg ©remer s. v. x6Xno<:^ 
maf^t\ä^einÜ^ aber ift bie ^o^jofition einfad^ « iy- «gl. ma% ®rammatil 
beS neuteftamentn(^en ®rie(j^if(j^, @. 119 f. 



— 22 — 

jicl^en auf einer Sinie mit ben anbeten, bie man auf bie ^ä- 
elften; }u bejiel^en pflegt. 2)amit aber ift bie Unrid^tiglett 
biefet Sejiel^unö naij&geroiefen. 3n atten SSJotten mirb au« 
biefex SBorftettung bie Sebeutung unb Äraft t)on SBott unb %\)at 
Sefu, bie buxd& i^n t)ermittelte Offenbarung @otte«, gefolgert. 
@ie lann unmöglid^ burd^ {mei fo l^eterogene @ebanlenreil^en 
begrünbet fein, gemer finben ^ä^ biejenigen JBJenbungen be« 
Sludbrudö, auf bie man in einigen SBorten bie SSejiel^ung auf 
bie ^räefiftenj grünbet, j. 33. bie auf bie SSergangenl^it bejüg= 
liefen Xempora, auci^ in benjenigen SBorten, bie ftd^ ol^ne S^eifel 
nid^t auf bie ^räefiftenj bejiel^en. @ö ift alfo notwenbig, atte 
biefc SBorte auf ein in baö gefd^id&tlid^e 2tbtn ^e\n fattenbed 
aSerl^ältniö ju ®ott ju bcjie^en. 

^örcn unb ©el^en lommen als bie formen unb SSebingungen 
ungel^emmten Sßerfe^td in 33etra(i^t. 2)er ©Dangelift empfinbet 
ben Slnftofe ber SBerborgenl^eit ©otteö, burd^ bie er ber aBal^r= 
nel^mung entjogen ift, aU befonberd fdbroer. 3)ieö ift ber @runb, 
um bedmiQen bad @oangelium ben ß^f^^^^^^^^d S^f^ ^ii 
©Ott unter bem Silbe bed ©eigens unb ^ören« barftettt: jene 
©efd^iebenl^eit von (Sott fättt für 3efu« fort: er fielet in Döttig 
freier ®emeinf(Jaft mit (Sott, ©eine ©ebunben^eit unter bie 
Sebingungen ber irbifd^en ©jifienj bebeutet feine ©d^eibung oon 
©Ott. 2)iefer ungel^emmte, burd& feine ©d^ranfe gefiörte SScrfei^r 
mit ©Ott ift bie grei^eit Sefu. Sroifd^en i^m unb ©Ott giebt 
es feine ©renje unb SJrennung: er ift ber ©ol^n, ber nidftt oom 
aSater gefd^ieben mirb, fonbem im ^aufe bed SSaterö bleibt — 
natürlid^ aud^ mdl^renb feines irbifd^en Sebenö, ogl. 8, 35. 

SDie SEBorte 5, 19 u. 37; 8, 28; 12, 49 loerbinben bie 
©ebanfen, bafe 3efu« ©ott fielet unb l^ört, mit ben anberen, bafe 
er nid^td oon fid& felbft auö t^ut, fonbem bafe fein 3^un in 
©Ott begrünbet ift. SSJeil ^efus tl^ut, ma« il^m ber 58ater jeigt, 
unb rebet, maö il^m ber SBatcr fagt, fo fiammt fein Xl^un nid^t 
aud il^m, fonbem aus ©Ott. 2)ie jmeite Steige oon Äuöfagen 
erläutert alfo bie erfte unb jeigt, mie bie 33egrünbung be« Xi)\in^ 
3efu in ©Ott oorgeftetlt ift. ©ie ift nid^t naturl^aft gebadet, 
fonbern oolljie^t fid^ burd^ ein ^nn, SReben unb ©ebieten 
©ottes, ein ©el^en, $ören unb ©e^ordl^en 3efu. 2)iefeö SSer- 
l^ältniö JU ©Ott iji i^m, alö bem ©o^ne, eigentümlid^. 2)er 
©ebanfe xoxxh nai) jmei ©eiten geroenbet: meil er fo l^anbelt, ift 



— 23 - 

er hex ©ol^tt unb: weil er ber ©ol^n i% fo l^anbelt er in biefer 
SBeife. Sil« ber ©ol^n ifi er ®ott gel^orfam itnb aU ber, ber 
©Ott gel^otd&t, ift er ber ©o^n. ^n feiner t)onflänbi8en 3lb- 
l^änßiflfeit t)on ©Ott befielet feine ©ottedfol^nfd&aft. 5Diefe at^ 
i^ängiflleit befielet barin, bafe ©Ott il^m fein SSJerf jeigt unb fein 
aSSort fagt, nnb bafe 3efu« tl^ut, load er jte^t, itnb fagt, roaö er 
l^ört. ©ie Slb^ängigfeit . oon ©ött ifi bie gorm ber ©otteö- 
fol^nfd&aft 3efu. 2)ie ©ottedföl^nfd^aft 3efu nnb fein ©el^orfam 
gegen ©Ott ftcl^en in aBed^fetoirfung. SBeil aber ©Ott babei ber 
3lnl^ebenbe, SSegrünbenbe, Übergeorbnete bleibt, fo wirb ber Äern 
ber jo^anneifd^ert ©l^rifiologie oerlannt , wenn man biefen 3^== 
fammen^ang fo beutet, afe maä^e na<3& bem ©oangelium 3efu« 
ftd^ felbft burd^ feinen ©e^orfam jum ©ol^ne. 2)ad Urteil, bafe 
er als ber ©ol^n ben SBillen ©otteö tl^ut, fie^t über bem anberen, 
bafe er ald ber, ber ben SBitten ©otteö t^ut, ber ©ol^n ifi, fo 
gut ©Ott über 3efu« fielet. 5Die %f)at 3efu, bie ©otteö SBitten 
t)ottjire(It, fiammt eben nid^t aus il^m, fonbem er t^ut fie, meil 
©Ott fie i^m jeigt unb giebt. 2)ad ifi bie 9lrt, mie ©Ott il^n ju 
feinem ©ol^ne mad^t, bafe er il^m fein SBerl unb fein SBort giebt. 
SKber eben beötoegen ift bie Slrt, wie Sefuö ©o^n ifi, baö ^\xn 
bed il^m oon ©Ott gegebenen SBerfed. Qn ©otteö ©abe ifi 3efu 
%^at unb in 3efu ^at ©otteä ©abe begrünbet. 5Dad SBer- 
l^ältntd ifi ald bauernbe, ba$ ganje S^un unb £eben ^t^n 
begrünbenbe, gefialtenbe SBe<3&feln)irIung jmifd^en i^m unb ©Ott 
gebadet. 

3>ie« wirb am flarften burd^ baö SBort 4, 34 auögebrüdEt: 
^eine ©peife ift, bafe id& tl^ue ben SBitten beffen, ber mid& 
fanbte, unb fein SBerf ooHenbe. 2)ie ©peife !ommt l^ier nid^t 
ate baö in SBetrad&t, „roaö Sefriebigung unb ©enüge giebt," wie 
SBeig eiflärt, fonbem alö bad, mad bad Seben erhält, nid^t aU 
©enufemittel, fonbem alö Sebenömittel. 3)urd& baö %i)Vin beij 
SBitten« ©otteö bilbet 3efuö ftd^ felbft, mad&t er ftd^ ju bem, 
roa« er ifi. ©ott ift ber il^n ©peifenbe, fein &tbm Unterl^altenbe, 
inbem er i^m fein SBerf unb SBort giebt; baö ^innel^men biefer 
©peife burd& 3efuö begrünbet baö 2%un feined SBerfed. 3)urd^ 
badfelbe bilbet er Rd^ felbfi, feine 5ßerfon. 2)urd^ biefe« SSilb 
mirb bad ^un bed SBiQend ©otted als bie Sebingung bejeid^net, 
unter ber Sefuö fid& afe baö, ma« er ifi, aud^ erplt: er ift ber 
©ol^n, aber er ift eö nur in ber gorm, bafe er ©otteö SBitten 



— 24 — 

ti)\xt: wie bie ©pcifc baö t)otl^anbcne Scbcn itnterl^ält. 9lus bet^ 
fclbcn Slnfd&auuitfl ctflärt fld^ bad SBott 6, 57: 3<3& ^^^ rocßcn 
beö SBatcrS: bic ßebcnbigfeit 3efu ifi in ber Scbenbigfcit @ottc^ 
begtünbet. ®ott ift ber baö Scben 3^f^ ftänbig Unterl^altcnbe^ 
33cgtünbcnbe, ©rjcugenbe. 3)abuxd^, bafe er attc feine einjelnen 
2;i^aten fo auöfd^Iicfelid^ l^erDorbringt; bafe ber ©ol^n hnxä) Rd^ 
felbft ö^r nid^tö tl^un fann, bringt er feine gonjc ©jifienj, fein 
ßeben l^erDor; babur<^, ba§ er bie Xi)attn 3efu l^erporbringt, 
fpeift er i{)n, b. 1^. erhält er il^n felbftänbig aU baö, was er ift, 
b. 1^. als feinen ©ol^n: bitrd^ bie Xl^at roirb bie ^erfon. 

3n einen eigenartigen Sludbrud wirb biefe völlige Wo- 
^ängigfeit 3efu von ©Ott gefaxt, 2, 4; 7, 30; 8, 20; 12, 23. 27; 
13, 1; 17, 1. Xl^at unb ©rlebniö 3efu ift bapon abhängig, ob 
feine ;,@tunbe" gefommen ift ober nid^t. SWan l^at bel^anptet, 
bafe biefer Sluöbrud bei 3ol^anncö immer bie Xobeöftunbe be- 
jeid^ne. 2)iefe ©rfläruttg läjjt Rd^ an ben meijien ©teilen nur 
mit Eintragungen burd^fül^rcn. 3o^anneö menbet ben Segriff 
ni(ä^t nur auf ^^fwö an. 2lm burd^fid^tigften ift ber ©inn ber 
Sffienbung 16, 21: SBenn ein Sffieib gebiert, fo l^at fie Trauer, 
weil il^re ©tunbe gefommen ift S)aö SBort bejeid^nct l^ier baö 
(greigniö alö oom SBotten beö SKenfd&en unabhängig, naä) einer 
objeftioen Siegel il^n treffenb. 2)ie ^ext ift fijiert, unb sraar 
burd^ göttlid^e 33eftimmung. 2inbem aber nic^t gefagt mirb: bie 
©tunbe ber ©eburt, fonbern l^re ©tunbe, mirb auögebrücft, 
bafe baö in biefer SEßeifc burd^ göttli(Je SSeftimmung figierte 
©reigniö ber Seftimmung beö SBeibeö entfprid^t: baö ©rlebniö 
geprt roefentlic]^ ju bem il^r oon ®ott beftimmten ®ef(i&idEc, in 
bie il^r oon ®ott gegebene 2lufgabe. ©inen ganj analogen ©inn 
l^at baö aöBort in feiner Slnroenbung auf '^e\n^: eö bejeid^net 
S^l^at unb ©rlebniö 3efu alö ©lieber beö il^m oon ©Ott gegebenen 
Serufeö, unb baö Eintreten beiber alö allein oom 3Billen ©otteö 
abl^ängig. gn einigen ©rjäl^lungen jeigt ber ®oangelift biefe 
oöttige äbl^ängigfeit beö Sebenölaufö 3efu allein t)om SBitten unb 
%^m ©otteö. 

S)aö ©efprä* mit ber aWutter 3efu 2, 3 f. I^at bie S3e^ 
beutung, bieö ^eroorjul^eben. 3lxä^t baö 33ebürfniö für fid^ giebt 
für 3efuö baö 3Jlotit) jum ^anbeln ab, an6) nid&t bie in bem- 
felben begrünbete 33ittc, felbft bann nicfet, m^nn fie oon feiner 
3Rutter auöge^t. 2lu<3& oom SBitten Sefu ^ängt bie X^at nid&t 



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— 25 - 

ab, er t^ui fte nid^t ^^üon ftd^ fclbjt auö'', fonbcrn ftc l^äußt 
allem t)om aBiHen ©otteö ab. ©ofort naä) bicfem ©efptäd^ 
n)itb bie StfüHunö ber SBitte erjäl^It. ®ö tritt fein neue^ 
3Kt)tnettt ein, roeli^eö bie Xf)at äufeerlid^ motiviert. 33. 4 unb 5 
fönnten fel^len. ©ie l^aben aber niäit ben 3"^^*^ ^^^ ©tettung 
Sefu ju feiner 9Wutter barjuftetten, fonbern nur ben, ju jeigen, 
bafe bie Xf)at 3efu überl^aupt nid^t buri äujjere Sebinöunßen 
l^erooröerufen wirb, fonbern attein t)om SBillen ©otteö abfiängt. 
9f?od& ftärfer wirb biefe Slb^änöigfeit 3efu t)om SBitten ©otteö 
in ber ©rjäl^Iung 7, 1 — 10 Ijeroorge^oben. S)ie Slufforberunft 
feiner 33rüber, inm gefte ju jiel^n, beantwortet Sefuö mit ben 
SQBorten: aWeine 3eit tft no* nid^t ba (58. 6). 3(| gtl^e ni^t 
l^inauf JU biefem geft, benn meine 3^it ift no(J nid^t erfüllt.^) 
xaiQ6g f)ai benfelben ©inn wie in ben anbern SSBorten cSpo. 
2lud^ bieö 3Bort bebeutet nid^t: meine Slobeöftunbe ift nod^ nid^t 
gefommen, fonbern ber t)on @ott befiimmte S^i^punft ift nod^ 
nid^t gefommen. aWan trifft bie aWeinunß beö ©oangeliften nid^t, 
wenn man bie 3lblel^nung 3efu nid|t ernft nimmt, fonbern 
meint, bafe er burd^ eine unbeftimmte 3lntn)ort feinen maleren 
(gntfd^lufe oerfd^roeige. 2lud& ift eö pöttig oerfel^It, nad^.®rünben 
ju fud^en, roeämegen Qefuö nid|t fofort, fonbern erft fpäter ging. 
SlUeö, maö man bafür angefül^rt l^at, erflärt bie ©rjäl^lung nid^t. 
3lbfid&tlid& nennt ber ©oangelift feinen ®runb, um beßroillen 
3cfuß fpäter bod& l^inaufjog, benn bie 33emerfung, bajj er nid^t 
öffentlid&, fonbern l^eimlid^ l^inau^og, fann nid^t als änbeutung 
bicfe§ ©runbeö aufgefaßt werben. S)enn 3efus l^at oorl^er eben 
nid^t nur verneint, bafe er „bel^ufä öffentlid&er meffianifd^er ©elbft= 
barftettung" l^inaufjiel^en motte. ®ie ©ituation l^at fid^ äufeerlid& 
in feiner Sejiel^ung geänbert. äud^ in S^^ufalem änbert fid^ 
nid&ts baburd&, bafe 3efuö erft fpäter eintritt, jebenfattö wirb bieö 
nid^t aU baö SKotio ber 3Serjögerung angegeben. 3lm roenigften 
gicbt man bie SKeinung beö ©oangeliften mit ber S)efinition 
miebcr, bafe Sefuö injmifd&en feinen ®ntf(|luJ3 geänbert l^abe. 
Sßielmel^r fott au(| biefe ©rjäl^lung nur jeigen, roie 3efu X^at 
vom aBitten ©otteö abfängt, ©erabe inbem fein 4u6ereö 3Jioür> 
für fein fpätereö ^inaufgie^en angegeben mirb, fott gejeigt werben, 
bafe eben äufeere ©ituationen überl^aupt bie S^l^at ^e\M nic^t 



@S ift ovx JU lefcn, oi;n<a ift ^orrrttur na^ bem golgenben. 



— 26 ~ 

bcjiimmen, fonbcm nur ber SBitte ©ottcd. SBann bie „Bttxnhe" 
3efu ift, baö ifl nid^t empitif<3& erfcnnbar. 2)et ©oauBeKfi ßiebt 
a\x(b ben 3«^^* ©ottcö bei bicfcr SScrjögerung nid^t an. 2lu(ä& 
ber ©d&ein, bafe 3cfu X\)at butd& äufeere SttJ^^tnäfeigfeit bcftlmmt 
fei, voixh t)ermiebcn. SRid^t aM ber 3we(fmäfeigfeit fd^Iiefet er 
auf @t)tted äBiQen, fonbem ber ©laube, bog l^ier @otted 3BilIe 
regiert, fci^läßt atte gragen nad^ ber S^täm&^XQUit nicbcr. 
2)arwtn finbet er aitd^ gar feinen Slnftofe barin, bafe 3efud juerfl 
verneint, roaö er fpäter bod^ tl^ut. SSielmel^r will er gcrabe 
barauf aufmerffam mad^en. ©in aBiberfprud^ in SBort unb X^at 
Sefu würbe für il^n nur bann vorliegen, wenn er für feine 
aßeigerung einen anbem ©runb angäbe alö ben, bafe feine 3^^ 
nod^ nid^t gefommen ifi, itnb wenn feine X^ai ein anbere« 3Äotio 
l^ätte, als eben ben, bafe feine ©tnnbc gefommen war. 3lber bie 
@rjäl^lung jeigt atterbing«, wie ernji^aft ber ®t)angelijt ftd^ bie 
Slbl^ängigfeit Sefu t)on @ott, bie loöllige SSegrünbnng feines 
gefamten 2^l^unö in ©ott, t)t)rfiettt. @r bemerft aud& gar ni($t 
ausbrücflid^, bafe ber 2lufbrud6 Qefu in einer i^m ju teil gc^ 
roorbenen SBeifung ©otted begrünbet ifi. @r beutet bie« nur 
baburdi an, bafe er üon gar feinem 2Motit) erjäl^lt. 2)a6 nad& 
ber 3lrt, wie 3efuö t)orl^er feine SBeigerung begrünbet l^at, bieö 
nur baran liegen fann, bafe injicifd^en ©otteö SBeifung eintrat, 
bieö Urteil fd&liefet baö SBertrauen beö ©oangelifien auf 3efu 
aSort unb ben ©lauben an bie faftifd^e 33egrünbung feiner 2^l^at 
in ©Ott in ftd^. ®benfo ift bie »erjögerung be« aufbrud&ö 3efu 
beim SJobe beö ßajaruö gemeint, ^ie 5Rot an fid& unb bie 
33itte ftnb noä) nid^t baö jureid&enbe SMotio für bie $ülfe. 3)er 
fpätere 2lufbru(| Sefu wirb anä) ^ier in feiner 2Beife äufeerlid^ 
motioiert: ein äußerer ©runb, ba§ er gerabe nad^ jwei klagen 
aufbrid^t, wirb abfid&tlid^ nid^t angegeben, ©erabe l^ierburd^ wirb 
beutlid^, baj3 nur ber aSille ©otteö bie S^^at 3efu regiert. 

2Bie bie X^aten, fo l^ängt aud^ ber ©ang beö äußeren 
Sebenölaufö 3efu allein t)om SBiUen ©otteö ab. @ö mag jeber^ 
mann gewillt unb atleö bereit fein, 3efum ju ergreifen — ni(^t 
baö 3itfömmentreffen ber äußeren 33ebingungen , fonbem ber 
gSBitte ©otteö entfd^eibet über fein ©efd^idE. 5Der ®oangelift giebt 
mit beutlid^er Slbftd&t feinen äußeren ©runb an, warum ber 
^lan nid^t jur Sluöfül^rung fommt: niemanb fann i^m etwaö 
anl^aben, wenn feine ©tunbe nid&t gefommen ift, 7, 30; 8, 20. 



«- 27 — 

©benfowcntg ucranlafet ixflenb ein äujsctefi Slnjeid&cn, fonbctn 
allein bie innere Überjeugung Qefu baö Urteil, bafe bie ©tunbc 
eefommen ift, 13, 1 ; 17, 1, 2)icfe ßenfung beä äußeren Sebend 
3>efu gel^ört ebenfo ju bem, roaö il^m ate bent ©o^ne eigen ift, 
n)ie bie ©eftaltung. feineö inneren ßebenö. S)iefe t)öHiflc ©eftaltung 
feines fiebenö bur<3& @ott ift etroaö S^fuö allein ®igentümli(6e§ ; 
von feinen 33rübem gilt fie nid^t: il^re ßcit ift immer ba, 7, 6. 
2Bie beö ©ol^neö SBiHen unb ^ll^at attein ber SBater bcjiimmt, 
fo befiimmt aud& fein ©efd&id attein ber SBater. 2lte ber @of|n 
l^ängt 3efuö allein von ®ott ab; aber von (Sott ^ängt er 
iDoHfiänbig ab. ®er @eban!e beö unbebingten ©d^u|eö t)or SRot 
unb ©efal^r, ber bem ©ol^ne gebül^rt, wie er fid^ in ben Sluf- 
forberungcn ber SBerfud^ungSgefd^id^te auöfprid&t, ift aufgenommen 
burd^ ben ©ebanfen, bafe ©Ott eö ift, ber atteö, roaö ben ©ol^n 
trifft, befiimmt. 

2luö ber ©rfenntniö, bafe ©Ott SBort unb Sfficr! ^efu wirft, 
folgt, bafe ©Ott in 3efu unb 3efud in ©Ott ift. 10, 38: „2Benn 
i(ä^ (bie SBcrfc meines SBaterö) t^ue, fo glaubet, wenn il^r aud^ 
mir ni(^t glaubt, boci^ ben SßJcrfen, bamit i^r jur Srfenntniö 
fommt unb erfennt, bafe in mir ber 58ater ift unb iä) in bem 
«ater/' 5Der glei(|e ©(i^lufe liegt 14, 10 vor: „©laubjt bu nid^t, 
i)a§ id^ im Sßater unb ber SBater in mir ift? SDie SJBorte, weld^e 
i^ ju eud& rcbe, bie rebe id6 nid^t von mir felbft. 2)er SBater 
aber, ber in mir bleibt, t^ut feine SSBerfe." 5Daö ©bötafteriftifd^e 
an bicfen SBorten ift bie«, bafe nid^t etwa nur 3efuö ober ber 
eoangelift an bie 2:^aten gefu bicfe Folgerung als eine ®r^ 
Weiterung beffen anfügt, waö fonft t)on 3efuö gefagt ifi, fonbern, 
ba^ er t)on ben Jüngern unb ben ©egnern biefen ©d^lufe forbert: 
barin fprid^t Rd^ auö, wie notwenbig bem 6t)angeliften biefe 
Folgerung ift. ©ie ift mit bem Urteil, bafe 3efuö nid^t aus [x^ 
felbft, fonbern auö ©Ott l^anbelt, unmittelbar alö barin ein^ 
gefd&loffen gegeben, ^n beiben ©teilen wirb bireft alö ber 
3wedE ber SBerfe gefu angegeben, bafe fie bie ®r!enntniö erwedten 
foHcn, bafe ©ott in Sefuö unb Sefuö in ©Ott ift. 2)a Sefuö 
bie SBorte, bie er rebet, niä^t am fid^ felbfi rebet, fo ifi 
ber SBater in i^m. 2)ie aSerfld^erung : 3d& bin im SSater 
unb ber SBater in mir, wirb einfad^ burd^ bie Berufung barauf, 
bafe Sefu SBorte nid&t aus i^m felber ftammen, begrünbet. ©ie 
flammen, fä^rt bet ©ebanfengang fort, nid^t aus Sefuö, fonbern 



- 28 — 

aus bcm aSatcT. hieran wirb nun nid^t etwa aU weitete ^oU 
öerung angefdllojfen, bafe bet SBatet in 3efuö ift. 2)ie8 liegt 
x)ielme^t fo felbfioetftänbUd^ bereits barin, bafe ©Ott eö ifi, ber 
bie SBerfe 3efu tl^ut, ba§ eö cinfad^ in ben jweiten ©oft auf:^ 
genommen mirb: S)er SBater, ber in mir bleibt, t^ut feine 
SBerfe.^ S)ie gortfft^rung beö @eban!enö 95. 11 jerlegt blefen 
©ebanfen in einen (Sd^lufe: ©laubt mir, baß id& im SBater bin 
unb ber 3Sater in mir; menn aber nid^t, fo glaubt bod^ um ber 
SCBerfe felbft roiHen. S^^^d^ft forbert 3^fwö ©lauben auf feine 
einfädle SSerfid^erung l^in. 3BoIIen fie biefer nid^t glauben, fo 
finb bie SBerfc jebenfaHö ein unmiberleglidler 33emei«, vqI. 
17, 21. 23. 5Darin, bafe 3efu SOBerf burd^ ©Ott gemirft iji, 
liegt, bafe ®ott Sefuö innerool^nt, il^n ju feinem Drte gemad^t 
^at. Umgefe^rt ift ®ott ber Ort 3efu, 3efuö ift in ©Ott. SDie 
aSorftettung ift ganj realiftifd^. ©ott ift ber S^f^m Umfangenbe 
unb in fid^ Sd^liefeenbe. 2)er SluöbrudE bejei(^net bie 3la^t 3efu 
bei ©Ott noc^ ftärfer als ber anbere, bajj 3efu§ im ©d&ofee 
©otteö ift: er ifl in ©Ott felbft, roie ©Ott i^m innemol^nt, 
14, 10 wirb mit biefen SEßorten erläutert, baft, mer Sefum 
gefeiten l^at, ben 3Sater gefeiten l^at. SBeil ©Ott i^m innerool^nt 
unb atte feine S^^aten unb 3Botte begri'mbet, fo ba§ 3^fu %^at 
©otteö 5C^at, ^efu SBort ©otteö SBort, 3efu SBiUe ©ottcö Sitte 
ift, unb roeil er, inbem er alle feine Slfte l^eroorbringt , i^ 
felbft, feine ^erfon, l^eroonuft, fo ift 3ßf«ö bie Offenbarung 
©otteö. 3n il^m ift ©Ott ftd^tbar geworben. Unb jmar too^nt 
©Ott il^m Qaxii inne. 2)ieö ift ganj gleid^bebeutenb mit bem 
bereitö erläuterten äBort, bajs Sefuö ben ©eift ol^ne SWafe |at. 
S)en gleid^en ©ebanfen brüdfen bie äßorte auö: ällleö, maä ber 
aSater l^at, ift mein, 16, 15. S)aö 2Bort überfd^reitet in biefem 
3ufammenl^ange ben unmittelbaren ©inn, ben e§ burd^ äln^ 
menbung beä ©l^riftuägebanfenö auf S^fw^ erl^ält. Slfe einfad^er 
Sttuöbrud beö ß^riftuöbemufetfeinä fagt baö SBort, bafe bie SBelt, 
roeil fte ©ott gel^ört, aud& 3^1«^ gel^ört. ^ier rid^tet ftd& ber 
SlidE auf ben äujjeren Umfang be§ 33eftfteö ^t\\x: in biefem 



SBenn im erften ©liebe nur öon ben SSottcn, im ^weiten nur Don 
ben SSerifen bie 'Siehe ift, fo l^at ha^ felbftöerftänblid^ ni(^t ben ©inn, bie 
SBerle im Unterfd^iebe öon ben SSorten in befonberer SSeife Don öJott ab* 
juleiten. SBielmel^r ift wa^rft^einlid^ l^ier SSerfe ber umfaffenberc aud^ bie 
Sporte in fid^ fd^Ueßcnbe SScgriff. 



— 29 — 

©innc gel^ört allcö, roa« ©Ott gehört, i^m. 16, 15 ifl inbcffen 

ni(ä^t t)on bcr SBelt bic Siebe, fonbern t)on bem, road ®ott ate 

inneren Sejtfe an Ätaft unb ®eiji in |t(J trägt. ^\xä^ bie« 

nennt 3efu§ fein eigen. Überfd^ritten iji l^iernüt, wie überl^aupt 

in ber jo^anneifd&en ©^riftologie, ber tnefjtanifd&e ©ebanle in^ 

fofem, alö l^iermit ber innere @runb angegeben wirb, nm beß- 

willen 3efu§ ben mefltanif^en ©ebanfen auf fi(| anroenben barf 

unb fann. 2)ie 9Belt gel^ört il^m beöioegeu, fo roal^r fie @ott 

gel^ört, weil ©otteö eigener innerer SSefife, eben baö, n)obur<3& er 

©Ott unb ^err ber SBelt ifi, il^m gel^ört unb fein innered 

©igentum bilbet. 2)aö 9Bort erläutert nur, loaö ed ju bebeuten 

l)at, bafe ©Ott 3efud inneiool^nt, ober, bafe er il^m ben ®eifi 

ol^ne 3Ra^ gegeben l^at. 

3}lm barf aud^ aud beut ftonte^t feine 9efd§ränhtng 
nel^men, etioa bie : bafe eö jtd^ um „ben gefamten Sffial^rl^eitdbefife" 
bed SSaterö l^anble (SBeig). ^ieö erlaubt ber aUgemeine unb 
toeite SuöbrudE nid&t. Slnbere 2Borte aber überbieten biefen 
(Sebanfen auöbrürflid&. 2)ie SMad^t über aM gleif* gehört 
Sefuö, 17, 2, bie ^errlid&feit geprt Sefuö, 93. 22 unb 24: ©Ott 
l^at fi(^ felbji, ben gefamten Snl^alt feine« eigenen SBefenö, 3efu« 
mitgeteilt, inbem er il^m inneiool^nt. 

2)iefe ®rfenntnid loottenbet fi(6 in bem Urteil: 3d& unb 
ber aSater jtnb ein«, 10, 30. 3)iefed SBort empfängt feine 
Erläuterung eben burd^ bie bargefiettte ©ebanfenreil^e, in bcr 
ed }um 3U)f(i^lu^ lommt. SBeil niemanb ©Ott fein (Eigentum 
entreißen fann, fo fann aucfe niemanb 3efu« biefeö Eigentum 
nehmen: pe finb in Sefu SRad^t fici^er, weil jte in ©otte« 
9)la4t fuiber finb, benn Sefuö unb ©ott jtnb eins. 2)ad 
3Bort begrünbet an biefer ©teDe alfo ben ©ebanfen, bafe 
©otteö 3Kad^t Sefud gel^ört. 3lber eö ifl attgemeiner: nid^t 
nur ©otteö 3Ka<3&t, fonbern ©otteö ^eulid^feit, ©otteö ©eift, 
©otteö gefamtcr innerer Sefife, bieö alleö ge^rt 3efuö. 
©otteö SBort, SBitte unb %i)at ifl 3efu aBort, SBiOe unb 
5C^at. 3efu aWad^t l^at nur an ©otteö 'maijt, feine $en= 
li^feit nur an ©otteö ^enlicfefeit, fein 33ejt| nur an ©otteö 
35eftfe feine ©renjc. ©o meit baö eine reid^t, fo weit reid^t eben 
beöioegen aud& baö anbere: barum finb beibe einö. S)amit ifl 
auögefprod&en, bafe 3efuö ju ©Ott gel^ört, er ifl ©ott. 20, 28 
ifl biefe ©rfenntniö natürlich nid&t alö ein gelegentlid& aufbliftenber 



— 30 — 

©ebanfc gemeint, fonbem eö ifi bafi ßiel, ju betn ba« ©oan^ 
gelium l^inftrebt. 2)ieö Sefenntniö fott jum ©d^Iitfe ouöflcfpro^en 
werben. 

3)ie Übertraßung bed ^Präbifateß bet ©ottl^eit auf Scfuö 
wirb ani) 10, 33—38 begrünbet. 2)ie 3«bcn warfen Sefufi auf 
®runb beö SSJorteö: 3(^ unb ber SSater pnb ein«, Säfterung 
vox, weil er, ber bo(| SWenfd^ ift, ft^ felbft ju ®ott maä^t. 
Offenbar folgern fie nad^ ber 3Weinung befi 6t)angelifien l^ierauö 
mit Siedet, ba^ er [xi^ babttrd^ @ott^eit beilegt. 2)ied jeigt ftd^ 
aud^ barin, bafe 3efu« in feiner äntwort feineßwegfi bcn SSor^ 
wurf jurüdtwcift. Sßielmel^r fotl bie Slntwort fein 3ie6)t jeigen, 
[xä) baö 5ßräbifat ber ©ott^eit jujufd^reiben. 2)ie ganje Sluö^ 
fül^rung jeigt, wie eng für ben ©Dangeliften bie loerfc^iebenen 
(feriftologifd^en Segriffe miteinanber jufammenl^ängen. SBeil Scfuö 
fagt: x6) unb ber Sßater Rnb ein«, fo mad^t er fi<3& felbft 
}u ©Ott: legt er fl(| ©in^eit mit ©ott bei, fo legt 
er jtd& ©ottl^eit bei. S)ie Slntwort 3«f« bejiel^t ben Sßorwurf 
ber ßäfterung auf bie ©elbftbejeid^nung 3efu alfi ©ol^n ©otteö. 
9latürli(| fott baö nid^t bebeuten, bafe er jtd§ ja nid^t: @ott, 
fonbem nur: ©otteö ©ol^n genannt l^abe,^) fonbern cö jeigt nur, 
bafe mä) ber aibfid^t beö ©oangeliften '^t^M mit bem SBortc: 
Sd^ unb ber SBater finb einö — eben nid^tö anbereö ald fein 
©o^neöbewufetfein auögefprod^en l^at: er l^at mit jenem SBorte 
nid^tö anbereö gefagt, afe wad er aud^ mit ber 2lnnal^me be& 
2:itelö: ©o^n ©otteö fagt.^) SBer Rd^ ben ©ol^n ©otteö nennt, 
ber barf aud^ fagen: 3d& unb ber aSater finb einö. Unb mit 
bemfelben SBorte ^at er pd^ aud& ©ott^eit beigelegt. 58. 37 u. 38 
forbert S^fwö «tn feiner SSJerfe willen ©lauben für baö, roa^ er 
von [xäj fagte. SBaö pe aber a\x^ ben SSJerfen erfennen fotten, 
ift bieö, ba§ ber SBater in il^m unb' er im aSater ifi. Sllfo aud^ 
bieö l^at benfelben ©inn wie ba« 33efenntnid, bafe er unb ber 
SSater eins finb. 

S)er entfd^eibenbe Seweiö für feinen änfprud^ finb alfo feine 
SBerfe. 5Die 3luöfü^rung SB. 34—36 beweift nid&t, bafe er ein 



^) ®cöen ^amad, Settft^rift für X^coloöte unb mt^t 1892, 6. 196: 
„öebü^rt in biefem ©inne aud§ gefu bie SSejcid^nung „öJott", fo l^at er bod§ 
felbft für fid^ bie SSegcid^nunö vtog tov ^eov, nid^t d^eos für ft(j§ in 9ln* 
fprud^ öenommen." 

>) SSgl. aSeiß j. b. ©t. 



— 31 — 

9flc(^t l^at, fid& bcn 2Stcl bet ©ott^cit bcijulcgcn, fonbcrn roeifi 
nur bcn SSortDitrf jurücf, bafe fein SBort fd^on bcfirocgen eine 
Saflerung fei, n)eil er als 9Renfd^ ft^ ju @t)tt mai^z. ^axan^, 
ha% et 3Kenfd^ ift, folgt ntd^t, bofe et läftett, wenn et fic^ 
©ottl^eit beilegt, ^ietfüt roitb jnnä# ein ©d&riftbeioci« bei- 
gebta^t. SRatütliÄ ifi bicfet etnfil^aft gemeint, wie nod& au«= 

btttcflid^ butd^ ben S^iW^^föfe : xai ov dvvarai Xv&^vai tj ygatpri 

petfid^ert roitb. SBad bie ©d&tift fagt, ift SSJol^tl^cit. SRun abet 

giebt es fol(|e, bie bie ©d^rift felbft ^foi nennt, nämlid^ bie^? 

jenigen uQoq ovq o koyoq Tov &sov iyivsto. 2)iefer Saft fann 

nid^t blofe bebeuten: bie in jenem ©ottedwott ängetebeten.*) 

2)ann wöte bet @aft bebeutttngdlos. S)iefet ätelatiofoft entfptid^t 

melmel^t beutli(i^ bem SRelatiofaft in 93; 36: ov 6 naxr^Q i^ylaaev 

xai änioTBiXsv Big rov xog/hov. @o gut nun biefet ben @tunb 

baffit angiebt, ba^ 2i^fud bad ^ied^t ^at, fid^ <3ol^n ®otted }U 

nennen, fo gut giebt bet etfie Slclatiofafe ben ®tunb bafüt an, 

ba^ ©Ott jene im ^falm Slngetebeten ©ötter nannte. 2)ie' 

jenigen, ju benen baö SBott ©otteö fam, bie nennt et ©öttet. 

93. 34 u. 35 jeigt junäd^ft, bafe ®ott felbft aWcnfd&en ©öttet 

nannte, bafe eö alfo nid^t eine ©otteöläfietung ju fein btaud^t, 

wenn Sefuö fid^ baö ^ptäbilat bet ©ottl^eit beilegt. @ö ift 

natütlid& nid^t gletd&gültig , bafe bet Scioeid bie gotm eines 

©d^tiftbemeifcfi annimmt. 3n bet ©d&tift ift @ott bet Slebenbe. 

©Ott l^at bas 9ted^t unb bie 3Rad^t, äRenfd^en ®ottl^eit beijulegen. 

2Bem ®ott ©ottl^eit beilegt, nut bet batf fte ftd^ felbft beilegen. 

2)et »emeiö fagt alfo: ein aWenfd^, bem butd^ ©otte« aBille, 

SBott unb ©abc ©ott^eit beigelegt witb, bet läftett nid&t, wenn 

et Re ftd^ beilegt. S)utd& ©otteö ©abe giebt e« füt aWcnfd^en 

©ott^eit, wie jene« ©d&tiftroott bemeift. Unb jroat legt ©Ott 

benen baö 5ßtäbifat bet ©ottl^eit bei, ju benen bad SBott ©otteö 

fam. 5Dieö giebt i^m ba« SRed&t, jie ©öttet }U nennen, ^iet^ 

butd^ i^aben fte 2:eil empfangen an göttlid&em SBefen. S)utd^ 

fein SBott teilt ©Ott ftd^ felbft, fein SBefen mit. 5Datum nennt 

et fte ©öttet. SDutd& fein SBott fann ©Ott SKenfd&en ©ott^eit 

geben. 

S)et ©d&lufe fteigt nun aufroättö. 5Denn bet 9lelatiofa|: 
„toeld&en bet 93atet heiligte unb in bie SBelt fanbte," bebeutet 



@o ^ei|, ^ol^mann u. a. 



— 32 — 

natürlid^ bent Sa^ gegenfi6er: „i\x rotl6jtn bad Sßort ®oM 
fommt" eine ©teiöerung. 2)et ©d&Iufefaft l^at bemnad^ ben 
©Inn: bcr l^at um fo t)iel tne^r xeä^t, fld^ ©ott ju nennen, roas 
er eben fd&on bamit tl^ut, bafe er itd& ben ©o^n ©otteö nennt. 
®ö ifi alfo beutlid^, bafe ba« gjräbifat ber ©ottl^eit Sefud in 
befonberem Sinne beigelegt werben foD. 3)er ©d^riftbemeiö jeigt, 
bafe ©Ott ©ottl^eit geben fann unb giebt burci^ fein 9Bort. 2)et 
jroeite ©afe jeigt, mit welchem SRed^te 3«fwö fte jtd^ getabe in 
befonberem ©inne beilegen fann. ,;J)er 58ater heiligte il^n unb 
fanbte i^n in bie SBelt/' S)ie ©tette ift nid^t audreid&enb bomit 
erflärt; bafe man fagt, ber 2^on liege ouf: 6 nar/^Q, fo ba§ bcr 
©inn etma ber wäre: ®ott, ber il^m gegenüber Sßatet ifi, fo 
bafe bieö alfo eine Umfd&teibung beö ^of)m&namenQ wäre, ©o 
etwa erflärt SBeife: ^©ofetn ber t)om Sßater ©efanbte then bcr 
©o^n ift/' 2lber ber ©afe foll bod^ gerabe ben ®runb bafüt 
angeben, bafe 3efud jtd& ©ol^n ®otte« nennt. 2)iefen geben b« 
tßräbifate an. S)er SSater l^eiligte il^n. 2)al^er ifi er o «yio? 
TotJ .%ov, ogl. 6, 69. ,öeilig ift ber, ber in ©otteö SRäl^e fie^t, 
in feiner ©p^äre unb unter feinem ©(ä^ufte. S)er Segriff fd^liefet 
inbeffen nid^t nur ben ©ebanfen in fi<3&, bafe er ®ott gel^ört, 
fonbern ben, bafe il^n @ott gebrauii^t, il^n ju feinem Drgan 
macfet. S)aö jroeite ^JJräbifat aniarsilfv eig t6v xoafiov b^eid^inct 
nid^t einen jeitlicfe vom erften gefd&iebenen 2lft, fo ba§ bie 
Heiligung 3efu alö oorange^enb gebadet würbe. "Me baö 
Äommen 3efu im @oangelium fein gefamteö auftreten umfaßt, 
fo bejci(Jnet bie ©enbung bie Segrünbung beöfelben burd^ ®ott. 
SBeife bejiel^t bie Heiligung auf bie Xaufe 3efu unb bie 
©enbung auf baö barauf folgenbe öffcntlid&e auftreten. SMein 
bie ©enbung in bie SBelt umfafet bei Sol^anne« bie gefamtc 
irbifd^e ©jiftenj 3efu, fein gefamtcr Sebenölauf unb bamit feine 
ganje 5ßerfon in aDen il&ren Xl^aten unb 3Borten entjiammt bem 
SBirlen ®otte«: er fommt oon ®ott l^er in bie SSJelt. 2)em' 
entfpred&enb barf man aud^ ayial^eiv nic^t auf bie 2^aufe 
befd^ränfen. Slid^tig ifl inbeffen an biefer 2)eutung bie Sejie^ung 
auf bie 2ludräftung mit bem ®eifte. 3)iefelbe ift fd^on burd^ 
ben äuöbrudE üyioLi,siv nal^e gelegt. Slud^ biefe befd^ränft itd&, 
wie fd^on gejeigt ift unb ftd^ fpäter nod6 genauer ergeben wirb, 
nid&t auf bie Xaufe, fonbern fte umfafet ebenfallö bad gefamte 
Seben 3efu: er felbft, feine aaQi, er in feiner meufd^lid^en %xt 



— 33 — 

flammt auö bcm (Seifte. ®er äuöbrurf entfpTld6t alfo bem 
Umfange nad^ butd^auö bem 5ßräbif at äniarBilBv. 3bxx bejeid&net 
et baö 9Set{)ältniö , in weld^eö S^fuö ju ©Ott gefeit wirb, 
mäl^renb ber jtDeite fein aSerl^ältniö jur SBelt ausbrüdt. S)utd^ 
t)ie in biefe SBorte gefaxte S3egabung itnb ©tettung fielet Sefuö 
übet benen, ju benen baä 2Bort ©otteö fam. ®ä tft oft barauf 
axtfmerffam gemad&t worben, bafe bie beiben auf S^fuö belogenen 
^täbifate biefelben finb, bie für bie Sluötüftung bet 5ßtopI)eten 
öcbtaud^t werben. ' 

gut ba§ 3Setftänbni§ biefet ©tette genügt eö, feftjufteHen, 
bag 3ef u§ but(^ biefe SBotte als bet S3ote ©otteö bejeid^net witb, 
b. 1^. als bet, mit bem baö 2Bott ®otte§ in bie 2BeIt fommt, 
benn bet 5ptopI)et ift bet, bet baö SBott OotteS btingt. ^n 
befonbetS einjigattiget SCBeife fommt mit S^fwö ba§ SBott ©otteö 
in bie SEBelt. 2)atauö , bajj bieö bet im jroeiten Stelatiofaß 
auögebtürfte ©ebanfe ift, etHätt eö fi(^, bafe bet SBotjug betet, 
bie d^soi genannt roetben, in bie SBotte gefaxt toitb: ju il^nen 
fam baö SEBott ©otteö. ®ä ifi nun oerftänblid^ , inrotefetn bet 
jmeite $Relatit)fa| getabe biefem ©ebanfen gegenübet eine BXtv 
getung bebeutet. SDie Sßütbe bet einen befielet batin, bafe baö 
SBott ©otteö JU il^nen fommt, bie SBütbe beö anbetn batin, bajg 
eö butd& unb mit il^m fommt. S)en einen bleibt baö SBott 
(Sotteö tXvoa^ äufeetlid^eö: e§ fommt alö ein neueß, jraeiteä ju 
i^nen l^inju. ^efus bagegen etl^ält eö babutd^, bafe ®ott il^n 
t)utd& ben ©eift bilbet unb fein SSuftteten begtünbet unb geftaltet. 
(§x mitb nid&t babutd^ jum 33efi|et beö SBotteö gemaijt, ba§ e§ 
als ein jroeiteS ju i^m {)injufommt, fonbern but(| bie 2ltt, wie 
©Ott ü^n felbet butc]^ ben ©eift bilbet. Äautet nun bie %oh 
öetung auö bem Sd^tiftroott : butd^ ©ottes SBott fommt ©otteö 
aitt }um aRenfd&en, butd^ fein SBott teilt et fein SBefen, b. 1^. 
<Sottl^eit mit, fo gilt bieö oon S^fw^ w fo t)iel {)öl^etem 3Kafee, 
afö nid^t nut ju il^m baä 2Bott ©otteö fam, fonbetn but(| i{)n 
bas SBott ©otteö in bie SBelt fam. 3n bemfelben S8et{)ältniö, 
tu bem et jum SBotte ©otteö ftefit, fielet et jum SBefen ©otteö: 
€t ift mit ©Ott einö, ift ©ott. 

35ie 35atfteIIung l^at beteitö gejeigt, bafe bie t)ottftänbige 
tabl^ängigfeit gefu, feine gänjlid&e Untetotbnung untet ©Ott, nid^t 
einen ©egenfaft ju feinet (ginl^eit mit ©ott bebeutet, fonbetn bafe 
beibeö faufal miteinanbet oetbunben, ja ibentifd^ ift. aitte SBotte, 



— 34 - 

in bcncn 3cfud auöfprid^t, bafe er nid^t aus |t(i& fclbft rcbc unb 
l^anblc, fonbcm SBort unb SBcrf Don Oott empfange, follen eben 
bte Sebeutung feined 9(ufttetend audbtüden. ®ben bedtoegen ifl 
fein SBort unb SBerf Ootteö SBerf. 2)urd& feinen Oel^orfam 
gegen ®ott, Dermöge beffen ©otted SBitte fein SBille ift, fein 
SBerf Ootteö SBirfung, fein SBort ©otteö ®abe ift, maä)t er p* 
felbft jum Drgan ®otte«, jum Drt ®otteö, unb ifi eins mit 
©Ott. Ober Dielmel^r: nid^t er felbft ma^t fid& ju ©otteö Drgan, 
fonbem inbem er ©Ott gegenüber feinen eigenen SBitten l^at, 
mad^t ©Ott il^n ju feinem Drgan; er ,, heiligt" il^n unb mai^t 
fid& mit i^m einö, mad^t fid& ju feinem Drt. SefuS ifi ©Ott 
gegenüber bcr SBartenbe, ©mpfangenbe, ©ott ift ber ©ebcnbe. 
Sie Überorbnung ©otteö über 3efuö befielt nid&t barin, ba^ 
©Ott etroaö für jid^ bcl^ält, Dielmc^r teilt er fid^ Sefuö ganj mit 
unb mad^t il^n jum Jtönig ber ganjen SBelt, fonbertt @otte$ 
Überorbnung befielet barin, bafe er ber 2lnl^ebenbe, ©ebenbe, 
Segrünbenbe, SefuS ber ©el^ord^enbe, ©mpfangenbe, äusfül^renbe 
ifi. SRid&t Sefuö jie^t burd& feine grömmigfcit baö ©eben ©otteft 
auf fld& l^erab, fonbem in ©otteö @abe ift fd&on ber anl^ebenbe 
©cl^orfam 3efu begrünbet. 

3)ieö ift f^on bamit auögcfprod&en, ba§ 3efuS feinen ©el^orfam 
gegen ©Ott barauf jurüdffül^rt, bafe er ber ©ol^n ift. ©eöl^alb ifl 
ba§ SBort 14, 28 : bcr SSater ift größer alö ii), nid^t ein SBiberfprud^ 
ober eine ©dbroierigfeit in biefer ß^riftologie, fonbem eö ift bie 
biefelbe tragcnbe SSorauöfe^ung. 2)ie SBed^felroirfung jroifdfeen 
©Ott unb. gefuö üerläuft fo, bafe ©Ott, inbem Sefuö ftd^ t^m 
unterorbnet, 3efum neben fid^ ftellt, ober Dielme^r, ba Sfol^anned 
abfi(^tlid& ben 3luöbrudE ber SRebenorbnung üermeibet, i^n in ftc^ 
aufnimmt. @ö ift beöroegen ein feltfameß aJiifeoerftänbniö ber 
jo^anneifi^en ß^riftologie, wenn man auf baö 93eten Sefu auf- 
merffam mad^t alö auf einen 3^0^ t^wrd^ ben feine ©inl^eit mit 
©Ott irgenbroie eingcfd&ränft würbe: bur(^ bic völlige, ftetige 
3?cceptit)ität gcfu ©Ott gegenüber ift ja feine @in^eit mit ©Ott 
gcrabe bcbingt. 2)cutHd& fprid^t So^anneö bicö in bem ©ebct 
am ©rabe beö Sajaruö 11, 41 f. auö. ©ä ift eine ©ntftettung 
beö ©ebanfenö, wenn man'üon einem „©d^cingebet" rebct. 3)a^ 
©ebct beginnt mit mol^lcrmogcncr 2lbfid^t mit bcm 2)anfc: 3cfu^ 
ift bcr ©rl^örung gemife, er meife bereits, bafe er crl^ört werben 
Tüirb, bafe er erhört ift, ba§ ©Ott il^n allejeit l^ört. hiermit 



- 35 — 

Toitb auöflefptod^en, bafe attcö ^\xn 3efu, eben roeil eö i^m 

von ©Ott ßeßeben wirb, burd& fein ©ebet Dermittelt ifi. 3)er 

©a^: bu l^örft mid& att^eit, ift bie notroenbige ©rgänjung beö 

anberen, ba§ ^efu gefamteö SBirfen (Sott entfpringt, ja, bafe et 

nt^tö t^un lann ol^ne ben aSater. SBie Sefuö ben SBatet attejeit 

^öxi, fo l^ört bet SBater allejeit S^fwwi- ©ö wirb burd^ biefeö 

2Bott nur auöbrüdlid^ auSgefprod&en, bafe 3efuö |tdb in biefem 

SSetl^ältniö ju ©Ott nid&t pafjio, fonbetn teceptio oerl^ält. 3)ie 

Sttpnßißfeit g^f« oon ©Ott erfd^eint nad& aufeen ate ein S^l^un 

beö SBittenö ©otteö, nad^ innen ate ein ftänbigeö auf ©Ott 

flerid&teteö Segel^ren, ein Sitten. ®ie Senjirfung bcö SBerfeä ifi 

bcmgemäfe ein beftänbigeö erböten ©otteö. SBeil ^efuS ©otteö 

SBiUen t^ut, t^ut ©ott ben SBittcn Sefu. 2)eöroeßen fprid^t et 

auöbtücflid^ auö, bafe il^n biefe ftänbige ©eroifel^eit bet etl^örung 

feines Sittenö begleitet. SRii^t etroa, weil i^m bieö etft jefit unb 

nut in biefem äugenblid geioife ift, fpti(^t et eö auö, fonbetn 

um T)ot bem SBoH ju befennen, bafe ©ott eö ift, ber biefe Xf)at 

tl^ut, bamit bem aSolf bie 2I|at jum ©laubenömotio roitb, bamit eö 

in 3efu X^at ©otteö 2:^at unb in feinem auftreten ©otteö 

©enbung etfenne. ^olfemann bemetft ju bet ©tette, „bie Ableitung 

beö unl^iftotifd^en 3^0^^ öuö bet Sbee beö ßogoö, beffen ©ebete 

felbfh)etftänbli(^ etl^ött roetben," fei fid&et. allein biefet 3m9 

etgtcbt fid6 bireft auö bem ©ol^neögebanfen. SBeil et bet ©o^n 

if*/ fo ift 3ef«ö geroife, bafe ©ott fein SBott mal^t mad^en mitb. 

SInbetö jietten fid^ abet aud& bie ©pnoptifet baö SBirfen 3efu 

ni^t oot. Sefu SBet! ift eben beömegen mad&toott, meil eö butd& 

©Ott gemitlt mitb, unb wenn Sefuö bei ben ©pnoptifetn nid^t 

nut felbft mit unbebingtet ^woex^xä^t tebet, fonbetn aud^ oom 

SBolfe unbebingteö SBettrauen auf bie SRad^t feineö SBotteö fotbett, 

fo fefet bieö uatütlid^ ootauö, bafe et aud& nad& ben ©pnoptifetn 

gemiB ift, bafe ©ott i^n „attejeit ptt". 

aßenn in 3efu SBirfen ©otteö 2Bitfen in bie 2BeIt ^inein^- 
tritt, fo mitb bamit ^e^\xQ nid&t auf bie Stufe eineö „2)ut(^' 
gangöpunfteö" füt bie göttlid^e S^ätigfeit f)etabgebtüdEt. 3)ie 
oöllige g^ieceptioität ©Ott gegenübet jetbrüdEt bie ^ßerfönlid^feit 
3efu nid^t. 2)ie oon ©ott in il^m geroedfte SCf)at i)at bie SSe- 
beutung eineö eigenen 2Bittenöafteö .^efu unb fein 2Berf ift nidfet 
tixoa nur „empttif($" betrad^tet fein eigeneö 2Bet!, mäfirenb eö 
untet „teligiöfet Setrad^tungömeife" alö ©otteö SBetf etfd^eint. 



— 36 — 

^iefe 2)eutung bet jol^anneifd^en ^^rifiologie ertoeifl ftd^ aud^ 
no(^ an einet fpäter ju etörtcmben Slcil^e t)on äuöfagen gcmcffen 
al§ ö^wi^Ioö. 3cfuö fiettt fein eigene« SBetf neben Oottcö 2Bert 
alö bejfen aSottenbunß. ©ein SBirlen fe^t baö ßöttlid&c SBirfen 
fort unb bringt es an^ ^uL Si^ö brüdt ber Xexminn^ 
TsXeioo) auö: er mait baö t)om SBater begonnene SBBerf fertig, 
4, 34; 5, 36; 17, 4. S)ie SRegel, bafe ber ajJenfd^ [xd^ nid^tö 
nel^men fann, roaö i^m nidit auö bem ^immel gegeben ift, 
3, 27, wirb befonberö auf ben ©rfolg beö SEBirfenS 3^1« <J"- 
geroanbt. 2Ber ju '^t^n^ fommt, ben ^at @ott i^m eegeben, 
6, 37: QÜeö, toqö mir ber SBater giebt, wirb ju mir tommen, 
Dgl. SB. 39. SBaö er f)at, l^ält er beöroegen feft, weil ©Ott es 
i^m gegeben ^ai, 10, 29. 58gl. femer 17, 2. 6. 7. 9. ,12. 24; 
18, 9: ©eine jünger gab ©ott i^m. 3)er ©ebanfe wirb ni<]^t 
nur auf bie 3Jlenf(ä&en angeroanbt: SRiemanb fann ju i^m 
fommen, wenn eö if)m ni(^t t)om SBater l^er gegeben ift, 6, 65, 
ober, menn il^n ber 58ater nid&t jiel^t, 33. 44, fonbern aud^ auf 
3efus. Slud^ SefuS fann [xS) ni($tö nehmen, mag @ott il^m 
nid^t giebt: er ift ®ott gegenüber ni(^t nur in 33ejug auf SBort, 
^raft unb 2Berf rein receptit), fonbern aud^ in Sejug auf feinen 
©rfolg ift er ber ©mpfangenbe. Unb nid^t nur ben ©rfolg feines 
2BirfenS grenjt ®ott ab, fonbern anä) bie 3Kenf(^en, an bencn 
3efuö überl^aupt mirfen fott, fü^rt ©Ott i^m ju. ^efus ge^t 
nidfet aus, um ju fud&en, fonbern er läfet bie aJJenf(^en ju ftd^ 
fommen. ©eine ®üte äufeert fid& nid^t im 3luffu(^en berer, bie 
feiner bebürfen, fonbern barin, bafe er bie, bie ju i^m fommen, 
ni(ä^t IjinauSfiöfet, 6, 37. SBie fid& l)ierin fein ©el^orfam gegen 
©Ott äußert, fo liegt eben in ber abmartenben, nur l^inne^menben 
Haltung 3^fw ^^^ SRenfd^en gegenüber ber ©laubenSaft. S)iefeö 
3ufammenn)irfen ©otteS unb ^efu jeigt mieber, mie uöttig für 
SefuS feine Unterorbnung unter ©ott mit feiner ©teHung neben 
©Ott üerbunben ift. ©inerfeits vermag er nur bort ju mirfen, 
mo ©otteS SBirfen ilim vorgearbeitet f|at, anbererfeits fefit fxi) 
©otteS SBirfen in feinem 2Birfen fort unb erreid^t erft bur(| 
Sefu X^ai fein 3iel. SDaS 58erl)ältniö mirb 4, 36 burd^ baS 
SBilb t)om ©äemann unb ©(ä^nitter erläutert. S^fn SBerf oer- 
gleiiä^t fic^ ber 2lrbeit bes ©c^uitters, ber ben ©rtrag ber aJlül^e 
beS ©demanns einfammelt. B^Ö^^i^ "tit bem ©rntenben erlebt 
ber ©äenbe ©rtrag unb greube feiner 3lrbeit. aJJit ber 3lrbeit 



^ H ^. l -i,.W„ ' .jajJg n 



— 37 — 

teilt ©Ott aiid^ feine greube mit S^fuö: bie DöHiße ©inl^eit 

bctber jeiflt [x6) barin, bafe jebet fic^ am SEBerfe bcö anbern freut. 

SDicfcr ©eft(^töpunft bcf)errfd^t bie ^arftettuna ber SBirffamfeit 

Scfu im ®t)anöelium. 3lxä^t ein SBort ober eine 5C^at S^f« 

üctanlafet ben Seginn feiner ^l^ätigfeit ober mad^t feine SSe- 

bcutung erfennbar. S)ur(^ eine göttlid&e Offenbarung mirb er 

bcm 2^äufer bejeid^net. 3l\ä)t auf einen SRuf l^in folgen il)m bie 

erftcn 3ä"8^i^f fonbem junäd^ft folgen fie il&m auf SSeranlaffung 

jeneö S^äuferroorteö unb bann erft fommt $^efu§ iljnen entgegen. 

(Sl^arafteriftifd^ ift in ber ®rjäl)lung ber @ebrau($ beö 5JBorte§: 

svQLoxsiv, n)el(ä^eö baö jufäHige 2lntreffen bejeid^net, ogl 35. 42. 

44. 46.^) 3)er ©oangelift mad^t baburd^ barauf aufmerffam, 

ba§ ^ier ni($t bered&nete W\\i^i, menf(^li(^er SBiHe, überl)aupt 

nid&tö ©efud&teö unb ©emad&teö oorliegt. ^arin liegt il^m bie 

@eu)äl^r, bafe l^ier ©otteö Seitung maltet. 

S8on bemfelben ©efid^töpunft au§ ift ber ©injug ^^f^ i^ 
Scrufalem 12, 12 ff. bargeftettt. 2Bäl|renb bie ©pnoptifer bie 
Slbfid^t S^fu ^ert)orl)eben, burd& bie gorm beö einjugeö an bie 
SBeiöjagung ju erinnern unb bie Slnorbnungen unb 58or:= 
bereitungen, burd^ meld&e fid& ^efuö baö SCier oerfd^afft, auö- 
fü^rlid^ erjä^len, erjäl^lt 3ol)anneö nur: er fanb einen ©fei unb 
fcfete ^\i^ barauf. er l)ebt alfo nidfjt %^Oii unb Sabfid^t 3efu, 
fonbern bie göttlii^e ©(^idfung l)eroor, bie biefe gorm beö ®in= 
jugeö bemirfte. 

SDie bargefieate 3lbl)ängigfeit Sefu oon ©Ott ftel)t alfo nid^t 
im ©egenfafe ju feiner ©inl^eit mit ©Ott, fonbern begrünbet bie= 
felbe. Snbem feine gefamte 3l!tioität in feiner Sieceptioität ©Ott 
gegenüber begrünbet ift, ift fein 3Bir!en ©otteö SBirfen, ©otteö 
. 93efi% fein 95efi^ unb er felbfi einä mit ©Ott. 5Die ganje 
©ebanfenreil^e aber ift ©rläutcrung ber 95ejeid^nung „@ol;n 
©otteö". ^ie Sejeid^nung ift bei ^o^önneö fo gut wie bei ben 
©^noptifem meffianifd^: ber ©ol)n ©otteö ift ber 6l)riftuö. 
Mein ber bargeftettte ©ebanfenfreiä ftettt bar, moburdö er ber 
e^riftuö ifi: burd^ biefeö aSer^ältniö ju ©Ott ift er ber ©ol^n. 
2)er 6f)riftuöname ift nid^t ein äufeerlic^ il^m angeliefteter S^itel, 
fonbern eö ift in ^efu gjerfon begrünbet, bafe i^m biefer SCitel 
jufommt. Unb basjenigc aSerl^ältniS ju ©Ott, burd^ meld^eö er 



SJgl. SSeiJ au biefen Stellen. 



— 38 — 

jum ßl^rifitud wirb, ficttt eben Sol^anneö bar. 3lud§ bte ©pnoptifer 
beantworten bie grage, warum gerabe 3efud ber @l^tifhtd ifi, 
inbem fie fagcn: burd^ ben ®ei^ l^at il^n ®ott jum ß^rifhiö 
ßemad^t: ate ber Präger beö ©eifteö ijl er ber (S^rifiuö. 
So^anneö gc^t in ber SJeutung beö Sßerl^ältniffe« }u ©Ott, burd^ 
n)eld&eö 3efuö jum ß^riftuö wirb, nur nod^ weiter. ®ö ifi aber 
beutli(i&, bafe nid&t jwei begriffe Dom ©ol^ne ©otteö bei ü^m 
nebeneinanber ficl^en, ein fogenannter „meffianifd&er" unb ein 
,,metapl^pjifd^er". ^Sielmel^r l^at ber äuöbrurf burd&gel^cnb bie 
flleid^e Sebeutung.^) 



») ^iefciS an fic| ganj cinfa^e SJctl^dltni« bcburftc bcSwcgcn einer fo 
augfül^rlid^en Darlegung, weil eine lutje SJcmcrtung leicht migberpanbcn 
wirb. <So bel^auptet ^olftmann, Sf^cutcftamcntlicle Xl^cologic I, @. 265, 
^nm. 1, i(^ l^ättc ben meffianifd^en ©inn ber ^Se^eii^nung „©ol^n ©otte^" 
geleugnet. 3(^ l^offe, ba| bie obige ^orfteKung beuttic^ genug ift. 



_i 



Per lltfpruttg §iefu m^ bem ^xvxml. 

3um Dottftänbiflcn SBcrftänbniö bcö Scgriffd „©ol^n ©ottcö" 
flc^ört bic ©tläutctung bcö Sefcnntniffeö t)om ^immlifd^cn Urfptung 
3efu, tüelc^cö in bcr jol^anncifd^cn ©^rtftologic eine bcbeutfame 
©tellunfl einnimmt. SJian pflegt biefen ©ebanfen mit bem 
^äepiftenjöebanfen jufammenjufteffen unb and bemfelben jn er^ 
flären. 3)afe ^efuö auö bem ^immel gefommen ifi, bebeutet, bafe 
«t üor feinem gefd^id^tlid&en Seben im ^immel roat, biefe feine 
^immlifd^e ©jifienj aber aufgegeben unb mit feiner irbifdfeen 3)afeinö- 
flcjialt Dertaufd^t ^at. SBBeife erllärt : ,,3luö bem ^immel ifi er jur 
®rbe tierabgefiiegen, roeil fein mefjianifd&er 33eruf fein ©rfd^einen 
auf ßrben forberte. 3lfe ber, melier urfprüngtt(^ im ^immel 
geroefen iji, ifi ^t\\x^ ber einjigartige ajJenf^enfo^n, ber je^t 
jmor bie göttli^e ^errlid^feit nid^t befi^t, aber ber fteten gött- 
ßd^en 2Bunberl^ülfe geroife ift."0 //®ö ift nid^t gefagt, ba§ ber 
Sogoö gleifd& annahm, fonbcrn, bafe ber ßogoö 5leif(^ würbe, 
't^^x^ er alfo etmaö anbereö rourbe, ate er früher roar."^) @leid&- 
TOOl^I bemerft SBeife: „®ie ©enbung beö eingcbornen Sol^neä 
toirb bei ^joi^anneö nid^t, wie bei ^JJauluö, unter ben ©efid^tö^ 
punit einer ©miebrigung gejtellt; fie l^at uielmel^r nur 'baju 
beigetragen, bafe biefelbe feinem SBefen nad& offenbar unb er 
fo unter ben ©laubigen, meldte feine ^errlid^feit erfannten. Der- 
^crrlid^t murbe."^) Sßad^ SBeife wirb alfo burd^ bie SBorte t)on 
bcr i^immlifc^en ^erfunft 3efu gefagt, bafe ber fiogoö pd& in 
einen aRenfd&en üerroanbelte. 3lnberö beutet ^Jjpeiberer*) ben 
©ebanfen: „(gö (b. \ baö SEBort marb gleifd^) Reifet einfad^, bafe 
et einen aus irbifd^em gleifd^ befie^enben aWenf(^enleib am 



*) SRciitcftamcntL 2:]^coto9ie, § U4. 

«) § 145«. 

«) § 145 c. 

*) ^aS Urt^riftentum, 6. 758. 



— 40 — 

genommen ^abe. 2)ie ^etfönlid^feit be« uranfänflnd^cn ]^imm= 
Iif(i^en ©otteöfol^ncö blieb babei unoeränbcrt , nur ^eim ®r= 
fd&cinungöform rourbe eine anbete, inbcm er feinen ^immctöglanj 
Der^üttte imler bem ©rbcnfleib beö iierbli(^en 3Kenfdöen Scfuö, 
um batin feine oorübetöel^enbc „^dtroü\)n\xnQ^^ unter unö ©rbcm 
menf(^en aufjufi^Iaöen. 2)er jo^Qnneif^e G^riftuö ift alfo nid&t 
ein eigentlicher 3Kenf(ä&, ber t)on ber 6rbe l^er ift, fonbcrn er f/i 
iüefentli(ä& ber göttUd^e Sogoö ober ©otteöfo^n .t)om ^immel/' 
^arnacf^) erflärt „bie SBorftettung ber ^immlifd^en ^erfunft unb 
^räeEiftenj" naä) ben jübifd^en Sßorftettungen über bie gJräejifiens 
beä aneffiaä. ,,2llfo bleibt nur ber SCI^atbeftanb übrig, bafe ber 
3Weffia§ jroar ävdgcanog ift, ober bennod^, unb jnjar als fold^et, t)or 
feiner jeitlid^en @rf(i^einung bei (Sott geroeilt ^at." „SBic jcmanb, 
ber alö 2Renfd& geboren werben wirb, fd&on oor ©rfd^Qffung ber SBelt 
bei ©Ott meilen fann, fragte man nid&t, weil man nid^t pl^ilo-- 
fopl^ierte." „ßö finb feine äuöfagen über „^räefifienj" in bot 
Sinne, ben man f)eute mit biefem SBorte oerbinbet; benn fie bej^anpten 
nid^t, ba§ Sefuö alö göttlid^eö Oeiftmefen oor feiner irbifdfeen ©fiftenj 
e^ifüert t)abe, fonbern fie Dcrfeßen ben ganjen 3Kenf(^en in 
bie oorroeltlidfte 3^^^ J" ©Ott." 2lnbeutungen ju einer nnbern 
erflärung beö „kommend 3efu in bie SBelt" giebt Äö^Ier,^) 
inbem er ben ©inn ber begriffe „^immel" unb „SBelt" bar^ 
ftettt. „®ie ©runboorftcttung , meldte bie jol^anneifd^e SEBclt^ 
anfi^auung mit bem SEBorte „^immel" Derbinbet, unb welche and^ 
in ber jur aSergeiftigung fortf(^reitenben ©ntioidEIung beä begriffe* 
fi^ geltenb mad^t, ift atterbingö bie SBorftedung beö über bie 
@rbe auögefpannten ^immetegeroölbeä mit bem baliinter befinb^ 
lid^en SRaume." 3)ann aber bemerft er, bafe ^immel unb ©Ott 
9BBc(^f elbegriffe finb, ferner: „3)ie ganje ©umme ber gottfremben 
unb gottf einbüßen 3Jfotit)e unb Äräfte, wie fie im Seben unb 
treiben ber aKenf(^en ineinanber mirfen unb jufammen^ängenb 
fid& ausprägen, bie in ber aKenfd&l)eit oenoirflid&te lebenbige 
Drganifation beö SBöfen — baö ift bie aSBelt." „SBirb nun ber 
in biefem ©inne aufgefaßten SBelt ber ^immcl gegenübergeftellt, 
fo ift unter le^terem ber Sereid^ ©otteö, bad l)ei6t baö ©cbiet 
ber reinen, oon feinblid^en ©infläffen freien unb unoerf ehrten 



1) 8eitfd§rift für 2:^eoroöic unb mx^e. 2. Sal^rgang 1892, @. 200 ff. 
«) ^on ber SBcU sunt §immetrcid§, ©. 1—7. 



— 41 — 

ööttlidfecn Dtbnunö ju oerfte^cn. SBon einer lofalen Segrenjung 

tft babei nic^t bie SRebe." SBon l^ier au« fommt Äö^ler fd^üefelid^ 

}u bem ©(J^lufe: „®r tft in bie SBelt gefommen, baß will 

bcbeuten : 6r ift in bicfeö uerfel^rte 2^reiben, in biefeä ^errfd^aftö= 

gebiet bcö 33öjen mit einer bejHmmten Seruföaufßabe eingetreten, 

^0 bafe er fi($ von Slmtö roegen mit einem Äreife ju fd^affen 

ma<^t, bem er felbft naä) feiner 5Ratur= unb fiebenßrid^tung nid)t 

angehört." ©leid^roo^l finbct Äö^ler ben lofalen Sinn beö 

Äommenö S^fw öuö bem ^immel in ben 2luöbrü(fen dvaßalvsiv 

imb xaraßacveiv, 6 ävcDd-sp sQ/ofisvoq unb bemgemäfe in einer 

ganjen Sieil^e t)on 3luöfagen beö @oangeliumö mieber.^) gerner 

fragt cö fid&, mie ber fo ober anberö uorgeftedte l^immlifd^e 

Urfprung 3efu fi(| ju feiner ^ßräe^ifienj oer^ält. Äötjler fagt: 

,,3Bie DoHjiel^t fi(^ nun baö Äommen ^efu oom ^immel in bie 

aSelt? 2Bo ift ber Übergangöpunft ? 3luf ©runb ber ße^re 

Dom präejiftenten Sogoö liegt eö noi^t, biefen ^JJunft in ben 

5lugenblicf ber ©eburt ju Derlegen." ^iernai^ f^eint eö, alö 

forbere nad^ Kollier bie ^räeEiftenjoorftettung bie Sejie^ung beä 

,,Äommenä in bie JBelt" auf bie ©eburt 3^fu. 3Benn nun 

biejer Segriff gelegentlid^ einen anbern Sinn ^at, fo bliebe mi^ 

^ier ein ungelöfteö 5ßroblem. 

2)a6 ^ol^anneä Don einer realen perfonl^aften ^räeEiftenj 
S^rifti rebet, fte^t feft. ^arnad^) bemerlt über biefen ^unft: 
,,@ö tann fd^roerlid^ bezweifelt werben, bafe er nicifet nur eine 
,,ibeale" — wenn man fie fo nennen n)itt — meffianifd^e ^rä- 
cfiftcnj 3^fu Dorgeftellt l)at, fonbern eine reale ©fiftenj bei 
©Ott," S)ieö erfennt au(J& Sepfd^lag^) (xn\ ,,2)a6 berfelbe fid& 
ben präeyiftenten ß^riftuö ate eine oon ©Ott unterfd^iebene, thtn- 
fallö gottgel^ciligte ^erfon oorgeftellt l^at, mirb nad& bem ©ingang 
feines ©oangeliumö, fotoie nad^ ber ©teile 12, 41, in meld&er 
er bie bem Sefaia erfd&ienene ^errlid^feit ©otteö auf Sefum 
beutet, nid^t }u beftreiten fein." 3)ie grage ift alfo bie: 2Bie 
oerl^ält fi^ ber gef(^id^tlid&e 3efu§ jum präejiftenten ? 2Bie ift 
bie ^erfunft 3efu auö bem ^immel Dorgeftefft? 

S)cr SluöbrudE finbet fic6 an folgenben ©teilen: 3, 13: 

ix Tov ovQavov xaraßdg, 6 viog tov dv&Qconov, 3, 31 : 



©. 2. 

») 31. a. D. @ 204. 

«») SRcutcftamcntt. 2:]^eorogic. 2. Slufl. 2. 39anb. <S. 430. 



— 42 - 

o ix Tov ovQuvov iQX^ofXBVoq inavco navrcov sotIv. 6, 32ff. : 
öldoyaiv v/ntv tov agxov ix tov ovgavov tov dXtj^ivov. 33. 38: 
xuTaßsßtjxa ano tov ovquvov, SB, 41 : iyd si/tu 6 uQTOt; o 
xaTußaq ix tov ovquvov, 38. 42 : ix tov ovgavov xaraßdßfjxa, 
58. 50: ovTog ioTtv 6 uQToq 6 ix tov ovquvov xaTaßalvcDV. 
33. 51 : iyci sifxi uQToq 6 l^cav 6 ix tov ovquvov xaraßag. 

6ö finbcn fid^ al\o in bicfcn a3crbinbun8en bie SBottc xaraßalvBiv 
unb einmal sg/ja&ui, unb jroar in aoriftifd&cn, pctfeftifd^cn unb 
präfentifd&en gormcn. 

S)ct ©inn bcö SKuöbturfd wirb burcfe bie parallelen unb 
fpnonpmen SBenbungen beleud&tet. 3, 31 bietet ate parallele ju 

o ix TOV ovgavov ig/o/nsvog bie SBotte o avcodsv SQX^f^^'^^^ 

inavo) nuvTcov ioTiv, S, 28 bringt bie SBenbung iyco ix Tm 
(xv(o eifiL 2lm tiäufiöften finbet fid& al« ^arattele ber Sluöbruct 
t)on ©Ott fein. 2)ie ©tette 16, 28 jeigt am beutlid&ftcn burd 
ben nad^folflenben ©egenfal, bafe biefe SBenbung bem Sluöbrud: 
,,auö bem ^immel fommen" burd^auö fpnonpm ift: i'^ijX&ov ix 

TOV nuTQog xai iXrj'kvd'a sig tov xoa/nov' nuhv aq)l7]fxi tov 
y.OG/uov xai noQSvojuav ngog tov tiutsqu, ©leid^ beutltci^ jeigt 
fldfe als ^Parattele ba« 2Bort VI, 8: ayvia^av aXtj&ojg Sn nuga 

<Tov i^ldov. §iema4 i^at man ein SRe^t, biefe SBenbunfl 
überl)aupt alö fpnonpm anjufelien. Sie finbet jid^ noc^ 3, 2: 

ano d'sov iXrjXvd'ug, 6, 46: o (ov naga tov &sov, S, 42: 

ix TOV &eov ilrjl^ov xai tjxa). 9, 16 fäHen bie ©egner ba^ 
Urteil: ovx sgtiv naga tov ^sov, 3)em entfprid^t 33. 33: h 

f-irj rjv ovTog naga d'sov, 13, 3: ano d'sov i^?jk&€v xai 
ngog tov &s6v vndysi. 16, 30: niGTSvo/nsv oti dno Ssov 

iiijkdsg. S)iefem SKuöbrud entfpred^en bie ja^lreid&en SBorte, in 
benen baö 3luftreten ^efu alö ein Äommen in bie SBelt ober al3 
ein (Sefanbtfein in bie SBelt bejeii^net mirb, nämlid^ 1, 9; 
3, 17. 19; 6, 14; 9, 39; 10, 36; 11, 27; 12, 46; 16, 28; 
17, 18; 18, 37. ^n biefen Sorten finben fi* bie «ßräbifate 
i'g/sG&ai, dnoaTsllsiv in perfeftifd^en unb aorifiifd^en , bie 
^JJarticipia ßeleöentlid^ in präfentif(^en formen. 

Site Dppojttum tritt am l^äufißften ber Sluöbrud auf: au§ 
ber 2Belt fein. 8, 23 : iyo) ovx stfii . ix tov xog/liov tovtov. 
17, 14: iyco ovx sifxl ix tov xoGfiov, ebenfo 17, 16. 2)a3 
aSBort 8, 23 bietet afe ^Parallele: vf^stg ix t(ov xarw iarl 

8, 44: vfistg ix TOV nuTQog tov diaßoXov ioTS. 3, 31 bietet 



— 43 — 

alä ©Cgcnfafe jU 6 ix rov ovgavov ig/oitisvog blC SBottc: o cov 
€x Tfjg yijg ix rtjg yijg iariv xai ix rijg yiJQ XaXsi. SBgl. aud& 
au^ bctn crfteu Sricfc 3, 8: 6 noicSv r?jv afia^rluv ix roif dia- 
ßokov ioTiv. 

35cr Sinn bcr angefül^rten SBcnbungen erläutert fic^ burd^ 
bcn ©ebraud^, ber in anbern aSerbinbungen von i^nen gemad^t 
totrb. SDaö Urteil, bafe ^efuö nid&t auö ber SBelt ift, wirb 17, 
14 aud& auf bie Sö^Ö^^ auögebefint: ovx slaiv ix rov xog/uov 
xa^üi^ iy(o ovx si/ni ix tov xogjliov. ©erfelbc ©ebanfe finbet 
fid^ 15, 19, roo er burdö ben Oegenfa^ erläutert wirb: ix rov 

x6a/nov ovx iari, dXV iyco i'^sXe'^djUfjv v/näg ix rot» xoa/Liov, 

SDaö SQBort 19, 36 oerbinbet baöfelbe ^räbifat mit bem SReid^e 

ß^rifti: ^ ßaoiXfla fj ifirj ovx sgtlv ix rov xog/uov tovtov. 

©agegen gilt t)on ben geinben ^efu 8, 23: v/usig ix tovtov 
TOV xoG/Liov iGTl 3luö bettt etftcn 33riefe läfet jtd& nod> 2, 16 

l^erbeijief)en : ^ imSv/uia rijg Ga^xog xai ^ inidv/Lila toov 
ocp&aX/Liwv xai rj dXa^ovia tov ßlov ovx SGiiv ix rov nuTQog, 

dXld ix tov' xoGfiov €gtIv. gerner ifi ju üergleid&en 4, 4. 
§ier werben bie ©laubigen ben falfd^en ^ropl^eten gegenüber- 

gefiettt: v/xstg ix tov d-€ov iGTS — avToi ix tov xog/liov sigIv, 

Sßgl. aS. 6. SDaöfelbe Urteil mit bem subj. rifing, 5, 19, 
ol'dafXBv oTi ix tov dsov iGfiev. Sie ©eifter jtnb ju prüfen st 
6x tov &£ov iGTLVy 4, 1. 58. 2 wirb 't^a^ 9JJer!mal beö Urfprungö 
aus ©Ott angegeben. aSgl. 3, 10: ndg 6 (xrj noiSv 6ixai.oGvvfjv 

ovx iGTiv ix TOV dsov. ©em entfprid^t 4, 7 jj dydnij ix TOV 

^sov iGTLv. — 3llfo au(^ auf bie ^ropl^eten, bie ©lieber ber 
©emeinbe unb auf baö, raad il^ren 33efife auömad^t, auf bie ©e= 
red^tigfeit unb Siebe wirb baö Urteil auögebel^nt: jie Rnb auö 
©Ott. 2lud^ für bie 93ejei(^nung beä Äommenö 3efu alö Äommen 
in bie SBelt bietet ber erfte 33rief eine parallele 4, 1: noXXot 

xf/Bv^07iQoq)rJTav s^fXfjXvd-aGiv sig tov xog/liov. 

aSoIlftänbig fpnonpm bem 3lu§brudE: auö ©Ott fein ift bei 
Sol^anned ber 3luöbrudE: auö ©ott geboren fein. Sieö jeigt fid& 
am beutlid^ften im erften Briefe 3, 9 f. 3)ort entfprid^t nag 6 

yeysvvtjfiivog ix tov dsov d/uaQTtuv ov noist, SB. 9, ben 
äßorten näg firj noitav ÖixaioGvvrjv ovx sgtiv ix tov d'eov, 
93. 10. @benfo 4, 7 ij dydnri ex tov &sov iGTiv unb ndg o 
dyancov ix ror Sbov ysyivvrjTai. 5, 1 l^eifet eä : ndg o niGT£va}v 
ort ^IfjGOvg iGTiv 6 XgiGTog ix tov dsov ysyivvtjTai. SDieS 



— 44 — 

ifi Döttig parallel bcm SBottc 4, 1, na* rocWem baö ^efenntni§ 
jum Äommen G^rifti im gleifd&c baö 3WerfmaI beö ©cinö auö 

©Ott ift. ©benfo ift 2, 29 7r«c o noicov rrjp öiy,aiOO'uV7]V €§ av- 

Tov yfyevvrjTui gcitau pataHcl bcu SBorten 3, 10, in bcnen baö 
^räbifat nur lautet: er ift nic^t aus (Sott, ^icmad^ ift bei 
3luöbru(f: auä ©Ott geboren fein bei Sol^anneö vöüxq fpnonpm 
bem 2luöbrucf: a\x^ ©ott fein, unb atte ©ebanfenrci^icn, bie von 
ber ©eburt aus ©ott l^anbeln, finb jum aSergleidfe ficranjusid^en.^ 
3nt ©Dangelium finbet fi(^ ber 3luöbrud ix &sov yewrj&fjvai 
1, 13 alö ©rläutermtö beö Slußbrudö Tsycva &€ov 58. 12. 65 
ift alfo ber B^fönimenl^anö beS ©ebanfenfreifeö mit bcm Seöriff 
ber ©ottesfinbfd^aft auögefprod^en. 3lud^ 3, 10 ift rexpa tov 
i^sov ölßi<$tt)ertiö mit shai ix tov d'sov gebrandet. 3lllc Se- 
griffe, bie burdö bie aufgejätjlten 3lusbrü(fe bejei(^net werbe/;, 
bilben, roie ber nad&geroiefene ^aratteliömuS berfelben jeigt, einen 
in fid^ jufammenl)ängenben Sßorjiettungöfreis, unb eö ift roiüfürlii 
l)ier ©renjen ju jiel)en, bie ber @t)angelift nid6t innel^ält. 3n 
ben ganzen ©ebanfenfreiö gel)ört natürli(^ aud^ baö ©efprd'c^ 
3, 3 ff. über bie ©eburt aus bem ©eifte. 5Dieö brandete ni(|t 
erft bemerft ju werben, wmn nid&t SEBeife bagegen ©infprud^ er- 
l)oben l)ätte:^) „9iirgenbS bagegen ift ber ©eift, mie au§f(3^lie6li(| 
bei ^auluö, als baö ^rincip beö neuen fittlid^en Sebenö gcbad&t." 
§ 150 d. ainm. 8: „dagegen ift ber ©eift aud^ bei ^ol^anneö 
nid^t alö ber ajJittler biefer ©otteömirfung (nämlid^ ber 3^WÖW"9 
auö ©Ott) gebac^t." hiergegen fprid^t bie auöbrüdflic^e ©rflärung 
beö ©oangeli ften felbft. S)afe ein ©ejeugtfein auö bem ©eifte 
©otteö ein ©ejeugtfein auö ©ott ift, ift felbftoerftänblidö. 3Jun 
fott eö auffallenb fein, bafe 3ol)anneö an ben anbern Stellen, an 
benen er oon ber ©eburt auö ©ott rebet, ben ©eift nid&t oö 
baö 9JJittel berfelben nennt. 2lber roenn er il^n aud^ nur ön 
einer Stelle unb noc^ baju an fo bebeutfamer ©teile unb in 



^) ^te 33eobad§tung, baß bie 5lu§bnldfe ^x loC s^eov dvai wnb /x lov 
d-soC yevt^qOijvai, ht\ gol^anneS böötg f^non^m finb, entwertet bie S3e^ 
ttierJung §arnadf§, a. a. D. ©. 198, äl^nüc^ aud^ SBetg § 145, a. Sinnt. 2. 
^a§ ber 5luöbrudf: auö ®ott geboren fein nid§t für ©l^riftuö, fonbcrn nur 
für bie ©laubigen gebraucht werbe. %a% ift nac§ ber oben gegebenen 
Statiftif ganj gleid^gültig. ^a^ bem ©prad^gebrauij^ beö So^anneö lönnte 
d yfyyfj^fig ix tov d^fov 5, 18 fi^ fel^r wol^l auf Sefttö bejiel^en. 

2) § 155, c. 5lnm. 5. 



. 



— 45 — 

einem fo auöößfül)tten ©ebonfengang als baö 3Jlittel ber ^tn- 

ßunß auö ©Ott bejcid^nct, unb tocnn er, toie in 58. 6 Qt^ä^k^t, 

nod^ auöbrü(fU(^ bcgrüubet, roarum mit ©cift cö fein fann, n)0= 

burcä^ eine neue ©eburt bewirft roitb, fo fte{)t bod^ l^inreid^enb 

feft, baJ5 er fi($ bie ©eburt auä ©Ott aU burd^ ben ©eift ©otteö 

Demüttelt Dorgeftettt l)at. ®ine bie cinjelnen StuöfüJ^rungen in 

biefer aSeife ifolierenbe Sarftellung ift am aHerroenigfteu auf baö 

Sol^anneöeoangelium anroenbbar. "^an üergifet babei, bafe ber 

aScrfaffer auö einer ©emeinbe unb für eine ©emeinbe fd^rieb, in 

ber eö, vok übrigens fdbon im ^wi^^ntum beftimmte 3SorfteIIungen 

über ben ©eift ©otteö gab.*) öeftimmte SBirfungen leitete man 

einfad^ unb ganj allgemein t)om ©eift ©otteö ab, roeöroegen bieö 

nid^t iebeämal gefagt ju werben brandete. 

3lIfo nad^ SolianneS ift bie ©eburt auö ©ott bur(^ ben 
©eift vermittelt. 

3n biefen ©ebanfenfreiö nun fügt fid& bie feftgeftedte Deu- 
tung bc§ 5Ramen§: ,,@ol^n ©otteö" ergänjenb ein. @ö ift felbft^ 
Derftänblid^, bafe mit bem 5Wamen (Sol)n ©otteö eine 3^fwö allein 
eigene Stellung bejei(^net werben foll. ®r ift 6 inovoysv^g 
vi6q, l, 18; 3, 16. 18. SÖBaS er ift, ift er attein. ©leid&wo^l 
jeigt bie gegebene Statiftif, bafe bie 3luöfagen über 3efuö 
erläuternbe ?ßarallelen an ben 3luöfagen über bie ©emeinbe, bie 
Äinber ©otteö, l^aben, auö benen entnommen werben fann, wie 
ber Urfprung 3efu auö bem ^immel oorgeftellt ift. 3)er ©r* 
jeugung burd^ ©Ott entfpric^t, wie bie ©tatiftif beweift, ber SRame 
ber ©ottesfinber für bie ©lieber ber ©emeinbe. ©o jeigt nun 
aud^ bie gegebene Erläuterung beö Segriffeö, bafe in ganj ana- 
loger aßeife ber Slbftammung ^efu auö ©ott ber auf i^n an- 
geroanbte SRame beö ©o^neö ©otted entfprid&t. SBie baö aWerf- 
mal bcö l^inimlifd^en Urfprungö unb ber ©otteöfinbfdfeaft baö 
SC^un ber ©eredfetigfeit unb beö SEBiaenä ©otteö, bie Übung ber 
Siebe unb bie ©ünbloRgfeit ift, fo tl|ut aud& Sefuö eben als ber 
©o^n ©otteö ben SBitten ©otteö, er :ift geredet, 1. 3ol). 3, 7; 
2, 29. aSeijs bemerft fiierju (§ 150 d), inbem er erwägt, ob bie 
^täbifate „Äinber ©otteö" unb „©o^n ©otteö" oerwanbt feien: 
„Offenbar l^eifet Gfiriftuö I, 3, 8 ber ©of)n ©ottes wegen feiner 
©ünbloftgfeit (58. 5) ober pofttio wegen feiner gottgleid^en ©e- 

^Ql mmd, ^er ^eilige QJeift. 



— 46 — 

rcd^tigfeit (58. 7, vqI 2, 29); imb aud^ I, 1, 7 f^ä^cint bcr 
5rtamc bc« ©ottcöfo^ncö auf feine ©ünbloftgfeit J^iujutoeifcn." 
6r fä^rt bann aber fort: ^.SBaö abet bei i^m feinem utfprün9= 
lid&en SSefen nad^ ftattfinbet, baö wirb bei ben ©laubigen geioirft 
burcfe bic B^^wgung au« ©Ott." 3lbcr fd^on bie gegebene ©tatifiif 
jeigt, bafe bie S^wßwng auö ©Ott aud& für 3>ßfwö gilt. Ur- 
fprünglid^es 2Befen unb S^WÖ^^Ö öu§ ©Ott jtnb eben für bie 
iof)anneifd&e ß^riftologie feine ©egcnfä^e. 

S)iefe Überfid^t über ben Sprachgebrauch geftattet bereits 
einen ©d&lufe auf ben ©inn beö Urteilö, ba§ Sefuö au« bem 
^immel ftammt. ®ö ift gleic^bebeutenb mit bem anbern, bafe er 
auö ©Ott fiammt, ober auö ©Ott geboren ift, oon ©ott fam ober 
gcfanbt warb. 3luö ©Ott ftammen aud& feine jünger, bie ®e- 
meinbe, bie Äinber ©otteö finb auö ©ott ober aus bem ©eifie 
©otteö geboren. ©cre(^tig!eit unb ßiebe ftammen auö ©Ott unb 
finb baö aJierfmal göttli(^en Urfprungö. ©ünbe bagegen ift boö 
3eid^en bed Urfprungö auö ber Sßjelt, ober t)on unten ^er, ober 
aus bem S^eufel. greilid^ ftammt 3efuö in befonberem ©inne 
auö bem ^immel, er ift ber einjige ©ol^n ©otteö. 3lttein bic 
©rflärung beö 3lamm^ fomol^I ate anä^ bie parallelen unb fpno= 
npmen SßJenbungen jeigen, mie biefer l)immlif(^e Urfprung vox^ 
gefteat ift. SDaöfelbe aSer^ältniä ju ©ott, vermöge bejfcn 3efuö 
©o§n ©otteö ift, bejeid^net ani) feine ^immlif($e ^crfunft. 35iefer 
3luöbru(f fagt nid^t, bafe 3cfwö t)or feiner irbifd&en ©siftenj im 
^immel war, unb hnxä) feine gleifd^merbung ben ^immel Vit- 
laffen l^abe. @r bejeic^net alfo niäjt ben Übergang auä feinem 
präejiftenten 2)afein in fein gef(i^i(^tlid&eä 2zbm: ba§ kommen 
aus bem ^immcl ift nid^t als SBermanblung in einen 9JJenfd&en 
oorgcftettt. 2)ie SBorfieHung ift meber lofal nod^ jeitlid^. aSieU 
me^r roirb ber l^immlifd^e Urfprung ^^fu in folgenber SBeife 
üorgeftettt : alle feine S^^aten unb 2Borte finb il^m oon ©Ott 
gejeigt ober gegeben, fie finb t)on ©ott geroirft, fie ftammen aus 
©Ott. 3"bem fein gcfamteS 2^f)Un aus ©ott fiammt, ftammt 
feine ^erfon, er felbft aus ©ott. ©ein {)immlifd&er Urfprung ift 
nid&t etiDa burd^ feine ©eburt abgefd^loffen, fonbern berfelbe um- 
fafet fein ganjeS 2zbm. 3lxä)t nur ber 3lnfang feines irbifd&en 
Sebens wirb als ein ^erabfommen aus bem ^immel bejeiijnet, 
fonbern fein ganjeS Seben, S^ljun unb Sieben fommt aus bem 
^immel. Sie l)immlifd&e ^erfunft ift ber bauernbe ©runb, bie 



— 47 — 

aSurjel fcincö ganjcn Scbcnö. 3)ic 3^W6W"9 ^^^^ ®ött ift ntdfet in 
irgenb einem aMoment abgefd^Ioffen, fonbern jie ift eine lontinuierlid&e. 
SDie ftetige Scgrünbung beö äBirfenS Sefu im ©elfte ©otteö — 
bicö eben ift fein l^immlif(^cr Urfpruno. 3luö biefcr SBorftcttunö 
etflären ftd^ bie ©pnonpma unb Dppoftta beö Segtiffö allein 
unb DoUjiänbig. 

35et funbamcntale Unterfd^ieb jroifd^en bem l)immlifd^en Urs 
fptunß 3efu unb bem ber Singer ift batin begtünbet, bafe Sefuö 
in ber ganjen Sici^e feiner S:^aten unb bamit in feiner 5ßerfon 
ttuö bem ,^immel ftommt. @ö liegt in ber Sal^n biefeö ®c^ 
banfenö, bafe ^ol^anneö ebenfo wie bie ©poptifer gerabe aud^ 
ben ainfang beö 2tbm^ 3efu, feine ®eburt au§ bem Oeifte 
®ottcö abgeleitet ^at. 35aö Urteil, bafe nid&t nur wie bei ben 
5ßropl^eten einzelne aSorte unb Saaten, fonbern ber ganje 3Renfd^ 
auä bem ©eifte ©otteö abfiammt, märe au^ für if)n ol^ne biefcn 
abfd^lufe faum begrünbet.^) 

3luö ber bargeftettten aSorftellung erflärt fid& nun aud& baö 

Sßort 1, 51: il^r werbet ben ^immel geöffnet fe^en unb bie 

engel ©otteö ^erauffieigenb unb l^erabfteigenb auf ben ©o^rt beö 

3Jlen?(i&en. S)em 3wfömmenl^ange nai^ giebt baö SQBort baö 

Dottenbete ©laubenömotit) an, meld^eö ben Sö^ß^^ gegeben mer^ 

ben mirb. Man mufe ben ©ebanfen nid^t burd^ Deutung ber 

eitiielnen 3üge beä Silbeö ju gewinnen fud&en. @ö ift an^ 

ber hetanntm altteftamentlic^en (Srjäl^lung übernommen unb 

vtxfte^t ftd& einfad^ als plaftifdfte SDarftettung beö Urfprungö 

3efu auö bem Fimmel. 6ä l^anbelt fid^ nid^t nur um bie SBer- 

tnittlung ber SBunber 3efu. Sllleö, ma« Sefuö bcfl^t, wirb i^m 

t)om Fimmel ^er gegeben. 6ö befielet eine aBed&felroirfung jwifd^en 



') 2Bciffcnba(3§, X^eot. Sitteraturjeitunö 1896, 9hr. 20, (Bp. 518 wenbet 
fleflcn biefcn ®cban!en, ben i(j§ in iBejug auf $autuS au§gef:prod^en l^atte, 
ein, e§ fei bie§ eine /uerdßaoig bom geiftigen auf ba^ PW^S^^ (Gebiet. 
2)amit überträgt er aber (ebigti^ ntoberne f ategorieen, — bie SBorfteÖung 
öon einer l^immelwetten ^iftance gwifc^en $l^Qfi§ unb öJeift — inö SJeue 
2:eftoment, wogegen man bod^ fonft gerabe gegenwärtig mit 9lec§t :prote«' 
ftiert. — Übrigeng würbe oben bie iol^anneifd^e SSorfteHung bom Urfiprung 
Sefu au§ bem ^immel beöwegen fo auSfül^rli^ erläutert, weil SBeiffenba^ 
bie ^arfteHung be§ <3oraKelen ipaulinifd^en öJebanfenö uid§t einmal ber* 
ftanben l^at. Dbgleiij^ er bie ^leid^ung au§ bem §immel unb bem öJeift 
anerlcnnt, f^jric^t er bann boc§ bon einem 5lblegen ber l^immlifd§en cTdl« 
al§ ber gorm ber §er!unft 3efu aug bem §immel. 



- 48 — 

itim uttb ©Ott, ücrmögc beten et ben S^^^^It feincö Scbcnö aus 
bem ißimmel, t)Ott ®ott l^et empfängt. Seftänbig fielet bet 
^immcl il^m offen: fein aSetfel^t im ^immel ift frei unb un= 
^ctjemmt. 

SDie ^etfunft 3efu aus bem ^immel mitb 6, 32 bem 
^erniebcrfommen beö 3Ranna aus bem ^immel geaenübcrgeflettt. 
9lus bem Fimmel fiammenbeö 93rot ift nid^t baö, wa§ 2WofeS 
gab, fonbetu baS n)itfli(^ oom ißimmel fommenbe 33rot ift 3efuß. 
2)as aJianna fommt Dom ißimmel wie bet 3tegen, in räumlid^et 
SBeife. 3lxä^i in lofalem ©inne, abet titn beö^alb rccH fommt 
Sefuö aus bem ^immel, aus ©otteö Spl^äte. S)edl^aI6 ift et 
tto| feinet natütlid^en 3ltt in unglei($ l^ö^etet SBeife t)on l^imm- 
Ufd&et ^etfunft. 

3lm ftätfften ift biefe SBotfiettung in bem SBotte 3, 13 aus^ 
gefpto(^en: niemanb ift l^inaufgeftiegen in ben Fimmel afe bcr, 
bet oom ^immel fietniebetftieg, bet SKeufd^enfol^n, bet im ^immel 
ift. 3)ie SBotte: 6 äv iv t(o ovquvi^ finb lebiglid^ um bet 
fd^einbat unoottjiel^baten aSotftettung mitten, alfo aus bogmatifdjen 
©tünben meggefatten. S)tü(fen fie einen ©ebanfen aus, bet M 
in bie 33al)n bet jol^anneifd^en 6l)tiftologie einfügt, fo gcminnt 
bie aSetmutung, \^(x^ fie fd^on ftül^ um il^tet Unoetftänblid&feit 
mitten ausfielen, an SBal^tfc^einlid^feit. 

3lm unn}al)tf(^einlid&ften ift biejenige ^Deutung bes SBotteS, 
nac^ bet bem aSetfajfet beS ©oangeliums ein plumpet Stnad&toniö' 
muS jugettaut metben mufe. ©o bejiel^t 2Beijfä(fet^) baS ^xn- 
auffteigen in ben ^immel auf bie ^immelfal^tt ^efu. 2)ann 
bejiefit man bas ©ein im ißimmel auf ben 6tl)öt|ten. SBciJB ^ 

etflätt: „S)a nun aud^ baS xaraßag ex Tov ovgavov xiaä) bet 

gefamten Sel^tanfd^auung beS ©oangeliums bet flnnbilbli($e SluS- 
btud ift filt bie ^etfunft aus einem ftülieten Ijimmlifd^en Seben 
bei ©Ott, fo batf bie aSotftettung beS ©emefenfeinS im ^immel 
but(ä& feine angebli(|e 9JletapI)et oetmif($t metben." @t bemetft 
bann, bafe „bei bem oom ^immel ^etabgeftiegenen fein ©emefen- 
fein im ^immel ni(i^t etft butdi ein ^etauffteigen uetmittelt xoax, 
mie es bei atten anbetn SJlenfd&enfinbetn bet %a\L fein mufete." 
9Bie ungenau mäte bann bet SluSbtudE: niemanb ift in ben 
^immel tjinaufgeftiegen, als bet, bet oom ^immel lietniebetftieg! 



^Ipoftor. BettaUer, @. 529. 






— 49 — 

3)iefer 2luöbTiidf fann bo$ nur jagen: bcr, bcr auö bcm ^immel 

l^crabfam, S^fwö, bct allein ift eben beöroegen aud& in ben ^immel 

l^inauföefiiegen. 3laä^ bet ©rllärung t)on SBeife pafet bet 2Cuö5 

t)tud: ,;3n ben ^immel J^inaufgeftiegen fein" alfo bod^ nid^t auf 

^efus. Slbet abgefcl^en baoon ergiebt biefe ®rflärung einen ©e* 

banfen, bet bem bcö ®oangeliften entgegengefefet ift. 3lai^ SBeife 

lann bet ©afe nur bebeuten: man mufe in ben Fimmel l^inauf= 

gejHegen fein, obct genauer: man mu§ im ^immel geroefen fein, 

looju füT ben 3roenfd^en ein ^inauffieigen gepten mürbe, um auö 

bem Fimmel l^erabfteigen ju fönnen. 2)aj5 Sefuö göttlid&e 3)inge 

offenbaren fann, erflärt fld^ barauö, bafe er im ^immel mar unb 

aus il^m l^erabgefommen ift. S)er ©ebanfe beö ©üangeliften aber 

ift ber: man mufe Dom ^inrntet l^erabgefommen fein, um in ben 

^immel l^inaufftcigcn ju fönnen. 3)aö ^erabgefommenfein aus 

bem Fimmel ifi Sebingung bes ißinauffieigens in ben ißimmel. 

^Ifo fann mit biefem ißinauffieigen in ben ^immel, fofem e§ 

loon 3S«f«ö fliitt, bod^ ni(^t bie feinem irbifd^en Seben üorangel^enbe 

^immlifd^e ©fifienj gemeint fein, ©ott ber ©a| forreft fein, fo 

fann er nur ein in baS gefd^id&tlid^c Seben 3efu fattenbes ißinauf= 

fleigen in ben §immel bejeid^nen, melc^eö i^m beSroegen möglid^ 

toar, roeil er oom ißimmel l^erabfiieg, unb mcld&eS beöroegen, weil 

er allein loom ^immel l^erabftieg, nur il^m möglidfe mar. 3)eS= 

megen pa^t aud^ bie 2)eutung Don ©teinmeper^) nid^t: „3Jein, 

memanb ift je in ben ißimtnel geftiegen, bafe er bie inovQuvia 

1)&tte f($auen fönnen. aber nid^t baö ijl mit bcm nad^folgenben 

€1 firj geroofft, als griffe für ben einen, meld^er l^ier gerebet l^at, 

ein fold^es dvaßeßrjxdvai ^lafe. 3lxijt aufgcfal^ren ifi biefer 

€ine in ben Fimmel, fonbem l^ernieber ift er von bal^er ge= 

fommen." 

S)as SBort geprt jur Stntmort 3efu auf bie gragc bes 
HWfobemuä : mie fann bics, b. \). bie ©eburt aus bem ©eifte, t)on 
ber 3efuS fprad^, gefd&el^en. S)ic ^age fd^Kefet einen S^^eifel in 
ftd^. hierauf bejie^t ftd^ 35. 11.^ ©er 3mcifel beS 9«fobemuS 
l^ot fein SRed^t, benn SefuS rebet, mas er meife unb bcjeugt, mas 
er gefeiten l^at. ®s ift bereits feftgefteHt, bafe biefes ©e^en in 
i>en gefd^id&tlid^en ßebenslauf Sefu fällt. SefuS fprid^t t)on Singen, 



*) S^citrdge jum SSerftanbniS bcS jol^anncifdjen ©öangeliumS IV, S. 50. 
«) »gl. oben @. U. 

«tttoert, SHe io^ S^TifloIooie. 4 



~ 50 - 

bic in feine SBal^mel^mung fatten. 2)em S^f^^wien^ange naä^ 
bejiei^t Rd^ baö aBott auf baö aCBitfen bcä ©eifteö ©otteö. 3)a§s 
felbe ift i^m nid^t etwas gemes unb grembe«, fonbem er erfährt 
eß. aSie et ®ott fennt unb ,,fie^t", fo „fie^t" er baö SBitfen beö 
©eifteö. ©aö SBort üetfte^t [x(^ auß bet jol^anneifd&en ©J^tiftologie 
fel^t cinfa(i^ : Sefu« fclbft erlebt es an fid^, bafe er aus bem ©eifte 
geboten u)itb, et roitb felbft t)on ®ott butd^ ben ©eift ßejeuflt unb 
besroegen fptid^t et t)on SJingen, bie i^m nid^t fetn unb ftemb flnb, 
wenn et von einet ©ebutt aus bem ©eifte ©ottes tebet. ©et ben 
jTOölften SBetS bel^ettfd^enbe ©egenfaft : inovQana unb Iniyua ift 
befanntlid^ fel^t ftteitig. allein bie geftfiettung feines ©inneS ift füt 
bie Deutung beS bteijc^nten SBetfeS DOtläufig nid^t notroenbig. S)iefet 
SSetS et^ält butd^ ben 3wfammenl^ang unb butd^ ben feftgeftettten 
©inn beS äluSbtudS: ,,2)et aus bem ißimmel ^etabgeftiegene" 
eine Deutung, bie bem SBottlaut geted^t roitb. 3)as 2Bott foff 
etfläten, bafe bie l^immlifd^en S)inge in bie SSal^tnel^mung 3efu 
fallen, bafe S^fwö cS oetmag, oon l^immlifd^en 3)ingen ju teben. 
@t üetmag bies allein, benn als bet, bet t)om ^immel ^etniebet^ 
ftieg, ift et in ben ^immel l^inaufgeftiegen. SBie baS ^etab^ 
fommen 3efu aus bem Fimmel ein fein ganjeS Seben umfpannen^ 
beS unb begtünbenbes lontinuietlid^es ©efd&el^en ift, mie baö 
©d^auen ©ottes in bas gegenmättige Seben 3efu fällt, fo fällt 
aud^ baS ^inauffteigen in ben ißimmel in fein gegenroättigeö 
Seben. S)ies etgiebt fid^ mit ©oibenj bataus, bafe eS etfläten 
foU, intoiefetn SefuS oon l^immlifd^en 2)ingen tcben fann, unb 
bafe es anbtetfcits bebingt ift , butd^ fein ^etabfteigen aus bem 
^immel. 35ie 3Sotftellung ift alfo genau biefelbe, bie butd^ baö 
SBilb 1, 51 auSgebtüdt ift. SefuS fann l^immlifd^e S)inge be^ 
jeugen, ba et fidb in ben ^immel ju etl^eben oetmag, unb bieö 
fann et, weil et aus bem ^immel l^etnicbetftieg. 3)ie SBot- 
fteHung ift alfo nid^t lofal. ®S ift abet ganj falfd^, pe bilblid^ 
JU oetftel^en, oielme^ ift fie ganj tealiftifd^ gemeint. 3efu (Sfi- 
ftenj etfttcdEt fi(^ in ben ^immel l^inein, et ftel^t in bet ©pl^äte 
©ottes, feine innere ©rfal^tung umfaßt ben Fimmel. 3)aS ^immet 
tei(^ fielet ifim offen, eS liegt jroifd^en ifim unb bem ^immeltcid^ 
feine ©d^tanfe. 

35ie 3Sotftellung* übetfi^teitet but(^auS nid^t ben bisl^et bat- 
geftellten ©ebanfenfteis. ®et o.n biefet ©teile ootliegenbe SluS* 
btud ift fteilid^ bet am meiften mifeoctftanbene , abet bod^ nid^t 



— 51 — 

bcr ftätfftc. 2)cn ftätfftcn Sluöbrud finbct ber ©cbanfc in ber 

%oxmzl: iä) in @ott unb @ott in mit. @o rcaliftifd^ bicS vox^ 

gcftcttt ift, fo ifi cö ho^ nitfet lofal 9cba(]^t: in bcmfclbcn Sinne 

jtnb bie tJOtUcgcnbcn SSottc gemeint, älllein fie bereichern unb 

oerbeutlic^en bie Slnfc^^auung beö ©oangeliften , inbem fie bie 

2Be(i^feln)iTfunfl beutlid^ ausfpred^en, bie baö Seben 3efu ßeftaltet: 

er fteiflt anä bem ißimmel ^emicber unb fteigt l^inauf, unb jroar 

wirb betont, bafe baö erfte ^Moment bas bel^errfd^enbe ift. 3lur 

roeil er auö bem ^immel lommt, fo oermag er eö, fid& in ben 

Fimmel ju ergeben. 5Riemanb oermag eö, fi(3^ au§ fid^ felbft 

l^erauS in ben ^immel ju erl^eben, feine l^immlifd&e 3lrt ift niii^t 

feine X\)at, roäd&ft nid^t nadf unb na6) am x\)m ^eroor. greilid^ 

ift fie anä) feine %})at, hmä) eigenen SBiHen unb eigene 2^^at 

ergebt er fic^ in bie @pf)äre @otte§ unb plt fid^ in feiner Stalle. 

Slttein bie§ vermag er eben nur beöroegen, roeil er au§ bem 

^immel l^emieberfam. SBeil feine %\)at eine oon ©Ott ftammenbe, 

eine gegebene, eine auö bem ^immel empfangene ift, fo ergebt er 

% burd^ fie in ben ^immel l^inein. ®r erl^ebt fi(^ nid^t eigene 

ttiä(3^tiö unb eigenroiHig }u ®ott empor, fonbern nur, weil er Don 

©Ott !am, oon i^m gebilbet unb geftaltet ift, fo erl^ebt er fid^ in 

bie ©p^dre ©otteö. 3)er ©ebanfe ift inl^altlid^ völlig parallel 

hem bereits erläutemben ©ebanfen, ba§ Sefuö einerfeits burd^ 

©otteö @abe, anbrerfeitö burd^ eigene 2^^at ®otte§ So^n ifi. 

2Bie bettJtefen ifi, bleibt aud^ ^ier ber erfte ©ebanfe bem jroeiten 

übergeorbnet, fo mafir ®ott 3efuö übergeorbnet ift: @otte§ ®aht 

begrünbet ^^f« "^W- Stuf biefeä 58er^ältni§ mirb aud^ ^ier l^in^ 

gcroiefen but(^ ben äuöbrud: nur mer vom ^immel fommt, er= 

^cbt fid^ in ben ^immel. S)aö Sein 3efu bei ®ott ift nid&t 

5ßrobuft feiner S^l^at, fo fidler eö nur burd& feine S^l^at befielet, 

fonbern eä ift @abe ©otteö. 

Surd^ biefeö SBort wirb eine ©eutung ber jofianneifi^en 
©l^riftologie au^brüdlid^ auögefi^loffen, bie o^ne^in mit bem ganjen 
©otteögebanfen unb 6f|riftu§bilb beä ©oangeliften oöllig unoer- 
einbar ift, nämlidö bie Sel^auptung, bafe fid& nad^ ^ofianneö ^efuö 
jur ©ottl^eit emporhebe, bafe burd^ feine 2^^at bie ©ottfieit aus 
i^m empormad^fe. ®a§ S^fwö feine ©inl^eit mit ©Ott inxä) fein 
^anbeln feftf)ält, l^at freilidö bie 33ebeutung, bafe fein ©el^orfam 
gegen ©ott wie bie gorm, fo bie Sebingung feiner ©inl^eit mit 

©Ott ift. SDieö gilt für ben @of|n ©otte§, mie eä für bie Äinber 

4* 



— 52 — 

©ottcö flilt.^) 3[bcr fo fern bcm S^i^önncS bct ©cbanfc licöt, 
bafe bcr 3Rcnfd^ burd^ feine 2^at jum Äinbe ©otteö wirb, fo 
fem liegt il^m bie SKeinung, bafe Scfuö fi(3& burd^ feine 2^at ju 
©Ott emporgei^oben fiabe. SBie bei ben Äinbern ©otteö il^re 
®eburt aus @ott baö ^anbeln crft ermöglid^t unb begrünbet, 
burd^ toelcä^es fle bie ©emeinfd^aft mit @ott fcfil^alten, fo bleibt 
aud^ bem ©ol^ne gegenüber ®ott ber bie ©in^eit . mit 3efuö 
©tiftenbe, Segrünbenbe. 3lu(3& S^f^ö ^^^t bie ©otti^eit nid^t an 
fid^ geriffen, fie entfielt nid&t t)on unten, fonbem fommt il^m von 
oben al§ ©otteö ©abe. 2)er SBater ift gröfecr alö ber ©o^n, 
©ottl^eit ift eine ©abe ©otteö, nid^t ein ^robuft menfd^Iid^er 
J^i^at, nur mer t)on oben geftiegen ift, fann fid& nad^ oben er= 
lieben. — 2)iefeö ©otteöberoufetfein ift ber 2^räger ber ganjen 
jo^anncifd&en ©firiftologie. 

3Son liierauö verliert ber S^f^fe o äv iv r<p ovQav^ aßeö 
33efremblid^e, unb eö ifi fein fad^lid^er ©runb, il^n ju ftreid^cn. 
2)ie äluölegung: „2)er 3J?enfd^enfo^n, ber im ^immel war" ift 
nun freilid^ nid^t nur unnötig, fonbem unmöglid^. ©ie pafet 
roebcr in ben unmittelbaren S^förnmenl^ang , nod^ in bie jo^an= 
neifd&e ©liriftologie. 3Jur ift freiließ ber ©ebanfe gefteigert: in- 
bem ^efuö Dom ißimmel l^emieber^ unb in ben ißimmel l^inauf= 
fteigt, ift er im §immel, er fielet in ber ©pl^äre ©otteö unb 
jroar gegenwärtig unb in ganj realiftifd&em ©inne. 2)a fein 
Äommen auö bem ^immel nid^t alö eine in feiner ©eburt t)ott:= 
brad^te SBertaufd^ung ber ©pl^äre gebadet ift, fonbem alö ein 
ftänbigeö Empfangen feincö Sebenöinl^alteö auö bem ißimmel, fo 
ift baö SBort: bafe er im Fimmel ift, neben ben SSorten, meldfee 
befagen, bafe er auö bem ißimmel ftammt, üerftänblid^. 

greilidö überfieigt bie in biefen SluöbrudE gefaxte SBorftellung 
biejenige, bie burd^ ben 33egriff beö ^immlifd^en Urfprungö 3efu 
auögebrüdEt wirb. 2)iefer lefeteren 2lnfd^auung entfprid^t unmittel= 
bar ein Sffiort, meld^eö baö ©ein 3}efu in bem ißimmel in bie 
3Sergangenl^eit ©erlegt, 6, 62: iav ovv &€(OQijrs t6v vlov rov 

uvd-QcoTtov avaßaivovxa onov tjV ro tiqotsqov ; alö ©ergangen 

unb jufünftig wirb ber ©tanb 3^fw im §immel aud& bcieid^net 

in ben SSorten 17, 28: i'^ijXdov ix rov nargoq xai sXrjKvdu 
sig TOP xoa/Liov' nauv dcpcrjfii tov xoafiov xai noQSVofjLai ngog 



1) SSgl. (B^iattex, ^cr eJtaubc. ©. 317. 



- 53 — 

Tov nard^a. ®bcnfo tüttb bic (gr^ö^ung 3cfu l^äufiö ^^^ ^^^ 
©ci^cn }um aSatcr bcjeid&net, 7, 33; U, 12. 28; 16, 5. 10; 
17, 11, 13, ®ö ctgiebt fid^ alfo f(i^cinbat eine boppelte SSe^ 
trad^tuttööTOeife : einetfeitß ift 3}cfuö au(^ in feinem gefd^id^tlid&cn 
Seben bei ©Ott unb im ^immel, anbterfeitß fällt fein ^immlifd^et 
Stanb in bie Qext feiner ^PtäeEifienj unb feinet ©r^ö^ung. 2)aö 
^oblem, Toeldbeö fid^ l^ierauö ergiebt, batf man nid^t baburd^ 
beifeite fd^icben, bafe man bie eine ber beiben 33eobad^tung§rei^en 
leugnet. 9iun finbet fid^ baö gleid^e Problem in ben SBorten 
über bie ^6'ia 3efu. 3« einigen SSorten roirb fle bem ^rä= 
cjiftenten unb ©rl^öl^ten beigelegt, 12, 41. 2)as an biefer ©teile 
citicrte SEBott fptad^ Sefaiaö ort eiöfv t^v So^av avrov,^) 17, 5 

TJ] So^JI Jl Sl^OV 71Q0 TOV TOV XOOfXOV SlVUl nUQOt Ool. SSgl. 

33. 24 iva d'saygwGiv Trjv öo^av ttjv if^J]V, rjv Siäcaxdg fxoi 

oTi ijyanfjadg fxs tiqo xuTaßoXijg xodfiov, ®ine anbre Steige 
Don SBorten bejeid^net bie äo^a ^e\u ate feinen gegenu)ärtigen 

3äeft^. 1, 14: i&saaafied^a Trjv do^av avTOv, 2, 11 €Cpav€Q(oa€ 
TTjV do^av avTov, SBgl. 11, 40: iav niaTSvafjg oxpfi Tfjv 

^ogay TOV deov. hiermit finb bie SSorte, in benen pd^ ber 
2!ertninuä öoii^siv jtnbet, ju x)ergleid&en. 7, 39 oinco yuQ tjv 

nveviÄU, ort ^Irjaovg ovSinoj iSo'^da&rj, 12, 16 wirb bie ®r= 

i^ö^ung 3^fu ebenfattö mit ben SEßorten bejeid^net ots ido^da&tj 
^Ifjaovg. ^ambtxi [teilt eine SReil^e x)on Sßorten, in benen oon 
einem in bie ©egenroart beö Seben§ S^fu fattenben 6oid^Biv bie 
SRebe ifi. 11, 4, bie Äranfl^eit be§ Sajaruö liat ben 3"^^^ ^^'w 

So'^aad'fj 6 vlog tov dsov dt' avTrjg. 12, 23: iXijXvdsv tj Sga 
ha dol^aad'f} 6 vlog tov dvd'Qoinov, 13, 31 : vvv iSo'^da&tj 6 
viog TOV dvd'Q(onov, xai o d^sog i^o'^dad-f] ev avTt^, 3lm un^ 

jroeibeutigfien wirb 1, 14 außgefprod^en, bafe bie ^errlid^feit 3efu 
i§m in feinem gefd^id^tlid^en Seben gel^örte. ®ö ift n)infürlidb, an 
biefer ©teile bem SQBorte einen anbern ©inn unterjufd^ieben, ober 
feine Sebeutung einjufd&ränfen, etwa oon ber göttlid^en eine „gott^ 
menfd^lid^e" doia ju unterfd^eiben, ober oon „etliifd^cr" @ott= 
gleld^l^eit ju fpred&en. SBeife bemerft ju ber ©teile: „©emijs ift 
^ier nid&tö anbere« als bie uranfänglid^e göttlid^e ^enlid^feit beö 
Sogoö gemeint ; aber biefelbe fonnte bod^ an bem gleifd^geroorbenen, 
ber fid^, um gleifd^ ju werben, notmenbig i^rer entäußert l^aben 



^) ai/roü bestellt fid^ auf ©l^riftuS. Sögt. SBeiß j. b. @t. 



— 54 — 

tnujgte, nur Qe^ä^ant tocrbcn, fofcrn @ott il^m fpccififiä^ QötUi^e 
SBcrfc ju tl^un unb eben fold^c SEBorte ju reben gab." ättein bet 
©ebanfe, „bafe et ftd^, um %kx\^ ju werben, notroenbig il^ret 
entäußert l^aben mufete/' ben Sffieife ol^ne weiteres afe felbfiDet:: 
ftänblid^ befianbelt, tfi eben eingetragen. Db bicfer ©ebanfe ft^ 
mit bem beö ®oanöeUften bedt, baö ift gcrabe bie grage. 6ä mufe 
unterfu(i^t werben, ob ftd^ bies SEBort nur baburd^ mit 17, 5 üer^ 
einigen läfet, bafe man e§ umbiegt. 2)aS SBBort fagt, bajg am 
fleifd^geworbenen Sogoä bie göttlid^e ^errlid^feit ftd^tbar war, alfo 
bafe er fte befafe unb nid^t, bafe er jte abgelegt l^atte. ©eutlid^er 
jeigt 2, 11, wie baö SBerl^ältniS üorgeftettt ifi. 3)urd^ bie SBer^ 
wanblung beö SBafferä in SEBein offenbarte SefuS feine ^enlid^feit. 
3)ie ©teile jeigt junäd^ft, bajs bas aSunber äöirfung unb STOerfc 
mal feiner So^a ift: bieö wirb aud& 11 , 4 unb 33. 40 auö= 
gcfprod^en: in feiner göttlid^en aJiad^t beftel^t feine göttlid^e Jo|a. 
S)er Sluöbrucf icpavsQooGsv bejeii^net nun bie einjelne 2^l^at aU 
„Offenbarung" feiner do^a. 

SDie ^Borftettung ift alfo bie: ^efuö beftfet bie göttlid^e 66'^a, 
aber biefer Sefife wirb nur in einjelnen feiner 2^^aten fid^tbar: 
er ift oerborgen, ber 33eobad^tung nur in einjelnen feiner 2!l^aten 
jugänglid^. 2)er ©ebanfe t)erftel)t fid^ nur auä ber SKrt, wie 
3efu Äommen auö bem ^immel gebadet ift. greilid^ wäre mit 
biefem 3luöbrudE feine ©eburt bejeid^net, fo wäre cö forreft, oon 
einem „2lblegen" feiner äo^a ju reben. 3lllein wie 3^fwö gegen= 
wärtlg auö bem ^immel fommt, fo ift aud^ feine Jo?« ate ber 
gegenwärtig l^inter unb über ifim fte^enbe, jenfeitige 33efi^ ge- 
bad^t, ber burc^ feine ^aim auö bem ißimmel lierauötritt : in 
feinen X\)attn leud^tet fein fiimmlifd^er Urfprung burd^ feine 
wenfd^lid^e 9lrt l^inburd^. @o gut ©Ott in i^m wolint, fo gut 
befl^t er bie göttlid^e do^a. @o oereinigen fid^ aud& bie beiben 
einanber fd^einbar wiberfpred^enben SReil^en oon 3Borten über bie 
do'^a 3efu. 2)er SSefife ber öo^a ift für ^efuS infofern etwas 
aSergangeneö unb Sw'fünftigeö , alä bie äo'^a gegenwärtig für 
3efuä etwas Senfeitigeö, über i^m SiegenbeS ift, weld^eö aud^ in 
feine eigene ®rfa^rung unb äujsere 3Ba^rnel^mung nur burd^ feine 
S^l^aten tritt. 2)ie äo^a ift einerfeits bem ^ßräejiftenten unb ®rl)öl^ten 
eigen, anbrerfeitö gel^ört fie '^t]m in feinem gefd^id^tlid^en Seben, 
aber in verborgener SBeife, fo bafe fie nur in einjelnen S^^aten 
fid^tbar wirb, ^m gefd^id^tlid^en Seben 3>efu befte^t eine Span- 



— 55 — 

nung, ittbcm feine ©rfd^einung feine ^ertlid^feit nid^t nur offen- 
bart, fonbem ani) Derl^üllt. 3)a« 3wf<tt«wienfaIIen feiner (grfd^ei- 
nung mit bem Sefife ber ^enlid^feit ifi für 3efuö etroaö ber 
aSergangenl^eit unb ber S^h^^ft Sngel^öriöe«. ©er gegenioärtige 
SeRfe ber ißerrKcä^feit wirb nid^t aU ein Don ®ott abgelöfter ge^: 
bad^t, fonbem er befielet in einer fortlaufenben Begabung 3efu 
burd^ ©Ott, burd& locld^e i^m ißenlid^feit mitgeteilt wirb, ©urd^ 
bie ©noecfung be§ Sajaruö toirb ber ©o^n ®otte§ Derl^errlid&t, 
11, 4, bie iQerrlid^feit ©otteö wirb burd^ biefelbe ftd^tbar: auf 
eine Begabung 3efu burd^ ®ott, eine SBcr^errlid^ung 3efu, fü^rt 
fi$ bie SC^at jurüdE. 3lud& 12, 23 ^anbelt e§ fid^ um eine 3Ser= 
Märung 3efu, von ber 33. 28 erjä^lt wirb. 3hir wenn man ben 
©ebraud^ von ä^a mifebeutet unb bas SBort auf bie S^obeöjlunbe 
bejie^en ju muffen glaubt, fann man bieö leugnen, ©aburd^, 
bafe ©Ott S^fud üerflärt, oerflärt er feinen Flamen, fo gut 11, 40 
bie ^enlid&feit @otte§ burd^ bie 2^^at fic^tbar wirb, burd^ weld^e 
Se^uö t)erl^errlid^t wirb. 12, 28 bebeutet, bafe ©Ott im SBirfen 
3eju jcinen Siamen üerl^errlid^t l^at unb roeiterl^in oerl^errlid^en 
wirb. 2)ie gleiche aSed^fetoirfung jroifd^en ber 33erl^errlid^ung 
3efu bur(ä& ©Ott unb ©ottes burd^ ^efus, bie in baö Seben 3iefu 
felbÜ fällt, fprid^t 13, 31 f. auö: jefet roarb ber ^Kenfd^enfo^n 
oer^errlid^t, unb ©Ott warb üer^errlid&t in il^m. ®ö ift auöbrüdE= 
Ii($ von bem beftimmten S^ttpunft bie Siebe, in roeld&em ©Ott 
3efuö ^errßd^feit mitteilte unb baburd^ fid^ felbft oer^errlid&te. 2ltte 
SBorte, in benen von ber ^enlid^feit ^ßfu bie Siebe ift, brüden bie:= 
fclbe aBed&felroirfung jroifd&en ©Ott unb S^f^^ ^«^z i>i^ ^^^ hnxä^- 
fic^cnb in ber jo^anneifdben ß^riftologie beobad^ten läfet. ^efuö fud^t 
ni^t feine ißerrlid&feit, er oerlierrlid^t nid^t fli^ felbft, fonbem ©Ott 
t)cr|cnlid^t il^n, 8, 50. 54, f oioie er nid^t feinen SBiHen, fonbem ©otted 
SBiUen t^ut. S)urd& feine 2^^at wirb ©Ott oer^enlid^t, im Sol^ne 
iDirb ber Sßater üer^errlid^t, 14, 13, inbem nämlid^ 3>efuö tl^ut, 
roorum in feinem SJamen ©Ott gebeten wirb, äud^ burd^ bie 
grud^t, bie ^efu jünger bringen, mirb ©Ott ^errlid&, 15, 8. 
S)ur(^ ba§ SBirfen be§ ©eifteö wirb ^efuä oer^errlidbt, 16, 14. 
3n ben ©einigen wirb 3efuö oer^errlid^t, 17, 10. 2)ic ©pam 
nung, bie in ben SQBorten über bie ^errlid^feit 3efu oorliegt, ge^t 
burci^ bie ganje io^anneif(^e ©l^riftologie unb mirb beöl^alb burd& 
biefelbe erläutert. 5Die aSer^errlid^ung 3efu burd& ©Ott burc^jicl^t 
ben ganjen ßebenälauf Sefu: inbem i^m ©Ott SBerfe giebt, in 



- 56 — 

ff 

bcnen feine ^etrlid^feit jtd&tbat wirb, Derl^mHd&t et il^n. Mm- 
gefeiert: inbem Sefuö SBetfe t^ut, bie x\)m oon @ott ßegebcn 
fxnb, Det^etrlid^t er (Sott, ©o g^^ f^i^ SQBirfen feine ©inl^cit 
mit ©Ott offenbart, fo Q\xt offenbart eö feine göttlid^e ^errlic^feit. 
aSBie bie ©inl^eit 3efu mit ®ott oerborgen ift unb nur in feinca 
2!^aten fid^tbar wirb, fo ift aui^ bie ^enlid^feit 3^fw jenfeitig,. 
oerborgen, innerlid^ unb tritt nur in einzelnen feiner %i)attn 
am Sid^t. 

2)er SSegriff ber So^a ift bcfanntlid^ feineöroegö fpecififd^ 
jofianneifd^. 2)ie änmenbung beäfelben auf Sefuö gel^ört jum 
©emeingut ber apofioUf^en ©emeinbe. 3)ie ^errlid^feit ift bie 
Sebenögeftalt ©otteö, bie als fold^e aud^ bem erl^öl^ten ©^riftuö eigea 
ift. 3lfö fol(i^e ifi fie jenfeitig unb eö(3^atologif(ä^. ßl^arafteriftifd^ ifl 
bie 3lrt, wie ^o^anneö fie als bie ©abe ©ottes an S^fuS in feinem 
gefd^ii^tlid^en &tbm anfielet, ©ie ift realiftifi^ gebadet, als äufeerung 
einer lebenfd&affenben, bie Siatur oerflärenben 3road^t unb gel^ört ju 
ben äufeerungen beö ©eifte§. 3)ie 33emerfung oon SSeife:^) „^t^ 
fonberö bebeutfam mirb aber biefc aSorftettung burd^ bie ^t^ 
jiei^ung, in meldte fie ju bem 33egrif[ bcö nvtvfia gefefet toirb" — 
biefe Semerfung gilt nid^t nur für 5ßauluö. Sola ift äufeerung. 
be§ ©eifieö. ©o ifi aud^ bie Sola 3efu ©abe be§ ©eifieö. 
aSie bie SBunber ^efu 2Bir!ungen beö ©eifteö finb, fo finb fie 
©rfd^einungen feiner Sola. aJHt SRed^t nennt ^olfemann^) ate 
fijnoptifd^e 5ßaraIIele ju biefem jol^anneifd&en ©ebanfen bie SBcr* 
flärungSgef(^id&te. 2lud^ bie 58erHärung mirb im SRal^men bet 
fpnoptifd^cn ß^riftologie alö SSirfung beö ©eifieö oorgefieHt. 
3Bie ber über 3efu§ offenfte^enbe ^immel, auö bem er feinen 
ßebensin^alt empfängt, obrool^l nid^t lofal, fo bod6 ganj realifitfd^ 
oorgefkeHt ift, fo ift aud^ in ganj realiftifd&er SSeife alö leintet 
unb über i^m ftel^enbe 3Kad^t bie ^errlic^feit ©ottcö gebadet. 
SSerborgen ift biefelbe, infofern Sefuß aaQl ift.^) 

S)em entfpred^en nun genau bie einanber fd&einbar miber^^ 
fpred^enben 3luSfagen über baö 58erl^ältni§ S^f« ium ^immeL 
®inerfeit§ roirb ber äufent^alt 3efu bei ©Ott, ober wie e§ 3o^ 
l^anncö nodb fi^ärfer auäbrüdEt: in ©Ott, ate etroaö ©egenmärtigeö 



1) § 76 d. 

8) ^aS jtoeite Problem, weld^eS ben ^Begriff ber §errlid§leit bietet, wirb 
weiter unten befiprod^cn werben. 



— 57 — 

bejeid^net, 3^uS ft^t bei @ott, im ^immeL @ott ifi i^m nicbt 
jenfeitig, fonbem er mo^nt in i^m, ^M Ite^t unb ^rt i^n, er 
ifi nid^t gef^ieben oon i^, fonbem ift mit i^ eind. Snbrer- 
feits mirb bo^ Sein ^^fu bei @ott ald etmaiS für ^tin^ 3kr^ 
gangenes unb künftiges bargejteOt. 2)a 2^fitS ^leifcb üi, fo fte^t 
er in ber SSelt unb ifl oon @ott gefd^ieben. 

SBie eint fi$ beibed? äßie fieOt ftc^ ^o^onned bod Selbfl^ 
benm^ein ^u oor? 6d mdre mügtg, fui^ biefe ^rage ju üeOen, 
toenn ftc^ bei ^o^^^nned ni^t Sbibeutungen fönben, n>eld^e es uns 
möglid^ mad^en, uns feinen ©ebonlen na^e }u bringen. @S ftnb 
bieS bie Sßorte, mel^e für ben 93erfe^r 2[^fu mit @ott bie SuS^ 
brucfe: ®ott fe^en unb ^ören gebrouc!^ 

@S iß fd^on borouf oufmerffam gemad^ loorben, ba^ 8, 45 f. 

baS ^ören @otteS oud^ auf onbre ouSgebe^nt loirb, loa^renb boS 

Se^en @otteS nur oon 3efuS gilt Sine gonj ol^nlid^e Unterfd^eibung 

finbet fidö 8, 38. ©ort fagt 3«fuS, bafe er rebe, mos er oon 

feinem SJoter gefe^en ^abe, mo^enb bie Sejie^img ber @egner 

jum SIeufel nur ein ^ören'' genannt nrirb. S)iefe Unterfd^ibung 

fü^ auf bie Spur. 2)er @eban& ifi ni^t ^inreid^enb oerbeut= 

ti^t, toemt man oon einer intuitioen SBal^me^mung @otteS 

fpri(ä^t. S)cr @ebanle beö eoangelifien ifi befümmter. S)er eigem 

tümlid^e @ebraud^, ben er oon bem XuSbrucf: Sd^auen, mad^t 

ocrßci^t ftdj nur, menn man fid& boron erinnert, bap in ber opo= 

ftoßfd^en @emeinbe Se^en ber fionbige ©egenfaft jum ©lauben 

ifi. So ifi es aud^ bei 3o^^neö. ©ofe bieö aud& ber ©runb 

bed oorliegenben Sprad^ebraud^ ifi, }eigt am beutlid^jien bas 

ffiort 3, 11. aSBas 3efud oom SBirfen bes ©eijies ©otteä fagt, 

tÜ für BtilobemuS ein @egenfianb bes @laubenS. @r mug es 

onncl^mcn unb glauben.^) 3efuS bagegen ifi 3^«8«- 2BaS er 

fögte, „fol^" er. SSefonntUd^ bejeid^net bas ©laubcn in ben 

ncutefiamentlid^en Sd&riften nid^t nur eine Spannung ber äufeeren, 

ftnnenfalligen ©rfa^rung bes SBeltlaufS, fonbem aud^ ber inneren 

©tfa^rung gegenüber. Sludö bie innere ©rfal^rung, bie ber ®Iau= 

benbe an fid^ mad^t, bedt fid^ nid^t mit bem, was er glaubt, er 

,,^ei6t" ©ottes Ätnb. 2ß)er mas er fein wirb, ifi no(ä& nid&t er= 

dienen, b. ^. nod& nid^t in feine ©rfa^rung getreten, einen 

^egcnfal gegen biefe Spannung beS inneren Sehens mit bem 



*) lajjißdpitp ift \id ^o^anneS bem nnjxivuv f^nonl^m. 



— 58 — 

©laubcnäurtcil bcjcid^nct baö ,,@d6aucn" 3cfu. (Sott ift für i^n 
nid^t ein ©egcnfianb bcö ©laubcnö, bcr übet fid^ fclbft J^inauf- 
ßtcift. SBiclmcl^r teid^t baö SBirten ©ottcö in bic ©rfa^rung 3efu 
l^incin. 6ö DoHjie^t fid^ nld&t aufect unb übet il^m, fonbcm in 
i^m unb burd^ il^n. ®S verläuft nid^t in irgcnb einer ©ifiancc 
oom Innenleben S^fu, fonbern bedft fid& mit bemfelben. ©aä 
gefamte Seben 3efu ifi im SBirfen ©otteö begrünbet. ®r ift 
eins mit ®ott. SJeöroegen glaubt er il^n nid&t, fonbern er fte^t 
i^n. 3n biefem SBerl^ältniö ju ©Ott fielet nur Sefuä, wä^renb 
ba§ ^ören ©ottes, b. 1^. ein burd& ein S^nenroirfen @otte§ Der- 
mittelteä Empfangen feines SBorteö, feiner Seigre, feiner SBeifung 
aud^ oon 3Jlenfd^en audgefagt mirb.. 

3)ie SBal^rnel^mung ©otteö burd^ ^t\\x^ ift alfo nid^t fo 
gemeint, bafe @ott in bie äujgere ®rfa^rung, in bie pi^^fifd^c 
SBafirnel^mung ^c^u tritt, fonbern ©Ott tritt in bie innere 
©rfa^rung ^t\\x. ©ein Innenleben fielet in feiner ©pannuttg 
mit bem SBirfen ©ottes, fonbern er unb ber SBater finb 
eins. 2)arum fielet 3efu§ im ^immel, in ber ©pl)äre ©otteö. 
©ofern aber ©Ott eben nic^t in bie äufeere SBa^me^mung 
3efu fällt, fofern ift er auö bem ^immel ^erabgefommen, fte^t er 
in ber SBelt unb fern oon ©Ott. 3)a§ SBer^ältniö erl)ält eine 
parallele, an ber man e§ ftd^ Derftänblid^ mad^en fann, burd^ 
bie neuteftamentlid^en 3luöfagen über bie Stellung ber ©emeinbe. 
©ie ftel)t in ber SBelt unb bod^ im ^immelreid^. 2)aö $immel= 
reid^ ^at fie im ©lauben. ^nitm nun aber biefer 2luöbrudE: 
©lauben — im ^o^anneöeoangelium nid^t auf 3^f«ö angemanbt 
wirb, fonbern ftatt beffen ber beö ©d^auenö, wirb bie ©iftance 
jmifd^en S^fwS unb ber ©emeinbe l^eroorgel^obcn. ®r fielet nur 
in feiner äufeeren ©rfd^einung, fofern er „gleifd^" ift, in ber 
Söelt. ^n feinem Innenleben . ift er mit ©Ott f o eins , bajs er 
i^n nid^t crft in bem über fid& felbft l^inauSgreifenben ©d^lufe beö 
©laubenS erreid^t, fonbern i^n fie^t unb l^ört. ©o oerfie^t eö 
fi(^, ba§ oon il^m gleid^jeitig gefagt merben fann, bafe er aus 
bem ^immel gefommen ift, unb bafe er im ^immel ift. hiermit 
ift jugleid& flar geworben, roie etroa ber ®oangelift fid^ ba§ ©elbft- 
bemufetfein 3^fu oorftetlt. 3)ie gorm ber ßrinnerung ^at cö, 
mie gejeigt ift, nid^t. 3Jlan fann aber aud^ nid^t fagen, bafe bie 
Sejaljung feineö ^immlifd^en UrfprungS, feiner ^immlifd^en Slrt 
unb feiner ^räejiftenj ein ©laubenöaft ift. '^mn baö 3Kerfmal 



- 59 - 

bc§ @laubcn§, bajs er an^ über bie innere ©rfal^rung l^inau§- 
greift, fel^It bem 33en)uj5tfein 3efu. SlHein in ber Slnalogie be§ 
©laubenSafteä ift baö Seroufetfein S^f« t)or8efteIIt. 

2)iejcß au(3^ im SBetgleid^ mit ben Äinbern ©otteS einjig- 

artige aSerl^ältniö 3efu ju ©Ott wirb burd^ bie SSejeid^nung ^t\\x 

aU beö einjigen ©ol^neö ©otteö auSgebtücft; baj5 ber im 

SBorte /Liovoyevi^g liegenbe 33egriff ber 3^«ÖW"8 ^^' ^o^cinneö 

nid^t nur auf bie Äinber ©otteö, fonbem au(3^ auf ^^M ^^' 

geroenbet wirb, l^at bie bisi^erige S)arftellung beroiefen. 3n einer 

5Beife, bie ber ®i^eugung ber Äinber ©otteä ganj gleichartig ift, 

iji bie ©rjeugung ^z]vi bmä) ©Ott gebadet. 2)eön)egen fönnte eö 

fd^cinen, alö fei ber Unterfd^ieb jroifd^en bem ©ofine ©otte§ unb 

ben Äinbern ©otteö nur relatit) unb grabuett gebadet. Silber in= 

bem 3cfuö in feinem ganjen Sebenölauf ber 3^wgung ©otteS 

entftammt, fielet er nid^t in einer 5Rei^e mit ben Äinbern ©otteö, 

fonbem in einer il^m allein eigenen Stellung über il^nen. 35ieö 

^ott burd^ bie Benennung 3efu aU beö ©injigen auögebrüdt 

roerben. ©eöroegen genügt bem ©oangeliften au(J bie 33ejeid^nung 

3efu alö beö ®rftgebornen nid&t. 3)enn nii^t bieö, bafe er ber 

erfte in ber SReil^e ber Äinber ©otteö ift, maä)t feine 3Bürbe aus, 

fonbem bie§, bafe er ber einjige ift, ber ganj unb gar oon ©Ott 

gejcugt ijt, ber einjige, in bem nid&tö ift, roaö nid&t au§ ©otteä 

Beugung fiammt. ®r ift barum ber einjige, ber ganj unb gar 

©otteö ©ol^n ift, unb barum ber einjige Sol^n ©otteö. Set in 

hem SBorte liegenbe Segriff ber B^^ÖW^Ö l^^tf bemnac^ freilid^ 

nid^t ignoriert werben,^) aber er ift nid^t baö betonte SKoment beä 

Sluöbrucfs. betont wirb oielmel^r bur(^ baä bcfanntlid^ aud& fonft 

gebräud^Iic^e Söott, bafe 3>efu§ ber einjige Don ©Ott erjeugte 

©ol^n ift, 3)le§ mufe aber eUn barum betont roerben, weil bie 

Sfrt feiner ®rjeugimg burd^ ©Ott oon ber ©rjeugung ber Äinber 

@otte§ nid^t qualitatio, nid^t unoergleid^bar t)erf(^ieben ift. S)en 

Sluöbrud fteHt inbeffcn 3^fw§ nid^t nur oergleid^enb ben Äinbern 

©otteö gegenüber, fonbem auc^ neben ©Ott. 2)ie (Sinjigfeit 2fefu 



*) 3Äan muß überfe|cn: „ber (Sinäige", l^at fi(^ aber hahei baran ju 
erinnern, ha% für Sol^anneg ber ^nbf(^aft§gebanfe mit bem geugungSbegriff 
Jujammengel^ört. ^ie§ gitt aud^ für 3efu§, unb infofern ift ber zweite SBe* 
ftanbteit be§ SBorte^ nii^t gleid^güttig. ^ie SBebeutfamleit be^felben barf 
ni(J^t mit ber SKotiöierung beftritten werben, baß auf 3efu§ ber 35egriff ber 
Seugung ni^t angewanbt merbe. 



— 60 — 

wirb ttid^t alö ctroaS S^fättifl^^ ^^^^ Ö^t bic Unoollfommcnl^cit 
bcr ©ottcöfinbfd&aft bcr 2Rcnfd^cu als ein aWifecrfoIg öcba(3^t. 
2)aö 2Bort bcjcid&nct bic ©injigfcit 3cfu nid&t nur alö S^^atfad^c, 
fonbern afä SWotrocnbtgfcit : bcr cinjigc ©o^n fic^t neben bem 
einjigen ®ott. 3lu(^ bem 5ßauluö ift eö n)i(3^ti9, bafe bem «Ic 
^foc ber slg xvQtog entfptid^t. 3n bcr ©teHung, bie S^fw burd^ 
feine ©ol^nfcfeaft gegeben ift, Hegt f(^on, bafe er einjig in feiner 
3lrt ift. 31^m gehört bie ganje SBelt unb bie ganje gütle ®ottcö. 
6r ift baö eine ^kl beö einen ©otteö. 3)iefe ©injigfeit 3efu 
brüdt fid^ baburdö am, bafe atte anbern Äinber ©otteä ju il^rcr 
c^inbfd^aft erft burd^ il^n fommen. ®r fte^t nid&t nur jcitlid& t)or, 
fonbern fd&öpferifd^ über i^ncn. greilid^ nehmen alle Äinber 
©otteö an bem ganjen inneren unb äußeren 33efife 3efu teil, 
aber nur fo, bafe ber bireft von ®ott begabte ©ol^n 3efud ift, 
unb ba§ von i^m auö ®otte§ &aben auf feine Äinber übcrgel^cn. 
©ie ge^en aber nid^t fo an bie Äinber ©otteö über, bafe fie ^u 
einem i^nen pcrfönlid^ eingepflanjten S3ejtfe würben, ben 3efuö 
an fie abgiebt, fo bafe fie nad^ ®mpfang besfelben felbftänbig 
neben i^n treten fönnten. 3Sielme^r fommt baö eroige Seben nur 
in Sefuö in bie SBelt: baö Seugniö ©otteS für Sefuö befielt 
barin, bajs ba§ eroige 2zhen in bie Sffielt fommt unb jroar fo, 
bafe eö in bem ©ofine ift, fo bafe eö für ben 3Kenfd^en nur im 
©ol^ne befifebar ift. ©er eingeborne ©ol^n trägt eö aU feinen 
eigenen 33efi| in fid^ felbfi: bie Äinber ©otteö ^aben e§ nur, 
fofern fie ben ©ol^n ©otteö bei fid& l^aben, 1. ^oi). 5, 11 f. 

SlHe Slu^fagen über 3efu§ gelten bei ^ol^anncö allgemein, 
fie gelten aud^ für ben ^räejiftenten. 3)ie grage, ob S^fi^ö crji 
burdfi feine ©enbung jum ©ol^ne roirb, ober ob bie ©ol^nfd^aft 
aSorauöfe|ung ber ©enbung ift, befte^t für Sol^anneö nid&t. 2)a 
bie ©enbung ©otteö gebadet ift ate ein realeö, gebenbeg, fd^affem 
be§, jeugenbeö ^anbeln ®otte§, burd6 roeld^eß S^fwö ftänbig jum 



1) 2)a§ 1, 18 fxovoyiv^fjg ^sog ju tefen fei, f (Steint mir nid^t \\^tx. 
fiovoyevt'ig l^d^i für 3ol^anne§ burd§au§ nur alö Slbjeltib ju vlog. gal^n, 
©nleitung II, 544 erlldrt: „($iner welcher @ott roar, unb fomit, ha man 
nid^t aufl^ören lann, ßJott gu fein, feinem SBefen nad§ ®ott ift unb bleibt, 
unb roeld^er bod^ anbrerfeitg öermöge feiner gleifd^werbung (SJotteS einziger 
©ol^n ift." ^\x erklären rodre ber 3lu§brudf nur, wenn man ben im 33egriff 
be§ /uoyoyey/jg liegenben gcugungggebanfen betont: bcrmöge ber Beugung 
burd^ ©Ott ift er felbft ®ott. 



— 61 — 

<So\)n gemad&t wirb, fo roirb er burd& bic ©cnbung jum ©ol^nc 
ßcma^t. Mein bicfcö Icbcnbigc, fortioäl^rcnb fid^ erncuetnbc 
aScrJ^ältniö 3cfu ju ®ott wirb cb^nfo roic 3cfu ^crfon in bic 
(Sioiöfcit hinauf verfolgt. 2)arum ifi audfe bcr ^räcyiftcnte für 
Sol^anncß bct ©ol^n. 2)icd ift fo wenig ein Sffiiberfprud^ , ober 
eine unßelöfie Unflarl^eit/) ate baö entfprc(]^enbe Urteil, ba« auf 
ben l^ifiorifd^en S^f^ö angewanbt wirb, baj5 er ®otted ©ol^n ju- 
gleidb immer ift unb immer wirb. ®s lix^t fid^ jwifd^en bem 
proeEificnten unb bem „l^iftorifcä^en" nxiji fiä^eiben.^) 

2)ie Untctfud^ung jeigt ben einl^eitlid^en g^arafter ber 
jo^anneifd^en ßl^tiftologie. ®ö ifi ba« QUiä^t SSer^ältni« ju 
©Ott, weM^cö mit bem Siamen ber ©ottcöfol^nfi^aft unb mit bem 
Sefenntniä ju feinem ^immlifdften Urfprung auSgefprodfeen wirb. 
3)ie biöl^etige ©arjiettung beweifl aud^, bafe non einem ©d^wonfen 
jwifd^en metopl^pftfd^et unb ftttlid^er ä3egrfinbung ber @in^eit mit 
©Ott nid^ bic SRcbe fein fonn.^) 3)ie SHtematioe, fittlid^er ober 
maop^fifd^er Urfprung aus ©Ott, befielt für 3o^annc$ nid^t. 
^cr ^^ler ifl fdbon bann gemad^t, wenn man bic ftttlid^ 
Segrimbtmg ber ^n^eit mit ©Ott fo befiniert, aU moc^e 3eftt$ 
fld^ fclbfl burd& fein ^onbeln jum ©o^nc ©ottcö. SHefc mit 
ber gaiqcn jo^onneifd^en Geologie tn 9Btbcrfprud^ fte^be Sm 
fd^ung t^ fd^on oben nribericgt wotben. Jtraft unb Siegel bet 
X^at 3^ 6^i ^on ®0^ <ntd. 3nbem 3^u$ ben gdttlid^ 
älntrieb fox X^at mad^t, credit er fid^ in ber (^in^eit mit ©ott, 
in ber er fie^. SBeil btefes Ser^Itnid ju ©Ott feinen gonjen 
SebenSlmtf itmfponnt, fo flammt mit aäm feinen SiQendobett 
feine ^[Serfon, fein ,^'', atid bem ig^mmel. ©tammt fein Sifle 
QxA ©Ott, fo funmnt er aud (BM. Sie ^i^^Iogie be$ üvan^ 
gcitfien — imb ba er eine 3:^togie ^, io ^at er oud^ eine 
^d^ologie — ift bttid^d ooluntutiftifc^. 95om Sitten fc^eibet 
et md^t bod Seien. Xviä^ bie äUufvirfungen ber Xfytun, ber 
SßiflenSo&e bottt iiA Die ^ikrton felbit am, SicJ^ nö^er tümrst 
man bem ©ebonten 2>e4 üvar^^tUHm, warn man, ia^ Setäclmid 
afe ein receptioeö betibreitt/i lad wirb, »ie licn 5«^;*. 



>- Sie ^i^mzBM S 441 rz^it, 
• ^«901 v-^^atias II. 441 
toll Wb JJcgr:^ J<r lt«*r::r:i: er ^^x 



— 62 — 

am flarftcn unb einfai^ftcn burd^ baö SBort audgcbrüdt, bafe cä 
3cfu ©pcifc ift, bcn SBittcn ©otteö ju tl^un. 3)icfeö SSort 
bcjcic^nct nxä)t nur bic SRücfroirfung bcr ^at auf bcn SBBUIcn, 
cö ftcttt Scfum nid&t nux in ein aSerfiältni« }u feinet 'S:^at, fonbem 
JU ©Ott. ^\xä) ift baö aSerl^ältnid nid^t etwa nur fo ßebad^t, 
bafe bie SRüdtoirfung ber 2^^at auf ben SBitten in teügiöfer 
Settad&tungSroeife als SBirfung ®otte§ gebeutet würbe. S)iefe 
ßrtlärung bcö SBerl^ältniffeö roäre eine ä^nlici^e Seifcitefd^iebung 
beö ©otteögßbanfenö, wie biejenige, roeld^e bie Einigung jiDifc&en 
3efuö unb ©Ott als oon unten, von 3cfu« auögel^enb benft. 
aSiclme^r fommt bic Silbung ber ^erfon 3efu burd^ S^f« 2^N 
fo juftanbe, bafe Sefu ©el^orfam gegen ©Ott jur SBorauöfeftung 
unb golge eine Slufnal^me ©otteä, be« ©eijieö ©otte« l^at. S)ie 
©inigung mit ©Ott ift Urfad^e unb SQBirfung feines ©el^orfamö 
gegen ©Ott. ®ben meil fid^ 3ol^anneS baö SBerl^ältniö 3efu jii 
©Ott receptio benft, lann er urteilen, bafe ^^fus burd^ feine 
S^l^aten feine ^ßerfon bilbet: es befielet für i^n feine ©pannunft 
jmifd^en SBitte unb SSefen. 3)iefe ^fpd^ologie bel^crrfd^t bie 
©l^rifiologie bes ®oangelifien, weil fle feine gefamte Anthropologie 
bel^errfd^t. 2)urd^ feine 2^^at bilbet für il^n jeber 3J?enfd^ fein 
SBefen: mer bie SSai^rl^eit tl^ut, ber ijl aus ber SBal^rl^eit ober 
aus ©Ott. 3lud^ ©laube ift M 3ol^anneS ein receptioes aSer^^ 
l^alten.^) 3n irgenb einem receptit)en SSerl^ältniS fielet ber 
3J?enfdb für beS Slpoftels SlidE immer — wenn nidbt ju ©Ott, fo 
jum S^eufel. Öffnet er fid^ nid^t im ©el^orfam gegen ©Ott bem 
©influfe ©ottes, fo öffnet er fu^ burd^ bie böfen Segierben bem 
einflufe beS S^eufels ju einer fünbigen %i)at. &m beSmegen, 
meil es fid& l^ier um ein ganj reelles receptit)es SBerl^ältnis 
^anbelt, fo fann ^oi^annes t)on einem Urfprung aus bem Xeufel 
unb von Äinbern beS S^eufels fo gut reben, wie oon einem 
Urfprung aus ©ott unb oon Äinbern ©otteS. ®s ift nad^ allem 
33isl^erigen flar, bafe l^iermit nid^t an eine naturl^afte 2lbftammung 
oon oben ober von unten unb alfo ni(^t an 2)ualiSmuS gebadet 
ift. aUerbingS ift fel^r ernftfiaft unb realiftifd^ an eine Silbung 
ber ^perfon gebadet, aber an eine 33ilbung, bie oermittelt ift 
burd^ bas im Segelten in ber „Siebe jum Sid^t ober jur 
ginfternis" pd^ DoDjielienbe ©id^öffnen bes 3Renfd^en für einen 
jenfeitigen ©influjg. 

^Ql ©d^latter, @. 138. 



— 63 - 

©abutd^, bafe bic ßin^eit Sefu mit ®ott eine g^iftö^tiö^ 

ift, wirb ftc für ben ©oangeliften nid^t unfid^er unb fd^roanfenb. 

S5utd^ ben ©cblufe beS ©laubenö fielet er für 3efii§ nid^t weniger 

alö für bie ©laubigen im ©ein in ®ott, bas bleiben in 

i^m. 2lm fräftigften ift bieö 5, 30 auögebrüdt: 3d& fann nid^ts 

tl^un t)Ott mir felbfi, Dgl. SB. 19: ©er ©ol^n fann nid^tö von 

ftd^ fclbft tl^un. <öol6mannO bemerft: „2lud& nad& bem ©elbft- 

jeugniö 5, 30 ift i^m bie fittlid^e Sebenötl^at jur 5Ratur- 

notmenbißfeit geworben." Unb bod& fällt aud& biefeö SBort nid&t 

aus bem Stammen ber ß^riftologie lierauö. SSie wir für alle 

^riflologtfd^en äluöfagen bei Sol^anneä erläutembe ^parallelen in 

feineu SBorten über bie ©laubigen finben, fo wirb aud^ biefeö 

SBort erläutert burd^ 15, 5: Dl^ne mi(^ fönnt ii)x nicbt§ tl^un, 

Dgl. SB. 4: wie bie SRebe feine grud^t bringen fann, wenn fie 

nld^t im SBeinfiodE bleibt, ©o wenig jugeftanbenermajsen l^ier 

an einen pi^pfxfd^en S^f^mmen^ang gebadet ifi, ber nid^t 

mttenömäfeig wäre, fo wenig in bem ©elbftjeugniö 3efu. 

Belege bafür, bafe bie ®in^eit 3efu mit ©Ott unb fein 

©c^orfam, wenn er gläubig al§ unjerbred^lid^ bel^anbelt wirb, 

barum nid&t pl^^fifd^ gebadet wirb, bietet befanntlid^ ber erfte 

©rief: 3)er auö ®ott ©eborene fann nic&t fünbigen. ®ine 

ß^riftologie, bie fid^ in ber ällternatioe bewegt: „entweber ber 

^tifammen^ng 3efu mit ©Ott ift pi^pfifd^ ober er ift unfid^er", 

tmb bie ben ©eift ©otteö nid^t ate baß fräftigfte Sanb ber 

©inl^eit anfielet, nerjie^t nid^t ben ©lau ben beö Slpoftelö, ber 

3efu ttani, weil er ©ott glaubt. S)ie unjerjiörbare ©inl^eit '^e\\x 

mit ©Ott beruht auf ber geftigfeit feineö burd^ ©otte§ ©eift 

etjeugten SBiHend. äud^ baö ift falfd^, in biefer burd^ baö 

%l)m Sefu vermittelten ©inl^eit mit ©ott nur bie „menfd^lid^e 

Scmufetfeinöfonn ju finben, in weld^er bem fleifd^geworbenen 

ßogoö fein metap^i^Rfi^eö SBerl^ältniö jum aSater erfd^eint."^) 

S)omit wirb biefem ganjen 58erl)ältni§ 3efu ju ©ott ber ®rnft 

genommen, ben e§ für ben ®oangeliften l^at. gür il^n ift über- 

l^aupt baö SBirfen ©otteö in ber 3cit nid^t nur „ßrfd^einung" 

fcineö ewigen ©einö, fonbern ©ottes unb bamit 3efu SEBirfen 

l^at ben vollen ®mft ber 2^1^ at, ber reellen SBed^felwirfung 



1) 446. 

*) ^oii^mann, 443. 



— 64 — 

jioifd^en @ott unb il^m. ©otteö 2;^at tft genau in bcmfclben 
©innc bcbiußt butd^ 3cfu ^at, rote 3efu ^anbeln butd^ @ott 
begrünbet ift. 

2lud& benft fid^ ber ©Daußelift ben unDerbrüd^lid^cn ©el^rfam 
3efu nid^t in ber gotm eineö mül^famen Äampfeö, feine ®e? 
ted^tißfeit nid&t alö bo« SRefultot gcfol^rtjoller Äonfliftc, feine 
ßiebc nid^t ote mül^fame Slieberfäntpfung be« ^affeö. SBer in 
ber Slltemotipe bcfoneen ift: entroeber ber gute SBiHc ift alö 
pl^pfifd&er ^ro}cJ3 ßebod^t, ober olö eine burd& ©egcnfäle ftd^ 
l)tnburd&rinflenbe SBiffenäberocßunß, ber lann bie ©l^rifioloßie be§ 
©panßeliften ni(j&t t)erftcl^en. SDer ©üünßelift erjäl^lt jroar roeber 
bie 3Serfu(|unßößefd^id&te nod^ ben Äampf in ©eti^fcmane. 3)eS= 
weßen bebeutet ober boö roieberl^olte Sefenntni« ber ©ünbloftgfctt 
3iefu nid^t, bo§ er fid^ feinen Sebenölouf ol^ne Ärifcn benft. 
3Son ber Äriflö im ßeben 3efu fprid^t er nur \o, ha% er bie 
abßefd&loffene Überroinbung berfelben ouöfprid&t: 3d^ l^abe to 
SEBelt überrounben, 16, 33; ber gürft ber SBelt l^at feinen »ntcil 
an mir, 14, 31; in feiner Sejiel^unß gel^ört S^fuö feinem 
^errfd^aftößebiet, ber SBelt, an. aiud^ biefe d^riftologtfd^cn äuö- 
foßen l^aben im 1. Sriefe il^re erläuternben ^ßaraOlcIen: ber 
©laubenöaft ift ber ©ieg, ber bie SEBelt überrounben l^at, 5, 4, 
t)ßl. 4, 4: 3l^r feib auö ©Ott unb befteßtet fle, benn ber, ber in 
eud^ ift, ift ßrö^er ah ber, ber in ber SBelt ift. SBic Sol^onneö 
abfid^tlid^ üom Äampf ber ©emeinbe mit ber SBcIt unb bem 
Satan nur ate t)on einem bereits entfd^iebenen rebet, b. f), alfo 
ßläubiß, fo üerfd^meißt er aud^ bie S^l^atfad&e, baj5 3tcfuö SJe^ 
fud&unßen l)inter fid^ l^at, nid^t, aber er fprid^t nur von ber über- 
munbenen 3Serfud^unß. 3)ie anßefül^rten 5ßaraIIelen jeigen, voit 
falfd^ es ift, l^ierauS ju folßem, bafe er fid& ben ©el^orfam 
ßl^rifti nid^t in ber gorm beö bemühten SBottenö benfe. 

Snl^altlid^ bem S:obeöfampf in ©etl^femane parallel ift bie 
©rjäl^Iunß 12, 27 ff. 3lud& So^anneä Derfd^leiert nid^t bie SCobeä^ 
not gefu, bie ratlofe Slnßft, bie fid^ in ber graße äußert: voa^ 
fott id& faßen? SDenn aud& bei ^o^anneö ift baö Sterben 3efu 
ein ma^rl^aftißeö, meld&es feine „Seele erfd^üttert", nid^t nur ein 
©reißniö, baö feine SRaturfeite berül^rt. S)aö folßenbe @ebet 
jeißt anfd&aulid^, mie ernftl^aft eö Sol^anneö betont, ba§ Sefuö 
©otteö SBiUen nur fo ju tl^un oermag, ba§ er ben eigenen 
SBiUen oerleugnet. 2luöbrädElid& melbet fid^ junädöft ber natürlidje 



- 65 ~ 

5B3iOc, bcr aBiffc bc§ ,,^Icif(^cö", bct ouf ©clbfter^altung ßcl^t. 

®iefcr SBittc tft fo ftd&cr bü, alö Scfuö ,,5Icifci&" ift. ©ein 

iittuntcrbto^cnct ©cJ^otfam befielet ni(3^t barin, bafe ber auf 

^Sclbficrl^altung gcricfitctc SBiUc in U)ttt 90t nicj^t rorl^anbcn 

ift, fonbetn batin, bafe et uetleugnet wirb. 35ie übetgreifenbe 

"Sitte tfl bie um bie SBerl^etrliiiung beä ^lomenö ©ottcö. 

IBie bie ©^noptifet ben ©ieg übet bcn ©otan in bet Übet= 

Toinbung bet aSetfu(3^unß feigen, fo fnüpft il^n ^fol^onned an 

t)ic Übetroinbunö biefet SSetfud&ung an: mit bet (ginroiUißune 

^efu inö fieiben ifl bet Xeufel getid^tet. S)aö ^^ißinauöfiofeen" 

beö S^eufefe witb in ben 3Roment beS 2^obeS 3cfu retlegt, allein 

ba mit ber ©innjittigung 3efu in fein ©tetbcn fein 2^ob, fofetn 

«r feine 3:;i^at unb fein ©el^orfam ift, gefid^ett ift, fo ift bet 

Content beö ®eti(3^tcö fd^on je^t. 2lu(3^ bie fpnoptifdfte (gtjäl^lung 

fptidöt abfi(S&tIi(3& nid^t t)on einem Äampf mit bcm ©atan, bet 

^ butdö Sefu ganjcn ßefcendlauf i^injiel^t unb beffen ©ntfdbeibung 

ttftenbmie ungewiß wate, ©etattige Äonfttuftionen beö inneten 

Sebenölaufö 3efu fiub nid^t ©efd^id^tc, fonbetn betul^en auf 

^ojlulaten übet bie gotm, in bet ben aWobetnen eine etl^ifd6e 

„@ntn)idlung" allein benfbat etfd&eint. gut bie ©t)noptifet ftclit 

<xm Sln^ong be§ Sebenö 3efu ein Äampf mit bem ©atan. 3Wan 

Derfennt uöttig bie Sebeutung biefet ®tjä^Iung, menn man fie 

öfe ©atfiettung eineä Rd^ butd^ ben Sebenögang S^fu l^in^ 

jiel^enbett Äampfeö beutet, ©etabe batauf fommt e§ füt bie 

€t)an0clifien an, ba§ butd^ einen am 2lnfang beö Sebenö 3^fw 

ftcl^enben Äampf bet <Satan befiegt mitb. SefanntUd^ fiellen bie 

Teilungen bet S)ämenifd&cn bei ben ©t)noptiletn 3efu ©ieg übet 

ben ©atan bat: tocü bet ©tatfe oon einem ©tätfeten übet^ 

rounben .ift, fo roitb il^m fein Staub genommen, weil bet ©atan 

Dom ^immel fiel mie ein Slife, b. ^. mit einem ©daläge, fo 

t)etmögen bie 3)ämonen nid^t ftanb ju l^alten. 2llfo aud^ nad& 

bet fpnoptifd&en S)atfteIIung l^at Sefuö bie SBetfud^ung, inbem et 

fte beftanb, mitflidö übetrounben. Slad^ bet SSctneinung beö böfen 

^Billenö l^at et nid&t einen fottmäl^tenb f d^manfenben , fonbetn 

einen feften Sßitten. 

3ol^anneö betont eö ftat?, bafe 3efuö t)on Anfang an fettig 
ift. SBie et fid& feine gteil^eit t)om Söfen nid^t alö einen be^ 
fiänbigen Äampf benft, fo befd^teibt et aud& ben ganjen geiftigen 
Seftfe 3efu nid&t alö Sftefultat einet butdö äufeete ©tfa^tungen 

8ütö<rt, 5Die fo^. Cötifloloflie. 5 



— 66 — 

geleiteten ,,6ntn)idlun9". ©ein Innenleben entftommt in attcn 
feinen goltoren „ouö @ott" unb in feinet Sejiel^ung ,,auö bet 
aBelt". aSon Anfang an burd^fd&out 3efu« ben aSemter. ©eine 
3Kenf(ä^en!enntnis ftommt nid^t quo ®rf aljtungen , fonbem ,,et 
raupte, u)0S im 3Wenfd^en u)or", 2, 25. .©ierauf beruft fld^ ber 
©Dangelift, wenn er erjäl^lt, ba§ e« einen ©laubcn gab, ben 
Scfuö nid&t mit bem gleid&en aSertrauen beantwortete, ©inen 
@runb bafür giebt er nid&t an: warum gab e« ©laubenbe, bcnen 
fi<J 3efuS Don t)oml^erein Derfagte? S)ie Antwort beö ©oan- 
geliften fd^liefet baö völlige aSertrauen auf 3efu« in itd&. ^r 
ben »lief beö 3üngers fd^ien Sefu aSer^alten miafürlic^, aber 
3efug „fannte fie". ©benfo fielet ber ^inmei« gefu auf feinen 
%ob am Slnfang feiner aSirffamfeit. aOBeil ber ©egenfaft jmifd^en 
ber aBelt unb il^m nid^t erft nad& unb naäi entfielet unb ft(J 
Derfd^ärft, fonbem bamit gegeben ift, bafe 3iefuö auö (Sott unb 
nid^t auö ber aOBelt ift, fo ift eö bem ©Dangeliften mid^tig, ba% 
mit bem erfien Qnia'Q^ixttm biefeö Äonflifte« ber aiuöblid auf 
Sefu %ob gegeben ift. 3lud^ bie grei^eit 3efu oom Oefeft ijt 
Don Slnfang an uorl^anben, ol^ne bafe fid& 3efuö von ber ®c^ 
bunbenl^eit an ba§ ®efe| lodringen müfete: bie greil^eit ifi in 
feinem ©ol^nedberoufetfein begrlinbet. 

Siiefer von Anfang an DoDüommenen ©d^eibung t)on ber 
aSelt entfprid^t bie 2lrt, mie Sefu« bie aRenfd^en be^anbelt. gr 
erlennt feine SWittelfiufen unb Übergangöformen an, fonbem nur 
fertige unb ganjc ©rgebniffe. S)iefe ©igenart geftaltet ben 
ganjen Segriffölreiö bei go^anneö. aBie er nur ©egenfäfec 
fennt — ben Urfprung auö ©Ott unb ben auö ber aSelt ober 
bem S^eufel — fo erfennt er aU ©laube nod& nid^t baö auf gefud 
gerii^tete aSertrauen an, fonbem erft bie 2lnerfennung feiner 
aWeffianität, in ber Siebe fielet er ben aSBillen jum ©terben, wie 
im $a§ ben aBitten jum SCöten. aBeil Sefus fid& nid&t mit 
l^alben ©rfolgen unb fd^manfenben S^ftänben begnügt, fonbem 
rafdö auf ganje ®rgebniffe l^inmirft, fo mirb in ber 3)arfteDung 
beö ©efji&id&tsoerlaufö fofort auf bie befinitiuen SRcfultate l^in= 
geioiefen. aSon Slnfang an l^anbelt eö fid& um bie 3Keffianität 
3efu, im Tempel fommt eö fofort jum aSrud^. 

S)em entfprid^t bie Slrt ber ©efpräd&e unb Sieben ^efu. 
©ie fteigcn nid&t oon ben näd^ftliegenben elementaren ©ebanfen 
aufwärts, fonbem ftellen bie umfaffenbe Sluöfage, baö ©anjc, 



- 67 — 

boö 3i^I öu bic ©pifte. 3m ©efpräiä^ mit Slilobcmuö wirb bic 
Slotmenbigfcit bct SBicbcrgcburt an ben Slnfang ßcftcHt unb 
gegen ben ©inrourf cinfo^ loieberl^olt. Slbftcigenb werben bann 
bie SBebingungen bet SBiebergeburt erläutert biö l^erab ju ber 
elementaren gorberung, bie SBal^rl^eit ju tl^un. 3m ©efpräd^ 
mit bet ©amatiterin fiä^Iiefet ^t^n^ nid&t etma, fonbcm beginnt 
mit ber Slnbietung beö lebenbigen Sßafferö unb medt, rüdEmärtß 
fd^reitenb, bie Sebingungen beö 3Serftänbniffeö. ^nbtm baö ju 
erreid&enbe ^id an bie ©pifee gefteHt mirb, foH Derl^inbert werben, 
bafe bie ißörer [xä) in unfertigen Übergangdftabien fixieren. 



3. Haptol 

3)ic ganje ©cbanfenreil^e , bic ben l^tmmlifd&cn Urfprung 
Sefu erläutert, ift bie t)om ©üaußeliften felbft gegebene Deutung 
be§ 2Borte§ 1, 14: 6 Uyoq auQ% iysvero. 3)tc 3lrt, in ber er 
ben Sttuöganö 3^fw auä bem ^immel DorfteHt, jeigt, wie er ft$ 
bie gleif(^tt)erbung beö Sogoö benft. ®r benft roeber an Sßet- 
roanblung in einen 2Renf(ä^en, no(ä^ an SBertaufd^ung ber ©pl^äre. 
ad^'^ erläutert ftd& aud^ bei 3of|anneö n)ie bei ^autuö bur(ä^ 
feinen ©egenfa^ gegen nvevfxw. @eift ju fein ifi ®ott roefentlit^, 
%lt\\i^ ift baö bem 2Jlenf(^en SBefentlid^e, t)gl. 3, 6. o Aoyog 
<Tao§ eysvBTo ift alfo ju überfe^en: 3)er Sogoö warb ein ntenfd&= 
Ii(ä^e§ SBefen. 2)aö 9SerI)ältniö t)on Sogoö unb gleifd^ wirb ni(|t 
burc^ ben 2^erminuö ,,2lnnel^men beö gleifd&eö" erläutert, fonbern 
ba§ aSerl^ältniß beö göttlid^en unb menfd&Iid^en gaftorö wirb 
faufal unb f(5öpferifd& gebadet. 2)iefeö menfd^lid^e SBefen fommt 
auö bem Fimmel, inbem eö burd& feinen ganjen Sebenölouf l^in 
t)on ©Ott gebilbet, l^err)orgebra($t , burd^ ©otteö ©eifi gejeugt 
wirb. 2)aä 33en)u§tfein ^z\\x ift ein menfc^lid&eö, eö wirb meber 
qIö ein in§ S^i^f^i^^ ücrfd&mimmenbes , nod^ in ber gorm 
ber Erinnerung, am aEerroenigften aber atö ein nid&t ein- 
l)eitlid&e§, fonbern in ber Sttnalogie beö ©laubenöafteö t)orgefteIIt. 
Sie 3Jlad^t unb baö SBiffen 3efu treten in ber gorm göttlid^er 
®ahzn in fein menf($lid^eö SBemufetfein, fie pnb nid^t ein t)on 
©Ott abgelöfter Sertfe. ©ott^eit unb 2J{enfd6^eit finb für ben 
®oangeliften nid^t ©egenfäfee, bie fid^ auöfd&Iiefeen, ober gegem 
feitig begrenjen, alö fönnte t)on ^^]\x% nid^t im DoHften 3Ka6e 
gelten, bafe er %\t\\i^ ift, roeil er ber £ogo§ ift, ober nid&t in 
ganjem Umfange, bajs er ber Sogoö ift, meil er gleifd^ ift: 
beibe ©ebanfen werben auögefd&loffen bur(5 bie gormel: ber 
Sogoö marb %lt\S^. ®ö ift beöroegen ganj unrid&tig, t)on einem 



— 69 — 

,,t)on ber gleifd^rocrbunö unberül)rt gebliebenen SReftbuum beö 
Sogoö" ju tebcn.^ 2)aö ßonje S^^tereffe beö eDangelifien l^aftet 
haxan, ba§ in Scfuö nid&t nur ein „Bind r>on ®ott" in bic 
3Belt gcfornmen ifi, fonbem bafe S^fuö ®otte§ 9 an je 3Raä^t 
imb §enli(i?eit in fid& trägt, bojs (Sott ^iä) x^m Qarxi mitgeteilt 
t)at: e§ liegt ein ftarfer S^on barauf, bafe S^fuö ben ©eift 
ol^ne aWofe beftfet.^) 6r l^at boö 71X1700)^« ber ©nobe unb 
aOBal^rl^eit in ii(3^, nid^t einen Xeil, fonbern boä ©onje, bie un- 
getrübte unb beöl^alb unerfd&öpflic^e pHe. 

2lber freili(ä^, ba ber aSerroanblungögebanfe bem ®üangeliften 
fern liegt, fo bleiben für i^n alle 3lu§fagen über ben Sogoö in 
üoffem Umfange gültig: ehen besiegen ift Sefuö „ber SWenfd&en- 
fol^n, ber im Fimmel ift". Dabei benft ber 6t)angelifi nid&t an 
ein 2)oppelmefen ober an ein jroiefpältigeö Seroujstfein in S^fuö: 
nur folgt l^ierauö nid^t, bafe bie 3Jlenf($n)erbung als SSermanblung 
gebadet ifi. S)a§ Sewufetfein feiner göttli(5en unb feiner menfd^s 
Uiä^en 2lrt fielet bei ^efuö nid^t ncbeneinanber , fonbern l^at 
bic mel^rfac^ befd^riebene, bem ©laubenöaft t)ergleid^bare gorm.^) 

3lm menigfien trifft man bie 3Weinung beö ®t)angeliften, 
wenn man il^m in irgenb einer gorm bofetifd&e ober gnoftifd^e 



^) Sgl. borübcr §ol^mann II, 460, 3lnm. l unb iBalbenfpergcr, ©. 52. 

2) t)aß Scr^öltniS beg SogoS gu (SJott wirb fpäter erläutert werben. 

3j STn einer ©teHe finbet ftd§ bei ^ol^ntann ein öl)n(id§cr (SJebonle 
©. 439: „5)te ^jeugung eine0 ©elbftbettJugtfeinS , mie e« fi^ in ben 
iol^onnetf^cn ®l^riftu§rcbcn barfteHt, ift bie le^te unb l)öd§ftc Xl^at be§ auf 
bic 2Be(t Wirtenben 2ogo§." ^aju ögl. ^nm. 2: „SBenn l^iernac^ ber 
SogoS im ©ingebomen gleid§fam fein eigene^ ^robutt geworben wäre, fo 
^dttc auc§ biefe SorfteHung eine ^aroHele." ^iefe iBemerlung ift aber bei 
$o(|mann nicj^t nur ni^t ejegetifcj^ begrünbet, fonbern. wiberf:pri(^t oud^ 
feinen fonftigen 3lnfd§auungen, ba au^ §o(^mann ben Urf:prung Sefu au§ 
bem §tmme( in ber ^rt ber allgemeinen ejegetif^en Xrabition beutet. ^ud§ 
ift c§ ni(j^ ri(3§tig, gu fagen, ha% ber ßogoö „fein eigene^ ^robuft" ge* 
worbcn fei. ^er ©ol^n entftammt ber ScwQimö ÖJotteS unb baS SSerpitni^ 
beS Sogo§ ju 3efug lann man nur infofern ein fd§öpferif(^e^ nennen, al§ 
ber Sogo§ für Sol^anneS ju (SJott ge^rt, unb alfo ber ßogo^gebanle in ben 
QJotteSbegriff eingef^loffen ift. OTein ©otteS SBort wirb natürlid^ al^ 
®otte§ ®cbilbe gebadet unb jwar, wie ftd^ geigen wirb, al§ baS @räeugni§ 
feines ®cifteg. ^ie gleifij^werbung be§ SBorteS wirb beSl^alb fo gebat^t 
fein, bag burd^ biefelbe :probuItiöe ?lftion (5Jotte§, beren (SrgeugniS fein SBort 
ift; au^ Scfu „5Ceifd§", ber 9Renfc§ 3efu§, gebilbct wirb: fo ift er ba§ 
fleifd^gcworbcne Söort ©otteiS. 



— 70 - 

©cbonfen jufd^iebt. aRit bctfclben enctgic wie bcn l^immlifd&cn 
Urfprunfl 3efu betont er feine menfd^Iiiä^e 9Crt, baö „gleifd^" 
3efu, unb jroar nid&t nur int crften S5riefc, fonbcm audö im 
(gnanßelium, ngl. Stap. 6.^) 3n bcr Seugnung beö „gleifd&eö" ©l^rifH 
fielet ^ol^anneö boö aSefen beö 2lnti(ä&riften. S)ie ©egner, bie er 
befämpft, feigen boö „%UxW ©i^rifti als roertloö an, feigen feine 
Scbeutung nur im ©eifle, ber als ein non ber 5ßerfon 3^fw 
ablösbarer SeRfe gebaut ift.^) ©ie fietten ®eijt unb gleif* in 
©cgenfal ju einanber. ®egen biefe ©d^eibung beö ©eified oom 
gleifd^e 3efu rid^tet pd^ nun nid^t nur bie ^polemi? be« erften 
Sriefeö, fonbern aud^ bie ©l^riftologie beö ©uangeliumö. ^aä 
©igentümlid^e an ber 5ßoIemi? beö ^ol^anneö ift bieö, bafe er fld& 
burd& ben @egenfa| nid&t ju einer ^erabfefeung beä ©eifteö 
treiben läfet, ebenforoenig wie burd& bie antignoftifd^e 5ßoIemif ju 
einer ^erabfefeung ber 6r?enntnid.^) aSielmel^r fiettt et %U\\i\ 
unb @eift in ber ©l^riftologie ftetö in ein faufaleö aSerl^ältniö ju 
einanber. 3)er Sefife beö ©eifieö fül^rt nxä)t jur Seugnung, 
fonbern jum Selenntniö beö gleifd^eö ©l^rifti. 

2)ie ©nergie, mit ber ^iol^anneö bieö btiont, erflärt aud^ 
ben ©ebanfengang oon Raip, 6. 2)ie äuöbrüdEe: 6ffen unb 
S:rinfen ftnb Silber für bie aufnähme feiner 5ßerfon. SBaö 
Sefuö forbcrt, ift abfolute, ganje SRcceptioität feiner ^erfon 
gegenüber, ©laube ift bei ^pl^anncö alö receptioeö SBerl^alten 
gebadet. 2)iefe SReceptioität öffnet g^fu baö Innenleben beö 
ajienfd&en, fo ba§ er ber fie ©peifenbe, Seben ©rjeugenbc unb 
@r^altenbe wirb in älinlid&er SBeife, roie ©otteö 3Bitten ju tl^un 
3efu Spcife ift. 2)aö 3^^^ i^i^f^^ SReceptioität ^cfuö gegenübet 
ift baöfelbc, roeld^eö Sol^anneö fonft in ben 2luöbrudE fa§t, bafe 
Sefuö in ben ©einigen ift. 3)arum ?ann bie glaubenbe Sluf- 
nal^me Sefu bur($ baö 33ilb beö ©ffenö unb S:rin!enö bejeidönet 



2)ie ^cliaiiptung öon iBalbenfperger, 8. 31 f., bag ^o^anneö lein 
„lebcnbigeö, tieferes ^^^creffe an ber ßrfd^einung be§ Sogoö im g(eif(^e" 
i^obe, geigt, tüie ipenig fid§ bie öon il)m bel^auptete Xenbenj ber jol^anneift^en 
Sl^riftotogie mit bem im (Söangelium crlennboren ^^tcreffe öereinigen läßt. 

«) 1. 3o§. 4, 8 ift JU lefen Ive^ ögt. Mn, Einleitung II, 574. 

*) ^iefe 5:^atfa(3§e jeigt, bag man fi(^ au(^ |)ofitiöe öJebanlen ber 
jo]^anneif(3§en Si^riftologie ni(^t auö bem ®egenfafe erllären barf. @r ift 
in feiner ©rienntniö ganj öom Dbjett unb ni(^t öon feinen öJegnern 
abpngig. 



— 71 — 

tocrbcn. ^n bicfcm S^Motnmcnl^angc nun toitb cd betont, ba§ 

baö ,,^Icifd^" 3cfu cö ift, wad et bet SBelt jur 2Iufnal^me bot^ 

Metet, b. ^. feine menfd&Iid&e »tt. ©ein gleifd^ ift bie Seben 

f(ä&affcttbc aWtfiä^t. SDie 2lbjtd^t ber fiarfen Betonung biefeö ©e^ 

bonlenö faßt mit ber ^Betonung ber aJlenfd&l^cit Sefu im erften 

Sticfe jufammen. gteilid^ ift fein ^Ui^ä) nid&t in fid& fclbft leben^ 

f^affenb*, fonbcrn nur bedroeßen, roeil eö burd& ben ©eift erjeugt ift. 

S)ie Icbenfd&affenbe Tlaä)t ift allein ber ©eift. Slllcin in feiner 

anbcrn g^^^ f^^ff^ ^^ Seben, alö burd^ baö gleifd^ ^^fit- 

3nbem er bie 3Wenf(^l|cit ^^fu erjeugt unb in bie äBelt fteHt, 

fliebt ex ber SBelt baö Seben. @ine anbere SEBeife, bie SRoc^t 

bcö ©eiftcö ju erfal^ren ate biefe, ben 2Wenf(|en 3^^^^ ¥^' 

june^men, giebt eö nidfet. 3lid&t aufeer ober neben bem ^Ui^ä)^ 

Sefu wirft ber ©eift. 3n ber niebrigen unfd&einbaren gorm ber 

f^toai^en ol^nmä(5tigen 3Jlenfd&l|eit '^z^n allein fann er l^in- 

ftenommcn merben unb nur baburi^, bafe 3efu ^leifd^ auf- 

ftenommcn wirb, wirb bie Iebenf(ä^affenbe 3Kac^t beö ©eifteä 

töltt^am. 35er ©ebanfengang ftel^t alfo im f(|arfen ©egenfa| 

jum 2)ofetiömuS unb jü allen gnoftif(^en ©ebanfengängen. ©ein 

§lcl^^ ift baö S3rot, baö t)om Fimmel l^erunterfommt, b. ^, wie 

feftgeftettt ift unb jum ©(^lufe beö ©efprä(5ö ja anä^ auöbrüdtid^ 

auögefpro(ä^ett mirb: eö fommt auö bem ©eifte. 2lber bafe ba§ 

©rjeugniö bcö ©eifteö gleifd^ ift, ein menf(ä^li(|eö SBefen, barauf 

liegt ber 9?ad^bru(J in ber SRebe.^ 

S)ie 33etonung ber 3Kenfd^l^eit ^z\n im ©oangelium rid^tet 
[lä) inbeffen nid&t in erfter Sinie gegen ein bofetifd^eö S^riftuä- 
bilb, fonbern fte fprid^t ben ©egenfa^ 3efu gegen baö iübif(5e 
%iftuöbilb au§.^) 2)em SEBorte 3^u, bafe er baö t)om ^immel 
i^erobgefornmene Orot fei, feften bie Suben ben ^inroeiä auf feine 
irbif($e 9lbftammung entgegen. 3efu 3lnfpru(5, auö bem ^immel 
ju fommen, mirb burd^ feine menfd&li(5e natürlid&e 2lrt toiberlegt. 
3l\i)i an ber 3SorftelIung eineö l^immlifd^en Urfprungö überl^aupt 
ttel^men bie Suben Slnftofe, alö fei bamit etroaö an ftd^ Un- 
möglid^eö auögefprod^en : Dielmc^r befa^en fic ja in ber ©rroartung 
ber ^immlifd&en Sttbfunft beö (S^riftuö ein 3Wittet jum 3Ser^ 



1) SSgl. oben @. 9 f. 

2) ^Ql ©d^latter, ^er §8ru^ Sefu mit ber gubenf^aft, „?luö @(^rift 
unb @efd§td§te", ©. 3. 



— 72 — 

ftänbmö bicfeß 2lttfptud&d 3cfu. Smcin bafe Sefuö, beffcn äb^ 
fünft bcfannt ift, uon feinem l^immlifd&en Urfprung fprid^t, bilbet 
ben änftofe. SDer 2lnfto§ ift betfelbe, bet oud^ 7, 27 qu0' 
ftefprod^en roirb: ba man feinen Utfprung fennt, fö fann er ber 
ei^riPuö nid&t fein. Sein ^immlijd^et Urfptung fd&liefet ootte 
menfd^li^e 3ltt auö. ©eine ©rfd^einung mufe etroaö ©el^eimniö^ 
Dofleö l^oben. liefet 3^6 \^W 3^fwö. ®r tritt i^nen " mit ber 
SBirflid^feit eines menfiä^lid&en ßebenö entgeßen. 6r fonn barum 
ber ©tiriftuö, ber ©pcnber bed ewigen bebend, nid&t fein, ©egem 
über biefem ^^antafiebilb oon einem flel^eimniSüollen, ber menfd^^ 
lid^en SBirflid^feit unäl^nlid&en ©l^riftud betont Sefuö, bofe fein 
„gleifd^", feine menfd&lid^e SBirfli^feit, il^n jum Srot beö fiebernd 
mad&e. Joimmlifd^er Urfprung unb menfd^lid^e SBirflid&feit fd^lie^en 
fid^ nid^t ax\^, fonbem gerabe einen menfd&liiä^en ficbenölouf ffl^nt 
er traft feineö l^immlifd&en Urfprungd.^) 

gür So^anneö l^at eö aber in ber Äird&e bleibenbe Se^ 
beutung, bafe ^efuö feine Dotte menfd^lid&e SBirflid^feit ben ^ubcR 
gegenüber nid&t verleugnet l^at, bafe er feine ^immlifd&e Slbfunft 
nid^t etwa nur ju bel^aupten oermoAte, inbem er feine menfd^lid^e 
Slrt Derfd^leierte unb fid^ einen ber irbifd&en 2Birflid&?eit frembea 
älnftrid^ gab. 2)ie 9Wotit)e beö pl^antafkifd^en aufeermenfc^lid^en 
ß^riftuöbilbeö feieren befiänbig lieber, unb barum l^at baö- 
33efcnntniö 3efu ju feiner 3Wenfd^^eit bleibenbe 33ebeutung unt^ 
bie Sftebe ift für ^o^anneö ebenfogut gegen bie ©noftifer roie 
gegen bie ©aliläer bebeutfam. 

Siol^anneö Derfd^leiert eö in feiner SBeife, mie ftarf bad- 
aSefenntniö jur SRefftanität 3efu mit allem, wad eö in ftd^ 
fd&liefet, mit ber flaren SBal^me^mung feiner mirflid&en SUleufd^- 
lid&feit jufammenftiefe. 6r ift fid^ ber ftarfen Spannung beutli(^ 
bemufet, in ber fein ©laube an ^t]\x^ ju bem, maö an il^m 
jtdbtbar mar, ftanb. 6r mad^t baö an ber ©tärfe beö 2lnftofee& 
flar, ben man an feinem „^ki\d^^'* nat)m. 3)er ©ruft, mit bem 
er eä betont, bafe Sefuö gleifd^ mar, jeigt, bafe feine Gl^riftologie 
bie 3Wenfc^lid^feit 3efu ni(5t auögelöfd^t l^at. 3Ran barf barum 



>) ^er ©egcnfaj, in ben l^ier bie jilbif(]^cn ^räcjiftcnjöorftcßungen unb 
Gebauten über ben ^immlifd^en Urf|)rung be§ ©l^riftuö gu Scfu ©clbftjeugni« 
treten, geigt, bog ber jol^anneifd^e ©cbanlc nic^t auiS bem jübifd^cn ent* 
ftanben ift. 



— 73 — 

nid&t fagcn, ba^ eine fold^c ©J^xiftologie im (Sebonfen eines 
Oenoffcn 3cfu ni(|t bcntoar fei.^) 

35ie 5DIenfd^lid&!eit ^e]n liegt für Sol^anneö in bem 5Ramen: 

anenfd^enfo^n, ben Sefuß fid& Qab. 3Jleffianif4 ift ber auöbnid 

aud^ bei ^o^anneö, 12, 34 fielet er fpnonpm bem gl^riftuönamen, 

imb aud^ 9, 35 f. feftt bie grage beö ©el^eilten Dorauö, bafe boö 

SBort als 3Kcffiaö6cjet(j^nun0 perfianben mirb. allein bie beiben 

parallelen 9iamen: (Sot)n ©otteö unb ©ol^n bed aWenfd^en werben 

in ganj paralleler 3lrt im 3ol^anneöet)angelium ßebraudfet. SBic 

So^anneö mit ber einen meffianif(3^en Sejeid^nung bie Slbfunft 

3efu t)on (Sott auöbriidt, fo fielet er in ber anbern einen ^in^ 

Töeiö auf feine SStbftammunß t)om aWenfiä^en. $Ratürlid& wirb 

bamit fein ©d^nitt burd& bie ^erfon 3efu gemad^t, alö fiammte 

einer ber gaftoren, bie 3efu ^erfon bilben, etroa fein ®eift, t)on 

©Ott unb ber anbere oom 3Renfd&en. S)iefe ©d^eibung roiber- 

^ptid^t ber ©runbtenbenj ber jo^anneifd&en ©l^rifiologie : einerseits 

ftantmt ^efuö, unb jmar gerabe in feiner menfd&lid^ natürlid^en 

*ct, ganj t)on @ott, — fein gleifd^ auö bem ©eifte — anberer^ 

ieitä ifl er DöDig SWenfd^, ©ol^n be« SWenfd&en. 2)ie beiben il^n 

bilbenben gaftoren werben nid^t abbiert, fonbern ftetien in fau= 

falem aSer^ältniö ju einanber: jum aWenfd&en Sefuö fommt nid^t 

etwa ber ©eifi alö ein neues, i^m frembes ©lement ^inju, 

fonbern er ifi ber il^n geftaltenbe gaftor. 

®ie meffianifd&e 33e}eid&nung toirb nad6 il^rem SEBortfinn 
gebeutet. S)a§ Sefus feine menfd^lii^c SSlbfunft betont, mar allen 
©oangeliften auffaHenb. 3)ie Sejeid^nung l^ebt i^n aber in feiner 
SBeife aus ber SReilie ber 3Renfd^en empor, als bas Sbeal, ober 
bas Urbilb bes 3Wenfd&en ober äl^nlid^. ^efuS fteHt fid& bamit 
ben 3Kenfd&en gleid^: er ift ein ganjer unb mirflii^er, nid&t ein 
befonberer 9Renf($; allein eS ift für SefuS etmas 33efonbereS, ein 
3Renfd^ ju fein, ©eine 3lbftammung Dom aJlenfd&en trägt in fein 
Seben eine ©pannung hinein. 1, 51 mirb baS umfaffenbc ©laubens^^ 
motit) an bie 3Jlenfd&lid&feit 3efu angefnüpft. 3«^^^ SReil^en oon 
Erfahrungen mad^en bie jünger: er ift aKenfd^, aber ber ^immel 



^) ©0 SBeiäfädEcr, 517: „teinc 9»ad§t bc§ OJlaubenS unb ber 5ßl)Uofop]^ie 
lann örog genug öorgcfteHt ttjcrbcn, um bie Erinnerung beö ttjir!li(^en 
Scbcn§ fo auSjulöfd^en unb bicfcS SBunbcrbilb * cineS göttlicj^en SScfcnS an 
il^re ©teile ju fe^en. . . . fjür einen Uropoftel ift eS unbentbar." 



— 74 — 

fielet il^m offen unb ifi il^m ßcgenroartig, er ift ein 3Wcnfd&, bent 
fein Sebenötnl^alt auö bcm ^immel jufttömt. Seibe«, feine 
menf(ä^li(5e 2lrt unb fein l^immlifd&er Urfptunß, pnb an il^m 
fi(3^t6ar. 3n äl^nlid&cr 3Beife wirb 3, 13 gerabe bie umfajfenbe, 
roeiteft gel^enbe aiuöfage, bafe 3efud feinen Drt im ^immel l^at, 
an feine aJienfd&lid&feit angefnüpft: er ift ein 3Jlenf(ä^, allein ein 
9Kenf(^, ber im ^immel feine ©egenroart \)at Oerabe alö 
3JJenf($, ni(6t nur uor ober nad& ber 3^^^ feines irbifd&en ficbens, 
ift er im ^immel. S)iefen beiben SBorten am nä(6fien ftel^t 
6, 62, ba aud& l^ier ber l^immlif^e Drt 3efu mit feiner menfd§= 
li(ä^en 2lbftammunß in 3Serbinbung gebrad^t wirb: bafe er als 
IDienfc^ in ben ^immel l^inauffteigt — baö mirb jeben 2lnftofe 
an ben Slnfprüd&en, ben er in feiner menfd^Iid&en 3lrt mad^t, 
befeitigen. 2)er Slnftofe, ber bur(i feine Sttuffal^rt in ben ^imtnef 
gehoben wirb, ift ber, bajs 3efuö an feine aJlenfd^^eit, 6, 21, 
unb jroar an baö ®ffen beö gleifd^eß unb 2!rin!en beä SluteS 
beö aJlcnf(^enfol^ne«, 6, 53, ben 33efife beä ewigen 2zUm Inüpft. 
3n biefer SRebe jeigt fid& beutlid^, bafe.^efuö fid^ „aJienfd&enfol^n" 
nennt, weit er „ejlcif^ä^" ift. 2ln ben 3Wenfd&enfol^n wirb bas 
2eben gebunben, in bemfelben ©inne wie an baö gleifd^ 3^fw. 
33eibe Sttuöbrüde Jagen, bafe er gerabc in feiner menf(ä^li(ä^en Slrt 
ber DueE beö Sebenö ift. ©benfo beutlid^ bejeiiä^net 5, 27 ber 
Sluöbrud bie aJlenfd^lieit 3^f^- fie ift ber ©runb, bafe i^m baä 
@eri(^t übertragen ifi: burd^ einen 2Jlenf(ä^en foll bie aWenfd^i^eit 
geri(5tet werben. S)er ©ebanfe ifi be!anntUd& fe^r Derfd^iebcn 
gebeutet worben. Selbftr)erftänbli($ foH baö ©eridbt burd& ben 
3JJenf($en baö ©erid^t ©otteä nid^t auöfd^Iiefeen. ©Ott rid^tet b u r d& 
einen 3)Zenfd6en. Sefuö rid&tet, wie er „prt", aud6 ben Urteilö== 
fpru(5 empfängt er von ©Ott. ©leid^rool^t !ann „ber 3Kenfd&" in 
einem 3ufammenl)ange, in bem t)om Sßeltrid^ter bie SRebe ift, nur 
„©Ott" gegenüber ftel^en: bafe nid^t ©Ott felbft ri($tet, fonbcrn 
bafe er burd^ S^fwS xi^tzt, \)at feinen ©runb in 3efu aJienfd^l^eit. 
2)aö 2Bort roirb fid& barauö erflären, bajs baö ©erid&t fidfe 
gegenwärtig -ooEjiel^t. SoH'ä im irbif(^en Seben beö 3Jlenf(5en 
fid^ ooffftreden, fo mufe es burd^ einen 3Jlenfc^en geübt werben, 
meil es auf ®rben ergel^en foll, fo mufe eö burd^ einen auf 
@rben mirfenben 3)ienfd^en ooH/^ogen werben. S)er ©ebraud^ beö 
ffiorteö an biefer ©teile l^at ein ganj äl)nli(5e9 3Jlotio wie 2Rattl^. 
9, 6: 2)a bie ©ünben auf ®rben oergebeu werben, fo werben 
fie burd^ einen 3Kenfd^en oergeben. 



— 75 — 

SlUc übrigen SBorle, in benen [xS) 3cfuö aKenf($enfol^n 
nennt, fpreci^cn non- feiner (Srfiö^ung, 3, 14; 8, 28; 12, 34 
ober SBerl^ertlid^unö 12, 23; 13, 31. hiermit ift ouööefprociöen, 
bafe Sefuö, ba er 3Kenf(ä& ifi, onf ©r^ö^unß unb SBerl^enliiä^ung 
wartet, ©ö liegt in biefen SBBorten no(| ein anberes 9Konient, 
ofe in bencn, bie uom l^immlifd^en Drt beä aKenfd&enfol^neö 
fpred^en, nämlid^ nid^t nur bie Überjeußunß, bo§ er aU aJlenfi^em 
jo^n ber ©rl^öl^ung geroife ifi, fonbern aud& boö 33efenntniö, bafe 
ex ate 3Jlenfd&enfol^n ber ©rl^ö^unö bebarf. ®ö wirb jugleid^ 
auööcbrücft, bafe bie §enlid&feit il^m gebührt unb bafe fie x^m 
fc^It — fel)lt in bem bereits erläuterten ©inne. Site ^Kenfd&en^ 
finb fielet et mit bem 3lnfprud& auf ^errlid&feit ba, aber au^ 
mit bem Sebürfniö, t)erf|errli(3^t unb erl^öl^t ju werben, ba ^err= 
li^feit unb l^immlifii^er Drt für il^n in feiner SWenfd&lid&feit etwas 
Senfeitißeö finb. 

2lud^ jum SSerftänbniö biefeS ©ebanfenö bietet ber Sol^anneß^ 

Wef in feinen SBorten über ben ©tanb ber ©läubißen eine 

etläutembe ^ßaraHele. SDie ßiebe ©otteS befielet in ber Über:= 

traguttö i>eö $Ramenö ber ©otteöfinber, 3, 1. S)en non ®ott 

ßcgebeuen 3iamen be^dnbelt ^olianneö im ©($lu§ bcä ©laubens 

aU ^Realität: unb mir finb es. 3lber erfd&ienen, in bie 

erfal^rbarc SBirflii^feit ßetreten, ift nod& nid&t, roaS mir fein 

werben. 3)ie Unterfud&unß über ben l^immlifd^en Urfprunß 3efu 

^at flejeigt, inwieweit bie ©teHunß ^efu biefer Stettunß ber Äinber 

®otte^ uerßleid^bar ift: weßen feiner aJJenfd^lic^feit bebarf au(3^ er 

ber ©rpl^unß unb wartet auf bie „ßrfd^einunß" beffen, waö er 

ift. 2lu(^ er befifet feine ©otteöfo^nfd^aft ate einen SRamen. 3)a 

©Ott eö ifi, ber il^m ben SRamen ßab, fo befielet jwif(i&en 3latm\x 

unb SBefen feine Spannuuß. S)urd^ ©otteö SBort, weld&eö il^n 

©otteö ©ol^n nennt, ift er aud& wirfliiä^ ©otteö ©ol^n. S)a 

feine menfd&lid& = niebriße ®rfd^einunß im ®eßenfa| ju feinem 

9lamen fte^t, fo bepelzt ber ©laubenöaft barin, bafe ber aJlenfd^ 

ben 3ißfwS t)on ®ott beißeießten Flamen bejaht, ate SRealität 

bel^anbelt, i^m ate bem in ©otteS SHad^t l^anbelnben ßl^riftuä 

. vertraut. S)arum bejiel^t ^ol^anneö bcfonberS pufiß baö ©lauben 

auf ben 5Ramen 3efu: 1, 12; 2, 2:); 3, 18; 1. 3o^. 3, 23; 

5, 13; Dßl. 20, 31. 

3)iefer ©ebraud^ beö 9iamenö ^efu fiä^liefet pd^ natürlid^ an 
ben ©ebrau($ beö 9iamenö ©otteö im 2llten 2!cftamcnt an: 



— 7G — 

Sörocl \)at n\(i)t ©otteä pd&tbore ©cöenroart, fonbcrn feinen 
Flamen bei fid^. ©benfo ift mit 3efu menf^lid^et Sltt bcr 5Rame 
bed ©o^neö ®otte« bem 3Sol! jum ©laubenögrunb gegeben. 
3)a ©Ott eö ift, ber il^m biefen Flamen ^ab, fo glaubt ber 
3Renfdb an @ott, inbent er an S^f« ©otteöfol^nfd^aft gl^^itf^t/ 
foroie 3Serneinuna ber 3Reffianität S^fu Unglaube gegen ©Ott ifi.^) 

3)afe ©Ott 3efum feinen Sol^n nannte, alfo il^n burci^ 
fein aSort ju feinem ©o^ne mad^te, bieö ift baö 3^«Ö^i^ 
©otteö für Sefuö. 2)er 3«fö"^tti^»^öng, in raeld^em im erften 
Sriefe 5, 9 ff. oon ©otteö B^^Ö^i^ ^^ 3^f«ö gefprod^en mirb, 
jeigt, baj5 ^o^^önneö tooI^I junä($ft an bad bei ber 3:aufe über 
3efuö gefproc^ene 2Bort backte, meld&eö bie ©gnopti?er berid&ten. 
©Ott tritt junäd&ft für i^n burd^ fein SBort ein. SDie ©otteö-- 
fol^nfd&aft 3efu wirb nid^t etma al« in ber B^^^^^f^ Kcgenb 
augefel^en, nur liegt pe gcgenroärtig aufeerl^alb menfd&lid&er (St- 
fal^rung unb ift nur ©Ott aufgebedt. 3)e«^alb ifi ©Ott ben 
SKenfcben gegenüber ber ,,3^wge" ber ©otteöfol^nfd&aft 3efu. 
S)aö „3cu6"tö" ©otteä aber forbert t)om aWenfd^en ,,©laube". 
greili(^ befdöränft ftd^ ©otteö 3eugnid für 3efuö nid^t auf 
fein SBort, eö tritt baju 3efu SBerf, ogl. im ©oangelium 5, 32 
mit 58. 36. 3)ieö wirb im erften 33riefe 5, 11 f. ba^in erläutert, 
baj5 baö burd^ Qefuö vermittelte emige 2tbm ©otted 3^«9"i^ f^^ 
Sefuö ift. 

3n berfelben aSeife, mie ©Ott ber 3euge 3efu ifi, ifi 3efuÄ 
©otteö 3euge, 3, 11. 32; ogl. 18, 37, berfelbe äuäbrud aud^ 
8, 14. Seibeö l^ängt innerlid^ jufammen. äuö bemfelben ©runbe, 
ber für Sefuö ein 3««9«i^ ©otteö nötig mad&t, l^at 3iefuö ben 
3Wenfd&en gegenüber bie (Stellung eineö 3cwgen. SSermöge ber 
9iä^e bei ©Ott, bie il^m ein ©el^en unb ^ören ©otteö möglid^ 
mad&t, ift er ben aRenfd&en gegenüber, benen ©Ott t)erborgen ift, 
3euge. 3n bem SBorte liegt aber ebenfo mie in ber Slnmenbung 
beöfelben auf ©Ott ber ^inmeiö barauf, bafe 3efUd burd^ fein 
SB ort für ©Ott eintritt. SDa er nid&t in ber ©rfd^einung beö 
©otteöfol^neö, fonbern al« aJlenfd^enfinb auftritt, fo ift bie gorm, 
in ber er ©otteö ©egenmart, aJlac^t unb ^^nlid^feit benjeift unb . 



1) e§ ift Ilar, bag für go^anncö oße§ barauf ontontmt, bog 3cfug 
ben tarnen he^ ©ol^neS (Hottet ni(]^t öon bcr ©cmeinbe atS ein „Söert«' 
urteil", fonbcrn öon (äJott empfangen l^at. 



.— 77 — 

Dcrmtttclt, baö SBott. SJcörocgcn rcd^nct aud& Scfuö auf ©lauten. 
SDa er burd^ fein 2Bort für (Sott eintritt, fo ift ein ©laube an 
Scfuö ©laubc an ©ott unb bie aSerroeigerung beö ©lauben« 
3cfuö gegenüber Unglaube gegen @ott. 

Site ber 3Kenf $enf ol^n , beffen ©rfc^einung mit bem i^m 

gegebenen Slamen beö ©ol^neö ©otteö in ©pannung ftef)t, bebarf 

3efuö ber ©rp^ung, burd& roeld^e jene ©pannung aufgel^oben 

Toirb. S)ic ®r^ö^ung 3efu ift nid&t räuntlid& t)orgefteIIt, fonbem 

qualitatio, ebcnfo n)ie bie 33erl^errli(;^ung. ©rl^öl^t mufe Sefuö 

werben, bamit er jum Duell beö eroigen SebenS für jeben 

©taubenben roerbe/) 3/15. SDurd^ 3efu ©rl^öl^ung wirb feine 

göttlid^c ©cnbung offenbart, 8, 28. SBenn er erpl^t roirb, roirb 

CT atte ju fid& }iel)en, 12, 32. S)er ^inauftritt ^efu ju ©Ott, 

fein Slütftritt in bie 3Serborgen^eit roirb int (Soangeliunt niemals 

als ©(ä&ranfe, alö 6rf(ä^roerung feiner SBirffamleit, fonbem regel- 

tnäfeig aU ©rroeiterung unb Steigerung berfelben, b. f). alfo alö 

®r^ö^un0 gebadet. 

S)er 9iücftritt ^efu ju ©ott entjie^t i^n freilid^ ber ffia^r:: 

ne|mung ber SBelt, aber nid^t bem „©el^en" ber ^ö^Ö^^/ 14, 19. 

©ie werben feine ©inl^eit mit ©Ott, feine ©egenroart in il^nen 

unb t^r ©ein in '^t^w^ crfennen, 14, 20. 2)ie (grl^ö^ung Sefu 

bebeutet feinen aSerlufi für bie 3üi^9<^/ fonbem einen ©eroinn, 

16, 7. 3)a Sefuö jum SSater gel|t, fo roirb ber an H)n 

©faubcnbe nid&t nur biefelben, fonbem größere SEBerfe alö S^fwö 

tl^un, 14, 12. SRa(3^ ber 2)arfteEung beö ©oangeliften l^at gefuö 

feinen eigentlid&en ®rfolg, bie ©rünbung ber ©emeinbe, bie 

„grud^t" feineö 3Birfenö, niemalö alö baö Slefultat feiner irbifd^en 

SBirffamfeit erroartet, mit berfelben Seftimmt^eit aber alö bie 

^mäit ber an i^n ©laubenben in aiuöftd^t geftettt, 4, 38; 12, 24. 

Säie ©Ott l^inter ^^f^^ jurüdftritt unb i^m bie aSoHenbung 

feineö aSerfeö überläfet, fo vermag auc^ 3^f«^ ^dnm Jüngern 

^'c „größeren Söerfe" ju überlaffen. ©Ictd^rool^l bleibt er felbft 

ä^nlid^ roie ©Ott in il^m in feinen Jüngern ber 3Birlenbe. 

2)ie aSerl^errlid&ung 3efu ift aber nid^t nur oon fubjeftioer 

Sebeutung für bie ^jünger, nid&t nur ©rfenntniögrunb für bie 

©tettung 3efu, fonbem von objeftioer unb realer Sebeutung 

für 3efuö felbft. Siegelmäfeig roirb Sefu ^inauftritt ju ©ott 



•) ^V €<iU(o gu r/V ^Q^- ^^^6 S- ö- @t. 



— 78 — 
olö Sebinftung für bic ©cßcnroart beö ©cificd befd^ticbcn. 

1, 39: ovTKo yuQ r^v nvsvjna, ort ^Irjaovg ovtko iSo'^aadTj, 

SDicfcö SSJort erläutert [xi) bur(i 16, 7. 3efu ©rl^öl^ung ift bie 
SBebingung ber ©egenioart beö ©eiftcö in ber SBBelt. S)er ©e- 
bonfe ift in leiner SBeife pf^d^ologifd^ beßrünbet, fonbern objeftit), 
d^riftoloftifd^. 3)urd^ 3efu ©rJ^öJ^ung ifi feine 9Bir!famfeit beö- 
wegen gefteigert, weil er am Drte ®otted fielet. @r ift ben 
©einigen gegenüber nid^t mel^r äufeerlid^, fonbern, ba er an 
©otteö 3)afeindn)eife teilnimmt, innerlid^. 3)arum wirb er ben 
Jüngern burii^ feine ©r^öl^ung näl^er gerüdt: er ift nunmehr 
„in" il^nen, unb pe „in" il^m. Slbfifttliii^ roei^feln bie Sc? 
jeid^nungen: „id) in eud^" unb „il^r in mir", ba bie ^taum? 
Dorftettung nidfet genügt, um bie ©teDung 3efu auöjubrücfen. 
©ie mirb burd§ lofale SBenbungen audgebrüdt, ba fie etnft^of/ 
unb realiiiif(i& gebadet ift. 3iefus ifi burd^ feine ©rl^öl^ung raum^ 
frei geworben, l^at teil an ber 2lllgegenmart ©otteö. 6r umfänßt 
unb burd^maltet bie ©einigen. SSBeil nun baö SBalten 3^w unb 
beö @eifteö niemalö audeinanbertreten , fonbern }ufammenfaQen, 
fo gut afö baö aBirfen 3efu unb ©otteö, fo iji bie ©rl^ö^ung 
3efu aud& für baö SBirfen beö ©eifteö eine ©pod^e. 3nbem 
Sefuö in ben Jüngern gegenwärtig ift, ift ®eifi ba. 6r fommt 
im ©eifte. ©rft burd^ SSefu neue innerlid^e ©egenmart in ben 
©einigen ift ber ©cift ©otteö bei il^nen. 

SDurdö feine ©r^ö^ung ift Sefuö ©cifi, wie ©ott ©eifi ift. 
3)aö bebeutet freilid^ plr 3iefuö ebenfo wie für ©ott weit me^r 
alö ben ©egenfafe gegen 3Baterialität unb räumlid^e Segrenjtl^eit. 
3)afe ©Ott ©eift ift, bat jur golge baö nQogxwstv iv nvsv^axi 
xai dXsi&ua, 4, 28 ff. ©ewö^nlid^ beutet man biefeö 3Bort fo, 
bafe auö ber unräumlid^en aittgegcnwart ©otteö bie Snnerlid&feit 
beö aSetenö folge. ^) 2lllcin nvsvfia l^at beibe aKaie benfelben 
©inn, unb h nvBv^ari ift bie befannte 3Benbung, bie oom 
©eifte ©otteö fprid^t: ©otteö ©eift ift ber ma^re Drt ber Sin:: 
betung. S)er ©ebanfe, bafe man ©ott fud&en ober fid^ ju i^m 
erl^eben müjfe, wirb befeitigt: ba ©ott ©eift ift, fo fi^afft er im 



') SSgl. j. §8. 2Bci6 j. b. ©t : „2)ic ^nbchmg ift nid§t eine X^ätigleit, 
tt)e((^e in finnlid^cn §anb(ungen, öJcbörben, Zeremonien, ^t\U unb Drt§^ 
befd^ränlungen, überl^au^t im QJcbiete beS ©innlid^en gefd^ie^t, fonbern fie 
öoßäiel^t fid§ in ber ©|)§äre beö öJeiftigen, baö in feiner reinen Snnerlid^tdt 
öon aHen fol(^cn 33ebingungen unabpngig ift." 



— 79 — 

üKenfd^en, inbcm er il^n in ^iä^ l^mcinjicl^t unb ifjm inncrlid^ 
flCßenroäTlig wirb, fclbft baö @ebet. Sluö feiner ©egcnroart beim 
3Kenfd^en entfpringt bas ®ebet. ©ebet entfielet ntd^t baburd^^. 
bo§ ber 9)?eufd& ju ®ott fommt, fonberu babur(|, bafe @ott jum 
3Renf(J^en lommt. 

35ie8 SBort erläutert, was es für bie ©emeinbe ju bebeuten 
l^al, ba§ 3efud burd^ feine ©r^öl^ung ©eift geworben ift. ®S 
bebeutet nid^t nur feine unräumlid^e ©egenwart, fonbern feine 
roirlfome 3Kad^t. ^nitm er il^nen nid^t mel^r äufeerlid& gegen^ 
ilbetftcl^t, fonbern fle in fi^ aufnimmt, greift er mit fd^öpferifd^er 
Waä)i geftaltenb in il^r S^nenleben l^inein. 3n il^m ift nun 
®otteS ©eift In il^nen. S)arum wirft ber ®rl^öl^te mel^r, afe 
SSefuiJ in feinem gleifd^eöleben. 

®inen Slnftofe giebt Sefuö nid^t nur inxö) feine bem 
iübifd^en ßl^rifiuöbilb miberfpred^enbe, menf^Ud^e 2lrt, fonbern 
au^ burd& fein Sßerl^ältniö jum ©efefe. S)er aus 3efu greil^eit 
t)om ©efefe entfpringenbe Slnftofe wirb naä^ ber 2lrt beö gol^anneö 
an einem Seifpiel erläutert unb an baöfelbe ber l^ierauö ent^ 
fpringenbe 33rud^ angefnüpft.^) 

Seine greil^eit üom ©efefe begrünbet Sfefuö nid^t etwa burd^ 
ein bas ©efefe entmertenbed Urteil, fonbern attein burd6 einen 
^inwetö auf feine ©emeinfd^aft mit ©Ott. ®r wirft, weil ©Ott 
wirft. 2Beil fein 2:^un burd^ ©otteö 2;^un begrünbet ift, fo ift 
ber 33ru($ bed ©abbatl^geboteö für il^n feine ©ünbe. S)a bie 
am ©abbatl^ gef^el^ene 2^l^at ein SBunber ift, fo ift fie ein 
Seugniö ©otteö für il^n. Dl^ne ©Ott l^ätte er fie nid^t ju ll^un 



1) SBcisfädcr bcmcrtt ^icrju <B. 521: „^bcr ba§ ift avtäj qUcS, wa§ 
no^ cinigcrmaSen an jene (Streitig!citen erinnert. Unb ntd^t nur tiefe finb 
in ben §intergrunb getreten, fonbern wa§ bie ^auptfac^e ift, 3efu§ felbft 
l^at überl^aupt !eine ©teHung gum @efe^, e§ ift für il^n nic^t öorl^anben . . . 
^nx in einer 3eit, bie ben Äampf unb bie grage be§ ®efe^c§ ööKig l^inter 
fid^ l^atte, tonnte biefeS S3ilb öon 3efu§ entworfen unb biefe ßel^re öor^ 
getragen werben." W)tx Aap. 5 nimmt bei gol^anneS leine untergeorbnete 
(Stellung ein, bie gan§e 9lebe Qefu ift bur(3^ feine greil^eit öom ^efe^ 
bcranlagt unb begrünbet. ^iefelbe unb ha^ Kapitel geigt, wie eS baburi^ 
5um S3ru(3^e !am. gerner wirb in Aap. 7 ber tonpt be§ 5. ^ap. wieber 
aufgenommen unb ^a}p. 9 bringt no(3^ einmal einen ©abbatl^tonflüt. 5ln^ 
9efi(3^t§ biefer ©ad^lage muß man SöeigfödferS 33e]^auptung grunbloS nennen. 



— 80 — 

t)crmo(|t, in il^rcr löunbctl^aftcn SKrt trägt ftc mit betn SKctf- 
mal bcö göttliij^cn Urfprungö aud^ baä 3^^^^^ ^^^ göttlid^cn 
SRc(3^ted an \xä): fic fonntc nid^t im ©cgenfafe gegen 
®ott, fonbcrn nur in ber t)ölligcn 2lbl^ängig!eit x>on xf)m ge- 
f(^e^en. ^t^u^ erfäl^rt nid^t ans bem ®cfc| ben SBitten ©otteö 
unb bie Siegel feines SBirfenS, fonbern burd^ feine birefte, bur(^ 
bas ©efefe ni^t »ermittelte ©emeinf^aft mit ©Ott. 3)ie ©eroöl^r 
für bas JRed^t feiner ^l^at liegt alfo ni^t in il^rer Überein- 
ftimmung mit bem ©efefe, fonbern in ber SReceptioität 3efu ©Ott 
gegenüber, ^nbem er nur tl^ut, moju ©Ott i^m eintrieb unb 
Äraft giebt, ift er geroife, in ber öal^n bes SBittenS ©otteS ju 
bleiben, hierin beftel^t feine grei^eit üom ©efefe. S)ie Se^^ 
grünbung berfelben in feiner 3lbl)ängigfeit oon ©Ott erl^ebt il^n 
über bie ©efal^r, burd^ feine grei^eit t)om ©efcfe fid^ aud^ von 
©Ott JU emancipieren. 

3n berfelben SGBeife wirb ^efu greil^eit 8, 35 beftimmt. 
2lls ber ©ol)n ift er ben Äned^ten gegenüber ber greie. S^bem 
bie Unfreiheit beS Äned^teS burd^ ben ©egenfafe feiner Stellung 
JU ber bes ©ol)neS erläutert wirb, mirb flar, ba§ bie fj^eil^eit 
in bem SSer^ältnis ju ©Ott gefel)en wirb. SBie bie Unfreil^eit 
beS Äne(^teS bamit befd^rieben mirb, ba§ er nidfet immer (m 
^aufe bleibt, fo foff mit ben SBorten, bafe ber ©ol)n auf immer 
bleibt, beffen greil^eit bejeid^net merben. ©ie befielet in ber 
greil^eit oon jeber il^n oon ©Ott fd^eibenben ©darauf e, in ber 
ungei^emmten , bauernben ©emeinfd^aft mit ©Ott, bie aud^ in 
feiner irbifd^en ©jiftenj nid^t befd^ränft ift: er „bleibt in bes 
aSaterS ^aufe". 

5DaS aSerpltniS ^icfu jur altteftamentlid^en Offenbarung ift 
aber burd& feine greil^eit oom ©efefe nur nad^ einer ©eite l^in 
beftimmt. 2lnbrerfeits betont ^efus ben ftrengften 3wfönimen= 
l^ang jmifd^en ber in ii^m oorl^anbenen Offenbarung unb ber alt^ 
teftamentli(|en. 3n biefer öejiel^ung ift ber ©d^lu§ ber Siebe, 
bie fi($ an ben Äonflift mit bem ©efefee anfnüpft, entfd^eibenb. 
S)ie SRcbe fd^liefet 5, 45—47 bamit, bafe nid^t bei Sfefus, fonbern 
bei ben ^uben bie Übertretung beS ©efe^es ift. 2)er ©ebanfen- 
gang ift genau berfelbe mie 3Kattl^. 23. SBie bort ber 35rud6 
mit ben ^l^arifäern abfid^tlid^ nid^t burd^ il)ren ©egenfafe 
gegen SefuS, fonbern burd^ il^ren aSrud^ beS ©efefeeS begrünbet 
mirb, fo auc^ in ber bei Sol^anneS gegebenen Siebe. S)ie in ber 



— 81 — 

Stblel^nung 3efu ttcöenbc @(36ulb finbet f(i^on in 3Kofeö il^ren 
jllägcr. 2)ctttt bcr Unglaube 3efuö gegenüber l^at feinen 
©runb im 3Kangel beö ©laubenö an 9Kofe§. S)ie ©teile 
liat 7, 19 eine 5ßaraIIele, weld^e jeigt, ba§ eö ftd^ nid^t nur 
-um bcn Unglauben an bie mejftanifd^e 3Ser^ei§ung ^anbelt. 
®ort lautet ber SBorraurf, ber ben ©egenfafe gegen 3efu§ 
erflärt: 9iiemanb t)on eud^ tljut baö ©efefe. ©o ift axiä^ 
5, 46 ber Unglaube gegen 3Kofeä ber umfaffenbe 2luSbrudE für 
bie 9li(ä&tad^tung feines SBorteö: 2)aä Übertreten beö ©eboteö ift 
Unglaube gegen ben ©efefegeber, 5Der ©oife, bafe ber Ungel^orfam 
gegen 3Kofe§ bie ©d^ulb ift, burd^ bie Sefuä unüerftänbli(i& wirb, 
^at jwr Äel^rfeite ben anberen, 7, 17, bafe ber, ber @otte§ SBillen 
tljun roiff, ben göttlid&en Urfprung ber Seigre 3efu erfennt. 
3cfus ^ai alfo 3Kofeö unb bad Sitte SCeftament für rt4 e^^^eilid^ 
giebt es eine falf(3^e ©ci&äfeung be§ SKlten 2^eftamenteö in ^öraet, 
bie fld^ in ber 9Jleinung jeigt, „in ben ©d^riften eroigcö Seben 
^u l)aben", S)iefer 3Sorn)urf erflärt jt($ barauö, bafe man bie 
?Btrfung be§ ©eifteö auf bie ©rjeugung beö ©d&riftn)orte§ be- 
jiiötänfte, roeölialb man mit bem ©eift and) baö emige Seben im 
33u(3^e fud^te.O 

3öie aWofeS ftel^t aud^ 2lbral)am auf 3efu ©eite unb freut 
^ an 3efu „2:ag", 8, 56. 35aö pofttiüe SSerl^dltniä jroifd^en 
2Wofeä unb ^efuö wirb 1, 17 in ben ©afe gefaxt, ba^ burd| 
STOofcö baö ©efe| gegeben mürbe, mälirenb baö SBerf 3efu barin 
befleißt, baj3 bie ©nabe unb bie SBal^r^eit burd^ il^n „mürben", 
b. f). al§ mirffame Gräfte in ben ©efd&id^tslauf eintraten. S)urd6 
3Jiofeö tritt ber forbernbe SGBille ©otteö, ber ba§ ^anbeln Dom 
3Wenfd^en erwartet, burdö S^f^^ "^^^ gebenbe SBiffe ©otteö, in bem 
©Ott felbft ber ^anbelnbe ift, unb mit il^m bie SBergebung unb 
bie SBal^rl^eit in bie SBelt ein. 

SDie Slnfnüpfung an baö Sllte 2^eftament liegt fd^on in ber 
Übernahme beö 6f)riftuönamenö unb jeigt fid^ in bem burd^ ba§ 
ßüangelium fid^ l^inburd&jiel^enben ©d^riftbemeiö. SBie ber Un- 
glaube ber Suben mit ^efuö aud^ 3Kofeö trifft, fo glauben bie 



M W- <ö(3^tatter, ^et erlaube, 2. 5lufl., @. 17: „Snbent ber ©eift 
ni(ä§t anberS tt)irljatn gebadet toixb, al§ fo, baß er hie 6(^rift infpiriert, 
roirb nid^tS ®anjc§, nid^t bie ©inl^eit unb S^otalität einer lebenbigen QJe* 
ftaltung öon il^m erwartet, ©eine @abe ift etwas SJereinjelteS unb bleibt 
über ber ^crfon unb il^r fremb." 

8 U t g e r t , ^ie iol^. e^nflologie. 6 



— 82 — 

Sünger, inbcm jte an S^fu SBort glauben, aud^ an bic ©d^rift, 
2, 22. 2)ic ©d^tift fann ni(^t aufgelöfl werben, 10, 35. Über 
ben Qa^ unb bie 3Setlorenl^eit beö 3nbaß ttöftet fid^ Sefuö 
bamit, bafe bieö gefd^al^, bamtt bie ©d^rift erfüllt werbe, 13, 18 ; 
17, 12. S)er 33eleg bafür, bafe ber aSerrat nid&t auö bem 
3lal^men beö SBittenö ©otteö l^eraudfättt, liegt bar in, bafe er 
geroeiöfagt ift. 

3fleben bie Seugnung beö gleif(^eö 3efu [teilt ber erfte 33rief 
bie Seugnung feines 33tuteß, 5, 6. S)aö kommen 3efu burd^ 
SBaffer, b. i). bie öebeutung feiner 2^aufe unb alfo ber ©eifteö^ 
mitteijung, leugnen bie Slntid&riften nid&t, aber im S^f^w^w^^w^ 
l^ange mit ber SBerleugnung feiner aKenfd^l^eit leugnen pe baö 
kommen 3efu burd& 33lut, b. \). bie öebeutung feineö ©terbeinö. 
©ein 2;ob fommt in biefem ©ebanfengange als bie Äonfequenj 
feines kommend im gteifd&e in 33etrad6t. 2)ie ©miebrigung, bie 
l^ierin liegt, finbet in feinem ©terben il^re 3)urd^fül^rung unb 
i^ren 3lbfd&lufe. ©o gut Sefuö als ber ©ol^n ©otted im 
gleifd^e fommt, fo gut finb nid^t nur ©eift unb SQBaffer, 
fonbern a\x6) fein 33lut baö B^^öwis für feine aWeffianität. ©ein 
©terben fielet fo wenig aU fein %Ui^^ im ©egenfaft ju feinem 
©eiftbepfe. es ift ebenfato ©otteö Beugniä für 3efu ©otteä:= 
fol^nfd^aft. ©benjo wie baä gleifd& 3efu überl^aupt entfpringt eö 
bem ©eifte. SBie ber ©eift in laufatem aSerl^ältniö jur ganjen 
menfd^lid^en 2lrt Sefu fte^t, fo aud& ju feinem ©terben. 

2lu4 im 6. Äapitel beö ®t)angeliumS ift eö fd^merlic^ }u= 
fällig, Da6 bie für bie menfd^lid&e 3lrt gebräud&lid^e gormel: 
5leif(^ unb a3lut — getrennt wirb, inbem junad^ft nur x>om 
©ffen beö gleifd^eö unb bann üom ®ffen beö gleifd^eö unb t)om 
Xrinfen beö 33luteö bie SRebe ift. 3)iefe getrennte ißert)orl^ebung 
ber beiben einjelncn ©lemente beö menfd^lid^en SBefenö wirb bie« 
felbe 33ebeutung ^aben wie bie a3etonung beö 33efenntniffeö jum 
a3lute ß^rifti neben ber SBarnung t)or ber Sßerleugnung feineö 
gleifd^eö. S)er @t)angelift benft aud^ im 6. Äapitel an ^t\\x 
Xob, burd^ ben ^J^eifd^ unb 33lut gefd^ieben werben, ©ein 
gleif^ ift beöwegen lebenfd^affenbe 3Kad^t, weil eö il^n jum 
2'obe fü^rt: alö ber ©terbenbe bringt er ber SBelt baö 2tbm. 
2)aö %Ux'\ä^ '^t^n ift bemnad^ für ben ©oangeliften bebeutfam 
alö ®rmöglid^ung feineö ©terbenö: in feiner SBeife brüdt er 



— 83 — 

bicö burd^ bic lufnal^mc ber gormcl „fjlcifd^ unb SSlut" aus. 
6ö ift alfo fcincörocflS tid^tig, bofe nad6 il^m baö %ki^ä) Sefu 
nur ba§ 3Jtittel bcr Offenbarung feiner ^crrlid^feit fei.0 SSicl- 
me^r Derfolgt aud^ Sol^anneö wie bie ©pnoptifer jwei Stellten 
Don aWcrftnalen an Sefuö, bie SHerfmale feiner aWad^t, feiner 
ioerrlid&feit unb bie feiner ©d&roäd^e, feines gleifd^es. 2)ad 
f^Ieifdö ift wie eine Offenbarung, fo aud^ gleid^jeitig eine 3Ser- 
l^üHung ber ^errlid^feit S^f^- biefelbe leud^tet nur in feinen 
S^l^aten unb SBorten burd^ baS t)erl^üttenbe gleifd^ l^inburd^. Unb 
auf biefc ©eite ber aWenfd^l^eit 3efu fällt atterbingS bei Sfol^anneö 
ein fiarfcr %on. 



») ©0 i. ». »arbenf|)ergcr. 



6 



4. ^Raptfel. 

bapcl)t, toirb ni^t nur fotmcll bcftimmt, aU ©cl^orfatn gegen 
©Ott, fonbern, ba ©ottcä SBittc Siebe ift, inJ^altliil ate SieBe, 
unb jttjar junäiä^ft alö Siebe gegen ®ott, 14, 31. ^n biefer ffi 
fein ®el)orfam gegen ©Ott begrünbet unb butd^ ba§ Sewa^xen 
ber ©ebote ©otteö bleibt er in ber Siebe ©otte§. Slud^ ble 
Siebe ^t\\x ju ©Ott fielet unter berfelben Siegel, unter ber bie 
Siebe ber ^Kenfd^en ju ©Ott fielet, gür bie ©emeinbe gilt, baj5 
baö Siebeäüerl^ältniö ju ©Ott nid&t t)on unten l^erauf entfielet, ate 
würbe bie Siebe ©ottes in il^m burc^ bie Siebe ber 3Kenfd&en 
tieroorgerufen. SBielntel^r entfielet alle Siebe t)on oben l^erunter, 
bie ©ottl^eit ©otteö, feine übergeorbnete Stellung, bleibt geroal^rt. 
©otteS Siebe erroedtt bie Siebe ber 3Renf(ä&en ju ©Ott unb untcr= 
einanber, 1. ^ol^. 4, 10. Um beötoiffen gebrandet gol^anncö 
ftänbig ben 3luöbrudE: bie Siebe ©otteö. OTeö, roaö t)on Siebe 
ejiftiert, ift ©otteä ©igentum, weil fein SBerf. S)a baö Sieben 
ber 3Renfc^en t)om Sieben ©otteä abpngig ift, fo erlifd&t bie 
Siebe be§ 3Renfd&en baburc^, bafe er ou§ bem Äreife ber t)on 
©Ott ©eliebten l^erauäfättt unb umgefel^rt: bur(i^ baö ©rlöfd^en 
feiner Siebe fällt er auö ber Siebe ©otte§. S)Q^er ber fd^einbare 
S)oppelflnn ber gormel: bleiben in ber Siebe ©otteö, ober: S)aö 
bleiben ber Siebe ©otteö im 3Renf($en, moburd^ fowol^l bie 
SDauer feines eigenen Siebenö als fein Sleiben im Greife ber 
Äinber ©otteö be}ei(|net wirb. 

3lu($ atteö Sieben 3efu ifi burd^ ©otteö Siebe ju il^m 
begrünbet, 3,35; 10,17; 15,9; 17, 23 ff. Sefuö ift ber 
birefte ©egenftanb unb ©mpfänger ber Siebe ©otteö. 2llö 
Sufeerung ber Siebe ©otteö jur SBelt wirb regelmäßig bie 
©enbung ^efu bejeid^net: barin offenbart fie fid^, 3, 16; 1. 3ol^. 



— 85 — 

4, 9. S)ic Siebe ©otteö fommt burd& ben Sol^n in bie SBelt. 
SDie gießel, bofe ber, bcr @ott liebt, aud^ \>k SBrübet liebt, gilt 
aud^ für 3cfud. 3)arum ift boö ©ebot @otte§ an Sefuö bie 
ßiebeöübung: SB3ie @ott Sefum liebt, fo liebt Sefnö bie ©einen, 
15, 9. ©0 ifi Sefud ber SBermittler bet Siebe ©otteö an bie 
SBelt. 6r ifi aud^ ber SBetmittler bet Siebe ber 3Belt ju @ott. 
2Ber ^efuö liebt, ber wirb üon ®ott geliebt, 14, 21. Snbem 
Sefuö bie Siebe ber 3Kenfd&en auf fxd& jiel^t, jiel^t er bie Siebe 
©otteö auf bie 3Renfd^en. SB3er Sefum liebt, ben üerniag @ott 
JU lieben, ba et burd^ bie Siebe ju 3efud „an baö Sid^t fomntt", 
im Unterfd&iebe r>on benen, bie „bie ginfiernid mel^r liebten, aU 
ba§ ßidjt." 

3fn ber Siebe 3efu ifi unbegrenjte SEBiUiöleit jut ißülfe mit 

unbefcä^ränfter ©rmäd^tiflung ju berfelben geeint, wie fie ft(^ in 

bem Slnetbieten äufeett: aSätefi bu mid&, fo gäbe xä) bir, 4, 10. 

S)ie ßiebe ift beömegen bie einjige öebingung ber ®abe, ja bie 

%ot otlein aud& ol^ne Sitte ifi il^t auöteid^enbeä 3Kotit): 2)er 

fttanfe am Xä^, 5, 1 ff., mirb gel^eilt burd^ 3efu fpontaneti 

»tten. SDie unetfd&öpflid&e SBittigfeit Sefu jum ©eben brädt 

So^anneö mit ben 2Borten au§, ba§ bie jünger „@nabe um 

©nabe" von xi)m empfangen l^ätten. ®r gab nid^t, um bem 

Segel^ten unb ©eben ein @nbe ju mad&en, fonbern um ein 

immer neueö a3egcl^ren ju wedfen unb ju befriebigcn. ©ein 

&eben erjeugte fid& fietö burd& fid^ felbfi. 2)aö SBerl^ältniö von 

bitten unb ®mpfangen erlifd&t ni^t, fonbern fe|t fxd& bauernb 

fort, ba 3efu ßiel nid^t nut bie fad^lid^e ^ülfe, fonbetn bie 

Sinbung be0 Süngerö an feine 5ßetfon ift. ©eine abfolute 

SBittigfeit jum ®ebtn, bie im öebütfniö il^ren einjigen ©runb 

l^at unb auf bie ©rmecfung beö öegel^renö ausgebt, um eö ju 

ftiHen, brüdft 3efu0 in bem SBort 7, 37 auö: 3Benn jemanb 

butftet, fo fomme et ju mir unb trinfe. 3)ie ©igenart feiner 

Siebe befleißt barin, bafe fte fid& am 3Wangel entjünbet unb in 

il^m il^r oott jureid&enbes 3Kotio l^at, ba berfelbe baö öegel^ren 

auö bem 3Kenf^en l^enjortreibt. 

SBäl^renb in biefem SBorte bie unbefd^rönfte ©nabe C^rifti 
in bem SRuf ju fid& l^in fid^ äußert, mirb fie 6, 37 in bie SBorte 
gefafet, bafe er niemanben, ber ju i^m fommt, l^inauöftüfet 3)aö 
J^ommen ju i^m ift bie einjige unb t)öüig genügenbe öebingung 
ber 3lnnal^me. SBeibe SBorte l^aben baä miteinanber gemeinfam 



— 86 — 

bafe Sefuö feine Siebe nl(3^t barin äufeett, bafe et ben S!Renf(|cn 
nad^gel^t, fonbctn boirin, ba§ et jte ju ft(^ tuft obet ju ftd^ 
fommen läfet. ©eine Siebe fpti(^t 3efud babut(]^ aus, ba§ et 
fein mefftanifd^eä Slmt but(| ba§ a3ilb beS ißitten batfiettt. S)aö 
33ilb jeigt, waö et als fein 3^^^ ctgteift: afä bas eißentliiä^c 
aSJcfen feines ©l^tiftuSamteö fielet et nid^t basr©ebieten an, fonbctn 
bas ©eben. 3lls ißett bet aWenfAl^eit ift et bet, bet fie fd&üfet 
unb üetfotgt. ®t ift xi)x baju ^eQ^ben, um fie üon bcm %m\el 
JU ettettcn unb ju „fpeifen". ©einet Siebe entfptid^t bie SEBittig^ 
feit, mit bet il^m bie ©einen folgen, ol^ne bafe es bes Stt^ö^Ö^^ 
bebatf: bet 3^0 f^ßt anfd^aulid^ bie gteil^eit bet ©emeinbe bat. 
SEBäl^tenb es im meffianif($en ©ebanfen liegt, ba§ baS SBolf unb 
bie 3Belt im ßl^tiftus il^ten ^votd ^at, um feinetroitten ejiftiett, 
um fein ©igentum }u bilben unb il^m ju bienen — liegt es 
anbetetfeits in bet 9ltt, wie fid^ ^efus ben meffianifd&en ©eboufen 
aneignet, bafe et in ben ©einen feinen 3^^^ P^^^/ fü^ ^^^ ^^ 
fein Scben unb feine 5petfon bal^ingiebt. S)iefe n)C(3&felnbe S^tU 
fe^ung ift bet Siebe wefentlid^. 

SBcil Sefus niä)t nut bem aWangcl, fonbetn bet ©ünbe 
gegenübetflel^t, fo witb feine Siebe jut SSetjeil^ung: et „tid^tet 
nid^t". ^ietbutdö fd^eibet et fid& t)on bet mef^anifd^en ©twattung, 
bie als ben 3n)e(f bes ©^tiftus bas ©ctid^t anfal^. S)aS SRid&ten 
3efu roitb nid&t nut fo beftimmt, bafe fein pofitiüet ^xozd baS 
©ttettcn bet SBelt unb bas ©etid^t nut ein t)on i^m nid^t beab^ 
ftd^tigtet, abet unüetmeiblid^et ©tfolg feinet SBitfenS fei. 3n ben 
SBotten übet baS ©etid^t 3, 17 ff.; 8, 15 ff.; 9, 39; 12, 47 
roitb am beutlid^ften 9, 39 bie ölenbung bet ©el^enben ebenfo 
ftlö Sefu ^kl genannt, mie bie ©tleud^tung bet Slinben. 3)ct 
35etjid^t auf bas ©etid^t unb bie 3luSübung besfelben tteten nid^t 
in einen fid& gegenfeitig auft)ebenben obet bef^tänfenben ©egenfafe 
JU cinanbet ; baS bejal^enbe unb baS t)etncinenbe Utteil übet 3cfu 
!Ri(^ten l^at oiclmel^t eine ^PataUele in ben SEBotten übet feine 
ißettlid^feit : wie et üetl^cnlid^t roitb, inbem et feine ißettlid^feit 
nid^t fud^t, fo tid^tet et, inbem et aufs SRid^ten üetjid^tet. S)ft 
SSetjid^t auf baS Sudeten bebeutet füt bie einen SRettung, füt bie 
anbetn ©erid^t. 5DaS ungel^emmte ©efd^el^enlaffen beS ööfen ifi 
einetfeits 3Setjei{)ung bcsfelben, anbetetfeits ©ttafe. S)et Sßetjid&t 
auf bas ©etid^t ift nid^t esd^atologifd^ gemeint, fonbetn ctflätt baS 
SSctl^alten ^efu in feinet itbifd^en ©jiftenj. S)ct ncgatioe 2luSbtud 



— 87 — 

^aroftcrifictt feine ^kffbudt bem ööfen gegenübeT: et oe^inbett 
eö nid&t, fonbent lä^t es gefdbeben. 2^iefer Segriff umfponnt ba« 
gtti^e aSet^Üen 3efu wob Mögt, h(j^ er bie SRenfiöi nidbt na* 
intern 3:^un be^onbelt, boft er fiilft, giebt unb rettet ungeadbtet 
bcS im 3Rmf<ibcn loirffamen SSöfeiL 3)ie Sünbe wirb il^m mit 
}um ©tunbc beö 9tidbtend, fonbem beö §elf«i«, beö ^Stettcns*', 
2)cnn 3efu £ie6eii bleibt niAt SSo^tiooOm, pafnoe @üte, fonbem 
es Dodenbet ^ jur SSot|[t^. 

9[u(ib f^ bQ4 ^^^onnedenongelium bebeuten bie ^Sunber 

3efu Snoetfe feiner Siebe, benn fie finb ©htubendmotioe. ^ie 

^ifferenj ^mifciben bem ^o^onne^oangelium unb ben S^noptüern 

in bcr Seurteilnng ber äSunber ^^u entfpriijt beö^alb genou 

ber SDiffereiq im @(auben^griff.^) @Iaube nennt ^ol^anneö 

ben erfolg ber 9Sunber gefu erft bonn, roenn fie bie grfenntni« 

jciner 3Refftanität ermetft ^oben. SJcdroegen ei^lt ;^ol^anned 

\olä^ 39Snnber, bie b(ö mefftonifcbe 3^^^ 3^f^ barftcHen, feine 

^enlid^teit fi(|tbar ma<j^. 2)ie Srotnermanblung f)at nad^ aDen 

©öangelien eine befonbere Sebeutung imb SBirfung gehabt. 

äud^ in ber f^noptifd&cn ©i^o^Iung bebeutet biefc "S^at me^r, 

üfe üe unmittelbar wirft. 3)ur(j& Re ftellt ft<6 3cfud ald ben 

SctjoTgcr be§ 3Soßeö bar, unb jroar ate ben, ber ed mit 

fd^öpfctif^er SKad&t fpeift, mie @ott Sdrael in ber aBüfle fpeifte, 

b. ^. er tritt ate ber @^rifhtd auf. SLudbrücfUd^ mad^en bie 

©pnoptifcr barouf aufmcrffam, bofe bicfc 2^^ot nid^t in einer 

3lot motiDiert war, ber nicbt onbcrd obge^olfcn werben fonnte, 

bQ§ ferner bie ®abe gcfu weit über bad Scbürfnid ^inaudging: 

ftc ^at alfo nid&t nur ben 3«^^^/ ^ölfc in einer augenblicflidien 

3lot ju fein, fonbem flc l^at ben Sinn, bie ß^rijiudftcttimg 3cfu 

ju jeigcn unb bie mefftantfc^e ißoffnung bcö SJolfed auf Scfum 

JU jie^en. 3)abci l^at bie Xf)at aber bodb nid^t einen f^mbolifd&en 

ß^arafter. 3l^r 2Bcrt befielt ni(^t nur in ber 2lnbeutung unb 

3)arficllung cincö ©ebanfenö. aSiclmel^r ftcHt 3efud fein Icftte« 

3icl nur burd& eine Xl^at bar, bie ben ©l^araftcr l^ülfreid^er 

Sicbeöübung l^at. aiUcin burd& feine ®abe jeigt er, bafe fein 

SBille unb feine 3Kaci&t weit l^inaudge^en über gclegentlid^e §ülfe= 

lelftungen in momentaner 5lot, unb beöroegen fein SBcrf J^inaud^ 



1) über bicfen öergtcid^e ©(ä^latter, S)cr Glaubt im 9Jeuen 3::cftament, 
<S. 112. 



— 88 — 

Tci(^t über bic bur(3^ bic 3tot geforbcrtc ißülfe. S)arum ruft l^icr 
bie 33itte nid&t bic Xi)at \)txvox, fonbcrn baö 3Bcrf fott bicö 
33e9ct)tcn auf il^n jicl^cn. 

©inen ä^nlid^cn ©inn l^abcn alle üon 3ol^anne§ berid^tetcn 
SEBunber. 9ln erftet ©teile bexiä^tet ^o^anneä ein SBunbet, baö 
unter flöttj äl^nti(3^en öebinflungen Qe^^kf)t 2)aß aSetJ^ältni^ 
t)on anta§ unb 2^at ift l^ier nod^ auffallenbet. 2)ie 2^^at teilt 
mit bet Speifung beö 3Solfe§ ben 6l^ara!ter ber SSetroanblung. 
3lu(^ bieö fd^lie^t einen ^inroeiö auf bas ^immelxtxä^ in ftd^: 
man ermattete im ßl^riftus ben aSermanbler ber SBelt: ba^ 
kommen beö ^immelrei^ö ift SBeltüerHärung. 3lu^ ber Um^: 
fianb, bafe bie ^^at jur J^eier eines geftes gef^iel^t, l^at beutlid^ 
eine aSebeutung, bie mit bem SEBort 3Jtattl^. 9, 15 ff. jufammen^- 
trifft: ber 6l^riftu§ bringt bie greube beä ^immelreid^S, für bie 
ba§ ^od^jeitöfeft ein ftel^enb geworbenes 33ilb ift. ®r l^ilft ni^t 
nur in ber 3loi, fonbern er giebt roeit mel^r, als burd& bie 3lot 
geforbert mirb, feine ®abe trägt nid&t nur ben ßl^arafter ber 
SBieberl^erftellung beö 2llten, fonbern ben Stempel ber 3)laä)t, bie 
5Reueö fd&afft. S)enn aud^ bas Äommen beö ißimmelreici&ö, ob- 
glcid^ burd^ ©ünbe, 3lot unb 2^ob vtxanla^t, ift nid&t nur 
SBieberl^erftellung, fonbern eine neue ©d^öpfung. 

2lm einfa(|ften jeigen bie ^^otenermecfungen bie ©inl^eit Don 
Siebedtl^at unb meffianif^er Äunbgebung im 3Birfcn 3efu: inbem 
3efuß bie 2^oten ermedt, tritt er als ber ßi^riftuS auf. Xnxä^ 
bie ^otenermedEung offenbart er fid^ als ben ©eber bes S^bens. 
2)ie 2)otenermecfung ift aber feinesmegs nur ein ©pmbol ber 
©penbung bes emigen Sebens. Sßielme^r gehört au^ nad^ 
So^annes jum ewigen Seben bie 3luferftel^ung. ©o gut er mit 
bem Swbentum unb ber apoftolifd^en ©emeinbe im ißimmelreid^ 
eine neue Slatur erwartete, fo gut ift bie bie 3flatur umfaffenbe 
3Bir!ung nidjit baS ©pmbol ber innerlid&en SBirfung 3efu, fonbern 
beren SBotlenbung unb Slbfd^lufe. 2)ie ^^otenerroedungen jeigen 
Sefum als ben ©eber bes üoUenbeten ewigen ßebens. ©ie jeigen, 
bafe bie ©tunbe „fd^on jefet" ift, in ber bie 2^oten bie ©timme 
bes ©ol^nes ©ottes l^ören werben. 

3n ä^nli(^er SBeife werben bie übrigen SBunber 3efu als 
2)arftettungen feines innerlid^en S^dt^ aufgefaßt, bie ißeilung beS 
ölinben als 3^i<^^«# ^^fe S^f^ö baS £id^t, bie ©peifung als 
3eid&en, bafe er bas a3rot bes SebenS ift. Slttein bie einjelne 



— 89 — 

%\)at tt»irb bamit ni(|t auf bic Stufe einer für fid^ tuertlofen 
©orftellung eineö ©ebanfens l^erabgefefet : fic ^at t^ren aBert 
aud^ für fid^ ate fonfrete ißülfeleiftung. 2lber biefe %\)at jeigt 
ftetö äugleii^ \)a^ über emjetnc ioülfelciftunaen J^inauöliegenbe 
3icl 3efu. Unb bic ^ülfe in äufeerer 3flot ifl beSroeflen mel^r 
olö ©pmbol beö gciftigen ^xtU Sfefu, weil fein lefeteö 3^^^ ®^ift 
unb 5Ratur umfafet. S)arum ift bie 3Raä^t über bie Jiatur 
©eroäl^r ber geiftigen 3Ka(ftt ^^fu. 

35er 33licf von ben einzelnen ^ülfeleiftungen S^fw biö l^in= 

auf ju feinem ei9entli(i6en ^id oeranlafet ben ©oangeliften, nid^t 

nur von ben einjelnen SBerfen 3^fw^ fonbern t)on feinem einen 

einl^citU(^en SBerf ju reben, 4, 34; 17, 4, SRid&t als jerflele 

bad eine SBerf 3efu in eine 3leil^e von einjelnen SBerfen/) afo 

loäre alfo bad eine SBerf bie ©umme ber SBunber ^cfu. %üx 

ben ®oangeliften befielet bie grud&t beS SBirfenö 3cfu nid^t in 

ben ©injelnen, benen er l^alf. 3Sielme|ir liegt ba§ SSerl^ältnid 

kr Dielen SBerle ju bem einen SGBerf fo, bafe [xä) in jebem 

SBerf bas eine aBerf Sefu barftettt. 2)iefeö SBerf ift (Sottet 

3Serf. 3efuö t)oaftredt ben aSitten ©otteö, er realiftert bai^ 

SBeltjiel ©otteö, ftettt biejenige SBeltgeftalt ^er, bie ber 2lbfid&t 

@otte§ entfprid^t. 2)er 2luöbrud fa§t bei ^o^anneö bie inner= 

licfee unb äufeere ©eite beö aBirfenö 3efu in ein aBort jufammen. 

3)iefelbe 3^f^wi^^"f^öw ^^^ geiftartigen unb naturl^aften 

SBirfungen bietet ber öegriff ber ^errlid&feit 3efu. aBie bie- 

felbe balb als gegenwärtig, balb als jufünftig bef(^rieben wirb, 

fo wirb pe aud& teils in naturl^aften, teils in geiftigen, innere 

lid^n aBirfungen erfannt. 2lu(3& bies ift für ben ©üangeliftcn 

fein aBiberfprud^. aBer in ben mobemen Sllternatiüen 3latur 

unb ©eift et^ifd^ unb metapl^pfifd^ u. f. m. benft, für ben be^^ 

l^alten äße ©ebanfengänge bes ©oangeliften etroaS Ungreifbares, 

Sd&illernbeS. 3lber barin jeigt fi^ nur, bafe für ben ©üangeliften 

biefe Sllternatiuen nid^t befleißen. 2)ie ©inl^eit ber geiftartigen 

unb naturl^aften ^[ufeerungen ber ißerrlid^feit liegt ni(^t etwa 

barin, ba§ für ben ®t)angeliften bie 5Ratur auf bie ©tufe eines 

©pmbols, einer für ft(^ bebeutungslofen 3)arftettung bes ©eiftigen 

l^erabgefunfen wäre; fte liegt in feinem ©otteSgebanfen. 2)ic 

bas 3«^^"^^^^^ geftaltenbe unb bie nad& aufeen tretenbe, bie 



') ©0 ^ol^mann, 447. 



— 90 — 

SRatut umfpanncnbc 9Mad^t fiettt ber ©oangelift im Scötiff bct 
iQcrrlid&fett als eine einl^eitltcä^c bar, rocil für ®ott SEBitte unb 
'S:f)at, 2Bort unb SEBcrf nid^t auöeinanbcr treten. S)er ®eift, ber 
©otteö innerli(i^eä 3Befen bilbct, ifi jugleii^ bad Organ ber 
fd^öpferifci&en naturl^aften SBlrfungen ©otteö. 3m Scbenötoerl 
3efu, tt)et($eö in „biefc SBelt" i^ineinfättt, treten bcibe ©eiten 
freilici^ außeinanber. aWit bem eroißen Seben tft bie Sluferftel^ung 
allerbinöö g^wä^rleiftet, aber nid^t unmittelbar gegeben. Umgefcl^rt 
ift burd^ bie Teilung beö natürlid^en ©ebred^enö ber 33tinbe xxoä) 
nid^t jum ,^8ici&t ber SBelt" gekommen. aiHein gleid^rool^l bcft^t 
Sefuö in feiner ^enlid^feit mit ©otteö ©nabe unb SBal^rl^eit 
aud^ feine 3Kad^t über bie Statur. 

2)od^ nennt ^ol^anneö in bem 3Borte, in bem er bie 
§errli(^feit 3efu burd^ einen umfaffenben auöbrud befd^reiten 
n)ill, abft(4tlid§ nicfit feine 3Ka(^t über bie 5iatur, fonbem feine 
©nabe unb SBafjrl^eit, 1, 14. ^n einen gcroiffen ©egenfafe jut 
natur^aften 3luffaffung ber ißerrlid&feit S^fw tritt baß SBort 
13, 31 f. Snbem 3efuö burd^ eigene 2^^at ben SBerräter ent^ 
fernt, fütirt er felbft bie ©ntfd^eibung feines S^obeögefd^ideö l^erbei. 
Sn äl^nlid^er SBeife roie 12, 31 mirb bie l^ierin liegenbe ©in:: 
roittigung ^efu in fein Sterben als ber feinen 2^ob begrünbenbe 
SBiUenöaft, fofern fein Xoi feine eigene 3;i^at ifi, als ber eigent* 
lid^e 3Jioment, in bem fein Sterben liegt, angefetien. S)ie Äraft, 
burd^ eigenen SBillen unb eigene 2;^at in ben Xob ju gelten, 
bilbet ^efu ißerrlid^feit. 35as SBBort erläutert ben ©ebanfen, ba§ 
feine ©nabe feine ^errlid^feit ifi. @s jeigt, mie raeit ber ©ebanfc 
fül^rt, bafe S^fu ^nxlidi)hxt in innerlid^em geiftigem SBefife befielet. 
3n bem @ntf(ftlu§ jum Sterben liegt bie größte 3Wad^t unb 
©nabe feines SBidenS jufammengefdöloffen : er ift eine Dffen^ 
barung feiner ißerrlid^feit. S^bem ber 9Moment aber als SBer^ 
^errlid^ung befd^rieben mirb, mirb bie ©inmilligung ^t^u in fein 
Sterben auf bie i^m von ©Ott gegebene Äraft unb ©rmäd^tigung 
jurüdEgefü^rt. 3^bem it)m ©ott bie gäl^igfeit unb aBittigfeit 
jum Sterben gab, oerljerrlid^te er il^n. ©ben weil biefer SBiUe 
jum Sterben von ©ott ftammt, ift er nidöt nur eine S8er? 
^errlid^ung Sefu burd^ ©Ott, fonbem aud^ eine SSerl^errlic^ung 
©ottes burd^ S^fwö- Snbem SefuS auf baS il^m oon ©ott er^ 
mögli(^te SBoIlen eingeigt, aus bem i^m von ©Ott gegebenen 
©eift bie Äraft jum Sterben nimmt, mad^t er an fid^ bie ißerr^ 



— 91 — 

lidbfcit ©ottcö ftd^tbar. ^n ä^nlid^cr SBcife wirb 12, 23 ©tcrbcrt 
unb 58erl^errli(ä&unfl 3^fw tncinanbcr gelegt. 5Da Sfßf^^ i« feinem 
Seben „atteirt bleiben" mu§ unb erft buri^ fein Sterben oiele 
grud^t bringen wirb, fo fielet er in ber 9lnfunft ber ©ried^en 
boö 3ßi<^^ti/ i>öfe ^^^ ©tunbe feines ©terbenä gefommen ift. 
©ein (Sterben aber ift feine Sßerl^errliiä^ung. 

35oö 6l^arafteriftif(|e beS ©ebanfenö liegt barin, ba§ ^err= 
lid^feit unb 3liebrigfeit ^^f^ ^W öIö ®egenfä|e erf(^einen, bie 
einanber befd^ränfen, aud& jtnb beibe Segriffe nici^t nur faufal 
miteinanber oerbunben, fonbem fie liegen ineinanber. 3efu SBitte 
jum Sterben ift feine 3Ser^errli(|ung. 2)ie in bemfelben liegenbe 
gäf)igfeit üöttiger ©etbftüerleugnung ift bie ®abt beö il^m ge^ 
gebenen ©eifteö ©otteö: fie ift bie f)ö#e Offenbarung fomol^l 
ber aJla($t alö ber @nabe feines SBillenS. 

3lm beutlid^ften ift bies in benjenigen SBorten, weld^e bie 
?8erl^errlidbung ^S^fu burd^ ben S^erminuS ixpovadai roiebergeben. 
Der ausbrud ixpovad-uL finbet fid^ 3, 14; 8, 28; 12, 32. 34. 
3)ie ©igentümlid^feit besfelben befielet barin, bafe baS SBort foraol^l 
bie Sreujigung als bie ©r^ebung 3efu in ben Fimmel bejeid^net, 
nl 8, 28 unb 12, 33. ^efu %oh ift jugteid^ feine ©r^öfjung, 
feine 3Serfefeung an ben Ort cSotteS. 2)er @t)angelift wäl^tt 
einen beibe ©reigniffe umfaffenben 2luSbrudE, weil fte für ifjn in 
faufalem 3ufanimenl^ang ftel^en. 

®er ©el^orfam 3efu gegen ®ott begrünbet mit ^efu ^tn^^ 
Ud^feit aud^ feine 5»iebrigfeit. mnn Sfefu SBirfen unb ©ottes 
SBirfen ibentifijiert werben, fo einigt ftdö bas für ben ©oangeliften 
nid&t in ber SBeife, bafe baS in ^efus felbft entfpringenbe SBirfen 
„religiös betrad^tet" als ©ottes SBirfen angefel^en würbe. Sßielme^r 
befielet neben bem ©d&lu§: SfefuS, alfo ©Ott — bie älternatioe : 
©Ott ober S^fuS. 2)ies wirb burd^ bie regelmäßig wieberfel^renbe 
gormel auSgebrüdEt: „nid^t oon mir felbft ^er, fonbem x>on 
©Ott." 3"fofem baS SBirfen ^efu aus ©Ott entfpringt, ent- 
fpringt eS nid^t aus i^m felbft. aWan m\x^ biefe gormel nid&t 
baf)in abf(^mäc^en, als lautete fie: nid^t nur aus mir felbft, 
fonbem aus ©ott — als follte mit berfelben nur gefagt fein, 
baß baS aSirfen 3efu einen tieferen Urfprung ^aU, als feinen 
eigenen SBiHen. SBielmel^r jeigt biefe SBenbung, baß ber 2BiIle 
Sefu nid^t nur als ber 2)urd^gangSpunft bes SBirfenS ©ottes 
gebadet ift. 2)er ©ebanfe ift ber: wenn S^fwö ftc^ jwm Organ 



— 92 — 

©otteä ma(j&t, fo gefd^iel^t bieg burc^ eine SBetnetnung feines 
eigenen SBittenS, burd^ eine SBerleugnung feiner felbft. 2)ie &n^ 
l^eit feineö SBittenö mit ®ott ifi nid^t naturl^aft gemeint, b. f). 
nid^t fo, als t^tt Sefuö ©otteö SBillen, inbem er feinen eigenen 
SBillen t^ut, roeil biefer mit ©otteö SBillen einig ift, fonbern baö 
2^un beö SBittenö ©otteö fefet boö ftänbige 5jireiögeben feineö 
eigenen SBittenö oorouö. SBenn er ©otteö SBitten tl^ut, fo l^eifet 
baö, bofe er feinen eigenen SBitten nid^t tl^ut. 3)er ©el^orfam 
gegen Oott ifi ein beftänbiger 3Serjid&t auf eigenes SBotten unb 
^anbeln. 2)ie 3leceptii)ität @ott gegenüber ift bebingt burd^ 
beftänbige Sluötilgung feines SBittend, burd& ©elbftüer leugnung. 
3tud^ 3efu ©el^orfam befleißt nid&t in ber Slrt, bo§ er bem oon 
9iatur in il^m auftaud^enben triebe einfad^ folgte, geroife, bem 
SBillen ©ottes ju entfpred^en, oielme^r befielet er in ber %t)m, 
ba§ er feinem eigenen SBillen nid^t folgt, fonbern benfelbcu 
oerneint. 2)en SBillen beffen, ber il^n fanbte, fud^t Sefuö baburi, 
bafe er feinen eigenen SBillen nid^t fud^t, 5, 30. Snbem feine 
Seigre ©ottes Seigre ifi, ift fie nid^t ^efu eigene Se^re, 7, 16. 
Sllfo aud& ber @mpfang feines SBorteS üon ©Ott ift baburd^ 
bebingt, bafe er auf eigenes probuftioeS S)enfen t)erjid^tet. 

ißierin jeigt fid^, in roeld^em aWafe ber ©oangelifl bamit 
@rnft mad^t, bafe 3efuS „gleifd^" ift. 2)en SBitten ©ottes, beö 
©eiftes, fann er nur fo tl^un, ba^ er ben SBiQen bes gleifd&eS, 
feinen eigenen SBillen, ni(^t tl^ut. 3lii)t als fefete Sol^annes in 
Sefu etroa einen reellen, fünbigen SBillen oorauS, ben SefuS erfi 
überminben müfete. 3lber einen SBillen beS gleifd^es, einen 
eigenen SBillen, fefet er in iljm ooraus, beffen ^kl bie ©elbft= 
er^attung, beffen Snl^alt bas „Sieben ber ©eele" ift. S)ie SBer- 
neinung biefes auf ©elbfterl^altung, auf bie eigene ©eele ge« 
rid&teten SBillenS burd^ ben il^m oon ©ott gegebenen ©eifi ift bie 
gorm bes ©e^orfamS 3efu, bie S^i^anneS burd& bie regelmäßig 
mieberfel^renbe gormel „nid&t id&, fonbern ©ott" miebergiebt. 
©ünbig ift nid^t bie ©Eiftenj biefeS natürlid^en SBoIlenS, fo menig 
baS Sleifd^ etroas ©ünbiges ift. Sßielmel^r ift S^fwö baburc^ 
ol^ne ©ünbe, bafe er biefes SBoHen beftänbig t)emeint. 3)iefer 
beftänbige 3Ser}i(^t auf baS XJ^nn feines SBillenS ift bie 6r- 
niebrigung S^fu. 

3n bem SBerjid^t auf eigenes, ©ott gegenüber felbftänbigeS 
SBirfen liegt ber Sßerjid^t auf eigene ißerrlid^feit, 5,41; 7, 17 f.; 



— se — 

8, 50. SScil 3«^ &Irn5>frIfÄOTny ^:e Ä^xr^wwi bei ^rtmi 
@otte4 burdb ibn i^. »o ^z!h ^ie baraod «5rTinoira>c „^«tIü= 
feit^ ni4t om ^inu^, »ri^«ii «m Srn. oiid be« $<iä ^rtm 
cntfprmgt Ztz Stejiii out icine ^KirliÄe::, b« ^»i ü^:, 
roirb niiil in bot IRxrinflU iriner Gehin wrie Jit, n:it aU J5rr= 
immblttng angdeben, aU %miTrrc;^ ber trine ati^dbe ^cbnimn^ 
f)ätte, fonbem er burd^ieiit unb nnniHinm ieui ^m<!d :^eboi dU 
bcT bauemb bmdbgmibTtf, in Kber 2bdt frt.T;fbü;tflK unb iPtd>et= 
ffoltt SeT)i& auf ^Bmolgung ffinet &it, Jlraitm nai Sbi^ 
eriennung, an^ubung ffintr %(u&t, aU bo^ ni^ miebeTbolit 
SSerjici^ten ouf feinen eigenen SiDen, 3^ö§ ^efn^ ben ibm wn 
@olt gege6enen Sein unb bamit bie goulidbe ^errlidbfdt nijit }u 
einem 9uftmen in @otte$ ^Radst ge6rau(&t, fonbem jut fHlbnmg 
unb @eikdtung eined biotenben, belfenben, bm ^ibernanb 
bulbenben Sebend — bieö ift feine Gmiebrigung. 

3)eT 9Aaxdt vsixb 7, 18 am flarften au$gefpn>^, 
Su§ bei GiEenntnid, bog mit 3^ud @ott unb mit @ott ^fud 
net^etrli^t roirb, folgt nidbt etroa, bafe 3efud, inbem et feine 
^CTtUd^feit fu(i^t, inbitcft omj^ @ott Derberrlüt, fonbem eä 
jol^t, bog er auf boS S^iad^ten xui^ feinet eigmm ^rtli^Ieit 
Dcxji^t, inbem er ni(i^t oon fidj felbfl ^er rebct: nur fo 
fann er bic ^crrlid^fcit @otted fuAen. 3«fw "^^^ 9<^it ^«^ 
einen Sei^i^t l^inbur<i^, bcr mit Sott geeinte S8ittc entfielt 
nur burd^ Verneinung bed natärtid^n äSSoQenö unb Sege^rend. 
®urd& bicfc Verleugnung feine« eigenen SBoÜcnö, S)en!end 
unb feiner ©l^re, umfaffenb audgebrücft: feiner ^Seelc'', feiner 
^crfon, uer^inbert eö Sefud, bafe au8 ber Wac^t feine« Sorte« 
unb feiner 3;i^at eine @d^ä|ung feiner ^erfon erroad^fl, roeldbe 
ntci^t jum ©tauben an (Sott würbe. SBeil biefe Selbft^ 
t)er leugnung Sebingung feine« oon (Sott i^m gegebeneu Sejtfte« 
ift, fo bient 3efu ,,^errHd&feit'' jur Offenbarung ®otte«, roä^renb 
im anberen galle M 3efu« al« ein 3"^^^^^^ ^^^^^ ^^^ einigen 
©Ott, 5, 44, fieHen würbe, unb babur(3& nid^t für ©Ott, fonbem 
für fidö ®^re geroinnen roürbe. Snbem er ft(3& aber bmi^ Ver- 
neinung feine« ©elbft oöHig jum Organ ©otte« mad^t, roirb burcb 
bie if)m gegebene @l^re ©Ott nid&t etroa verleugnet, fonbem geeiert.*) 

1) Xie (M)ojtolif(^e SJere^rung Scfu ift alfo ba« öJcgenteil atteS „^^erocn- 
tultug". ^ie ?Rebe 7, 17 ff. ift motiviert burc§ eine 33cwunbmm9 ferner 
?5crfon, bie ba§ mxtm öJotteö in i^m öerlennt. ^iefc foH öerl^i^bert 
»erben. 



— 94 — 

3)iefe ©clbftücrlcugmmg ift bic notrocnbige SScbingung be§ 
©el^otfamö gegen @oti, weil fic bie Sebingung bet Siebe ifi. 
SDieö loirb an bet guferoafd^ung gejeigt. 2)ie ®tjäl^lung jeigt 
anfdöaulic^ 3efu aSerjid&t auf eigene ®^re. S)ie ißaublung fielet 
nid^t im ©egenfafe ju 3efu (Stellung: gerabe als ber xvgiog xai 
MaaxaXog oettid^tet 3efuö bie SKrbeit beö ©Hauen. 3^f^ Siebe 
ift 2)ienft. 2)eön)egen fiellt fie il^n nid^t über, fonbem unter bic 
©einigen. 5Rur in bicfer gorm ift er il^r igerr. 3m Siebeö^ 
bienft offenbart fid& jugleid^ feine ^errlid^feit unb feine 5Riebrigfeit. 
3)a§ natürlid^e SBolIen gefit auf ©elbfterl^altimg, ber Siebeöbienft 
aber, ben 3efuö übt, ift ©elbftüerleugnung. 

35ie t)on 3efuö geforberte unb barum geübte 3Serneinung 
be§ eigenen 3BilIenö wirb auf eine umfaffenbe Siegel gebrad^t in 
bem SBorte 12, 25: 2)em Sieben ber Seele, bem auf bie §r- 
l^altung unb ^Pflege beö eigenen SBiHenö gerid&tetcn SBiHen, tritt afe 
3efu ©ebot baö „Raffen" ber eigenen ©eele, bie ©elbftDerleugnunß, 
gegenüber. 2)iefe ©elbftüerleugnung fd&liefet bie Sereitmittigfcit jum 
©terben in fid^: auö bem aSerjic^t auf baö eigene SSegel^ren folgt 
ber ajerjid^t auf ba§ eigene Seben, 10, 24 ff. Unb ba für 
3ol^anne§ bie ©elbftoerneinung bie Äel^rfeite ber Siebe ift, fo 
oerftel^t eö fid^, bafe für il^n Siebe bic 2Billigfeit jum ©terben in 
fid^ fd&liefet, ebenfo xok ber ißofe i^^^ aBitten jum S^öten, 
1. 3o^. 3, 15 ff. 

2lud^ bie ©rjäl^lung oon ber gufetoafc^ung fielet an ber 
©pifte ber Seibenögcfd&id^te alö ®rlöuterung berfelben. 2)aö 
Sterben g^fu ift bie aSottenbung unb 3)urd6fül^rung feines 
S)iencnö. S)ie ^anblung ftettt nid^t nur baö 2)ienen afe Snl^alt 
beö aBir!en§ ^t^n bar, fie erläutert aud^ jugleid^ baö ^kl fcineö 
Sieben^. @ö ift nid^t rid^tig, bieö als einen weiteren „oer= 
borgenen Sinn" ber gujjtoafd^ung ju bejcid^ncn. ®r ift nid&t 
weiter unb nid^t oerborgener, alä bie fd^on angegebene 35eutung, 
beibe ©ebanfen gel^ören unmittelbar jufammen. 3)a 3^fu 3^^^ 
bie Steinigung ber jünger ift, fo tritt ber ^err afe ber ©flaoc 
auf. S)ie ^anblung jeigt mit bem S^ek ber ®rniebrigung ^cfu 
i£)ren ©runb : bienen mujs SefuS, meil bie ©einigen ber Steinigung 
bebürfen. ätud^ bic Heiligung 3efu gefd^ie^t für bie jünger, 
bamit aud^ fic gefieiligt feien in ber aSafir^eit, 17, 19. Söeil 
Seben unb ©terben ^ßfu alö ^[ujserungen feiner ©elbftoerlcugnung 
jufammeugefafet rocrbcn, fo gelten beibe „für" bic ©einigen. 



— 95 — 

2)ct ^irtc Icßt feine ©eele für bic ^etbe ab, 10, 11 ff. 2)ied 

ift bie aSolIenbung feiner ßiebe: er giebt nidfetö ©adfeUd^eö, nic^l 

nur natur^afte ©aben, wie in feinen SBunbern, fonbern itdfe felbfi 

3)aö Sterben 3efu ift ein freiroilligeä. 5Riemanb fann feine 

©eele von i^m nel^men, er felbft legt fie ab, 10, 18. 2lud6 bied 

öefd^icl^t burdfe einen aSerjid^t auf bie Sludübung feiner 3Kad&t. 

3)aä jciflt ber ©oangelift bei ber ©efangenna^me Sefu: tro| 

feiner SDiad^t über bie ißäf^^Jf ergiebt er fxd^ i^nen freiroiflig, 

18, 5 ff. 9lur burc^ bie SSemerfung, bafe aud^ gubaö gegen^ 

roärtig war, erinnert ber ©oangelift baran, bafe biefer i^n über^ 

gab. 3n ber erjäl&lung l^ebt er l^erDor, bafe Sefuö felbft fid^ 

burd^ einen freiioißigen aSerjid^t auf ben ©ebraud^ feiner SWad^t 

Eingab. S)iefer SBerjid^t aber ift 3«fw SBitte, weil er ©otteä 

SBille tfi: um bedroillen liebt il^n ber SBater. 3)arum wirb bad 

2eiben 3iefu ganj ebenfo aus ©otteä wie aud 3efu SBißen ab^ 

jeleitct: nur roeil bem 5ßilatu§ bie 3fta6)t t)on oben ^er gegeben 

% fo ^at er 3Kad&t über 3efud, 19, 11. Sie SWad^t, feine 

Seele abjulegen ober ju nel&men, ifi, wie ^t\u ganjeä aBirfen, in 

jeincr ®in^eit mit Sott begrünbet. ©ein ©terben ift nidfet oon 

äußeren aSerl^ältnijfen, oom SBillen ober ber 3Rad&t ber SBelt 

abhängig, fonbern ed tritt ein, wenn bie „©tunbe" gefommen ift. 

3)ieä aber l^ängt allein oom aBillen ©otte« ab unb biefen feinen 

SBüIen t)ollftrecft ©ott nidfet burdfe 3Renfd^en an 3^1«^/ ^W f^/ 

baj§ er einem 3Wenf(^en bie iiovala gäbe, 3efu Seben ju nehmen, 

fonbern fo, ba§ er biefe slovoia Sefuö giebt. S)ie SDiad^t S^fu 

über feine ©eele ift alfo nid^t fo gebadet, als wenn er im 

Sterben aufeerl^alb beö SRaturprojeffeö ftdnbe, nid^t „gleifd^" 

»ärc, ate wäre alfo fein ©terben fein roal^r^aftiged. 2)ie 

SBitflid^feit beö ©terbenä betont So^anned ebenfo wie bie SBirfc 

lid^feit beä gleifd^eö 3efu. ©leid^rool^l fällt er aud^ in feinem 

Sterben nid^t au§ bem fein ganjeö Seben regierenben aSerl^ältnid 

ju ©Ott. aBie fein ganjed Seben burd^ ©Ott geleitet toirb, unb 

ixoox nid^t oon außen ^er, fonbern oon innen l^erauö, burdö ein 

gnneroirfen ©otteö in Sefuö, fo entfpringt aud^ fein ©terben 

bem SBiUen ©otteö, ber burd^ 3efu eigenen 2BiIlen wirft. 3« 

bem 33efenntniö, bafe Sjefuä einjig burd^ ©otteä SBiflen fterben 

mufe, liegt für ben ®oangeliften, bafe er nur burd^ feinen eigenen 

SEBiUen ftirbt: benn burd^ niemanben alä burd^ 3efu§ oottftrecft 

©Ott feinen äBitten. 



- 96 — 

2)a bet Xoh 3efu aU !I)ur(^fül^run9 feiner ©ettpoerleugnunfl 
angefel^en wirb, fo roitb er ebenfo wie fein gefamter Sebenölouf 
nid^t nur als 2)ienji an ben SWenfd^en, fonbern aud& als ©e- 
^orfom gegen ©Ott, als 2)ienft an ®ott angefcl^en. 9Bie burd^ 
baö fortlaufenbe aufgeben feine« SBillenö in feinem Seben, fo 
ntad^t er fid^ aud^ burd^ baä oottenbete preisgeben beö eigenen 
üßoHenö, roeld^eö im ablegen ber ©eelc befielet, jum Drgan 
©otteö. 35er 2lu«brucf 17, 19: ,,3d^ ^eilige mid& felbft/' ^at 
an biefer ©teile eine beutlid^e Sejicl^ung auf 3efu ^ob. SBeife 
bemerh, bafe ber SluöbrudE „auf bic tl^atfäd^lid^e SBei^e (ge^e), 
raelcbe ßfiriiiuö, inbem er fid& burd^ feinen Xoi ®ott jum Dpfer 
barbringt, an fid^ felbft oolliiefit". SBenn nun alö 3^^^ ^^^K^ 
Dpferö bejeidfenet wirb, bafe aud& bie jünger gel^eiligt werben 
foHen, fo ift beutlid^, bafe an biefer Stelle unter Heiligung bie 
Slneignung jum Drgan ©otteß gemeint ift. 3Bei^ fagt: „@etabe 
auf bem 3)oppeIfinn beö ayiat^nv berul^t bie ^ointe beö 2lu§5 
fprudbö." Slber biefer ©ebraud^ beö SludbrudEö jeigt gerabe, bafe 
Seben unb Xoh S^fu unter einem ©efid^tdpunft jufammengefajjt 
werben. 2)urd^ feinen gefamten ©el^orfam mad^t jid^, mie gejeigt 
rourbe, S^fwö jum ®igentum unb Drgan ©otteö. S^^fofem mm 
biefeä Eingeben beö eigenen SBittenö, biefeö ©id^öffnen für bic 
©inmirfung ©otteö fid^ in 3efu S^obe t)oIlenbet, ifi biefer bic 
t)oIIenbete ©elbftl^eiligung 3efu: er mad^t fld^ baburd^ jum Drgan 
ber ©nabe ©otteö: burd^ il^n, burd^ feine 5ßerfon, burd^ fein 
£eben unb Sterben „wirb" bie ©nabe ©otted, 1, 17. 3)urd& 
i^n tritt fie afe roirffam geworbene 3Jlad^t in ben SBeltlauf ein. 
2)urd& ben 2luöbrudE bejeid^net 3efuö fid^ aU Dpfer an ©Ott.*) 
Slber biefer SSegriff wirb eben nid^t nur auf feinen Xob, fonbern 
auf fein ganjeö &tbm angeroanbt. 2)em ©ebanfen liegt genau 
berfelbe Dpferbegriff ju ©runbe, ber fld& aud^ im igebräerbrief 
finbet: baö 2lufgeben beö eigenen SBiHenö unb baö Seja^en beö 
SBiHenö ©otteö wirb alö ein ©Ott bargebrad^teö Dpfer bejeid^net. 
3)iefeö Dpfern feineö aSiUenö, feineö ganjen Sebenö, feiner 
^erfon an ©Ott DoHenbet fid^ in feinem 2^obe. 2)arum ift ^e^u^ 
nid^t nur alö ©terbenber, fonbern fd^on beim beginn feineö 2luf- 
tretenö ©otteö Samm, nicfet nur fein ^ob, fonbern er felbft, feine 
^erfon, ift bie SBerföl^nung. 



') §8gL aSeig §. b. ©t. §olfemann II, 476 f. 479. 



— 97 — 

3cfu S)ienfi an bcn 3Kcnfd^cn unb fein S)icnfl an (Sott 
[leiten in jroeifad^cm SBct^ältniö ju einanbct : feine . Siebe jur 
SBclt wirb butd^ feine Siebe ju (Sott nid^t nur begtünbct, fonbetn 
aud) bcgrenjt. SDieö fptid^t 3efud 6, 36—39 aus. SDafe er 
niemanben, ber ju ü^m fommt, ^inaudftöfet, fiat feinen ©runb 
barin, bafe er nid^t oom ^immel l^emieberftieg , um feinen 
eigenen, fonbem um ©otteö SBillen ju tl^un. ®ie Siebe 3efu 
berft fid^ i^rem Umfange nad^ oollfommen mit ©otteä Siebe. (Sr 
ftöfet beöroegen feinen, ber ju il^m fommt, ^inauö, weil, wer ju 
il^m fommt, ifim oon (Sott gegeben ifi. ©eine Siebe ^at aber 
aud& an ©otteö Siebe il^re ©renje: benen, bie nid^t ju il^m 
fommen, ge^t er nid&t nad^, ba fie beö^alb nidfet ju il^m fommen, 
Toeil ©Ott Re il^m nid^t gab. 2Baö ©Ott i^m nid^t giebt, baö 
nimmt er ftdfe aud^ nid^t. 

©eine Siebe jur 3Belt tritt nid^t in @egenfa| ju feiner 

Siebe ju @ott unb fd^liefet barum feine Slnerfennung ber ©ünbe . 

ber 2Renf($en in Rd&: benn Übertretung beö ©ebote« ©otteö iji 

^erroeigerung ber Siebe ju ©Ott, 1. ^oi). 5, 3. 2)arum ftellt 

bet ©oangelift ebenfo tief mie bie Siebe 3efu ben ^oxn 3^fw 

bat. SSJie ber 3om ©otted jtd^ äujjert in ber aSerroeigerung beö 

®laubenö unb ber 5BerftodEung, 12, 38 ff., fo äußert fid6 ber 

3oTn 3^u in ber 6nt}ief|ung ber ©laubenömotioe, in ber aSer- 

i^üHung feines SBorteö. ^^fu« ift nid&t nur gefommen, bamit bie 

3?rcljtfe^enben feigen, fonbem aud6 bamit bie ©el^enben blinb 

loerben, 9, 39. ^ierauö erflärt fid^ ber eigentümlid^e ©l^arafter 

ber SReben ^^fu bei ^^ficinneä. 

S)er aSerftänbniölofigfeit begegnet ^^fud aud& bei SRifobemuö 
unb ber ©amariterin. Slllein bem ©d^riftgele^rten wirb rüdEroärtö 
fd^reitenb biö ju ber einfad&en gorberung, bie SBal^rl^cit ju 
t^un, bie anfangt unoerftänbUd^e gorberung jugänglid^ gemad^t, 
ber ©amariterin offenbart fid^ S^fwö aU ber ©l^rijiuö. S)en 
©egnern bagegen fommt er nid&t entgegen, er befeitigt bie 
Slnftöfee feineö 2Borteö nid^t, er oermittelt nid&t. 2)er aSer= 
ftänbniölofigfeit gegenüber fteigt er nid^t l^erab auf ben ©tanb= 
punft ber ©egner, fonbem ^ebt fid^ empor ju Sßorten, bie i^nen 
immer unoerftänblid^er werben. 2)ie Slnftöfee milbert er nid)t, 
fonbem oerfd^ärft fie. älm fd&örfften fommt ber 3ötn "^e^n jum 
Sluöbrud in ber Siebe 8, 31 ff. 3)ieö ift um fo auffattenber, alö 
bie SRebe an bie gläubig geworbenen ^xiim gerid&tet ift, roaä fld& 

8ütflert, 5Die H. C^rifloloflie. 7 



— 98 — 

batauß ergiebt, bafe cß ftd& im Untetfd^iebe t)on bcr fd^on oott- 
jogcnen 2lufna^me beä SBorteß 3cfu um bad Slcibcn in bcm- 
fclbcn, 58. 31, unb umjbcn gottgang bcöfclben in il^ncn, 33. 37 
— XiOQu — l^anbclt. ©erabc im ÜBibcrftteben bcrcr, bie bereite 
gläubig geiDorbcn finb, ift 3cfu ^oxn bcgtünbct 2)ie 3iebc er- 
läutert bie tieffte ©d&rüierigfeit, mit bet 3efud ben 3uben gegen= 
über ju ringen l^atte. SBä^renb il^m im 5. Äapitcl baö ©efeft, 
im 6. bad trabitionette ß^riftuöbilb entgegengel^alten wirb, ftöfet 
er bei benen, bie feine SDtcffianität anerfannt l^aben, auf eine 
3lbneigung gegen baö S^Ö^ftänbnid, baß fic feiner ©aben, be= 
fonberö ber Befreiung, bebürftig feien, ißier tritt i^m baß ©elbft- 
bewufetfein unb ber 2lnfprucb ber Äinber 2lbral^amß entgegen, 
5B. 33, 52, bie feiner ißülfe nicfet bebürftig finb. 2)arum wirb 
i^m l^ier oorgeworfen, bafe er fidö jum geinbe bed aSolfeß xaaä^e, 
58. 48. S)ie Siebe jeigt nun, bafe fid^ Sefu ßo^n nic^t etma nur 
gegen biejenigen roenbet, bie jid^ il^m t)on oornfierein üerfd&liefecu, 
fonbem ba6 ber ©laube in feinen Slugen baö felbftgenügfame 
SBerfd&liefeeti gegen feine ®oi>z ju um fo größerer ©d&ulb ftempelt. 
Sefu 3ötn wenbet fi(^ nid^t etwa nur nad^ aufeen l^in gegen feine 
©egner, fonbern nod& fdfeärfer gegen bie, bie fld^ im Greife ber 
©laubigen auf irgenb einem fünfte feiner ©inrairfung üerfd&liefeen. 
S)iefeß 2Birfen S^fu ift fein 3lid&ten. (So ift barum nid&t 
üutreffenb, bafe ^ol^anneß baö ©erid^t alö einen „immanenten 
^ßrojefe" auffajfe. S)er 3Renfd& bleibt in biefem ®rlebniß nid^t 
fidb felbft unb feiner natürlidöen ©ntmidlung überlaffen, fonbem 
baß ©erid^t ift 3efu 2^^at unb t)olljie^t fid& bur(^ ben ©ingriff 
beß 2Borteß Sefu. S)er ©ebanfe ift feineßwegß ber, bafe baß 
einl^eitlid^e unb gleid&mäfeige aSer^alten 3efu allen 3)lenfd^en 
gegenüber nur je nad^ il^rer fittlid^en 2lrt jwei entgegengefeftte 
©rfolge ^ätte, bie jid^ bann nur auß bem feiner eigenen ®nt= 
midElung überlaffenen 3Jlenfd^en erflärten. S3eibe 2Birfungen 
werben ni(^t alß unbeabfi(|tigte naturgemäße ®rfolge, fonbern alß 
3efu SSille unb Slbfid^t befd&rieben. S)em entfpri(^t eß, ba§ 
Sefuß bei ^o^anneß ben 3Renfd^en nid^t in gleid^er SBeife gegen- 
übertritt: er rebet ju ben ©egnern anberß alß ju benen, bie 
„auß ber SSafir^eit finb". S)er Unglaube ber ©egncr ift nid^t 
nur i^r eigeneß, fonbern ©otteß unb Sfefu 2Ber!. 2lud& finb bie 
beiben ©ebanfen, bajs bie 3Renfd&en felbft baß ©eri(|t an M 
DoUjiel^en unb baß gefuß ber SRid^ter ift, nid^t jmei oerfd^iebene 



- 99 ~ 

SetTQ($tungdn)eifen be§ gleid^en (Sefd^e^end: e§ roirb an eine 
tccllc SBed^felwirfung jwif^en bem 3Rcnf(|en unb S^M 
gebacä^t. SBie bic einen ©nabe um ®nabe empfangen, b. \). für 
bie ©nabe, bie ftc empfangen l^aben, mit immer neuer ©nabe 
belol^nt merben, fo bafe [x6) S^fu ©abe beftänbig fteigert, fo iji 
aud^ baö SQBer! gefu an ben Ungläubigen nid^t nur ein Äritifteren, 
ein gacitjic^en, fonbern ein ißanbeln, ein ©teigem il^red Un^ 
glaubend unb il^red iQaffed. ^znn bad 9lu3bleiben bed ©laubend 
alö aSottjirecfung bed ©eric^teö bejeid^net wirb, 3, 18, fo liegt 
fd&on in biefer Deutung beö Unglaubens bie ®rfenntnis, bafe ber 
Unglaube Qefu SBerl unb ©träfe ift. SBaö ü^ncn an S^fud 
Toibermärtig ift, wirb barum niiä^t jurüdtgejieHt, fonbern J^ertjor^ 
gcl^oben. 



5. HaptfBL 

|)ie ^oßeti ^efn an bie '^ett 

3)ic SSebcutung, bie 3efu« in feinet ©in^eit mit ©Ott für 
bie 3Belt fiat, wirb von So^anneö in eine 3ieif|e eigenartiger 
Segriffe gefaxt. 3^ bin baä 33rot beö Sebenä, 6, 35. 3d& bin 
ba§ Sic&t ber SBelt, 8, 12. 3c& bin bie S:^ür, 10, 7. 3d& bin 
bie ätuferftei^ung unb baö Seben, 11, 25. 3(36 bin ber SQBeg mb 
bie 2Bat)rl^eit unb baö Seben, 14, 6. 34 bin ber roatirJ^oftige 
äBeinftod, 15, 1. aSgl. im erften 33rief 2, 2: xai uvxoq iXaam; 
aar IV negi rdov ufjtuQxioov ^f.i(ov, SBeife bemetft ju ber legten 
Stelle: ,,®ö liegt aber aud^ im SKuöbrud feine befonbere Slb^ 
ftd&tlid^feit, fonbem berfelbe erflärt fid^ einfad^ burd& bie betannte 
aKctonpmie, roonad^ bie 33ejeid)nung beö SKfteiS für ben fielet, 
meld^er Url^eber, SBermittler beöfelben ift." SKIIein man braud&t 
nur bie gegebene ©tatiftif ju bead^ten, um ju bemerlen, bafe 
Diefe Si^ß^tifijierung ber &aU ^t^n mit feiner ^erfon woJ^l- 
überlegte SKbfid^t ift. S^fwö felbft, feine 5ßerfon, unb jroar feine 
menfd^lid^e 5ßerfon, fein „gleifd^", nid^t eine t)on il^m ablösbare 
fad&lid^e ®abe ober eine an i^m gewonnene ®rfenntniö, ober ein 
burd^ il^n geftifteteö aSer^ältniö, aud6 nid^t ein oon ifim ju 
fc^eibenber ®eift, er felbft ift bie ®abe ©otteö an bie SBelt, 
4, 10. 3" feinem S)afein, 9Bir!en unb ^anbeln beftel^en alle 
&aben ©otteö an bie SBelt. !I)aburd& erleud&tet unb belebt ®ott 
bie Söelt, ba§ er 3ßfwm l^ineinfteHt. 2)arum befielet feine fiiebe 
barin, bafe er fid^ felbft für bie ©einen liingiebt, fein gleifd^ unb 
Slut, .feine ©eele. ©r felbft ift 35rot, Seben, 9Beg unb aßa^rl^eit. 
©ben beöroegen beftelit ber ©mpfang aller biefer ®üter im ^in- 
nel^men unb Slneignen feiner 5ßerfon, im ,,®ffen feines gleifd^eö". 



^iefelben foHen l^ier nid^t erfi^öpfenb unterfud^t werben, fonbem nur 
infoweit, al§ fie §ur Erläuterung ber G^riftologie beitragen, ^ie folgenbc 
Hnterfud^ung fott erlldren, inwiefern biefe QJaben Sefu mit feiner ^erfon 
ibentifiäiert werben lönnen. 



J 



— 101 — 



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S)er @dKtn{e tfi fo loemg gelegentlid^ unb sufölDg, baB er mel^ 
me^r bog eigentlUle ^i^tereffe bۤ ermtigelt^en ausfprid^t. 6$ 
liegt ^iertn biefelbe ^lemit, bie üti^ im etjten Sriefe beobadbten 
lagt: bie ^olonif gegm jd>e SbUfung irgmb einet @Qbe ^efu, 
imb fei eö (uwi ber @eift, dou feinem ^gleifd^'', feiner menfd^- 
lic^ ^Serfon. ^tä)alb fann ^uS bem @lauben ben 3"^^^ 
geben: ^bofe id& bin". 9Jid&t auf feine ©gcnfd^cn, ®orte ober 
SaSerfe bqie^t n^ ber ©Urabe, fonbem auf fein ^ä^'', feine 
^fcrfon, feine ©fiftenj. 3SeiI affein fd&on baö 3^afcin 3^u unb 
bementfpre^i^enb t>c^ Se^, bie auf i^n gerid^tete SSa^me^mung 
ba^ @[aubfndmotin iß, fo in @Iaube bie notmenbige §orm ber 
Snerfennung feiner gräten; unb Unglaube ein ignorieren, ein 
Verleugnen bcrfelben. 

3>arum üt ba$ 6oange(ium S^ri^Iogie. 6§ bringt ben 

@d)anlen ber S^noptifer forreft jum 9[bf(|Iug. Ser @[aubend= 

alt ber Spnoptifer fprid^t fid^ in bem SelenntniS ouS: mit ^n 

Kommen fommt baS Sleid^. Cbgleid^ ed nod^ nid^t offenbar 

geiDorbcn iji, fo iji eö ba, weil ber ^nig ba ifL 2^icfcö 35e= 

!emttmd nollenbet ftc^ in bem Se&nntnis bes S^^^neS- 3^u$ 

{db^ ift baS Seben, ba$ Sid^t. S3ie nid^t nur feine SSerfe unb 

Sorte, fonbem feine ^Uerfon aus bem ^immel nammt, fo ftnb 

ni^ mir bicf e feine SSirbingen, fonbem er felbfi baö Sid^t ber Seit. 

fflö Sid^t ber Seit bqeid^et 3efud fid^ fdbft, 3, 19 f.; 8, 12; 
9, 5; 12, 35 f. 46. 3)iefe Se^eid&nung entfprid^t bem S5?orte beS erftai 
33riefe«, ba§ @ott £id&t ifi.*) Sei feinem ber jo^anncifc^n @mnb= 
begriffe }eigt ed {td^ fo fe^ mie bei biefem, mie menig bie feine 
©ebonfenmett inteSeltualiiterenbe Se^anblung bem goangeliften ge^ 
red^t ;u merben oermag. Süic^ bamit ift ber Segriff nicbt oer= 



^) S^^^ biffm beibat ^n^ogen fonftnrifit ^olfnumn, U, 400 f. 
einen äStberfpnic^. „(St fclbft, ber wahrhaftige öott, öciBt 5, 20 enrige^ 
fieben, nrie er an^ 1, 5 felbtt 2ic^t ift, im fprec^enben Unterfc^iebe l>on ber 
f(^arf geff^iebenen SJegriffsiDett bcö ©tjangdimn^ , wo sunäcfiit dbrinu* 
geben 11, 25 raib 8, 12 fiic^ üt" tU§ ob na^ bem düangclium 6brt^^ 
im Unterf^iebe öon öott 2\^t fein föntue, wöbrenb er gerabe allee, 
Wad er üt, bnr^ feine (^emeiitfc^ mit ®ott üt nnb niÄtö bat, nwi^ er 
nic^t t>on @ott onpfangen ^at! (E^rimiS üt natnr(i^ nur be^wcgrn Si(bt, 
Weil ©Ott Si(^ ift. (£^ftn§ einen ß^araftcr beijufegen, bot er nicbt oon 
®ott §at, ift für ben (StKtngeliften wiberünnig. £»ol|imann felbit muS feine 
Se^auptnng eittfc^önfen bim^ hk Semerfimg, ba% „bann freiliÄ binjn* 
gefftgt wirb, bog biefed )Beben in feinem So^ne ift". 



, » - ' • 



• . • . * . > - 



102 - 



panben, ba§ man einen intetteltualifiif(3^en unb einen et^ifd^en 
©inn jufammenabbiett. @o bemerft SBeijs ju 8, 12, bafe „baö 
Sid^t immer nur SSilb für baö 9JlitteI, burd^ meld^eö ©ticnntniö 
mitgeteilt wirb", fei. ®r finbet beöroegen in bem SBorte, ba§ 
©Ott Sid^t ift, ben ©cbanfen ouögebrüdEt, bafe ®ott burd& unb 
burd^ erfennbar fei. Jlid^t fe^r oerfd^ieben baoon ift bie 3)eutun0 
^olfemannä. Mein baS Sid^t^) ift ein geläufiöeä SSilb für baö 
eiement beä Seben«, be« ©lüdfeö/) ber greube. aSerroanbt ift 
ber begriff ber „^errlic^feit" unb fo realifiifd& mie biefet ift 
aud& ber be§ Sid^teö gebadet. 3)er ©cgenfafe t)on Sid^t unb 
ginftemis bei S^i^anneö fielet bem ©ebraud^ ber Silber bei ben 
©pnoptifem fel^r nal^e. 3Jlit bem ^immelreid^ uerbinbet fid6 bie 
SSorftettunö beö Sid&te§, „bie ginfterniö braufeen" ift bie fiöffc. 
Sid&t bejeid^net bie ©pl^äre ber ©eligfeit beö Sebcnä, beö ^eifö. 
2lud& bei S^i&cmneö fte^t Seben unb Sid&t jufammen, 1, 4. SBle 
atte jol^anneifd^en Segriffe, fo ^ängt aud& biefer Segriff mit bem 
©otteSgebanlen jufammen unb läjst fid^ t)on biefem auö am 
leid^teften erläutern. SBenn oon ©Ott gefagt mirb, bafe er ßid^t 
fei unb feine ^infterniö in il^m, fo fielet biefe ©rfenntniö ber 
anberen na^e, bafe ©Ott Siebe ift. ©Ott ift fiid^t bebetttet: er ifi 
ganje ©üte, fein SBitte ift nur baö ©ute, baö Seben, bie greube. 
SBeife menbet ein, bafe biefer ©ebanfe etmas ©elbftüerftänblid^es 
ausfpred^e. ©elbftt)erftänblid6 aber ifi biefeö SBort fo menig mie 
baö anbere, bafe ©ott Siebe ift. 2)afe ©ott Sid^t ift, ifi bie 
SSerfünbigung, bie bie Sipofiel erft S^fuö tjerbanfen, 1. ^ol^. 1, 5: 
meil 3efuö Sid^t ifi, fo meife So^anneö, bafe ©ott Sid^t ift. 
SDiefer ©otteSgebanfe ift fo menig felbftt)erftänblid&, ba§ er mh 
melir ben ©laubenöaft in fid^ fd^liefet. 3)er ©laubenöfd^lufe liegt 
barin, bafe er feine ©otteöerfenntniö nur an ^efuß bilbet. 3)er 
felbftt)erftänblid6e, b. 1^. ber auö ber Seobad^tung beö 2Beltlaufs 
gebilbete ©otteögebanfe mürbe ber fein, bafe in ©ott mie in ber 
SBelt Sid^t unb ^infterniö ift. 3)arum mufe auöbrüdflid^ auö= 
öefprod^en merben, bafe nid^tß oon ginfiemiö in il^m ift. SBürbe 
auö bem SBeltlauf auf ©ott gefd^loffen, fo fäme biefe völlige 
58erneinung ber ginfterniö nid^t juftanbe. 3i«bem ber äpoftel 
feinen ©otteögebanfen nid^t ber empirifd&en 3BirIlid6feit anpafet, 

^) ^gl. (Bremer s. v. ^mg. 

«) Sögl. aud^ ©ol^mann ^m l, 4.: „gm ^Iten Xeftament ift Äid^t faft 
immer »ilb be§ %\vidt^" 



— 103 — 

fonbcrn il^n allein auf ^iefuS aufbaut unb bic ßattjc SRci^c aller 
entöeßettöefcfeten ®rfal^runßcn unb SScobad^tungen nid^t auf fein 
©otteöbilb mirten läßt, fonbem fraft beö an 3i^fwß gewonnenen 
©inblicfö in baö 3Befen ©ottes üerneint, ift fein ©otteögebanfe 
©laube. aSaö bie SBelt an ginfterniö in fid& trägt, ftammt nxä^t 
auö ©Ott. 

©ine le^rreid^e Erläuterung erhält bcr Segriff beö ßid&teö in 

ber ©rjäl^Iung oon ber Teilung beö 35linbgebomen , Aap. 9. 

S)ur(^ biefe Teilung jeigt ^t^n^, bafe er baö SicJ^t ber SBelt ift. 

S)ie grage ber jünger fefet üorauö, bafe irgenbwo ©ünbe fein 

muffe, wenn bieö Seiben oerftänblid^ fein folle. ^\)xz grage foll 

fagen, bajs bod& biefe 2)eutung beö Seibenö biefen gall nid&t 

erfläre: mag man ifin ober feine ©Itern oer antra ortlicä^ maien, 

baö Seiben bleibt ein bun!leö SRätfel. 3)ie grage gel^t natürlid^ 

Don jübifd^en 9lnf(J^auungen auö, allein fte berül)rt ein SRätfel, 

baö niä)t nur für jübifd^e« S)en!en eyifiiert. Äönnte man einen 

Sufamtttenl^ang t)on ©Aulb unb ©träfe erfennen, fo märe ber 

2;^tfad^e ber ©l^arafter beö ©innlofen/ Unoerftänblid^en ge^ 

nommen. SBeil jene 2)eutung in biefem galle oerfagt, gehört 

baä ©ef(^icf beö Slinbgebornen ju ben S^^atfad^en , bie baö 

SScUregiment ©otteö t)erf|üllen, e§ ift ,,^infterni§". 3)aö folgenbe 

SBott 3efu giebt fid& alö Slntroort auf biefen 3w>cifel. 5Der 

^ufammeni^ang oon ©(^ulb unb ©träfe erflärt fein ©efd^id 

freifid^ nid&t, b. f). läfet ©Ott nid^t erfennen. ©leiÄmofit ift ber 

Sßnbgcborne baju ba, bamit ©otteS SBerte an i^m offenbar 

merben : au^ er foll ni(^t jur aScrl^üUung, fonbem jur SSejeugung 

©ottes bicnen. 2)iefe SBerfe ©otteö ju mirfen, ift ^t^n Aufgabe. 

SBcnn Sefuö fein Seben aU ben 2:ag, feinen Xoh als bas ^er= 

einbreciben ber ^taä^t bejei(^net, fo ift bamit nicä^t gemeint, bafe 

i^m felbft mit bem SJobe baö SiAt untergel^t, fonbem, mie bie 

folgenben SBorte jeigen, bafe mit i^m ber SBelt baö SicJ^t untep 

flcl)t: folange er in ber SBelt ift, ift er baS Sid^t ber SBelt. 

©olange er in ber SBelt ift, mufe baö SBerf ©otteö gefd^e^en, 

benn menn mit feinem ^ingel^en bie SRad&t fommt, ift niemanb 

ba, ber eö vollbringen fönnte. 

S)ie erjäfilung jeigt, in meld^em Sinne ft(S 3efu§ baö Sid^t 
ber SBelt nennt, ^efuö offenbart bie ^enlid^feit, bie l^elfenbe 
©Ute ©otted, meldte bie SBelt jured&tbringt. 2ln i^m ift fid&tbar, 
bafe ©Ott nid^tö alö Siebe ift. Sefuö mirb nid^t nur afe bet 



— 104 — 

©rfenntniägrunb bet ißenlidfefeit ©ottc« betrautet, ber ©ottcö 
Siebe barftettt, fonbern al§ ber, burd^ ben bie ©nabe unb 3Bal^r^ 
fieit „wirb", roirffam in bie SBelt l^ineintritt. @r befeitigt alleä, 
tt)aö bcm gütigen aBeltregiment @otte§ TOiberfpriAt, feine SKufgabc 
ift eö, bie ginfterniö in 2iä)t ju uerroanbeln, SÜle ginfiernid, 
roie j. 33. baö ©efd&id beö SSlinbgebomen, ift für il^n ber antrieb, 
©otte« fd&affcnbe Tla^t ju offenbaren. 3)er @efi(StöIreiö ift 
unioerfaliftifd^ , 3efuö ift baö 20^1 ber SBelt, er erleud^tet 
jeben 3Jlenfd^en. SKudö biefer Unioerfaliömuö ift ©laube nnb 
i)at feinen ®runb unb fein SRe^t in ber 3wfantmenfof|ung 3efu 
mit ©Ott. SRidfet für bie empirifd^e SScobad^tung wirb alle ginftcr? 
niö in Sid^t oerroanbelt, oielmelir lautet bie jo^anneifd^e fjötmel: 
2)ad Sic^t fdöeint in ber ginftemi«. SBegen ber SSefeitigung ber 
ginflemis an einer einjigen (Stelle f ann ^efuS baö Sidfet ber 
SBelt genannt werben, toeil auö feiner S^^at auf ©otteö SBltte 
gefd^loffen wirb. 3ft eö ©otteö 2Bille, ber in biefer ^l^at fid&tbat 
wirb, fo erleudbtet fie bie SBelt. ©ie ift „3^^^^^"/ f^^ i^ißt baö 
3iel ber SBelt, ben ewigen, bauernben SBitten ©ottes, ber ber 
ganjen SBelt gilt. 

®S ift alfo freilid^ rid^tig, bafe ber begriff eine SSejie^ung 
auf bie ©rfenntniö in fid& fi^liefet. 3Wan fann befinieren: Sid^t 
ift alleö, was ©otteö ©üte fid^tbar wad^t, ginftemiö atteö, wa& 
Re Der^üttt. Sid^t ift Sefuö alä ber „3euge ©otteä". 

SKfä baö Sid^t ift Sefuö ©egenftanb ber Siebe. 2)ie Siebe 
ift für 3ol|anneS eine boppelte Bewegung bcd SBittenö: fie ifi 
Segel^rung, 3ieceptit)ität unb 2;i|at, älftioität, beibeö in SBedbfeU 
wirfung untereinanber, fie ift ein ^inne^men — lafißavBiv — 
feiner 5ßerfon, unb S)ienft, baö S^l^un feine« ©cboteö. 3)er 
lielfenben, gebenben ©üte 3efu entfprid^t alö bad notwenbige 
SSerl^alten beö 3Kenfd^en ba§ fid& für il^n öffnenbe SSegel^ren» 
2)iefeö fül^rt juni SJerjid&t auf baö eigen« SBotten unb jum S^i^un 
beö SBitlenS Sefu. Umgelel^rt bebingt aud^ baö 2!l^un bie Siebe. 
SBer 35öfeö tl^ut, bei bem ift ed t)erftänblid^, bafe er bie ginftcrnii^ 
nie^r liebt afe baö Sid&t. 3)arum ift SefuiS alö ba§ Sid^t aud^ 
©egenftanb beö ^affeö ber 3Belt, 3, 20; 7, 7; 15, 18. 23 ff- 
SBeil er alö baö Sid^t ebenfo wie ©Ott alle ginfterniö unb bamit 
ade ©ünbe oon fidb auöfd^ließt, bringt er burc^ fein SBirlen unb 
Sieben, burd^ feine gefamte ©Eiftenj bem 3Jlenfd^en feine ©ünbe 
jum 33ewuj3tf ein , er überfülirt il^n, 3, 20; 7, 7, unb wirb 



— 105 — 

borum von i^m gcnticbcn unb fd^Ucfelid^ gel^afet alö ber „S^^Ö^" 
feiner 33oöl^eü. 

2lu(^ ben i^xn eigentümlici&en Segriff ber SBatirtieit roenbet 
So^anncö auf 3efuö an. SDie SBa^rfieit ift ^efu ®abe unb 
SEBirfunö, 1, 17, unb 3efuö felbft ift bie SEBa^r^eit, 14, 6. S)aß 
6^arafterifiifd&e beö Segriffä, baä in bem legten äßorte flar! 
I^eroortritt, befielet barin, bajs bei 3of|anneö bie aSa^r^eit nxä)t 
alö ©ebilbe beö menfd&Ud^en ©rfennenö erfd^eint, fonbern aU eine 
objeftiüc aWad^t, bie oberl^alb beö, menfcftlicJ^en ®rfennen§ ftel^enb 
baöfelbe geftaltet. gerner ift bie SBal^rfieit nid&t nur bie baö ®r= 
lennen gcftaltenbe 3?eflel, fonbern awä) bie SRegel beö ^anbelnö 
unb ber gefamten ©yiftenj beö aJienf(ä&en, wie fid^ bieö in ben 
SBenbunflen: bie 2Bat)rl^eit tl^un, aus ber SBafirfieit fein, in ber 
SSal^rl^eit ftefien unb fein, bie 2Bal|rf|eit in ficiö Ijaben, auöbrüdt. 
2)icfcr tealiftifd&en Raffung ber SBal^rl^eit entfpridfet bie Stellung, 
bie bei ^ol^anneö baö ©rfennen l^at. 2)en ©egenfaft jur 2Bal^r= 
^eit bilbet gleid&roo^I nid&t ber ©dfeein, fonbern bie ßüge, bie niä)t 
MX im SWeben, fonbern aucö im ^anbeln beö 3Kenfd^en erfannt 
tüitb. 9Jid^t nur baö jur ®r!enntni§ in ©egenfaft tretenbe 2Bort, 
jonbem aud& ein fold&eä SBerf ift ßüge. 5Daö SBort über ben 
Satan, 8, 44, bilbet einen genauen ©egenfafe ju bem SBorte 
übet bie ^enlid^feit beö ©oI;ne§. SBie biefe in @üte unb SSa^r^ 
^eit beflef)t, fo ift baö aWerfmal beö @atan§ ^afe unb Süge. 
2)er ^iifömmen^ang oon iSünbe unb Süge ift bem oon ©ünbe 
unb ginfterniä analog. SBenn ©ünbe unb ßüge für S^licinneö 
jufammengepren, fo l^at baö nii^t ben ©runb, bafe für i^n 
SBai^rl^eit baö ^beal, bais, maö fein fott, im Unterfd^iebe oon bem, 
was ift, bejeic^net,^) fonbern biefe Swfömmenftellung t)on @ünbe 
unb ßüge l^at ben ©runb, bafe für ifin burd^ bas 33öfe ein SRife 
burd^ bas 33en)ufetfßi»^ gemad&t mirb, burd^ ben es jroiefpältig 
unb innerlid^ roiberfprud^SDolI wirb. 2lngefid^ts beS unaustilg- 
baren 33en)UJ3tfeinS um baS, was red^t ift, unb beS nid^t ganj 
ju Derioifd^enben ©ottesberoufetfeins ift bie iSünbe jugleid^ eine 
Süge, eine 33erleugnung beS oon ©Ott ©erooHten ober eine 33e= 
jal^ung beS oon ©Ott nid^t ©emoHten. 2)arum ift bie SSa^r^eit 
nur baburd^ erreid^bar, bafe fie getl^an mirb. 3Son einem „iSd&ittern" 
bcs Segriffs barf man alfo nxä)t reben. 2)er über ben blofe 



') @o mf^iet a. a. D. @. 35. 



— 106 — 

formalen ©inn beö SBortcä übcrgtctfenbe ©cbraiid^ bcöfelbcit bei 
3ot)anne§ ^at feinen inneren ©runb barin, bafe ber Segriff 
ebenfo wie ber beö Sid^teö, bcm er auä) am nä(ä&ftcn oeriDanbt i|i, 
im engeren ©innc tl^eologifd^ ift. SBal^rl^eit wirb nid^t jebe ®r= 
fenntniö genannt, fonbem bie ©otteöerfenntniö. ®inen ©tnblicf 
in biefen ©inn beä 3Borte« gicbt 8, 55: wenn ^iefuö bie il^m 
gegebene @otteöer!enntniö verleugnen wollte, fo mürbe er jum 
Sügncr merben, fomie bie 3uben beöl^alb Stigner finb, meil fie 
bie i^nen möglicä^e ©otteäerfenntniö nieberl^alten. 3)cr ®ebrau(| 
beö SBorteä aber jeigt, bafe man eö ebenfomenig mie ben Segriff 
beö Sid^teö inteücftualifieren barf. SBenn S^fuö ate ber Sringer 
ber ©rfenntnis ©otteö bie SBai^rl^eit genannt mirb, fo jeigt ebm 
biefe perfonl^afte Sbentifijierung ^e^n mit ber 3Bal^rl^eit im S^- 
fammenfiange mit bem fonftigen ®ebrau(J^ be« SBorteö, bafe baöci 
feineömegö nur an fein SBort, an feine „Seigre" geba(ä^t \% 
3liö)t nur fein SBort, fonbem er felbft ift bie SBal^r^eit, inbem 
er bie SBa^r^eit tl&ut, auä il^r ftammt unb fie in fi(i& l^at. Snbem 
feine ®r!enntniä ©otteö mit feinem ©cbanfenlauf aud^ fein SBort 
unb fein SBerf regiert, ift er in feiner ^erfon bie äßal^t^cit, 
b. \). ber, ber @ott in feinem gefamten Seben erfennbar maä^t, 
©eine ganje ©jiftenj ift eine Seja^ung @otte§, ein 33e!enntni5 
©otteö, ein S^wgnis für @ott, eine SSerneinung bed Söfen unb 
beö^alb SBa^r^eit. 

3u ben ©aben, bie 3efu§ als mit feiner 5ßcrfon gegeben 
anbietet, gel^ört oor allen 2)ingen baö ßeben: 3<^ bin baö Seben, 
11, 25. S)ie eigentümli(ä&e SBenbung, burd^ bie baö SBort 1, 4 
nid&t nur alö lebenbig, fonbem als Drt bcö Sebenß befd^rieben 
mirb, !e^rt bei So^^^^^ö aud^ fonft mieber, 1. 3ol^. 5, 11. 
©Ott tritt baburd^ für feinen ©ol^n ein, bafe er emige« Seben 
giebt, „unb biefe§ Seben ift in feinem ©ol^ne". 3[m ^aben ober 
5Rid^t^aben beö ©ol^nes l^ängt beömegen SSefife ober SBerluft bes 
Seben«. SDaö Seben ift nid&t ein oom ©ol^ne ablösbarer Seft^, 
ben biefer abgiebt, fonbem man befi^t es nur burd^ bie ©egen= 
mart bes ©ofineö. SBenn es ®aie 3efu an ben ©laubenben ifi, 
fo mirb es biefem bod^ nid^t in berfelben SBeife eigen mie bem 
©ol^ne. 2lud& ber ©o^n l^at bas Seben als eine i^m t)on ©Ott 
t)erliel^ene ©abe. ätllein er trägt es in berfelben SBeife in pd^ 
felbft, mie ber SBater es in fid^ felbft l^at, 5, 26. greilid^ mirb 
6, 53, t)gl. 1. 3o^. 3, 15, baS Seben ebenfatts als Sefife, ben 



— 107 — 

ber aRcnfd^ „in fid^ fclbfi" trägt, bcfd&riebcn.O 3LMn biefc 
©tctten rocrben eben butd& 1. 3ol^. 5, 11 erläutert. 3n ben 
SBorten 3efu o, 26 erhält bad h havrff) baburd^ eine befonbere 
SSebeutunft, ba§ ber ScbendbeRl 3efu ber Sebenbigfeit ©otteö 
ftleidbgcficnt wirb. S)ie 3Rcnfd&en ^aben bod Seben im ©lauben, 
ber ben über il^m liegenben Seft| 3efu fein eigen nennt, 3efud 
bagegen trägt e« in Rdfe felbfi. ©ein 2ebenöbeft| ifi jo wenig 
als feine (Semeinfd^aft mit @ott burd^ Ol au ben Dcrmittelt. 
Sud^ an biefer ©teile fprid&t ber ©oangelifi nid^t von einem 
©lauben S^fw. 6t ifi vermöge feiner ©emeinfd^aft mit ©Ott in 
berfelben SBeife mie ©Ott ber Ort beö Sebenö. 

Snbem S^fwd nur bad, roaö in i^m felbfi mo^nt, Seben 

nennt, gilt il^m bie 3)ofeinSn)eife ber 9Kcnfd&en alö S^ob. 

3efu§ allein ift ber Sebenbige. ®ieö Seroufetfcin fprid^t fid& am 

mdd^tigflen barin aud, bafe 3efud ben ©lauben an x\)n in ben 

«u«bru(f fajfen lann: glauben, bafe i* bin, 8, 24. 28; 13, 19. 

S)cr 2luöbru(f ifi fiel^enb unb barf bedroegen nid^t auö bem 

icbeSmaligcn ß^fcnnmen^ang ergänjt werben. SBie Sefud allein 

Scbcn julommt, fo gilt aud& oon i^m allein, bafe er „ifi". 6r 

^at ein ©ein, wie eö ©Ott ^at, roeö^alb bie jufammenfaffenbe 

§ottnel für ben auf i^n gerid^teten ©lauben lauten fann: 

glauben, ba§ er ifi. Sludfe biefe gormcl fd&liefet ^ an alt- 

teftamentüd&e SBortc an: wie ber ©laube an ©Ott ftd& in bem 

Sefenntnid jufammenfafet, bafe er ifi, fo aud^ ber ©laube an 

3cfuö. 3)er ©ebanfe ifi nid^t auffallenber alö ber anbere, bafe 

3efu§ allein lebt, unb ifi bemfelben burd^auö paraßel. 

SBie bie Äinber ®otte§ il^ren SebenöbeRl ber B^wgimg burd& 
ben ©eifi ©otteö oerbanfen, fo ^at aud^ 3cfuä fein Seben 
burd^ ©otted ©eifi. ©eifi unb Seben gel^ören jufammen, 6, 63. 
SBie Sefuö ben ©eift ol^ne 9Kafe f)at, fo l^at er aud^ baö Seben 
öanj. ©ein Sebenöbeftfe ^at eine aSoDftänbigfeit, oermöge beren 
er t)on ber B^funft feine ©rgänjung unb güDung beöfelben 
me^r erwartet. SBer baö Seben b«t, ber l^at bamit alled reid&lid&, 
. 10, 10. 2)aö lebenbige SBaffer ftillt ben Surft auf ewig, 4, 14. 
SSermöge feiner ooHfommenen ©emeinfd^aft mit ©Ott, fraft 
beren er burd^ leine ©d^ranfe oom ^immelreidfe gefdfeieben ifi, 
unb feine ^immlifd&e ©jifien} nid^t nur als SBergangenl^eit hinter 



') SBorauf §amad fi(^ beruft. 



— 108 — 

fic^ unb aU jufünftigcö 3^^^^ t)ad crfi nod^ crrcicJ^t tüCTbcn 
müfete, oot ftd&, fonbcrn aU ©cßentüort unb Slcalität bei ficä^ 
^at, [teilt er im gricben, 14, 27. 2)a fo bet ßebenöbcfife Sefu 
i^m nid&t nur in einem ß^itlauf fncceffit) unb ftücteeife gegeben 
mitb, fonbetn ein fcrtißet unb ganjer ift, fo wirb er butd^ ben 
aiuöbrud ,,eroiöeä Seben" bejcid^net, roeld^er ben gegenroättigen 
Sefift mit bem jufünftigcn, ben bieöfeitigen mit bem ienfeitigcn 
in eine ©inlieit juf ammenfafet. *) 3n feiner einjigartigen ©e^ 
meinf(ä^aft mit ®ott unb feiner eiujigartigen l^immlifd^en ©Eifienj, 
bie ifim feinen Drt in ©Ott unb im ^immel befümmt, ift 3efu§ 
ber einjige Sebenbige. 

S)arum ift anä^ mit feinem Eintritt in bie äBelt ,,baö 
Seben erfdbienen", imb mit feiner ©egenwart beim aKenfdJen 
empfängt berfelbe baö ßeben. Seben unb ©eift i)at 3efuS ate 
etmaö 3Jlitteilbareö empfangen. SBenn er nid^t nur ber Sebenblße, 
fonbern ber, „in bem Seben ift", ber Drt beö Sebenö genannt 
mirb, fo foll bamit auägebrüdtt werben, bafe er jugleid^ ber JQuett 
beö Sebenö ift. 2)ied mirb im 6. Äapitel mit bem 93ilb: „Srot 
beö Sebenö" bejeici&net. 2)a§ a3ilb bejeid^net Sefum ate ben baö 
Seben SSegrünbenben imb (Srl^altenben : oom ©enufe biefeö SSroteö 
pngt ber Sefife - beö Sebenö ab. Unb jmar ift ^efuö afö ber 
aus bem ^immel Äommenbe baö ,,lebenbige" a3rot, ein 33rot, 
bad Seben fd^afft, meil es Seben in fid^ trägt. SDurd^ bie 
SRebe bejeid^net Sefuö pd^ ni(|t nur afe ben ©peifenbcn, fonbern 
afe bie ©peife. ®r giebt nid^tö ©ad^lid^eö, nichts oon i^m 3Cb= 
lööbareö, fonbern fid^ felbft, feine 5ßerfon. 5Wit bem ißwmeiö 
auf feine oöllige ©elbft^ingabe an ben 3Jlenfc^en Derbinbet jid^, 
mie fc^on nad^geroiefen in ber SRebe, burdö bie S^rennung ber 
beiben jufammengel^örigen (Elemente: %Ui^ä^ unb 33lut — ber 
^inmeiö auf feinen %oh, 

©ein 2^ob gel^ört ju feiner DoIIenbeten ©clbftl^ingabe, er ifi 
bie aSoflenbung feiner Siebe: burd^ ilin erft giebt er pd^ il^nen 
üöHig jum ©enufe ^in: mie fein gleifd^ Sebingung feiner 
fpeifenben aWad^t ift, feine aJlenfd^l^eit — fo ift eö aud^ fein 
33lut, fein Sterben. S)er ©ebanfe fte^t auf einer Sinie mit ben 
fd^on erläuterten ©ebanfengängen , bie bie 6rl|öl^ung ^jefu jur 

Xie Definitionen be§ ewigen ßebenS, hie cS im QJegenfat 5ur ^eiU 
öorfteUung al§ etmaS £lualitatiüe§ ober 3ntenfiöe§ ober gar ©tl^ifd^eS be* 
jeid^nen, finb ju formell. 



— 109 — 

Sebingung bet ©ciftcämittcilung unb bct ©inrool^nunö 3efu 
inad^cn. 

SDcm Silbe beö 33rotcö cntfprec^enb iDitb baö ®ffcn unb 

Sltinfcn aU öcbinöung bcä Scbcnö bcfd^ticbcn. 2)ie SEBottc 6c= 

jeid&nen mit ftarfct Sctonung bic 3teceptit)ität bcö 3Jlcnf(^cn, bic 

ber ^etfon ^z]u gegenüber gefotbett roirb. 2)er gteid^e ©ebanfe 

wirb ol^ne 35ilb a\x^ fonfi auögefprod^en : boö ^innel^men — 

lafißaveiv — ift baö t)on bet SBett erroattete SBer^alten ^t\vi^ 

öegenübcr, 1, 12. 5Diefet 33egtiff ift bei Sol^anneö bem be§ 

©laubenö fpnonpm, ba biefet aud^ ein receptbeö SJet^alten 

bc5ei(^net. 2)a§ Sitb beö @ffen§ unb ^tinfenö erläutert bie 

gorberung „^injune^men", inbem es jeigt, baj3 eö fi(^ nid^t um 

ein äufeerU($eö 2lnne^men l^anbelt, fonbern um ein 3lufne|)men, 

bur(i^ roeld&cö 3efuä inö Innenleben beä SJlenfci^en einbringt unb 

cl id^affenb gefialtet. 2)ur(^ baö auf x^n gerid^tete Segcl^ren 

öffnet jtd^ ber 3Jlenfd^ einer ®lnn)ir!ung 3efu, bie ein S^^newirfen 

\m ^enfd&en ift. 2)em entfprid^t eö, bafe ^efuö fid^ ein ©ein in 

feinen Sängern beilegt, roeld^eö ber ©egenroart ©otteö in ^efuö 

analog ift, unb burd^ roeli^eä er in berfelben SBeife mit feinen 

3ünöctn eins wirb, wie .©Ott mit i^m einö ift. S)iefeö SBer^ 

lältnis wirb in ganj äl^nlid^er SBeife wie bei ^ßauluö burd^ 

einen boppelten 3lu§brud bef(^rieben: Sefuö ift in feinen 

3ünaem unb biefc ftnb in il^m: ber roed^felnbe 3lu§brucf mad^t 

'i^axau^ aufmerffam, bafe baö SRaumbilb bod& nid^t genügt, um 

'titn @thoixdtxi barjufteDen. 

So realiftifd^ baö SBer^ältniö oorgeftettt wirb, fo ift eö bod^ 
m(i^t naturl)aft gebadbt. SDaö ©lauben, baä begel^renbe ©id^öffnen 
3efu§ gegenüber ift bie 33ebingung feiner einbringeuben SBirt 
famfeit. S)aä 3Serl^ältni§ ift ein SSerl^ältniö ber Siebe: mie bie 
DöHige ©elbft^ingabe 3efu feine oollfommene Siebe ift, fo äufeert 
ftö& in ber nii^t nur auf fad^lid^e ©aben unb naturl^afte 
SBitfungen, fonbern auf i^n, auf feine ^erfon, auf fein 
,,gleifd^ unb Slut" gerid^teten 33egel)rung bie Siebe be§ aWenfi^en. 
5)a baö ^^nenroirfen 3efu im SJlenfd^en baö ^kl beö „@ffenä 
unb S^rinfenö" ift, unb feine ©rp^ung Sebingung biefeS S^tnen- 
n)ir!en§, fo ift bie SSottenbung feiner ©elbft^ingabe im S^obe bie 
Sebingung bafür, baj3 fein „^Jl^ifd^" genoffen toerben fann. S)ie 
SRebe ift oom ©oangeliften f(^n)erlid^ o^ne 5lücfft(^t auf baö 3lbenb= 
nta^l formuliert: nid^t nur in bem oon Sefuö gebraud^ten Silbe, 



— 110 - 

fonbcm in il^tcm ©inne fommt fic mit bet ©cbeutung, bie bic 
©pnoptifet bcm 2lbcnbma^l geben, übetein. 

S)ie Sebenögabe roirb 6, 63 Dgl. 68 an baö SBort 3efu 06= 
bunben: feine 2Borte ftnb (Seift unb Seben. 2)icfcr ©ebanfc 
erläutert fid^ auö ber Sebcutung, bie Sefuö feinem SBBorte beilegt. 
S)ie Selbftl^ingabe, bie im 6. Äopitel ald Eingabe feiner menf^= 
lid^en ^erfon, feineö ,,gleifd^eö" befd^rieben mirb, ooUjiel^t 3efu3 
burd^ fein SBort: burd^ fein 2Bort giebt er mel^r alö fac^lid^e 
naturl^afte @abm, nämlid^ fid^ felbfi, feine ^erfon. ®ben meil 
baö äebzn an il^n, an feine 5ßerfon gebunben ift, ift eß beäroegen 
an fein SBort gebunben. hiermit mirb ber ©ebanfe beö ®in= 
gangä aufgenommen unb erläutert: ,,im SBott mar Seben." S)aö 
SScrl^ältniö ber Sänger jum äöorte entfpri(^t beömegen genau 
il^rcm Sßerl^ältnid ju 3efuö unb mirb in benfelben SBenbungcn 
befd^rieben: aufnel^men 12, 48. 2)em bleiben in Qefuö tritt baö 
©leiben feineö 3Borteö in ben Süngern an bie ©eite, 15, 1. 
3lu^ bie gorberung in feinem äBorte ju „bleiben" finbet ^ä^. 
2)em 2lufnel^men beö 2BorteS entfprid^t ba§ ©ernähren beöfelben 
— TfjQstv 8, 51. 52; 14, 23. 24; 15, 20; 17, 6 — momit 
meber nur an ein 3lufl&eben in ©emufetfcin unb ©rinnerung, noc^ 
nur an eine (Erfüllung feiner gotberung gebadet ift. SBielmel^r 
crflärt fid^ ber 2luäbrucf barauö, bafe baö 2Bort 3efu ate objef:= 
tioe SKad^t, als reeller ©eftfc gebadet ifi, ber im SBoflen unb 33c- 
gel^ren beö 3Renfd&en feftgel^alten werben mill, fo bafe er im 
aJlenf^en „bleibt". aSom ^örcn beä SBorteö fann beämegen ber 
©efl^ bes bebend abhängig gemad^t merben, 5, 24, ba bad 
^ören afe receptioer 3lft gebadet ift. 

2)a an baä SBort 3efu bqö emige Beben gebunben ifi, fo 
mirb aud^ bie S^otenermedEung auöbrüdlid^ an baö „^ören feiner 
Stimme" gebunben. Sluö bemfelbcn ©runbe faßt ber Sebenöbcflfe 
in baö irbifd^e Seben ber 3ö"g^^^ ebenfo mie bas ©erid^t 12, 48. 
2)ie Begabung mit Seben mirb im 5. wie im 6. Äapitel afä 
örmedEung auö bem S^obe befd^rieben. Sie ift baö pd^fte SBerf 
3efu, baä il)m mie ©Ott eigentümlid^ ift: er mad^t lebenbig, 
meldte er roill, 5, 21. 2)er SebenSbefife l^ängt allein oom aOBitten 
3iefu ab, entfpringt in feiner SBeife im SBillcn beö 3Jlenfd&en.^) 

§arnac!, a. a. D. 6. Iö5, 5(nm. 1 beäei^uet „ba§ betonte ot\ »Uh 
als bunfcl, aber auij^ niij^t au§ ber SogoSlel^re ju crtl&ren. @§ giebt l^ier 



— 111 — 

3n ben SGBortcn über bie S^otcncTOeduna im 5. Äapitcl l^at 

cd bcfanntUd^ ©d^iDicxigfcitcn gcmad^t, bafe bic S^otenettocdEung 

balb als QZimxüixxÜQe^, halb als eöd^atologifd^eS SEßcrf ^^f^ ^^' 

fd&cint; wie bct Ungläubige fc^on gerid^tet ift, fo ift bet @lau= 

benbe bereitö auö bem S^obe in baö Seben übergegangen. 3)ie 

©tunbe, in bct bie ^oten ble Stimme beö (So^ne§ ®otteö pren, 

fommt unb ift bod^ aud^ fd&on jefet. 2)iefelbc gormel, bie bie 

aSirfung 3cfu einerfeitö alö gegenwärtig, anbrerfeitö aU sufünftig 

bejeid&net, ftnbct fid& 4, 23. ^n ber 3tebe übet bie SCotenerroedung 

finb SB. 28. 29 ol^ne S^^^if^l eäd^atologifd^ ju beuten. 2)ie 58or= 

auöfefeung, bafe 3fol^anneö bie iötaelitifd^e Sluferfte^ungöl^offnung 

,,petgeiftige", l|at SBenbt auf ben ©cbanfen gebrad^t, bie ©teile 

als ©loffc }u ftreid^en. 2)as Reifet auf baö SBcrftänbniö ber 

©teile oerjid^ten. ©o wenig bie ©egenwart be§ ewigen &ebtm 

unb bes (Serid&teö für 3<>^önneß bie ©twattung beö Offenbar- 

roerbens biefer ©rgebniffe beö SBirfend 3^fu mit feiner 5ßarufle 

auSfd^Uefeen, fo wenig x)erjid&tet er auf bie äuferftc^ungS^offnung, 

benn aud^ fein ©oangelium fd^tiejjt mit ber ©rjäl^lung t)om Sluf- 

exftanbenen. fjreilid^ trifft man ben ©cbanfen beö ©oangeliften 

ou^ nid^t, wenn man „x)on einem einjigen jufammenl^ängenben 

Sßetlauf ber ^(oonoltjoig rebet, weld^er ben SKenfd^en nad^ feinem 

5Perjon= unb feinem SRaturleben umfaßt, fid^ aber nur aömä^lid^ 

nad^ beibcn ©eiten ooUjicI^t." ^) SBon einem ,,allmäl^lid^en Über- 

d(inß einer fittli^en ®rwecfung in eine pl^pfifd&e" fann fd^on 

wegen ber völligen Unflarl^eit biefer ©rflärung nid^t bie SRebe 

fein. 2)ie Siebe bleibt unoerftanben, folangc man pcrfennt, bafe 

bie burd^s ganje 3leue ^eftament l^inburd&ge^enbe Slnfd&auung loor- 

liegt, nad) ber baö ^immelrei^ mit allem, waö e§ in fic^ fd^liefet, 

Bercitö gegenwärtig ift. 2)aö SBort, bafe bie Soten bereits jefet 

crmedt finb, ift nid^t parabofcr, als bas anbere, bafe bas ^immel- 

in bcm ebangelium leine beutli^e ^arattcle." 2)ic greil^cit be§ SSittenS 
Sefu ift aber ni(3^t QJott gegenüber betont, bann wäre ha§ 2Sort nid^t nur 
einzigartig, fonbern e§ ftdnbe in bire!tem (^Jegenfa^ ju aUent, wa§ baS 
eöangeUum fonft über Seju m^dngigleit bon ÖJott fagt. 5lber aUerbingg 
Wirb bie Unab^dngigteit beg SSerfeS 3efu bom SSiUen be§ 9Kenf(^en auS^» 
gefprod^en. STrägt e§ in biefer S3e§ie]^ung ein (SJel^eimniS in fid^, fo fielet e§ 
bod§ ni(j^t, wie §arnad meint, ol^ne 58eifpiet ba, fonbern l^at fogar bei ben 
@t}nopri]fem eine (el^rreid^e ^arallete. 9Katt^. 11, 27. ^ud^ ^ier wirb ber 
SSiUe gefu al§ ber le^tc ©runb feiner X^at bejeid^net. 
^Ö^t- ^ol^mann j. b. @t. 



— 112 — 

tcic^ öefommen unb baö ßcben etfd&icncn ifi. 3)ie Xotcuenoedung 
fommt in öettad^t als SBcrlci^ung beö ßcbenö. 2)ie gegcnmärtige 
©rtüedunö, bic fid^ butd^ baö SOBort 3cfu oottjicl^t, befielt mä^ 
bcm B^föttimcn^auö bcr SRebc batin, bafe bic ©taubenbcn bur<| 
baö SBott 3efu bem ©erid&t bereits entnommen fxnb, bafe il^nen 
il^r Slnteil am ^immelteid^, an bet Slufcrftel^unö burd^ baö SBort 
3efu bereits jugefprod^en ifi. Sie finb aus bem 2^obe ins Seben 
^inübergeaanöen, fie finb bereits auferfianben — biefes SBort 
fd&liefet ben ©laubensaft in fid^. 3)ie 2luferftel^ung ifi für fie ber 
jroifd^en gurd^t unb Hoffnung fd^roanfenben ©rmartung entnommen, 
fie ö^^ört i^nen bereits, tiefer ©laube ifi d^rifiologifd^ motioiert 
unb beruht auf ber reellen Sebeutung beS SBorteS 3efu, tocK^cS 
bireft ins 2d)zn ruft, ermedEt. 9Kan trifft alfo ben ©ebonfm 
beS ©oangelifteu aud& nid^t, wenn man bie ins geöenroartifle 
Seben fallenbe (grmedEung im Unterfd^iebe t)on ber pl^pjtfd^en 3luf= 
erfiet)unö eine ,,fittUd^e" (grmedEung nennt, als menn eS fic^ ^let 
nur um einen 3Ser0lei(i l^anbelte. 3)er ©ebanfe l^at feine ^ax-- 
adele am paulinifi^en ®lauben> bafe bie (Semeinbe mit ©J^rifluä 
ermedt ifi, nämlid^ für bas Urteil OotteS, meld^cs fie im ©laubcn 
als gemife unb reell, als SBir!lid^!eit anfielet. 

S)er aSerjid^t auf bas (Serid^t, ber im ©oanßelium als S"' 
l^alt ber ©nabe ©^rifti bejeid^net ift, ifi l^iemad^ nid^t ettoaö 
SbeelleS, ober nur ^RegatioeS. ß^riftus mirb ftets als l^anbelitb 
gebälgt. SBie fein SRid^ten nid^t nur ein Urteilen ift, ober ein 
paffioes 33etrad^ten einer ,,immanenten" ©ntmidElung beS 3Renfd^cn, 
fo ift ber SSerjid^ auf baS ©eric^t, bas ©rretten eine pofitioc 
fd^öpferifd^e Begabung mit Seben. 

2)ie @abe 3efu an bie SBelt mirb nii^t nur 2zbm genannt, 
fonbern aud^ ®eift. 33eibe begriffe finb fpnon^m. 3Sgl. 6, 63. 
3)en ©eift nennt SefuS als feine ®abe nid^t nur in ben SJlbfd&iebö- 
reben, fonbern aud^ im ©efpräd^ mit $RifobemuS, im ©efpräd^ 
mit ber Samariterin, in bem SBorte 6, 63; 7, 37. 2Bie feine 
aJla(fet barauf berul)t, bafe er ber S^räger beS ©eifieS ift, fo be- 
fte^t fein SBerf barin, bafe er ber ©eber beS ©eifteS ift. ©eift 
ift nidE)t etma eine feiner ©aben, fonbern in i^m fajst fid^ atteS 
jufammen, maS SefuS ju geben l^at. 2)ur(ft i|)n mirft er bie 
^inbfd^aft, ^av- 3, unb bas wahrhaftige ©ebet, ^av. 4. Snbetn 
er ©eift giebt, mad^t er ben 5IJienfd^en nid^t nur jum paffioen 
©mpfänger, fonbern jum 2^^äter: er ftittt ni^t nur ben Surft 



- 113 — 

bcö 3Rcnf(^cn, fonbetn ma^t ii)n fclbft jum Quctt, 7, 37 f. 3)iefc 
Segrünbung ciöencr 2lftioität unb ^tobultbität mad^t bie aSott= 
fommcnl^eit bcr @abc 3cfu auö unb jciQt bie aSoDfommcnl^eit 
feiner Siebe: Sefuö begrabiett bie ©einiöcn nid&t ju blofeen ©m- 
pfäugern, fonbetn er l^ebt fie empor auf bie ©tufe oon X\)ätem, 
beren 3)ienfi er [x^ ßcfallen läfet. @r oermaö nid^t nur ju geben, 
fonbetn aud^ ju nel^men, ja er überlädt ben Seiniflen bie 
„ßtöfectcn SBBetfe" unb fteut ftd^, bafe fie etnten, was et gefäet 
f)at, 4, 3. 11. 

ajie ©tettung, bie 34«^ ^^^ Oebet feinen 3tingetn gegenübet 

etl^ält, n)itb in bem 33ilbe t)om SOBeinftodE Äapitel 15 befd^tieben. 

2)utd& baö 33ilb roitb etläutett, bafe baä oon @ott bet 2Belt ge= 

gebene &Azn in feinem ©ot)ne ift. ®a ^^fwö bet einjige Dtt 

unb Dxtell beä Seben« ift, fo ift eä ol^ne i^n nid^t ju geroinnen 

unb jroat giebt et eä nid^t an ben Sänget ab, fonbetn bel^ätt es 

in bet aSeife als feinen eigenen 33efife, bafe baö 2zbzn oon bet 

®emeinfd&aft mit il^m abl^ängig ifi, n)ie bie gtud&tbatfeit bet SRebe 

Don i^rem 3^f^wi^^J^^öng mit bem SGBeinftod abl^ängt. 3n biefem 

%Tmtniö regiert eine objeftioe SRegel, bie bem Jlaturgefeft oer* 

ftlci^bar ift: foroenig bie vom SBBeinftodE getrennte $Rebe g^^ud^t 

bxittöen fann, fo wenig ber oon gefus gefd^iebenc jünger: o^ne 

Scjuö !ann er fo roenig etmaö tl^un, wie ^efuö ol;ne (Sott, ©ad 

Siel bet eJemeinfd^aft mit Sefuö ift bie grud^t. SDer auSbrud 

bejetd^net fo roenig wie ber SluöbrudE „3Berf" ba§, roaö ber jünger 

au§ ftd^ felbft mad^t, fonbern ba§ bleibenbe ®rgebnid feiner Siebeö- 

Übung an ben aWenfd^en. ^olfemann bemerft ju 15, 16: „(pdguv 

mQnitv erinnert jroar an 58. 2. 4. 5. 8, ift aber bod^ etroaä anbetö 

gemeint." ®t bejiel^t es mic SBeife' u. a. auf bie aWifflondt^ätigfeit 

ber Slpoftel unb unterfd&eibet eö oon ber allen SReufd^en gebotenen 

Siebeöübung. 3)a8 ift angefid^tö beö ganj gleid^en SluöbrudEs unb 

öngefid^tö ber SBieberl^olung be§ SiebeögeboteS SB. 17 ganj um 

begrttnbet. 2)ie ben Jüngern gebotene Siebesübung wirb ganj 

analog ber Siebesübung 3efu gebadet: am ^anbeln 3efu wirb 

erfannt, was Siebe ift. 2)ie Segrünbung bes ©laubens iji bie 

oon ben Sö^Ö^tn erwartete ^rud^t, bie il^nen gebotene SiebeS= 

Übung, ©efliffentlid^ mirb niefit jroifd^en einer nur ben Slpofteln 

geftcdEten unb einer aßen ©liebem ber ©emeinbe gegebenen Sluf? 

gäbe gefd&ieben. 

3)a bie grud^tbarfeit bur($ bie ©emeinfd^aft mit ^efus be- 



— 114 — 

bingt iji, fo lautet bet Smpcratio: bleibet in mir. änbrerfeiti^ 
ifi eine SSerbinbung mit 3efuß möglid^, o^ne ba§ grudbt entfielt, 
wie ed frud^tlofe Sieben giebt. 3n biefem gatte wirb bie ®e^ 
meinf^aft mit 3efud gelöfi. 3)ie Sdfung bicfer SBerbinbung fann 
aber nid&t nur ©träfe, fonbem aud^ eigene 2:^at be§ Süngcrd 
fein. Slud^ für jte ifl Döttige unb befinitiDe S^eibung Don 3efud 
bie ©träfe. 3)a3 33ilb jeigt, ba^ bie Sebenbigfeit bes ^üngetd 
feine 3BirIfamfeit in ^6) fd^liefet, mie bie lebenbige Siebe grud&t 
bringt. 3efuö l^at in bem einjelnen, bcr an i^n gläubig ge^ 
roorben i% nod^ nid^t fein lefeteö giel eneid^t, fonbem fein 3iel 
gel^t über bcn ©injelnen ^inauö auf eine ©emeinfd^aft, barum 
ge^t fein 2Birfen burd^ ben ©injelnen ^inburd^, eö fd^liefet fi^ 
ni(^t in bcr ©rjeugung beö ©laubend ob, fonbem gel^t in ber SSe^ 
grünbung ber Siebe weiter burd^ ben ©laubigen ^inburd^ auf onbere. 
SBie 3efud im @oangelium nid^t nur afö baö 3^^^ ^^ 
©laubenö, fonbem au^ afe baö 3^^^ ^^^ Siebe befd^rieben ToiÄ, 
fo ifi er nid^t nur ber Segrünber beö ©laubenö, fonbem au^ 
bcr ermcdEcr ber Siebe, 13, 34 f.; 15, 12. 17. @o fel^ 
bcr ©oangcUfi bie frud^tbringenbc SBirffamfeit S^fw im &^ 
fpräd^ mit cinjclnen fielet, möl^renb feine SReben jum Solf 
©treitreben finb,^) fo ift gleid^mo^l fein S^tl nid^t in ben @in= 
jelncn in i^rer Sfolicrtl^cit erreid^t, fonbem ebeit roeil fein SBiUe 
in bcn ©injelncn bie ©rmedfung bcr Siebe ift, fo ifl fein 3^^^ 
eine ©emeinfd^aft. 3)icö liegt fd&on im ©^riftuönamcn : er fommt 
als ber Äönig, bcr baö aSolf fammelt. 3)cr Oebanfe tritt im 
Silbe x)om ^irtcn unb ber iperbe mieber: bem einen Wirten 
cntfprid&t bie eine $crbc, 10, 16. S)ic ©rböl^ung 3cfu l^at bad 
3icl, atte ju il^m ju jic^cn, 12) 32. 3)urd^ feinen ^ob fül^rt er 
bie jerftrcuten ^inber ©ottcö }u einer ®inl^eit jufammcn, 11, 52. 
S)ic Sitte für bie ©einen lautet, „bafe fic eins feien, fo mie 
wir." 2)cm cntfprid^t baö ^kl, mcld^cö Sol^anncä feiner eigenen 
5ßrebigt ftcdEt: bamit aud^ il^r ©cmcinfd^aft l^abt mit un§. 2)iefe 
aber fommt juftanbe burd& bie ©emeinfd^aft mit bem SBatcr unb 
mit feinem ©ol^nc Scfuö ©^riftuö. 2lud^ bas 33ilb oom aBcim 
ftod ftcllt alö 3efu 3tel bie ©inigung bcr 3)lenfd^en ju einem 
gcgliebertcn Drganiömuö bar. 

1) ^Ql Sc^ratter, ^er S3ru(^ Sefu mit ber gubenfd^aft ©. 7, in bcr 
Dreöi gewibtneten (Sammlung: 3lu§ ©d^rift unb GJcfc^ic^te. 



6. KapifeL 

SBcnn ^ol^anncö an bic ©pifee beö ©öanöcliumö eine aRc- 

bitatton über baö ,,2Bott" ftettt, fo entfptid^t baö ber fd^on 

(J^atafterifierten 3ltt feiner ©ebanfenbilbung, bie fid^ ni(ä^t nur an 

ben einjelnen 3teben, fonbern aud^ im ^anitn beobai^ten läfet. 

©ine ©inleitung ift ber Slnfang be§ ©oangeliumö ni^t. 3Sielmel^r 

wirb aud^ für baö ganje (goangcUum bie umfaffenbe, l^öd^fte, 

ticfftc aiußfaße, beren 3lu§füt)rung baö ©oangclium bringt, an 

bie ©pifee gefiettt. 3)aö ©loangelium entfaltet bann, roaö bie 

6ingang§tt)orte enthalten, im einjelnen. 2lber aud^ ber ©ingang 

bes ©tjangeliumö felbft ift wieber nad^ berfelben SRegel gebilbet. 

6r bilbet nii^t einen ftetig voxmxt^ fd^reitenben ©ebanfengang, 

fonbern mel^rere Äreife. ®ie vom ©anjen jum ©injelnen aU 

fteigenbe (Sebanfenbctuegung roieber^olt fid& me^rfad^ in parallelen 

©tüdfen, bie fortfc&reitenb benfelben ©ebanfen immer fonf reter 

auöfül^ren. — 

SDie SBejeid^nung 3efu al§ bes ^^SBorteä" fielet formett nid^t 
oereinjelt im ©oangelium ba. Sie x)ergleid^t fid^ oielmel^r ber 
butd^gel^enben 3i>cntiflfation ^efu mit feinen ©aben, bie für baö 
©t)angelium d^arafteriftifd^ ift. Sefuö ift ba§ SGBort, wie er baö 
2iä)t, ba§ Seben, bie 2Ba^rt)eit, ber SEBeg, bie 3Serfö|)nung ift. 
S)ie %xaQt ift mir bie, roarum baö 3Bort ate ber umfaffenbfie 
Segriff an bie ©pifee beö ©oangeliumö gefteöt mirb. 3Jun jeigt 
fd^on bie ©infü^rung beö 3luäbrudö alö eineö befannten unb 
Dcrfiänblid^en, ba^ er bem ©oangeliften gegeben war. 2)ie 2ln= 
fnüpfnng an eine f(^on t)orl)anbene Sogo§Ie()re fann afö erwiefen 
angefetien werben.^) ©ine Sogoäfel)re aber gab eö nidit nur im 
3lleEanbrini§muö, fonbern au(^ in ber paläftinenfifd^en ©pnagoge. 

1) 2)ie Seugnung einer jol^anneifd^en SogoSlel^re bei Qal^n, Einleitung II, 
536 tt)äre nur bann aufregt ju erl^alten, wenn fonft feine SogoStel^re nad^* 

8* 



— 116 — 

SBatum nun bcm ©oangelificn biefe Sel^rc^) itäQmt etfd&icn, 
bem aSetfiänbniö 3cfu ju bicncn, baö läßt fi(^ nur aus feiner 
eigenen Sluöfü^rung entnehmen. 3Jlan gerät fonft in ©cfal^r, 
Sntereifen, bie il^m fern liegen, in bie Sogoäle^re ^ineinjutragen. 
3Kan fann na(§ ber 3)ar|iellung ber jo^anneifd^en Sogoölei^re 
rüdroärtö f(J^Iiefeenb biejenigen ©ebanfen feftfietten, roeld^e feiner 
Sogo§le|)re mit ber x)oraufge^enben iäbif(i§en gemeinfam flnb. 

SBenn man bie jo^anneifd^e Sogoölel^re aus ber 3lnfnüpfung 
an alejanbrinifd^e ^l^ilofopl)ie erHärt, fo pflegt man il^r SKotit) 
fo ju beftimmen, wie es gegenwärtig SBeijfäder^) formuliert: 
,,^iefer neuen, ber iol)anneif(^en Seigre (bient) ber ßogosbegriff 
beö atejanbrinifi^en ^Jubentumö, burd^ roeldöen biefeß ben alten 
©ottesglauben ju einer ißl^ilofopl^ie* umgefialtet, bie alle SBeft- 
rätfei löfen unb biefen ©lauben aud^ bem tieibnifc^en 3)enfen 
genel^m matten follte." SBenn aber bie jotianneifd^e Sogoöle^te 
i^re bireften 2lnfnüpfimgspunfte in ber paläftinenfifc^en ©^nagoge 
f)ixt, fo ifi es aud^ roa^rfd^cinlid^, bafe il^re 3lufna^me anbere 
9J?otiDe \)at 3Han wirb fid^ beSroegen nad& ben im @oangelium 
felbft erfennbaren 5IJiotioen umfel)en muffen. 

©d^on aSBeijf ädEer ^) Iiat barauf aufmerffam gemad&t, ba§ bie 
Übertragung ber Sogoslel^re auf 3efuS ein 3Kittelglieb im d^rifi^ 
liefen ©emeinbeglauben x)orauSfefee. 2)iefeS aJlittelglieb jroifd&en 
ber paläftinenfifd^en unb ber jol^anneifd&en SogoSlel^re l&at aber 



wei^bar roäre. 2)a e§ aber eine fold^e gab, fo ift eine ^ntnitpfung an bie* 
felbc ni(j^t ju beftreiten. S^^n meint, man !önne öon einer SogoSlcl^rc fo 
wenig wie öon einer Sid^tlcl^re fpre(3^en. %hex im 1. unb im 14. ^erfe 
ptte Sol^annejJ nid^t ßid^t ober ßcben ober eine anbere ber „formal öcr»» 
gteid^baren ^Benennungen ß^l^rifti" gebraud^en lönnen. 

^) ^li^t bie ^jl^itonif^e ober :paläftinenfifd^e, fonbern bie jol^anneif^e 
Sogoölel^re allein foU bargefteßt werben. 3n il^rem ^rif^ait liegt ber ^c* 
weis bafür, wo il^r 5ln!nü^fung§:pun!t ju fu^en ift. 

2) ^oftoUf^eg Seitolter. 2. 5luft. ©. 531. 

8) „SSenn man nun bcnnod^ glaubte, unter biefem Sogo§, ber anf&ngli^ 
bei OJott ift, ba§ SSort be§ ©bangcliumS öerftel^cn ju bürfen, fo ift ba§ 
wol^l al§ ©rllärung be§ S3egrip ni^t ri^tig, unb bod^ ift bie gäl^rte nid^t 
ganj eine falfd^e. ^a§ rid^tige baran ift, ba^ e§ fic§ um ein SWittelglicb 
bei ber Übertragung jeneS ^Begriffs l^anbelt. Sdngft ift für bie Seigre be§ 
^öangeliumö bie Söejeid^nung SSort ÖJotteÖ köyog rou (^soC gelaufig ge* 
worben, unb e§ finb namentlid^ fpatere ©d^riften, wie bie £ula§fd§riften, 
weld^c biefelbe mit Ißorliebe gebraud^en " ^. a. D. ©. 532. 



— 117 — 

eine t)iel ßxöfeete Sebeutung/) eine öebeutung, bie [x^ auä) butd^ 

eine ©tatifii! beö ©ebraud^ö ni(i§t ganj batfiellen läfet. 3Ran l^at 

^äufi0 batauf oufmetff am ßemad^t, bafe $ebr. 4, 12 in ber 

tealifiifd^en Slrt vom SOBorte ofe einet wirffamen 3Jla6)t ju tcben, 

bem jol^anneifc^en ©ebtaud^e beö SBorteö nal^e fiel^e. 6ä l^anbelt 

fid^ aber nic^t bloß um biefe einjelne ©teile, fonbetn um bie 

SBebeutunß, bie bem SBorte ©otteö in bet apojiolifd&en ©emeinbe 

butd&gel^enb beigeleßt ift. 2lu^ bie ßlitifioloßie beö ^ebräetbriefed 

iji üom ,,2Botte" auö gebilbet. ^efus ift für ben ^ebräerbrief 

^propl^et, b. 1^. ber SSejxfeer unb öringer beö 2Borte§ ©otteä: 

butd& i^n ,,rebete" ©Ott. 3)er 2lnfto6, ben ber ^ebräerbricf be- 

feitigcn fott, befielet barin, bafe ben Sefern ber Sefifc ber neu^ 

tejiamentlic|en ©emeinbe ju gerinöfügiß erfd^eint: 3efu§ rebete, 

TOäl^rcnb bie ©emeinbe einen l^anbelnben, fd&affenben, bie 2BeIt 

üetflärenben (Sl^riftuä ermartete. 2)em geßenüber leitet ber Srief 

bie ßefer an, 3efu SBort als bie umfaffenbe ©abe ©ottes ju 

^^äftcn. ®iefe aRad^t ^at eö, weil eö afe 3efu SBort ©otteö 

5Bort ifi. 3)ie umfaffenbe Sebeutung beö SBorteö 3efu unb ba- 

mit ber apoftolifd&en ^rebigt ju begrünben, baju bient ber gange 

cxfte S^eil ber ßl^rifiologie beö Sriefeö. 3QBät)renb ber 2lnfto§ ber 

©emeinbe barin befte^t, bafe am SBeltlauf burd^ ^efu Äommen 

ni(!^tö geänbert ift, ba§ beöwegen bie auf i\)n geftellte (grroartung 

cnttäuf^t unb ber 2lbfan gered^tfertigt ju fein fd^eint, jeigt ber 

Srief, bafe bie ©emeinbe mit 3efu SBort ©otteö ganje (äaU 

beult. 

©ine äl^nlid^e Seobad^tung lä^t Rd^ im erften ^etruöbriefe 
mad&en, 1, 24 ff. 3)ie SBiebergeburt jum ewigen Seben gefd^iel^t 
burd^ baö ewige SBort ©otteö, b. 1^. burd^ baö SBort ber eoan^ 
gelifd^en aSerfünbigung , roeld^eö an bie ©emeinbe gefommen ifi. 
3n berfelben SBeife wirb bie ©rjeugung ber ©emeinbe 3af. 1, 18 
auö bem aSBorte abgeleitet. 2)ie rettenbe SRad^t ift baö SBort. 
älud^ $auluö be^anbelt baö äBort ©otteö alö ©otteö äRadbt, bie 
bie ®rrettung fd^afft, SRöm. 1, 16; 1. Äor. 1, 18; 2, 4; 2. Äor. 
6, 7; 1. 5C^eff. 1, 5. 3lm eigentümlid&ften ift biefe 3lrt, x)om 
„aOBorte" ju fpred^en, befanntlid^ in ber 2lpoftelgefd^id^te auö= 
gebilbet. 

35iefer auf baö „SBort" gerid^tete ©laube ift l^iftorifd^ fe^t 



*) SJgt Bremer s. v. koyog. 



— 118 — 

TOO^I t)erftänbli($. ®r cntfianb birelt auö bct ©ituation bcr Sipofiel. 
3nbcm fic [xä) aU bic Sringcr beö ^immcltcid^ö , beö eroißcn 
Scbenö, bcr 58erföl^nunö, beö ©ctftcö anfallen, waren fie in i^rer 
in bie erfal^rbare aBirÄi(i^feit fallenben aBirffamfeit auf baö SBort 
befd^ränft. ^urd§ ben @($[u^ bes ©laubend n)irb nun aUed, wad 
ftd^ Don ißoffnuna an ben ßl^rifiuönamen anfnüpft, and SEBort 
gel^eftet. 3n berfelben SBeife einißte aber weiter rücfraärtö fd^on 
Sefuö felbft bas 33efenntniö ju feiner SKeffianität mit feiner auf 
baö aOBort eingefd^ränftcn aBirffamfeit. 3)ie eJ^age, in roeld^er 
SBeife fid^ baö 3Wad&tbeu)u^tfein 3efu mit ber beobachtbaren SBBirfc 
lid^feit »ertrug, wirb x)on allen ©loangelificn fo beantwortet, bafe 
er feinen SWad^tbefifc in feinem SBort ftd^ gegeben wußte. S)arum 
eint fid^ aud^ bei ben Spofteln in jwanglofcr unb gefd&id^tlidj 
oöllig oerftänblid^cr SBeife baä Sefenntniö jur SKeffianität 3efu 
mit ber ©rfa^rung ber oollen gefd^idbtUd^cn SBirf lid&f eit , in ble 
feine ©fifienj eingefd^loffen war. S^bem um beöwillen bie au^ 
i^n geftellte Hoffnung nid&t auf baä aWafe beö 6rfat)rbaren l^erab- 
finft, fonbern ftd^ in ber ^ö^e ber mefjtanifd^en i&offnung l^ölt, 
wirb atteä, was biefe Hoffnung umfafet, an fein SBort gefnüpft. 
Stuf biefe SBeife wirb bie a3ejal^ung ber SWeffianität 3efu jum 
(Stauben unb jwar jum ©lauben an fein SQBort. 2)aö SBort Ifi 
ber ,,©amc", bur^ ben er baö 3tcid& wirft, baö unfd&einbare 
©enffom unb ber ins SKe^I gelegte Sauerteig, ^eilid^ wäre 
biefe ©ad^Iage gefd^id^tlid^ gar nid^t benfbar, ol^ne fein bas SBBott 
bcgleitenbes SOBerf, wel(^eö eben bafür forgt, ba§ bie auf S^fwö 
geftellte Hoffnung nid&t auf baä SRafe ber empirifd^en SBirflid&feit 
I)erabftnft, b. l). ungläubig wirb. SlHein bie ©inigung beö Se- 
fenntniffeö jur aRad&t mit ber ©rfa^rung ber 3Wenfd^Ud&feit 3efu 
ooffjog fid^ bod^ baburd^, bafe man in feinem SBortc (Sotteö 3Wad6t 
erfannte. 

S)ieö gilt befonberö von ber Scbeutung, bie in ber Jol^an- 
neif(^en S)arftellung bem SBorte 3efu im 3Ser^ältniö ju feinem 
SBerfe beigelegt wirb. 

3efud giebt feinen SBerfen ein boppelteö SJer^ältniö ju feinen 
Borten: baö 2Berf fte^t \)'6\)tx afe baö SEBort, eö ift bad mäi^'^ 
tigere ©laubendmotio, weldfees feine SBirfung audb bann nod^ ju 
enei^en Dermag, wenn ba§ SBort oerfagt, 10, 38; 14, 11; 
15, 24. 9lls aRad^terweiö fte^t baö SSBerf, bie ftd^tbar nad^ außen 
tretenbe, 2;i^atbeftänbe fd^affenbe SBirfung über bem SBort. 3)enn 



~ 119 — 

im SBcrfe jcigt 3efuö feine ©inl^eit mit (Sott in unraibetfpred^Rd&et 
^eife. S)aö SBetf geiDinnt getabe beöl^alb ctpl^te S3ebeutunö, 
metl mit bem kommen beä ßl^rifiuö baö ißimmelteid^ nid^t offenbar 
mirb. SDaö SBetf jeigt, bafe eö 3efu« ni&t an bet beim ß^tifiuS 
crmarteten 'Sfla^t fe^lt. ®§ loergröfeert beöroegen bie ©(^ulb bed 
«oifcö, 15, 24. Sol^anneö berid^tet alfo baöfelbe Urteil 3efu, 
mie bie Spnoptifer: bie ©d^ulb ber galiläifd^en ©täbte wirb ba^ 
bur(äb grofe, ba§ fie 3efu SBunber fallen, 2lnöefi(ä^§ ber citierten 
Säotte ift es freili(ä& oöDig loerfel^lt, bem Sol^anneö ben mobemen 
IScbanfen unterjufd^ieben, bafe baö SBcrf nur alö erläutentbeö 
©ijmbDl einen 3Bert l^at, roäl^renb baö SBort bie ,,58er0eijiigun9" 
t)er X^at biete. ®in ßl^riftuö, für ben eö nur ein 3teben, unb 
nid^t ein ^anbeln, nur SBol^lmoEen unb nii^t SBol^ltl^at, nur 
ol^nmä(^tiöe ®üte göbe, ifi für ü^n nid^t möglid^. ©ntmeber wäre 
bie ®in^eit 3efu mit ®ott jerriffen, wenn gefuö nur an ©otteö 
^ort unb nid^t an feinem ^anbeln 2lnteil l^ätte, ober bie ©d^ranfe 
läge gar im ©otteSgebanfen felbft: ein fold^er ß^riftuö würbe 
«inen nur rebenben, nid^t aber l^anbelnben ®ott oorausfefeen. 35ie 
mad&t über bie Jlatur ift ein für ®ott unb alfo für ß^riftuä 
«benfo mefenttid^eö 3lttribut, wie bie 3Rad^ über ben ®eifi. 

Mein inbem Sefuö 4, 48; 20, 29 einen ©lauben tabelt, 
ber bem S^^eifelnben erft bur^ baö 3^i<ä^ß" abgenötigt toirb, 
fprid^t er inbireft baö Urteil auö, bafe fein SSort mel^r ift, alö 
fein SBerf. 3)enn jener 2^abel verlangt nid^t, bafe ber ©laube 
ftdp an bem (Geringeren genügen laffen müfete, fonbern bafe er 
ba^ SBort alö baö 2Sertt)ottere fd^äfeen müfete. SDie ©d&ranfe 
bicfeö ©laubenö liegt in hzm ifim ju®runbe liegenben 33egel^ren. 
®r »erlangt fad^lid^e ®aben anftatt beö aSorteö. 3)arum fteHt 
Sol^anneö biefen ©lauben in ©egenfafe ju bem ber Samariter, 
ber um feineö SBorteö mitten entfielet, 4, 41, unb feinen ®runb 
im ^ören l^at, SB. 42. 5Diefer ®laube äußert fic^ beöroegen aud§ 
nid^t in ber Sitte um naturl^afte SBirfungen, fonbern in bem auf 
feine ^erfon gerid&teten Segel^ren: fie baten i^n, bei il^nen ju 
bleiben. 

aSie S^fwö ben ®lauben um beö SBunberö mitten ivm 
©louben an fein SBort tierauf^ebt, fott bie ©rjöl^lung 4 , 46 ff. 
feigen, ^bem ber Äöniglid^e auf S^f^ SBort l^in glauben mufe, 
fott fein ®laube an ^efuö über bie ©d&öfcung feiner ^ülfe l^in^ 
ouögel^oben werben jur (Srfenntniö ber SBlad^t unb ^errlid^feit 



— 120 — 

feines SEBorted, alö beö größten Sefifecß 3cfu. 2)icfe ©d&äfeung 
beö SBotteö but(^}ie^t nun boö ß^nje ©loangelium. 3luf einen 
umfaffenben 3luäbrud ift fte in bem 33efenntniö flebrad^t, bafe 
3efu SBott bas emge Seben Dcxmittelt, 5, 24; 6, 63. 68; 8, 51, 
SDa Sefu SBort ju ben 30^8^^" ^föm, fo ftnb jxe rein, 15, 3. 
©roigeö Seben wirb niemals an S^fu 3Betf, fonbem nur an fein 
SGBort öefnüpft. 3)er Sebeutung, bie bem SBorte QZiebzn wirb, 
entfptid&t ber SBert, ber bet ©tfenntniö beigelegt ift unb bie 
©teDung; bie bie aSal^tl^eit etl^ält. 3Kan befiniert ben jol^an^ 
neifd&en ©ebanfen ni^t beutlid^ genug, wenn man von einem 
©rfennen, meld^ed auf „innerer ©emeinfiaft" rul^t, rebet, ober 
mie SBeife ju 17, 3 t)on einem „©id&oerfenfen in baö l^öc^ftc ®r- 
fenntniöobjeft", einem „geiftigen 2lnfd&auen". 2)ad ®igentümK(§e 
beö. ©ebanfenö liegt loielmel^r barin, ba^ für Soi^anneö beim 
SBcrftel^en, menn eö auf 5ßerfonen, jumal auf ©Ott gerid^tet \% 
feiner ber beteiligten paffio bleibt. SBie ber SBerftel^enbe ni^t 
paffit) einen ©inbrucf aufnimmt, fonbem mit feinem SBegel^ren in 
ben anbern einbringt, fo nimmt ber anbrc nid^t bie Stellung 
eines rul^enben Dbjeftes ein, fonbem er bleibt ^erfon. 2)as 
aSerftänbnis läfet fid^ nid§t erreid^en, menn er fid^ nid^t ju erfennen 
giebt. 3)abur(^ unterfd^eibet fid^ bie 5ßcrfon t)on ben fad^lid^en 
Dbjetten beS SBerftefienS. SDer ©rfennenbe unb ber ©rfannte finb 
beibe altix) unb beibc receptio. 3)aS oerftel^enbe (ginbringen beS 
einen ift nur möglid§ burd^ ein mitteilenbes ©id^öffnen bes anbem. 
SBerftänbniS ift ftets etmas ©egenfcitiges, fid^ SebingcnbeS. 

SBie SefuS bie ©einigen fennt, fo mirb er Don il)nen er^ 
fannt 10, 15 unb wie SefuS ben SBater fennt, fo fennt ber SBater 
il)n, 10, 15. SDem entfprid^t es, bafe bas JRefultat bes ©rfennenS, 
bie aOBal^rl^eit, als eine objjeftioe aJlad&t erfd&eint, bie nid&t unter- 
f)alb beS (grfennens fielet, als fein ^ßrobuft, fonbem oberf)alb bes^ 
felben, als bie baS ©rfenncn regicrenbe SKad^t. 

3)ie tiefere Sebeutung bes SEBorteS |)ängt bamit jufammen, 
bafe es allein oermag, ©rfenntnis ju geben. 3n biefer SBesiel^ung 
ift bas SBerf ftumm, ber SDeutung bebürftig, weS^ialb ben SBBerfen 
fiets beutenbe SReben folgen, bie il^nen il^re SBBirfung fidlem follen- 
3)as aOBort bagegen begrünbet besl^alb SBerftänbnis, weil burd& 
basfelbe ^t^m fid^ felbft öffnet, ©ein innerfies, perfönlid^es, gei- 
ftiges 2Befen oermag er nid&t im SBerf barjufteHen, fonbem nur 
nod^ ins SGBort ju faffen. ©ein lefetes ^kl ift, ©emeinfd^aft mit 



— 121 — 

ftd^ felbft in ftiften, ftd^ felbft ^u geben. Sid^ felbft aber fann 
er nm nod^ im SBotte geben, ©cift läfet ftd^ nur inö 2&ott 
faffen. 3)ieö wirb in bem Sffiotte 6, 63 außgcfprot^en. 2öte 
Won feftöeftettt ift, faßt biefer ©pru*, bafe 3efu gleifd^ beöl)alb 
Seben f(^afft, roeil but(^ baöfelbe ber ®eifi wirft, ^niüiefern 
bur(fi Scfuö ber ©eift toirft unb warum er eineö 3Jlenfd^en bebarf, 
um ju mirfen, beibeä erWärt ber ©d^Iujs be§ ©prud^eß: S)er 
©eift wirft burd^ 3efu gleifd^, infofern feine SBorte ©eift unb 
Seben finb; in feinem „%UxW ift ©eift, ba er in feinem SBort 
ift. Unb tim beöl^alb, weil ber ©eift beö SBorteö bebarf, um 
JU wirfen, bebarf er eines SKenfc^en.^) SBeil bieö bie öebeutung 
fcincö SBorteö ift, fo giebt 3of)anneö 3efu SBort als feine ©elbft^ 

mittcilunö.'O 3^f^^ ^^'^^^ ^^^ ft^ f^'tbft, ba er fidb felbft burdfes 

aBort mitteilen will. 2Bie allein baö aßort bie 5ßerfon ^efu in 

ftd^ JU f äffen loermaß/ f o loermag eö aud^ allein in baö perf ön^ 

lidöc ö^iftige innere beS 2Kenfd&en ju bringen. 2)ie natur^aften 

SBirfungen 3efu bleiben bem SJlenfd^en ttroa^ äufeerlii^eö. S)aS 

SBort fielet als ©ingriff in ba§ perfönlid^e geiftige SBefen beS 

3Jlenfd&en pl^er als baö SBerf, ba biefes nur ein geftaltenber 

eingriff in bie 5Ratur ift. 2lllein von S^fw SBort gilt, bafe es 

(Seift unb Seben ift. ®S ifi bie Sebeutung ber ©d&lufeworte bes 

12. Kapitels, bas ©ewid^t bes SBorteS 3efu Jöeroorjulieben : 

von ber ©tellung ju feinem SBorte l^ängt bas aSert)ältniS ju il^m 

felbft unb bamit bas SBerl^ältniS jU ©Ott unb bas befinitioe 

©efd^idE bes aWenf^en ab. ©ein SBort ift bie ri(^tenbe 5IJiad^t 

unb jwar in einem fold^en Umfange, bafe SefuS fagen fann: 

nid^t id^ rid^te, fonbern mein SBort. 

3n basfelbe SBerpltniS wie ju fidö felbft, ftettt 3efuS bie 
jünger ju ©Ott. 3nbem fie wie von il^m, fo aud& t)on ©Ott 
ni(^t fad^lid^e natur^afte ©aben, fonbern i^ri felbft, ©emeinfd^aft 
mit il^m, aSerftänbniS ©otteS erwarten follen, f)abzn fie ©ottes 



*) S'iebenbci bemer!t crgiebt ji(j§ l^ictauö, wie öcrfel^rt eS ift, bie S^l^efe, 
ha^ ber ®eift bur(3^§ SSort wirlt, in QJegenja^ ju ber anbern ju fteHen, 
*ba6 er burij^ SRctifd^cn, burd^ ^erfonen wirft. Söeil er bur^ ^erfonen 
wirft, f4) wirft er burd^S SSort unb untgefel^rt. 

*) 9(Rögnd^erweife l^at aud^ ba§ biel umftrittene SSort 8, 25 biefen Sinn: 
^ic 5lntwort auf bie grage: wer er fei, lautet: öon öornl^erein (ober: ganj 
unb gar) waS id^ aud^ rebe ju eud^. Seine $erfon liegt in feinem SSorte, 
fein SBort ift er felbft. ^gl. Sutl^arbt unb Sd^latter g. b. @t. 



— 122 — 

aBort als feine innetlid^fie unb tieffie Oobe, in ber ftc il^n felbfl 
l^aben, ju fd^öfeen. 2)arum ^ebt Sol^anned an ber ©teile, in ber 
et jufammenfaffenb S^f« Sebeutung audfprid^t, l^etoor, ba^ et 
ben x)etbotöenen ®ott butd^ö SBott bem ©tfennen bet SRenfd^en 
nal^e bxa^tt, 1, 18 ixstvog igiyy^aaTo. ^nhtm 3efuö afe 
äuöleßet bejeid^net witb, foH auöflebrüdt werben, ba^ et bnrd&Ä 
2Bort ©Ott erfennbar ma^te, bafe er aber baö 2Bort nid^t pro- 
buciert, fonbern bafe es ein il^m gegebeneö ifi. 2)a Sefuö eben 
inbem er burd^ö SBort wirft, mit feinem eiflenen SBefen ©otted 
innerfieö petfönlid&eö SBefen öffnet, fo ift bad „SBort" ber treffenbjie 
Sluöbrud für baö SSer^dltniö 3efu ju ®ott. älö bie Offenbarung 
bed geiftartiflen , perfönlid^en ©otteö ifi Sefuö bad perfönlid^e 
SBort. 

35ie Sebeutung, roeld^e bie Slnlnüpfung ber ©l^riftologie an 
bie Sogoälel^re l^at, wirb Har, rotnn man auf baö aSerl^ältniö bet 
jol^anneifd^en ß^rifiologic ju ber Stuftbilbung berfelben in ben 
übrigen neuteftamentlid&en ©d^riften ad^tet. aBeijfädEer*) bemerlt 
über baö 58er^ältniö ber paulinifd^en jur jo^anneifd^en ei^tifto^ 
logie: „®ie ßel)re von bem göttlid&en Sogoö afe bem gottwefen^ 
gleid^en unb einzigen ©ol^ne ©otteö, weld^e baö ©üangelium an 
bie Spifee fiellt, ift bod^ ztvoai ganj anbres afe bie paulinifd&e 
Seigre von bem ©ol^ne ©otteö afe l^immlifd^em ©eiftroefen, ber 
gleifd^ angenommen l^at. 3)er ©ol^n ©otteä im ©inne bed ^au^ 
lud ifi nid^tö anbreö afe ber t)on ®ott t)oraud bereitete SKeffta« 
unb ©rlöfet; unb wie er fid& benfelben beult, bad ifi ganj von 
biefer feiner 93efiimmung abl^ängig, unb fü^rt beöl^alb weber jur 
wefentUdben ©ottl^eit, nod& ju ber fodmifd^en Sebeutung, wcld^e 
il^m baö oiertc (goangeliitm beilegt." 

5Dafe fid^ ^Paulus ßl^riftum afe 3Wenfd^en präejiflierenb ge^ 
bad^t l^abc, wie SBeijf ädtcr ^) mit anbern annimmt, beruht auf 
einem aWifeoerftänbnis von 1. Äor. 15, 47.*) SSielmel^r l^aben 
gerabe bie weitefigel^enben Sefenntniffe beö ^Prologs, bie bie fau^ 



*) S)ic ?lu§fül^tung jcigt, baft §arna(f nid^t im 9led§tc ift mit bet Sc* 
mertung, bag „in bem bicrtcn ©öangclium leine SJcrbinbungSlinie gebogen 
fei jwif^en bem iperfönlid^en Sogo« unb bem ßogo« al« (äJnabenbotf^aft 
OJotteS." 

«) ©. 530. 
») ©. 120 f. 

<) SSgr. eJreifj^warbcr ©tubien, @. 209 f. 



— 123 — 

t 

fale unb ftnalc ©teDung 3efu jur SBctt auöfprcd^en, il^rc unjroci^ 

bctitißcn ^parallelen bei 5ßaulu§ unb im ^cbtäerbrief. SDiefer 

^l^atfad^e ßeßenübet ifi eß loöDifl unbegtünbet, biefe SuSfagen 

bireft ober inbiteft fo ju betianbeln, als wären jie auö ber Sogoon 

lel^re entftanben. 35er Unterfd^ieb ber jol^anneifd^en ß^rifiologie 

t)on ber paulinif(i§en unb überhaupt t)on ber gemeind^rifiliiä^en 

befielet barin, bafe biefe mit bem Seßriff beö ©eiftes gebilbet ift. 

2Bir Iiaben jroei ^rifioloflifd^e ©ebanfenrei^en im 5Reucn 2^efta= 

ment, bie pneumatif(i§e unb bie Soaoöd&riftoloßie. 3)aö SBer^ält? 

nid 3>efu JU ©Ott unb feine barin begrünbete Stellung jur SBelt 

erflärt man fid^ baö eine 3Jlal burdö ben SKittelbegriff beö ©eifieS, 

baö anbre 9WaI bur(^ ben beö SBorteö. 3^^^ Sogoäiä&riftologie 

gel^ört in geroiffem ©inne aud^ ber ^ebräerbrief. SBenn man 

nun nad^ ben 5IRotipen ber Sufnal^me einer £ogoöIe|re fragt, fo 

i|i baö ^Problem genauer bal^in ju formulieren: aud roeld^em 

©runbe mirb bad SBer^ältniö 3efu ju ©Ott fiatt burd^ ben Se= 

griff bcö ©eifteö burd^ ben beö SBorteö befiimmt? SBerbrängt 

Töirb ber ©eiftgebanfe nid^t. 2lud6 für ^ol^anneö ift S^f^ö i>cr 

aus bem ©eifte gebome ©ol^n ©otteö, ber 2:räger beö ©eifieö 

©otteö. 2)ie pneumatifcöe ©l^riftologie fott alfo burd^ bie Sogoö- 

^riftologie nid§t foioo^l erfefet alö erläutert loerben-O 3Ba§ für 

einen ©runb fann biefe ©eftaltung' ber ©l^riftologie ^aben? 6ö 

leud^tet ein, bafe man, roenn bie ^rage fo liegt, oon einer 3iüc!= 

ftdjt auf bie „©ebilbeten" ni($t mel^r reben barf. 

35ie aSertung beö SBorteö in feinem aSerl^ältniö jum SBerr 
im Sol^anneöeoangelium fül^rt auf eine anbre ©pur, bie fid^ aud^ 
fonfi im bleuen 2^eftament oerfolgen läfet. 2)ad SBort wirb, mie 
fid^ gezeigt l^at, aU Eingriff in baö perfönlid^e, geiftige Seben 
bem aCBerf alä SBirfung auf bie SRatur übergeorbnet. SBort unb 
SBerf aber werben beibe x)om ©eifte abgeleitet. 9lun ift in ben 
neuteftamentlid^en ©d^riften * ju erfennen, bafe bie naturartigen, 
tounberl^aften SBirfungen beä ©eifieö in ben apoftolifd&en ©e- 
tneinben leid&t überfd&äftt unb feinen innerlid&en geizigen SBirfungen 
gegenüber in ben SBorbergrunb gebrängt würben. 



») ^Ql Sd^lattcT, ^cr QKaube. 2. ^tuflage. ©.. 147: SBill man öon 
einem gortfd^ritt in ber ß^riftologic bei Sol^anncS fipred^en, fo befielet er 
barin, bag er bur<j§ ben iBogoSgebanlen ben ^Pegriff gegen ISerflad^ung 
energif(^ gef^ü|t l^at. 



— 124 — 

©(^on in ben f^noptifd&cn ©oangclicn roirb auf bicfc 6r= 
fd^cimmß 3lücffid&t öenommcn. SRattl^. 7', 21^-23 tpcnbct ftd^ 
gegen fold&e, roeli^c weiöfagten, 3)ämonen oertticben unb oiele 
Sffiunbet traten. S)ieö finb bie ©tücfe, bie man in bet apo= 
ftolifd&en ©emeinbe alö SJBirhtngen beö ©eifteö f(]^äfctc. ©ie 
werben aufgejä^lt alö ber unroiberleglid^e Seroeiö für bie ®c= 
nieinfcä^aft mit 3efuö unb als öeßtünbung beö änteife am 
^immelteidö: gerabe in ber munberl^aften 3lrt i^rcr SBerfe liegt 
für bie JRebenben bie überjeugenbe Äraft i^reä 2lnfpru(ä&ö. '^xi 
biefem SEBorte fprid&t fid^ alfo eine abfolutc ©d^äfeung ber natur- 
^aften SBirfungen bes (Seifteö auö : fie begrünben einen unjmeifel- 
l^aften 2lnfprud^ an baö ^immelrei(^. Die 2lntmort 3efu jerftört 
biefe SHufton: fie tl^aten bie ©ünbe. ©erabe weil fie burd^ ü^re 
d&ariömatifd&e ^Begabung ben öefifc beö ©eifteö bemeifen, fo werben 
fie um i^rer (Sefefeloflgfeit mitten nermorfen. 3li^t natur^a^e 
SBirfungen, fonbern baö SC^un beö aBittens ©otteö ift baö 3iel 
3efu unb be§ ©eifteö. 

3Kit einer Überfd^äfcung naturl^after d^ariömatifd^er ^Begabung 
f)ai befanntlid^ aud& ^pauluö in feineti (Semeinben ju fämpfcn. 
1. Äor. 13 mirb ben 3Birfungen beä ©eifteö auf bie 5Ratur bie 
ßiebe als fein eigentlid^eS innerlid&eS 3^^^ gegenübergefiettt. ®iefe 
beiben §3eifpiele jeigen, bafe es fid^ nid^t um oereinjelte, gelegent- 
lid^e jufättige SSerirrungen , fonbern um meit t)erbreitete, tief^ 
greifenbe ©efa^ren ^anbelte. 

♦ aOBenn nun aus ä^nli(^cn ©rünben im ^ol^anneSetjangelium 
Sfefu SBort über fein SBerf geftettt mirb, fo mirb man bas aMotit> 
ber Erläuterung ber pneumatifd^en ©J^riftofogie burd& bie Sogos^ 
d^riftologie in biefer SRid^tung ju fud^en ^aben: inbem ber aus 
bem ©eift ©rjeugte baS SBort genannt mirb, fott einer Jlaturalis 
fierung bes ©eiftbegriffs unb bamit einer aSerftad^ung ber ©^rijlo:: 
logie Qmzf)xt merben: als baS eigentlid^fte ©rjeugnis beS ©eiftes, 
als feinen abäquateften 3luSbrucf ^at bie ©emeinbe nid^t feine 
natur^aften aOBirfungen; fonbern bas SBort ju fd^äfeen. S)arum 
mirb unter ben oorl^anbenen Gegriffen biefer als bie treffenbfie 
SBejeid^nung für bas, mas SefuS ift, gemä^lt : nid^t im SBerf, 
fonbern nur im aBort oermag ©ott, ba er ©eift ift, fid6 felbft ju 
geben.^) 

») gal^n, ©. 537 er!(&rt bie SBal^l ber 33eäeid§nung folgenbcrmajen: 
Söcil aber biefeS Seben oug ber ftummen SScrborgenl^cit bei ®ott l^crbor*' 



— 125 — 

2)Qd 9Roth> ber Sogodle^re geitatm einen Sinblicf in i^ren 
@tnn. ^nbtm ^^^ned für ben Sobn @otte^ gerabe on ber 
@pi^e bed eoangelium^, loo 3^ Ser^Itnid )u ®ott ouf einm 
ttmfaffenben äbtsbnicf gebraii^ loiib, bie Sejeid^mmg bed ä&orted 
einführt, bejmnmt ex fein Ser^öltnig }u @ott in eigenartiger 
2Beife. 3>er Segriff brücft }unäd^ bie »efentlid^ 3uge^örigfeit ju 
@ott oud: ber Sogod ge^rt ebenfo niefentli(| ju @ott ote ber 

@eifi.O 

2)a ©Ott ®eifl ijt, fo ge^drt bad ^SBort^ ju feinem SBefen. 

9Bo @ei{t i% ba iß qu(6 Sort )S^a% SBort ijt bie SBeife, »ie 

ber @eifl ^ äußert unb bed^lb fein SRerbnoL 2}er Sogoö 

forbert nid^t als fein ^rrelat bie Seit itnb ed ifl ni<i^t jutreffenb, 

i^n ate ben Offenbarer @otted }u beftnieren. Sie Xufna^me bed 

Segriffs ruft im Sponel nid^ ben @ebanten an bie SBelt ^erDor, 

}u ber (Sott rebet unb ber Segriff brüctt bedmegen biefen ©e^ 

banlen anä^ maß auS: bas äSort nmr f(|on im äbifang unb ed 

iü JU @ott ^in gemenbet. dUä^t um ber SSelt loillen ^at @ott 

einen £ogoS, fonbem er ifl in i^m fettfi^ in feinem eigenen geifi^ 

artigen SBefen, bas fid^ nur ind Sßort }u faffen oermag, be^ 

gtünbet. 2)ur(i^ ben So^nednamen mirb bad Ser^ältnid 2[efu 

iu @ott aus @otteS Siebe erf lärt : ®otteS Siebe ifl ber ®runb 

feines 3)afeinS. Sud^ biefer Segriff giebt i^m ben @runb feiner 

giften} auSf(|Ke6U(!b in @ott unb nid^t au(]^ nod^ nebenher in 

efnem Seburfnis ber SSelt. aniein inbem bie €^rifio[ogie an 

ben SogoSbegriff angefnüpft wirb, wirb fie mit ber @eifiigleit 

@otteS in Serbinbung gebrad^t. 3)ie 6^ri{lo(ogie bes @oangelifien 

fd^Iiegt fid^ an baS oon @ott gegebene ^!tum an: fie ifl Sr^ 

fcnntnis 3efu. SÜIcin fie oottenbct fid^, inbem bie n)cfentli<|e 

Buge^örigfeit 3cfu ju ®ott erfannt wirb : fie läuft htH)a\i> fpefu- 

latio aus: burd^ bie Sogosle^re mirb bie S^riflologie als ein 

notmenbigeS SRoment beS ®otteSgebanfenS erfannt. 



getreten ... ifl, barum !ann man c3 baS SBort beS ßebenS nennen." «Hein 
ein ©egenfot i^^ ©c^weigen ift burd^ bicfe 33c5eid§nung nid^t nal^e gjclegt. 
®oS SBort wirb im ©öangelium immer nur öcrglid^en mit bcm SBer!. Äuc^ 
ift nic^t JU öerfte^en, wie e^ Sal^n mit bem Eingang bt^ ©öangclium« 
bereinigt, wenn er fogt: „^Ifo ift okoyog ein 9^ame nic^t be« präejiftentcn 
e^riftuS al§ fold^cn, fonbem gerabe beö fleif (^geworbenen." 

») 28eiäfä(fer 6. 531, „ol^ne eine weitere Ableitung, al« baß cS jum 
SBcfen ©otteö felbft gehört." 



— 126 — 

^olfemann^) dcmcrft: „3^ä^t nur jum Scflriff bct SBBelt^ 
fonbern ium SScgriff @otteö gehört bcrfclbe" (ber Sogod). atttein 
bcr iol^anncifd^e Sogoö gehört eben nid^t ^,jutn 33egTiff ber SBelt.'*' 
3n biefem fünfte nnterfd^eibet ftd) bie jol^anneifd^e Sogodlel^re 
x)Ott ber pl^ilonifd^n in d^arafteriftifd&er SBeife. Sefanntlid^ ijl 
für 5ß^iIo ber ßogod ein Sinbeglieb jroifd^en @ott unb SBelt. 
3!)er Sogoö l^at feinen ^totd in ber ^erfieHung ber Sejiel^ung 
jroifd^en ®ott unb SBelt: er ift ein für ben SSerfel^r @otteö mit 
ber SBelt notn)enbiged äRittel. 2)cr pl^ilonifd^e Sogod l^at alfo 
QÜcrbingö ben ®runb feiner ®Eiftenj nid^t in (Sott allein, fonbern 
er gehört ebenfo roefentlid^ jur SBelt. 

^er jol^anneifd^e Sogoö gel^ört allein }u ®ott: bied ifl fd^on 
bamit audgefprod^en, ba^ er burd^ eine jeitlid^e 93efiimmung am- 
brüdlid^ vom ®efd^affenen aufgenommen n)irb: in @ott aDetn 
^at er @runb unb ^xd feiner @Eiilenj, nid^t jur SBelt, fonbern 
}u ©Ott l^in ifi er geroenbet ngog tov d^eov, 3)ie ©inl^eit t)on 
©Ott unb feinem SBort befielet oor unb beö^alb abgefe^en t)Ou 
ber SBelt. ©ie l^at il^re Sebeutung in fid^ felbft unb bleibt mit 
bem 58er^ältnid ©otted jur SBelt untermengt. S)ied brüdEt bie, 
befanntlid^ im ©oangelium 17, 5 mieberfel^renbe jeitlid&e Se^ 
ftimmung auö. 

3)iefer 3^8 i^^^ jol^ianneifd^en ßogoöle^re ift foroenig neben^ 
fäd^lid^ ober jufällig, bafe er im ©oangelium regelmäßig loieber:: 
f^rt. ©efliffentlid^ n)irb ber ©ebanfe, bafe ^efuö für baö SSer^ 
l^ältniö ©otteö jur SBelt bie Stellung eines bienenben aWittel^ 
gliebeS einnel^me, abgemel[)rt. 3)ie SBelt fielet nid^t als ber bem 
Sogoä geftedte S^zd, um beäroiHen er ba ift, über il^m. S)ie 
2lnmenbung beö meffianifd^en ©ebanfenö auf 3[efuö ergiebt oiet 
me^r ben Äanon, bajs bie SBelt fein Eigentum ift. 25ie burd^^ 
fd^lagenbe SJebeutung biefeö ©ebanfenö für bie jo^anneifd^e 
ß^riftologie liegt auf ber ^anb. '^n ©Ott ^at er, toie ben 
©runb, fo aud^ baö 3^^^ ]tim^ ßebcnö. 9lid^t um ber 
SBelt unb ber aJIenfd^en willen ifi er ba, fonbern umgefel^rt: 
bie SBelt ift um feinetroiHen ba, fie ift fein Eigentum, ©iefeö 
Seroufetfein beftimmt bie ganje igaltung ^t^n im ©oangelium: 
fo fe^r ber ^err als ber S)iener auftritt, fo bleibt bod^ fein 
Dienft an ber SBelt in feinem Dienft an ©Ott begrünbet 

1) ©. 392. 



— 127 — 

unb barum burd) bcnfelbcn begrenjt. 35a er um ©ottcö xoxüm 
lebt, fo bleibt trofc feines ©ieufteö an ben 3Kenfd^en, feiner i0in= 
gäbe an bie 3Wenfd&en fein 3^^^, bafe ®otteö SBille unb nitä&t, 
ba§ ber aOBiUe ber 3Wenfd&en oefd^el^e. ©eine Siebe bleibt vereint 
mit bem 3orn gegen bie meufd^lid^e ©ünbe unb mad&t xf)m ani^ 
ben aSerjitä^t auf ben Sol^n beä SBerberbenö mögli^ 17, 12. @r 
Detmag beöwegen vom ®rfolg üöllig unabl^ängig ju bleiben, ßäge 
bie aSBelt alö baö 3^^^ f^^^^^ SEBirffamfeit über i^m, fo würbe 
buxä^ jcben aWifeerfolg ditä^t unb Äraft feineö SEBirfenö in grage 
geficllt. 2)a er aber um ©otteä roiHen lebt, fo bleibt er in feiner 
aOBirffamleit oon ber aOBelt gänjlid^ unabl[)ängig. 6ine dit^U 
fertigung erhält fein SSirfen nid^t burd^ ben ®rfolg, fonbern ba- 
bur(ä^, baj5 er ©otteö SöiHen t||ut. S)er ©oangelift jeigt bed? 
wegen, bafe 3efu SC^un ni(ä&t burd^ 3wedEmä§igfeit geregelt ift: 
er pafet fid^ ber Slrt ber 3Wenfd§en nid^t an, er rid^tet fid& nid^t 
nad^ i^nen unb fud^t feine SSermittlungen, er tl[)ut oielmel^r bie 
,3öl)r^eit", er ift in feinem SBirfen allein oon @ott äbljängig 
unb „fielet" unb ,,l^ört" aud^ nur auf ©ott: er rid^tet fid& nid^t 
nadft ben SEBünfd^en feiner Umgebung, fonbern roartet auf feine 
„@tunbe". 

3lm fräftigjien ift bie auöfd^liefelid^e 3w9^^örigleit 3efu ju 
©Ott 5, 23 auögefprod^cn. gefus ift baö ©erid&t, bie SCoten- 
erujedhmg unb bamit bie i^öd^fte X\)at ©otteö übertragen. 
SBarum? 35amit ade ben ©o^n eieren, wie fie ben aSater 
eieren. @ott rid&tet fein SBerl nid^t beö^alb burd& il^n auö, 
weil er felbft etwa eineö fol(|en SJlittelgliebeö bebürfte, ober weil 
ed um ber SBelt willen aus irgenb einem ©runbe notwenbig 
ober jwedEmäfeig wäre, fonbern bamit SefuS göttlid^e 6^re empfange. 
SDafe ber ©o^n baö 3iel ©ottes unb nid^t baö 3Kittel ©otteS 
ift — ober oielmelir nur beSwegen fein 3Jlittel, weil fein 3^^^, 
lönnte nid^t ftärfer ausgebrüdt werben. S)ie 58ermittlung beS 
göttlid&en SBirtenö burd^ 3efuS ^at jum einzigen ©runb unb 
3we(f, baj5 Sefuö feiner ©ottl^eit entfpred^enb als ©ott be^anbelt 
werbe. S)er ©ebanfe liegt burd&aus in ber Äonfequenj bes 33e- 
!enntniffes }ur ©ott^eit 3efu. ©o gut es eine aSerleugnung ber 
©ott^eit ©ottes wäre, wenn man i^n als 3Jtittel ju einem über 
il^m liegenben 3«^^^ be^anbeln woßte, fo gut folgt aud^ aus ber 
®ottl)eit 3efu, ba§ nid^t er in ber SEBelt, fonbern bie SBelt in 
i^m il^r 3iel erhält unb jwar weil ©ott nid&t in ber 2Belt, fom 



— 128 — 

bern in i^m ficö ba§ 3^^^ f^i^^^ ißonbelnö, aud& feine« SBBirfenö 
in ber SEBelt giebt: bet 33ater liebt ben ©o^n unb l^at i^m äße 
©inge übetfleben. 

3luö biefcr Bwß^^örigfeit be§ S090S ju ®ott erflären fid& 
aud^ bie übrigen SluSfagen bet Sogoölel^te : aud^ bie SBeltfd^öpfung 
ifi burd^ ben Sogoö oetmitlelt. S)a§ nid^t crft bie Slnroenbung bet 
Sogoölel^re auf Sefuö biefen ©ebanfen erjeugt ^at, etgiebt fid^, wie 
oben bemerft, fd^on barauö, bafe er fid^ befanntlid^ aud^ bei ^auluö 
unb im ^ebräerbriefe finbet. 3l&^tx liegt eö, an ben ©d^8pfungö= 
berid&t ju benfen, unb bei ben fonftigen Slnflängen biefe« 3lb= 
fd^nitteö an ben SInfang bet (Senefis {iv dg/J) ift eö nid&t roaf)x^ 
fd6einlid&, bafe bet ©öangelift an bie ©d^öpfung bet SBelt butd^ö 
2Bott nid&t f oUte gebadet f)abtn : et fielet im altteftamentlid^en 2^ef t 
eine SBeftötigung beffen, maö et oom SBotte fagt. äudfe fd^elnt 
bie Seobad^tung , bafe im alten ^Tefiament baö SBBott aU baä 
3Rittel be§ fd^öpfetifd^en äBitfenö (Sotteö be^anbelt mitb, einet 
bet 3lnfnüpfungöpunfte bet paläftinenpfd^en Sogoöle^te gemefen ju 
fein. Die JRücffid^t auf ®en. 1 mäte bann f^on butc^ ben Sn- 
fd^luB an biefe Sogoöle^te gegeben. 2lbet man lann nid^t fagen, 
baB 3ol^anneö feinen ©ebanfen etft auö ®en. 1 l^etauögelefen 
i^abe. 6t ctflätt fid& auö bet ßl^tifiologie , meiere baö ganje 
©Dangelium bel^ettfd^t, unb liegt im 33efenntni« jut ©ott^eit 
Sfefu. S)ie SRegel, bafe aUed, mad bet SSatet tl^ut, aud^ bet 
©ol^n tl^ut, gilt in fttenget SlUgemeini^eit unb mitb aud^ auf bie 
fd&öpfetifd^e ^^ätigfeit ®otteö auögebel^nt. ©0 gut im ®vaiu 
gelium biefe oöHige ©emeinfd^aft ©otteö unb 3^fw ^wf ^'^^ £1^^^ 
©otteö jutücfgefül^tt mitb, fo gut ift aud^ in bet Sogoäle^xe 
biefet ©ebanfe ni($t itgenbmie aud bem ^rozd etflätt. 

^n 33. 10 unb 11 metben bie beiben ©ebanfen nebem 
einanbet geftedt, bafe bie aOBelt baö Eigentum beö Söotteö, unb 
bafe fte fein SBetf ift. S)ie Slnmenbung beö etfien ©ebanfenö 
aufS^fwö liegt fd^on in bet Übetttagung beö ß^tiftuönamend auf 
i^n. Snbem beibe ©ebanfen nebeneinanbetgeftellt metben, u)itb 
il^te 3^föwimengeptigfeit tjotauögefe^t : bie SBelt fann fd&liefelid^ 
nut beömegen Eigentum beö 2Botteö fein, meil fte fein SBetf ift. 

gtaglid^ ift befanntlid^, auö roeld^em ©tunbe auöbtüdflidb bet 
©ebanfe abgerael^tt roitb, bafe oon bet ©d^öpfung butd^ ben Sogoö 
uid^tö ausgenommen fei. 3)ie SBejie^ung auf ben aßcltftoff lann 
aud^ ^ol^mann ,,nut alö eine jufätlig offen gelaffene SUlögUd&feit 



^ 



— 129 — 

be^ 5Dcnfenö, uic^t alö ©egenftaub einer auöbrüdlic^en Sc()re" 
X)ctfiel^en. S)iefe 33eäiel^unö tft but(| nid^tö' begrünbet. 2lbet ber 
©Dangelift fd^reibt feine gebanfcnlofcn unb jroedlofen Säfee. 
^tgenb einen ©runb niufe biejc SSetfid&erung ^abm. @r läfet 
ft(^ im ©oangeüum etfennen. S)ie S;i^atfa(|e, bafe bie SBelt burc^ 
baö aOBott würbe, fte^t in ftarfem Äontraft ju ber anbern, bafe 
bic SBelt il^n nid&t etfannte, 58. 11. 5Darauö, bafe fie fein SBerf 
toar, l^ätte eigentlidfe folgen muffen, ba^ fie if)n erfannte. 35ie 
aScrftänbniölofigfeit ber aOBelt 3^fwö gegenüber mirb angefid^tö ber 
©d^öpferfteHung ^efu jur ©d^ulb. 

2lm eigenartigften feiert ber ©ebanfe im Silbe t)om Wirten 

unb ber ißerbe Äapitel 10 roicber. Snbem S^f^^ fi<^ init ber 

%f)üx jur ißürbe oergleid^t, bejei(^net et fid^ alö ben, ber allein 

3utritt jur iperbe üermittelt, ä^nlid^ wie er fid& burd& baö 33ilb 

beö 9Begeö ben nennt, ber allein ju ©Ott bringt. 2Ber fic^ ber 

(Semeinbe mit Seifeitefe^ung ^z^xx nat)t, ber roirb babur(^ jum 

35teb, b. \), er vermag fid& ber aWenfd&en nur mit ©eroalt ju be= 

mä(^tigcn, ipäl^renb bie ©emeinbe ben, ber il)r burdö Sefuö ^xx- 

geführt roirb, fdfeon bei feinem Eintritt in bie ^ürbe von bem 

25ieb unterfd^eiben fann unb i^m ofine ^wanQ freiwillig folgt. 

3n ber SBenbung, bie bem ©leid^niö von 33. 11 abgegeben 
roirb, besein^net fid^ ^t\n^ nic^t nur alö ben, ber ben Betritt jur 
^erbe gerodl^rt, alö ben, burc^ ben man jum Wirten roirb, fon= 
bem alö ben ißirten felbft. 2lud6 in biefem ©leid&niö liegt ber 
SBcleg bafür, bafe er ber rechte ^irte ift, barin, bafe er „bie 
©einen fennt unb bie ©einen it)n". ©d&on roenn er bie ißürbe 
betritt, erfennen i^n bie ©dfeafe unb folgen if)m roiHig. 3lud^ 
bie ^erbe in ber „anbern ipürbe", roirb i^n, wenn er bie ißürbe 
betritt alö if)ren Wirten erfennen. 3n beiben ©leidfeniffen roirb 
üorauögefefet, bafe jroif d^en ipirt unb ^erbe t)ort)er xxoä) feine 23e= 
jiel^ung beftanb. S)aö 3^^^ b'eiber SBergleid^e ift gerabe auöju- 
fpre($en, bafe beim erften S^^fömmentreffen von Qixt unb ^erbe 
bie ^erbe fofort unb von felbft geroife ift, roer ber redete §irte 
ift. ©ben l^ierin befielt baö 3Herfmal feineö ^irtenamteö unb ber 
Seroeiö für fein 3ieä^t, rod^renb baö aWerfmal ber 3)iebe barin 
befielt, bafe bie iperbe if)re ©timme nidfet fennt unb il^nen nid^t 
folgt. S)aö ganje 3ißl beö ©leid&niffeö, bie Unterfd^eibung jroifien 
i^en roaf)ren Wirten unb ben S)ieben, bie fid^ nur baburd^ untere 
Ijd^ciben, ob fie bur(^ $^efu§ ber ^erbe naiven ober ol^ne il^n, unb 

«ütgcrt, ^ie jo^. (S^tifloloöie. 9 



- 130 — 

bemöcmäfe bie ^etbe folßfam finben ober nid§t, — biefcö 3*^^ 
bcd ©cbanfenä fc^t t)orauö uub fpricä^t auö, bafe ^cfuö allein eö 
t)enna9, menfd^Hd^er ©intoirfung baö Snnere beö 3Renfd^en ju 
öffnen. 2)er 2;on ber SRebe liegt barauf, ba§ eine jenfeitä beö 
betDujsten 3Setfe^tß unb ber gefcä^id^tlid^en Sejiefiunßen Uegenbe 
3Serbinbunö jroifd^en bem Ritten unb ber ^erbe befielt, hierauf 
beruht bie gäl^ißfeit ber (Semeinbe roa^rc unb falfd&e Wirten ju 
unterfc^eiben unb ben redeten Wirten fofort ju erfcnnen. iß^erauf 
beruht tl^re greil[)eit. S)ie falfc^en gül^rer Sf^raelö müjfen bie 
(Semeinbe burd& nomiftif(|en Qroan^ tjergeroaltiöcn, wenn Re fie 
leiten unb bel^errfd^en wollen. SBenn bie Wirten, bie burd^ 3efus 
jt(i ber ©emeinbe naiven, bieö nid^t nötig ^aben, fonbern burdj 
i^r aOBort bie ©emeinbe leiten, ite nid^t treiben, fonbern Dotan- 
gelten unb gewife finb, bafe bie (Semeinbe il^nen willig folgt, ^o 
erflärt fi(^ bieö zbtn baraus, bafe ber ©inroirfung ^t^n ba§ 
Sfnnere ber ajlenfd&en offen fte^t, bafe er bie „^^ür" jur ©emeinbe 
ift. ©eine ©inwirlung reid&t in il^r inneres l^inein unb t)ermag 
fie beöl^alb non Snnen l^erauö miliig ju mad^en. S)iefe gä^igfeit, 
bie ©emeinbe für bie ißirten jugänglid^ unb miHig ju mad^en, 
biefe ©eroife^eit, fofort unb mit ©id^erl^eit alö ber redete ^irte 
erfannt ju merben, berul^t nid^t auf ber SBirffamfeit beö „gefd§id&t= 
lid^en" 3efu§, ba ber ©rfolg be^felben ja gerabe erflärt merben foll, 
fonbern auf einer über bie gefd&i(^tlid^en S^f^wimen^ängc ^inauö= 
reid^enben ©emeinfd^aft mit ber ^erbe, bie in ber (Sinfieit 3efu 
mit ©Ott x\)xm ©runb ^at. 6r fennt bie ©einen unb bie 
©einen fennen i^n vermöge feiner S^gc^örigfeit ju ®ott. 

6ö giebt freilid^ nod& @($afe, bie nid^t jur ißerbe gel^ören, 
unb bemgemäfe nid^t auf 3efu ©timme pren, SS. 26 f. 3lllein 
bieö mirb alö ©d)ulb angefel^en. S)ie SWenfdfeen merben nid&t 
naturliaft ju i^m l^ingejogen. ®em (Sleid&niö entfpric^t e§ genau, 
menn eö 1, 10 alö unnatürlid^ bejeidönet mirb, bafe bie SBelt i^n 
nid^t nerftanb, obgleid^ fie fein SBerf mar. S)ie SRebe fe|t nor= 
auö, bafe baö SBort baö Sid^t ift, meld^eö „jeben SKenfc^en er= 
leud^tet", obgleid^ fie nid^t alle baö £i(^t in fid^ aufnel^men. 
Sluö feiner ©d&öpferfteHung }ur 2Belt folgt, ba§ er 35erftänb-- 
niö oon i^r ju erwarten bered^tigt ift, nid^t aber, bafe pe il^n 
mirflid& nerftel^t. Söol^l aber mirb il^re 5Berftänbniölortg!eit ba^ 
burd& }ur ©d&ulb. Sefuö trägt fraft feiner (Scmeinfd&aft mit ©Ott 



— 131 — 

baö 3)Jcrtmal beö ®(|öpfcrö an fid^, weä^alb er bem 3)icnfd^en 
von SRatur t)crftänbli($ fein mufe. 

35er ©tjangelift lennt aber no(^ einen anbern Urfprung aus 
©Ott ober auö ber SBal^r^eit, ber bem Ursprung 3efu auö bem 
^ittimel analog ift unb me^r in fid^ f(iliefet aU bie naturl^afte 
Slbpngigfeit beö (Sefd&öpfeö oon ®ott. 2Ran ^at i^m beöroeßen 
bualiftif(36e ©ebanfen jugefd^oben. Slllein gerabe gegen eine bua= 
lifiifd&e Sluffaffung ftd^ert er fein SBort burd^ ben S^f^fc' ^^^ 
ntd^tö, roaö geworben ift, ol^ne i^n würbe. 3lnr in biefem ©egen? 
fafe f)at bie negatioe ©rläuterung beö pofitioen Sa^eö ein oer= 
ftänblidbeö, fonfretes 3Jlotio. 3^m entfprid&t in 33. 9 bie SBe^ 
tonung, mit ber befannt toirb, ba^ baö Sid&t jeben SÖienfd&en 
erleud&tet. 3)iefer ©laube fid&ert ben unioerfaliftifd^en ^orijont 
beö @oangeIium§. 

©eöroegen ift i^m bie fd^öpferifd&e Stellung 3(efu jur 2Belt 
unb bementfpred^enb bie natur^afte öejiel^ung ju ben 3Wenfd^en 
bebeutfam. S)enn biefem 9Serf)ältni§ ju i^m ift niemanb entjogen. 
Slbfid^tlid^ ift ber neutrifd^e Sluöbrucf gebraud&t : nid)tö, aud^ nid^tö 
©adölid&eö ift ausgenommen, aud^ bie SRatur, baS „S'f^if^" ^"^' 
fpringt ber fd6öpferif(|en 3Jlad^t bes SBorteS. 3n ber erfal^rbaren 
SBirflid^feit tritt biefem ©lauben bie „ginftemis" gegenüber, bie 
nid&t aus ®ott ift, alles mas feinen Urfprung aus ber SBelt unb 
auQ bem Teufel nimmt. Sßenn es ma^r wäre, ba§ für ^o^annes 
ber SBeltlauf, nur bie jeitUd^e ©rfd^einung, bas bur(|fid§tige ®9m= 
bol jcitlofer 3been märe, fo märe baS Jlebeneinanber jener beiben 
©cbanfenreil^en freilid^ unoerftänblid^. Slllein für ben ©oangeliften 
l^at bas meltlid^e ®ef(|el^en ben ganjen ®rnft ber 2^l^at, nod& 
mel^r beS SBerfeS, b. ^. beS bleibenben ©rgebniffes, meld^es 
bem iganbeln entfpringt unb als ein gaftum an ber aSirflid^feit 
teilnimmt. Dbgleid& nid^ts bem ©(Raffen ©ottes unb feines SffiorteS 
entjogen ift, fo giebt es beSmegen bod& fold^eS, mas nid^t aus 
©Ott ift. 5Run ift ^probuftioität im ftrengen Sinn für Sol^anneS 
ftets etmas Übermeltlid^eS, 3^«f^WgeS. 2ltle menfd&lid&e ^probufe 
tioität ift burd^ SReceptioität bebingt, oermöge beren ber 3Wenfd^ fid^ 
ber erjeugenben ©inmirfung einer jenfeitigen ©p^äre öffnet. 3n 
biefem ©inne fielet ber ©ol^n ©ottes in ber SOBelt ben 2Berfen 
unb ben Äinbern beS 2^eufels gegenüber: mäl^renb ber 3Wenfd^ in 
feiner ©ünbe receptio ift, rebet ber 2^eufel, menn er lügt, aus 
feinem „eigenen", ©o ernfifiaft unb realiftifd^ alfo bie 5ßrobufc 

9* 



— 132 — 

tioität bcs 2^cufclö gebadet ift, fo bleibt bod^ ücmtögc bcr @im= 
gung 3(cfu mit bem ©d^öpfer iebet S)ualiömuö fern, ©arum 
fielet Sefuö bem, ber in ber SBelt ift, als bet gtöfeete gegenüber. 

3Kan befd^ränft bie Sebeutung ber ßogoöle^re, wenn man 
t)on „fporabifd^en SBirfungen" beö Sogoö rebet. ©d^öpferifd&e 
Stellung unb uniDerfeHe 33ebeutung gehören für ben ©Dangeliften 
jufammen. ®r leitet üom SBorte nid^t etma nur biejjenigen ab, 
bie aus ber ,,Söa{)rl^eit" ober aus ®ott finb.^) 2lu(| t)on 3n- 
farnationen beö SBorteö oor unb aufeer^alb ^e\u ju reben ift 
eine miüfürlid^e Eintragung gegen baö auöbrüdflid^e SBort beö 
äpoftels: Sefuö ift i^m ©otteä einjiger ©o^n. ebenfo irrtümlid^ 
mirb aus 1, 10 eine ^mmanenj bes Sogos in ber SBelt l^erauS- 
gelefen. 35en ©ebanfen, ba^ ber SogoS ber SBelt immanent ift, fonntc 
So^anneS nid^t mit ben SBorten auöbrücfen : er mar in ber SßeÜ. 
S)urd) feine ganje 9luSbrudEömeife mirb außer B^^^f^l gefteHt, bafe 
biefe SBenbung bie gleifc^merbung bes SBorteS bejeid^net. 2)urc^ 
biefe „fommt er in bie SBelt'' unb infolge berfelben „ift er in 
ber SBelt." @S ift millfürlid^ bem SluSbrud, an biefer einen 
©teile einen ganj anbern ®inn unterjufi^ieben. 

9ln bas Sefenntnis }ur fd^öpferifd^en 5fJlad^t beS aSortcö 
fd&ließt fid^ ber ©afe an: in i^m mar &ebtn. ®as ^wtperfeftum 
giebt feinen ©runb, biefes ^ßräbifat auf ben irbifd&en ßebenslauf 
Sefu ju bejiel^en, ober oielmel^r ju befd^ränfen, ba eö ja aud^ im 
Eingang gebrandet mirb. 3to(| weniger freilid^ barf man bie 
3luSfage auf ben ^räejiftenten befd^ränfen, ba fie ja gerabe bie 
SBirffamfeit '^t\u in feinem irbifd^en Seben erläutern unb aus 
feiner @inl)eit mit @ott begrünben foll. S)aS ^mperfeftum ift 
oeranlaßt bur4 ben 3iücfblidf auf ben „Slnfang", in bem baö 
SBort mar, unb bel)errfd^t beömegen bie 33ef(|reibung besfelben:*) 
bas SBort mar oon Slnfang an ber Drt unb Duell bes SebenS. 
2)er ©ebanfe bel)errfd^t bie ß^riftologie bes ©oangeliumö nid^t 
nur infofern bas Seben als umfaffenbe 33ejei($nung für SBefife 
unb &abz '^t^u genannt mirb, fonbern au(| infofern, als bas 
Seben an baS SBort gebunben mirb. S)ie SBirffamfeit gefu be= 
mälirt bie ©rfenntnis, bafe im SBorte äzben mar. S)arum i)at 
biefer ©ebanfe im ©ingang bes ©oangeliums feinesfalls nur ben 



1) ÖJegen ^olfemann n, 358 f. 

2) ^a§ gmperfeftum bcr ©tää^rung, ^arnadf ©. 218, 3lum. 1. 



— 133 — 

©inn, ju erläutern, inroiefcrn burd^ ben Soßoä aUeö geworben 
fein fann. 

3lx6)t nur biefer eine ©ebanfe, fonbern bie ganje ß^riftoloßie 

beö ©oangeliumö baut fid^ auf ber Ji^atfad^e auf, ba^ baö 9Bort 

ba§ Seben in fi(| trägt. @lei(|n)0^l befielet jn3if(|en beiben ®e= 

banfen ein innerer S^fontmen^ang : al§ Duett beö Sebens ^at 

baö SBort an ber ©d^öpfung teil. S)iefer B^f^^^^^^^^i^Ö "^äre 

freili<^ nid^t möglich, wenn für Sol^anneö jtüifi^en bem „pl^gfifdöen" 

unb beut ewigen Seben ein 2lbftanb beftänbe, ber eö t)ern)e{)rte, 

beibe im Segriff 2zbzn jufammenjufafferi. ®n)igeö unb p^gfifdieö 

Sebcit finb für ^o^onneö nid^t unoergleid^bar oerfd^ieben, fonbern 

baö eroige Seben ift baö n)af)r^aftige, ganje Seben, bie ^integrierung 

beö irbifd^en Sebenö. 2)a§ eroige Seben als ©egcnfa^ jum p^g- 

fifc^cn ju erllären, pa^t fd&on barum ni(|t, roeil eö fidb ja in ber 

9lufcrftef)ung oottenbet. ®ie SluferroedEung, bie '^z\\x^ fid^ beilegt, 

ift eine fd^öpferif(^e ^{)at, bie ausbrücflid^ auö bem SebenöbcR^ 

3eju abgeleitet roirb. 3n berfelben SBeife roirb ber Slnteil bcö 

3Borte§ an ber @(|öpfung barauö erflärt, bafe in iljm Seben roar. 

SBenn im ©oangelium an Sefu SBort bie Sebenögabe gefnüpft 

roirb, fo erHärt fid& aud^ bie§ auö ber fd^öpferif($en 3Kad&t, bie 

3iefu§ feinem Söort gegeben roeife: eö giebt Seben unb ©eift. 

gür ben (Soangeliften fd^liefet fid^ ber ©laube an bie fdböpferifd^e 

Tla^t beö Söorteö 3efu an bie Sr^iatfad&e, bafe ba§ SBort Sefu 

aud& bie aWad^t ift, bur($ bie er feine 2Berfe oerrid^tet, 4, 46 ff. 

2)afe baö Sid^t nid^t ebenfo unmittelbar com 2Borte abgeleitet 
roirb, fonbern bafe ber ©oangelift bie SRei^e: 9Bort, Seben, Sid^t 
giebt, ift rool^lüberlegte 2lbfi($t.^) 3^^ Offenbarung ©otteö roirb 
baö SBort baburd^, bafe e§ Seben roirft. 2)ie irbif(|e ©jiftenj bes 
50Jenfd^en t)erl^üttt eben babur($, bafe fie 2^ob ift, ©otteö SEBalten: 
bie SBelt unb baö gleifd^ finb für ben ©oangeliften ginfterniö. 
3um S^wß^tt ©otteö unb bamit jum Sid^t, jum ©otteöberoeiö 
roirb ber aKenfd& erft baburdö, bafe er am Seben teil geroinnt : mit 
bem Seben trägt er bie ®abz unb bamit baö 3JJerfmal @otte§ an 
fi(^. @o ift aud^ ^e\n^ als ber Sebenbige unb Sebenfd^affenbe 
aud^ ber, ber ©otteä 2Bitte unb ©abc fid^tbar unb gegenwärtig 
in bie SEBelt bringt unb bamit baö Sid^t ber 2Belt. SDie mxh 
famfeit be§ Sid^teö roirb jebod^ nid&t alö SBertreibung ber ginfter- 



1) SSgl. §aruac! unb ©d^tatter j. b. ©t. 



— 134 — 

niö befdötiebcn , foubern burd& bic gormcl: eö fd&cint in bct 
ginftctniö. 5Rcben beni Si^t bleibt bic ginftcrniö in ber 3Beft 
als reelle 3Rad§t in bcftanb. S)ad ©d^luferoott biefeö etften Slb- 
fd&nitteö batf man nid^t auf bic Unübcrroinblidbfeit bcö ßid^ted 
bejic^cn/) fonbern ate einen ^inroeiö auf bcn bcötcnjtcn ©rfolg 
bed ßid^ted. SKit biefem ^inroeiö fd^licfet fid^ aud^ bct folflcnbe 
©ebanfenfreid SS. 11 unb 12. 5Die 5Belt tjctfianb xf)n ni*t, bic 
©einen nahmen i^n nid^t auf, bic gi^^ft^^^^i^ «tgriff es nid^t — 
baö finb beutlid^e ^parallelen, bic ben ©rfolfl beö Sid^tcö befd^teiben. 
®et Sluöbrucf xaTuXuiiißavsiv fotl nur ben (Sebanfcn auöbtüden, 
bafe bic ©rleudltung fein ©rlcbniö ifi, roeld^eö einem pafüpen 
3Wenfd^en wiberfäl^rt, fonbern bafe baö Sf^^i^tingen beö Sid^teä in 
fein 3nnereö burd& ein aftiüeö, receptiües SBer^alten beö ajlenfdjen 
bebinflt ift. ^raglii^ ift im ßiifömmenl^anö bie Sebeutung, bie 
bem SBed^fel beö 2^empuö jufommt. Dafi bie öejiel^ung au^ 
bie irbifd^e SBirffamfeit Sf^fu ni(^t erfi mit SB. 14 beginnt, 
wirb fd&on burd^ bie SBorte in 58. 10 feftgefteHt: er war 
in ber SBelt. 2)er gortfd^ritt befielet barin, bafe bie Sefd&rei- 
bung fonfreter, beftimmter, fd^drfer mirb. ©eine ©inglieberung 
in bie SQBelt mar ernftfiaft unb ganj: er rourbe gleifd^: 
aS. 9—13 reben alfo von ber irbifd&en SEBirffamfeit 3efu. 2)ic 
33efd§reibung gipfelt in einem ^inmeiö auf ben ©rtrag feined 
Scbenö. ^n bemfelben ©ebanfen gipfelt ber 3lbfd^nitt SB. 1—5. 
3!)iefer Slbfd&nitt ift alfo ebenfattö dn in fid^ gefd^loffener noll^ 
ftänbiger ©ebanfenfreiö , eine tl^ematifd| an bie ©pi^e gefiettte 
Sluöfage, bie alleö, maö oom Sogod ju fagen ift, umfaßt unb im 
golgenbcn nid^t ergänjt, fonbern erläutert mirb. SB. 5 wirb burd& 
aS. 10 — 13 mieber aufgenommen unb befd^reibt ben ®rfolg 3efu. 
SDie erjä^lenbe gorm ■— 'Aarilaßsv — nimmt bie 9tebe ba an, 
mo ber ©oangelift an bic hinter i^m liegenbe (Sefd^id^tc ^t\vi 
benft, mä^renb abfid^tötjott baö ©d^einen beä Sid&teö als bauernbe 
©egenmart bejeid^net mirb. 3)iefe bleibenbe ©egenmart beö ßid^teö 
fd^liefet bie pofitioe grud&t beS SEBirfens ^efu mit ein, bie in 
33. 12 f. lonf reter gefennjeid^net wirb. 3)enn bic Äinber ©otteö 
finb für ben ©laubcn beö ©oangcliften ber Drt unb baö Drgan 
beö ©ol^ncö ®otte§ in ber SBclt: in il)nen ift fein Si(^t in ber 
SBelt gegenmärtig. SlUe übrigen Urteile beö erften ®ebanfen= 



») mt SBcig. 



— 135 — 

Iteifcö bejic^en fid^ fteilid^ auf bic itbii(^e SBirffainfeit 3efu, bie 
in bet bef^ricbcncn Slrt beö SBortcö ©otteö il^ten ©runb l^at. 
3)enn bicjc ©tcHung bcö Sogoä liegt, wie ßcjciot roorben ift, 
nid^t als aSetgansenfieit, fonbctn aU bleibenbe ©cßenToatt, ate 
bauernbcr ®tunb feinet ©yiftenj hinter ober in Sefuö. S)arum 
gilt fein SBort beö ©oangeliften über 3efuö nut t)om ,,5ßrä= 
ejiftenten". ©benfomenig aber gelten fie nur t)on ber irbifd^en 
SBirffamfeit 3efu. gür bie fd^affenbe SBirffamfeit beä SOBorteö 
ift bieö fd^on nad^geroiefen unb jroar alö ein bie ßl^riftologie beö 
©oangeliumö regierenber ©ebanfe: Dermögc feiner (Sinl^eit mit 
©Ott fte^t 3(efuö ber SBell ni($t nur als feinem ©igentum, 
fonbern aud& alö ber burd6 i^n geworbenen gegenüber, bie i^n 
barum oon ben falfd^cn ißirten oon SRatur ju unterfd^eiben oer= 
mögen. 

5Rod& weiter greift baö SBefennlniö, n)el(|eö baö SBort nii^t 
nur ben ©(^öpfer, fonbern baö Sid^t ber 3Jlenf(|en nennt. 2luö 
ber fd^öpferifd^en ©tedung beö 2Borte§ werben nur bie naturl^aften 
SBebingungen unb bamit nur eine fold&e SJJöglid^feit ber ©rfennt^ 
ni§ 3efu abgeleitet, fraft beren baö Unterbleiben beö ©laubenö 
jur ©d&ulb wirb; bagegen berjenige SSerbanb mit ©Ott, aw^ bem 
jtd^ baß faftifd&e ©ntftefien be§ ©laubenö an Sefuö ergicbt, ift 
nid^t in ber natur^aften 2lbf)ängigfeit beö ©efd^öpfeS oom ©d^öpfer 
begrünbet, fonbern barin, bafe ba§ SBort baö Sid^t ber SRenfd^en 
mar. 2lud& biefer ©ebanfe burd^jieljt baö ©oangelium. 35er 
©oangelift fennt eine Slbftammung auö ©Ott, bic ber 2lbfunft 
Sefu aus ©Ott t)erglei(|bar unb weit melir ift, als baö ©efd&affen= 
fein t)on ©Ott. S)ie Formeln: aus ©Ott fein, aus ber 2Bal^r^eit 
fein, feine SBerfe „in ©Ott" tl^un, bejeid^nen eine ©emeinfdöaft 
mit ©Ott, bie burd^ Sefus nid^t t)ermittelt ift, benn biefe 35egriffe 
follen ja gerabe ben boppelten ©rfolg 3efu erflären. 3n biefen 
©ebanfengängen {el^rt ber ©laube wieber, ba^ bas SJBort bas 
Sid^t ber 3)lenfd^en war. 

2lud& l^ier bleibt ber ißorijont unioerfaliftifdb. aSom Söorte 
©ottes wirb nid^t nur bie altteftamentlid^e Dffenbantng abgeleitet. 
Slud^ bie ©rlftuterung, bie 3Bei^ ^) bem SBort giebt, ift ju eng : 
„dagegen nimmt er an, ba§ ©tral^len bes Sid^tes, weld^es ber 
Sogos oon 9lnfang an allen 3Jtenfd&en gefpenbet ^at, audfe in bie 



') 9leuteftamentÜc^e ^^l^eologie § I52d. 



— 136 — 

^cibcnmclt gefallen unb bort auföeuomnien unb löirffam getDorbcii 
finb." SBenn ber ©oanaelifi fagt, bafe baö SSort jcben SJlen- 
f(]&en erleud^tet, fo fpritä^t er nid^t nur t)on einjelnen ©tral^kn, 
bie in bie öeibenroelt gebtungen ftnb. gteilii^ f(^Uefet ber 2luö- 
brud ,,erleud&ten" ben ©rfolg nid^t mit ein. Dad ©inbringen beö 
ßid^teö in ben SKenfd^en ift baoon abl^ängig, bafe berfelbe cö 
ergreift. 

S)er ©üangelift fpri(^t alfo von einer jebem aMenf(|en ju^ 
gänglid&en, bur(^ baä SBort vermittelten ©otteöerfenntniö, bie il^n 
befäl^igt, fein SBerf ,,in @ott" ju tl^un unb bamit '^z^um ju r)er= 
[teilen. 3)urd^ ben ©lauben, bafe baö Sid&t an jcben 3Kenf(^en 
fommt, fd^liefet ber ©oangelift aßen S)uali§muö auö. 2)er @e- 
banfe ergiebt fid^ wieber au§ ber ©in^eit beö SBorteö ©ottcö mit 
©Ott unb ift ein im ©otteögebanfen beö ©oangeliften begrünbetc§ 
!®laubenöurteil, baö nid^t weiter erläutert ober begrünbet wirb. 

§at ein foldbeö 33efenntniö im SSeroufetf^in eineö 3lugenjeugen 
3efu SRaum? 9Jad^ ajJattl^äuö nimmt ^t]m bie Reiben, bie i^n 
nie gefannt ^aben, menn fte Siebe geübt l^aben, inö igimmelrcid^ 
auf. 2)iefe öebeutuug fommt ber an fid^ geringfügigen 2^^at 
babur(^ JU, ba§ 3f^fuö fie alö il^m felbft getf)an anfielt: baö 
Siebeöroerf bejiel^t fidft auf i^n, eö ift it)m getl^an, ift fein ©igen- 
tum. 33ei ^o^anneö entflammt baö in ®ott getl^ane SEBerf bcm 
aSerbanb mit ®ott, bem SBorte ©otteö, eö ift baö SBerf beö 
SBorteö. Der 3lbftanb jroifd&en beiben ©ebanfen ift berfelbe loie 
in ber ganzen (^riftologifd^en ©ebanfenrei^e. S)a 3Jlatt^äuö bie 
©^riftologie im 9tal^men beö 3Kefftaöbilbeö barfteHt, fo ^ebt er bie 
finale Stellung 3^fw jur Söelt ^crt)or: pe ift fein ©igentum. 
S)iefen ©lauben unterbaut ^oljanneö bur(| baö 33cfenntniö jur 
fc^öpferifdien faufalen ©teßung ^t\\x jur 3Belt : fie ifi fein ©igen= 
tum, meil fie fein SBerf ift.^) 

2)ie übrigen ^tuöfttgen öon ^ 1—18 finb an \f)xex ©teile erläutert 
ttJorben. 9?id^t alle ejcgetifc^en Probleme biefe§ 5lbfd^nitte§ finb für bie 
^orftettung ber ©l^riftologie üon SBebcutung. §ier5u rc^ne i(ft ou^ bie 
©rmül^nunö beöXäuferÖ. SBalbenfperger l^ot auf biefe eine SSeobad^tung eine 
X^eorte onfgebaut, au§ ber wieber einmal atte^ erfldrt werben fott. ^ie 
^urd^fül^rung feiner §t)pot]^efe in ber ©rflärung be§ „^rolog§" grünbet 
fi(^ auf ein nic^t fe^r reid^^altigeS unb mit menig ^itif auögefud^teö SOlaterial 
ft)nagogaler @eban!en. Sine ^u^einanberfe^ung mit i^m im einjelnen wäre 
in einer pofttiüen ^arftellung ber ßogoölel^re ni^t fe^r fruchtbar, fonbern 
nur ftörenb. 



— 137 — 

SDic aiuöfagcn über ben ^^täcEiftentcn finb nid^t als „Slücf- 

fd&Iüffe" auö bcr empirifd&en SBa^rncl^munö beö ^iftorif(|cn ^cfuß 

ju ctflätcn. 3)aö ift eine unbercd&tigtc ©intraßunfl mobcrner 

crfcnntniö = tl^corctifd^et 3)Jetf)obcn in bie 2)cnfn)cifc bcö ©Dan- 

öeliftcn. SBäl^renb man bod^ fonft scgcnroättig mit Siedet ßCöeu 

bie ©intraguuö moberncr Segriffe in bie apoftolifd^e ©ebanfen- 

melt proteftiert, ift eö in ben roeiteften Greifen üblid^ geworben, 

gerabe ben ganj mobernen in feinen ^iftorifdfeen 3Kotit)en völlig 

burc^ficfetigen 9lgnofticiömu§ ben Slpofteln unterjufd^ieben. 5Rur 

einige 33eifpiele feien genannt: fo fagt öalbenfperger @. 9: ,,®ö 

finb nid^t irgenb roeli^e feinfinnige, foömologifd^e Spefulationen, 

bie er anftellt. . . . Söa§ l^ätten aud^ fold&e S)inge mit feinem 

2Berf gemein? 2Bo märe eine ©pur bauon im ganjen 6t)an= 

gelium? Slud^ auf biefem ^^unfte bemä^rt fi(| bie praftifd^e SRid^- 

tung ber neuteftamentlid&en Sd^riftfteder , bie burd^aus in il^rer 

Seit leben unb t)on ben 3nteref[en berfelben fid^ beftimmen laffen." 

§reilic& l^at ber 2lpoftel feine Äoömologie, aber eine S^eologie 

unb ni(^t blofe mie bie 3Kobernen ein ^fpd&ologie, aui) ift ber 

Oegenftanb feines 23enfen§ ni($t bie Sleligion, fonbern (Sott. 

^arnadE^) fagt: „SBie jemanb, ber aU 3JlenfdC) geboren werben 

wirb, fd^on oon ®rf(|affung ber SBelt bei ®ott meilen fann, fragte 

man nid^t, weil man nic^t p^ilofopl^ierte." 3)iefe moberne 3flefig= 

nation liegt meit ab t)on bem ®rfenntniömute, ben ben Slpofteln 

ilire Äenntniö ßl^rifti gab. SBepfdblag^) glaubt bei ber ©arftedung 

ber jol^anneif(^en ßl^riftologie ,,ber Unbe^olfenl^eit eines t^eologif(| 

ungefd^ulten ©enferö, SRed^nung tragen" ju muffen. ®ine fold^e 

©eringfd^äfeung beö apoftoIif(^en ©ebanfenS fielet in ftarf em ®egen= 

fa|e ju ber Danfbadeit, mit ber bie 3lpoftel bie i^nen ermög= 

lid^te Kenntnis ß^rifti unb ©otteö be^anbeln. @anj unbefangen 

trägt S(|renf^) bie moberne ©rfenntniötl^eorie in baö ^^oJ^anneö- 

eoangelium ein: ,,2)afe folc^e Sebenöfpenbung nur möglid^ mar 

burd^ einen felbft ßebenbigen, berülirt ^^^önneö aud&, aber nur 



^ie oben gegebene ^arftellung ber Sogo^Ie^re fott geigen, ha^ bie QJe* 
bauten berfelben bie gange jo^anneifd^e ©l^riftologie tragen, bag alfo ber 
©üongelift nid^t, wie §arnacf in ber öfter« citierten Slbl^anblung au^gefül^rt 
l^at, im ©öangetium felbft ben Sogo^begriff l^at fotten laffen. 

1) 51. a. D. @. 202. 

«) 9ieuteftamentUd§e S^eologie II, 432. 

8) ^ie iol^anneifc^e ^nfc^auung üom Seben, @. 60. 



— 138 — 

in Äürjc imb o^ne auf bcn 3n^alt bicfcö Sebcnö eiujugcl^cn. 
(£§ fie^t eben l^ierin toie mit oiclen anbern 35inöen: bic 3Bir:: 
fungen werben auöfüJ^rlid^ bel^anbelt. betreffs ber Urfad^en begmüßt 
man fid& mit rocniöen 3tücff(3^lüffen ; bie SBirlungen finb baß a3e= 
lannU, bie Urfad&en ba« üer^ältnismäfeiß Unbefannte." 5Ric^t 
nur bie jo^anneifd^e, fonbem bie gefamte apoftolifd^e @ebanlen= 
bilbung verläuft genau in ber cntßeßengefefeten Slid^tung unb man 
mi^Derftel^t fie beftänbiß, ro^nn man baö nid&t immer im Sluge 
bel^ält. Die SÄpoftel Rnb feine ^ßf^d&ologen , fonbem ^^eologen. 
Sie fd^lie^en nid^t oon unten nad^ oben, fonbern oon oben nad& 
unten, nid^t oom aWenfd^en auf @ott, fonbern t)on ©ott auf ben 
3)ienfd^en. 3)aö ift baö SBefen beö ©laubenöfd&luffeö , barum 
tritt berfelbe in Oegenfal ju rein empirifd&er 3Ketl^obe. 3!)ieö ifi 
befonberö mid^tig für bie ß^riftologie. ©ie bleibt x)öttig un= 
üerftänblid^, folange man nid&t erfennt, baj5 jte nid^t allein burö^ 
gitidf^lüffe gebilbet ift, fonbern bafe meil biefe „JRücffd&lüffe" auf 
©Ott führen, oom ©otteögebanfen ein fonftltutioer ©ebraudb gc= 
mad^t mirb, fpefulatio auö i^m gefolgert wirb. 3n berfclben 
SBeife mie a\x^ bem (Sotteögebanfen — alfo im genauen 
©egenfa^ ju ber Sel^auptung ©d^renfs mirb aud& aus ber 
e^riftologie gefolgert. Sei S^^anneö entfielt bie ß^riftologie 
uid&t auö 9Wicff(^lüffen aus ber Se^re vom ©Triften, fonbern 
umgefe^rt auö ber ß^riftologie folgt, maö t)om ©Triften gilt, 
eben meil bieö afleö nur von ßl^riftuS gilt unb bem ©Triften 
im ©lauben eigen ift. 3tidbt meil mir lebenbig finb, mie Sd^renf 
meint, fd&liefet man, ba§ ßl^riftuö lebt, fonbern weil „baö Seben 
ift in feinem ©ol^ne", fo f)abm mir mit bem ©ol^ne aud^ baö 
Seben. 35arum ift bie Se^re oom ©Triften bei ^ol&anneö eine 
©rläuterung ber ß^riftologie. SBorte, mie bie üiel befprod^enen 
über bie Unfäl^igfeit beö ©laubenben jur ©ünbe finb alö em- 
pirifd^e Seobad^tungen gar ni(|t oerftänblid^ , fie finb nid^t 33e= 
fd^reibungen beö „d&riftlid^en Semu^tfeinö", fonbem ©(^lüffe auö 
ber 3)ia(|t ß^rifti, bie trofe ber ©rfa^rung feftgel^alten werben. 
Unb ganj parallel verläuft bie gefamte ©ebanfenbilbung beö 
2lpofteld unb nid^t nur bie feinige, fonbern aud^ bie beö 5ßauluö. 
3)aö Dbjeft beö apoftolifd^en ©enfenö ift nid^t baö (^riftlid^e Se= 
roufetfein, fonbern @ott. 3lx^t einmal bie 2luöfagen über ben 
„^iftorifd^en" ^e\\x^ laffen fid6 alö ©d&lüffe auö ben an i^m mög- 
lichen 33eoba(^tungen oollftänbig erflären, ba fie ja ben ©laubenö- 



— 139 — 

a!t in fic^ fd^licfeen. 3Sielmc^t ift bic 6t)riftoloötc fottticH butd^- 
auö fpcfulatio, ftc entfielet oon oben l^cxuntcx auö bem ©ottcö- 
ßcbanfcn. Snbcm bic ®int)cit 3cfu mit ®ott an feinen „3^i<ä^en" 
beobad&tet wirb, toitb fie, wo jte nid^t beobad^tbar ift, geglaubt. 
®atum wirb aHeö, waö im ©otteögebanfen liegt, auf i^n über- 
tragen. 3)arum fd^eint mir aud^ bie Semerfung oon Ää^ler^ 
nid&t jutreffenb: „Unb fo liegt in allem, waö man ß^rifto- 
logifd^eö im "iflmtn S^eftament finbet, immer nur bie Sluöfage ber 
33ürgfd^aft für ba§, maö bie ©laubeuben an bem ©etreujigten 
unb 6r^öt)ten für i^re ©emeinfd^aft mit ®ott traben fönnen, 
l)aben foHen unb roirflic^ traben." 3)enn aud^ ^iernad^ fd^eint eö, 
afe fei bie apoftolifd^e ß^riftologie burd^ SRüdfd&lüffe ober ^oftu- 
täte auö bem ©lauben entftanben; wä^renb umgefeljrt bie @laubenö= 
fd^lüffe auf bie ©t^riftologie gegrünbet finb. 3^ti^t nur bie ®r= 
fenntniöt^eorie, fonbern aud^ bie grömmigfeit beö ®oangeliften 
toirb oetfannt, wenn man feine ß^riftologie nad^ 2lrt ber 3Jio= 
bernen auö ^oftulaten oom „praftifd^en" Sebürfniö auö ent:: 
[tauben benft. 3)ie grömmigfeit beö ©oangeliften wirb l^ierburd^ 
infofern angetaftet, alö er ©Ott nid^t burd^ ^oftulate fein SBerf 
Dorfc^reibt. ®r bleibt mit feinem ©ebanfen nid^t ba ^kf)zn, too 
ia^ praltif^e „Snterejfe" erlifd^t. 5Da fein „Snterejfe" toirllid^ 
auf 6t)riftuö gerid^tet ift, fo f)at ü)m ba^ ®rfennen, ba§ aSer= 
fielen ß^rifii an fid^ Sebeutung. 5Denn ßl^riftuö gilt il^m nid^t 
nur ak ©rmöglic^ung beö ©laubenö, fonbern aU ©egenftanb ber 
fiiebe. 3^^ Sieben aber gehört bie greube an einem ©rfennen, 
roeld^eö feine 33emegung nid^t nur auö bem egoiftifd^en Sebürfniö 
nimmt. 



*) ?Rcalcnct)I(opäbie für proteftantifc^e ^^^eologie unb ^td^e. 4. S3anb. 
3. ^ufl. ^rt. e^riftologie, ©. 16. 



YB ?76,.'!9 



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