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Full text of "Die Kunstdenkmäler des Kreises Villingen: Beschreibende Statistik im ..."

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UmMXitW r«a« TUE nKC^UE^iT OF 

CHARLES SUMNER, LLD., 

OF BOSTON. 

(CUft» of jS3p.) 

«»Für Booki relatmg ta Politica and 
Pine Art«.** 



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DIE 



KUNSTDENKMALER 



DES 



GROSSHERZOGTHUMS BADEN 




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DIE 

KUNSTDENKMÄLER 

DES 

GROSSHERZOGTHUMS BADEN 

BESCHREIBENDE STATISTIK 

IM AUFTRAGE 

DES GROSSHERZOGLICHEN MINISTERIUMS DER JUSTIZ 
DES KULTUS UND UNTERRICHTS 

UND IN VERBINDUNG MIT 
DR. JOS. DURM GEH. HOFRATH DR. E. WAGNER 

GH. BAD. BAUDIRECTOR UND PROFESSOR AN und OBERSCHÜLRATH UND GROSSH. CONSERVATOK 

DER TECHNISCHEN HOCH.SCHULE ZU DER ALTERTHÜMER UND DER MIT IHSES 

KARI^RUHE VEREINIGTEN SAMMLUNGEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

DR. KRÄNZ XAVER KRAUS 

O. ö. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ZU FREIBURG 
GROSSHERZOGLICHEM CONSERVATOR DER KIRCHLICHEN ALTERTHÖMER 

ZWEITER BAND 

DIE KUNSTDENKMÄLER DES KREISES 

VILLINGEN 



FREIBURG I. B. 1890 

AKADEMISCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG VON J. C. B. MOHR 

(PAUL SIEBECK) 



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DIE 

KUNSTDENKMÄLER 

DES 

KREISES VILLINGEN 

BESCHREIBENDE STATISTIK 

IM AUFTRAGE 

DES GROSSHERZOGLICHEN MINISTERIUMS DER JUSTIZ 
DES KULTUS UND UNTERRICHTS 

UND IN VERBINDUNG MIT 
DR. JOS. DURM GEH. HOFRATH DR. E. WAGNER 

GH. BAD. B.\UDIRECTOR UND PROFESSOR AN uND OBERSCHÜLRATH UND GROSSH. CONSERVATOR 

DER TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZU DER ALTERTHÖMER UND DER MIT IHNEN 

- KARLSRUHE VEREINIGTEN SAMMLUNGEN 

BEARBEITET 

VON 

FRANZ XAVER KRAUS 



MIT ZAHLREICHEN ILLUSTRATIONEN 



^ FREIBURG I. B. 1890 
AKADEMISCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG VON J. C. B. MOHR 
(PAUL SIEBECK) 



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|ER hiermit dem Publicum übergebene zweite 
Band der badischen Kunsttopographie begreift 
zum grössten Theil Ortschaften der fürstlich 
Fürstenbergischen Standes - Herrschaft. Die 
warme Theilnahme, welche Se. Durchlaucht 
Fürst KARL EGON VON FÜRSTENBERG 
Kunst und Wissenschaften entgegenbringt, ist auch dem Herausgeber 
dieses Werkes in reichstem Maasse zu statten gekommen; er hat in jeder 
Hinsicht durch die Fürstlichen Beamten Unterstützung und Förderung 
seiner Arbeiten gefunden, vor Allem durch den fürstlichen Archivar, 
Herrn Dr. BAUMANN, welchem dieser Band eine Reihe werthvoller 
Notizen verdankt. Ausser ihm habe ich dem Herrn Hofrath 
GUTMANN, dem Galerie -Inspector Herrn FRANK, dem Herrn 
Bauinspector NEBENIUS, Herrn Archivsecretär Dr. THUMBOLT 
in Donaueschingen zu danken. In Villingen ist unsere Thätigkeit 
durch Herrn Architekten KRAUT unterstützt worden; in ganz 
hervorragendem Maasse aber geschah dies durch Herrn Gymnasial- 
Professor Dr. RODER daselbst. Diesem besten Kenner der alten 
Reichsstadt und ihrer Geschichte muss ich nicht nur für eine Reihe nütz- 
licher Notizen und für sorgfaltige Durchsicht der Correcturen danken; 
er hat es auch übernommen, für den Artikel Villingen den historischen 



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II 

Abschnitt grösstentheils zu liefern (vgl. S. 94—104; 107— 1 14; 1 19—139). 
So weit es möglich war, wurden die Beiträge der Herren Dr. BAU- 
MANN und Dr. RODER durch ein dem betreffenden Alinea bei- 
gesetztes (B) und (R)y wie diejenigen der Herren Geh. Hofrath Dr. 
WAGNER und Baudirector Prof. Dr. DURM durch ein (W) und 
(D) bezeichnet. 

In der typographischen Einrichtung des Bandes sind auf Ver- 
fügung des Gh. Ministeriums hin einige Aenderungen vorgenommen 
worden. 

FREIBURG I. B., im März 1890. 

FRANZ XAVER KRAUS. 




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AMT DONAUESCHINGEN 



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AASEN 



Alamanntsche Reste, Im Gewann PfafFenkapf befinden sich alamannische AUm. Re«te 
Reihengräber. Man stiess am 4. April 1884 im Felde beim Ackern auf ein 
ausgemauertes, mit starken Steinplatten bedecktes Grab. In demselben lagen neben 
dem Skelett ein einschneidiges Schwert (Scramasax), ein kleiner Dolch und ein Sporn. 
Auch früher waren hier schon Gräber entdeckt worden. Baumaun in Schriften 
d. Ver. für Gesch. u. Naturgesch. d. Baar, V 1885 p. 134. (W,) — Römische Reste, Rom. Reste 
1889 wurde ein guterhaltener Vespasian bei dem Burgstalle gefunden, der dem 
Münzcabinette zu Donaueschingen durch Pfarrer Behringer in Aasen geschenkt 
wurde; vgl. Bissinger^ 51 a. N. Nach Mitth. des Pfarrefs stösst man nördl. 
vom Orte in den Feldern auf Mauerreste, die bis jetzt noch nicht untersucht 
wurden. Als man vor einigen Jahren beim Pfarrhofe das Fundament einer Scheune 
grub, stiess man auf ein Stück Estrich oder eine gepflasterte Strasse. (B.) 

Kirche, Zwar ist der Ort, nach dem die spätere Landgrafschaft Baar zu Kirche 
Ende des 11. Jhs. comitatus Aseheim genannt wurde (FU. I No. 68 u. ']2\ zweifel- 
los sehr alt, indessen ist er arm an alten Denkmälern. Die jetzige Kirche ist 
ein werthloser Bau des 18. Jhs. Nur der allerdings oben stark veränderte Thurm 
ist alt, in seinem unteren Theile romanisch; schräg und tief geleibte Fenster. Am 
Thurm Epitaph eines Geistlichen von 1750. — Im Chor Wandnische für ein 
ewiges Licht, ehemaliges Sacramentshaus, in dem spätgothischen Bogen eine Sacramentshau» 
naive Kreuzigung mit Maria und Johannes. — Spätgothische Holzstatuette 
eines hl. Bischofs, bezw. Papstes mit dem dreifachen Kreuze. — Barock crucifixus Cnidfixus 
in Lebensgrösse, in einer Seitenkapeile, sehr naturalistisch und heftig im Ausdruck, 
aber keine schlechte Arbeit. — Aussen an der Kirche Epitaph eines Geistlichen 
von 1758. 

In der Nähe der Kirche spätgothisches Haus mit Staffelgiebel, wie sie den Pnvathäusor 
benachbarten Orten Kirchen, Geisingen und Donaueschingen eigen sind. 

Zwei Häuserinschriften neuerer Zeit ( 1 8. Jh. ?) gibt G u t m a n n Schriften Hausin»chriften 
d. Ver. i. Donaueschingen II (1872) 200. 202. 

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4 Kreis villingen. 

Nach Aasen nannte sich ein im 13. u. 14. Jh. vorkommendes Rittergeschlecht, 

Burg das im 14. Jh. zu Zimmerholz (A. Engen) erlosch. Von ihrer Burg (1396 sass 

da der Edelknecht Burkart Balghain, FU. VI No. 247, 6) ist noch der auf einem 

Bergvorsprung gegen Heidenhofen freigelegene, ziemlich geräumige Burgstall 

erhalten. 

ALLMENDSHOFEN 

Rdm. Reste Römtscke Rcste i zwei Münzen von Nero und von Domitian. Vgl. Mone 

Ztschr. XIV 270. ßissinger^ No. 47. 

In dem Garten des Dr. Warnkönig unbedeutende Reste eines 

Kapelle Baues des 14. Jhs. (Kapelle?). Eine Ecke hat Quadersteine; rundbogige Eingangs- 

thüre, aber nicht romanisch. 

Bttfg Von der ehemaligen Burg, dem Stammsitze der begüterten, im 16. Jh. zu 

Immendingen ausgestorbenen Herren von A., (später an die Blumberg, 1398 erblich 

an die Schellenberg, 1668 an Fürstenberg gekommen) hat sich gar nichts erhalten. 



BACHHEIM 

Aiam. Rette Alamantiische Grabstätten in der Nähe des Ortes ; Funde aus derselben 

in der Gr. Alterthümersammlung in Karlsruhe. (W.) 



BACHZIMMERN 

Aiam. Reste In der Nähe sind alamannische Grabstätten. Funde aus denselben in der 

Gr. Alterthümersammlung in Karlsruhe. (W,) 

Ueber die unter der Bezeichnung 'Heidenburg' vorkommenden Erdwälle 
und Gruben bei Bachzimmem s. Riezler und Baumann Sehr. d. Ver. i. Donau- 
eschingen III 286. 
Kapriic Kapelle spätgothisch , ein rectangulärer Raum ohne Chorabschluss. Zwei 

kleine gothische Fensterchen. Portal mit übergreifendem Stabwerk, 1591 bez.; an den 
Füssen der das Portal umfassenden Säulchen groteske Köpfe. Mobiliar zopfig. 
Ueber zwei Altargemälde, welche 1624 fiir die Kapelle gemalt werden sollten, s. 
G. Gaisser Tagebücher (Mone Qs. II 164. 167). 

BEHLA 

KapeUe Eine *Curtis in Belen cum capella' wird erwähnt in einer Urkunde 

Friedrichs I 1155, Nov. 27 und noch von Karl IV 1357, Oct. 11 (FU. V. 
No. 95 u. 551*). Von dieser alten Kapelle hat sich nichts erhalten. 

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AMT DONAUESCHINGEN. - BRÄUNLINGEN. 



BIESINGEN 



Römische Reste (f). Ein 'Herweg' erw. im Urb. 1600 — 1636 (M o n e KSmach« Rot« 
Ztschr. XVII 395). 

BLUMBERG 



Die Burg der ehemals mächtigen Familie von Blumberg, welche nach 1450 
nach deren Aussterben an die Randeck, 1 483 durch Kauf an die Landau, Bodman und 
Fürstenberg gelangte, bestand im Jahre 14Q9 den Angriff der Eidgenossen, wurde 
indessen 1641 verbrannt. Von der Ruine sind nur noch geringe Mauerreste vor- 
handen und zwar am Ausgange des Städtchens Blumberg, bei der Strasse nach 
Achdorf, auf einem nach dem Thale zu steil abfallenden Bergrücken. Das Bau- 
material besteht aus weissem Jurakalk und Nagelflue, durch einen stark erhärteten 
Weisskalkmörtel verbunden. (D.) 



Burg^ 



BRÄUNLINGEN 



Alamannische Reste: Reihengräber, unmittelbar neben dem jetzigen Aiam. Reste 
Gottesacker und auf dem Ottilienberge. Von den letzteren wurden 1888 mehrere 
geöffnet , aus ihnen kamen kleine Schmucksachen und eine sehr lange Scramasax 
in die f. Alterthümersammlung nach Donaueschingen. — Eine der Keltenzeit zuge- 
schriebene durchbrochene Broncescheibe, einen Reiter darstellend, die vor 
einigen Jahren bei Bräunlingen gefunden wurde, gelangte in die Gh. Sammlung 
zu Karlsruhe. (B.) 

Pfarrkirche, ganz neuer Bau; in derselben Holzbild: Krönung der 
hl. Jungfrau durch die Trinität, umgeben von den allegorischen Figuren der 
Humilitas, Contemplatio, Pudicitia, Perseverantia; gute Barocksculptur aus dem Ende 
des 17. Jhs. — Zwei Barockkelche (Ende des 17. u. 18. Jhs.). — Mess- 
kännchen, geringe Barockarbeit (18. Jh.). — Die dieser vorausgegangene ältere 
Pfarrkirche wird in einem Ablassbriefe des Jahres 1342 (FU. V p. 359® f.) erwähnt, 
wo auch der *Altaria . . . conversionis b. Mariae Magd. , S. Cyriaci et altare 
S. Michaelis archangeli et omnium fidelium defunctorum in Parochiali ecclesia in 
Brinlingen' gedacht wird. 

Im Pfarrhatise Oelgemälde auf Lwd., Anbetung der Weisen, 
mit eigenthümlichem Wappen (Reh- und Hirschhörner). Geringe Malerei des 
18. Jhs. Gute Barockrahme. — Eb. grosses Familienbild (Gump) mit An- 
betung des Herzens Jesu, interessant wegen der Patrone. Barockzeit. 

Von der ehemaligen Bedeutung dieser Stadt zeugen, wie die noch erhaltenen 
Denkmäler, so auch die Urkunden, welche ihr Aufblühen im 14. Jahrhundert be- 



PEurkirdie 
Holxbild 



Barockkelche 
Mesekänndien 



Pfarrhaus 
Oelgemälde 



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KREIS VILLINGEX. 



Stadtthor 



Stadtmauer 



Rathbaus 



Privathäuser 



Schlott 



Bildstock 



Gottesacker- 
kapelle. 



slätigen. Vgl. die Briefe Herzog Leopolds von Oesterreich, gez. vor 1326 (verleiht 
der Stadt Dissenhofer Recht) und Graf Rudolfs von Hohemberg 1326, März 3 
(versichert die Bürger, dass er von ihnen kein Besthaupt fordern werde) und Graf 
Friedrichs von Zollem 1383, Nov. 18 (belässt die verpfändete Stadt bei ihren 
Rechten (FU. VI No. 46 Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins XX 33. 38., dazu 
Gengier Cod. jur. Germ. med. aev. I 271). 

Stadtthor, gothisch, mit Buckelquadern an den Bogen. Neben dem Eingang 
Bruchstücke einer I n s ch r i f t : fl> c c c || D S. 

Reste der alten Stadtmauer sind hier und da noch erhalten. 

Das alte Rathhaus, j. Privathaus, trägt das Wappen der Stadt mit der Jahres- 
zahl 1733. — Im neuen Rathhaus befinden sich Oelbilder der Kaiserin Maria 
Theresia, Franzi und Josephs II, femerein Richtschwert von 1754, eine Anzahl 
von Folterwerkzeugen und ein in Oel gemalter Gemarkungsplan von 1591. 

Prtvathäuser, 

Das Adlerwirthshaus hat schmiedeiseme Enseigne, gute Rococoarbeit. 

Haus No. 106 gothische Fenster und Thüren (rundbogig !), Hinterthüre 
sehr alt. 

Haus No. 105 dsgl. Giebelhaus. 

Haus No. iio spätgothisch. In der Nähe Reste der alten Burg (Gewölbe). 

H a u s No. 116 spätgothisch. 

Haus No. 1 15 dsgl. 

Haus No. 2 1 1 spätgt)thisches Giebelhaus. 

Sog. Schloss mehrere Complexe weitläufiger spätgothischer Gebäulichkeiten; 
StaflTelgiebel, Thurm mit Wendeltreppe. In der Nähe stand ein Thor. Ehemaliges 
Besitzthum der Stähelin von Stockburg, Schellenberg u. s. f. Ungewiss ist mir, ob 
dieses sog. 'Schloss' identisch ist mit der in den Urk. von 1358, Jan. 30 (FU. II 
No. 331) erwähnten *ßrunlinger Burg', mit der, gleichwie mit der Stadt, Graf Hug 
von Fürstenberg sich auf zehn Jahre verpflichtet, dem Bischof Johanns zu Strass- 
burg zu dienen. 

Haus No. 12 spätgothisch. 

Haus No. 25 dsgl., überarbeitet. 

Haus No. 7 ehemaliges Rathhaus, spätgothisch. 

Haus No. 2 oben ehemalige Kapelle mit elenden Resten mittelalterlicher Malerei. 

Haus No. 229, spätgothisch, mit Eselsrücken am Portal, unten Barocco. 

Vor dem Ort nach Hüfingen zu 

Bildstock, Kreuzigungsgruppe mit den Schachern, Maria und Johannes, 
rohe Bauemarbeit, aber als solche nicht ohne Interesse. — Steinkreuz mit 
Crucifixus (18. Jh.) bei der Fabrik Stetten. 

Vor dem Ort: Gottesackerkapelle (ad S. Remigium). Flachgedeckter gothischer 
Bau, überarbeitet an Stelle eines altern romanischen. Der Thurm noch romanisch, 
hat unten kleine romanische Mauerschlitze, hatte oben gekuppelte romanische Fenster, 
an den Trennungssäulchen Würfelcapitelle. Die Fenster sind jetzt vermaueit und das 
Dach erneuert. Der aus drei Seiten des Achtecks geschlossene Chor hat zwei- 



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AMT DONAUESCHINGEN. 



BRÄUNLINGEN. 



theilige Fenster mit Fischblasenmaasswerk. Der Chorbogen ist noch romanisch, 

zeigt noch den romanischen Sims und ist also noch ein Rest der altem Kapelle. 

Vierungsthurm mit erneuertem Pyramidaldach. An der Evangelienseite des Chors 

Sacramentshaus, spätgothische Wandnische mit Maasswerk u. s. f. Verschluss 

erneuert. Die Schiflffenster entbehren des Maasswerks. — Im Chor Reste von Wandmalereien 

Wandmalereien. — Hochaltar: Triptychon, spätgothisch, schlecht restaurirt. Hocbaiur 

Im Fond Holzstatuetten der hl. Jungfrau als Himmelskönigin, und Joh. Baptista, 

Katharina (mit dem Schw^ert), Barbara, Remigius. Die Flügel sind auf Goldgrund 

gemalt. Rechts (im lit. Sinn) inwendig Geburt des Herrn; aussen Christus am Oel- 

berg; Gefangennehmung, Geisselung, Domenkrönung. Links innen Anbetung der 

Könige, aussen Kreuztragung, Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung des Herrn. 

Die Figuren stehen unter gothischen Baldachinen. Nicht uninteressantes Werk. — 

Im Chor Epitaph mit zwei Wappen:^ Epitaphien 

^en 6. %px\Ui SDnno i6o 
9* ^tarb taer €tiel bnta 

tae fta&ili part^enopoeiuii fr. b^t: 
%n Xotl^ringen betteltet MatfitimtU 
tuf unta iSat]^ taefen fei (0ot le&e CO bnb 
gnebig fryn« SÜineii. 
1610. 

Im Schiff drei Epitaphien 

i) 1587, Hansjerg Stähelin von Stock bürg, mit drei Wappen seiner 
drei Frauen: Diessberg, Rietberg, Yslingen. 

2) Grosses Relief eines Ritters mit Beil und Schwert, zwei Helmzier und 
Wappen. Gute Arbeit des 16. Jhs. mit theilweise zerstörter gothischer Minuskel- 
inschrift: aiia bni lih^UI ^tar6 ber Uli (edel) bnh bcft gäg fiartljo lillllilomt 
(f) ^tägeltn bon || ftocß&utg an ji^tag bor bem Rrift || tag bem got 6a 

(rmhertzig stgj. 

3) Elias Gump, gest. 15 Jan. 1575. Wappen. MORS MONUMEN- 
TUM !| INEXPVGNABILE. 

Glocken^ Glocken 

i) Gothis che Glocke von 1425 mit Minuskelinschrift: l Q l rcf 2 glode 2 jcpe 

i belli 2 cbm i pace i anno 2 bni 2 m 2 aaaa 2 jcjrb 2 aue 2 mar + luca^ 2 
inarntj^ 2 matj^ei)^ 2 toj^annei^ 2 

2) Gothis che Glocke: oben mit gothischem Ornament, mit Kreuzigungs- 
gruppe in Relief. Inschrift in gothischer Majuskel: + 0-:^eX-®IlO:^ie-X3P€[- 

3) Glocke ohne Inschrift oder Ornament. Alle drei Glocken von schönem 
Guss, vielleicht desselben Meisters. 

Ein Grabstein von 1680 dient als Thürsch welle am Seitenportal. Grabstein 

Auf dem Kirchhof zwei Statuetten (hl. Anna selbdritt und hl. Katharina); Statuetten 
schlechte bäuerliche Werke der Spätgothik. 



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stein 



8 KREIS VILLINGEX. 

In einer Urkunde Graf Friedrichs von Fürstenberg von 1292, Juli 4 (FU. I 
No. 625) werden Klausnerinnen in Bräunungen erwähnt, welche die Regel 
des hl. Dominicus befolgten (reclusae in Brulingen, videlicet Lugg^rdis et Adel- 
heidis etc. . . .de regimine fratrum predicatorum') über deren Wbhnsitz und 
Schicksale uns nichts bekannt ist. 
öde Kirche Öde KtTckc In einer Urkunde Heinrichs von Aldingen, 13 10, Juli 29 

(FU. II No. 54) wird ein 'Holz, heisst Habsekke, entswischent der öden Kilchen 
und Mistelbrunnen' erwähnt. Diese *Öde Kirche' lag nach einer Aufzeichnung 
von 1435 (®^- m No. 83, Anm. 4) an einem Bache, dessen Name 'Bruder- 
bach' wol auf eine Einsiedelei schliessen lässt. Im J. 1878 wurden an der gegen 
Bräunungen liegenden Südostspitze des Habsecker -Waldes am 'Bruderbächle' die 
Grundmauern eines Hauses und eines aus Quadern errichteten massivem Baues 
entdeckt; daneben Spuren eines Canals und Weges, kurz eine alte, jetzt wieder 
überwachsene Rodung im Walde. Riezler (FU. .IV No. 488 und Schriften 
des Donauesch. Vereins III 288) glaubt in dieser Localität wol mit Recht die 
Ueberreste der 'Öden Kirche' erkennen zu dürfen. 
Schiow Langen- Das alte Sckloss Langettstetn , neben der 'Öden Kirchen' am Bruderbach, 

nahe der Grenze des Neidinger Klosterwaldes Habsegg, auf einem 1791 reducirten 
Grundriss des Bräunlinger Distrikts verzeichnet. Riezler a. a. O. S. 448 gibt 
darüber folgende Notiz: 'bei einem Besuche der von der Karte bezeichneten 
Stelle im Mai 1879 fanden Hr. Oberförster Kissling, Dr. Baumann und ich dort 
in der That ganz überwachsenes Mauerwerk einer alten Burg, auf der nördlichen 
Seite desselben auch Spuren von Wall und Graben. Die Stelle liegt nördlich von 
der Strasse, die nach Unterbränd führt, hart an derselben, 240 m westlich von 
dem Thälchen, das auf der topographischen Karte von Baden (1848) * Aasen thäl- 
chen' auf der reducirten Karte von 1791 aber 'Sachsenthälchen' genannt ist. Wie 
die Ueberreste zeigen, bestand die Burg nur aus einem runden oder viereckigen 
Thurme. Die Kunde von der wol seit dem 14. Jh. oder länger zerfallenen (Burg) 
war vollständig verloren, doch fanden wir unter Bewohnern des benachbarten Dorfes 
Hubertshofen noch die Sage lebendig, dass im Walde Habseck dereinst eine Burg 
gestanden. Da Heinrich von Aitlingen den Wald Habseck, den er 13 10 an Kl. 
Neidingen verkaufte, von denen von Langenstein gekauft hatte, darf man annehmen, 
dass das letztere Geschlecht Stammesvettern der Herren von Almshofen war, 
hier seine Stammesburg hatte, zu der wol die 'öde Kirche' ursprünglich gehörte. 
Bekanntlich liegt auch im Hegau eine Burg Langenstein (s. Kunstdenkm. Badens I 
391. 702), die einem gleichnamigen Geschlechte, den Stiftern der Deutschordens- 
commende Mainau, gehörte. Es ist wol möglich, dass die von Langenstein im 
Hegau und im Schwarzwalde ein und dasselbe Geschlecht sind; wenigstens er- 
scheinen, während die Siegel allerdings verschieden sind, hier wie dort die Vor- 
namen: Hug, Friedrich. Welche der beiden Burgen in diesem Falle die ältere, 
die eigentliche Stammburg war, lässt sich nicht entscheiden.' — 'Beachtet man 
die Burgstalle Langenstein, Dellingen und Kürnburg, das ausgedehnte Gräberfeld 
auf der Windstelle, den auf eine abgegangene Ortschaft weisenden Namen Notgen- 
steinszehnten in der Bräunlinger Gemarkung u. a. , so erkennt man, dass diese 



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AMT DONAUESCHINGEN. — DONAUESCHINGEN. 



ganze Gegend in alter Zeit viel mehr bewohnt war als heute.' (Vgl. auch Riezler 
i. d. Schriften des Donauesch. Vereins III 288.) 

Eine andere westlich von Bräunungen zwischen Waldhausen und Unterbränd 
ehemals gelegene Burg, von der noch jetzt bei dem vor einigen Jahren eben- 
falls abgebrochenen, den Namen bewahrenden Kümbergerhofe Spuren zu sehen 
sind, war das 1250 urkdl. genannte 'Castrum Kurenburc' (FU, I No. 427). Vgl. 
eb. I S. 196 und Fü. II No. 531 (Urk. v. 1388, Aug. 21). 



Burg 



BRUGGEN 

In Bruggen wurden 1761 zwei Plattengräber entdeckt, deren Inhalt aber puttengniber 
verschleudert. Im Spätherbste 1889 fanden Arbeiter östlich der Brege bei Bruggen 
mehrere auf beiden Seiten zugespitzte Eisenkeile, die aufrecht in einem Kreise in 
der Erde Stacken ; Alter und Zweck derselben, von denen zwei in die f. Alterthümer- 
sammlung zu Donaueschingen kamen, sind bis jetzt noch unbekannt. (B,) 

Hinter der Kapelle in diesem Dörfchen stand eine kleine Burg, die im Burg 

15. Jh. als Ftirstenbergisches Lehen die Herren von Almshofen-Neuenburg besassen 
und die 1498 Graf Heinrich von Fürstenberg von Jörg von Almshofen erkaufte. 
Vor hundert Jahren war der tiefe Graben um den Burgstall noch gut erhalten. 



DELLINGEN 



Rtune einer kleinen Burg, die von der Landgrafschaft Stühlingen zu Lehen 
ging, 15 12 an die Stähelin von Stockburg fiel und 1550 von diesen käuflich an 
Graf Friedrich von FürstenbeiTg kam. (B.) 



Burgruine 



DÖGGINGEN 

Alamanntsche Grabstätten in der Nähe des Ortes: eine eiserne Speer- AUm. Re«t« 
spitze aus denselben in der Gr. Staatssammlung in Karlsruhe (W.); ebendaher in 
Donaueschingen Waffen und Schmuck, darunter ein Siegelring mit hebräischen (?) 
Buchstaben. 

DONAUESCHINGEN 



Gerbert Iter Alem. 305. — Ders. Hist. Silv. Nigr. passim. 

Schriften des Alterthums- Vereins für das Gr. Baden zu Baden und seines 
Filial- Vereines, der historischen Section des Vereins für Gesch. und Naturgeschichte 
zu Donaueschingen. I — III Band. Baden-Baden 1846 — 1849. 8®. — Schriften 



[703] 



Lttteratur 



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lO KREIS VILLINGEN. 

des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar und der angrenzenden 
Landestheile. — I-VII. Karlsruhe und Tübingen 1871 — 1889. 8^ Daraus bes. 
Riezler S. Geschichte von Donaueschingen (a. a. O. II [1872] i.). — Barth 
Archivalien aus den Orten des Amtsbezirks Donaueschingen (Mitth. d. bad. histor. 
Commiss. No. 5). — Udry, Archivalien aus Orten des Amtsbez. Donaueschingen 
(eb. No. 7). — Woerl, Führer durch Donaueschingen und Umgebung. Nebst 
einem Plane der Stadt. 2. Aufl. Würzburg und Wien s. a. 

Zur Geschichte des Hauses Fürstenberg: Münch -Fi ekler Geschichte des 
Hauses und Landes Fürstenberg. I— IV. 1829—1847. — Fi ekler Kurze Ge- 
schichte der Häuser Fürstenberg, Geroldseck und von der Leyen. Karlsruhe 1844. 
— Fürstenbergisches Urkundenbuch. Herausgegeben von dem Fürst!. Hauptarchiv 
in Donaueschingen I — VI. Tübingen 1877 — 1889. 4°- — Riezler Ge.scliichte 
des fürstl. Hauses Fürstenberg bis zum" Jahre 1509. Tübingen 1883 8°. — 
Ders. Kurze Geschichte des Fürstl. Hauses Fürstenberg. Baden 1882. 8^. 
AUn. Reste Alamatifitsche Funde. Zwischen dem jetzigen Kirchhofe und der Strasse 

nach Kiengen an einer Stelle der Gemarkung, welche *auf der Tafel' heisst, 
wurde 1870 ein ala mannisch er Friedhof entdeckt. Man öffnete 22 ausge- 
mauerte, mit grossen Steinplatten belegte Gräber, welche neben theilweise wohl 
erhaltenen Skeletten die gewöhnlichen alamannischen Fundstücke, Waffen, Schmuck 
etc. enthielten. Letztere befinden sich im Museum von Donaueschingen. Schon 
1788 seien zunächst dem Kirchhof bei der Sebastianskirche *5 heidnische Gräber' 
entdeckt worden. (S. S. Riezler Geschichte von Donaueschingen in den Schriften 
d. Vereins für Gesch. u. Naturgesch. d. . Baar II, 1872, pag. 2.) (IV,) 
GeKhicfate Das fürstliche Haus Fürstenberg stammt ab von den Grafen von Achalm 

und Urach, die im 11. und 12. Jahrhundert die Grafschaft in den Gauen Pful- 
lichgau und Schwickersthal besassen und ebendort auf der rauhen Alb und in 
den Thälem des mittlem Neckars reich begütert waren. Die Grafen von Achalm 
und Urach hinwiederum lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Un- 
ruochinger zurückfuhren, deren ältester Unruoch I am Hofe Karls des Grossen 
lebte und dessen Sohn Eberhard die Tochter Kaiser Ludwigs des Froifimen hei- 
ratete. Somit gehört das Haus Fürstenberg zum ältesten hohen Adel der deutschen 
Nation. Während die älteren Grafen von Achalm im Jahre 1098 im Mannesstamme 
ausstarben, blühte der Seitenzweig der Grafen von Urach fort, und war es Graf 
Egino IV, der durch seine Verbindung mit Agnes, der Tochter Herzog Bertholds IV 
von Zähringen, den Grund zu der Grösse seines Hauses legte. Agnes erbte näm- 
lich nach dem kinderlosen Absterben ihres Oheims, Herzog Bertholds V von 
Zähringen, den grösseren Theil der Zähringischen Besitzungen in Schwaben. Ihr 
Sohn Egino V, Graf von Urach, theilte letztere unter seine 2 Söhne; Konrad er- 
hielt die westlichen Besitzungen und wurde Stammvater der Grafen von Freiburg; 
Heinrich erhielt die Lande auf dem Schwarzwalde und in der Baar und nannte 
sich seit 1250 nach der vorderen Kuppe im Längegebirge Graf von Fürstenberg 
(t- wahrscheinlich 1284). 

Der auf den Urachischen Stammgütem zurückgebliebene Zweig erlosch gar 
bald und es ging der Stammsitz des Hauses an Württemberg über; die Grafen von 

. [704] 

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AMT DONAUESCHINGEN. - - DONAUESCHINGEN. I I 

Freiburg, welche schon 1368 Freiburg an Oesterreich verloren, jedoch die Grafschaft 
Neufchatel erwarben und dahin übersiedelten, blühten bis 1457. Das Haus Fürsten- 
berg aber setzte sich in ununterbrochener männlicher Reihenfolge bis heute fort. 

Von höchster Wichtigkeit war es, dass Graf Heinrich 1283 von König Rudolf 
die Landgrafschaft in der Baar erhielt, die Grundlage der späteren Landeshoheit; 
weiterhin wurden Wolfach, Hausach, Wartenberg, Lenzkirch und Blumberg er- 
worben, während die alte Hauptstadt des Gebietes, Villingen (1326), wie auch die 
Stadt Bräunlingen (1305), ar\ Oesterreich verloren gingen. 

Mehrere Seitenlinien, die sich im 14. und 15. Jahrhundert abzweigten, so 
die Haslacher, die Kinzigthaler und Geisinger Linie, erloschen wieder, so dass 
gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Brüder Wolfgang und Heinrich VII wieder 
den ganzen Besitz vereinigten. Heinrich fiel kinderlos 1499 t>ei Dorneck; Wolf- 
gang, der um Kaiser Maximilian und dessen Sohn Philipp hochverdiente Staats- 
mann, setzte das Geschlecht fort. Sein Sohn Friedrich II vermehrte den Besitz 
um ein ganz Beträchtliches durch seine Vermählung mit der Gräfin Anna von 
Werdenberg; 1535 fielen ihm die Grafschaft Heiligenberg und die Herrschaften 
Jungnau und Trochtel fingen zu. 

Durch den Grafen Joachim, einen jüngeren Sohn * Friedrichs II, ward die 
Linie Fürstenberg - Heiligenberg gestiftet, welche 1606 die Herrschaft Weitra in 
Niederösterreich erwarb und 1664 die erbliche Reichsfiirstenwürde erhielt. 

Während des hatte in der älteren Linie Graf Wratislaus II durch seine Ver- 
mählung mit einer Gräfin von Helfenstein 1622 die Herrschaften Messkirch, Neufra 
und Hayingen erworben und die Linie Fürstenberg - Messkirch gegründet, auf die 
17 16 die Fürstenwürde der ausgestorbenen Heiligenberger Linie überging. Mess- 
kirch selbst erlosch 1744. 

Ein jüngerer Bruder Wratislaus' II, Graf Friedrich Rudolf, wurde durch seine 
Vermählung mit einer Gräfin von Pappenheim, der Erbin der Landgrafschaft Stüh- 
lingen und der Herrschaft Hohenhewen, Stammvater der Linie Fürstenberg -Stüh- 
lingen, welche unter Joseph Wilhelm Ernst (Reichsfurst 17 16) 1744 alle Fürsten- 
bergischen Besitzungen vereinigte. Joseph Wilhelm Ernst war es auch, der 1723 
seine Residenz nach Donaueschingen verlegte und 1 762 die Ausdehnung der reichs- 
fürstlichen Würde auf seine ganze Nachkommenschaft erwirkte. Von seiner Ge- 
mahlin, der Gräfin Anna von Waldstein, stammen die 1732 erworbenen Böhmischen 
Besitzungen, besonders die Herrschaft Pürglitz, welche noch jetzt das Stammgut 
der Fürstlich - Böhmischen Linie, der Secundogenitur des Hauses, bilden. Ein 
Bruder des Fürsten Joseph Wilhelm Ernst, Ludwig August Egon, übernahm die 
Niederösterreichische Herrschaft Weitra und ward der Stammvater der heute in 
Oesterreich blühenden landgrS fliehen Familie des Hauses. 

Auf Joseph Wilhelm Ernst folgte als Reichsfürst in Schwaben sein älterer 
Sohn, während der jüngere die Böhmischen Besitzungen erhielt, jedoch vereinigte 
1804 Fürst Karl Egon II, der Sohn des in der Schlacht bei Liptingen 1799 als 
Oesterreichischer Feldmarschall-Lieutenant gefallenen Prinzen Karl Aloys, wiederum 
den Gesammtbesitz in seiner Hand. Er war der letzte Reichsfürst. 1806 wurde 

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12 



KREIS VILLINGEN. 



Pfarrkirche 
Kelche 



Monstranz 



Seb.-Kapelle 



das Fürstenthum mediatisirt; es mochte damals auf 37 Quadratmeilen über 85060 
Einwohner zählen. 

Aus der Ehe des Fürsten Karl Egon II mit der Prinzessin Amaüe von 
Baden, Tochter des Grossherzogs Karl Friedrich, stammt das jetzige Haupt der 
Familie, Fürst Kari Egon III. 

Als Wohnsitze der Fürstenberger sind zu bezeichnen : die Burgen Fürstenberg 
und Wartenberg (s. d. Art.), weiter als ehemalige, theilweise vorübergehende Resi- 
denzen Haslach, Wolfach, Geisingen, Möhringen, Blumberg, Stühlingen, Messkirch, 
Neufra, Trochtel fingen, Heiligenberg und Hüfmgen. 

Im J. 889 schenkte Kaiser Arnulf der Abtei Reichenau die Villa Esginga 
in pago Perahtoltespara , welche bisher ad comitatum Adalberti qui Skerra dicitur 
gehört hatte (FU. V No. 47). Ein Theil des Gutes blieb als Kelnhof im un- 
mittelbaren Besitz des Klosters, ein anderer ward als Lehen an die Dienstmannen- 
familie von Eschingen übergeben, welche ihren Besitz aber schon vor ihrem Er- 
löschen im 15. Jh. verlor. Im 13. und 14. Jh. gehörten beide Theile den Herren 
von Blumberg als Reichenauer Lehen, nach deren Aussterben das Dorf an die 
von Stein (1449), dann an die von Habsberg (1482) und endlich an die Fürsten- 
berg (1488) kam. Schon Graf Heinrich von Fürstenberg (t 1596) wohnte meist in 
Donaueschingen, welches im 17. Jh. einer Linie der Familie den Namen gab und 
endlich 1723 die Residenz des Fürstenhauses wurde. Der Ort hatte sowol im 
30jährigen als in den französischen Kriegen schwer zu leiden, was zum Theil er- 
klärt, wesshalb an alten Gebäuden hier sich wenig erhalten hat; im J. 18 10 ward 
er zur Stadt erhoben (vgl. Baumann im 'Gh. Baden' S. 805). Die 1367 zuerst 
('die bürg ze Tünnäw Eschingen mit dem wage [der Donauquelle und deren Ab- 
fluss zur Brigach] hinder der bürg und mit allem inbegriffe vnd den bongarten 
vnd das wisli bi der bürg und die hofwis vnd der hoffacker ze Eschingen werden 
von Johans von Almshoffen und Zillig von Bltimenberg, seiner ehelichen Wirthin, 
an Rudolfen von Blömenberg u. s. f. verkauft', (FU. II No. 406) und dann mehr- 
fach 1485 (FU. IV No. 83). Genannte Burg der Blumberger ist wol die näm- 
liche, welche Graf Friedrich 1552 vor dem Neubau seines Schlosses abbrechen 
Hess. Letzteres bestand, bis 1723 Donaueschingen zur Residenz erhoben und das 
jetzige Schloss, ein schmuckloser Bau, hergestellt wurde. 

Pfarrkirche (Tit. s. Joh. Bapt.), unbedeutender Barockbau von 1724. Aus 
dem Inventar sind nur hervorzuheben : Zwei silbervergoldete Barockkelche, einer 
vom J. 1678, ein zweiter, sehr schöner, hat am Fusse das Wappen einer Abtei 
(S. Georgen?), das Augsburger Beschauzeichen mit A und I C B (zweimal). — 
Monstranz von 1757, neu restaurirt. 

St. Sebasttanskapelle, neurestaurirter, spätgothischer Bau von 161 2. Chor 
sechseckig mit sehr schlechtem Gratgewölbe, niedrigem Triumphbogen, Schiff flach- 
gedeckt. Fenster im Chor und Schiff einfach, oben Dreipass. Innere Aus- 
stattung ohne Kunstwerth. Im Schiffe vier Grabsteine in die linke Mauer 
eingelassen, darunter der des f. Geheimrathes und Kanzlers Geppert (gest. 1778) 
und der des verdienten f. Archivars Müller (gest. 1814). 



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AMT DONAÜESCHINGEN. — DONAUESCHINGEN. 



13 



Ktrchhofskapelle, stand ursprünglich als S. Lorenzkapelle an der Stelle des KiTchh.-KapcUe 
jetzigen Rathhauses, erbaut vor 1596; vgl. Riezler, a. a. O. II 35, auf den 
Kirchhof verlegt 1837. Chor sechseckig mit flacher Decke, Schiff flachgedeckt, 
Fenster mit Fischblasen, einfaches Portal. Alter eisenbeschlagener Opferstock. 

Auf dem Kirchhof sind einige alte Grabsteine von dem frühem Fried- OraUu-me 
hofe von um S. Lorenz und S. Sebastian übersetzt, darunter auch der der Scharf- 
richterfamilie Seidler (errichtet 1732, verzeichnet in vier Generationen bis 1876). 

Privatkäuser, Die Gasthäuser *zur Burg' und *zum Adler', sowie Privathäiaer 
mehrere andere Häuser haben noch gothische Fenster. 

Das Gasthaus *zum Lamm'' hat das Bäckerzeichen und die Inschrift : 
Anno 1770 den 3. März ward ich Fidelis Schneider anhero be- 
rufen, den ersten Mundsemmel || zur Hochfürstlichen Tafel zu 
backen, woran der Königin von Frankreich Majestät Maria An- 
tonie speisten. Darnach erbaute ich dieses Haus Anno 1783. 
(Gut mann Sehr. d. Ver. i. Donauesch. 11 200.) 

Am Ausgang der Stadt nach Wolterdingen zu kleines gothisches Haus mit 
Staffelgiebel. 

Befestigungen im *Donaueschinger O b e r h o 1 z', südöstl. vom Wildtobel, ganz Befe«tigui«eQ 
ähnlich denen des 'Schlossberges' bei Breg, nach der Volkssage der Rest einer 
Stadt *Laubenhausen' : doppelter Steinwall von ungewissem Alter. Vgl. Riezler 
und Bau mann Sehr. d. Ver. in Donaueschingen III 285. 

lieber verschiedene Münzfunde, welche in dem J. 1877 gemacht wurden MUnxfunde 
(mittelalterliche Silberdenare), gef. an der nördl. Grenze des Walddistictes 
Bahnholz; 26 Silbermünzen aus den JJ. 1633 — 1677) berichtet Roder Sehr, 
d. Ver. i. Donaueschingen III 290. Vgl. auch Bissinger* No. 48. 

FürstL Archiv, (Gebäude errichtet 1756 — 63.) Im Hausgang desselben Archiv 
sind aufgestellt: 

i) Grabstein der He wen, 1871 durch den Fürsten Karl Egon aus der Stemscuiptttren 
abgebrochenen S. Martinskirche zu Engen (I 28) gerettet. Inschrift in gothischer 
Majuskel : iJ^fiC ßöPYIiSV^V«; • ^.(st) • OBOJ^ . (dominorum) • 6© • || 
VXip.t('fdominarumJ'Ö''fdeJ'']^G7venlllllllllllhöydeJ''J^Gmei'lXl »16 
///////// + II + PIMIO • a> • CCC • IiXX • PffiO fprimoj || OS f?J £>e©J^9 

»^ • i^emZ ' »pj^o • I fnj x>ie • ssi • inid^^i^ev ^j^ci^pxieeaji- n 

(Abgeb. FU. II 323. Riezler Gesch. d. Hs. F. S. 305. Anzeiger f. Kunde d. 
d. Vorzeit XIX 142. XXV 83 mit Abbild.) In der Mitte Wappen des Petrus 
Hewen mit den vier kleineren Ortschilden von Fürstenberg, Gundelfingen, Mont- 
fort und Toggenburg. 

2) Kleiner Sandstein mit vier Eckschilden. 

3) Kalkstein mit springendem Hund (Wappen der Reckenbach?). 

4) Gewölbeknopf mit dem Voglerschen Wappen. 

5) Grabstein des Edlen Geder von und zu . . . neck (gest. 158?) und 
seiner beiden Frauen v. Gunsrad (t 1575) und Ifflingerin v. Graneck. Grosses Crucifix, 
vor welchem die knieenden Gestalten des Ritters und seiner zwei Frauen. 

Alle diese Steine stammen aus der S. Martinskirche zu Engen. 



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14 KREIS VILLINGEN. 

Schon früher standen und lagen im Hausgang des Archivs: 

i) Stein mit dem Allianzwappen der Fürstenberg und Schwarzenberg (Karl 

Egon von Fürstenberg [Löffinger Linie 1665 — 1702], vermählt mit Maria Francisca 

Gräfin zu Schwarzenberg). 

2) Stein mit dem Schwarzenbergischen Wappen (17. Jh.). 

3) Stein mit dem Fürstenbergischen Wappen von 1587. 

4) Stein mit dem Lupfen'schen Wappen 1536 (wurde 1862 aus dem Krenk- 
inger Schlösschen zu Engen ausgegraben). 

5) Stein (61 cm 1., 29 cm h.), auf dem ein Delphin ausgehauen mit der 
abgebrochenen Inschrift: STE || NRAFVE || KINTZGETHAL {?). 

Rom. Rote Ferner Reste aus der römischen Niederlassung zu Aul fingen 

(vgl. I 5. 670): Reste von einem Hypokaust, Thonplatten, Thonröhren, Fussböden etc. 
Eine nähere Beschreibung soll in den Vereinsschriften von Dona.ueschingen erfolgen. 
GipMbgfisM Auf der Treppe stehen Gipsabgüsse: 

i) Grabmal Konrads von Fürstenberg, Domdecans in Strassburg, 
gest. 1346, aus der Klosterkirche zu Lichtenthai bei Baden (abgeb. FU. II No. 161). 
2) Grabmal der Gräfin Anna Margaretha von Fürstenberg, 
Gemahlin des Grafen Albert von Hohenberg bei Haigerloch, gest. I2y6, im Boden 
des kleinen Chors der Klosterkirche Kirchberg, OB. Sulz, Württemberg; abgeb. 
FU. I 237. 

Im Archivgebäude befinden sich auch als Deposita: 

1) Verschiedenes Kirchensilber, darunter eine gothische Monstranz 
(Siehe unsere Taf. I und Katalog der Badischen Kunst- und Kunstgewerbe- 
Ausstellung 1881. Karlsruhe, Macklot. Abtheilung II No. 268), eine Sonnenmonstranz 
(ebenda No. 15 10), ein Vortragkreuz von 15 14 (ebenda No. 281), 2 Kelche mit 
Rococo-Omamenten (ebenda 1523 und 1524), femer der Krummstab einer Aebtissin 
(von Neidingen) aus dem Ende des 16. Jahrhunderts (ebenda No. 76). 

2) Eine sehr grosse Anzahl Siegelstempel und Fürstenbergischer Münzstempel. 

3) Eine silberne Büchse, enthaltend das Herz des letzten Grafen von Zimmern. . 

4) Oelgemälde und zwar Aebtissinnen von Neidingen (5), Aebtissinnen von 
Amtenhausen (14), Aebte von St. Georgen (9) und Aebte von Salem (i) darstellend; 
femer eine Ansicht von Donaueschingen von 1820 (?). 

5) Eine Uhr (englisches Schlagwerk) des 18. Jahrhunderts. 

6) Ein Schwarzkunstblatt. Thesen des J. B. J. Gegg von 1735. 

7) 9 Todtenschilde der Grafen Werdenberg, aus der Kirche von Trochtelfingen 
stammend. 

8) Eine von dem fürstlichen Archivar Peregrin Merk angefertigte Relief-Ansicht 
von Donaueschingen von 1800. 

9) Fürstenbergische Normal-Maasse und Gewichte. 

10) Eine Brauttmhe der Gräfin Eleonore von Helfenstein, Gemahlin Graf 
Wratislaus' II von Fürstenberg. 

In dem oberen Räume (2. Stock) ist das Gestühl der ehemals fürstlichen 
Hofbibliothek (Blattomamentik) sehr bemerkenswerth. 

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Tafel I 





Afonstramen aus Donaueschingen und VilUngen. 



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AMT DONAUESCHINGEN. ~ DONAUESCHINGEN. 15 

MünzcabtneL Die Sammlung enthält c. 50000 Nummern Münzen aller Münicabin«t 
Zeiten, unter denen die keltischen, merowingischen und deutschen besondere Be- 
achtung verdienen. Weiter eine Anzahl antiker, arabischer, Renaissance- und modemer 
Gemmen; die Lippertschen Abgüsse von Gemmen; eine CoUection Tabaks- 
dosen, einige kleine Steinkrüge. (Vgl. den ungedruckten Katalog des verstorbenen 
Freiherm v. Pfaffenhofen und Katalog der Bad. Kunst- und Kunstgewerbe- Aus- 
stellung 1881, No. 52, 121, 100, loi, 1537.) 

Weiter sind zu verzeichnen: KuMthistoriÄiie 

Die Huldigungsmedaille der vorderösterreichischen Stände an Kaiser 
Karl VI (17 16), sehr schöner, grosser Guss, nebst modemer Berliner Copie. 

Eine Anzahl kabbalistischer Kupferplatten des 18. Jhs. 

Grosses Crucifix von Bergkrystall, gekrönt von einer Kreuzigungs- 
gmppe in Kupfer; Fuss barock (Anf. 16. Jh.). 

Sammlung von vergoldeten Silberfiguretten, halb herausgearbeitet : 
Apostel, Evangelisten, Johannes der Täufer, die vier Kirchenlehrer, andere Heilige. 
Im Ganzen 3 grössere und 36 kleinere Figürchen, Arbeiten von grossem Reiz und 
feinster Ausführung aus dem Anfang des 16. Jhs. Provenienz ganz unbekannt. 
Im selben Kasten ein Crucifix und eine Madonna grösseren Maassstabes, Barock- 
silberarbeiten geringem Werthes. 

Glaskasten mit 16 sehr kleinen und fein ausgeführten Holz figürchen 
von Heiligen (Laurentius, Christophorus u. s. f.). Barockarbeit des 17. Jhs. 

Elfenbeincrucifix, sehr gute Arbeit des 1 6. — 17. Jhs., sog. jansenistischer 
Typus. 

Dsgl. (nicht jansenistisch), rohere Arbeit des 17. Jhs. 

Marmortorso, Busto einer bekleideten weiblichen Figur (Ceres?), vortreff- 
liche römische Arbeit (Sehr. d. bad. AV. 1847). 

Elfenbeinplatte mit Urteil des Paris, sehr schlechte und rohe Arbeit. 

Ausserdem wurde hier bis vor Kurzem eine Anzahl Gegenstände aufbewahrt, 
welche man seither in die Sammlung nach Heiligenberg (I 435 f.) übertragen hat, 
von der jetzt Th. Martin (Der Rittersaal des Schlosses Heiligenberg in Schwaben, 
München [1889]) nähere Nachricht gibt. Es sind nach einer mir gefl. von Hrn. 
Martin zur Verfügung gestellten Notiz : 

i) Goldner Pokal, zum Jubiläum des Fürsten Froben Ferdinand von der 
schwäbischen Ritterschaft gestiftet. 

2) Metallkreuz auf Marmomnterlage des Hugo von Werdenberg 1482. 
Auf der Rückseite: 1482. Hugo Comes de Werdenberg et de Monte 
S a n c t o. 

3) Elfenbeins chnitzerei: Raub der Sabinerinnen, ganz vorzügliche Arbeit 
des 18. Jhs. 

4) Dsgl. Kampf mit dem Drachen. 

5) Dsgl. Kreuzfahrer (13. Jh.?). Vgl. die Abb. Rosenberg Alte kunstgew. 
Arbeiten der bad. Kunst- und Gewerbeausstellung 1881. 

6) Basrelief aus Holz: Heimkehr eines Ritters. 

7) Silbermünze: Anbetung Christi. 

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l6 ■ KREIS VILLINGEN. 

8) Silbermünze: Schlacht. 

' p 

9) Silberne Platte: Orpheus singt den Thieren. V 1606 und 1607 

(Paul Vianen aus Utrecht). 

10) Eiserne Dose mit Silbereinlage, in Japan geübter Feilenhieb, in 
Europa sehr grosse Seltenheit. 

11) D o 1 ch s ch e i d e aus Holz. Die Schnitzereien stellen Scenen aus dem 
Leben Goliaths dar (14. — 15. Jh.). 

12) Silbersiegel eines Klosters Neunkirch. 

13) Crucifix aus Bronce aus der Kapelle Thiergarten (12 — 13, Jh.). 

14) Holzschnitzerei: Venus und Amor. 

15) Fundstücke aus dem S. Felixschrein: Münzen, Lamm, Glas 
(I 434). Münzen aus dem 15. — 17. Jh. T hon perlen. 

16) Richterstab aus Hüfingen, Bronze des 17. Jhs. 

17) Bronzewappen der Helfenstein. 

18) Lehenbecher (15. Jh., gz. H. G. z. F.). 

19) Becher, sog. Hansel im Becher. 

20) 12 Apostellöffel. 

21) Trinkhorn mit Silberbeschläg. 

22) Altdeutsche Armbrust mit Elfenbeineinlage. 

23) Vier Rads chlossfl inten, darunter ein Prachtstück mit Elfenbeinein- 
lage, Hochrenaissance. Die Einlage zeigt die Buchstaben VS, am Lauf MB. 

24) Etliche Hellebarden und eine Schweinsfeder. 
Waffenaammiung Wo^ensammlung , Kleine, aber interessante Sammlung älterer und neuerer 

Gewehre u. s. f. aus Fürstenbergischem Besitz. Einige der besten Stücke wurden 
1888 nach Heiligenberg verbracht (s. oben); unter den noch hier aufbewahrten 
sind einige in Elfenbein ausgelegte Büchsen des 16. Jhs. mit Renaissance- 
Ornamenten (Inschr.: J. C. Stengl, H. &Balth. Zellner, eine andre mit Joh. 
Neureu ther, Salzb.), zwei El fenbein bogen, ein Pistolenkasten Napoleons I, 
eine Elfenbeindolchscheide mit Dolch (Renaissance ; ob echt ?), Helle- 
barden u. s. f. bemerkenswerth. 
Aiterth. sammig. Afittqiuirtsche Sammlungen in dem 1868 hergestellten Karlsbau, in 

dessen unteren Geschossen auch die naturwissenschaftlichen Sammlungen unter- 
gebracht sind. Die archäologische Abtheilung enthält Funde aus den Pfahl- 
bauansiedlungen des Bodensee's, des Ueberlinger- und Zellersee's, Steinmeissel 
und Kelte aus den Lehm-, Geröll- und Torflagern der Baar. Der Bronceperiode 
gehören die Gegenstände des Hohenhöwener Fundes von 1872 an. Aus römischen 
Niederlassungen sind zahlreiche Reste vorhanden: so vor allem aus dem sog. 
Römerbade zu Hüfingen (s. d. Art.); bemalter Stucco aus Messkirch, ebendaher 
die Bd. I 396 wiedergegebene Inschrift, eine geschwellte römische Säule aus 
Aulfingen ; Bruchstücke von Legionsziegeln, GefUssen verschiedener Art, Glas, Thon- 
perlen, Spielmarken u. dgl. ; weiter ein Fragment des Stühlinger Mosaikbodens 
(s. d. Art. Band UI). Die alamannischen Reihengräber zu Dög^ngen,^ 
Dürrheim , Mauenheim , Riedöschingen , Donaueschingen , Löffingen , Bräunlingen 
ergaben weitere Fundstücke. Dazu kommen noch dem Mittelalter angehörige 

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AMT DONAUESCHIXGEN. — DONAUESCHINGEN. 17 

Waffenreste: Pfeilspitzen, Dolche, Schwerter, Sporen, Hufeisen, Pferdegebisse. 
Reste der römischen Ansiedelung in Aulfingen werden augenblicklich noch in dem 
Treppenraum des Archivbaues aufbewahrt (s. o.). 

Auf dem Treppenaufgang ein aus Italien herübergebrachtes Wandgemälde 
des 17. Jhs., Christus fällt unter dem Kreuze. Weiter die Stammtafel der 
1546 ausgestorbenen Freiherren von Gundelfingen, sehr grosses, vor- 
treffliches und gut erhaltenes Holzgemälde der schwäbischen Schule des 16. Jhs., 
als Costümbild hochinteressant (vgl. Woltmanns Katal. Nr. 115). 

Gemäldesammlung. Den Grundstock dieses Museums bildet eine Anzahl Gemäidesammig. 
schon seit älterer Zeit im Fürstenbergischen Besitz befindlicher Bilder, nament- 
lich die aus den Schlössern zu Wildenstein und Messkirch stammenden Gemälde, 
welche auch heute noch als der kunstgeschichtlich wichtigste Theil derselben zu 
bezeichnen sind. Im J. 1857 erfolgte dann die Erwerbung der Freih. v. Lass- 
bergischen Sammlung, über welche Waagen, der sie noch in Meersburg 'gesehen, 
im Kunstblatt 1848 einige Notizen gegeben hatte. Ausführlichere Nachricht brachte 
die Lützow'sche Zeitschr. F. b. Kunst 187J (VI 140 f.) aus der Feder A. Wolt- 
mann's, welcher zugleich im Auftrage Sr. Durchlaucht des Fürsten einen kritischen 
Katalog der Sammlung ausarbeitete (Fürstl. Fürstenbergische Sammlungen zu Donau- 
eschingen. Verzeichniss der Gemälde. Von Dr. Alfred Woltmann u. s. f. 
Carlsruhe 1870. 8®). Mit Rücksicht auf diesen Katalog wird hier von einer ein- 
gehenderen Beschreibung der Sammlung abgesehen, wir beschränken uns auf eine 
kurze, allgemeine Charakteristik der für die Kunstgeschichte des Landes hoch- 
interessanten Sammlung und auf einige kritische Bemerkungen in Bezug auf den 
umstrittensten Bestandtheil derselben. 

Schwäbische Schule. Sie ist zunächst durch No. i vertreten, ein 1445 Schwab. Schule 
datirtes Bild (Datum echt, obgleich restaurirt), Paulus und Antonius in der Wüste 
darstellend, oben erscheint Gott Vater segnend. Ein in jeder Hinsicht interessantes 
Bild, welches den Einfluss der van Eyck'schen Schule zeigt und ftir die Behand- 
lung der Landschaft in der deutschen Kunst von entschiedener Bedeutung ist. 
Vgl. jetzt Janitschek Gesch. d. d. Malerei 246. Lübke Gesch. d. d. Kunst 542. 

Der Schwäbischen Schule, beeinflusst durch Schongauer, sind No. 9, 
10, II zuzuweisen, dessen Einfluss sich auch in dem frei nach seinem Kupferstich 
gemalten Tod der hl. Jungfrau (No. 13) documentirt. 

Nach der Augsburger Schule neigen No. i6 — 19 hinüber. , 

Der Ulmer Schule gehören No! 22 — 40 an. Dem Grossmeister dieser uimer Schuie 
Schule, Bartholomaeus Zeitblom (bl. um 1484 — 1517) sind zwei Altarflügel 
zuzuschreiben (Kniestücke, No. 41 und 42), zu welchen als Rückseiten die Nummern 
207 und 238 der Karlsruher Galerie gehörten : die Heimsuchung, Maria und Elisa- 
beth, und die hl. Maria Magdalena und hl. Ursula (charakterisirt durch Krone und 
Pfeil). Beide Tafeln gehören zu den Perien der Sammlung (vgl. Waagen 
Kunstbl. 1848, 154). 

Der schwäbischen Schule sind femer beizuzählen, die dem 16. Jh. bereits 
angehörenden Nummern 59 (Flügelaltar aus Helmsdorf bez. 1509: hl. Anna selb- 

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i8 



KREIS VILLINGEK. 



Augsburger 
Schule 



dritt, von N agier Monogr. II No. 2970 einem Meister G. F. Stieglitz zuge- 
eignet), 60, 61, 62, 63 (Meister der Sammlung Hirscher: hl. Vitus), 64 — 68. 

Die Augsburg er Schule ist zunächst mit Hans Burgkmair dem 
Aeltern (ca. 1472 — 1531) in drei Flügelbildem eines Altares (No. 69 — 71) ver- 
treten. Dem Jüngern Hans Holbein steht nahe das Brustbild des Grafen 
Johann H von Montfort, gest. 1529 (No. yi), wol ein Werk B. Strigels (Wolt- 
mann Gesch. d. Mal. H 456), viel wichtiger sind die grau in grau gemalten 
zwölf Passionsbilder von dem altern Hans Holbein (1490: No. 43 — 54), 
deren Originalzeichnungen im Museum zu Basel (Band U, 15 — 25) erhalten sind 
und deren Uebereinstimmung mit der Passion desselben Meisters im Städ eischen 
Institut zu Frankfurt a. M., die Holbein 1501 für die Dominicaner daselbst schuf, 
sowie mit der Schilderung der Taufe in der Augsburger Galerie, die um 1504 
entstand, vermuthen lässt, dass sie in den Jahren 1501 — 1504 geschaffen wurden. 
Die werthvoUe Serie ist im Auftrage Sr. Durchlaucht des Fürsten Karl Egon zu 
Fürstenberg seither in vortrefflichem Lichtdruck vervielfältigt und mit begleitendem Texte 
A. Springer's herausgegeben worden (Hans Holbeihs des Aeltern Passionsbilder 
in der Gallerie des Fürsten Kaj-1 Egon von Fürstenberg. Mit erläuterndem Texte 
von Dr. Anton Springer etc. Nach den Originalgemälden durch Lichtdruck 
ausgeführt von Schober und Baeckmann in Karlsruhe. Nürnberg. Verlag von 
Sigmund Soldan. Gr. Fol. Vgl. Ztschr. f. b. Kst., Kunstschr. XV 257). Vgl. 
Lübke Gesch. d. d. Kst. 580. 

Andere oberdeutsche Bilder aus der ersten Hälfte des 16. Jhs. sind die wenig 
hervorragenden No. 106 — 109; der zweiten Hälfte desselben Jhs. gehört nadi 
Wol t mann das ehemals Holbein zugeschriebene Porträt einer jungen Frau No. iio 
an (s. unten), ebenso iii. Der ältere Lukas Cranach ist mit drei Werken 
vertreten : der nackten Faunenfamilie No. 97, deren sorgfältiger Vortrag und deren 
reizvolle Anmuth sie den besten Werken des Meisters gleichstellt, vgl. Lübke 
Gesch. d. d. Kst. 594; dann Ncx g8 (Kreuztragung) und 99 (Brustbild eines 
lutherischen Theologen). Aus Cranachs Werkstätte scheinen die No. 100 — 104 
hervorgegangen zu sein. 

Von Niederländern ist hervorzuheben : Rogier van der Weyden (gest. 
1464) (ob eigenhändige?): Madonna (No. 2), (vgl. Waagen Kunstbl. 1848, 254); 
Mabuse (gest. 1532): Madonna (No. 105), ein Werk von grosser Anmuth und 
S( )rgfältiger . Durchführung ; Bernhard von Orley (gest. 1 54 1 ) : hl. Familie (No. 
112), ausgezeichnete von Raffael beeinflusste Schöpfung (Vgl. Waagen Kunstbl. 
1448, 254); David Vinckebooms (gest. 1629): sitzende hl. Jungfrau mit reicher 
Staffage (No. 114). 

Weitaus den wichtigsten Bestandtheil der Sammlung bilden indessen die aus 
den Besitzungen des Fürsten bergischen Hauses an der oberen Donau zusammen- 
gebrachten Bilder No. 73 — 90 mit den verwandten 91 — 96, die wir kurzweg als 
Wiidenst. Meistei Werke dcs Wildensteiner Meisters bezeichnen wollen : A. Woltmann 
hat sie Barthel Beham zugeschrieben, worin ihm seither Ad. Rosenberg 
Seb. u. B. Beham, Leipzig 1875, v. Seidlitz (Allg. Künstlerlexik. Lpz. 1885 III 3 10 f.). 



Niederländer 



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Tafel II 




Donaueschingen. Galerie^ No. 7J — 75. 



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Tafel III 




I, Donaueschingen. Ga!en\\ No. 76. Wildensteiner Madonna. 



2, Villingeti. Gobelin, 



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AMT DONAUESCMINGEK. - DONACESCHINGEN. ICj 

Lübke (Gesch. d. deutschen Kunst S. 643), Janitschek Gesch. d. d. Mal. 
S. 383, A. gefolgt sind. Für uns liegt der Hauptwerth dieser Bilder darin, dass 
sie in der Landschaft entstanden sind, mit der sich diese unsere Kunsttopographie 
beschäftigt. No. 73 — 75 gelten allgemein als Stücke von dem Messkircher Altarbild 
(vgl. oben Bd. I 399 und Waagen Kunstbl. 1849, 254): Maria Magdalena zwischen 
S. Martinus und S. Joh. Baptista. Als Stifter sind Graf Wernher von Zimmern und 
Apollonia Gräfin zu IJenneberg unten genannt (s. unsere Abb. Taf. II), welche in 
knieender Gestalt neben Martinus und Johannes abgebildet sind, — Die No. 76 — 80 
bildeten den Flügelaltar der Kapelle zu Wildenstein (s. c^ben I 417): in der Mitte 
die wundervolle, auf dem Halbmond stehende Madonna mit Kind im Strahlenkranz, 
umgeben von Heiligen; (vgl. unsere Abb- Taf. III) auf den Flügeln auswendig die 
Büder der Stifter, desselben Grafen Wernher und seiner Gemahlin Apollonia, geb. 
Gräfin von Henneberg, mit dem Datum 1536, auf beiden Bildern. Auf den 
Rückseiten der Flügel Christus am Oelberg und der schlafende Petrus. 

Ein zweiter Flügelaltar aus Wildenstein bildet die No. 81 — 85, sein Mittel- 
bild ist die hl. Anna selbdritt in reicher Renaissancenische, ukngeben von Katharina, 
.Ursula, Barbara, Ottilia, auf den Flügeln eine Reihe anderer Heiligen. Die No. 86 
mit der ergreifenden Kreuzigungsgruppe stammt aus dem Schlosse zu Messkirch, 
Hinter diesen Hauptwerken bleiben die vier Tafeln No. 87 — 90 mit Afra, Paulus 
dem Einsiedler, Antonius, S. Jacobus d. Aelt. und noch mehr die handwerkmässig 
gearbeiteten sechs Tafeln No. 91 — 96 zum Theile sehr zurück, ob sie gleich den 
allgemeinen Charakter des Meisters bewahren, in welchem sich Dürer*sche Einflüsse 
mit den Elementen italienischer Renaissance paaren. Rundliche Köpfe voll Tiefe 
und Anmuth, naturwahre edle Zeichnung, die derjenigen Dürers an Feinheit voraus 
ist, Reinheit im Stil der Gewandung, Vermeidung des Krausig-Kleinlichen in den 
Brüchen der letztem, klarer, freundlicher Ton der Farben, die aussergewöhnliche 
Glätte zeigen, Bevorzugung eines rosarothen Tons, starke Betonung der landschaft- 
lichen Umgebung, die gerne mit Renaissancearchitektur und den von den Burgen 
des Schwarzwaldes zuweilen gesehenen Schweizeralpen ausgestattet wird — das sind 
die Eigenthümlichkeiten dieses Wildensteiner Meisters, in welchem die Gebrüder 
Boisseree Hans Scheuffelin sahen. Woltmann hat in der Einleitung zu seinem 
Katalog sich über die Gründe ausgesprochen , welche zu Gunsten Barthel Behams 
sprachen. Er gibt zu (S. 17), dass es für diese Benennung keinerlei äussere 
Beglaubigung gebe; sie beruht nur auf künstlerischen Gründen, die er und die 
angeführten Forscher mit ihm für ausreichend finden. Das sind gewisse Aehnlichkeiten 
in der Behandlung des Haars, in gewissen Charakterköpfen, in den Verhältnissen 
der Körper, in der Bildung der kurzen, dicken, an den Gelenken wie geschwollenen 
Händen, wie sie sich ebenso in unseren Bildern wie in dem einzigen mit Namens- 
unterschrift beglaubigten Bilde B. Behams, der Kreuzerfindung der Münchener 
Pinakothek (bez. 1530 Bartholome Behem) wiederfinden. In dem Münchener 
Werke wie in den Donaueschinger Bildern findet sich angeblich Uebereinstimmung 
der Farben und Vortragsweise, die nothwendigen Eigenthümlichkeiten, die weissen 
Lichter im rosarothen Fleisch, die schillernden Gewänder, die Liebhaberei an 
reicher Stofl'malerei. 



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20 KREIS VILLINGEN. 

So bestechend die vorgebrachten Argumente erscheinen, so haben sie doch 
nicht allgemein überzeugt. In der That liegen die Dinge doch nicht so, dass ftlr 
die Thätigkeit Bartheis im Dienste des Grafen A'on Zimmern bloss die äussere 
urkundliche Beglaubigung fehlt: in Wirklichkeit ist es höchst unwahrscheinlich, dass 
Beham jemals in der unterstellten Beziehung zu dem Grafen stand. Die Zimmer'- 
sche Chronik würde, falls eine solche existirt hätte, davon kaum geschwiegen haben. 
Beham war 1525 wegen seiner *gemeinschädlichen* religiösen und socialen Gesinnung, 
wegen Verbreitung von Karlstadts und Münzers Schriften aus seiner Vaterstadt 
Nürnberg verbannt worden; von 1527— 1540, wo er starb, stand er ununterbrochen 
im Dienste Herzog Wilhelms IV in München Dass ihn trotzdem 1536 der Graf 
Wernher von Zimmern bei seinen bekannten Gesinnungen in Bezug auf den 
Protestantismus um 1536 in Dienst genommen haben soll, ist nicht anzunehmen. 
Zudem ist die Zahl der B. Beham'schen Werke — Gemälde und Stiche — schon 
ohnedies so gross, dass er bei seiner kurzen Lebenszeit (er starb 40 jährig) 
kaum für alle ihm zugesprochenen Schöpfungen in Anspruch genommen werden 
kann. Wichtiger ist, dass neben den von Woltmann hervorgehobenen Analogien 
die echten Werke Bartheis noch grössere Abweichungen bieten. Woltmann 
selbst mass S. 16 zugeben, dass in den No. 76 — 80 der Donaueschinger Sammlung^ 
die Eindrücke des Südens mehr zurück, der Dürer'sche Stil entschieden hervortritt. 
Volle Uebereinstimmung mit den Porträts des Barthel bietet in Donaueschingen 
merkwürdiger Weise nur das Frauenbildniss No. iio, das früher Holbein beige- 
schrieben, von Woltmann als ^deutsche Schule nach 1550' bezeichnet wird. 
A. Bayersdorfer, der ebenfalls Woltmann' s Hypothese von der Autorschaft 
Barthel Behams an den Donaueschinger Bildern verwirft, soll (nach Mitth. d. Hm, 
Gallerie-Inspectors Frank) das Monogramm BB auf dem Kopf gefunden haben, 
was ich nicht constatiren konnte. Steht das Bild 1 10 als Werk Bartheis fest, so 
können die Bilder des Wiidensteiner Meisters, welche mit jenem gar nichts gemein 
haben, ihn unmöglich zum Urheber haben. Die Sache verdient jedenfalls eine neue 
Untersuchung, welche dann gewisse Bilder und Handzeichnungen in Besan^on und 
Windsorcastle (eines mit der Bezeichnung MA = Marcus Astfahi ?) in Betracht zu 
ziehen haben wird. Vielleicht dürfte die Rechnung Astfahls über ein Bild in 
Reutlingen, wofür 900 Gulden — also immerhin eine für damalige Zeiten hohe 
Summe — ausgezahlt worden (Mitth. des Prof. Wintterlin in Stuttgart an 
Dr. Baumann), geeignet sein, dem wirklichen Wildensteiner Meister auf die Spur 
zu kommen. 

Nicht aufgenommen in dem Woltmann'schen Katalog ist das grosse im 
Nebenzimmer aufgehängte Kreuzigungsbild, das die Jahreszahl 15 18 trägt. 
Stark restaurirt, lässt es jedenfalls die Richtung der Ulmer Schule erkennen. 

Die übrigen Säle enthalten ausser einer Reihe Kupferstichen eine Anzahl 
späterer Niederländer u. a. A. van Dyck: Christus mit den bussfertigen 
Sündern; CornelisJansonGillis deHondekoeter: No. 190 (Concert von 
Vögeln) und namentlich Werke einheimischer neuerer Künstler, wie J oh. Bapt. 
Kirner (1806 — 1867 No. 176: Episode aus Hebels Statthalter von Schopf heim) ; 
Jos. Moosbrugger (1814— 1869), Joh. Bapt. Seele (1772 — 1814: No. 138 

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Tafel VI 



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Donaueschingen, Bibliothek, Cod. 30g. 



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AMT DONAUESCHINGEN. 



DONAUESCHINGEN. 



21 



Kupferstich- 
cabinet 



Bibliothek 



bis 159, meist Soldatenbilder), von Andern Ach. Vertunni, A. und B. Adam, 
K. Fromrael, Lindemann- Fr ommel u. s. f. 

In der Rumpelkammer befinden sich eine Holzgruppe, hl. Anna selbdritt, HoixKuipturen 
polychromirt, gut, anscheinend bayrische Arbeit (aus dem Kloster zu Neidingen?); 
ferner fünf mittelmässige, spätgothische Statuetten in ^'a Lebensgrösse : Madonna 
und Andreas , Joh. Baptista , Joh. Evangel. und Stephanus. Ebenda einige Frag- 
mente spätgothischer Holzgemälde: hl. Antonius mit dem Schwein; Heim- 
suchung, Joachim und Anna, ein Knecht schlägt den Herrn, eine Frau, die sich 
die Hand vor die Augen hält. Endlich einige spätgothische Holzreliefs (Joh. 
Evang. u. s. f.), handwerksmässige Arbeiten. 

Kupferstichcabinet, Die in einem Gewölbe des Bibliothekgebäudes unter- 
gebrachte Kupferstichsammlung stammt aus der neuesten Zeit und umfasst etwa 
70 000 Kupferstiche , Aquarelle , Lithographieen , Handzeichnungen und Photo- 
graphieen. Vorzüglich vertreten sind die grossen italienischen Stecher, Dürer, die 
deutschen Kleinmeister, dann Nanteuil, Edelinck, bes. auch Chodowiecki. Unter den 
Handzeichnungen ist eine Silberstiftzeichnung Holbeins (weiblicher Kopf, auf der 
Rückseile Männerkopf), eine Federzeichnung H. B. Griens (zwei nackte Weiber), 
eine getuschte Bleistiftzeichnung von Jacob Asmus Carstens u. s. f. (vgl. Welt- 
mann Ztschr. f. bild. Kunst VI 141). 

Bibliothek. Den Grundstock der höchst beträchtlichen und kostbaren Biblio- 
thek bildeten die Büchersammlungen des Grafen Wolfgang von Fürstenberg, dann 
die des Grafen Maximilian Franz zu Fürstenberg-Stühlingen (1680 ansehnlich ver- 
mehrt), welche 1752 nach Donaueschingen übergeführt wurde. Eine namhafte 
Vermehrung erfuhr dieselbe durch Einverleibung der Bibliothek des Grafen von 
Fürstenberg - Messkirch , deren Grundstock von den Grafen von Helfenstein zu 
Wiesensteig und den Grafen von Zimmern herstammte, dann 1774 durch die 
medicinische Büchersammlung des Arztes Brix von Wahlberg, vor allem aber 1857 
durch Ankauf der Freih. v. Lassbergischen Sammlungen auf Meersburg. Seither 
beträgt der durchschnittliche Zugang jährlich ca. 600 Bande. Die altdeutschen 
Handschriften sind von J. V. Scheffel (Die Handschriften altdeutscher Dicht- 
ungen zu Donaueschingen. Stuttg. 1859) verzeichnet worden; einen Gesammtkatalog 
der HH. gab Barack (Die Handschriften der f. f. Hofbibliothek zu Donaueschingen. 
Tübingen 1865). 

Eine namhafte Anzahl der hier angesammelten Handschriften s i n d Gemalte Hand- 
gemalt. Es seien nachfolgende Nummern des Barack'schen Katalogs hier aus- 
gehoben und kurz beschrieben. 

No. 79. Rudolf von Hohenems Weltchronik, Pergamenthandschr. 
d. 14. Jhs. mit vielen mit Deckfarben auf Goldgrund gemalten Miniaturen; vgl. 
Lübke Gesch. d. d. Kunst 414. 

No. 191. Sacramentar des 9. Jhs., in seiner omamentalen Verzierung dem 
Sintramschen Evangelium longum in S. Gallen verwandt, vgl. die in dem Katal, 
S. 179 angeg. Litteratur. 

No. 309. Pergament band Schrift des ausgehenden (nicht wie der Katalog 
sagt, des beginnenden) 13. Jhs., Breviarium. Der Einband mit Silberbeschlag; 



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2 2 KREIS VILLINOKX. 

Vorderseite in Kupfer getrieben, in den Ecken vier Medaillons mit den Evangelisten, 
in der Mitte der Rex gloriae auf der Iris, inmitten der Mandorla, mit griechischem 
Nimbus, die Wundmale zeigend; in den Ecken Rauchfässer schwingende kleine 
Engel. Die Rückseite hat ebenfalls in Kupfer vier Medaillons mit den evange- 
listischen Zeichen, in der Mitte die Madonna unter gothischem Baldachin, oben 
zwei Engel mit Rauchfässern. 

Die zahlreichen Miniaturen der Hs. verrathen rhe inländischen Stil : dazu 
stimmen die in der Allerheiligenlitanei aufgenommenen Kölner Heiligen (Kunibert, 
Heribert, Godehard, Bernhard). Die Hs. beginnt mit einem Kalendar(i2 SS.), das 
in gemalter Einfassung und zwischen Rundmedaillons mit den Zeichen des Thier- 
kreises und der Andeutung der Monatsbeschäftigungen steht; dann folgen ganze 
Blätter mit Miniaturen einer andern Hand : i ) Geburt des Herrn, nach den Apo- 
kryphen , .mit dem Bade des neugebornen Kindes, fünf Frauen um die heiUge 
Wöchnerin. 2) Sitzende Madonna mit Kind. 3) Grosser hl. Christophorus mit 
dem Jesukind, sauber ausgeführt, von anderer Hand als i — 2. Unten im Wasser 
schwimmende Fische. 4) Petrus mit Schlüssel und Kreuz. 5) Andreas mit dem 
Kreuz. 6) Jacobus mit einer Buchrolle. 7) Johannes der Evangelist mit einer 
Buchrolle. 8 — 15) Sieben andere' Apostel mit Buchrollen. 16) Ein segnender 
Heiliger ohne Mitra, aber mit Buch und Pallium mit Kreuzen. 17) Eine Heilige 
mit Schwert imd Palme. 18) Stehende Apostelgestalt (?) mit Buch. 19) Brustbild 
Mariae. 20) Brustbild Chrisli. 2 1 ) Stehender Apostel (?) , segnend , mit Buch. 
22 — 29) Acht kleine Doppclbilder aus dem Leben des Herrn, sehr sorgfältig aus- 
geführte Malereien (ikonographisch durchaus interessant; besonders hervorzuheben 
die Verkündigung f. 36; die Geburt des Herrn, eb. ; die Taufe im Jordan f. 38: 
die Kreuzigung f. 39 ; der Tod der Jungfrau, ihre Krönung und die Auferstehung der 
Todten f 42, das Weltgericht f. 43 (vgl. unsere Abb. TafT. IV u. V). Die Behand- 
lung des jüngsten Gerichtes ist durchaus eigenartig, namentlich zii beachten das 
Auseinanderlegen der einzelnen Momente. 30) Grosse Kreuzigung (f. 45) : Christus 
zwischen Maria und Johannes, die Füsse schon übereinandergelegt (sicher eines 
der frühesten Beispiele dieser Anordnung), der Körper schon leise bewegt, das 
Haupt mit spärlichem Barte, ohne Krone; oben zwei trauernde Figuren (Brust- 
bilder mit Nimbus) über dem Kreuze und unten Sonne und Mond; unter dem 
Kreuzesstamme der Todtenkopf. 31) Geburt des Herrn (f. 48), Joseph mit der 
Judenmütze, im Hintergrund Ochs und Esel, unten zwei emporweiseade Brustbilder 
von Propheten; einer reicht einen Apfel hinauf, oben zwei Heiligenköpfe mit Rauch- 
fässern. 32) Gerimsel mit König David mit der Harfe. 33) Gemalter Anfang 
des *Beatus vir qui non abiit in consilio impiorum'. 34) Initiale mit der Dar- 
bringung Jesu im Tempel. Weiter eine Anzahl anderer Initialen, deren stih'stische 
Behandlung an das schottisch-irische Gerimsel erinnert. 35) Am Schiuss der Hs. 
die Allerheiligenlitanei : eine Seite mit der stehenden Figur Christi zwischen Maria 
und Johannes, oben und unten Engel, dann sieben Blätter, auf beiden Seiten bemalt 
und ein Blatt mit einer bemalten Seite. Der Text ist zwischen "je zwei Reihen 
von fünf Brustbildern geordnet, zwischen die oben und unten ein weiteres Brustbild 
tritt (vgl. unsere Abb. Taf. VI). 

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Tafel VII 





Donau f SC hingen. Bibliothek. Cod. 316. 



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Tafel VIII 




Donaiieschhigen. Bibliothek. Cod. jj^. 



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AMT DONAUESCHINGEN. DONAUESCHINGEN. 23 

No. 310. Pergamenthandschrift des I4.jhs. Breviariura. Colorirte 
Initialen und Rand Verzierungen auf Goldgrund. 

No. 311. Pergamenthandschrift des 14. Jhs. Breviariura. Initialen 
und Rand Verzierungen. 

No. 314. Pe rga m ent ha nd Schrift des 15. Jhs. Breviariura. Schöne 
Initiale mit Rand Verzierung. 

No. 316. Pergamenthandschrift des 13. Jhs. Diurnale. Ausser den 
Initialen, Randleisten und kleineren Sujets, welche die Monatsthätigkeit als Begleitung 
des Kalendariums illustriren, sieben Seiten mit je zwei Bildern aus dem Leben und 
Leiden des Herrn: Versuchung desselben, Abendmahl, Einzug Jesu in Jerusalem, 
Fusswaschung, Gefiangennehmung, Judaskuss; Jesus vor dem Hohenpriester, Dornen- 
krönung, Geisselung, Kreuzigung und Auferstehung; die Frauen am Grabe, Jesus 
erscheint Magdalena, Himmelfahrt Christi. x\lles vortrefflich scharf und lebendig 
charakterisirte Federzeichnungen auf Goldgrund (vgl. unsere Abb. Taf. VII). Die 
Heiligennamen des Kalendariums (z. B. Gudula) weisen auf Brabant hin. 

No. 317. Pergamenthandschrift des 14. Jhs. Diurnale. Einige 
grössere und viele kleine farbige Initialen. 

No. 323. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Officium B. M. V. etc. 
Gebete in französischer Sprache. Scenen aus dem Leben Jesu, die gewöhnliche 
Serie von den Evangelisten an bis auf das 'Sedet ad dexteram Dei Patris omnipo- 
tentis'. Der Katalog schliesst auf die Zeit von 1470. Ich finde, im Gegensatz zu 
demselben, Bilder wie Randverzierungen dieser offenbar in Frankreich geraalten 
Hs. ziemlich handwerksmässig. 

No. 324. Pergaraen thandschrift des ausgehenden 15. Jhs. Officium 
B. M. V. etc. II ziemlich rohe und handwerksmässige Miniaturen, unter denen 
der grosse von Engeln eraporgehaltene Messkelch (Rückseite: die 'drei' Nägel!) 
interessant ist. Randleisten u. s. f. weisen auf französischen Ursprung hin: Barack 
nirarat die Zeit 1470 — 1480 an (worauf hin?). 

No. 325. Pergaraen thandschrift des 15. Jhs. Officium s. Crucis 
etc., ehemals (1535 — 69) im Besitz der Grafen von Manderscheid - Blankenheim 
(Eintragungen , Geburt und Todesfälle ders. btr.). Zahlreiche Initialen , Randver- 
zierungen, grössere Miniaturen, deren Charakter durchaus an das Breviariura Grimani 
der Bibl. des Dogenpalastes in Venedig erinnert; Barack verweist auch auf die 
Aehnlichkeit rait dera der Meralingischen Schule zugeschriebenen Cod. Cirael. No. 44 
der Hof- und Staatsbibliothek zu München. Die Hs. enthält an Miniaturen: f. 13 Sal- 
vator Mundi (s. Abb. Taf. VIII); f. 18' Kreuzigung; f. 19 Randleiste zu *Doraine 
labia mea'; f. 25' Herabkunft des hl. Geistes; f. 31' Maria mit Kind zwischen 
zwei Engeln; f. t^z Randleisten zu 'Incipit Missa b. M.'; f. 37, 38, 39', 41 die vier 
Evangelisten; f. 42 Verkündigung; f. 52' Besuchung; f. 67' Anbetung der Hirten; f. 72' 
Anbetung der Könige; f. 76' Beschneidung; f. 81' Kindermord; f. 88' Flucht nach 
Aeg}'pten; f. 10 1' Krönung der Jungfrau; f. 1 10' Beklagung des Herrn ; f. i K)' Messe 
des hl. Gregor, der Papst vor dem Altar, bekleidet mit der sog. Bernhardscasel, sieht 
die Erscheinung Christi) , liturgisch sehr interessantes Bild. Weiter eine Anzahl 

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2 4 KREIS VILLINGEX. 

kleinerer Heiligenbilder (Michael, Joh. Baptista, Petrus und Paulus u. s. f.) zu 
den Commemorationen. Darunter erinnert namentlich f. 136' (David betet die 
Erscheinung des Herrn an) sehr bestimmt an das Breviar. Grimani. 

No. 326. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Officium B. M. V. 
et defunctorum. Das Kalendarium sowohl wie der Stil der Initialen, Rand- 
verzierungen u. s. f. weist auf französisch-burgundischen Ursprung. Die Hs. zeigt 
die Miniaturen der vier Evangelisten, dann f. 49* die Besuchung; f. 60 die Geburt 
des Herrn ; f. 66' das Gloria in excelsis ; f. 70 die Anbetung der Weisen ; f. 74 die 
Beschneidung; f. 78 die Flucht nach Aeg>'pten; f. log das Pfingstfest. 

No. 327. Pergamenthandschrift aus der 2. Hälfte des 15. Jhs. 
Officium B. M. V. etc. Die nicht gerade bedeutenden Initialen, Rand Verzierungen 
und Miniaturen (f. 25 Verkündigung; f. 47 Kreuzigung; f. 60 Anbetung der Weisen; 
f. 66 Flucht nach Aegyten ; f. 69 Krönung der Jungfrau durch Gott Vater, der als 
Papst erscheint) verrathen französische Schule. 

No. 328. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Officium B. M. V. etc 
Das Kalendarium weist mit einzelnen Namen (Leodegar, Nicetius) auf Burgund 
oder Lothringen hin. Die 17 Miniaturen sind handwerksmässig ; in Frankreich ge- 
arbeitet, lassen sie flandrische Einflüsse erkennen. Ausser den 4 Evangelisten f. 21 
Verkündigung; f. 46 Besucbung; f. 60 Geburt des Hern\; f. 72 Anbetung der 
Hirten ; f. 76 Anbetung der Könige ; f. 85 Flucht nach Aegypten ; f. 92 Krönung 
der Jungfrau; f. 97 Kreuzigung; f. 10 1 Herabkunft des hl. Geistes; f. 109 David 
tödtet den Goliath ; f. 131 die Stifterin, auf den Knieen vor Maria mit dem Jesus- 
kinde, von ihrer Patronin vorgestellt, als Illustration zu einem Gebete an die seligste 
Jungfrau *Obsecro te' etc.; f. 137 sehr merkwürdiges Schlussbild: auf einem Berge 
links oben steht der Tod, geschildert als Gerippe mit flatterndem Gewände ; durch 
den Hauch seines Mundes und durch ausgesandte Pfeile trifft der Tod die unten 
stehende Menge männlicher und weiblicher Personen, von denen viele schon ge- 
tödtet am Boden liegen: Illustration zu 'Dilexi quoniam exaudiet Dominus vocem 
orationis meae\ 

No. 329. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Officium b. M. V. 
et Psalmi poenitentiales. Kalendarium zu Anfang. Enth. eine Anzahl kleine 
Scenen aus der Passionsgeschichte, Initialen und Rand Verzierungen, massige Arbeiten 
der niederrheinischen Schule mit Anklängen an die französische. Der Katalog 
findet sie *sehr schön' und setzt, ohne Begründung, das Jahr 1440 als ungefähres 
Datum an. 

No. 330. Pergamenthandschrift des ausgehenden 15. Jhs. Officium 
b. M. V., s. crucis, defunctorum, Psalmi poenitentiales. Aufschriften 
französisch. Reiche, fein ausgeführte Initialen, Randleisten, Blumen u. s. f. mit 
Scenen aus der Leidensgeschichte des Herrn. Der Katalog sagt: niederrheinische 
Schule mit französischen Anklängen; man wird einfach 'französische Schule' zu 
setzen haben. 

No. 332. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Horae de Sancto 
Spiritu, de B. M. V., de sancta Cruce, Psalmi poenit., Vigiliae 
mortuorum mit Kalendarium. Vom zwei Wappen mit den zwei Fischen. 

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AMT ÜOXAUESCHINGEN. — DONAUESCHINGEN. 2^ 

Enthält Initialen, Randverzieningen , ii Miniaturen aus dem Leben und 
Leiden Jesu, bes. interessant f. 55 der Weltenrichter ; f. 66 das Todtenamt. Nieder- 
rheinische Schule mit französischen Anklängen. 

No. 334. Pergamenthandschrift des 13. Jhs. (aus v. Lassbergischem 
Besitz). Lateinisches Gebetbuch. Keine grösseren Darstellungen, aber auf 
jedem Blatt vortreffliche Initialen und Randverzierungen der französischen Schule. 

No. 335. Pergamenthandschrift des 15. Jhs. Lateinisches Gebet- 
buch mit Kalendarium; Ueberschriften , französisch. Viele kleine Miniaturen der 
2. Hälfte des 15. Jhs. (der Katalog setzt 1460 — 62 an) und aus der französischen 
Schule. 

No. 355. Pergamenthandschrift des 18. Jhs. in elegantem italienischem 
Ledereinband. Litaniae etc. compositac ao. domini 1702. Titelblatt mit hl. 
Magdalena, sehr üppig, auf Pergament gemalt. Sehr hübsche Randleisten, Initialen 
u. s. f. im Stil der Renaissance, vermuthlich nach älteren Mustern ausgeführt. 

No. 355. Pergamenthandschrift des 16. Jhs. (natürlich nicht des 
1 5. Jhs., wie der Katalog hat) in gepresstem Leinwandband. Deuts ch es Gebet- 
büchlein, für den Kurfürsten Herzog Johann von Sachsen 1533 ausgearbeitet 
und laut Eintrag 16 16 *ex Bibliotheca Wisensteigensi'. Auf dem Einbände der 
Stempel Lukas Kranachs mit dem Datum CF 1563, hinten V. F und die Forti- 
tudo des Hans Sebald Beham. Die Hs. hat 9 ausgezeichnete Miniaturen von der 
Hand, bzw. aus der Schule Kranachs: f. i' Christus als Salvator mundi; f. 4' der 
Sünder vor dem sitzenden Schmerzensmann e ; f. 10' derselbe vor der Kreuztragung 
Christi; f. 13* Christus erscheint vom Himmel herab der betenden, auf den Knieen 
liegenden Gemeinde; f. 17' der Herzog kniet vor dem an die Säule gebundenen 
Erlöser; f. 20' Christus domengekrönt erscheint von oben der knieenden, betenden 
Gemeinde; f. 26' Kreuzigung mit der knieenden Gemeinde; f. 23' Ecce homo; 
f. 2S' Christus erscheint von oben her der knieenden Gesellschaft des Kurfürsten. 
Die Hs. ist als eines der ersten gemalten Gebetbücher des Protestantismus interessant, 
namentlich in ihrer Abweichung von den traditionellen Typen und Darstellungs- 
gegenständen der kirchlichen Kunst. 

Wappenbuch des Fürsten v. Hohenlohe, dessen Alter auf 1433, ^'^n 
Grote (Anz. f. Kunde d. d. Vorz. 1878, XXV 14) auf 1448 — 1470 bestimmt wurde. 

Im Schloss unter vielen neueren Kunstgegenständen ein schönes Holz- Schiow-Sammig. 
seh rank chen (Renaissance), im Schlafzimmer der Prinzessin Amelie zwei kleine 
Kreidezeichnungen von Ellenrieder u. a. — Gestickter Teppich aus* 
der Kirche zu Pfaffenweiler bei Freiburg stammend, c. 2V2 m. br. i ^'2 m. h. ; die 
Stickerei stellt den Tod Mariae dar, mit deutschen Inschriften (Ende 14. Jhs. Abgeb. 
Rosenberg Alte kunstgew. Arbeilen). — Im Hofkeller das *K e 1 1 e r r e ch t' (16. Jh.) 

Im Besitz des Fürstl. Hof- u. Cabinetsraths Herrn Gutmann: Sammlung de» 
Holzgemälde, den Engel Gabriel mit dem Brief darstellend, auf gemustertem Gold- Gutmann 
grund. Stück von einer Verkündigung, aber gut erhalten, in den Farben frisch 
(Ende 15. Jhs., schwäbische Schule, angeblich Wohlgemuth.) — Holzrelief: 
Anbetung der Weisen nach Dürers Leben der hl. Jungfrau (18. Jhs.). Aus dem 
Franciscanerkloster in Kenzingen. — Zwei Aquarelle von Seele. 

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26 



KREIS VILLINGEN. 



Sammlung des 
Hrn. Dr. Baumann 



Bauernstube In der Baucmstube eine kleine, für den Freund des Scbwarzwalds in- 

teressante Sammlung von Schwarzwälder Bauemsachen : Weihwasserkessel in glasir- 
tem Thon; Uhr, Brautschappeln, Bett von 1830, Faschings-Handrollen, Räuber- 
portmonnaie u. s. f. 

Im Besitze des Archivars Herrn Dr. Baumann: Zwei Tafelge- 
mälde, hl. Gangolf und hl. Gregor, aus Wolfartschwende bei Ravensburg (?), 
offenbar von dem Meister der Wildensteiner Bilder. — Ein Tafelbild, Schmerzens- 
mann (schwäbische Schule). — Zwei Tafelbilder von einem Flügelaltar, angeblich 
von Alt dorfer (Verkündigung und Visitatio). Der Rest des Altares gelangte 
nach Hildesheim. — Tafelbild mit Ritter Georg (schwäbische Schule, c. 1 460 — ^70). 
— Oelgemälde (von Z a m p i e r i ?) : Scene aus Orlando furioso , italienisch. 
Desgl. Männliches Porträt, sehr gut, (v. d. Hei st?). Desgl. Christus bei Niko- 
demus (Honthorst?). Desgl. HI. Franciscus v. Assisi, gute spanische Arbeit. 



ESSLINGEN 



Kirche 



Kirche (Tit. S. Jacobi mal. et s. Andreae). Chor, goth. Sterngewölbe von 
1589, auf der vordem Schlusssteinrosette das fürstenbergische Wappen, auf der 
hintern das der Stadt (resp. Herrschaft) Möhringen (Ochsenkopf). Das Langhaus, 
stillos, wurde vor ca. 40 Jahren nach hinten beträchtlich erweitert und mit einem 
steinernen Portal in goth. Stile versehen, auf ihm sitzt ein Sattelreiterthurm. Die 
Kanzel (ohne Kunstwerth) stammt von 1682; gleichzeitig sind ohne Zweifel die Altäre 
und Bilder der Kirche. Im Chore rechts hängt ein Bild : Anbetung der drei Könige, 
links ein Bild: Geburt Christi, beide sehr bewegt. Der Eingang in die Sakristei 
hat einen Eselsrücken. Die Fenster im Chore sind ohne Maasswerk. Weihwasser- 
kessel (Kupfer) von 1661 mit I H S. Taufstein von 1774 (werthlos). Im Thurme 

3 Glocken aus dem 18. Jahrhundert, eine von 1780. Auf dem Kirchhofe, der 
die Kirche umgibt, steht ein grosses Steinkreuz, errichtet 1728 unter Friedrich 
Moser, Pfarrer in Kirchen und Esslingen. Im Pfarrhause sind 2 Reliquientafeln 
(17. Jh., ohne Kunstwerth). In der Kirchhof kapelle eine späte PietÄ (noch goth. 
stilisirt). (Mitth. des Herrn Dr. Bau mann.) 

Einige Häicserinschriftcn des 18. Jhs. verzeichnete Gut mann Sehr. d. 
Ver. zu Donauesch. 1872 II 202 (2). 203. 204. 206. 



FÜRSTENBERG 



Littcratur Ehemalige Burg, Fickler Gesch. der Häuser Fürstenberg, Geroldseck 

und von der Leyen. Karlsruhe 1844. 12°. — Münch, E. Gesch. d. Hauses 



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AMT DOXAUESCHIXGEN. -- GEISINGEN. 



21 



und Landes Fürstenberg. Karlsruhe 1829 — 47. I — IV. 8°. — Bader, J.Kurze 
Schilderung des Hauses F. (Badenia 1839, '^5)- — Riezler Gesch. des fürstl. 
Hauses F., Tüb. 1883, S. 201. 268. ^'J\^ — Fürstenb. Urkundenbuch. Tüb. 

1875—89. 6 Bde. 4°. — Zimmer'sche Chronik, herausgeg. v. Barack i. A., Freib. 

u. Tüb. 1881. 4 Bde. 8*>. 

Die Burg Fürstenberg, auf dem 919 m hohen Fürstenberg gelegen, wird BurR 

zuerst II 75 genannt, in welchem Jahre sie Herzog Berthold IV von Zähringen in 
seinem Kampfe mit den Zollem diesen abgewann. Sie war also ursprünglich alt- 
zollemscher Besitz. Nach der Erbtheilung von 1245 nahm Heinrich I, Stifter des 
in den Fürsten und Landgrafen von Fürstenberg noch heute blühenden Zweiges 
der Urach 'sehen Linie, neben dem Titel eines Grafen von Urach auch den eines 
Herrn, später Grafen von Fürstenberg an. 

Nachdem die Burg lange Jahrhunderte hindurch in gutem Zustande erhalten 
worden war und noch im 30jährigen Kriege eine Belagerung durch die Schweden 
ausgehalten, zerfiel sie bald nachher; schon lun 1780 standen, von ihr nur noch 
wenige Reste; gut erhalten sind noch heute trotz des Brandes von 184 1, welcher 
das damals oben auf dem Berge gelegene, nachher am Fusse desselben neu gebaute 
Stätdchen zerstörte, die Wälle von Burg und Stadt. 

Erwähnenswerth sind die urkundlichen Nachrichten über das offene *Lant- 
gericht' zu Fürstenberg an der Staig an der offenen fryen Künigsstrasse' 1445 
(FU. III No. 363), über die Schlosskapelle 1472 (eb. III No. 590; Stiftung '• -^ * 
einer Seelenmesse durch Graf Konrad v. F.) und 1504 (eb. IV No. 379; Mess- 
stiftung für einen Kaplan zu Ehren des hl. Erhard; dabei wird gesagt, dass die 
Kapelle von der Pfarrei Hondingen abhängt). 

Von dem Längeschloss bei Fürstenberg (erbaut von Fürst Joseph Wenzel LängcscWo» 
von Fürstenberg 1767, abgebrochen 1840) .sind (nach Mitth. des Herrn Dr. Baii- 
mann) noch ziemlich hohe Mauerreste übrig. 



GEISINGEN 



J. Barth Geschichte der Stadt Geisingen in der Baar. Selbstverlag d. Verf. 
1880. 16®. — Riezler und Baumann Alte Befestigungen a. d. Baar und d. 
obem Donau (Schriften des Donauesch. Ver. 1880 III 284 ff.) 

Nördlich von der Stadt befindet sich eine vorgeschichtliche Befestigung, 
die sog. Ehrenburg. Ein steil abfallender Bergvorsprung ist auf der mit dem 
Bergrücken zusammenhängenden Seite künstlich durch doppelten Wallgraben befestigt. 
Die eigentliche *Burg' ist 100 m lang, oben 100 m breit; die Entfernung vom 
obersten Graben bis zum Hauptgraben beträgt 120 m. Ähnliche Befestiguiigen er- 
heben sich ini der Nähe an 4 Stellen, i) die 'Heiden bürg bei Bachzimmern, 
2) eine bei dem ehemaligen Kloster Amtenhausen, 3) eine solche zwischen 
dem Thalhof und Ippingen, 4) eine solche zwischen dem Thalhof 
und Geisinge-u. 



Littcratur 



Ehrenburg 



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28 KREIS VILLINGEN. 

Der nordwestliche TKeil der Stadt Geisingen ruht auf einem alten Fried- 
hof; welcher Zeit er angehört, ist bis jetzt nicht bekannt. (R i e z 1 e r Schriften d. 
Vereins für Gesch. u. Naturgesch. d. Baar III. 1880, pag. 286.) 

Ron. Reste Römtsche Restc : 1889 wurde eine unkenntliche Kupfermünze aus der 

Kaiserzeit bei Anlage einer Wasserleitmig gefunden. (B,) 

Pferrkirche PfarrktTche (ad S. Nicolaum). Einschiffiger, flachgedekter und vielfach ver- 

zopfter spätgothischer Bau. Der Thurm gehört noch der romanischen Zeit an. An 
der Ostseite ein romanisches, in der Hohlkehle mit Kugeln besetztes Fenster, dann 
kleine spätgothische Fensterchen mit Dreipässen. — Die Schifflenster zweigetheilt, 
mit Fischblasenmaasswerk. Westportal mit übergreifendem Stabwerk, gez. 1551, 
sehr einfach gehalten. Ueber dem Portal sieht man die bekannten Längsrillen 
Deckengemälde — An der Deckc (Holzplafond des 17. Jhs.) geringe Gemälde (Apostel, Auf- 
erstehung des Herrn u. s. f.) 
Epitaph An der Schiffswand Steinepitaph eines Herrn von Staffeleck, fürstl. 

Statthalters, gest. Mai 1621, mit halb verdecktem schönem Wappen. 

HeU. Kreux- HciL Ktetizkapelle , erbaut 1 74 1 . Runder Chor mit Schiff, das Ganze ist so 

angelegt, dass letzteres bei dem projectirten, jedoch nie zur Ausführung gelangten 
Ausbau Querschiff geworden wäre. Innere Ausstattung ohne Kunstwerth. Ueber 
die Entstehung dieser Wallfahrtskapelle s. Barth a. a. O. 181 — 184. 
WaipttisttkapeUe WalpUTgtskdpelle, Der jetzt (s. 1885) gänzlich erneuerten und vergrösserten 

Kapelle ging ein gothischer Bau voraus, dessen Chor im */8 geschlossen war. Er 
hatte zweigetheilte Fenster mit Vierpässen, die Sacristei ein Gratgewölbe und eine 
kleine gothische Nische. 

Diese Kapelle wird urkundlich erwähnt 1470, April 2^^ wo Egen Graf zu 
Fürstenberg, Landgraf in Bare und Herr zu Gisingen, den B. Herman zu Constanz 
ersucht, die ewige Jahrzeit und Brüderschaft zu bestätigen, welche er mit Hülfe 
und Zustimmung Herrn Burkharten Angerers, des Kirchherrn, auch des Schultheissen 
und Raths zu Gisingen in der Kapelle zu St. Waldburg Kirche gestiftet hat (FU. III 
No. 568. IV No. 536. Riezler Gesch. d. Hauses Fürstenb. S. 350 f.). Nach 
dem 1530 erneuerten Bruderschaftsrodel hat Graf Egen ausser einem Vermächtniss für 
die Confratemität *den halbtail hanfsomen des hanfzehenden zu Gysingen an das 
Hecht im kor bemelter capell vor Unser Frowen altar verordnet' (FU. IV 487,3). 
Nachdem Graf Egen von Fürstenberg-Geisingen 1483 (April 28.?) in Donaueschingen 
verstorben war, setzte man ihn im Schiff der Waldpurgiskapelle in Geisingen bei 
und bedeckte sein Grab mit einer Steinplatte (Abbildung FU. IV No. 31, p. l\ 
und Riezler a. a. O. 35i.)i deren theilweise zerstörte Inschrift besagt: SttlO 

bomini mcccclrjc^iü llia^ nacg bet ge&rt fitifli bo ferfd^iet bet ebel taol^ 
0C&otn gcaf {| fen egen fem fitflenfietg |{ j^elf got bet fei Sil lifec fto ante 

Unter dem Wappen das Datum ^1X83 ^^^ Platte wurde 1768, um sie vor völliger 
Zerstörung zu bewahren , aufgehoben und an der rechten Wand des Chors auf- 
gerichtet, jetzt steht sie an der Rückwand des Schiffes. 

Im Schiff und an der Stirnwand befanden sich vor der Restauration, bezw. 
dem Umbau noch vier Epitaphien fürstl. fürsten bergisch er Beamteter. Es kann 

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AMT DONAUESCHINGEN. 



HARDECK. 



29 



nicht unerwähnt bleiben, dass bei besagtem Umbau durchaus nicht die geforderte 
Pietät für Erhaltung der Denkmäler gewaltet hat. 

Wirthshaiis *zum Hirschen'. Altes gothisches Haus mit rundbogigem, mit 
Kugehi besetztem Portal. Wirthshauszeichen des 18. Jhs. in Eisen. 

Wirthshaus 'zur Krone' (No. 8g) : rundbogiges Portal mit zwei leeren Wappen- 
schildern. Wirthshauszeichen des 18. Jhs. 

An der Süd- und Westseite des Städtchens haben sich, theilweise die Hinter- 
seite der Häuser bildend, theilweise in einer Höhe von 6 — 8 m. freistehend, Ueber- 
reste der Stadtmauern (13. Jh.?) erhalten; an der südwestlichen Seite Rumpf 
eines Thurms, (Fr.) 



Privathäuaar 



GRÜNBURG 

* s. Unadingen. 



GUTMADINGEN 



In der ganz neuen Kirche (Tit. S. Conradi): Barockkelch mit emaillirten 
Medaillons (Passionsscenen) , sehr schöne Arbeit des beg. 18. Jhs. — Dsgl. mit 
späten, aber nicht ungefälligen, dem Rococo zuneigenden Formen. Beschau zeichen 
Hand mit Ring, I T H. Dazu Teller und zwei Messkännchen derselben Zeit. — 
Sehr späte, zopfige Monstranz (18. Jh.). — Geringes Barock vortragkreuz. — 
Madonnenbild, Nachbildung des schwarzen Marienbildes von Einsiedeln. 

Das Pfarrhaus hat die Jahreszahl 



Kirch« 



ITO 



An der Friedhofmauer Fürstenberg isches Wappen (16. Jh.). 

Haus No. 25 spätgothische Fensterchen; über dem abgefasten und mit 

Kugeln besetzten Thorbogen Kopf und TT als • man zalt • (?) ^57^ • ward dise 

SCHEIER GEBUVEN GALT DAZ MALTER • KERNE • ^0 U^ (=^ SoHdt). Unten (j^AS M 

(unvollendete Inschrift). 

Haus No. 33, alte spä^othische Thüre mit rundem (!) Bogen. 

Haus No. 43 , ehemals fürstliches Haus , mit Staffelgiebel , spätgothischen 
Fenstern, nmdbogiger Thüre. Im Garten Kellergewölbe, bei trocknem Wetter zu 
sehen. Dieselben sollen Reste eines Schlosses sein. 

Haus No. 50 (früher No. 49) spätgothische Thüre mit Eselsrücken und dem 
Datum ^57^. An der Thüre geringes altes Eisenschloss. 



Pfiu-riuus 



Privathämer 



HARDECK 

Burgruine, s. Mundelfingen. 

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3° 



KREIS VILLINGEK. 



HAUSEN VOR WALD 



Rom. u. Alam. 
Reste 



Kirche 



Todtenschilde 
Epitaphien 



Pfarrhaus 



Römische und alamannische Reste, Auf einem Acker am ^Steinbock', 
einem Theil des Auerbergs, stiess man 1833 auf die Trümmer eines römischen 
Gebäudes von ca. 20 m Länge und Breite. Dasselbe. wurde damals durch Hofrath 
Rehmann blosgelegt; der Grundriss ist verloren gegangen. Fundstücke, bestehend 
aus einigen Gefässbruchstücken, einem steinernen Tischfiiss in Form einer kleinen 
I m hohen Säule mit Fuss und einfachem Capitell , dem Rumpf und Fussgestell, 
einer roh gearbeiteten Statue aus Kalkstein mit einem Köcher auf dem Rücken 
(Actäon?) werden in der antiquarischen Sammlung zu Donaueschingen aufbewahrt. 
Am westl. Abhang des Auerbergs, gegien Döggingen hin befand sich ein ala- 
mannischer Friedhof. (Fickler Schriften d. Alterthums -Vereins f. d. Gr. 
Baden! 1845, pag. 396 ff.), wo auch die Fundamente der Römerbaue im Grund- 
riss. Vgl. Bissinger No. 48. (IV.) 

Kirche (Tit. ss. Apost. Petri et Pauli). Zopfbau 1749, alt nur der gothische 
Thurm (Satteldach, Staffelgiebel, goth. Fenster ohne Maasswerk). An der Bühne 
(Oratorium der Herrschaft) Wappen der Schellenberg und Schönau. 

An Todtefischilden und Epitaphien hat die Kirche: ^" 

1) Blechtifel des Joa. Joseph Hb • bar • de • Schellen berg, Dni in 
Hausen vor Wald, Neuenburg et Bachheim, gest. VI. oct. ^769-'* 

2) Todtenschild: A*J 6nj • \ * 5 • 3 • 3 etc. in verzerrten und keinen Sinn 
gebenden Schriftzügen; ob Konrad von Schellenberg? 

3) Epitaph des Hrn. Jos. Seh weikart Rei chs frei h. von Schellen- 
berg, Herrn zu Hausen, gest. \7^0, Jan. 5. Schellenbergisches Wappen. 

4) P2pitaph des F reih. Georg von Schellenberg, gest. 1695, Sept. 20. 
. 5) EpJLtaph der Maria Antonia Susanna von Schellenberg, geb. 

V. Schönau, gest. 1758, Jänner 2']. (Stifterin der hier hängenden vierzehn Stationen). 

6) Epitaph des Hrn. Frantz Hector von Sohellenberg, gest. 1742, 
29. Heumont, mit Wappen. 

7) Epitaph der Frau Eva Maria Freu fr au (!) von Schellenberg, 
geb. von Stuben, gest. 1682, Oct. 15. 

8) Todtenschild über der Sacristei : StffO ' 1556 • bf ' 9 ^iBatCij ' .^tatü 

ber €bei S[un0Un0 ^Icrsr'lian .^törilcnfierg 5u 011*110? fin^ alter? im 12^ jar- 

bCIll <<Patt QUabC (Wappen und Vogel mit einem Instrument). 

Ausserdem: spätgothische Holzsculptur, Madonna mit Kind, gering. 
Das Pfarrhmis hat am Eingang das Schellenbergische Wappen. 



HEIDENHOFEN 



Kirche Kirche. Schiff barock, Chor gothisch, aus drei Seiten des Achtecks ge- 

schlossen, mit vorgelegten zwei Jochen. Zweitheilige Maasswerkfenster, zum Theil 



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AMT DONAUESCHINGEN. 



HONDINGEN. 



31 



mit Fischblasen. Gewölbe barockisirt. — Am Fussboden des Chors etliche 
Epitaphien des 18. Jhs. — Beichtstuhl, in die Wand eingelassen, gute Epitaphien 
Barock-Holzarbeit. Hoizskuiptur 

Auch der sehr hohe, vor dem Schiff stehende Thurm gehört noch der Thurm 
gothischen Neuzeit an; Satteldach, oben maasswerklose gothische Fenster. 



HOCHEMMINGEN 



Kirche (Tit. St. App. Petri et Pauli). Alt nur der vierstöckige Thurm 
(Satteldach , Giebel barockisirt) und der aus drei Seiten des Achtecks geschlossene 
spätgothische Chor. Demselben sind drei Joche vorgelegt; hohlprofilirte Rippen 
auf Wandconsolen. Gutes gestrecktes Kreuzgewölbe. In den Fenstern kein Maass- 
werk. — Epitaph eines Geistlichen von 1756 (Xaverius Harter) im Schiff. 
Glocke von 1733. (Fr.) 



Kirche 



Epitaph 
Glocke . 



HONDINGEN 



Geschichte der Pfarrei Hondingen (Kath. Kirchenbl. 1886, No. 47, 17. Nov.) Litteratur 

— Raich Badenia 1859, I 433. — Müller Gnadenorte Deutschlands. I. 1888. 

— Jos. Wintermantel Kurze Gesch. d. uralten Wallfahrt zu Hondingen, s. 1. 
1821. — Dörler Kurze Chronik über die Wallfahrt Hondingen (Anh. zu dessen 
Wall fahrtsbüchl ein : *Der Samstag Maria's Weihelag'), Radolfzell 1889. 

Kirche ursprünglich romanisch. Das Schif!' zeigt noch an beiden Lang- Kirche 
seilen den romanischen Rundbogen fries ; die Fenster sind gothisirt. Rundbogiges 
Hauptportal mit romanischem Sims. Der ohne Zweifel einst als Befestigung dienende 
Thurm zeigt 12' dicke Mauern mit Schiessscliarten, er ist oben verzopft; Satteldach. 
Die früher ohne Zweifel gekuppelten romanischen Thurmfensterchen sind jetzt aus- 
gebrochen und verzopft. — Im Portaleingang zwei Epitaphien des 18. Jhs. Epitaphien 
Im Schiff vergipstes Epitaph, von dem nur ein Theil zu erkennen, Kreuz 
mit Kelch und zwei Fischen: Christianus Vis eher Vicarius in Hon- 
dingen, gest. Mart. 1631 (?). — Der geradlinig abgeschlossene gothische Chor Chor 
hat ein quadratisches Kreuzgewölbe; abgeschrägte Rippen auf Consolen , Schluss- 
stein. — An der Ostwand ein Sacraraentshaus, .spätgothische Wandnische Sacramentshau» 
mit Eisengitter derselben Zeit. — Erhalten ist ein gothisches Chorfenster des 
14. (?) Jhs. mit Vierpass. — Ewige Lampe, barock. Lampe 

Der oben angeführte Artikel des 'Freib. Kirchenblatts' vindicirt mit Winter- 
mantel und Dörler der Pfarrkirche von Hemdingen ein fabelhaftes Alter 
(seit der Einführung des Christenthums oder gar Zeit des Heidenthums !) , theilt 
indessen die Notiz mit, dass bis zum J. 1706 auf dem Kirchenspeicher das Götzen- 
bild der 'Göttin Bittin' aufbewahrt wurde, angeblich eine Statue des 8. Jhs , welche 
man eiligst verbrannte. An ihrer Stelle soll s. Z. das Bild der Jungfrau getreten 
sein, welches seither viele W^allfahrer hierherzog ; 964 soll , nach einem angeblich 



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32 



KREIS VILLINGEN. 



1658 gefundenen Actenstücke, das 1764 noch in Copie gelesen wurde, schon der 
Gnadenaltar auf dem sog. 'Chörle' errichtet worden sein; 1785 hat man denselben 
bei Erweiterung der Empore abgebrochen und das Gnadenbild zum Neuen Altar 
übergeführt. Die Ablassbriefe zu Gunsten des letzteren gehen bis auf 1353 (vgl. 
FU. V No. 378, p. 360 g. V. 2-]. Febr.) hinauf. 

Einige Häuserinschriften (des 18. Jhs.?) theilt Gutmann, Sehr. d. 
Ver. V. Donauesch. II 203 mit. 



HUBERTSHOFEN 



Piähist. u. Alam, 
Rette 



Bcfiettifungeii 



Prähistorische und alamannische Reste. In der Nähe alamannische 
Grabstätten auf dem sog. Judenacker. Ein Schwert von da in der Gh. 
Staatssammlg. in Karlsruhe. 

Im *Donaueschinger Oberholz*, westlich von Hubertshofen und Mistel- 
brunn, befinden sich alte unerklärte, wahrscheinlich prähistorische Befesti- 
gungen (vgl. oben S. 12), 'ein Steinwall aus regellos ohne Bindemittel über einander 
gehäuften, unbehauenen Sandsteinen, wie sie auf der Höhe über dem Bregthal brechen, 
theilweise mit mehr oder minder hoher Humusschicht bedeckt, theilweise blossliegend. 
Die kenntlichen Reste ziehen sich anfangs in ziemlich gerader Linie, hie und da 
mit Vorsprüngen, von Südost nach Nordwest, und gehen in der Gegend des Lauben- 
hauser Brunnens in eine nach einwärts gekrümmte Richtung über. Das Ganze ist 
ungefähr 1200 m weit zu verfolgen. Ungefähr die ersten 500 m weit ist der 
Steinwall doppelt, die innere Parallele etwas höher als die äussere und 7 — 8 m 
von dieser entfernt*. Ander Oertlichkeit haftet, ebenso unerklärt, der Name 'Lauben- 
hausen', der einer untergegangenen Stadt angehört haben soll. Im Ackerfeld bei 
Mistelbrunn wurde 1846 ein Bronzebeil, 18 cm lang, gefunden. 

S. Schriften d. Vereins f. Gesch. u. Naturgesch. d. Baar, III 1880, p. 284 f., 
der Alterthums- und Geschichtsvereine von Baden und Donaueschingen III 1848, 
p. 187. (W.) 

Einige neuere Häuserinschriften gibt Gut mann Schriften d. Ver. v. 
Donaueschingen II 203. 



HÜFINGEN 



Littemtur 



Rom. Rette 



Zell er Antiq. Reisenotizen (Schriften d. Vereins in Donaueschingen 1846, 
I 50 — 52). — Bader, die bad. Landschaft Baar (Badenia 1859 I 432). — 
Reich, L. Gesch. d. Stadt Hüfingen (Badenia 1862 II 495 — 549). — Schrecken- 
stein, Roth von, Beitrag z. Gesch. d. Baar (Badenia 1864, I 176 — 184). 

Römische Reste, Fr ick Programm der hohem Bürgerschule von Freiburg. 
1826. Fickler Römisches (Schriften d. bad. Vereins z. Donauesch. 1848, II i, 165 
und dazu Bilder Tafel No. IV. — Bissinger No. 49. 2. A. No. 44. — Mone 
Ztschr. VIII 428, XVI 66, 69, XX 419. 



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AMT DONAUESCHINGEN. — HÜFINGEN. 33 

In unmittelbarer Nähe von Hüfingen, gegen Südwesten, waren schon im 
vorigen Jahrhmidert römische Baureste bekannt; ausgedehnte Ausgrabungen 
derselben wurden 182 1 — 23 durch eine von Sr. Durchl. dem Fürsten von Fürsten- 
berg eigens bestellte Commission vorgenommen; es wurden Pläne gefertigt, die 
Trümmer des wichtigsten Gebäudes durch grosse Bedachung geschützt. 

Man fand zuerst 1821 auf dem linken Ufer der Brege auf den Feldern des 
sog. *Mühl-Oeschle' in ca. 60 cm Tiefe ziemlich viele stark zertrümmerte 
Grundmauern, welche kleineren Bauten angehört haben mussten. Noch im selben 
Jahre wurden südlich davon auf dem rechten Ufer des Flüsschens die Reste des 
bedeutendsten Gebäudes, des sog. 'Römerbades' untersucht; 1823 folgte die 
Ausgrabung des 210 m östlich davon gelegenen sog. 'Tempels*, dann nordwest- 
lich und nördlich die zweier Begräbnissplätze, von denen wenigstens einer als 
römisch anzusehen ist. 

Das *R ö m e r b a d' befindet sich an der Mündung des HöUenstein-Thälchens, Römerbad 
in seinen aus Bruchsteinen (gelblicher Kalk- und Kalksandstein) errichteten, zum 
Theil bis auf i m 20 Höhe erhaltenen Grundmauern unter dem schützenden 
Dache noch immer in leidlicher Erhaltung und gehört so zu den beachtens- 
werthesten, im Lande vorhandenen römischen Gebäuderesten. Es bildet, von den 
Anbauten abgesehen, ein Rechteck mit 19 m von Westen nach Osten und 30 m 
von Süden nach Norden. Eine von Westen nach Osten ziehende Mauer theilt 
es in 2 ziemlich gleich grosse Räume, deren südlicher zum Theil mit Heizungs- 
einrichtung versehen ist. Der letztere zerfällt wieder in 4 Hauptgelasse, von denen 
das südöstliche (A) durch einen noch sichtbaren Eingang zugänglich war. Es ist 
bis auf den Grund der Fundamente ausgegraben und zeigte keine Bodenbelegung; 
offenbar diente es als Heizraum, denn der Heizkanal, durch welchen ein Erwachsener 
gebückt durchgehen kann, führt nach dem nächsten quadratischen, durch eine halb- 
runde Absis von 3,5 m Durchm. erweiterten, vermittelst eines Hypocaustums heiz- 
baren Räume (B). Die heisse Luft wurde unter dessen, auf 105 cm hohen Säulchen 
aus runden Ziegeln ruhendem, mit viereckigen Dolomitplatten belegtem zweiten (oberen) 
Boden durchgeführt. Von der Nord- und Südwand vorstehende Pfeiler deuten 
darauf hin, dass ein schmales vorderes Stück von ihm abgesondert war. Der obere 
Boden ist auch in dem Halbkreis durchgeführt und wird hier von einem aufge- 
mauerten Cylinder von 120 cm Stärke getragen auf welchem eine aus einem ein- 
zigen Dolomitblock ausgehauene flache Steinschale von 150 cm Durchm. ruhte. 
Aus dem durch die Hypokausten-Säulchen gebildeten unteren Heizraume führten 
4 in Bogen gewölbte Kanäle von 90 cm Höhe und 75 cm Breite in das weitere, 
nördlich anstossende ebenso heizbare Gemach C, dessen oberer Boden aus Mörtel- 
guss mit grober Mosaik von blauen und gelben Liaskalkstückchen bestand. Es war 
mit dem Räume B durch einen Eingang, und ebenso mit dem vierten nicht heiz- 
baren Gelasse D verbunden, aus welch letzterm ein Ausgang nach einem kleinem 
viereckigen Vorbau E führte, dessen Fussboden, wie der von D, mit aufrecht 
stehenden Backsteinen (11 cm lang , 9 cm breit , 3 cm dick) im opus spicatum 
belegt war, während die Wand ein mit Ziegelmehl gerötheter dünner Gussmörtel 
bekleidete. Aus der östlichen Wand ragte ein roh aus Kalkstein gehauener Löwen- 

[727] ^ 

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34 



KREIS VILLINGEN. 




53 



I 

1 



I 

I 



^ 

[ 




köpf hervor, welcher durch eine Röhre von aussen Wasser empfing, das er in einen 
Wassertrog aus Kalkstein ausspie, aus welchem dasselbe auf den Boden des Ge- 
machs und dann durch einen nördlich sich öffnenden Kanal weiter floss. 

An den weitern nördlichen Hauptraum (F, G) schloss sich nordöstlich ein 
kleineres, rechteckiges Gemach (H), nordwestlich im Mauerbogensegment (L) an, 
das , schon frühe durch den Pflug zerstört, sich in seinem weitem Verlaufe nicht 
mehr deutlich erkennen Hess. Fast in seiner Mitte wird ein grosses, vertieftes Vier- 



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AMT DONAUESCHINGEN. — HÜFINGEN. 35 

eck G (5,3 auf 6,5 m) von starker, doppelter Mauer umschlossen; die äussere i m 
dicke Umhüllung erhob sich über dem äussern umgebenden Räume F um 90 cm, 
über dem innern G um i m 50, und war oben mit Kalkplatten von 7,5 cm Breite 
und 9 cm Dicke belegt, mit einer in ihre obere Fläche eingehauenen Rinne von 
1,5 cm Tiefe und 4,5 cm Breite, welche somit über der ganzen äussern Um- 
fassungsmauer herlief. Die zweite innere 90 cm dicke Einfassung, ursprünglich 
wahrscheinlich aus Beton, war auf der Innenseite mit aufrechten Steinplatten aus- 
gekleidet; den Fussboden des Raumes G deckte in 2 Rechtecken, um welche Friese 
von wagrechten 4 eckigen Ziegelplatten liefen, ein opus spicatum von derselben 
Art wie im Räume E. 

Steinreste an der äussern Südfront des Gebäudes und östlich bei r scheinen 
Wasserleitungen gedient zu haben. Seitlich gemauerte Kanäle von 60 cm Breite 
und 90 cm Tiefe ziehen sich von den Gelassen D und E durch den Raum F 
nördlich aus dem Bau hinaus. An die ursprüngliche Bedachung erinnern noch 
grosse Bruchstücke von Leistenziegeln, von 60 cm Länge und 45 cm Breite. Sie 
tragen zum Theil den Stempel der XI. Legion (L • XI • C • P • F •, legio XI. Claudia. 
Pia. Fidelis). Heizröhren finden sich noch nicht, dafür Hohlziegel, welche an den 
Wänden von B und C befestigt waren. 

Die frühe geäusserte Ansicht, dass unser Gebäude in der That als eine 
römische Badeanlage anzusehen sei, wird wol ihr Recht behalten. Ungezwungen 
erklärt sich der Raum A als Heizraum (Praefumium) , in welchem Brennmaterial 
bewahrt wurde, B als Schwitzbad (Caldarium, Sudatorium), dessen vorne abgetrennter 
Theil der heisseste war (die Ziegel sind dort besonders ausgebrannt), C als das 
massig warme Tepidarium, D als Auskleideraum (Apodyterium) E als kaltes Bad 
(Frigidarium). G wird mit seiner wasserfesten Ummauerung als grösseres Bassin 
anzusehen sein, welches der zum Herumgehen oder Ausruhen bestimmte Raum F 
umgab. 

Der 'TempeT endlich wurde in seinen nur 45 cm dicken Grundmauern als 
ein von Süden nach Norden gerichtetes Rechteck von 27 m Länge und 16 m Breite 
ausgegraben. Die Mauern zeigten an den Langseiten je acht, 3 m von einander 
abstehende Ausladungen, an den Breitseiten solche nur an den Ecken. 2 m von 
den Grundmauern entfernt fanden sich an den Langseiten je 10, an den Breitseiten 
je 4 schlecht gemauerte Postamente einer einfachen Säulenstellung, die übrigens 
nicht in Ecksäulen zusammentrafen. Vor der Nordseite, deren Postamente weiter 
vom Gebäude abstanden, entdeckte man deren noch eine zweite Reihe, 3 m von 
der ersten entfernt. Im Innern fanden sich an den Breitseiten der Grundmauern 
5 Ausladungen, femer mit den Langseiten gleich laufend, von diesen 3 m ab- 
stehend, zwei Reihen von je 4 weiteren Postamenten, und im Mittelraum 2 (oder 3) 
Gräben von i m Durchm., die eine mit Letten gefüllt. 

Da das Mauerwerk eines so schlecht fundirten Gebäudes nur geringe Höhe 
haben konnte und die verwendeten Säulen oder Pfeiler nur als hölzerne zu denken 
sind, so war die anfängliche Deutung desselben als Tempel nicht haltbar. Man 
wird richtiger gehen, angesichts der hier gefundenen Thonscherben und Thon- 
Corallen, es mit dem damals mitarbeitenden Oberlehrer R e i ch als Z i eg e l h ü 1 1 e 

3* 

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36 



KREIS VILLINGEN. 



Kirche 



Thum 



Ofen 



Epitaphien 



oder Töpferei zu erklären, ftlr welche auch spricht, dass eine der inneren Mauer- 
ausladungen als Ueberrest eines Brennofens angesehen werden kann. 

Kirche. Bau "des i6. Jhs (vor der Restauration war oberhalb dem spät- 
gothischen Portal die Jahrzahl 1559 eingehauen), ohne archäologischen Werth. Alt 
ist nur der Thurm, dessen quadratischer mit Spitzbogenfenstem und vier gothischen 
Wasserspeiern ausgerüsteter Unterbau ein Oktogon, an welchem das Datum 1 6 1 3 wol 
auf eine spätere Ausbesserung geht, endlich einen Helmaufsatz trägt. Die Thurm- 
halle hat ein Kreuzgewölbe, dessen abgeschrägte Rippen auf ikonischen Eckconsolen 
aufsitzen (14. Jh.). Geblümter Schlussstein. Die an einem j. oben im Thurm auf- 
bewahrten Steine angebrachte Jahreszahl 1235 entstammt dem 18. Jh. 

Eine Thüre mit Eselsrücken und gutem, altem Eisenbeschlag führt zur Sacristei. 
In letzterer ein gusseisener Ofen mit Kaiserlichem und Castelbergjschem Wappen. 

Im Innern der Kirche bemerkens werth namentlich die Serie der von Schellen- 
bergischen Epitaphien. Im Schiff i) Grosses Denkmal des in der Ge- 
schichte der Manesse'schen Handschrift (Kraus Die Miniaturen der Manesse'schen 
Lhs., Strassb. 1887, S. 4) genannten, mit der humanistischen Bewegung in der 
Gegend des Bodensee's in Beziehung stehenden Geschlechtes von Schellenberg 
(vgl. unsere Abbildung Taf. IX). Oben der Auferstandene zwischen den beiden Ehe- 
gatten Gebhard v. Seh. und s. Gattin, darunter je drei männliche und drei weib- 
liche Mitglieder der Familie knieend, ganz oben die Wappen der Schellenberg und 
Faulach. Die reizenden, vortrefflich gehaltenen Spatrenaissanceformen lassen die 
Hand des Konstanzer Künstlers Hans Morinck (s. oben I 99 f.) erkennen. In- 
schrift in gothischer Minuskel: 

im jöar 1583 * öen • 13 • inertj ftarö bcr ebell unti lieft (J5c6öarli bau 
fdgienen || fierg yx gäfinoen iSannbecfir]^ bnb ftauffen bnb simor • im jar 1582 
ben 7 juni) |{ ftarb bie ebell bnb tagen treid^ ftoln Barbara bon jFauIad^ fein 
^l^egemai^el beten || Seelen (0ott burcg Cj^riftum Sll^efum ($nebtg fein 

fcaene amen • PIIS PARENTIBVS IOAN: A SCHELfENBERO FILIVS 
MC5ESTISS:ff- 

2) Grosser Crucifixus in Relief, Wappen der Schellenberg und Blumenegg, 
unter dem Crucifixus Wappen der schwäbischen Ritterschaft vom Fisch und Falken. 
Inschrift fast völlig zerstört. 

3) Epitaph des Arbogast von Schellenberg 1605. Relief der 
Verkündigung (ziemlich handwerksmässig), mit vor der Madonna knieenden Rittern. 
Inschrift in römischer Majuskel : 

ANO 1605 VF D 23 TAG DES MONATZ AVGVSTI IST IN GOTT 
ENSCHLAFFE D EDEL GESTRENG ArBOGAST V SCHELLEBERG ZV 
HVEFINGl LANDTZTROST V • OFFINGE ÖSTERREICHISCHER VND 
BAYRISCHER GEWESNER RATH J DESZE SEEL GOTT GNAD • 

AMEN • 

Um den das Relief einfassenden Bogen : avemaria gracia plena dominvs tecvm 
Vk . \605 , 

4) Epitaph des Burckhard von Schellenberg 1572: Die Krönung 
Mariae, mit Wappen, unten Georgenbild mit Fisch und Falken, die anderen Wappen 



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Ti^fel IX 




Hüfingen. Schellcnhergisches Epitaph in der Pfarrkirche. 



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AMT DONAUESCHINGEX. — HÜFINGEN. 37 

zerfressen. Unten der knieende Ritter, zwei Helmzierden (Schellenberg, Randegg 
[Löwe]). Oben Wappen (Almshofen [quadrirter Schild] und Blumenegg). Mittelmässige 
Arbeit. Inschrift in römischer Majuskel: 

Anno dominy • 1572 iar. • den ii decembris • starb der 
edel vnd vest • bvrckhardt von schellenberg zv hiefing fürstlicher 
bayrische rath vnd viczidomb • in nidern bayern • so dem hoch 
loblichen havs bayern • "] 2 • iar • gedient h alhie begraben • dem • 
der almechtig gott • gnedig vnd barmhertzig sey • amen • 

5) Schellenbergisches Epitaph mit Krönung der hl. Jungfrau, datirt 
1541, Inschrift unten weggekratzt. Georgenbild, Fisch und Falke; Wappen, oben 
Almenshofen (?), Blumenegg, unten Schellenbeig (i — 4), der Löwe von Randegg 
(2 — 3); Helmzier rechts Schellenberg, links Randegg. Knieende gehamischte Ritter. 

6) Epitaph des Obersten des Fuggers chen Cürassierregiments 
Baron Carl Ignatius von Schellenberg, Pfleger in Eysslingen, gest. 
26. März 171 9. Oben Wappen der Schellenberg, kleiner Crucifixus mit Helmzier, 
handwerksmässige Arbeit. 

7) Im Chor Epitaph des letzten Schellenberg: Jos. Anton 
Freih. von Schellenberg, gest. 8. Oct. 1812, von seiner Gemahlin Francisca 
von Schellenberg, geb. Frey in von Lilgenau gesetzt. Oben Wappen, nicht gestürzt. 

Ausserdem Epitaph eines Pfarrers Riesterer 1754, im Schiff. 

Altarbild von Seele: gute Kreuzigung mit Maria und Johannes (der Altarbild 
Maler starb 18 14). 

Gottesackerkapelle (S. Leonhardi), gothischer Bau, gegr. 1499 (Urkd. Kapeii« 
im Pfarrhof). Chor aus drei Seiten des Achtecks geschlossen. Spitzbogenfenster. 
Spätgothische Holzstatuette des hl. Leonhard in einer Aussennische. 

Culturgeschichtlich beachtenswerth ist die in Altbayem öfter auftretende, in 
Baden wol nur hier nachgewiesene Umziehung der Kapelle mit einer 
aus Hufeisen der jungen Pferde geschmiedeten Kette, an deren 
einen Langseite drei Hufeisen angehängt sind. Zur Sache vgl. Kraus Kunst u. 
Alterthum in EL. II 703. Laferriere in den Verh. d. Societ6 nat. des Antiq. 
de France 1883, juin 14 (Kirche in Saintonge). 

Schellenbergisches Schloss , ein Bau des 18. Jhs., j. Landesspital. Dieses ScWo« 
Schloss ist identisch in seinem Ursprung mit der Burg, welche sammt Stadt und 
Dorf Hüfingen 1356, Jan. 5 durch Diethelm von Blumberg zur Hälfte an Konrad 
von Blumberg, zur andern Hälfte an Johans d. J. von Blumberg und dessen Brüder 
Rudolf und Albrecht verkauft wurde (FU. II No. 315) und mit welchen Letztere 
unter besonders günstigen Bedingungen durch die Grafen von Fürstenberg belehnt 
wurden (eb. und No. 216); im J. 1450, Sept. 30 belehnte Graf Heinrich zu 
Fürstenberg den strengen Herrn Berchtold von Schellenberg, Ritter, und dessen 
Erben, Töchter wie Knaben, mit Hüfingen, dem Schlosse und beiden (!) Städten, 
hohem Gericht, Stock darin und Galgen davor (eb. III No. 401). 

Rathhaus, Das neu hergerichtete Rathhaus zeigt an den Ecken noch Bossen- Rathbau* 
quader, einen Dachreiter mit Zwiebelhelm und an der Fa9ade das Stadtwappen 
(drei goldene Thürme im blauen Feld) in einer verschnörkelten Cartouche. (D.) 

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38 



KREIS VILLINGEN. 



Brunnen BrunucH, Der Brunncn bei demselben hat eine grosse Acliteckschale und 

auf korinthischer Säule als Brunnenstock mit vier Röhren, eine moderne Arbeit — 
Maria mit dem Kinde. (D,) 
Privathäuscr Ha US No. I. Wirthshausschüd zum Ochsen, eine gute Schmiedearbeit aus 

dem vorigen Jahrhundert. (D.) 

Haus No. 3. Im ersten Stock über einem. Thürsturz aus Stein gemeisselt 
ein liegendes Lamm; sonst noch gut geschnitzte Holzthüren aus der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts. (D.) 

Haus No. 1 1 . Guter schmiedeisener Schild am Wirthshaus 'zum Hirschen.' (D.) 

Am ehemaligen Fürstenbergischen Zuchthause (j. Erziehungsanstalt für ver- 
Ro<^üci»gitter wahrloste Knaben) schmiedeisernes Rococogitter mit fürstenbergischem 
Wappen über dem Thor, das sichtlich von demselben Meister (Schlosser Jos. 
Kuttruff von Hüfingen, B.) hergestellt wurde, der das Gitter am fürstl. Archiv- 
gebäude gefertigt hat. 

Im alten Schulhause stehen auf der Heubühne noch vier Statuetten 
(7 ' hoch), darstellend drei Apostel, einen Engel und Johannes v. Nepomuk (?), 
nicht üble Arbeit von c. 1700. Dieselben sind die Ueberreste von Figuren, die 
noch zu Anfang des i^- Jhs. an den Seitenwänden des Langhauses der Kirche 
angebracht waren. 

Im Pfarrhof: Reliquiar, gekrönt mit Madonna, die das Kind hält. (1688), 
bz. MOR, silbergetrieben. Ferner: sehr hohes silbernes Crucifix von 1681 ; grosse 
Monstranz Rococomoustranz; Kelche, einer des 18. Jhs. mit A und MM, ein anderer 

FR 

ebenfalls 18. Jhs. mit A und y , ein dritter aus dem 16. Jh. mit Adler als Be- 
schauzeichen (zerbrochen), alle ohne grossen Werth; endlich eine silberne Monstranz 
des 18. Jhs. (Mitth. des Hrn. Dr. Baumann). 



Statuetten im 
Schulbause 



Pfarrhof 
Reliquiar 



IPPINGEN 



Funde 



Kirche 



Grabfunde. Nach einer Notiz in den ^Schriften des Alterthums- Vereins 
für das Gh. Baden' 1 1845, p. 392 wurden hier (alamannische ?) Grabfunde 
gemacht. Nähere Nachweisungen fehlen. (W,) 

Kirche, Einschiffiger, flachgedeckter gothischer Bau. Das Portal an der 
Westseite ein einfacher Spitzbogen, bz. 161 ? Im Schiff vier einfache gothische 
Ftnster ohne Maasswerk, Chor aus drei Seiten des Achtecks geschlossen, mit zwei 
vorgelegten Jochen. Hohlprofilirte Rippen entsteigen ohne Consolen den Wänden. 
Keine Schlusssteine an dem einfachen Rippengewölbe. Nur ein Fenster des Chor- 
abschlusses hat vierpassiges Maasswerk. 

Vom Chor führt eine spätgothische Thüre mit Eselsrücken in die ungewölbte 
Thurmhalle. Der zweistöckige Thurm hat Staffelgiebel und Satteldach , unten 
Mauerschlilze, oben maasswerklose gothische Fenster. 



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AMT DONAUESCHINGEN. 



MISTELBRUNN, W. 



39 



Zwei Altarbilder (hl. Anna mit der kleinen Maria, ein hl. Hirte mit 
zwei Täubchen und einigen Lämmern) sollen nach dem Fragebogen das von mir 
nicht bemerkte Datum 1618 haben. 

Haus des Matth. Wenzler, ehemals der Engesser. Im Innern spätgothische 
Thüre mit Eselsrticken in Holz, oben Renaissance-Thürgiebel. Ausserhalb am 
Giebel las man früher angeblich ein jetzt nicht mehr zu sehendes Datum. Man 
bezeichnete mir das Haus auf Grund dieses Datums als das älteste des Schwarz - 
waldes (14. Jh.), indessen ist dasselbe sicher nicht älter als 16. Jh. Das angebliche 
und in dieser Form an sich mehr als unwahrscheinliche Datum 1240 habe ich 
natürlich nicht gesehen. 

Ein dem Bürgermeister gehöriges Haus, bzw. Oekonomiegebäude von 1622 
ist im Sommer i8ß8 abgebrannt. 



Altarbilder 



Privathäuscr 



KÜRENBURG 

s. den Art. Bräunlingen II 8. 



LANGENSTEIN 

Burgruine, s. den Art. Bräunlingen II 8. 



MISTELBRUNN, w., 

Gm. Bruggen. 

Kapelle ohne Stil, innere Ausstattung haridwerksmässig (18. Jh.). An der 
1. Wand hängt ein Bild, darstellend die Sage von Ruchtrut von Almshofen, gemalt 
1584, erneuert (d. h. ganz verdorben) von der Gemeinde Almendshofen 1725. 
Diese Sage betr. s. Schnezler Bad. Sagenbuch I 454 — 457. 

Nach der Sage der Mistelbrunner sei ihre Kirche ehedem gross gewesen, 
die Glocken in der Bräunlinger Gottcsackerkapelle seien ursprünglich in ihrer 
Kirche gehangen. In dieser Sage mag ein Kern stecken, denn die Gegend um 
Mistelbrunn war wirklich ehedem viel bevölkerter. Jedenfalls verschwand diese 
starke Bevölkerung schon frühe; schon 13 10 wird der 'Öden Kirche\ die am 
Walde Habseck zwischen Hubertshofen und Waldhausen stand, als solcher gedacht 
(FU. II, 54). Vor c. 10 Jahren wurden etwas südlich von Hubertshofen im 
Hochwalde ausgemauerte runde Vertiefungen aufgedeckt, die zum Theil noch mit 
Kalksteinen angefüllt waren. In einer derselben war der Kalk sogar zur Hälfte 
gelöscht. In allen zeigten sich Brandspuren. Diese Vertiefungen waren also un- 
zweifelhaft uralte Kalkbrennereien. Da sie im Buntsandstein stehen, mussten die 
Kalksteine weiter hergeführt werden. (Mitth. des Herrn Dr. Baumann, vgl. auch 
Riezler in Sehr. d. Ver. z. Donauesch. 1880 III, 286.) 



[733] 



Kapelle 



Geschichtliches 



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40 



KREIS VILLINGEN. 



MUNDELFINGEN 



Funde 



Kapelle 

^Virth•xeichefl 

Kirche 

Grabstein 
Vortraj^kreuz 



Kelch 



Ruine Hardeck 



Prähistorische Funde, Im Gewann *Gatten\ Walddistrict 'Kohlhau', östlich 
am Weg nach Opferdingen wurde 1874 ein Grabhügel durchgegraben, in welchem 
^ber nur Thonscherben enthalten waren. Einige prähistorische Gefässreste fanden 
sich auch in der Nähe des Walddistricts *Bärenholz'. (W,) 

- Kapelle (altkath.), ursprünglich gothisch, über der Thüre noch ein vierpassiger 

Oculus. 

Im Wirthshaus zur Krone schmiedeisernes Wirthszeichen (Ende 
18. Jhs.). 

Kirche werthloser Bau des 18. Jhs. Aus der altem Kirche, welche dieser vor- 
ausging, wird *Unser Frowen Altar zu Munolfingen' erwähnt 1357 (FU. V No. 550). 

Im Chor Grabstein eines Pfarrers, der die Kirche im 18. Jh. gebaut 
(Joa. Georg Weltein, gest. 1706). — Vortragkreuz: vom Crucifixus zwischen 
den vier Medaillons, mit dem Pelikan, Madonna, Joh. Evgl., Veronikatuch gez. : 1598. 
Der Christus mit auffallend starkem Bart. Rückseite: die vier evangelistischen Zeichen 
in vier Medaillons; in der Mitte Schild mit Maria. Leidliche Barockarbeit. — 
Barockkelch mit emaillirten Medaillons, unten Beschauzeichen von Augs- 

bürg, mit . 

Das an dem Vortragkreuz auftretende Datum 1598 soll sich auch an dei 
Kaplanei befinden. 

Zwei neuere Häuserinschriften theilt Gut mann, Sehr. d. Ver. v. 
Donauesch. II 201 — 206 mit. 

Die Ruine Hardeck liegt in der Gemeindewaldung Mundelfingen, auf einem 
steilen Abhang gegen Aselfingen. Vom Mauerwerk ist nichts mehr sichtbar, alles ist 
mit Erdreich überdeckt, doch sind Spuren eines Wallgrabens noch festzustellen. (D.) 



NEIDINGEN 



Grabhügel 



Pfarrkirche 



Grabhügel. 1845 (oder 46) wurden in der Nähe von Jur. Cand. Willmann 
aus Pfohren Grabhügel ausgegraben. Sie enthielten Stücke von Thongefässen. 
Auch ein Schwert mit Heft von Bronze sei gefunden worden. S. Schriften d. 
Alterthums-Ver. f. d. Grossh. Baden I 1845, p. 392 und 400. (W,) 

Pfarrkirche (Tit. s. Andreae) modem, alt ist nur das romanische Portal 
an der Westseite, welches man indessen in den unteren Parthieen auch erneuert 
und durch viel zu hohe Colonnetten entstellt hat. Alt sind ferner die Würfel- 
capitelle der zwei Säulchen, die Umspannung des Giebelfeldes mit ihjrem Ranken- 
ornament (zur Hälfte), ein Theil des Tympanums mit aufgemaltem Barockomament. 
Auch die spätgothische, zum Thurm führende Wendeltreppe blieb erhalten. Der 
ältere Bau erwähnt 1500 (FU: IV No. 316). 



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AMT DONAU ESCHINGEN. 



NEIDINGEN. 



41 



Mariahof. Fürstlich-Fürstenbergische Gru/tktrche. Riezler Urk. d. Manahof 
Kl. M. (Zeitschr. f. Geschichte d. Oberrh. XXV 389 flf. XXVI i ff.). — Fi ekler 
Anniversarienbuch d. Kl., Donauesch. — Schulprog.von 1845 — 46. Vgl. Dibold, 
Th. Die Gruft-Kirche d. fürstl. Hauses Fürstenberg zu Mariahof. Mit 8 2. Th. 
color. Tafeln, Stuttgart 1873. Dazu A.Z. 1873, No. 116, B. 

Das Kloster *Auf dem Hof, seit dem 14. Jahrhundert auch Marienhof 
(Aula s. Curiae B. M.V.) soll nach Bucelin Germ. §acr. I, i zuerst (1244?) von 
Benedictinerinnen bevölkert gewesen sein; es gilt n. A. als eine Niederlassung der 
Beghinen aus Allmendshofen, welche dann der Augustinerregel 1287 und später der 
Regel des hl. Dominicus (1305) unterworfen wurden. Erwähnt schon 1202 if., FU. I 
No. 625. 633. 657. 642. 645. 651. 652. 655: der Convent heisst 1329 'samenunge 
gemainlich vffen Houen bi Nidingen, Bredier ordens', (FU. II No. 161); er wurde 
1584 durch Cistercienserinnen ersetzt und das Kloster Fridenweiler incorporirt (Ger- 
bert Hsn.11372. 546). Seit 1337, wo Heinrich II hier seine Ruhestätte fand, ward 
der Marienhof Erbgruft der Grafen ' und Fürsten von Fürsten berg. Ein Neubau fand 
nach einem Brand 14 13 statt (FU. VI No. 160). Nach der Säcularisation ward das 
Kloster in ein Blindeninstitut verwandelt, dann in ein Asyl für verwahrloste Knaben; 
es brannte 1852 ab. An seiner Stelle erbaute Fürst Karl Egon II (1853) die 
neue Gruftkirche, in welcher ein Theil der Denkmäler der altem ihren Platz fand, 
und welche Fürst Karl Egon III vollendete. 

Von der modernen Ausstattung zu erwähnen z w e i E n g e 1 , Sc. von Heer Skulpturen 
in Rom 1877, Mater dolorosa in Marmor, sehr schönes Werk von Bordoni, 
Altarrelief (Annunziata) von Reich. 

In der Sacristei zwei Porträts von Klosterfrauen. Gemälde 

Die Nische, bezw. die Gruft bewahrt eine Anzahl Todtenschilder und TodtenacWide etc. 
Gedenktafeln des Fürstlichen Hauses, welche zum Theil alt, zum Theil erneuert 
sind. (FU. III No. 343.) 

Todtenschild des Wolfgang, Grafen zu Fürstenberg, Landgraf in 
Bar, gest. 1509, Dez. 31. Inschrift: SCimO • bOÜli • jil" • iinll • jm :| J • iflte • ©ff • 

ben • nutal • mi • || bag • ftäfi • öe • Inolgeörnn ta " ji olffflag • graf ju fitflefl läb !| 
oraf in 6ae tamifcge • fi • Mt v ftofma'fcöaffi oöe'fle öautman. (Abgeb. bei 

Riezler Gesch. d. Hauses F. S. 491. FU. IV No. 481, wo betr. des Datums 
1509 bezw. 15 10 nachzusehen ist.) 

Dsgl. des Heinrich Grafen zu Fürstenberg, gest. 1596. 

Dsgl. Heinrichs VII, Grafen zu Fürstenberg 1499, mit Wappen. In- 
schrift: i^ff fantittinatie • magtialenen taß • !| m!tttt'%n%%n JaMft ber taol^ 
ßefioriflige ftainririgi orabe ju firftenfie'j bn|l!antiBraiiehiöareromfc8e(n)fti 
M^ II lioffinargfifcgai6 bn o&ttfte ffelb || l^optman bot ^ornau bon ben 

ftaijtrn Crsic6Ia0en bem.<J5ott ßeblg^** (Abgeb. bei Riezler Gesch. d. Hauses 
F. S. 455. FU. IV No. 289. S. 274.) 

Desgl. des Grafen Hans von Fürstenberg, gest. 1443, März 17; Inschr.: 

anno bni mccccjrliil || ftarb ber taalgcbaren fter Brabjf || ftan^ bon fürften^ 

6« II B bff .^amftaa neri^flbor mitfaften • (Abgeb. bei Riezler Gesch. d. Hauses 



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42 KREIS VILLINGEX. 

F- S. 335. FU. III No. 343, S. 257. lieber das Begräbniss seines Sohnes Johans 
d. J. s. eb. No. 344). 

In der Vorgruft Reliefepitaph der Gräfin Francisca Elisabeth von 
Fürstenberg, gest. 26. Mai 1668 (halb zerstört), mit Allianzwappen (1851 aus 
der abgebrochenen Klosterkirche zu Amtenhausen hierher versetzt). 

Eb. Relief eines Kindes der 1597 verst. Barbara Gräfin von 
Fürstenberg. 

In dem Brande von 1852 ging zu Grunde das Grabmal der Grafen Heinrich II 
(gest. 1337, Dez. 14) und (wahrscheinlich) Heinrich III (gest. 1367, zwischen Febr. 23. 
und Nov. 15) von Fürstenberg. Beide Todten waren in übereinander gelegten liegen- 
den Statuen gebildet; sie trugen, der obere Friedenstracht, der untere vollständige 
Rüstung mit dem Wappen des Hauses, die Füsse ruhten auf Hunden, hinter dem 
Haupte zwei kleine Engel (abgeb. nach altem Zeichnungen bei Münch I 289. 
Riezler a. a. O. S. 279. FU. II No. 210. An letzterm Orte heisst es S. 137: 
^Archivar Müller (t 18 14), der noch die Originale" der beiden Grabsteine sah, erklärt 
sie für Arbeiten des 14. Jhs., während das den oberen Stein tragende Postament 
jüngere Entstehung verrathe ; er nimmt desshalb an, dass die Steine anfänglich getrennt 
in die Wand eingemauert und erst später verbunden worden seien.' Eb. wird No. 210 
aus dem Copialbuch des Archivars Döpserl 11 06 (Donauesch.) die Inschrift des 
Grabmals Heinrichs II publicirt: + ANNO • DOMI • M» • CCCXXX« • VII . OBIIT • 
COMES HAIN . RICVS • DE • FVRSTENBERC • XIX • KL • lANVARII • 
CRASTINA . LVGIE (also 1337, Dez. 14). 

Die ehemalige Kapelle auf dem Hof (*Capella super Curia') wird er- 
wähnt seit 1274 (FU. I No. 496. 1287, eb. V No. 235). Im Jahre 1447 vermacht 
Graf Egen zu Fürstenberg *Vnser lieben frowen in dem Chor in der Katzen (sie!) 
zu Nidingen VfT Houe an das Hecht derselben lieben frowen' 10 Schillinge Heller 
u. s. f. (FU. III No. 375.) 

Eine reliefirte Elfenbeinhostienbüchse, angeblich frühmittelalterlich, ge- 
langte (wahrscheinlich) aus Neidingen nach Freiburg. in Privatbesitz und wurde 
1882 verkauft, ohne dass es möglich war, sie für eine öffentliche Sammlung zu 
erwerben. 
Wallfahrt Wallfahrt Gnadenlhal, von Maria Hof ehemals abhängig, ^Z* Std. von 

Neidingen, nach dem Berge zu. Werthloser Barockbau. Im Jahr 1473 gab der 
Vicar des B. Herman v. Konstanz Ablass zu Gunsten eines Neubaues der Capeila 
in Gnadenthal circa silvam *an der Lengi' sub districtu ecclesiae parrochi alis in 
Nidingen sub dominio Fürstenberg sita, in honore st. Mariae virginis et St. Blasii et 
Viti dedicata, que in suis muris, tectis, parietibus necnon calicibus, libris, missalibus 
et aliis divinum cultum condecentibus deficiat' etc. (FU. III No. 609.) 
Villa Ncidingcn In den Zeiten der Karolinger erhob sich auf dem breiten Hügel , auf dem 

später das vorgenannte Kloster erbaut wurde, bei dem Dorf Nidinga, einem zum 
Gau Bertholdsbaar gehörigen Grafensitze, eine königliche Villa, nach der das Dorf 
den Namen *auf Hof erhielt. Die älteste Erwähnung des Ortes findet sich in dem 
St. Galler Schenkungsbuche, zum J. 870, April 10., (Wartraann Urkdb. d. 
Abtei S. Gallen II 165). Wenige Jahre später 888, Januar 13., starb hier, etliche 

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AMT DOXAUESrHlXGEN. 



NKUENBURCi. 



43 



Monate nach seiner Thronentsetzung;, Kaiser Karl der Dicke (FU. V No. 44) : sein 

Nachfolger Arnulf hatte ihm den Ort nebst einigen anderen Kammergütem in der 

Baar angewiesen. Seine Bestattung fand der unglückliche Herrscher bekanntlich 

auf der Reichenau (3. Bd. I 347). Mit der Zähringer Erbschaft kam der Ort an 

die Fürstenberg. Wol zu unterscheiden von der königlichen Villa Neidingen war 

die Burg Neidingen, ein Wasserhaus, das als Lehen der Fürstenberg um 1450 im Bur^ Neidingen 

Besitz des Hans von Lüpferdingen, gen. Veiling, das dann Hans von Regkenbach (1491, 

FU. IV No. 135), des Burkart von Reckenbach, welcher sie an das Kloster *Vff 

dem Hof verkaufte (15B3), genannt wird. Wo aber dies *Wasserhaus' ('wygerstättli', 

Weiherstatt, heisst es in der Urk. von 1491 a. a. O.) gelegen war, ist unbekannt, 

vielleicht steht an seiner Stelle der jetzige Pfarrhof. 

Eine Hausinöchrift neuerer Zeit gibt Gut mann Sehr. d. Ver. v. 
Donauesch. H 204. 



NEUENBURG 



Burgruine, Die Burg (fürstenbergisches Lehen) Neuenburg war im 14. Jh. Burgruine 
Sitz einer Linie der Blumberg, kam 1409 an die von Almshofen, um 1506 
an die von Schellenberg, schliesslich an die Fürstenberg; im J. 1789 wurde sie 
wegen Baufälligkeit niedergelegt. Die noch vorhandenen Reste bestehen aus einem 
etwa 2 m hohen und ebensolangen , i m dicken Mauerstück aus unregelmässigen 
Steinen. *Das Schloss Neuenburg stund ehedessen bei der Burgmühle, herwärts der 
Gauchen, auf der äussersten Spitze eines hohen, jähen Felsens und war gegen 
Westen mit einer Aufzug-Brücke versehen* (F. F. General- Repert.). Im Jahre 1730 
bewohnten es noch die Freiherm von Schellenberg und 1780 stand es noch voll- 
kommen mit Ziegeln gedeckt da. Das unterste Stockwerk bestand aus starken 
Mauern, das zweite aus Fach werk, das des faulenden Holzwerkes wegen nach und 
nach einstürzte. Am 18. April 1795 stürzte z. B. der hintere Giebel in den 
Wassergraben und hemmte so den Betrieb der nahen Mühle. (D), 

Ueber einen andern, unbekannten Burgstall bei Neuenburg sagt Riezler Burgstaii 
(Schriften des Vereins in Donauesch. HI 289 f.) : *auf einem Vorsprunge an der 
Gaucha, südlich von Neuenburg, entdeckte der f. Slrassenmeister, Herr Mayer, 
Spuren einer mittelalterlichen Burg, die mit merkwürdiger Kühnheit auf den 
steil zur Gaucha abfallenden, ja über das Wasser vorspringenden Felsen hingebaut 
und durch einen noch deutlich erkennbaren Graben von dem Terrain im Rücken 
abgeschlossen war. Die Stelle ist jetzt ganz mit Wald überwachsen und liegt, wie 
wir zum Besten Derer bemerken, die sie aufzusuchen Lust haben, gegenüber dem h 
im Worte Gaucha auf der topographischen Karte des Gh. Baden von 1845. Man 
gewahrt die Mauerreste nur dann, wenn man sich über den äussersten Vorsprung 
hinausbeugt, dann aber unzweideutig. Alte Leute von Bachheim und Neuenburg 
wissen, dass dort eine Burg gestanden haben soll. Sie mag einem der weitver- 
zweigten Geschlechter von Blumberg und von Blumen egg gehört haben und reiht 
sich an die dichtgedrängten Burgen, von denen in den wilden Thälern der Gaucha 



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44 



KREIS VILLINGEN. 



und Wutach noch heute Trümmer stehen. Für ihren Namen hat sich bisher kein 
Anhaltspunkt ergeben, da die Urkunden und Akten keiner Burg erwähnen, die in 
der dortigen Gegend zu suchen und deren Name nicht bekannt wäre*. 



OBERBALDINGEN 



Rom. und 
AUm. Reste 



Römische und alamannische Reste. Am Fusse des 'Rottmunt'-Hügels 
(südöstl. vom Dorfe) stiess man auf den Äckern 'auf der Mauer' auf römische 
Mauerreste, bei deren Untersuchung F i ck 1 e r (s. Schriften des Alterthums-Ver. 
f. d. Gh. Baden I 1845, p. 393 ff.) römische Münzen und Thonscherben fand. 
Am Abhang des Hügels, dem 'Todtenrain', wurde 1843 ^^ alamannisches 
Plattengrab, das ein Skelett und Eisen waffen enthielt, entdeckt. (W*) 



OEFINGEN 

Grabhügel Grabhügel, In der Nähe sind der 'SchelmenbühT und der 'Tanz- 

boden', zwei Grabhügel, der eine länglich rund (ca. 15 m lang, 9 m breit), der 
andere rund (fast 6 m hoch, bei 20 m Durchm.). Sie waren 1846 (s. Fi ekler in 
den Schriften des Alterthums-Ver. f. d. Gh. Baden I 1845, P« 39^) noch nicht 
untersucht. (W.) 
Kirche KtTche (chcm. S. Crucis). J. evangelische Pfarrkirche. Ursprünglich gothischer 

nun ganz verzopfter Bau. Einfaches, spätgothisches Westportal. Chor in seinen 
imtern Mauern noch alt. Eine spätgothische Thüre führt zur Thurmhalle. Chor wie 
Schiff flachgedeckt. Der Thurm hat Staffelgiebel und Satteldach, oben gothische 
Fenster mit Fischblasenmaasswerk, unten Mauerschlitze (Schiessscharten). Wie hier, 
so deutet auch die hohe Lage des Kirchhofs und der Kirche auf ehemalige Be- 
festigung. 

Ein südliches Seitenportal mit übergreifendem Stabwerk hat an den Seiten 
das Datum \ 3 \ 6 

darüber war eine Sonnenuhr angebracht. 

Im Schiff wurden Wandmalereien (wol sehr späten Ursprungs) entdeckt, 
aber wieder übertüncht. 

Im Pfarrgarten das polygone Bassin eines gothischen Taufsteines. 
Privathäuser Im Orte zwei Häuser mit geschnitzten Holzthüren (Spätrenaissance). 



PFOHREN 



Prähirt. RMte Prähistorische Reste. Im Torfstich in der Nähe fanden sich Steinwerk- 

zeuge (jetzt in der Gr. Alterthümersammlung in Karlsruhe), vielleicht von einer 
prähistorischen Niederlassung herrührend. (W,) 



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AMT DONAUESCHINGEN. 



PFOHREN. 



45 



Kirche (Stiftung einer Kaplanei erw. 1395, FU. II No. 559). Alt sind nur 
der an die Evangelienseite des Chors angebaute Thurm (Satteldach, abgestufte 
Zinnen) und der an den Ecken Buckelquadern aufweisende, mit zwei Gratgewölben 
gedeckte Chor, offenbar der Rest eines vielleicht romanischen Baues. An der Ost- 
seite des Chors drei vermauerte gothische Fenster; die verzopften Thurmfenster 
waren rundbogig. — An der Aussenseite sind einige werthlose Epitaphien des 
18. Jhs. eingelassen. 

Entenburg, Vgl. Riezler Sehr. d. Ver. z. Donauesch. III (1880) 292. 
Gesch. d. Hauses Ftlrstenb. 336. — Bader Badenia I (1859) 458. H. Hug 
Vill. Stadtchronik, h. v. Roder Bibl. d. lit. Ver. CLXIV, S. 30. Die *Burg' 
Pfohren (Forun, 817, S.'Gall. Urkdb. I No. 217, gen. 1312 FU. II No. 66) 
stand in den Wiesen westlich vom Dorf an der Donau; dort kommen noch Bau- 
steine hie und da zum Vorscheine. Graf Heinrich der ältere von Fürstenberg erbaute 
147 I das *Haus' zu Pfohren (FU. III 277), 1507 gab Kaiser Max I, der bei 
Graf Wolf von Fürstenberg drei Tage (24. — 26. April) in dem Schlosse zu Pfohren 
verweilte, demselben den Namen 'Entenburg'. Maximilian urkundete daselbst, wo 
er, vom Konstanzer Reichstag aus, den Grafen Wolfgang wieder besuchend, wol 
der Entenjagd oblag (10. Mai 1507). 15 10 kam er nochmals zum Besuche des 
Sohnes des Fürsten Wolfgang; ein Schreiben des Kaisers vom 23. Oktober 15 10 
an die Erzherzogin Margarethe- von Oesterreich besagt: *escript en notre logis de 
Entbourch*. (Vgl. FU. IV. No. 453, femer: Anm. i. u. No. 548.) 

Die Entenburg steht in nächster Nähe des Dorfes Pfohren und ist heute 
noch Eigenthum des Fürsten von Fürstenberg und zur Zeit einem Landwirth in 
Pacht gegeben, der es als Scheuer benützt. Der Bau zeigt einen rechteckigen 
Grundplan von 15,5 x 15,10 m 
Seitenlängen (innerhalb gemessen) 
und ist an den Ecken mit 4 
Rundthürmen bewehrt. Die letz- 
teren haben einen innem Durch- 
messer von 2,50 m und waren 
wol einst mit Kegeldächem oder 
hohem Helmen versehen, wäh- 
rend sie jetzt mit Stücken des 
Satteldaches des Rechteckbaues 
schräg abgedeckt sind und so 
dem Baue ein seltsam-mysteriöses 
Aussehen geben. An allen Ge- 
bäudeseiten sind Löcher sichtbar, 
aus denen stark verfaulte Hölzer 
hervorragen, was auf einen höl- 
zernen Oberbau oder auf die An- 
lage von hölzernen Galerien um 
den Bau in alter Zeit schliessen lässt. Die oben am Gebäude befindlichen grösseren 
Lichtöffnungen haben abgekantete Gewände und Stürze aus Sandsteinen, während 



Kirche 




Fig, 2. Pfohren. Grundriss der Entenburg. 



Entenburg 



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46 



KREIS VILLIN'GEN. 



andere Mauerschlitze ohne jede Umrahmung gelassen sind, weitere Oeffnungen 
wurden im Verlaufe der Zeit mit Backsteinen wieder zugemauert. 
Grundriss der Entenburg gibt Fig. 2. (D,) 



RIEDBOHRINGEN 

Kirche Kirche (ad S. Dionysium martyr.). Zopf bau. Der fünfstöckige Thurm 

nur ist alt, ursprünglich romanisch, dann gothisch überarbeitet. Satteldach. Im 
obern Stockwerk gothisches Maasswerk. Unten an einer Thüre spätgothisch die 
Inschrift StnilQ tmi ••^•1Ä^$-^. I^Jc zur Thurmhalle führende Thüre hat 
alten Eisenbeschlag, die Thurmhalle ein Gewölbe mit abgeschrägten Rippen, welche 
auf Eckconsolen aufsitzen; am Schlussstein ein nicht zu erkennendes Wappen. 
Die starken Mauern und die sie hier und da durchbrechenden Schi essscharten 
deuten auf ehemalige Befestigung des Thurmes. 
cirabsteine Am Fussboden dcs Schiffes abgetretene Grabsteine. — Auf einem Neben- 

Hohstatuette altar spätgothischc Holzstatuette einer hl. Petronilla mit Fisch und Kanne 
(ikonographisch beachtenswerth). 

In der Nähe des Ortes, '/2 St. nach Eschach zu , geringe Mauerreste eines 
BurgstaiJ alten Burgstalles, ehem. der Herren von Riedböhringen. 



RIEDÖSCHINGEN 



Aiam. Rerte In der Nähe wurden 1883 und früher alamannische Reihengräber ent- 

deckt. Im Torfmoor fand sich eine Haarnadel von Bronze (im Museum zu 
Donaueschingen). (W,) 

Einige moderne Häuserinschriften gibt Gutmann Sehr. d. Ver. v. 
Donauesch. II 202. 204. 206. 207. 



SUNTHAUSEN 



Kirche 



Burg 



Kirche, Nur der Thurm alt, gothisch, Satteldach mit Staffelgiebel, an 
zwei Seiten spätgotliische Maasswerkfenster. Unten Mauerschlitze, die auf ehemalige 
Befestigung deuten. 

Von der ehemaligen Burg hat sich so gut wie nichts erhalten. Sie war 
Sitz der im 16. Jh. ausgestorbenen Familie von S. Den Erben derselben kaufte 
Fürstenberg Altsundhausen ab (1548). Vgl. FU. II No. 244. A. I, S. 256 und 
dazu die Anm. S. 395 : *die Burg im Dorfe Sundhausen (BA. Donaueschingen) 
ist der ältere, die Burg Sundhausen südöstlich von Hausen a. d. Donau (vgl. oben 
I 38, dazu Riezler Gesch. des Hauses F. S. 324), der jüngere Besitz derer von 
Sunthausen. In dem Copialbuche, betitelt: Zuspruch Bruns von Lupfen 1433, 



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AMT DONAUESCHINGEN. — THANNHEIM, KLOSTERHOF. 



47 



Karlsruhe, wird berichtet, dass Heinrich von Sunthausen die neue Sunthausen, obschon 
er und sein Vater Brun sie bereits verkauft hatten, 142 1 eingenommen haben und 
dann dieselbe 1423 von Hans und Eberlin von Rischach gekauft ward. Im Besitz 
der letzteren erscheint aber später nicht die Burg Sunthausen im BA. Donau- 
eschingen, sondern die bei Hausen', 



THANNHEIM, KLOSTERHOF 



Benger, Nicol. Ann. ord. S. Paul. erem. H, 1. I p. 249. — Petri utteratur 
Suevia eccl. p. 787. — Gerbert Hsn. H 154. — FU. H 196. — Ans. des 
j. Klosters, Lith. von H. Dress in Donaueschingen. 

Das ehemalige Paulanerkloster in der Scharten oder Thannheim wird Pauian«}rkioster 
zuerst 1353, Jul. 24 (FU. H No. 302) erwähnt, wo Graf Hug von Fürsten- 
berg die Vogtei *vber die Hofstat' übernimmt, ,da die bruder des ordens s. Paulus 
inne sint'; über diese Vogtei findet 1354, Oct. 16. eine weitere Uebereinkunft statt 
(FU. II No. 307 : ^Gotteshaus S. Paulus, gelegen in dem Wald, den man sprichet die 
Scharta'). B enger und ihm folgend Gerbert geben, offenbar unrichtig, 1358 
als Gründungsjahr an. Petri gibt, was auch sehr wahrscheinlich ist, Graf Hug 
von Fürstenberg als Stifter an; die Pauliner Annalen des 17. u. 18. Jhs. und ihnen 
folgend Gerbert u. A. nennen als Begründer einen seligen Kuno, der um 1325 
gelebt haben soll. Aber diese Angaben gehen nicht über das 17. Jh. hinauf; wahrend 
manches dafür spricht, dass der Verehrung des sei. Kuno die von der Localtradition 
mehrfach entstellte Erinnerung an den Cardinal Konrad von Urach zu Grunde liegt 
(vgl. FU. II p. 196). Die Tradition lässt Kuno unter dem eisernen Einfanggitter 
in der Thannheimer Klosterkirche begraben sein (eb.). Im J. 1489 war in Folge 
von Feuersbrunst ein Neubau nöthig (FU. IV No. 543 f) vom 17. Jh. bis 1662 
stand das Kloster leer und brannte 1779 wieder gänzlich ab. Von dem altem 
Bau des Klosters und seiner Kirche hat sich nichts mehr erhalten. Die jetzigen 
Gebäulichkeiten gehören dem Ausgang des 18. Jhs. an. 

Eine moderne Gedenktafel des seligen Laienbruders Kuno des Still- 
schweigers, des ersten Einsiedlers in Thanna (1325). Darunter sein Grab, eine 
vor etlichen Jahren eröffnete Untermauerung. 

Zwei Barockkelche des 18. Jhs., einer restaurirt. — Eine gothische 
Monstranz, welche die Kirche früher besass, ist jetzt leider verkauft (!). 

Gottesackerkapelle (Tit. S. Galli et Verenae), geringer Zopf bau, besitzt ein 
Altarbild (Beschneidung Christi, nach dem Fr,\ welches ich nicht sehen konnte, 
da es eben zu Restauration nach auswärts versandt war. 

Die S ch a n z e n auf dem *Eichbühr, sowie die Befestigungen an der Waldung 
'Ochsenberg' stammen aus den Jahren 1796— 1800 und sind von den Oester- 
reichern angelegt. 

Eine Hausinschri f t von 18 19 gibt Gutmann Sehr. d. Ver. in Donau- 
eschingen II 205. 



Gedenkutel 



Kelche 

Monstranz 

Kapelle 



Schanzen 



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48 KREIS VILLINGEN. 



UNADINGEN 

Kirche Ktrckc (Tit. S. Gcoi^i). Ein flachgedecktes Schiff, völlig modernisirt, 

Fenster erneuert. Vor dieselbe ist der gothische Thurm gestellt, das spätgothische 
Portal hat übergreifendes Stabwerk; oben im Thurm gothische Fenster mit Fisch- 
blasenmaasswerk. Die Thurmhalle hat ein schönes Steingewölbe auf mit Wappen- 
schildern geschmückten Eckconsolen, hohlprofilirte Rippen, am Schlussstein das 
Fürstenbergische Wappen. Das Innenportal ist wieder spitzbogig. In dem moder- 
nisirten, aus drei Seiten des Achtecks geschlossenen Chor an der Evangelienseite 
Wandnische mit Tabernakel, altem Eisen verschluss und Relief mit Kreuzigung 
(15. Jh.). An einer gothischen Sacristeithüre 1779; dasselbe Datiim aussen an 
der Seitenthüre. Von einer über oder an dem Tabernakel angebrachten Inschrift 
(Fr.) war nichts zu lesen, da der Beichtstuhl den Platz verdeckt. 
Grünburg BurgTutne GrünbuTg, Ein im 13. und 14. Jh. blühendes Fürstenbergisches 

Dienstmannengeschlecht nannte sich nach der Burg Grünburg, welche nach dem 
Aussterben dieser Familie an die von Blumberg kam, dann an die Almshofen 
und 1513 durch Kauf an Fürstenberg (Baumann i. Gh. Baden 836). Zur 
Zeit ist von dieser Burg nichts mehr vorhanden, ihr Mauen^erk ist vollständig ab- 
getragen und die Baustelle mit Gesträuch überwachsen. Das General-Repertorium des 
F. F. Archivs sagt über den baulichen Zustand derselben im vorigen Jahrhundert; 
*Eine Viertelstunde von dem Dorfe U n a d i n g en , gegen Osten, herwärts der Loch- 
mühle an der Gauchen, ist noch heut zu Tage auf einem mit Felsen und Gesträuch 
umgebenen Berge, 8 — 10 Schuh hohes Mauerwerk zu sehen, welches die traurigen 
Reste eines ehemaligen Schlosses, Grünburg genannt, sein sollen'. 

UNTER-BALDINGEN 

Kirche KiTcke (Tit. S. GalH) , restaurirter Bau, grösstentheils des 18. Jhs. Nur 

der Thurm ist alt, wol noch romanisch: Satteldach und Staffelgiebel, kleine rund- 
bogige Fenster. Schiff von 1732. Der Chor ebenfalls barock, mit Barockgewölbe. 
Sacramentshaua In der Sacristei ehemaliges Sacramentshaus, nui viereckige Nische mit 

Hoixkreux altem Eisenverschluss. — Hinter dem Altar Holzkreuz ohne Crucifixus von 1790. 
AltarbUd Altarbild (Kreuzigung) von Deschwanden. — Barockkelch, gute Arbeit 
des 18. Jhs. mit Augsburger Beschauzeichen. 

WALDHAUSEN 

Gm. Bruggen. 

Kcitiich-Gcrm. Keltisch - Germatiiscke Reste. Auf der ' W i n d s t e 1 1 e ', einem südlich vom 

Orte sich erhebenden Hügel, befindet sich eine Gruppe von 26 kreisrunden und 
länglichen Grabhügeln, von denen einige 1845 durch Fickler, einige andere 

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1 



AMT DONAUESCHINGEN. — WARTENBERG. 



49 



Gräber durch Strassenmeister Mayer geöffnet wurden. Eines der ersteren ergab 
ein weibliches Skelett, das zwischen übereinandergelegten Steinen beigesetzt war, ohne 
Beigaben; daneben lagen Knochenreste einer jugendlichen Leiche mit kleinem Bronze- 
Ohrring. Ein zweiter Tumulus enthielt zwei Skelette, wahrscheinlich ein männliches 
und ein weibliches, von grösseren Steinen umgeben, die Köpfe gegen einander, 
ohne alle Beigaben. Aus den letzteren Gräbern wurden Bronzefunde, schön ge- 
stanzte und gepunzte Gürtelbleche, Fibeln, Nadeln, Ringe, der *Hall Stadtperiode' 
angehörig (jetzt in der Gr. Staatssammlung in Karlsruhe) gewonnen. Vgl. Fickler 
Schriften d. Alterthums- und Geschichts- Vereine zu Baden Donaueschingen, III (1848) 
183 ff. und Wagner Hügelgräber und Umenfriedhöfe in Baden, p. 19. fW.J 

Im J. 1880 wurde am Abhang auf der * Windstelle' eine ausgemauerte, runde 
Vertiefung aufgedeckt, wol ein Keller eines Hauses, des ehemaligen Dorfes W., 
dessen Glocken 1446 gen Wartenberg kamen (FU. III No. 365). (B.J 



WARTENBERG 



Btirgruine. Baumann im Gh. Baden, S. 976, und Die Freiherren von 
Wartenberg. (Fr. Diöc.-Arch. XI 145 f.) — Bader Badenia I (1859) 434. 

Die Herren von Wartenberg treten seit Ende des 11. Jhs. auf (1086, 1090), 
anfänglich sich auch von Geisingen nennend. Im 13. Jh. theilten sie sich in zwei 
Linien: diejenige von Wartenberg starb früh aus und ihr Besitz kam 132 1 an 
Fürstenberg. Der Tuttlinger Zweig lebte in den Wildensteinem bis um 1482 fort. 
Die Burg W., um 1140 erbaut, war ursprünglich Reichenauer Lehen, seit 132 1 
fürstenbergisch , ward im 17. Jh. Sitz einer Wartenberger Linie der Fürstenberger. 
Im J. 1367 verpfändet Graf Konrad von Fürstenberg seiner Gemahlin Adelheid 
von Griessenberg und ihren Kindern erster Ehe die Burgen Alt- und Neuwarten- 
berg (FU. II No. 409): 1372 versichert Graf Heinrich v. Fürstenberg seiner 
Gemahlin Sophie v. Zollem eine Morgengabe auf die Feste Wartenberg (eb. No. 444). 
Eine ähnliche Verpfändung wurde von Graf Rudolf von Werdenberg 1399 gemeldet 
(eb. No. 574). In neuerer Zeit wurde die Burg vorübergehend 1780 — 83 von 
einem Herrn von Lassolaye als Lehen getragen. Der Wartenberg trug zwei Burgen: 
eine untere, die ältere, an der nordwestlichen Seite des breiten Berges, wo noch 
ein aus Basaltsteinen bestehender Mauerklotz ansteht; und die obere, jüngere, 
welche bis 1 700 in gutem wehrhaftem Zustand erhalten blieb, mehrmals eingenommen 
und endlich 1780 abgetragen wurde, worauf de Lassolaye das noch bestehende 
Lustschlösschen errichtete. 

Die Burg (ob die alte oder die neue?) besass eine Kapelle, in welcher 
Bischof Heinrich von Konstanz 1436 und 1449 dem Grafen Egen von Fürstenberg 
die Erlaubniss gab, auch während des Interdictes Messe lesen zu lassen (FU. III 
No. 148). 



Lttteratur 



Geschieht« 



Kapelle 



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50 



KREIS VILLINGEN. 



WOLTERDINGEN 



Kirche 
Skulpturen 



Epitaph 



Elfenbein- 
Skulpturen 



Kirche (ad S. Kilianum) modemer Bau (1860). 

Auf dem Hochaltar Reliefgruppe, die Himmelfahrt der seligsten 
Jungfrau darstellend, Barockarbeit des ausgehenden 17. Jhs. — Der Fragebogen 
gibt zwei Reliefbilder aus dem Ende des 16. Jhs. an. Es sind damit ver- 
muthlich eine kleine Pieta und ein Schmerzensmann an der Säule gemeint, 
geringe Sculpturen des 17. Jhs. 

An einem Hause neben der Kirche Epitaph des am i. Nov. 1632 ver- 
storbenen Hofkaplans zu Oeschingen {?), Conradus Höfler. 

Der Kreuzwirth besitzt eine aus dem Benedictinerkloster zu Villingen 
stammende Elfenbeingruppe, die Kreuzigung mit anderen Passionsscenen 
darstellend. Leidlich gute Barockarbeit. 



ZINDELSTEIN 

Liiteratur BuTgruifie, Baumaun Gh. Baden S. 990. (Abb. bei Luc. Reich als 

Titelblatt zu *Hieronymus'.) 

Die Burg Zindelstein (erw. *Sindelstein' 1225 FU. I No. 271. 1358 f. EU. 
n No. 331. 438) gelangte bereits mit dem Zähringischen Erbe an das Haus 
Fürstenberg, welches sie im 15. Jh. denen von Rumlang als Lehen gab. Letztere 
verkauften sie 1495 an Stähelin von Stockburg (denselben wol, welcher 151 1 starb 
und in Bräunlingen beerdigt ist? S. oben H 7). Graf Wolfgang von Fürstenberg 
kaufte 1 505 das Schloss zurück , sein Sohn Wilhelm überliess es wieder 1 5 1 1 an 
die Mühler; 1525 zerstörten es die Bauern. Die Ruinen gingen mit der Herrschaft 
1533 wieder an Fürstenberg zurück. 

Ueber den Zustand der Ruine liegt (Act. d. Min. des Innern, Fase. H — HI) 
ein Bericht von 1846, Febr. 16 vor. 




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AMT TRIBERG 



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ALTHORNBERG 

s. den Art. Gremmelsbach. 

GREMMELSBACH 

Althornberg , Burgruine, durch das Gremmelsbacher Thal oder auch dem Burgruine 
nach Nieden\'asser herabgehenden Bach entlang auf beschwerlichem Fusspfad zu 
erreichen, der ehemalige Sitz der Herren von Hornberg und im Hornberger Urbar 
früh erwähnt ;• dsgl. 1330 (FU. II No. 168. 169. 228). Nur mehr ganz unbe- 
deutende Trümmer. 

GÜTENBACH 

(bei Simonswald.) 

Kirche. Zopf bau. Der Thurm in seinen unteren Stockwerken gothisch Kirche 
(wol noch 14. Jh.); nach Osten zu ein schmales gothisches Fensterchen. 

HORNBERG 

Kirche y einschiffiger geringer Bau von 1762. Die Errichtung bezeugt durch Kirche 
die I n s ch r i f t über dem Seitenportal : 

HERZOG FRIDRICH ZV WVRTEMBERG 
ERWEITERN LASSEN HAT DIS WERCK 
VON TVBINGEN GRAF EBERHARDT 
CORNELY KELLER DANKH SO SPAHRT 
IN FVRBITT BEY IHR FVRSTLICH GNÄDT 
HEINRICH SCHICHARDT DAS BESTE THAT 
HORNBERG VND REICHEBACHERGMEIN 
ZVR FRON SICH GTEILET GHORSAMLI 



[749J 

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>^ I 



so 



KREIS VILLINGEN. 



In grösseren Charakteren: 



FECIT: M// ^^^HANN: BISINGER 



DER ZEIT ALHIE EIN PRAEDIGER 



Chor 



In Z. I ist fcctt magtster etc. zu lesen. 

Von dem altem Bau ist der spätgothische, aus drei Seiten des Achtecks ge- 
schlossene Chor erhalten, über welchem, wie in dem benachbarten Gutach der 
Thurm aufgebaut ist (Fig. 3). Die hohlprofilirten Rippen des Chorgewölbes steigen 
aus Eckconsolen. auf, an drei gemalten Schlusssteinen Wappen der Württemberg 
(Fische), ein Engel und ein Steinbock. Die Fenster zweigetheilt,' mit Fischblasen- 
Glasmalereien maasswerk. Zwei Fenster enthalten spätgothische Glasmalereien (15. Jh.): 
i) Johannes Evgl. mit dem Kelch , unter schönem Baldachin , sehr zerstört ; 
2) Helmzier unter reichem Astwerk, vortrefflich gebrannt. 

Die Thüre zur Orgelbühne hat Wappenschild mit dem Datum 1603. 
Epitaphien An der Bühne Epitaph mit Holzumrahmung der Familie Hosch (18. Jh.); 

ferner kleines Epitaph mit guter Holzumrahmung, Spätrenaissance, c. 1680 (?) ; 
weiter eine Rococoumrahmung, geringe Arbeit des 18. Jhs. 

An der Schiff*swand Epitaph des Oberamtmanns Hauch in Homberg, 
Württembergischen Regierungsrathes, gest. 1703; desgl. des Eberhard Christian 
Wilhelm von Schauroth, aus dem Hause Caschwitz, Steinbrück 
und Rüben, und mütterlicher Linie der letzte Sprossen der grossen 
von Kulpis: 'geb. in Stuttgardt 20. Oct. 1720, gest. in Homberg 
als ordtl. Reg.-Rath und Oberamtmann, 7. Maj 1766. 

Das Pfarrhaus hat die Inschrift: 

AVSPICIIS lESU 
CLEMENTIA EbERH : III • 

D. w. Verü EproAinKTE 

M. loH. Gerhardo Ramsle - 

RO Wertheim : Fr : Fast : 

CoEPERÜT hae Aedes. 

M^ De . LiTTvi . F . D . V , 

}\K(e) Ades cvm patria stetq_ 

CADÄTQ_ SVA 

(L hac aedes cum patria stcntquc cadantquc sua). 
Die Gasthäuser ^zum Hirschen' und 'zum Bären' haben schone 
schmiedeiserne Wirthshauszeichen des 17. — 18. Jhs. 

Schloss Homberg, Seit Anfang des 12. Jhs. erscheinen Freiherren von 
Homberg, gleichen Stammes mit denen von Triberg. Im 14. Jh. theilte sich 
die Familie in zwei Linien, von denen die eine Schneeberg im Breisgau und Be- 
sitzungen im Elsass erwarb und 1450 erlosch, die andere, ältere, in Folge schwerer 
Familienstreitigkeiten Stadt und Schloss Homberg allmälig aufgeben musste. Die 
Stadt wechselte mehrfach den Besitz (Geroldseck-Sulz, Württemberg, Villingen); die 



Pfarrhaus 



Priyathäuser 



ScbloM 



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AMT TRIBERG. — HORNBERG. 



57 




JjornUrp «5 — ^-:>r^ 



Fig. 3. Hornberg. Ansicht der Kirche. 



Burg ebenso: dieselbe bestand ursprünglich aus zwei Schlössern, dem vordem und 
hintern (vgl. Hug's Chrun. h. v. Roder, S. 82. f.). Beide wurden den Villingern 
15 19 übergeben, welche indessen nur wenige Jahre im Besitz derselben blieben. 
Nach der Schlacht bei Lauffen (1531) kamen die Schlösser an Württemberg. Im 
Orleans'schen Krieg 1689 wurde ein Theil des Schlosses durch Brand zerstört (vgl. 
Roder a. a. O. S. 93 — 96), muss aber bald wieder hergestellt worden sein, da 
die Franzosen unter Villars es Anfangs Mai 1703 wieder einnahmen (eb. 120 f.). 
Die gänzliche Zerstörung geschah wahrscheinlich in den nächstfolgenden Jahren. 

*In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden auf dem Schlosse 
zwei Häuser erbaut, worin die Fürstin von Thurn und Taxis, eine württembergische 
Prinzessin, im Exil lebte, (vgl. Universallexicon S. 586 und Schnars S. 156). 
Auf Thal beherrschender Höhe, auf den zerklüfteten Felskamm aufgesetzt, ragen die 
Trümmer des alten Hornberger Schlosses mit seinen Wirthschaftgebäuden empor. 
Auf der höchsten Kuppe erhebt sich der Bergfried, ein schmuckloser Steinbau von 



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^ I 



58 



KREIS VILLINGEK. 







''^*J«Il^ 



[752] 



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AMT TRIBERG. 



HORNBERG. 



59 



ocli arte, vcn ^1*0 -iC o'7/\ J Jnr^cn^csclieru 




'l^^P'^^^T^^J^j^^j 



■^^> 







3urofriel 



/V^. 5. Hornherg, Schloss. Details. 

quadratischer Grundform und 8,7 m Seile und 3 m 63 weitem innerm Hohlraum 
bei 16,98 m Höhe und 2,5 m dicken Hruchsteinmauem. 

Den Zugang vermittelt eine rundbogige Thüröffhung, in deren Bogenschluss- 
stein die Jahreszahl 1735 und in deren rechtes Gewände die Zahl 1736 eingehauen 
ist. Sie datiren somit aus der Zeit nach der Zerstörung des Schlosses durch den 
französischen Marschall Villars. Licht in das Innere geben eine grosse bogenförmig 
geschlossene Oeffhung nach der Ostseite und eine kleinere mit Steinplatten über- 
deckte Scharte (vgl. Fig. 5). Das ^Tauerwerk besteht aus massig grossen Granit- 
bruchsteinen (40X20 cm und weniger Ansichtsfläche), die namentlich an der äussern 
Südseite möglichst regelmässig zu schichten versucht sind. Die aus dem schönen 
Schwarzwälder Rosa-Granit (der nur in Aegypten ähnlich wieder zu finden ist) herge- 
stellten Umfassungswände zeigen ein in den Fugen gut verzwicktes Mörtelgemäuer, 
während die Ecken des Thurmes, Oeffnungseinfassungen und Scharten aus rothen 
Sandsteinen construirt sind. Die Eckquadem weisen einen Randschlag mit starken 



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6o KREIS VILLINGEN. 

rauhen Bossen auf, soweit sie nicht bei der Zerstörung vernichtet wurden. Die 
Abmessungen derselben gehen bis i,oo m Länge und 0,40 m Breite. An der 
Südseite ist noch ein offener, hoch emporgeführter Schlitz im Mauerwerk, der 
wol einst einem Kamine, der Verwendung von Backsteinen und den angeschwärzten 
Verputzflächen nach zu urteilen, angehörte. Der Thurm ist jetzt durch eine Platt- 
form (Stampfbeton zwischen Eisenschienen) geschlossen und durch eine Holztreppe 
besteigbar gemacht. 

Das rechteckige Plateau des Bergfriedes föllt nach allen Seiten ziemlich steil 
ab auf den zweiten Plan des Schlossgeländes.^ Geschickt mit dem hervorragenden 
Felsen verbunden, steht auf diesem der Südfront des Bergfriedes zugekehrt, ein 
kleiner, unregelmässig rechteckiger Bau, vor welchem sich in geringem Abstand eine 
weitere Felskuppe erhebt, durch welche ein unterirdischer Gang, der sich in der 
Mitte zu einem grossem Gelasse erweitert, durchgetrieben ist. Der Gang führt 
in eine nach der Gutach abfallende Schlucht. Jenseits der letzteren erhebt sich 
(und jetzt durch eine Holzbrücke mit dem grossen Schlossplan verbunden) eine 
weitere Felskuppe, die nach Osten zu von Stützmauern gefasst ist, und an der 
äussersten Spitze einen halbrunden Mauerausbau zeigt. Nach Süden und Westen 
zu sind weitere Mauerzüge erhalten, von denen der Südzug gleichfalls einen halb- 
runden Mauerausbau noch zeigt. 

Mit der Langseite dem Thale zugekehrt, den Bergfried zum Theil verdeckend, 
steht am Rande des Schlossplateaus das grosse moderne Wirthschaftsgebäude und 
nach Westen zu ein Remisenbau und ein Brauereigebäude.' (D.) 

Ueber die Ruine von Althornberg, welche mit dem oben beschriebenen 
Schlosse Hornberg nicht zu verwechseln ist, s. zum Art. Gremmelsbach. 



NEUKIRCH 

(b. Gütenbach) 

Kirche KtTche, Alt ist noch der viereckige gothische Thurm; an seiner Ostseite 

unten ein zweigetheiltes , theilweise geblendetes grosses gothisches Fenster. Die 
Thurmhalle, ungewölbt, dient als Chor. An der Evangelienseite ein Sacraments- 
haus, einfache spätgothische Wandnische. Der Thurm hat ein schönes geschindeltes 
Pyramidaldach. 

Die Kanzel, getragen von einem mächtigen geharnischten Helden (Simson?), 
ist eine gute, lustige Rococoarbeit. 



NIEDERWASSER 

Kirche Ktrchc. Zopfbau. Auf den Nebenaltären zwei Barock Statuetten, neu 

polychromirt ; Madonna und hl. Gebhard (17. — 18. Jh.). 

[754] 

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AMT TRIBERG. — SCHONACH. 6l 



NUSSBACH 

Kirche (Kapelle urkdl. erwähnt 15 19). Schiff von 1780 (J.). Ueber dem Kirche 
östlichen Eingang eine frühromanische Portalsculptur aus rothem Sand- 
stein, das Tympanum einer älteren Kirche, mit Agnus Dei, das ein Kreuz 
trägt, zwischen einem Ungeheuer mit Menschenkopf und doppeltem Schwänze, 
und einem grotesken Kopfe — der Andeutung des super aspidem et basilis- 
cum ambulabis etc. (Ps. 90). Die Volte ist von Flechtwerk umrahmt (10. 
bis 12. Jh.). 

Der Chor ist noch die alte, spätgothische Thurmhalle, mit quadratischem Chor 
Kreuzgewölbe, dessen hohlprofilirte Rippen ohne Consolen den Ecken entspringen. 
Schlussstein mit dem Triberger Wappen. Rechts an der Ostwand (diese Disposition 
durchaus imgewöhnlich !) spätgothische Sacramentsnische von vortrefflichen Sacramentsnische 
Formen, mit altem Eisengitter. — Taufstein, barock, gez. 161 8, mit meh- Taufstein 

t i X 
reren bürgerlichen Wappen, auf einem derselben ■■ An der Aussenseite des 

Schiffes Epitaphien des 18. und ig. Jhs. — Auf einem Seitenaltar zwei Oel- OeigemäUde 
gemälde auf Leinwand, Martyrium des hl. Sebastian darstellend, bez. 1662, 
gut; und Muttergottes, bez. 1660, schlecht. — Glocke: in dem iar 1470 Glocke 
. . . war ich gegosen . in dem . namen . gotz . amen. 

Auf dem Wege nach S. Georgen der Steinbirshof dat. 1584, ohne archi- stembir»hof 
tektonisches Interesse. Tisch von 1780. 

RAMSTEIN 

Burgruine, s. d. Art. Thennenbronn. 

SCHÖNWALD 

S. Martinskapelle, 1V2 St. weit vom Orte, j. Wohnhaus eines Bauern; Mart.-KapeUe 
geringer Bau der spätgothischen Zeit, gänzlich verzopft. Aus drei Seiten des 
Achtecks geschlossen; ohne allen kunsthistorischen Werth. 

Neben dem Hof steht eine zweite Kapelle, modemer Zopf bau. In der- Zweite Kapelle 
selben ein elender Altar mit zwei schlechten spätgothischen Holzstatuetten 
(hl. Martin zu Fuss, den Mantel zertheilend, hl. Johannes Evgl.). 

SCHONACH 

Kirche modern, nur der quadratische Chor alt: eine j. umgebaute spät- Kirche 
gothische Kapelle mit Stemgewölbe (Wappen an einem Schlussstein?). 

[755] 

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62 



KREIS VILLINGEK. 



Epitaph 



Kelch 



Leuchter 



Auf der Emporbühne zwei alliirte Wappenreliefs, eines mit der markgräflichen 
Krone, ein anderes mit der dreimal wiederholten Wolfsangel ^r^* 

An der Aussenseite des Chors Epitaph eines Geistlichen von 1687, und 
einer Familie Dufner von 1783, desgl. einer Familie Wintermantel 1763, 
mit Darstellung der männlichen und weiblichen Familienmitglieder, vortrefflich ge- 
schildert und charakterisirt. — Barock kelch, mit Augsburger Beschauzeichen und 
MH (?), gute Arbeit. 

Im Besitze des Pfarrers zwei in Holz geschnitzte Leuchter, sehr gute 
Schnitzerei des 18. Jhs. 



THENNENBRONN 



Martini, Gesch. d. Kl. u. d. Pfarrei S. Georgen, S. Georg, 1859, S. 256 f. 

Ks^th. Kirche KathoUsche Kivchc modern. — Barockkelch mit dem Beschauzeichen der 

Kelche Pinie, darunter ein V, und |l AS| — Spätgot bischer Kelch silbervergoldet, 

am Fusse die Marken WU mF)^ dann Wappen mit drei Löwen, das Datum •\5-92-, 

Votivufeirahmen darüber • P -T-F • Z -W- Die Kuppe ist später. — Votiv tafelrahmen von 
schwarzem Holze, Spätrenaissance. 

Evangelische Kirche y 1453 erbaut. Der Thurm spätgothisch, dreistöckig, 
mit Helmdach und dreitheiligen Fenstern. Das Schiff* hat ein zweigetheiltes spät- 
gothisch es Fenster mit Fischblasenmaasswerk, verzopft. — Im Chorfenster drei Bruch- 
stücke spätgothischer Glasmalerei (ein Crucifi.>cus, eine Apostelfigur und eine 
Gestalt mit der Leier, 14. Jh.). — An der Chorwand Reste von Bemalung mit 
gothischen Inschriften. — Im Chor weiter eine mit gothischen Bögen decorirte 
Holzdecke. — Taufbecken aus Zinn, mit Medaillons, darstellend eine luthe- 
rische Taufe, mit der Inschrift: Christus sanctificavit ecclesiam suam. 
An der Emporbühne alles Holz- und Eisenschloss (15. Jh.) 

Dieser Kirche war eine andere vorausgegangen, ein W a 1 d k i r ch 1 e i n , dessen 
die Bulle Alexanders III vom 25. März 1179 gedenkt (Tannebrunne cum 
ecclesia. Neugart, Cod dipl. Const. II No. 878. Jaff6» No. 1334.) Nach 
dem von Martini S. 259 angeführten 'Geschichtskalender' wurde dieses wahrschein- 
lich noch aus Holz gebaute *Waldkirchlein' 1453 durch die jetzige Kirche ersetzt. Eine 
Glocke von 1 7 18 ist laut Inschrift von Matth. Edel in Strassburg gegossen. Eine kleinere 
trägt die Umschrift: Joh. Bampfhart me fieri fecit 1534. (Martini a. a. O. 264). 

In der Nähe von Tennenbronn lag die Burg Ramstein, von der jetzt 
nur unbedeutende Mauerreste erhalten sind. Die Feste gehörte den Falkenstein, 
welche von hier aus die Umgegend unsicher machten; Graf Konrad von Fürstenberg 
zerstörte das Raubschloss mit Hülfe der Strassburger zu Anfang des 15. Jhs. (Jahr 
unbestimmt, vgl. Riezler, Gesch. des Hauses Ftirstenberg S. 358.) Dasselbe 
erlitt, wieder aufgebaut, eine neue Zerstörung durch die verbündeten acht Städte 
in der Fehde gegen den damaligen Besitzer Hans von Rechberg (Stalin, Wirt. 
Gesch. III 497). 



Evang. Kirche 



Glasgemälde 
Wandmaleret 



Holsdecke 
Taufbecken 

Altes Schloss 



Glocken 



BuiY Kamstein 



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AMT TRIBERG. 



TRIBERG. 



63 



TRIBERG 



Pfarrkirche 
Votivbild 



Antependium 



Kalendarium von Tryberg, ältester Text 14. Jhs. mit späteren Ein- Utteratur 
tragungen (Pfarramt). — Degen, Joh. Bapt., Chronik der Pfarrei, gedr. 1722 
(Pfarrarchiv). — Bader, J., Die ehem. Herrschaft Triberg (Badenia 1840 S. 199). — 
Hättig, Archivalien aus den Orten des Amtsbezirkes Triberg (Mitth. des bad. 
histor. Commiss. No. 5). ■:— Woerl, Führer durch Triberg und Umgebung. Mit 
Plan u. Ansicht der Stadt u. s. f. 2. A. Würzburg (Woerl's Reisehandb. 
No. 203. 204). 

Untere Kirche, ganz neu, in derselben ein sehr schöner Barock ke Ich, Untere Kirche 
mit Wappen, Augsburger Beschauzeichen und I K. 

Wallfahrts (P/arr-J Kirche künstlerisch werthloser Barockbau vom Jahre 
1702. — Im Schiff interessantes Votivbild zur Erinnerung an die Belagerung 
der Stadt Villingen im Juli 1704, 1880 renovirt. Unter der Madonna Ansicht 
der von den Franzosen beschossenen Stadt (vgl. Roder Sehr. d. Ver. in Donau- 
esch. IV 208). Reiches Barock antependium, auf rothem Sammt Silber- 

omament, in der Mitte Flachrelief mit der hl. Jungfrau, vor welcher ein fürstlicher 
Knabe in Talar mit Rosenkranz auf einem Kissen kniet. Eine Inschrift darüber 
lautet: Ex voto 'i Serenissimi Domini || Ludovici Guilielmi \ Marchionis Ba- 
densis & Sac : Cces . Majestatis I Archistrategi . |j iyo6. Vgl. auch Mone, 
Ztschr. XIX 308. — Zwei silberne Leuchter, auch angeblich vom Markgrafen Siibergeräthe 
Ludwig gestiftet, aber in den Formen sich ganz dem Empire nähernd. — Zwei 
Barockk eiche. 

Die Gebeine einer hl. Serena auf einem Nebenaltar, wol ein sog. Corpo- 
santo aus den Katakomben. 

Schloss. Die jüngere Linie der Herren von Hornberg nannte sich seit 
dem 13. Jh. nach Triberg, nach ihrem Erlöschen fiel diese Herrschaft an Horn- 
berg zurück und kam nach vielfachem Wechsel der Besitzer schliesslich 1653 an 
Oesterreich. Die Burg, seit 1330 (FU. II No. 168. 169. 228. 312) oft urkdl. er- 
wähnt, wurde von den Bauern 1525 und wiederum 1642 zerstört; wahrscheinlich 
schliesslich beim Brande der Stadt 1694 zu Grunde gerichtet. 



Schloss* 




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AMT VILLINGEN 



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BUCHENBERG 



Sacrätei 



Taufotein 



Eisenschloss 
Gestahl 



Evangelische Kirche. Sehr alter kleiner, urspmnglich romanischer Bau, im Kirche 
14. Jh. und später überarbeitet. Chor, Schiff und Thurm mit Holzschindeln 
gedeckt. Der aus fünf Seiten des Achteckes geschlossene Chor hat ein siebentheiliges 
Gewölbe, dessen hohlprofilirte bezw. abgeschrägte Rippen auf Eckconsolen aufsitzen- 
Am Schlussstein Wappenschild mit einem Hirsch und einem ausgekragten Kreuz- 
Drei kleine gothische Fenster (14. Jh.). 

Neben dem Chor alte Sacristei, ein kleines Gratgewölbe mit ganz kleinen 
Fensterchen und einer Art alter Altarmensa. 

Kleiner Holz thurm mit Helm. 

Gothischer 7' aufstein, polygon, wol auch noch 14. Jh. — Im Chor rechts 
alteSacramentsnische, im Bogen derselben gothisches Rankenwerk. — An der sacramentsniKhe 
Sacristeithüre spätgothisches Eisenschloss. — Alte Holzstühle mit roher Malerei. 
An der Westseite des Schiffs jetzt vermauerter ehemaliger Eingang : 
auf je vier Quaderblöcken ruht ein schwerer gradliniger Thürsturz, in 
dessen Felde zwei in Kreise geschriebene Kreuze getrennt und über- 
dacht durch ein einfaches rohes Ornament. Die Ausladung der Kreuz- 
balken erinnert an die Stationskreuze des 10. — 12. Jhs. 

Das Schiff hat ein rundbogiges Fenster und einen kleinen spitzbogigen Mauer- 
schlitz; ersterer umschliesst zwei Spitzbogen. 

lieber dem Seitenportal des Chores das Datum 1591, welches offenbar einer 
viel Jüngern Restauration angehört. An derselben Stelle sieht man ein rundbogiges 
Fenster mit gekuppelten Bögen und kleinem rundem Oculus darüber. 

Zum Kirchhof führt ein Rundbogenportal mit romanisirendem Simse 
(wol noch 13. Jh.). Derselbe war vermuthlich befestigt. 

Im Pfarrhause vier Communionkannen, guter Zinnguss des 18. Jhs. 
(dat. 1746). — Zinnkännchen mit hübscher Barockornamentirung, Stempel mit 
Lilie und H-W*S. — Silbervergoldeter Kelch, Fuss gothisch mit der Inschrift: 
THOMAS • STAIRZ • VOGT • Z^ : MATTISWEILER • lACOB • WEIS • VOGT- 
AVF . MÜNCKHOF • ANDREAS • lÄCKLE • ZV • MATTISWEILER • i • 6 • 15 
und dem Stempel M (Doppeladler) S. 




Ztnngeräthe 



Kelch 



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70 



KREIS VILMXGEX. 




Chronik Im Pfarrarchiv chronistischer Bericht des Pfarrers Ganz 1842, zum Theil 

auf Grund von M. Christ. Binder Wtirtembergs Kirchen- und Lehrämter, I7<)8, 

für die Geschichte der Pfarrei und der Kirche zu beachten. 

Burg Waklau ^ BurgruiHC WalcUiiiy in der Gemeinde Buchen- 

^ Uf^\TOl<fa.t/** l^erg, ^'2 Stunde von Königsfeld auf einem mJlssig 

^ '^^Tn--^ — >w-. -- ansteigenden Hügel gelegen , besteht zur Zeit aus 

mehr oder weniger zerfallenem Gemäuer und einem 
mächtigen, noch ziemlich gut erhaltenen Thunne, dessen 
Aussenseite mit Buckelquadem, von denen einige einen 
Saumschlag haben, verkleidet ist. Das Mauen\'erk setzt 
sich aussen in einer Höhe von 5 m vom Boden ab 
und ist auch im Innern nicht gleichstark em[)orge führt. 
Seine Stärke beträgt am Boden 3 m. Der Thurm ist 
jetzt durch eine an der Ostseite befindliche Oeffnung 
zu betreten, aber nicht ohne weiteres besteigbar. In 
nicht unbeträchtlicher Höhe befindet sich in der 
gleichen Seite eine mit einem Rundbogen geschlossene 
Ivnsfrrconslrüclrön-^. weitere Oeffnung , deren Form und Construction 

Fig. 6, IValdau. Fenster. Fig. 6 gibt. 

Die an dem obersten Theile des Thurmes in allen 4 Seiten befindlichen 
Oeffnungen sind von viereckiger Form; rechts und links derselben sind Löcher 
im Mauerwerk, welche wol zur Aufnahme von Traghölzern bestimmt waren. Das 
weitere ehemals zur Burg gehörige Gemäuer erstreckte sich östlich und westlich 
vom Thurme und tritt auch an verschiedenen Stellen des Burghügels noch zu 
Tag. Licht- und Zugangsöffnungen in diesem sind zum Theil kreisrund oder halb- 
kreisförmig geschlossen. Der in der Gegend vorhandene rothe Sandstein lieferte 
das Material zum Burgbau. Die Ruine ist seit dem Jahre 1885 durch Kauf in 
den Besitz des Staates übergegangen. (Plan der Burg vgl. Fig. 7.) 

Die Burg, aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammend, war im 15. Jahr- 
hundert ein Lehen des Hauses Fürstenberg. Im 16. Jahrhundert war sie württem- 
bergisch und wurde noch vor dem 30jährigen Kriege zerstört. (D) 

Ueber die Geschichte dieser Burg verdanken wir Hrn. Prof. Roder nach- 
stehende Notizen : 'die Zeit der Erbauung dieser an der alten Strasse nach Schramberg 
gelegenen Burg und die Erbauer sind unbekannt. Sie erscheint seit ihrer ersten ur- 
kundlichen Nermung, 1409, als ein fürstenbergisches Lehen, welches das zu Rottwiel 
und Villingen sesshafte bürgerliche Geschlecht der Hack (Hagg, Haugg) innehatte; 
1411 nahm Graf Heinrich von Fürstenberg 'Waldow die bürg' mit allen Zuge- 
hörden (d. i. dem nahen Mühlbach, einem Wald bei Deisslingen und einer jähr- 
lichen Gült von 4 Malt. Korn an letzterm Ort) von Konrad Hagg, Bürger zu 
Rottweil auf und lieh sie zu einem rechten Mannlehen dessen Sohne Bernhard 
Hagg. (FU. III S. 42 und 52.) In dem vom Grafen Johaim von Fürstenberg 
für Hans Hagk von Villingen 1442 ausgestellten Lehenbrief wird Waldau ein Burgstall 
genannt. 1445 verkaufte Bernhard Hagg Waldau *das Schloss' sammt den Dörfern 
Weiler, Buchenberg, Marzisweiler (Martinsweiler) etc. an den Grafen Ludwig von 



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AMT VILLINGEN. — BURGBERG. 



7' 




Fig, 7. Waldau. GrunJriss der Burg. 

Württemberg; es folgen noch mehrere fürstenbergische Lehensverleihungen bis 1475. 
(FU. III S. 249. 336.) Eine Abbildung auf der Rotlweiler Pürschkarte von 1564 
(Alterthumssammlung zu Rottweil) zeigt Waldau schon als eine Ruine. Um weiterer 
Zerstörung vorzubeugen, kaufte der badische Staat dieselbe im April 1885 vom 
seitherigen Besitzer Andr. Beck um 1200 Mark.' (R.) 



BURGBERG 



Zivei Schlossruincfi , die eine im, die andere hinter dem Ort. Erstere Schio»niincn 
ein grosser quadratischer Donjon , romanisch , ganz in Quader - bzw. Buckelwerk 
bis zur Höhe von c. 75 m erhalten. An einer Seile ein grosses rundbogiges, 
von Buckelquadern umsäumtes tonnengewölbtes Kellerfenster. Ein Wassergraben 
umgab ursprünglich die Burg, an welche sich eine Aussenmauer anschloss, von 
der noch etliche Reste erhalten sind. Der rundbogige Eingang liegt in der halben 
Höhe, im Innern hatte die württembergische Herrschaft 1482/3 ein Schlafgemach 
mit einem Zimmer und einer Küche herrichten lassen. Ein Gewölbe schien als 
Gefängniss benutzt worden zu sein. Der Ort besitzt eine zweite Burg, den Bären- uärcnberg 
bergy deren Trümmer auf einem benachbarten Hügel, ganz überwachsen, liegen. 
Seit Mitte des 15. Jhs. soll dann dies Schloss an die Hohengeroldseck gekommen 



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TZ KREIS VILUNGEN. 

sein, denen es Graf Eberhard von Württemberg 1472 abkaufte. Von dieser Burg 
steht nur noch die Eckmauer eines Buckelquaderthurms von Buntsandstein, sowie 
Reste einer Ringmauer. Nach Roder fehlt es gänzlich an authentischen Nach- 
richten über diese Burg; über die erstere gibt er uns nachstehende Notizen. Das ritter- 
bürtige Geschlecht derer von Burgberg gehörte wol zu den Dienstleuten der Herren von 
Falkenstein und von Zimmern (Zimmerische Chronik, herausg. v. Barack I 172). 
Genannt wird erstmals i. J. 11 16 Burkart von Burgberg (mit Konrad von 
Tannegg) als Zeuge in einer Vermächtnissurkunde des Wemher von Kirchheim 
für das Kloster Allerheiligen (V^'ürttemb. Urkundenbuch I S. 342). Besonders 
nahe standen die von Burgberg dem Kloster S. Georgen, an welches sie mit ihren 
Besitzungen grenzten. Dort hatten sie auch seit dem Ende des 13. Jhs. ihre 
Begräbnisstätte. Am 13. Mai 1295 stellten nämlich Hugo, Kraft und Konrad, 
alle von Burgberg, eine Urkunde aus, dass ihnen Abt und Konvent von St. Georgen 
erlaubt haben , im Kloster beim Kapitelsaal der Conversenbrüder eine Kapelle zu 
Ehren aller Heiligen mit einem Altar zu bauen, über welchen jedesmal der älteste 
des Geschlechts das Collationsrecht habe; ferner dass die Pfründe mit Gülten aus 
3 Höfen zu Dunningen, Schönbrunnen und Zu der Aich dotiert werde und wöchent- 
lich drei Messen darauf gelesen werden sollen (S. Georger Copialbuch im Landes- 
archiv zu Karlsruhe). Durch Konrad von Burgberg werden 1308, 13 10 und 1312 
noch 4 Höfe an diesen Altar geschenkt. Laut einer Erklärung des S. Georger 
Abts Heinrich von Stein vom 24. März 1341 versahen die Pfründe nach einander 
die Conventualen des Klosters Petrus von Taimegg (Amt Bonndorf), ein Bruder 
von Schabenhausen (Schwabenhusen) und Volmar von Tannegg. Wöchentlich sollen 
auf dem Altar 6 Messen gelesen werden. Heinrich v. Burgberg und nach dessen 
Tod jedesmal der älteste des Geschlechts präsentirt dem Abt einen passenden 
Priester. Der Patron erhält nach seinem Tod das Begräbniss in der Kapelle. Nach 
dem Aussterben derer von Burgberg geht das Patronatsrecht und das Recht des 
Begräbnisses an den ältesten jener von Tannegg über (Georger Copialbuch). 
Urkundlich erscheinen Glieder derer von Burgberg noch häufig. Seit den ersten 
Decennien des 14. Jhs. zeigt sich auch bei diesem Geschlecht ein ökonomischer 
Rückgang, daher die vielen Veräusserungen. Manche derselben waren Bürger der 
Stadt Villingen. So wurde 1432 Hans von Burgberg, 'ein Edelknecht', Bürger 
daselbst an seinem halben Haus am Rietthor gegen den Keferberg hin; in dem- 
selben Jahre bekleidete er sogar das Schultheissenamt in der Stadt. 1455 Nov. i i 
urkundet er zum letzten Mal. Man darf annehmen, dabs mit ihm das Geschlecht 
hier ausgestorben ist. 

Die Zeit der Erbauung der Burg lüsst sich nicht genau bestimmen; wahr- 
scheinlich fällt dieselbe schon in das 11. oder an den Anfang des 12. Jhs. Im 
ersten Decennium des 15. Jhs. besass sie Hans von Burgberg, Bürger zu Villingen. 
Zwischen ihm und der Stadt Villingen kam es danials /.u ernsten Verwicklungen. 
Da er einen Boten des Raths und damit diesen selbst geschmäht hatte, so zog Ende 
Juli 14 17 eine Abtheilung der Bürgerschaft vor die *vesty', in der Hans von 
Burgberg Schutz gesucht, und umlagerte sie. Jener, sich zu schwach fühlend, über- 
gab jedoch bald sich und sein 'Schloss' und schwur am 20. Juli d. J., dem 

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AMT V ILLINGEN. - DÜRR HEIM. 73 

Urteile des Raths zu gehorsamen, sich in Villingen persönlich zu stellen und den 
Bürgern *mit seinem Teile des Schlosses* gewärtig zu sein, so dass es ^ewiglich' 
deren offenes Haus sein solle und sie, es seien ihrer viele oder wenige, jederzeit 
Tag und Nacht darein und daraus gehen dürfen. Bei einer Veräusserung der 
Burg solle dieses Oeffnungsrecht in Kraft bleiben. Wie sich aus dem obigen ergibt, 
war Hans von Burgberg zur Zeit des Abkommens mit den Villingern nicht mehr 
ganz im Besitze der Burg. Wem der andere Teil gehörte, ist nicht sicher, wahr- 
scheinlich einem gewissen Hans Billing, Bürger zu Villingen, der sich auch von 
Burgberg schrieb. — Derselbe verkaufte 14 lo den Kirchensatz der *durch Brand 
längst heruntergekommenen Pfarrkirche zu Schabenhausen an die Heiligkreuzkirche 
zu Rottweil (Oberrh. Zeitschr. XXX 193). — Die Feste Burgberg ging bald ganz 
in andere Hände über und wechselte rasch nach einander ihre Besitzer. Hans 
von Burgberg verkaufte 1425 seinen Theil an Erhart von Falkenstein. Von diesem 
gelangte sie an einen Sigbolt Marschalk, von welchem sie 1431 Friedrich Gädemler, 
Sohn des verstorbenen Walther Gädemler, um 620 fl. erkaufte (Martini Ge- 
schichte von S. Georgen S. 286); 1436 besass sie Heinrich von Geroldseck, Herr zu 
Sulz. Sie alle erneuerten der Stadt Villingen die Verschreibung bezüglich des Oeffnungs- 
rechts. Im Jahre 1472 Febr. 19 nach dem Tode des Heinrich von Geroldseck 
verkaufte dessen Tochter Stassla mit ihrem Ehemann Berthold Hilker von Villingen 
*Burgberg das Schlössle auf dem Schwarzwald' um ein Leibgedinggeld von 45 rh. fl. 
an den Grafen Eberhard von Württemberg. Dieser vergab den Hof als Erblehen. 
So erhielt ihn 1505 mitsamrat Schloss, Garten, Matten, Holz und Feld Crista 
Wernle, 1568 Kaspar Götz, welchem i. J. 1603 alles für 2366 fl. als Eigenthum 
verkauft wurde (Martini a. a. O.). Die Rottweiler Pürschkarte von 1564 zeigt 
in ihrer Abbildung unrichtig an dem mit einem Satteldach bedeckten Thurme einen 
Eingang zu ebener Erde. Der Abt Georg Gaisser von S. Georgen machte am 
7. August 1645 n^it seinem Diener einen Ausflug auch nach Burgberg, von dessen 
damals noch gut erhaltenem, mit einem Wassergraben umgebenen Thurme er in 
seinen Tagebüchern eine genaue Beschreibung gibt. (Mone Quellensammlung der 
bad. Landesgeschichte H 449 — 451). 

Da in neuerer Zeit Niemand einen Besitztitel bezüglich dieses Bauwerkes nach- 
weisen konnte, so nahm dasselbe 1887 der Staatsfiscus für sich in Anspruch. 

Das Gebäude, von welchem noch ein Mauerrest auf einem nahen Hügel bei 
dem Dorfe vorhanden ist, gehörte ohne Zweifel ebenfalls 'den Herren von Burgberg.' 



DÜRRHEIM 

Prähistorische Reste. In dem nahen Torfmoor fanden sich Reste eines Prähistorische 
Pfahlbaus, deutlich erhaltene gespaltene Eichenpfähle mit noch darüber ge- 
legten roh eingefalzten Querbalken. Von dem Pfahlrost mit Oberbau wurden 
in 2 Reihen je i m von einander stehende Pfähle gefunden. Die Ueber- 
lager waren aus Birkenholz; an beiden Holzarten war Bearbeitung mit stumpfen 



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n 



74 



KREIS VILLINGEX. 



Kirchenschatz 
Ciborium 



Kelche 



Zehntscheuer 



Werkzeugen zu erkennen. Schon lange sind von dorther Funde von Steinbeilen 
und durchbohrten Steinhäramem von Feuersteinwerkzeugen, rohen Topfscherben, 
Resten von Hirsch- und Rehgeweihen, Zähnen von Wildschwein und Pferd bekannt. 
(Bericht von H. Dehoff 1864; — nach einer Notiz in den Schriften des Alter- 
thums-Vereins f. d. Gh. Baden I 1845 P- 39^ scheinen in der Gegend auch 
Gräber entdeckt worden zu sein.) — Reste aus alamannischen Gräbern im 
Museum zu Donaueschingen (s. o.). (l^-J 

Kirche, Ciborium, reichste silber\ergoldete Barockarbeit mit drei grossen 
Emaillen (Passionsscenen) besetzt; bez. mit dem Pinienapfel und N, dann IGI, 
auf dem Deckel mit Rubinen geziert. — Kelch, silbervergoldet, sehr reiche und 
edele Barockarbeit, am Fusse Opfer Melchisedechs , Opfer Abrahams, Moses mit 
der Schlange, dazwischen herrliche nackte Putti, der Knauf mit bekleideten 
Knaben besetzt, an der Kuppe in schwachem Relief das Abendmahl, die Kreuzig- 
ung, Christus am Oelberg, zwischen Putten. — Zwei einfache Messingkelche, 
gute Barockarbeiten mit Bild des hl. Franciscus, Silbermedaillon, gez. 1686 und 
von einem Villinger Geistlichen gestiftet. 

Zehntscheucr mit Wappen des Comthurs Dietrich Rollmann von Datten- 
berg (17. Jh.). Das Dorf gehörte seit Ende des 13. Jh. der Joh.-Commende zu 
Villingen. 

In Dürrheim sass ein schon zu Anf. des 14. Jhs. erloschenes freiherrliches 
Geschlecht, das den Zunamen 'Esel' führte; von einer Burg ist nichts erhalten. (B.) 



FISCHBACH 

Rom. Reste Römtscke Rcstc / Oberhalb des Walds *Bubenholz', auf Gemarkung 

Sinkingen, zwischen Fischbach und Nieder- Eschach, findet sich auf einem Platz 
von ca. 170 m Länge v. W. n. O., u. 80 m Breite v. N. n. S. der Schutt 
eines römischen Gebäudes mit Bausteinen, Falzziegeln etc. etc., auch grösseren 
verzierten Steinen, die noch der Hebung warten. Am Abhänge des Hügels sollen 
in Erhöhungen und Vertiefungen noch Wall' und Graben (?) sich erkennen lassen. 

Littcratur Roder Schriften d. Vereins f. Gesch. u. Nat.-Gesch. d. Baar IV. 1882, p. 

213. (WJ — Ueber deli Fund einer röm. Münze s. Art. Villingen. 
Kirche KiTche ganz neu, von dem alten, romanischen Bau stehen nur mehr der 

Sockel und Eckmauerreste mit Buckelquadern. Auch der in seinem untern Theil 
noch alte Thurm hat Buckelquadern an einer Ecke. 

PortairtuK An einer Seitenthüre romanischer Portalsturz mit in einem Doppel- 

kreis eingeschriebenem Kranze, wie das im Elsass und in der Schweiz auf Denk- 
mälern des 10., II. und 12. Jhs. oft vorkommt. 

Grabstein Ein Sehr zertretener Grabstein auf dem Kirchhof lässt ein ähnliches Kreuz 

erkennen. 




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AMT VILLINGEN. 



KAPPEL. 



75 



GRÜNINGEN 

Alamannische Reste. 1868 stiess man beim Bahnbau in der Nahe 
auf eine eigenthümliche, wahrscheinlich alamannische Gräberstätte. Neben 
Reihengräbem mit Trockenmauerwerk waren andere Bestattungen von grösseren 
Steinkreisen umschlossen. Fundstücke von Stein und Bronze waren spärlich. 

Auf dem höchsten Punkt im Walddistrict 'Schlechten* war schon 1853 
ein Plattengrab aufgedeckt worden. In demselben habe sich neben einem 
Skelett ein Bronzeschwert gefunden. (W,) 

Kirche, Zopfbau. Nur der Thurm alt, gothisch, mit Satteldach und kleinen 
maasswerklosen Fensterchen. Er soll das Datum 1513 getragen haben, welches 
ich nicht mehr constatiren konnte. — Barock monstranz des 18. Jhs. aus 
einem Kloster zu Villingen. 

Eine moderne Hausinschrift theilt Gutmann Sehr. d. Ver. i. Donauesch. 
II 206 mit. 

HERZOGENWEILER 

Ehedem Pfarrdorf, das seit der Gründung der Stadt Viihrenbach, wohin seine 
Einwohner verzogen, nach und nach abging; schon 1275 wohnte der Pfarrer von 
H. in Vöhrenbach. Im 15. Jh. war H. nur noch ein Meierhof, der im Schweden- 
kriege ebenfalls einging. 1721 gründeten Glasmacher von Glashütte bei Lenzkirch 
ein neues Dorf, das aber nicht an der Stätte des alten, auf dem sog. Schlossberge, 
sondern weiter östlich erbaut wurde. Im Wirthshause zu H. hängt ein gleichzeitiges 
Oelgemälde, das die ersten Ansiedler des Glasmacherdorfes darstellt. 



AUm. RntA 



Kirche 



Monstranz 



KAPPEL 



Kirche (Filiale von Weilersbach). Schiff modern. Alt ist noch der vier- Kirche 
stöckige Thurm, der der Spätgothik angehört. Satteldach, an drei Seiten Fenster 
mit Fischblasenmaasswerk von sehr hübschen Formen. Die Thurmhalle ist im 
Tonnengewölbe eingewölbt. 

An der Evangelienseite des Chors spätgothische Sacramentsnische mit Sacramentini»che 
altem Eisenbeschlag. — Spätgothischer Taufstein. — Gnadenbild, Holz- Taufstein 
sculptur , spätgothisch , aber sehr überarbeitet. Der Kopf der Madonna erneuert, 
auch die Kleidung des Kindes. — Monstranz in barocken, bezw. schon zopfigen Monstranz 
Formen. — Oelgefäss, barock, mit Inschrift und Wappen der Stifter (M ö h c r r Odgefäss 
und Möherrin). 

Bis in dieses Jh. stand hier ein Geviertthurm, welcher, wie das Dorf, Geviertthurm 
im 16. Jh. den in Rottweil und Villingen ansässigen Herren von Freiburg gehörte. 
Abbildung mit Freiburger Wappen (Sparren mit Lilie im Schild) auf der Rottweiler 
Pürsch-Karte von 1564. (R.) 



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76 



KREIS VILLINGEN. 



KIRCHDORF 



Kirch« 



Taiifetein 
Altar 



Geräthe 



Kirche, Moderner werthloser Bau. Nur der Thurm romanisch, ohne Ab- 
theilung der Geschosse, Fenster vor einigen Jahren erneuert, aber den frühem 
nachgebildet: ein gekuppeltes Rundbogenfenster, darüber ein zu je drei gekuppeltes 
Fenster. Staffelgiebel und Satteldach sind gleichfalls erneuert. 

Oktogoner spätgothischer Taufstein. Mobiliar und Bilder sonst zopfig. 
Der Altar stammt aus Bräunungen, eine reiche Rococoholzsculptur mit Krönung 
der hl. Jungfrau durch die Trinität, Benedictus und Scholastica. Schlechter sind 
die rechts und links vom Altar stehenden Holzstatuen der hh. Petrus und Paulus. — 
Alte Hornlaterne. — Barockkelch, bz. ID| \ 726, unbedeutend, Geschenk 
eines Pfarrers Diem, mit durch Inschriften und Wappen bez. Messkännchen und 
hübscher Schüssel. — Ein dsgl. ohne zubehörige Service. — Eine geringe Barock- 
monstranz. 



KIRNECK 



Burgruine, s. d. Art. Villingen. 



KÖNIGSFELD 



Wirthshaus 



Rösslc'Wirthshatis. Bemerkenswerth ist bei Königsfeld auf dem sog. 
*Hübele' — Hof und Wirthshaus zum *Rössle'. Ein grosser Fachwerksbau mit 
reichen und mannigfaltigen Holzgeschränken, Balken mit Kerbschnittverzierungen 
und der Jahreszahl 1726 am Giebel. Malerisch und schön ist die obere Wirthsstube 
mit den gekuppelten Fenstern auf zwei Seiten, mit den vertäfelten Wänden, der 
geschnitzten Casettendecke , dem grossen Thonofen mit Bank und Kleidergestellen. 
Die Stuben thüre hat sog. Spiessfüllungen, der Rahmen ist von Hermenpilastem 
und Zahnschnittleisten mit Eierstäben eingefasst. Die Decke besteht aus (4X 6) = 24 
Casetten von i m 09 zu i m 14 Grösse, die durch kräftig profilirte Stäbe von 
einander getrennt sind. Die Casettenfelder sind dagegen mit sehr fein gegliederten, 
verkröpften Stäbchen umsäumt und haben in der Mitte vertiefte Vierpassfüllungen. 
In die Wandtäfelung ist ein sehr hübsches Ecksch ränkchen eingefügt. Das Ganze 
prangt in dunkelbraunem Holzton, den blaue und rothe Farbstreifen- und Flächen 
an den verschiedenen Holztheilen sehr wirksam erscheinen lassen. Bunte Bilder 
an den Wänden, ein Vogelkäfig und an den Fenstern sich hinschlingende blühende 
Fuchsien geben im Verein mit der Holzarchitektur dem Räume etwas ungemein 
Behagliches und auch künstlerisch Befriedigendes. (D,) 



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AMT VILLINGEN. — NEUHAUSEN. 



77 



MARBACH 

Moderne Hausinschrift Gutmann, Sehr. d. Ver. in Donauesch. II. 

No. 20I. 

Alamannische Reste, Oberhalb des Dorfs 'auf der Grub' fand man gegen Aiam. Reste 
Ende 1 886 alamannische Platten grabe r. Einige Eisenwaffenstücke von dort 
besitzt die städt. Sammlung in Villingen. (W,) Vgl. unter Villingen No. 5. 



MONCHWEILER 



Triumphbogen noch rundbogig mit roma- 



Ktrche, Nur Thurm und Chor alt, beide 15. Jh. Thurm vierstöckig, hat 
oben grosse gothische Fenster ohne Pfosten; Satteldach. Chor aus drei Seiten 
des Achtecks geschlossen, mit zwei vorgelegten Jochen ; Sterngewölbe, dessen hohl- 
profilirte Rippen auf Wandeon solen ruhen; drei zweigetheilte Fenster mit Rauten- und 
Fischblasenmaasswerk der spätgotliischen Zeit. An den Schlusssteinen i) ein Antlitz 
des Herrn; 2) ein Wappen mit Kreuz im Feld (S. Georgen); 3) desgl. mit einfachem 

Querbalken; 4) Baumeistermarke \J\\ 

nisirendem Sims, abgefasten Kanten. 

Die nach der Thurmhalle führende spätgothische Thüre hat übergreifendes 
Stabwerk, gedrehte Säulenfüsschen, über dem Bogen das Datum S ^\^ * ))/(i5ii) 
An der Evangelienseite des Chors spätgothisches Tabernakel; ausserordentlich 
reiche Fiale auf prächtigem Unterbau, die Nische jetzt leer und ihres Eisen- 
schlosses beraubt. — Am Chor eingemauert Epitaph eines evangelischen Pfarrers 
von 1695. 

Am Pfarrgarten an der Erde ein abgetretener Stein mit Kreuz (Wappen von 
S. Georgen) und spätgothischer Inschrift (14. — 15. Jh.). 



Kirdie 



ThOre 



Tabernakel 



Epitaph 



NEUHAUSEN 



Kirche, Schiff im Jahre 1793 neu aufgeführt, mit der Inschrift: En Mel- 
lioribus Olttma (optima) iuncta {^), Alt ist noch der dreistöckige Thurm, der 
der Spätgothik angehört : er hat spätgothische hohe Fenster mit Fischblasenmaass- 
werk, Satteldach. Unten bildet er mit zwei Jochen den Chor, dem ein aus drei 
Seiten des Achtecks gebildeter Chorschluss angelegt ist^ Der Chor hat ein Stern- 
gewölbe, dessen hohlprofilirte Rippen ohne Consolen den Wänden entsteigen. Fenster 
ohne Maasswerk. Am Schlussstein Relief mit dem Brustbild des hl. Martinus zu 
Fuss, den Mantel durchschneidend, mit der Inschrift: Sanctus Martinus. 



[770 



Kirche 



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78 



KREIS VILLINGEN. 



Mensa 
Tau£itein 



Kelche 



Ostensorium 



Die Aharmensa wol noch die alte. — Oktogoner spätgothischer Taufstein. 

Zur Sacristei führt eine spätgothische Thüre mit übergreifendem Stabwerk; 
guter alter Eisenbeschlag mit Schloss. — Kelch mit emaillirten Medaillons 
(Geschichte der hl. Scholastica und Passionsscenen) ; Augsburger Beschauzeichen und 
lAS. Gute Barockarbeit. — Zwei Barockkelche des i8. Jhs. — Barock- 
ostensorium, Kreuzreliquie. 

Die Kirche gehörte früher zu dem CUirissenkloster, von welchem sich einige 
Mauerrestc ihr gegenüber erhalten haben. 

Den Umbau des Schiffes nahm laut einer Inschrift der Corathur der Jo- 
hanniter von Villingen, welchem N. gehörte, 1793 vor: 

Herr Graf von Reinach der Zeit Kommandeur ,i Zu Villingen, auch 
Fürst zu Heiter s heim, und | -Grossmeister in Deutschlanden, etc, \ liatte 
diese Kirche neu erbaut i?i dem Jahre — | MDCCXCHI. 

Auf dem Kirchhof grosse hölzerne Kreuzigungsgruppe mit Maria und 
Johannes (15. Jh.), nicht uninteressant. 

In einem Wirthshaus alter T h ü r b e s ch 1 a g. 
ciarinenkkMter Das ehemalige Frauenkloster der hl. Clara ('Novae doraus moniales') 

1238 erw. und von Gregor IX in Schutz genommen (Neugart Cod. dipl. II 171, 
erw. 1290. FU. V No. 141. 245. Glatz i. d. Oberrh. Ztschr. XXXII 274 ff.), 
muss schon vor 1328 eingegangen sein, da 'das gesaesse, da daz Kloster war', am 
10. Oct. 1328 von Konrad von Burgberg den Brüdern und Schwestern S. Johannis 
in Lenzkirch mit der Curia Seihof verkauft wird (vgl. eb. II 412) laut Urk. von 
1305, Juli 26 (FU V No. 298). Es wurde nach 1305 mit dem Bikenkloster 
(*in der Minren bruder samenunge') zu Villingen vereinigt, nicht erst 1479, wie 
'Gh. Baden', S. 905 angegeben ist. Vgl. Gerbert Hsn. II 27. 



Kreuzigungs- 
gruppe 



NIEDERESCHACH 



Kirche Kirchc, An der Sacristeithüre (Thurm) spätgothisches Eisenschloss. 

Kelche etc. In der Sacristei : Sehr interessanter spätgothischer K e 1 ch reliefirt und gravirt 

(14. Jh.). Am Fuss ein Ritter mit Wappen, Kreuz im Schilde, und Crucifixus. — 
Ein guter Barock kelch. — Ostensorium mit Kreuzpartikel, gothischer Fuss 
mit Barockornamenten, oben Madonna und musicirende Engel, sehr hübsche und 
feine Arbeit. — Ein Paar spätgothische Kup ferleuch ter. — In der Sacristei 
Sacramenuhaus weiter ein ehemaliges Sacramentshaus, Tabernakel mit Eisengitter und 
Eisenhängel des 15. Jhs. 

Am Eingange des Chors zwei gute spätgothische Lichterarme. 
Im Pfarrhause eine hübsche Barock thüre. 

Bei Niedereschach standen zwei Burgen: die Graneck und die Friedeck, 
nach deren ersterer sich die früheren Besitzer des Dorfes, die auch in Villingen 
bürgerlichen Ifflinger benannten. (Oberrh. Ztschr. XXX 421: im J. 1565 zum 
Bau des Schlos.ses Graneck 800 Fl. verwendet; S. 430, 431 und noch öfter). 



Lichterarme 



Burgen 
Graneck 
Friedeck 



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AMT VILLINGEN. ~ PETER2ELL. 79 

Beide Schlösser werden (S. 438) noch i. J. 1737 als bestehend bezeichnet (Abbil- 
dung des Dorfes mit den Burgen in der Rottweiler Pürschkarte von 1564). Der 
noch jetzt sog. Spitalhof in derselben Richtung, mehr gegen das Dorf hin, wird 
urkdU i. J. 1593 erwähnt (a. a. O. 429). Die Burgen standen etwas nw. vom 
Dorf, und zwar die Friedeck auf der Anhöhe links, am Wege nach Fischbach, 
die Gran eck unten im Thale. (R.) 



NORDSTETTEN 

(W. Gm. Villingen) 

Römische Reste: Mauerresle mit Ziegelsteinen, 1881 am Wieselsberg ge- Rom. R*«te. 
funden. Man hat darin eine Bestätigung der Annahme gesehen, dass eine Ab- 
zweigung der von Hüfingen nach Donaueschingen und Rottweil führenden Römer- 
strasse (Beschr. d. O.-A. Rottweil S. 160. 225), das sog. *Hochsträssle*, Vs St. 
nördlich von Schwenningen, in der Richtung nach Nordstetten ging. Vgl. Roder 
Sehr. d. Ver. in Donauesch. IV 213 f. 



OBERESCHACH 

Die Burg zu Obereschach kam 1386 in den Besitz der Johanniter zu Burg 
Villingen (Oberrh. Zeitschr. VIII 233). Weitere Nachrichten über dieselbe 
fehlen. Sie stand auf der Anhöhe bei der jetzigen Kirche, wo bis gegen Ende 
der 1870er Jahre starke Mauerreste vorhanden waren, die ein jetzt grösstentheils 
eingeebneter Graben in einem Umkreis von 50 Schritt Durchmesser umgab. (R.) 

Kapelle, (Filiale von Neuhausen.) Zopfbau. In derselben: Zwei Barock- Kapeii© 
k eiche (Mitte 18. Jh.), einer bezeichnet mit dem Adler und _\3-NI; der Kelche 
andere mit Emaillen, darstellend Scenen aus der Passion Christi, gute Arbeit. 
Ein guter got bischer Kelch ist neu. 



PETERZELL 

Die Kirche (später fürstenb. Lehen, s. Urk. v. 1400, FU. III No. 3) war Kirche 
einst die äusserste nördliche Station Reichenau's und ihre Begründung dürfte in die 
karolingische bezw. nachkarolingische Zeit hinaufreichen. Von diesem ältesten Bau 
hat sich indessen nichts erhalten, als einige Steine, welche in dem jetzigen einge- 
mauert sind, und vielleicht auch der Triumphbogen nebst den kleinen Fensterchen, 
falls diese nicht einer spätem romanischen Bauperiode angehören. Romanisch ist 
auch der Thurm noch in seiner ursprünglichen Anlage. An die Stelle des altern 
Baues trat zu Ausgang des Mittelalters eine gothische, einfache Construction, welcher 
der Chor angehört; die Barockzeit nahm eine Ueberarbeitung dieses Baues vor, 

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8o 



KREIS VILLINGEX. 







Fig. 8. Peterzeil. Thürsturz. 



Thurm 



SchiflF 



Chor 



wie aus dem an der Innenseite des schwerfölligen romanischen Triumphbogens 
angebrachten Datum 1603 hervorgeht. (K.) 

Die Kirche ist ein einfacher kleiner Bau, bestehend aus viereckigem Thurme, 
einschiffigem, durch Emporen verbautem oblongem Langhaus, polygonem Chor mit 
kleiner niedriger Sacristei. 

Der Thurm hat eine gewölbte Vorhalle mit Spitzbogenthüre ; die Abfasung 
der Thürgewände ist kielbogenfr)rmig in die Höhe geführt. Im Obergeschoss ist 
ein Spitzbogenfenster eingesetzt, das Thurmdach als einfaches Satteldach ausgebildet 
und mit Holzschindeln eingedeckt. 

Das Schiff i.st mit einer geraden Holzdecke (Leistendecke) abgedeckt und 
wird durch moderne rechteckige Fenster erhellt. Nach dem Chor öffnet sich 
ein halbkreisförmiger geschlossener Triumphbogen, dessen Kämpfer aus grau-grünem 
Sandstein hergestellt sind. Der Kämpfer der linken Seite zeigt noch ein 0,35 langes, 
0,25 hohes profilirtes Stück — Platte und Hohlkehle mit Plättchen — mit dem 
Ende eines geringelten Schlangenleibes auf der vertieften Fläche der Platte. 

Der 4 m weite, im halben Achteck ausgebaute Chor ist mit einem spät- 
gothischen Netzgewölbe überspannt, das 3 Schlusssteine mit Wappen.schilden auf- 
weist. Der grössere Schlussstein ist unregelmässig sechseckig, der Schild ohne 
Zeichen ; die beiden andern Schlusssteine sind rund und trägt der eine ein Doppel- 
kreuz •+* als Steinmetzzeichen. Die Kreuzungen der Gewölbestrangen sind bunt 

bemalt, die Gewölbefelder weiss im Putzton gelassen und mit gelb und schwarz ge- 
färbtem AstA^erk und Blätter bemalt. Die 3 Fenster haben Fischblasenmaasswerk 
und helle Butzenscheiben. 

Ueber dem Chorbogen steht die Jahreszahl einer Renovation des Chores: 1603. 

Die kleine Sacristeithüre ist mit einem horizontalen Sturze überdeckt, der mit 
eigenthümlichem, frühromanischem Bildwerk verziert ist (vgl. Fig. 8). 



1774J 



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AMT VIIXINGEN. 



PFAFFENWEILER. 



8l 



lissfnrnclDddi' y in lrtfr3f]i 



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-^x..^l • ^-^^ 






Ft'^. g. Peter Zell. Lisenenquader , 

Die Mauern des Baues sind aus Bruchsteinen hergestellt, die zum Theil mit Putz 
überzogen sind. Beim Abschluss des Langhauses finden sich nahe beim Dachgesimse 
zwei Quadern mit verziertem Spiegel nach obenstehender Zeichnung (vgl. Fig. g). 

Das hohe Alter, das gewöhnlich dem Baue beigemessen wird, ist nicht aus 
dem Werke selbst abzuleiten, denn was über dem Boden steht, ist mit Ausnahme 
der angeführten drei eigenthümlich verzierten Werkstücke, neuem Datums. 

Es ist möglich, dass der jetzige Bau auf den Fundamenten eines frühern 
Heiligthumes ruht, und dass die fraglichen 3 Steine jenem angehörten, sie könnten 
aber ebensogut z. B. von S. Georgen hierher verschleppt worden sein. (D,) 

Die hohlprofilirten Rippen des Gewölbes ruhen auf Consolen oder entsteigen 
ohne solche den Wänden. An der Evangelienseite eine kleine gothische Nische, 
das ehemalige Sacramentshaus. 

An der Südseite angebaut eine kleine S a c r i s t e i , niedriges Tonnengewölbe 
mit einem zweitheiligen frühgothischen Fenster. 

Auf der Bühne sieht man noch ein kleines romanisches Fensterchen, nur 
eine Art Mauerschlitz. 

Die Mauerschlitze des Thurmes {Schiessscharten für Pfeile) und die Anlage 
des Kirchhofes lassen auf ehemalige Befestigung schliessen. 

Ueber zwei alte Bilder, welche 1624 aus Peterzell weggenommen wurden, 
s. Mone Ztschr. III 15. Qs. II 167. 



Sacramentshaus 
Sacristei 



Befestig;ung 



PFAFFENWEILER 

Kirche, Nur die als Chor dienende quadratische Thurmhalle ist alt. Sie hat 
ein spätgothisches Kreuzgewölbe auf abgeschrägten Rippen, welche auf Eckconsolen 
aufsitzen; geblümter Schlussstein. Einfache gothische Fenster ohne Maasswerk. 



1775] 



Kirche 



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02 KREIS VILLINGEN. 

Gem&ide Ucber dem Triumphbogen geringes Barock gemälde, Trinität und 

Krönung der hl. Jungfrau darstellend. 
^-*™P« Ewige Lampe aus S. Georgen, von welcher Abtei die Kirche früher ab- 

hing: barocke und spätgothische Formen des Ornaments durcheinandergeworfen, 
Kirchengerädie ßroncemedaillons mit Heiligenfiguren (17. Jh.). — Zwei Messkän neben mit 

etc. 

Teller, sehr hübsche Messing-Barockarbeiten des 17. — 18. Jhs., vergoldet. — Drei 
vergoldete silberne Kelche, sehr gute Barockarbeit. — Zwei Pyramidalleuchter, 
zugleich als Reliquiarien dienend, geringe barocke Holzsculptur des 18. Jhs. — 
Vier Altarleuchter aus Holz, barock. — Ein Reliquienostensorium, dsgl. 
barock. 

ROGGENBACH 

Gm. Unterkimach. 
Kirche s. Unterkimach. 



S. GEORGEN 

Litteratur Ehemalige Benedüttner- Abtei, 

A. Die Notitia fundationis des Klosters S. Georgen auf dem Schwarzwalde, 
herausgeg. von Bader bei Mone Ztschr. IX 192 — 225. — SS. XV, 2, 1002. Vgl. 
zu ders. Henking Gebhard HI von Constanz S. 27. — F ick er Urkundenlehre 

I 91. — Roth von Schreckenstein Ueber die Notitia fundationis des Kl. 
S. Georgen u. s. f. (Ztschr. f. Gesch. d. Oberrh. XXXVII 338—384). — Schulte 
in Ztschr. f. Gesch. d. Oberrh. 1889, 251. —- Vita b. Theogeri MG. SS. XII 
450. — Annal. S. Georgii MG. SS. XVII 297. — Lenz, Beruh. S. Georger 
Jahrbücher, Ms. c. 1780, 16 Bd. Fol. — Georg Gaisser's Tagebücher bei 
Mone Qs. II 159 — 52.8. — Nekrologien 1802 — 18 13, herausg. von P. Gams, 
mit Zusätzen von Zell und König (Freib. Diöc.-Arch. XIII 237 ff.) — 
Zimmer*sche Chronik* I 22 — 65. ^^- 7^- QO- 93» 94- ^I 59^ u. ö. (s. u.). 

B. Gründlicher Bericht Von dem Uralten desz Hl. Rom. Reichs Gotts- 
hauss St. Georgen auff dem Seh wartz- Wald. Gedr. i. J. 1714.4°. — Breuninger, 
F. W. Föns Danubii prima et naturalis, Tüb. 171 9. — Gerbert Hsn. I 128 — 191. 

II 59. 159. 360. 431. 541. III No. 29. 48. 150. 206. 225. 343. 344. — Ders. 
It. Alem. 307. — Gallia christiana V 1000 f. — Schön stein, J. B. Kurze 
Geschichte des Kl. S. Georgen, Einsiedeln 1824. — Martini, E. Chr. Gesch. 
d. Kl. S. Georgen, Villingen 1859. — Rothenhäusler, Konr. Die Abteien 
und Stifte des Herzogthums Württemberg im Zeitalter der Reformation, Stuttg. 
1886. S. 166—177. — Bader S. Georgen auf dem Walde (Badenia, 1844, ^ 
209). — Mezler Monum. hist.-monast. Die Äbte von S. Georgen, herausg. von 
J. G. Mayer (Freib. Diöc.-Arch. XV 237—249). 

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AMT VILLINGEN. — S. GEORGEN. 83 

Die Hauptquelle für die Geschichte des Klosters ist die Notitia fundationis, Allgemein« 
aus welcher bereits Crusius (Ann. Suev. II, libr. II c 3) und ihm folgend 
F. Petrus (Suevia ecclesiast. S. 349) einige Blätter abgedruckt hatten und deren 
hoher Werth allseitig anerkannt ist, wenn auch einzelne Theile den darin erwähnten 
Vorgängen nicht völlig gleichzeitig, sondern vielleicht erst nach Verlauf von Jahrzehnten 
redigirt worden sind (v. Schrecken stein a. a. O. S. 339.) Danach stiftete 
ein Dominus Hezelo in Verbindung mit Hesso, der als homo curialis bezeichnet wird, 
in jener villa VValda ein Monasteriolum. Dass darunter nicht, wie ältere Historiker 
(Gerbert, Neugart, Kolb) und das Wirtb. Urkdb. II 12 annahmen, die 
Burg Waldau zu denken ist, hat Bader (Ztschr. IX 194 f.) festgestellt, welcher 
das heutige Königseckwald bei Hosskirch an der Strasse von Aishausen nach 
Osterach, im alten Eritgau, welchen das alshausische Grafengeschlecht erblich ver- 
waltete, ermittelt hat. Als Gründungsjahr wird 1083 angegeben. Schon sehr bald 
überzeugte man sich, dass Walda zu einer klösterlichen Niederlassung ungeeignet sei 
und übertnig dieselbe in die Baar, wo Hezelo und Hesso in der rauhen Wald- 
gegend zwischen dem Bergrücken , der sich vom Kesselberg gegen Osten zieht, 
auf den Höhen gen Marienzeil hin und dem Hauptgebirgszug des Hochwaldes 
und Rossberges (*monticulum , .sagt die Notitia, arborum densitate consitum 
et horrore sylvatico squalidum, ubi nondum fuerat vel unum domicilium') ein neues 
Kloster bauten (1084), dessen Kapelle im folgenden Jahre durch B. Gebhard von 
Konstanz eingeweiht wurde (Vgl. Ladewig Regg. Kpp. Const. No. 528. 
Henking a. a. O. 26 f.). Die Weihe fand in Gegenwart des Abts Wilhelm von 
Hirsau am 24. Juli statt. Bei der feierlichen Verkündigung der von Rom genehmigten 
Verpflanzung des Klosters Walda mit allem Zubehör nach S. Georgen und einer 
neuen Schenkung der Gründer wohnten Gebhard und Wilhelm v. Hirsau ebenfalls 
bei (Ladewig No. 530). (1086, Apr. 18). Im J. 1090, Nov. 30 weihte Gebhard 
einen S. Johannisaltar im Kloster S. Georgen (Lad ewig No. 550). Ueber An- 
feindungen des Klosters durch die Einwohner von Aasen 1092 — 96 vgl. FU. V 
No. 70. Es wird päpstlicherseits in Schutz genommen (eb. No. 'ji, 91. 93), auch 
im 12. Jh. durch Alexander III 1179 (Neugart Cod. dipl. II 105) und P. Lucius III 
II 83 (eb. II iio) bestätigt, wobei unter den Besitzungen auch die Cella Warysvilla 
und die Cella S. Marci, gestiftet von dem Pfarrer Semannus, in Gebwciler 1105, 
(vgl. Kraus Kunst u. Alterth. in EL. II 433) erwähnt werden. Auch königliche 
Bestätigungen werden aufgeführt (Privileg Heinrichs V 11 08, Gerbert, Hsn. 
III No. 29; Rudolfs 1282, eb. No. 150, Karls IV eb. No. 225). Im J. 1224, Oct. 21, 
brannte das Kloster ab (Ann. S. Georgii , MG. SS. XVII 297; Neugart 
a. a. O. II 425. FU. I No. 257), 1225 gab der Cardinal Konrad dem Abt und Convent 
die Erlaubniss, die Einkünfte der Kirchen, in denen ihnen das Patronatsrecht zu- 
stand, drei Jahre lang zu Gunsten des Neubaues zu verwenden. Diesem Baue 
des 13. Jhs. dürften die wenigen Reste von Architekturstücken angehören, welche 
sich noch erhalten haben (s. u.). Im J. 1231 schenkt Egino Graf von Urach und 
Freiburg dem Kloster einen Acker in Lydringen, aus dessen Ertrag fiant oblatae 
ad salutares hostias corporis Domini consecrandas (Neugart a. a. O. II 163). 
Von einer Stiftung ewiger Lampen erfahren wir 1282 (FU. V No. 223), bei 

6* 
[777] 

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. I 



84 KREtS VILLIKÖEN. 

welcher Gelegenheit von Altären erwähnt werden : publicum altare, S. Crucis 
et beatae Virginis, und S. Michaelis. Die Familie von Burgberg baute 1296 
eine Kapelle zu Ehren Aller Heiligen und der Gottesmutter (Martini, S. 1 10), 
welche im folgenden Jahre geweiht wurde (vgl. oben S. yz). . Sie lag nahe dem 
Kapitelsaal der Conversi und ging in den Kreuzgang der grossen Kirche. Ein zweiter 
unbedeutender Klosterbrand fand 1328 statt, worauf eine neue Einweihung der rasch 
restaurirten Kirche am 12. Oct. vorgenommen wurde: sie betraf das Kloster mit 
vier Kapellen, Kreuzgang und Kirchhof. Die vier Kapellen waren genannt: 
S. Magdalenen, der elftausend Jungfrauen, S. Stephanus, S. Bernhard und Wilhelm. 
Das Kloster war Begräbnissstätte der Familie von Falkenstein, welche ihr 
Schloss bei Schramberg besass und auch in der Baar ansässig war (Gerbert, 
Hsn. I 209. II 59) und die Schirmvogtei, anfänglich allein, seit 1449 ^^ Württem- 
berg gemeinsam inne hatte. Vor dem Ansturm des Bauernkrieges blieb S. Georgen 
noch bewahrt, aber im J. 1536 verwandelte der Herzog Ulrich von Württemberg 
seine Schirmvogtei in eine Territorialherrschaft : die Mönchje wurden am 6. Jan. 
des genannten Jahres mit Waffengewalt aus ihrer Abtei vertrieben, nachdem sie sich 
geweigert hatten, die lutherische Reformation anzunehmen. Der Abt zog sich nach 
Villingen zurück, wo der Convent 1690 ein neues S. Georgenkloster gründete 
(s. u. Art. Villingen) ; in dem alten S. Georgskloster setzte Württemberg lutherische 
Äbte ein (über den Process der Abtei mit Württemberg 1627 s. Gerb er t, 
Hsn. III No. 343. 344), bis 1806 das Klosteramt völlig aufgehoben wurde. Ein 
grosser Brand verzehrte 1865 die Kirche und einen Theil des Dorfes; das Kloster 
war bereits im 30J. Kriege (1635) ein Raub der Flammen geworden (Mezler 
a. a. O. S. 246). 
Baugeschichte Der erste Bau von S. Georgen war, wie die Notitia c. 11 ausdrücklich 

bezeugt, ein Holzbau : es kamen, heisst es, die von dem Abt gesandten Brüder im 
Juni 1084 in jene noch völlig wilde Berggegend, welche sie erst anbauten: *qui 
omnes destruxerunt et dissipaverunt et plantaverunt factisque aliquot casis, ubi 
interim repausarent, statim ligneam condiderunt capellam et claustrum qualecunque 
ei adiacens , placuitque ipsis, eundem locum cognominare cellam s. Georgii, eo 
quod aliis sanctis ibi ipse praehaberetur. Quod ipse quoque dominus abbas fieri 
iussit'. Solche Holzkirchen, wie sie der für die Benedictiner-Stiftungen charakte- 
ristische Bericht schildert, waren in ganz Süddeutschland üblich, da dies sich da- 
mals, wo die Rheinlande und auch Sachsen sich bereits mächtig erhoben, fast noch 
in einem Urzustände befand. Noch um die Mitte des 1 1 . Jhs. fand der hl. Alt- 
mann, auf den Bischofsstuhl von Passau berufen, fast nur Holzkirchen in seinem 
Sprengel (Schnaase Gesch. d. b. K. IV, 2, 403. Rahn, Gesch. d. b. K. i. d. 
Schweiz S. 181). Nach den S. Georger 'Jahrbüchern' (p. 17) hätte bereits Abt 
Theoger 1096 an die Stelle dieses Holzbaues einen Steinbau gesetzt: er begann nach 
dieser Quelle einen neuen Klosterbau und Unsere Liebfrauenkirch in Form eines 
Kreuzes, 'führte einen breiten und weiten Bau mit nothwendigen Gemächern und 
Gewölben auf, die mit schönen Gewölben geziert wurden'. 

Martini gibt Beil. 3 einen Grundriss der ehemaligen Klostergebäulichkeiten, 
welchen der Accisor Gottfried Schlegel gezeichnet: derselbe kannte 'die Lage der 

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AMT VILLINGEN. — S. GEORGEN. 85 

Fundamente aus eigner Anschauung bei früheren Aufgrabungen und Wegräumungen'. 
Es ergibt sich daraus folgendes 'Bild der Gebäulichkeiten, wie sie etwa im Jahre 
1530 gewesen sein mögen* (S. 112 — 114). 

'Der ganze Klosterraum bildete ein unregelmässiges Viereck, dessen Nordseite 
mit der Küche 515 bad. Fuss misst; an der Südseite hatte die Umfassungsmauer 
600'; auf der Ostseite 360'; wobei die Breite der Kirche nicht mitgerechnet ist; 
auf der Westseite hat sie 336'. Einzelne Stücke dieser Umfassungsmauer sind noch 
erhalten. Die Küche zu U. L. Frau, welche die eine Hälfte der nördlichen Seite 
bis zu dem Hauptthor einnahm, war 240' lang, das Schiff war 48 und das Chor 
33' breit, mit einem schönen, hohen Haupt- und zwei Nebenthürmen, einer kleinen 
Kapelle links von dem vordem Ein gange, in welcher Abt Georg I. von Ast begraben 
1^ (t 1 505)', 'auf dessen Grabstein sein Bild mit beigesetztem Wappen , darinnen 
er einen Karpfen führt , eingehauen ist' und dessen Inschrift Breuninger 
(368 f.) also las: Urbani Pape AO. Domini Z. J. Z. Y. Z. O. Z. U. Rever. in 
XO Dom. GeorgiusdeAsthAbbas hujusCoenobii inceptor Observ. 
etc. Die Kirche hatte 10 Altäre, worunter zwei des Petrus und Paulus, derjenige 
des Begräbnisses des Herrn, der Kreuzaltar, derjenige der hl. Katharina genannt 
werden und das Grabmal (dormitorium) der beiden Stifter im Chor. (Der Altar der 
hl. Katharina war von Falkenstein gegründet. Ein Hof zu Dürrheim gehörte dem 
Altar nostrae Virginis. 1326 wird eine Stiftung für den Altar der hl. Magdalena 
gemacht u. s. f.) Hinter der Kirche ausser der Mauer war ein grösserer Kirch- 
hof, zu welchem von der Peterzeller Strasse her das 'schwarze Thor' führte. 
Innerhalb der Mauer befand sich des Klosters Kirchhof mit der Kapelle S. Michael'. 

*Noch ist zu bemerken, dass das Modell des Hauptthurmes übrig ist imd in der 
Laurentiuskirche bei dem Altarschnitz werk steht, das aus der Liebfrauenkirche dorthin 
gerettet wurde [jetzt im Pfarrhaus]. Die Kirche hatte vier Eingänge. An sie stiess, 
verbunden durch den Kreuzgang und die Sacristei, des Abts Wohnung mit der 
unterirdischen Kapelle des hl. Benedict; ebenfalls in der Prälatur unter des 
Abts Stube, mit dem Ausgang in den Kreuzgang, lag die Kapelle Allerheiligen 
mit dem Begräbniss der Herren von Burgberg. Sodann kam die 'obere Kapelle', 
auch in der Prälatur, mit einem Altare und das in diesem Gebäude befindliche 
Gewölbe. Die Kapelle der hl. Maria mit drei Altären war vielleicht am Ende 
des jetzt sog. Kastens, wo das kleine Pfarrgärtlein sich befindet. Ueber die Lage 
der Kapellen der hh. Wolfgang und N i c o 1 a u s kann nichts mehr bestimmt 
werden.' 

'An die Prälatur schloss sich dasjenige Gebäude, welches jetzt noch, wenigstens 
theilweise, vorhanden ist imd sehr wahrscheinlich das Refectorium mit schönen 
Kellerräumen enthielt, später in einen Fruchtspeicher verwandelt wurde und jetzt 
noch der 'Kasten' genannt wird. In der südlichen Ecke waren vielleicht die Zellen 
der Mönche; und weiter westlich die Oekonomiegebäude.' 

'Vom Baustil ist, da es an jeglicher Abbildung mangelt, nichts mehr zu er- 
kennen. Bei den Ueberresten der Kirche lassen sich die mancherlei Reparaturen, 
die nach den Bränden nöthig wurden, an verschiedenen Stellen noch beobachten. 
Weiter ist zu bemerken, dass in einer Ecke des Raumes, der früher zur Sacristei 

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^ 



86 



KREIS VILLINGEN. 



Spitol 



Hniderhaus 



S. Wendels- 
kapelle 
Iletdenstein 



diente, in einem kaminartigen Behälter ein aufrechtstehendes Skelett bei Aufräum- 
ung des Saales gefunden wurde (wenn nicht eine Reliquie, so ohne Zweifel die 
Ueberreste eines Inclusus [KJ). Die Umfassungsmauer hatte ein Hauptthor, das in 
den 'Klostervorhof führte, der durch Gebäude eingeschlossen, wiederum zwei Thore 
hatte, das *kleine Thor' beim Adler und das 'grosse^ bei der Badstub des Chirurgen. 
Ebenfalls führten noch drei kleinere Pförtlein, zwei auf der südlichen, eines auf der 
nördlichen Seite aus dem Kloster hinaus.' 

Verschiedene Nachrichten über einzelne Details gibt die Zimmer*sche 
Chronik* I 137 btr. eines Glasfensters : 'man findt im closter zu S. Jergen in 
unser Frawen Ca pellen ein Glasfenster, darin Haidegk das Wappen, SchiU 
und Helm bei Zimbem und Monhaim, doch on geschrift^ gestanden, under welchen 
dreien Wappen Zimbem das mittelst, als ob Herr Johanns von Zimbern erstlichst 
fraw Anna Gräfin von Monhaim gehabt, nachmals mit ainer Freifrawen von Hai- 
degk sich vermehlet het' u. s. f. — I 186 btr. des Erbbegräbnisses der 
Zimmern: 'domals [1508], als die freiherren von Zimbem inen, auch iren 
Nachkommen die üegrepnuss zu S. Georgen erwellt, do haben sie ain aigne 
Capellen in ziemlicher Grösse hinter das Münster gebawen und die in unser 
lieben Frawen ehr weihen lassen. Mitten im Cor haben sie ain gehawen sarch 
ufgericht, darauf ain Wappen steet.' Im 16. Jh. zerfiel dann nach dem Kloster- 
brand diese Grabstätte, und die Herrschaft wählte sich ihr Grab zu Messkirch 
(eb. 187). — I 98 btr. eines Messbuches: *von den übrigen dreien Gebrüdem 
findt man im Closter zu S. Jergen und zu Herrenzimbern in aim seer alten 
Messbuoch u. s. f.' — 

Vgl. weiter eb. I 185 über den viermaligen Brand des Klosters 
(1234, 1338, 1391, 1474), und den Untergang der 'Verzeichnisse' bei diesen 
Bränden (I 68. 74); weiter btr. des Zimmernschen Begräbnisses und der 
einzelnen hier beigesetzten Mitglieder des Hauses eb. I 63. 66. 89. H. 90. 164. 
168. 185. 186. 190. 

Die Glocken der alten Kirche gingen bei dem französischen Successionskriege 
1703 — 1704 zu Gmnde Martini S. 247). 

Von ausserhalb gelegenen Gebäuden sind zu erwähnen : 

Die Laurentiuskirche (s. u.). 

Das Spital auf dem Spittelberge, gestiftet durch Abt Ulrich I, Herzog von 
Teck (1307 — 1333) und seine zwei Brüder, über dessen Untergang nichts Näheres 
bekannt ist. 

Das Bruderhaus, Va Stunde östlich gelegen, eine feste Kapelle, von einem 
Graben umgeben, über den eine Zugbrücke führte. Auch sie ist verschwunden und 
es steht ein Bauernhaus an ihrer Stelle (Martini 115). 

Die S. Wendelskapelle, i Stunde südwestlich, ehemals Wallfahrtsort. 

Den von Gaisser einigemal erwähnten *Heidenstein' (*ego ... ad rudera 
templi s. Wendelini abeo atque eodem sicuti et acervo lapidum quem incolae *den 
heidnischen Stein' vocant bene perlustrato etc. Mone Qs. H 329') hat Martini 
(Vorrede) besucht; er fand nur einen grossen, etwa 12' h. 9' br. mit einem alten 
3' h. eisemen Kreuz belegten Felsen. Vgl. Riezler FU. IV 295. 



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i 



AMT VILLINGEN. — S. GEORGEN. 



87 




Fig, 10. S. Georgen. Pfeilerslrunk aus der ehern, frühromanischen Kirche. 

Jetzt ist von der alten Abtei nichts mehr übrig, als elende Reste der einst Erhaltene Reste 
sie umfassenden Ringmauer und einige Sculptur- und Inschriftenreste. Einige 
Bilder und Statuen sollen im Uebrigen vor etlichen Jahrzehnten nach Rottweil 
verbracht worden sein, wo sie in die Sammlung des Stadtpfarrers Dr. Dursch 
gelangten. 

Am Schulhause ist ein Grabstein eingelassen, ohne Inschrift, mit eingravirter 
grosser Lilie, welche die Stelle des Kreuzes einnimmt (wol noch 13. Jh.). In der 
Nähe ein Fragment mit ähnlichem Ornament, am Rande Reste einer Inschrift, 
wol noch des 12. Jhs.: V-fc • «O*' Q^' I/B'- v 

Das Ornament besteht aus einer Art Akanthusblume. Ein anderes Bruchstück 
zeigt die Buchstaben . . . 

F M D9 

Im Garten der Gewerbehalle ein eigen thümlich er, frühromanischer Pfeilerstrunk 
mit vier gewundenen, gekuppelten Säulchen und Würfelcapitels (Flechtwerk an dem- 
selben) aus rothem Sandstein, noch Rest des romanischen Baues des 13. Jhs. 
(Fig. 10.) 



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88 KREIS VILLINGEN. 

Der Gcwerbehalle gegenüber stehen noch Reste der Klostergartenmauer 
mit gutem Buckelwerk. 

Im Gebäude der Kunstgewerbeausstellung sind drei steinerne Medaillons mit 
Apostelköpfen, zum Theil beschädigt, aufbewahrt, welche dem ehemaligen Kloster- 
gebäude angehört haben sollen. 

Im Garten des Gebäudes der gut gearbeitete Torso eines heiligen Andreas 
aus Sandstein gemeisselt, die untere Hälfte des sog. Andreaskreuzes in der Hand 
haltend. (D.) 

Ein kürzlich geftmdener (mittelalterlicher?) Schlüssel wurde an die Villinger 
Sammlung abgeliefert. 

Decan Ledderhose in Sulz bei Lahr soll ein aus dem Kloster stammendes 
Relief mit Darstellung der Kirche oder der Abtei besitzen. 

Ausgrabungen auf dem Terrain der Abtei dürften allem Anschein nach lohnend 
sein und voraussichtlich noch weitere Reste des romanischen Baues zu Tage fördern. 
Pfarrhaus Das ehemalige Pfarrhaus, früher Domänenverwaltung und vorher Württem- 

bergisches Amtshaus, hat eine Eingangsthüre mit breitern Korbbogen, den über- 
greifendes Astwerk ziert. An einem Gartenrain sieht man das Württembergische 
Wappen mit der Inschrift: 

OVärentI qVIs naM häC repararIt 

teCta reCense: 
präfeCtVs saVLLer soLLICIta 

DAT OPVs. 

(Also 1730.) 
Abtei-Wappen *Am Gebäude der Kunstgewerbeausstellung ist eine hübsch gearbeitete, steinerne 

Wappen tafel der Abtei eingemauert. Der vierfelderige Schild ist mit einem springen- 
den Hirsch und zwei Stechhelmen mit omamentalen Helmzieren bekrönt. Die vier 
Felder führen drei Geweihstangen, Rauten, eine fliegende Fahne mit dem Reichsadler 
und zwei Fische. In der linken Ecke der Steintafel ist ein kleiner, schräg stehen- 
der Schild mit einem Kreuzbalken angebracht, die rechte Ecke ist verwittert.' (D,) 
Inschrift An der Gartenmauer des alten Pfarrhauses Inschrift (bei Martini S. 252): 

RELIGIONE FLORENTE 
AVSPICYS D. D^EBERHARDI.III. D:W: 

ADES HAS EXSTRVXIT. 
I : IACOB9 . ENSE^LIN^.NOT.PUBL.CVR 
ATOR . HVIVS . COENOBY ANO . ÄRA . 
dionysTa'na . ivT. DC . LXVI . 



QVEM TEC Vw Q : ADES . CAPIENT . ////// (liae) 

^ PROsIpERA . CAPTEP^ (?) 

OMNIA.SED. VOTIS . IN. VIGILA. 

AYTOC . E*A 

An der Seite X 

Nach dem Hof zwei spätgothische Thüren. 

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AMT VILLINGEN. — S. GEORGEN. 89 

Ehemaliges Farslhaus, jetzt Schulhaus, mit Württembergischem Wap- Schuihau» 
pen. W. II 1726. 

In dem jetzigen evangel. Pfarrhause Reste eines Flügelaltars aus der Aitaireste 
alten Klosterkirche; beiderseitig bemalte Holztafeln. Auf der Vorderseite Erz- 
engel Michael mit einer einen Pfeil tragenden Heiligen; Michael hält die Seelen- 
waage in der Hand. Auf der Rückseite Geburt des Herrn mit musicirenden 
Hirten und von Noten singenden Engeln. Erträgliches Werk des i6. Jhs., von 
einem von oben nach unten gehenden Riss der Holztafel abgesehen, gut erhalten, 
besonders in den Farben. Schwäbische Schule (vgl. oben S. 85). 

Evangelische Kirche, moderner Bau. Ihr Thurm ist der Thurm der alten Evang. Kirche 
Friedhofskapelle, vierstöckig, mit Satteldach, Wendeltreppe. Gothische Thüre 
und spätgothische zweigetheilte Fenster mit Maasswerk. Die Kirche war als Lau- 
rentiuskirche schon vor 1340 im Gebrauche, wo ihr B. Nikolaus von Konstanz 
Indulgenzen ertheilte. Sie diente als Pfarrkirche für Brigach und Oberkimach, 
1501 erhielt sie vom Vogtgericht ein ewiges Licht. Nach dem dreissigjähr. Krieg 
würde sie baufällig (vgl. Martini S. 114. 245 f.). Im Jahr 1680 ist der Thurm 
völlig restaurirt worden, wie das die an der Südseite eingemeisselte Inschrift (un- 
correct bei Martini S. 246) kund gibt. 

ABBATE . DN . SAM VELE . GERLACHIO . OPE . ET 

CONSILIO.DN.SVPERINTEDENTIS.M.IOH.CASP. 

BALDENHOFERI . SVB . INSPECTIONE . CVRATORIS . 

COENOBIJ . DN . GEORG . HENRICI . SCHICKARDI . ANTI 

STITE . ECCLESIÄ . M . MICH .WALZIO . RVINOSA . MODO . 

TVrRIS.HäC.FVNDITVS.RESTAURATA.ET.AD.CO 

RONIDEM . PERDVCTA . ANNO . MDCLXXX . AVT NKIEIMO 

\ 6 8 ^ - 

R ^785 V 

Vor der Kirche eine Anzahl Epitaphien am Boden (17.— 18. Jh.). 

Auf der Bühne fünf spätgothische Holzstatuen in Lebensgrösse , deren Hoiacuipturen 
Polychromirung erneuert ist: i) hl. Georg mit dem Drachen und einer Kirche; 
2) ein hl. Diakon mit Buch; 3) Madonna mit Kind und Krone, auf dem Halb- 
mond; 4) weibliche Heilige mit Krone und Buch; 5) weibliche Heilige mit Krone, 
Schwert und Buch. Gute Sculpturen des ausgehenden 15. Jhs. 

An den Gewänden der Spitzbogenthüren des Thurmes die Steinmetzzeichen "f- 'T . 

Weitere Restaurationen der Kirche erfolgten 1725, 1728, 1822, 1856. 
Üeber die Kirchenuhr, welche 1681 in dem S. Lorenzithurm vorgefunden wurde, Uhr 

s. Martini, S. 250. Eb. 250 f. betr. zweier Kelche, einen kleinem mit der Kelche 
Inschrift : hü/ Got . cunratte Kammern . im rorbach und eine andere mit Dedi- 
cation vom Jahre 17 14. 

Spitalgebäude, *Am Spitalgebäude ist das steinerne Thürgestell bemerkens- Spitai 
werth. Die Gewände sind mit gothischem sich durchdringendem Stabwerk verziert, 
die Basen der Stäbe zeigen die bekannten Kerbschnitte , der Sturz die Form 

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90 



KREIS VILLINGEN. 



Rathhaus 



Brunnen 



eines im Scheitel geknickten Flachbogens. Bemerkenswerth ist auch das einfache 
Vestibül mit seinen Holzsäulen und Ständern mit geschnitzten Sattelhölzem/ (D,) 

Rathhaus, Das alte Rathhaus, in seinem untern Stockwerke aus Sandstein- 
quadem geschichtet, zeigt im Schlussstein des einen Rundbogen thores einen Wappen- 
schild mit zwei Feldern. Das obere trägt den Buchstaben • W % das untere die 
Jahreszahl \726 und die drei württembergischen Hirschgeweihstangen'. (D,) 

Brunnen, *In der Nähe der beiden vorgenannten Bauten em niedlicher, in 
einzelnen Theilen restaurirter, öffentlicher Brunnen mit achteckigem Trog, granitenem, 
schmucklosem Standsäulchen und auf diesem ein 60 cm hohes, barockes Sandstein- 
figürchen, den hl. Georg in Rüstung mit Helm auf dem Kopfe, den Drachen tödtend 
darstellend. An der Plinthe die Jahreszahl 1750 und die Namen Joa. Dreher. 
Ruz . Das Wasser läuft aus eisernen Röhren, die auf hübschen barocken Schmied- 
eisenstützen ruhen.' (D.) 



SINKINGEN 

(Gm. Fischbach) 

Rom. Reite Römisckc Rcstc, Auf der Gemarkung Sinkingen , im sog. *Bubenholz' (bei 

dem Signalzeichen der grossen topogr. Karte von 1849) wurden um 1881 Spuren 
einer römischen Niederlassung ('tegulae und imbrices') gefunden. Die örtliche 
Tradition spricht von einem hier gestandenen S ch 1 ö s s ch e n , von welchem urkdl. 
nichts bekannt ist. Vgl. Roder, Sehr. d. Ver. in Donauesch. IV 213 und vgl. 
Villingen unter 4. 

Der Ort hatte früher seinen eigenen Adel, die vielfach auch zu Villingen 
bürgerlichen Münzer von Sinkingen, urkdl. gen. seit dem 14. Jh. (R,) 

Privathaus Haus des Bonifaz Hall, der ganz zopfigen Kapelle gegenüber gelegen, ein 

ehemals Alpirsbachischer Hof. Zwei gothische Spitzbogenportale (wol noch 16. Jh.). 
Ueber dem mit übergreifendem Stabwerk gezierten Haupteingang das Wappen der 
Abtei (Kreuz im Felde) mit der Inschrift MONASTERY • ALPP€RSBAC/^ä; 

■jT 7M,OQ, also 1509. An den Ecken des Hauses noch Buckel quadern ; 

über einer zweiten Thüre grotesker Kopf in die Mauer eingelassen. 
Glocke Eine Glocke vom J. 1520 mit dem Wappen der Herren von Sinkingen 

(der Schild von drei Ringen belegt, oben zwei, unten einer, in jedem ein Adler) 
wurde 1881 zu Villingen umgegossen. 



UNTER-KIRNACH 



Rom. Reste Römtschc Rcste, Ein Stück gepflasterter römischer Landstrasse, in der Nähe 

des Bahnliöfs von Kirnach gefunden (?), wird von Schnars Neuester Schwarzwald- 
führer I 155 (1876) erwähnt. 
Kirche Kirchc. Bau vom J. 1715. Leidliches Chorgestühl des 18. Jhs. aus einem 

Villinger Kloster. 



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AMT VILLINGEN. — ÜBERAUCHEN. gi 

Roggenbacht^ches Schloss. *Ein 70 m sich erhebender, einen Ausläufer des ScWo» 
Schlegelbergs bildender Hügel östlich hinter dem Dorfe Unter-Kimach führt den 
Namen Schlossberg. Der östliche, oben nach drei Seiten steil abfallende Theil des- 
selben ist da, wo er aus dem Berge hervortritt, durch einen 4 m tiefen, aus dem 
Felsen gebrochenen, jetzt zum Theil verschütteten Quergraben oben abgetrennt; 
er bildet ein Icingliches Rechteck von 74 Schritt Länge und 30 Schritt Breite 
und ist ganz bedeckt mit Bausteinen. G^g^n den Graben hin befindet sich ein 
etwa 4 m hoher Schutthügel. Alles das lässt sich als Rest einer ehemaligen, 
nicht sehr grossen Burg erkennen*. ^Versuchen wir es, aus den vorhandenen Trümmern 
uns das Bild dieser Burg zu vergegenwärtigen, so ergibt sich folgendes : vom gegen 
das Thal zu stand ein Gebäude, das durch eine in der Richtung der Längenachse 
gehende Mauer in zwei Theile getheilt war. Das Hauptgebäude und von jenem 
durch einen 40 Schritt langen Hof geschieden, war ein Geviertthurm, der den ganzen 
westlichen Raum bis zum Graben einnahm und dessen Seiten je 14 m betrugen. 
Das Ganze umschloss eine Umfassungsmauer, deren Spuren über den Steilwänden 
des Hügels noch sichtbar sind'. *Diese Burg, die sich merkwürdiger Weise nirgends 
urkundlich erwähnt findet, gehörte offenbar, wne die nächste Umgegend, zum Besitz 
des Zähringischen Ministerialengeschlechts der Herren von Roggenbach. Siehe über 
diese: Schriften der Alterthums- und Geschichtsvereine zu Baden und Donau- 
eschingen H S. 187 — 200; die Urkunden verbessert herausgegeben im Fürstenb. 
Urkdb. an verschied. Orten; und Max Frei h. von Roggenbach: Chronik der 
freiherrl. Familie v. Roggenbach, Freiburg 1888. Nach dem Ableben des Wemher 
von Roggenbach zwischen 1 1 79 und 1 1 85 kamen dessen Besitzungen hier schenk- 
weise an das Kloster Tannenbach, welches dieselben 1506 an die Stadt Villingen 
verkaufte. Von der Burg standen noch in den 1830er Jahren Mauern, die bis dahin 
als Steinbruch gedient hatten. Die unteren zwei Stockwerke des mit Mauerschlitzen 
versehenen Thurmes wurden am Ende der 1820er Jahre, von Privaten abgetragen 
und die Steine zum Bau der abgebrannten Sägmühle in Unter -Kirnach ver- 
wendet'. (R.) 

ÜBERAUCHEN 

*Bis in das vorige Jahrhundert stand am rechten Ufer der Brigach bei der 
Brücke ein von einem Graben umgebener Turm, der Ententhurm, genannt als Entemhurm 
solcher noch 1704 (Schriften des Vereins für Gesch. etc. zu Donaueschingen IV 
S. 148). Fundamente sind noch jetzt vorhanden, doch ist der Platz eingeebnet. 
Auch ein Wohnhaus und Oekonomiegebäude müssen früher mit demselben verbunden 
gewesen sein. Wann und von wem dieses Schlösschen erbaut wurde, ist nicht 
bekannt. In den ersten Decennien des 15. Jahrhunderts besass es Hans von Eb- 
gottingen (Ewattingen), dessen Wittwe Ursel Münsserin das Haus mit Graben und 
einigen dazu gehörigen Grundstücken an die von Kirneck verkaufte, von diesen 
erwarb es 1445 "^^ 14^ ß- käuflich die Stadt Villingen. Urkundlich erwähnt wird 
das 'slossli' noch 1470 und 1477.' (R,J 

[78s] 

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92 



KREIS VILLINGEN. 





Flg. 11. VilUnger Stadtsiegel, 



VILLINGEN 



I. QUELLEN. 

Litteratur A. Handschriftliche Quellen zur Geschichte der Stadt: 

L Archivalien in VILLINGEN, i) Das Stadtarchiv, sehr reichhaltig 
an Pergamenturkunden und Akten vom 12. Jahrhundert an, in mit Schubladen 
versehenen Schränken , befindet sicii — eine zeitweilige zwecklose Transferirung 
in das ehemalige Benedictinerkloster und dann in das jetzige Spital 1853 — 1882 
abgerechnet — seit Jahrhunderten im 'Gewölbe' d. i. im zweiten Stockwerk des 
nördlichen Münsterthurms. 2) Das viel kleinere Spitalarchiv, mit Urkunden 
seit dem 13. Jahrhundert, früher im Spital, ist jetzt ebenfalls im Gewölbe unter- 
gebracht. 3) Das Pfarr- oder Pfründenarchiv ebendaselbst. 4) Das kleine, 
aber wohlerhaltene Archiv der ehemaligen Clarissinnen und Dominicane- 
rinnen in feuersicherm Raum des jetzigen Ursulinerinstituts. Die Archivalien 
I bis 3) sind im Auftrage der Stadt durch Professor Dr. Roder, 4) durch Stud. 
E. Osiander neuerdings geordnet und repertorisirt worden. 

IL Das General-Landesarchiv in KARLSRUHE bewahrt seit den 1820er 
Jahren 1) das Archiv der ehemaligen Villinger Johanniterkommende , das sich bis 
dahin im Thurm der Johanniterkirche zu Villingen befand, nach der Aufhebung 
derselben aber (1805) als fast herrenlos vielfach verschleudert wurde, 2) das eben- 
falls sehr geschädigte Archiv des ehemaligen Benedictinerklosters St. Georgen (seit 
der Mitte des 16. Jhs. zu VilHngen). 

IIL Die Leopold-Sophienbibliothek zu ÜBERLINGEN besitzt den schrift- 
lichen Nachlass des 1833 zu Villingen, seiner Vaterstadt, verstorbenen Johann 
Georg Bened. Kefer, mehrere Jahre lang Professor der Theologie an der Uni- 
versität zu Freiburg i. Br. Von ihm sind viele die Geschichte Villingens betreffende 



[786J 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 93 

Urkundenauszüge und Notizen, chronikalische Berichte u. a. vorhanden. (Siehe 
Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar III. Heft, l88o, 

s. 72-74). 

B. Gedruckte Urkundensammlungen und chronikalische Berichte: 
Fürstenbergisches Urkundenbuch, I — VI, enthält iheils in Urkunden- 
abdrücken, theils in Regesten bis zum Jahr 150g alles geschichtliche Material (auch 
aus den Villinger Archiven), was die Stadt Villingen unter Zähringer und Fürsten- 
bergischer Herrschaft (12 18 — 1326 und von 1326 an) betrifft. Durch dieses Werk 
sind frühere urkundliche Mittheilungen von Neugart (von Villingen geb.), Mart. 
Gerbert, Dümge, Fi ekler u. a. vielfach entbehrlich geworden. — Zeitschrift 
für Geschichte des Oberrheins: Bd. VIII S. 106—128, 230 — 256, 358 — 384, 
463 — 481 Urkunden und Regesten aus dem Archive der ehemaligen Villinger 
Johanniterkommende, aus dem Salmansweiler und Breisgauer Archiv von Jos. Bader; 
Bd. IX 476 (Urk. u. Regg.); Bd. XXXII S. 274—308, Gl atz, Auszüge aus 
den Urkunden des Bickenklosters in Villingen, und aus den Archiven von S. Blasien 
und S. Georgen. — Quellensammlung der bad. Landesgeschichte von F. J. Mone, 
Bd. II S. 80 — 118: Villinger Chronik 15 15 (1119) bis 1568 (die handschriftliche 
Fortsetzung bis 1792 ist in Kefer's Nachlass). S. 159 — 528 Tagebücher des 
Abts Georg II Gaisser von S. Georgen (zu Villingen) 1621 — 1655. — Bd. III 
S. 640 — 643 Jahrgeschichten der Franziskaner (auch der Schwestern zu S. Clara 
und zu S. German). — Tagebuch des Theoger Gästlin 1633 und andere 
Nachrichten über Villingen im 30jährigen Krieg, herausg. von Roder in den 
Schriften des Ver. für Gesch. u. Naturg. der Baar III Heft 1880 S. 67—265. — 
Heinrich Hug's Villinger Chronik von 1495 bis 1533, herausg. von Dr. Chr. 
Roder im Stuttgarter Literar. Verein 1883 (nach dem Original); Mone's Aus- 
gabe (Qs. II 80 ff.) unvollständig und nach vielfach abweichenden Abschriften), 
dazu Sehr. d. Ver. in Donauesch. IV 217. — Gl atz, Chronik des Bickenklosters 
i. Villingen 1238-1614 (Bibl. d. lit. Ver. Tübingen Bd. CLI 1881). 

C. Bearbeitungen der Geschichte Villingens. a) im allgemeinen : Die 
Artikel *Villingen' in dem geogr., stat. topograph. Lexicon v. Schwaben, Ulm 1801, 
in Kolb's Lexicon des Grossh. Baden (von Kefer), im Universallexikon von 
Baden, Karlsruhe, Macklot. Bader Die bad. Landschaft Baar (Badenia 1 1859). 
— Ders. Villingen kommt an das Haus Oesterr. (Badenia 1840. 40). — 
Gerbert HSN. II pass. bes. i'] . 402. 468. — b) einzelner Theile: J. Nep. 
S ch 1 e i ch e r , Beitrag zur Geschichte der Stadt Villingen mit besonderer Beziehung 
auf die Wasserbelagerung i. J. 1634. Donaueschingen 1854. Villingen unter den 
Grafen von Fürstenberg, Konstanz 1872. Die frühere Rathsverfassung der Stadt 
Villingen, Konstanz 1873. — S. Riezler Geschichte des fürstlichen Hauses 
Fürstenberg. Tübingen 1883, hauptsächlich S. 235 — 249. S. Riezler Villingen 
u. d. Grafen v. Fürstenberg bis zum Uebergang der Stadt an Oesterreich 1326 
(Sehr. d. Ver. in Donauesch. III 19 — 49). — Roder Beitr. z. Gesch. d. Stadt 
Villingen im 30jährigen Kriege (Sehr. d. Ver. i. Donauesch. III 67 — 265). -— 
Chr. Roder in den Schriften des Vereins für Gesch. u. Naturg. der Baar, 
Tübingen, IV S. 70 — 212 : Villingen in den französchen Kriegen unter Ludwig XIV.; 

[787] 

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94 KREIS VILLINGEN. 

V S. 74 — 1 1 1 : Die Familie Maler von Villingen , mit Exkursen : Die Juden in 
Villingen; zur Geschichte des Romius Mans (t 15 13). Vgl. Schleicher, Beitr. z. 
Gesch. d. Stadt Villingen 1854 S. 81— 96. - Zell i. Sehr. d. AV. 1846, I 49. — 
Schreckenstein, Roth von, Wie kam die Stadt Villingen an Oesterreich 
(Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. WW. phil. hist. A. XLVIII 1864, S. 81-122). 
D. Ansichten: Die Alterthümer-Sammlung bewahrt einige Ansichten und 
zwar die am Anfange des vorigen Jhs. in Oel gemalten Belagerungen von 1633, 
1634 und 1704. Die Belagerung der Stadt 1704 gibt ein guter Stich *Belaggerung 
der I Stadt Villingen A° 1704, verlegt von Mathias Weber und 
Josephus Rieppec (Augsburg?) wieder, (reprod. in Schriften d. Vereins in 
Donaueschingen, IV 212). Die Kupferplatte ist in der genannten Sammlung noch 
vorhanden. Die in unserer Tafel X mitgetheilte Ansicht (mit der 171 1 — 15 erb. 
Franciscaner-Kirche) , eine Fedei Zeichnung (im Gen.-Landes-Archiv), stammt aus 
dem Anfang des 18. Jhs. Einige Pläne über die Belagerung und die Beschiessungen 
Villingens durch die Württemberger 1633 bewahrt ebenfalls das GLA. 

2. STADTGESCHICHTE. 
Geschichte Drei Völker haben nach einander die Gegend des oberen Schwarzwaldes im 

Besitz gehabt: die Kelten, an welche nur noch die Namen der Flüsschen Brig 
und Breg (nach Bück Ztschr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. III 337 = *helles, 
lauteres Wasser') erinnern, die Römer, welche dann wol am Ende des 3. oder 
Anfang des 4. Jahrhunderts den Alamannen weichen mussten. Die Neube- 
siedelung unseres ziemlich rauhen Landstriches wird kaum vor die Mitte des 
4. Jahrhunderts gesetzt werden können. Zu den ältesten Orten hier zählt 
Villingen. Der Name bedeutet wörtlich: bei den Nachkommen, Angehörigen 
des Pilo (Baumann in den Sehr. d. Ver. für Gesch. u. Naturg. d. B. 
IV S. 38 u. 40; die somit unrichtige Schreibung mit Doppel -1 kommt urkundlich 
erst von c. 14 10 an vor). Genannt vdrd Villingen mit dem dazu gehörigen Nord- 
stetten erstmals in einer Urkunde des Kaisers Ludwig des Frommen 817, Juni 4 
(Wartmann Urkundenbuch der Abtei S. Gallen I 217), in welcher dieser 
die Kinkünfte von 47 Hofgütern (mansi) darunter zwei *ad Filingas' und zwei 
*ad Nordstelim* im Bezirk eines Grafen Hruadhar dem Kloster S. Gallen über- 
trägt. Der Ort stand also damals, wie es scheint, unmittelbar unter der kaiser- 
lichen Kammer. Wichtig ist die nächste, von Rom aus datirte Urkunde Otto's III 
von 999 März 29 (Fürstenberg. Urkundenbuch V S. 33). Hier verleiht der 
Kaiser auf die Bitte des Herzogs Heriman von Schwaben seinem Grafen Berthold 
fQr dessen Ort *Vilingun' das Markt-, Münz- vind Zollrecht und den Gerichtsbann 
(in Handelssachen) auch in der Grafschaft *Bara'. Zum ersten Mal tritt also da 
als Besitzer Villingens Graf Berthold auf, der auch sonst unter dem Kosenamen 
Bezelin bekannt ist (Leichtlen Die Zähringer S. 19 u. 92), der Stamm- 
vater der später (seit c. 1078) nach ihrer Bui^g im Breisgau sich nennenden 
Zähringer. Mit unserer Urkunde vom Jahre 999 gewinnt die in ihrem Anfang 
noch vielfach dunkle Geschichte dieses erlauchten Geschlechts erst einen sichern 
Anhaltspunkt. Das so zum Hauptmarktplatz des oberen Schwarzwaldes erhobene 

[788] 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 95 

Villingen lag jedoch nicht an der Stelle der jetzigen Stadt, sondern beim Kirchhof, 
der sog. Altstadt. Mit der Zeit aber hatte sich eine Verlegung desselben als 
nothwendig herausgestellt, da der Ort in der engen Mulde des Steppachthälchens 
Lsch nicht leicht ausdehnen konnte und für die Anlegimg einer Befestigung und für 
genügenden Wasserzufluss ungeeignet war, während die Lage an der Brigach sich 
hiefiir als besonders günstig erwies. Wann die Verlegung stattgefunden hat, lässt 
sich nicht sicher bestimmen; doch dürften die chronikalischen Angaben des 15. Jahr- 
hunderts so ziemlich recht haben, wenn sie dieselbe in das Jahr 11 19 setzen und 
somit dem Herzog Berthold III von Zähringen zuschreiben (Bader in der O. Z. 
VIII 107 u. 108). Mit Berthold V, starben die Herzöge von Zähringen 12 18 
aus und es gelangte Villingen nebst anderen Besitzungen jener an Graf Egino IV, 
den Bärtigen von Urach , den Grossvater Graf Heinrichs I , des Stammherrn der 
Grafen von Fürstenberg. Zwar forderte König Friedrich II, unter Widerspruch 
Egino's, die Stadt als erledigtes Reichsgut zurück, er erscheint auch in der That 
12 18 und 12 19 als Lehensherr derselben, in dessen Namen der auch als Minne- 
sänger bekannte Konrad Schenk von Winters tetten die Stadt verwaltete. Bald 
jedoch, Anfangs September 12 19, erfolgte eine Aussöhnung zwischen beiden. 
Riezler Gesch. d. f. H. Fürstenberg, S. 40, 41 u. 207). Indessen blieben 
die Besitzverhältnisse schwankend, bis unter König Rudolf von Habsburg eine end- 
gültige Regelung derselben dahin zu Stande kam, dass Graf Heinrich von Fürsten- 
berg die Städte Villingen und Haslach vom König als erbliches Reichslehen erhielt 
([oppida] a nobis et imperio in feodum perpetuo possidenda. Urk. v. 1283 Mai 
24 im FU. I S. 283). Im Jahr 1271 soll fast die ganze Stadt mit Ausnahme 
des Spitals, des Johanniter- und Barfüsserklosters abgebrannt und eine Anzahl von 
330 Personen dabei zu Grunde gegangen sein (siehe Hug's Chronik S. i), eine 
Nachricht, deren Richtigkeit sich weder bestreiten noch auch sicher beweisen lässt. 
Die urachisch-fürstenbergischen Herren der Stadt Villingen waren Egino IV, gest. 
1230, Egino V, g. c. 1236, Heinrich I, g. c. 1284, Egen VI, g. 1324, Johann 
und Götz (Gottfried). Schon lange dauernde Zwistigkeiten zwischen der die Er- 
weiterung ihrer Rechte anstrebenden Bürgerschaft und den Grafen führten 1326 
den Verkauf der Stadt um 7500 Mark Silber oder 41,000 fl. (woran Villingen 
2000 Mark übernahm) an Herzog Albrecht von Oesterreich herbei. Bei diesem 
Hause blieb die Stadt Villingen in unverbrüchlicher Treue bis zum Anfang dieses 
Jahrhunderts. Die schwerste und zugleich ruhmvollste Zeit war für sie die des 
30jährigen Krieges und des spanischen Erbfolgekrieges. Dreimalige erfolglose Be- 
lagerung durch die mit den Schweden verbündeten Württemberger 11. — 24. Januar, 
30. Juni bis 5. Oktober .1633, 18. Juni bis 9. September 1634 ( Wasser belagerung; 
noch vorhandener Rest des sog, Schwedendamms, */4 Stunde südlich von der 
Stadt). Beschiessung durch die Franzosen unter Villars 4. — 6. Mai 1703 und 
Belagerung unter Tallard 16. — 22. Juli 1704. Im österreichischen Erbfolgekrieg 
übergab sich die Stadt ohne Widerstand am 10. September 1744 an den fran- 
zösischen Marschall Belleisle und huldigte Kaiser Karl VII. Ende April 1745 
führte die französische Besatzung das ganze Kriegsmaterial Villingens aus dem 
Zeughaus auf c. 120 Wägen nach Strassburg ab, wodurch die Stadt thatsächlich 

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96 



KREIS VILLINGEK. 



den Charakter einer Festung verloren hat. In Folge des Friedens von Lüneville 
kam Villingen sanunt dem Breisgau am 26. Dezember 1802 an Herzog Herkules 
Magnus von Modena, nach dessen Tod im Oktober 1803 an den Schwiegersohn 
desselben, den österreichischen Erzherzog Ferdinand Karl, von diesem im Dezember 
1805 an Württemberg, von welchem es im September 1806 in Folge eines Pariser 
Vertrags vom 12. Juli d. J. an Grossherzog Karl Friedrich von Baden abgetreten wurde. 



Wappen u. Siegel 







Fig. 12. Villingen, 
Stadtwappen. 



3. WAPPEN UND SIEGEL. 
Das ältere, noch in der österr. Zeit vor 1530 nachweis- 
bare Wappen als Zeichen städtischer Gerichtsbarkeit war ein 
längsgeteilter Schild , rechts silbern (weiss) mit ebensolchem 
Seitenbalken in Blau links. (Noch auf Marksteinen zur Be- 
zeichnung der Villinger Banngrenze vorhanden). Am 10. August 
1530 verlieh Kön^ Ferdinand 1. der Stadt wegen ihrer stets, 
besonders im Bauernkrieg und ^Zwiespalt' des Glaubens wegen, 
gezeigten Treue gegen Oesterreich ein neues, verbessertes *Haupt- 
panier, Statzaichen oder Schilt', nämlich letzteren blau -weiss, 
der Länge nach in der Mitte getheilt, darin einen aufrechten, 
fliegenden rothen Adler mit gelben, von sich greifenden Klauen 
und offenem, gelbem Schnabel, über dem Schild einen Helm 
mit blauer und weisser Decke in Form eines Bausches, darüber 
aufrecht stehend einen Pfauenschweif in grüngespiegelten Farben. (Perg.-Originalurk. 
und Perg.-Kopie mit schönem kolorirtem Wappenbild im Stadtarch.) Dieses Wappen 
ist auch heute noch das Villinger Stadtwappen. 

Das Stadtsiegel zeigt seit dem 1 3 . Jahrhundert vier verschiedene Formen. 
In allen erscheint der Adler als Hauptfigur. Ihn, nicht den Löwen, hat man neulich 
in einem Siegel des Herzogs Berthold von Zähringen v. J. 1187 an zwei noch 
vorhandenen Urkunden, von denen die eine das Villinger Stadtarchiv (Lit. M), die 
andere das Stadtarch. in Zürich bewahrt, als das Wappenbild der Zähringer erkannt. 
Das älteste nachweisbare Siegel der Stadt Villingen ist das noch in einer Urkunde 
von 1244 vorhandene: spitzoval mit nach links gekehrtem Adler und der Umschrift: 
S'-CIVI(VM) I» VlilHG. Vielleicht ist dieses Siegel schon 12 18 im Gebrauch 
gewesen. Die dreieckige Schildform hat das Siegel an einer Urk. von 1251: der 
Adler mit drei gesträubten Federn am Hinterkopf ist nach rechts gewendet; Umschrift: 
SieililiVO) ClVI(V)fl> • De VIIiI(H)6QH. Eine grössere Veränderung erfuhr 
das Stadtsiegel innerhalb der nächsten 30 Jahre. In einer Urk. von 1284 zeigt 
dasselbe nämlich zwar ebenfalls den nach rechts gewendeten Adler, das Siegelfeld ist 
aber rund und umsäumt von einem sechspassförmigen, mit Punkten besetzten, schmalen 
Streifen. Die Umschrift lautet: SIGILLVfli ClVIVfli VIIiliB VIIiI6eß. Die 
Punkte sind als das aus dem urachisch-fürstenbergischen Wappen hergenommene 
Zeichen für Pelzwerk oder Feh aufzufassen. Die Tinktur des letzteren war im 
M. A. weiss und blau, welche Farben denn auch seither die Villinger Stadtfarben 
sind. (S. Fürst Hohenlohe, das Herald. Pelzwerk S. 39 u. Zur Gesch. des 
fürstenb. Wappens S. 42). 



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AMT VILLINGEN. 



VILLINGEN. 



97 



Die Aenderung des Wappens 1530 brachte auch eine solche des Siegels. Das- 
selbe zeigt nun den Schild mit nach rechts gewendetem Adler, den Helm mit 
wehender und verschlungener Helmdecke, darauf den Pfauenschweif. Umschrift 
(des grossen Sieg.): SIGILLVM MAIVS CIVITATIS VILINGENSIS. Ab- 
gebildet sind im FU. das Siegel des Herzogs Berthold und das Villingische von 
1244 Bd. V Anhang Sg. i u. 4, das von 1284 daselbst Sg. 19, das von 1251 
Bd. I S. 200. Die eisernen Stöcke der Stadtsiegel von 1284 u. 1530 (hier des 
grossen, mittlem und kleinern) werden auf der Stadtkanzlei aufbewahrt; daselbst 
sind auch zwei Amtsschilde des Bürgermeisters, der eine von Bronze c. 1530, 
der andere von Silber (1600) mit dem Bilde des rothen Adlers. 

Das Bild der ehemaligen Villinger Münzen ist nicht bekannt, da sich kein .Müncen 
Exemplar derselben erhalten hat oder wenigstens als Villinger Münze nachgewiesen 
werden kann. Das Münzrecht hat die Stadt vom 13. Jahrhundert an wahrscheinlich 
gar nicht mehr ausgeübt). 

4. RÖMERFUNDE. 

Spuren von der Anwesenheit der Römer in dieser Gegend sind mehrere Rom. Funde 
vorhanden: Die *Hochstrasse', welche von Donaueschingen nördlich über die An- 
höhe sich hinzieht, beim 'ZoUhäusle' die Villinger Gemarkung durchschneidet und 
nördlich an Schwenningen vorbei nach Rottweil führt, weist sicher auf römischen 
Ursprung hin. Vom 15. Jh. an heisst sie *Heerstrasse* oder 'Hochstrasse': 
sie wird oft erwähnt, z. B. I4I8: Gelände *vnder der herstrasse'; 1448: ein 
Acker, anstossend an *die hersträss' (Vill. Arch.); 1525: Zug des Hans Müller 
*für die Hochstrauss' (Hug's Chron. S. 115. Siehe auch Beschreibung des Ober- 
amts Rottweil S. 515). Verbogene römische Ziegelstücke traf man vor 12 Jahren 
vor der Stadt Villingen bei der Bickenbrücke an der Brigach. Im Jahr 1881 wurden 
etwas südlich vom benachbarten Nordstetten am Wieselsberg Mauerreste mit Mörtel- 
verbindung, röm. Falzziegel und ein gelöschten Kalk enthaltendes Thongeßlss von 
c. 50 cm Durchmesser gefunden (Theile davon in der Villinger Alterthumssammlung). 
Im Jahr 1882 zeigten sich Spuren röm. Gebäude nördl. von Niedereschach auf 
der Anhöhe des 'Bubenholzes\ nämlich eine grosse Menge von Falz- und Hohlziegeln. 
Eine kurz darauf daselbst gefundene Bronzemünze erwies sich als ein Galba. 
Bis sing er Donaueschinger Gymn.- Programm 1886/87 S. 11 2. A. No. 52; daselbst 
andere Münzfunde zu Villingen (Vitellius, Constantin, Constans), Weilersbach 
(Hadrian). 1883 stiessen Landleute beim Pflügen unweit Sinkingen auf behauene 
Quader, von denen besonders zwei bemerkenswerth waren. Der eine aus rothem 
Sandstein 104 cm lang, 60 cm breit und 32 cm hoch, zeigte oben eine Figur wie 
einen Schmetterling. Der andere aus weissem Sandstein mit Gesimse, wol ein 
Aufsatz, hatte auf der Breitseite die Figur von zwei Blattornamenten. Auch ein 
Bruchstück eines runden, mit Schuppenmuster bedeckten Säulenschafts lag in der 
Nähe. Schon früher waren viele solche behauene Steine weggeführt worden. Ziegel- 
steine und Bruchstücke eines Gesimses von dort, auch die Münze vom Bubenholz, 
jetzt in der Vill. städt. Alterthumssammlung. (Bericht über einige dieser Funde in 
den Schriften des Ver. f. Gesch. u. Naturg. der Baar IV (1882) S. 213.) 



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qS kreis VILLINGEN. 

Auf dem Magdalenenberg, im Südwesten der Stadt, wird ein Hügel, der 
*Kreuzbühr, mit ca. loo m Durchmesser auf 5,80 m Höhe wahrscheinlich als 
Grabhügel anzusehen sein. Eine Untersuchung desselben hat noch nicht stattge- 
funden. flV.J 

5. ALAMANNENFUNDE. 

Aiam. Grabfunde Nachdem, wie Leute des benachbarten Marbach berichteten, dort an der Winter- 

halde, 10 Min. südöstlich vom Dorf, schon oft beim Steingraben Gebeine und 'altes 
Eisen' zum Vorschein gekommen waren und man im Jahr 1886 wieder zwei derartige 
Gegenstände gefunden hatte — das eine ist eine gut erhaltene Lanzenspitze, das 
andere ein durch Rost etwas zersetzter Schildbuckel, jetzt in der Villinger Alter- 
thumssammlung — so wurden im Sommer 1887 neue Nachforschungen auf jener 
Anhöhe angestellt. Es fand sich aber nur ein ohne Mörtel gemauertes, mit einer 
Steinplatte bedecktes Grab von 150 cm Länge, 75 cm Breite und 55 cm Tiefe, 
darin in einer dünnen Humusschichte ein stark zersetztes Skelett. Das Grab hatte 
die Richtung von Westen nach Osten. Gegen das westliche Ende war es durch 
eine senkrecht stehende Steinplatte, vor welcher der Schädel lag, abgetheilt — ein 
Beweis, dass der Leichnam eine sitzende Stellimg, das Gesicht nach Osten, im Grabe 
hatte. Das ist bis jetzt der nördlichste Fundort von Reihengräbern in dieser Gegend. 

6. BAU UND ANLAGE DER STADT. 

Das Wesen und die stufenweise Entwickelung der Stadt Villingen wird, wie bei 
jedem Ort, schon durch die urkundlichen Bezeichnungen derselben ausgedrückt. Diese 
sind: *civitas' (12 18, 1295 etc.), *der mit Mauern umgürtete Ort, insofern er zugleich 
der Träger eines von eigener Obrigkeit geleiteten Gemeindeverbandes geworden 
war*; *villa* (1090, 1108, 1218, Siegel von 1284, etc.), 'die von dörflicher Grund- 
lage ausgegangene, .... noch theilweise ländliche, sich in Ackerwirthschaft und 
Viehzucht bewegende, nur mit den nöthigsten gewerblichen Elementen versetzte' 
Stadt; 'oppidum' (1257, 1298, 1324, jede dauernd . . . umwehrte Ansiedelung', 
und einmal 'castrum' (c. 1267 FU. I 221) *weist . . . auf eine Burg ... als 
Ausgangs- und Beherrschungspunkt des Ortes hin'; 's tat, statt, stette' (1277, 1293, 
1303 fF.) wie civitas mit der Bedeutung eines 'befestigten, namentlich ummauerten 
Ortes'. (Gen gl er, deutsche Stadtrechts-Alterthümer S. 349 — 351, 358.) 
Bau- Das Stadtgesetz von 137 1 (Stadtarchiv) enthält eine Reihe von Baube- 

stimmungen, die damals und auch schon früher vom Rathe ausgegangen waren, 
so über das Anbauen an Häuser, das Höherbauen und die Anbringung von Lichtem 
und Dachtraufen , die Theilung von. Häusern (nur in 2 Theile erlaubt) , die An- 
fertigung und den Verkauf von Ziegeln und Kalk, die Bedeckung der Häuser mit 
Ziegeln (1348); letztere lautet: *Wir haben gesetzet vnd mit vnseren truwen vf 
vnser aide gelopt stat ze haltende, das mengelich, swer an den vier strafsen sitzet, 
mit ziegel sin hus deken sol vnd ouch an dem kilchhoff (jetzt Münsterplatz), vnd 
sollent das tun, das die hüser berait sient von dem nehsten sant Martins tag, der 
nun kunt vber zwai jar; vnd sol man in dem obern ort (Stadtviertel) anvahen, 
also , swas hüser an die vier strafsa gant vnd vmb den kilchhoff, das die sont 

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bestimmungen 



AMT VILLINGEN. 



VILLINGEK. 



99 




Fig. 13. Villingen. Ehem. Befestigung. 



gebuwen sin von sant Martins tag vber ain jar. Vnd swer das nüt endatti (thäte), 
der kunt ze aynung (Strafe) vmb zehen mark silbers; vnd hat der schulthais vnd 
Peter der Vitter geswom zu den hailigen, das ze rugent/ 

Die Grundform, welche die Zähringer der neuen Stadt gegeben haben, 
ist ein unregelmässiges Oval, das durch zwei Hauptstrassen, nämlich die je in einer 
Linie nach den vier Himmelsgegenden fortlaufende Obere und Niedere, Riet- und 
Bickenstrasse in vier ungleich grosse Stadtviertel (Orte), das Obere und das Riet- 
viertel (westlich) und das Rottweiler und das Hüfinger Viertel (östlich) abgetheilt 
ist (das jetzige Rottweiler Viertel hiess bis in das 14. Jh. 'Cristanorf (Christen- 
viertel), vielleicht im Gegensatz zu dem gegenüber liegenden Oberen Ort, wo auch 
Juden wohnten (Schriften des Ver. d. Baar V gj). Die Nebengassen gehen ii\^ 
der Richtung nach Norden mit den Hauptgassen ziemlich parallel, in der Richtung 
von Westen nach Osten liegen sie nicht ganz' in derselben Achse. Durch die 
Ziehung eines Kanals (jetzt Gewerbskanal) von der Brigach ab wurde eine ge- 
nügende Menge Wassers in die Stadt und da in offenen Bächen durch die meisten 
Gassen geleitet (wie in Freiburg). Der Umstand , dass diese Wasserleitung im 
Stadtgesetz von 137 1 schon genau beschrieben ist, nachdem Schultheis, Bürger- 
meister und Rath 'erber kuntschaft verhöret' d. i. durch die Aussagen alter Leute 
ein Zeugniss hatten ausstellen lassen, *vmb das wasser ze Vilingen, wie es gan soV, 
berechtigt wo! zur Annahme, dass diese Leitung schon gleich Anfangs angelegt 
worden ist. Diese Rinnsale sind 1865 — 1878 gedohlt und überwölbt worden. Da 
die neue Stadt wie die mittelalterlichen Städte überhaupt einen wehrhaften Charakter 
haben sollte, so war die Befestigung derselben offenbar schon in den ursprüng- 
lichen Bauplan aufgenommen. Die Ausführung dieser umfassenden Arbeit lag nach 
den Bestimmungen des Herrn der Stadt den Bürgern ob und fällt in ihren Haupt- 
theilen gewiss schon in die ersten Decennien des 12. Jhs. Die Befestigungs- 
werke, wie sie im Laufe der Zeit entstanden sind, waren im Einzelnen folgende. 



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7* 

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Grundform 



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KREIS VILLINGEN. 







Fig, 14. Vülingen. Befestigung, 



Innere 
Stadtmauer 



Innerer 
Stadtgraben 

WaU 
('FuUe') 



Aeusserer 
Stadtgraben 



7. STADTMAUER. 

a) Die fast durchweg am Fuss 1,5 m dicke und 8,5 m hohe, meist aus 
Wacken mit Mörtel Verbindung bestehende innere Stadtmauer, oben am Kranz 
mit zinnenartigen Lucken. Auf der inneren Seite der Mauer zog sich bis in das 
18. Jh. eine gedeckte Holzlaube hin. Auch war das Anbauen von Häusern an die 
Stadtmauer nur unter der Bedingung erlaubt, dass bis auf die Höhe derselben keine 
Lichter ausgebrochen wurden und ein freier Durchgang in Kriegszeiten der Stadt 
vorbehalten blieb. 

8. STADTGRABEN. 

b) Der innere Stadtgraben von durchschnittlich 15 m Breite zwischen der 
Stadtmauer und der sog. 

c) Fülle. Darunter verstand man den c. 5 m über der Sohle des inneren 
Grabens sich erhebenden, aus dem Aushub der Gräben entstandenen Wall von 
c. 7 m Breite. Nach innen war derselbe gestützt durch eine senkrechte Futter- 
mauer, nach aussen durch' die die Fülle um doppelte Mannshöhe überragende ebenfalls 
mit Schiesslucken versehene äussere Stadtmauer. Die Fülle, in Friedens- 
zeiten ein gangbarer Spazierweg, wurde 1789 mit Bäumen bepflanzt. Sie bildete 
die eine Seite des 

d) äussern Stadtgrabens. Derselbe hatte durchschnittlich die Breite 
des innem, war aber etwas tiefer und konnte, was in Kriegszeiten immer geschah, 
vermittelst Schleussen mit Wasser von der Brigach gefüllt werden. Je zwei halb- 
runde Vorsprünge oder Rundelle in der äussern Stadtmauer auf der östlichen und 
der westlichen Seite der Stadt dienten zur Flankirung des äussern Befestigungs- 
gürtels und der Thorzugänge. Zur Verstärkung der vom Hubelloch (westliche 
Anhöhe) leicht zu bedrohenden Südwestseite wurde 1684 auf Antrag einer kaiser- 
lichen Kriegscommission und mit Unterstützung der Breisgauischen Stände ein aus 
Quadern bestehendes, ein halbes Achteck bildendes Vorwerk, wegen seiner Form 
das Bügeleisen genannt, aufgeführt. Eine halbrunde Bastion ist noch jetzt auf der 
östlichen Seite der Stadt an der innern Stadtmauer erhalten. Ein zum Zweck 
der Vertheidigung daselbst erbauter Erker kommt urkundlich schon im 13. Jh. vor. 
Im Juli 1287 stellte nämlich der Magistrat den Klosterfrauen der Vettersammlung 



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Tafel XI 




FJirmaligt's Thor in VilUngtii. Erbaut ly^y — Abgebrochen 1868. 

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Tafel XII 




Villingefi. Ofenkacheln und Manielschliesse. 



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AMT VILLINGEN. 



VILLINGEN. 



lOI 



einen Revers aus, dass er keinen Weg zu dem 'ergeir', den er auf die Stadtmauer 
innerhalb der Hofstatt der genannten Frauen habe setzen lassen, beanspruche, *es 
were danne, das man den selben ergeir dur der stette not vnde hüte alse (wie) 
die andern ergere mit wahte (Wacht) besetzen sollte vnde muste' (FU.V 201). 
1688 wurde diese 'Schanze' ausgebessert und laut vorhandener Inschrift 1709 unter 
den Bürgenneistern Johann Heitzraann und Hieronymus Schuh und dem Baumeister 
Johann Konrad Handtmann eine neue aus grossen Bausteinen und durch Ausfüllung 
der Mauern mit Kies aufgeführt. Der Neubau der schadhaften innem Stadtmauer 
am Franziscanerkloster (jetzt Spital; die Mauer bei den Belagerungen 1633 und 
1704 theil weise zerstört) geschah nach Ausweis einer Inschrift 1711 unter Johann 
Kaspar Heitzmann, Amtsbürgermeister, Hieronymus Schuh, Altbürgermeister, Johann 
Jakob Steiger, Amtsschultheiss, Johann Bapt. Ganser, Altschultheiss, Joseph Franz 
Kettenacker, Stadtschreiber, Johann Mayer, Oberbaumeister, Franz Sick und Dominik 
Weber, Unterbaumeistern der Stadt. 

9. THORTHÜRME. 

Sie bildeten die einzigen Ausgänge der vier Hauptgassen, nach denen sie Thorthürme 
auch benannt sind : das ' Obere und das Niedere, das Riet- und das Bickenthor. 
(Die Bezeichnung Gaisser's und Gästlin's nach benachbarten Kirchen und 
Klöstern, also: Porta s. Georgii (Oberthor), s. Francisci (Rietthor), s. Wendelini 
(Niederthor), s. Johannis (Bickenthor) sind vereinzelt (Bad. Quellens. II 294 u. a.; 
Schriften des Ver. III 141); im Deutschen gebraucht Gaisser die gewöhnlichen 
Benennungen, z. B. a. a. O. S. 241 Bickenthor, Oberes Thor.) Jedes Thor bestand 
aus einem Thorpaar, nämlich dem innem oder Hauptthor und dem viel niedem 
äussern oder Erkerthor (dial. 'Erkel'), jenes in der Linie der innern, dieses der 
äussern Mauer und der Fülle. Die ersteren haben gewölbten Durchgang ohne 
Fallgattervorrichtung, was bei den äusseren der Fall war, und sie bestehen aus 
mehreren Stockwerken, deren untere als Gefängnisse dienten (Hug's Chron. S. 2, 
120, 144); an den Wänden des Durchgangs sind zum Theil al fresco gemalte 
Abbildungen aus dem Kreuzweg Christi (16. u. 17. Jh.). Die Dächer der inneren 
Thorthürme (und auch der zwei grossen Mauerthürme) wurden in Kriegszeiten 
abgehoben (Gaisser a. a. O. S. 241). 



10. BRÜCKEN. 

Hölzerne Brücken führten über den innem und den äussern Graben 
zwischen den beiden Thoren. Ueber dem Durchgang jedes äusseren Thores wohnte 
ein Thorhüter, dessen Aufgabe war, den Verkehr zu beaufsichtigen, 'argwöhnige' 
(verdächtige) Leute und 'die starken Bettler' zurückzuweisen und den fälligen Zoll 
zu erheben. Ein Thorschliesser hatte am Morgen beim ersten Glockenläuten das 
Thor zu öffnen und Abends zur Betglockenzeit zu schliessen ; aufthun durfte er nur 
auf persönliches Geheiss des Schultheissen, Bürgermeisters, eines Zunftmeisters und 
vierer des Raths. Beim Sturmschlagen musste er unverzüglich das Thor schliessen 
und bei demselben bis auf weitere Weisung stehen bleiben. (Eidbuch von 1573.) 



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Brücken 



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I02 KREIS VILLINGEN. 

Auch die Thoranlage geht offenbar in die Zeit der Stadtgründung zurück. Eine 
Urkunde von 1290 nennt: *area aestuarii (Hofstatt eines Bades) ante Portam 
Superiorem oppidi Vilingen inter duos muros situata (FU. V 216). Die drei 
noch stehenden Thore gehören dem 16. Jahrhundert an: 1533 wurde das Riet- 
und das Bickenthor abgebrochen, 'seind vorm Abbrechen 500 Jar gestanden' 
(Quellens. II 108), 1541 ist das Rietthor laut Inschrift erbaut worden. Der 
Neubau des Niedem Thores geschah 1721, der des äussern Bickenthores 1737 
(Handschriftl. Chron.). 



II. 



MAUERTHÜRME. 



Mauerthürme Zu den Mauerthürmen in der innern Stadtmauer gehörten drei kleine 

sog. Wachtthürme, von denen noch einer steht (beim jetzigen Spital) und die zwei 
grösseren: der Kaiserthurm (jetzt Schnabelsthurm) auf der Östlichen und der 
S. Michaelsthurm auf der westlichen Seite der Stadt. Jener ist um das Jahr 
1372 erbaut worden, laut folgender Inschrift auf der rechten Seite des Eingangs: 

^IMIO • OOffilHI (DO 



ccc^ iixxo ßecvoo 

tQCgPS9 g gVt^t^Iß Igsg (Sic) 

Da bloss die Ecken aus Quadern bestehen, und die Mauern unten nur 1,50 m dick 
sind, -so ist kaum anzunehmen, dass der Thurm zur Vertheidigung gegen Feuer- 
geschütze bestimmt war. Diesen Zweck hatte aber der an der westlichen Seite ganz 
aus Quadern construirte S. Michaelsthurm, dessen Mauern bis zur Mitte eine 
Dicke von 2,65 m aufwiesen. Die Erbauung seiner untern Hälfte föllt wol in den 
Anfang des 15. Jhs., die der obern, wie aus der Verschiedenheit der Mauerung 
und der Farbe der Steine zu ersehen ist, einige Jjahrzehnte später. Die beiden 
nach rechts gelehnten Wappenschilde, die in zwei grossen Steinen unmittelbar über 
der oberen Oeffnung ausgehauen sind und von denen der rechts noch einen Helm 
mit dem österr. Pfauenschweif zeigt, deuten nicht erst auf das Jahr 1530, ihrer 
Einsetzung hin (wie Schleicher Beitrag I 82 meint); auch an einem Privathause 
in der Färbergasse gewahrt man über einem österr. rvillingischen Allianzwappen von 
1430 den Pfauenschweif 

Seine Aufgabe, die westliche Stadtseite gegen einen feindlichen Angriff von 
dem nahen Hügel, dem sog. Hubelloch (bedeutet wörtlich Hügelwald), zu decken, 
hat dieser Thurm trefflich erfüllt. Den Württembergem hat er im Spätjahr 1633 
und den Franzosen im Juli 1704 siegreichen Trotz geboten und nur wenige Be- 
schädigungen an den nördlichen Ecken erlitten. Noch mag erwähnt werden, dass 
dieser Thurm, der früher auch der Diebsthurm hiess, in seinem untern Geschoss 
u. a. 1497/98 dem durch Sage und Dichtung bekannten Villinger Localhelden, 
Romeius Mans, dessen PersönUchkeit übrigens geschichtlich beglaubigt ist (Hug*s 
Chronik S. 3 — 5, 12, 51) zum unfreiwilligen Aufenthalt gedient hat. Das Bild 
dieses Landsknechts, mit erklärenden Versen, seit dem Anfang der 1850er Jahre 
an der nördlichen Seite des Thurmes, war früher, seit dem 16. Jh., an der äussern 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



103 



•ÄiusrrtTj] orliirmfrrppt 
7 ^11 iVn 




^ig' 'S' VtlUngen. Äussere Thor t hur mtreppen. 



Stadtmauer beim obem Thor. (Schleicher Beitrag zur Gesch. d. St. Vill. 1854 
S. 81—96 und Ergänzungen dazu von Roder in den Schriften des Ver. S. 108 
bis III. Auch die Pürschkarte von Rottweil von 1564 zeigt das Bild.) (Die In- 
schrift *Als man zählt 1498 Jahr' etc. auch bei Gut mann Schriften d. Ver. i. 
Donauesch. II 199. 204.) 

Solange die Stadt den Charakter einer Festung hatte, wurde streng auf die instondhaitung 
Instandhaltung der Fortificationswerke gehalten. Das Gesetzbuch von 1371 bestimmt: 
'wir haben ouch gesetzet: swer durch die ringmur dehain loch brichet, der git 
ze aynüng (Strafe) fünf pfünt pfenning. Wer ouch, das dehain murer oder dehain 
zimermari dabi wer oder das hulffi, der git ouch fünf pfünt pfenninge. Wir haben 
ouch gesetzet: swer vber vnser ringmura vs oder in climet oder darvber vsvallet, 
der kunt vmb fünf pfünt ze ainüng, so er das düt; damah, so die tor beslossen 
werden, oder wie er sich darvber vslasset, der ist der ainüng schuldig; vnd wer im 
darzü beholffen ist mit sailen oder sus (sonst), der ist in den selben schulden'. 
— Wir haben och gesetzt, das ' nieman dehain misti legen sol zwischent den ring- 
muren vnd den gärten (im inneren Graben) vor allen toren, wan so verre (aus- 
genommen) zwischent dem Kalchofen (Gelände auf der s. w. Seite der Stadt) vnd 
dem Nidertor mag man wol misti legen. Wer aber da wider tati, als dik das be- 
schehe, der kunt vmb 1 Hb., vnd sont die vier torhuter dar vmb ruegen.' (Ein- 
trag von 1379.) 

Nach der Abbrechung des sog. Bügeleisens 18 13 hat man seit 1825 die Schleifung 
Fülle und die äussere Ringmauar allmälig abgetragen, die Erkerthore (zuletzt, 1856, 
das vor dem Bickenthor) und auch das Niederthor abgebrochen und den äussern 
Stadtgraben ganz, den innem grösstentheils aufgefüllt, so dass nur mehr die 5 Thürme 



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I04 KREIS VILLINGEN. 

und der Rest der innern Stadtmauer an die ehemalige mittelalterliche Stadtbe- 
festigung erinnern. 
Burg Die Burg soll auf der westlichen Seite der Stadt in unmittelbarer Nähe 

der Stadtmauer, an der jetzt etwas erhöhten Stelle, ^Keferberg' genannt, gestanden 
sein (die Kefer ein bürgerliches Geschlecht zu Villingen). Sie ist wahrscheinlich 
schon von den Zährin gern erbaut worden. Wenn im J. 1326 Jmii 16 Herzog 
Albrecht von Österreich, der neue Herr der Stadt, den Bürgern von Villingen eid- 
lich 'versprechen musste, er, seine Brüder und Erben wollen 'dekein veste noch 
bürg nacher (näher bei) der stat noch in der stat buwen noch machen, dann als 
SV ietz gemachet sint' (Urkunde im Stadtarch.), so dürfte darunter diese Burg 
und die nahe Warenburg (siehe diese) gemeint sein. Die auf ihre Freiheiten 
eifersüchtigen Villinger sahen dieselben nur ungern. 15. Oktober 14 16 übergab Erz- 
herzog Ernst von Österreich seinem getreuen Berchthold von Hohenberg das *auf 
dem Keferberg' gelegene Haus sammt Zugehörung, ein österreichisches Erblehen, als 
Eigenthum. Kurz darauf scheint es in den Besitz der Stadt gekommen zu sein, die 
es abbrach. Fenstersteine, welche man an dieser Stelle in der Stadtmauer gewahrt, 
sollen noch von dem ehemaligen Gebäude der Burg herrühren. (R,) 

KIRCHEN 

Vorbemerkung Die Seit dem Ende des 8. Jahrhunderts urkundlich beglaubigten Schenkungen 

in dieser Gegend an das Kloster S. Gallen setzen eine längst geschehene feste 
Begründung des Christenthums und damit das Bestehen von Kirchen und Kapellen 
voraus, an denen vielleicht gerade das genannte Gotteshaus seinen Antheil hatte. 
Ueber das damalige kirchliche Leben in Villingen besitzen wir keine Nachrichten; 
die Seelsorge wurde wol durch Mönche ausgeübt. Die Errichtung einer Pfarrei in 
dem Dorfe Villingen durch Ausstattung der Kirche mit einer für den Unterhalt eines 
ständigen Geistlichen oder Leutpriesters genügenden Widum unter Genehmigung 
des Bischofs von Konstanz darf auf die Grundherren des Ortes, die Bertholdinger 
(die späteren Zähringer) zurückgeführt werden, die desswegen auch das Patronatsrecht 
oder den Kirchensatz besassen. Das Bestehen einer Pfarrei in Villingen am Ende 
des 10. Jhs., als es durch Kaiser Otto HI zu einem Marktflecken erhoben wurde, 
kann als sicher gelten. 

GotteMckcrkirche Gottcsackerkirclie (vgl. Dürr Altstadt Villingen, im 'Hausfreund', Beilage des 

Villinger *Schwarzwälder', 1841, No. 51 und 52). 

Aus der Zeit der Zähringer, da Villingen noch an der Stelle der sog. Alt- 
stadt stand, ist nur ein Baudenkmal, der wol noch dem 11. Jh. angehörige Thurm 
der 'Unsrer Frauen' geweihten Altstadt- oder Gottesackerkirche übrig. 
Diese Kirche war geräumig und bestand aus einem gewölbten romanischen Chor 
mit schönem Chorfenster gegen Osten und gothischem Sacramentshäuschen, einem 
später angebauten einschiffigen Langhause mit einer flachen, von eichenen Pfeilern 
gestützten Holzdecke, frühgothischen (ursprünglich romanischen?) Spitzbogenfenstern 
und einer Empore. Alte Grabsteine mit Inschriften reihten sich an den Wänden 
aneinander. Am Portal der westlichen Seite war ein 'Vorzeichen' (urkundlich so ge- 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



105 




Fig, 16, Villingen. Thurm der Gottesacker ka pelle. 



nannt 1476) angebaut, welches erst 1840 entfernt wurde. Das grosse Crucifix mit 
den beiden Schachern (17. Jh.) stand in demselben und ist nun an der West- 
seite des Thurmes angebracht. Dieser Thurm ist der einzige jetzt noch bestehende 
Rest der alten Kirche. Sein Satteldach und Staffelgiebel ist typisch für die Ober- 
länder Kirchenbauten in der Nähe des Bodensee's; das Mauerwerk besteht zum 
Theil aus rothen und gelblichen Sandsteinquadern, zum Theil aus mit Putz über- 
zogenen Bruchsteinen. Die Thurmmauern haben Anzug und das oberste Geschoss 
ist ein wenig zurückgesetzt. Die Gliederungen des 48 cm hohen Sockels sind 
etwas stumpf und entsprechen in ihrer Reihenfolge denen einer attischen Basis. 



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I06 KREIS VILLINGEN. 

Die glatten Sockelsteine sind theilweise gespitzt und geflächt, theilweise mit einem 
2 — 3 cm breiten Saumschlag umzogen. Jeder ornamentale Schmuck ist an den 
Gliederungen vermieden. Das zweite Stockwerk hat Lisenen und grosse Rundbogen- 
friese, das vierte zu drei gekuppelte Rundbogenfenster. Die Mauerschlitze deuten 
auf ehemalige Verwendung des Thurms als Befestigung. An der Ostseite desselben 

Scuipturen gewahrt man, in dessen Mitte, ein in Stein gehauenes Relief, eine Figur mit 
arabeskenartigen Verschlingungen (verschlungenen Kreisen), auf der Westseite eine 
andere, ca. 50 cm lange Figur, die einen geflügelten Drachen mit heraus- 
geschlagener Zunge und einem in einen Pfeil auslaufenden Schwanz darstellt. Vor 
derselben steht ein zweiastiger Baum. Auf dem westlichen Dachfirste stand eine 
ziemlich verwitterte Steinfigur, vielleicht den hl. Bamabas, den Stadtpatron von 
Villingen, darstellend, im Vorzeichen, der Kirchenthüre gegenüber, unter dem Dache 
eine andere Figur aus Stein, polychrom mit Goldverbrämung : Christus, in jeder 
Hand eine goldene Krone haltend, zu seinen Füssen zwei Pilger (Dürr hielt sie 
für Gallus und Columbanus, vgl. die Notiz bei Zell Sehr. d. AV. I 50) mit 
Tasche und Stab, die Hände zum Flehen emporhaltend. (Dürr entzog diese 
Figur der Zerstörung; sie ist vor einigen Jahrzehnten auf die eine leere Console 
hinter dem Hochaltar im Münsterchor aufgestellt worden; die andere Figur, sowie 
die Statuen des hl. Petrus und Paulus, welch' letztere unter dem Dache des Alt- 
stadtvorzeichens standen, sind jetzt in der Alterthumssammlung. 

Bis in das 16. Jahrhundert galt diese Kirche als die eigentliche Pfarrkirche 
von Villingen (die Pfarrei ist erwähnt 1275 in dem Liber decimationis , FU. I 
No. 4Q7 : plebanus eiusdem curavit de ipsa ecclesia) oder als die 
'Pfarrkirche ausserhalb der Stadt', und es wurde regelmässig sonntäglicher Pfarr- 
gottesdienst mit Predigt in derselben abgehalten (Schriftstück von 1543), daher 
ihre urkundlichen Bezeichnungen: Ecclesia beatae Mariae in Vylingen, 
quae dicitur ecclesia mater, sita extra muros (1298 FU. V No. 279); 
parochialis ecclesia Veteris ville Vilingensis (1324, 1336 u. s. f.); 
*pfarrkirche vserthalb der statt' (1506); rechte pfarr, da die lichlege 
ist' (c. 1528). 

Alte Altäre Altäre: 'wahrscheinlich, sagt Dürr, wurden im 17. Jh. alterthümliche 

Altäre mit den jetzigen geschmacklosen, für die Kirche gar nicht anpassenden, ver- 
tauscht'. Erwähnt werden urkundlich : die Altäre des hl. Kreuzes und des 
hl. Michael, auf der rechten Seite (1298); ferner der auf der linken Seite des 
Langhauses im Jahre 1324 von der Bäcker- und Müllerzunft mit Genehmigung 
des Pfarrherm, Grafen Gebhard von Fürstenberg und seiner zwei Neffen Johann 
und Götz von Fürstenberg, und des Bischofs von Konstanz gestiftete Altar, welcher 
der hl. Jungfrau, der hl. Katharina und allen Heiligen gewidmet und mit einer 
Pfründe, der spätem S. Katharinenpfründe, verbunden war (Urk. von 1324, Jan. 23, 
FU. IV 450 f.). Weiter der 1336 von Hugo dem Haimbürgen, Pfarrer zu 
Dauchingen, «gestiftete Altar mit einer Pfründe zu Ehren des hl. Nikolaus, der 
hl. Katharina und aller Heiligen, neben dem S. Michaelsaltare auf der rechten 
Seite gegenüber dem Beinhaus (FU. H No. 203 : iuxta altare s. Michahelis 
archangeli a latere dextro eiusdem ecclesiae ex opposito capellae ossium mortu- 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



107 



Glocke 



orum). Im J. 133g vermachte der Stifter dieser Pfründe seinen Hof zu Übcr- 
achen, ein 'gemuret orthus' (Eckhaus) in der Stadt ViHingen, im Obern Ort 'gen 
Samuel des Juden hus' u. a. Seit dem 15. Jh. war der Altar der hl. Ottilia 
geweiht. Das Patrona tsrecht hatten nach dem Aussterben der Haimbürgen die 
Bletz von Rotenstein (genannt u.a. 1490 und 15 14: Johann Bletz von R., Dora- 
decan zu Konstanz). Die Erhardspfründe, deren Altar sich *in Vnser frowen 
kilchen (in der Altstadt) an dem Wendelstein vor Vnser frowen bilde' befand, ge- 
stiftet von dem Villinger Geschlecht der Vitter (Urkk. seit 1361). 

Im J. 1855 ist leider diese interessante Kirche, mit Ausnahme des Thurmes, 
angeblich wegen Baufälligkeit (!!) abgebrochen und an ihre Stelle die jetzige 
*gothische' Kirche gebaut worden. Die Heiligenfiguren des neuen Hochaltars 
stammen aus der ehemaligen Klosterkirche Amtenhausen. Es sind fUnf grau an- 
gestrichene spätgothische Holzstatuetten: hl. Georg mit dem Drachen, hl. 
Katharina mit Krone und Schwert, Madonna mit Kind, hl. Barbara mit Kelch 
und Krone, hl. Sebastian mit dem Bogen (? bekleidet!), sehr gute Arbeiten des 
15. Jhs. Die Figuren stehen unter einem Altarbaldachin mit reichem Astwerk. 

Im Thurme der Altstadtkirche hängt eine Glocke (1846 aus dem 
südl. Münsterthurm hieher verbracht). Inschriften derselben: 

Am Kranz : 
AB HOSTILE SVECO DIFFRACTA SVM ANNO MDCXXXHI ET BIENNIO 
POST AD DEI ET MARIAE VIRGINIS MATRIS GLORIAM REFVSA. 
(Jenes geschah am 8. Sept. 1633. Schriften des Vereins zu Donaueschingen Ifl 
S. 245). 

Darunter : 
I FERDINAND VON FREIBVRG HANNS GEORG MAIENBERG HANNS 
THOMAN SCHVO (darunter: AMBT LEVT) M GEORG GRVOBER PFARR- 
HERR HANNS PHILIPP MAIENBERG MELCHIOR NECKHER (darunter: 
KIRCHEN PFLEGER). 

Darunter fünf Wappen der Genannten in Medaillenform. 

Am Schlagring: 
CHRISTOF REBLE VON VILLINGEN GOSS MICH ^635- 

Am Helme die Jahreszahl \8^6. 

Der Glockenstuhl besteht aus Tannep- und (sehr alten) Eichenbalken. Gi"cken«tuhi 

Die hölzerne Gedenktafel, welche im frühern Vorzeichen hing, wurde Gedenktafel 
erneuert und ist nun auf der linken vordem Wand des Langhauses angebracht. 
Die jetzige Inschrift derselben, welche früher auf der rechten Vorden^and stand, 
lautet: *Das ist das Verzeichnis des grossen Sterbend, der was, da 
man zalt 134g jar. Ders eibigen Seelen, die damals starben, 
waren 3000' (Schriften des Don. -Vereins V 98). Dabei steht der Zusatz: 
•In Folge des verlegten k. k. Feldspitals im J. 1813 und 1814 vom 
19. Dez. bis 12. Mai starben der hiesigen Einwohnerschaft 202 
Personen'. 

Eine gute, vor ca. 40 Jahren gefertigte Bleistiftzeichnung der alten Kirche Zeichnung der 
in der Alterthumssammlung. 



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^ 



Io8 KREIS VILLINGEN 

Alte Beinhau»- Die VOF etlichen Jahrzehnten abgebrochene Beinhauskapelle an der west- 

kapclle 

liehen Kirchhofmauer hatte eine Altarpfründe zu Ehren der hl. Maria, der hl. 
Anna und der Dreikönige. Die Kapelle wird urkundlich von 13 17 an genannt; 
1473 wurde sie von neuem dotirt. Vgl. auch FU. II No. 203. 209*. 

Im August 1690 bat Abt Georg von S. Georgen zu Villingen den Magistrat 
um Ueberlassung der Steine am Giebel des baufälligen, nicht mehr bewohnten 
Messnerhauses in der Altstadt. 

Vor der Kapelle steht ein älterer, kleiner, "spätgothischer Bau mit Schlitzfenstern. 
MUtiiter Münster, Das Pfarrmünster in Villingen (Christi. Kunstblätter, Beil. zum 

Freib. Kirchenbl. 1886 No. 51. — L. Engesser eb. No. 53). 

Vgl. Ansicht auf Taf. XIV. 
Bau«e«:hichte Bei der Verlegung des Ortes Villingen an seine jetzige Stelle (um 1 1 19) wurde 

in den Bauplan auch ein pas^sender Platz für eine neue Pfarrkirche sammt Kirchhof 
vorgesehen. Schwerlich begann man damals schon den Neubau, da die alte Kirche 
einstweilen noch genügte. Eine hölzerne Kapelle mochte für den täglichen Gebrauch 
ausreichen. Schon Graf Egino V (gest. um 1236) dürfte den Bau des der hl. 
Jungfrau und dem hl. Johannes dem Täufer geweihten Münsters in Angriff ge- 
nommen haben. Die c. 45 cm hohe und 30 cm breite, reliefartig in Stein ge- 
hauene Figur an der östlichen Seite des südlichen Thurmes zeigt angeblich, obwol 
verwittert, das Bild eines Mannes in symbolischer, die Ausübung des richterlichen 
Grafenamtes andeutender Stellung: auf einem Stuhle sitzend, das eine Bein ge- 
kreuzt (der Kopf fehlt). — Man hat aus der Aehnlichkeit dieser Figur mit dem 
Bilde des richtenden Grafen auf dem Siegel Egino's an der Schenkungsurkunde für 
Bebenhausen von 1228 (Riezler Gesch. des fürstl. Hauses Fürstenberg S. 45) 
schliessen wollen, dass auch hier Egino V dargestellt sei; indessen ^wird doch wol 
nur ein Wasserabfluss in dieser Sculptur zu sehen sein {K). Eine kräftige Förderung 
erfuhr der Bau durch dessen Sohn, den edlen Grafen Heinrich I. Noch bei 
seinen Lebzeiten war der Chor soweit fertig, dass der Graf ihn für seine 
Begräbnissstätte bestimmen konnte. Laut einer Urkunde von 1294, Oct. i, schenkte 
seine Wittwe, Gräfin Agnes, dem Armenspital zu Villingen ein Gut zur Unterhaltung 
eines ewigen Lichtes in der Villinger Pfarrkirche über dem Grabe ihres Gemahls 
und dem ihrigen (oleum sufficiens ad lampadem ad sui et mariti sui legitimi sepul- 
chrum in ecclesia parochiali in Vilingen pendentem. FU. I 286 u. IV 446). 
Leider ist nun keine Spur mehr von diesen Grabmälem vorhanden; bei Gelegenheit 
der beklagenswerthen Restaurationsarbeiten im Münster zu Anfang des vorigen 
Jahrhunderts mögen sie beseitigt worden sein. 

Es muss sehr bedauert werden, dass schriftliche Nachrichten über den Bau 
dieses Gotteshauses bis zum 18. Jh. fast ganz fehlen. So wissen wir nicht, wann 
und durch welchen Bischof von Konstanz dasselbe die Weihe erhalten hat. Nur 
gelegentliche Bemerkungen, hauptsächlich in Stiftungsurkunden, ermöglichen uns 
Schlussfolgerungen über den Bau. Die urkundlichen Bezeichnungen des Münsters 
sind: Parochialis ecclesia sancti Johannis infra muros (1291); ecclesia parochialis 
Sita in oppido Vilingen infra muros (1324); liitkilche (1290, 1295); ecclesiae (in 
der Altstadt) capella sita intra muros b. Johannis (1298, 1355); Vnserer frowen 

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Tafel XIII 




Ofen von Hans Kraut in Villingen; jetzt im Kensington Museum, 

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Tafel XIV 




ViUingcn, Ansicht der Pfarrkirche. 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. lOQ 

vnd sante Johannes kilche (1306); sant Johansen münster (1308); der lütkylchen 
munster (13 18); sant Johannes munster, daz zer Ivtkylchen gehöret (1322); münster 
(1323, 1349 und oft von da an). Aus dem Folgenden ergibt sich, dass der 
südliche Thurm älter ist als der nördliche, was auch daraus 
hervorgeht, dass er in seinem unteren Stockwerk noch romanischen Baustil 
zeigt. Der Umstand, dass im Stadtgesetz von 1293 und 1294 von Läutung der 
'grossen gloggen' und in einer Urkunde von 1306 vom Zusammenläuten die Rede 
ist (siehe FU. I 317) lässt annehmen, dass er damals bereits fertig. Seit 1323 
muss auch der nördliche Thurm schon fertig gewesen sein. In einer Urkunde 
vom 25. Juli dieses Jahres wird nämlich des von Berthold dem Haimbürgen von 
Villingen, Kirchherm zu Thuningen (O. A. Tuttlingen), gestifteten Altars *in dem 
munster ze Vilingen' hinter dem S. Maria Magdalenenaltar *in dem orte gen 
Zanne huse' Erwähnung gethan. Dieser Altar, mit dem eine Pfründe verbunden 
war, 'ad honorem sancte Virginis Marie, sancte crucis ac omnium sanctorum eiusdem 
altaris patronorum* stand 'in ecclesia parrochiali sita in oppido Vilingen infra muros 
iuxta chorum sub turri ex opposito domus civis dicti Zan' (Urk. von 1324 
Nov. 6 im FU. II No. 129a), oder nach einer Urkunde von 1337 'vnder dem 
turne in dem munster ze Vilingen gegen Zanne hus*, nach einer andern von 1347 
'vnder dem nuwen turne in dem munster'. Das Geschoss unter dem ersten 
Gewölbe, in welchem dieser Haimbürg'sche Altar sich befand, hiess das 'finstere 
Chörle', der Thurm selbst auch der 'Wendelstein', und dementsprechend das untere 
Geschoss des anderen, südlichen Thurmes das 'helle Chörle', und der Thurm selbst 
der alte Thurm. So wird femer genannt 1342 ein Altar der hl. Katharina 'gegen 
dem nuwen wendelstain', 1359 der Leonhardsaltar 'bi des cores tur an dem nüwen 
tum', 1479 ^^^ Nikolausaltar 'vnter dem alten turn, das man nempt das hei 
chorlin' und der Kreuzaltar (der Haimbürg'sche) 'vnter dem nuwen turn, das man 
nempt das finster chorlin', 1487 der Nikolausaltar 'im chorlin gegen dem spital 
(jetzt Kaufhaus) über', der Kreuzaltar 'im finstern chorlin'; ebenso 1538, 1542, 
1640 etc. Unter dem Wendelstein versteht man sonst eine steineme Wendeltreppe, 
in Villingen aber auch einen Thurm, in dem der Aufstieg durch eine solche Treppe 
bewerkstelligt wird. Die erst vor 20 Jahren abgeschaffte Wache auf dem südlichen 
Münsterthurme hiess deshalb die 'Hochwacht' oder die Wacht auf dem Wendelstein 
(Eidbuch von 1573); ja sogar den Thurm der Altstadtkirche nannte man früher so, 
obwohl er keine Wendeltreppe hat (s. oben S. 107). Das Langhaus ist später 
als der Chor, und zwar, wie die Verbindung dieser beiden Theile 
im Mauergefüge zeigt, nach einiger Unterbrechung der Arbeit 
gebaut worden. Diese Behauptung gilt wenigstens von der obern Partie des- 
selben. Die Frage, ob es sich da um einen ganzen oder nur theil weisen 
Neubau handelte, wird sich schwer entscheiden lassen. Die noch vorhandenen 
verkohlten Enden von in die Mauer eingelassenen Balken (es sind deren drei) auf 
der nördlichen Seite unter dem Dach des linken Seitenschiffes deuten auf ein 
Brandunglück. Sind es etwa Spuren des Brandes von 1271? Der einförmige 
und im Ganzen kunstlose Charakter des Langhauses, die Flüchtigkeit des Mauer- 
werks, das mit Ausnahme der Partie an der westlichen Front vielfach aus unbe- 

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HO KREIS VILLINGEN. 

hauenen Bruchsteinen und Mörtel besteht, drängt zu der Annahme, dass der Bau 
in einer Zeit muss entstanden sein, in welcher Viliingen sich nicht einer glänzenden 
Finanzlage erfreute. Das war aber der Fall in den Jahrzehnten nach dem Loskauf 
der Stadt von Fürstenberg 1326, der für sie die Bezahlung bedeutender Geld- 
summen und das Eingehen sonstiger Verpflichtungen im Gefolge hatte (Riezler 
a, a. O. S. 248), die noch lange schwer auf ihr lasteten. Ein Zeitgenosse, Johann 
von Winterthur, schreibt hierüber: per haec mala (Streit der Stadt mit ihren Herren) 
Philingenses per plura annorum curricula in rebus inestimabiliter attenuati fuerunt, 
sed dem um ad pingwiorem fortunara domino adiuvante deducti sunt, paulatim res 
amissas recuperando (Ausg. v. Wyss im Arch. für Schweiz. Gesch. XI 97). 
Dass der Bau um 1570 schon längst fertig war, lässt sich wol aus fol- 
gender Bestimmung des alten Villinger Stadtgesetzes vom Jahr 137 1 über das Recht 
des Begräbnisses im Münster schliessen: *wir haben gesetzt, das man nieman (sol) 
begraben in dem münster ze Vilingen won (ausser) priester. Ist aber, das ieman 
anders darinne ligen wil, den sol man darin mit begraben, im erlob es denne der 
rat ze Vilingen; vnd mit namen sol man kain kint darinne begraben, wes kint es 
joch (auch) ist; es sie denne, das ainer oder sin vordem ain alter (Altar) gestift 
haben in dem munster oder von alter (von altersher) ain grab darinne haben, 
die mvgen darinne wol ligen, die nut kint sint.' 

Eine kurze, den Münsterbau betreffende Notiz findet sich in Hug*s Chronik 
S. 207 : 'item im selben jar ongefarlich vmb Barthlomey (Aug. 24) fing man an 
zu buwend an der usser brück form Oberthor, die ward vfegemacht vff sant Martins- 
auben (Nov. 10). Do brucht man fasst fill gehowen stain zu, die zu dem minster 
geomat warend. Da rett der gemain man dem raut (Rath) fill in den selben buw.' 
Unter dem Bau, für welchen diese Steine bestimmt gewesen waren, ist wahrscheinlich 
der der Sakristei verstanden, welcher dann laut Jahrzahl in einem eingehauenen 
Medaillon auf der östlichen Seite doch bald darauf, nSmlich 1538, zu Stande 
gekommen ist. 

1683 wurde das Münster mit neuen Kirchenbänken versehen. Eine durch den 
Stadtrath genehmigte Taxordnung vom Januar 1684 bestimmte die jährlichen Ge- 
bühren für die einzelnen Plätze. Sie richteten sich nach der mehr oder weniger 
günstigen Lage derselben (hinter oder vor der ^Saul') und schwankte zwischen 3- 
und 9 Batzen; bei armen Leuten sollte der Einzieher 'billichen Dingen nach mit 
sich handien lassen'. Jede Person auf der Männer- und Frauenseite hatte ihren 
zugewiesenen Platz, vorn im Langhaus war der *Amtsstuhr. 
Bauverinder- Ziemlich umfasscude Bau Veränderungen wurden unter Pfarrer Joh, Heinr. Motz 

ungen im 

17. u. 18. Jh. (Pfarrer von i6öo — 1698) in Aussicht genommen, wie ein flüchtiger, aber später 
unbenutzter Abriss des Villinger Steinmetzmeisters Andreas Brucker über die Er- 
stellung von Bögen unter dem Lettner von 1689 zeigt. Wegen der damaligen 
kriegerischen Wirren konnte die Ausführung der Pläne grösstentheils erst über 
20 Jahre später unter Pfarrer Johann Jak. Riegger, einem geborenen Villinger 
(1698— 1737), zur Ausführung gelangen. Freilich müssen wir diese ^Renovation' 
des altehrwürdigen Gotteshauses, die sich fast durchweg eben als eine Verzopfung 
im Geiste jener Zeit darstellt, in hohem Grade bedauern. Aufschluss hierüber gibt 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. I 1 1 

hier im Einzelnen die ^Summarische Rechnung über die Bawcösten beeder Neben- 
theilen ahn Vnser Lieben Frawen Pfarrmünster oder Kürchen, sambt was soi>st 
hierbey repariert wordten' d. d. 15 November 1723. Das von Dekan Riegger und 
den Münsterpflegem Joh. Bapt. Gansser, Michel Hessler, Cyprian Winterhalter, 
Johannes Cammerer und Johann Jak. Kattler unterzeichnete Schriftstück (Pfarrarchiv) 
beginnt: *Zue wissen, das Vnser Lieben Frawen Pfarr-Münster allhier in Villingen, 
so aller Anzeüg nach ein sechshundertjährig altes Gebäw, schon in anno 1701 in 
solch bawfahlig vnd ohnscheinbarem Standt sich befundten, dass nöthig erachtet 
wordten, selbiges pro necessitate zue reparieren vndt in bessere Zier vnd formb zue 
bringen; zue dem Endte in ermeltem 1701^*^" Jahrgang eine newe Decke oder 
Bühne in den mittleren Theil der Kürchen gemacht vndt sowohl dise als das 
Gewölb im Chor mit Laubwerck von Stucatorarbeit aufzgeziert, auch die Fenster 
erneweret, die sumptus aber hierzue aufz defz Hochw. Herrn Joh. Hainr. Mözen, 
ss. theologiae doctoris, decani capituli ruralis vnd difz Orts 38 Jahr gewest, wohl 
verdienten Pfarrherren der Kürchen qua per testtimentum instituierten heredis uni- 
versalis verschafften Erbs-Mittlen erhebt worden. (Die Stuccaturarbeiten fertigte laut 
einer Specification Ignatius Bürckner *Stockador vnd Ypsermeister' zu Villingen um 
33 fl. 26 kr. Sie bestanden hauptsächlich in der Ausführung von vier grossen 
Feldern selbviert, in der Umfassung der Sakristeithüre und der beiden Thurmthüren, 
im Wegstemmen der *6 Säulen hinder denen Bilderen' — d. i. der Halbsäulen 
(Dienste) auf beiden Seiten des Chors, an die sich die zusammenlaufenden Rippen 
des Chorgewölbes anschlössen; zwei dieser Halbsäulen sind noch vorhanden; oben 
ist unter zierlichem Baldachin auf einer Console auf dem einen eine Heiligenfigur, 
die polychromirte Figur auf dem andern stammt aus der Altstadt (siehe oben); 
1704 Sept. 22 schloss der Orgelmacher Johann Christoph Albrecht von Waldshut 
einen Accord, die Orgel, welche im Chor stand, zu verbessern, eine neue Wind- 
lade zu machen und neue Register einzusetzen, welche Arbeit 1706 gefertigt wurde.) 
Alldieweilen aber eodem anno der leidig Spanische Successions-Krieg . . . erfolgt . . ., 
so ist die gleichmässige Erbesserung der Nebenseithen (d. i. Seitenschiffe) in völliges 
Stecken bifz hiehero, inzwischen aber das Tachwerck sambt denen Deckinen in 
solchen Abgang gerathen, dass hierdurch grosse Gefahr \Tidt negst erfolgenter Ruin 
zue besorgen gewesen. Dannenhero ein löbl. Magistrat auf dermaligen Herrn Decani 
vndt Pfarrherrens, Herrn Magislri Joh. Jacob Rieggers Hochw., eyffrige Vorstellung 
der Noth vndt Anständigkeit sich resolviert hat . . . zue Gottes vndt Mariae, auch 
anderer heyl. Kürchen -Patronen Ehr der Noth zue steüren vndt dise liebe Muetter- 
vndt Pfarrkürchen zue gegenwärtig vndt zuekünftig christkatholischer fromber Patrioten 
Consolation in bessere Zier vndt Ehrstandt stellen zue lassen. Solchem nach 
pro habita deliberatione nöthig erachtet worden, die Nebenseithen vmb 3 Schue 
zue erhöchen, sodann, weilen die Kürchen sehr finster wäre, loco der in 
beeden Wandtmauren gewesten 10 Fenster aniezo 14 Liechter vmb besserer 
Regularität vndt Erleuchtung willen einsezen, nicht weniger dafz vndere (süd- 
liche) Haubtportal, so gar nider wäre, nebst beeden Neben thüren, etwafz höcher 
vnd letztere weither machen, auch die Orgel vnd deren Letner, damit der Chor 
geöffnet vndt ein freyer Prospect auf den Hochaltar erhalten werde, binden in die 

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112 KREIS VILUNGEN. 

Kürch (obwohlen dise Translocation wegen beschwerlich vermainten Accefz vndt 
anderen Hindernussen sich anfänglich sehr difficill gezaigt,) versezen zue lassen; 
zuemahlen die Reparation des schon vor loo Jahr gemachten, nunmehro aber 
zimlich beschädigten Vorzaichens nebst der Besorgung des Stilicidii oder Tachtraufs 
vor dem Chor vndt Thümen auf die Nebentächer zimliche Arbeit vndt Cösten 
causiert hat; nichts destoweniger solcher Baw disen gegenwärtigen Sommer bifz 
Martini, Gott gedankt!, glücklich vollendet, benebenst die gantze Kürche aufz- 
geweifzlet, die newe Chor-Stafflen gelegt, der Taufstain vndt 2 Altar versezt, auch 
das Pflaster hin vndt her verbessert worden.' 

Kostenrechnung Nun folgt eine genauc Berechnung der Kosten für Baumaterialien (die 

Quadersteine oh der Osterhalde im Kimachthal , auch auf dem Nollen [rechts an 
der alten Vöhrenbacher Strasse], die Besetzplatten in Kappel gebrochen), für Hand- 
werksarbeiten (u. a. von *drei Principal-Stucatorem', dabei Ignatius Bürckner; Aus- 
weissung des Mittelschiffs und des Chors; wegen Versetzung des Lettners, Stiegen- 
anlage (im hellen Chörle), Thürendurchbruch ; Translocierung zweier Altäre und 
des Taufsteins; Fassen des Muttergottesbildes unter dem Vorzeichen durch Hein- 
rich Schilling; Orgel Versetzung durch Christoph Albrecht von Waldshut und drei 
Gesellen) und für Zehrungen (der Fuhrleute, der Handwerks- und Amtleute). 
Totalsumme der Baukosten 3992 fl. 
Apotteiwider Kurze Zeit zuvor, nämlich 17 15 — 17 19 waren durch den Villinger Bildhauer 

und Lilienwirth Joseph Schupp zu der in letzterm Jahre festlich begangenen sechsten 
Säcularfeier des Bestehens der Stadt Villingen die für die beiden Seiten des Mittel- 
schiffes bestimmten 12 Apostelbilder sammt den zweien von Paulus und Barnabas 
aus Holz gefertigt worden. (Jede Figur kostete 18 fl., die Kosten brachte man durch 
freie Beiträge auf.) 

Scbmiedeis. Gitter 1 724 wurde der Chor vom Langhause durch eiserne, von den Villinger 

Schlossern Johann Stern und Kaspar Speth geschmiedete Gitter abgeschlossen. 
Hochaiur Der 'schon bis gegen 200 Jahre' (?) alte Hochaltar war mit der Zeit *ganz 

schlecht und baulos' geworden, auch mehr als ein Stück heruntergefallen. Die 
Geistlichkeit beantragte deshalb die Erstellung eines neuen Rococo-Hochaltars. Die 
Ausführung um 1600 fl., in welche Summe auch die gesammte Bildhauerarbeit *an 
Bildern und Statuen' inbegriffen war, übernahm nach einem vorgelegten Riss laut 
Accord vom 29. März 1737 der Villinger Schreinermeister Johann Martin Hermann. 
Im Frühjahr 1738 war das Werk vollendet. Die 1,80 m hohe, mindestens dem 
15. Jh. angehörende steinerne Marienstatue, die auf dem früheren Altar gestanden 
sein soll, wurde bei dieser Gelegenheit beseitigt, an den zweiten Pfeiler links im . 
Langhause gestellt, wo die Wöchnerinnen eingesegnet zu werden pflegten (über der 
• Statue brannte ein Licht), und befand sich einige Jahrzehnte in Privatbesitz, bis in 

die 1850er Jahre, wo sie durch Aufstellung am Chor der neuen Pfarrkirche zu 
Dauchingen wieder zu Ehren kam. Wohl 1738 wurden auch die bis zum Anfang 
des gothischen Chorbogens emporragenden Halbsäulen aus Cement und Stein zu 
beiden Seiten an den Ecken der Wände beim Chorgitter aufgeführt, das grosse 
hölzerne Crucifix am Scheitel des genannten Bogens angebracht und auf jene Halb- 
säulen rechts die Statue Marias, links des Johannes gestellt. 

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AMT VILLINGEX. — VILLINOEX. I 13 

Gleichzeitig kam es auch zu anderen Bauveränderungen : 'weilen zuvor der Neue Sakristei 
Tabernakel linker Hand neben der Sakristeithüre in der Mauer gewesen, aber 
dermalen wegen Enge des Platzes in den neuen Hochaltar gestellt worden ist, und 
weil es von dem Fussboden des Chores in die alte Sakristei 5 Stapften tief hinunter 
ging, welches der hochw. Geistlichkeit gar beschwerlich mit Auf- und Absteigen 
gewesen; auch in der alten Sakristei ohnedem das Gewölb ziemlich baufällig, auch 
etwas zu eng und klein, auch wegen der tiefen Lage die Kirchenparamenten in 
grossen Schaden gekommen und angelaufen, auch verderbt worden sind und glaublich 
der Brunnen, so beständig mit einer Röhren in der alten Sakristei geloffen, auch 
zum Verderben eine Ursach gewesen : als ist von Seiten der hochw Qrdigen Geist- 
lichkeit in U. L. Fr. Pfarrmünster und von weltlicher Obrigkeit und Kirchenpflegern 
beschlossen worden, eine neue Sakristei zu erbauen. So wirklich beschehen, 
die alte abgebrochen und die neue 3 Schuh weiter gemacht, das Fundament aus- 
gegraben, frisch mit grossen Steinen ausgemauert und der erste Stein den 4. Brach- 
monat 1738 mit der Gnad Gottes gelegt worden in dem Eck gegen dem alten 
Schwanen (jetzt Oekonotniegebäude) gleich ob dem Fundament mit einem vierecketen 
darein gehauenen Loch , allwo gegenwärtige Abschrift ist eingelegt worden. Zu 
dieser Zeit war Ihro Hoch würden Herr Jficob Bened. Schuch Stadtpfarrer (Namen der 
übrigen Pfarrgeistlichen, des Stadtraths, Angabe der Frucht- und Weinpreise und 
der gangbarsten Münzsorten). Villingen 4 Juni 1738. Joh. Berger, Altschultheiss, 
z. Z. Kirchenpfleger.' Pap. -Urkunde. 

1 739 sind die Helme beider Münsterthürme neu gedeckt worden und zwar Neue Timnn- 
der , auf welchem der Thurmbläser ist (der südliche) mit Blei , der andere mit ""' * 

Ziegeln. 1751 ersetzte man die Bedachung des südlichen Thurmes zur Hälfte 
durch eine solche von Kupfer. (Handschrifil. Chron.) 1760 wurde der Hochaltar von 
Maler Joh. Michael Schmadl um 950 fl. neu gefasst. (Accord vom 6. April 1759.) 

Bauarbeiten in neuester Zeit: Zu Anfang der 1830er Jahre Er- jung»te 
höhung des Fussbodens in den 3 Schiffen um c. 2 Schuh (nicht zum Vortheil 
des Ebenmaasses des Ganzen!), Entfernung des geschmiedeten Chorgitters, der 
Halbsäulen am Chor und Anbringung der 3 Kreuzesfiguren an der inneren Wand 
des südlichen Portals. 1851 Entfernung des Vorzeichens am südlichen Portal, 
eines auf 5 steinernen Säulen ruhenden Baues mit einem kupfernen Kuppeldach. 
1856 Ausbesserung der Thürme, Bedeckung der Wände des Langhauses mit gelber 
Ockerfarbe, der Säulen und der Apostel figuren mit grauer Gel färbe (letztere vorher 
polychrom mit Gold Verbrämung). Heraufhebung der zu tief im Fussboden liegenden 
Kanzel und Anbringung eines neuen Schalldeckels (der frühere Rococo mit Figuren 
der Dreifaltigkeit). Erstellung einer hölzernen Stiege zur Emporbühne. Abtragung 
des Roco(^o - Hochaltars und der 4 Seitenaltäre und Ersetzung der letzteren durch 
die jetzigen stillosen (Aufstellung 1857). 1859 Anbringung des zugleich als 
Communionbank dienenden gusseisemen Chorgitters. Aufstellung des jetzigen Tauf- 
steins (Jahreszahl 1631, stand bisher in der Kirche zu Weileisbach). 1862 (Okt.) 
Aufstellung des jetzigen gothischen Hochaltars (von Bildhauer P. Metz aus Gebrats- 
hofen bei Leutkirch gefertigt um 3760 fl.). 1876 Tieferlegung des Daches der 
Sakristei, Wiederherstellung der ursprünglichen, aber wol 1738 vermauerten zwei 

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1 



114 KREIS VILLINGEN. 

Fensteröffnungen auf der nördlichen Seite des Chors (dabei Auffindung eines Restes 
der alten Glasgemälde ; jetzt in der Alterthumssammlung) und Einsetzung von 4 nach 
Teppichmustem (von Müller in Offenburg) gemalten Chorfenstem. 1881 Abtragung 
des nördlichen Thurmes im oberen Geschoss von den Schallöffhungen an wegen 
Baußllligkeit (die Mauer überhing auf der s.w. Seite unmittelbar unter der Gallerie 
um 15 cm) imd Neuaufführung desselben sammt dem Helm (um 15000 Mark). 
Altäre Altäre im Münster: Ausser dem der hl. Jungfrau und Johannes dem 

Täufer geweihten Hochaltar zählte man bis in das 19. Jh. noch 13 Neben- 
altäre. Urkundlich nachweisbar sind: der von Heinrich dem Ritter von Sletzstat 
gestiftete S. Blasiusaltar. Der Priester desselben soll täglich bei der Morgen- 
dämmerung (diluculo) eine Messe, später die Tagmesse genannt, lesen. Bestätigung 
durch den Pfarrrector Konrad, Graf von Fürstenberg, von 12Q5 Apr. 17. (FU. V 
No. 271.) Neue Dotirung dieser Pfründe 1499 J^^i ^i- durch Melchior Humel, 
Kaplan zu Villingen. Der Frühmessaltar stand bis in die 1850 er Jahre in der 
Mitte vor der Chorstiege. Der Maria Magdalenenaltar, vom Rath der 
Stadt gestiftet 1306. Der Priester der Pfründe muss tägKch auf demselben eine 
Messe lesen, wann man zur *vrone mess zesamen gelutet\ Der Altar stand 
später vor dem Bogen des linken Thurms. Der von Berthold dem Hainburgen 
gestiftete hl. Kreuzaltar im finsteren Chörle 13 15. Stiftung eines ewigen Nacht- 
lichts vor demselben 1337. Patronatsherren 1423 die von Tierberg, i486 bis 161 1 
die Bletz von Rotenstain (Begräbniss derselben in dieser Kapelle), von da an die 
Widmann (Johann Christoph Widmann von Müringen, Schwager des Joh. Heinr. 
Bletz). Der S. Nikolausaltar im hellen Chörle, gestiftet schon vor 1334 durch 
Priester Burkart von Tannheim ; Bestätigung durch den Bischof Nikolaus von Konstanz 
im genannten Jahr. Patronat im 16. Jh. bei den Stähelin von Stockburg. Der 
St. Leonhardsaltar 1 3 1 8, neben dem S t. Katharinenal tar, gestiftet 1342, 
stand auf der linken Seite, bei der Chorthüre am neuen Wendelstein (siehe 
oben). Verleiher der Pfründe war der jeweilige Pfarrherr. VVendelinsaltar, 
1377, eine Pfründe darauf gestiftet durch Richo von Haigerloch, Pfarrrektor 
zu Villingen, 1422, neu dotirt 1446 durch Kaplan Hainrich Waltsnider, an 
dessen Familie das Patronat kam. S. Sebastiansaltar 1331. Altar von St. 
Urban, Sebastian, Konrad, Barbara und Margaretha, 1481 durch die Maienberg 
gestiftet'. 

Die vorstehende Ausführung, welche wir Herrn Prof. Roder verdanken, 
stellt Alles zusammen, was aus urkundlichen Quellen über die Geschichte des 
Villinger Münsters beizubringen war. Es erübrigt noch, das Resultat der bauanaly- 
tischen Untersuchung vorzulegen. Danach kann es keinem Zweifel unterliegen, 
dass der um 1236 eröffneten ersten Bauperiode, der romanischen, ausser dem 
Thurm, mit dem man ganz gewiss nicht allein begonnen hat, auch die Pfeiler des 
Langhauses (sicher die zwei Rundsäulen mit romanischen Capitellen), das Westportal 
und das an der Südseite angeordnete romanische Doppelportal angehören. Im Wesent- 
lichen bewegen sich diese Bautheile im Anschluss an die oberrheinische, speciell 
elsässische Architektur der ersten Hälfte des 13. Jhs., wenn sie auch weit entfernt 
sind, den Reich thum und die kräftige Entfaltung elsässischer Bauten zu wiederholen. 

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AMT VILLIXGEN. - VILLTXGEX. 



I I ' 




^^g' n- ViUingen, Münster. Grumiriss. 
[809] 



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ii6 



KREIS VILLINGEN. 



Grundriss 



Langhatis 
Inneres 



Arusseres 



Südl. Doppel- 
portal 



Auch die spitzbogigen Arcaden wird man noch der Mitte des 13. Jhs. zuschreiben 
müssen : gerade so gut wie die ähnlichen Arcadenstellungen in den kirchlichen Bauten 
Schlettstadts und S. Die's. Einer zweiten Bauperiode, in welcher sich der Ueber- 
gang zur Gothik vollzog, gehört der Chor an, welcher sicher noch vor Ausgang 
des 13. Jh. vollendet wurde; ebenso die oberen Theile des Südthurms. Eine dritte 
Bauperiode schuf (bis 1323) den Nordthurm und überarbeitete die oberen Parthieen 
des Langhauses, welche, wie die romanischen Oberlichter beweisen, auch noch in 
der ersten Bauperiode in die Höhe geführt, dann aber, wie die Reste verbrannter 
Balken aufweisen, durch einen Brand (1271) angegriffen waren. Dieser oder einer 
spätem Restauration dürfte die Erneuerung der Seitenschiffsmauem angehören, 
welche von dem der älteren Bautheile ganz verschiedenes Mauerwerk zeigen und 
aus deren Verband das romanische Doppelportal vollständig heraustritt. 

Baubeschreibung. Der Grundriss (Fig. 17) zeigt ein dreischifiiges Lang- 
haus, dessen Ostseite von dem polygonen Chor und den beiden ihn flankirenden 
Thürmen begrenzt ist: ein Querschiff fehlt. Die Orientirung ist fast genau, aber 
schon die Spitze des Triumphbogens fei 11t ausserhalb der Choraxe. 

Die Langhausschiffe sind durch viereckige, an den Kanten zum Theil ab- 
gefaste Pfeiler getrennt, deren Fuss im Boden steckt; die Bekrönung der Pfeiler 
besteht zumeist aus einfacher Platte mit Schmiege : nur das letzte (8.) Joch der 
Westseite ist in der Behandlung verschieden : statt der Abfasung bemerkt man hier 
vorgelegte Dreiviertelsäulchen. Statt des dritten quadratischen Pfeilerpaars (von 
Osten her) sind zwei Rundpfeiler eingestellt, deren Fuss ebenfalls in der Erde steckt 
und daher nicht untersucht werden konnte; der südliche Rundpfeiler hat ein mit 
Weinlaub ornamentirLes, von einem Seil umwundenes Capitell, darüber einen Barock- 
kämpfer; das entsprechende Capitell des südlichen Pfeilers ist abgerundet und ent- 
behrt des plastischen Schmuckes. Diese Pfeiler tragen spitzbogige Arcaden, welche 
ich gleich den Pfeilern selbst noch der Mitte oder dem Ausgang des 13. Jhs. zu- 
schreibe, während deren Einfassung mit Perlschnur und Akanthus (im Mittelschiff 
an den Bogenspitzen eine Barockschleife) der Restauration des Barocco zu ver- 
danken ist. Die Hochwand des Mittelschiffes ist über den Arcaden und unter 
den Oberlichtern durch einen ähnlich behandelten Barockfries getheilt; Fenster und 
Oberlichter sind in allen Schiffen im Sinne des Barocco überarbeitet, welchem auch 
die gegipsten Decken angehören. Dass, wie ein Aufsatz der 'Christi. Kunstblätter* 
(s. o.) angenommen, die Kirche jemals gewölbt war, ist bereits (ebenda S. 17) von 
Engesser widerlegt worden. Es fehlt jede Spur von Vorkehrung zur Auf- 
nahme von Gewölben, und es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Basilika ehe- 
mals eine flache Holzdecke trug. 

Das Langhaus ist an der Aussenscite äusserst einfach und geradezu ärmlich 
behandelt. Unter dem Dach läuft ein ganz einfacher Sims her. Die Fenster der 
Abseiten sind offenbar ausgerissen und verzopft. Der Sockel ist ziemlich hoch, er 
reicht nur bis zu den Ecken der Front. Die Seitenthüren an der Nordseite ge- 
hören der Barockzeit an, ebenso eine Nebenthüre der Südseite. Als Hauptreste 
der romanischen Bauperiode erscheinen dagegen das romanische Doppelportal 
an der Südseite und das die Westfront zierende Hauptportal. Jenes hat zwei 



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AMT VILLINGEN. 



VILLINGEN. 



117 



rundbogige Eingänge, in deren Wandung je drei beringte Säulen mit attisirenden 
Basen und stark ausladenden Blattcapitellen stehen (vgl. Fig. 18). Die Giebelfelder 
über dem Thürsturz sind leer. Das ganze Portal ist oben durch einen Sims mit 
Rundbogenfries eingefasst. Es ist schon bemerkt worden, dass dieses Doppelportal 
nicht im Verbände der Seitenschiffmauer steht, sondern ganz aus ihr heraustritt: 
ein klarer Beweis, dass zwischen beiden Bautheilen kein organischer Zusammen- 
hang waltet. 

Die Westfront besteht aus unregelmässigen rothen Sandsteinschichten; ein 
einfacher Sims trennt den Unterbau von dem jedes plastischen Schmuckes baaren 
Giebel. Die Miite der Front nimmt das rundbogige Hauptportal ein, in dessen 
Wandungen drei Säulchen stehen mit blattgeschmückten Kelchcapitellen, attisirenden 
Basen mit stark über die Plinthe herausspringendem Pfühl. Ueber den Säulchen 
zieht sich ein Kämpfer hin, darüber drei bimförmig profilirte Rundstäbe. Ueber dem 
Portal zeigt die Front ein grosses, ungetheiltes Spitzbogenfenster, das ein feiner Stab 
umfasst. Die zwei rundbogigen Fenster, welche rechts und links vom Portal angebracht 
sind, gehören dem 18. Jh. an. Ueber diesen Seitenfenstem Oculi mit Vierpass. 

Der Chor ist aus fünf Seiten des Acht- 
eckes geschlossen; ihm sind zwei gestreckte 
Rippengewölbe vorgelegt. Die bimförmig pro- 
filirten Rippen dieser Gewölbe ruhen auf Wand- 
consolen, welche der Barocco mit leeren Muscheln 
begabt hat; auch die Zwickelfüllung mit ihrer 
Vergipsung gehört selbstverständlich dem Barock- 
zeitalter an, welches die ursprünglich bis zum 
Boden herabsteigenden Dienste abgeschnitten 
hat. Die Gewölbestützen zeigen Blattwerkca- 
pitelle. Der Schlussstein des Chors hat ein 
rundes, von kleinen Engeln gehaltenes, leeres 
Medaillon. An den zwei Halbsäulchen, welche 
das Fenster des Chorschlusses umstellen, bemerkt 
man jene Sculpturen des I5.jhs., welche aus 
der Altstadt hierher verbracht wurden und welche 
oben (S. 106) beschrieben wurden. Der Chor 
ist von Strebepfeilern gestützt; unter seinem 
Dachsims zieht sich ein spitzbogiger Kleeblattfries 
hin. Die Strebepfeiler sind mit einfachen Wim- 
pergen besetzt. 

Der Südthurm stellt in seinem untern, 
schlossenen romanischen Theile ein unregelmässiges Fünfeck dar, über welchem 
das zweite, dritte und vierte Geschoss als Sechsecke aufsteigen. Diese obern Stock- 
w^erke sind gothisch. Das zweite hat einfache, spitzbogige Mauerschlitze mit Drei- 
pass, am Sims gothischen Bogenfries ; das dritte hat gekuppelte Spitzbogenfenster, 
umrahmt von Wimpergen, deren Fialen, bezw. deren sie krönende Figuretten bis 
ins vierte Geschoss hinaufreichen. Dieses vierte Stockwerk hat (nicht an allen 




Fig, 18. Villingen. Münster. 
Capitell des Südportales. 



[«•«] 



Hauptportal 



Chor 



mit einem Rundbogenfries abge- Sü(^thurm 



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Il8 KREIS VIIXINGEX. 

Seiten) grössere gekupi^elte Spitzbogenfenster mit Vierpässen , viereckig eingefasst 
und ebenfalls von hohen mit Krabben und Fialen besetzten Wimpergen umrahmt, 
darüber eine gothische Brüstung. Ein durchaus unschöner Aufsatz (eine sog. 
Laterne) bildet hier den unbefriedigenden Abschluss. 
Nordthurm Auch der N o r d t h u r m ist in seinem untern Stockwerk ein unregelmässiges 

Polygon mit einfachen gothischen Fenstern und zwei Mauerschlitzen. Das zweite, 
dritte und vierte Geschoss sind sechseckig, oben mit einer Pyramide gekrönt. 
Dach und ein Theil der Pyramide sind in unserer Zeit erneuert worden (s. oben 
S. 114). Im zweiten und dritten Geschoss nur Mauerschlitze, oben zweitheilige 
Spitzbogenfenster, Wasserspeier. 

Thurmgewöibc Die Thürme sind eingewölbt; das sechstheilige Gewölbe des Südthurms bedeckt 

das sog. *helle Chörlein', in welchem der Oelberg steht (s. u.). Auch das Ge- 
wölbe in der nördlichen Thurmhalle ist sechstheilig; seine abgeschrägten Rippen 
ruhen auf Wandconsolen oder entsteigen der Wand ohne Consolen. Der Schluss- 
stein geblümt. Zu diesem Gewölbe führt eine spätgothische Thüre. 

Alte Stein- An der Aussenseite der neuen Sacristei bemerkt man zwei aus der alten 

hertibergenommene Steinmedaillons : eine Madonna im Strahlenkranz und ein 
altes Villinger Stadtwappen (den Adler) mit der Jahreszahl 1538. 

In der Sacristei der Kirche werden aufbewahrt : 
Monstranz G o t h i s ch c M o n s t r a u z aus Silber, architektonischer Aufbau des 15. Jhs., 

gute Arbeit, laut Inschrift renovirt 1661 in Villingen; die Lunula und einige Ro- 
setten gehören der Barockzeit an. Eine moderne Restauration fand 1845 statt. 
Oben kleine Statuette der Madonna, dann des hl. Johannes Baptista mit • dem 
Lamm und Statuette eines heiligen Abtes (Benedictus ?). Stempel M S und Adler- 
beschauzeichen (also Ueberlingen oder Villingen). Vgl. Karlsruher Ausstellung 1881, 

Vortragkrcuic II Nt). 277 Und die Abb. auf unserer Tafel I, I. — Processionskreuz, 
erträgliche Arbeit des i8. Jhs., die Figur Christi und die Medaillons an den Ecken 
vergoldet. — Wettersegenkreuz, vorzügliche Arbeit des Barocco ; der Cruci- 
fixus in der sog. jansenistischen Form (nach oben gestreckte Arme). Beschau- 
zeichen: Adler und I N, am Fusse die Inschrift: Geben I.V. L. F. Minst. \ 
Cnicifix in Villingen J. J. Riegger|rector.de|can. 1733. — Crucifix, feine 
Leuchter Barockarbcit. — Zwei spätgothische Kupferleu chter, gering. — Holzleu chter 
guter Stil des 17. Jhs. (Abb. Rosenberg Alte kunstgewerbliche Arbeiten). — 
In der Wand der Sacristei reizender Nischenverschluss (von einem ehemaligen 

Schmiedeiserne Sacramentsliäuscheu ?), schmiedeiserne Arbeit mit Schloss, spätgothisch (wol 15. Jh.). 
Gedenktafel — Ebenfalls in der Wand der Sacristei eingelassen: bronzene Gedenktafel, 
von zwei Hermen eingefasste Arcade , unter welcher Wappen mit Helmzier; das 
Wappen zeigt links ein Einhorn, rechts drei Kleeblätter, und links und rechts von 
dem Wappenschild die Buchstaben H K, ein Monogramm, welches zweifellos 
Hans Krauth zu lesen ist, in welchem Villinger Künstler (s. u. S. 144) wir 
den Meister dieses schönen Spätrenaissancegusses zu verehren haben. Die Tafel 
hat unten die von Anfang an am Schluss unvollständige, in gothischer Minuskel 
gehaltene Inschrift: 

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Tafel XV 




Villingen. Steifierfte Kanzel im Münster. 



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Tafel XVI 




VüUngen. Monstranz. 



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.1 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



119 



^f 17 ayrili^ anno cdSIffü flarü öer 
erenftafft bnli from jeronuniu^ 
balbter elt^r anipttnS tanb ^|^ 
rcifier ju f. ((Georgen Betacfen. b. 50 



Aus der Innenausstattung der Kirche ist hervorzuheben: 

Das Chorgestühl, gute Arbeit der Barockzeit. — Die Apostelstatuen chorgestühi 
im Schiff, Holzsculpturen derselben Zeit, über die Engesser a. a. O. S. 19 wol Scuipturcn 
zu günstig urteilt. — In dem Thurmgewölbe, dem sog. 'hellen Chörlein' ein Oel- 
berg, schlechte Sculpturen des vorigen Jhs. — Eb. ein kupferner Weihwasser- 
kessel, vielleicht 17. — 18. Jh. — Im Südschiff über dem Seiteneingang Kreu- 
zigungsgruppe mit Johannes und Maria; der Crucifixus leidlich gut. 

Eine Marienstatue aus Stein jetzt in Dauchingen. 

Im Nordthurmgewölbe eingemauert ein Grabstein mit reichem Wappen Grabstein 
des Junkers Hans Christoph Widm(an) 162? (verschwägert mit den Bletz von 
Rotenstein). — In der Mitte des Hauptschiffes spätgothischer Taufstein, oktogon, Taufstein 
mit gothischer Blendarcatur, datirt ^ (J \ Sk- Holzdeckel modern. — Die über 
dem ersten Pfeiler links im Münster hängenden vier Kanonenkugeln und Geschüukugein 
eine Bombe stammen aus der Belagerung Villingens durch die Franzosen 1704. 
— Die Steinkanzel (Abb. Taf. X\'), ein prächtiges Werk spätgothischer 
Plastik (15. — 16. Jh.), hat am Fusse Jesus Salvator zwischen den vier Evangelisten; 
am Körper desselben und an dem Aufgang zeigen sieben relifierie Gruppen i) Pi- 
latus, der sich die Hände wascht; 2) Veronika mit dem Schweisstuch ; Henker 
zu Pferde; 3) die Kreuztragung mit den zwei nackten Räubern; 4) Jesus ans Kreuz 
geschlagen; 5) die Kreuzigung mit den Schachern und der ohnmächtigen Maria; 
6) die Kreuzabnahme; 7) die Grablegung. Ueber dem Crucifixus nimmt ein Engel 
die Seele des geretteten, ein Teufel die des verdammten Schachers in Empfang. 
An einer die Kanzel stützenden Säule Simson mit dem Eselskinnbacken. Spät- 
gothisches Astwerk. Die Reliefs sind leider stark mit Oelfarbe überschmiert. Auf 



Kanzel 



einem Steinschild das gemeisselte Zeichen 



B 



(ebenso an der Kanzel in Münch- 



weiler 15 11,) im Uebrigen fehlt jede Nachricht über den Urheber dieses be- 

merkenswerthen Werkes. Ein Vater mit seiner Tochter soll die Kanzel verfertigt 

haben. Beachtenswerth ist auch das spätgothische Gitter an der Kanzeltht^re (Fig. 19). 

Paramente und Kirchenschatz. 'Das älteste Verzeichniss ist eine 

Paramente 

*Designation aller Messquenter, Ornate vnd wass sonsten in das Münster alhie zue «. Kirchenscbatz 
Villingen gehörig, beschrieben den 9. Decembris anno 1642' (Pfründenarch. Lit. M). voT^ö"^ 
Hier werden aufgezählt : 8 ganze verschiedenfarbige Ornate, 3 Chormäntel, darunter 
einer mit 'roihsamenten Strichen vnd vergulten Spangen'; 34 Messgewänder, darunter 
*ein gelb Adliss Messquant mit zweyen Schiltlin'; *ein schwarz verblümtes Adlis- 
messquant, gezeichnet mit Junker Joachims (v. Freiburg) und seiner Hausfrauen 
Wappen (erste Hälfte des 17. Jhs.); ein grien sametin Messquant mit einem güldenen 
Kreütz. 5 Kanzeldecken. U. L. Frauen Kleider: 18 Röcke, darunter 'ein gelber 



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I20 



KREIS VILLINGEN. 




Fig, ig. Villingen, Gitter an der Kanzelthure lies Münsters. 

Atliss-Rock mit einer schwarzen Blegin (Futter), ist jederzeit ahn U. L. Fr. Bild, gar 
alt' ; ein weissdamastener, geblümter Rock *mit güldenen Porthen vTid einem grossen 
Wappen'. *Altar-Zierung : u. a. 'Röcklin' für das Frauenbild (das scheint dagegen 
zu sprechen, dass die grosse Madonna zu Dauchingen auf dem Hochaltar stand); lO 
Fürhäng für das hl. Sacrament, 2 Baartücher, Fürhänge für die Altäre, 2 'getruckte 
lederne Kissen' des Hochaltars; 19 *guet vnd böss Alben'; 7 ^Hemdlin V. L. Frowen 
Kindlin'. ^Item ein grosse, gantz silberne Monstranz, item ein kleine, ganz silberne 
Monstranz; it. ein gantz sylb. Hailthumb, so man vmb den Esch fürth (s. unten); 
it. St. Otilia Bildt gantz sylb.; it. ein grosse messine Monstranz (zwei solche); 
it. 2 kleine Althar-Däifelin, darin Crucifix mitsambt Maria vnd Johannes Bildt; 
it. 4 Paar Rosen mitsambt den Röcklin; item 4 Monstrantzen mit wächsene 
Bilder vnd gantz vergult ; it. ein gantz sylbemes Rauchvass ; it. ein gross Agnus 
Dei, in Silber gefasst, so verguldt; item ein Fransen gestückt mit zwei und dreyssig 
grösser Edelgestain vnd guethen Berlin vnd Corallen, sambt vergulten Spenglin ahm 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 121 

hochen Althar, so an jedem Endt drey manglet; item 12 messe Lichtstöck; it. 
ein gantz sylb. Kestlin; item ein hocher vergulter sylb. Becher sambt dem Döckel, 
so Herr Engelherr verehrt (dieser mit i Kelch und 2 Löffeln zu einer Kapsel und 
einem Ciborium dem Goldschmied gegeben); it. ein gantz sylb. Krön mit etlichen 
edlen Gestain, so der langen (d. i. der grossen Stutue) Unser Frawen gehörig'; 
i'] Paternoster, darunter *ein roth corallin Paternost. mit einem grossen sylb. 
Bisom-Knopf vnd 16 Vederzeichen', *it. ein klein roth corallin Patemost, mit einem 
Schwindelstein'; 'it. ein bluethstaine Patemost, mit einem Zeichen vnd 6 vergulten 
Aichelen'; *item ein roth corallin Paternost. mit 14 silberen Bölleiin vnd St. 
Sebastianszeichen'. 

Inventarium vom 1 7. April 1722, aufgenommen aus Veranlassung der Veneichniss von 

1722 

bevorstehenden Reparation des Münsters, *warbey die Kürchen-Mauren vnd Thieren 
eröffnet werden vndt dahero solch Silberwerck vmb mehrer Sicherheit willen in den 
Pfarrhof zue transportieren nothwendig, auch der Posterität zur Nachricht. Im 
Gewölb oder Archiv : ein guldtener Kelch, ahm Fuess mit rauch oder ohngeschliffnen 
Edelgestein vndt Perlein besezt, ist in das Pfarr-Münster verehrt worden von Graf 
Hainrich zue Fürstenberg'. Inschrift. (Siehe unten.) In einem Trog 1 1 andere 
Kelche, *mehrentheils ohnbrauchbar'. In der Sacristia u. a. : die drei neuen Mötzi- 
schen Kelche, 5 für die Kooperatoren, der des Dek. Riegger; zus. 25 Stück. 
'Item ist vorhanden die grosse silberne Monstranz von alter Thürnlearbeith'. 
Donative von Ringen und 'Halsnustern'. 'Item in der Sacristey im kleinen stainernen 
Tabernacul das hl. Öhlgeßlss mit angehencktem Deckel auf einem Fuess' ; 'item ein 
vralt, yber 500 Jahr schon vorhandenes sogenant Sti Blasii Hailthumbs-Creütz runder 
Form (siehe unten). Item ein gantz silbernes Hailligthumb oder Reliquien-Kästel, 
von Frau Elisabeth Wernerin, H. Brgmst. Bösingers Eheconsörtin , der Kürchen 
verehrt; ist Augsburger Prob. Item eine kleine Monstranz, darin ein von H. Decan 
Dr. Möz sei. hinderlassner Particul vom heyl. Creyz, im Fuess aber die vorhin 
darin geweste alte Reliquien verwahrt. Item s. Ottiliae gantz silberne Bildnuss ge- 
tribner Arbeith, darin von iehren heyl. Reliquien eingesezt'; *2 Lavor in Zier ver- 
goldt'. Drei der Bickenkapelle gehörige Bildstöcke, damnter 'ein silbernes Crucifix 
gegossner Arbeith'. — Im November 1609 wurden drei silberne Kelche bei Johann 
Kembter, Silberhandler in Rottweil, gekauft ; der eine 'gross von getribner vnd ge- 
schmelzter Arbeit mit 6 Bildern, in Augsburger Gewicht vnd Prob, samt vergulter 
Paten', 60 Loth nn Gewicht haltend, zu iio fl. , die beiden anderen gleich, 'von 
getribner Arbeit mit silbernen Kappen, der eine mit Engelsköpfen 43, der andere 
42 Loth' im Gewicht; Kaufpreis dieser zusammen 183 fi. Beschreibung im 
Katalog der Karismher Ausstellung S. 13. 

Specifikation vom 12. Mai 1733 über das Silbergewicht und die Kosten des 
neuen Heiligthumkreuzes 'mit 2 Particuln des wahren Creizholzes Christi' (Gold- 
schmied Neidinger in Villingen). 1755 Apr. 15 Accord des Pfarrrectors Bened. 
Schuh und der Kirchenpflegschaft mit den Villing. Goldarbeitern Zacharias und 
Gottlieb Otto, die Anfertigung einer Monstranz betr. : 1 3 löt. Silber, die Monstranz 
durchaus 'gedoppelt im Feür vergoldt', 18 Mark im Gewicht zu je 52 fl. 45 kr., 
zus. 949 fl. 30 kr. 

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, 122 KREIS VILLINGEX. 

Etliche Kirchenpararaentc und Gefösse des aufgehobenen Minoritenklosters 
wurden dem Münster 1794 durch die österr. Regierung tiberlassen. 
Vortragkreui Das alteVortragkreuz. Die Geschichte dieses sog. *Heiltums' lässt sich 

durch schriftliche Nachweise ziemlich genau verfolgen. Laut vorhandener Pergament- 
urkunde (Pfründenarch. Lit. M) ist dasselbe 1268 am St. Valentinstag (Febr. 14.) 
durch Priester Ulrich, Pfarrer der Kirche zu Schabenhausen, und Konrad Stehellin, 
Bürger zu Villingen, im Auftrag der übrigen Villinger Bürger von Meister Johann, 
Goldschmied zu Freiburg, in Gegenwart mehrerer Zeugen gekauft worden. Bei der . 
Öffnung des Kreuzes 1361 fand man einen diesesbesagenden Zettel und nahm 
hierüber und über die Auffindung von Reliquien in verschiedenen Theilen des 
Kreuzes folgende neue Urkunde auf: 

•Suh anno domini 1361, feria secunda post festum beate Margarete virginis, quesifimus [sie] 
reliquias sanctorum, quc reposite erant in cruce argentea, quam liabemus in Vilingen, presentibus 
istis: Domino Alberto et Chunrado de Stüsselingen (Pfarrer in Villingen 1338 — c. 1361), domino 
Johanne de Tanhain, presbytero in Vilingen, et sociis suis, Cunrado de Tanhain, magistro civium, 
Jacobo Vetterlino, H. de Tunningen et quam pluribus aliis fide dignis, et invenimus : in summitate 
crucis reliquias st. Belasii (Blasii) episcopi, et in medietate crucis sub cappite Crucifixi reliquias 
St. Andree apostoli et st. Petronelle virginis, item in pede crucis reliquias st. >rathei apostoli, st. 
Nicolai, st. Augustini, st. Benedicti, st. Wunibaldi, reliquie de querco Manbre, item in dextra parte 
crucis reliquias st. Fidis virginis et martyris, item in sinistra parte reliquias st. Johannis Baptiste, 
istud invenimus in anteriori parte crucis ; item in dorso crucis in summitate reliquie st. Martini, 
item in medietate crucis in dorso reliquie st. Laurencii et st. Mauricii, item in sinistra parte sub 
sanctuario Johannis Baptiste reliquie bcati Petri et beati Pauli apostolorum, item in dextra parte 
sub Fide reliquie st. Vercne viiginis et Theodoiii martyris. Et ista sanctuaria omnia reposuimus 
ad loca priora, invenimus etiam kartulam continentem : *Memento Vlrici sacerdotis, rectoris ecclcsie 
in Zabcnhusen (sie) et C. dicti Stehellin, civis in Vilingen, qui redemerunt hoc opus loco civium 
in Vilingen a magistro Johanne, auiifabro in Friburg, anno domini 12C8 in die st. Vallentini, in 
ipsius predicti sacerdotis et C. prcdicti et \ Ir. dicti Rinkoph (sie), militis in Fiiburg, et A. plebani 
in Veltkilch, dicti Sporli et dicti Bugen niti presencia. Recondite fuerunt reliquie quamplures, vt 
littere testantur partibus apposite, quas in diuersis partibus operis invenies.' 

Abgedruckt im FU. V No. 180. Wenn J. Bader (Gesch. von Freiburg 
I 384) das Kreuz 'versetzt* sein lässt 'zum Unterpfand für eine den Villingern 
dargeliehene Summe' , so kann dieses aus dem Worte 'redimere' wenigstens noch 
nicht gefolgert werden. Fernere Renovationen fanden 1489 und 1651 statt. 
Am 10. September letzteren Jahres zeigte Goldschmied Jacob Appenmayer zu 
Villingen dem Abt Georg Gaisser zwei im Kreuz vorgefundene Zettel, nämlich den 
von 1268 und einen von 1489. Von beiden nahm der Abt eine Abschrift. Die 
des zweiten lautet: 'Noverint vniversi, quorum interest, quod anno dni. 1489 reno- 
vatum est illud clenodium argenteum in superficie deauratum et scedulae repraesen- 
tantes nobis reliquias existentes in hoc clenodio renovatae sunt. In cujus praesentia 
fuit venerabilis vir m. Michael de Rischach, rector extunc in Villingen (1489 — 1526), 
et Joa • Hermann, magister civium, Joa • Sutor et Joa • de Franckfort, procuratores 
(Pfleger) ecciesiae, in presentia magistri Laurentii adjutoris (Kaplan) in Villingen'. 
Abgedruckt bei Schreiber Urkundenbuch der Stadt Freiburg i. Br. I 67 u. 68. 
Der 1651 eingelegte Zettel lautet: *Anno 1651 den 12. November ist disses 
silberne Clenodt widerumb renoviert worden von Jacob Appenmeyer, Goltschmidt 

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Tafel. XVIII 




Villingcfi, Der Fürstenher gische Kelch. 



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AMT VILLINGEN.— VILLINGEN. 123 

in Villingen. ' Ist derzeit der wohlehrwürdige gaistlich Herr Magister Jeorg Gruober 
domalen Pfahrer alhie vnd der Zeit Pfleger, Herr Thoma Engeser, Burgermeister, 
vnd Her Simon Vmmenhofer, Schulthaiss, Her Franciscus Lipp, Ratschriber, Carle 
(domalen Pfleger) in Vnser lieben Frawen Kirchen; wie die in gelegten Zedel 
aussweisset'. (Pfründenarch.) (R.) Vgl. Abb. Tafel XVII und Rosenberg Alte 
kunstgew. Arb. 

Das Kreuz ist 48 cm hoch , silbervergoldet und die Kreuzesarme gleichlang, 
mit Filigran bedeckt, und mit Glasflüssen, Halbedelsteinen und einigen antiken 
geschnittenen Steinen geschmückt. Die Enden des Kreuzes laden in vierpässige 
Medaillons aus, von denen drei in getriebener Arbeit Geheimnisse aus dem Leben 
des Herrn (Geburt Christi, Verkündigung, Taufe), eines in gravirter Arbeit einen 
heil. Abt mit einem Fische (S. Ulrich), darstellt, jene drei noch dem 13., dieses dem 
15. Jh. angehörend. Auch die Hauptfiguren der Vorderseite, der kupferne Cruci- 
fixus (Dornenkrone, Füsse übereinander gelegt, mit einem Nagel durchbohrt), Maria 
und Johannes sind keineswegs Werke des 13. Jhs., so dass sie nicht der Entstehungs- 
zeit des Kreuzes, sondern der Restauration von 1361 oder der von 1489 zuzu- 
schreiben sind. Diese Figuretten, sowie Sonne und Mond neben dem Kreuz, sind 
auf einer runden Scheibe angebracht, welche die Kreuzesarme miteinander verbindet, 
und dessen Rand gleich dem der vier Eckmedaillons mit köstlichem Blattornament 
und Steinen besetzt ist. Die mit gestanztem Silberblech bedeckte Rückseite zeigt 
auf den Kreuzesbalken Blattornament aus der besten Zeit der Gothik, in den 
Eckmedaillons die Verkündigung, die Geburt Christi, die* Beschneidung, das eine 
Weltkugel tragende, halfenackte Christkind, in der Mitte innerhalb eines viereckig 
eingefassten Rundmedaillons die Krönung der hl. Jungfrau zwischen den in vier 
kleinern Rundmedaillons geordneten Evangelisten. Letztere dürften dem J. 1361 
zuzuschreiben sein, die übrigen Reliefs derselben Zeit, wenn nicht erst dem 15. Jh. 
Theils mit Silberblech, theils mit Lilien gestanztes Silberblech bedeckt die Breit- 
seiten. (Vgl. auch die Beschreibung im Katalog der Kunst- und Geyverbe-Aus- 
stellung, Karlsruhe 1881, II No. 273.) Gegenwärtig wird das Kreuz gleich dem 
folgenden Gegenstande auf dem Rathhause aufbewahrt. 

Der Fürstenbergische Kelch (vgl. Katal. der Kunst- und Gewerbe- FUretenbg. 
ausstellung, Karlsruhe 1881, II No. 49, FU. I 540 abgeb. Rosenberg Alte 
kunstg. Arbeiten). Der Kelch ist dem Münster vom Grafen Heinrich von Fürsten- 
berg geschenkt worden, vielleicht aus Veranlassung der grossen, wol im November 
1282 zu Villingen gehaltenen Adelsversammlung, bei der den Söhnen des Grafen 
der Ritterschlag ertheilt wurde. Von den Kindern Heinrichs aus seiner Ehe mit 
Agnes, geb. Gräfin von Truhendingen, sind sechs dem Namen nach sicher bekannt : 
Friedrich, Egen, Konrad, Gebhard, Margaretha, Elisabeth (vgl. Riezler Gesch. d. 
Hauses Fürstenberg, S. 209, 218, IV Stammtafel, dazu FU. III 211, A. 1). Dieses 
ausgezeichnete, noch ganz in den Formen der romanischen Kunst gehaltene Werk, 
vermuthlich eines einheimischen Goldschmieds, ist aus Gold gearbeitet, mit Perlen, 
Filigran, Edelsteinen und einem geschnittenen Stein (am Knauf) verziert. Ein kleines 
Nielloband mit phantastischen Thieren fasst den Knauf oben ein. Auch die Patene 
ist ornamentirt; das freilich viel spätere Futteral ebenfalls hübsch beschlagen. Am 

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124 



KREIS VILLINGEN. 



Monitranz 



Kirchenschau 



MUnsteruhren 



Fusse zeigt der Kelch die aus Charakteren der romanischen und gothischen Periode 
gemischte Majuskelinschrift (vgl. Taf. XVIII): 

* iah • KeiLQIi . BIH • 66IBeiI • 

DVRah • 6RÄV6 • h • VO» • FIVSTeH- 

866 (sie!) • VHD • DVRCm • ÄIIGße- 

S6N . Sm WIP • VHD . DVRQIi • 

IR • KIIIDG . siBeniv • 

Monstranz (vgl. unsere Abb. Taf. XVI mid Rosenberg Alte kunstgew. 
Arbeiten) c. 3' h. , grossartige Barockarbeit. Am Fusse OTO mit dem Adler 
(Beschauzeichen von Villingen und Ueberlingen), Probe 13 (s. oben S. 121). 

Ktrchcnschatz (im Pfarrhause aufbewahrt): Vier Barockk eiche. — Monstranz 
des 17. Jhs. Grosses Werk von guten Barockformen. — Krystallkreuz, Rococo. — 
Drei Kreuze aus dem 18. Jh., davon zwei emaillirt. — Silberne, vergoldete 
Mantelsch Hesse, mit Figuretten (Madonna zwischen hl. Katharina von Alexandrien, 
Joh. Baptista und zwei Engeln). Sehr gutes spätgothisches Werk des 15. Jhs. (vgl. 
unsere Abbildung Taf. XII, Karlsr. Ausst. 1881, No. 275, Rosenberg Alte 
kunstgew. Arbeiten, Frkf. 1882). — Etliche Rosenkränze, Zopf. — Erdball 
für ein Christuskind, gute spätgothische Arbeit. — Scepter und Krone einer 
Madonna, aus der Zeit des Rococo. — Ciborium, j. als Taufgefass gebraucht. — 
Schmiedearbeiten. 

Münsteruhren., Über das älteste Uhrwerk gibt eine noch vorhandene 
Urkunde von 1401 Mai 6 (Stadtarch.) Aufschluss; dieselbe- lautet : 

Wir der schulthaiss, der burgermai&ter vnd der rautt gemainlich der statt ze Vilingen künden 
menglichem mit disem bricff vnd vergehen offenlich, daz der erber man maister Claus Gütsch von 
Kotwil, zoger dis briefs, vns in vnserm münster ze Vilingen ain sper (= Uhr) .geordnet vnd ge- 
machot hat, die also wiset vnd belütet, als hie nauch an disem brieff geschriben stat : dez ersten 
ain rade, daz des jars ainost vmb gat, vnd daz kalendarium daran vnd die zwölf manot genuilot 
mit den geberden, alz denn ze mal gewonhait ist ze tüod; vnd sieht man die lengi zwuschent 
wihennechten vnd vasnaht allü jar, vnd sitzt ein mennly dauor, daz zaiget vff alle tag durch das jar, 
vnd vindet man alle virtage in dem jar. Ob dem rad ist die sper geordnet, daran ist bezaichent 
lufl, Wasser vnd ertrich vnd sunne vnd man vnd die zwölf zaichen, vnd gat die sunne vff vnd ze 
gnaden vnd höhet vnd nidret nauch dem, alz es in dem jare ist; der man gat ouch vff vnd ze 
gnaden vnd höhet vnd nidert in ie dem schin alz vil, alz die sunne ains jars t&t, vnd lait zu \'nd 
nimpt ab an dem schin vnd wirt nüwc in der stund, alz man liset, daz er an dem himel nüwe 
sig; vnd stand beide, sunne vnd man, taglichen in irem Staffel vnd zaichen, als man liset, daz si 
an dem himel standin; vnd sieht man in der sunnen alle stunden dez tags vnd der naht, vnd sint 
darob die haiigen drig käng vnd drig kneht, die gand umb zii ainer tür vas vnd zu der andren 
tür wider in ; wisent vnser frowen vnd kerent sich vmb gen ir vnd nigent ir, vnd kert sich das 
kindli vmb gen inen, vnd schwept ain engel ob inen mit ainem stemen, vnd stand zwain enge! 
vff dem gehüs vnd blasen t, so die küng wellent gan; vnd ist ain positiff daran, das singt, die 
wil si gant. Dis Ordnung vnd dis werk hat der obgenant maister Claus mit holtzwerk wol geziert. 
Vnd dis alles zu ainem waren vnd statem vrkund so haben wir vnser statt insigel offenlich gehenkt 
an disen brieff, der ze Vilingen geben ist an dem nechsten fritag nach dem Maye tag, do man 
zolt nauch Cristy geburt vierzehen hundert jare vnd darnauch in dem ersten jare. 

Siegel der Stadt Viliingen abgegangen. Perg.-Orig. 

Die Urk. abgedruckt auch bei Roder in den Schriften des Ver. für Gesch. 
und Naturgesch. d. Baar III S. 291 u. 292. 



[818] 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 12$ 

Diese merkwürdige Uhr hatte manche Aehnlichkeit mit der alten Strassburger 
Mtinsteruhr von 1352, nemlich Calendarium mit Angabe der Feste, Lauf von Sonne 
und Mond, Anzeigung der Tagesstunden, Figuren der hl. Jungfrau und der sich 
vor ihr verneigenden drei Könige (F r. W. Barfuss Gesch. der Uhrmacherkunst 
S. 139 — 141). Sie stand wol ebener Erde im Langhaus. Nach einer Notiz 
von 1509 im Bürgerbuch geschah die Anschaffung dieses Kunstwerks unter 
Bürgermeister Heinrich von Ebendingen, Schultheiss Johann Hetzger (gest. 1404), 
und Pfarrer von Rischach (letzteres ist unrichtig, da 1400 — 1428 Richo Dienst- 
mann V. Haigerloch Pfarrrektor zu Villingen war). Es war vermutlich dasselbe 
Werk, von dem ein Eintrag des Dekans Joh. Jak. Riegger im Pfarrbuch S. 52 sagt: 
'1714 institi, dass die Münsteruhr ahn einem Raad die Viertel- undt gantze Stundt 
per novam intentionem schlagete, auch ahn der grossen Glocken noch, mithin die 
Stundt dreifach schlagen thut (sie schlug vorher nur die ganzen Stunden); aber 
das Dreikönig werk ist abkommen'. Nach dem NägeHnskreuzbüchlein von 
'735 ß^^g- C 5 wurde diese Neuerung eingeführt zur freudigen Erinnerung an den 
Rastatter Frieden. Die Zeit der Fertigung der Thurmuhr ist nicht bekannt. 

Di'f Münster glocken. Die erste schriftliche Nachricht über Glocken im Glocken 
Münster findet sich im Villinger Stadtrecht von c. 1293, wo es in einer Auszugs- 
ordnung heisst: *Bi dem ersten sol man die grossen gloggen luten ainesl' etc. 
(Fürstenb.' Urkundenb. I. S. 317). Von denselben hat sich keine erhalten. Von den 
jetzigen Glocken hängen der Grösse nach : 

Im nördlichen Thurm. 
i) Die grosse Glocke, nach dem Inventar 90 Zentner schwer. Stimmung 
nicht ganz reines C. Am untern Rand sind zwei Stücke ausgesprengt, jedes von 
c- 35 cm Länge und 5 cm Tiefe, das eine in Folge einer Blasenbildung im Guss. 
Die Krone mit 6 Henkeln stellt ebenso viele Heiligenfiguren dar. In der Schweifung 
zwischen der Haube und dem Schlagring sind in Relief oben ein Crucifix mit 
Maria und Johannes, die zwölf Apostel, darunter eine Anzahl Wappen in Medaillen- 
form, hauptsächlich von Villinger Rathsmitgliedern. 
I nschri ften: 
BN EGO CAMPANA NVNQVAM DENVNCIO VANA 
LAVDO DEVM VOCO AD ORANDVM CONGREGO CLERVM 
FVNERA PLANGO FVLGVRA FRANGO SABBATA PANGO 
EXCITO LENTOS DISSIPO VENTOS PACO CRVENTOS 
SANCTOS LAVDO FVLMINA FVGO FVNERA CLAVDO. 
Mehr oberhalb: 
COSSIACOBO MAYENBERG CONRADO WERNER 
PRATORIBVS CLEMENTS EISELIN lACOBO BÖSINGER 
PAROCHO BA** MDCI RVDOLFO IMPERATORE CLEMENTE VIII 
PONT OPT- MAX • MARTINO DIGASSER FRANCISCANO 
HÄC CAMPANA EX COI POPVLI COLLECTA A Mi 
lOHANNE RÄBLIN IN DEI LAVDEM FVSA EST 
CHRISTVS REX VENIT IN PACE 
DEVS HOMO FACTVS EST n 

[819] 

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126 KREIS VILLINGEN. 

Seitwärts davon mehr nach unten: 

GOTT ZVO LOB VND SEINER WERDEN MVETTER RVM 

AVCH GANTZEM HIMMLISCHEN HERE GENVGEN 

ZV RVM VND EHR AINEM WOLWEISEN RATH 

DVRCH STEVR VNND HILF GANTZER BVRGERSCHAFT 

BIN ICH GEGOSSEN VNND GEMACHT 

ZV VILLINGEN IN DER BERIEMTEN STATT 

ALS MAN ZALT SECHZEHENHVNDERT AIN lAR 

DEN XXII MONATS NOVEMBRIS FVRWAR 

DARVUMB GEB GOTT ALLEN DENEN 

DIE AN MICH GESTEVRT DAS WAHRE LEBEN 

DEREN ALLER NAMEN GESCHRIEEN SINND 

IN AIM NEWEN BVOCH 

2) Die Zwölfuhr-Glocke, i6 Zentner schwer. Inschrift an der Haube: 

i{öx 6iiOi{ie vam qvm p^üa Bvij®vi{p iie oaßßaus 
uaBViJä QVOQva ©f^uöo QViaßoans piiau 

Die Glocke gehört wohl dem 15. Jahrhundert an. 

3) Die Salve-Glocke, 12 Zentner schwer. 
Inschrift: 

MDLXVIII DIE LEVT ZV MANEN GOSSEN BIN ICH 
CEKf^arfjWlL ZVSAMBEN LITT MICH 
VERBVM DOMINI MANET IN ATERNVM 
ESAI XI 
Weiter unten: 
BARTLOME PREISSLINGER VON LINDOW HAT MICH GOSEN \568. 

Im südlichen Thurm. 
i) Die Frauenglocke, 27 Zentner schwer. 
Inschriften : 
An der Haube: 

DA MIHI CLANGOREM DEVS OB GENITRICIS HONOREM 
VT lAM GRATA QVIA QVATTER SVM RENOVATA 
In der Mitte: 

EN EGO CAMPANA etc. wie bei der grossen Glocke. 
Unterhalb des Schlagrings: 

CHRISTOF REBLE ZVO VILLINGEN GOSS MICH \6\6. 
Darüber sechs Villinger Wappen in Medaillen form. 

2) Die Todtenglocke (war bis 1846 im Thurm der Altstadtkirche), 7 Ctr. schwer. 
Inschrift an der Haube: 

+++ i{ax ®iJOi{ia ai^ißsa vani qvm ppoa pva Mpi^i^ 

Diese Glocke aus dem 15. Jahrhundert ist wol die älteste von allen 
Münsterglocken. 

3) Die Ablas s- oder 2 Uhr-Glocke I78(} von B. Grüninger in Villingen 
gegossen (seit einem Jahr unbrauchbar wegen eines Sprunges). 

[820] 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. IZJ 

4) Das Vesper- oder Vigilglöckchen, 3 Ctr. schwer: 
Inschrift in Fracturminuskeln an der Haube: 

Im Helm (Laterne) desselben Thurmes oberhalb des H och Wächters tübchens : 

5) Das Sturmglöckchen: 
Inschrift in Frakturminuskeln: 

+ paj: + bei cum omniiiu^ + nofif^ 1511 iar 

6) Das Schlagglöckchen, ohne Inschrift, schlägt die Viertel- (die Frauen- 
glocke die ganzen) Stunden. 

Der Glockensluhl aus Eichenholz im südlichen Thurm trägt die Jahrzahl 1558. 

Pfarrhof, Ein Pfarrhof in der Stadt fehlte der Villinger GeistHchkeit bis Warrhof 
1299. In diesem Jahr überliess der Pfarrrektor Graf Konrad von Fürstenberg seinem 
Kaplan Berthold dem Haimbürgen sein Haus beim Kirchhof (jetzt Münsterplatz) am 
Brunnen, anstossend an Faikensteins des Brotbecken Haus, damit der jedesmalige die 
Kirche besingende Leutpriester mit seinen 'Gesellen' (Kaplänen) und seinem Gesinde 
darin Wohnung habe. FU. I 340 und 341. Nach einer Bemerkung Kefer's 
war dieses das Eckhaus gegenüber dem Gasthaus zur Krone, was auch 
durch folgenden Eintrag im Pfarrbuch bestätigt wird: 'in Udalrici Pfisteri casula 
a latere domus scholarum teutonicarum est picta fenestra cum scuto et talibus 
verbis: Michael von Reischach, kilchherr vnd tech et zu Filiingen 1520.' Die schön 
gearbeitete Hausthüre dieser Wohnung ist jetzt in der Alterthumssammlung. Nach- 
dem 1583 das Falkensteinische Haus auf dem Kirchhof gekauft und daselbst der 
jetzige Pfarrhof erbaut worden war, richtete man das alte Gebäude zur deutschen 
Schule ein. Oben am Giebel des Pfarrhauses kleiner Crucifixus, gute Stein- 
sculptur mit dem Datum 1573. , 

KIRCHLICHE UND KLÖSTERLICHE STIFTUNGEN Kirchi.stiftun.en 

(vgl. FU. V Index, und bes. V p. 145 — 151). 
Spital zum heiligen Geist, Das Spital zum hl. Geist ist unter HeU. Gei«t-Spitai 
der fürstenbergischen Herrschaft gegründet worden. Ein behufs Vollendung des 
Baues (ad consummationem hospitalis s. Spiritus) gegebener päpstl. Ablassbrief 
von 1286 April 15 ist die älteste vorhandene Urkunde hierüber; aber eine andere 
von 1288 Januar 20 des Bischofs von Konstanz deutet darauf, dass schon vorher 

ein Spital bestand (ad dictum hospitale restaurandum, imo de novo edifieandum 

quod quasi destructum incipit honorifice restaurari, vgl. FU. I No. 600, dazu die 
Anm. S. 296 und No. 615. 627. 629. 652. 635, dazu IV No. 405*. 485^. 493*. 512*. 
V No. 218. Der Bischof gestattet, dass in der Kapelle des Spitals die Messe einstweilen 
auf einem tragbaren Altar (in altari mobili) gefeiert werde. (FU. V S. 196 — 198.) 
1 288 schenkte Graf Egen von Fürstenberg auf die Bitte seiner Mutter Agnes dem Spital 
das Grundstück, auf welchem das Gebäude stand. Eingeweiht wurde die Kapelle 
durch den Generalvikar von Konstanz am 22. Juni 12QI (FU. I No. 615). 
Mit ihr war eine Pfründe verbunden, die ein Kaplan innehatte. Die ihm ob- 
liegende Pastoration der Spitalleute und sein Verhältniss zur Pfarrgeistlichkeit 
unterlag besonderen Bestimmungen : er durfte u. a. erst nach der Wandlung der 

[82.] 

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128 KREIS VIIXINGEN. 

Pfarrmesse den Gottesdienst beginnen, alle bei demselben fallenden Gaben gehörten 
der Pfarrkirche, die Kapelle durfte nur eine Glocke haben. (FU. I S. 305). 
Ein Neubau erfolgte im I5. Jahrhundert laut einer stark verwitterten Inschrift 

(1440?) mit dem Zeichen Ijj und später 1727. 1825 wurde das Spital in das 

ehemalige Franziscanerkloster verlegt und das Gebäude sammt der Kapelle in das 
jetzige Kaufhaus verwandelt. (R,) 

Gutieuthau« Lcprosenhaus mit Vitnskapelle . Das Gutleuthaus oder Leprosorium 

lag südöstlich vor der Stadt. Die *Siechen am Feld* werden urkundlich erstmals 
1322 genannt (FU. V S. 267). Das Gebäude wurde zu Zeiten einer Belagerung 
(1633. 1704) abgebrochen. Die jetzige dazugehörende Vituska pelle ist 17 18 
gebaut. (R.) 

Bickenkapeiie Bickenkapclle . Die Bickenkapelle zu U. L. Frauen. Näheres über die- 

selbe erfahren wir aus der Vorrede des von Pfairer Riegger 1735 herausgegebenen 
sog. 'Nägelinkrcuzbüchleins'. Ein Bauersmann nämlich aus dem Spaichinger Thal, 
Andreas Nägelin, fand das hölzerne Kreuz — die Zeit ist nicht angegeben — auf 
dem Marktweg zwischen Dürkheim und Villingen, nahm es heim, brachte es aber 
nach einer Krankheit in die Stadt und erwirkte da die Erbauung einer Kapelle zu 
Ehren desselben unter Zusicherung dreier Gnaden für die Stadt Villingen : Sicher- 
heit vor Feindeshand, vor Ketzerei und Feuersnoth. Das Kreuz, sagt das Büchlein, 
werde in Schriften schon 14 15, 1446 und 1460 genannt in den Ausdrücken: *vor 
dem Bickenthor hinter Nägelins Bild; vor dem Bickenthor bei des Nägelins Kreuz; 
geistliche Brüder bei dem Kreuz vor Bickenthor'. Es ist von dem Kreuz erstmals die 
Rede in einer Urkunde von 1415, Jan. 19, dann 1422 Dezember 20: Verkauf 
eines Gartens 'vor dem ^ickentor by Nagellins crutz'. O. Z. VIII 240. 1624 
wurde die Kapelle neu aufgebaut und *gar schön geziert, allwo gross und herrlich 
Miracula und Wunderzeichen beschehen seynd'. In Kriegszeiten verwahrte man 
das hochverehrte Bild in der Stadt, so 1633, 1688 und 1704. Die Kapelle wurde 
im Januar 1633 von den Villingem in Brand gesteckt, dann wieder aufgebaut; ein 
Theii der Mauern des Chores ist von der alten Kirche; er bewahrt noch Reste 
der alten Wanddienste. Der Bau ist flachgedeckt, hat zweitheilige Fenster mit 
Sechspässen. Die beiden jetzigen kunstlosen Nebenaltäre sind 167 1 und 1679 von 
Johann Glicker, Schreiner, Johann Schupp, Bildhauer, und Johann Kasp. Dober, 
Maler, gefertigt (der Altar rechts laut Inschrift und Wappen auf Kosten des Franz 
von Sonnenberg, Johanniterkomturs zu Villingen, Leuggern , Klingnau, Hohenrain 
und Rieden 1671), der Hochaltar 1750 durch Mathis Votzeler, Schreiner, und Anton 
Hops, Bildhauer (um 470 fl.). In einer Nische neben dem linken Seitenaltar 
befindet sich eine Tafel mit der auf Holz gemalten Darstellung der Flucht der 
heiligen Familie nach Aegypten, eine Schenkung der Familie von Freiburg (17. Jh.), 
wie man aus dem Wappen auf der Tafel ersieht (im Schild ein gelber Sparren mit 
einer Lilie, auf dem Schild eine Freiherren kröne). Der westliche Giebel ist laut 

Inschrift 1736 aufgeführt. Ueber dem gothischen Eingange \6 + 60; guter 

alter Holzcrucifixus. Die beiden Barocknebenaltäre haben geringe Gemälde 

[822] 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. I2g 

(hl. Karl Borrom. und Tod der hl. Anna mit Jesus und Maria; ein anderes ge- 
ringes Tafelgemälde in gutem Spätrenaissanccrahmen (i6. Jh.) stellt den Tod 
der hl. Jungfrau dar. Das 'Nägelin kreuz*, c. 2' h., bemalte Holzsculptur des 
14. Jhs. steht über dem Hochaltar. Es zeigt die Domenkrone, die unverhältniss- 
mässig langen Füsse des Crucifixus über einandergelegt ; auf der Brust ein vergoldetes 
Herz. Im Chor guter schmiedeiserner Kerzenständer, spätgothisch. 

Die Lorettokapelle , V* 'Stunde nordwestlich von der Stadt, wurde von der Lorettokapciie 
Bürgerschaft zur Erinnerung an die glücklich überstandene Belagerung durch Tallard 
1705 erbaut und am 12. September 1706 eingeweiht. 

Das Büken kloster. (Glatz a. a. O. S. 274 ff. mit mehrfach unrichtigen An- Bickenkioster 
gaben. Die Klosterchronik 1479 — '49^ von demselben herausgegeben im Stuttg. 
Litt. Verein 1882. — Chronik des Clarenklosters zu Villingen 1479 — 1489, geschr. 
von der Aebtissin Juliana Ernst (Priorin 1637, Aebtissin 1655) Hs. im Archiv 
des Klosters. — Hs. Gesch. des Urspr. d. Ursulinenkl. 1783 ff. (Bibl. d. Kl.). — 
Bericht m. Beschr. d. Klostergründung, im Thurmknopf 1655 gef., eb. — Mone 
Qs. in 641. 651. — Gerbert, Hsn. II 27.) Die Frauen dieses Klosters, das 
c. 1278 seinen Anfang nahm (FU. V S. 144), gehörten dem dritten Orden des 
hl. Franciscus oder dem Orden der hl. Clara an und standen unter der Disciplinar- 
gewalt der oberdeutschen Ordensprovinz der Minoriten. Der Name des Klosters 
mag daher abzuleiten sein, dass die Frauen anfänglich nach Art der Beguinen 
lebten, die als Stifterin ihres Ordens die hl. Begga (Bigga) verehren. Einen Zuwachs 
erhielten sie 1305 durch Aufnahme der Frauen des benachbarten Klosters zu 
Neuhausen. Auf den Wunsch der Bürgerschaft wurde das seither offene, d. h. ohne 
Clausur lebende Kloster 1480 in ein beschlossenes verwandelt und ihm Ursula 
Heiderin aus dem Convente zu Valduna bei Rankwiel im Vorarlberg als Äbtissin 
vorgesetzt. 1585 fand die Einweihung der neuen Kapelle statt. Eine oberhalb der 
inneren Hausthüre (gute Spätrenaissance) auf einer Holzverschalung angebrachte 
Inschrift lautet: 

^597 

DER HER BEHVTE DEINEN 

AVSGANG VNND EINGANG 

VON NVN AN IN EWIGKEIT. 
PSALM 120. 
Die Spruchinschriften in Stein an den Wänden im zweiten Stock sind aus dem 
16. Jahrhundert. Schwere Bedrängnisse kamen über das Kloster im 30jährigen 
Krieg, wo es, insbesondere die Kirche, vom 12. — 22. Januar 1633 durch die 
Württemberger so zusammengeschossen wurde, dass es eine Zeit lang nicht bewohnt 
werden konnte (Glatz Vierteljahrsheft für württ. Gesch. 1878, 3, S. 129 — 137). 
1731 wurde ein grosser Theil des Klosters neu gebaut und 1737 die Kirche in 
ihrer jetzigen Gestalt durch einen Durchbruch der Stadtmauer und durch An- 
f%ung einer Sakristei im innern Stadtgraben aufgeführt. (Rathsprotokoll.) 1782 
durch Kaiser Joseph II aufgehoben , constituirte sich das Kloster wieder durch 
Annahme der Regel der hl. Ursula als Lehranstalt für Mädchen, in welcher Eigen- 
schaft es noch besteht. Von der alten Kirche ist nichts mehr übrig als eine 

[823] ^ 

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n 



130 KREIS VILLINGEN. 

Sakristeithüre mit spätgothischen Kisenbeschlägen. Die jetzige Kapelle 
ein unbedeutender Zopfbau. Grosse Holzstatue (Schmerzensmann, 15. — 16. Jh.); 
eb. Pieta, massige Arbeit des 15. Jhs. Im oberen Stockwerk Wandgemälde 
des 17. Jhs. mit spätgothischen Inschriften, die hl. Orte und Wallfahrtsstätten betr. 
Eb. Oclberg, geringe Sculpturen des 17. Jhs. Im oberen Corridor Holzge- 
mälde: Pietä (Madonna hat den Fronleichnam auf dem Schooss , ringsum die 
Apostel), gute schwäbische Malerei des 15. Jhs. 
vettcraammiungr Die VettersammluHg, Dieses Kloster, welches an das oben genannte anstösst, 

ist aus einer erstmals 1236 urkundlich genannten Vereinigung (daher *samenung') 
geistlicher, nach Art der Beguinen lebender Frauen entstanden, die ihre durch 
Unterstützung der Gräfin Adelheid von Urach (Fürstenberg) erbaute Wohnung 
in der Altstadt hatten (Neugart Cod. dipl. II 169. FU. I No. 3Q0). Kurz 
nach 1255 zogen sie in die Stadt, wo sie im Hause eines Patriziers Namens 
Vetter Aufnahme fanden; daher ihr Name. Ablassbrief von 1255 März 28 für 
die 'sorores de domo Patrui in Vilingen, quae domum aedificare inceperunt' (FU. 
V S. 115). 1270 schrieb Bischof Eberhard von Konstanz den Schwestern die 
Beobachtung der Regel des hl. Augustinus, nach welcher der hl. Dominicus die 
von ihm gestifteten Nonnenklöster eingerichtet hatte, vor. Im selben Jahre ver- 
kaufte Graf Heinrich von Fürstenberg den Nonnen in der Vettersammlung seinen 
Hof bei der S. Nikolauskapelle daselbst, aus welcher Urkunde wir die Existenz 
der letzteren kennen lernen (FU. I No. 468). Danach hiessen die Schwestern 
damals auch sorores de capella S. Nycolai (Urk. 1270), FU. V No. 186) und 
schon in der Schenkungsurkunde von 1274 ist von der 'Samenvnge von Walthvsin' 
die Rede (FU. II No. 585), vgl. dazu Urk. von 1303, September 14.: 'die nuwe 
closenne, gelegen ze sant Nicläwese bi Vilingen', FU. II No. 17; Urk. von 1303, 
September 1 9 : Graf Konrad von Fürstenberg gestattet drei Schwestern die Wohnung 
in reclusorio novo sito aput capellam s. Nycolai ep. in veteri villa Vilingen und 
schenkt ihnen edificium in capella s. Nycolai predicta constructum , quod B o r- 
kilche vulgariter nominatur, FU. II No. 18. 19. In einem Ablassbrief von 
1294 (eb. V No. 159') heissen sie auch Sorores ad Portäm seu de Walthusen 
aput Vilingen. Erst 1438 gestattete ihnen das Generalvicariat in Konstanz, ^\w 
Glockenhäuslein zu bauen und 1440, anstatt, wie seither (seit 12Q4), nur durch 
Dominicaner von Rottweil sich pastoriren zu lassen, andere taugliche Priester hiefür 
beizuziehen. (Glatz S. 278, 290 u. 291.) Neubau der Kirche 1720. Auf- 
hebung und Vereinigung mit den Frauen des Bickenklosters zum neuen Ursulinen- 
stift 1782. Die zu einem Militärlazareth ver^'endeten Gebäude gingen 1814 durch 
Kauf an die Stadt über, die dieselben in den 1850er Jahren zum Theil abriss 
und in ein Mädchenschulhaus umgestaltete. 
Johanniter- Die Johanmtcrcommende beim Bickenthor (G e r b e r t , H s n. II 25) 

commendc 

ist wahrscheinlich von Graf Heinrich von Fürstenberg gegründet worden. Das 
Haus (domus hospitalis sancti Johannis sancte terre sita in Vilingen et de 
nouello plantata) wird urkundlich erstmals 1257 genannt (1253? FU. I No. 442. 
443. 551). Nach Erwerbung ansehnlicher Besitzungen seit Ende des 13. Jahr- 
hunderts (Dürrheira , Xeuhausen , Obereschach, Weigheim, vgl. Neugart Cod. 

[824] 

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AiMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 13I 

dipl. II 432. 359. 470. FU. V No. 248: area aestuarii ante portam superiorem 
inter duos rauros) vergrösserte sich auch der Hausercomplex. Unter den Com- 
thuren dieses Hauses erscheinen c. 13 17— 1326 Graf Egen von Fürstenberg, 1385 
Friedrich von Zollre (Zollem), c. 1523 — 1536 Wolfgang von Massmünster, c. 
1551 — 1571 Georg Andreas Kechler von Schwandorf, c. 1620 — 1632 Dietrich 
Rolhnann von Daltenberg. Zu Anfang dieses Jahrhunderts aufgehoben. Das alte 
Ritterhaus an der Stadtmauer damals abgebrochen. Die Kirche seit den 
iS.socr Jahren im Besitz der evangelischen Gemeinde. Diese Kirche ist ein 
Barockbau des 17. — 18. Jhs., bei welchem von dem Ultern Bau Thurm und 
Portal benutzt wurden. Das Portal, mit gothischem Kleeblattbogen überspannt, ist 
umstellt von je einer bimförmig profilirten Säule mit Laubwerkcapitell , (wol noch 
14. Jh.). Der zweistöckige Thurm steht nördlich vom Chor, hat oben zweitheilige, 
grosse Spitzbogenfenster mit Dreipass , auf den Ecken Fialen; er endigt in einer 
Pyramide. In dem ehemaligen Chor noch eine kl eeblatt bogen förmig überdeckte 
Nische. Man bemerkt noch gemalte Consecrationskreuze und das schwarze Todten- 
band , welches hier und da vorkommt; Stuccaturen mit Johanniter -Wappen des 
17. — 18. Jhs.; das Schiff flach gedeckt, ohne allen Schmuck. 

Ein Stein an einem zur ehemaligen Commende gehörigen Hause in der 
Gerbergasse hat folgende Inschrift: 

REVERENDVS PRANOBILIS DOMINVS DNS 

THEODORICVS ROLMAN Ä DATTENBERG 

EQVESTRIS S- lOANNIS J^IERosolYMITANI 

ORD. PRIOR DATIÄ COMEND. VILLING/L 

TREVIRIS ET WEESEL MAS ADES IN 

VSV PRESBYTERORV DEO ET EQV . ORD . 

SERVIENTIVM SVO ARE EXTRVXIT 

ANNO A PARTV VIRGINIS MDCXXX. 
Oberhalb der Inschrift sind zwei Wappen und zwar rechts das der Johanniter, 
links das des Rollmann von Dattenberg : Im Schild ein Adler, über dem Helm 
ein Thierrumpf. Im G.L.A. zu Karlsruhe Sect. 20, Convol. 80 ein Inventar v. 1624, 
Mai 10 und 11, über alle im Johann iterhaus vorhandenen Früchte und Mobilien : 
Silbergeschirr, Zimmergeräthe , (viele 'Himmelbettstatten', eine 'Karrenbettstatt mit 
Redlin'), Bilder (u. a. 'ain Taffei, daran die Maltesische Belagerung 1522 abcon- 
trafct'), Kirchenzierden und Ornate. (R.) 

Das Fraiiciscanerkloster. (Mone Qs. III 640. 650. FU. V No. 187, Frandsraner- 
p. 144.) Graf Heinrich von Fürstenberg und dessen (iemahlin Agnes beriefen ^'^'^^'^^ 
c. 1267 die Franziskaner nach ihrer Stadt Villingen (*ad castrum nostrum 
Vilingen' hcisst es in der Urkunde, FU. I No. 459. 464). i2()8 wurde der Bau 
des Klosters begonnen, wie die hs. überlieferte Inschrift bezeugt, welche ehe- 
mals 'in choro a cornu evangelii' in der Villinger Minoritenkirche zu lesen war: 
1268 dominica prima post octavam epiphaniae monasterium ab 
illustri et generoso comite Heinrico de Fürsten he rg et coniuge 
eius Agnete fundatum est primusque loci huius guardianus fuit 
Heinricus a Friburgo. FU. I No. 465. Dazu die Urkunde Graf Heinrichs 

9* 

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132 KREIS VILUNGEN. 

von c. 1267 eb. No. 459. Gerbert Hsn. II 25. 103. 1292 war der Bau 
so weit gefördert-, dass in diesem Jahre die Kirche sammt dem Friedhof vom 
Bischof von Konstanz eingeweiht werden und die Abhaltung des dritten Provinzial- 
kapitels (der oberrh. Provinz) im Kloster stattfinden konnte (K. Eubel Gesch. 
der oberdeutsch. Minoritenprovinz S. 162). Das Kloster erlitt 1633 bei der Be- 
lagerung der Stadt durch die Württemberger starke Beschädigungen (Gast li n a. a. O. 
S. 217) und wurde im Juli 1 704 durch die Franzosen zu einer Ruine zusammen- 
geschossen (ut potius eversam Trojam quam habitaculum religiosorum dixisses). 
Der Neubau begann 1 705 und war 1 7 1 1 bis auf das Innere der Kirche fertig. 
(Bericht des P. Funk in den Schriften d. Ver. IV S. 176; 177 u. 202), 1716 
wurden die Altäre eingeweiht. Doch hatte man noch vieles vom alten Ge- 
bäude verwenden können, so im unteren Stockwerk einen grossen Theil des Kreuz- 
ganges und die jetzige Kapelle mit ihren an die Wände gemalten Portraits und 
Inschriften von Guardianen, auch die alte Sakristei mit schönem Rippengewölbe. 
Aufhebung des Klosters 1789; 1793 das Ganze in eine Caseme verwandelt, alle 
Fahrnisse öffentlich versteigert (Oktober 1793); der Convent aufgelöst. Inventar 
über den Kirchenschatz 1710, 1791 , über die Bibliothek 1794 im Stadtarch. 
Lit. DD. Seit 1825 Spital, die Kirche zu Oekonomieräumlichkeiten eingerichtet. 
Von dem alten Bau sieht man in dem Stall noch drei gothische Fenster mit Maass- 
werk; weiter der spätgothische Kreuzgang, dessen hübsche dreitheilige Arcaden 
mit Fischblasenmaasswerk gefüllt sind. Eine spätgothische Thüre mit übergreifendem 
Stabwerk führt zur Kapelle. An den Wänden des Kreuzganges schlechte Bilder 
von Ordensgei.stlichen bezw. Ordensheiligen. 

Oben im Spital ein Bild mit b. Elisabetha Bona Reuthensis ord. 
s. Francisci||annuente dem XIII solenni beatorum cultui expo- 
sita 1767. 

Die ganz erneuerte Kapelle hatte j. wieder überdeckte Wandmalereien. 

St. Germ««- Das Sf. Germansklöstcrlein , eine ehemalige Sammlung für Tertiarerinnen 

des hl. Franciscus, '/4 Stunde nordwestlich von der Stadt, soll schon 1380 be- 
standen haben; 16 14 abgebrannt, 161 5 neu aufgebaut, 1633 Juli 6 durch die 
Württemberger eingeäschert, die Schwestern mit dem St. Clarakloster ver- 
einigt. (Jahrgeschichten in der Quellensammlung III S. 642; Tagebücher von 
Gaisser II S. 269; Theoger Gästlin Sehr. d. V. z. D. III S. 170.) Tusch- 
zeichnung des Klösterleins in der Villinger Alterthumssammlung. 

Bcnedictincr- Das Bmedtcttnerklostfr S. Georgen (zu Villingen). Gerbert It. Alem. 

LUteratur^*" p- 307- ^ d- Chr. Martini Geschichte des Klosters und der Pfarrei St. Georgen, 
Druck von Förderer in Villingen 1859 (S. IV und V Angabe der Quellen, darunter 
hauptsächlich die St. Georger Jahrbücher bis 1780 von P. Lenz, 16 Bd. in Fol.; 
die St. Georger Copeibttcher bis 1504 (vielfach auch das Verhältniss des Klosters 
zu Villingeii betr.) Jos. Bader Das ehemalige Stift S. Georgen in Vill., Karlsr. 
1844. J. B. Schönstein Kurze Geschichte des ehem. Ben. -Stifts St. Georgen, 
Einsiedeln 1824. Konr. Rothenhäusler Die Abteien und Stifte des Herz. 
Würt. im Zeitalt. d. Reform. Stuttg. 1886 S. 166 — 177. Freib. Diöcesanarch. 
XIII 239 — 242 (Necrologium der letzten Conventualen), Bd. XV 237 — 246. 

[826] 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



133 







t 



/7^. 20, Villingen. Benedtctinerkirche. Durchschnitt. 

Die Benedictiner von St. Georgen begaben sich nach der Vertreibung aus 
ihrem Kloster durch Herzog Ulrich von Württemberg unter Abt Johann V Kern (1536), 
nach Rottweil, dann bald nach Villingen, wo sie seit alter Zeit einen Pfleghof und 
eine 1487 Mai 9 eingeweihte Kapelle besassen. Hier fanden sie nach dem 
Anfall ihres Klosters an Württemberg in Folge des westfälischen Friedens bleibenden 
Aufenthalt. Die Beschränktheit der Mittel erlaubte ihnen aber erst im 17. und 
18. Jahrhundert, zum Neubau ihres Klosters zu schreiten. Unter dem Abt Johann 
Franz Scherrer kam 1662 — 1666 der nördliche Flügel unter Dach und Fach, den 
Grundstein zur neuen Kirche legte Georg III Gaisser (Abt 1685 — 1690), sein 
Nachfolger Michael III Glücker (1690— 1733) baute das Langhaus 1729, dann 



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134 



KREIS VILLINGEN. 



Kirche 



Epitaph 



Altes Kloster 



den Chor und kurz darauf den westlichen Flügel nach Beseitigung des von der 
Stadt ihm 1692 überlassenen Wachtthurmes in der Stadtmauer. Das schöne al 
fresco gemalte Bild des Hochaltars (jetzt stark verdorben), die Kreuzigung Christi 
darstellend, ist von dem der Villinger Maler familie der Schilling angehörigen Jos. 
Ant. Schilling 1732 gemalt (Kefer). Ein kleines Modell dieses Altars ist in der 
Stadt. Altertliumssammlung. Abt Hieronymus Schuh erbaute 1749 das Gymnasium 
mit einem Theater im unteren Stock (dieses 1848 in Stallungen verwandelt), 1756 
den Kirchthurm ; im folgenden Jahr schaffte er die Glocken mit einem Glockenspiel, 
die Uhr und die Silbermannische Orgel an. (Bauacten über St. Georgen im 
Villinger Stadtarch.) Die Aufhebung des Klosters geschah 1806. Die Kirche 
wurde nun lange als Salzmagazin benutzt, in den 1850er und 1860er Jahren wieder 
zum Gottesdienst verwendet und dient seither ausschliesslich weltlichen Zwecken. 

Die Kirche, der Bau des vorigen Jahrhunderts, hat an der Eingangsfac^ade 
Pilaster und Gesimse aus rothem Sandstein. Sonst ist das Mauerwerk verputzt. 
Die Umfassungsmauern sind aus Bruchsteinen aufgeführt, die Pfeiler im Innern, 
soweit es am abgeschlagenen Verputz zu sehen ist, aus Backsteinen. Sämmtliche 
Gesimsbildungen im Innern sind Stuccaturarbeiten. 

Die Gewölbe bestehen durchgängig aus Backsteinen. Bei der Haupttonne 
beträgt die Starke des Gewölbes 22 — 25 ctm. Alle Gurtbögen sind bedeutend 
verstärkt und haben eine Dicke von ca. 50 ctm. Nach innen sind alle Gewölbe 
verputzt und weiss gestrichen. 

Steinmetzzeichen und Jahreszahlen sind keine vorhanden. 

Der Chor sitzt theilweise auf der Stadtmauer auf und zeigt nach aussen eine 
völlig unregelmässige Form. (D.) 

Die Kirche bewahrte früher die Reste und das Epitaph einer sog. Kata- 
kombenheiligen, über welche Gerbert It. Alem. Ed. 2. p. 311 die Mittheilung 
macht: *in ecclesia nunc primum liberaliter ornata religione Reverendissimi Abbatis 
post allata ex Romanis coemeteriis corpora ss. martyrum ex indicio ampullarum 
sanguine repletarum (!) s. Coelestinae etiam corpus cum sepulchraU lapide hacque 
antiqua inscriptione cernere est: 

CONIVGIDV 
LCISSIME 
CELESTINE 
QVE BIXIT- AN: 
XXX -IN PACAE 

Die Inschrift soll 1752 aus den römischen Katakomben nach Villingen ge- 
kommen sein. Vgl. noch die Publication derselben bei Martini 424*. Leichtlin 
Schwaben unter den Römern, Freib. 1825, p. 203. Migne Dict. d'Epigraphie, 
Paris 1852, II 1192. 

Gegenüber der Benediktinerkirche und dem anstossenden Kloster ein Giebel- 
haus mit Steintafel und 2 Wappenschilden (Johanniterkreuz) und der Jahreszahl 1562. 

Das alte Klosters chu Ihaus , jetzt Gymnasium, ein Bau aus der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts hat auf der Mitte seiner Langfront ein Barockportal aus rothem 
Sandstein und über dem Schlussstein des Rundbogenthores eine Cartouche mit 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



135 




Fi^, 21. Villingen. Beiiedictinerkirche. Grundriss, 

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136 KREIS VILLINGEN. 

schwarzem Schild und unleserlich gewordener Schrift. Rechts und links des Portales 
sind zwei grosse Steinschilde aus gelbem Sandstein mit St. Georger Wappen in Car- 
touchen — flache, wenig gute Arbeiten. 

Im Innern des Baues befand sich früher ein Theater, das 1848 zerstört und 
zu Stallungen umgebaut wurde. 

Stuckdecken In den Räumen des Mittelbaues (des eigentl. Klosters) einige gut stuckirte 

Decken, z. B. ein Speisesaal (Versuchung Christi), in der Quarta in blassen Farben- 
tönen gemalte allegorische Figuren (Astronomie u. s. f.). Jetzt übertüncht. 

Wetterfahne Auf der Giebelspitze des Gebäudes steht noch eine Wetterfahne, ein Wappen 

mit Cardinalshut, von einem schwebenden Engel und weitet unten von einem zwei- 
geschwänzten Löwen gehalten. Auf dem Cardinalshut steht ein Doppelkreuz. 
Pfeghof Pfleghof. Der St. Georgische Pfeghof oder die sog. Alte Prälatur, 

jetzt Lehrerwohnung, ist 1598 unter dem Abt Michael I Gaisser erbaut laut dem 
Wappen und der Inschrift über der Hausthüre: 

jtticöari • l^on • ^txxxti • Knaben • 9106t • \yt% ^ixtxp 
8auf3 • .^anrt • (0corgeu bff • bem • ^dötaartj • taalht ?c* 

1598. 

Oben SANT • lERG und SANT MICHAEL. 

Vgl. die Abbildung des schönen Wappens auf unserer Taf. XIX. 
Capucincrkiostcr Capuctuerkloster, Das ehemalige Kloster rechts am ehemaligen Niederen 

Thore, wurde im August 1655 zu bauen begonnen an der Stelle, wo vorher 
eine Kapelle des hl. Wendelin stand. Die Kirche, zu der die Baumaterialien 
der Konradskapelle von Vockenhausen verwendet wurden, war 1662 fertig. (Hand- 
schriftl. Monimenta de origine atque progressu hospitii ff. Capucinorum (bis 1796). 
Das Kloster 1806 aufgehoben, die Gebäude 18 14 Militärspital, 1820 an Private 
verkauft, die dieselben zu einer Brauerei einrichteten. (Kefer Frbg. 
Diöcesanarchiv Bd. 18, S. 169.) 
Ehem. Amthof A tuthof VOH St Bldsieu. Der ehemalige St. Blasiane'r Amthof (jetzt 

Gebäude der Domänenverwaltung in der Josephsgasse). Im 14. Jh. stand daselbst 
ein Judenhaus (Urk. von 1349 u. 1364); dieses 1364 durch Ritter Johann von 
Frauenfeld an die Propstei Klingnau uud damit an St. Blasien verkauft. Nach 
dem Ankauf und Abbruch anstossender Häuser wurde das Amthaus, *so ein 
schlechte accommodation vnd bawfellig gebey gewesen', 1663 neu aufgeftilirt. 
(Schriften des Ver. V. 98 u. 99.) Am Erker St. Blas. Wappen. Das Haus fiel mit 
der Aufliebung des Klosters an den bad. Staat. Es ist ein grosses Giebelhaus und 
trägt im Mitfelstock einen ziemlich breiten Steinerker auf fünf Steinconsolen, dessen 
Brüstung mit halbkreisförmig geschlossenen mit Nasen versehenem Stabwerk verziert 
ist, in welchem vier kleine Wappenschilde mit aufgemalten Emblemen angebracht sind. 

Die Vorderseite nimmt ein dreifaches, jede Schmalseite ein einfaches, gerade 
überdecktes Fenster ein. Den Erker deckt ein zwiebeiförmiges Blechdach, dessen 
Spitze mit Kugel und Stern bekrönt ist 

Anstossend ein Thorweg mit drei schmalschlitzigen, unten runden Schiess- 
scharten, dabei ein Giebelbau mit spätgoihischen Rechteckfenstern. 

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Tafel XIX 




1. Villin gen. Steimvappen cUs Abts von S. Gvorgni, 

2. Eb.f Thonarheiten des Hans Kraut. 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 137 

Pfleghof von St. KatharinenthaL Pfleghof des Frauenklosters Pfleghof 

„ ' , . , , . -r^ . , -^^ r . , -r.- S. Katharinenthal 

St. Katharinenthal, jetzt Privathaus No. 654, in der Rietstrasse. 

S, Nepomuksstandbüd, Im Jahre 1 7 1 1 Hess Graf von Trautmannsdorf unter s. Nepomuks- 

_ ,__. . _ iiiTi -VT 1 itandbild 

Beisteuer des Magistrats eine steinerne Statue des hl. Johann v. Nepomuk 
in der Niedem Strasse unweit des Marktbrunnens errichten. Dieselbe wurde 1833 
an den Gewerbekanal versetzt. Ihre Höhe beträgt nahezu 3 m, ebensoviel die des 
Postaments, auf welchem sie steht. Am Fuss der Statue ist das Trautmannsdorfsche 
Wappen, am Postament folgende Inschrift: 

Nach frommer Vaters Sitte, 

Im Glauben an ein höhres Walten, 

Ziert ich Vülingens Mitte, 

Ward von den Bürgern hochgehalten. 

Als dieser Glaube ward erschittert, 

War auch Entbehrlichkeit mein Loos. 

Doch steh ich fest, wenn alles zittert, 

Natur/ — in deinem Schooss. 

iSjj. (Roder.) 

ABGEGANGENE KAPELLEN. 

Zu Vockenhausen , einem ehemaligen Dorfe (villa 1291) eine halbe Stunde Vockenhau»«n 
nordwestlich von der Stadt, links an der jetzigen Strasse nach Mönchweiier, 
hatte das Kloster St. Georgen 1275 den Kirchensatz (Liber decimationis ed. 
Haid im Freib. Diöcesanarch. I 30). In einem Zeugenverhör von 1503 wird 
von einem Priester Hans zu Münchweiler gesagt, er habe zu Vockenhausen 'ze 
ziten' Messe gehalten. 15 10 verkaufte St. Georgen seine Höfe und die Lehen- 
schaft 'der Pfarrkirche ze Voggenhusen' an die Stadt Villingen. (Stadtarch. 
Lit K.) Die zwei noch übrigen Höfe wurden im November 1632 durch die 
Württemberger in Brand gesteckt und gingen nun ganz ein. Die Kapelle des 
hl. Konrad, deren jährliche Einkünfte schon vor dem Schwedenkrieg bloss 1 8 
Batzen betragen hatten, so dass nur eine Messe im Jahr, nämlich am Tage des 
heiligen Konrad, gelesen wurde, zerfiel fast gänzlich und wurde 1655 abgebrochen 
(s. oben). Kefer Miscell. fol. 56. Jetzt noch Gewannname. 

Die yakobskapclle lag eine schwache halbe Stunde nördlich von Villingen jakobtkapeU« 
an der jetzigen sog. Jakobsgasse. Sie wird urkundlich erstmals genannt in einem 
bischöflichen Ablassbrief für dieselbe von 1342 (capella s. Jacobi et s. Verenae in 
Norsteten de parochia Vilingen). Kurz nach dem 30jährigen Krieg abgebrochen, 
der Fond mit dem Münsterfond vereinigt. (Kefer's Miscell. f. 3.) 

Die Neustiftskapelle nordwestlich unmittelbar vor der Stadt wurde 1430 Neuttifukapeiie 
durch die zur Förderung der Nächstenliebe und der bürgerlichen Eintracht gestiftete 
Bruderschaft der 'wilden Harsch' erbaut. Die Mitglieder trugen als Zeichen *ainen 
wilden man mit ainem crutzlin an sinem arm, das silberin sig\ nicht unter 10 

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138 KREIS VILLINGEN. 

Schilling an Werth. Urk. von 1456. Die Kapelle zu den 14 Nothhelfern 1633 
abgebrochen, nachher in die Brunnengasse verlegt, 1786 cxecrirt und zur Stadtmetzig 
umgewandelt. (Kefer's Mise. f. 3.) 

Antoniuskapeiic Antonüiskapellc. Die Kapelle der Bruderschaft des hl. Antonius 

des Einsiedlers stand an der Stelle des jetzigen Privathauses Nr. 45 in 
der Rietstrasse. Die Gründung der Bruderschaft ßUlt vor 1451, da in diesem Jahr 
Bruder Anton Lyasside von Tomier als St. Antoniensordens, *Präceptor oder Schaffner' 
des schon bestehenden St. Antonienhauses zu Villingen, *Präceptor und Regierer' der 
Antonien-Häuser zu Freiburg i. Br. und anderswo im ßisthum Konstanz in einer von 
Villingen datirten Urkunde eine Schenkung an die Bruderschaft zur Haltung einer Jahr- 
zeit bestätigte. Zeichen der Mitglieder war ein T (Antonius- od. dialekt. *Tenierkreuz') 
und eine kleine Schelle. Die Kapelle 1633 bei der wtirtt. Belagerung durch eine 
Kugel theilweise zerstört (G a i s s e r Tageb. a. a. O. S. 285 u. 286), 1723 
neu aufgebaut, 1786 nach Aufhebung der Bruderschaft execrirt und abgerissen. 
(Wenn die Konstanzer Handschrift der Concilschronik von Ulrich Richenthal schreibt 
(zum Jahr 14 14): 'och zoch in [in Konstanz] der gross vnd gewaltigost hoch- 
maister sant Anthonienordens, maister ze Vilingen, vnd vil maister mit im sant 
Anthonien ordens'), so beruht diese Nachricht, soweit sie Villingen betrifft, wol auf 
einem Versehen (vielleicht verschrieben statt Vienna), da nirgends sich ein Anhalts- 
punkt dafür findet, dass Villingen der Sitz des Hochmeisters dieses Ordens gewesen 
sei , und auch die ältere Aulcndorfer Handschrift , herausg. von B u ck im Stuttg. 
Litt. Ver. 1882 S. 43, nichts davon sagt). 

N>pf.mukkapciie Ncpomtikkapcllc. Die Kapelle des hl. Johann von Nepomuk vor 

dem Obern Thor 1750 durch Joh. Georg v. Grechtler erbaut und dotirt, 1762 
geweiht, am Anfang des Jahrhunderts cxecrirt, 18 10 in eine Ziegelhütte verwandelt 
und in den 1840er Jahren abgebrochen. 

Rothkäpp«!« Das sog. Rothkäppcle stand 10 Minuten nordw. von der jetzigen Loretto- 

Kapelle oberhalb der Rothkäppelhaldc ; urkundlich genannt 1624. 

ÖFFENTLICHE PROFAHBAUTEN 

Bickenbriick^ Die alte Btckcnbrückr über die Brigach war massiv aus Quadern gebaut 

und hatte vier der Halbkreisfomi sich nähernde Bogen, von denen die beiden 
innern etwas höher lagen. Die Wasscrpfeiler waren als Eisbrecher gemauert und 
die steinernen Brüstungen auf beiden Seiten der Fahrbahn hatten nach dem Fluss- 
ufer keine Fortsetzung. Sie wurde 1877 abgebrochen und durch eine eiserne ersetzt 

Marktbrunn^n Von öffentlichen Brunncfi darf erwähnt werdert der auf dem Marktplatz. 

Der Stock hatte vier Röhren, die Schaale bildete ein Achteck. ,.\nno 1554 . . . 
fieng man ahn, den neuwen Marckhtbrunncn zu hawen, und war zuvor ein hiltziner 
alda gestanden 50 jar; stuond Sant Christoffel daruff, welcher noch uff den heutigen 
tag im armbrustschützen-Hauss ist' (jetzt in der Alterthumssammlung). (Quellen- 
sammlung H S. 114) Die steinerne Statue des Königs Ferdinand I in den 1790er 

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AMT VILLIJJGKN. — VILLINGES. 



139 



"Yrihjfi_Qn^_l^f[|^ 




Fi\i(. 22. Vi Hin gen. Wasserspeier am Rathhaus. 



Jahren durch Herabfallen zerslürl. (Der Kopf in der Allerlhunissammlung.) Der 
Brunnen ist in den 1 840er Jahren als den Verkehr hemmend beseitigt worden. 
Aufstellung anderer steinener Brunnentröge 15^)3. 15Ö4 ff. 

Von den Stadtiiutzigeii stand die eine mitten in der Riet-, die andere in Sudtm^tne 
der Niedern Strasse über dem Bach. Diese wurde 1554, jene 1783 abgebrochen. 

Ein Bad beim Obern Thor wird schon 1290 erwähnt (s. oben S. 131); ein BHdor 
anderes befand sich im Stadtgraben westl. vom Niedern Thor. Sebast. Münster 
schreibt in seiner Kosmographie , Basel 1550, S. 722: 'es ist Ixn* dieser statt 
(Villingen) ein lustig bad, das fleüsst ab schwebel ntkI wenig alun, nützt fast wol 
müde Gliedern, dann es trücknet auss die neruen, sterckt den magen vnd seine 
teüwung'. Die Stelle, wo dieses Bad stand, ist nicht sicher zu ermitteln. Das 
jetzige Riclbad urkdl. erw. 1540. 

Das RatlihaiiSy dessen eine Seite dem Münsterplatz zugekehrt, dessen andere RathiMu» 
an enger Strasse gelegen ist, zeigt sich als schlichter dreist(">ckiger Bau mit gerade 
überdeckten gothisclien Rechteckfenstern, die zu zweien oder dreien gekuppelt sind. 
Die Mauertlüchen sind mit Putz überzogen und zeigen Si)uren alter Fa(;adenmalereien, 
die Giebel sind als Treppengiebel in Stein ausgeführt und bergen hinter sich das 
steile Ziegeldach, dessen Saum eine Kupferrinne einfasst, die in weitausladenden 
Wasserspeiern (gekrönte Drachenköpfe), welche von schön gearbeiteten Schmied- 
eisengestängen getragen werden, endigen (vgl. Fig. iz). 

7a\ ebener Erde zeigt die Giebelansicht nach dem Münsterplatz zwei später 
eingebrochene Spitzbogenthore, deren eines ein Doppel Wappenschild im Schluss- 
stein trägt. Zwischen den beiden Bogen ist vor einigen Jahrzehnten ein Steinwappen- 
schild aus dem vorigen Jahrhundert eingesetzt worden (in der Mitte das kaiserliche, 
rechts unten das österreichische, links das Villingensche \Vap[)en). Im II. Stock 
stehen auf gemeinsamer Fenstergurte drei dreifachgekuppelte Fenster, im III. Stock 
drei Doppelfenster und im Giebelfeld zwei zweifache. 



1833] 



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I40 



KREIS VILLINGEN. 



Rraiaiun« Am Gicbcl bemerkt man noch neben den Resten der ehemaligen Bemalung 

die Inschrift: 

Diligite Justitiam — und darunter: 
Non iudiccs 
Contra Judüem. 
(Vgl. auch Gutmann Sehr. d. Ver. i. Donauesch. II 199. 204.) 
In dem 1534 erbauten alten Rathhaus (vgl. Kefer's Miscell. f. 206; 
Jahreszahl 1537 ^^ Holzgetäfel über der Thüre des Rathsaales) stand ein kunst- 
voller Kachelofen von Hans Kraut. 
Treppeohau« ^ ^ Das Treppenhaus, als halbes Achteckthürm- 

chen ausgebaut, liegt in dem engen Rathgä.sschen, 
hat Schrägfenster, eine ausgeschalte steinerne 
Wendeltreppe mit profilirten Zargen und einen 
mit Kupfer gedeckten Zwiebelhelm. Den Zugang 
bildet ein Rcnaissanceporlal mit geradem Ge- 
bälke, das von korinthischen Säulen getragen 
wird, welche gereifelte und mit Spitzblättem be- 
deckte Schäfte haben. Die Thüreinfassung ist 
gothisirend profilirt, die Profile beginnen über 
einer Blättervolute von beistehender Form (vgl. 
Fig. 23). Die Arbeit ist ziemlich roh. 

An Steinmetzzeichen 
kommen vor: 

Beim Austritt nach dem II. Stock fesselt 
eine Spitzbogenthür mit Bimsiabprofilirungen, 
durch welche man über 4 Stufen zu einem eigen- 
artigen Vorzimmer gelangt. Die Tritte sind durch 
Si einschränken mit Steinsitzen Non Volutencon- 
solcn getragen , eingefasst , die Rücklehnen 
werden von Steinplatten mit durchbrochenem 
Fischblasenmaasswcrk gebildet, welche eine Lilienbekrönung mit Dreipässen da- 
zwischen tragen. (Vgl. Fig. 24.) An den Wänden des Vorzimmers hängen die 
Bilder der Maria Theresia und der Kaiser Ferdinand lll und Joseph II, erstere in einem 
reichen, farbigen, ovalen Barockrahmen, letztere in einfachen schwarzen und Gold- 
leislenrahmen. Drei der Wände sind mit Holz in einfachster Art vertäfert, die 
Decke als Holzbalkendecke mit Zwischenleisten gebildet. Auch ein Oelbild, die 
Belagerung Villingens durch Tallard, hat hier einen Platz gefunden. 

Durch eine 1820 aus der sog. alten Prälatur hierher verbrachte Intai-sialhüre 
R«thh«usMai mit J.H.S. gezeichnet, gelangt man in den schönen Ra th h auss aal , einen 
l)lf. quadratischen Raum von Q ni 60 Seitenlange, den drei dreifach gckuj)pelte Recht- 
eckfenster von einer Seite beleuchten. Die drei Fenstergruppen sind innerhalb als 
mit Flachbogen überspannte Nischen ausgebildet , die durch spätgothische Stein- 
säulen und Kragsteine, letztere mit Wappenschilden an den Stirnen, von einander 
getrennt sind. Eine der Stützen ist mit vertieften Rauten bedeckt, die andere 




i** 



^'^' 23 ' Villingett. Details vom Rnthhnus. 



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AMT VILLIXGEN. — VILLINGEN. 



141 







~ jMVx\^Z^^y\M^ v,.cJ,„,-K4,„41 ^ \ ^ 



Fi^. 24. Villingen. Rathhmis. 

achteckige mit Diamanten- und Stabwerk verziert. Die Decke ist mit Holzwerk 
getäfert und der Länge und Breite nach in 4 Hauptfelder durch Fugenleisten ge- 
theilt; sie ist im Holztone, der jetzt stark nachgedunkelt ist, belassen und an den 
Kreuzungspunkten der Friese mit vergoldeten Rosetten verziert. 

Die WandflUchen sind zu ^4 ihrer Höhe mit Holz vertäfert und durch ein- 
fache Lissenen in Felder eingetheilt. Das oberste Viertel, ist verputzt und mit 
Stuckleisten ausgefasst. 



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14- 



KREIS VILLlNCiEX. 




Fig. 2$, Villingen, Rathhaus. 

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AMT VILLINGEK. — VILI.INGEN. 



143 



EingangB.thUre 



Oelbilder 
Crucifizus 



Die Rückwand (der Fensterwand gegenüber) trägt die Perle der Holzdecoration 
-^ die Eingangsthüre, von der Fig. 25 ein Bild gibt. 

Der Thürflügel ist mit iMaserintarsien in 3 Tönen bedeckt, und von Lisenen 
eingefasst. Im Friese des T'lfelungsabschlusses ist die Jahreszahl \557 einge- 
schnitten. Besonders reizvoll ist der Puttenfries (8 Vi cm hoch) geschnitten, der 
Kampf und Friedensschluss darstellt. Am reichsten entfaltet sich das Schnitzwerk 
über dem Thürflügel. Mit ausserordentlicher Geschicklichkeit sind der Schild mit 
dem österreichischen Doppeladler und der Kaiserkrone, der Schild mit dem Reichs- 
adler und zwischen beiden der Schild mit dem städtischen Adler geschnitten. Von 
gleicher Vortrefflichkeit sind die Wappenthicre : Greif und Löwe, sowie die ganz 
frei gearbeiteten Palmzweige und Ordensketten, und auch die reizenden Baluster 
mit ihren korinthisirenden Kapitellen, aus denen die frei gearbeiteten Fürstenkronen 
herauswachsen. Die Thierköpfe mit den Festons am Balusterhals sind wundervolle 
Einzelleistungen, sowie auch die sich küssenden Köpfchen bei den Enden der 
gegeneinander wachsenden Palmzweige. 

Eine zweite, einfachere Renaissanccthüre zwischen Hermenpilastcrn mit Doppel- 
adler und aufgelegtem Rankenornament im Fries und schönem BeschUig, ist gleich- 
falls eine gute Arbeit. 

An den Wänden, längs welchen auf zwei Seiten Sitzbänke geführt sind, 
hängen noch Oelbilder verschiedener Güte : Ansicht von Jerusalem und Zug 
nach Golgatha, inmitten des Oell)ildes ein aus Holz geschnitzter Crucifixus, 
darüber ein flammendes Herz im Rosenkranz (Rosen gold, Blätter grün, Herz roth); 
Bild des Maltesers R. v. Dattenberg (1650): Bild eines Franciscaners mit einem 
Bauwerk auf der Hand ; eine theilweise Copie des Votivbildes in Triberg, die Be- 
lagerung Villingens durch Tallard (16. — 22, Juli 1704) darstellend; Portrait des 
Marschalls (beide neu); Bildniss des Bürgermeisters Hicronymus Schue, nat. 1635, 
mort. 1711; dann noch ein Holzschnitt, eigenthümliche Abl)ildungen des ge- 
sammten Gewerbes, der Kaufmannschaft u. s. w., 1697 datirt, mit Allegorien und 
Spruch versen. . 

Das von der Decke herabhängende Lüsterweibchen, mit Wage und Schwert Lüsterweibchen 
ausgestattet, mit vergoldeter Busenbinde und vergoldetem Fischschwanz, mit hübschem 
Kopf mit Cartouche und Siebenendern, sowie die im Saale stehenden zwei Deutsch- 
renaissancekästchen gehörten ursprünglich nicht hierher. 

Zurück nach dem durch zwei Doppelfenster erhellten grössern Vorplatz ist 
dort noch eine Steinthüre mit Kielbogensturz und sich durchschneidendem Stab- 
werk zu verzeichnen. Neben verschiedenem Holzbildwerk ist hier noch eine flotte 
Rococoarbcit — ein Grabstein von 17Ö1 beachtenswcnli. 

Städtische AltrrtlutmS'Sajumlung. (Vgl. Bad. Landeszeitung 1879, No. T.56. 
I 187, L) Der obere Stock enthält in seinen Räumen das von dem 1889 ver- 
storbenen Herrn Stadtrath Förderer liebevoll und mit vieler Sachkenntniss 
geordnete städtische M u s e u m. Nach dem sorgfältig angelegten Repertorium, das 
über jeden Gegenstand jeden wünschenswerthen Aufschluss gibt, umfasste die 
Sammlung im Sommer i888 im Ganzen 1529 Nummern. 



StcinthUre 



Grabstein 

Altertliums- 
Sammlung 



[837] 



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144 KREIS VILLTNGEK. 

Gobelins Bcsonders hervorzuheben sind 3 vorzüglich erhaltene alte Gobelins. Zwei 

derselben haben eine Höhe von i m 12 und zusammen eine Länge von 4,00 m. 
Der eine enthält die Krönung Maria's durch Gott Vater, Christus und den hl. Geist; 
Maria hat zur Rechten die hl. Elisabeth mit Rosenkorb und Gebetbuch, zur Linken 
den hl. Bernhard mit der Pilgermuschel am Hut, Stab, Tasche und Gebetbuch. 
Die Figuren heben sich von schwarzem, mit Blumen und Pflanzen bedeckten Grunde 
ab. Der andere ist in drei Felder getheilt und enthält links einen Engel mit 
wallenden blonden Haaren und einer brennenden Wachskerze in der Hand auf 
rothem, gemustertem Grunde, in der Mitte einen segnenden Christus in weissem 
Gewände und Flammenglorie, auf grünem Hügel stehend, und unten drei weinende 
Jünger und zwei weitere Gestalten , darüber eine ein Spruchband haltende bärtige 
Halbfigur mit Heiligenschein, aus Wolken hervorschauend. Der Grund ist schwarz 
mit Blumen, Bäumen, Wiesenpflanzung reich besät. Rechts steht eine weibliche Gestalt 
mit Heiligenschein und Rosenkranz im wallenden, blonden Haare, in der einen 
Hand Hammer und Meissel haltend, die Figur auf rothem, gemustertem Grunde. 

Unten in der Ecke sind zwei Wappenschilde, deren einer im obem wag- 
rechten Feld zwei weisse Lilien auf schwarzem Grund , im untcm eine schwarze 
Lilie auf weissem Felde führt. Der andere führt einen schwarzen Raben im gelben 
Felde, der auf rothem Boden steht. 

Der dritte Gobelin ist 50 cm hoch und 2 m 85 lang und setzt sich aus 
5 Rechteckfeldern zu.sammen, die abwechselnd blaugrünen (3) und hochrothen (2) 
Grund haben. 

Dreimal ist eine sitzende Jungfrau, mit einem Löwen spielend, dargestellt, ein- 
mal eine stehende Jungfrau, zu ihren Füssen ein stehender Hirsch, und eine vor 
einer Felsenspalte sitzende Jungfrau. Der Grund ist von Ranken werk durchzogen 
und haben drei der Figuren Spruchbänder mit schwarzer und gelber bezw. schwarzer und 
rother Schrift (vgl. Taf. HI B.). An diese reihen sich schöne Stickereien von ver- 
schiedener Technik und einige Costümstücke an. 
Terracotten Gleich hohes Interesse beanspruchen die Terracotten des Villinger Hafners 

und Bildhauers Hans Kraut (c. 1550 — 1600). Ueber diesen Künstler findet 
sich in dem 1509 begonnenen Bürgerbuch (Stadtarchiv) zum J. 1585 der Eintrag: 
*Hans Kraut, der hafner, ist burger worden uff" sein schir (Scheuer), ligt in Hafner 
ort (jetzt Rottweiler Viertel) zwischen Jacob Bofers haus und Bartlin Spethen 
schir. Actum sambstag den 24 tag May anno 85' und dabei die Bemerkung von 
etwas späterer Hand: *der hat den offen in der rathstuben gemacht.' Das ist die 
einzige bekannte Notiz über den Meister. (Roder.) In seinen Werken ist 
das Figürliche und Omamentale mit gleich grosser Geschicklichkeit behandelt. 
Taf. (Xn) giebt einige der von ihm ausgeführten Ofenkacheln. Sein Hauptwerk 
wurde leider vor wenigen Jahren an das Kensington-Museum verkauft, der prächtige 
grüne Kachelofen, von dem das Museum noch eine Zeichnung und ein kleines 
Modell be.sitzt. Er stand bis dahin in Engen. (Vgl. unsere Tafel XIÜ.) 

Bei diesem bunt glasirten Ofen sind alle horizontalen Gesimse im Grundton 
weiss und mit blauen Ornamenten bedeckt; die Capitelle der Baluster sind gelb 
und grün gefärbt, wobei die Akanthusblätter grün und der Astragal gelb ist. Die 

[838] 

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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



145 



XilljnSti'Zitfilil 




5rlb olasirt- . 



©run^lasirT 



Q_JnnrnstL. iD.i^. 




Fig. 26. Vt Hingen. Alterthumssammlung. 



Kernform des Baluster ist hell grauroth, die Basen sind blau, gelb und röthlich 
gestreift. Die mit erhabener Bildhauerarbeit geschmückten Ofenkacheln sind grün 
gehalten, so dass diese Farbe als Localfarbe des Ofens gelten kann. Bei den obern 
Tafeln mit der Darstellung des Opfers Abrahams, und bei den Tafeln mit den 
mythologischen Figürchen ist der Grund weisslich und die figürlichen Darstellungen, 
das Cartouchenwerk und sonstige Ornamente in bunten Farben hergestellt. Die 
Lisenen der zwei Geschosse, sowie der untere Wappenfries beim zweiten Auf- 
gangstritt haben azurblauen Grund und farbige Ornamente bei gelb- und rother 
und grün- und weisser Fassung der Rahmen. Die Setzstufe des dritten Trittes 
zeigt auf weisslichem Grunde ein blaues Wappenschild mit bunten Grotesken. Die 
Füsse haben in der Kernform eine röthlichgraue Färbung und gelbe und grüne 
Ornamente. Der Gesammteindruck der Farbengebung ist ein harmonischer, trotz 
der kräftigen und ganzen Farben. (D.) 

Die grosse Majolica vom alten Kaufhaus mit den Wappen Oesterreichs und 
Villingens ist gleichfalls ein Prachtstück Kraut's. Von Terracotten sind noch die 



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146 kRElS VlLLmOEN. 

Giasirte Ziegel glasirtcn Ziegel der Münsterthürme mit ihren eigenthümlichen Blumenranken, 
(darunter das Monogramm HC vgl. Fig. 26) und römische Ziegelreste zu erwähnen. 
Modelle Für die Baugeschichte der Stadt ist von Interesse das Modell des alten Kauf- 
hauses mit dem eisernen Glockenstuhl, dem Malefiz-Glöckchen und der 
Kanzel zur Verkündigung des Todesurtheiles. (D.) 

Eine Darstellung der Seeschlacht von Rhodus, an welcher laut Inschrift auch 
Wolfgang von Maassmünster, nachher Comthur in Villingen, 1523 Theil nahm 
(Hug's Chronik S. 175, s. oben S. 83). Das Bild ist in neuerer Zeit mit bunten 
Oelfarben bedeckt worden. (D,) 

AiteEisenarbeiten Kunstgewerblich von hohem Werthe ist die Sammlung sehr schöner alter 

Eisenarbeiten als: Thürbeschläge, Aufziehringe , S ch 1 ö s s e r (darunter 
ein prächtiges tausch irtes Hanges chloss von eigenthüml. Formgebung), 
Casetten, Leuchter, Uhrwerke, Träger, Waffeleisen, Hostien- 
modelle aus dem Capuzinerkloster , Schlossschilde, verzinnte Fenster- 
beschläge, Beschläge von Truhen u. s. w. Schmiedeisenkreuze und 
Füllungen, Wirthshausschilde, Guss platten und eine durchbrochene 
blecherne Kirchenlaterne. Eine in Thuningen ausgegrabene römische Bronze- 
lampe, deren Deckel ein erotisches Relief ziert, und die als Halter ein prächtig 
gearbeitetes Akanthusblatt hat, ist eine Arbeit bester Art. Auch gutes Schrein- 
werk, namentlich schön geschnitzte Truhen, darunter eine Zunftlade für Schreiner 
und Zimmerleute, H. A. \600 gezeichnet; schöne Stühle und Stuhllehnen sind ver- 
treten. Von bildnerischen Holzschnitzwerken sei eine Vermählung Mariae und ein 
Abendmahl (18. Jh.) erwähnt und vor Allem die mittelalterliche Pracht -Lade 
(66 X 30 cm gross) mit iliren hochinteressanten Reliefs , die auch architektonische 
Darstellungen als Schlosskapelle, Stadtthor, Mühle enthalten. (D.) 

Gebrauchsgegen* Glasmalereien sind nur in geringer Zahl vertreten ; dagegen sind Ge- 

brauchsgegenstände, Zinnteller, Zinnkannen, Gläser und Porzellangefässe, 
Stempel, Medaillen, Münzen und Schaumünzen, Schmucksachen vor- 
handen. Auch an Folterwerkzeugen ist kein Mangel. Von Interesse ist noch die 
Sammlung alter Waffen, Bücher und Karten. Von ersteren wären anzuführen: 
Wallbüchsen (1749) mit dem Villinger Stempel, Korbdegen mit Klinge angeblich von 
14 14 (?), Pfeilspitzen, schwedische Geschosse, eine den Schweden am 17. Sept. 1633 
abgenommene Fahne (die sog. Maulbronner); von Büchern ein Passional von 
Ant. Koberger, Nürnberg 1488, eine Horatius- Ausgabe von 1498, Brandt*s Narren- 
schiff 1507 und die Karte von der Umgegend von Rotweil und Villingen (17 13 — 14), 
deren sich Prinz Eugen von Savoyen bediente. (D.) 
Bildttöcke Auf dem Feldwege von der Stadt bis zur Friedhofskapelle stehen Stations- 

bild e r s t ö ck e , nicht ganz schmucklose Steinarbeiten aus dem vorigen Jahrhundert. 
Schäfte und Tafeln haben bewegte Umrisslinien in Form von anschmiegenden 
oder übergelegten Voluten. Die Stationsbilder sind auf Blech gemalt und 
eingesetzt. Einige der Bildstöcke sind im Jahre 1854 renovirt, wie Inschriften auf 
der Rückseite besagen. (D.) 
Profanbauten PtofanbaiUen. In den beiden sich rechtwinckelig durchkreuzenden, breiten 

Hauptstrassen tragen manche der meist schmalen drei- und vierstöckigen Häuser 

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AMT VILUNOEK. 



VILLINGEK. 



147 




Fig. 27. VilUngen, Dachgaupe, 

noch die alten Erker, in Villingen *Ausstoss' genannt. Wenige sind im ursprüng- 
lichen Zustande, einzelne durch einen nicht gerade günstigen Farbenanstrich 
aufgeputzt. 

Die meisten sind aus Werksteinen hergestellt, doch ist auch der Holzerker 
in einigen Beispielen vertreten. Der Form nach sind sie im Grundriss rechteckig 
und im halben Sechseck aufgeführt; sie sind bald nur in einem Stockwerk ange- 
bracht, bald gehen sie durch zwei Geschosse hindurch. Einen hervorragenden 
Bilderschmuck trägt keiner derselben. Einzelne gehören der mittelalterlichen Bau- 
periode, andere der Zeit an, in der sich mittelalterliche Formen mit denen der 
Renaissance mischen, wieder andere sind in den strengem Gliederungen des Stils 
Ludwigs XVI gehalten und noch andere gehören mit ihren gebrochenen und ver- 
schnörkelten Dachgesimsen der Barockzeit an. Die meisten sind mit hochgeführten, 
schräg ansteigenden oder zwiebeiförmigen Metalldächem versehen. Die Gesimse 
krönt meist eine mit oft sehr schönen Wasserspeiern besetzte Blechsima, für welche 
der St. Blasianer Wasserspeier (s. Band III) als Vorbild gelten kann. 

Die Dachflächen der Häuser sind mit zum Theil durch Schnitzwerk verzierten 
Heuladen oder Heugaupen — in Villingen 'Schöpfle* genannt, besetzt, (vgl. Fig. 27). 

(D.) 

Das ehemalige Kaufhaus stand mitten in der oberen Strasse und war laut Ehem. Kaufhaus 
Inschrift 1573 erbaut worden. 1827 wurde das Gebäude abgebrochen und der 
Kommarkt in das frühere Spital verlegt. (R.) 

Das neue Rathhaus am Münsterplatz ist ein in den Formen einfacher Neues Rathhaus 
dreistöckiger Bau aus dem vorigen Jahrhundert, mit 5 Fenstern an der Front und 



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148 



KREIS VILLINGEN. 




Fig. 28. ViUingm. Erker am Hatis 421 der Nieder Strasse, 



jonischen Eckpilastern. Ueber dem Mittelfenster ein Wappenschild mit dem Villinger 
Adler in Barockcartouche. 
Obere Strasse Obere Strasse. Ehemaliges Gasthaus zur Sonne, wurde laut In- 

schrift 1562 erbaut, 1884 restaurirt und zum Gcschüftshause der Waisen- und 
Ehem. Gasthaus Sparkasse Umgebaut. Bemerkenswcrth an demselben der Erker und ein rundes, 

zur Sonne , , 

vom Boden bis über das Dach geführtes Treppenthünnchen mit steniemer 
Wendeltreppe. 
Ehem. Kürnecker Privathaus Huks am Obern Thor, jetzt Weinhandlung, ehemals die sog. 

*Kürnecker Sammlung'. (13 10 erstmals genannt. FU. V. 285.) Die Frauen 
derselben wurden 1452 wegen Dürftigkeit mit der Vettersammlung vereinigt, 
worauf die Stadt das Haus an sich brachte und zu einem Zeug- und Munitions- 
haus einrichtete (Kefer). Im Jahre 1820 wurde das Gebäude von der Stadt ver- 
kauft, nachdem schon 1744 sämmtliche Geschütze und Munitionsvorräthe durch die 
Franzosen weggeführt worden waren. Ein anderes Haus, in der Obern Strasse ge- 
wiider .Mann legen, trägt uocli dcu gut gearbeiteten W i r t h s h a u s s ch i 1 d *z u m wildert Mann 
— eine Schmied eeisen arb ei t aus dem vorigen Jahrhundert. Beim Neubau 
der Hausfront (1886) wurde leider ein schöner Renaissance-Erker mit Kupferdach 
und eine von zwei gewundenen Steinsäulen getragene Fensternische entfernt. 



1842] 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



149 



Haus No. 179 mit 3 Holzerkem, von denen zwei in der Form eines halben 
Sechseckes, einer in viereckiger mit 3 Fenstern ausgeführt sind. 

Häuser No. 105 und 107 mit barocken Holzerkem. 

Eckhaus No. 122, ein ehemaliger Thurm, der in den 1830er Jahren oben 
abgetragen und dann in ein Wohnhaus verwandelt worden ist. Der Thurm mit dem 
anstossenden Haus gehörte wahrscheinlich dem in der Umgegend begüterten Kloster 
Tennenba ch, denn im Stadtrecht von 1371 wird als Grenze des Baches in der 
oberen Strasse angegeben 'der herren von Tennibach orthus (Eckhaus)', und im 
Verkauf ihrer Güter zu Kümach und Villingen 1506 nehmen die Herrn von Tennen- 
bach aus 'ir hus vnde turn'. (Stadtarch.) 

An einem andern Hause zwei Steinschilde mit den Abzeichen der Bäcker- 
und Küferzunft. 

Niederstrasse. Haus No. 421 mit kleinem rechteckigem Erker, (vgl. Niederstrasse 
Fig. 28) 

Haus No. 422 mit Steinerker durch zwei Stockwerke im Stile Ludwigs XVI 
(vgl. Fig. 30) und guter, etwas akademischer Fägade. Im Innern eine steinerne 
Wendeltreppe mit Spindel und ausgeschalten Tritten. Letztere bilden in der Unter- 
sicht keine durchgehende Fläche, sondern sind in Bogenform abgetreppt, wie bei 
der Wendeltreppe im Halwyler Hof in Säckingen. 

Der Vorplatz hat eine Holzdecke, deren an den Kanten abgefaste Balken 
enge gelegt, auf Unterzügen ruhen. 

Haus No. 426, am Marktplatz gelegen, mit einem durch zwei Stockwerke 
gehenden Steinerker und Zwiebeldach (vgl. Fig. 29) — dem grössten und bedeutendsten 
in Villingen. Von den zwei Wappen ist das eine, das der Familie Kegel (17. Jh.). 

Das Haus No. 389 hat einen Steinerker von halbsechseckiger Grundform 
mit einem Doppelfenster an der Vorderseite, liin Wappen an demselben führt die 
Buchstaben M .W. und einen Eimer mit Henkel darunter. 

Haus No. 387 trägt einen ähnlich einfachen Erker. 

Haus No. 328 hat den gleichen Erker wie Haus No. 389. 

Haus No. 383 mit einfachem Renaissance- Holzerker. 

Das Haus No. 367 hat am Thürsturz zwei Wappenschilde mit der Zahl 1740. 

Haus No. 358, altes kleines Steinhaus, mit Doppclfenster, 'Schöpfte' und 
gedrückter Si:)itzbogenthüre. 

HickenstraSSe Bickenstrasse 

i\m Hause No. 204 in der Bickenstrasse kleiner Steinerker mit dem Wappen 
der Maienberg (Stengel mit drei Blättern), das von zwei Schildhaltern — einem 
nackten Mann und einer nackten Frau — gehalten wird. 

Häuser No. 313 und 191 mit hölzernen Barockerkern von gleicher Form. 
Riet- oder Riedstrasse. Riedstrasse 

Das Haus No. 4 hat einen einfachen Steinerker mit zwei Wappenschildchen, 
welche die Jahreszahl 1640 tragen. Die Fenstergewände haben die bekannten 
Hohlkehlenprofile mit Volutenansätzen. 

Haus No. 44. Kleines mittelalterliches Steinhaus, im Erdgeschoss umgebaut, 
im zweiten Stock mit vierfach gekuppelten Fenstern, von denen die beiden innern 



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I50 



KREIS VILLINGEN. 



Ife ia^l 




Fig, 2g. Villingen. Erker am Hatise No. 426 der Niederstrasse. 



[844I 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. I 5 I 

Überhöht sind. Der Steinerker ist in der Form eines halben Sechseckes gebildet, 
im dritten Stocke sind zwei Fenster und auf dem Dach eine gute Heugaupe angebracht. 

Haus No. 45. Neben diesem Eckhäuschen ein grösserer Bau mit schlichtem 
Renaissanceportal und halbkreisförmigem Tympanon mit den Buchstaben J . H . S . 
und der Jahreszahl 1786, gehörte dem Antonierhaus an (s. oben S. 137). 

Haus No. 47 der Rietgasse hat an der Vorderfa^ade eine aus Stein 
gemeisselte Schildtafel mit dem Reichs-, Oesterreichischen und Villinger Wappen 
und der Jahreszahl 1566. In diesem, in den 1830er Jahren umgebauten Hause 
war im zweiten Stock ein geräumiger Saal — 'die Herrenstube' — in welcher sich 
die sog. *Müssiggänger' (1306) oder *erberen mussigganger (1440) d. s. diejenigen 
Leute, denen ihre Vennögens- und Standes Verhältnisse nicht die Betreibung eines 
Handwerkes nothwendig machten (Adelige, Amtleute, Geistliche) zunftmässig orga- 
nisirt zur geselligen Vereinigung zusammenfanden. *Der Herren Stube an der Riet- 
gasse gat durch bis an das Ratgesselin' (1497) ^^^ ^^"^ "^^^ Gemälden, darunter 
*viele* Glasgemälde von Äbten und Johanniteroomthuren geziert. Mehrere dieser 
Bilder befinden sich in der Alterthumssammlung. 

Das Eckhaus der Riet- und Oberstrasse hat einen Steinerker mit schönen 
kupfernen Wasserspeiern nach der Art der St. Blasianer. 

Im Erkerträger befindet sich eingem eissei t : 
i) Das Stadtwappen mit der Zahl 1689. 

2) A^B. 

3) Ein Vierfelder Schild mit zwei Blumen oben und unten die Buchstaben M . M . 

4) Ein einfacher Schild mit drei Lindenblättern auf einem Dreiberg und 
die Buchstaben L . H . 

Der Erker hat im Grundriss die Form eines halben Zehnecks. 
Haus No. 102 gegenüber dem Münster, ein dreistöckiger Bau mit gekuppelten 
gothischen Rechleckfenstern im zweiten und dritten Geschoss, sonst verbaut. 

Daneben Haus No. 103 ein Scheunengebäude, in dessen Obergeschoss zwei 
schmale Schlitzfeiister mit Kleeblattbogen und Wulsterprofilen ohne Capitelle an 
den Kämpfern. Dabei ein vorspringendes Eckhaus mit kleinen Kuppelfenstern, 
darüber spitzbogige Schlitzfensler und darunter eines, dessen Gewände als Drei- 
viertel -Säulen mit Würfelcapi teilen gebildet sind. 

Das dreistöckige Eckhaus neben No. 102 lr<igt eine steinerne Schrifttafel mit 
den Worten: 

Fmr: Sprüizrfi : 
Hmis So Erbaivcn 
7vordc7i nach Christi 
Geburth 1^12 Jahr. 
Sonst verbaut und in den Kuppelfenstern der Mittelstützen beraubt. 

Josephsgasse. Jo*ephtgat»e 

Haus No. 81, eines der ältesten Häuser mit einem Stein im Mauerwerk, der 
die Jahreszahl 1585 trägt. An der Hofseite trägt ein Fenstersturz die Jahreszahl 1578. 
Das schlichte Häuschen hat einen kleinen Steinerker, dessen Träger eine gutge- 

[8451 • 

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152 



KREIS VILI.INGEN. 







Fig. 30. Vülingen. Erker am Hause Xo, 422 der Nieder Strasse. 



[846J 



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AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. 



153 



arbeitete Fratze in der Endigung zeigt. Interessant und malerisch ist das Erker- 
zimmerchen mit seiner Holzdecke, die Balken mit abgefasten Kanten, mit seinem 
auf einfachen Consolen ruhenden Leibungsbogen , die durch canelirte dorische 
Steinsäulchen abgestützt sind. 

Das zweite Haus von diesem weg, trägt im Thorbogen die Jahreszahl 1733. 
S ch u 1 g a s s e. 

Das Kaplaneihaus No. 9 hat ein einfaches mittelalterHches Steinerkerchen 
von halbsechseckiger Grundform. 

Das Haus No. 565 in der schmalen Parallelgasse zur Riethstrasse ist ein 
Beispiel eines einfachen mittelalterlichen kleinen Hauses von drei niederen Stock- 
werken, mit kleinem Halbsechseck-Erker auf zwei Steinconsolen ruhend, und gothischer 
Spitzbogen thüre mit doppelten und dreifachen schmalen Schlitzfenstern. 

An vielen Häusern derselben Gasse gute Heugaupen. 
Käsgasse. 

Eckhaus Nr. 392 ehemals U. L. Frauenhaus, (dem Münster gehörig) mit 
Buckelquadern an den Ecken. Im zweiten Stocke dreifach gekuppelte Fenster mit 
sich durchkreuzenden Gewände- und Sturzstäben. Die Stäbe (Rundstäbe) sind an 
den Basen mit Kerbschnitten verziert und von guter Arbeit. Nebenan auch einfache 
und Doppelfenster. Die dreifachen Fenster sitzen auf einer gemeinsamen Hohlkehl- 
gurte auf. Der untere Stock ist umgebaut. 

Das Eckhaus der Käs- und Färbergasse zeigt eine Spitzbogenthüre und neben 
dieser ein kleines Fenster mit einer Teufelsfratze mit bemalten Stosszähnen über 
dem Sturtze. 
Färbergasse. 

Das Haus No. 481, gegenüber dem 'Gasthaus zum Schützen', hat über dem 
Thorweg die schräg gegeneinander gestellten Wappen von Oesterreich und Villingen, 
zwischen welchen oberhalb Pfauenfedern ausgemeisselt sind und unterhalb das Zeichen 

(X-X). Den Schilden ist die Jahreszahl DI CCCC'S'S^' (^43 beigesetzt. 

Das Haus No. 485 der gleichen Strasse hat im Schlussstein des Rundbogen- 
thores einen Steinschild , der Winkel- und Weitenmass, ein Meisterzeichen : T 
und die Jahreszahl 15^)7 trägt. Es soll von der Warenburg stammen. A 

Das Eckhaus No. 88 hat auf einem sichelförmigen Stein zwei Wappen- 
schilde , in dem einen die Buchstaben I M , darunter ein Meisterzeichen 



!■ 



in dem andern den Villinger Adler und die Jahreszahl \573. 



Schulgass« 



Käftgass^ 



Färbergasse 



Im Freuden- 
stadtchen 



'Im F r e u d e n s t a d t ch e n' zwei alte , jetzt verbaute Wohnhäuser , davon 
eines eine Rund bogen thüre mit gut profilirten Gewänden und der Jahreszahl \6^7. 

Am Käferberg das zweistöckige Haus No. 15 mit Rundbogen thüre und drei- a™ Käferberg 
fachen gothischen Schlitzfenstem und Heuladen auf dem Dach. 

Ebendaselbst Haus No. 479, im Schlussstein des Thorbogens das öster- 
reichische und Villinger Allianzwappen und die Jahresahl |^2i (^S^?)- 



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154 



KREIS VILLINGEN. 



Trfistfrstur^ inVil|in(iPM-. 



^ 




Gerbergrasse GcrbergaSSC. 

In dem Hause No. 222 ist über dem Eingang ein grosser Steinschild mit 
Doppehvappen, der links den hl. Sebastian an den Baum gefesselt, rechts einen 
Stechhelm mit zwei Hörnern und Maiglöckchen — Blumenstock mit fünf Blumen 
und wallende Helmdecke — führt. Inschr. eines Hans Theod. Kolmann 1630. 

Am Haus No. 256 der gleichen 
Gasse finden sich über dem Thür- 
eingang zwei kleine frühromanischc 
Fratzen, aus Stein gemeisselt, ein- 
gesetzt. Im zweiten Stocke ist ein 
Halbsechseck-Erker mit zwei glatten 
Wappenschilden , an der Gurte 
die Jahreszahl 1584. Die Hohl- 
kehlengliederungen der Gewände 
haben die bekannten Volutenan- 
sätze. Das Kreuzfenster neben dem 
Erker zeigt die eigen thümliche, 
durch Fig. 31 dargestellte Sturz- 
verzierung. 
Fig, j/. Villittgen. Fenstersturz, 

Das verbaute Haus No. 255 zeigt im zweiten Stock noch alte, dreifache 
Kuppel fenster. 

Das Haus No. 251 hat in einem Thürsturz eine Fratze ausgemeisselt und die 
Jahreszahl 1757. 

Die daneben liegende Bierbrauerei *zum Reichsapfel', ehem. S. Blasianer- 
hof (?), hat das Wappen der Abtei über dem Eingang, mit dem Datum 1614. 

Rrunnen^j.isse B r U n n Cn ga SS C. 

Altes gothischcs Haus mit Sockel und Erker. In derselben Strasse mehrere 
Häuser mit gothischem Eingang, (ß.) 

Die kleine Sammlung des verstorbenen Stadtraths Förderer ist nach dessen 
Tode zerstreut worden. Dieselbe bestand aus Gemälden des 17. und 18. Jhs., 
meist Genre; ein gutes Bild (gez. Lud. Herkmann (Invenit et Pinxit A" 
1789) stelhc den hl. Ignatias v. Loyola und Franz Xaver sterbend dar. Weiter be- 
sass Hr. F()rderer T e r r a c o 1 1 e n von U m m e n h o f e r aus Viliingen (Mitte dieses 
Jhs.), Scenen aus dem Leben Jesu. Ein Bildniss eines Cardinais, angeblich von 
Angel ica Kaufmann, gelangte in den Besitz des Hrn. Prof. Roder. 

Zur Kunstgeschichte von Villingen sei noch erwähnt, dass der Maler Karl 
Stetter um 1623 mehrere Gemälde schuf. (Tageb. des Abts Ga isser von 
Villingen, Mone Ztschr. HI 15. Qs. II 164. 170.) Vgl. eb. 161. 162 über ver- 
schiedene Altarbilder der Zeit. (/C.) 
Kiiino Kirnpck Burgruinc Kirneck (seit 13. Jh. erw., vgl. Gerbert Hist. Silv. nigr. II 60, 

vgl. auch eb. I Xo. 436: Henricus de Kurnekke) 'auf einem mit Tannen dicht 
bewachsenen, nach der Strasse steil abfallenden Hügel gelegen, ist jetzt Eigentlium 



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AMT VILLINGEN. 



VILLINGEN. 



155 










^'^' J2' Burgniinc Kimcch, Grtindriss. 



der Stadt Villingen. Zu Anfang dieses Jahrhunderts sollen von der Burg noch 
verschiedene Gebilulichkeiten, insbesondere ein massiv gebauter, runder Thurm vor- 
handen gewesen sein, die noch bestehenden Reste beschränken sich auf eine 1,86 m 
dicke und 17,8 m lange Mauer, die am nördlichen Ende 6,50 m, am südlichen 
8,0 m hoch ist. Die eingebrochene Thoröffnung stammt aus neurer Zeit. An das 
genannte Mauerstück schliessen sich zwei Flankenmauern von etwas geringerer St^irke 
an, die wie die grosse Mauer aus unregelmässigen, zum Theil kleinen Sandstein- und 
Granitbrocken hergestellt sind.' (D.) 

Zur Geschichte der Burg gibt uns Herr Prof. R o der nachstehende Notizen : 
'Das Wort bedeutet: Ecke, Vorsprung an der Kürnach oder Kirnach (ist gleich: 
Mühlbach, vom mhd. kürn = Mühle und ahe, ach = Bach. Bück Oberdeutsches 
Flurnaraenbuch i, 138, i so). Diese Burg war der Stammsitz des ursprünglich 
Zähringischen, seit 1 2 1 8 fürstenbergischcn Ministerialengeschlechts derer von Kümeck. 
Sie werden urkundlich erstmals genannt 1185, dann 1222 (Württemberg. Urkunden- 
buch III S. 126) und in der Folge noch sehr oft, die Burg (castrum) erstmals 
1285 (Fürstenberg. Urkdb. V S. 196). Die in ihren Vermögensverhältnissen nach 
und nach herabgekommenen Herren v. Kümeck, von denen viele das Bürgerrecht 
in der Stadt Villingen besassen, starben in den ersten Decennien des 16. Jhs. aus. 



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156 



KREIS VILLINGEN. 



Rum<*n8thal 



Wartnburg 



Der in einem Eintrag von 1498 im Villinger Bürgerbuch vorkommende 'Brun von 
Kürnegg, Herr Wernhers sei. sime', dürfte hierorts der letzte seines Geschlechts 
gewesen sein. Die Burg Kürneck, in welcher v.J. 1358 an die Stadt Villingen vertrags- 
mässig das Oeffnungsrecht hatte, ging 1365 für die seitherigen Besitzer verloren. 
Sie gehörte bis 1369 denen von Randeck, hierauf denen von Neuneck, seit 1372 
dem Kloster S. Georgen (1383 einige Monate lang dem Villinger Bürgermeister 
Johann dem Heimbürgen). Nachrichten über ihr ferneres Schicksal sind sehr dürftig. 
Dass einst auch eine Kapelle dabei stand, erfährt man aus einer Urkunde vom 
4. October 1496, laut welcher der Konstanzer Generalvikar Daniel (Zehender) an 
diesem Tage eine neue Kapelle zu Kürneck (capellam novam in Kurnegk) beim 
Kloster S. Georgen zu Ehren des hl. Wendelin einweihte. Dieselbe muss nach 
der Andeutung eines Gemäldes aus dem Ende des 17. oder Anfang des 18. Jhs. 
(zu Villingen in Privatbesitz) am Fusse des Burgfelsens sich befunden haben. Die 
Burg kam um das Jahr 1506 in den Besitz der Stadt Villingen; eine Urkunde 
von 1498 nennt sie *schloss' Kümeck, eine andere von 1500 schon *Kurnegk das 
burgstair (Fürstenberg. Urkdb. IV 291), eine folgende von 1549, *das alte 
burgstair. Das schon erwähnte Gemälde ^^eigt sie als zweistöckiges Wohngebäude, 
zu welcher eine steinerne Stiege von unten emporführte; an dasselbe schloss sich 
am (istlichen Ende ein massiver Rundtluirm an. Am Ende des vorigen und Anfang 
dieses Jhs. wurde das Ganze bis auf den vorhandenen geringen Rest abgetragen; 
die Steine fanden damals (181 1) Verwendung als Baumaterial bei Anlegung der 
neuen nach Triberg führenden Kürnachthalstrasse. 

Die jetzt häufige Bezeichnung *Salvest', urkundlich so 1603 (1358 Malfesche, 
1549 Alfesch) bedeutet wol , Herrenfeste' (Bück a. a. O. unter Sal 4.) (R,) 

Rumensthal. Eine Viertelstunde südwestlich von der Stadt Villingen in 
einem vom Wieselsbach durchflossenen Seitenthälchen hinter dem 1740 durch- 
stochenen Querdamm des ehemaligen sog. Neuweihers erhebt sich ein etwa 3 m 
hoher Rasenhügel , unter welchem Mauerreste bemerkbar sind. Um diesen Hügel 
zieht sich ein noch fast i m tiefer Graben im Umkreis von 130 Schritten. Das 
ganze Gewann führt jetzt noch den Namen: Im Rumisthai. Wozu jenes Gebäude 
gedient habe, ist nicht zu ermitteln. Es gehörte zu dem ehemals hier liegenden 
kleinen Dorfe, das urkundlich unter dem Namen: Rumstal, Runstal, Runnestal, 
Runnistal, Rundistal, Rondistal (d. i. Thal des Rumo oder Runo) oft vorkommt, 
so Oberrh. Zeitschr. IX S. 208. 22^ ann. 1084. 1139, P>eiburg. Diöcesanarch. 
(rot. s. Petrinus) XV S. 143. 152 ann. 11 12. Der Ort wurde kurz vor 1208 
durch Konrad Vogt von Schwarzenberg um 200 M. an das Kloster Salem und 1259 
von diesem an Villingcn verkauft (Fürsienb. Urkdb. I 211) und ging nun, da die 
Bewohner in die Sladt zogen, ein. Eine Urkunde von 1501 führt u. a. eine 
Grenzmarke an 'vff dem alten burkstall , genant Rumstall' (Fürstenb. Urkdb. IV 

184). {R.) 

Warenburg (Gm. Villingen). Eine Viertelstunde südlich von der Stadt 
Villingen , da , wo sich der Höhenzug des Warenbergs (50 m) östlich gegen das 
Brigachthal sanft absenkt, bemerkt man einen durchschnittlich 2,5 m hohen, gegen 
Westen in die natürliche Bodenerhebung übergehenden Erdwall, an welchen sich 



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' AMT VILLINGEN. — VILLINGEN. I57 

nach innen ein jetzt noch theilweise 5 m tiefer, 30 bis 40 Schritt breiter Graben 
anschh'esst. Die Grundform bildet ein Quadrat von je no Schritt Länge der 
Seiten. Der davon umgebene Raum ist ein mit 50 jährigem Tannenbestand be- 
wachsenes Trümmerfeld von Bausteinen und Ziegeln, aus welchem am südöstlichen 
Ende ein c. 5 m hoher, ebenfalls über^'achsener Hügel hervorragt. Dieser, aus 
Gemäuer mit Mörtelverbindung bestehend, lässt sich deutlich als der Ueberrest 
eines Geviertthurmes von je 7 m Breite erkennen. Das Ganze nennt man die 
Warenburg. 

Urkundlich kommt die Burg erstmal i. J. 1320 vor: 'Warburgar äcker' und 
*schloss gen Warburg' (Fürstenb. Urkdb. V 349. 350). Aber ihre Spuren können 
noch weiter zurück verfolgt werden. In dem 1284 Oct. 16 von den Grafen 
Friedrich, Egen, Konrad und Gebhard von Fürstenberg mit Villingen abge- 
schlossenen Vertrag, laut welchem der aus diesen Grafen gewählte Herr der 
Stadt 'sol ze Vilingen kaine burch noch vesti naher (mehr in der Nähe) machen 
noch och in der stat, wan alse iezent an gemachet ist', kann nur die Warenburg 
und die Burg auf dem sog. Keferberg (letztere an der westlichen Seite der Stadt- 
mauer) gemeint sein, da es damals andere Burgen in der Stadt und in deren 
nächster Umgebung nicht gab. Schon der Name weist auf eine frühere Zeit hin; 
er bedeutet nämlich : *Burg des Waro oder Warin\ Dieser Name kommt bis in 
das II. Jahrhundert oft vor. Vielleicht hat der 762 als Graf des Thur- und Linz- 
gaues genannte Warin (Wartmann St. Galler Urkundenbuch I 38. Vgl. die 
Litteratur über ihn und den Grafen Ruodhard bei Abel-Simson Jahrbücher des 
fränkischen Reiches I 72), für die Burg eine besondere Bedeutung. Da nun aber 
Villingen als der älteste Ort der (später so genannten) Zähringer erscheint 
(99q), so ist anzunehmen, dass die Warenburg der ursprüngliche Edel-. 
sitz dieses Geschlechts gewesen ist, wozu sich auch ihre Lage gegenüber 
dem alten Flecken Villingen eignete, da sie dessen Marktverkehr beherrschte und 
beschützte. Beim Aussterben der herzoglichen Linie der Zähringer 1 2 1 8 ging auch 
sie erbweise an Fürstenberg über. 

Zur Warenburg gehörten die Dörfer im Brigachthal bis Grüningen (Kirchdorf 
ausgenommen); 132O gelangte alles an Österreich. Dieses verpfändete die Burg 
mit ihren Dependenzen an die von Tierberg; von Letzteren gelangten sie 1441 
erbweise an Jörg Truchsess von Ringingen, der 1466 die *vesty' mit den Zugehörden 
an die Stadt Villingen verkaufte. Wahrscheinlich nahmen die Villinger die Ent- 
festigung der für sie unnöthigen, ja unter Umständen gefährlichen Burg schon da- 
mals vor. 1472 wird sie ein ^burgstall' genannt; ein Bericht des Raths von Villingen 
an den Kaiser 1556 bezeichnet sie näher als: *ain alt burgstall one thach, sunder 
nur ain hauffen stain, gleichwol in ainem infang' (d. i. in einem durch eine Mauer 
eingefriedigten Raum), in welchem sie die ^schlechte behausung vnd schewren buwen 
vnd mit strow vnd schindlen decken lassen'. Diese Oekonomiegebäude wurden 
am 6. Januar 1633 beim Gerücht vom Anmarsch des Generals Hörn von der 
Villinger Garnison unter Oberst Aescher in Brand gesteckt. Seither sind dieselben 
nicht wieder aufgebaut worden. (R*) 

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158 



KREIS VILLINGEN. 



VÖHRENBACH 



Kirche 



Kapelle 



Ölbilder 



Kirche. Im J. 1244, Jan. 28 geben die Grafen Konrad, Heinrich, Geb- 
hard und Gottfried von Freiburg bei der von ihnen beabsichtigten l'.rbauung einer 
Stadt auf ihrem Gute zu Vöhrenbach einen Bauplatz, (Irundbesiiz und Leibeigene 
zur Begründung einer Kirche daselbst und unterstellen dieselbe der Pfarrei Her- 
zogenweiler (vgl. oben S. 75). Dieses Gotteshaus war offenbar nur eine Kapelle 
ohne Pfarrrechte (. . . 'capellam hanc fundari volumus . . . quod sepultura et 
sollempnis bapiismus, qui in pascha et pentecosten dari solet, in ecclesia de Vern- 
bach non celebretur etc.). Sie sollte unum lumen haben. (FU. I Xo. 411.) Von 
dieser Stiftung, welche in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerth ist, hat sich nichts 
mehr erhalten. Die Kirche sammt dem 'Stettlin' verbrannte 1544, Aug. 23, 1639, 
Apr. 2 (durch schwedische Soldaten, 1657 Einweihung der neuen Kirche), 18 19, 
Mai 30. Im Jahre 1639 wurde als eigene Pfarrei das Dorf Schönau, seit 1766 
Schönenbach genannt, von Vöhrenbach getrennt. 

Die Kapelle 'vf der staig', an der alten Strasse nach Villingen, genannt 
c. 1580. Der jetzige Bau mit Messnerwohnung hat nichts Bemerkenswerthes (1742; 
vgl. das in der Mitte des 16. Jhs. begonnene Pfarrregister zu Vöhrenbach). 'Votiv- 
bild der sieben verbrannten Jungfrauen.' (R.) 

Im Rathhaus zwei in öl gemalte A n s i ch t e n von Vöhrenbach : die eine, 
I m 30 h., 1 m 50 br., zeigt das Städtchen mit d^xi Thoren und der Stadtmauer 
i. J. 1639, die andere, kleinere, gibt die Ansicht von Vöhrenbach i. J. 1675; dieselbe 
ist 1864 von Januar Schmidt nach dem Original zu Heiligenberg gefertigt. (R.) 



WALDAU 



Burgruine, s. d. Art. Buchenberg. 



WEILER 



Kircbe 



Kirche (evgl.). Kleiner, werthloser Bau von 1739. 
In demselben eine Tafel mit Angabe der evangelischen Pfarrer, welche hier 
Or,ieigehäuse Seit dem 17. Jh. amtirten. — ürgelgehäuse mit zwei musicirenden Engeln, gute 
barocke Holzschnitzerei aus einem Villinger Kloster (17. Jh.). 



[852] 



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AMT VILLINGEK. — WEILERSBACH. 159 



WEILERSBACH 

Kirche modern. Kirche 
Im Chor spätgothisches Sacramentshaus, Wandnische mit Eisen- Sacramentshaus 

verschluss. — Altar aus einer Villinger Kirche (nicht der Stadtkirche), Rococo. — .Altar 

Taufstein, jetzt im Münster zu Vill Ingen. — Ostensori um mit Kreuzreliquien, Taufstem 

gute Barockarbeit. - Ein silberner, vergoldeter Kelch, gute gdthische Arbeit Kelche 
mit schönem Filigranwerk. — Ein zweiter Kelch gehört in Kuppe und Knauf 
der Barockzeit an, sonst erneuert. 




[853] 

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ALPHABETISCHES 



ORTSVERZEICHNISS 



^ 



Aasen . . 

AUmendshofen 

Althornberg 



Seite 
3 

4 
55 



Bachheim 4 

Bachzimmern 4 

Behla 4 

Biesingen 5 

Blumberg 5 

Bräunungen 5 

Bruggen 9 

Buchenberg • 69 

Burgberg 71 



Dellingen 
Döggingen . 
Donaueschingen 
Dürrheim 



9 

9 

9 

73 



Esslingen 26 

Fischbach 74 

Fürstenberg 26 

Geisingen 2y 

Gremmelsbach 55 

Grünburg 29 



Seite 

Grüningen 75 

Gütenbach 55 

Gutmadingen 29 

Hardeck 29 

Hausen vor Wald 30 

Heidenhofen 30 

Herzogen Weiler 75 

Hochemmingen 31 

Hondingen 31 

Homberg 55 

Hubertshofen 32 

Hüfingen 32 

Ippingen 38 

Kappel 75 

Kirchdorf 76 

Kirneck 76 

Königsfeld 76 

Kürenburg 39 

Langenstein 39 

Marbach 77 



Mistelbrunn 
Mönch Weiler 
Mündel fingen 



39 
77 
40 



[855] 



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102 



KREIS VILLINGEN. 



^eite 

Neidingen 40 

Neuenburg 43 

Neuhausen 77 

Neukirch 60 

Niedereschach 78 

60 



Niederwasser 

Nordstetten 

Nussbach 



79 
61 



Oberbaldingen . 
Obereschach 



Seite 

Schonach 61 

Sinkingen . go 

Sunthausen 46 

Thannheim 47 

Thennenbronn 62 

Triberg 63 



79 

Oefingen 44 



Überrauchen 91 

44 Unadingen 48 

Unter-Baldingen 48 

Unter-Kirnach 90 



Peterzell 79 Villingen 92 

Pfaffenweiler 81 | Vöhrenbach 158 

Pfohren 44 1 

! Waldau 158 

61 ! Waldhausen 48 



Ramstein 

Riedböhringen 46 

Riedöschingen 26 

Roggenbach 82 

Sanct Georgen 82 

Schönwald . . . . . . 61 



Wartenberg 4 g 

Weiler 158 

Weilenbach 159 

Wolterdingen 49 

Zindelstein 49 




[856] 



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VERZEICHNISS 



DER 



ILLUSTRATIONEN 



S^ 



Seile 
Fig. I Hüfingen. Grundriss des 

Römerbades .... 34 

2 Pfohren. Grundriss der 
Entenburg 45 

3 Hornberg. Ansicht der 
Kirche 

4 Hornberg. Grundriss des 
Sclilosses 

5 Hornberg. Schloss. Details 

6 Waldau. Fenster . 

7 Waldaif. Grundriss der 
Burg 

8 Peterzell. Thürsturz . . 



7 I 



0/ 

5« 
59 
70 



71 

80 
81 



9 » Lisenenquader 

10 S. Georgen. Pfeilerstrunk 
aus der ehemaUgen früh- 
romanischen Kirche . . 87 

1 1 Villingen. Stadtsiegel . . 92 

12 Villingen. Stadtwappen . 96 

13 Villingen. Ehemalige Be- 
festigung 99 

14 Villingen. Ehemalige Be- 
festigung lOO 

15 Villingen. Äussere Thor- 
thurmtreppe 103 

16 Villingen. Thurm der 
Gottesackerkapelle . . 105 



Seile 
1 Fig. 1 7 Villingen. Münster. Grund- 

I riss 115 

I 18 Villingen. Münster. Capitell 

I des Südportales . . 117 

Villingen. Münster. Gitter 
an der Kanzelthüre 120 

Villingen. Benedictincr- 
kirche. Durchschnitt . 133 

Villingen. Benedictiner- 
kirche. Grundriss . . 135 

Villingen. Wasserspeier am 

Rathhaus 139 

Villingen. Rathhaus. Details 1 40 
I 2i Villingen. Rathhaus . 141 

Villingen. Rathhaus . 142 

20 Villingen. Aus der Alter- 

thumssammlung 145 

27 Villingen. Dachgaupe 147 

28 Villingen. Erker am Hause 

421 der Niederstrasse . 148 

29 Villingen. Erker am Hause 
426 der Niederstrasse 150 

30 Villingen. Erker am Hause 

422 der Niederstrasse 152 

31 Villingen. Fenstersturz 154 
3 2 Villingen. Burgruine Kim- 
eck. Grundriss . . . 155 



19 



21 

12 

24 
^5 



^ 



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TAFELN 



Tafel I Monstranzen aus Donaueschingen und Villingen. 

- >^ II Donaueschingen. Galerie, No. 73 — 75. 

^ III I. Gemälde der fürstl. Fürstenb ergischen Galerie in Donaueschingen. 

2. Gobelin in der Alterthumssammlung in Villingen. 

^ t^ IV Donaueschingen. Fürstl. Bibliothek. Cod. 309. 

^ ; V » ■.->'.■. 

VIT .• / 316. 

VIII * . 325. 

. > IX Hüfingen. Schellenbcrgisches Epitaph. 

/ X VilHngen. Ansicht der Stadt. 

"XI * Ehemaliges Bickenthur. 

» XII •f' Ofenkadichi und Mantclschliesse. 

- ^ XIII Kachelofen des Hans Kraut (j. in London). 
> XIV Villingen. Ansicht der Pfarrkirche. 

~ >: XV j Steinerne Kanzel am Münster. 

V XVI V Monstranz. 

^ * XVII » Vortragkreuz. 

- y. XVIII * Der Fürstenbergische Kelch. 

. » XIX I Steinwappen des Abts von S. Georgen. 
2 und 3 Thonarbeiten des Hans Kraut. 

XX Archäologische Karte des Kreises Villingen. 




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Papier aus der P'abrik von JOH. SUTTKR in Schopfheim (Baden i 
Druck von CARL WALLAU in Mainz 



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