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Full text of "Die Kunst des reinen Satzes in der Musik : aus sicheren Grundsätzen hergeleitet und mit deutlichen Beyspielen erläutert"

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Digitiꝛeed by the Internet Archive 
| in 2013 


http://archive.org/details/diekunstdesreine00kirn 


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N 


Die Kunſt 


a des reinen 


Ges der 


aus ſicheren Grundſaͤtzen hergeleitet und mit deutlichen 
| Beyſfpielen erlautert 


Do} 


. von i 
Joh. Phil. Kirnberger, i 
Ihrer Koͤnigl. Hoheit der Prinzeßin Amalia von Preußen Hof: Muficus. 
* Ras 


„ N 


Berlin und Koͤnigsberg, 
bey G. J. Decker und G. L. Hartung, 1774. 


15 Ihro 

f hen Hoheit 

der Durchlauchtigſten Prinzeß in 
Aubtißin zu Quedlinburg. 


A. dc. e. 


Durchl and age Pune 


| 27 70 diesem Werk vorzuſetzen 1; 


Gmdbige Pumzeßin und Sun: 


Hoffe ih, daß 


die Gruͤnde die mich dazu bewogen haben, a Pe 


einigermaaßen rechtfertigen. 


Den Stoff zu dieſem Werke, bin ich Ew. 


Koͤnigl. Hoheit ſchuldig; weil ich, um Dero tief 
forſchende Gruͤndlichkeit zu befriedigen, mich in der 


era 


| es ven had Genie 


Nothwendigkeit befand, allem, was zur Compoſition 


gehoͤret, weit ſchaͤrfer und gruͤndlicher, als ich vorher 
gewohnt war, nachzudenken. Vornehmlich habe ich 
Ew. Koͤnigl. Hoheit zu dan 

a 3 ken, 


ken, daß ich dadurch gleichſam gezwungen worden bin, 
die Finſternis, welche bisher den Wes eg von der Har⸗ 
monie zur Melodie angehenden Componiſten ſo ſchwer 
gemacht hat, etwas zu vertreiben. 

Und die großmuͤthige Belohnung die Sie meinen 
Dienſten zu einer Zeit angedeyen laſſen, da Sie der⸗ 
ſelben nicht mehr beduͤrfen, weil Ihre eigenen Ein⸗ 
ſichten ſo ungewoͤhnlich weit reichen, hat mir die 
Muße gegeben, ohne welche ich dieſes Werk nie würde 
haben herausgeben koͤnnen. . 

Es iſt alſo Bankbarkeit, die mich zu dieſen Feh⸗ 
ler verleitet, eine Dankbarkeit, in der ich e 
verharren werde. 


Ew. Koͤnigl. £ 


2 


1 Lunterthänigſter Sucht 
30, Phil. Kirnberger. 8 


Vorrede. 


8 |. ſo babe ich mir außerſt arigeläien kon aß 
ſen auf der einen Seite die wahren Grundſatze zu entdecken, auf 
welche die Regeln der Harmonie gegruͤndet ſind, auf der an⸗ 
dern Seite die Werke der groͤſten Harmoniſten, die durchge⸗ 
hends fuͤr die erſten Meiſter der Kunſt gehalten werden, mit 
der gröften Aufmerkſamkeit anzuhören und zu ſtudiren. Aus | 
den, durch dieſe doppelte Arbeit gefammelten Anmerkungen, iſt 
denn das gegenwaͤrtige Werk allmaͤhlig erwachſen. 

Ich ſchmeichle mir, daß darin die wahren Grundſaͤtze der 
Harmonie mit einer Leichtigkeit und Einfalt vorgetragen find, 
die das Studium des reinen Satzes um ein merkliches erleich⸗ 
tern werden. Ueberall habe ich die hoͤchſte Reinigkeit zum Au⸗ 
genmerk gehabt, weil ich gefunden habe, daß die größten Genie 
in der Eonmpofkian, fie forgfättig geſucht haben. Mancher wird 

8 meine 


Vorrede. | 
meine Vorſchriften zu ſtreng finden, und ſich vielleicht einbil⸗ 
den, daß ich ohne Noth die Kunſt zu ſchwer gemacht habe. 
Aber ich weiß es aus langer Erfahrung, wie nuͤtzlich es iſt, die 
angehenden Componiſten an die ſtrengſte Reinigkeit zu gewoͤh⸗ 
nen. Haben ſie die dabey vorkommenden Schwierigkeiten ein⸗ 
mal uͤberſtanden, ſo haben ſie alsdenn auch die Harmonie ſo in 
ihrer Gewalt, daß es ihnen leicht wird, ſich aus Schwierigkei⸗ 
ten heraus zu helfen, in denen diejenigen, die weniger 12 5 
unterrichtet worden, allemal ſtecken bleiben. 

Hiernaͤchſt muß ich auch anmerken, was ich aus meiner 
Erfahrung gewiß weiß, daß jeder Fehler gegen die Harmonie, 
wenn er gleich ungeuͤbten Ohren nicht merklich iſt, denen, die 
ein feineres Gehör haben, fo anftößig wird, daß Sachen, die 
ſonſt gluͤcklich erfunden ſind, dadurch merklich verdorben wer⸗ 
den; welches auch oft ungeuͤbtere empfinden, ob fie gleich nicht 
einſehen, woher der Schaden entſtanden iſt. * 
Ich weiß gar wol, daß die gröften Meiſter bisweilen von den 
ſtrengen Regeln abweichen, und dennoch durchaus wohlklingend 
ſind. Dieſes aber konnten ſie nur darum thun, weil ihnen die 
W des allerſtrengſten geläufig war, Nane „als 
ſie 


> 0 rrede. 

ſie allein, wuͤrde ſich aus den Harmonien, die gegen die Regeln 
geſetzt find, ohne Nachtheil des Wohlklanges, herausgefunden 
haben. Darum wird ſich jeder rechtſchaffene Lehrer des Satzes 
wol hüten, feinen Lehrlingen alle von großen Meiſtern begangene 
uͤberlegte Abweichungen von den Regeln zu erlauben; denn ſie 
würden Gefahr lauffen durch Harmonien, aus denen jene große 
Meiſter ſich ſehr gluͤcklich herausgeholfen haben, einen barbariſchen 
Uebelklang zu erwecken. In der That kann mit Anfängern die 
Reinigkeit nicht uͤbertrieben werden. Haben ſie einmal dieſe in 
ihrer Gewalt, fo werden fie hernach von ſelbſt finden, wo fie 
davon abgehen konnen. 


Ich habe mir ſehr angelegen ſeyn laßen vollſtaͤndig zu ſeyn, 
und man wird viele nicht unwichtige Binge in dieſem Werk an⸗ 
treffen, davon anderswo nichts, oder doch nichts hinlaͤngliches 


geſchrieben worden: daß ich gar nichts nothwendiges uͤbergan⸗ 


gen habe, getraue ich mir nicht zu behaupten, eben ſo wenig, 
als dieſes, daß ich nirgend gefehlt habe. Deswegen werde ich 
es mit Hank annehmen, wenn die, welche weiter ſehen als ich, 
mich deſſen erinnern werden. Indeſſen glaube ich, daß das 

| | Br wich⸗ 


Vorrede 
wichtigſte, was zur BReinigkeit des Satzes gehört, fi 1 hier zu⸗ 
ſammen findet. 

In einem andern Werke, welches, als der Swwipte Theil 
des gegenwaͤrtigen kann angeſehen werden, will ich das vortra⸗ 
gen, was zum ſchoͤnen, gefaͤlligen, und, in Abſicht auf den 
Ausdruck, kraͤftigen Geſange gehoͤret. Die Materialien, die 
dazu gehören, habe ich ſchon geſammelt, und ich werde näch- 
ſtens anfangen, ſie in Ordnung zu bringen. Findet dieſes 
Werk den Beyfall, den ihm einige meiner Freunde verſprechen, 
ſo wird das andre bald nachfolgen. | 


N. S. Da ſich einige nicht unbetraͤchtliche Druckfehler eingeſchlichen haben, und 
an ein paar Stellen etwas vergeſſen worden, ſo wird der Leſer erinnert, ehe er das 
Werk ließt, die am Ende ſtehenden Errata nachzuſehen, und in dem Werke ſelbſt an⸗ 
zuzeichnen. 


e ee 
des reinen Satzes in der Rufe, 


3 Vorerinnerung. 
s Be 


ER, Da vorausgeſett werden kann, daß diejenigen, welche ſich dieſes 
Werk zu Nutze machen wollen, in den erſten Anfängen der Muſik 
bereits unterrichtet find, fo wird hier alles, was zu dieſen Anfaͤn⸗ 
gen gehoͤrt, übergangen. Die meiſten Kunſtwöͤrter, deren man 

ö ch in Her Mus bedienet, ingleichem alles, was zur hiſtoriſehen Kenntniß der 

Tonleiter, der Intervalle, der Noten, ihrer Geltung, des Takts und dergleichen 

gehoͤret, find denen, die dieſes Werk leſen werden, bekannt. Nur gewiſſe feinere, 

nicht jeden bekannte Anmerkungen uͤber dieſe verſchiedene Gegenſtaͤnde werden 
beylaufig, allemal wo es die Gelegenheit mit ſich bringet, in beſondern Anmer⸗ 
kungen beygebracht werden. 

Die Abſicht dieſes Werks iſt nicht blos auf die Bekanntmachung der Re⸗ 
geln des reinen Satzes gerichtet; man wird, fo viel moͤglich iſt, auch die Gründe 
anzeigen, aus welchen die Nothwendigkeit derſel lben erkennt wird. Dieſes wird 
bisweilen eine umftändliche Betrachtung ganz bekannter Dinge erfodern, die 
nur derjenige für uͤberftüßig halten wird, der bey dem dunklen Gefühl der Ber 
ſchaffenheit der Dinge ſtehen bleibt. 

Die Setzkunſt, in fo fern fie beſtimmten Regeln unterworfen iſt, feheinet 
5 8 von folgenden Punkten abzuhangen. 

1. Muß man alle einzele Töne, die zur Muſik brauchbar find, oder die Ton⸗ 

leiter und die daher entſtehenden Tonarten kennen. 

2. Alle in jeder Tonart vorkommenden Intervalle. 

3. Alle in derſelben vorkommenden Accorde. 

4. Muß man wiſſen, aus verfchiedenen Accorden eine harmoniſche Periode 
zu machen, und aus ſolchen Perioden die Harmonie eines ganzen 99 5 
ſtuͤcks zufammen zu feßen. 

5. Muß man einen flieſſenden einſtimmigen Geſang zu machen, und demſel⸗ 
ben noch eine, zwey oder mehr Stimmen beyzufügen wiſſen; auch zu 
einem gegebenen Baß eine oder mehr Stimmen zu ſeben. 

A 6) Den 


2 5 Die Kunſt 


6. Dem Geſang in einer oder mehr Stimmen, nach Beſchaffenheit des Cha⸗ 
rakters eines Stuͤcks, die ihm zukommende Bewegung und einen ſchick⸗ 
lichen Rythmus zu geben. 

Dieſe verſchiedenen Punkte werden alſo in dieſem Werk der Ordnung nach 


abgehandelt werden. | 
Erſter Abſchnitt. 


Von der Tonleiter und der Temperatur derſelben. 


Es iſt bekannt, daß man in den aͤltern Zeiten auf den Orgeln keine andern 
Toͤne gehabt hat, als diejenigen, welche noch gegenwaͤrtig mit den Buchſtaben 
C, D, E, F, G, A H, c, d, e u. ſ. f. bezeichnet werden. Damals aber war 
der Buchſtabe H noch nicht gebraͤuchlich, ſondern dieſer Ton wurde mit B be 
zeichnet. Da die Töne Ce, D- d u. ſ. f. fo genau mit einander uͤbereinſtim⸗ 
men, daß man, wenn beyde zugleich angeſchlagen werden, kaum zwey verſchie⸗ 
dene Toͤne zu hoͤren glaubt, ſo hat man ihnen auch einerley Namen gegeben, 
und in dem ganzen Umfang aller brauchbaren Toͤne, nur ſieben fuͤr wuͤrklich ſo 
verſchieden gehalten, daß jedem ein beſonderer Namen zukaͤme. 

Diejenigen Töne, die man wegen ihrer groſſen Uebereinſtimmung oder voͤlli⸗ 
gen Harmonie für einerley gehalten hat, find die, die von Sayten oder Pfeifen 
angegeben werden, deren Laͤngen ſich gegen einander verhalten, wie die Zahlen 
1, 2, 4, F u. ſ. f. Wenn nämlich eine geſpannte Sayte einen Ton angiebt, 
den man mit C bezeichnet, fo wird die Hälfte derſelben Sayte bey gleicher Span⸗ 
nung einen hoͤhern Ton angeben, den das Ohr fuͤr einen eben ſolchen Ton haͤlt, 
als der Ton C if. Man hat ihn deswegen mit demſelben Buchſtaben bezeichnet. 
Von eben dieſer Art find die Töne, welche der vierte, der achte, und der 16te Theil u. .f. 
der Sayte angeben. Alle dieſe Töne haben den Namen C bekommen. 

Man hat alſo nur die Töne für verſchieden gehalten, die zwiſchen C und e 
liegen, und ihnen daher auch andere Namen gegeben. Da man aber nur noch 
ſechs Tone zwiſchen C und c angenommen hatte, fo fand ſich, daß auf den In⸗ 
ſtrumenten, man mochte eine Pfeife oder Sayte, welche man wolte, toͤnen laſſen, 
allemal die achte darüber oder darunter, denfelben Ton erhoͤhet oder vertiefet ans 
gab. Daher haben die Intervalle Oe, D-d u. ſ.f. den Namen der Octaven 
bekommen.) Den andern Intervallen COD, C- E, C- F u. ſ. f. gab man 
auf eine ahnliche Weiſe die Namen einer Secunde, einer Terz, einer ee 

nach⸗ 
1) Von dem lateiniſchen Wort Occavus, 2) d. i. des zweiten, dritten, vierten 
der achte. Tones, k. f. f 


des reinen Satzes in der Muſik. | 3 


nachdem die Sayte, die den hoͤhern Ton angab, die zweyte, oder dritte, oder 
vierte u. ſ. w. von der tiefen Sayte war. Dieſes iſt alſo der Urſprung der noch 
jetzt uͤblichen Benennung der Intervalle. 

Ehemals nennte man jedes Intervall nach der Anzahl der Sayten von dem 
tiefern Ton bis zum hoͤhern, ſie mochte ſo groß ſeyn, als ſie wollte; ſo wurde o 
der zehnte Ton von C, eine Decime genennt; g, die Duodecime oder der zwoͤlfte 
Ton von C, und ſo nennte man auch die folgenden Toͤne nach ihrem Abſtand von 
dem Grundton. Gegenwaͤrtig kommen dieſe Benennungen ſelten vor, weil man 
die hohen Toͤne e, g, h, nicht gegen dem tiefen C, ſondern gegen ſeine Octave e 
Hält; und daher e die Terz, g die Quinte, h die Septime nennet. ) 
Dieſer Tonleiter C, D, E, FP, G, A, H, e, d, e, f &c. bedienten ſich die Al⸗ 
ten ſo, daß ſie bald einen, bald einen andern Ton derſelben, fuͤr den unterſten an⸗ 
nahmen, und als den Grundton ihres Geſanges anſahen. 

Alſo veränderten die Intervalle ihre Beſchaffenheit, fo oft ein andrer 
Grundton zum Geſang angenommen wurde. Fieng man von C an, fo war C-D 
die Secunde, C-E die Terz, C -F die Quart u. ſ. f.; wurde aber D zum Grund⸗ 
ton genommen, fo war D-E die Secunde, D-F die Terz u. ſ. f. Dieſe Inter⸗ 
valle verhalten ſich merklich anders, als die vorhergehenden; daher mußte auch 
der Geſang aus einem andern Grundtone nothwendig einen andern Charakter an⸗ 
nehmen. Dieſes iſt der Urſprung der verſchiedenen Tonarten der Alten. a 
2. | Dieſes 


3) Man hat gegenwaͤrtig nur bis zur 
None, die, wie an ſeinem Orte gezeiget 
wird „„nicht mit der Secunde kann vers 
wechſelt werden; ſelten unterſcheidet man 
die Decime von der Terz der Octave. 
Man thut es nur in den Faͤllen, wo die 
Septime und None, ehe Fe aufgelößt wer⸗ 
den, etliche Schritte herauf thun, und 
denn wieder auf ihre vorigen Stellen zu⸗ 
ruͤcktreten. Da muß natürlicher Weiſe 
die Bezifferung auf folgende Art geſchehen: 

JJ 21.370, 9.904. 

5. 5. 7. 8. 9. 8. 7. 6. F. 
wodurch man ſieht, daß die None in die 
folgenden Stufen 10, 11. u. ſ. f. trete. 


Denn wenn man dieſes Heraufruͤcken alfo 
bezeichnen wollte: 

MB De 34 120 84.7. 

e , 5: 
ſo koͤnnte man denken, die 8 ſpringe in die 
2, welches ganz unnatuͤrlich waͤre. 

Nur wenn von dem Contrapunkt die 
Rede iſt, kann man die Ausdruͤcke Deci⸗ 
me und Duodecime nicht wol entbehren, 
weil der Contrapunkt in der Decime et⸗ 
was ganz anders iſt, als der Contrapunkt 
in der Terz, und der Contrapunkt in der 
Duodecime nicht mit dem in der Quinte 
kann verwechſelt werden. | 


4 95 Die Kunſt 


Dieſes deſto deutlicher zu beſchreiben, ſtelle man ſich die Toͤne nach der Laͤnge 
der Sayten vor. Die Diatoniſche Leiter der Alten war ſo beſchaffen, daß wenn 
man die Laͤnge der Sayte, die den Ton C angiebt, 1 nennet, die Sayten der uͤbri⸗ 
gen Töne die Länge haben müßten, wie fie hier unter den Namen der Töne ange 
geben ſind. | 2 

77SSßSTS%VVCVC 
e eee , e | 
Faͤngt man nun von C als dem Grundton an, fo ift die Secunde 5, die 
Terz $, die Quarte J u. ſ. w. Nimmt man aber D zum Grundton an, ſo iſt die 
Secunde 1, die Terz 32 ) u. ſ. w. Auf dieſe Art alſo hatte jeder angenom⸗ 
mene Grundton ſeine beſtimmten Intervalle, die bald groͤſſer, bald kleiner waren 
als die gleiche Namen fuͤhrenden Intervalle eines andern Grundtones. 85 

Hauptſaͤchlich aber unterſcheideten ſich die Intervalle zu dem Grundton C von 

denen, die zu dem Grundton A gehören. Die Octave A-a, enthielt nämlich fol⸗ 


gende Toͤne. Be 
n ne og 
rue — ‚ yet ee 
oder wenn man fuͤr A die Zahl 1 ſetzet, dieſe 
4 a a a 
2 5 5 


, | | 

Alſo find in dieſem Tone die Secunde, die Quinte und die Oetave voͤllig, wie 
in dem Tone C, alle uͤbrigen Intervalle aber gehen merklich von jenem ab, auſſer 

der Quarte 32, die nur um etwas weniges von der Quarte 2 abweicht. 1 
In dem Tone C find die Terz, die Serte, und die Septime groß, in dem 
Tone A aber ſind dieſe Intervalle klein; daher hat man hernach die Tonart, wie 
fie bey dem Grundton C ift, die große oder harte: die von A aber die kleine 

oder weiche Tonart genennet. | | 5 
Dieſes iſt die ehemalige Einrichtung der Diatoniſchen Tonleiter, deren Ur⸗ 
ſprung nicht völlig bekannt iſt: fo wie man denn überhaupt nicht mit Gewißheit 
ſagen kann, wie die Alten zu ihren verſchiedenen Syſtemen oder Tonleitern ge⸗ 
kommen ſind. Man weiß nur ſo viel, daß das diatoniſche Syſtem der alten Grie⸗ 
chen, welches von dem hier angegebenen etwas unterſchieden geweſen iſt, aus ei⸗ 
ner Folge von reinen Quinten kann hergeleitet werden. Es iſt auch ee 5 
uldo 


4) Was die Alten mit B bezeichneten, 5) Denn $ (D) it zu ? (E), wie 1 
iſt unſer heutiges H. zu 18 und 5 (D) iſt zu 4 (H) wie 1 zu 3. 


des reinen Satzes in der Muſik. 8 


Guildo aus Arezzo im eilften Jahehundert das alte diatoniſche Syſtem in An⸗ 
ſehung der Lage und Ordnung ber Tone etwas abgeändert hat; die Ordnung und 


die 1 niſſe der Toͤne ſetzte er alſo: 
8 G B 


ED 
ERBE 5 
In dieter Tonleiter waren, 


1 


wie in der uralten gr riechiſchen diatoniſchen 


u. ſ. f. 


25 0 g 
ne e f. 


29 Tr 1 


Tonleiter alle ganzen Toͤne gleich, nach dem Verhaͤltniß 8 und die beyden halben 


Töne EF und B. O waren nach dem Verhaͤltniß 238. 


Wie aus dieſem Syſtem 


das nachherige oder heutige, wovon wir vorher die Folge und die Verhaͤltniſſe 


angegeben haben, entſtanden ſey, iſt ungewiß. 


Einige ſchreiben erſt dem Zar- 


lino, der im Sechszehnten Jahrhundert gelebt hat, die voͤllige Einrichtung deſſel⸗ 
ben zu. Es laͤßt ſich begreifen, wie es die die Arbeits oder Theil ung der 


gröͤßern Intervalle e ist 


A 3 8 The ilet 


6) Bey dieſer Gelegenheit kann man 
ſich die Methode bekannt machen, wie 
die Alten die groͤſſern Intervalle durch 
Eiypſchaltung eines Tones zwiſchen zwey 
andere entdekt haben. Man ſtelle ſich 
alſo zwey Toͤne durch die Laͤnge ihrer 


Sayten vor, z. E. die Töne, die eine Octa⸗ 


ve ausmachen, durch die Zahlen 2 und 1 
oder 4 und 2 u. ſ. f. Will man nun 
zwiſchen dieſe zwey Toͤne noch einen in die 
Mitte ſetzen, ſo kann dieſes auf dreyerley 
Arten verſucht werden. Dieſes zu erlaͤu⸗ 
tern nenne man den erſten Ton A, den 
andern C, und den men, der dazwiſchen 
kommen fol, B. Nun konnte man auf 
dreyerley Art verſuchen, den Ton B mitten 
zwiſchen A und ( zu ſetzen. 1) Entwe⸗ 


der ſo, daß B fo viel höher waͤre als A, 


ſo viel er niedriger iſt als C, oder daß 
die beyden Intervalle A-B und B-C gleich 
. Dazu wurd erfodert, daß die 
Zahl, wodurch die Laͤnge der Sayte Baus⸗ 


gedruͤckt wird, die mittlere Proportional⸗ 
zahl zwiſchen A und C wäre. Da nun 
aber die wenigſten Zahlen ſo ſind, daß eine 
ſolche mittlere Proportionalzahl koͤnnte ge⸗ 
funden werden, und uͤberdem kein Inter⸗ 
vall, das nur eine Octave oder kleiner iſt, 
eine ſolche Zahl hat, ſo konnte dieſe Me⸗ 
thode nicht angehen. 2) Man konnte 
aber auch die Mittelzahl B fo nehmen, daß 
ihr Unterſchied von A und von C gleich 
waͤre. Dieſes wird das wbb Mit⸗ 
tel genennt. So waͤre 9 das Mittel 


zwiſchen 12 und 6, da der Unterſcgeid 


gegen bepde drey iſt. 3) Auch konnte 


dieſes Mittel fo ſeyn, daß die Jahl Bum 


einen eben ſo großen Theil von A, als 
von C abftuͤnde. So iſt die Zahl 8, 
die um 3 kleiner als 12 und um 7 
groͤßer als 6 iſt. Dieſes nennt man 
das harmoniſche Mittel. Man hielt ſich 
alſo an dieſe zwey letztern Arten, und 
nennte die eine die arithmetiſche Thei⸗ 

lung 


Be | Die Kunſt 


Theilet man die Octave r: 3C c harmoniſch, fo bekoͤmmt man die Quin⸗ 
te 3 oder G, und uͤber denſelben die Quarte Ge 3: 2 oder}, Theilet man die 
Quinte wieder harmoniſch, fo bekoͤmmt man die große Terz $ oder E und über 
derſelben die kleine E-G oder Z: 3 oder &. Theilet man ferner die groffe Terz 
harmoniſch, fo bekommt man den groſſen Ton $ nämlich D, und über dieſem den 


lung des Intervalls, die andere die har⸗ 
moniſche Theilung. 

Alſo verſuchte man die Octave, als das 
groͤßte Intervall, hernach auch die kleinen 
Intervalle arithmetiſch und harmoniſch zu 
theilen. Die arithmetiſche Theilung ge⸗ 
ſchiehet alſo: Man ſubtrahirt die beyden 
Zahlen, die das Intervall ausdrucken, 
nimmt die Haͤlfte ihres Unterſchieds und 
addiret ſie zu der kleinern Zahl, ſo be⸗ 
kommt man das arithmetiſche Mittel. 
Z. E. Wenn die beyden Zahlen 12 und 
6 ſind, ſo iſt ihr Unterſchied 6, davon 
die Hälfte 3. Dieſes zu 6 addirt giebt 9 
als das arithmetiſche Mittel. 

Das harmoniſche Mittel wird alſo ge⸗ 
funden. Man multipliciret die beyden 
Zahlen des Intervalls durch einander, 
nimmt die dadurch herauskommende Zahl 
doppelt, und dividirt ſie durch die Sum⸗ 
me der beyden Zahlen. Wenn alſo die 
Zahlen 12 und 6 find, fo multipliciret 
man 12 durch 6, und nimmt die heraus⸗ 
gekommene Zahl 72 doppelt. Dieſes 
macht 144, und dieſe dividirt man durch 
die Summe von 12 und 6, oder durch 18. 
Der Quotient 8 iſt das harmoniſche Mit⸗ 
tel z wiſchen 12 und 6, und iſt um 4 oder 
4 von 12 kleiner als dieſes, und um 2 
oder J von 6 groͤßer als dieſes. 


klei⸗ 


Auf dieſe Art theilten die Alten alle 
Intervalle harmoniſch oder arithmetiſch. 
Beyde Theilungen bringen neue kleinere In⸗ 
tervalle hervor, und zwar dieſelbigen mit 
dem Unterſchied, daß durch die harmoni⸗ 
ſche Theilung das vollkommnere Intervall 
unten, oder zwiſchen dem unterſten und 
dem neuen Ton liegt, das unvollkomm⸗ 
nere oben, und daß dieſes in der arith⸗ 
metiſchen Theilung gerade umgekehet iſt. 
Z. E. Die harmoniſche Theilung der De- 
tave 12: 6 giebt fuͤr den neuen Ton 8, 
welches gegen 12 eine Quinte und gegen 
6 eine Quarte macht: Die arithmetiſche 
Theilung giebt 9 fuͤr den neuen Ton, wel⸗ 
ches gegen 12 eine Quarte und gegen 
6 eine Quinte macht. Daraus verſteht 
man, was die Alten ſagen wollen, wenn 
ſte die harmoniſche Theilung der Octave 
alſo 


und die arithmetiſche alſo 


X 
— euer en 
r 
2 
9 0 
— —— —— — — — — — 
A — 8 


vorſtellen. 
Durch 


des reinen Satzes in der Muſik. . 


kleinen 3: ? oder „4, D-E. Auf dieſe Weife hatte man die Töne O D, E, 
6, c, nach den heutigen Berhältniffen bekommen. Die arithmetiſche Theilung 
der Oetave gab den Ton F oder 2, die harmoniſche Theilung der Quinte F-c gab 
wieder die groſſe Terz zu P, nämlich A oder 3. Endlich gab man auch dem erſten 
aus der Theilung der Octave entflandenen Ton E feine große Terz 1 oder B 
Odas heutige EI), und fo hatte man das Syſtem. e 
Bey dieſer Einrichtung der Tenleiter zeigte ſich die Schwierigkeit, daß 
man den Ton B oder das jetzige H gar nicht konnte zum Grundton machen, weil 
ihm die Quinte fehlte, da das Intervall BF 1: $ oder z zur Quinte ganz uns 
brauchbar iſt. Der Ton F aber hatte keine Quarte, denn das Intervall F- B 7) 
klinget nicht nur ſehr wiedrig, ſondern iſt auch ſchweer von den Sängern zu⸗ 
treffen. Dieſes Intervall wurd, weil es aus drey ganzen Tönen beſtehet, Trito⸗ 
nus genennet: fein Verhaͤltniß iſt 3 zu „% oder 33. Dieſem Mangel haben die 
ehemaligen Tonlehrer dadurch abgeholfen, daß fie zwiſchen A und B noch einen 
Ton eingeſchaltet haben, der mit F eine reine Quarte machte, und zu dem die 


Octave von F eine reine Quinte war. 


Durch die harmoniſche Theilung der 
Quinte 15. 12. 10 entſtehet unten die 
große Terz, und darüber die kleine. 


Durch die harmoniſche Theilung der 
groſſen Terz 45. 40. 36. entſteht unten der 
große Ton #2 oder 5 und oben der kleine 
33 oder 15 x 

Auf dieſe Weiſe fand man durch die Thei⸗ 
lung der Octave die Quinte und Quarte, 
durch die Theilung der Quinte die groſſe 
und kleine Terz, durch die Theilung der 
groſſen Terz die groſſe Secunde, oder den 
groſſen Ton und den kleinen Ton. 

Nach dieſem ſah man auch, daß der 
Raum zwiſchen der groſſen Terz und der 
Quarte die kleine Secunde, oder den groſ⸗ 


fen halben Ton Is gebe, und daß dieſer 


dom groſſen ganzen Ton abgezogen den 
kleinen halben Ton 128; 135 gebe. 


Die 
Es verdienet hier noch im Vorbeygang 
angemerkt zu werden, daß die Clavier⸗ 


macher uͤbel thun, wenn ſie bey gebun⸗ 


denen Sayten das Verhaͤltniß 2, wel 
ches der Unterſchied der groſſen und klei⸗ 
nen Terz iſt, fuͤr den kleinen halben Ton 
nehmen. Eigentlich ſollte es 15 ſeyn, 
weil aber dieſe Eintheilung etwas beſchwer⸗ 
lich iſt, fo koͤnnen fie fuͤglich +5 und 28 
dafuͤr nehmen. Das erſtere zur Bindung 
von Dis und E, F und Fis, Gis und A, B 
und E ſtatt 133. Das andere für C und 
Cis, D und Dis, G und Gis, an ſtatt 25 7. 
Will man Cis und D, E und F, Fis und 
G, A und B, H und C binden, fo kann 
man das Verhaͤltniß Te nehmen. | 
7) So lange von der Tonleiter der 
Alten geſprochen wird, muß man immer 
unter dem Ton B unſer heutiges H ver» 
ſtehen. a 


8 Die Kunfk 


Die Lange der Sayte zu dieſem Ton mußte alfa r ſeyn. Dieſe Sayte ber 
kam ebenfalls den Namen B, wurde aber zum Unterſchied des urſpruͤnglichen B 
oder 15, das weiche oder viereckigte g genennt. Dieſes hat man hernach mit 
dem Buchſtaben bezeichnet, welchen Buchſtaben der Ton re noch jetzt trägt, 

In dieſer diatoniſchen Tonleiter ſind die Stufen von einem Tone zu dem 
naͤchſten von dreyerley Art. Die von Obis D, von F bis G, von A bis H, find, 
Dieſes Intervall nennet man einen großen Ton. Die Stufen D-E und GA 
find nur 28, welches Intervall ein kleiner Ton genennt wird: die Stufen E-F 
und H-c find rc, und dieſes wird ein halber Ton genennt. 

Bey dieſer Tonleiter kann man auch noch eine andere Anmerkung machen. 
Wenn man C zum Grundton annimmt, und alle Töne der Tonleiter von C bie c 
nach einander anſchlaͤgt, fo merkt man, fo bald man auf den Ton H koͤmmt, daß 
er den folgenden Ton e gleichfam zum voraus ankündiget, und in dem Gehör 
einigermaaßen ein Verlangen darnach erwecket. Eben diese geſchiehet auch, wenn 
man von F anfängt und auf e gekommen iſt. Geht man aber von D nach d, ſo 
laßt der ſiebende Ton c von dem folgenden d gar nichts fuͤhlen. 

Dieſe Erfahrung, die jederman gar leicht machen kann, lehrte die Alten, ®) 
daß die große Septime C- H., F- e eine Kraft habe, den nächſt über ihr liegenden 
halben Ton zum voraus empfindbar zu machen; ſie nennten deßwegen dieſen Ton 
das Semitonium modi, und gaben dadurch zu verſtehen, daß er den naͤchſt daruͤ⸗ 
ber liegenden halben Ton als den Hauptton anzeige. Sie ſahen bald, daß die 
Muſik gewinnen wuͤrde, wenn jeder Grundton dieſen Vortheil haͤtte. Daher mag 
es hernach gekommen ſeyn, daß wie man verſucht hat, den uͤbrigen vier Toͤnen 
D, E, G und A, auch ein ſolches Subſemitonium zu geben, und alſo zwiſchen C 
und D, zwiſchen D und E, zwiſchen Fund G, und zwiſchen G und A halbe Tone 
einzuſchalten. Dieſes ſcheinet der Urſprung der heutigen Tonleiter zu ſeyn, in 
welcher dieſe eingefchaltene Töne die Namen Cis, Dis, Fis und Gis bekommen 

ben. Wiewol eben dieſe Toͤne auch aus andern Gruͤnden konnten einge⸗ 
fuͤhrt werden.“) wi 
Wollte 


8) Unter dieſem Worte verfichet man aus zwoͤlf Tönen beſtehende Tonleiter noch 


hier nicht die alten Griechen, aus deren 
Muſik die unſrige durch verſchiedene Ver⸗ 
aͤnderung entſtanden iſt, ſondern die Ton⸗ 
ſetzer des XVI und zum Theil noch des 
XVII Jahrhunderts, die unſere heutige 


nicht hatten. » 
9) Es ſcheint doch, daß der ange⸗ 
fuͤhrte Urſprung der neuen halben Toͤne 
Cis, Dis, Fis und Gis der natuͤrlichſte ſey. 
Es faͤllt ungemein ſtark ins Gehoͤr, daß 
der 


des reinen Satzes in der Muſik. 8 


Wollte man dieſe Toͤne ſo nehmen, daß ſie gerade ſo weit von dem halben 
Ton über fie abſtuͤnden, als E von F oder H von C, fo müßten die Längen der 
Sayten die hier angegebenen Verhaͤltniſſe haben. 

1 55 Dis Fis Gis 
5 4 == 2 8 

Es laͤßt ſich auch en daß diejenigen, die zuerſt ire haben, 
dieſe vier neuen Toͤne einzufuͤhren, ſie dem Gehoͤr nach ſo nah als moͤglich auf 
dieſe Verhaͤltniſſe werden geſtimmt haben, damit Cis das Subſemitonium von D, Dis 
von E u. ſ. f. wäre. Doch muſte man bald merken, daß es hier eben nicht auf 
ein ganz genaues Verhaͤltnis ankomme. Man kann dieſe Toͤne etwas hoͤher oder 
niedriger nehmen, ohne die Eigenſchaft, die ſie haben, den naͤchſten Hauptton 
daruͤber anzukuͤndigen, zu ſchwaͤchen. 

Dieſer Umſtand war ſehr vortheilhaft, indem er verſtattete, daß man einen 
doppelten Gebrauch von dieſen neuen halben Toͤnen machen konnte. Ohne der 
Hauptabſicht, ſie als Subſemitonia zu gebrauchen, zu ſchaden, konnten ſie etwas er⸗ 
hoͤhet oder erniedriget werden, und ſo war es moͤglich, ſie gerade ſo zu nehmen, daß 
ſie zugleich als Quinten oder Terzen oder Quarten, anderer Toͤne dienen konnten, 
wodurch die Anzahl der Grundtoͤne vermehret, und alſo der Muſik mehr Man⸗ 
nigfaltigkeit konnte gegeben werden. 

So fand man, daß, wenn man der Sayte Fis die Laͤnge 25 gäbe, dieſelbe 
nicht nur das Subfemitonium von G, fondern zugleich die reine See von N und 
die reine große Terz von D waͤre. Dieſe gluͤckliche Bemerkung führte die Ton⸗ 
lehrer auf die Unterſuchung, wie auch die andern drey halben Toͤne Cis, Dis und 
Gis zu dieſem doppelten oder dreyfachen Gebrauch koͤnnten eingerichtet werden. 

Die Nachrichten von den verſchiedenen Verſuchen, die damit gemacht wor⸗ 
den, ſind nicht bis auf uns gekommen. Nur ſo viel weiß man, daß dieſelben 
endlich die Einführung der heutigen 24 verſchiedenen Tonleitern veranlaſet haben, 
da man jeden der 12 Töne der Octave zum Grundton machen, und ſowol nach 
der harten als nach der weichen Tonart darin ſpielen konnte. Es mag auf folgende 

7 5 damit zugegangen ſeyn. 
In 


der Discantſchluß aus dem Semitonio in Alſo kann es gar wol ſeyn, daß das 
den Hauptton ſehr viel vollkommener iſt, Nachdenken, wie die Schluͤſſe der Mol⸗ 
als der Schluß aus der kleinen Terz der toͤne vollkommener zu machen waͤren, dieſe 
Dominante in den Hauptton, womit die neuen Toͤne eingefuͤhret hat. 

Alten in Moltoͤnen zufrieden ſeyn mußten. . 


93 


10 N Die Kunſt 


In der ehemaligen diatoniſchen Tonleiter waren einige Töne, als O und F, 
die ihre reinen Quinten und große Terzen hatten; andere aber, wie A und E, 
hatten zu den reinen Quinten nur kleine Terzen, hingegen hatte D weder eine 
reine Quinte, noch eine reine kleine Terz; die große Terz aber fehlte ihm ganz. 

H war ohne Quinte, alſo konnte man nur aus gar wenig Tönen in der 
großen oder kleinen Tonart rein ſpielen. 

Die Bemerkung, daß durch Einführung des Tones Fis, H eine Quinte, 
und D eine große Terz bekommen hatten, brachte die Tonſetzer auf den Gedanken, 
daß es vielleicht angehen koͤnne, gar jeder Sayte eine große und kleine Terz und 
eine Quinte zu geben. Schon die vier neuen Töne Cis, Dis, Fis und Gis fo ge⸗ 
nommen, wie ſie als Subſemitonia der uͤber ihnen liegenden Haupttoͤne mußten 
genommen werden, gaben Hoffnung zu der Moͤglichkeit eines ſolchen neuen 
Syſtems der Muſik: der bloße Gedanke davon fand ſo viel Beyfall, daß man 
hernach unzaͤhlige Verſuche machte, daſſelbe zur Vollkommenheit zu bringen. 

Man ſuchte alſo die vier Semitonia Cis, Dis, Fis und Gis ſo zu nehmen, 
daß jeder Ton der chromatiſchen Tonleiter C, Cis, D, Dis, E, F, Fis, G, Gis, 
A, B, H ſeine Quinte, ſeine große und kleine Terz darin habe. 

Man ſah aber bald, daß dieſes nur in ſo fern moͤglich ſey, als es erlaubt 
ſeyn wuͤrde, die Intervalle bald etwas groͤßer, bald etwas kleiner zu machen. 
Wollte man z. E. Dis ſo nehmen, daß es die voͤllig reine kleine Terz zu C waͤre, 
ſo konnte es nicht zugleich die reine Quinte von Eis ſeyn. Indeſſen fand man, 
daß fuͤr dieſe neuen Toͤne ein ſolches Mittel koͤnnte getroffen werden, daß zwar 
die Intervalle nicht ganz rein, aber doch ertraͤglich ſeyn wuͤrden. Dieſes nennte 
man das Syſtem Temperiren. 

Jeder Orgelbauer und Inſtrumentmacher ſuchte, ſo gut er konnte, eine 
Temperatur, die den wenigſten Unbequaͤmlichkeiten unterworffen war; und ſo 
ſtehen die Sachen noch gegenwaͤrtig. 

Nachdem unzaͤhlige Temperaturen aut ee worden, glaubten endlich 
einige Tonlehrer, das leichteſte Mittel, aus der Sache zu kommen, ſey dieſes, 
daß die Toͤne C, Cis, D, Dis u. ſ. f. alle durch gleiche Stufen von einander ab⸗ 
geſoͤndert werden. Alſo theilte man die Octave in zwoͤlf gleiche Theile ein, davon 
jeder ohngefehr ein halber Ton war; dieſes nennte man die gleichſchwebende 
Temperatur. Viele ſahen ſie gleich fuͤr ſehr vortheilhaft an, weil nach derſelben 
jede Sayte der chromatiſchen Tonleiter ihre große und ihre kleine Terz, nebſt ihrer 
Quarte, Quinte und Sexte, der Reinigkeit ſo nahe hat, daß das Ohr das, was 
der völligen Reinigkeit abgeht, kaum merkt. 


Man 


des reinen Satzes in der Muſik. 11 


Man kann folglich nach dieſer Temperatur aus gar allen im chromatiſchen 
Syſtem liegenden Toͤnen, ſo wol in Dur als in Mol, faſt ganz reine ſpielen. 

Eine genauere Ueberlegung giebt aber bald beträchtliche Bedenklichkeiten 
gegen dieſe Temperatur an die Hand. 

Erſtlich iſt es unmöglich, ſelbige ohne ein Monochord, oder etwas das deſſen 
Stelle vertritt, zu ſtimmen. Durch das bloße Gehoͤr koͤnnen wol conſonirende In⸗ 
tervalle rein geſtimmt werden, aber dißonirende kann man nicht genau treffen. 

Zweytens wird durch die gleichſchwebende Temperatur die Mannigfaltigkeit 
der Töne aufgehoben. Denn fie läßt ſchlechterdings nur zwey Charakter übrig, 
da auf der einen Seite alle Durtoͤne, und auf der andern alle Moltöne ſich voll⸗ 
kommen gleich ſind. | 

Alſo haͤtte man durch die 24 Tonleitern nicht nur wuͤrklich nichts gewonnen, 
ſondern ſehr viel verloren. Denn die bloß diatoniſche Tonleiter, wie die Alten 
ſie gebraucht haben, wovon oben geſprochen worden, gab verſchiedene, an Cha⸗ 
rakter wol von einander abgezeichnete Tonarten, davon allemal die, welche 
ſich zum Ausdruck am beſten ſchickte, konnte gewaͤhlet werden. Die gleichſchwe⸗ 
bende Temperatur hebt dieſes auf, und laͤßt dem Tonſetzer blos die Wahl zwiſchen 
der großen und der kleinen Tonart. | 

Dieſe Gründe find wichtig genug, um eine Temperatur fahren zu laſſen, 
die ſo viel Unvollkommenheit nach ſich zieht. 

Eine Temperatur, die gut ſeyn ſoll, muß leichte zu ſtimmen ſeyn, ſie muß 
der Mannigfaltigkeit der Toͤne nicht ſchaden, und endlich alle Intervalle, ſo viel 
moͤglich iſt, ſo angeben, wie die reinen Fortſchreitungen der Melodien ſie her⸗ 
vorbringen. 

Man findet z. E. daß ganz reine melodiſche Fortſchreitungen in zwey Stim⸗ 
men verſchiedene temperirte, oder nicht ganz reine Terzien in der Harmonie her⸗ 
vorbringen. 8 

Man ftelfe ſich folgendes Beyſpiel vor. 


22... 

— 2 — 2 — r —— 

—— — m — — 

4 — 5 ———— —ʒr—— 

= 3 — — Ann 4 —— —•——dM r —— Sour une REED 
Hg — 5rd —— 

8 
„ 

!! — hp m 
Fee 
5 FFC — — — 

JJ%%%%%%%%))%V%%SVVd%Sdwdd%/]/àaß!d ( BEBER SS) PETE RE SEETRENR 1 
N jn) IE EB 2 AN - 


In beyden Stimmen kommen Sprünge von Quarten und Quinten vor. 
Dieſe kann, wie geſagt, ein Saͤnger nicht anders als rein nehmen. Geſchieht 
B 2 dieſes 


x 


dieſes nun, ſo machen beyde Stimmen, wenn ſie auf die letzten hier angeſchrie⸗ 


benen Toͤne kommen, eine Terz, die nicht rein iſt. Denn wenn o durch 1 au: 
gedruͤckt wird, ſo wird das g in der obern Stimme eine reine Quarte tiefer 3, 
davon die reine Duinte F. In der untern Stimme falt an von 85 I auf f 
eine Quinte; folglich iſt f 2, von da ſteiget man eine reine Quarte 8. Alſo 
verhält fich hier d zu d wie 8 zu 5 oder wie 1 zu gt. Es iſt deswegen die Terz 


b - dvon g, ungeachtet fie um das Comma 5 hoͤher iſt, als die reine Terz E, nicht 
zu verwerfen: erſtlich weil es wichtiger iſt, daß die groͤßern Intervalle Quinten 
und Quarten rein ſeyn, aus denen dieſe Terz entſteht, als daß dieſe rein, und 
jene unrein ſeyn. Zweytens, weil es nicht moͤglich iſt, dieſe Quarten und Quin⸗ 
ten im Singen fo zu temperiren, daß die Terz b - d rein herauskomme. 


Wuͤrde man aber mit zwey Stimmen auf folgende Art fortſchreiten: 


6 2 
1 „Buster 22. are. 
. 


— — —— 


55 


ſo würden c unde die reine große Terz; g in der untern Stimme aber gegen das letzte e 
in der obern die reine Serte 3 ausmachen, da in dem vorhergehenden Beyſpiel k in 
der untern Stimme gegen d in der obern, eine Serte die 29 iſt, macht. Alſo geben 
die Fortſchreitungen durch reine Intervalle die Terzen bald groͤßer, und bald kleiner. 
Was hier beylaͤufig erinnert worden, daß es wichtiger ſey, die großen als 
die kleinen Intervalle rein zu haben, verdienet etwas naͤher entwickelt zu werden. 
Es iſt bekannt, daß die Octaven nicht die geringſte Temperatur vertragen, 
ſondern ganz rein ſeyn muͤſſen, weil eine Kleinigkeit, darum ſie zu hoch oder zu 
tief ſind, ſie ſehr wiedrig macht. Der Grund davon iſt offenbar. Weil ſie von 
einer Art ſind, ſo wird die Vergleichung ſo leichte, daß der geringſte Unterſchied 
merklich wird. Die Quinten koͤnnen, wie man aus der Erfahrung weiß, etwas 
unter ſich ſchweben, ohne wiedrig zu werden, denn zwiſchen 2 und 3 iſt die 
Vergleichung nicht fo faßlich, als zwiſchen Lund 2. Daher wird man bey der 
Quinte den Mangel nicht ſo leicht gewahr. Aus eben dieſem Grunde koͤnnen die 
Ter⸗ 


des reinen Satzes in der Muſik. 13 


Terzen noch vielmehr Abweichung von der Reinigkeit vertragen, ehe ſie verdrieß⸗ 
lich werden, weil das Verhaͤltniß 4: 5, oder 5: 6 noch ſchweerer als 2: 3 zu 
faſſen, folglich die Abweichungen davon weniger merklich ſind. Dieſes kommt 
vollkommen mit dem Gefühl uͤberein. Das Gehoͤr der groͤßten Meiſter kann 
hieruͤber zu Rathe gezogen werden; ſie ſind darin einſtimmig, daß die Quinten 
erträglich find, wenn fie nicht uͤber ein halbes Comma, oder +75 tiefer, als das 
wahre Verhaͤltniß % find; die großen Terzen aber koͤnnen ein ganzes Comma 
oder „5 über ſich, die kleinen eben fo viel unter ſich vertragen. 

Weil man, ſo viel moͤglich, auf reine Quarten und Quinten ſehen muß, ſo 
werden die unreinen Terzen, die nothwendig daher entſtehen, ohne Bedenken an⸗ 
zunehmen ſeyn. 

Vorher iſt gezeiget worden, wie die Terz 81 entſtehe. Da dieſe unvermeid⸗ 
lich iſt, fo wird auch noch eine andere, die durch #33 ausgedruͤckt wird, und 
um etwas kleiner als jene iſt, nothwendig; denn dieſe iſt das, was der reinen 
großen Terz 4, 5 und der größten 57 zur Octave fehlt. Denn wenn das Inter⸗ 


vall b-d, wie wir geſehen haben, nothwendig 87 ift, d-fis aber die reine große Terz 
ſeyn fell, fo muß das tis mit b nothwendig das Intervall 37 ausmachen. 
| tach diefen vorläufigen Erinnerungen wird man die Temperatur, die hier 
ſoll angezeiget werden, ohne Zweifel fuͤr die beſte moͤgliche halten. Denn ſie 
hat die ſo weſentlichen Eigenſchaften, daß ſie leichte zu ſtimmen iſt; daß die 
Hauptintervalle Quinten und Quarten entweder vollkommen, oder ſo rein ſind, 
daß kein Ohr den Unterſchied zu merken im Stand iſt, wie ſogleich ſoll gezeiget 
werden; und endlich, daß ſie keine andere Terzen hat, als entweder ganz reine, 
oder doch ſolche, die aus reinen Quinten und Quarten nothwendig entſtehen. 
In dieſer Temperatur haben die Tone folgende Verhaͤltniße: 
J)) E:E FG Ges va BöH 
VT 
In dieſer Tonleiter ſind alle Toͤne der reinen diatoniſchen Leiter beybehalten 
worden, außer der Ton A, der anſtatt 2 oder 332 hier 278 und alſo um rar oder 
ein halbes Comma hoͤher genommen iſt, damit er, als die Quinte von D zu 
brauchen ſey. Denn jetzt iſt dieſe Quinte D. A und folglich auch die Quinte 
A-e nur um ein halbes Comma niedriger, als die ganz reine Quinte 2. 
Dieſe zwey Quinten ausgenommen, ſind alle uͤbrigen ganz rein. Denn daß die 
Quinte Fis - eis um den zehnten Theil eines Comma unter ſich ſchwebt, kann 
kein Ohr merken, fo fein fein Gefühl auch immer ſeyn mag. Da nun alle 
Quinten bis auf zwey rein ſind, ſo ſind es die Quarten ebenfalls. 
3 Die 


14 Die Kunſt 


Die großen Terzen find von viererley Art: vollkommen reine O. F, 
D-Fis, G- H; andere von Fr, die um ein Comma zu groß find; hierauf 
ſolche, die um weniger als ein Comma uͤber fich ſchweben, wie die von 322; und 
endlich ſolche, die der ganz reinen eis näher kommen, als F- A 73%, welches 
von z nicht merklich, und A- cis 13354, welches von 523 eben fo unmerklich 
abweichet. | 

Von den kleinen Terzen find noch mehr, die von der Reinigkeit abweichen. 
Ae gehet der Unterſchied nirgend uͤber ein Comma, folglich werden ſie alle 
ertraͤglich. 

Die vorgeſchlagene Temperatur hat endlich den Vortheil vor allen andern, 
daß fie durch bloſſe reine Quinten, und eine einzige große Terz & kann geſtimmt 
werden, wie aus dieſer Vorſtellung zu ſehen iſt. | 

be- - 12 9 


ee — B- B_ — — — 

„. ̃ PT 
b I 

———— T ' ü — — — — 


Nachdem man die Töne auf dieſe Art bis auf das Fis bey x geſtimmet hat, 
fo iſt a, welches noch fehlt, gar leicht fo zu nehmen, daß die Quinte d-a bey x 
fo viel unter ſich ſchwebt, als die Quinte a- e. Dieſes wird keinem, der ein 
wenig im Stimmen geuͤbt iſt, die geringſte Schwuͤrigkeit machen, und dieſe Tem⸗ 
peratur wird ſich vorzüglich durch die Leichtigkeit des Stimmens empfehlen. 


Zweyter Abſchnitt. 
Von den Intervallen. 


Die Alten zaͤhlten, wie ſchon erinnert worden, die Intervalle der Toͤne 
nach den diatoniſchen Stuſen ab, und daher kam es, daß jeder Grundton in 
dem Bezirk einer Octave ſieben Intervalle harte, weil von ihm bis zu feiner 
Octave ſieben diatoniſche Stufen waren. Die Intervalle, welche die Octave 
uͤberſchritten, wurden noch allezeit der Stufen nach von dem unterſten Ton ges 
nennet. Die Secunde der Octare wurd None, die Terz Decime genennt, und 
fo auch alle übrigen Tone, ſo viel in dem Umfange des ehemaligen Syſtems 
waren. Gegenwaͤrtig hat man dieſe Art zu zahlen groͤßtentheils verlaſſen, indem 
man den uͤber der Octave liegenden Intervallen die Namen giebt, die ſie in der 
erſten Octave haben, die Decune iſt eine Terz, die Undecime eine Quarte u. ſ. f. 
Nur in gewiſſen beſondern Fallen, woven oben in der Anmerkung auf der 

N dritten 


des reinen Satzes in der Mufik, - is 


dritten Seite ein Beyſpiel gegeben worden, werden die Intervalle in der zweyten 
Octave mit 9, 10, 11, u. ſ. f. angezeiget. Die None beſonders behaͤlt ihren 
Namen, wenn fie in dem Zuſammenhange der Harmonie anders Alg die Ser 
cunde behandelt wird, wie in dem folgenden wird zu ſehen ſeyn. Dieſe Inter⸗ 
valle behielten fuͤr jeden Grundton dieſelben Namen, aber in Anſehung ihrer 
wuͤrklichen Groͤße und folglich des Klanges waren ſie ſehr verſchieden. Das 
Intervall von C zu D wurd eben, wie das von D zu E, und wie das von E zu F 
eine Secunde genennt, ob ſie gleich an Groͤße verſchieden ſind. | 

Damit man auf einmal die wahre Größe der Intervalle, wie die Alten 
ſich derſelben in ihren verſchiedenen Tönen bedient haben, uͤberſehen koͤnne, iſt 

folgende Tabelle hier eingeruͤckt. f 


Tabelle der Intervalle 
in den Tonarten der Alten. 


— 1 — | ——. . — — . — — — — 


— . — — | — — — | — — — 


—— — . — —Ä—K — —— 
—— — | — 


— — — — — 
— Gun | mr 1 mu ͤ — 


— 8 r 
— — — m r || — — 


Es falle vermittelſt dieſer Tabelle in die Augen, daß kein Ton dem andern 
völlig gleich geweſen. Die Töne C und F find in zweyen Intervallen von ein⸗ 
ander unterſchieden, nemlich in der Quarte, die im Ton C2, im Ton Faber 33 iſt; 
in der Serge, die in C 2, in F aber 27, und alſo um ein Comma hoͤher 165 
| fo 


16 Die Kunſt 


Alſo gab die diatoniſche Tonleiter ſechs verſchiedene Tonarten 19), 
ſiebende B oder unſer H wurde ganz verworfen, weil ihre Quinte z nicht zu 
brauchen war. Die Beſchaffenheit der Intervalle zeiget ſich aus der Tabelle. 
Die Secunden find von dreyerley Größe $, 5 und 18. Die beyden erſten, die nur 
um ein Comma verſchieden ſind, wurden fuͤr einerley gehalten, und die große 
Secunde genennt, die andre die kleine. 

Terzen waren ebenfalls dreyerley, die gelber 2, die kleine L und 37. 
aber, die auch nur um ein Comma tiefer „als S iſt, wurde noch für die kleine 
Terz gehalten. Alſo waren nur zwey Terzen, die große und die kleine. Die 
Quarten waren alle bis auf eine, nämlich die von P, (der eigentliche Tritonus) 
einander gleich, und die von A war um ein Comma zu hoch. 

Wie dieſe drey erſten Gattungen der Intervallen waren, ſo waren auch 
die übrigen, die durch die erſten beſtimmt werden. Denn aus den Quarten ent⸗ 
ſtehen in der Umkehrung Quinten, aus den Terzen Sexten, und aus den 
Secunden Septimen ). 

Alſo waren alle Quinten bis auf die von D rein; die S Sexten von ezweyerley 
Art, große 3 und kleine 8, und eben fo die Septimen, die große 75 und die 
kleine 1 jo 


Denn die 


Diefe 


Von 
10) Man kann hier im Vorbeygang die — 2 —1— 
Namen der alten Haupttonarten merken. Br 
Die C zum Grundtone hatte, hieß die 72753033 bb 
joniſche Tonart. authentiſch plagaliſch 
— Ä rh Hiedurch entſtunden in allem zwoͤlfer⸗ 
— E — — ohrogiſche — (ey Tonarten. Wollte man nun auch die 
— f — — luydiſche — heutige Tonleiter eben fo behandeln, und 
— 4 — — mirolpdiſche — aus jedem Ton, fo wol in der groͤßern, 
— A — —  öblifde — 


als kleinern Tonart, nach authentiſcher 
und plagaliſcher Art verfahren, ſo bekaͤme 
man 48 verſchiedene Tonarten. 

11) Durch das Wort Umkebrung ver⸗ 
ſteht man die Herunterſetzung des hoͤhern 


Jede dieſer ſechs Tonarten wurde von 
den Alten auf zweyerley Weiſe behandelt, 
die ſie authentiſche und plagaliſche nenn⸗ 
ten. Nach der authentiſchen Art nahm 


man den Umfang von dem Grundton bis 
in ſeine Oetave, nach der plagaliſchen aber 
von der Unterquarte des Grundtones bis 
auf die Quinte deſſelben, z. E. in C oder 
der joniſchen Tonart. 


Tones in dem Intervall um eine ganze 
Octave. Wenn man in der Terz ae den 


Ton c eine Octave tiefer nimmt, ſo hat 
man ca, welches alsdenn eine Sexte iſt. 
Die 


des reinen Satzes in der Muſik. 17 


Von der hier erwähnten Groͤße ſind alſo alle Intervalle, die man ſchlecht 
weg, oder mit Beyſetzung des Namens Groß oder Klein nennt. Die große Se: 
cunde iſt & oder bis auf ein Comma geringer, die kleine iſt 28. Die große Terz 
4 oder etwas (doch nicht über ein Comma) mehr. Die Quarte aber iſt nur von 
einer Art 2, und kann, ohne ihre Natur zu verlieren, um kein Comma höher 
ſeyn, und ſo auch die Quinte. Deswegen haben auch die beyden Intervalle 
F- H 45, und deſſen umgekehrtes Intervall Ef 5 4, jenes nicht mehr den Na⸗ 
men der Quarte, ſondern den Namen des Tritonus bekemmen, dieſes aber iſt 
die falſche Quinte genennet worden. | 

Dieſes mag von der Einrichtung der Tonleiter der Alten genug ſeyn. Durch 
die Einführung der vier neuen Töne Cis, Dis, Eis und Eis hat die ganze Muſik 
eine andere Geſtalt bekommen. 1) Auſtatt der ſieben Intervalle, die ſonſt jeder 
Tan in dem Bezirk einer Octave hatte, hat er nunmehr zwölſe. 2) Anſtatt daß 
ehedem jeder Grundton nur eine Tonart hatte, darin alle Intervalle genau be⸗ 
ſtimmt waren, hat jeder Grundton zwey diatoniſche Tonarten, die harte und die 
weiche. Naͤmlich ehedem hatte der Ton C nur eine große Terz und kleine Serte; 
jetzt hat derſelbe Grundton auch eine kleine Terz und eine große Serte. Da 
man alſo ehedem nur in C dur ſpielen konnte, kann man jetzt auch in C mol ſpielen. 
3) Beyde Tonarten aber, ſo wol mol als dur, haben außer den diatoniſchen 
Intervallen auch die chromatiſchen, nämlich eine kleine Secunde Cis, eine uͤber⸗ 
maͤßige Quarte bis u. ſ. f.; dadurch iſt eine ſehr viel größere Mannigfaltigkeit 
in die Melodie und Harmonie eingefuͤhret worden. | 
RNRaͤmlich in dem alten diatoniſchen Syſtem waren die Fortſchreitungen völlig 
beſtimmt; man konnte z. E. von C nicht anders fortſchreiten, als entweder um 
eine große Secunde O-, oder um eine große Terz C. E u. ſ. f. Gegenwärtig 
hat man die Wahl, von jedem Ton, um eine kleine, große, oder uͤbermaͤßige Se⸗ 
cunde, um eine kleine oder große Terz u. ſ. f. fortzuſchreiten. Daher erhalt man 
den Vortheil, wie wir im Verfolg ſehen werden, ſchneller in andere Toͤne aus⸗ 
zuweichen. Zugleich entſtehet dadurch, wegen der verminderten und der ber: 
mäßigen Intervalle, eine große Bequämlichkeit, die verſchiedenen Arten der Lei⸗ 


x 


denſchaften auszudrucken. 
1 f 1 | Man 
Die Secunde c - d wird durch Die Um⸗ nach den Namen. Die kleine Terz 3 


kehrung De zur Septime. Will man giebt in der Umkehrung oder 3, oder 
dieſe Umkehrung in den durch Zahlen aus⸗ die große Sexte; die große Terz 5 giebt 
gedruckten Intervallen machen, fo kehrt in der Umkehrung F, oder die kleine 
man den Bruch um, und verdoppelt her⸗ Sexte. g | 


1 


Die Kunſt 


Man kann auch jetzt, vermittelſt der, zwiſchen den diatoniſchen Tönen ei 


geſchalteten, chromatiſchen Tone kleinere Fortſchreitungen nach einander nehmen, 
wie in dieſem Beyſpiel: 


EEE ERSTE SCHEN METER... 2 Au — N als.an 
F = . 2 8 =E>) 


18 


wodurch der Gesang ſehr ofte die groͤßte Kraft des Ausdrucks bekommt. Dieſe 
kleinen chromatiſchen Fortſchreitungen geſchehen durch Intervalle von übermäßigen 
Drimen F- Eis, G - Gis ꝛc. oder von verminderten Primen H. B ıc,, welche 
eigentlich 2? ſeyn ſollten ), in unſerm Syſtem aber 288, und alſo immer 
merklich Heiner „als die kleineſten diatoniſchen Fortſchreitungen 18 (E- ) find. 
Man kann ſo gar durch eine Taͤuſchung des Gehoͤres I kleinere Forte 
ſchreitungen erhalten, die man enharmoniſche nennt. Um dieſes zu verſtehen, 
bemerke man, daß jede Sayte des heutigen Syſtems mehr, als eine Stelle 
zu vertreten hat, wenn fie gleich immer denſelben Ton, oder dieſelbe Hohe behaͤlt. 
So vertritt z. E. unſre zweyte Sayte die Stelle der großen Terz von A, in 
welchem Fall fie als ein erhöhtes O angefeben und Cis genennt wird, und zu⸗ 
gleich die Stelle der kleinen Terz von B, in welchem Fall ſie als ein erniedrigtes 
D angeſehen und Des genennt wird. Im erſten Fall muͤßte ihre Länge 23 33 ſeyn ), 
im andern Fall aber 32 ). Dieſe beyden Töne find alſo um ein Intervall 
von 72% aus einander 35), welches das kleinſte enharmoniſche Intervall iſt, und 
auch das enharmoniſche Coming genennt wird 8 = 


12) Naͤmlich cis ſollte, als die reine 
große Terz zu A, 32 ſeyn, und alſo gegen 
Coder I ein Intervall von 2? ausmachen. 
Wir haben es durch unſre Temperatur 
etwas erhoͤht und 238 daraus gemacht, 
weil ſonſt die kleine Secunde Cis -D, 277 
worden waͤre, welches der großen Se⸗ 
eunde gar zu nahe kommt. 

13) S. die vorhergehende Anmerkung. 

14) Denn B iſt 15 2 da zu 2 die kleine 
Terz ſich verhält, wie 3, oder 32 zu x. 


15) Denn 3 = 33 = 1: 55%, 
eder 128. 


* 


16) Dan 15 ofte ſagen, die Toͤne 
Cis und DR, Gis und As u. ſ. f. ſeyen 
um ein Comma verſchieden. Da man 
aber durch das Wort Comma das kleine 
Intervall 87 verſteht, fo iſt dieſer Aus⸗ 
Rene unrichtig. Das gemeine Comma 

8° iſt viel kleiner, als das enharmoniſche 
a Jenes iſt nirgend der Unterſchied 
eines enharmoniſchen und eines chroma⸗ 
tiſchen Tones, wie Cis und Dis, ſondern 
allemal der Unterſchied zweyer Intervalle, 
die einerley Namen haben, als der großen 
Terz 2, und der andern großen Terz 87; 

oder 


AF. 56, dur „G, bA, 485 
F mol 6483 


1 G dur 
mol 
bA dur 

RG, bAmol 


| 


Hmo | 


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2. aller heutigen Diatoniſchen Tonleitern. 


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s der diatonifchen und chromariſchen Intervalle für jeden Grundton. \ 


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I. II min. II maj. III min. III maj.. IV IV maj.. V * min.] VImaj. VII min. VII maj.| VIII 


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des reinen Satzes in der Muſk. 19 


Ob nun gleich eben dieſelbe Sayte fuͤr Eis und Des gebraucht wird, fo 
wuͤrkt die Verbindung derſelben mit andern Tonen doch fo viel, daß man fie für 
tiefer hält, wenn fie als Cis gebraucht wird, und für höher, wenn man ſie als 
Des braucht; und fo verhalt es ſich auch mit andern Sayten. 

Daher entſtehen alſo die enharmoniſchen Fortruͤckungen, die feinſten und 
kleinſten, die wir in der heutigen Muſik haben, wie hier: 


— — 


VFD 5 
| is bebaza5- ar oa Dee e ee 
welche durch die richtige Behandlung der Harmonie, (wie in der Folge wird ge⸗ 
zeiget werden,) fühlbar werden, ob gleich die wuͤrklich enharmoniſchen Inter⸗ 
valle auf unſerm Syſtem nicht vorhanden ſind. Es iſt eine bekannte Sache, 
und jedes Ohr empfindet es, daß durch ſolche enharmoniſche Ruͤckungen die 
Harmonie ihre angenehmſten Wendungen bekommt. | 
Freylich würde der Geſang noch mehr gewinnen, wenn wir die enharmo⸗ 
niſchen Töne in unſerm Syſtem wuͤrklich haͤtten. Alsdenn würden ſich die Saͤn⸗ 
ger auch von Jugend auf angewoͤhnen, die kleinſten enharmoniſchen Intervalle 
richtig zu fingen, und das Ohr der Zuhörer, fie zu faſſen; und dadurch wurde 
in manchen Faͤllen der Ausdruck der Leidenſchaften ſehr viel ſtaͤrker werden 
koͤnnen. | 
Daß dieſes nicht bloße Einbildungen ſeyn, erhellet daraus offenbar, daß 
Las enharmoniſche Geſchlecht bey den Alten lange Zeit von den größten Ton⸗ 
ſetzern allein gebraucht worden; und daß uns gute griechiſche Schriftſteller ver⸗ 
chern, daß dieſes Geſchlecht für das vollkommenſte ſey gehalten worden ). 

Damit man ſich von den heutigen Tonarten einen deutlichen Begriff machen 
koͤnne, ſind hier zwey Tabellen beygefuͤgt. | 

Die erſte enthält die diatoniſchen Intervallen für alle zwölf Töne, fo wol 
nach der großen, als nach der kleinen Tonart, in den Verhaͤltnißen, die unfere 
im vorigen Abſchnitt beſchriebene Temperatur giebt. 

Dieſe Tabelle dienet 1) um daraus mit einem Blicke zu ſehen, welche Toͤne 
der völligen diatoniſchen Reinigkeit am naͤchſten kommen. Es iſt bekannt, daß 
C dur das Muſter der reinen Durtoͤne, A moll aber der reinen Moltoͤne ſey. 
Vergleicht man nun alle Durtoͤne in der Tabelle mit C dur, und alle Moltone 

a W 2 mit 


eder der kleinen Terz 8, und der andern 17) S. plutarchus von der Mußt 
kleinen Terz 32. . im 17. Kay. 


20) e he Die: Kut. 


mit A mol, ſo findet man, welche mehr oder weniger von den Muſtern ab⸗ 
weichen. So ſieht man z. B., daß G dur nur in einem einzigen Ton, nämlich 
in der Secunde, etwas von der völligen Reinigkeit abweicht. | | 

2) Diener die Tabelle auch dazu, daß man bey etwa vorkommenden Fällen, 
da ein Stuͤck in einen andern Ton zu verſetzen waͤre, ſogleich ſehen koͤnne, wel⸗ 
cher ſich am beſten dazu ſchicke. So ſieht man gleich, daß ein Stuͤck, das in 
dur geſetzt iſt, ſich, ohne feine Natur zu andern, nicht wol in Dis dur oder 
Fis dur verſetzen laßt, weil dieſe Töne ſtark von C dur abgehen. | 

Ob man nun gleich in der heutigen Muſik allemal in einer, der in der vor⸗ 
hergehenden Tabelle enthaltenen. Tonarten ſpielt, fo bindet man ſich doch nicht 
ohne Ausnahm an die diatoniſchen Intervalle, ſondern nimmt bisweilen, wo 
man eine gute Wuͤrkung davon erwartet,, auch die chromatiſchen. Naͤmlich, 
ob gleich in C dur die natuͤrliche oder diatoniſche Secunde D iſt, fo braucht man 
doch bisweilen die kleine Secunde Cis, oder die uͤbermaͤßige Dis, und fo auch mit. 
andern Intervallen ). | 

Die zweyte Tabelle dienet, die Größe aller fo wol diatoniſchen, als chro⸗ 
matiſchen Intervalle eines jeden der zwoͤlf Haupttoͤne unſrer heutigen Tonleiter 
zu erkennen. Es iſt aber noͤthig, daß wir dieſe Intervalle etwas genauer 
betrachten. | | 
Man ſieht in der Tabelle, daß die in einerley Columna enthaltenen Inter⸗ 
valle meiſtentheils zweyerley Namen haben; ſo ſteht z. B. uͤber der zweyten Co⸗ 

lumna 


18) Es iſt hier noch nicht der Ort zu durch den Accord der großen Terz und 
erklaren, in welchen Faͤllen der Tonſetzer Septime, auf der Secunde des Tones, 
die diatoniſchen Intervalle verlaſſe, um findet aber dabey noͤthig dieſe Accorde 
dafuͤr die chromatiſchen zu nehmen. Es 5 


f i en ENTE 
iſt genug, daß dem Anfaͤnger geſagt wird, A Eee 
daß es geſchehe, und bisweilen geſchehen a e eee 


muͤſſe. In dem Verfolg dieſes Werks in ihrer Verwechslung zu nehmen; "fo: 
wird er die Gründe dieſes Verfahrens entſtehen daher dieſe Accorde s 


deutlich entwickelt fehen.. 8. 8 
Um nur vorläufig etwas davon zu far e 
gen, ſo kann man ſich den Urſprung und 2 — — 

den Gebrauch der uͤbermaͤßigen Prime alſo 3 


vorſtellen. Man will aus C dur nach welche eine Fortſchreitung von einer: üben 
G ausweichen, und bewerkſtelliget dieſes mäßigen: Prime machen. | 


u 


des reinen Satzes in der Muſik. 21 


lumna II min. d. i. die kleine Secunde, und darunter] Superf. oder die uͤber⸗ 
mäßige Prime, und fo auch bey den meiſten andern. Damit aber hat es fol: 
gende Bewandniß. 


1. Kommen in der zweyten Columne re al vor, die eigentlich uͤber⸗ 
mäßige Primen find, als Cis gegen C, Dis gegen D u. f. 2 „andre, die eigent⸗ 
lich wuͤrklich kleine Secunden find, wie D gegen Cis, F gegen E u. ſ. f. 15 N 

deſſen geſchieht es doch, daß man bisweilen die übermäßigen: Primen auch als 
Seeunden, als Cis anſtatt Des gebraucht, deswegen ſtehen fie in einer Columne. 
Damit man aber die, welche ſich am beſten als uͤbermaͤßige Primen brauchen 
laſſen, ſogleich kenne, ſo ſind ſie mit dieſem Zeichen » bezeichnet. 


2. Eine ähnliche Bewandniß hat es auch mit den andern Columnen. Die 
in der dritten enthaltenen Intervalle werden bisweilen als große Secunden, bis⸗ 
weilen als falſche Terzen !“) gebraucht; die letztern find ebenfalls mit x berech 
net; und ſo von allen uͤbrigen doppelt bezeichneten Columnen. 


Weil es zu genauer Behandlung der Harmonie wichtig iſt, jedes alt 
nach feinem wahren Namen und in feinen: eigentlichen. Verhaͤltnißen zu kennen, 
fo wollen wir fie hier genauer betrachten. 


1. Die uͤbermaͤßige prime entſtehet dadurch „daß ein Ton in der Fort⸗ 
ſchreitung zufällig, aus Gründen, die Sr Harmonie an die Hand giebt ?°), 
durch ein »e erhöht, z. E. O zu Cis D zu Dis u. f f. gemacht wird. Das 

C 3 


eigent⸗ 
19) Dieſe falſche Terz iſt, ſo wie die == Ss — 
falſche Quinte, dißonirend, obgleich die aus 5. — — =: 


ihrer Umkehrung entſtehende übermäßige: 1 ie 
. eee e 
Sexte bisweilen conſonirend gebraucht R | 


m menden —U—äꝙ——b—. 


wird. Dieſe Sexte entſteht aus der zwey⸗ | 
£ ie 2 In dem erſten Accord macht Dis gegen F 


ten Umkehrung des Septimen⸗ Accords, eine falſche Terz aus, die in der Umkeh⸗ 
rung zur übermäßigen: Sekte. wird. 


| | | 20) S. die Anmerkung auf der 20 
wie aus dieſem Beyſpiel zu ſehen iſt. Seite. 


in welchem dieſe falſche Terz vorkommt, 


22 | Die Kunſt 

eigentliche Verhaͤltniß dieſes Intervalls müßte 28 ſeyn; es iſt aber in unſerm 
Syſtem 233 21), oder auch 738, als F-Fis. Daher entſteht in der Umkeh⸗ 
rung die verminderte Octave. | | 

2. Die kleine Secunde iſt eigentlich der große halbe Ton, als das kleine 
diatoniſche Intervall E- F, und fein reines Verhaͤltniß iſt 18. In der Umkeh⸗ 
rung wird ſie zur großen Septime. 

3. Die große Secunde, oder der diatoniſche ganze Ton iſt, wie aus der 
diatoniſchen Tonleiter zu ſehen, von zweyerley Verhaͤltnißen, 3 der große Ton, 
und 26 der kleine. In der Umkehrung wird fie die Septime. | 

4. Die übermäßige Seeunde entſteht, wenn die große Secunde, aus 
harmoniſchen Gründen, zufällig durch x erhöht wird. Sie müßte eigentlich L? 
oder auch 123 ſeyn, je nachdem man zu 5, oder zu + den kleinen halben Ton 
23 hinzuthut. Dieſen Verhaͤltnißen kommt in unſerm Syſtem das Verhaͤltniß 35 
am naͤchſten, und wird dafur gebraucht. In der Umkehrung wird fie zur ver⸗ 
minderten Septime. | | | 

5. Die falfche Terz entſteht, wenn in einigen Fällen 22) aus harmo⸗ 


niſchen Gründen, an ſtatt der kleinen Terz, zum Grundton die große genommen 


wird, ſo daß alsdann dieſe Terz mit der Quinte des Grundtones eine ſolche ver⸗ 
minderte Terz ausmacht 23). Ihr eigentliches Verhaͤltniß wäre 288; denn die 
falſche Quinte H- f iſt, (wie aus der Tabelle zu ſehen) z; zieht man davon 
die reine große Terz 5 ab, fo bleibt jenes Intervall übrig. An deſſen ſtatt giebt 
unſer Syſtem 3. In der Umkehrung wird fie zur übe: mäßigen Sexte. 

6. Die verminderte Quarte muͤßte eigentlich 32 ſeyn; denn fie ent⸗ 
ſteht, wenn man von der reinen kleinen Serte F, die reine große Terz z weg: 
nihmt. Wenn man nämlich zu E, welches gegen C & iſt, die reine große Terz 
Gis nehmen wollte, fo bekaͤme man 17; dieſer Ton wuͤrde alsdann ge en E oder 
2, die verminderte Quarte, oder 23 ausmachen. Dafür kann man 8k nehmen. 
In der Umkehrung wird fie zur übermäßigen Quinte. | 

7. Die vollkommene Guarte, die auch ſchlechtweg die Quarte genennt 
wird. Ihr reines Verhältniß iſt 1. In der Umkehrung wird fie zur vollkom⸗ 
menen Quinte. ö 


8. Die 
21) S. die Anmerkung auf der 7. klang, wovon im folgenden Abſchnitt wird 


Seite. geſprochen werden. 
22) Naͤmlich im verminderten Drey⸗ 23) S. die vorletzte Note. 


des reinen Satzes in der Mufif, — 23 


8. Die übermäßige Quarte, die auch der Tritonus genennt wird, 
deren Urſprung ſchon in der alten diatoniſchen Tonleiter zu finden iſt. Ihr Ver⸗ 
gaͤltniß iſt 43. In der Umkehrung wird fie zur falſchen Cuinte. 
| Dieſes find alfo alle in der heutigen Muſik vorkommenden Intervalle, deren 
Gebrauch im Verfolg dieſes Werks ausfuͤhrlich wird gezeiget werden. 

Man betrachtet die Intervalle entweder in der Foktſchreitung von einem 
zum andern, naͤmlich in dem Geſaͤng, oder in Anſehung der Harmonie, wenn 
beyde Toͤne zugleich angeſchlagen werden. 

In Anſehung der Fortſchreitung ſind die Intervalle ſchweer oder leicht, in 
Anſehung der Harmonie aber conſonirend oder dißonirend. Es iſt eine gewiße 
Erfahrung, daß die conſonirenden Intervalle auch in der Fortſchreitung die leich⸗ 
teſten ſind. Derowegen iſt es noͤthig, daß man die Intervalle nach dem Grad 
ihres Conſonirens und Dißonirens kennen lerne. 

Man hat vielfaͤltig verſucht, den natuͤrlichen Grund des Conſonirens und 
Dißonirens zu entdecken. Die meiſten Philoſophen halten dafuͤr, daß diejenigen 
Intervalle am beſten conſoniren, deren Verhaͤltniße am leichteſten zu faſſen ſind, 
und dieſes kommt in der That mit der Empfindung uͤberein. Zwey gleich lange, 
gleich ſtarke und gleich geſpannte Sayten, die zugleich klingen, flieſſen ſo voll⸗ 
kommen in einen Klang zufammen, daß man die beyden Töne gar nicht unter 
ſcheiden kann. Dieſer Einklang iſt alſo die vollkommenſte Conſonanz. 

Aber auch das Verhaͤltniß der Gleichheit 1: 1 iſt am leichteſten zu faſſen, 
ſo wie es am leichteſten fuͤr das Auge iſt, die Gleichheit zweyer neben einander 
liegenden Linien zu entdecken. Naͤchſt dem Einklang empfindet jedes Ohr in der 
vollkommenen Octave die ſtaͤrkſte Uebereinſtimmung. Man empfindet zwar zwey 
Toͤne, aber fie verflieffen fo in einander, daß es dem Gehoͤr ſchweer falle, fie 
zu unterfcheiden ; man hort zwey, aber nicht zweyerley Töne. Die Sayten, 
oder wenn man lieber will, die Schlaͤge dieſer beyden Toͤne, verhalten ſich wie 
1 zu 2, das faßlichſte Verhaͤltniß nach 1: 1. | 

Nach der Octave kennt man Fein angenehmeres Intervall, als die Quinte, 
deren Verhaͤltniß 2: 3 iſt; hierauf die Quarte, deren Verhaͤltniß 3: 4; dann 

die große Terz, deren Verhaͤltniß 4: 5. 

Die Erfahrung lehrer alfo wuͤrklich, daß die Intervalle am beſten harmo⸗ 
niren, die durch die faßlichſten Verhaltniße ausgedruͤckt werden; je ſchweerer 
aber die Verhaͤltniße werden, je weniger harmoniren die Toͤne. Jederman 
empfindet, daß in der großen Secunde keine Harmonie oder Conſonanz ſey. 
Das Verhaͤltniß dieſer Secunde iſt 8, welches ſchweer zu faſſen, wie denn auch 
das Auge ſchweerlich entdecken konnte, daß von zwey neben einander liegenden 

Linien, 


24 Die Kunſt 


Linien die eine um 5 länger ſey. Je näher nun die Töne an einander ruͤcken, 
je ſtärker dißoniren fie auch. Jederman empfindet, daß die kleine Secunde 18 
vielmehr dißonirt, als die große 3. Die kleine Terz F wird von jederman noch 
für eine Conſonanz gehalten, da die große Secunde 5 durchgehends für eine Dißo⸗ 
nanz gehalten wird. Da man auch findet, daß dieſe kleine Terz noch merklich 
unter ſich ſchweben kann, ohne ihre conſonirende Natur zu verlieren, fo laͤßt ſich 
daraus abnehmen, daß das Verhaͤltniß S das letzte iſt, das das Gehör faſſen 
kann. Denn da ihm ſchon beſchwerlich iſt, und hingegen F noch herunter 
ſchweben kann, ſo bleiben zwiſchen den offenbar fuͤhlbaren Conſonanzen und Dißo⸗ 
nanzen die beyden Verhaͤltniße 2 und Z übrig. Das erſte iſt um etwas ſchweerer 
zu faſſen als , das andere etwas leichter als 3. Da nun 8 noch ſtark conſo⸗ 
niret, (indem die kleine Terz noch unter ſich ſchweben kann,) und hingegen 3 
ſchon gewiß dißonirt, fo ſcheinet das Verhaͤltniß Z die Graͤnze zu ſeyn, wo fur 
unſer Ohr die Conſonanzen aufhoͤren, und die Dißonanzen anfangen. 

Zwar findet ſieh das Intervall L, welches man eine verminderte Terz nen⸗ 
nen koͤnnte, nicht auf unſern Orgeln und Clavieren, aber die Trompeten geben 
ſie an. Es iſt bekannt, daß die gemeinen Trompeter und Waldhorniſten ſich ein⸗ 


“ 


bilden, daß ihre Inſtrumente, fo lange fie noch neu find, die Töne bund a zu 


tief, den Ton f aber zu hoch angeben. Allein wenige wiſſen, daß dieſe Töne 
nicht fehlerhaft, ſondern die wahren Toͤne der Natur ſind. Man kann beweiſen, 
daß jede reine Sayte oder Gloke, auſſer ihrem eigentlichen Grundton, noch 
deſſen Octave, Duodecime, Decime, Septime, oder auſſer dem Ton 1, die Tone 
2, F, 4, 3, F, J u. ſ. f. angebe, welche Töne zuſammen den reinen Klang 


ausmachen. 
eben der Ordnung an. 


24) Man haͤtte alſo guten Grund, 


wenigſtens den Ton , der, in die erſte 


Octave heruntergeſetzt, gegen den Grund⸗ 
ton ſich verhäft, wie 4: 7, noch in unſer 
Syſtem aufzunehmen. Fuͤr den Grund⸗ 
ton C wuͤrde er zwiſchen A und B 5 
fallen; wir wollen ihn mit ] bezeichnen. 
Daß er wuͤrklich conſonire, und daß die⸗ 
ſer Accord 


Eben dieſe Toͤne geben die Trompeten und Waldhoͤrner einzeln, in 
Alſo iſt das b, was die Waldhorniſten für zu niedrig 
halten, eigentlich der Ton +, f der Ton xx und a der Ton 17 ). 


Weil 
C — E — 6 — 1 
u 5 6. T- 
nicht ein dißonirender Septimenaccord, 
ſondern ein vierſtimmiger Accord ſey, er⸗ 
hellet aus der Art, wie die beſten Harmo⸗ 


1 e 


niſten in gewißen Faͤllen, fo wol die kleine 


Septime, als die übermäßige Sexte be⸗ 
handeln, indem ſie beyde bisweilen als 
Conſonanzen brauchen, wovon die Bey⸗ 

ſpiele 


des reinen Satzes in der Muſik. 25 


Weil alſo die Terzen die kleinſten conſonirenden Intervalle ſind, ſo ſind 
die aus ihrer Umkehrung entſtehenden Sexten auch die groͤßten. Demnach ent⸗ 
halt eine Octave auſſer dem Einklang und der Octave nur vier Gattungen con⸗ 
ſonirender Intervalle, die Terzen, die Quarten, die Quinten und die Sexten, 
oder eigentlich nur zwey, weil die Sexten nur umgekehrte Terzen, und die Quin⸗ 
ten nur umgekehrte Quarten ſind. Inzwiſchen hat man ſich in Acht zu nehmen, 
daß man nicht alle Terzen, Quarten, Quinten und Sexten für conſonirende In⸗ 
tervalle halte; denn da die Namen der Intervalle von den Stufen der Tonleiter 
hergenommen ſind, ſo giebt es ſolche, die man Terzen, Quarten oder Quinten 
nennt, ob ſie es gleich eigentlich nicht ſind, und ob ſie gleich gar nicht conſoniren. 
So nennt man auch bisweilen C- cis eine übermäßige Octave, C-Fis eine über: 
mäßige Quarte, C- Gis eine übermäßige Quinte; die erſtere, weil fie auf der ach⸗ 
ten, die andere, weil fie auf der vierten, und die dritte, weil fie auf der fünften 
Stufe von C ſtehen. Damit man ſich alſo durch die Namen nicht verführen 
laſſe, dißonirende Intervalle fuͤr conſonirende zu halten, ſo wollen wir die wahren 
Verhaͤltniße aller conſonirenden Intervalle hier anzeigen. | 

ee Conſonirende Intervalle find: 
die kleine Terz Z — große Sexte 2 
die große Terz? — kleine Sexte 5 
die Quarte 4 — Quinte 1 
Dazu würde man, wenn der in der vorhergehenden Anmerkung vorgeſchlagent 
Ton eingefuͤhrt würde, noch das Intervall 5 rechnen koͤnnen. | 

Dieſe Intervalle find in ihrer völligen Reinigkeit, wenn fie die hier ange: 
gebenen Verhaͤltniße haben. Die Erfahrung aber lehret, daß dieſe Intervalle 
ihre conſonirende Eigenſchaft nicht merklich verlieren, wenn etwas an den Ver⸗ 
haͤltnißen fehlet. Die Quarten koͤnnen etwa ein halbes Comma, oder um 188 
über ſich, folglich die Quinten um fo viel unter ſich ſchweben. Die großen Ter⸗ 

zen vertragen ein ganzes Comma, oder z über ſich, folglich die kleinen Sexten 
fo viel unter ſich, wie ſchon oben mit mehrerm iſt angemerkt worden 25). 

Alle uͤbrigen Intervalle der Tonleiter ſind demnach dißonirend. Damit 
man aber beydes, die conſonirenden, als die dißonirenden Intervalle, mit einem 
Blick uͤberſehen koͤnne, fo fügen wir folgende zwey Tabellen hier an. Dritter 


ſpiele bekannt ſind. Der Grund liegt ohne alſo unmerklich Höher, als 5, und die 
Zweifel darin, daß dieſe Intervalle dem kleine Septime 2 iſt um 3 1 hoͤher, als . 
Gehör als + klingen. In der That iſt a 


die übermäßige Gerte 425 nur um ir, S. auf der 13. und 13. Seite 


26 Die Kunft 
Dritter Abſchnitt. 
Von den Aeccorden. 


In der heutigen Muſik wird jeder Geſang von einer ſich dazu ſchickenden 
Harmonie begleitet; naͤmlich auch in den Tonſtuͤcken, wo nur eine einzige Me⸗ 
lodie iſt, wie in den Arien, hoͤrt man noch verſchiedene andere, dieſe Melodie 
begleitenden Toͤne, die ſich dazu ſchicken. Ein aus mehrern Toͤnen zuſammen⸗ 
geſetzter Klang wird ein Accord genennet; alſo beſtehet jedes Tonſtuͤck aus einer 
Folge von Accorden. 5 


In den aͤltern Zeiten beſtunden die Accorde allezeit aus lauter conſonirenden 
Intervallen, oder aus Toͤnen, die ſich zuſammen in einen angenehmen Klang ver⸗ 
einigten. Nach und nach merkte man, daß es moͤglich ſey, unter gewiſſen Be⸗ 
dingungen auch dißonirende Intervalle in den Accorden anzubringen, daß ſo gar 
die dißonirenden Accorde dem Geſang oft einen Zuſammenhang und eine An⸗ 
nehmlichkeit geben, die durch bloſſe Conſonanzen nicht zu erhalten waͤre. Daher 
ſind immer mehrere Accorde in die Muſik aufgenommen worden. 


Ein Accord iſt conſonirend, wenn er aus Intervallen beſteht, die nicht nur 
alle gegen den Grundton, ſondern auch unter ſich conſoniren; dißonirend iſt er, 
wenn ein oder mehrere Toͤne darin entweder gegen den Grundton, oder gegen 
einen andern Ton darin dißoniren. | 905 

Ein Accord, in welchem man alle conſonirenden Intervalle vereinigen will, 
kann alſo nur auf dreyerley weiſe zuſammengeſetzt ſeyn, 

1. aus dem Grundton, deſſen Terz, Quinte und Octave. 
2. aus dem Grundton, deſſen Terz, Serte und Octave. 
3. aus dem Grundton, deſſen Quarte, Sexte und Octave. 


Denn wenn man uͤber die Octave heraus gehen wollte, ſo wuͤrde man dieſelben 
Intervalle nur wiederholen. | | 


Der vollſtimmigſte conſonirende Accord beſteht alſo, auſſer dem Grundtone, 
nur aus drey Toͤnen, Terz, Quinte und Octave, oder Terz, Sexte und Octave, 
oder Quarte, Serte und Octave. Im erſten Fall, da er die größte Harmonie 
hat, wird er der vollkommene Dreyklang, im andern Fall der Sexten⸗Ae⸗ 
cord, und im dritten Fall der Quart⸗Sexten⸗Aceord genennt. 5 

Im 


des reinen Satzes in der Muſik. 27 


Im Grunde ſind dieſe drey conſonirenden Accorde nur dreyerley Falle ein 
und eben deſſelben Accordes, nämlich des vollkommenen Dreyklanges, wie aus 
folgender Vorſtellung deutlich erhellet. 


ze: — 7 “ 
Beer 


F 


5 

E — 
8 Dieſe drey Accorde beſtehen aus denſelben Tönen, nur mit dem Unterſchied, 
daß in jedem ein andrer Ton in den Baß geſetzt iſt, naͤmlich im erſten Fall iſt 
der eigentliche Grundton des Accords, im andern ſeine Terz, und im dritten 
ſeine Quinte im Baße. Man nennet deswegen dieſe beyden letzten Accorde Ver⸗ 
wechslungen des Dreyklanges, nämlich den Sexten⸗Accord, die erſte Verwechs⸗ 
lung, und den Quart⸗Sexten⸗ Accord die zweyte Verwechslung deſſelben. Alſo 
iſt jeder conſonirender Accord ein Dreyklang, oder eine Verwechslung deſſelben. 

Es iſt wahrſcheinlich, daß man die Muſik lange ausgeuͤbt hat, ehe man 
auf den Gebrauch der Dißonanzen gekommen iſt. Da ſie die Harmonie ver⸗ 
mindern, und in ſo fern dem Ohr beſchwerlich ſind, ſo muͤſſen die erſten Erfinder 
derſelben beſondere Grunde gehabt haben, eine unvollkommene Harmonie der voll⸗ 

kommenen vorzuziehen. 

Blos der Einfall, die Harmonie von Zeit zu Zeit etwas reizender zu machen, 
oder dem Gehoͤr ein Verlangen nach derſelben zu erwecken, kann Gelegenheit ge⸗ 
geben haben, dieſelbe nicht gleich auf dem Grundton voll anzuſchlagen, ſondern 
etwas darin mangeln zu laſſen, und es gleich hernach zu deſto groͤßerer Be⸗ 
friedigung des Gehoͤrs zu erſetzen. Dieſes deutlich zu ſaſſen, ſtelle man ſich in 
dieſem Beyſpiele vor, | 

a 


e d 
FERN — | | 
t 2 —+ el — e 2 ei 
ss = — 8 -— 3 
oh u 00 8 
39078 6 5 


eee eee e 
— — — 


D 2 man 


28 Die Kunſt 


man habe zu dem Grundtone O den vollkommenen Accord angeſchlagen, wie hier 
bey a, und wollte nach dieſem den Accord D nehmen. Da koͤnnte man leicht auf 
den Einfall kommen, einen Ton des vorhergehenden Accordes als e bey dem neuen 
Grundton D eine Weile liegen zu laſſen, damit durch das daher entſtehende Dißo⸗ 
niren das Verlangen nach der beſſern Harmonie erweckt wuͤrde, die gleich dar⸗ 
auf eintritt, indem die Dißonanz e als die None des Grundtones nun in die 
Octave übergeht. Eben fo konnte man bey c aus der Septime in die Serte, 
bey d aus der Quarte in die Terzie heruͤber gehen. Man findet in der That, 
daß dieſes die Empfindung der Harmonie etwas reizender macht. 


Nachdem dieſer erſte Verſuch, eine zum Grundtone noͤthige Conſonanz nicht 
gleich anzuſchlagen, ſondern erſt eine Dißonanz an ihrer Stelle zu laſſen, die 
denn in die erforderliche Conſonanz heruͤber gehen, oder ſich auflöfen konnte, 
gelungen war, fiel man auch darauf, zwey Conſonanzen ſo aufzuhalten, wie in 
dieſen Beyſpielen, gi 


— — — — 
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772 nn 
Seemann e ER DENE 


da man bey a anfänglich auf dem Grundton D fo wol die Quarte, als die None 
eine Zeitlang liegen, und fie hernach in die Terz und Octave uͤbergehen läßt. 
Bey b und c aber konnte zu F die Septime und None, zu G die Quarte und 
Sexte liegen bleiben, die ſich hernach, im erſten Fall in die Sexte und Octave, 
in dem andern in die Terz und Quinte aufloͤſeten. 


Dieſes ſcheinet der Urſprung von einer Gattung Dißonanzen zu ſeyn, die 
man als Vorhalte anſehen kann, als dißonirende Toͤne, die eine kurze Zeit die 
Stelle der conſonirenden einnehmen, und waͤhrender Dauer des Grundtones, 
mit dem ſie dißoniren, in ihre naͤchſten Conſonanzen uͤbergehen. 


Man hat aber durchgehends bemerkt, daß dieſe Dißonanzen zu hart ſeyn 
würden, wenn ſie plotzlich eintraͤten, und daß man fie nur alsdann brauchen koͤnne, 
wenn fie in der vorhergehenden Harmonie ſchon vorhanden geweſen, fo 1 

en 


des reinen Satzes in der Muſik. 3 


ben der neuen nur noch eine Zeitlang fortdauern. Wollte man dieſe zwey Ac⸗ 
corde ſo anſchlagen, 


wo die Quart und None neu eintreten, ſo wuͤrde es hart und widrig klingen, 
fie müffen nothwendig vorher gelegen haben. Dadurch allein, daß fie den fol⸗ 
genden Accord mit dem vorhergehenden genau verbinden, und ſie gleichſam in 
einander flieſſen laſſen, werden ſie angenehm. 5 

Daher iſt dieſe Regel entſtanden, daß dieſe Dißonanzen in dem vorher⸗ 
gehenden Accord allemal ſchon vorhanden ſeyn und liegen bleiben muͤſſen, welches 
man auch ihre Vorbereitung nennt. 

Auch iſt offenbar, daß ſie ihrer Natur nach, weil ſie bloſſe Vorhalte ſind, 
in die Conſonanzen uͤbergehen muͤſſen, deren Stelle ſie eingenommen hatten. 
Dieſes nennt man ihre Aufloͤſung. 

So wie in den angefuͤhrten Beyſpielen ein oder mehr Toͤne in den obern 
Stimmen als Vorhalte des folgenden Accordes liegen bleiben, ſo kann auch der 
Baßton, als ein Vorhalt des folgenden, liegen bleiben. 


. 

— — 8 
Era a En Paare | Mid 

2 6 f 

3 ͤ ¾ ò;UHyg 8 

—— — — | 


Hier hat man nach dem Accord C den Accord G in feiner erſten Verwechs⸗ 
kung, nämlich H mit der Serte nehmen wollen. Dazu gehört die Harmonie 
der obern Stimmen; man hat aber anſtatt I gleich zu nehmen, den Baßton 
c aus dem vorhergehenden Griff liegen laſſen, dadurch die Serte in eine Quinte, 
und die Terz in eine Secunde verwandelt worden, die aber ihre Natur wieder 

D 3 an⸗ 


30 Die Kunſt 


annehmen, ſo bald ſich ber Vorhalt im Baße in den rechten Grundton auflöfet, 
Dieſe Art hat etwas haͤrteres als die vorhergehende. 

Es erhellet deutlich aus dieſen Beyſpielen, daß die auf dieſe Art entſtandenen 
Dißonanzen faſt allemal, wo ſie vorkommen, koͤnnten weggelaſſen werden, ohne 
daß dadurch irgend ein Fehler „ oder eine Zweydeutigkeit entſtehet 2°). 

Da alſo dieſe Vorhaͤlte nicht nothwendig find, fo wollen wir fie zufällige 
Dißonanzen nennen. 

Auſſer dieſen Dißonanzen giebt es noch eine andere Art, die man noth⸗ 
wendige oder weſentliche nennen kann, weil ſie nicht an der Stelle einer Con⸗ 
ſonanz geſetzt werden, der ſie gleich wieder weichen, ſondern eine Stelle fuͤr ſich 
behaupten. Ihre Entſtehung kann man ſich auf folgende Art vorſtellen. 


es = - Se et 


5 rs 


. — FE I 


Geſetzt, 


26) Sie dienen bloß die reine Har⸗ da durch Weglaſſung der Vorhalte ? der 
monie etwas aufzuhalten, die auch ohne Discant gegen den Tenor Quinten ma⸗ 
dieſes Aufhalten gleich eintreten koͤnnte. chen wuͤrde. Nur die verbotenen Gaͤnge 
Doch dienen ſie auch bisweilen, verbotene der Oberſtimme gegen den Baß werden 
Gänge, welche die Oberſtimmen gegen durch ſolche Vorhalte nicht gut gemacht, 
einander machen würden, zu verbeſſern, man wuͤrde alfo dieſen Octavengang 
wie aus dieſem Beyſpiel erhellet, 


555 


— E eis 


auf dieſe Art nicht verbeſſern. 


4 


> 


des reinen Satzes in der Muſik. 31 


Geſetzt, man fange an, in dem Ton C dur zu moduliren *), und habe alſo den 
vollkommenen Dreyklang zum C wie bey (a) angeſchlagen, gehe hierauf im Baß 
auf G bey (b), und wollte dazu wieder den conſonirenden Dreyklang nehmen. 
Auf dieſer Stelle nun wird das Gehoͤr des Kenners ungewiß, zu welchem Ton 
dieſe Harmonie b gehoͤre. Denn es kann ſo wol die Harmonie auf der Quinte 
des Tones O, darin man modulirt, als der Dreyklang des Tones Gals Grund⸗ 
tones ſeyn. Mithin koͤnnte man auf dieſem Accord als bey einem Schluße 

ſtehen bleiben. | 
Iſt die Abſicht des Spielers nicht, auf diefen Accord einen Schluß zu machen, 
ſondern wieder auf den Accord C zu gehen; fo muß er auf dieſen Accord zum G einen 
Ton hoͤren laſſen, der der Tonart O zugehoͤrt, und dahin zurück weiſet. Dazu 
zeiget ſich ein leichtes Mittel; er darf naͤmlich nur dem conſonirenden Drey⸗ 
klange noch die Septime t hinzufügen. Dadurch wird entſchieden, daß die 
Harmonie b der Tonart C dur und nicht G dur zugehoͤre, weil in dieſer kein f, 
ſondern fis als das eigentliche Subſemitonium modi vorkommt, zugleich aber 
fuͤhret das dißonirende des Accords nothwendig auf einen folgenden Accord, wo 
die Dißonanz aufgeloͤſet wird. Hieraus iſt offenbar, daß die dem Dreyklange 
hinzugefuͤgte Septime eine vorher unbeſtimmte Modulation voͤllig beſtimmt, und 
das Gehoͤr zu der naͤchſten Harmonie vorbereitet. In einem ſolchen Fall wird 
dieſe Dißonanz einigermaaßen nothwendig, und kann nicht, wie jene Vorhalte, 
von denen vorher geſprochen worden iſt, weggelaſſen werden. Denn dadurch 
entſtuͤnde eine Zweydeutigkeit, die allemal ein Fehler iſt. Alſo iſt dieſe Septime 
eine weſentliche Dißonanz; fie vertritt hier nicht die Stelle der Sexte oder 
Octave, ſondern ihre eigene Stelle fuͤr ſich. Sie dißonirt, eben ſo, wie die 
5 ‘ Mor 


haft wird, wenn nur ſonſt der Satz rich“ 
tig iſt. i 


27) Es wird weiter unten ausführlich 
erklaͤrt werden, was es eigentlich heißt in 
einem Ton ſpielen, und in einen andern 
Ton ausweichen. Diejenigen Anfaͤnger 
> I ; die dieſes noch nicht wiſſen, koͤnnen den 
nn on 2” Regel machen, daß Abſchnitt von der Modulation daruͤber 
urch Weglaſſung aller Vorhalte, die oberſte leſt 
Stimme gegen den Baß niemals fehler⸗ ee d 


32 Die Kunſt 


Vorhalte, beſonders wenn die Octave 1 * auch dabey befindet, weniger, wenn 
dieſe wegbleibet. 

| Aus dieſem Grunde leidet das Gehör nicht wol, daß fie von freyen Stuͤcken 
eintrete, ſie muß ebenfalls vorbereitet ſeyn. Dieſes kann, wie bey jenem, auf 
zweyerley Art geſchehen. Entweder entſteht ſie aus einem in den obern Stimmen 
liegenden, und in die naͤchſte Harmonie fortdauernden Ton, wie bey a, oder ſie 
tritt zu dem im . . Grundton ein, wie bey b. 


oder 


8 5 — FE 8 8 5 


e 1 Be 8 5 — 5 . 
== 3 . = — — N 
5 


Dieſes ſind alſo die zweyerley Arten der Dißonanzen, und die Gelegenheiten 
ſich derſelben zu bedienen. Beyde Arten koͤnnen in mancherley Geſtalt erſchei⸗ 
nen, und daher entſtehet eine große Menge dißonirender Accorde, die man alle 
kennen muß, weil bald die eine, bald die andre Geſtalt vorzuͤglich iſt. 

Der Septimen⸗ Accord leidet, wie der Dreyklang, verſchiedene Verweche⸗ 
lungen, und nimmt bey jeder Verwechslung eine neue Geſtalt an, wie aus fol⸗ 
gender Vorſtellung zu ſehen iſt. 


:. Se 
5 8 * SE 1 


| | 
J 
13 — 2 —1— 2 — 4 — — HF- 
5 : se = 
a b c d 


Bey a iſt er in feiner urſpruͤnglichen Geſtalt, und führt in derſelben den eigent⸗ 
lichen Namen des Septimen- Accords. Bey b iſt die Terz des Grundtones in 
den Baß gelegt, und dadurch die Septime in die Quinte, die Octave in die 
Sexte verwandelt worden, in dieſer Geſtalt wird er der Quint Sexten ⸗ Accord 

genen⸗ 


5 2 I. 5 a S. 33 
conſonirenden Accorde in ihren verſchiedenen Geſtalten. 


Der weiche Dreyklang. Der verminderte Dreyklang. 


e 
an Feb = 

on sess] 
= er Zum Se 


=_ 
— —.1— 
— 2 .— — 

== 


II. ä a 
Tabelle des weſentlichen Septimen Accords und ſeiner Verwechslungen. 5 ! 
Die kleine Septime mit Die kleine Septime mit Die groſſe Septime mit Die kleine Septime mit Die kleine Septime mit 1 
der groffen Terz und voll- der kleinen Terz und voll- der groſſen Terz und voll- der kleinen Terz und der groſſen Terz und 
kommenen Quinte. kommenen Quinte. kommenen Quinte. feinen Dice, kleinen Quinte. 


„u 


* 
7 


. ‚, per me 


a) Der Septimen⸗Ac⸗ 
cord. 


b) Die erſte Verwechs⸗ Bee 
# 


lung des Septimen⸗ 


E 2 | 
Se 8 . 55 


5 E gg 


— — 


Accordes oder den 5 35 

Quint ⸗Sexten⸗Ac⸗ a — —. 2 2 Me 5 a a Eu 

Sr =: See =: =. 55 a 
c) Die zweyte Verwechs⸗ ee: — == = sg * | 

lung des Septimen- 84 = ; — 2er 2327 

Accordes oder der 4 4 „ al 4 2 6 | 6 9 7 


= 3 ine | 


Terz⸗Quart⸗Sexten⸗ Be DR BER CIE to | 3 3 . 2777 ̃ ARE 
Accord. Be = 4 ses — — — — . — 


d) Die dritte Verwechs⸗ 
lung des Septimen⸗ 
Accordes oder der 
Secunden⸗Accord. 


RA III. 8. 33 
| RN 2 E73 der eonſonirenden Accorde mit einer oder mehr zufälligen Diſſonanzen als Vorhalte. 


PPrrfrô˙ĩ˖˙»§»²» g ER 
3 iS Br rm er => a. 4 
Doraltem | 5 


„ 4 


9 De Ein mi 
nen Vorhalten. Er : 8 


| Pe == == „ll See on gr. | 
en.” le en . -S- Aalen ee — — 


0) Der conſonirende Quart⸗ 
ſextenaccord mit feinen Vorhalten. 2 8 4 8 


oje » nen 
111111111 


da der Vorhalt im Baß iſt. ‘ 
8 a —— 


1. 8 525 
Tabelle des Septimenaccords und feiner Verwechslungen, mit einer oder mehr zufälligen ifa und Vorhalte. 


. RN ee ve = 1 RN ® 
ee So 25 ee 8 8 


— 


— — — 
— 2 —— 


2) Der Septimenaccord mit 
Vorhalten. 


b) Der Quintſextenaccord mit 8 
Vorhalten. 


c) Der Terzquartſeytenaccord 
mit ſeinen Vorhalten. 


d) Der Secundenaccord mit 
ſeinen Vorhalten. J 


e) Die weſentlichen diſſoniren⸗ 1-13 
den Accopde mit Vorhalten im 
Baſſe. 


des reinen Satzes in der Muſik. 33 


genennet. Bey c ift die Quinte des eigentlichen Grundtones im Baße, dadurch 
wird die geweſene Septime zur Terz, die geweſene Octave zur Quarte, und die 
geweſene Terz zur Sexte. Dieſer Accord wird alſo der Terz⸗Quart⸗Ser⸗ 
ten⸗Accord genennt. Bey d iſt die Septime ſelbſt in den Baß gekommen, 
wodurch die Octave zur Secunde, die Terz zur Quarte, und die Quinte zur 
Sexte geworden. g 1 

Man hat alſo uͤberhaupt in der Muſik viererſey Arten der Accorde. 1) Die 
conſonirenden. 2) Die dißonirenden mit einer weſentlichen Dißonanz. 3) Die 
dißonirenden mit einer oder mehr zufaͤlligen Dißonanzen; und 4) die aus beyden 
Arten (2 und 3) vermiſchten, da zufaͤllige und weſentliche Dißonanzen zu⸗ 
ſammen kommen. Zu der erſten Art gehoͤrt der Dreyklang mit ſeinen Ver⸗ 
wechslungen, zu der andern der Septimen⸗ Accord mit feinen Verwechslungen, 
zu der dritten die Vorhaͤlte vor conſonirenden, und zur vierten die Vorhaͤlte zu 
dißonirenden Accorden. a 


Wenn man alſo gar alle in unſerm heutigen Syſtem liegenden Accorde will 
kennen lernen, ſo darf man nur auf folgende Weiſe verfahren. 


1) Sucht man alle darin liegende Dreyklaͤnge auf, und nimmt deren Ver⸗ 
wechslungen. Dadurch erhaͤlt man alle conſonirenden Accorde. 2) Setzt man zu 
jeder Art des Dreyklanges die Septime hinzu, und nimmt auch davon alle Ver⸗ 
wechslungen. Dadurch bekommt man alle Accorde der zweyten Art. 3) Nimmt 
man zu jeden der Accorde der beyden vorhergehenden Claßen alle mögliche Vor⸗ 
halte, fo bekommt man alle zufallig dißonirenden Accorde der dritten und vierten 
Art. Damit dieſes Verfahren durch deutliche Beyſpiele erlautert werde, fo ha⸗ 
ben wir folgende Tabellen verfertiget, in welchen alle in der Tonleiter des Tones 
O dur und A moll enthaltenen Accorde ausgezeichnet find. 


E Vierter 


34 Die Kunſt 
Vierter Abſchnitt. 


Anmerkungen uͤber die Beſchaffenheit und den Gebrauch der 
Accorde und einiger dazu gehoͤrigen Intervalle. 


1) Ueber den Dreyklang. 


. Der Dreyklang iſt von dreyerley Arten, der große a, der kleine oder 
weiche 8, und der verminderte . 


en 


ar res | an re 
— > 
65 e 


Der erſte, der aus der großen Terz, der reinen Quinte und der Octave 
beſteht, hat die vollkommenſte Harmonie, die ein Accord haben kann, und da 
in der vollkommenſten Harmonie auch die groͤßte Beruhigung iſt, ſo haben die 
Alten ihre Stuͤcke, wenn ſie auch aus der kleinen Tonart geſpielt haben, mit 
dieſem Dreyklang geſchloſſen. Itzt aber macht man ſich kein Bedenken mehr 
daraus, auch mit dem weichen oder kleinen Dreyklang zu ſchließen. Insgemein 
fangt man auch die Harmonie eines Stuͤcks mit dem Dreyklang an, nämlich 
mit dem Großen in den Durtoͤnen, und mit dem Kleinen in den Moltoͤnen, weil 
durch dieſe Harmonie fo gleich die Tonart des Stuͤcks völlig angekuͤndiget wird. 


Wegen dieſer Kraft den Ton anzukuͤndigen, wurden die drey Sayten der 
Tonleiter die Terz, Quinte und Octave die weſentlichen Sayten (Chordæ eflen- 
tiales) genennet. Ueberhaupt hat alſo der vollkommene Dreyklang der großen oder 
kleinen Tonart ſeinen Hauptſitz im Anfang und Ende eines Stuͤcks, oder eines 
groͤßern Abſchnitts, weil er im Anfang die Tonart beſtimmt, und am Ende 
durch ſeine Vollkommenheit die Ruhe herſtellt. 

Der verminderte Dreyklang aber, von welchem hernach mit mehrerm wird 


geſprochen werden, ſchicket ſich weder zum Anfang, weil er keine Tonart ankun⸗ 
diget, noch zum Ende, weil er nicht vollkommen genug iſt. 


Der 


des reinen Satzes in der Muſik. 35 


Der Dreyklang hat nicht nothwendig alle ſeine drey Conſonanzen. Man 
kann entweder die Octave oder die Quinte daraus weglaſſen, und an deren ſtatt 
eines der andern Intervalle verdoppeln. 


Da man, wie an einem andern Ort ſoll gezeigt werden, weder Quinten 
noch Octaven, auf oder abſteigend, nach einander nehmen darf, ſo hat man, um 
dieſen Fehler zu vermeiden, ſo gar noͤthig, bisweilen die Quinte zu verdoppeln. 


Alſo kann ſich der Dreyklang in folgenden Geſtalten zeigen. 
nn . 
Ha == 8 — — 

— 


Es iſt aber nicht gleichguͤltig, in welchen Faͤllen die Terz, die Octave oder 
die Quinte muͤſſe oder koͤnne, ſtatt eines weggelaſſenen Intervalls verdoppelt 
werden. Es wird ſehr nuͤtzlich ſeyn, wenn wir die weſentlichſten Regeln hie⸗ 
von anführen. 8 


Die große Terz kann verdoppelt werden auf der Tonica und Unterdomi⸗ 
nante 26). Hingegen kann fie auf der Oberdominante nicht verdoppelt werden; 
denn da iſt ſie das Semitonium des Modi, darin man iſt, welches ſchlechter⸗ 
dings, da es ein Verlangen nach dem Hauptton erwecket, fo oft es gehoͤret wird, 
in denſelben uͤber ſich treten muß. Wuͤrde alſo dieſes Semitonium doppelt ange⸗ 
ſchlagen, ſo muͤßte es an beyden Orten uͤber ſich treten, und dieſes wuͤrde ver⸗ 
botene Octaven machen, wie hier zu ſehen iſt. 


E 2 


28) Wir bedienen uns dieſer franzoͤſt⸗ 
ſchen Woͤrter der Kuͤrze halber, und wol⸗ 
len ſie denen, die derſelben nicht gewohnt 
ſind, erklaͤren. Tonica iſt die Note, aus 
deren Ton das Stuͤck geht; alſo z. E. 
in C dur oder C mol iſt C die Tonica. 
Die Dominante oder Gberdominante iſt 


. 


allemal der fünfte Ton der Tonica, alſo 

in C dur oder mol die Note G. Die 
Unterdominante iſt der vierte Ton vom 
Grundton des Stuͤcks, alſo in C dur oder 
mol die Note F. Die Mediante iſt die 
Terz, die Untermediante aber die Serte 
des Grundtons. 


36 Die Kunſt 


Aus eben dieſem Grunde kann die große Terz auf der Tonica nicht ver⸗ 
doppelt werden, wenn in der folgenden Harmonie der Baß vier Toͤne ſteigend, 
oder fünf Tone fallend in den Dreyklang tritt. Wollte man z. B. im fol⸗ 
genden Gange | 


die Terz auf der Tonica C verdoppeln und von da nach F gehen, fo wuͤrden 
ebenfalls Octaven entſtehen. 


Daß das Semitonium modi nothwendig uͤber ſich ſteigen muͤſſe, empfindet 
man am deutlichſten, wenn man die Scala der harten Tonart herauf ſingt; denn 
ſo bald man auf die Septime gekommen iſt, ſo kann man weder zuruͤck kehren, 
noch anders wohin gehen, als in das naͤchſt daruͤber liegende Semitonium der 
Octave vom Baß. | | 


Auch die zufältig vorkommende große Terz, welche mit x über der Baßnote 
angezeiget wird, kann nicht verdoppelt werden, weil es gemeiniglich ein Semito⸗ 
nium von einem Ton vorſtellet, wohin man ausweichen will, wie in dieſem Ber⸗ 


ſpiel zu ſehen iſt. 


des reinen Satzes in der Muſik. 37 


8 N! 8 28 age 5 
2: 5 1 
je were > En me ms - as = 
i nr e Sr — 
Bey ee iſt es das Unterſemitonium von G, bey 3 von A und bey von C. 
Sonſt laſſen ſich alle großen Terzen, wenn ſie nicht als Subſemitonia einer 


Tonart ſind, ſo wie uͤberhaupt alle kleinen Terzen verdoppeln, um verbotenen 
Quinten und Octaven zu entgehen. 


es EEE — 7 — u 
— — - 3 8 8 - 
no == Teils 4 see 4 
35 nn en K 
J — eo, 1/8 
| Es giebt Fälle, wo die große Terz gegen die gegebene Regel verdoppelt zu 
ſeyn ſcheinet; wenn dieſes angehen ſoll, fo geſchiehet es in den Fällen, wo man 
bereits in einen andern Ton ausgewichen iſt, wo die große Terz nicht mehr das 
Subſemitonium iſt, wie im folgenden Beyſpiel zu ſehen, wo auf den dritten 


Accord auf G die große Terz kann verdoppelt werden, weil man nicht mehr in 
dur, ſondern in G dur iſt. 


5 Bee See 


5B. 
13 N & x 
= = er za 
(eo ae...) 


Auch in der weichen Tonart leidet die Terz auf der Dominante keine Ver⸗ 
doppelung. 

Mit dem verminderten Dreyklang kann man, 1 der Unvollkommen⸗ 
beit ſeiner Quinte, weder anfangen noch e e iſt dieſer Dreyklang 

E 3 ma 


38 a Die Kunſt 


nur zur Verbindung der Accorde, und hat ſeinen Sitz in der gan Tonart auf 
der großen Septime, und in der weichen Tonart auf der Secunde des Haupt⸗ 
tons. Er leidet uͤbrigens eben die Veraͤnderung, a die beyden vorhergehen⸗ 
den Dreyklaͤnge. 


f = es = 


Der verminderte Dreyklang hat Feine andere Fortſchreitung, als vier Grade 
über ſich zu treten: in der harten Tonart ſteiget er vier Toͤne uͤber ſich in den weichen 
Dreyklang, in der weichen aber, in den harten, oder in deren Verwechslungen; 
naͤmlich drey Grade unter ſich in die Sexten⸗Accorde, oder auch einen halben 
Ton über ſich in den Serten= Accord, wie auch einen ganzen Ton unter ſich 
auch in den Sexten ⸗ Accord. 


C dur 


A mol 


„5 


Die kleine Quinte, wenn ſie im endende Dreyklang vorkommt, iſt 
conſonirend, und bedarf keiner Auflöfung unter ſich, wie folgendes Exem⸗ 


pel ausweiſet. 
. 
. 
3 


des reinen Satzes in der Muſik. 30 


Man findet, daß bey einigen Tonlehrern noch andrer Dreyklaͤnge, auſſer 
den erwaͤhnten, Meldung geſchiehet; allein alle Accorde, wo die große Terz 
größer als , die kleine Terz tiefer als 7, oder auf unſern Clavieren 32, des⸗ 


gleichen wo die Quinte höher als J, und die kleine Quinte kleiner als $, oder 


nach unſern Clavieren 33 iſt, find nicht nur nicht conſonirend, ſondern völlig 
unbrauchbar. | 

Wenn man den Linien nach Terzen, Quinten u. d. g. durch die Anzahl 
der Grade hervorbringen will, fo verfälle man in Irrthuͤmer, woraus alle 
mögliche Disharmonien entſtehen koͤnnen. Wer koͤnnte z. E. folgende Drey⸗ 
klaͤnge ertragen? 


J!. TT. ͤ—— 
. 7 


BES Pre — — — — —— 


I — 
re ee — ern 


Om — — ——— — nn I ne mn 


oder folgende auf gleich gutem Grund beruhende Septimen⸗Accorde? 


I au“ 8 7 
nn 1 Becken >. — — 
8 „FF es ee — —— 
nn 
ee De de ei en 
55 — zB — rin Ben 
r ee 


Einzig und allein laſſen ſich die Conſonanzen aus dem guten Verhältniß 
der Schwingungen oder aus der Eintheilung des Monochords erweiſen, und 
nicht aus den Graden der Linien und Zwiſchenraͤume eines Notenſoſtems. 


2) Anmerkungen uͤber den Sexten⸗Accord. 
A. Von dem Sexten⸗Accord, der aus dem großen Dreyklang entſteht. 
Nach dem vollkommenen Dreyklang wird dieſer Sexten⸗ Accord vorzuͤg⸗ 


lich gebraucht, man pflegt damit ſelten anzufangen, aber gar niemals damit 
zu endigen. | 


Er 


2 


40 5 Die Kunſt 


Er kann aber auf dreyerley Art geſetzt werden. Man kann nämlich zu 
der Serte noch eine Serte und Terz nehmen a, oder ſtatt zwey Sexten zwey 
Terzen mit einer Serte b, oder zu der Serte noch die Octave und Te erz e; durch 
dieſe drey Veränderungen wird man in Stand geſetzt, vermittelſt einer ak 
Wahl die fehlerhaften Fortſchreitungen zu vermeiden, 


Es giebt aber auch Fälle, wo der Accord der Sexte mit der Oetave gar 
nicht kann genommen werden, nämlich: | 


1) Kann man ihn nicht nehmen, wenn man den Serten⸗ Accord auf | den 
Semitonio modi, wohin man gehen will, nimmt; weil dadurch in der Fort⸗ 
ſchreitung Octaven entſtuͤnden, wie bey d- zu ſehen iſt. Denn weil der Ton FH 
im Baß in C gehen muß, fo wuͤrde, wenn man die Octave h zur Serte ge 
nommen hätte, auch dieſes h in e gegangen ſeyn. 


reis 


2) Roch vielmehr iſt die Octave des Baßes zu vermeiden, wenn die Baß⸗ 
note ſchon ein zufaͤlliges x hat, wie bey e; denn dadurch kaͤme die große Terz 
doppelt in den Accord, welches nicht angehen kann. Die Baßnote Cis iſt die 
große Terz von A; würde cis im Accord noch einmal genommen, ſo kaͤme dieſe 
große Terz doppelt vor. f 


Dieſer Serten- Accord auf dem Semitonio modi hat alſo ſtatt der Octave 
zwey Sexten und eine kleine Terz, wie bey k, oder in eben dieſem Fall ſtatt der 
Octave die Terz doppelt, wie bey g. 


des reinen Satzes in der Muſik. 41 


Doch verſteht ſich dieſes nur, wenn man von dieſem Subſemitonio wuͤrklich 
einen halben Ton über ſich tritt, nicht aber, wenn man von da in einem andern 
Ton geht; alſo waͤre in en Beyſpiel die Octave im Sexten⸗Accord bey h 
unſchaͤd lich. Hier iſt der Baßton H nicht mehr das e ſondern 


der dritte Ton von G. 


2 | ER = Fe . = 
—— = 


Eben diefe Bewandnis hat es in dem folgenden Beyſpiele, mit dem er 
Accord bey O, 
8 N 
= 


ö wi 

rs mr® = . = 3} 
ii eo 1. S — . 
1 Se * m —.— 


1 = 5 
3 
= more aaa on 


wo die Octave zur on wegen Aufloͤſung der 5 ſchlechterdings nothwendig 
wird. Hier it der Baßton H nicht mehr, wie kurz vorher bey , das Subſe⸗ 
mitonium des Tones, ſondern nunmehr die Mediante, oder der dritte 
Ton von = 

3) Aus eben dem Grunde kann überhaupt die Octave zur Sexte nie genom⸗ 


men werden, wenn man von dem Serten⸗Accord um einen halben Ton in den 
Drey⸗ 


u: 


e 


Die Kunſt 


Dreyklang ſteiget, wie in allen folgenden Beyſpielen; weil die Baßnote, wor 


ber die 6 ſteht, hier uͤberall das Subſemitonium des Tones iſt, der darauf 


42 


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e 
mol. oil 
0 0 U 
00 e Dil 
A! 
a all 
00 Il 


Man 


des reinen Satzes in der Muſik. 43 


2 Man kann auch in ſolchen Fortſchreitungen des Baſſes, wie bey & die 
Octave zur Sete nicht nehmen, weil dieſelbe in folgendem Accord entweder Octa⸗ 
ven verurſachen wuͤrde, wie bey 85 oder Quinten, wie bey . 


= pre 


Wuͤrde man nach dem mit ⸗ bezeichneten Accord die erfte Berk ekıns des 
Accords G nehmen, ſo waͤre alsdenn auf A die Octave zur Sexte nothwendig, 
wie gleich hiernächſt wird gezeiget werden. 

Sollte man aber bey dergleichen Gängen in die Verlegenheit gekommen feyn, 
daß man die Sexte nicht anders, als mit der Octave haben koͤnnte, ſo muß man 
auf dem folgenden Accord zwey Stimmen in die Quinte gehen laſſen, wie hier: 


5) So wie man in den vorhergehenden Fällen die Octave im Sexten⸗Accord 
zu vermeiden hat, fo- giebt es auch Faͤlle, wo man ſie dazu nehmen muß. Naͤm⸗ 
lich wenn man von dem Sexten⸗Accord um eine kleine Terz in den Dreyklang 
ſteiget, wie im folgenden Beyſpiel bey 1. 


55 


3 
Haͤtte man hier die Serte verdoppelt, wie bey 2, ſo wuͤrden verdeckte Duin 
ten de ſeyn, wie man bey 3 jeben kann. 
| F 2 Auch 


44 Pe Die Kunſt > 

Auch wird die Octave zur Sexte in folgendem Beyſpiel 98 & noͤthig, wenn 
nach dieſem Accord der Baß wie hier herauf ſteiget, denn ſo wol aus der Ver⸗ 
doppelung der Sexte, als der Terz wuͤrden verbothene Octaven entſtehen, weil 
auf dem folgenden Ton II die Terz oder Sexte, wie vorher No. 2 gezeiget worden, 
nothwendig verdoppelt werden muß. Wollte man auf H die Sexte auf derſelben 
Hoͤhe doppelt nehmen, ſo wuͤrden offenbare Quinten entſtehen. 


Besen 


Uebrigens merken wir hier noch an, daß diefer Accord der kleinen Serte und 
kleinen Terz, welcher aus dem harten Dreyklang entſpringt, ſeinen Sitz auf dem 
dritten, ſechſten und ſiebenden Ton des Haupttones habe. 


B. Von dem Sexten-Accord, der aus dem kleinen oder weichen Dreyklang 
entſteht. 

Auch in dieſem Serten⸗Accord wird, wie in dem, der aus dem harten Drey⸗ 
klang entſteht, bald die Serte bald die Terz verdoppelt, bald die Octave zur Sexte 
genommen, nachdem die Vermeidung verbothener Octaven und Quinten, den ei⸗ 
nen oder den andern dieſer Faͤlle nothwendig macht, ſo daß die meiſten über den 
vorhergehenden Accord gemachten Anmerkungen auch en dieſem gelten, und alfo 
hier nicht duͤrfen wiederholt werden. 

Bey dieſem Accord iſt beſonders der Fall zu 1 9 wo man, (wie auch 
ſchon vom vorhergehenden angemerkt worden iſt) um Octaven oder Quinten zu ent⸗ 
gehen, den darauf folgenden Dreyklang mit Vorſichtigkeit nehmen muß, worüber 
folgendes zur Lehre dienen kann. 


BE 


e 


des reinen Satzes in der Mufi . 45 


Hier entgeht man bey ı einer erbothenen Fortſchreitung Nie daß man 
fo wol die Octave als die Sexte des erſten Accords in die Quinte des folgenden 
herunter treten laßt: wollte man fo, wie bey 2 verfahren, fo fiele man in die 
wiedrige Fortſchreitung einer übermäßigen Secunde von I nach) gis. Man koͤnnte 
den vorhergehenden Fall auch ſo nehmen, wie hier 1 be, wo die Terz über den 
33 verdoppelt iſt. 


| Ei. 158: 
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Bei Han 
3 335353 me u 
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Wollte man die Sexte verdoppeln, wie bey Z, fo würde eine der obern 
Stimmen gegen den Baß verdeckte Quinten machen. 


C. Von dem Sexten⸗Accord der aus dem verminderten Dreyklang entſteht. 


Die erſte Verwechſelung des verminderten Dreyklanges macht einen beſon⸗ 
dern Serten⸗Aceord, darin ſo wie in den beyden vorhergehenden, ſo wol die Terz, 
als die Serte verdoppelt werden kann. 


Dieſer Accord leidet keine andere Fortſchreitung, als 1) einen Gi nb. 
in den weichen oder harten Dreyklang, wie bey e und G8. 8 


53 


46 Die Kunſt 


oder in die erſte Verwechſelung des Dreyklanges, wie hier bey 'y. 


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ss: "S--8- 


— 


5 
33 
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Y 


2) einen ganzen Ton unter ſich in den Sexten⸗Accord, wie bey J, oder in deſſen 
Grund ⸗Accord wie bey s. 


isses 
J 

— — 

— 


29) Man kann dieſe beyden Accorde und auf dem Accord die kleine Terz ver⸗ 
auch alſo nehmen, doppeln; die beſten Componiſten thun die⸗ 
ſes ohne Bedenken. Wir merken es des⸗ 
wegen an, weil ſich einige einbilden, die 
kleine Quinte des Grund- Accords, naͤm⸗ 
lich hf, ſey keine Conſonanz. Wäre 
dieſes, ſo koͤnnte ſie bey der erſten Ver⸗ 
wechſelung, wie hier in unſerm Beyſpiel 
nicht verdoppelt erſcheinen, ſondern muͤßte, 
als eine Diſſonanz aufgeloͤſet werden. 


Uebrigens 


des reinen Satzes in der Muſik. 47 


Uebrigens kann, wie ſehon geſagt worden, die Sexte in dieſem Accord ohne Be⸗ 
denken verdoppelt werden, wie in dem nachſtehenden Beyſpiel, weil ſie hier nicht, 
als das Subſemitonium des Tones zu betrachten iſt. 


Es iſt kurz vorher geſagt worden, daß dieſer Sexten⸗Accord nothwendig ent⸗ 
weder einen Grad uͤber ſich in den Dreyklang, oder einen ganzen Ton unter ſich in 
den Serten⸗Accord trete. Es giebt aber Fälle, die dieſen Regeln entgegen zu ſeyn 
ſcheinen, da man nämlich nach dem Accord dieſer groſſen Septe einen Ton uber 
ſich in den Sexten Accord, oder einen ganzen Ton unter ſich in den Dreyklang 


tritt, wie hier: 
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H—— 5) -&5- —— 
1 Se — — 


FFF 0b 
E 
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Aber man muß den bier mit bezeichneten Accord nicht mit unſern, aus Ver⸗ 
wechſelung des verminderten Dreyklanges entſtandenen Sexten⸗Accords verwech⸗ 
ſeln; er hat ſeinen Urſprung vom Septimen⸗Accord, wie unten in den Anmer⸗ 
kungen über dem Septimen⸗alccord wird gezeiget werden. | 


D. Einige beſondere Anmerkungen über den Sexten⸗Accord und den Ge 
brauch deſſelben. 
Wegen der Verdoppelung der Sert und der Terz in allen drey Gattungen 
des Sexten⸗Accords iſt noch zu merken: | | N 
1) Daß die verdoppelten Intervalle entweder eine Oetave auseinander ſtehen, 
oder auf derſelben Stuffe konnen verrdoppelt werden, wie hier zu ſehen iſt. 


48 Die Kunſt 


Sep 


2) Daß dasjenige Intervall, welches einen Vorhalt hat, nicht koͤnne ver- 
doppelt werden. Nämlich, die Serte der die Quinte oder Septime vorgehalten 
iſt, kann nicht verdoppelt werden, auch die Terz nicht, der die Secunde oder 
Auarte vorgehalten wird. Alſo verdoppelt man die Sexte, wenn die Terz einen 
Vorhalt hat, hingegen die Terz, wenn die Sexte einen Vochalt hat, wie in fol⸗ 
genden Beyſpielen. | 


N — 2 — 
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ae. 
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3) Daß weder die Sexte noch die Terz, wenn der Baß Stuffen weiſe im 
Steigen oder Fallen mit 6 bezeichnet iſt, wenmal nach einander koͤnnen verdop⸗ 
pelt werden, weil dadurch Octaven und verboll ene Quinten entſtünden, wie hier 
bey . Man kaun nach der Verdop ppelung der Sexte die Terz verdoppeln, wie 
Z, und nach der Terz die Serte, wie bey Y. 


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des reinen Satzes in der Muſik. 40 


Man braucht den Sexrten⸗Accord anſtatt des Dreyklanges, um mit dem 
Baß Stufen we ſe herauf oder herunter zu ſteigen, welches, wegen der da⸗ 
durch entſtehenden Octaven, mit dem Dreyklang nicht angeht. 


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Daraus entſteht der wichtige Vortheil des Serten⸗Accords, daß man vermittelſt 
deſſelben die Perioden nach Gefallen verlaͤngern kann, um nicht allzuoͤfters nach 
einander Abſchnitte zu machen, wie weiter unten in dem ſechſten Abſchnitt ſoll ge⸗ 
zeiget werden. a 3 - 
Will man bey dieſen Stufenweis auf oder abfteigenden Septen-Accorden noch 
Vorhalte anbringen, ſo werden die Accorde noch enger mit einander verbunden. 


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2- — — — — __ 5 


Von der Sexte, von welcher bey allen dieſen Sexten⸗Accorden die Rede iſt, 
muß man eine andere Sexte wol unterſcheiden, die in dem Dreyklang ein Bor: 
halt der Quinte iſt. Dieſe verhält ſich alsdenn zur Quinte, wie die None zur 
Octave bey +, und iſt leicht von der Sexte des eigentlichen conſonirenden Sexten⸗ 
Accords zu unterſcheiden, kommt auch, ſo wie die andern Vorhalte, nie im Auf⸗ 


ſchlag vor. 

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50 Dee Kunſt 


In vielſtimmigen Sachen kann man mit dem Sexten⸗ Accord kein Stuͤck 
ſchließen, und wie wol es in zweyſtimmigen Sachen, die man Bieinia nennt, an⸗ 
gehen kann, ſo hat doch der Dreyklang zum Schluß den Vorzug, weil man gern 
mit dem Uniſonus oder der Octave endiget. 


3) Anmerkungen über den conſonirenden Quart⸗Sexten⸗Accord. 


Dieſer Accord iſt unter den conſonirenden Accorden der unvollkommenſte, 
ſo daß man damit ein Stuͤck weder anfangen noch endigen kann. Sonſt hat 
er alle Eigenſchaften eines conſonirenden Accordes; nemlich ſo wol die Quarte 
als Serte koͤnnen verdoppelt werden, fie koͤnnen frey eintreten, und fie bedürfen 
nicht, wie die Diſſonanzen, einer beſtimmten Fortſchreitung oder Auflöfung, wie in 
folgendem Beyſpiel zu ſehen iſt. | | 


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Bey c und B Fümme dieſer Quart⸗Serten⸗Accord vor; an beyden Stellen 
iſt der eigentliche Grundton C. Bey ſind Quart und Serte dißonirende Vor⸗ 
halte, und der Grundton iſt G. In den beyden erſten Fallen empfindet man 
den Grundton C, hingegen bey y nur G. Die Quarte dißoniret hier als ein 
Vorhalt gegen die Terz des Grundtones, welche man empfindet, und die Sexte 
gegen die Quinte. ) 

Dieſer 


* 


30) Dieſes find die wahren Grundſaͤtze fürchten den Quart⸗Sexten⸗Accord conſo⸗ 
nach welchen man die conſonirende Quarte nirend zu brauchen. Wen die hier ange⸗ 
in der zweyten Verwechſelung des Drey⸗ fuͤhrten Gruͤnde nicht uͤberzeugen, dem 
klanges von der diſſonirenden, die ein koͤnnte man leicht durch die Autoritaͤt viel 
Vorhalt iſt, unterſcheiden kann. Man groſſer Maͤnner, ſeine Zweifel benehmen. 
ſindet noch immer Componiſten, die ſich Wir wollen aber nur folgendes anfuͤhren: 


des reinen Satzes in der Muſik. 51 


Dieſer conſonirende Quart⸗Serten⸗Accord kann ſowol in guten als ſchlechten 
Takttheilen vorkommen, der andere aber, wie alle Vorhalte, faͤllt immer auf den 


guten Theil des Takto. 4 
2 G 2 r 


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bleibt im Gehoͤr, bis der H Accord er⸗ 
folget, gleichſam als wenn der Baß alſo 
gienge. | 


Im vierten Takte beyder Beyſpiele iſt der 
Quart⸗Sexten⸗Accord, welcher, wenn er 
dißonirend waͤre, eine ganz andere Fort⸗ 
ſchreitung, als hier iſt, haben muͤßte; 4 
denn hier wird weder die Quarte noch 22 E 


Sexte aufgeloͤſt. Man erkennet daraus, 
daß es die zweyte Verwechslung des Fis 
Accordes iſt. Niemand wird hier im zwey⸗ 


ten Beyſpiel weder die Quarte noch Sexte 
fuüͤr Vorhalte der Terz und Quinte halten; 
denn der Fis Accord vom erſten Takte 


Daß man ſo gar in der Mitte eines 
Stuͤckes mit dem conſonirenden Quart⸗ 
Sexrten⸗Accord anfangen koͤnne, erhellet 

aus 


52 Die Kunſt 


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Er zeiget ſich in verſchiedenen Geſtalten, entweder mit zwey Quarten und 
einer Sexte, wie bey 1, oder mit einer Quarte und zwey Sexten, wie bey 2, 
oder mit Quarte und Sexte, und Oetave, wie bey 3, oder mit zwey ee und 
einer Serte, wie bey 4. 


ae 


Wenn 


2 


aus folgender Stelle, ache aber An⸗ ſolche Freyheiten koͤnnen nur Männer vom 
faͤngern nachzuahmen nicht zu rathen iſt: erſten FM nehmen. 


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— 


u. des reinen Satzes in der Muſik. 


33 


Wenn er ohne Quarte mit einer Serfe und zwey Octaven im vierſtimmigen 
Satze genommen wird, oder im Dreyſtimmigen ohne Quart mit der Sext und 
Octave, ſo geſchieht dieſes um einen ſchoͤnen Geſang zu en „dem zu Ge⸗ 
fallen die Harmonie zuweilen erwas leiden muß. 


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Wollte man Bier bey & die Quarte mitnehmen, fo würde die Oberftinme 


mit de nächften über dem Baſſe verbothene i machen, wie man es auch 
G 3 | immer 


Daß dieſer Quart⸗Sexten⸗Accord die zweyte 


Verwechſelung von Fis ſey, zeiget der vor⸗ 
hergegangene Secunden-Accord an, wel- 
cher aus dem Septimen⸗ Accord von Cis 
entſtehet, nach welchen die Reſolntiun ins 
Fis erfolgen mußte. 


Nach dem Secunden⸗Accord empfindet 


man den Grundton Fis als den Dreyklang, 
oder A als den Sexten⸗Accord, wodurch 
dieſer Quart⸗Sexten⸗ Accord entſchuldiget 
werden kann. Ohne ſolche Mittel den fol⸗ 
genden Ton fuͤhlbar zu machen, iſt es nicht 
moͤglich mit Quart und Sexte weder ein 
Stuͤck, noch einen Abſchnitt anzufangen. 


31) In dieſen beyden Faͤllen, da die 
Quarte weggelaſſen wird, hat man wohl 
in Acht zu nehmen, daß man den Baß 
nicht wie den ordinairen Sexten⸗Accord, 
zu welchen die Terz gehoͤrt, mit 6 bezif⸗ 
fere: man thut beſſer ihm zum Unter⸗ 
ſchied mit F zu bezeichnen. Bey vierſtim⸗ 
miger Begleitung muß doch die Quarte 
mitgenommen werden. Die Grund: Ice 
torde dieſer beyden Faͤlle find ganz verſchie⸗ 
den. Hieruͤber ſehe man, was Herr 
Bach in dem aten Theil feines Werks über 
die wahre Art das Clavier zu ſpielen, 
erinnert. 


54 Die Kunſt . 
immer anſtellte, wie bey zu ſehen iſt. Bey Rift der eigentliche Septen. Accord, 
deſſen Grundton E iſt, wie aus dem Grund⸗Baß erhellet. 3?) 

Man kann dieſem Accord die kleine Terz beyfuͤgen, welche die kleine Sep⸗ 
time ſeines Grundtones iſt, die zum Dreyklange geſetzet werden kann, wenn der 
Baß alsdenn vier Toͤne über 3 im e Be wie a bey * zu ſeben iſt. 


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Dis iſt eines der Kennzeichen des 3 Quart⸗Sexten⸗Accords, 
denn der dißonirende vertraͤgt dieſe kleine Terz nicht. Ein anders Kennzeichen 
deſſelben it dieſes, daß man darinn die Quinte nicht anſtatt der Serte nehmen 
kann, welches aber bey dem dißonirenden Quart⸗Sexten⸗Accord angeht. Beydes 
wird durch nachſtehende Beyſpiele deutlich. 


=: Heel | 


6 4 
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33 
= — — 
77 BLe/ — E 
DES — . eee = 
— == — — m —ͤ— — 


32) Der Grund-Baß, der hier auf haͤlt die wahren Grund⸗Toͤne zu den ver⸗ 
dem unterſten Linien⸗Syſtem ſteht, ent⸗ ſchiedenen Accorden, oder die Baßtoͤne, wie 
ſie 


des reinen Satzes in der Muſik. 8 
| | 
. = N je . = 1 
5 = 


4 3 BEN. 
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— — — — — 

Bey e gieng es auf keinerley Weiſe an, die Quinte des Baſſes zur Quarte 
oder Septe zu nehmen, wie hingegen bey , wo die N nur ein a und 

diſſonirend it, gefehiehr. 

Wenn man mehr als drey Stimmen hat, fo thut man wohl, dem confoni- 
renden Quart⸗Serten⸗Accord, ſo oft es angeht, die kleine Terz beyzufuͤgen; weil 
überhaupt die Terzen faſt bey jedem Accorde unentbehrlich ſind. Alsdenn entſtehet 
der Terz⸗Quart⸗Serten⸗Accord, welcher feinen Sitz auf den zweyten Ton des To⸗ 
nes, worinn man iſt, hat. So wohl Quart als Sexte bleiben doch eonſonirend, 
nur die ie Terz als die kleine Septime vom se 5 diſſonirend. 


— . en — — — Gm Om mn ee — — 


ſie re wurden, wenn die ER immer Verwechslung genommen wurden. 
a ihrer urſpruͤnglichen Geſtalt, ohne 


56 g Die Kunſt 


Im dreyſtimmigen Satze koͤnnen Quart und Sexte ohne ur ſeyn. 


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— 2 — eu e-8 — — . dert URER 


Dieſer Accord iſt doch nicht conſonirend genug, daß er das Gehoͤr in Ruhe 
ſetzte, und zum Schluß oder End einer Periode koͤnnte gebraucht werden. Es iſt al 
lemal nothwendig, daß noch andre Accorde auf ihn folgen. Alſo waͤre nachſtehen⸗ 
der Satz, wo, wie aus dem darunter ſtehenden Grund⸗Baß zu ſehen iſt, nach der 
Wes Haͤlfte des zweyten dritten und fuͤnften Takts Schluͤße find, 33) ganz une 
richtig. 


N & 
3 
ä ER 
. Te er Fee 


Se u? ae 
Se Se — — 
Re — — — ———— — I mn * 


Es iſt kurz vorher geſagt Wien man koͤnne zum conſonirenden Quart⸗ 
Sexten⸗ Accord die Quinte der e nicht nehmen. Indeſſen hat man doch 
von einigen Componiſten Exempel, daß fie die Quinte ſtatt der Sexte beybehalten 
haben, hievon fuhren wir folgendes Beyſpiel an, uͤberlaſſen aber den beiten Mei⸗ 
ſtern der Kunſt, zu entſcheiden, ob es recht ſey. 


33) S. den ſechſten Abſchnitt von Per des Grund Baſſes um eine Quarte, einen 
rioden, wo gezeiget wird, wie das Steigen Schluß mache. | 


. reinen Satze in der wa 57 


= ser 8 8 


Die mit bezeichnete Quarte muß hier, wie jede zufällige Diſſonanz aufge⸗ 
loßt werden, und iſt darum verwerflich, weil ſie im Auftakte zu ſtehen kommt: 
als eine Vorbereitung zur folgenden zufälligen Quarte wie bey +, iſt fie darum 
unrecht, weil ſie ſelbſt gegen die Quinte vom Baße eine Septime macht. 

Eben dieſe Erinnerungen gelten auch von den Verwechslungen dieſer Ac⸗ 
eorde, wenn alſo die vier 055 Takte des vorhergehenden Beyſpieles alſo geſetzt 


wuͤrden: 
iz: Sen = 
= — — — 


9 ge — — 
Fer en 


ſo würde es vom zweyten zum de itten Takt ſehr ſchlecht klingen. 2 
In geſchwinden Sachen koͤmmt die Quarte auf dieſe Art vor; man betrach⸗ 
tet ſie aber als durchgehend, und bezeichnet ſie auch nicht im General⸗ ee 


ee en 
se . 
. —— —— — 
„„ rd 
e 


9 Der 


sg ER Die Kunſt 
Den Quart⸗Sexten⸗Accord zweymal nach einander fo genommen, daß die 


Quarten in der oberſten Stimme find, wie im nachſtehenden Beyſpiel, vermei 
den die guten Harmoniſten. 


1 

=; — — 

. else 

c 
3 4 


| „„ GREEN 
DZ — ==) 


Jedoch wenn der eigentliche Grund⸗Ton des Quart⸗Sexten⸗ Accords, oder 
auch nur die Terz dieſes Grund⸗Tones vorher in der unterſten Stimme gehoͤrt 
worden, ſo kann man es ohne Bedenken ſetzen, weil der Grund⸗Ton alsdenn im 
Gehoͤr bleibet, wie hier: | | 

| 


5 4 
ee 3 — — 
Be BEN Prien. ac Tue Werl. mar 
115 EEE WON ul 8 
FF 


Das C vom erſten Viertel bleibt im Gehoͤr, und man empfindet das zweyte 
Viertel als einen Sexten⸗Accord von C. | ; 

Hier ift ein Beyſpiel wo fo gar drey Quarten in der oberften Stimme auf 
einander folgen. ' N 


3 


Der mit 1 bezeichnete Accord, klinget, wegen des vorhergegangenen Tones d 


wie ein Serten⸗Accord davon; der mit 2 bezeichnete, iſt alſo der erſte, 5 als 
| nark- 


des reinen Satzes in der Muſik. 59 


Quart⸗Serten⸗Accord klingt; der mit 3 bezeichnete Accord iſt aber nicht der eon⸗ 
ſonirende Quart⸗Sexten⸗Accord, ſondern der Secunden⸗Accord, naͤmlich die dritte 
Verwechslung des in Accords von E. ) 

Eine beſondere Anmerkung verdienet der conſonirende Quart⸗Serten⸗Ac⸗ 
cord, der aus Were des verminderten Dreyklanges entſtehe, wegen der 
Nehnlichkeit, welche die darinn vorkommende groſſe Quart mit dem Tritonus hat, 
ob fie gleich in der Würkung ſehr von ihm unterſchieden iſt. Folgende Beyſpiele 
werden dieſes erläutern. i 


= _— ziel See 


6 
50 4 


* 


4 
ee ey — 
— N — — Pr 
==: == je S-e-I-F- 
0 6 


Bey o, weleher nn die dritte Verwechslung des Serie‘ Acces G 
iſt, kommt der wahre Tritonus F-h vor, und auf dieſen Accord muß nothwen⸗ 
dig der Accord C in feiner erſten Verwechs ung folgen. Bey B hingegen kommt 
der Quart⸗Sexten⸗Accord, der aus der zweyten Verwechslung des verminderten 
Dreyklangs entſteht vor, der außer der Quarte, wie ſchon oben erinnert worden, 
auch die kleine Terz bey ſich haben kann, und bier wuͤrklich hat. Ob nun gleich 
hier wie vorher der unterſte Ton P, der oberſte aber h iſt, fo iſt doch das Inter⸗ 
vall Fh hier nicht der Tritonus, ſondern die groſſe Quarte, von welcher man 
nicht noͤthig hat um einen halben Grad hoͤher zu kreten. 

Eben diese er Unterſchied zeiget ſich auch in der melodiſchen Fortſchreitung. 
Bey wo der wuͤrkliche Tritonus iſt, koͤnnte die Melodie nicht, wie ſie hier ſteht, 
Ffortſchreiten; bey e e aber, wo die erſte Verwechslung des verminderten Dreyklangs 
vorkommt, gehen die oben angemerkten Forſchreitungen ohne Bedenken an. 25) 


H 2 4) An⸗ 


34) Im General-Baß iſt es alſo ganz 35) Es iſt bey dieſer Gelegenheit die 
falſch, wenn man dieſen Accord mit J wichtige Anmerkung zu machen, daß die 
beziffert, die Secunde muß nothwendig Empfindung der Harmonie bisweilen die 
auch angezeiget werden. ſchwereſten Fortſchreitungen im Singen 

5 leicht, 


co Die Kunſt 


4) Anmerkungen über den Septimen⸗Accord. 
A. Von der eigentlichen Septime, die eine weſentliche Diſſonanz iſt. 

Die Septime wird, wie ſchon in dem vorhergehenden Abſchnitt bemerkt 
worden iſt, dem Dreyklange auf der Dominante des Tones, darin man iſt, hin⸗ 
zugefuͤget, ſo ofte man die Harmonie von dieſer Dominante wieder auf den 
Grundton leiten will. 3%) Sie hat alſo eine doppelte Wuͤrkung, indem ſie erſt⸗ 
lich das Gehoͤr hindert, auf der Harmonie der Dominante Ruhe zu finden, und 
hernach durch die Nothwendigkeit der Aufloͤſung natuͤrlicher Weiſe die Harmonie 
auf den Grundton zuruͤck fuͤhret. | 

Wenn man das, was hier von dem Gebrauch und der Behandlung 
der Septime vorzutragen iſt, voͤllig verſtehen will, ſo muß man ſich vor⸗ 
her, das, was in dem folgenden Abschnitt von den Schluͤßen geſagt wird, 
bekannt machen. 

Die erſte und vornehmſte Wuͤrkung der Septime beſteht alſo darin, daß 
ſie die Ruhe, oder den Schluß eines Abſchnitts, den man ſonſt fühle en wuͤrde, 
zernichtet „ wie in een Beyſpiel. 


leicht, und ganz leichte unmoͤglich machen 
koͤnne. So wird in dem angeführten 
Beyſpiel bey e der Sprung von f ins h, 
leicht; weil man bey dem Sext⸗Accord des ſchon von dem Grundton B eingenommen 
verminderten Dreyklanges den Grundton 


die Forſchreitung der obern Stimme un⸗ 
moͤglich zu treſſen ſeyn, weil das Gehoͤr 


iſt, der dem h ganz zuwider iſt. 


H empfindet. Hingegen wuͤrde in folgen⸗ 
der Stelle 36) Dadurch, daß fie dem Dreyklang 
. auf der Dominante hinzugefuͤget wird, 
Pe kann dieſe Septime vor andern, einen 


ganz andern Urſprung habenden Septi⸗ 


men, von denen hiernaͤchſt naͤherer Unter⸗ 


richt folgen wird, unterſchieden werden. 


des reinen Satzes in der Muſik. 61 


Auf jedem Ton, wo hier Septimen angebracht ſind, wuͤrde ohne dieſe Dißonanz 
das Ohr in Ruhe geſetzt, oder ein Schluß empfunden werden. Alſo kann durch 
die Septime das Gefuͤhl der Ruhe unterbrochen werden. 

Wenn ſie zu dieſer Abſicht gebraucht wird, ſo muß ſie da angebracht wer⸗ 
den, wo ohne ſie ein Schluß ſeyn wuͤrde, alſo auf der Dominante oder Tonica 
des Tones, darin man iſt. a | 

Ihre zweyte Wuͤrkung ift, das Gehör von dem Grundton, auf welchem 
ſie angebracht wird, als einer Dominante zu ſeiner Tonica zu fuͤhren, und da⸗ 
ſelbſt zu ruhen. Alſo wird man gewöhnlicher Weiſe nach der Septime mit der 
Harmonie vier Töne ſteigen, oder fünf Töne fallen, weil dieſes die beyden Gänge 
von einer Dominante auf dem Grundton ſind; wie im folgenden Beyſpiel zu 
ehen iſt. | | | | 
| 1 Wenn man auf dieſe Art von der Dominante in den Haupton durch die 

Septime ſchlieſſen will; fo muß man, um eine völlige Ruhe zu bewuͤrken, den 
Septimen⸗Accord auf der Dominante fo nehmen, daß die große Terz “) in der 
oberſten Stimme ſtehe, und in dem darauf folgenden Accord zur Octave werde, 
wie in dem folgenden Beyſpiel bey a zu ſehen iſt. Wollte man die Ruhe we⸗ 
iger voͤllig haben, ſo koͤnnte der Septimen⸗Accord ſo genommen werden, daß 
in dem folgenden Accord die Terz oder die Quinte des Grundtones zu oberſt 
kaͤme, wie bey b und o zu ſehen iſt. | 


— — 5 e 
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a 
. le 
37) Es iſt hier wohl zu merken, daß 2 
der Septimen⸗Accord auf der Dominante | a — 
des Tones, allemal die große Terz hat, — 
wenn fie gleich der Tonart nicht naturlich J. TT“ 


waͤre. Alſo wuͤrde man in C mol den Der Grund dieſes Verfahrens iſt offenbar. 
Septimen : Accord auch mit der großen Weil dadurch dieſe große Terz zum Semi⸗ 
Terz nehmen, z. E. 0 tonio des Haupttones, dahin man gehen 

* N . will, 


62 | Die Kunſt 


Es iſt ſo eben geſagt worden, daß man von dem Septimen⸗Accord auf der 
Dominante gewohnlicher weiſe vier Tone ſteige, oder fünfe falle; inzwiſchen 
findet man auch, daß fie nur um einen Ton über ſich in den Dreyklang tritt. 


535 


F 5 | 
Be Fe een == 5 
Fe J!. lee ur 
Allein diefer Fall bat einen ganz andern Grund, indem dieſe Septime eigentlich 


die None des wahren Grundtones iſt, deren Auflöſung erſt in dem ee 
Accord geſchiehet, wie am dieſem Beyſpiel zu ſehen iſt. 


F555 = 


— 


—— 


Ei er en 


— —.—— 


76 8 i \ 
Fo — 8 Se Sees; 
I „ 


Man ſtelle ſich den Gang bey & fo vor, daß nach dem Accord G der Accord E mit 
der None und e ; aber in feiner erfien Verwechslung ſollte genommen wer⸗ 

den, 
will, wird, folglich das Verlangen nach minante die kleinere Terz hat, ſo iſt es 
demſelben erwecket. Eben dieſes geſchiehet ein gewiſſes Zeichen, daß er die Tonart 
auch in den Umkehrungen des Septimen⸗ verlaſſen will, wie 115 


Accordes, wie hier: SA 
ki 2 * 5 => 
5% ; — 

— =] A | 
ET. . wo auf dem zweyten Accord, wegen der 
. — 4 — I Heinen Terz, die man beybehaͤlt, ſchon 
Sollte man RE 9 einem guten die Abſicht zu merken iſt, daß die Har⸗ 
Harmoniſten finden, daß er auf der Doz monie nach G mol heruͤber gehen ſoll. 


des reinen Satzes in der Muſik. 63 


den, und da der Ton k, als None des Grundtones ſo gleich in die Conſonanz e 
eintreten ſollte. Wenn nun dieſe Auflöfung der None bis auf den folgenden Takt 
ver ſchoben wird, fo entſteht der Gang, wie er bey Bit. Der Accord G bey g 


it in dem zweyten Theil des Takts eigentlich der Sen lecord auf E mit vor 


gehaltener None. Folglich kommt man nicht, wie es ſcheint, von G nach A, 
ſondern von E. Man kann fuͤr eine allgemeine Regel annehmen, daß nach jeder 
weſentlichen Septime der Baß vier Toͤne uͤber ſich, oder fuͤnf Toͤne unter ſich gehe, 
und den Dreyklang zur Harmonie habe, es ſey denn, daß eine Verwechslung 
dieſes Accords genommen werde. 


Ein anſcheinender Septen Accord, nach welchem der Baß ebenfalls einen 
Grad über ſich tritt, iſt eigentlich der 5 Accord, in welchem für die Serte die 
Septime, als eine zufaͤllige Dißonanz vorgehalten wird, wie im folgenden 


Beyſpiel. 
Az Se 


7 | anſtatt g 


Die Septime hat natürlicher weiſe die Terz und die Quinte bey ſich, um 
aber verbothene Quinten zu vermeiden, kann man anſtatt der Quinte die Octave 
dazu nehmen. Naͤmlich anſtatt 


13 == za 


HRS ——— 


43 —— 


|  - | 
wo verbothene Quinten vorkommen, würde man biefe drey Takte alfo ſetzen. 


64 a Die Kunſt 


—4 — nn 


113 —— 


ee 
= 


Bey der Septime (ins allemal zwey eh Intervalle an denen man erkennen kann, 
in welchen Ton die Harmonie gehen muͤſſe, nämlich. die Septime ſelbſt, die ſich 
in die Terz dieſes Tones aufloͤſet, und die große Terz im Septimen Accord, 
welche das Subſemitonium des neuen Tones iſt, und bey der un bie armen 
in derſelben hinauftritt. 


Die Septime iſt entweder klein oder groß. Die kleine Septime kommt vor 
ı) in dem harten Dreyklang auf der Dominante, und leitet, wie in den kurz 
vorher angefuhrten Beyſpielen a, b, c (S. 61.) zu ſehen, zu einem Schluß in den 
Hauptton; 2) in dem weichen Dreyklang, und zwar auf der Secunde, Terz und 
Sexte des Haupttones, und leitet alsdenn zu Schluͤßen in die Quinte (wie bey d), 
oder Serfe (wie bey e), oder Secunde des Tones (wie bey l). 


ee 


9 2 vH rg 2 er 
rare: ee oe ten 
er ar TTT ar 
Pas . — Se 
| d f 8 


Endlich kommt die kleine Septime auch 3) in dem verminderten Dreyklang vor. 
Dieſes geſchiehet nur auf dem Subſemitonio des Haupttons darinn man iſt, wel⸗ 
ches alsdenn zur Dominante des Tones wird, der darauf ſolget, wie bey g zu 
ſehen iſt. 

Die große Septime kommt mit dem großen Dreykl ang auf der Tonica, 
auch auf der Unterdominante des Haupttones vor. In dieſem letzten Fall leitet 
ſie auf den verminderten Dreyklang auf dem Subſemitonio der Haupttonart, und 
kann alſo auf keinen eigentlichen Schluß fuͤhren. 


des reinen Satzes in der Muſik. 65 
55 
E 


Die verminderte Septime hat keinen Dreyklang, dem ſie als eine weſent⸗ 
liche Dißonanz hinzugefuͤget werden koͤnnte. Sie wird bey Betrachtung der 
enharmoniſchen Ausweichungen vorkommen, und daſelbſt auf ihre wahre Grund⸗ 
harmonie zuriick gefuhret werden. 


Die weſentliche Septime kann auf mehrerley Weiſe vorbereitet und aufge⸗ 


loͤſet werden, wie an folgenden Senfpielen zu ſehen iſt. 


5355 
E 


I 
1! Bin s-; 85 
ea NE 5 en eee . 
35353588 


555 1 — —— — — 


CC 
Bess ee == == 
— . — ——ů—— En ee 
e f 


Bey a und b liegt der Baß, deſſen Quinte bey a 0 Octave bey b, auf 
der ſchlechten Zeit des Takts in die Septime treten; bey c, d, e, faber blei⸗ 
bet die Terz (e), oder die Quinte (d), oder die Octave (e, f, g) des Grund⸗ 


tones der guten Zeit des Baßes liegen, und wird, indem auf der fehlechten Zeit 
J ein 


m no mu 


66 Die Kunſt 
ein neuer Grundton eintritt zu deſſen Septime. In allen dieſen Fallen aber 


loͤſet fi) dieſe Septime in dem Niederſchlag des folgenden Takts in die Terz des 
Grundtones auf. 


Wenn man aber nach dem Accord der Septime nicht in den Dreyklang 
des Haupttones, dahin er leitet, ſondern in deſſen erſte Verwechslung geht, fo 
loͤſet ſich die Septime in die Octave auf. 
| Dieſe Auflöfung der Septime wird von den Meiftern des Satzes, allen 

Anfängern verbothen, weil verdeckte Octaven dadurch entſtehen. Inzwiſchen. 
findet man doch, daß gute Harmoniſten, die Septimen durch Verwechslung 
des Grundtones, auf welchem die Aufloͤſung geſchieht, in die Octave auflöfen 
laſſen; allein dieſes geſchieht allemal in der fo genannten Gegenbewegung, 
von welcher im Verfolg dieſes Werks mit mehrern wird geſprochen werden. 


B. Von der uneigentlichen Septime, die nicht als eine weſentliche Dißonanz 
hinzugefuͤgt, ſondern aus einer Umkehrung entſtanden iſt. 


Es iſt vorher angemerkt worden, daß nach dem eigentlichen wahren Septi⸗ 
men⸗Accord der Baß vier Toͤne ſteigen, oder fuͤnf Toͤne fallen muͤſſe. So oft 
alſo ein Septimen⸗Accord vorkommt, nach welchen dieſe Fortſchreitung nicht er⸗ 
folget, fo iſt es ein Zeichen, daß die Septime nicht die weſentlich dißonirende 
Septime, ſondern ein anderes Intervall ſey, daß durch eine Umkehrung eines 
Grundtones, zur Septime geworden. Dergleichen Accorde ſollen hier näher be⸗ 
trachtet werden. Beyſpiele dieſer unaͤchten Septime geben folgende Stellen, wo 
der Urſprung der Septime aus dem untenſtehenden Grundbaße zu ſehen iſt. 


** = +=>) 


3. 8 
7 7 af l 
. f,!!! 
DE = Sur Ze —— 
2 9 7 


7 7 — 
I REED RER NEL ET, TER | = 3 — 
— Zee EEE VE eee eee — 


— — 414 — e nn — — — — 


Im 


des reinen Satzes in der Muſik. 67 


Im erſten Falle iſt die Septime auf F, eigentlich die None des wahren 
Sed D, der ſeine wahre Septime bey ſich hat, und deswegen vier Toͤne 
ſteiget. Das ungewöhnliche dieſes Falles beſtehet darinn, daß die Aufloͤſung der 
None erſt in dem folgenden Takt geſchieht. (S. Seite 62 ) Auf eben dieſe Weiſe 
ſind die beyden andern Faͤlle der unaͤchten Septime zu verfteben. Nach folchen 
unaͤchten Septimen fteiget der Baß natürlicher weiſe um eine Secunde, welche die 
Quarte des eigentlichen Grundtones dieſer Septimen⸗Accorde iſt. Folgender Fall 
aber iſt eigentlich zu fo verſtehen, als wenn nach dem wahren Accord E, ehe er 
ſich aufloͤſet, feine erſte Verwechslung im Vorbeygehen gelogen würde, 


F 
er un ak = — 4 
A 13 = —- | 


= se: _— 


— — 


* 


1 Anmerkungen uͤber die erſte Verwechslung des Septimen⸗ Accords, 
oder den Quint⸗Sexten⸗Accord. | 


Da dieſer Accord eigentlich der Septimen⸗Accord auf der Dominante des 
Tones, der 1 folget, iſt, in welchem, anſtatt der Dominante im Baße, 
deſſen große 2 Terz genommen wird, ſo hat er natürlicher weiſe feinen Sitz auf dem 
Subſemitonio des Tones, dahin man geht, und die Quinte iſt darinn die Dißo⸗ 
nanz und der eigentliche Grundton zu „ liegt allemal drey Töne tieffer, als der, 
welcher den Baß des 5 Accordes macht. Naͤmlich 


ebene men 


was zu G die Septime ift, wird zu H die Quinte, und weil der Accord G mit 
der Septime nach C fuͤhret, fo fuͤhret auch feine Verwechslung „oder der Quint⸗ 
1 ri auf H dahin. 


. So 


68 Die Kunſt 


So wie man einen unaͤchten Septimen⸗Accord hat, ſo zeiget ſich auch bis⸗ 
weilen ein unaͤchter 5 Accord, der ebenfalls eine Verwechslung eines Septimen⸗ 
Accordes mit der None iſt, da die None wegen der im Baße geſchehenen Ver⸗ 
wechslung nicht in die Octave uͤbergeht, wie folgendes Beyſpiel zeiget, unter 
welches der wahre Grundbaß geſetzt iſt. 


Do 


Der unächte Accord ift eigentlich der 7 Accord, darinn ſtatt der Quarte 
die Quinte, als die None des Grundbaßes ſteht. 


6) Anmerkungen uͤber die zweyte Verwechslung des wahren Septi⸗ 
men⸗Accordes, oder den Accord der Terz, Quart und Sexte. 


8 
3 \ 

Dieſer Accord entſteht, wenn in dem eigentlichen Septimen⸗Accord, anſtatt 
der Dominante des Tones, dahin man geht, die Quinte dieſer Dominante in 
den Baß geſetzt wird. Durch dieſe Verwechslung wird die geweſene Septime 
nun zur Terz, die in dieſen Accord die Dißonanz iſt, die geweſene Octave zur 
Quarte und die geweſene Terz zur Sexte. Weil die Quinte der Dominante die 
Secunde des Tones, dahin man gehet, iſt, ſo wird dieſer Accord allemal auf 
der Secunde des Tones, dahin man geht, angebracht, und leitet alſo auf den 
Ton, der einen ganzen Ton unter der Baßnote dieſes Accords liegt, wie fol 
gende Beyſpiele zeigen. 8 | 


2 reinen Satzes in der Muſik. 69 


Seesen 


EEE NE N ae 4 VVV 
5 FTF 
| re es ar . = . Ei 


Man ſieht hier zugleich, wie die Terz in diefen Accord vorbereitet und aufge: 
loͤſet wird. In den zwey erſten Faͤllen liegt der Baß, und hat den conſonirenden 
Quart⸗Sexten⸗ Accord über ſich, von dem, bey liegenbleibenden Baße die eine 
von den zwey Sexten, oder die Octave in die dißonirende Terz tritt; in dem 
dritten aber bleibet dieſe Terz aus der vorhergehenden Harmonie liegen, und der 
Baß tritt dazu ein. 

Es kommt bisweilen ein Fall vor, da dieſem Accord die Quarte fehlet, da 
denn die Terz einen Grad uͤber ſich ſteiget, und wieder zur Terz der folgenden 
. wird, wie hier bey a. 


15 88 S 8 8 
5 =] 


Der Grund dieſer auſſerordentlichen Auflöfung liegt Bari „daß wenn man die 
dißonirende Terz bey a haͤtte unter ſich gehen laſſen, der darauf folgende Sexten⸗ 
Accord keine Terz gehabt haͤtte, wie bey b zu ſehen, welche doch bey jedem Accord 
unentbehrlich iſt. Man kan einigermaßen ſagen, daß durch eine Verwechslung 
der Baß die Auflͤſung mache. 

Wenn der Satz nur zwey⸗ oder dreyſtimmig iſt, mithin von den zum voll⸗ 
ſtaͤndigen Accord gehörigen Intervallen eines oder zwey weggelaſſen werden, fo 
hat man fich in Acht zu nehmen, daß der Accord der großen Sexte, welcher die 
erſte Verwechslung des verminderten Dreyklanges iſt, nicht mit dem Terz⸗Quart⸗ 
e Accord, der die zweyte Verwechslung des weichen Dreyklanges iſt, ver⸗ 

3 3 wiechſelt 


70 Die Kunſt 


wechſelt werde. Bey dieſem geht die große Sexte über ſich, und die kleine Terz 
unter ſich, wie in dem nachſtehenden Beyſpiel bey a zu ſeßen iſt; der Baß aber 
geht entweder einen Grad unter ſich in den Dreyklang, oder einen Grad uͤber 
ſich in den Sexten⸗Accord. Im erſten Fall aber geht der Baß einen Grad über 
ſich in den Dreyklang, wie bey b, und die kleine Terz kann verdoppelt werden. 
Folgendes Beyſpiel, wobey der Grundbaß den Urſprung beyder Arten der Accode 
deutlich anzeiget, wird dieſes naͤher erlaͤutern. 


„ m-“D—.l. mn 
ee — = ==] 


j)) ey 
F ᷣ Er GeiVe Deinen) kamssrms: 2ı — 
Fr e emunae al rd Treu 
a b c 4... | 

Bey e und d fieht man, wie die Accorde feyn würden, wenn die Harmonie vol 
ſtandig wäre. Bey c müßte bey der großen Sexte noch die Quarte ſeyn; bey d 
hingegen die Quinte, als Septime des wahren Grundtones. 

Der unaͤchte Accord entſteht aus dem Secunden⸗Accord mit vorgehaltener 


None des Geundbaßes, wie aus folgendem Beyſpiel zu ſehen iſt. 


EE | 
yon =- 
Dee == — | a 


3 
Bere 
—ͤ &-- — — 


Der Accord zu F, iſt die dritte Verwechslung des Septimen⸗ Accords G, 
und das a in der oberften Stimme iſt die None von dem Grundton. 5 8 
7) al 


des reinen Satzes in der Muſik. - 74 


7) Anmerkung uber die dritte Verwechslung des Septimen⸗Accordes, 

oder den Secund⸗QuartSexten⸗Accord, der auch ſchlechtweg 

der Secunden⸗Accord genennt wird. As 

Diieſer Accord entſteht, wenn die Septime auf der Dominante durch Ver⸗ 
wechslung in den Baß kommt. Daraus entſtehen die Veraͤnderungen: 1. daß 
dieſer Accord auf der Unterdominante vorkommt. 2. Daß die Octave zur Se⸗ 
cunde, die Terz zur Quarte, und die Quinte zur Sexte wird. 3. Daß nun die 
eigentliche Dißonanz im Baß iſt, und in der Aufloͤſung daſelbſt, einen Grad unter 
ſich, in den Sexten⸗Accord treten muß, wie in dieſem Beyſpiel zu ſehen iſt. 


35355 


8. 


2 8 a 33 28 A 
es mm Sr one] 
Pei= => ==: = = 
EL Hs rer 


ae 


8) Anmerkungen über die zufälligen Dißonanzen, oder die Vorhalte, 
uber ihre Natur, ihren Gebrauch, ihre Vorbereitung 
„ und Aufloͤſnng. 17 
Dieſe Dißonanzen find, wie aus der dritten Tabelle der Accorde zu ſehen 
it, die Secunde, die Quarte, die Serte, die Septime und die None, in fo fern 
jede auf einer guten Zeit des Takts, anſtatt der, einen Grad unter ihr liegenden 

Tonſonanz angeſchlagen wird, und hernach in dieſelbe herunter tritt. 

Wenn alſo, anſtatt des Uniſonus die Secunde, anſtatt der Terz die Quarte, 
aͤnſtatt der Quinte die Serfe, anſtatt der Sexte die Septime, und anſtatt der 
Octave die None genommen wird, ſo geſchiehet dieſes allemal ſo, daß ein ſolcher 
Vorhalt aus der vorhergehenden Harmonie einer ſchlechten Taktzeit, auf die naͤchſte 
Harmonie der folgenden guten Zeit liegen bleibet, und hernach in den Ton her⸗ 
unter tritt, an deſſen Stelle er geſtanden hat, wie dieſes an jedem in der III. 
Tabelle befindlichen Accord deutlich zu ſehen iſt. 

Wie wohl jeder in einem Accord auf der ſchlechten Taktzeit vorkommende 
eonfonivende Ton, als ein Vorhalt einer Conſonanz des naͤchſten Accordes fie: 
gen bleiben kann, wenn er blos um einen Grad über diefes Conſonanz liegt; fo 

gt 


72 Die Kunſt 


hat man ſich doch hauptſaͤchlich den Gebrauch und die Behandlung der Quarte 
und der None genau bekannt zu machen; denn die uͤbrigen Vorhaͤlte entſtehen 
entweder aus dieſen, durch die Verwechslung der Accorde, wie aus der IV. Ta⸗ 
belle hinlaͤnglich zu ſehen iſt, oder ſie erfordern ſonſt in allen Stuͤcken eben die 
Behandlung, als dieſe beyden Hauptvorhalte. 

Die Natur und Wuͤrkung dieſer Dißonanzen beſteht darinn, daß ſie die 
verſchiedenen Takte oder Theile derſelben in einander verſchlingen und daß dadurch 
die Theile der harmoniſchen Fortſchreitung, oder die Accorde enger mit einander 
verbunden werden. Ohne dieſe Verbindung wuͤrde die Fortſchreitung der Har⸗ 
monie ohngefehr ſolchen Verſen gleichen, in denen jedes Wort einen Fuß macht; 
Verſe die jedermann fuͤr ſchlecht haͤlt. Daher es auch in der Poeſie eine Haupt⸗ 
regel iſt, die Einſchnitte der Süße, fo viel möglich, mitten in die Wörter zu legen. 

Auſſer dieſer Würkung aber koͤnnen die Vorhalte wegen ihrer dißonirenden 
Eigenſchaft auch das Gehoͤr in einer ſtarken Reitzung erhalten, und ſo gar, wo 
es noͤthig iſt, merkliche Unruhe erwecken, alſo dienen ſie beydes zur Vollkommen⸗ 
heit des abgemeßenen Ganges, und zum Ausdruck oder der Kraft der Muſik. 
Beydes ſcheinet durch die None ſtaͤrker, als durch die Quarte zu geſchehen, weil 
ſie ihrer Natur nach ſtark gegen die Octave dißonirt, da die Quarte nur in ſo 
fern dißonirt, als ſie das Gefuͤhl der ſchoͤnen Harmonie des Dreyklanges, darinn 
die Terz und Quinte find, zerſtoͤhret. Denn eigentlich dißſonirt die Quarte nur 
aus dieſem Grunde, da ſie ſonſt, wenn man ſie nicht gegen den Grundton, oder 
die Tontea, die allemal das Gefühl des Dreyklanges rege macht, ſondern gegen 
die Dominante hoͤrt, ſehr gut conſonirt 3°), i 

Dieſe Dißonanzen muͤſſen allezeit auf der guten Zeit des Takts eintreten, 
und auf den ſchlechten aufgeloͤſet werden »), und dadurch unterſcheiden fie ſich 

a | von 


38) Dieſes iſt die eigentliche Art, ſich 
den Unterſchied zwiſchen der conſonirenden 
und dißonirenden Quarte, woruͤber ſo viel 
iſt geſtritten worden, vorzuſtellen. So 
lange man in einem gewißen feſtgeſetzten 
Ton, z. E. in C ſpielt, fo iſt das Gehör 
beſtaͤndig von der Tonleiter deſſelben ein⸗ 
genommen, das iſt, es hat vorzuͤglich das 
Gefuͤhl des Grundtones C, ſeiner Terz und 
feiner Quinte. Wenn alſo der Ton F in 


einer der obern Stimmen vorkommt, ſo 
iſt er die dißonirende Quarte, die anſtatt 
der Terz ſteht; hoͤrt man aber bey der 
zweyten Verwechslung des Dreyklanges 
der Tonica C, naͤmlich auf dem Baßton 
G, feine Quarte c, fo hat fie gar nichts 
dißonirendes mehr. 

39) Die Ausnahmen von dieſen Regeln 
werden unten vorkommen. 


des reinen Satzes in der Muſik 73 


von der weſentlichen Dißonanz, der Septime, und denen, die aus Verwechs⸗ 
lung des Septimen⸗Accords entſtehen, welche meiſtentheils auf den ſchlechten Takt⸗ 
zeiten eintreten, und auf den guten aufgeloͤſet werden. 

Beyde Vorhal te können durch verſchiedene Conſonanzen, auch wohl durch 
Dißonanzen vorbereitet ſeyn. Folgende Beyſpiele enthalten ohngefehr alle Arten, 
die Quarte vorzubereiten. 


— 5 — — 
es; 
1 — 


ja | — — 
lr a an Nalaı. 3 verivs 
JJ ĩ RENTE 3 RR INTER ES Da Er: EEE 
3 . 555 8 wre ae 
5 
| } Ale 
— — Ba ee, 1 a 
F = — 
5353 — 8 — 
— — 4 — dd oo — 
4 61 5 4 

——nm 2 — r — 
e e 
== Seh = el oe 


Die Kunſt 


Die None wird ebenfalls auf mehrere er wie aus 8 diefen 
Beyſpielen zu ſehen iſt *°). 


74 


eee ee Nel SE er re — 
Be e A sn = en 5 
JJ 5 
77%) ͤò òð t f RAN Bd 
| -Z=sS — — 
== See ee ee 
| 
_— ol 8-8. Se 
= 8 jbe=Es 
1 we. n — TH I 
5 8 


nn (mm m mn — 


Nur die Octave ſchicket ſich nicht wohl zur Vorbereitung der None, weil Weh 


ihre Aufloͤſung eine verbothene Octavenfortſchreitung geſchiehet: 


40) Es ſcheinet, daß ein Ton bey gleich 
weitem Abſtand vom Baße, ſo wol deſſen 
None, als Secunde ſeyn koͤnne; aber die⸗ 
ſes kommt von einer Unvollkommenheit un⸗ 


ſrer Art zu beziffern her. Man ſehe dieſes 
Beyſpiel: 
1 

3 Seh, em 

. RE WEHT Ze, 
ze. So 

4 —— . Sàw—ñ— — —  — 

5 


der Ton f in der oberfien Stimme hat im 


zweyten und dritten Takt denſelben Abſtand 


vom VBaße, und wird das erſtemal mit 2, 
das andere mit 9 bezeichnet; allein das 
erſtemal iſt der Baßton E eine umgekehrte 


Septime von F, und alfo k eine Secunde 


des Baßtones, der einen Grad unter ſich 


tritt, damit f zur Terz werde. Im an⸗ 


a dern Fall aber iſt das oberſte k wuͤrklich die 


Dißonanz, die an der Stelle der Octave 
ſteht, folglich iſt es die None. 


* 


des reinen Satzes in der Muſik. 75 


e 

—̃ —x — — 
3 . = 
8 en 

if — e ee 
Is rn — 


Judeſſe findet man, wie ſogleich ſoll gezeiget werden, daß auch ſtrenge Har⸗ 
moniſten dieſe Vorbereitung gebraucht, und die Octavenfortſchreitung dadurch 
vermieden haben, daß die Aufloͤſung niche auf dem Baßton geſchieht, auf wel: 
chen die Dißonanz fallt, ſondern auf einem neuen Grundton, wovon die Bey⸗ 
ſpiele hernach werden angeführt werden. 


Aus dieſen beyden Vorhalten der Quarte und der None, 1 durch 
die bekannten Verwechel lungen der Accorde, da anſtatt des wahren Grundtones 
deſſen Terz oder Quinte genommen wird, die zufälligen Dißonanzen, Secunden 
und Septimen. Naͤmlich die Quarte des Dreyklanges, wird durch deſſen erſte 
Verwechslung zur Secunde, durch die zweyte zur Septime; die None aber wird 
durch die erſte Verwechslung des Dreuklanges zur Septime, wie an dieſen Bey⸗ 


ſpielen zu ſehen iſt. 


Er NEAR 
esse 


+— — nn 

235355535 ee. 
— — — n — — nn 

555 1, I Te 

Sg 8 . 88 2 6 

70 or. 

— —̃ ̃ —ü—äñ) 


Die Quarte kann durch Umeebrirtg in den Baß verſetzt werden, alsdenn wird 

die geweſene Quinte des Dreyklanges die Secunde des Baßes. Oeſſen unge⸗ 

achtet aber liegt die wahre Dißonanz im Baße, und tritt daſelbſt in der Auf⸗ 

loſung um einen Grad herunter, wovon ein e auf der dritten Tabelle 

bey d zu ſehen iſt. | 
Die None A ſich ſo nicht umkehren. 


K 2 1 Aus 


76 Die Kunſt 


„ 

3 2 
BER ee eee ee 
. —— 
— 4 — — — — 


Aus dem „ was im Anfange dieſer Anmerkungen geſagt worden iſt, folget, 
daß dieſes die natuͤrlichſte Behandlung der Vorhalte ſey, daß ſie auf denſelben 
Baßton, worauf ſie fallen, in ihre Conſonanzen uͤbergehen, wie es in allen 
angeführten Beyſpielen geſchehen iſt. Dieſes wird aber nicht allemal beobachtet; 
denn man hat gefunden, daß der Baß, ohne die Aufloͤſung abzuwarten, ſeinen 
Schritt thun kann, wenn es nur ſo geſchieht, daß die aufgeloͤſeten Vorhalte mit 
dem neuen Baßton conſoniren. Folgende Beyſpiele erlaͤutern dieſes. 


Quarten, die AR > denfelben N aufgeloͤſet werden. 


. 
Sees 
6'171!!! u (Alsı 
„„ 


Man hat ſich aber hiebey vor verdeckten Quinten in Acht zu nehmen, die 
entſtehen wuͤrden, wenn man die Quarte in die Quinte des Baßes wollte auf⸗ 
loͤſen, wie hier: 


des reinen Satzes in der Muſik. ji 
Naluͤrlicher weise loͤſet ſich die Quarte in die Terz auf, deren Vorhalt ſie i 
aber durch den Eintritt eines neuen Baßtones, auf welchen die Auflöfung 0 


ſchieht, ändere ſich dieſes, die Quarte geht in die Octave, wenn der Baß drey 
Töne ſteigt; in die Septe, wenn er fünf Toͤne ſteigt, oder vier Töne falle. 


N die N 1 denſelben Baßton aufgelöft werden. 


— -S- wo 1 N ne. | 
. e 


. j 0 ER ERE LE 
353% rn — 3553 
ae = =E 83 

! 


Auf dieſe Weiſe geht es auch an, daß die None durch die Octave vorbereitet 
werden kann, welches ſonſt nicht angienge, weil dadurch nothwendig bey der 
Auflöſung verbothene Octavenfortſchreitungen vorkommen wuͤrden, wie kurz hie⸗ 

| bevor iſt gezeiget worden. 


Nonen, die durch die Octave vorbereitet ſind. 


FEE a . S 
es Se ==: Seel 
a Der 1 un 
6. el 3 are 8 
ee = zes 

5 F . — — | 


Es 00 auch an, daß die None ſo gar 186 in dem Niederſchlag des fol- 
genden Taktes aufgel öſet wird, wie ie hier: 


78 Die Kunſt 


W 


eee eee 


; loan ln ehe s. 
e Pesic=il 


Durch die bemeldte Verwechslung des Baßtones wird alſo die None auch 
nicht immer, wie es nafürlicher weiſe ſeyn ſollte, in die Octave aufgeloͤſt, ſon⸗ 
dern in die Serte, wenn der Baß drey Töne ſteigt; in die Terz, wenn der Baß 
drey Töne fällt; in die Quinte, wenn der Baß vier Toͤne ſteigt, oder fünf Töne 
fälle, welcher Fall aber ſelten iſt. | - 

Dieſe beyden Dißonanzen, Quart und None find zwar groß oder klein, 
je nachdem die Tonart es mit ſich bringt, fie werden aber in beyden Fällen gleich 
behandelt. Die Quarte kann fo gar übermäßig vorkommen, und, doch gegen 
die gewoͤhnliche Art der uͤbermaͤßigen Dißonanzen 4), herunter in die Terz tre⸗ 
tenen Dieſes geſchieht bey dem verminderten Dreyklang, da die Octave die uͤber⸗ 
mäßige Quarte von der Quinte des Grundtones if. /. 

Man hat vorher geſehen, daß durch die Verwechslungen des Baßes, ſo 
wol die Quarte als die None zur Septime werden koͤnnen; dieſe Septime iſt 
alsdenn ein Vorhalt der Sexte, und muß wol von der andern Septime, die eine 
weſentliche Dißonanz iſt, unterſchieden werden. Insgemein iſt es leicht, die 
Septime, die nur ein Vorhalt iſt, von der weſentlichen zu unterſcheiden, weil 
dieſe meiſtentheils, jene aber niemal auf die ſchlechte Zeit des Taktes fällt. Wenn 
aber die weſentliche Septime, wie bisweilen geſchieht, auch auf die gute Zeit des 
Taks fälle, fo iſt fie ſchwerer von dem Vorhalt zu unterſeheiden. Ein Kenn⸗ 
zeichen der Septime, die ein Vorhalt iſt, iſt dieſes, daß ſie die Quinte nicht 
bey ſich leidet, weil durch die Aufloͤſung eine neue Dißonanz in dem Quint⸗ 
Sexten⸗Accord entſtuͤhnde. | | x 

Ferner kann man die weſentliche Septime auch daran erkennen, daß fie ſich 
auf demſelben Baßton nicht anfföfen laßt, indem fie, wenn fie einen Grad her⸗ 

unter 


— 


41) Der Grund, warum die über ploͤtzlichen Ausweichungen erklaͤrt werden, 
mäßigen Dißonanzen in der Aufloͤſung angezeiget. | ' 
über ſich ſteigen, wird unten, da die 1 


des reinen Satzes in der Muſik. 79 


unter tritt, ſich zu der übrigen Harmonie nicht ſchickt, und alſo nur als ein 
dae Ton a kann, wie bier: 


kr u 
See-eon 


Dahingegen die unaͤchte Septime, die aus der None entſteht, allemal wenn ſie 
auf demſelben Baßton aufgelost wird, zu deſſen übrigen Tönen paßt, wie in Dies 
0 ſen wi elen. 


oder in dieſen 


33 
5 — — — se == 


Ha — — 


— — ann mn m . — — — mu en 


ee Sense ===; 


In dem erſten iſt die Septime aus der Verwechslung des Nonen⸗Accords ent 
ſtanden, und loͤßt ſich auf denſelben Baßton in die Sexte auf; in dem andern 
aber iſt fie aus der Verwechslung des vornen ſtehenden Sept⸗Nonen⸗ Accords 


entſtanden, daher die unächte Septime, durch die Aufloͤſung den Quint⸗Sexten⸗ 
Accord hervorbringt. 


Auch 


80 Die Kunſt 


Auch kann man merken, daß nach der zufälligen Septime, wenn ſie ſich 
auch erſt auf der folgenden Harmonie aufloͤſet, der Baß um einen Grad ſteiget, 
da er nach der weſentlichen Septime vier Töne ſteigt, oder fünf Töne fälle, 

Beydes, die groͤßere und die kleinere Septime, kommen als weſentliche 
Dißonanzen, und als Vorhalte vor, nur die verminderte Septime iſt allezeit 


eine zufaͤllige Dißonanz. 


— 


Tauͤnfter Abſchnitt. 
Von der freyen Behandlung der dißonirenden Accorde 
in der leichtern Schreibart. 


Die Beobachtung, der in dem vorhergehenden Abſchnitt vorgetragenen Re⸗ 
geln, iſt durchaus nothwendig, wenn das Tonſtuͤck einen ſchweren Gang hat, 
oder wenn es, wie man ſich insgemein ausdrückt, in der ſtrengen Schreibart 
geſetzt iſt; ſie leiden aber ungemein viel Ausnahmen und Abweichungen, wenn 
man in der freyen oder leichtern Schreibart ſetzet. 

Die ſtrenge Schreibart beſteht darinn, daß jeder Accord, und in den Singe⸗ 
ſtimmen faſt jeder Ton mit Nachdruck angeſchlagen wird; daß wenig Auszierungen 
des Geſanges, oder wenig durchgehende Toͤne, die nicht zur Harmonie gerechnet 
werden, vorkommen; in der freyern oder leichtern Schreibart aber huͤpfet man 
gleichſam uͤber einige Accorde weg, die daher weniger Nachdruck haben. Der 
Geſang wird mit vielen durchgehenden Toͤnen, die als Auszierungen der Haupt⸗ 
toͤne angeſehen werden, untermengt. Die ſtrenge Schreibart giebt den Geſang 
einen gravitätiſchen Gang, deſſen Schritte alle ſchwer auffallen, und ohne alle 
Nebenbewegung oder zierliche Manieren, immer gleich fortruͤcken; die leichte 
Schreibart aber verurſacht einen freyen und zierlichen Gang, bey welchem, ehe 
der Fuß wieder ſeſt auftritt, allerhand zierliche Wendungen, oder auch Spruͤnge, 
gemacht werden. | 
„Jene ſtrenge Schreibart wird vornaͤmlich in der Kirchenmuſik, die allemal 
von ernſthaftem, oder feyerlichen Inhalt iſt, gebraucht; dieſe aber iſt vornehm⸗ 
lich der Schaubühne und den Concerten eigen, wo man mehr die Ergoͤtzung des 
Gehoͤrs, als die Erweckung ernſthafter oder feyerlicher Empfindung zur Abſicht 
hat. Sie wird deswegen insgemein die galante Schreibart genennt, und 
man geſtattet ihr verſchiedene zierliche Ausſchweiffungen, und mancherley Ab⸗ 
weichungen von den Regeln. 17 | 


Hier 


des reinen Satzes in der Muſik. 382 


Hier ſollen atfo die Freyheiten von den vorhergegebenen Regeln abzuweichen, 
die die beſten und bewährteften Harmoniſten in der feen e nehmen, 
ſo viel moͤglich iſt, vollſtaͤndig angezeiget werden. 


I. Die allgemeinen Abweichungen der freyen Schreibart, von den im vorigen 


f Abſchnitt vorgetragenen Regeln, find ohngefehr folgende. 


Nas 


1) Da in der ſtrengen Schreibart alle Dißonanzen Arch vorhergehende 
Conſonanzen vorbereitet, und durch Heruntertretung auf die naͤchſte Stufe auf⸗ 


geloͤſt werden, ſo leidet die freyere Schreibart den Eintritt einer nicht vorberei⸗ 


teten Dißonanz, die Uebergehung der Auflöſung, und eine Aufloͤſung der Dißo⸗ 
nanz in einer andern Stimme, wovon hernach Beyſpiele folgen werden. 


2) In der 1 Schreibart iſt die Dißonanz in Anſehung ihrer Dauer 
niemals länger, als die Conſonanz, womit fie vorbereitet b worden; in der freyen 
Schreibart dauert die Dißonanz bisweilen viel länger. In dieſem Fall aber hat 
keine Bindung ſtatt, ſondern die Dißonanz wird beym Niederſchlag wieder aufs 


neue angeſchlagen. 


3) Die Dißonanz na in der ſtrengen Schreibart nicht wiederholt werden, 
ſondern muß nothwendig gleich in eine Conſonanz übergehen, welches in der freyen 
Schreibart nicht allemal beobachtet wird. 


Die unregelmaͤßig durchgehenden Noten werden in dem ſtrengen Satz 
vermieden, und kommen im leichten haufig vor 12). 


5) Die ſo genannten fal ſchen Fortſchreitungen durch uͤbermaͤßige Intervalle, 
werden im ſtrengen Satz vermieden, und kommen im leichten haͤufig vor 16). 


6) In 


42) Unregelmaͤßig iſt der Durchgang, 
wenn nicht die erſte Note der guten Taktzeit, 
ſondern die zweyte zur Harmonie gerechnet 
wird; im regelmaͤßigen Durchgang iſt die⸗ 
ſes umgekehrt. 

43) Die Alten verbothen ſo gar die 


große Serte; gegenwaͤrtig aber kehrt man 
ſich auch im ſtrengſten Styl nicht an dieſes 


Verboth. Nur in dem Fall, da die große 
Sexte in einer Singeſtimme der vorherge⸗ 
henden, oder nachfolgenden Harmonie ſo 
zuwider waͤre, daß der Saͤnger ſie deswegen 
nicht treffen koͤnnte, (S. die 3 5. Anmerk.) 
muß man ſie nicht nehmen. Aber dieſes 
gilt auch von jedem andern Intervall. 
5 | = 5 


2 


82 Die Kunſt 


6) In der ganz ſtrengen Schreibart iſt fo gar der one ende Quart⸗Ser⸗ 
ten⸗Accord etwas verdaͤchtig, und wird nur ſo gebraucht, daß hernach der Quart⸗ 
Quinten⸗Accord, auf derſelben Baßnote darauf folget, wie FR 


EEE . 
8 Set = 
eee ee BER SEELE DESSERT URN, u 


Auf den conſonirenden Quart⸗Sexten⸗Accord darf man nach dem ſtrengen Satz 
nie den Dreyklang auf einem Baß, der um einen Ton höher oder tiefer iſt, 
nehmen. Alſo waͤre folgendes ganz falſch. 


2 8 Sein 


II. Iſt auch die freye Behandlung des weſentlichen Septimen⸗ Actords in 
Anſehung der Auflöfung der Dißonanzen näher zu betrachten. 


Es iſt in dem vorhergehenden Abſchnitt ausfuhrlich gezeiget worden, wie 
die Dißonanz im Septimen⸗Accord und in allen feinen Verwechslungen aufzu⸗ 
loͤſen fen, und wie die Tone in den verſchiedenen Stimmen bey der Aufloͤſung 
fortſchreiten; davon kann man in der freyern Schreibart verſchiedentlich ab⸗ 
weichen. 


1) Erſtlich geſchiehet es bisweilen, daß die Aufloͤſung nicht in der Stimme 
vor ſich geht, wo die Dißonanz eigentlich liegt, ſondern in einer andern Stimme. 
So wird z. B. dieſer, nach den ſtrengen Regeln eingerichtete Gang 


des reinen Satzes in der Muſik. 83 


Der Baß nihmt durch einen Tauſch in der andern Hälfte des Takts die Dißo⸗ 
nanz, und läßt fie hernach einen Grad unter ſich treten, fo daß die Auflöfung 
nun aus der obern Stimme in die untere kömmt. Eben diefes geſchiehet auch 
bey den Verwechslungen des . Accordes, wie an 95 np Beyſpielen 


zu ſehen iſt. 


. nr =- 
—— — — ns nen are — — 


Ha — 


13 —— 


— — —— — 


— nn —⅛ — — 


. A a 
8 = r — 
[= = * =: . ups — === 


; — — 

. — — 12 85 — 2 28) eee ee EN EEE 
Be JJ! —— 
r ð ͤ dd leur Zen oo 
| IL A 3 22 8 N 
— 2 —— — — 2 2 9 — — 2. 
——— — 4 — — — — x — — — — — — — 2 — — ———— 
— — cr: — Se 

— un S — nm — — | eee eee, d —— — — — — — — EEE) EEE 


84 | Die Kunſt 5 


Bey a iſt anſtatt des Septimen⸗Accords des vorhergehenden Beyſpiels ſeine erſte 
Verwechslung genommen, deſſen ungeachtet die Auflöfung im Baße, wie vorher 
geſchehen kann. Bey b geſchieht dieſelbe Aufloͤſung im Baße, in der obern 
Stimme aber erſcheinet die Terz des Baßes, ſo daß es einigermaaßen das An⸗ 
ſehen hat, als wenn die vorher vorgekommene Septime über ſich getreten wäre; 
aber wie geſagt, die wahre Aufloͤſung geſchieht im Baße. Bey o und d find 
etliche Falle mit Verwechslungen des Septimen⸗Accords, wo die Oberſtimme die 
Aufloͤſung, anſtatt des Baßes, wo fie eigentlich geſchehen ſollte, uͤbernihmt. 

2) Zweytens kann man auch anſtatt des Septimen⸗Accords waͤhrender Zeit, 
da er liegen bleiben ſollte, alle ſeine Verwechslungen nach einander nehmen. 
Alſo kann der Gang, der vorher mit a bezeichnet iſt, ſo genommen werden, wie 
hier bey e, und anſtatt des mit e bezeichneten, der bey f. | 
A 


| — — ir en „ 

1— — N — e 

5 . ee VVV 
6 | 6 


2 5 
W 


— 
— — — — — — — 


Dieſe Vertauſchung, oder Verſetzung der Dißonanz in eine andere Stimme, 
geht nur bey der weſentlichen Dißonanz an, die zufälligen Dißonanzen, oder 
Vorhalte leiden es nicht, wie aus der Natur beyder Arten der Dißonanzen leicht 
zu ſehen iſt. Ein Vorhalt muß ſeiner Natur nach dichte neben dem Ton liegen, 
deſſen Vorhalt er iſt; die Septime hingegen, die blos da iſt, um den Ton, darinn 
man iſt, zu beſtimmen, thut dieſe Wuͤrkung eben ſo gut, man nehme ſie hoch 
oder tief. Wo man alſo die Quarte vertauſcht antrifft, da iſt ſie nicht der Vor⸗ 
halt der Terz, ſondern die, welche in der dritten Verwechslung des Septimen⸗ 
Accords vorkommt, wie hier: 


en I. | — 
WW 
2 Pe — 


des reinen Satzes in der Muſik. 85 


3) Drittens kann ſo gar die Aufloͤſung der Septime wuͤrklich uͤbergangen, 
das iſt, der durch die Aufloͤſung entſtehende conſonirende Accord kann ausgelaſſen, 
und gleich ein andrer dißonirender Accord genommen werden, deſſen Dißonanz 
durch dieſen ausgelaſſenen Accord wäre vorbereitet worden. So kann man an⸗ 
ſtatt dieſes Ganges u 


ee 


durch Weglaſſung des mit bezeichneten conſonirenden Accordes, diefen nehmen. 


eo 


Aus folchen Fällen, da zwey durch Auslaſſung unmittelbar auf einander folgende 
dißonirende Accorde vorkommen, entſtehen durch Verwechslungen, noch andre 
Arten von Gaͤngen, z. E. 
. EN a 1 . 


4) Viertens kann die Septime in der freyen Schreibart ohne Aufloͤſung vor⸗ 
N kommen, wenn man vom Dreyklang in den Sexten⸗ Accord ſteiget, oder von 
dieſem in den Dreyklang herunter gehet, und im Baße den dazwiſchen liegenden 

1 Ton 


86 Die Kunſt 


Ton, als einen nac ce Ton anſchlaͤget, auf welchem man bie ſchon liegende 
Septime liegen laͤſſet. Z. E 


== 3 
Re Een =) 


I 


eee NE 6 | 
! Ir—— EHRT 2 —— E 
>= see Ze ==] 
— — „ 
In der ſtrengen Schreibart waͤren die mit“ bezeichneten Töne durchgehend, 
und muͤßten alſo von kurzer Dauer ſeyn, und in die ſchlechten Zeiten des Takts 


fallen. Die freye Schreibart aber bindet ſich nicht an dieſes Geſetz, ſondern 
haͤlt ſich auf dieſen Septimen wol einen ganzen Takt auf. Z. E. 


e 2e He- 1 
. — -8 :B_ e_- X 98 — . 
e 


13 ———5v5—iſ — — en —— m ͤͤ— 


8 — 9 . 
F a:2 Seas 3 2 ur 
| ERREGT BER EEE v En ET ee 


a m m —— 


(nn nenn —— — — — S = 
* 


2 1 = Ee . 
ee 8881 ee Mr Pa 57 — 
wi 2 =- 


1 55 5 a 

E.. —8 er — 
* a e e 1 — —.— 2— 858 —88 8 i 
— see: Suse 


Ueberhaupt ift hier zu merken, daß in der freyen Schreibart durchgehende 
Noten nicht allemal mit der Schnelligkeit und Leichtigkeit voruͤbergehen muͤſſen, 
wie es in der ſtrengen Schreibart geſchieht. Daher kommt es denn, Daß oft, 
(indem in den obern Stimmen dieſelbe Harmonie bleibt, da der Baß inzwiſchen 
durchgehende laͤngere Noten anſchlaͤgt) uͤber dieſe mannigfaltige Dißonanzen 
erſcheinen, die nicht aufgelöft werden, wie aus dieſem Beyſpiel hinlaͤnglich zu 


ſehen iſt. 


des reinen er in der 28 5 87 


Bess ä Be 8 5 
a Be PEST ENTER TREE, REM ARE ERSTER 


7 7 
33 — VM I; 3 
I-— 58 BI 0.28 —.—. iss 
I See —— * 8 
TEN 
— a 
—S- = 1 8 .— = 
8 ss en er 8 
73—— 1 —— „„ — — — 
2 7 6 15 6 2 7 3 
3 9 22 „ 5 38 2 ar 
oe, Ir, ——.— ee er A en a 
B FV — 
— nr me —— e — — — 


Nur laͤßt ih bey dieſem Septimen⸗Accord die Quinte im vierſtimmigen 
Satze nicht wol anbringen; im mehrſtimmigen Satze hingegen kann die Quinte 
zur Verſtarkung der Harmonie mitgenommen werden. Man hat ſich hiebey be⸗ 
ſonders fuͤr verbothenen Quintenfortſch reitungen in Acht zu nehmen, zumal wenn 
der Baß nach dieſer Quinte einen Grad zurück in den Dreyklang tritt. 

5) Eben dieſe freye Behandlung hat auch bey der erſten Verwechslung 
dieſes Septimen⸗Accordes ſtatt, wie 5 


0 2 
. Su: Ds —— 

Hs 5 =: Ei 

HS —— | 8 5 
a meer 

ze= . 


6) Auf 


44) Aus diefer Behandlung des Quint⸗ franzoͤſiſchen Tonſetzern gewoͤhnliche, halbe 
Sexten⸗Accordes entſtehet der, bey einigen Schluß durch den Accord, dem fie den 
Namen 


88 | Die Kunſt 


6) Auf eine aͤhnliche Weiſe werden auch bey liegendem Baße dißonirende 
Harmonien in den Oberſtimmen, der Länge ihrer Dauer ungeachtet, ohne Auflö⸗ 
ſung wie durchgehende Toͤne behandelt. 8 


Eben dieſe freye Behandlung der Septime hat auch alsdann ſtatt, wenn 
man von dem Septimen⸗ Accord auf der Dominante, auf deſſen erſte Verwechs⸗ 
lung ſteiget, oder von dieſer wieder zuruͤck tritt, und auf dem dazwiſchen liegen⸗ 
den Ton ebenfalls die Septime nimmt. 


2 Bi 
6 6 2 
E 
ee e 
— 2 — — me — 2 — 


III. Es giebt in der freyen Schreibart verſchiedene Faͤlle, da die Septime 
ohne die, in dem ſtrengen Satz gewoͤhnliche, Vorbereitung vorkommt, wovon wir 
folgende Beyſpiele anfuͤhren wollen: 


1 


Namen Accord de la Sixte ajoutée, oder unten im Abſchnitt von den Cadenzen das 
der hinzugeſetzten Sexte gegeben. Wovon mehrere wird erinnert werden. 


des reinen Satzes in der Muſik. 89 
. ei — Ber 25 — 
Fo SH m Bi 


1 
* == 3 —— 


Br 
Me 


Den erften Fall entſchuldiget man damit, daß der Grundton als Quinte von dem 
vorhergehenden Accord liegt; den zweyten damit, daß die Septime, und den drit⸗ 

ten, daß die Quinte als ſo e Töne in der freyen Schreibart auf dieſe 
Weiſe angehen koͤnnen. 


Hieraus entſtehen Fortſchreitungen durch zwey unmittelbar auf einander fol⸗ 
gende dißonirende Accorde, die in der ſtrengen Schreibart zu hart ſcheinen wuͤr⸗ 
den. Alſo wuͤrden folgende „ nach dem ſtrengen Satz eingerichtete Fortſchrei⸗ 
tungen 


in der freyen Schreibart fo ſtehen konnen: 
| M 


50 Die Kunſt 


EE 


Der Accord der verminderten Septime, welcher aus der erſten Verwechs⸗ 
fung des Septimen⸗Accords mit vorgehaltener kleinen None entſteht; da nämlich 


durch die erſte Ver⸗ 1 — 
wechslung dieſer Accord b7 
genommen wird. 2. —— 


kann überall und in allen ſeinen Verwechslungen frey angeſchlagen werden. Er 
hat wegen der drey uͤbereinander liegenden kleinen Terzen etwas beſonders. In 
dem achten Abſchnitt wird dieſer Accord, der der Grund aller e ee 
Gaͤnge iſt, naͤher betrachtet werden. | 


Sechſter 


des reinen Satzes in der Muf, 91 


Sechſter Abſchnitt. 
Von den Harmoniſchen Perioden und den Cadenzen. 


Die Accorde ſind in der Muſik das, was die Woͤrter in der Sprache: wie 
aus etlichen zuſammenhangenden und einen voͤlligen Sinn ausdruckenden Woͤr⸗ 
tern ein Satz in der Rede entſteht, ſo entſteht in der Muſik ein harmoniſcher Satz, 
oder eine Periode aus einigen verbundenen Accorden, die ſich mit einem Schluß 

endigen. Und wie viel mit einander verbundene Saͤtze eine ganze Rede ausma⸗ 
chen, fo beſteht ein Tonſtück aus viel verbundenen Perioden. 

Ehe gezeiget werden kann, wie ein ganzes Tonſtuͤck zu verfertigen iſt, muß 

5 gelehrt werden, wie einzele harmoniſche Perioden zu verfertigen ſind; dazu iſt die⸗ 
ſer Abſchnitt gewidmet. 

Da eine Periode aus verbundenen, oder einen natuͤrlichen Zuſammenhang 
habenden Accorden beſteht, die ſich mit einem Schluß endigen, fo find hier zwey⸗ 
erley Dinge zu zeigen. ) Wie man mehr oder weniger auf einander folgende Ac⸗ 
corde zuſammen haͤngen ſolle, und 2) wie man dieſer Reihe von Accorden durch 
die ſo genannten Cadenzen einen Schluß geben koͤnne. 

Die Accorde koͤnnen eine doppelte Verbindung unter einander haben, eine 
allgemeine oder weitere, und eine beſondere oder engere. Ihre allgemeine Verbin⸗ 
dung beſteht darin, daß ſie aus einerley Ton, und Tonart genommen werden, 
und daß das Ohr dieſes empfinde. Dazu wird erfodert, daß der erſte Accord in 
der Reihe ſo gleich dem Gehoͤr eine beſtimmte diatoniſche Tonleiter der harten oder 
weichen Tonart einpraͤge, und daß hernach alle darauf folgenden Aecorde, fo wol 
nach ihren Grundtoͤnen, als nach den dazu gehoͤrigen Intervallen, aus dieſer Ton⸗ 
leiter genommen ſeyen. 459 

Der Ton und die Tonart werden dem Gehör am beſten dadurch eingepraͤget, 
daß der erſte Accord der Periode der Dreyklang auf der Tonica ſey, weil dieſer 
Dreyklang alle weſentliche Sayten der Tonleiter hoͤren laͤßt. > Darum muß die 
Periode mit dieſem Dreyklang es . | 

M 2 | Doch 


45) Von den Perioden, deren Accorde da etwa ein Jutervall nicht aus der Ton⸗ 
aus mehrern Tonarten genommen ſind, leiter der Tonica genommen worden, wird 
naͤmlich den chromatiſchen und enharmo⸗ hiernaͤchſt beſonders betrachtet werden. 
niſchen Fortſchreitungen, wird im achten Ab⸗ 46) Man ſehe die Anmerkungen uͤber 
ſchnitt geſprochen werden. Der Fall aber den Dreyklang auf der 34. Seite. 


92 Die Kunſt 


Doch wird dieſe Regel nicht nothwendig, wenn ſchon eine andere Periode 
vorhergegangen iſt, die ſich mit dem Dreyklang auf der Tonica der neuen Tonart 
geendiget hat; weil alsdenn das Gehoͤr ſchon hinlaͤnglich von der neuen Tonleiter 
eingenommen iſt. In dieſem Fall kann man die Periode gar wol mit einer Ver⸗ 
wechslung des Dreyklanges der Tonica oder einem andern aus der Tonleiter der 
neuen Tonart genommenen Accord anfangen. | "ak. 

Auf diefen erſten Accord kann jeder andre der Tonart zugehörige Accord fol- 
gen, weil alle eine allgemeine Verbindung unter einander haben. Nur duͤrfte man 
unmittelbar nach dem Dreyklang auf der Tonica, weder den verminderten Drey⸗ 
klang auf der großen Septime, noch in der harten Tonart den Dreyklang auf der 
großen Terz der Tonica unmittelbar hoͤren laßen; weil es ſcheinet, daß er das Ge⸗ 
fühl einer andern Tonart erwecke. = | | 

Hiebey ift aber auch auf eine nähere Verbindung! der Accorde zu ſehen. 
Dieſe kann auf eine dreyfache Weiſe erhalten werden, 1) Der folgende Accord 
kann ſeines Grundtones halber, mit dem Grundton des vorhergehenden nahe ver⸗ 
bunden ſeyn. Man weiß, daß jeder Ton das Gefuͤhl ſeiner Quinte mit ſich fuͤh⸗ 
ret, und daß uͤberhaupt der Ubergang von einem auf dem andern deſto leichter iſt, 
je beſſer die Toͤne mit einander harmoniren. Alſo geſchieht die Fortſchreitung von 
einem Grundton zum andern am leichteſten durch conſonirende Spruͤnge, durch 
Quinten, Quarten und Terzen. Aus dieſem Grunde haͤtten folgende Accorde 


eine engere Verbindung, als dieſe: 


25 


Die Accorde auf der Quinte, Quarte, Terz und Sexte des Haupttones, 
find nicht nur dadurch mit dieſem Haupttone verbunden, daß man durch leichte 
conſonirende Spruͤnge darauf koͤmmt, ſondern auch dadurch, daß jeder einen oder 
zwey Toͤne mit dem Accord des Grundtones gemein hat. Allein ſolche Fortſchrei⸗ 
tungen, beſonders die durch vollkommene Conſonanzen geſchehen, haben wieder die 
Unvollkommenheit an ſich, daß man auf jedem Schritt ſtill ſtehen kann, weil das 
Gehoͤr ſo befriediget iſt, daß es keinen Grund hat, eine weitere Fartſchreitung zu 
erwarten. | ' 

Man 


des reinen Satzes in der Muſik. 93 

Man muß deswegen 2) auch das zweyte Mittel die Accorde in engere Ver⸗ 
bindung zu bringen gebrauchen. Dieſes beſteht darin, daß man anſtatt der 
Grund⸗Accorde ihre Verwechslungen nehme. Denn da dieſe nicht ſo vollkom⸗ 
men hormoniren, ſo ſetzen ſie das Gehoͤr in die Erwartung, daß noch beſſer con⸗ 
ſonirende Accorde erfolgen werden. Der ſchoͤnſte Zuſammenhang der Harmonie 
iſt der, da das Gehör in beftändiger Erwartung einer vollkommenern Harmonie 
erhalten wird, die doch nicht eher, als am Ende der ganzen Periode erfolget, 


Es giebt aber 3) noch ein beßeres Mittel die Folge der Accorde gleichſam in 
einander zu flechten, ſo daß jeder das Gehoͤr faſt nothwendig auf den naͤchſten lei⸗ 
tet. Dieſes Mittel beſteht darin, daß man einige Toͤne bindet, das iſt, ſie von 
einem Accord, bis auf den andern fortdauren läßt, und beſonders, daß dieſe ge⸗ 
bundene Toͤne auf dem naͤchſten Accord dißonirend ſeyen, und alſo durch die Er⸗ 
wartung der Aufloͤſung ihre folgende Harmonie nothwendig machen. Dem⸗ 
nach wären folgende Accorde in einer unzertrennlichen engen Verbindung. 


* 


8 5 5 
% 
e Sr une Te a ana 70 
2 —a—ůĩ— [7 I am 4 
. N — N 
| 


Dieſes kann nun ſchon hinlaͤnglich ſeyn zu zeigen, wie die Accorde einer Periode 
in eine Verbindung zu bringen ſeyen. Ehe wir nun andere Eigenſchaften der Pe⸗ 
rioden betrachten Fönnen, muß gezeiget werden, wie der Schluß oder das Ende 
derſelben vermittelſt der Cadenzen fuͤhlbar gemacht werden koͤnne. | 
| Die Ruhe oder das völlige End in einer Folge von Klängen, kann nicht 
anders, als durch die vollkommene Harmonie, durch das vollkommene Conſoniren 
erhalten werden. Denn ſo lange das Gehoͤr noch etwas mangelndes empfindet, ſo 
erwartet es die Entwickelung oder Auflöſung deſſelben. Hieraus folget, daß der 
letzte Accord der Periode, der, welcher den voͤlligen Schluß macht, nothwendig 
conſonirend ſeyn muͤße, und daß die vollkommenſte Harmonie, naͤmlich der Drey⸗ 
klang, und zwar in ſeiner vollkommenſten Geſtalt, den vollkommenſten Schluß 
mache. + 5 . 
Ä M 3 Wenn 


94 Die Kunst 


Wenn alſo der Abſchnitt, wie wir itzt noch voraus ſetzen, ganz in einerley 
Ton ſeyn ſoll, ſo muß nothwendig der letzte Accord der Dreyklang des Grundtones 
ſeyn. Wie man aber in einer Periode der Rede, das letzte Wort ehe es wuͤrk⸗ 
lich ausgeſprochen wird, erwartet, und ſchon voraus merket, daß es nun zur voͤl⸗ 
ligen Beendigung des Sinnes eintreten werde, ſo wird bey einen vollkommenen 
Schluß der harmoniſchen Periode auch das Gefuͤhl des letzten Accords ſchon zum 
voraus erweckt. Alſo wird der vollkommenſte Schluß der ſeyn, deſſen vorletzter 
Accord der Accord der Quinte des Grundtones iſt; wie hier: 


und die hoͤchſte Vollkommenheit wird dieſer Schluß haben, wenn der vorletzte 
Accord die Septime bey ſich hat, weil alsdenn der letzte Grundton ſchl 9 
nothwendig wird. (S. Seite 30 und 31.) 

Hiebey iſt aber nicht blos auf die Folge der Grundtoͤne zu ſchen, die bei 
vollkommenſten Schluß den Fall einer Quinte machen, ſondern auch auf die 
Oberſtimmen, in denen jeder letzte Ton ebenfalls durch den vorletzten kann ber 
e werden. 

Die große Terz des vorletzten Grundtones macht das Subſemitonium des 
Tones aus, in welchen der Schluß geſchieht, und geht in deſſen Octave. Die 
Septime in dem vorletzten Accord macht die Quarte des letzten Grundtones, 
und loͤſet ſich alſo in deſſen Terz auf. Alſo iſt dieſes die vollkommenſte Art 
des Schluſſes. - | 


x 


Dergleichen Schluß wird auch nur am Ende eines ganzen Stuͤcks angebracht; 
deswegen er auch die Sinalcadenz, oder der Hauptſchluß genennt wird. 

Etwas unvollkommener wird dieſe Finaleadenz, wenn man anſtatt von der 
Dominante auf die Tonica zu fallen, von der Unterdominante auf dieſelbe hin⸗ 
auf ſpringt, wie hier: 


des reinen Satzes in der Mufif. 95 


In 'der weichen Tonart aber muß man en vor dem Schluß, und in dem Schluß. 
accord ſelbſt die kleine Terz verlassen „und die Große dafür nehmen, wie hier 
angezeiget iſt. 

Es geſchieht bisweilen, daß man dieſen Schluß mit dem vorhergehenden 
vereiniget und durch einen doppelten Schluß die völlige Ruhe beſtaͤtiget, welches 
man, wie aus folgenden en erhellet auf verſchiedene Art thun kann. 


= e 


Durch dieſen doppelten Schluß erhält man in der weichen u den Vor⸗ 
theil ohne Härte mit der 105 Terz zu ſchließen, wie in die ſem Beyſpiel: 


15 — ie 5 ihr = 
— Et me 


Will man mitten im Stuͤck einen Hauptabſchnitt oder „ endigen, 
jo kann zwar die Cadenz eben diefe Form haben, nur wird der nie Accord auf 
einem ie als dem Hauptton genommen. Z. E. 


Hier geſchieht der Schluß durch eine Ausweichung (wovon in dem folgen 
den Abſchnitt ausführlich foll gehandelt werden) in die Dominante des Hauptto⸗ 
nes, aber ebenfalls durch das Fallen um eine Quinte „oder ea einer a ; 

0 


96 Die Kunſt 


fo daß auch hier der vorletzte Grundton, die Dominante des letzten ift, denn dieſes 
gehort allemal, als eine weſentliche Eigenſchaft zum ganzen Schluß oder der 
vollkommenen Cadenz. 5 ' | 


Durch eine ſolche vollkommene Cadenz wird allemal ein Haupttheil eines 
Tonſkücks geendiget; fie ſtellt alſo das vor, was in der Rede ein ſolcher Abſchnitt 
mit dem ſich eine Folge einzeler, aber zu einer Hauptvorſtellung gehoͤriger Saͤtze 
endiget, nach welchem die Rede etwas ausruhet. | 

Wie aber in der Rede ein Hauptabſchnitt aus kleinern Einſchnitten, Ab: 
ſchnitten und Perioden beſteht, welche man durch verſchiedene Zeichen, als das 
Comma (,) das halbe Colon (;) das Colon (:) und den Punkt (.) andeutet; 
fo kann auch der harmoniſche Hauptabſchnitt aus mehrern Einſchnitten Abſchnit⸗ 
ten und Perioden beſtehen. g | | | 

Nämlich in einem langen Abſchnitt koͤnnen in der Fortſchreitung der Ac⸗ 
corde einzele Perioden und kleinere Ruhe⸗Punkte vorkommen, da das Gehoͤr 
nicht vollkommen befriediget und in eine dauerhafte Ruhe geſetzt, ihm aber 
doch etwas ſtille zu ſtehen vergoͤnnt wird. 

Eigentlich findet das Gehoͤr auf jedem Dreyklang Ruhe, weil deſſen Har⸗ 
monie ſo vollkommen iſt, daß es ganz befriediget und nach nichts anderm gelenkt 
wird. Alſo kann jeder vollkommene Dreyklang in der Fortſchreitung der Harmo⸗ 
nie, ſchon ohne andere Veranſtaltung, einen kleinen Ruhe⸗Punkt machen. 


Bee 

Aber merklicher wird dieſe Ruhe, wenn der Dreyklang eine vollkommene Conſo⸗ 
nanz des Haupttones, naͤmlich deſſen Dominante zum Grund hat, zumal wenn 
man durch einen conſonirenden Sprung auf denſelben gekommen iſt. Alsdenn 


wird die Ruhe ſo merklich, daß man ſie einen halben Schluß oder eine halbe 
Cadenz nennt: alſo ſind dieſes halbe Cadenzen. 


„ 
E 5 — — 
a 2 Fe 
welche in der harmoniſchen Fortſchreitung eine ganze Periode, die man etwa in 


der Rede mit einem Punkt unterſcheidete, beſchließt. 
Die 


des reinen Satzes in dr Muſik. 97 


Die Franzoͤſiſchen Tonſetzer machen dieſen Schluß auf eine beſondere Art, 
indem ſie dem Dreyklang auf dem vorletzten Ton die Serte hinzufügen, und alſo 
e 


N f 6 


Sie nennen dieſe Sexte die hinzugethane Serte, und fehen fie, wie wir die 
Septime, als eine weſentliche Dißonanz an, die hier in der Auflöſung uͤber ſich 
in die Terz des folgenden Grundtones geht. Aber weder die Deutſchen noch die 
Italiaͤniſchen Tonſeßer bedienen ſich dieſer Art den Schluß zu machen. 

Dieſe Serte kommt zwar bey ihnen auf der halben Cadenz, fo wie noch an⸗ 
dre Dißonanzen auch vor, aber nur als durchgehend, ſo wie in folgenden Bey⸗ 
ſpielen zu ſehen iſt; 1 ſchwerer oder langſamer Be hat dieſes nicht ſtatt. 


* N, 5 ur N EN } 
C 
5 = 
Br a 8 
* — — = = 


3 — — 3 Eu mug man) 


RC u — — — san — — — 


Dieſe durchgehende Tine, werden aber, wie br andrer durchgehende u im 
General⸗Baß nicht angezeiget. 


Es giebt noch eine dritte Hauptart des Schlußes, auf welchen man durch 
eine unvermuthete Fortſchreitung kommt, weswegen er von den Italiaͤner Ingan- 
Welches ſo viel als Betrug bedeutet genennt wird. Dieſer Schluß ent⸗ 

| N ſteht, 


Ve, 


98 Die Kunſt 
ſteht, wenn man von der Dominante des Tones, nachdem alles DM Schluß ver 
anſtaltet worden, nicht in die Tonica ſchließt, wie hier: | 


a er ln 
Ben . * =) 
es ee 


A 
ne == 5 0 


Von den Französischen Tonlehrern wird diefer Schluß Cadence rompue, bie 
abgebrochene Cadenz genennt. 

Dieſes ſind alſo die drey Hauptgattungen der Schluͤſſe, von denen die erſte 
eine völlige Ruhe herſtellt, fo daß man Haupttheile eines Tonſtuͤcks damit endigen 
kann. Die beyden andern Gattungen ſtellen keine völlige Ruhe her; doch werden 
ſie auch zu Schließung ganzer Haupttheiſe gebraucht; ſie en fid) aber auch 
ſolche Theile in Perioden zu theilen. 

Nun kann jede dieſer drey Hauptgattungen auf vielerley weiſe verändert oder 
modificirt werden, wodurch das Gefuͤhl der Ruhe, die ſie verſchaffen mehr oder 
weniger geſchwaͤcht wird: und daher entſteht eine große Mannigfaltigkeit der klei⸗ 
nern Ruhepunkte, die blos durch die Harmoniſche Fortſchreitung erhalten werden. 

Der ganze Schluß wird am vollkommenſten, wenn dem Dreyklang auf dem 
vorletzten Grundton, namlich auf der Dominante, die Septime hinzufuͤgt wird, 
zugleich aber in der oberſten San die Nabe des letzten Grundtones erſchei⸗ | 
net, wie hier: 


„ 

ee, ==} 

e ei, 
7% 

j — — N 


e ee 
EEE a 


— 


Die Veraͤndrungen, welche mit dieſer ganzen Cadenz koͤnnen vorgenommen 
werden, um fie mehr oder weniger zu ſchwaͤchen, koͤnnen auf einmal aus folgenden 
Bey⸗ 


des reinen Sans in der Muſtk. 99 


Beyſpielen hinlaͤnglich erkennt werden. Aber cher; durch Verwechslung 
der Accorde veränderte Cadenzen verſchaffen nur Ruhepunkte für einzele gi 
den „und ſind keine ganze Schluͤße = r 


4 | 

| rn Here = 
3 == RE 
15 . 185 5 


55 >= VE 5 
AR er ZErZen ent —.— Te == und 2 


Wo man die Freyheit hat die Dißonanz in andern Stimmen auflöfen zu laſ⸗ 
ſen, kann auch der letzte Accord dieſes Schl ußes verwechſelt und dadurch die voͤl⸗ 
lige Ruhe verhinde ert werden, wie hier: 


Will u man aber die ganze Cadenz ſo baer und dennoch die Ruhe auf der⸗ 
ſelben hindern, ſo darf man nur dem Dreyklang auf der Tonica die Septime bey⸗ 
fuͤgen; alsdenn wird ſie ſelbſt die Dominante eines neuen Tones. 


. = 
— a 
#8 Se — — 


9 2 a | Man 


100 Die Kunſt 
Man kann auch den halben Schluß durch Verwechslungen ſchwͤͤchen; 90 8 
Lerchen Geſtalten ſind aus ig a zu ſehen. 


em BE | 


Dieſes find = die welle Rubepankte, die durch die Harmonie fühlbar 
gemacht werden konnen. Im Verfolg dieſes Werks wird auch gezeiget werden, 
wie dieſe Ruhepunkte auch in der Melodie mehr oder weniger empfindlich gemacht 
werden konnen. 

Nachdem nun bisher gezeiget worden, wie ſo wol ganze Haupttheile, als 
Perioden, auch groͤßere und kleinere Abſchnitte und Einſchnitte, durch verſchiedene 
Ruhepunkte zu unterſcheiden find; fo bleibet hier noch uͤbrig, die Lange und Kuͤrze 
der Perioden zu betrachten. 

In den Singftücken beſtimmt der Text jeden Abſchnitt und jede Periode; 
denn die Harmonie muß einen Ruhepunkt fühlbar machen, wo der Sinn des 
Textes einen erfodert; in ſolchen Stuͤcken aber, die blos für Inſtrumente geſetzt 
find, iſt der Tonſetzer völlig Meiſter. Nur in Balletten und Taͤnzen, die ſchon 
ihren beſtimmten Rhythmus haben, muß er ſich genau an das binden „ was der 
Charakter des Stuͤcks erfodert. Da aber das, was zum Rhythmus gehoͤrt, erſt 
im Zweyten Theile dieſes Werks vorkommen wird, ſo begnuͤgen wir uns hier blos 
mit einigen allgemeinen Anmerkungen uͤber die Länge und Kuͤrze der Perioden. 

So wie vor einiger Zeit in Frankreich der fo genannte Stile coupé, oder die 
aus lauter ganz kurzen Perioden beſtehende Schreibart Mode geweſen, ſo hat ſich 

dieſes 


des reinen Satzes in der Muſik. 101 


dieſes verſchiedentlich auch in der Muſik eingeſchlichen. Es giebt Tonſetzer, die 
eine Schönheit darin ſuchen, daß ſie auf jeden zweyten Takt, oder wol gar auf 
jeden Takt eine Cadenz anbringen. Wo der Ausdruck des Texts dieſes erfodert, 
da iſt nichts dagegen zu erinnern; aber da, wo man gar nicht gebunden iſt, wird 
dieſe Schreibart ſehr bald platt und langweilig. In der Muſik muß man wie in 
der Rede allemal hen längere, als kuͤrzere Perioden machen, und dieſelben nach 
Beſchaffenheit ihrer Länge durch ſchwächere, halbe und abgebrochene Cadenzen in 
Abſchnitte und Einſchnitte eintheilen, dadurch entſteht in der Muſik, wie in der 
Sprache, das wahre periodiſche der Schreibart. 8 
In Sachen, die für Singſtimmen, für Blas⸗ „Inſtrumente, die Flöte und 
Hautbois, geſetzt find, iſt man wegen der Länge der Perioden eingeſchraͤnkt; denn 
dem Athem der meiſten Saͤnger und Spieler muß Erholung verſchaft werden: Aber 
wer für das Clavier, für Orgeln und Geigen ſetzt, iſt wegen der Laͤnge der Pe⸗ 
rioden nicht eingeſchraͤnkt. Wer nur einigermaaßen mit der Harmonie umzuge⸗ 
hen weiß, dem kann es nicht ſchwer werden, auch nur mit zwey oder drey Ac⸗ 
corden ziemlich lange Perioden zu machen. Statt aller Regeln wird es hinlaͤng⸗ 
lich ſeyn, dieſes durch folgende Benfpiele zu zeigen. Nur muß man bey langen 
Perioden nicht vergeßen, daß ſie in We und kleinere 15 chnitte 0 ein⸗ 
getheilt werden. a 


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102 . Die Kunſt i 


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Das letzte Beyſpiel, in welchem, wie aus dem unterſtehenden Fundamental⸗ 
Baße zu ſehen iſt, die Harmonie nur auf zwey Accorden beruht, beweißt, wie 
leicht es ſey, lange Perioden zu machen, ohne allzu einfoͤrmig zu werden. 

Es verdienet hier auch noch angemerkt zu werden, daß man, um die Harmo⸗ 
nie einer Periode etwas reizender zu machen, bisweilen die natuͤrlichen kleinen 
Terzen verlaßen, und die großen dafuͤr nehmen koͤnne, als wenn man ausweichen 
wollte; wenn man fie nur gleich wieder verläßt. So waͤre folgende Periode, der 
zufälligen x ungeachtet, doch ganz in C dur: 


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Sieben⸗ 


des reinen Satzes in der Muſik. 1 103 
Seiebender Abſchnitt. 
e Bon der Modulation. 


Man huge oder ſpielt in einem Tone, fü lange man in dem Geſang und in 
der! Harmonie keine andre Toͤne hören läßt, als die, welche in der diatoniſchen 
Tonleiter deſſelben Tones enthalten find. Dieſe Töne fuͤr; jeden Grundton und jede 
Tonart, fin oben in einer Tabelle vorgeſtellt worden. So bald ein Tonſtuͤck et⸗ 
was lang iſt, ſo geht es nicht wol an, daß man durchaus in demſelben Ton bleibe; 
Geſang und Harmonie muß en allmaͤhlig in andre Tone geleitet, zuletzt aber am 
Schluße wieder auf den erſten Hauptton zuruͤcke gefuͤhrt werden. 

In dem vorhergehenden Abſehnitt iſt vorausgeſetzt worden, daß eine harmo⸗ 
niſche Periode in dem Ton, darin ſie anfängt, auch fortgeſetzt und geſchloßen 
werde. Laͤngere aus mehrern Perioden beſtehende Tonſtuͤcke erfordern, wie gefagt, 
eine Mannigfaltigkeit der Toͤne; ſie kommen alle darinn uͤberein, daß die u 
monie anfaͤnglich eine Zeitlang in dem Tone, darinn man an fangt, fortgeſetzt, 
hernach in verſchiedene andre Töne heruͤber geführt, zuletzt aber in den Hauptton 
wieder zurück gebracht wird, in welchen auch das ganze Stuck ſich endiget. 

Jeder Ton hat ſeine ihm eigenthümliche Sayten und Intervalle, durch 
welche er ſo wol in der Harmonie, als im Geſange, ſeinen eigenen Charakter, ſein 
eigenes Gepraͤge bekommt, wodurch er ſich von allen unterſcheidet, dieſes wird 
jederman erkennen, der die im zweyten Abſchnitt befind 75 5 Tabelle der Toͤne 
mit Aufmerkſamkeit betrachtet, noch lebhafter aber fühlt das Ohr dieſen Un⸗ 
terſchied. 5 we 
Es laͤßt fich nicht entwickeln, worin eigentlich das unterſcheidende eines je⸗ 
den Tones beſtehe; ein geuͤbtes Ohr aber empfindet es, und ein Ton iſetzer der 15 
berlegung und Empfindung in gehörigen Maaße hat, wird allemal nach den 

Charakter der Sache, die er ausdrücken will, die Tonart zu wählen wißen; ob 9 
gleich nicht moͤglich iſt, beſtimmte Regeln darüber zu geben. Wie aber die Har⸗ 
monie aus dem Haupttone nach und nach in andre Töne heruͤber zu führen, und 
zuletzt wieder in den . zuruͤck zu bringen ſey, daruber laßen ſich verſchie⸗ 
dene beſtimmte Regeln geben. Dieſes ſind die Regeln der Modulation, die in 
e dieſem Abſchnitt ſollen entwickelt werden. 

Wir haben in der heutigen Muſik nicht nur 24 verſchiedene Tonleitern, de 
ren jede ihren beſtimmten Charakter hat, ſondern wir koͤnnen dabey auch noch die 
Tonarten der Alten beybehalten. Dadurch entſteht eine ungemein große Man⸗ 
nigfaltigkeit der Harmonie und der Modulation. Man kann die Harmonie durch 

man⸗ 


. 


104 Die Kunſt 


mancherley Töne fo durchfuhren, daß allezeit der folgende von dem vorhergehen⸗ 
den wenig abſticht; hingegen kann es auch ſo geſchehen, daß die auf einander 
folgenden Töne weniger an einander paßen. Im erſten Fall empfindet das Ohe 
eine angenehme Abwechslung; in welcher nichts hartes, nichts abgebrochenes, 
nichts ohne den genaueſten Zuſammenhang iſt. Dergleichen Modulation ſchicket 
ſich zu angenehmen und ſanften Empfindungen. Im andern Fall aber wird man 
aus einer Art der Empfindung ſchnell in eine andere fortgerißen; dieſes ſchicket 
ſich zu einem Inhalt von heftigen und oft abwechſelnden Affekten. Allein ſo wol 
in dem einen, als in dem andern Fall muͤßen die Uebergaͤnge aus einem Ton in 
einen andern fo gemacht werden, daß nichts gezwungenes darin ſey. 

Hiebey iſt nun vor allen Dingen zu merken, daß jeder Ton, wie ſchon oben 
erinnert worden, ſeine weſentlichen Sayten habe, wodurch er und ſeine Tonart 
angekuͤndiget oder fuͤhlbar gemacht wird. Dieſe weſentlichen Sayten enthält der 
Dreyklang auf der Tonica. Wenn alſo von Anfang eines Stuͤcks, oder einer 
Periode ein ſolcher Dreyklang vorkommt, ſo wird das Gehoͤr dadurch fuͤr den 
Ton und die Tonart eingenommen. | Ä 

Nur in den Fällen, wo man vorher ſchon von einem Ton eingenommen ift, 
dem alle Toͤne des neunn Dreyklanges zugehören, wird man ungewiß, ob man 
den Grundton dieſes Dreyklanges für eine Tonica halten ſoll oder nicht. Wenn 
z. B. das Gehör, indem es für die Tonart C Dur eingenommen ft, den harten 
Dreyklang auf G haͤrt, fo hat dieſer nichts, das einen neuen Ton anzeigte, weil 
alle Töne dieſes Dreyklanges auch in die Tonleiter des C dur gehören. Sollte 
man alſo für G dur eingenommen werden, fo müßte noch ein Ton vorhanden, 
oder kurz vorher gegangen ſeyn, oder auch ſogleich darauf ſelgen, der der Tonart 
O dur fremd waͤre. Er Nie 

Derowegen iſt nur im Anfang eines Stuͤcks, ehe das Gehör noch für ir⸗ 
gend eine Tonleiter eingenommen iſt, der Dreyklang auf der Tonica hinlaͤnglich 
den Ton anzukuͤndigen; Geht man aber von einem Ton in einen andern uͤber, ſo 
muß dem Dreyklang auf dem neuen Grundton irgend ein Ton vorhergehen, 
oder unmittelbar nachfolgen, der dem vorhergehenden Ton fremd iſt, und ſein 
Gefühl gleichſam ausloͤſchet, hingegen dem neuen Ton weſentlich zugehoͤrt. Wie 
man dieſes bewerkſtellige, wird im Verfolg dieſes Abſchnitts deutlich gezei⸗ 
get werden. | 

Man hat in Abſicht auf die Modulation drey Hauptpunkte zu wißen noͤthig. 
1) in was fuͤr Toͤne man aus jedem gegebenen Ton ausweichen koͤnne, 2) wie 
lange man ſich in dem neuen Ton aufhalten könne Y wie die Ausweichung zu ver⸗ 
anftalten und zu vollenden ſey. Dieſe drey Punkte ſollen hier der Ordnung nach 

vorge⸗ 


des reinen Satzes in der Mufik, 105 


vorgenommen werden. Vorlaͤufig aber merken wir an, daß in dieſem Abſchnitt 
nur von der leichteſten und gewoͤhnlichſten Modulation geſprochen werde, wo man 
aus jedem Ton in feinen naͤchſt verwandten übergeht. Die ploͤtzlichen Ausweichun⸗ 
gen in entlegene Tonarten, werden in dem folgenden Abſchnitt beſonders betrach⸗ 
tet werden. 2 
| I. Wenn man eine Zeitlang in dem Ton, in welchem man angefangen, ges 
ſpielet hat, fo iſt das Gehör von demſelben fo eingenommen, daß es auf jeden 
Accord einigermaaßen die ganze diatoniſche Tonleiter deßelben empfindet. Geht 
die Harmonie in einen andern Ton uͤber, ſo ſtimmt ſich das Gehoͤr nach der Ton⸗ 
leiter dieſes neuen Tones, den es nun eben ſo wie den vorhergehenden empfindet. 
Nun iſt leicht zu erachten, und noch leichter zu empfinden, wie beſchwerlich und 
verdrießlich es dem Gehör iſt, plotzlich ſich in das Gefühl einer Tonleiter zu ſetzen, 
die weit von der abgeht, die es kurz vorher empfunden hat. Iſt man von C dur 
eingenommen, und ſollte nun gleich darauf E dur empfinden, ſo muͤßte man 
ſchnell die Tonleiter C, D, E, F, G, A, H, in dieſe Cis, Dis, E, Fis, Gis, A, H, 
verwandeln, dieſes wuͤrde eben ſo verdrießlich ſeyn, als wenn man ploͤtzlich aus 
der Waͤrme in die Kalte, oder aus der Dunkelheit in ein helles Licht kaͤme. Der⸗ 
gleichen ſchnelle Veraͤnderungen ſind dem Gemuͤthe zuwider. Wie nun uͤber⸗ 
haupt alle Abwechslungen allmaͤhlig geſchehen muͤſſen, wenn ſie nichts widriges 
haben ſollen, und die gegenwaͤrtige Empfindung gegen die naͤchſtvorhergehende 
niemal ſtark abſtechen muß, wenn wir nicht unangenehm ſollen geruͤhrt werden; 
ſo muß auch die Harmonie dergeſtalt behandelt werden, daß der Ton, dahin man 
in jedem Fall ausweichen will, nicht zu ſehr gegen den vorhergehenden abſteche; 
es ſey denn, daß der Ausdruck des Stuͤcks geradezu dergleichen Haͤrte erfoderte. 
Davon wird in dem naͤchſten Abſchnitt geſprochen werden. | 
Man muß alſo bey der Modulation vor allen Dingen die Verwandſchaft 
der Toͤne vor Augen haben. Es iſt von ſelbſt offenbar, daß die Toͤne am naͤch⸗ 
ſten mit einander verwandt ſind, deren Tonleitern die meiſten gemeinſchaftlichen 
Töne haben. So kann man ſagen, daß die Tonart C dur mit G dur eine ſehr 
nahe Verwandſchaft habe, weil ſie nur in einer einzigen Sayte von einander ab⸗ 
gehen, da in C die Sayte F, und in G die Sayte Fis vorkoͤmmt, die übrigen aber 
alle gleich finds hingegen find die Tonarten C dur und Fis dur einander bey nahe 
gerade entgegengeſetzt, da ſie nur eine einzige gemeinſchaftliche Sayte haben. 
Es koͤnnen aber zwey Töne nur in einer einzigen Sapte von einander abge⸗ 
hen, und dennoch nur eine geringe Verwandſchaft haben. Dieſes geſchieht, wenn 
die Sayte der Natur des andern Tones ganz entgegen if. So tft C dur von 
P dur nur in einer einzigen Sayte |. die in C due H, und in F dur B if. 
a ; 2 Allein 


10 Die Kunſt 


Allein dieſes H iſt dem C dur unentbehrlich, weil es das Subſemitonium des 
Tones iſt. Durch Veränderung dieſer Sayke leidet die Tonleiter des C dur weit 
mehr, als wenn irgend eine andere waͤre geaͤndert worden. Alſo iſt der Ton 
E dur viel weiter von Odur entfernt, als die, darin eine weniger weſentliche 
Sapte geändert wird. ö | ® 

Es iſt aber nicht nothwendig, daß wir die Grade der Verwandſchaft der 
Toͤne weitlaͤuftig unterſuchen, da fie ſich fo leicht empfinden laͤßt, daß die Ton⸗ 
lehrer faſt durchgehends einerley Meynung uber dieſen Punkt find. Folgende 
Tabelle zeiget die Grade der Verwandſchaft in den Dur und Moltoͤnen. 


, out. 
7% N ln ne er 
b b 

Mol | V | III | IV | VI 1 A mol amel, Eb Cx | Db| Px | 0 


Jeder Durton hat die naͤchſte Uebereinſtimmung mit der harten Tonleiter 
ſeiner Quinte, hernach mit der weichen ſeiner Unterterz u. ſ. f. wie die Tabelle es 
anzeiget. Die Moltöne gehen darin von jenen von dem dritten Grad der Ver⸗ 
wandſchaft bis auf den ſechſten ab. Die Zeichen x und b zeigen an, ob die Ton⸗ 
art hart oder weich ſeyp. Wenn alſo der Hauptton eines Stuͤcks die große Ton⸗ 
art hat, ſo kann man ohne Haͤrte in deßen Ober- und Unterdominante mit der 
harten Tonart, in die Unter- und Obermediante, auch in die Secunde, mit der 
weichen Tonart ausweichen. i 58 75 5 | 

Iſt der Hauptton in der weichen Tonart, fo kann man in deßen Ober: und 
Unterdominante, aber auch mit der weichen Tonart, in die Ober⸗ und Unterme⸗ 
diante, und in die Septime, aber dieſe mit der harten Tonart ausweichen. Nur 
verſtattet die große Tonart keine Ausweichung in die Septime des Tones, noch 
die kleine Tonart in die Secunde. Der Grund dieſer Ausnahme iſt offenbar; 
weil die Septime der Durtoͤne und die Secunde der Moltöne keinen vollkomme⸗ 
nen Dreyklang hat, indem fie der Sitz des verminderten Dreyklauges iſt. Denn 
in O dur hat die Septime H natürlicher Weiſe den verminderten Dreyklang; da 
aber die Tonleiter von A mol ebendieſelbe iſt, als von C dur, fo ſitzt dieſer ver⸗ 
minderte Dreyklang auf der Secunde dieſes Tones. ö 

Dieſes ſind alſo die Tonarten, in welche man aus dem Hauptton, er ſey in der 
harten oder weichen Tonart, unmittelbar ausweichen kann. Nun kann man 
zwar in langen Stuͤcken von einer Nebentonart, in welche man von dem Haupt⸗ 


ton unmittelbar ausgewichen iſt, wieder in deßen verwandte Töne gehen. Von 
| | dieſen 


des reinen Satzes in der Muſik. 107 


dieſen Tonarten aber, . dahin man nicht unmittelbar gehen kann, iſt zu merken, 
daß ſie das Gefuͤhl des Haupttones, darin man angefangen hat und auch endi⸗ 
gen will, leicht ganzlich ausloͤſchen, und daß man auch nicht ohne weite Umwege 
wieder auf den Haupkton zurückkommen konne. | 

Geeſetzt man wäre in einem Stuͤck, deßen Hauptton C dur iſt, durch Um⸗ 
wege nach Fis mol gekommen, und müßte nun wieder nach C dur zurückkehren, 
ſo wird man Enden, daß dieſer Ruͤckweg, wenn er nicht gar zu weitſchweifend 
ſeyn ſoll, ſehr 77 5 und rauh iſt. Nemlich von Fis mol wuͤrde man wieder nach 
H mol, oder gleich nach E mol, von da nach G dur, und von da wieder nach 
O dur zurucke gehen. 

Hieraus folget, daß man ſich bey der gemeinen Modulation e in entlegene 
Toͤne wagen koͤnne, un am ficherften fahre, wenn man bey den Ausweichungen 
mit den angezeigten funf naͤchſten Graden der Verwandſchaft zufrieden iſt. 

Es iſt uberhaupt t bey dieſer Modulation eine Maxime, ſo zu verfahren, daß 
der Hauptton, in welchem das Stuͤck anfaͤngt und ſich endiget, nie völlig ausge⸗ 
loͤſcht werde. Wenn man demnach in andere Toͤne ausweicht, ſo ſoll dieſes nicht 
eher gefchehen, bis das Ohr von dem Hauptton gleichſam geſättiget iſt; und dieſe 
Mebenkoͤne muͤßen dennoch den Hauptton nicht ſo ganz ausloͤſchen, daß man ihn 
doͤllig verliehre. Alſo muß man ſich immer, fo zu ſagen, in feiner Nachbarſchaft 
aufhalten, und von Zeit zu Zeit das Gefühl deßelben wieder erneuern. Wo die⸗ 
ſes verſaͤumt wird, da iſt es ſchweer die Einheit der Harmonie zu erhalten. 
Weil dieſes eine zur guten Modulation ſehr wichtige Betrachtung iſt, ſo wollen 

wir fie etwas umflandlicher ausführen. 2 

Geſetzt der Hauptton eines Stuͤcks ſey O dur, und man ſey von dem Haupl⸗ 
ton in feine Dominante G dur ausgewichen. Wenn man nun dieſen Ton 
wieder eben ſo zum Hauptton machen wollte, wie C dur es iſt, um von da auch 
wieder in ſeine verwandten Tone auszuweichen, ſo wuͤrde wenig mehr von der 
wahren Einheit der Tonart übrig bleiben. Man darf deßwegen von dieſem 
S dur nun nicht wieder in die natürliche Tonart ſeiner Dominante, nämlich D dur 

gehen, wie man un wirde, wenn das Stuͤck in G dur gefegt wäre; ſondern 
man muß in unſerm Falle die Ausweichung nach D mol, als einen Ten, der dem 
Hauptton C dur verwandt iſt, nehmen. Und ſo waͤr es auch mit andern Aus⸗ 
weichungen zu halten. Wer in C dur angefangen hat, von da nach F dur aus⸗ 
gewichen iſt, der kann nun von dieſem T Ton, ohne die Haupttonart zu zernichten, 
nicht nach B dur, auch nicht nach G mol gehen, aber wol nach G dur. 

Man kann überhaupt aus dieſer I nmerfung ſehen, daß die Töne, in welche 

man vom Hauptton unmittelbar ee iſt, bey weiterer Modulation, von 
’ 2 | den 


108 Die Kunſt 


den ihnen ſonſt zukommenden Ausweichungen, nicht alle ferneren Ausweichungen 
verſtatten, ſondern davon diejenigen verliehren, die dem Haupttone zuwieder find, 
Iſt der Hauptton O dur, fo kann man von G dur, dahin man ausgewichen iſt, 
nicht in feine Dominante D dur, noch in feine Mediante H mol gehen. F dur 

verliert im ähnlichen Fall ſeine ſonſt natuͤrliche Ausweichung nach B dur und 
G mol; E mol, die nach mol und D dur; D mol, die nach B dur und G mol. 
Man kann es alſo als einen Grundſatz anſehen, daß man, wofern ein 
Stuͤck nicht ſehr lang iſt, ſich dergeſtalt bey der Haupttonart aufhalten muͤße, 
daß man von da nur in die Töne ausweiche, in welche man ohne Weitläuftigfeit 
kommen kann: nemlich nur in die, welche die vorher gegebenen Tabellen anzeigen. 
Von den Toͤnen aber, dahin man ausgewichen iſt, ſoll man keinen als einen 
Hauptton betrachten, von welchem man wieder in andere mit ihm verwandte 
Toͤne ausweicht. Dieſes iſt die einfacheſte und natuͤrlicheſte Art zu moduliren. 
Damit man ſich auf einmal eine deutliche Vorſtellung davon machen koͤnne, fügen 
wir folgendes Muſter an, da die Modulation aus dem Hauptton C dur durch alle 
mit ihm verwandten Töne durchgeführt, und zuletzt wieder in den Hauptton ein⸗ 
gelenkt wird. | en 
x 6 2 


i 4 
8 e 8 2 6 H 
es ee Fee erraten en. 
Is BL BEE DEREN ⁵— 
G dur A mol mol D mol i 
2 — —} == ern e ame 
dur P dur C dur. 5 


In ſehr langen Stuͤcken, wo man z. B. ganze Pfalmen durchaus zu ſetzen 
hat, kann man, um die Mannigfaltigkeit der Modulation zu erreichen, die Ober⸗ 
und Unterdominante, ſo wie die Ober- und Untermediante des Haupttones, in die 
man ausgewichen iſt, wieder als Haupttöne anſehen, aus denen man ebenfalls in 
ihre verwandelten Toͤne ausweicht. Von dieſer weit ausſchweifenden Art zu mo⸗ 
duliren aber, fol umſtändlicher im naͤchſten Abſchnitt geſprochen werden. 

II. Diefe Anmerkungen dienen auch zum theil zur Beantwortung der zwey ⸗ 
- ten, die Modulation betreffenden Frage, wie lange man ſich in den neuen Tonen, 
dahin man gegangen iſt, auf halten koͤnne. Hiebey kömmt es vornehmlich auf die 
Länge eines Stuͤcks an. Nur in ganz langen Stuͤcken geht es an, daß man ſich 

Ä 5 ö in 


ö * IR 


des reinen Satzes in der Muſik. 109 


in entſerntern Tonarten ſo feſtſetze, daß man fe gleichſam in die Stelle der 
Haupttonart treten läßt: in kurzen Stuͤcken aber ſoll eigentlich keine N ebentonart 
ſo behandelt werden, als wenn ſie eine Haupttonart ware, aus der man wieder 
frey ausweicht. Mithin iſt auch klar, daß man ſich in derſelben nicht lang auf⸗ 
halten konne, ſondern wohl thue, ſeinen Weg von da wieder in einen Ton zu neh⸗ 
men, der ſich nicht weit von dem Hauptton entfernt. Wiewol wir das Verwei⸗ 
len in den Toͤnen, dahin man durch die Modulation kommt, nicht ſchlechterdings 
beſtimmen wollen, ſo kann doch folgende Abbildung einigermaaß en zur Lehre die 
nen. A iſt das Modell, wenn der Hauptton die große Tonart hat; B für die 


kleine. Jede Note bedeutet den Ton, in den man ausgewichen iſt, und ihre 


Geltung kann das Verhaͤltniß der Zeit, in der man ſich darin verweilen kann, 
ausdrucken. Wenn man z. E. von e zwey Tak te in dem Haupttone geblieben, 
fo kann man einen Tackt in feiner Quinte, einen halben in der Serxte u. ſ. f. verwei⸗ 
len. Inzwiſchen iſt es eben nicht ganz nothwendig ſich darnach zu richten. 


| Ser ae No} 
Sa | 5 VVV 
A es Er 5 5 = 


Ä F 1 
5 W 1 sr 8 = 
Da es ne Fuel a Bu ben a = l 


III. Es if alfo hier noch übrig zu unterſuchen, wie in jedem Fall die Aus⸗ 


weichung zu veranſtalten und zu vollenden ſey. Schon der bloße Name Aus⸗ 


weichung, den man dem Uebergang aus einem Ton in einen andern gegeben hat, 
zeiget an, daß dieſes allmahlig geſchehen muͤße. Wollte man ſchlechtweg ohne 
alle Vorbereitung aus einem Ton in einen andern gehen, fo würde die harmoni⸗ 
ſche Fortſchreitung ohne Zuſammenhang und ſehr hart ſeyn. Man muß alſo 
ſchon am Ende einer Periode den Ton empfinden, in welchem die folgende fort⸗ 
fahren wird, und ſo muͤſſen in einem ganzen Stuͤck die Toͤne, durch welche die 
Harmonie gefuͤhrt wird, zuſammengehaͤngt oder verbunden werden. 


Dieſes wird am beſten bewerkſtelliget, wenn jede Periode ihren Schli iß in 
dem Tone der folgenden Periode macht. Denn auf dieſe Art hängen alsdenn die 
Perioden genau zuſammen. Wenn man z. E. in C dur angefangen hat, und von 


da nach G dur heruͤbergehen wollte, fo darf man nur den Abſchnitt, oder die Pe⸗ 


riode 3 die aus dur gegangen, durch eine Cadenz in G dur endigen, und dieſen 


Ton alsdenn i in ee Periode fortſetzen. 


Are \ 93 Damit 


110 Die Kunſt 


Damit man deutlich ſehe, wie dieſes bewuͤrkt wird, wollen wir fegen, man 
ſpiele in O dur, und wolle den naͤchſten Abſchnitt in G dur fortſetzen. Nach der 
vorhergehenden Anmerkung müßte nun der in O dur geſetzte Abſchnitt in G dur 
ſchließen. Dazu waͤre nicht genung, daß die letzte Harmonie der harte Dreyklang 
des Tones G wäre; denn dieſer Dreyklang gehört auch zur Tonart O dur. Alſo 
wuͤrde bey dieſer halben Cadennz \ 


| 


— — ->- DR 


das Ohr nicht die geringſte Empfindung einer neuen Tonart bekommen. Es 


muß alſo dieſem Schluß nothwendig etwas vorhergehen, das dieſe Empfindung 
des neuen Tones errege. | | 


Dieſes kaun am füglichften dadurch bewerkſtelliget werden, daß man vor 


der neuen Tonica den Accord auf ihrer Dominante entweder mit der großen Terz, 
oder mit der kleinen Septime, oder mit beyden zugleich, und alsdenn von da, 
durch eine Cadenz in die neue Tonica ſchließe. Anſtatt des vorher angezeigten 
halben Schluſſes, wurde alſo dieſer zu brauchen ſeyn, urn dem Gehör die völlige 
Ausweichung nach G dur fuͤhlbar zu machen. 0 


— 


Die große Terz auf dem Accord D iſt der Tonart C dur fremd, und kuͤndiget 
alſo einen neuen Ton an. Sie iſt zugleich das Subſemitonium des Tones G, 
und leitet alſo natuͤrlicher Weiſe dahin; wenn man nun von dieſem Accord durch 
eine ganze Cadenz auf den Accord G koͤmmt, ſo iſt dieſer neue Ton dem Gehör 
vollkommen eingepraͤgt. Will man auf dem vorletzten Accord das Gefuͤhl der 
neuen Tonica noch gewißer machen, ſo darf mau nur dem großen Dreyklang auf 
D noch die kleine Septime binzufugen; denn dadurch wird nun die Cadenz nach 
Onochwendig. 9) Auf dieſe Weiſe kann alſo die Ausweichung angekuͤndiget und 
vollendet werden. “) 0 
Die 


47) Wan ſehe was von der Wuͤrkung 48) Obgleich die außer der Tonleiter. 
dieſer weſentlichen Septimen auf der 31. des Tones, darin man iſt, genemmenen 
Seite geſagt worden. Terzen, die durch zufällige = oder b ange⸗ 

id, | deutet 


+“ 


/ 


des reinen Satzes in der Muſik. 111 


Die große Terz auf der Dominante der neuen Tonica ift nicht immer bin: 
länglich die Ausweichung anzukuͤndigen. Sie thut dieſe Wuͤrkung nur, wenn 
fie dem Ton, darin man iſt, fremd iſt. Sie iſt es in den angefuͤhrten Beyſpielen, 
weil die Tonleiter von C dur kein Fis hat. Wollte man aber von dieſem Ton 
nach F dur ausweichen, fo würde dieſe große Terz auf der Dominante des neuen 

Tones keine Kraft haben, ihn anzukuͤndigen, weil fie auch dem Ton O dur eigen 
iſt. Wenn man alſo dieſe Fortſchreitung hätte: i 


2 — — — — — u Mn Zn 
e ’ 8 — — Jon 

* BT — — — —•— 
0 5 Su, — — 1 — — 


ſo würde auf dem vorletzten Accord die große Terz von C, ungeachtet ſie das 
Subſemitonium von F ift, dieſen Ton nicht ankündigen, weil fie auch zum Ton 
C our gehört. Folglich wäre man, der Cadenz ungeachtet, auf dieſe Weiſe nicht 
nach F ausgewichen. In dieſem Fall thut die kleine Septime den Dienſt der 
Ankündigung des neuen Tones, weil ſie der Tonart C dur fremd iſt; demnach 
wuͤrde hier die Ausweichung folgender Weiſe geſchehen: 


sb7 


Denn indem man auf den vorletzten Accord die Octave verläßt, und die kleine 
Septime dafür nimmt, die der Tonart ( dur fremd iſt, fo kuͤndiget man ſchon 
an, daß dieſer Ton ſoll verlaſſen werden: und nun iſt der Schluß nach der neuen 
Tonica F nothwendig. . 8 1 

Dieſes 


deutet worden, gemeiniglich eine Auswei⸗ geſchehen. Alſo waͤre folgende Periode 
chung ankuͤndigen, fü haben fie doch nicht ganz in O dur. ö 
immer dieſe Abſicht; denn gar ofte ge⸗ 23b N XH K 6 
ſchieht keine Ausweichung nach denfelden, FETT TEEZ „„ 
wie ſchon vorher (auf der 102 Seite) . e Ne 
angemerkt worden. Denn wenn man | | MN 
nicht wuͤrklich in den angekündigten Ton wu m. u — 
e 5 1 f Fe — — — 4 aa 
übergeht, oder wenn man ihn ſogleich Fer Set 
wieder verläßt, ſo iſt keine Ausweichung HF e en 


12 e ar 


Dieſes ſind alſo die Mittel den neuen Ton anzukuͤndigen, und durch einen 
Schluß wuͤrklich in denſelben hineinzugehen. Man kann aber auch anſtatt in 
die neue Tonica zu ſchließen, durch die halbe Cadenz in ihre Dominante in den⸗ 
ſelben gehen. Wenn man Fe O dur durch einen halben Schluß auf den 
Accord D dur kame, fo koͤnnte dieſe halbe Cadenz auch ein Schluß nach G dur 
ſeyn. Eben dieſes koͤnnte auch von andern aͤhnlichen Fällen ſtatt haben, wie aus 


folgendem Beyſpiel zu ſehen iſt. | | 

“ x i K l 8 X X 
nn ᷣ v zu — 
> 1 Tennis 55550 
— Sn see 


m 4 C 


N 7 1 


Bey a geſchaͤhe durch die halbe Cadenz nach D eine Ausweichung nach 
G dur, bey b nach A mol; bey c nach D mol, und bey d nach E mol. Will man 
aber wuͤrklich in die neue Tonica ſelbſt ſchließen, und doch keinen ganzen Schluß 
machen, ſo darf man nur auf den vorletzten Accord eine Verwechslung nehmen. 
Alſo koͤnnte man die drey vorhergehenden mit A, B, und C bezeichneten Auswei⸗ 
chungen durch die erſte Verwechslung des vorletzten Accords auch ſo verrichten. 

5 6 . 

JJ! ͤ˙² „© ae 

— — == Ser 


e S rn 


| 


— — — — 


Auch die anderen Verwechslungen des vorletzten Accords können dazu ge⸗ 
braucht werden. Man koͤnnte alſo aus C dur auf alle folgende Arten nach G dur 


ſchließen. 


WAR 


h 
eee —— — 
Die erſte und dritte Art des Schlußes, wird die Baßclauſel, die zweyte 
und vierte die Diſcantelauſel, die fünfte und ſechſte aber die Tenorclauſel 
genennt. 1 | 10 6 
Die Ausweichung wird demnach dadurch vorbereitet, daß man in der Fort⸗ 


ſchreitung auf die Dominante des neuen Tones koͤmmt. Nimmt man auf derſel⸗ 
8 ben 


des reinen Satzes in der Muffe, 113 


ben die kleine Septime und große Terz zur Harmonie ſo wird alsdenn der Schluß 
in die neue Tonica nothwendig. Auf dieſe Dominante des neuen Tones aber 
kann man ſo geſchwind, als man will, kommen. Denn, man habe aus der Tonlei⸗ 
ter des Haupttones, welchen Accord man wolle, ſo kann man allemal von dem⸗ 
ſelben, entweder unmittelbar dureh einen einzigen Schritt, oder hoͤchſtens durch 
zwey Schritte auf die Dominante jeder andrer mit dem Hauptton unmittelbar 
verwandten Tonica fortſchreiten und von da aus den Schluß vollenden. Zur 
voͤlligen 1 dieſer Sache wollen wir alle dieſe Ausweichungen aus dem 
| Hauptton O dur in einer Tabelle vorſtellen. 


Geſetzt alſo man habe eine Zeitlang die Harmonie i in dem Hauptton fortge⸗ 
fuͤhret und wolle nun in einen andern Ton ausweichen; ſo ſind die ſchnelleſten 
Ausweichungen von jedem Accord „in jeden andern Ton, auf folgender Tabelle 
zu ſehen. z 


fe: 8 0 
5 in die Secunde D mol. E ee 


. — — — — nn 
mn am Er DD 


. (5°) 
4 in die m E mol, BE = 


1. Von dem 8 in die Quart F dur. P gie — — 4 
der Tonica, _ een oe 


in die Quinte G dur. ne . 


in die Serte A mol. 


— — 


(49) Anſtatt dieſes Schluſſes wuͤrde e 07 umewn 
man lieber dieſen nehmen: | am - mE an 


hi m nn weil 


weil es beßer ift, daß der durch ein x er⸗ 
hoͤhete Ton in derſelben Stimme liege, 
wo der, aus dem er entſteht. 

(50) Dieſer Uebergang von dem lc 
cord C, zum Schluß in E mol iſt hart: 
Man läßt insgemein den Accord A oder G 
oder den Serten- Accord von E vor der 
Dominante e wie hier: 


—_— = ee 
ee 


(51) Es iſt oben erinnert worden, daß 


114 N Kunſt 
2 
| die Terz der Tonica 5 
in — —— 5 52 
E 
1 di du F d — 
in die Quart F dur. — — 
2. Von dem Accord. 1 
der Secunde. | in die Quinte G dur. * en = 
| 5 
in die Sexte A mol. 5 — na 
| | . 
RE Em 
in die Tonica ſelbſt 3 = == = 
3. Von 


die Fortſchreitung von der Tonica auf den 
Accord ihrer groſſen Terz hart ſey. Alſo 
wuͤrde man hier beßer dem Accord auf E 
den auf der Quinte oder Sexte des Haupt⸗ 
tones vorhergehen laſſen. Am kuͤrzeſten 
wuͤrde dieſer Schluß ſo ſeyn: 


(52) Dieſer Schluß iſt wegen der in 
den oben Stimmen vorfallenden Veraͤn⸗ 
drung des k in fis, worauf wieder e 
folget, ſchwerer und unangenehm, wie 

aus 


des reinen Satzes 3 Muſik. 115 


in die Quart der Tonica FI: —— 


in die Duinte G dur. — 


8 7 
in die Tonica ſelbſt. == — 4 — 


= 
55 e 8 | in de Serte A mol. = = + 
= 


in die Secunde D mol. BEE == 
i Y 2 a 4. Von 


aus dem vollſtimmig hier ausgeſetzten Bey⸗ es beſſer den Accord A oder den Sex⸗ 
ſpiel zu ſehen if. ten⸗Accord von C zwiſchen D und H 


ee e 5 


um dieſer Härte zu entgehen, He 


116 Die Kunſt i 


F dur. 


— — — 


der Quarte. 


in die Secunde D mol. 


in die Sexte A mol. is SE dee: 


4. Von dem 1 Accord = in die Tonica ſelbſt. 
+ 


—ä — 


— 


— 


a X 
in die Terz E mol. yo =isiel 


m — — 
3 — 


in die Tonica ſelbſt. 


in die er der 2 3 5 N 6 
A mol. 8 


. Von dem Accord 2 — 
u 5 Duinte, Jin die S D mol. 12 3 — — — 


5 X 
. 3 De 
. 11 BEEERRENE TER 
| | — 8 bz 3 
in die Quart F dur. ses 
x — win. „ee 


6. Von 


(53) Hiervon gilt die 49 Anmerkung. (55) Auf dieſen Schluß muß auch die 
(54) Auch hiervon gilt die 49 Anm. 51 Anmerkung angewendet werden. 


w 


5 * 
des Ken in der Muſik. 117 


87 
in die Tonica ſelbſt. I — — 
8 | „ 


2 

“X 
in die Secunde Dmol. — — — 
— ee er 

1 NY 
6. Von dem Accord] N 

Dr Da in die Terz E mol. — Se te 
| su — — 


. = 
in die Quart F dur. = S-] 


5 die Quinte G dur. Bee == 


Es ift leicht dieſe verſchiedenen Ausweichungen auf andre Toͤne anzuwenden, 
wenn man nur Achtung giebt, was fuͤr ein Verhaͤltnis der Accord, von welchem 
der erſte Schritt zur Ausweichung geſchieht, zu dem Ton habe, in welchen man 
ausweichet. Nämlich, eben ſo wie man aus dem Haupttone O dur auf alle 
hier angezeigte Arten ausweichet, ſo kann man auch aus jedem andern Haupttone 
auf ähnliche Arten ausweichen. Man kann auch eben dieſe Ausweichungen als 

Formeln brauchen, ſchnell in entfernte Toͤne auszuweichen, wie in dem folgenden 
Abſchnitt wird gezeiget werden. 

Ungeachtet alle angezeigten Ausweichungen wuͤrklich auf dieſe Arten angehen, ſo 
ſind doch diejenigen, da dem Accord auf der Dominante der neuen Tonica, der Ac⸗ 
cord auf ihrer Unterdominante, oder Unterterz oder Septime vorhergeht, die beſten. 

Es geſchiehet ofte, daß alles zum Ausweichen veranſtaltet iſt, ohne daß die 
Ausweichung ſelbſt nothwendig erfolget, das Gehör wird getaͤuſcht, da man 
einen neuen Ton nur anzeiget, ihn aber wieder verläßt, aa wuͤrklich in denſel⸗ 
ben eee wie hier. 


8 


— 


* 


a | 
118 Die Kunſt 


In beyden Beyſpielen iſt auf dem zweyten Accord der Ton G dur angefün- 


diget, und dennoch nicht in demſelben geſchloſſen worden. 

Sollte auch gleich der Schluß in dem neuen Ton, vermittelſt einer Cadenz 
wuͤrklich geſchehen, fo kann dennoch das Gefühl deßelben durch die dem Drey⸗ 
klang hinzugefuͤgte Septime ſogleich wieder ausgeloͤſcht und die Ausweichung in 
einen neuen Ton angekuͤndiget werden: wie hier. | 
7 AT 


genden Accorden. 7 8 | 
Man kann auch fogar mit Uebergehung des natuͤrlicherweiſe auf den Septi⸗ 
menaccord folgenden Accords, gleich auf eine neue Dominante eines andern 
Tones gehen, und z. E. anſtatt dieſes Ganges | 
g 7 7 


2 
hu 


Auf diefe Weiſe kann man, wo es zum Ausdruck nothwendig iſt, das Ge⸗ 
bör, fo lange man will, aus einer Erwartung in die andre führen, und in Unruh 
unterhalten. | | | 

Hieher gehören auch die chromatiſchen Fortſchreitungen des Baßes, da man 
den Ton, dahin man ausgewichen iſt, ſchnell wieder verlaßt, und von ihm auf 
den naͤchſten ausweichet, anſtatt des Accordes auf der Dominante aber feine erſte 
Verwechſelung nimmt, wie in dieſem Beyſpiel: | 


— 
555 ̃ ee ke), ge en 


Wir wollen nun zum Beſchluß diefes Abſchnits die allgemeinen Regeln der 
Modulation in moͤglichſter Kuͤrze anfuͤhren. 


1. Zuerſt alſo muß man in jedem Tonſtuͤck ſich in dem angenommenen 


Hauptton voͤllig feſtſetzen, welches dadurch geſchieht, daß man etliche Takte 5 
er 8 dur a 


; 7 55 | 
X f X X 
I — 185- me diefen nehmen. ee 


des reinen Satzes in der Muſtk. 119 


durch keine andere Accorde nimmt, als die in der diatoniſchen Tonleiter des Hauptto⸗ 
nes liegen. Man kann nach Maaßgebung der Laͤnge des ganzen Stuͤcks, ſechs acht bis 
zwoͤlf oder noch mehr Takte lang, durch ſolche Accorde den Hauptton feſte ſetzen. 

2. Hierauf weichet man in einen andern unmittelbar mit ihm verwandten 
Ton, und am natuͤrlichſten in ſeine Ober⸗Dominante aus; entweder unmittelbar 
und den kuͤrzeſten Weg, oder durch einen Umweg, auf welchem man durch andre 
Tone durchgeht, in denen man aber ſich nur einen oder ein paar Takte aufhält. 

3. Nachdem man in die Ober⸗Dominante des Haupttones ausgewichen iſt, 
verweilet man in derſelben ebenfalls wieder, nach der Laͤnge der Stuͤcke, ſechs, 
acht oder mehr Takte, und geht denn von da auch wieder unmittelbar oder mittel⸗ 
bar, durch kurzes Verweilen in Zwiſchentoͤnen, auf die Ober⸗ oder Unter⸗Mediante 
des Haupttones. Auch in dieſer verweilet man ſich, ſo wie vorher in der Domi⸗ 
nante geſchehen. | Ä 

4. Von diefer Ober⸗ oder Inter: Mediante geht man wieder auf vorbeſchrie⸗ 
bene Weiſe auf andre dem Haupton verwandte Toͤne, bey denen man ſich noch 
nicht verweilet hat, und haͤlt ſich auch darin eine Zeitlang auf. 

5. Zuletzt weicht man auf einen der vom Hauptton entlegenſten Toͤne aus, 
verweilet ſich ebenfalls etliche Takte darin, und von da kehret man durch zwey oder 
drey andre Töne, wobey man ſich ganz kurz aufhält, wieder auf den Hauptton zu⸗ 
ruͤck. Ehe man aber voͤllig darin ſchließt, muß man die Modulation wieder auf 
ſeine Ober⸗Dominante lenken, ſich darin etwas aufhalten und von da aus durch 
einen Schluß in den Hauptton das ganze Stuͤck endigen. 5 

6. Wenn das Stuͤck ſehr lang iſt, und durch das Verweilen in den Toͤnen 
dahin man ausgewichen iſt, der Hauptton etwas aus dem Gedaͤchtnis gekommen, 
ſo kann man auf der Dominante des Haupttones, ehe der Hauptſchluß geſchieht, 
einen ſogenannten Point d Orgue anbringen, wodurch das Verlangen nach dem 
Hauptton deſto lebhafter wird. | Ä 
F. In dieſem Fall kann man auch, nachdem ſchon einmal der Schluß in 
den Hauptton geſchehen iſt, noch einen Point d’Orgue anbringen, und denn den 
Hauptſchluß wiederholen. | 

Dieſe Regeln werden durch nachſtehende Vorſtellungen, die als Beyſpiele 
dienen koͤnnen, erlaͤutert. Wir merken davon nur dieſes an, daß die viereckigten 
Noten die Toͤne anzeigen, in denen man ſich ſechs, acht, oder mehr Takte verweilet; 
die weißen mit einen Strich, ſolche, die man nur wie im vorbey gehen beruͤhrt, 
ohne ſich laͤnger, als einen oder hoͤchſtens zwey Takte dabey aufzuhalten; die 
ſchwarzen aber zeigen die Toͤne an, auf welchen der Schluß vorbereitet wird, oder 
wo die wuͤrkliche Ruͤckung nach dem neuen Ton geſchieht. 85 


120 Die Kunſt 


Was vorher in der zweyten Regel geſagt worden, daß man von dem Haupt⸗ 
kon in feine Dominante entweder unmittelbar, oder durch Berührung andrer 
Toͤne ausweiche „wird durch folgendes erlautert. 


Unmittelbare Aus weichung. | 


Mittelbare Ausweichung. 


1. Durch 5 Zwiſchenton A mei oder D mol. 
7 


C ** 
— ne Ser 
— — ee e _ BE en Ze 


2. Durch mehrere Zwiſchentoͤne. 


So wie man nun vom Haupttone auf gar vielerley Arten entweder unmit⸗ 
telbar, oder durch einen oder mehrere Zwiſchentoͤne, in die Ober-Dominante 
ausweichet, ſo geht man auf eine ganz aͤhnliche Art von dieſer wieder auf andre, 
und von da aus auch wieder auf andre Toͤne, bis man zuletzt wieder in den Haupt⸗ 
ton zuruͤcke kehrt. Folgendes ſtellt demnach eine durch ein langes Stuͤck hindurch 
gefuͤhrte Modulation, als ein Muſter vor, welches ſich aber auf ſehr vielerlen Ar⸗ 
ten verändern laßt. 


Bey | 
K Bi N X X X x 
73: BERETERT: UERSSÄRELENE nnn 
Te ee — — a — 
— Zen 


ER RE — — un — —— — . —ů— —ũͤ—̃— 3 
nen _ EEE ETE u —— r ——— 
b 8 se 11188 jr Dee 


* 


des reinen Satzes in der Muſik. 121 


Achter Abſchnitt. 


Von der Modulation in entfernte Tonarten, und von 
ploͤtzlichen Ausweichungen. 


In dem vorhergehenden Abſchnitt ſind nur diejenigen Aus weichungen be⸗ 
trachtet worden, in welche man unmittelbar aus dem Hauptton gehen kann, 
und man hat vorausgeſetzt, daß die Harmonie durch das ganze Tonſtuͤck hin⸗ 
durch in den nächften Graden der Verwandſchaft mit dem Hauptton bleibe. 
Dadurch allein kann man auch in laͤngern Stuͤcken ſchon eine ziemliche Man⸗ 
nigfaltigkeit in der Modulation erhalten. 

Indeſſen begnügen fi ich geuͤbte Harmoniſten nicht immer mit einer ſo furcht⸗ 
ſamen Art zu moduliren; ſie ſchweiffen in entferntere Tonarten aus, wo man 
bisweilen den Hauptton ganz aus dem Gehoͤr verliert, und wiſſen doch zu rechter 
Zeit die Modulation wieder gegen denſelben einzulenken. Bisweilen iſt es auch 
des Ausdrucks halber nothwendig, daß man ploͤtzlich in eine etwas entfernte 
Tonart uͤbergehe. Dieſe freye und 0 Modulation fol alſo hier betrachtet 
werden. 

Sie beruhet uͤberhaupt auf dem dee daß man einen von den Toͤnen, 
in welche man ausgewichen iſt, wieder als den Hauptton behandle, aus dem 
man, nach den Regeln, die im vorhergehenden Abſchnitt gegeben worden, wieder 
in ſeine verwandte Toͤne ausweicht. 

Dter erſte Schritt alſo zu einer weitern Ausdehnung der Modulation, bes 
ſteht darinn, daß man die Ober⸗ oder Unterdominante des Haupttones, wieder 
fo, wie Hauptton ſelbſt, behandle. Dadurch kommt man in beyden Fällen auf 
zwey neue Toͤne, die mit dem erſten Hauptton keine unmittelbare Verwandſchaft 
haben. Wenn z. E. der Hauptton C dur iſt, fo wird nach dem vorhergehenden 
Abſchnitt die geweßpnliche Modulation auf die Töne G dur, Four, Amol, mol 
und D mol eingeſchraͤnkt; weil nur dieſe unmittelbar mit C dur verwandt ſind. 
Setzet man nun G dur an die Stelle des Haupttones, fo kann man von dieſem 
nach D dur, C dur, E mol, E mol und A mol . Alſo erhaͤlt man 
1175 Tonarten D dur und H mol, die in der erſten Art zu moduliren 5 vor⸗ 
ommen. 

Wenn man nämlich ! von einem Haupton in ſeine Ober⸗ oder Unterdomi- 
nante aueweicht. fo hat dieſe, wie im vorhergehenden Abſchnitt gezeiget worden, 
die Tonart des Haußttones, er ſey hart eder weich; wird nun dieſe Dominante 
wieder zum Hauptton gemacht, ſo hat ihre Dominante eben dieselbe Tonart, 


A folglich 


122 Die Kunſt 


folglich nicht die, welche ſie haben wuͤrde, wenn man aus dem erſten Hauptton 
unmittelbar in denſelben Ton ausgewichen waͤre. Aus (dur kann man unmit⸗ 
elbar nach D mol ausweichen. Setzet man aber die Dominante von C dur, in 
welche man ausgewichen iſt, nämlich G dur an die Stelle des Hauppttones, fo 
weicht man von da wieder in ihre Dominante D und zwar D dur aus, und be⸗ 
kommt alſo eine dem; Hauptton fremde Tonart. Zugleich aber bekommt man, 
wenn G dur an die Stelle von C dur gefegt wird, auch noch E mol, als die 
zweyte fremde Tonart. Denn es iſt bekandt, daß eines jeden Tones Unterterz 
in der entgegen geſetzten Tonart eben die Sayten hat, als er ſelbſt. So haben 
C dur und A mol, D dur und E mol, F dur und D mol, G dur und E mol die 
ſelben Sayten. Allſo erhält man dadurch „daß man die Dominante des Haupt⸗ 
tones, wieder an die Stelle des Haupttones ſetzet, allemal zwey neue Toͤne, die 
Dominante dieſer Dominante und ihre Unterterz. 
Setzet man in dem Haupton O dur die Unterdominante P an die Stelle des 
Haupttones, ſo kommen ebenfalls zwey neue Tonarten B dur und G mol in der 
Modulation zum Vorſchein. 

Will man noch mehrere Tonarten haben, ſo thut man einen zweyten Schritt, 
und ſetzet einen dieſer neuen Toͤne wieder an die Stelle des Haupttones, dadurch 
erhaͤlt man wieder zwey neue Toͤne; naͤmlich von dem vorhererwaͤhnten D dur 
bekommt man A dur und Fis mol. 

Eben fo giebt das vorher erwähnte B dur die neuen Tonarten E dur und C mol. 

Hiebey aber muͤßte man es bewenden laſſen, weil eine noch gröffere Ent⸗ 
fernung vom Hauptton gar zu weit fuͤhren wuͤrde. Denn diejenigen Stuͤcke, 
wo man im Kreis herum durch alle Tonarten modulirt, dienen blos zur Curio⸗ 
ſitaͤt und koͤnnen ſonſt nirgend gebraucht werden. 

Folgende Tabelle ſtellt alſo die weitlaͤuftigſte Modulation „da die harte Ton⸗ 
art, z. E. C dur den Hauptton ausmacht, vor. 


E dur | B dur] Four | dur G dur D dur A dur 
Cmol | mol D mol A mol E mol H mof | Fis mol 


— e 
unmittelbare Ausweichungen. J 
ee ee 


11 


erſter Grad entfernter Ausweichungen. | 


SR RER 


zweyter Grad enfere Ausweihungen. 
Auf 


des reinen Satzes in der Muſik. 123 


Auf eine ähnliche Art findet man die Toͤne, die der erſte und zweyte Grad der 
entfernten Ausweichungen fuͤr die weiche Tonart des Haupttones geben. Sie 
5 in bes Tabelle vorgeſtellt. 


C mol 1 Got D mol A mol Emo H mol Ant | Fis mol] 
E dur | B dur F dur un . G dur D dur ep ‚1A dur | 


a 


= NONE 


III 


Sollen dieſe entfernte Modulationen nicht hart ſeyn, ſo kann man keinen im 
zweyten Grad der Verwandtſchaft ſtehenden Ton nehmen, bevor man den im 
erſten Grad ſtehenden vorhergehen laſſen, und keinen im dritten Grad, bevor 
nicht der im zweyten vorgekommen iſt. So kann man z. E., wenn man in 
O dur angefangen hat, weder nach D dur, noch nach A dur ausweichen, als 
nachdem man zuvor D mol und A mol gehabt hat, und ſo mit den übrigen. 


| uebrigens kann man durch beſondere Veranſtaltungen merken laſſen, daß 
man einen Ton, dahin man ausgewichen iſt, nun an die Stelle des Haupttones 
zu ſetzen gedenke. Dieſes geſchieht entweder dadurch, daß man ſich bey der Aus⸗ 
weichung in denſelben lang auf haͤlt, und die Cadenz etliche Takte hindurch vor⸗ 
bereitet, wodurch das Gehoͤr zum voraus zu dem neuen Hauptton gleichſam ge⸗ 
ſtimmt wird; oder dadurch, daß man nach geſchehener Cadenz in den neuen 
Hauptton, den Hauptſatz, womit das ganze Stuͤck angefangen, nun in dieſem 
neuen Ton eben ſo wiederholt, wie er im erſten Hauptton geweſen. Bepdes iſt 
an dem hier ſtehenden Beyſpiel deutlich zu ſehen. 8 


C dur N 1 6 8 1 


= . 4 . 
— 3 6 2 6 f 

en mn u 8 D 8 u 3 
5 8 ——— 8 — . 
— er 22 


124 War Die Kunſt 


t ee Be 2 24 n dur er a: 


u — en | — — — — 2 — —— 

| —— vorm Ss — ee = 
rein ee ee 

1 


10 A 


— — — 


—— — 2 —— — —. Er 
Peesss: — 8 CC 


. * 


„ 6 14 45 i m 
. N Sea 77TFCFTTCTFFFTFFCFCCCCTCCcCCC00ò0/C0 ͤ—T0—T0T0T0T0T0T0TTTT Te 
. BERN — r APR TEE WRITER TO 
Fo= ee !!!.. 


Hier wird, ehe der Schluß nach G geſchieht, das tis, das ihn verkuͤndiget, ver⸗ 
ſchiedentlich gehoͤret, und dadurch wird man ſo lange in der Erwartung des neuen 
Tones unterhalten, daß man ihn nun als den Hauptton anfieht. Hierauf wird 
der Hauptſatz in dem neuen Ton genau auf die Art, wie er im erſten Haupttone 
vorgekommen war, wiederholt. | ! | 
Dieſes ſey alſo von der allmähligen Ausweichung in entlegene Töne geſagt. 
Nun geſchieht es bisweilen, daß man ſchnell in ſolche fern vom Haupttone 
liegende Tonarten auszuweichen für noͤthig haͤlt. Alſo müffen hier auch die kuͤr⸗ 
zeſten Wege dahin zu kommen angezeiget worden. e 
Dieſes geſchiehet überhaupt alſo: Man nimmt die Dominante eines der 
‚Töne, in die man aus dem Hauptten unmittelbar gehen kann, und ohne von 
dem Accord derſelben in ihre Tonica zu ſchlieſſen, wird der Accord auf dieſer Do⸗ 
minante, als der Dreyklang einer Haupttonica angeſehen, von welcher man nun 
durch einen Schritt auf jeden in ihrer Tonleiter liegenden Arcord kommen kann. 
Geſetzt man wollte ganz ſchnell von dem Hauptton O dur in den weit ent⸗ 
legenen Accord Fis dur oder Dis mol kommen, ſo ſtelle man ſich vor, man wolle aus 
C dür nach E mol gehen, welches unmittelbar geſchehen kann. Dazu hätte man 
den harten Dreyklang auf II. als der Dominante von E noͤthig. Indem man 
nun dieſen Accord H dur nimmt, ſtelle man ſich vor, dies II ſey nun die Haupt⸗ 
tonica, ſo kann man davon unmittelbar den Accord ihrer Dominante Fis dur, 
oder ihrer Mediante Dis mol nehmen. | K 
Damit man auf einen Blick uͤberſehen koͤnne, auf wie vielerley Art man, 
ſowol aus einen harten als weichen Ton ſchnell in entfernte Töne kommen 
koͤnne, wird folgende Tabelle hier eingeruͤckt, in welcher C dur oder ſeine Unter⸗ 
6 mediante 


des reinen Satzes in der Musik. 128 


mediante A mol, die beyde, wie bekannt, eine und eben dieſelbe Tonleiter haben, 
als die Hauperone ea von welchen die Ausweichung geſchehen ſoll. 


U 
I dur Dmol Emol F dur dur A mol 
a 1 i 77 . TETETE 9 e ET 
e Imo Drur | 
* 9 FFP Y 1 — — — — 
1 U | 
A dur dur H mol Cis mol 0 D dur E dur Fis mol 
III 5 zer fr 
H bur Hdur Cis mol Dis mol E dur | Fis dur | Gismol 
IV 5 
C dur 5 
re page 
Dom D dur Fis mol | A dur mo 
e ae 
ble ja E dur er mol Lan a A dur | H dur e Cis mol 


Die oberſte Reihe der . äche felt die Toͤne vor, in welche man Ge den i im vor⸗ 
hergehenden Abſchnitt enthaltenen Anmerkungen von C dur und A mol unmittel⸗ 
bar ausweichen kann. Die erſte heruntergehende Reihe zeiget die Ae corde auf den 
Dominanten an, welche man greiffen müßte, um in die in der oberſten Reihe ent: 
haltene Toͤne zu ſchlieſſen. Wenn man nun, indem einer dieſer Accorde ergriffen 
worden, ſich vorſtellet, er ſey ſelbſt der Dreyklang der Haupttonica, ſo kann man 
aus der ihm zur Seite liegenden Reihe von Fächern die Toͤne ſehen, in welche 
man nun aus dieſem Hauptton gehen kann. In der Tabelle ſind aber nur 
die jenigen angezeiget, die 9 unmittelbare „ mit C dur oder 
A mol haben. 8 


c Geſetzt alſo, man hahe den Accord F dur ergriffen, als wenn man von da 
nach A mol ſchlieſſen wollte. Sieht man nun dieſen Accord als den Accord der 
Haupttonica an, fo kann man ſogleich darauf bis mol, oder Gis mol, oder 
H dur u. ſ. f. nehmen, welche Accorde alle von C dur weit entfernt ſind. 


Will man ſich ſchnell noch weiter entfernen, ſo ſetzet man einen der auf be⸗ 


N fhriebene er erhaltenen fremden Accorde, wieder an die Stelle des Haupttones, 
| | Ä und 


126 Die Kunſt 


und verfaͤhrt dann wie vorher. Wenn man aus dem Hauptton O dur geſchwinde 
nach ' dur kommen wollte; fo ſucht man erſt Dis mol, durch den in der Ta⸗ 
belle gezeigten Weg zu erhalten. Da ſich nun Dis mol zu Cis dur gerade ſo ver⸗ 
haͤllt wie) mol zu C dur, fo geht man von is mol nach Cis dur, fo wie in 
der im vorhergehenden Abſchnitt befindlichen Tabelle gezeigt worden. : 
Dergleichen Modulationen muͤſſen aber nur da gebraucht werden, wo der 
Ausdruck ſie nothwendig macht, das iſt da, wo das Gemuͤth ſchnell von einer 
Empfindung auf eine andere zu fuͤhren iſt. Dieſes muß dem Urtheil des Ton⸗ 
ſetzers uͤberlaſſen werden. In den Stuͤcken, darinn durchaus einerley Affekt 
herrſcht, koͤnnen ſolche Modulationen nicht ſtatt haben. Wenn man in einen 
dieſer entlegenen Toͤne einen foͤrmlichen Schluß machen will, ſo kann man in der 
im vorhergehenden Abſchnitt gegebenen Tabelle allemal eine Formel finden, nach 
welcher ein ſolcher Schluß geſchehen kann. Dieſes wird durch ein einziges Bey⸗ 
ſpiel hinlaͤnglich erlaͤutert werden. i e | 
Wir wollen ſetzen, man befinde ſich in dem Hauptton C dur, und habe 
darinn den Accord auf E mit der groſſen Terz genommen, als wenn man von 
da nach A mol ſchlieſſen wollte. Stellt man ſich nun dieſen Accord, als den 
Dreyklang auf der Haupttonica vor, ſo kann man nun durch einen oder zwey 
Griffe in jeden in der unterſten Reihe der kurz vorhergehenden Tabelle enthaltenen 
Ton ſchlieſſen. Die kuͤrzeſte Art dieſes von dem Accord k dur aus zu verrichten, 
geſchieht nach den Formeln, die auf der 113ten Seite ſtehen. Man darf naͤm⸗ 
lich dort nur an die Stelle der Tonica O dur, E dur ſetzen, fo wird der Schluß, 
der in der Tabelle nach D mol geſchieht, die Formel fuͤr den Schluß nach Fis mol 
und der in der Tabelle enthaltene Schluß nach K mol, wird hier zur Formel des 
Schlußes nach Gis mol, und fo von. den übrigen. 
Will man aber den Schluß nicht unmittelbar von dem Accord E dur aus⸗ 


114ten Seite ſtehen, als Formeln dienen, wie aus dieſem Fis mol, als dem 

Accord auf der Secunde der Tonica, in jedem der uͤbrigen ſchlieſſen koͤnne. 
Noch bleibet uns uͤbrig hieruͤber anzumerken, daß obgleich in den gegebenen 
Tabellen der Ton, auf welchem die Ruͤckung in den neuen Ton geſchieht, den 
Dreyklang, oder den Septimenaccord zu ſeiner Harmonie hat, die erſten Ver⸗ 
wechslungen dieſer Accorde ofte vorzuziehen ſind. | | | 
Will man die Schluͤſſe in entlegene Töne unmerklicher machen, und das 
Gehoͤr in Ungewißheit uͤber die Modulation unterhalten, ſo geſchieht dieſes am 
fuͤglichſten durch angebrachte Bindungen. Wenn man z. E. von C 15 17 
1 nell, 


des reinen Satzes in der Muſik. 127 


ſchnell, aber etwas unvermerkt nach U mol gehen, und dieſen Schritt von dem 
harten Dreyklang auf A thun wollte, fo würde man anſtatt foͤrmlich alſo zu⸗ 


ſchlieſſen; 5 


| sen fo fortſchreiten = = oe = 


gendes. Man habe welchen Accord man wolle, fo darf man nur den Baßton 
deſſelben, anſtatt ihn, als die Secunde, Terz, Quart u. ſ. f., was er wuͤrklich 
von ſeiner Tonica aus zu rechnen, iſt, anzuſehen, ihn zum Intervall einer andern 
Tonica machen, und alsdenn ihm die Harmonie geben, die ihm in dieſer Abſicht, 
nach der natuͤrlichſten Bezifferung der Tonleiter zukommt (5°), hernach von da 


nach feiner Tonica gehen. Ein Beyſpiel wird dieſes erläutern. 


(56) Dieſe natuͤrliche Bezifferung der 


Tonleiter beſteht darinn, daß man alle 


Toͤne der diatonſchen Leiter ſo beziffere, 
daß die Accorde bloſſe Dreyklaͤnge, oder 
Septimenaccorde der Tonica und ihrer 
Ober⸗ und Unterdominante, oder deren 
Verwechslungen, ſeyen. Demnach wuͤrde 
die Tonleiter des C dur folgendermaſſen zu 
beziffern ſeyn. 8 


6 . 8 
„ 2 
. — 
n „ 3 
6 


Denn hier iſt jeder Accord entweder der 
Dreyklang, oder der Septimenaccord, oder 


eine Verwechslung dieſer Accorde auf der 


Wenn 


Tonica und ihrer beyden Dominanten. 


Die Tonleiter eines Moltones, z. E. A mol, 
wuͤrde dieſe Beziffrung haben. 


— —— 

82ꝓ = — 

„FFC —.— 
8 6 XR 6 5 


— —— — — — — —— —— 


Wenn man hier im Heraufſteigen die kleine 
oder natuͤrliche Sexte genommen hat, fo 
kann man nicht weiter kommen, weil man, 
um auf das Semitonium des Modi zu 
kommen, um eine uͤbermaͤßige Secunde 
F, Gis fortſchreiten muͤßte. Daher muß 
man beym Aufſteigen entweder ſogleich, 
oder nachdem man F genommen, gleich 
darauf Fis nehmen. N 


128 Die Kunſt 


Wenn man in dem Hauptton C dur auf den groſſen Dreyklang auf U ge⸗ 
kommen wäre, welcher die Septime dieſer Tonica iſt, und wollte nun ſchnell 
nach A dur gehen; fo ſieht man nun den Baßton H, als die Secunde der neuen 
Tonica an, nihmt die ihm zukommende Harmonie, und tritt nun von da unmit⸗ 

elbar nach! A, ſo wie man in C dur von 1 nach C tritt. 


Bee 


Wer einigermaſſen in der Harmonie geuͤbt ift, ſieht allemal Kr, wie ſie auf 
dem Baßtone, wo die Ruͤckung geſchieht, muͤſſe genommen werden, damit das 
Gehoͤr von der Tonleiter der neuen Tonica gerührt werde, und wie ſchon auf dem 
vorletzten Accord alles hiezu koͤnne vorbereitet werden. So war hier leicht zu ſehen, 
daß man die groſſe Terz von H in die kleine, als Septime von der Dominante 
der neuen Tonica, verwandeln, und nicht die kleine ſondern groſſe Serte zu neh⸗ 
men habe, weil fie das Subſemitonium der neuen Tonica iſt. | 

Wem die freye Anſchlagung der kleinen Terz in einem ſolchen Fall zu 
hart ſcheinet, der kann ſie auf dem vorhergehenden Accord frey anſchlagen, 
wie hier: 


So wie nun in dieſen beyden Beyſpielen der Baßton, auf welchem die Rückung 
geſchieht, als die Secunde der neuen Tonica angeſehen, und deßwegen mit : 


beziffert worden, fo kann man ſie auch an die Stelle eines andern Intervalles 
ſetzen, wie man aus folgenden Beyſpielen 7 2 wird. 


an a * in Be ; 
— — en — 
e der, a. RC mol Swe r P dur 
555 ee e e ee e e eee e eee eee eee ee 
— — See = 5 
dur Cour mol 


des reinen Satzes in der Mufl 129 


Bey a wird der Baßton I“ an die Stelle der Septime in A mol geſetzt und 
auch ſo beziffert, damit man von da unmittelbar in ſeine Octave Cis mol gehen 
koͤnne. Bey b wird C an die Stelle der Septime des folgenden BD dur geſetzt, 
bey c vertritt H mit? die Stelle des k mit 2 in der abſteigenden Tonleiter C dur, 
damit man ſogleich in den Sextenaccord der neuen Tonica F dur ſchlieſſen koͤnne, 
und bey d wird der Accord U dur an die Stelle des C dur in der abſteigenden 
H mol Leiter geſetzt, um alsdenn durch den Accord der groſſen Serte nach Gis mol 
zu ſchlieſſen. W 5 er | 


Endlich ift noch ein ſchneller und einigermaaſſen gewaltſamer Weg in ganz 

entlegene Töne auszuweichen anzuzeigen, den man durch die enharmoniſche Bes 
handlung der Harmonie erhalt. Hiezu kommt man vermittelſt des Records mit 
der kleinen Septime und kleinen None, der wegen der beſondern Eigenſchaft, die 
er hat, aus drey uͤber einander ſtehenden kleinen Terzen zuſammengeſetzt zu 
eyn, ohne feine Natur zu ändern, vier verſchiedene Grundtoͤne annehmen kann. 
Im dieſes deutlich zu faſſen, ſtelle man ſich folgenden Septnonenaccord vor. 


— 


So wie er hier ſteht, iſt er der Accord auf D, als der Dominante von G dur 
oder mol, wohin von hier aus der Schluß geſchehen muͤßte; er kann aber, ohne 
daß eine Sayte veraͤndert wird, ebenfalls der Septnonenaccord mit der groſſen 
Terz drey andrer Grundtoͤne ſeyn. Nihmt man darin anſtatt es oder be den 
Ton dis, der auf dem Clavier dieſelbe Sayte hat, ſo iſt es der Septnonenaccord 
mit der groſſen Terz auf H, wie unten bey 1; nihmt man anſtatt des Tones c, 
den Ton h* oder his; fo iſt es derſelbe Accord zum Grundton Gis, wie bey 2; 
und endlich iſt der Grundton P, wenn anſtatt des Tones tis, der Ton g® ge 


nommen wird, wie bey 3. 


er 15 1 
R 


130 Die Kunſt A 5 ER 


N s b 2 
— u 


Jeder dieſer vier Grundtöne iſt die Se einer Aden Tonica, in 
welche bey der Auflöfung der Schluß gemacht wird. Alſo kann man von dieſem 
Accord unmittelbar in vier Toͤne ſchlieſſen, nämlich 1. in G, wenn D der Grund⸗ 
ton iſt; 2. in E, wenn H der Grundton iſt; 3. in Cis, wenn Gis der Grund⸗ 
ton iſt, und 4. in B dur, wenn E der Grundton iſt. ae) 


Nihmt man nun im Baße zu einem ſolchen Septnonenaccord anſtatt eines 
feiner Grundtoͤne die erſte Verwechslung deſſelben, wodurch die None zur Se⸗ 
ptime wird, ſo kann man durch eine enharmoniſche Rückung ſogleich, anſtatt in 
die Tonica des eigentlichen Grundtones zu ſchlieſſen, auf eine ganz fremde Tonica 
kommen, wie an dieſen . 8 zu ſehen iſt. 


In dem erſten Beyſpiel iſt der zweyte Accord eigentlich der Septnonenaccord auf 
D, aber in feiner erſten Verwechslung, da die None nun zur Septime worden, 
und anſtatt, als ein Vorbalt gleich unter ſich zu treten, bis auf den folgenden 
Accord liegen bleibet. In dem dritten Accord thut dieſe None nun eine enhar⸗ 
moniſche Rückung, und wird aus es zu dis: dadurch nun wird der Accord zum 
Septnonenaccord von U, der hier in ſeiner zweyten Verwechslung genommen 


iſt. Von hier muß nun der Schluß nothmazzig nach E geſchehen, da 15 dem⸗ 
elbigen 


e 


, des reinen Satzes in der Muſſk. 131 


. 5 4 Feigen Accord, ohne die enharmoniſche Ruͤckung, und wenn er ſo geblieben 


. 
175 


Muückung. n 


wäre, wie im zweyten Takt, der Schluß nach G hätte geſchehen muͤſſen. 


In dem zweyten Beyſpiel geſchieht im dritten Takt eine andre enharmoniſche 
Der Baßton iſt hier eigentlich die None von P, als Oberdominante 
von B, dahin der Schl uß gebiet 


Die enharmoniſche Mückung geſchieht immer . di einer der Inter⸗ 
valle in dem verminderten Septimenac cord, einmal als eine üͤbermaͤßige Secunde, 
und hernach, bey Wiederholung deſſelben Accords, als eine kleine Terz erſcheinet, 
oder umgekehrt; wodurch denn der Accord eine andere Natur annihmt und eine 
andere Fortſchreitung erfodert. Hieraus iſt alſo offenbar, wie man vermittelſt 


der enharmoniſchen Ruͤckung ſchnell he Accorde na koͤnne, die ſehr entlege⸗ 


nen Tonarten zugehoͤren. 
| Diefer Vortheil wird dadurch 55 gröſſer, daß man von einem ſolchen 


Accord der verminderten Septime, wenn er ſelbſt noch nicht auf den entfernten 


Accord, dahin man gehen möchte, führen ſollte, ſogleich durch Auf- oder Ab⸗ 


ſteigen um einen halben Ton, einen andern Accord dieſer Art erhaͤlt, von wel⸗ 


chem man wieder in vier neue Toͤne gehen kann. Um dieſes deutlich zu machen, 
wollen wir ſetzen, man Abe den 1 Akcord * 42 


Nach der vorhergezeigten Weiſe koͤnnte man nun davon, eh gleich, oder 
vermittelſt einer der drey enharmoniſchen Ruͤckungen nach G, oder B, oder Cis, 
oder E kommen. Braucht man aber keinen dieſer Töne, ſondern E, oder Fis, 


ſo nihmt man unmittelbar nach dieſem Accord, den folgenden bey b, welcher die 
dritte Verwechslung des Sepknonenaccords der Unterquinte des vorhergehenden 
Grundtones D iſt. Von dieſem Accord aus kann man nun, auf oben gezeigte 
Are * C, E, Fis and A kommen. 


Be 


R ; Ee 


CE die 


Eben fo kann man auch von dem erſten Septnonenaccord auf den Sept. 
nonenaccord der Oberdominante ſeines Grundtones kommen, wobey der Baß um 
einen halben Ton ſteiget, wie bey C, welches nun folgende Ausweichungen giebt: 
D. F, Gis und H. Dieſe Wiederholung des Accordes der kleinen Septime, 
durch Steigen oder Fallen eines halben Tones, kann durch viel hinter einander 
folgende Accorde fortgeſetzt werden, wovon wir hier zwey Beyſpiele aus J. S. 
Bachs Clavieruͤbungen beyſetzen. ee Bi 


24 Töne liegenden Accord, den man braucht, kommen koͤnne. 


Man kann dieſe Gänge dadurch gelinder machen, daß man den verminderten 
Septimenaccord wiederholt, oder verwechſelt, bis das Ohr nicht mehr empfindet, 
welcher von den Toͤnen eine kleine Terz, oder eine uͤbermaͤßige Secunde iſt, und 
auch dadurch, daß man einige Toͤne bindet, wie in dieſen Beyſpielen: 


A 


A 
1 re 
8 

. 
4 


„56000 
ee ee 
5 a | 
le DR ee 
— 2 — 


Man kann überhaupt von den enharmoniſchen Gängen anmerken, daß fie eben 
nicht unumgänglich nötbig find, um der Modulation eine ſchnelle Wendung zu 
geben. Sie waren ehedem beſonders zu der Zeit des Marcello ſehr im Gebrauch, 

| und 


des reinen Satzes in der Muſik. 133 


und manchmal moͤgen ſie nur darum ſo haͤuffig angebracht worden ſeyn, daß 
ſelbſt Kennern der Harmonie die eigentliche Behandlung derſelben und die Zurück- 
fuͤhrung gewiſſer Accorde auf ihre wahre Grund harmonie ſchweer zu errathen ſeyn 
ſollte (). Will man eine ploͤtzliche Ueberraſchung erwecken, und einiger maaſſen 
den Zuhörer beftürzen, fo kann man auch ohne dieſe enharmoniſche Vorbereitun⸗ 
gen, blos von dem Septimenaccord, oder ſeinen Verwechslungen, unvermuthet 


auf ganz ger Töne en wovon 92 5 zum un Bienen kann. 


2 


7 3 RR. 
— — — . 
er — = Se es 5 5 — 
TTF >, 


Die ftärffte Wirkung zu einer pfößlichen Befremdung hat es, wenn man durch 
bloſſe Dreyklänge in ſehr fremde Accorde geht. Dieſes wußten die Alten vor der 
Einfuͤhrung der chromatiſchen Intervallen ſehr geſchickt zu machen. Wer des Fro⸗ 
bergers Sachen kennt, wird daraus ſehen koͤnnen, was fuͤr groſſe Wuͤrkung 
durch eine glückliche Wahl fremde klingender und dennoch von dem Haupttone 
nicht gar zu entfernter Arcorde, derſelbe zu erreichen gewußt hat. In folgenden 
Beyſpielen kommt man durch 5 Dreyflänge und deren N auf 
a, entfernte- . 1 N 


Neunter 


— 


* 


(57) Wir koͤnnen bey dieſer Gelegen⸗ 
heit uͤberhaupt anmerken, daß man gegen⸗ 
a waͤrtig von verſchiedenen Kuͤnſteleyen dieſer 

Art wieder anfaͤngt zuruͤck zu kommen. 


Die vielen nach einander folgenden Ver⸗ 


wechslungen dißonirender Accorde; die 
Hebergehung der Aufloͤſungen und das An⸗ 


ſchlagen neuer Dißonanzen, die durch die 


uͤberſprungenen Accorde haͤtten vorbereitet 
werden ſollen; die Verwechslung der grof 


ſen Intervallen in kleine, und der kleinen 


in groſſe, wurden ehedern weit haͤuffiger, 
als jetzt gebraucht. Deswegen lobt auch 


der Herr Capellmeiſter Bach in dem zwey⸗ 


ten Theil ſeiner Anweiſung zur wahren 
Art das Clavier zu ſpielen, (im 38. Ca⸗ 
pitel) den jetzigen Geſchmack, der nur ſel⸗ 
ten, und nie ohne Roth, ſolche harmonische 
n erlauben, 


134 Die Kunſt 
Neunter Abſchnitt. 


Von den harmoniſchen und unharmoniſchen all 
tungen in der Melodie. | 

Bis dahin haben wir die Harmonie blos in den Accorden, oder in dem 
Falle betrachtet, da die conſonirenden oder dißonirenden Toͤne zugleich gehoͤret 
werden. Ehe nun die bisher vorgetragene Lehre von der Harmonie zu Verfer⸗ 
tigung eines Tonſtuͤcks angewendet werden N auß auch die Harmonie in der 
Folge einzeler Toͤne betrachtet werden. 

Zwar ſcheinet der Begriff der Harmonie, des Conſonirens und Dißonirens, 
blos auf die Töne zu paſſen, die man zugleich hoͤret. Da man aber bey dem 
Eintritt jedes folgenden Tones, den naͤchſt vorhergehenden noch im Gehoͤre hat, 
ſo vergleichet man ihn damit; und eben daher kommt es, daß einige Fortſchrei⸗ 
tungen leicht und angenehm, andre ſchweer, oder gar widrig ſind. Man em⸗ 
pfindet auch bey der Fortſchreitung einzeler Töne in gewiſſen Fällen etwas, das 
der Aufloͤſung der Dißonanzen aͤhnlich iſt. Wenn man z. B. mit dem Geſang 
durch die ganze diatoniſche Tonleiter eines Tones heraufgeſtiegen, und bis auf 
ſeine groſſe Septime gekommen iſt, ſo empfindet man gleich, daß dieſer letzte 
Ton nothwendig auf die Octave leitet, die man mit der groſſen Septime ſchon 
einigermaaſſen zugleich empfindet. Soll demnach das Gehoͤr befriediget werden, 
ſo muß die Octave darauf folgen. 

Man hat alſo zweyerley Gruͤnde, warum gewiſſe Fortſchreitungen der Me⸗ 
lodie zu verwerfen find. Entweder ſtreiten fie gegen die Erwartung des Gehoͤres, 
welches nach gewiſſen Tönen andre ſchlechterdings erwartet, wie im Aufſteigen 
die Octave nach der groſſen Septime, und im Abſteigen in der ebrpgiſehen Tonart 
den Einklang nach der Secunde; oder ſie ſind ihres ſtarken Dißonirens halber 
ſehr ſchweer zu treffen, wie der Tritonus F. 11 Und hieraus iſt abzunehmen, 

daß die melodiſche Fortſchreitung einer Stimme, wenn fie gleich ohne alle Ruͤck⸗ 
ſicht auf andere Stimmen betrachtet wikd, dennoch gewiſſen harmoniſchen Re⸗ 
geln unterworfen ſey. Der Betrachtung dieſer Regeln iſt gegenwärtiger Ab⸗ 
ſchnitt gewiedmet. 

Man muß ſich aber hier zum voraus wieder erinnern, daß die Behandlung 
der Harmonie nach Beſchaffenheit der Schreibart, entweder freyer, oder aber ſtren⸗ 
gen Regeln unterworfen iſt, wie ſchon oben G angemerkt worden. 2 in der 

iso 


P . MR 


(58) Im Anfange des 15 Ab⸗ ſchnitts auf der 80. Seite. 


des reinen Satzes in der Muſik. 135 


ſtrengern Schreibart verboten wird, iſt i in der freyern nicht nur zulaͤßig, ſondern 
klinget eben deswegen ofte fehr gut, weil der Ausdruck ofte durch dergleichen Ab⸗ 
weichungen von den Regeln unterſtuͤtzt wird, welches beſonders in den Faͤllen 
geſchieht, wo unangenehme Leidenſchaften auszudrücken ſind. Folglich leiden die 
meiſten bier vorkommenden Regeln der Fortſchreitung in er Fallen, des 
ee halber eine Ausnahme. | 


Uueberhaupt gruͤnden ſich die Regeln der Fortſchreitung auf die Voraus⸗ 


ee daß der Geſang leicht und gefallig ſeyn ſoll. Da es alſo Faͤlle geben 


kann, wo er des Ausdrucks halber weniger leicht und weniger gefällig ſeyn muß; 
ſo darf man ſich alsdenn auch an dieſe Regeln nicht allemal binden, wenn man 
nur das ganz Widrige, oder gar Unmoͤgliche vermeidet. 

Der leichteſte und gefälligfte Geſang iſt ohne Zweifel der, welcher durch 
blos reine diatoniſche Stufen des angenommenen Grundtones fortſchreitet. Die⸗ 
ſes beruhet auf eben dem Grunde, von dem alles Wolgefallen herkommt, das 
wir an der conſonirenden Harmonie haben. Denn bey dieſer diatoniſchen Fort⸗ 
ſchreitung ſind die Verhaͤleniſſe der Intervalle, N al die „ und faß⸗ 


lichſten (“). 


Indeſſen geſchiehet es, ſowol bey En Ausweichen in andre Toͤne, als ne 
wenn man fremde, der Tonart, darin man iſt, nicht zukommende Toͤne zu neh⸗ 
men hat, daß einige Intervalle erhöhet und vertieft werden mi uͤſſen. Hiebey nun 
koͤnnen ſolche Fortſchreitungen entſtehen, dafuͤr man ſich hüten muß. 


Die Hauptregel, die man hiebey zu beobachten hat, iſt dieſe; daß n man nie 
durch übermäßige Intervalle fortſchreite, es fey denn, daß das uͤbermäßige J In⸗ 
tervall auf einen Ton führe, von dem man gleich hernach, als von einem Sub⸗ 
ſemitonio einer neuen Tenica, eine Stufe aufwärts, auf dieſelbe ſteigen koͤnne. 

itfo wären folgende non, herauf und herunter, nicht erlaubt: 


— = = 3 „% ̃ 
f = 25 cs] — 98 an. 


Teoı=!] =! 11 2 gende ü 


uͤbermaß. Secunde (c). übermaͤß. Warte Abermäß. Quinte. übermaͤß. Seyte. 


4 


Dazu 


(59) Man fehe, was hierüber oben (60) Einige Tongrüßfer erwähnen auch 


im eilften Abſchnitt auf der 23 ſten und einer uͤbermaͤßigen Terz, die aber im 


aaſten Seite geſagt worden. I Grund etwas blos eingebildetes iſt. Man 
© | wird 


136 | Die Kunſt | 10 
Dazu muß auch ſo gar noch die groſſe Septime gerechnet werden. 


1 


Dexgfeichen Fortſchreitungen haben im Here nur alsdenn ſtatt, wenn 
man von dem erhoͤhten Ton, als dem Subſemitonio einer Tonica, in dieſe her⸗ 
auftritt, wie in folgenden Beyſpielen: 


Aber Quinte. oss Serte. 


Die erwahnten verbotenen Fortſchreitungen durch übermäßige Intervalle werden 
dadurch nicht gut, daß man durch dazwiſchen liegende Toͤne darauf kommt; alſo 
wuͤrde es noch eine ſchlechte Fortſchreitung bleiben, wenn man anſtatt dieſer 


ſind, antreffen. 


* SER SE NEN rn 
esse i 

5 — 

dieſe nehmen wollte: 

— ̃— =ĩ é 2 
— 25 = 87. ee 3 
2 1147 —8 2 
R — —— ——— + 

Man 
wird bey keinem claßiſchen Tonſetzer jemals C — 
ntervalle, wie folgende vermeinte Terzen P SI 

J wie folg 7 5 8 S 44 — 


4 
when 
8 


des reinen Satzes in der Muſtk. 137 


Man kann dieſe übermäßige Quarte im Auf⸗ und Abſteigen auf dieſe Art neh⸗ 
men, wenn man nur von derſelben hernach noch einen halben Ton höher. oder 
tieffer geht, wie hier: | 
Te ler K 
Bra ee = — — (er 


9 
———— 
— 


— 


+ — 
—— Bee 


— 


— — un 


- 


5 
e 5 
555 


— — — — nm — — Lemma an — 


55 —.——— — — mn nn nn 


—— — ͤ uam ñ —— ́ — —— 


Es hat damit eben die Bewandniß, wie mit durchgehenden Tönen, die nicht 


zur Harmonie der Accorde gerechnet, auch im Generalbaße nicht beziffert wer⸗ 


den. Nur in der ſchweeren Schreibart und in langſamer Bewegung hat die⸗ 
ſes nicht ſtatt. ai 5 

Ehedem erlaubte man auch den Sprung der groſſen Serte, weder im Auf 
noch im Abſteigen: gegenwärtig aber wird er ohne Bedenken geſetzt. Nur muß 
man dabey wol beobachten, daß in gewiſſer Verbindung der Harmonie dieſe Serte 
von dem Saͤnger faſt unmoͤglich wuͤrde zu treffen ſeyn, wie in dieſem Beyſpiele: 


Dieſes 

(61) Nur in der weichen Tonart, wo wäre folgende Fortſchreitung nicht gut. 
man nach der uͤbermaͤßigen Quarke einen Essener 
ganzen Ton fallen muß, hat dieſes nicht 3 Eye 


ſtatt, weil es fehr ſchwer zu fingen iſt. Alſo ae 


138 Die Kun 


Dieſes aber kann auch bey ſonſt erlaubten Intervallen eben ſo vorkommen. 
Durch die Verſetzung in die Octave koͤnnen aus verbothenen Fortſchreitungen 


folche, die erlaubt find, entſtehen; wie aus folgender . z ſehen: 


Mn a. ‚ce ana) Sarnen Taaare 
— — 


— | 


N ee ee 


A 


— (—ͤ—ę— 
ie — DM 


sa 
Durch 
Verbo⸗ x EFFEKT 
chen. 8 bie LB ee le | er 
re Bee sn kehrung B 
erlaubt, 
= Ss] — — | 
1 —— 7 ma 
ih i nicht gut. 
ne I: — 
3222 a ARE 


Die verminderten Intervalle geben meiſtentheils ſchlechte Fortſchreitungen: von 
fis nach da zu ſteigen, oder umgekehrt von "a nach tis zu fallen, geht nicht 
wol an, es ſey denn, daß man im erſten Falle durch g gehe, und im andern 
dieſes g nach tis höre; denn dieſes is erweckt, als das Subſemitonium von 9, 
die Erwartung deſſelben. Demnach würden 


dieſe verbothene Fortſchreitungen 


PFF | BEE TERRASSE, — 44 1 — 
——tbesit best alfe gut er FFF 
i 


— —— — — — — 


aufwaͤrts genommen wird. Ehemals er⸗ 
laubte man auch die Sorͤͤnge der klauen 
Quinte der beyden vorhergehenden Bey⸗ 


(62) Die aͤltern Tonlehrer verbiethen 
auch dieſe le Gaͤnge; die neuern er⸗ 
lauben fie zwar, doch iſt der erſtere c-gis, 
oder die verminderte Quarte herunter waͤrts 


leichter zu fingen, als der zweyte, da fie ſetzt werden. 


ſpiele nicht, die jetzt ohne Bedenken 967 


f 
5 


e 5 * 
des reinen Satzes in der Muſtk. 139 


Eben ſo wird der Sprung der verminderten Juarte, als gis-c, auf- und unterwͤͤrts, 


4 leichter, wenn der Baß den Ton a, der auf S gis folgen follte, hören laßt, wie bier! 


* 


- 
5 
on: oder a 
— 1 0 
. g 


Wenn ein einſtimmiger Geſang ſo geſetzt iſt, daß er einigermaaſſen ſeine Har⸗ 
monie mit ſich fuͤhret, und wie ein zwey⸗ oder dreyſtimmiger Satz klinget, ſo 


ſind die verbothenen Fortſchreitungen darinn niche mehr widrig. Alſo würden 


folgende Satze angehen; 


— 1 — 2 — 

= R 
en a re 
— — — 


RP BE Bm R3— . — = — 
8 — — 8 
5 — Een 


weil fie beynahe klingen, als wenn ſie ſo geſetzt waͤren: 


1 3 2 RE 


2 „6... 3 ER 
Be Gar — — —— 


— —-V—T — — u —— 


— — — — — — — ä 


— 25————— — 4 — ——— 7 E 


Es giebt Fälle, da zwar jede Stimme für ſich eine 3 Fortſchreitung hat, 
wo auch die Harmonie aller Stimmen an ſich untadel haft ſcheinet, und da den⸗ 
noch die Fortſchreitung in Vergleichung zweyer Stimmen unangenehm wird, wel⸗ 
ches insgemein der unharmoniſche Querſtand genennt wird. So iſt der unhar⸗ 
moniſche Querſtand, der aus zwey in gerader Bewegung auf einander folgenden 
groſſen Terzen entſteht, die in der Gegenbewegung gut ſind, wie aus dieſen Bey⸗ 


ſpielen zu ſehen: 


F 1 — 
5 Fe on = sa 

ers e 
\ milden Br %% 
Eee reiben 

Er Fr ZUBE SER: eee ene 


nicht gut. weniger ſchlech gut. n 


140 | Die Kun W 
In dem erſten Beyſpiel empfindet man den Tritonus o. fis 15 ſtark; etwas we⸗ 


niger im zweyten; aber im dritten empfindet man nichts r 


Eben 50 Anmerkung gilt auch von folgenden Fällen, in Anſehung der 
übermäßigen Quinte, die in den Queerſtand koͤmmt. 


— — — 4 — 2 — —B — ae —— — * 
Be un I N 

— n IE — 5 

He — c 

5 N N 

5 een Be: Er 
ze. = 3, — — Ber Se 

ß. — - dm 

nicht gut. weniger fehl lecht. gan, 15 


Uebrigens hat man wegen der auf einander folgenden Terzen noch zu bemerken, 
daß zwey groſſe Terzen auf einander fol gen koͤnnen, wenn die zwey Stimmen, 
darinn ſie vorkommen, um einen halben Ton ſteigen oder fallen, wie bey 2 * 
wenn eine dabey e dritte Stimme eine Bindung eu wie ii b. er 


5 
eTe-= ce = = 
H— — — Teen =, 
Sen =he == === 5 = — 


6 x 5 
— — — este — 
e 2 She =! 
an Bea pie men m ons 


2 


f 


Aber e am 23 5 1 5 die Terzen, wenn die groſſe mit der kleinen „oder dieſe 
mit jener abwechſelt, wie in dieſem Beyſpiele: 


J Tb 
ae, ae — = — — 
5 ͤũ ä ß ee 

Sr —.— 
S — 2 


* 


des reinen Satzes in der Muſik. 141 


* anzubringen ſind, daß verbothene Quinten und Octaven vermieden werden. 


Dieſes wird jeder en, ; der einen Verſuch macht, Meeren Satz vier⸗ 
ſtimmig zu machen. 2 


Se . — 
rn = —— 


J 1 — —— —— 


Zehnter Abſchnitt. 


Von dem 1 einfachen Contrapunkt in zwey und mehr 
1 Stimmen. 


3 Vorma ls, ehe die itzt uͤbl ichen Noten aufgekommen, wurden die Toͤne durch 


bloſſe Punkte, die auf uͤber einander Sr zogene Linien geſetzt wurden, angedeutet. 
Man zog ſo viel Linien uͤber „ als das Syſtem Sayten hatte, und zeigte jeden 
Ton durch einen Punkt auf der ihm zukommenden Linie an. Als man bernach 
zwey und mehrſtimmig ſetzte, mußte man die Punkte, welche die Töne einer an⸗ 
dern Stimme bezeichneten, gegen die Punkte der ſchon vorhandenen Stimme 
ſetzen. Daher entſtand der Ausdruck contrapunktiren, wel lches fo viel iſt, als 


zu einer gegebenen Stimme, noch eine oder mehrere ſetzen. Man hat daher das 


Wort Contrapunkt beybehalten „ welches fo viel bedeutet, als die Kunſt nach 
den Regeln der guten Harmonie zu einem gegebenen einfimmigen Geſang 5 
eine oder mehrere S Stimmen hinzu zu ſe gen. >. | 


Wenn man hiebey blos auf die reine Harmonie und die gute Forefeheitung | 
der Stimmen, fo wie fie einmal hingeſchrieben find, ſiehet, fo neunet man die⸗ 
ſes den einfachen Contrapunkt; werden aber die Stimmen ſo geſetzt, daß 
man eine oder mehrere, ohne die Reinigkeit der Harmonie zu ver ken, hoͤher 
oder tieffer nehmen kann, ſo daß alle Toͤne um eine Secunde, Terz, Quart 
u, 1, 5 herauf oder herunter geſetzt werden koͤnnen; ſo nennt man 0 Art zu 


| ſetzen d den doppelten Contrapunkt Fa wie leicht zu e viel ſchwee⸗ 


rer iſt, als der einfache. N 
S E 5 In 


142 Die Kunſt 


In dieſem Abſchnitt iſt blos von dem einfachen Contrapunkt die Rede; von 
dem doppelten wird im zweyten Theile das noͤthige vorgetragen werden. Der 
einfache Contrapunkt wird ſchlecht oder gleich genennt, wenn man auf jede 
Note des gegebenen Geſanges, der Cantus firmus genannt wird, in einer andern 
Stimme auch nur eine Note von derſelben Geltung ſetzet; eine ganze Taktnote 
gegen eine ganze, eine halbe gegen eine halbe u. ſ. f.: ungleich oder verziehrt 
heißt er, wenn man gegen eine Note des Cantus firmus mehrere Noten ſetzet. 
Wenn man den ſchlechten oder gleichen Contrapunkt wol verſteht, ſo hat der ver⸗ 
ziehrte wenig Schwierigkeiten. Demnach kommt es bey der Kunſt des reinen 
Satzes fuͤrnehmlich auf eine fleißige Uebung in dem ſchlechten Contrapunkt an; 
und dieſes ſoll hier hauptſachlich unſer Augenmerk ſeyn. Wir geben angehenden 
Tonſetzern den Rath, ſich nicht eher mit componiren der figurirten, oder ſoge⸗ 
nannten galanten Stuͤcke abzugeben, bis ſie in dieſem Contrapunkt eine ſolche 
Uebung erlangt haben, daß ihe Satz völlig rein if. | 

Der einfache ſchlechte Contrapunkt kann zwey⸗ drey⸗ vier⸗ oder mehrſtimmig 
ſeyn. Man thut am beſten, daß man bey dem vierſtimmigen anfaͤngt, weil es 
nicht wol möglich iſt, zwey- oder dreyſtimmig vollkommen zu ſetzen, bis man es 
in vier Stimmen kann. Denn da die vollſtaͤndige Harmonie vierſtimmig iſt, 
folglich in den zwey- und dreyſtimmigen Sachen immer etwas von der vollſtaͤn⸗ 
digen Harmonie fehlen muß, ſo kann man nicht eher mit Zuverlaͤßigkeit beurtheilen, 
was in den verſchiedentlich vorkommenden Faͤllen von der Harmonie wegzulaſſen 
ſey, bis man eine vollkommene Kenntniß des vierſtimmigen Satzes hat. 1 

Dieſer Contrapunkt iſt demnach als eine Folge von vollſtändigen Aecorden 
anzuſehen. Soll der Satz richtig und rein ſeyn, ſo muͤſſen 1. die Accorde in 
einem guten Zuſammenhang, nach den Regeln der Harmonie auf einander folgen; 
2. muß jede Stimme fuͤr ſich einen flieſſenden Geſang und eine reine Fortſchreitung 
haben; 3. auch mehrere Stimmen zuſammen rein klingen, und in der Fortſchreitung 
nichts unangenehmes haben. Die Fehler gegen die Reinigkeit des Satzes kom⸗ 
men vornemlich von vier Urſachen her, 1. von dem Mangel des Zuſammenhan⸗ 
ges, 2. von der unmittelbar auf einander folgenden Wiederholung vollkomme⸗ 
ner Conſonanzen, der Octaven und Quinten, die zwey Stimmen gegen einander 
machen, welches dem Geſang etwas leeres, unbeſtimmtes und daher unange⸗ 
nehmes giebt. 3. Aus den ſchweeren und unharmoniſchen Fortſchreitungen in 
einer Stimme, und 4. aus den unharmoniſchen Queerſtaͤnden zweyer Stimmen. 

Das wichtigſte, was zur Vermeidung dieſer Fehler zu beobachten iſt, findet 
man ſchon in den vorhergehenden Abſchnitten zerſtreut. Daher bleibet hier nur 
uͤbrig, daß die naͤhere Anwendung der bereits hier und da zerſtreuten Regeln ge⸗ 

, zeiget 


* fic) die Fortſchreitun 


des reinen Satzes in der Muſik. 143 


zeiget werde. Die meiſten Lehrer des reinen Satzes haben ſich vorzuͤglich ange⸗ 
legen ſeyn faffen, genaue Regeln feſt zu ſetzen, wodurch der zweyte Fehler, naͤm⸗ 

lng durch Octaven und Quinten kann vermieden werden, weil 
man dieſen Fehler am leichteſten begeht, und weil er den Geſang ungemein kahl 
und unangenehm macht. 

Dieſe Regeln betreffen die Fortſchreitung oder Bewegung der Stimmen in ſo 
fern ſie aus einander, oder gegen einander gehen. Man findet dieſe Regeln zwar 
uͤberall: doch wollen wir der Vollſtaͤndigkeit halber dieſelben hier wiederholen. 

Zwey Stimmen gehen in gerader Bewegung fort, wenn ſie zugleich 
ſteigen oder fallen; ſie gehen in der Gegenbewegung, wenn die eine ſteiget, 
in dem die andere faͤllt, oder wenn eine Stimme auf derſelben Hoͤhe bleibet, in 
dem die andre ſteigt oder faͤllt. Der letztere Fall wird von einigen die Seiten⸗ 
bewegung genannt, er gehoͤrt aber auch zur Gegenbewegung. 

Von dieſen Bewegungen ſind folgende drey Regeln zu beobachten, wodurch 
in den meiſten Fallen die verbothenen Oetaven⸗ und Quintenfortſchreitungen ver⸗ 
mieden werden. 5 

1. Von einer vollkommenen Conſonanz, naͤmlich einer Octave oder Quinte, 
zur andern, muß man durch die Seasnbewegung, oder durch die Seitenbewe⸗ 
gung gehen. 

2. Eben dieſes iſt zu beobgchten wenn man von einer unvollkommenen | 
Conſonanz zu einer vollkommenen geht. 

3. Von einer vollkommenen Conſonanz zu einer unvollkommenen „oder von 
einer unvollkommenen zu einer andern unvollkommenen, kann man durch alle Ar⸗ 
ten der Bewegung fortſchreiten. 

Durch die Beobachtung dieſer Regeln; deſſen, was von der Vorbereitung 
und Aufloͤſung der Diſſonanzen angemerkt; und deſſen, was zur Vermeidung 
der unharmoniſchen Fortſchreitung und Queerſtaͤnde erinnert worden, wird der 
Saß von beleidigenden Fehlern rein. Aber die Beobachtung dieſer Regeln ſelbſt 
iſt oſte ſo ſchweer, daß man kaum ſehen kann, wie die Fehler dagegen zu ver⸗ 
meiden ſind. Deswegen iſt es nöfbig, daß wir für dergleichen Falle werſchiedene 
beſondere Praltche Regeln anführen. Auſſer dem aber iſt der 1 darum, daß 
er rein iſt, noch nicht vollkommen; er kann deſſen ungeachtet noch ſehr matt und 
leer ſeyn, oder verſchiedenes Hartes haben. Und 1 1 in dieſer Abf. cht hat man 
noch einige beſondere Regeln noͤthig, die hier ſollen vorgetragen werden. 

Zum alen aber erinnern wir, daß alles, was hier angefuͤhrt wird, blos 
die Reinigkeit und den Wolklang bekkift, und daß noch gar nicht von der 
Kraft des Ausdrucks die Rede ſey. 1 ein und coe derſelben Folge von Ac⸗ 
: ’ corden 


| A 
144 Die Kunſt 


corden, kann der Geſang beste oder ſchlechter ſeyn, je nach dem man die 8 
gehörigen Töne, in Abſicht auf die Höhe, von einander entfernt, oder an einander 


bringt. Wenn man hiebey ohne Ueberlegung handelt, fo kann der Geſang ent⸗ 


weder ein verworrenes Geſchnarre werden, oder die Stimmen nehmen ſich gegen 
einander ſo wenig aus, daß die Harmonie nicht mehr vernehmlich wird. 
Die Regeln zu guter ren der engern oder zerſtreuten Harmonie ſind 
uns von der Natur ſelbſt an die Hand gegeben worden. Es iſt eine nunmehr 
ganz bekannte Beobachtung, daß der Klang einer ganz reinen Sayte, die nicht 
allzuhoch geſtimmt iſt, ein Gemenge! von ſehr vielen Tönen ſey, die in einen ein⸗ 
zigen Hauptton zuſammen flieſſen. Wenn man z. E. die Sayte, die den Ton 
des groſſen C angiebt, ſtreicht, deren Länge wir durch 1. ausdrucken wollen, fe 
vermiſchen fich mit dieſem Ton zugleich die Töne, die durch 2, 3, *, 5, F u. ſ. f. 
müßten ausgedruͤckt werden. Man ſtelle ſich folgende Reihe von Zahlen vor, 
deren ede, die Länge einer Sapte, und den ihr zukommenden Ton ausdrückt: 


1 2, Fr 37 Er 51 IT/ 12, 1, Ir *, 


15 
E, 


, 7, 
l * 


C . 8. W 1 i, €, d, 


— 
Ian 


28 1 I I I 1 2 
2 TT ZI T 2 207 27 2m: 297 


RT GR © 
— — 3 — — 
— — —— 
— 


in Im 
e, 


cis, d, dis, N er 8, eis, „„ a 
Alle dieſe Töne, wovon die meiſten mit denen, die wir in unſerm temperirten 


Syſtem haben, ziemlich genau uͤberein fommen, klingen in dem Ton O, und 


eben dieſe harmoniſche Vermiſchung mae ht ohne Zweifel die Annehfmlichkeit des 
Klanges aus. 

Man kann hieraus abnehmen, daß der Wolklang es erfordere, daß tieſere 
Toͤne weitet aus einander zerſtreut, "Höhere aber näher an einander gebracht wer⸗ 


den muͤſſen. Die Natur laß t zwiſchen C und c nichts hören; zwiſchen c und e 5 


nur einen Ton g, die Quinte von o; ; zroifchen c c und c drey andre; zwiſchen e 0 


und © o aber eine hä andrer, die nur um halbe Töne von einander liegen; 


N. — — 
7 * 172 — 


und noch naher an einander liegen die, welch 


nan zwiſchen e und c Fer 
Dieſem Wink der Natur muß der Tonſetzer folgen, und die Toͤne in der 
Tiefe aus einander, in der Hoͤhe aber enge an einander bringen. Zwiſchen dem 
tiefſten Baßton und deſſen Oktave muß kein andrer ſtehen, und dieſer ge 
mu 


Au j, = 83 


des reinen Satzes in der Muſik. 145 


muß keiner naher kommen, als eine Quinte, der dritten Octave Feiner näher als 
eine Terz: hoͤher kann die Harmonie enger ſeyn. In der doppelt geſtrichenen 
Octave kann man ſchon durchgehende Secunden „und in der dreygeſtrichenen 
durchgehende halbe Toͤne anbringen. | 
| In der Höhe iſt es zwar nicht allezeit möglich die Töne ſo enge zuſammen 
zu halten, als die vorhergehende Vorſtellung der harmoniſchen Töne anzeiget. 
Man lerne daraus nur uͤberhaupt, daß das Enge der Harmonie in den hohen 
Stimmen vorzuͤglich muͤſſe geſucht werden. Am ſchlechteſten wuͤrde es ſeyn, 
wenn man die unterſte Mittelſtimme nahe an den Baß, und die zwey oberſten 
weit von der dritten Mittelſtimme bringen wollte. Wenn man noͤthig hat mit 
den oberſten Stimmen ſehr hoch zu ſteigen, fo. müffen fo wol die unterſte Mittel⸗ 
ſtimme, als der Baß, ebenfalls in die Höhe geruͤckt werden. Ueberhaupt kann 
der Baß nicht wol uͤber zwey Octaven von der aͤuſſerſten Stimme entfernt ſeyn; 
es ſey denn, daß bey vielſtimmigen Sachen der Raum zwiſchen der feste und 
hoͤchſten Stimme durch viele Mittelſtimmen ausgefuͤllt werde. 

Dieſes ſey von der engen und zerſtreuten Harmonie geſagt. 

Naͤchſt dieſem hat man bey dem vierſtimmigen Satze noch auf ſolgende 
Hauptpunkte Achtung zu geben. 1) Daß die Harmonie bey gutem Zuſammen⸗ 
hang, die gehoͤrige Abwechslung und Mannigfaltigkeit habe. 2) Daß die Fort⸗ 
ſchreitung ſowol ſowol in allen Stimmen zugleich, als in jeder einzelen Stimme, 
rein ſey. 3) Daß jede Stimme fire ſich einen leichten und flieſſenden Geſang 
habe, alle zugleich aber ſich gut vereinigen. Jeder dieſer drey Punkte verdienet 
etwas ausfuͤhrlicher betrachtet zu werden. 

) Wie die Harmonie in einer Periode vollkommen zuſammenhangend koͤnne 
gemacht werden, iſt oben im ſechſten Abſchnitt ſchon umſtaͤndlich gezeiget wor⸗ 
den (53). Ueber die Abwechslung und Mannigfaltigkeit derſelben iſt auch ſchon 
angemerkt worden, daß man mit wenigen Grundaccorden und deren Verwechs⸗ 
lungen, ſchon ziemlich lange Perioden nee koͤnne (53). Wir empfehlen dem 
angehenden Componiſten dieſes zur ernſtlichen Ueberlegung, damit er ſich vor 
der ekelhaften Monotonie huͤte, in wach ſo viel neuere Tonſetzer zu fallen pfle⸗ 
gen, da fie viele Takte hindurch auf einer Harmonie liegen bleiben, einen Dreyn⸗ 
klang behalten, oder ihn hoͤchſtens mit dem Sextenaccord umwechſeln laſſen, 


und bisweilen durch eine lange Reihe von Takten, mit der Harmonie nicht von 


der Stelle kommen koͤnnen. 1 au . wollen wir nur durch ein 
5 5 paar 


(63) Auf der 91. 92. und 93. Seite. i (64) ©. 101. 102, 


— nn sn m mn nn m „ nn nn rn nn nn ne — — —— — m nr nn 


. 


146 in di Die ist 


paar Beyſpiele das, was vom Zuſammenhang und der Mannigfaltigkeit der Har⸗ 


monie erinnert worden, deutlich e Man ie alſo folgende drey Bey⸗ 
ſpiele, a, b und c. 


= Ser 5555 


i ==: ee Sei 


een 0 
3 . 8 . — =: — (— 


eco m — A—————— 


FREE RER el 
Bez. SE e 


— C 

In dem erſten fehlt der Zuſammenhang der Harmonie, weil man auf jedem Ac⸗ 
cord ſtille ſtehen kann, indem allezeit vollkommene Conſonanzen in der obern 
Stimme ſtehen, wodurch das Gehoͤr auf jeder Harmonie, als auf einem Schluß 
befriediget wird, folglich kein Grund vorhanden iſt, etwas weiter zu erwarten. 
Im zweyten Beyſpiel iſt die Harmonie zuſammenhangender, weil die obere 
Stimme meiſtentheils die Terzen der Grundtoͤne hat, welche nicht beruhigend 
genug ſind, folglich eine weitere Fortſchreitung erwarten laſſen. Noch enger iſt 
aber die Verbindung in dem dritten Beyſpiel, wegen der vorkommenden Bin⸗ 
dungen oder Vorhalte. 

Was uͤber den Mangel der Mannigfaltigkeit erinnert worden, „ wird aus 


folgenden Beyſpielen deutlich werden. : 


ee el en ee 25 

—— 2— — MN Zi 

= — — ö 
— 


— — ——ö 


des reinen Satzes in der Muſtk. 147 


Ein Baß mit dieſer Bezifferung, wie er hier iſt, laͤßt dem Gehoͤr immer nur 
eine Wiederholung derſelben Harmonie hoͤren, was fuͤr Abwechslung auch das 
Auge darinn zu ſehen glaubt. Er klingt im Grunde nicht viel anders, als wenn 
er fo geſpielt würde, wie er unten im Grundbaße geſchrieben iſt. ‚x 
Maan muß bedenken, daß auch da, wo eine Melodie denſelben Ton etliche 
mal hinter einander wiederholt, die Harmonie doch hinlaͤnglich koͤnne abgewechſelt 
werden, indem derſelbe Ton bald die Terz, bald die Sexte, Quinte oder Octave 
deſſelbigen, oder ander Grundtoͤne ſeyn kann, und daß daher immer neue Har⸗ 
monien ſtatt haben. Wer der Harmonie maͤchtig iſt, kann bey Wiederholungen 
derſelben melodiſchen Stellen immer andere Harmonien, oder doch Verſetzungen 
der erſtern nehmen (55). Man kann ſogar zu einerley Melodie die Harmonie 
der uͤbrigen Stimmen aus verſchiedenen Tonarten nehmen. Da man alſo Mittel 
genug hat, Mannigfaltigkeit zu erhalten, ſo iſt das Monotoniſche der Harmonie 
um ſo viel weniger zu verzeihen. i 1 wir 5 
Man hat bisweilen Melodien, dazu ſich derſelbige Baßton einige Takte 
hindurch, ohne langweilig zu werden, beybehalten läßt. In dieſem Falle hat 
man ſich vor der uͤbeln Gewohnheit ſchlechter Componiſten zu huͤten, die die Baß⸗ 
toͤne, welche nach Beſchaffenheit der Sachen, aus halben, oder viertel, oder 


| 2 | achtel 
an „ - . 
(65) Die Kenntniß des doppelten Con⸗ 4 es 
trapunkts dienet vornemlich zur Erleich- es: 22 
terung dieſer Mannigfaltigkeit der Har⸗ * A 
monie. Wir wollen. hierüber nur ein ein⸗ . 
ziges Beyſpiel anführen. Folgender Satz 8 ĩ . ˙— 
von dem Capellmeiſter Graun iſt ſehr an⸗ om 
: En | S. r —-U— — 
5 Ba: m PH — 
N Pl 4 . 2 ar würde man im zweyten Takt den Baß des 
— — — —.— erſten wiederholen, ſo wuͤrde dieſe Stelle 
| De — alle Schoͤnheit verlieren. Man ſieht, daß 
ef 20 bey Wiederholung derſelben Töne in den 


eee „2, berſtimmen, jeder Baßton um eine Terz 
1 se ——..—— tieffer genommen iſt. Dieſe Verſetzung 

re gründet ſich auf den Contrapunkt in der 
Dee, ði . a 


148 Die Kunſt 


achtel Noten beſtehen ſollten, in Viertel „Achtel und Sechszehntheile verwandeln, 
wodurch die Begleitung des Baßes zu eine Art des Trommelſchlagens wird. 


Einige groſſe Componiſten laſſen bisweilen denſelbigen Baß viele Takte lang 
liegen, aber man unterſuche nur die obern Stimmen, ſo wird man finden, daß 
eine reitzende Mannigfaltigkeit und Abwechslung der Harmonie auf dieſelben Grund: 
toͤne gebaut iſt. Man muß ſich alſo nicht einbilden, daß uͤberall, wo man etwa in 
einer oder in zwey Stimmen diefelbigen Noten einigemal wiederholt ſieht, auch 
ein Mangel an Mannigfaltigkeit der Harmonie ſey. Groſſe Harmoniſten wiſſen 
auch hier, wo das Auge einerley zu ſehen glaubt, das Ohr durch Mannigfal- 
tigkeit zu ruͤhren; die aber, die dieſes nicht verſtehen, ſuchen vergeblich ihre 
langwierige Monotonie durch immerwaͤhrendes Abwechſeln mit Piano oder Forte 
erträglich zu machen. Aber in der hoͤchſten Stimme muß man ſich hüten, einen 
Ton allzulange anhalten, oder wiederholen zu laſſen. Ueber zwey, oder hoͤchſtens 
vier Takte, geht es nicht an. | a | 

Wegen der guten Abwechslung der Harmonie kann man jungen Tonſetzern 
nie genug empfehlen, daß fie die vielſtimmigen Sachen eines Haͤndels, Bachs 
und Grauns, mit anhaltendem Fleiſſe ſtudiren. Ehe ſie aber dieſes mit dem 
erwuͤnſchten Erfolg thun koͤnnen, muß ihnen der doppelte Contrapunkt ge⸗ 
laͤufig ſeyn. i 

2) Die Reinigkeit der Fortſchreitung, ſowol jeder einzelen, als aller vier 
Stimmen zugleich, beruhet groͤßtentheils auf die genaue Beobachtung der allge⸗ 
meinen Regeln uͤber die Fortſchreitung (S. 143.) und der beſondern Regeln, die 
in einigen vorhergehenden Abſchnitten, bereits angezeiget worden ſind. Wenn 
alſo die Diſſonanzen gehoͤrig vorbereitet und aufgeloͤſt werden; wenn man die im 
neunten Abſchnitt gegebenen Lehren uͤber die harmoniſche und unharmoniſche 
Fortſchreitung wol beobachtet; wenn man endlich das, was im vierten Abſchnitt 
über jeden vierſtimmigen Accord, von Weglaſſung einiger und Verdopplung an⸗ 
drer Intervalle, zur Vermeidung verbotener Quinten und Octaven, fo ausführ⸗ 
lich vorgeſchrieben worden iſt, ſich recht bekannt gemacht hat, ſo hat man uͤber 
dieſen Punkt wenig mehr zu wiſſen noͤthig. Wir wollen alſo hier nur noch einige, 
in dem vorhergehenden nicht vorgekommene Beobachtungen anfuͤhren. 

Die Terz kann niemal aus der Harmonie weggelaſſen werden. Woraus 
denn folget, daß in dem vierſtimmigen Satze bey dem Sextenaccord die Octave 
vom Baße nicht koͤnne erdöppelt werden, weil dadurch entweder die Sexte, die 
dieſem Accord weſentlich iſt, oder die Terz müßte weggelaſſen werden. Alſo kann 
man die erſte Verwechslung des Dreyklanges C nicht fo nehmen: | 


- 


des reinen Satzes in der Muſk. 149 


8 . 145 
ss” "B —_ oe 


Mehrere hinter einander Telgte Quarten wüſſen nicht angebracht wer⸗ 
den, wenn die unterſte Mittelſtimme von den beyden oberſten entfernt iſt, und 
dem Baße nahe liegt. Sie beleidigen in ſolchem Fall eben ſo ſehr, als hinter 
einander folgende Quinten. Wenn aber alle Oberſtimmen nahe an einander, 
und ſaͤmtlich vom Baß weniger entfernt find, fo kann man fo viel Quarten hin⸗ 
ter einander En als man will. | | 


| Es trift ſich zuweilen, daß man verbothene Octaven und Quinten zu hören 
glaubet, ob fie gleich in den Noten nicht koͤnnen entdeckt werden. Dieſes kann ge⸗ 
ſchehen, wenn die zwey oberſten Stimmen von einerley Inſtrument geſpielt wer⸗ 
den, da das Gehoͤr bisweilen die erſte und zweyte Violin mit einander verwechſelt. 
| Bir wollen nur ein Beyſpiel zur . A den Componiſten Aalen. 


EP TRETEN PER BEZBETE 
e_--I- 7-8 
8 — — == | 


Bea ee 


Folgender Satz, 


NER 6 R 
Se 3 
— — — — — EET EEE 
use 


— ä ao S- 


„„ „ 
Fee — 


klinget, 


150 A die Kurt 


fünget, als wenn Viol 2. — — . = 
er alſo geſetzt | 
wäre: x 1 eg er 
nn — eo = 


ke — — — 


6 N 8 
. — — — ͤ—eũ—d¹ — — — 
ern et 2 


i So ſehr man ſich im vierſtimmigen Satz fuͤr m Quinten und Octa⸗ 
ven zu huͤten hat, ſo giebt es doch auch Faͤlle, wo man ſie . kann, weil 
ihre uͤble Wuͤrkung kann vermindert werden. 


So kann man mehrere Quinten nach einander ſetzen, wenn man von den 
Quinten vier Toͤne aufwärts ſteiget, fuͤrnemlich wenn dieſe Quinten in dem Te⸗ 
nor gegen den Baß ſtehen, wie in folgendem en 


ee FE ee et EEE — 
323 b % | 
„„ — -——— BE ae a 
ä —— — 22 — — = 
m ͤ ͤ ::.. . —— — E 
a b c | d 


Hier ſiehet man bey a, b, e und d Quinten, 8 bey a die Quinte vom Baß um 
vier Töne ſteigt, fo erlaubet dieſes die folgende Quinte bey b, und da auch dieſe 
um vier Töne ſteiget, fo wird die folgende bey c erlaubt. Bey d iſt wieder eine, 
welche durch die durchgehende Baßnoten kann entſchuldiget werden. Hier aber 
iſt bey den Quartquintenaccord, die Quinte des Baßes verdoppelt worden; weil 
man dadurch zwey Quinten, welche im Diſcant und Tenor entſtanden wären, 
wenn man die Octave des Baßes genommen hatte, entgangen iſt. > 
2 er⸗ 


des reinen Satzes in der Muſik. 151 


Dergleichen Quinten alſo, erlauben ſich auch gute Harmoniſten, wiewol 

nur als einen Nothfall. Wir fuͤhren dieſes deswegen an, damit nicht junge 

Componiſten, wenn ſie etwa bey groſſen Meiſtern dergleichen Stellen antreffen, 
lich einbilden man habe nicht noͤthig, ſo gar ſtreng auf die Reinigkeit zu ſehen. 
Jene groſſe Componiſten wiſſen die Fehler, welche die Noth von ihnen gleichſam 

gepreßt, zu bedecken. Man muß aber, wo man auf ſolche Stellen kommt, wol 
in Acht nehmen, wie ſie von ihnen ul worden. 1 wuͤrde alſo fol⸗ 


gende Quinten 


. 
> seen = 
95 ses — 
43 — et — 
a R 
yo: SiS: = ——.— e . 
. — . — — — — —ö — 


vergeblich damit eefgufigen, W man Ei einem grossen Meifter folgende 
Stelle gefunden hat: 


a en en — res 
1 5 ———— —— — 
8 . de 4 


. f 
F 
5533 
Po — — = 1 
Jedoch, obgleich durch folche Quartenſpruͤnge die verbothenen Quinten und Sera 


ven im vierſtimmigen Satz erträglich werden, fo thut man doch beſſer, wenn man 
ſich auch davor huͤtet, und lieber an der Harmonie etwas fehlen laßt, alſo wuͤrde 


S 
E ne 
A Bi — ge SZ 
dieſer 805 I oder 
E N 
a ee Sc 
——s-8 — Zu — 


dieſem 


152 | Die Kunſt 


dieſem vorzu⸗ 


8 5 
ziehen feyn. 2 Ber 2 
A | — — ñ—v— 
— — — 2—— 
2 


Im ee N Satz wird die unangenehme Wuͤrkung der Quinten und Octa⸗ 
ven, durch erwähnte Quartenſpruͤnge nicht mehr bedeckt. Sie find alſo auf dieſe 
Art nur etwa in kuͤnſtlichen Contrapunkten zulaͤßig. Hingegen kann man fie 
in mehr als vierſtimmigen Satze ohne Bedenken ſetzen; doch ſind ſie in der Ge⸗ 
genbewegung allemal am beſten. 

Zwey Quinten, davon die eine vollkommen, die andere aber eine Feine 
Quinte ift, werden ohne Bedenken nach einander 2 beſonders im Abſteigen, 


weniger gut 


Doch hat J. S. Bach ein ſo zärtliches Gehoͤr gehabt, daß ihn bisweilen auch 
dieſes beleidiget hat. Wir finden daher, daß er durch Verdoppelung der Quinte 
bey dem Dreyklang die vollkommene Quinte nach der kleinen vermieden hat, wie 
aus nachſtehenden Beyſpiel Bu ſehen iſt: 


e 215 


— alſo 5 


des reinen Sites in der Muſtk. ‘153 


Die zwehte Art zog der Cepellmeiſer Graun der erſtern vor, 52 55 wenn in 
der Vorzeichnung die kleine Terz vom Baße nicht war, ſondern erſt durch ein 

x aus der verminderten Terz die wahre kl kleine Terz mußte gemacht werden. Er 
oeappele lieber die kleine nl Be als die e bey 


ren 1 5 

J nern ern, 
-Ss-zeil size: — 
Sr — wer — 1 


; i 3 „ 1 4 * 
Einige ſuchen in gewiſſen Faͤllen den verbothenen Q ‚titten dadurch zu entgehen, 
daß ſie zwey Stimmen zugleich in die Bi kreten laſſen. Wenn dieſes aber die 
groſſe Terz iſt, zumal wenn ſie zufällig und erſt duech * hervorgebracht wird, 


wie in nachſtehendem Beyſpiel im letzten Takt, ſo iſt dieſe 5 95 de nicht gut. 


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Ohne dem aber waͤre die nächſte Aer a dem Baße „wie fie hier ſehe, 
nicht zu ſingen. r | 

Ein beſonderer, aber erlaubter Fall, Quinten und Dikaoen in der Gegen⸗ 
5 1 zu en um Se e Quinten zu entgehen, iſt e 


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154 | Die Kunſt 


Durch das Ueberſteigen zwoer Stimmen kann man auch verbothene Quin⸗ 
ten vermeiden, wie folgende Beyſpiele zeigen, wo man ohne dieſes eine verbothene 
Fortſchreitung in die e Secunde e oder Quarte gg zulaſſen . 


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Bey y find zwar zwey vollkommene Quinten, welche nur mit der Secunden⸗ 

fortſchreitung da ſtehen, die aber wegen des dißonirenden S Secundenaccords gar 
nicht widrig ſind. 

Das Ueberſteigen zweyer Stimmen ift erlaubt, einmal wenn man Octaven 

und Quinten entgehet, 


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des reinen Satzes in der Muſik. 155 


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hernach ER das Ueberſteigen des Baßes der Deestlang oder deſſen erſte 
Verwechslung der Sextenaccordentſtehet, wie bey . Mur denn nicht, wenn durch 
die Herunterſetzung des Tenors der Quartſer; tenaccord am Ende einer Periode ent⸗ 


ſteht, wie bey P. | 
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74 


a In Ai Fall, wo der conſonirende Quartſextenaccord in der Mitte einer 
gc geſetzt wurden an 3 wi es einerley, ob der ai oder a den 5 0 
Ton habe, Er 


Jene Einfehränfuung e ſich nur auf le Faͤlle, wo z. Er. ei ein C 1 5 
von vier Singſtimmen obne Orgel mit 16 Fußton oder Violon gejungen wird. 


| Indeſſen kann auf eine ähnliche Art ohne Fehler der Tenor unter den Baß 
treten, wenn nur entweder ein Violon, oder auf der Orgel ein tiefferer Baß dem 
hoͤhern zur Bedeckung dienet. So würde folgendes Beyſpiel ohne Violon falſch, 
und mit einem Violon gut ſeyn. Ro 


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Wie man in dem ſogenannten bunten Gomeräbunft 4005 mehrere Serien 
nehmen Fönne, wird in den nächften Abſchnitt gezeigt werden. 1 

Diejenigen Quinten und Octaven, die bey Inſteumenten oder Einäftim- 

men, durch Ueberſichtreten vermieden werden, koͤnnen auf Orgeln, Fluͤgeln oder 
Clavieren auf dieſe Art nicht vorkommen, weil man N das Ueberfprin: gen der 
Stimmen nicht merket. 
3) Aber die hoͤchſte Reinigkeit des Sie, Ehe den vierſtit immigen Ser 
fang noch nicht vollkommen; jede Stimme muß auch für ſich innen eigenen und 
flieſſenden Geſang haben, und alle Stimmen zugleich muͤſſen ſich angenehm ver⸗ 
einigen. 

Zuerſt alſo muß jede Stimme ihren eigenen und flieſſenden Geſang baben. 
Man muß ſich nicht einbilden, vierſtimmig geſetzt zu haben, wenn man meh⸗ 
rere Sunne Oeraveniweif mit einander gehen . en ft bielleiche in 

a! 3: Tr zu 0 . 

(66) Man ſieht bisweilen Stücke, die Grunße u nur drey⸗ oder bierſtimmig ſind. 
das Anſehen haben, als wenn fie aus ſehr Der Alt geht mit dem Baß, und der Te 
vielen Stimmen beſtuͤnden, 9 aber im nor mit dem Discant Octaven weis. Auf 
die ſe 


des reinen Satzes in der Muſtk. 157 


der ganzen Wiſſenſchaft des Satzes nichts ſchweereres als dieſes, daß jede der 
vier Stimmen nicht nur ihren eigenen flieſſenden Geſang habe, ſondern, daß auch 
in allen einerley Charakter beybehalten werde, damit aus ihrer Vereinigung ein 
einziges vollkommenes Ganzes entſtehe. Hierin hat der verſtorbene Eapell⸗ 
meiſter Bach i in Leipzig vielleicht alle Componiſten der Welt uͤbertroffen; des⸗ 

| 5 ſowol ſeine Choräle, als ſeine groͤſſern Sachen allen Componiſten, als 
die beſten Muſter zum fleißigen Studio, hoͤchſtens zu empfehlen find (5˙). Auch 
geuͤbte Componiſten werden ſich le leichter davon uͤberzeugen koͤnnen, wenn ſie ver⸗ 
ſuch hen werden, zum Baß und Diſcant eines feiner Choraͤle, einen Alt und Te 

nor zu ſetzen, und dieſe Stimmen eben fo fingbar, und für Den Ausdruck fo 

ut zu machen, als die beyden andern ſind. 

Der gute Geſang jeder Stimme haͤngt hauptſächlich von leichten Fort⸗ 
ſchreitungen kleiner Intervalle ab. Wo viel groſſe Sprünge in einer Stimme 
vorkommen, da verliert der Geſang ſeine Anmuthigkeit, und die Stimmen lau⸗ 
fen durch einander, daß das Ohr ganz verwirrt wird. Da es unmöglich if, 
das, was hiezu erfordert wird, in Regeln zu faffen, fo iſt der beſte Rath, den wir 
angehenden Componiſten geben koͤnnen, dieſerz daß fie die Arbeiten unſrer groͤß⸗ 
ten tie Componiſten mit anhal tenden F Fleiſſe ſtudiren, und ſich bieſeben zu 
Muſtern | nehmen. Wir wollen nur durch ein einziges Beyſpiel zeigen, wie wi⸗ 


5 und b ugbar gewiſſe ver bei Fortſchreitt ingen ſi nd. Man unterſuche 


* 


der zwehte deuor) 
daß zwehte Horn 
der Singbaß meiſtens mit dem zweyten 
Tenor im Einklang gegen den Baß, 
die Pioka eine Octave hoͤher. 
der Violon eine Octave. e 


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dieſe Weiſe koͤnnte man leicht einem in der ie Stabe Keen 


That nur dreyſtimmigen Satz das Anſehen 
geben, als ob er aus 10, 12 und mehr 
Stimmen beftünde. Man nehme B. 
folgende Einrichtun z:; 
Gegen den eyſten Discant gienge 


die erſte Doboe.) 

die erſte Violin 32 a 

die erſte Floͤte eine Octabe hoher, 1 

T 

855 t Wine orn * eine Octave tiefer, 
Gegen den zweyten Diskat oder Alt 
die zweyte Hoboe) | 

die zweyte Violin 

die zweyte Floͤte eine Octobe höher, 


95 Einklang, > = 5 


im Einklang, 


So haͤtte man dem Anſehen nach ſechszehn 
Stimmen, die im Grunde nur dreh Stim⸗ 
men ausmachen. . 


(67) Wegen des groſſen Nutzens, 100 
junge Compomſt ten aus den Werken dieſes 
groſſen Mannes ſchoͤpfen konnen, habe ich 


mich entſchloſſen mit naͤchſtem eine Samm, 


lung von hundert Choraͤlen von demſelben 
durch den Druck bekannt zu machen. 


* * 


158 Die Kunſt 


in dem nachſtehenden Beyſpiele, welches aus dem Liede, von Gott will ich 
nicht laſſen, genommen iſt, die Tenorſtimme, ſo wird man phuden „ baß fie 
auf dieſe Art faſt unmoͤ glich wuͤrde zu ſingen ſeyhn. 


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Von c des zweyten Takts nach dis im dritten, iſt ne 0 Secünde, und 
in der nehmlichen Stimme vom dritten zum vierten Takt vom dis nach g herun⸗ 


ter eine übermäßige Quinte, und zu gleicher Zeit im Alt von fis nach c herunter 
eine uͤbermaͤßige Quarte. In folgendem Exempel iſt bey e die Fortſchreitung 
vom Is nach deſſen verminderten Terz de, ohnerachtet s welches ebenfalls ein ver⸗ 
botener Quartenſprung iſt, dazwiſchen kommt, hoͤchſt falſch und unmöglich zu ſin⸗ 
gen; weil nach dieſem eis erſt die Harmonie , als wovon es das Subſemitonium 
iſt, folgen muß, ehe man von demſelben zum e gehen kann, wie bey B; die Octa⸗ 
ven nicht gerechnet, welche in dem er Exempel von e nach d mit dem Baße 
folgen. 5 Ba | | 


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Ob gleich her nur noch von dem ſchechen Contrapunkt die Rede iſt, da 
Note gegen Note geſetzt wird, fo kann doch zum voraus erinnert werden, daß 
es ſehr uͤbel gethan iſt, wenn in vier, oder Ar 5 dreyſtimmigen Sachen, eine 
Stimme ſo geſetzt wird, daß ſie ſehr vor den andern hervorſticht, wodurch ger 
ſchiehet, daß dieſe ihr gleichſam nur zur Begleitung dienen; denn dieſes ſtreitet 

. » ganz 


des reinen Satzes in der Muſik. 159 


ganz wieder die Natur des vielſtimmigen Satzes (52). Die Stimmen muͤſſen, 
e viel immer möglich iſt, einander an Schönheit gleich kommen. 

Indeſſen iſt Doch vorzüglich darauf zu ſehen, daß die oberſte Stimme ge 
gen den Baß die hoͤchſte Reinigkeit und die reitzendſte Harmonie habe. Denn 
das Gehör iſt für die hoͤchſten Töne am empfindlichſten. Am beſten ſchicken 
ſich fuͤr die oberſte Stimme die Terzen und Sexten, die man wechſelsweiſe neh⸗ 
men kann. Hier und da kann man die Quinte, noch ſeltener aber die Octave 
nehmen. Die groͤßten Harmoniſten behaupten, daß die Harmonie auch bey ſehr 
vielſtimmigen Sachen immer etwas leide, wenn die Octave des Baßes in der 
aͤuſſerſten Stimme liegt. Indeſſen kann es nicht allemal, ohne dem flieſſenden 
Geſang irgend einer Stimme zu ſchaden, vermieden werden. 

In der oberſten Stimme muͤſſen auch die bloß durchgehenden Octaven und 
Quinten gegen den Baß forgfältig vermieden werden. Dieſe groſſe Sorgfalt hat 
man in Anſehung der obern Stimmen gegen die Mittelſtimmen eben nicht noͤthig; 
wiewol einem feinen Gehör auch da durchgehende Quinten fuͤhlbar find. Man 
findet ſogar, daß der felige Bach verdeckte Juinten 1 zuweilen in den Mittelſtimmen 
vermieden hat, und ſtatt der Octave De ordinairen Accorde die Quinte verdop⸗ 
pelt 95 wie bey 6. 


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63) Man ſteht bisweilen Trio, wo 


die 1001 Stimme die übrigen vollkommen 


verd unkelt, ſo daß die andern ohne Ge⸗ 
ſang und Zuſammenhan Aan In die⸗ 
en Fehler ji zlen inſonderheit die Compo⸗ 
niſten am meiſten, die vornaͤmlich die 
Stimme und das Juſtrun nent, ſo fie ſel⸗ 
ber ſpielen, in einem recht glänzenden 
Lichte zeigen wollen. Sie bedenken aber 


nicht, daß die, welche die andere Stim⸗ 
men haben, in ſolchen Fall unmoglich mit 
der gehörigen Empfindung ſpielen koͤngen. 
Wie ſoll man gut ſpielen, wenn in der 
ganzen Stimme, die man hat, nichts von 

dem 2 Affekt, und dem wahren Ausdruck des 
Stuͤcks liegt, und dieſes allein in einer 


einzigen Stimme zuſammengebracht iſt? 


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Ob man gleich nach der groſſen Terz von der Dominante eines Tones, lie⸗ 
be am Ende die Octave verdoppelt, ſo iſt man dennoch zuweilen verpflichtet, 
ohne auf den guten Geſang zu ſehen, die Quinte ſtatt der Octave zu nehmen, 
um den darauf folgenden Octaven gegen den Baß zu entgehen. 


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Da man vornehmlich auf den guten Geſang in jeder Stimme zu fehen hat, und, 
wie bekannt, die groſſe Terz von der Dominante in die Octave des folgenden 
Baßtones am reinſten und gefaͤlligſten tritt, ſo ſuchet man lieber vorher die Har⸗ 
monie ſo einzurichten, daß man nicht in Verlegenheit komme. Man hoͤre Cho⸗ 
raͤle mit Poſaunen und Zinken oder Trompeten den Discant blaſen, die Altpo⸗ 
ſaune habe die erwähnte Terz der Dominante, wie widrig es dledenn 1 
wenn ſie nicht uber ſich in die Detave vom Baße tritt. 


— 


Da die Altpoſaune nach dem Zinken ſehr deut ich ins Gehör fälle, fo iſt 
nichts unausſtehlicher, als wenn erwähnte Terz ſtatt einen halben Ton über ſich 
zu treten, eine groſſe Terz unter ſich tritt, in welchem Falle fie einen Sänger ſehr 
widrig und unſingbar wird. | 


Diejenigen SHetäle, wo der Alt auf ſolche Ark von der Terz der Dominante 
eine groſſe Terz unter ſich tritt, kommen nur in den Faͤllen vor, da die Chöre ſehr 
ſtark, oder mit Inſtrumenten zugleich beſetzt find; aber blos für 4 Sänger macht 
es die widrigſte Wuͤrkung, weil die Stimme des Altiſten, eben fo merklich zu 
hoͤren iſt, als die Altpoſaune bey dem Zinken. In der nächſten Stimme, „naͤm⸗ 
lich Teuor, iſt die Terz mehrerer Freybeit berechtiget. W 


0 5 


Als Muſter des reinen und guten vierſtimmigen Geſanges, ſind hier folgende 


Chhoraͤle eingeruͤckt. 


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5 


Von dem dreyſtimmigen Satz hat man, auffer den allgemeinen Regeln 
der reinen Harmonie, folgende beſondere Regeln wol in acht zu nehmen. 


(69) In dieſen Choraͤlen hat man faſt 
uͤberall dißonirende Accorde vermieden, und 
ſich blos des Dreyklanges und deſſen erſter 
Verwechslung des Sextenaccords bedienet, 


weil in dieſer Schreibart wegen der Quin⸗ 
ten und Octaven die groͤßte Vorſicht noͤ⸗ 


thig iſt. 


Man kann hier auch nicht auf einen 


vorzuͤglich guten Geſang in allen Stimmen 
ſehen, es iſt genug wenn man nur Quinten 
und Octaven, wie auch alle verbotene Fort⸗ 
ſchreitungen vermeidet, desgleichen die Graͤn⸗ 
zen der Singſtimmen nicht uͤberſchreitet, 
welches entweder durch die zerſtreute oder 
enge Harmonie kann bewerkſtelliget werden. 


J 


5 Wenn 
Bey dieſer Gelegenheit iſt zu wiſſen, 
daß der Discant in Chören nicht über 8 


und unter d geſetzt wird, der Tenor hat 
die naͤmliche Ausdehnung nur daß er 
eine Octave tiefer iſt, als von d der 


erſten Linie deſſelben bis in g. 


Der Alt hat gegen den Distant gleiche 
Ausdehnung mit dem Unterſchiede daß er 


eine Quinte tiefer liegt, naͤmlich von bis c. 
Der Baß eine £ Octave tiefer als der Alt, 

naͤmlich A bis „ ohne Bedenken kann 

man im Baß bis d gehen. a 


des reinen Satzes in der Muftk. 


Wenn die obern Stimmen weit vom Baß entfernt ſind, z. E. über zehen 
Toͤne, fo darf man fie nicht Quartenweiſe fortſchreiten laſſen. Dieſes geht aber 
an, wenn der Baß naͤher an der Mitte lſtimme liegt. Folgendes wurde ſehr 
. 1 


171 


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Sn sun ara Te er Sa 
f* 5 7 5 — — — — 2 — —— 
— = — — u 


Hingegen koͤnnten die obern Emmi fo, mie fe bier fi nd, 1 wenn der 
Baß eine Octave hoͤher geſetzt würde, Dech wuͤrde dieſes noch nichts helfen, 
wenn die obern Stimmen geſungen, und der Baß von einem Inſtrument ge⸗ 
ſpielt wuͤede. Man weiß aus der Erfahrung, daß man in ſolchem Fall, auch 
bey dem beſten Orcheſter, faſt gar nichts vernihmt, als die Stimmen der Saͤn⸗ 
ger. Hieraus folget, daß im dreyſtimmigen Satz, die beyden oberſten Stimmen 
allemal fo müſſen geſetzt werden, daß man auch den Baß davon wegnehmen 
koͤnnte. Darum hat man ſich hiebey vor viel nach einander folgenden Sexten 
zu hüten, die in den obern Stimmen Quartengange machen. Wenn die zwey 
concertirenden Stimmen immer durch Terzen und Sexten fortruͤcken, ſo wird 
der Geſang auch ziemlich arm ſelig, ob es eich bisweilen in ganz kurzen Saͤtzen 
angenehm klinget „ 


Zur e empfehlen wir die Verachtung ber zwey wache 
en | | | 


Fe 
RR 


(70) Ueberhaupt müffen die Duo, von 
zwey concertirenden Stimmen und einem 
Baß, oder mehrern begleitenden Stimmen 
allemal ſo geſetzt ſeyn, daß ſie auch ohne 
Begleitung ſo ſchoͤn, wie ein zweyſtimmi⸗ 
ger reiner Satz klingen. 


Dieſes koͤnnen 
nur die Tonſetzer erreichen, die hinlaͤnglich 
in der cena der Fugen, und der 


dazu noͤthigen einzelen Theile, als gebun⸗ 
dener und freyer Nachahmungen und Ca⸗ 
nons, geuͤbet ſind. Die vollkommenſten 
Muſter dieſer Art ſind die Haͤndelſchen, 
Bachiſchen und Grauniſchen Arbeiten. Die 
letzten hoffe ich in kurzem den jungen Com⸗ 
poniſten, und den Liebhabern, durch den 
Druck in die Haͤnde zu liefern. | 


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Dieſe Beyſpiele ſind fuͤr zwey Saͤnger geſetzt, durch den Baß werden ſie aber drey⸗ 
ſtimmig. Im erſten fingen die Sänger Sexten- und Terzienweiſe; im zwey⸗ 
ten ſind ſowol die Terzen als Sexten in! der Ordnung nach einander vermieden 
worden. Dieſe Art hat den Vorzug fuͤr der erſten. Ueberall aber muͤßen der⸗ 
gleichen Stuͤcke fuͤr zwey Saͤnger, in Anſehung der Singeſtimmen, nach Art 
der zweſtimmigen Sachen geſetzt fern, wovon hernach wird geſprochen werden. 


Bey dieſem Satz hat man, wenn die zwey obern Stimmen concertiren, 
auch darauf zu ſehen, daß dieſe Stimmen nicht zu weit von einander entfernt 
ſeyen, wie es z. E, ſeyn wurde, wenn die oberſte Stimme für die 925 oder 

g Violin, 


des reinen Satzes in der Muſik. 173 


Violin, die zweyte aber fuͤr ein Fagot oder Violoncell geſetzt waͤre, oder in 
Singeſtimmen nur ein Diſcant und ein Baß waͤren. 5 

Auch hier pflegt man nicht gerne eine Stimme uͤber, oder unter die 
andre treten zu laſſen, weil dadurch der Geſang der oberſten Stimme verletzt 
wird. Dieſes hat nur bey dem Trio und Duetten von zwey concertirenden Stim⸗ 
men ſtatt. Judeſſen iſt man bisweilen genöfhiget, es zu thun, wenn man auf 
keine andere Art Quinten, oder Octaven entgehen kann. 

Bey einem dreyſtimmigen Satze, wo zwey gleiche Inſtrumente concertiren, 
iſt es ohne Nutzen, die Sätze des einen von dem andern nachahmen zu laſſen; 
denn es klinget allemal wie eine Wiederholung des vorhergehenden. Zwey un⸗ 

gleiche Inſtrumente koͤnnen es thun, bey gleichen aber helfen die Verſetzungen 
in den an der Octave. Folgende zwey Oberſtimmen mit Violinen 


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Paz 5°, ne) 2 A 
1 . . —— tes ie 
5355 3 


wuͤrden gerade ſo klingen, = en. g 


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— a 2 2 — 85 


Beſſer wuͤrde es durch eng einiger Tone in den 5 der Octave 
eh „ wie hier: f 


Auch 


Auch huͤtet man ſich hier, fo viel möglich, die Defave oder Quinte vom Baß 


in die oberſte Stimme zu bringen, auſſer im Anfang und Ende, oder zu bef 
ſerer Bezeichnung der Abſchnitte. Denn da ſie zu voll klingen, ſo ſetzen ſie 
ſchon einigermaaſſen das Gehoͤr in Ruhe. Vorzuͤglich muß die Terz vom 
Baß in die oberſte Stimme kommen, damit das Gehoͤr nirgend, als wo wuͤrk⸗ 
liche Abſchnitte find, ruhen koͤnne. ubs bekomme di die e en, ge 
nauen Zusammenhang. 


Ma muß ſich auch wol huͤten, daß der Baß nirgend über eine der a 
Stimmen trete, weil dadurch die Natur des Accords verändert wird, zumal 
beym Dreyklang, der dadurch wie der Quart⸗Sextenaccord Finger, wie aus fol 
gender m Beyſpiel zu ſehen iſt, 


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wo der letzte Accord gerade fo klinget, wie der Quart⸗Sey tenaccon en + Die: 
fes fey vom dreyſtimmigen Saß geſagt. | 


Der zweyſtimmige Satz ift der ſchwerſte von allen, und a nicht eher 
vollkommen gut gemacht werden, als bis man eine völlige Kenntniß des vier⸗ 
ſtimmigen Satzes hat. Er iſt von zweyerley Art, Entweder iſt nur eine Solo⸗ 
ſtimme, die durch den Generalbaß begleitet wird, oder es find zwey concertirende 
Stimmen, ohne andre Begleitung. In dem leßtern Fall iſt der Satz am ſchwer⸗ 
ſten, weil man gar zu eingeſchraͤnkt iſt. Man darf nirgend, weder die Octave 
noch die Quinte in die oberſte Stimme ſetzen, als wo Schluͤſſe ſeyn muͤſen. Denn 
weil die Terz zur Harmonie unentbehrlich iſt, ſo wuͤrde allemal, wo die Octave 
oder Quinte in der oberſten Stimme ſteht, ein Schluß gemacht werden. Alſo 
kann man in der oberſten Stimme nur Terzen und Septen mit der Quart und 
Septime, als ihren Vorhalten anbringen. Die None kann auch noch gebraucht 
werden; nur muß der Baß, oder die untere Stimme, nicht bis zur Auflöfung 
liegen bleiben, ſondern entweder eine Terz uͤber ſich treten, daß die None in die 
Serte aufgeloͤſt wird, oder um eine Terz unter ſich, daß die None ſich in die 
Decime „ oder Terz auflöfet, wie aus dieſen Beyſpielen zu ſehen iſt. 


- 


des reinen son. in der Muſik. 175 


ö 
5 PM 5 = 2 
= a 


Ber Bel 


Bey den S Er hat man im 8 N Satz in Acht zu nehmen, 
daß die zweyte Stimme nicht von der Dominante in die Tonica ſchließt, wie ge⸗ 
meiniglich der Baß thut. Schließt die Oberſtimme durch die Quinte der Domi⸗ 
nante wie unten bey &, fo wird in der untern Stimme die Terz dieſer Döminante, 
oder das Subſemitonium der Tonica genommen. Schließt aber die obere Stimme 

durch das Subſemitonium, ſo geht die untere Stimme von der Secunde in die 
Tonica, wie bey ß, doch verträgt in dieſem Falle die untere Stimme auch noch 
den Baßſchluß, wie bey ). Nothwendig wird es aber, daß die untere Stimme 
zum vorletzten Ton die Dominante der Tonica habe, wenn der Schluß nicht wie 
in! den vorhergehenden Beyſpielen in die Haupttonica, ſondern in ihre Unterterz 
geſchieht, wie bey J, wo man, ob gleich die obere Stimme, wie bey ß und bey y 
fortgeht, den Schluß nicht nach © fondern nach A mol macht. Hier koͤnnte 
man anſtatt g in der untern Stimme, nicht feine Dominante d nehmen, wie in 
dem Beyſpiel B geſchehen iſt. Macht man einen halben Schluß in die Domi⸗ 
nante des Tones, darin man iſt, und ſetzet alsdenn die Quinte dieſer Dominante 
in die oberſte Stimme, ſo muß die zweyte Stimme nothwendig die Terz gedach⸗ 
ter Dominante haben; Steht aber dieſe Terz in der oberſten er, ſo kann 
die zweyte Seimme dieſe Dominante ſelbſt haben. 


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Die meiſten Bieinien, ſowol für Trompeten als Waldhörner, nehmen beym 
Schluß in der untern Stimme die Terz der in der obern Stimme vorkommenden 
Tonica. Aber beſſer iſt es, daß beyde in die Oetave, oder allenfalls auch in den 
Einklange ſchlieſſen, we (ches inſonderheit bey tieffen Inſtrumenten nothwendig iſt. 
Dieſer zweyſtimmige Satz auf zwey Floͤten, oder andern gleichtoͤnenden 
Inſteumenten, oder Stimmen, iſt wegen der Schwuͤrigkeit, daß eine dritte 
Stimme nicht dabey vermißt werde, ſo ſchwer, daß ich von dieſer Art nur des 
Serrn W. Friedemanns Bachs, älteften Sohn des J. S. Bachs, Floͤten⸗ 
duette kenne, die als vollkommene Mufter zur Richrſchnur dieſes Satzes dienen 
Fon: 


Rh 


176 Die Kunſt 


koͤnnen. Viele Duetten ſind der Gefahr unterworfen, daß mehr als eine Stim mine 
dazu koͤnne geſetzt werden. 


Noch ſchweerer iſt es, ohne die geringſte Begleitung, einen einfachen Geſang 
ſo harmoniſch zu ſchreiben, daß es nicht moglich ſey, eine Stimme ohne Fehler 
beyzufuͤgen: nicht einmal zu rechnen, daß die bug dg Stimme hoͤchſt un⸗ 
ſingbar und ungeſchickt ſeyn wurde. In dieſer Art hat man von J. S. Bach, ohne 
einiges Accompagnement, 6 Sonaten für die Violin und 6 fur das Violoncell 
Es iſt aber hier nur die Rede von den Stücken die einſtimmig geſetzt ſind: 


Dieſes find alſo die wichtigſten Regeln, durch deren Beobachtung der vier⸗ 
drey- und zweyſtimmige Saß rein und auch wolklingend wird. 


Der vielſtimmige Satz, zu Fünf, ſechs und mehr Stimmen hat weniger 
Schwierigkeit, weil es dabey in den Mittelſtimmen nicht mehr auf die größte 
Reinigkeit ankommt, und ſowol haͤuffige verdeckte Quinten und Octaven, als auch 
offenbare in der Gegenbewegung in demſelben ſo vorkommen koͤnnen, daß der Ue⸗ 
belklang, den ſie in Sachen von wenig Stimmen verurſachen, durch die andern 
Stimmen bedeckt und unmerklich wird. 


Man braucht in dem vielſtimmigen Satze dieſelben Accorde „die man in 
dem vierſtimmigen nehmen würde, nur mit dem Unterſchied, daß man ein oder 
mehrere Intervalle in denſelben, ohne Wegl ans anderer verdoppelt, damit die 
Anzahl der Stimmen herauskomme. 


In dem fuͤnfſtimmigen Satz verdoppelt man zur fünften Stimme in dem 
Dreyklang vorzuͤglich die Octave, nach ihr die Quinte, ſelten die Terz; weil die⸗ 
5 letztere ofte verbothene Octaven verurſachet. Dieſes find demnach die drey 

Geſtalten des Dreyklanges zum fuͤnfſtimmigen Accord. 


ee 


Bey dem Sextenaccord kann man die Sate die Terz 11 die Octave des Baß⸗ 
tones verdoppeln; das letztere aber muß mit mehr Worſich anne geſchehen, weil 
die 


des reinen Satzes in der Muſik. 177 


die Octave die Terz des eigentlichen Grundtones iſt. Alſo be man auch drer 
Geſtallten des vierſtimtei igen Septenaccordes 4 5 


EB eis 3: Se] 
Pete 


Die Verdopplung der Octave des Baßtones iſt bey ganzen Sen nothwen⸗ 
dig, und es wuͤrde ein Fehler ſeyn, es nicht zu thun, wie aus dieſem Beyſpiel 


a ſehen iſt. 


Bey dem Septimenaccord hat man, wenn die Octave des Grundtones 
beybehalten wird, keine Verdoppelung noͤthig, weil er an ſich vierſtimmig iſt. 
Laͤßt man aber die Octave weg, ſo kann man die Quinte oder die Terz verdop⸗ 
peln. Die groſſe Terz darf, wie bey dem Dreyklang, ſelten verdoppelt werden, 
hingegen hat die Verdopplung der kleinen keine e ae Die Septime 
ſelbſt aber fan niemal verdoppelt werden. 


Bey den Verwechslungen des Septimenaccords Ka man leicht beurtheilen, 
welches Intervall zu verdoppeln fen; wenn man nur ſich in acht nihmt, daß die 
Septime des Grundtones nie doppelt erſcheine. Alſo muß in dem; Accord nicht 


die Quinte, in dem 4 nicht die Terz verdoppelt werden, und in 1 2 Accord 
muß die Octave des Baßes in den obern Stimmen nicht vorkommen. 


Bey den zufaͤlligen Dißonanzen, der None und der Quarte, verdoppelt 
man entweder die Quinte, oder die Octave des Grundtones. Bey der None 
aber doch die Quinte lieber, als die Octave. ni 


3 12 5 Eben 


Die Kunſt 
Eben dieſe Anmerkungen von Verdopplung gelten auch von dem ſechs und 
mehrſtimmigen Satz, da denn zwey Intervalle anſtatt eines verdoppelt werden, 
nämlich die Octav und die Quinte zugleich. 

Hauptſaͤchlich hat man ſich im ſechsſtimmigen Satz bey dem Secund⸗ 
Quart⸗Sext⸗Septimen⸗ Accord in acht zu nehmen, daß man ihn nicht mit 
dem Quart⸗Sext⸗Septimen⸗Nonen⸗ Accord vermiſche. Bey dem erſten 
verdoppelt man die Conſonanzen von der Quinte des Baßes, als des eigentlichen 
Grundtones, bey dem andern aber die Conſonanzen des Baßtones ſelbſt, wie 


178 


in 1 Beyſpiel zu ſehen iſt (7°). 


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Dieſe Gaͤnge kommen nur bey dem ſogenannten Orgelpunkt, (7?) da der Baß inte 


bleibet, vor. 


(71) Das fichere Unkerschetdungsze⸗ 
vom Secund⸗uart⸗Sext⸗Septimen⸗ 
und Quart⸗Sext⸗ Septimen-Nonen⸗ 
Accord iſt, daß bey dem Secund-Quart⸗ 
Sext⸗Septimen⸗Accord jederzeit die Octave 
als zufaͤllige Dißonanz von der großen 
Septime kann vorgehalten werden, wie 
bey : Hingegen bey dem Quart⸗Sext⸗ 
Septimen⸗Nonen⸗Accord nicht, wie bey B: 


(72) Der Orgelpunkt iſt eigentlich ein 
durch melodiſche oder harmoniſche Ver⸗ 


zie hrungen verzoͤgerter ganzer Schluß, der 
meiſtentheils am Ende eines Tonſtuͤcks, 
bisweilen aber auch mitten in demſelben 
vorkoͤmmt. Naͤmlich der Baß haͤlt die 


Hier iſt in dem zweyten Takt die erſte Harmonie der obern Stim⸗ 


— . : 1 m e n, 


Dominaiite des 1 dahin geſchloſſen 
wird, aus, da inzwiſchen die obern Stim⸗ 
men mancherley Harmonien auf demſel⸗ 
ben hoͤren laſſen, die meiſtentheils durch 
Bindungen und Vorhalte gfeichfem in eins 
ander gekettet werden, bis endlich der voͤl⸗ 
lige Schluß erfolget. Dieſe Verweilung 
auf einem anhaltenden Baßton gefchieht 
bisweilen auf der Tonica ſelbſt, da, nach⸗ 
dem bereits die Finaleadenz eingetreten iſt, 
von dem Dreyklang auf der Tonica durch 
mancherley Harmonien hindurch eine noch⸗ 
malige Wiederholung deß Schlaſſ ſes ver⸗ 
anſtaltet wird. | 


des reinen Satzes in der Muf. 179 


men, der Septimenaccord von E, welches hier der wahre Grundton, und die 
Dominante des Tones iſt, in den man ſchließt. Daraus erhellet deutlich, daß 
der Ton h, der im zweyten Takt die Secunde iſt, im dritten zur None werde. 
Als Secunde iſt ſie die Quinte des eigentlichen Gründtones und conſonirend, weil 
da der Ton a die zufällige eee iſt. Darum hat dieſe Secunde einen freyen 
Gang, da der Ton a ſich in die Terz des wahren Orundtones aufloͤſet. Da aber 
das h des zweyten Takts liegen bleibet, und im letzten Takt der Vorhalt der Octave 
wird, fo muß fie bey der Aufloͤſung in dieſe herunter treten. Man ſieht hieraus 


auch noch, daß, zu Folge deſſen, was ſchon oben erinnert worden, dieſe Be⸗ 
2 

ziefferung 2 oder 4, nur im Niederſchlag koͤnne angebracht werden. Es wuͤrde 
2 


unnoͤthig ſeyn, fi ch weitlaͤuftig uͤber die Verdopplung der Intervalle der diſſoni⸗ 
renden Accorde, in ſieben, acht und mehrern Stimmen einzulaſſen, da man ſich 
en da nach dem richten kann, was bereits angefuͤhret worden iſt. 


Da es eine allgemeine Regel iſt, daß von dem wahren Grundtone nur die 
Conſonanzen muͤſſen verdoppelt werden, ſo kommt es bey allen Verdoppelungen 
darauf an, daß man den wahren Grundton vor Augen habe, und zu Folge der 
ſo eben gemachten Anmerkung, die Secunde von der None wol unterſcheide. 
Zu völliger N der rn wollen wir uns N fuͤnfſtimmige Gänge 
vorftellen,. Pr 


S = 
za: see =E Se 
- 0 — —ę—— u — 1 


welche man noch vollſtimmiger machen wollte. Wie hier die Verdopplung der 
Stimmen geſchehen muͤſſe, ſieht jeder leicht, aus dem, was bereits angefuͤhrt 
worden, da es offenbar iſt, weleher Ton in jedem Takt der Grunden ſey. 
Kaͤmen aber dieſe 85 in folgender Geſtalt a | Be 


180 | Die Kunſt 


. 


(388: Be. De eher 

sw 8154 = 3 8 

5 5 F 
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5 ? 2 i 


ſo iſt Re a der ei Grundton h mit der Septime, folglich wurden hier 
die Conſonanzen dieſes Tones h verdoppelt, und zwar vorzuͤglich die, welche, 
wie ſchon gezeiget worden) im vierſtimmigen Satz am beſten klingen (72). Bey 
b iſt e mit der Septime der wahre Grundton; bey d iſt der Accord, wie bey a, 
bey e aber iſt dem Grundton! zur Septime noch die None (hier die 6 des Baßes) 
beygefuͤgt; bey g, iſt die Harmonie der obern Stimmen im Niederſchlag, wie 
bey b; da aber hier der Baß den wahren Grundton hat, und die Diſſonanzen 
Vorhaͤlte ſind, ſo muͤſſen hier die Conſonanzen vom Baße verdoppelt werden, 
da bey b die Conſonanzen des Grundtones E zu verdoppeln waren. Eben ſo ver⸗ 
halt ſich der Accord bey h gegen den bey g. Als Beyſpiele eines ſehr guten fünf 
und ſechsſtimmigen Geſanges, koͤnnen fol gende Stuͤcke angeſehen werden. 


(72) Weil bey folchen liegenden Baßen ben, man konne auch die Diſſonanzen ver⸗ 
die Conſonanzen des eigentlichen Grund⸗ doppeln. Im Grunde aber ſind dieſe ver⸗ 
tones, Diſſonanzen des Baßtones wer- doppelte Diſſonanzen wahre une 
den, fo find die verdoppelten Töne Diffo- des Grundtones. 
nanzen des Baßes. Daher einige glau⸗ 


Choral 


181 


des reinen Satzes in der Muſik. 


Choral auf fü 


nf Stimmen. 


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des reinen Satzes in der Muſik. 183 
Choral 15 805 Stimmen. 
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des reinen Satzes in der Muſik. 185 


Man haͤtte in dem Choral der auf der 183 Seite ſteht in dem erſten Accord 
des zweyten Theils ſtatt des Accords E dur den Accord 1 mol nehmen koͤnnen, 
wie bey dem Zeichen t auf der 184 Seite. Alsdenn aber kommt der Baß vier 
Toͤne uͤber den Tenor, und dadurch wird der Dreyklang eigentlich in den Quart⸗ 
Serten⸗Aecord verwandelt, den man im Anfange nicht nehmen kann. Weil 
aber bey einem ſolchen Choral allemal ein Violon oder eine Orgel von 16 Fuß 
Ton zur Begleitung voraus geſetzt wird, fo kommt dadurch das Fundament doch 
unter den Tenor, der alſo immer noch eine Mittelſtimme bleibt. 

In dem Choral ſelbſt, wie er Seite 183 ſteht, hat man dieſes H im Baß 
nicht geſetzt, weil man von da nach x einen verbothenen übermäßigen Quarten⸗ 
Sprung hätte machen muͤßen, welcher durch die Umkehrung von UN nach xE ver⸗ 
beſſert, und zum Singen leichter wird. . | 

Der Hauptgeſang oder Cantus firmus kann bey dem mehrſtimmigen Satze 
in jeder Stimme ſtehen: nur hat man, wenn er in den Baß geſetzt wird, dar⸗ 
au ſehen, daß er mit ſolchen Schluͤßen ſich endige, die zu der Haupttonart 
gehoͤren. ä a 


Choral auf fünf Stimmen. 


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Choral auf ſechs Stimmen. 


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des reinen Satzes in der Muſk. 189 


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Eilfter Abſchnitt. | 
Von dem verziehrten oder bunten einfachen Contrapunkt. 


Wie der Geſang in mancherley Abſichten dem Gang ahn lich iſt, ſo gleichet 
der ſchlechte, plane Geſang, den man den Choralgeſang nennt, dem gemeinen 
Gang, der mit gleichen Schritten fortruͤcket; der verziehrte Geſang hingegen hat 
eine Aehnlichkeit mit dem ziehrlichen Gange, der bey dem Tanzen vorkommt, wo 
jeder Schritt feine Verziehrung hat. Es iſt für die Muſik ſehr wichtig, daß 
man dieſe Aehnlichkeit wol faſſe, weil die weſentlichſten Eigenschaften des ziehr⸗ 
lichen Geſanges aus dieſer Vergleichung am deutlichſten zu erkennen 1 


| Man ftelle ſich demnach folgenden ı Geſang vor: 
; 5 a ers 5 Eee Br: 


— — — — — 


Preis, Lob, Ehr, Ruhm, Dank, Kraft und Macht, 
1 5 | Ag 3 5 und 


199 Die Kunſt 


und bemerke dabey, daß die Art, wie die Stimme fortruͤcket, eine voͤllige Aehn⸗ 
lichkeit mit dem ordentlichen gemeinen Gang habe. Jede Note und jede Sylbe 
des Textes ſtellet hier einen Schritt zum weitern Fortruͤcken vor; alle dieſe Tritte 
ſind ſowol in Anſehung des ſchweren Auftretens, als der Geſchwindigkeit, in der 
ſie auf einander folgen, einander voͤllig gleich. Wie man aber mit denſelbigen 
Schritten, geſchwinder oder langſamer fortſchreiten kann, ohne daß der Gang 
ſeine einfache ungekuͤnſtelte Natur, oder ſein durchaus gleiches Weſen verliehret, 
ſo kan es auch mit dem Geſang geſchehen. Man kann den vorherſtehenden Ge⸗ 
ſang auch noch einmal ſo geſchwind ſingen | | 


— m — . 
— —üê FFF — —e—— 
H—— rn je S2 —— — 

Preis, Lob, Ehr, Ruhm, Dank, Ser und Macht, 

So wie folgenden. | 

S zu 
Be ee Eee en 
5 Trau auf Gott in al ⸗ len chen 


Nur auf dem letzten Schritt hält man, weil man, wie es auch in dem 
Gange geſchieht, nicht ploͤtzlich ſtille ſtehen kann, „ langer an. Hier fallen zwey 
Toͤne auf eben die Zeit, auf die vorher nur einer fiel. Man macht gleichviel 
Schritte, wie vorher, aber in halb ſo kurzer Zeit. Eben dieſe Schritte koͤnnten 
auch noch einmal ſo geſchwinde gemacht werden. | 


J K 

= nn en ae ee 

+ ( e Fra BE vr m 

| Preis, Lob, Ehr, Ruhm m, Dank Kraft und Macht, 
Oder e g 

F 5 e e eee 

tet :: ̃—mç“F—2— . , — 


Preis, Lob, Ehr, Ruhm, Dank, Kraft und Macht, 


Die Zeit, in welcher im erſten Geſang ein Schritt geſchieht, iſt eben die⸗ 
ſelbe, in der im letzten vier Schritte geſchehen, und dieſe Zeit wird ein Takt ge⸗ 
nennet. Darum kann, nachdem der Geſang ſchnell oder langſam gehet, eine 
Zeit, oder ein Takt, einen oder mehrere Schritte in ſich faſſen; nur muͤſſen alle 
Takte, ſo lange das Fortruͤcken gleich geſchwinde geſchieht, einerley Anzahl nn 

aber. 


des reinen Satzes in der Muſſl. 191 


haben. Alfo ſtellet die Anzahl der Töne, die man einen beſtimmten Theil der Zeit, 
oder in einen Takte ſinget, die ſchnelle oder langſame Bewegung des Geſanges 
vor. Auch dieſer Bewegung giebt man bisweilen den Namen des Takts. So 
fſagt man z. E. der Geſang fen in Zweyviertel- oder in Viervierteltakt und ver: 
gleichen, um anzudeuten, daß auf einen Takt zwey oder vier Schritte geſchehen (73), 

Man muß genau bemerken, daß die Natur des planen oder ungeziehrten 

ſchlechten Geſanges, darinn beſtehe, daß jeder vorkommende Ton einen Schritt, 
daß iſt, eine der Hauptzeiten des Takts einnehme; einen ganzen Takt, wenn die⸗ 
ſer durch das ganze Stuͤck nicht in mehrere Zeiten eingetheilt wird, wie im erſten 
Beyſpiel; einen halben Takt, wenn der Takt durchaus in zwey Zeiten eingetheilet 
iſt, wie im zweyten Beyſpiel; ; einen. viertel, wenn jeder Takt in vier Zeiten eins 

getheilt iſt, wie im dritten Beyſpiel. Dieſes (ind alſo die Arten des ſchlechten 
Geſanges. 

| Der verziehrte, bunte Geſang hingegen, wird daran erkennet, daß Toͤne 
darinn vorkommen, die fuͤr ſich keine Schritte ausmachen, oder kene ganze Zeit 
des Takts ennelmen, wie ie hier: 


ER = I RER IE 2 Bi FERN 
ee Sag iss 
eo... .1ı.n 00 


Ich will dem Her ⸗ ren € = wig lo ⸗ ben, 


Hier machen die zwey Töne vor dem erſten Taktſtrich nur einen Schritt aus, die 
darauf folgenden acht Tone zwiſchen dem erſten und zweyten Taktſtriche, machen 
vier Schritte: aber die Schritte ſind verziehrt, wie man mit dem Fuß, indem er in 
der Hoͤhe ſteht, anſtatt gerade fortzuſchreiten, eine kleine „ macht. 
ä Wie man nun bey dem Gange auf jeden Schritt, ehe der Fuß wieder nieder⸗ 
tritt, mehrerley kleine ziehrſiche Bewegungen machen kann, fo koͤnnen auch im 
Geſange, die Schritte mit mehrern Tönen ausgeziehrt ſeyn. Nachdem der Ton, 
der eigentlich das Niedertreten, oder den Anfang des Schrittes bezeichnet hat, 
angegeben worden, koͤnnen nun, währekder Zeit, da er nach dem EN echten Ge⸗ 
fang 


(73) Man bemerke wol, daß es hier Materie wird erſt im zweyten Theile vor⸗ 
noch gar nicht darum zu thun ſey daß die kommen. Hier werden blos die verſchie⸗ 
verſchiedenen Gattungen des Takts, und denen Geltungen der Noten gegen einan⸗ 
der Bewegung erklaͤret und deren Einfluß‘ der in Betrachtung sang 
auf den Ausdruck gelehret werde. Dieſe ö 


192 Die Kunſt 


fang ſtehen bleiben würde, vielerley Töne Stuffen- oder Sprungweiſe zur Aus⸗ 
ziehrung angebracht werden, nur muͤſſen alle zuſammen mit dem auf den Nieder⸗ 
tritt kommenden Tone nicht mehr als eine Hauptzeit des Takts einnehmen; wo 
mehrere Stimmen ſind, da kann eine blos gerade oder ſchlechte Schritte thun, 
da eine andere verziehrte anbringet, wie hier: 


* 


4 —_ — — > — — — 
F et, r 
5550 a E SEP. aefiändBähun PB ERS EP BR 
Bee u .... 


— ——— —— ——— mn 2 
— — — — — — — — — — — 
— — 1 — 


Der Baß hat hier den ſchlechten Geſang, wo jeder Ton einen Schritt macht, 
in der obern Stimme beſteht jeder Schritt aus vier Toͤnen, wo immer der erſte 
das Niedertreten des Fußes vorſtellt, die drey folgennen aber kleine zur Zierlich⸗ 
keit des Schritts dienende Bewegung anzeigen. Dieſe vier Töne aber muͤſſen 
nicht mehr Zeit einnehmen, als nach dieſen Viervierteltakt zu einen Schritt er⸗ 
fordert wird. Dieſe Art, den Geſang auszuziehren, wird in der Kunſtſprache 
der Contrapunkt per diminutionem genannt; weil man die Noten ihrer Dauer 
oder Geltung nach vermindern muß. Man kann dieſes füglich den bunten Con⸗ 
trapunkt, oder den bunten Geſang nennen. f | 

Auſſer dem bunten Geſange giebt es noch eine andere Art, die darinn be- 
ſteht, daß die Toͤne anders eintreten, als die Zeiten des Takts es zu erfordern 
ſcheinen. Die Tonlehrer nennen dieſes das Suvorkommen oder Zuruͤckbleiben 
des Geſanges (71). Beydes wird durch folgende Beyſpiele deutlich werden. 
Man ſtelle ſich zuerſt folgenden zweyſtimmigen unverziehrten Geſang vor: 


ieee ee eee EB en a 
222 —— 


5 und 
(74) Anticipatio und Retardatio. 


des reinen Satzes in der Muſik. 193 
und bernach eben dieſe Töne mit folgenden Riesa GR 


eg den mit & bezeichneten Beyſpielen ſeh man, daß 955 Baß zum al 
Schritt auftritt, ehe die obere Stimme eintritt: dieſes hat auf alle folgende 
Schritte die Wuͤrkung, daß ſie in beyden Stimmen nie zugleich geſchehen, ſon⸗ 
dern in verſchiedenen Zeitpunkten, und dieſes ungleiche Auftreten verurſachet, daß 
der Geſang einen ganz andern Gang und Charakter annimmt, als er nach der 
erſten Art hat, obgleich dieſelben Töne darinn vorkommen. Dieſes ungleiche 
Auftreten in zwey Stimmen iſt das, was die Franzoſen contretems nennen. 
Aber auch die Harmonie wird voͤllig geändert, indem in der obern Stimme jeder 
Ton noch um ein Achtel des Takts liegen bleibt, da im Baß der neue Ton ſchon 
eingetreten iſt, zu welchen der Ton der obern Stimme nicht conſoniret: folglich 
hoͤrt man hier wechſelsweiſe immer Conſonanzen und Diff ſonanzen, da im erſten 
Soil alles conſonirend war. a 


Ign den mit ß bezeichneten Beyſpielen treten zwar bey dem 50 Schritt 
8 Stimmen zugleich ein, aber da die obere Stimme nicht die ganze Zeit des 

Schritts aushaͤlt, ſondern auf der Hälfte derſelben fehon einen andern Ton an⸗ 
nimmt, und denn ſo fortfaͤhret, ſo tönt dieſes .. die 1 RB 
wie der vorhergehende Fall. | 


Wir wollen dieſe Art des Geſanges den ungleichen Veſaus, und dieſe 
Art zu fegen d den en Contrapunkt nennen. 


V Diefes 


\ 


194 Die Kunſt 


Dieſes ſind alſo die zweyerley Arten, des verziehrten Contrapunkts. In 
der erſten Art kommen Nebentoͤne vor, die zum Gang des Geſanges nicht noth⸗ 
wendig ſind, ſondern blos zur Zierrath dienen; in der andern Art weicht der Ge⸗ 
ſang von ſeinen geraden Gang ab, wenn gleich keine, als die zu jeden Schritt 
nothwendigen Toͤne vorkommen. Beyde Arten koͤnnen dienen, dem Geſang den 
wahren Charakter des Ausdrucks den er haben ſoll, zu geben, und bisweilen 
auch, ihn angenehm auszuziehren. Bey jeder Art hat man gewiſſe Vorſichtig⸗ 
keit nöchig, ohne welche der Geſang leicht feinen Wohlklang verliehren „und un⸗ 
angenehm werden koͤnnte. Was hiebey zu beobachten iſt, ſoll in dieſem Abſchnitt 
gelehrt werden. Ehe aber dieſe Regeln koͤnnen vorgetragen werden, muͤſſen Ba 
einige Erläuterungen vorausgeſchickt werden. 


Wir betrachten hier jeden Haupttheil des Takts als einen ganzen Schritt, 
oder als das Niederſetzen des Fußes, ſo daß, wenn man den Gang des Geſanges 
durch Taktſchlagen andeuten wollte, auf jede Zeit des Takts ein Schlag geſchehen 
muͤßte. Nur daß der erſte Schlag immer der nachdruͤcklichſte waͤre. Es giebt 
Bewegungen, oder Arten des Ganges, wo ſich die Sachen anders verhalten, 
und wo z. E. eigentlich nur die erſte Zeit eines Takts das Niedertreten des Fußes 
anzeiget, die folgenden aber, ob ſie gleich auch wahre Schritte vorſtellen, ein blos 
fluͤchtiges Niederſetzen deſſelben andeuten. Solche Takte ſtellen einen Schritt vor, 
wie er in Taͤnzen unter dem Namen der Pas vorkommt, die ofte aus mehrern 
fluͤchtigen Schritten zuſammengeſetzt ſind, wie der ps einer Menuet. Von 
dieſen Taktarten alſo iſt bier die Rede noch nicht „ ſondern von denen, da jede 
Hauptzeit des Takts als ein Niederſchlag, als ein völliger Schritt, oder Pas an⸗ 
geſehen wird. Denn die Abſicht iſt hier blos zu zeigen, wie ein einziger We 
Schritt, das iſt eine Hauptnote, koͤnne verziehrt werden. 


Darum wollen wir uns hier immer zwey Stimmen Lolſtellen, davon die 
eine lauter ſchwere, auf den Niederſchlag, oder Niedertritt fallende Noten hat, 
die eigentlich ſchwere Schritte des Ganges, oder wuͤrkliche Sylben der Woͤrter 
vorſtellen, die andere Stimme aber bel zwar eben ſo viel Schritte thun, aber die⸗ 
ſelben ausziehren. 


Wir haben alſo hier zuerſt den ban hernach den ungleichen Geſang 
zu betrachten. Der bunte Geſang kann von zweyerley Art ſeyn: entweder wer⸗ 
den die zur Ausziehrung dienenden Töne aus der Harmonie der 1 genom⸗ 
men, wie in folgendem Beyſpiel: | 


ren ; ä 
e 


dieſes wollen wir die Brechung n nennen; oder ö ie werden Be alle aus der Har⸗ 
monie der Hauptnote genommen, fordern einige werden nur als angenehme, oder 
ſchickliche Uebergaͤnge auf die nächften T Toͤne angeſchlagen. Dergleichen Toͤne wer⸗ 
den durchgehende Toͤne genannt. | 95 

Der Uebergang durch Töne die nicht zur Harmonie gehören, kann auf 
f zweyerley Weiſe bewuͤrkt werden. Entweder kommt die durchgehende Note erſt 
nach der Hauptnote, wie in den naͤchſtfolgenden Beyſpielen bey &, und dieſes 
nennt man den regulairen Durchgang; oder die durchgehende Note kommt 
gleich auf den Anfang des Schrittes, oder der Taktzeit, und die Hauptnote folgt 
erſt darauf, wie bey Z. Dieſes wird der irregulaire Durchgang genennt. 
9 Noten DEN bisweilen gleich hinter einander ab, wie bey ( 9. 


Bb 


6 5 Der il Fal wird in der Kunſt⸗ ſitus irregularis und der dritte balls 
ſprache tranſitus regularis, der andre tran- mixtus genannt. 


| „ 
F nee. > 


en, 285 
ä — 
. — nn a re He 


— ——— —-—:᷑ ² — ͥꝙ ͤB—— on — — ——— — 


Dieſes wollen wir alſo den Durchgang nennen. Dieke ſey zur Cattärung d der 
Kunſtwoͤrter geſagt. | 


Wir haben alfo hier drey Fälle zu betrachten. 1) Die Brechung. 2) Den 
Durchgang. 3) Den ungleichen Gang. Wir betrachten bier jeden beſon⸗ 
ders, ob ſie gleich gar ofte alle drey in einem einzigen Tonſtück, ſogar in einem 
einzigen Takt gebraucht werden. Ehe wir aber jede Gattung beſonders betrachten, 
muͤſſen wir einige allgemeine Lehren uͤber den bunten, oder verzieheten Satz vor⸗ 
her gehen laſſen. 


Es iſt eine weſentliche Eigenschaft jedes Tonſtücks dieſer Art, daß ſeine Be⸗ 
wegung voͤllig beſtimmt, und ſein Gang vermittelſt des Takts richtig abgemeſſen 
ins Gehoͤr falle, und durch die Auszierungen nicht verdunkelt, oder ungewiß 
werde. Man muß durchaus, mit der größten Leichtigkeit fühlen, ob im geraden 
Takt zwey, vier, oder acht, im ungeraden eg oder ſechs GN auf einen 
Takt gehen. 


Wenn alſo die Verziehrungen in einer Stimme fo feyn ſollten, daß der 
Gang ungewiß würde, fo muß eine andere Stimme ihn deutlich machen. Wenn 
z. E. im Viervierteltakt in einer Stimme halbe oder ganze Taktnoten vorkommen, 
ſo muß eine andere Stimme Viertel haben; und ſo auch in andern e 
Nachſtehendes kann . zum Beyſpiel dienen: N 


des reinen Satzes in der Muſik. 197 


S 2 


— — — — 41 — 


gs JS Iso 


nn — — nn nn — — — — 


A 2 
Da in den zwey erſten Takten der Gang im Baße nicht bemerkt ift, fo wird 
er in der obern Stimme beſtimmt; im vierten Takt aber wird er durch den Baß 
deutlich, und in dem dritten, durch beyde Stimmen zugleich. Am leichteſten 
und gewiſſeſten wird der Gang durch die Baßtoͤne ausgedruckt. Und über dieſen 
Punkt muß der Tonſetzer ſorgfaͤltig ſeyn, weil ſonſt ſein Satz verworren wird. 
Hauptfächlich muß da, wo die Schritte durch Bindungen in einer Stimme vers 
dunkelt werden, die Bewegung in einer andern Stimme deutlich gemacht werden, 
wie bey 0 1 
| Es giebt zwar auch Falle, wo groſſe Meifter in einzelen Takten dieſe genaue 
Bezeichnung des Ganges verſaͤumen; aber alsdenn geſchiehet es aus guter Ueber⸗ 
legung, entweder weil es der Ausdruck erfordert, oder weil man die Abſicht hat, 
den Zuhoͤrer daſelbſt mit etwas fremden oder ungewoͤhnlichen zu ruͤhren. Fol⸗ 
gendes Beyſpiel hievon iſt von Graun, aus der Oper Cleopatla. 


| 2) Ze | Fa BE Bin SET — 
| ee e eee eee A mega . | 
Ve — —̃ 


| 
— mm — = — mm — ——ů 


Guer rier for- te non per do- na 
| „ %% 
* — 


E 
e eee Sen 


B b 3 . 


198 


ben ſollte. 


ſtehen auf denſelben Ton den Ausdruck hat veftäefen wollen. 
von Händel aus der zes Tamerlan. 


Die Kimſtt 


In dem dritten und vierten Takt haben beyde Sti 
Achtel ein Viertel, obgleich nach der vorgegeben Regel der 


men nach dem erſten 
aß zwey Achtel ba 


Aber man ſieht wol, daß der Setzer durch dieſes Anhalten oder Still⸗ 


. iſt 


25 
. 


80 find fogar Be, zwey Takte fo zuſammen FR, daß fie in ei 


ander gehen (7°), welches hier 7 guten Nachdruck hat. 


Dergleichen Aus⸗ 


nahmen von den Regeln machen alle groſſe Meiſter, aber ſie thun es mit Ueber⸗ 


legung (77). 


6) Obgleich der zweyte und dritte 
Takt zuſammen gezogen ſind, ſo werden 


ſie doch im Abſchnitte ſo behandelt, daß 
man ſie als wuͤrkliche zwey Takte zaͤh⸗ 
let; denn wuͤrde man von einem Takt⸗ 
ſtrich zum andern es fuͤr einen Takt 


zaͤhlen, fo entſtuͤnden nach der Dauer 


der Zeit alsdenn mit dem darauf folgenden 
Takt drey Takte zum Abſchnitt. Dieſe 
Schreibart koͤmmt zuweilen in Balletten 
vor, z. E. in einer Pailepied, Lourée 
u. d. gl. Die Anzahl der Takte zu einen 
Einſchnitt muͤſſen dennoch immer wie ge⸗ 
woͤhnlich ſeyn. 


De 


(77) Man hat Beyſpiele von ſehr gu⸗ 
ten Meiſtern, daß die Stimmen durchaus 
verſchiedene Bewegung haben. In die⸗ 
ſem Falle koͤnnte der Takt in jeder Stimme 
beſonders vorgezeichnet werden, wie groſſe 
Componiſten mit zwey Stimmen auch 
ſchon gethan haben, daß ſie eine Stimme 
mit und eine andere mit C, als den 
Zeichen des geraden Takts bezeichnet. Wir 
merken bey dieſer Gelegenheit fuͤr die Spie⸗ 
ler an, daß es unrichtig iſt, wenn im ge⸗ 
raden Viervierteltakt, wo etwa halbe, oder 
gar ganze Taktnoten vorkommen, dieſelben 
durch den Druck des Bogens, oder auf 

Blas⸗ 


des reinen Satzes in der Muſik. 199 


Bey dieſer Gelegenheit muß auch angemerkt werden, daß die Aufloͤſung 
aller weſentlichen Diſſonanzen nie auf dem Schritte geſchehen muͤſſe, auf dem 
die Diſſonanz vorkoͤmmt, ſondern allemal auf dem folgenden, wie in dem nach⸗ 
ſtehenden Beyſpiel bey , daher wäre die Aufloͤſung der Septime, wie bey 8 
falſch. Wollte man aber denſelbigen Gang beybehalten, ſo müßte die Aufloͤſung 


im Sie geſchehen, wie ben W 


Blasinſtrumenten durch ſtaͤrkeres Blaſen 


in Viertel abgetheilt werden. Man ſoll 


dieſes nicht einmal thun, wenn zwey No⸗ 


ten durch einen Bogen — gebunden find, 
der Tonſetzer hat ſchon dafür geſorget, daß 
in andern Stimmen der Gang angezeiget 
werde. Hingegen muß auch der Setzer 
dem Spiehler nicht in die Verlegenheit 
bringen, ihn da pauſiren zu laſſen, wo er 
unmoglich pauſiren kann. Dieſes würde 
geſchehen, wenn er da eine Pauſe ſetzen 
wollte, wo nothwendig ein Ton ſtehen muß. 


| Dieſe Unmöglichkeit zu a ereignet 


BEE 


* * 


—— — 


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— — — 11——. — — 
4 | 


fih 1. nach einer Stelle von ſehr ges 
ſchwinden Noten; weil es nicht wol moͤg⸗ 
lich iſt, mit einen 16tel oder 3 atel abzu⸗ 
brechen, ſondern nothwendig iſt, daß dar⸗ 
auf eine laͤngere Note, als ein Ruhepunkt 
komme. 2. Nach einer Diſſonanz, auf 
welche nothwendig die Conſonanz in der⸗ 
ſelbigen Stimme kommen muß. Folgen⸗ 
des Beyſpiel wird beydes erlaͤutern. So 
wie es bey A ſteht, lieſſe es ſich nicht ſpie⸗ 


len, weil es unmöglich iſt auf den mit * 


bezeichneten Tönen inne zu hatten. Alſo 
t 15 Satz ſo ſtehen, wie bey B. 


Sum Een WAR 


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ER a u — — 8 44 — Sn 

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— an en — nn — mn mn umennns 

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Kommt irgend in dem Baße eine Pauſe an die Stelle, wol eine den Schritt 
bezeichnende Note ſtehen ſollte, fo müffen die in den obern Stimmen ſtehenden Toͤne 
entweder zu der vorhergehenden, oder zu der nachfolgenden Baßnote harmoniren, 
denn auf die Pauſe kann keine neue Harmonie genommen werden „weil fie kein 
e hätte. Daher wäre MR ganz far | 


a er N i 
3 Be — —.— PN 25 —— 22.— . Zah 
ER DU ee e e 
CCCC0Cͥãò !ꝓy 


— 
—— 
8 — 


Doch kann auf eine e Pause des Baßes ein diſſonirender Satz in 1 Stimmen 
vorkommen, welcher bey der folgenden Note des Baßes, nach der Pauſe, ver 


eat, Dieſes iſt eben ſo gut erlaubt, als wenn ein Fundament da ſtuͤnde. 


des reinen Siebes in der Muſik. 28 


1 — * 5 5 1 15 68 a 5 
| — 4 2 6 a 8 VFVVVVFFV 6 
er: —— —— S Frese 
Ze, 20 Den Ben Van re | 1 Dj er an ae re 1 
a ee ee er TB 


Wo aber neue Harmonien auf Pauſen des Baßes vorkommen, da wird dem 
Sänger einigermaaſſen das Fundament, wovon er ſeine Toͤne abzählen ſollte, 
benommen. Und wenn ſo ofte Harmonien ohne Fundament erſeheinen, ſo glaubt 
der Saͤnger endlich die Stimmen feyn falſeh, und dieſes verurſachet Verwirrung. 
Um zu begreiffen, wie ein Sänger durch derg leichen Fehler geſtoͤhrt wird, be⸗ 
5 man folgende a 


— 2 353 yore 
ae Fe en. 556 
Ban 35 er 
| Eee 5 „ 

222! us. „Fi, me nie nn 
Te IN 


Ben. + he Seht Duintſerkenaccord von lis iſt es faſt unmöglich, daß ein 1 Sän- 
ger von Empfindung den Accord G finge,. da er den vorhergegangenen Quint⸗ 
ſertenaccord ohne Reſolution im Gehoͤr hat, bey welchem er nothwendiger Weiſe 
die Quinte vom Baße, e, als Septime des Geundtones aufgeloͤſet, zu boͤren ver⸗ 
langet. 


Wo auf einen Schritt mehrere Tone vorkommen, da if nur einer davon der 
Hauptton, die übrigen dienen zur Verziehrung, es geſchehe in einer oder meh⸗ 
reren ea, zu eben derſelben oder einer andern . 9 5 


Hiebey iſt nun uͤberhaupt zu merken, 1) daß man in 5 8 auf die Geltung 
oder Dauer dieſer blos zur Verziehrung dienenden Toͤne, nothwendig Ruͤckſicht 
auf die Art der Bewegung, die in dem Stuͤck herrſcht, nehmen muͤſſe. Denn 
es iſt offenbar, daß eine langſame Bewegung kleinere Ausziehrung leidet, als 
eine geſchwinde: 2) daß auch der Charakter 890 Stuͤcks oder der herrſchende 

c Aus: 


202 Die Kunſt 

Ausdruck mehr oder weniger Ausziehrungen erfordert oder zulaͤft. Ein Stuͤck von 

zaͤrtlichem Charakter leidet mehr kleine Schoͤnheiten, als ein heroiſches Stuͤck. 

Es iſt aber nicht moͤglich, hieruͤber beſondere Regeln zu geben: ein Tonſetzer von 

a und et fühlt ohne Regeln, Maaß und Ziehl, die er hiebey zu 
alten hat. 

Da indeſſen die verſchiedenen Gattungen der Hauptcharaktere in den ge⸗ 
wohnlichen Tanzmelodien vorkommen, fo koͤnnen angehende Tonſetzer die Werke 
der groͤßten Meiſter in dieſer Art als Muſter anſehen, nach denen ſie ſich allemal 
richten muͤßen. Hier find einige Beobachtungen, die einem Anfaͤnger dieſes ein 
dium etwas erleichtern Be | 

Geſchwinde Sachen in + Takt, wie er in der Bourree, oder auch in der Ga⸗ 
votte vorkommt, vertragen nicht wol kleinere Noten, als Achtel. Eben dieſer 
Takt, aber mit langſamer Bewegung, wie ſie meiſtentheils in Guverturen und 
Entreen iſt, vertragen fec hszehntheil und ſogar zwey und dreyßigtheil Noten. 

Bey 1 ungeraden 3 Takt, von mäßiger Geſchwindigkeit, wie ſie in der 
Menuet vorkommt, laſſen ſich nicht wol kleinere als Achtelnoten anbringen. 
Hingegen leidet die Sarabande, die zwar auch 3 Takt, aber eine langſamere 
Bewegung hat, Sechszehntbeile. Die Polonoiſen, we (che geſchwinder als eine 
Sarabande, und um z langſamer, als eine Menuet gehen, fo daß eine Zeit von 
acht Takten in einer Polonoiſe der von zwoͤlf Takten einer Menuet gleich ift, leiden 
für die geſchwindeſten Noten auch nur Sechszehntheile. Aber in Poelonoiſen, die 
zum Tanzen gemacht find, vermeide man forgfaltig die in Teutſchland gewöhn⸗ 
liche Art, nach einen Achtel zwey Sechs ehntheil anzubringen. 

Die Paffepieds in + Takt, konnen auch nur Sechszehntheile vertragen. Die⸗ 
jenigen Ballets, welche faſt alle acht Takte neue Veraͤnderungen der Bewegung 
in der Melodie haben, wie z. E. die Chaconne, pflegen ſogar Zweyunddreyßig⸗ 
theile ſtatt der gewöhnlichen Sechszehntheile zuweilen zu haben. Aus den ges 
ſchwindeſten Noten eines Stückes laͤſſet ſich das Tempo von jeder Art leicht be⸗ 
ſtimmen. Umſtaͤndlicher wird im zweyten Theil von der Einrichtung jeder 
Gattung gehandelt werden 9. 


7 


(78) Es ift jedem Anfänger, der in 
der Compoſition gruͤndlich werden will, 
zu rathen, die Einrichtung aller Gattungen 
der Ballette ſich wol bekannt zu machen, 
weil in denſelben alle Arten der Charaktere 


Endlich 


und des Rhythmus vorkommen und am 
genaueſten beobachtet werden. Hat man 


in dieſen charakteriſirten Stuͤcken keine Fer⸗ 


tigkeit, fo iſt es nicht wol möglich irgend 
einem Stüc einen beſtimmten Charakter 
E zu 


des reinen Satzes in der Muſik. 


Endlich iſt von den Ausziehrungen überhaupt auch noch zu merken, daß 
ſie nicht willkührlich ſeyn, ſondern nach dem Charakter des Seide, fit Ge⸗ 
ſchmack und Empfindung muſſen gewahlt werden. Jedermann empfindet, daß 
ein munteres lebhaftes Stuͤck andre Ausziehrungen erfodert, als ein zaͤrtliches, 
oder trauriges Stuck (. Davon aber wird an feinem Ort ausführlicher ge⸗ 
ſprochen werden. Hieher aber gehoͤrt die Eeinnerung, daß in einem Stück auf 
Stellen von ähnlichen Ausdruck, auch ähnliche Verziehrungen, und überhaupt 
ahnliche Fortſchreitungen muͤſſen gewaͤhlt werden. Melodien, wie man ſie bis⸗ 
weilen von ungelernten Componiſten ſteht, wo alle Verziehrungen willkuͤhrlich 
find, wo kein Takt in dieſem Stucke mit einem andern irgend eine Aehnlichkeit 
hat, geben dem Gehör eine verworrene Folge von Toͤnen, die nirgend etwas ver⸗ 
ſtaͤndliches ſagen. 

Die Beobachtung der Aehnlichkeit der Verziehrungen, iſt das, was man 
in der Lehre vom Sat die Nachahmung nennt, welches insgemein mit dem 
lateiniſchen Wort Imitatio ausgedruckt wird. | 

Man unterſcheidet aber freve Nachahmungen von den ſtrengen. Dieſe 
kommen vornamlich in Fugen und fugirten Sachen vor, davon im zweyten 
Theil ausführlich wird geſprochen werden; die freyen Nachahmung n aber, muͤſ⸗ 
ſen auch in den Tonſtuͤcken angebracht werden, die mit den Fugen nichts gemein 
haben. Sie beſtehen, wie geſagt, in einer Aehnlichkeit der Sorefchreitung ‚und 
ber Verziehrung. Ache Fortſchreitungen, ſind z. B. ne 


— 


203 


BEN NEE IE Br 3 . mn un 


| Durch 


zu 3 der dich ſelbſt jede Fuge ha⸗ 
ben muß. Wer die Fugen von J. Seb. 
Bach ſtudirt, wird finden, daß jede al⸗ 


llemal ihren genau beſtimmten Charakter 


hat. Dieſes wird keiner erreichen, der 
nicht unfugirten Sachen ihren Charakter 
geben kann. 


(79) Man hört bisweilen Sänger, die 
gewiſſe Verziehrungen und Manieren, die 
der Meiſter ihnen uͤber ein Adagio vorge⸗ 
ſchrieben hat, auch bey andern Stuͤcken 
anbringen, wodurch ofte der Charakter 
eines Stuͤcks ganz verſtellt wird. Eben 


dieſes iſt auch von den ſogenannten Ca⸗ 


denzen 


204 8 Die Kunſt 


Durch dergleichen Nachahmungen erhält ein Stuͤck feinen beſtimmten Charakter, 
aber die Arbeit des Satzes wird eben dadurch auch ſchwerer, und um ſo viel 
ſchweerer, je Bu die Aehnlichkeit iſt. 

Wir wollen, um den Anfaͤngern einen recht deutlichen Begriff von ſolchen 
Nachahm: ungen zu geben, die Sache durch ein Beyſpiel erlaͤuteru. 


— . — — — —— — 
mes SE == = Sn 


3 — —— 8 ®- —— 2 2 — ee F 
— + — 
— — — — = mm aa —¼ —— mn nn nen arm ¶ . ü—ũͤ— mann 
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+ — 868 — — 2 — . — — — — —j—wͥ— — — — — — 
Heer RE 3 — — —— — ꝓ uſꝛ— — —— ꝗ — 


— K ———— WU ͤ — ———— 


Hier ſiehet man erſtlich einen zweyſtimmigen Choral, in welchem hernach der Dis⸗ 
cant in den bunten Contrapunkt dergeſtalt geſetzt iſt, daß die Ausziehrung „welche 

auf dem erſten Baßton ſtehet, auf jedem der folgenden in andern Intervallen wie⸗ 
derholt wird; namlich auf dem erſten Theil des zweyten Takts in der Duarte, 
auf der fofgenden Baßnote in der Terz, hernach in der Quinte und zuletzt in der 
Octave. Viel leichter werden dergleichen Nachahmungen, wenn man ſich weni⸗ 
ger ſtreng an die Grade des Steigens oder Halen, wie ſie im erſten Gang vor 
kommen, binden will, und auch wol den Gang voͤllig umkehret. 

In Stuͤcken von mehrern Hauptmelodien, muͤſſen die verſchiedenen Stim⸗ 
men dergleichen freye Nachahmungen gegen einander hoͤren laſſen. Denn da⸗ 
durch bekommt das Ganze ſeine Einheit des Charakters. 5 

5 un 


denzen der Saͤnger zu merken. Dieſe nicht einbilden, daß er mit etlichen 1 
muͤſſen allemal dem Charakter des Stuͤcks ten Cadenzen, überall auskommen koͤnne. 
aͤngemeſſen ſeyn. Ein Concertiſt muß ſich 


des reinen Satzes in der Mufle, 205 


Nun iſt es Zeit, daß wir jede Art des bunten Contrapunkes beſonders be⸗ 
trachten. I. Die erſte alſo iſt die Brechung, die, wie bereits erklaͤrt worden 
iſt, darinn beſteht, daß auf eine Note des Baßes, oder der Grundſtimme, zwey, 
drey, vier oder mehr Toͤne aus der confonirenden Harmonie nd einander geſetzt 
werden. 

Hier überhaupt zu merken, daß durch die Brechung eine Hauptſtimme 
einigermaaſſen in mehre verwandelt wird. Wenn z. B. anſtatt der Viertel, deren 
jedes einen Schritt ausmacht, durch die Brechung zwey Achtel geſetzt werden, 
fo laßt ſich das Stuͤck, als dreyſtimmmig anhoͤren. Darum muß die Brechung 
ſo gemacht werden, daß, wenn die auf einander folgenden Toͤne zugleich gehoͤrt 
wuͤrden, ein reiner dreyſtimmiger Satz da ſtuͤnde. 

Wenn alſo zwey Toͤne aus der gebrochenen Harmonie auf einander are 
fo muß man zur Baßuote die Tone ſetzen, die der dreyſtimmige Satz, zu Folge 
deſſen, was im vorhergehenden Abſchnitt davon gelehrt worden iſt, erfodert. So 
kann man z. B. bey dem Dreyklang oben nicht Quinte und Octave nehmen, die 
Terz muß nothwendig dabey ſeyn, es ſey denn im Anfang des Stuͤcks, da die 
Octave nach der Quinte kann angefehlagen werden. 

Wir wollen dieſes durch einige Beyſpiele erläutern. Folgender zweyſtimmige 
Satz A, wuͤrde wegen der Brechungen, wie der Peters Me: dreyſtimmige 
= B klingen. 


2. 8 g 5 
5 ne b-8- Ho ara — — 
SSH == SE NER ——.— — zogen en 
157 a = 5 5 
1 85 5 -8- 5 


„ -B- | 
5 — 


— — — — —— 


206 Die Kunſt 
1 4 77 5 nie „ 


A 
a BB —— 1 nne ene, 
Eh 5 N 8 


Dieſer dreyſtimmige Satz iſt völlig rein, 1 die zwey bey + auf einander 
folgenden Quinten in der Gegenbewegung find in dem Satz A kein Fehler, weil 
ſie ſo klingen wie in dem dreyſtimmigen Satze B bey ft. Aus eben dieſem 
Grunde wuͤrden in dem folgenden Beyſpiel die drey auf einander folgenden Quinten 
Sun & at weil der Satz fo künget, als wenn er geſetzt waͤre wie bey . 


Obgleich! im zwey⸗ und drenftimmntigen Satz lat Daran zu ſeben iſt, daß die 
Terzen und Sexten des Baßes in der aͤußerſten Stimme ſtehen, ſo iſt dennoch 
die Octave zulaͤßig, wenn der gebrochene zweytheilige Satz, wie ein vierſtimmi⸗ 
ger anzuhoͤren iſt, wie in folgendem Beyſpiel, wo bey f die Octave vorkommt. 


Hinge⸗ 


des reinen Satzes in der Muſſk. 207 


Hingegen iſt in folgendem Beyſpiel bey + die Octave zum Sexten ⸗ Accord von 
H unrecht geſetzt; weil bey dieſen Serten - Accord nothwendig die Sexte wie bey 
c, oder die Terz wie Br S, muß verdoppelt werden. 

fi 


1 + M 
' . 5 — —— 
5 e 


. — 7 -_ 


= — e un In un 


2 AA T ——— 2 m m —— — —— 


l 8 


3 2 V 
e Zn 
a ee 8 — ei —— — — 


„„ ne Seel — — — 
ge er —— HE 


3 ER me m Bud e WEN N RENTE en 
Ä mean — —— — — 
i 8 8 
5 Sie * re 
. — = 
F een ia 22 — 


———— um 


Er 

X 
= Se 
— ann an mes BR — sag > Penn 


Die Brechung, da a zwey Noten gegen eine ſtehen, leidet zwey Abwechslungen, 
da man z. E. c — e oder umgekehrte e — 0 ſetzen kann. Ferner durch die Um⸗ 


kehrung eines Tones in die Octave o — e oder e — e. Man ſucht, wenn der 
Fall mehrmale vorkommt, damit abzuwechſeln, doch waͤhlet zan immer bie Art, 
die den reineſten Satz giebt. Ueberhaupt aber kann man durch dieſe Abwechs⸗ 
lungen zu derſelben Harmonie veraͤnderte M a. erhalten, wovon folgendes 
zum Beyſpiel dienen kann. | | 


208 Die Kunſt 


— 82 — — 
en Be En AT 


en 
ers 
HE ABER — RUE N) — 
13 - » -- 
b 


Die ſtaͤrkſten Veraͤnderungen bekommt man durch die Umkehrungen der 
Intervalle, wie in folgenden Beyſpielen. N 


= 

Ju dem erſten Fall bey e ift der Gang in dem erſten Takt, gerade, wie in dem 
zweyten Fall 8; hier aber, iſt der Septimen⸗Sprung im zweyten Takt durch 
die Umkehrung in einen Secundengang abwerts verwandelt worden. Durch 
dergleichen Veraͤndrungen erhaͤlt man zweyerley Vortheile. Erſtlich wird bey 


derſelbigen Harmonie die Melodie unerwartet verandert, und zweytens kann 
man dem Sänger helfen, der vielleicht nicht fo hoch kommen koͤnnte. 


Dieſe Mannigfaltigkeit vergroͤßert ſich ungemein, wenn drey oder gar vier 
Noten auf eine kommen, wie wir hernach ſehen werden. 


Bisweilen erlauben ſich die beſten Componiſten Freyheiten gegen die hier 
gegebenen Regeln; deswegen aber muß der Anfänger nicht glauben, daß fie es 
aus Unwiſſenheit dieſer Regeln gethan haben, oder daß die Regeln ſelbſt nichts 
auf fich hätten. Nur der, der erſt fo weit gekommen iſt, daß er feinem Ohr 
ſicher trauen darf, geht in beſondern Fallen, die es vertragen, von den Regeln 
ab. Von ſolchen Freyheiten kann folgendes zum Beyſpiel dienen, wo der Satz a, 
wenn die Noten übereinander ſtuͤnden, wie bey 2 klingen wurde, 


des reinen Subes in der Me 209 


ie: = Er 
REN rn 


Bet 


— — — Fa erg) — — > mm — — — er 
— 1-8 u, en == z e ze 


— == 4 


— Heel 
i 

SUITE 
15 


„„ GG ²˙ AA mn mm —— 


Auch en ee wenn fe, wie in delt land Beyppiel y 
Ban . ſind Elbe nur nicht ſo, wie im e VBeyſpiel 8. 


et 2. -3- 


4 35 — — 
28 W == 
— — — 


2 8 


5 — 5 V5 
— —— 9. — — — — 
— Pe TER RETTEN u 6 Teen 


Es gib 1195 Fille, wo gos Componiſten mit Borfag bare ehren nach 
einander ſetzen, wenn der Baß ſteiget, indem die obere Stimme abwerts gehet. 
Aber dieſes geſchieht nur in geſchwinden Sachen, und um im Baße zugleich ei⸗ 
nen guten Geſang zu bekommen, oder auch um im RR Woge zu vermeiden, | 
die man 195 . ſchon e hat. Z. E. | | 


5 55 


210 . Die Kune 


e e e eee 
8 8 5 ®-_— 5e 5 a 
ER ji s- - 15 N —— ZA 
99 5 5 3 


In allen bisher angeführten Beyſpielen der Brechung h hat der Baß die ordentliche 
Fort ſchreitung durch ganze Noten, und die gebrochenen ſind in der obern 
Stimme. Man kann dieſes auch umkehren, und die gebrochenen Noten in den 
Baß ſetzen; oder es kann wechſelsweiſe bald oben bald unten geſchehen, auch 
eine Stimme liegen bleiben, indem die andere einen Schritt thut. Ueberall 
aber muͤßen die gegebenen Regeln der guten Harmonie gleich. beobachtet werden. 
N wird e sum Deofprel bintängfich 57 


ze 


2 2 
* a . —.— 


. 
2355 r 


— — 


EA 
5 


— — 


— — 5 1 
—ͤ 2 — B 
„„ | — N 


des reinen Ses in der Muſik. 211 


| Der ae Serten⸗Accord i. im zweyten Takt m bier 17 5 zweyte Vermechetung 
des Dreyklanges und nicht der diſſonirende Quart⸗ Sexten ⸗ Accord. 


Setzet man drey gebrochene Noten auf eine, ſo wird der Satz ebenfalls wie 
wiring behandeſt. Beſonders iſt dabey in Acht zu nehmen, daß jede Dißo⸗ 
nanz im Brechen in derſelben Stimme aufgeloͤßt werde, wie es oecheben muß, 

wenn die . Tone zugleich i wuͤrden. 


- -S- 
8 ei 5 2 2 15 2. 


A — ͤ ͤÆ yW—ᷣ—ů —-¼—¼ʃ 443 
| Peer 2 


Als ein Muſter eines reinen eee Sates A es Accorde 
kann in den von mir herausgegebenen vermiſchten Muſtealien die neunte Va⸗ 
riation über die bekannte Tartiniſche Menuet aus dem A dur angeführt werden. 
Man kann daſelbſt die gebrochenen Toͤne alle, bis auf das dritte Viertel des ach⸗ 
ten Takts uͤber einander ſetzen, und der Saß bleibet ganz rein. Nur in] er⸗ 

| Be Takt kame eine Oetave in der Mitte vor, die aber . verbeſſert wer⸗ 
den koͤnnte, wenn e e i geſetzt würde. Die 8 eis und fis in den Mit⸗ 
telſtimmen des fiebenden Takts find unmerklich. Im Grund find nur die Octa- 
ven zu ſetzen verbothen, die das Gehoͤr leicht vernihmt, wehe man ſetzet un für 
das Aug, ſondern fuͤr das Ohr. 


Wo drey gebrochene Noten auf eine kommen, da 1 he anmitrefß | 
| wee hans wie hier zu ſehen iſt. u 9 


N Az ö a 5 
ER 05 a d 4 0 . EN 
* f ? 1 23 . SE 
ur 


212 RE e Kunſt 


1 \ 2 3 4 
— —— H— * — EL urn 
r 22 3 
15. —— -1— 06 - 8 — e ———ů 0 


Will man aber die e z ſo weit del daß anſtatt e e die 


hier uͤberall oben ſteht, die Octav oder Terz obengfieben , fo bekommt man in 
allem 18 Veranderungen. f 


Noch weiter kann die Mannigfaltigeit getrieben werden, wenn man die 
Harmonie zerſtreuter, oder enger nihmt. So leidet zum Beweis jede der ro 
ge erer Harmonien, wieder ſechs eee 


Und Hen iſt hinlänglich zu feen was für Harnigfaltifeit neldbifcher. 
Gänge zu derſelben Harmonie ſtatt haben kann. Es ſind freylich nicht allemal 
alle Verſetzungen gut, und es geht damit eben wie mit den ſo genannten Ana⸗ 
5 oder den Verſetzungen der Buchſtaben eines Worts, davon nicht alle 
verſtandl iche Woͤrter geben. Inzwiſchen iſt es doch gut, daß ein Anfanger ſich 
fleißig in ſolchen Verſetzungen uͤbe; weil ihm dieſes eine Fertigkeit giebt, ohne 
Muͤhe melodiſche Abwechslungen zu finden: welche von dieſen Verſetzungen 
brauchbar oder unbrauchbar ſeyn, muß man dem Gehör und Geſchmack eines 
jeden Componiſten überfaffen. Wir wollen hierüber nur ein einziges Beyſpiel 
anführen. Wenn man folgende Stelle bey x fo verſetzen wollte, wie bey B oder 
J, jo würden dieſe Verſetzungen von keinem guten Gomponifen gut geheißen 


werden; weil ie Octavenmaͤßig een 1 RR | ER 
! TEwrEHRE] ve a ner cat m = 

= — 5 B=- en. 
EFTA une 
Ha: — N 
— — — — —— ͤ— — — — — — — ——— — 

S233 8 

Er ——— —— 


. 


des reinen Satzes in der Muff f, 213 


3 W . 


N b 


1 . % „ ne 
FFC nn nase use 8 
5 — — — mm 


Wenn die Oberſtunme vi vier Noten auf eine im 1 Baße hat, 0 h man nach den 

Regeln des fuͤnfſtimmigen Satzes verfahren, und da äußern ſich ſchon große 
Schwierigkeiten den Satz ſo rein zu machen, daß keine Fehler darin wären, wenn 
die Töne zugleich gehoͤrt würden. Man hat gleichwol Arbeiten von J. S. Bach 
darin bey vierfacher Brechung durchgehends ein reiner > beobachtet worden. 
Dieſes ſey von den Brechungen geſagt. | 


II. Hiernächſt iſt der Durchgang i in e zu siehe a 
find. alfo immer einige dißonirende Toͤne. Der leichteſte Fall iſt der von zwey 
Toͤnen auf einen Schritt, davon der erſte conſonirt und der andere dißonirt, wie 
hier unten bey e. Hier kommt alfo die Dißonanz immer auf die zweyte Hälfte 
eines Schritts, und man hat ſich in acht zu nehmen, daß ſie nicht auf den zwey⸗ 
ten Schritt fi ſelbſt komme, in welchen Fehler man verfallen koͤnnte, wenn man 
nicht genau auf die Art der Bewegung acht haͤtte. So waͤre z. B. folgendes 
mit B bezeichnetes Beyſpiel im gemeinen geraden Takt unrecht, weil die durch⸗ 
gehende Dißonanz auf den N er fiele; da es hingegen im Alla Breve 
f be 1 75 waͤre. . 7 Br 


—— . — —ͤ—ʃb — 5 
. — — — — 4 — 
*** ee — —4— 


Be 1 5 32 
-8— Zi 2 N = 


Die Kunſt 


F a 
43 8 


Am natürlichen und geſalligſten ift el eine durchgehende Rote zum Uebergang von 
einen Ton in ſeine Terz, es ſey ſteigend oder fallend, wie bier bey 2; 1125 koͤn⸗ i 
nen ſie auch Hahne if geſetzt werden, wie bey B. 


— —— — — —22 — 1 — Wi —— — 5 ö 

3: S = —— a 

— 2 —— Has 1 Fe Em 
1 R 8 


Der irregulaire Durchgang muß nie 5 Anfang eine Städte ge braucht 


werden; Wage Aale waͤre e f 
. ; 8 e \ er. 5 


— 2: Me | | h a | | 


— . — 


Es muß wenigſtens eine Conſonanz des Haupttones, wenn es auch nur in einer 
Fe waͤre, vorhergegangen b wie er | | 


— —— V——— 


Marne 
—— 


des reinen Satzes in der r Muft. 215 


Obgleich der kegulaire Durchgang der angenehmere iſt, f macht doch die 
Abwechslung beyder Arten den Geſang reitzender. Anfaͤnglich iſt er freylich nicht ä 
ſo faßlich, als der, da blos regulaire Durchgaͤnge vorkommen „aber eben des⸗ 
wegen, wird er auch bey oͤfterm Anhören beliebt. c 
0 Es gehoͤrt aber ſchon eine ſehr fer tige Kenntnis der Harmonie dazu, beyde 
Durchgaͤnge, wenn fie in einen Stuck beſtaͤndig abwechſeln, zu unterſcheiden, 
oder bey der beſtandigen Abwechsl ung allemal die Hauptnote zu kennen; ohne 
dieſes aber iſt man nicht im Stande zum Gebrauch des Generalbaßes den Baß 
zu beziffern. Es wird deswegen am Ende dieſes Werks ein Stuͤck abgedruckt 
werden, woran die Anfänger ſich in dieſer fo noͤthigen Kenntnis des regulairen 
und irregulairen Durchganges üben konnen. 
Sind in einer Stimme vier Toͤne auf einen Schritt, ſo eneen verſchie⸗ 
dene regulaire und irregulaire Durchgaͤnge, ſowol conſonirender als dißonirender 
Noten. Der angenehmſte und leichteſte Fall iſt hier Sf, wenn ea auf 
eine en eine Pant folget „wie hier: 5 | 


SR 5 8. -8- Rn 
An — 83 —— 
a — ee BI — 
ä ä > — — — ea 1: — — — —— — 


5 Es nen aber auch zwey dißonirende Tine auf einander folgen; aber 1 
weiſe gebt es ſelten gut an. Von den fuͤnf hier folgenden Beyfpielen ſind die 
beyden erſten die beſten; das dritte vn zulaßg; das vierte und a: aber 5 


nicht gut. 5 in 
es: ep 1 er e 


. Hz 55 Be Be — Si 


FBF ee a: 3 mug 
— — 2 Be 3 en ag ee 


— mn — 


Den difonirende Tine, nach einander feht man bey vier Noten auf e einen 
we nicht zu ſetzen. 


Wenn 


216 Die Kunſt 


Wenn in mehr als einer Stimme zugleich durchgehende Noten vorkommen, 
fo klinget es mit Terzen und Sexten am beſten, wie in folgendem Beyſpiel bey ax. 
Wenn aber in zwey Stimmen drey Noten nacheinder nicht klingen wie bey Z, da 
kann der Geſang leicht unverſtaͤndlich werden. K | 


en 4 25 | 8 9 
Ei — — — — . 
een 8 14— —— — a — 
Ze „. . 
Bar CCC - 
„„ T EEE. 
:?; e e Dean aan ran 
De 


SJ ... er eer ee 
N eg en 
B) 8 


Hier find ſogar zuweilen vier Töne nach einander dißonirend. Wegen der Ge⸗ 
ſchwindigkeit, und der leichten und ſaßlichen Melodie halber geht es noch an; 
nur in langſamer Bewegung waͤre dieſes unausſtehlich. Aber auch in geſchwin⸗ 
der Bewegung muß man nicht oſte damit kommen, zumal wenn noch mehrere 
Stimmen auf gleiche Art rauſchten; denn es macht den Geſang hoͤchſt verwirrt. 
Es iſt beßer, daß man hierin den Capallmeiſter Graun, den wohlklingendſten 
und nachdenklichſten Setzer fuͤr den ſchoͤnen Geſang, als Saͤndel oder J. S. 
Bach zum Muſter nehme. Der letztere wagte hierin am meiſten, daher erfo⸗ 
dern ſeine Sachen einen ganz beſondern Vortrag, der ſeiner Schreibart genau 
angepaßt iſt; denn ſonſt find viele von ſeinen Sachen kaum anzuhoͤren. Wer die 

1 Har⸗ 


des reinen Satzes in der Muſik. 217 


Harmonie nicht vollkommen kennt, muß ſich nicht erkuͤhnen ſeine ſchweren Sa⸗ 
chen zu fpielen: trift man aber den wahren Vortrag derſelben, ſo klingen auch 
ſeine gelehrteſten Fugen ſchoͤn. 

Was in den Anmerkungen uͤber die Brechung von den Mannigfaltigkei⸗ 
ten, die durch die Verſetzungen herauskommen, iſt geſagt worden, kann auch 
Aber wegen der vorkommenden Dißonanzen gehoͤrt hier 
als dort. 


hier angewendet werden. 
mehr Ueberlegung und Wahl, 
dieſer Verſetzung dienen. 


Folgende Beyſpiele koͤnnen zu Proben 


F 


ä r — — — — — 


Das Juruͤckblei⸗ 


jche Gang zu betrachten. 

y ber Stimme gerechnet, die den ungleichen 
In den . Beyſpielen ſiehet man bey a einen zwey⸗ 
ſtimmigen Gang, darinn beyde Stimmen gleich fortſchreiten, (5) und dieſer 
Gang iſt bey b ſo veraͤndert, daß der Discant zuruͤcke bleibt, bey c aber kommt 


III. Ede iſt noch der ung 
ben oder Zuvor kommen, wird ne 
Gang hat. 


er zuvor. Was hieruͤber zu erinnern iſt, wird ſich am faßl ichſten durch die An⸗ 
merkungen ſagen laſſen, die uͤber die ee bier vorkommenden 1 ge⸗ 
macht werden ſollen. 


N 


(80) Wenn jede der beyden Stimmen tet werden. Dieſe würden mit dem 


Secundenweiſe fortſchreitet, beyde gegen⸗ 
einander aber um Terzen abſtehen, wie 
hier, ſo laͤßt ſich die ungleiche Fortruͤckung 
von dem Saͤnger, wenn ſie auch von dem 
Tonſetzer nicht angezeigt worden iſt, ſehr 
leicht anbringen. Nur muß die Singe⸗ 
ſtimme nicht von Floͤten oder Violinen, 
die mit ihr im Uniſonus ſpielen, beglei⸗ 


Baße zugleich fortſchreiten, und dann 
wuͤrde der Saͤnger beſchuldiget werden, 
daß er eilte oder ſchleppte. Ein Saͤn⸗ 
ger der dergleichen Veraͤnderungen machen 
will, muß genau nach der Partitur ſehen, 
um nicht zur Unzeit, und gegen die Na⸗ 
tur der Begleitung ſolche Veraͤnderung zu 
machen. 
E r 


218 


C 


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— — — —e— 


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des . Satzes in der Muſik. 219 
* T 


— — — e er 2 — 5 i 
1 — — 2 — . — 3 
! 5 ee e e mg 


— — — — — ame 


iii 8 
= 35 
3 BW 6 


— — 


{ap rn — — — — — um En — — een mn — 


Man muß hier uͤberhaupt anmerken, daß der ungleiche Gang nur da ſtatt 
hat, wo die beyden Stimmen, wenn man ſie gleich fortruͤcken lieſſe, durchaus 
gegen einander conſoniren, wie in allen hier ſtehenden Beyſpielen. 

Bey 1 ſind eben die Grundnoten, wie bey a, nur daß anſtatt der Drey⸗ 
klaͤnge ihre erſte Verwechslung genommen worden. 

Bey 2 iſt der vorhergehende Satz ſo veraͤndert, daß der Discant zuvor⸗ 
kommt. Aber ſo wie er hier iſt, duͤrfte man nicht ſeben, weil beym Aufſteigen 
auf jede Bewegung des Discants eine Septime erſcheint, die ſo fuͤhlbar iſt, 
daß man ihre Aufloͤſung erwartet, die doch nicht krfolget. Im Abſteigen aber 
klinget der Satz Quintenmaͤßig. 

Bey z iſt alles, ol auf: als a richtig. 

Ee Bey 


320 Die Kunſt 


Bey 4 iſt eine Stelle, wo die Stimmen Sprungweiſe gehen, und eben 
dieſelbe Stelle hernach in ungleichem Gang. Dieſes geht an, wenn der Ge⸗ 
fang durch conſonirende Töne fortruͤcket. Nur hat man ſich dafür in Acht zu 

nehmen, daß es nicht Octaven⸗ oder Quintenmaͤßig klinge, wie in dem darauf 
folgenden Beyſpiel *, wo der Satz fo klinget, wie wenn es geſetzt wäre, wie 
bey t, oder wenn die Bewegung geſchwind iſt, wie bey ff. 

Bey 5 iſt ein Gang, wo die obere Stimme gegen den Baß bald Terzen, 
bald Sexten hat. Auch da kann die ungleiche Fortruͤckung gut angebracht wer⸗ 
den, wie in den darauf folgenden Beyſpielen. 


Aber ſo, wie bey 6 wo auf das vierte Viertel des erſten Takts die Quarte 
vom Baße frey angeſchlagen wird, waͤre der Satz nicht zum beſten. 


Und fo viel ſey von der ungleichen Fortruͤckung geſagt. 


Um auch von dem bunten Contrapunkt den Auge „ außer den hier vor⸗ 
getragenen Lehren, reine und gute Muſter vorzulegen, ſind am Ende dieſes Ab⸗ 
ſchnitts noch einige Choraͤle eingeruͤckt, über welche noch verſchiedeues hier z e ey 
innern vorkommt. 


Der erſte iſt zwar nicht in dem eigentlich bunten Contrapunkt, aber doch 
mit weit mehr Mannigfaltigkeit der Harmonie geſetzt, als die, welche am Ende 
des vorhergehenden Abſchnitts ſtehen. Dieſe Art kann als eine Mittel gattung 
zwiſchen dem ſchlechten und dem bunken Contrapunkt angeſehen werden. Die 
Muſter, welche im vorigen Abſchnitt ſtehen, haben eine ganz conſonirende Har⸗ 
monie, ſo wie ſie ſich zum allgemeinen Gebrauch in der Kirche, wo die ganze 
Gemeinde mitſingt, ſchieket, und wo der Baß eben fo leicht ſingbar ſeyn muß, 
als eine der andern Stimmen. Hier aber iſt die Harmonie ſchon mannigfal⸗ 
tig, und mit vieler! y Dißonanzen durchflochten. Wenn in dergleichen Stuͤ⸗ 
cken nur der Baß richtig iſt, fo laffen ſich die obern Stimmen leichter dazu ſetzen, 
als bey der ganz ſchlechten Gattung, da alles conſonirend iſt; dann in dieſem letz- 
ten Fall braucht es ſehr viel Sorgfalt, um keine verbothene Quinten⸗ und Octa⸗ 
ven⸗Fortſchreitungen zu machen. 

Uebrigens hat dieſer erſte Choral Ihro Rönigl. Soheit die Prinzeßin 
Amalia von en en zur Verfaßerin. ( Man kann noch als etwas beſon⸗ 


der 


(81) Die andern find von zwey jungen 1 5 Werk vorgetragenen ehren unter⸗ 
„Componiſten, die von mir nach den in richtet worden find, 


des reinen Satzes in der Muſik. 221 


ders von dem Canto firmo deſſelben anmerken; daß er ſowol von dem beruͤhmten 
J. S. Bach, als von dem verſtorbenen Capellmeiſter Graun auf dreyerley Art 
geſebt worden, wie bey a, bey b und bey c. ; 


— 4 41 8- 


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„0 | 6 4 5 S 6 1 
. == an 
== F —.— 
® 
Die erſte Art ift ohne Zweifel genau nach dem Sinn des erſten Erfinders 
dieſer Melodie, nemlich in der Phrygiſchen Tonart; die zweyte fange in der Un⸗ 
terdominante der Phrygiſchen, oder wenn man will in der Aeoliſchen Tonart an, 
und ſchließt hernach in der Dominante; die dritte iſt in der Joniſchen Tonart. 
Dieſe ſcheinet am wenigſten nach dem Sinn des Erfinders, iſt aber vermuthlich 
von den beyden erwaͤhnten Componiſten darum ſo geſetzt worden, weil in den mei⸗ 
ften Kirchen die Gemeinde denſelben Baß ſingt. In dieſem Falle äft es am bes 
ſten, daß die Orgel dieſen Baß behalte. Denn wenn die ganze Gemeinde ſingt, 
fo würde ein unausſtehlicher Ulebelklang entſtehen, wenn am Ende des erſten 
Verſes die Orgel in E dur aushielte, die ganze Kirche aber in C dur fange. (2) 


Man ſieht ſchon aus dieſen drey Beyſpielen, wie zu einer Melodie ſich ver⸗ 
ſchiedene Baͤße anbringen laßen, dadurch kann die Melodie verſchiedene Charak⸗ 
| ker 


En eee e e 52 — — 68 5 --g— | == 
— — er x 5 — ä ——c— 


2 


(82) Es gehört viel Zeit und nicht wer in dem Ton erhalten werde. Darauf 


nig Geſchicklichkeit von Seiten eines Or⸗ 


ganiſten dazu, einer ganzen Gemeinde eine 
gute Art zu ſingen anzugewoͤhnen. Die 
Abſicht des Orgelſpielens bey Choraͤlen, 
die von einer ganzen Gemeinde geſungen 
werden, geht blos dahin, daß das Volk 


muß der Organiſt arbeiten, und nicht 
auf unnöthige Kuͤnſteleyen und Verbraͤ⸗ 
mung der Melodie auf jeder Sylbe, das 
bey ofte kaum zu merken iſt, was fuͤr 
ein Lied geſpielt, oder in welchem Tone 
geſungen wird. 


des reinen Satzes in der Muſik. 223 


tere annehmen, und zu verſchiedenen Liedern ſehr ungleichen Inhalts gleich gut ge⸗ 
braucht werden. In dem zweyten Theil dieſes Werks ſoll mit mehrern gezeiget 
werden, wie zu einem Geſang, in welcher Stimme er ſtehe, mehrere Baͤße koͤn⸗ 
nen gemacht werden. Vorlaͤuffig wird es hier genug ſeyn nur noch ein Beyſpiel 
hievon anzufuͤhren, das aus Haͤndelſchen Oper Tamerlan genommen iſt. 
| IE TS AL Fr 

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Zum wahren Beſten der Anfaͤnger in dem Satz koͤnnen wir hier nicht uner⸗ 
innert laſſen, daß eine ſehr fleißige Uebung in Choraͤlen, eine hoͤchſt nuͤtzliche 
und ſo gar unentbehrliche Sache ſey, und daß diejenigen, welche dergleichen Ar⸗ 
beiten für uͤberfluͤßig, oder gar pedantiſch halten, in einem ſehr ſchaͤdlichen Vor⸗ 
urtheil ſtehen. Solche Uebungen ſind der wahre Grund, nicht nur zum reinen 
Satz, ſondern auch zu dem gutes und richtigen Ausdruck in Singeſachen. 


| Jede Arie ift im Grunde nichts anders, als ein nach der richtigſten Decla⸗ 

mation geſetzter Choral, da jede Sylbe des Textes nur eine Note hat, welche nach 
Erfordernis des Ausdrucks mehr oder weniger verziehrt wird. Der wahre 
Grund der Schoͤnheit einer Arie liegt immer in dem einfachen Geſang, der da ſteht, 
wenn alle zur Ausziehrung gehörige Töne davon weggenommen find, Iſt dieſer 
unrichtig in Anſehung der Declamation, der Fortſehreitung oder der Harmonie, 

fe koͤnnen die Fehler durch keine Verziehrung vollig bedeckt werden. 


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224 Die Kunſt 


Wer ſich die Mühe geben will die ſchoͤnſten Arien von allen Ausziehrungen 
zu entbloͤßen, der wird ſehen, daß denn allemal die übrig geb! liebenen Töne die 
Geſtalt eines wohlgeſetzten und richtig derlamirten Chorals haben. (53) Ein 
paar Beine werden dieſes hinlaͤnglich zeigen. 


Aria aus der Oper Tamerlan von Hendel. 
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(83) Daß man in allen verzierten lich machen muͤße, erhellet am deutlich⸗ 
Arien, vornehmlich im Adagio die Haupt: ſten daraus, daß ſich die Arien am beſten 
harmonie und den einfachen Geſang merk⸗ ausnehmen, wo die begleitenden Stim⸗ 

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des reinen Satzes in der Muſik. 225 
Aria von Graun aus der Oper Sylla. 


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men nur die zur Harmonie gehörigen anzubringen, und nach Gefallen zu anti⸗ 
Haupttoͤne haben, in welcher Art die mei⸗ cipiren und zu retardiren, welches gar 
ſten langſamen Arien des berühmten Haße nicht angeht, wenn die erſte oder zweyte 
geſetzt ſind. Dieſes hat den Vortheil daß Violine ſchon die Verziehrungen der Sin⸗ 
dem Saͤnger dadurch die Freyheit gelaßen geſtimme Dat, wie ſchon vorher Auer 
wird, ſeine Verziehrung nach Willkuͤhr kung 80.) erinnert worden. 


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Uebung in dem Choral-Satz, mit der Hauptmelodie öfters abwechsle, und fie 
bald in die eine bald in die andere Stimme bringe; denn darauf beruhet die Ge⸗ 
ſchicklichkeit, die concertirenden Stimmen gut zu ſetzen. Eine Arie, in der die 
erſte Violin fiber dem Discant einen ganz andern Geſang hat, als die Singe— 
ſtimme, iſt nach eben den Regeln geſetzt, wie ein ee in dem die Hauptme⸗ 
lodie im Alt ſteht. 

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248 Die Kunſt 
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Es iſt bey Betrachtung des regulaͤren und irregulaͤren Durchganges erinnert 
worden, daß es bisweilen ſehr ſchweer ſey die Hauptnoten zu finden, und die 
wahre Harmonie „ wie der Tonſetzer fie gedacht hat, zu entdecken. Damit An⸗ 
faͤnger ſich in richtiger Beurtheilung der Harmonie bey einigen ſchweeren Fällen 
uͤben koͤnnen, hat man hier folgendes Clavierſtuͤck eingeruͤckt, und zur Erlaͤu⸗ 
terung der Harmonie unter die eigentlichen Stimmen noch drey Noten ſyſteme mit 
dem Baßſchluͤſſel hinzugefuͤgt. 

Das unterſte dieſer drey Noſtenſyſteme, iſt eigentlich das, was die 8 
zoͤſiſchen Tonfeger den Fundamentalbaß nennen. Es enthält naͤmlich die wahren 
Grundaccorde, nämlich die Dreyklaͤnge und eee -auf welche die 
Harmonie durchaus gegruͤndet iſt. 

Das darauf folgende Syſtem zeiget © zufälligen ul oder Vor⸗ 
halte an, wo dergleichen vorkommen. 

Das oberſte aber, ſtellt den Generalbaß vor und zeiget, welche Verwechs⸗ 
lung des Dreyklanges oder des Septimenaccords, der Setzer bey jeder Harmonie 
genommen habe. Daſelbſt find auch die Vorhaͤlte zugleich mit beygefii get. 

Wit empfehlen allen Anfaͤngern, wenn ſie ſich bey dieſem Stuͤck in genauer 
Erforſchung der Harmonie werden geuͤbet haben; hernach auch die Stücke groſſer 
Meiſter auf eine ahnliche Weiſe durchzuſtudiren. Dadurch werden ſie in Stand 
kommen, die ſchwerſten harmoniſchen Satze aufzulöfen. Ueberdem werden fie 
finden, daß Harmonien, wovon man ſich bisweilen ſehr ſeltſame Begriffe macht, 
und wo man ganz wunderlich zuſammengeſetzte, oder über einander gebaute es 
corde zu finden vermeynet, im Grunde doch nichts anders, als bloſſe Dreyklaͤnge, 
oder Septimenaccorde find. Denn dieſes find die einzigen wahren Grundaccorde, 
woraus alle andere durch Verwechslung und durch Vorhalte entſtehen, wie durch 
dieſes ganze Werk vielfaͤltig gezeiget worden iſt. 

Viele haben ſich durch die franzoͤſiſchen Schriftſteller bereden laſſen, daß 
man dieſe einfache Lehre von der Harmonie dem Kameau zu danken habe, den 
man in Frankreich gerne fuͤr den erſten gruͤndlichen Lehrer der Harmonie anprei⸗ 
ſen moͤchte. Indeſſen iſt nichts gewiſſer, als daß eben dieſe Lehre von den Grund⸗ 
accorden und der aus ihren Verwechslungen entſtehenden Mannigfaltigkeit, alten 
deutſchen Tonſetzern lange ehe Kameau geſchrieben, beſſer und gruͤndlicher als 
ihm bekannt geweſen. Er ſelbſt hat die Lehre von der Einfalt der Harmonie, 
noch nicht in ihrer wahren Reinigkeit gefaßt, da er wuͤrklich durchgehende Toͤne 
bisweilen als Fundamentaltoͤne anſiehet, auf welchen Grund z. E. fein . 


des reinen Satzes in der Muſtk. 249 


de ſixte ajoutee, den er fir einen Seundaccord halt, gebaut iſt. Er ſieht z. B. 
in folgendem Gang auf das zweyte Viertel die Harmonie $ als eine Grundhar⸗ 
monie, und die darinnvorkommende Serte, als eine weſentliche Diſſonanz an, 
die doch blos durchgehend iſt. | 


Deutſche und welſche Tonſetzer, machen die halben Cadenzen nicht nur eben⸗ 
falls mit der durchgehenden Serte, wie Kameau, ſondern laſſen auch noch die 
uͤbermäßige Quarte vom Baße, als das Subſemitonium modi der folgenden To⸗ 
nica durchgehen, welches den Schluß pikanter macht, wie hier: 


Und hieraus iſt deutlich zu ſehen, daß dieſe beyden Toͤne blos durchgehend ſind; 
155 man ſonſt gar nicht wüßte, wie hier die übermäßige Quarte in die Harmonie 
ommt. 1 . 


Auch wuͤrde gewiß kein wahrer Kenner der Harmonie einen Satz, wie fol⸗ 
gender von Kameau iſt rechtfertigen. | 


In dem angehängten Stuͤck kommt eine Stelle vor, in welcher fich der 
vorhererwaͤhnte Fall ereignet, nämlich auf der VI. Seite im dritten Takte auf dem 
dritten Achtel. Im Baße ſollte ſtatt H mit K, A ſtehen. Denn dieſes A iſt 
hier der Hauptton, Il aber, weiches oben, als ein Sechszehntel vorherſteht, iſt 
eine irreguläre durchgehende Note, die 4 oder dis iſt die zweyte Diſſonanz. 


N Man hat aber auf dem unterſten Syſtem H, als den Grundaccord geſetzt, 
damit man die Vorbereitung des folgenden diſſonirenden Satzes erhalte. Im 
MM. Die: 


250 Die Kunſt des reinen Satzes in der Muſtk. 


Dis cant iſt das dis eigentlich nach e, der Quinte des Baßes A, nachſchlagend, 
oder durchgehend, man hat es aber gleich geſetzet. Im Baß aber, iſt der irre⸗ 
gulare Durchgang, wo H diſſonirend vor A ſteht, wie hier zu ſehen: 


Anſtatt, daß in dem Stuͤck a und e von H diſſonirend find, dis aber conſonirend, 
fo iſt hier a als die Octave vom Baß, wie auch e, als feine Terz, conſonirend, 
dis im Discant, und H im Baß aber dißonirend, dis, als ein regulaͤr durch⸗ 
gehender Ton, II als irregulaͤr durchgehend. | 


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Seite 8. Linie 3. ſoll ſtatt das weiche oder viereckigte h genennt, heißen: 
das weiche oder runde b, das alte oder heutiges H aber wurde das harte oder 
viereckigte genannt. 

S. 18. in der Anmerkung Note 16, in der ꝛ2ten und roten Linie ließ ſtatt 
Dis, Des. | | 

S. 22. Sind beydes die kleine und die große Terz aus Verſehen weggelaßen wor⸗ 

den, deswegen muß nach dem 5 Artickel folgendes eingeſchaltet, und hernach 

die folgenden Numern 6, 7 und 8 darnach abgeaͤndert werden. 
6. Die kleine Terz, deren reines Verhältnis Fiſt. In der Umkehrung 
wird fie zur großen Serte 3. 
7. Die große Terz, deren reines Verhaͤltnis + iſt. Außer dieſer kommt 
ſie in unſerm Syſtem noch in dem Verhaͤltniß #23 und $# vor. In 
der Umkehrung wird fie zur kleinen Sexte 8, oder 238, oder g. 
Eben daſ. Linie 26 ſtatt C muß c ſtehen. 


S. 30. im letzten Noten Syſtem muß im Discant das dabes 1 0 Takts mit 
dem d des zweyten gebunden ſeyn. 
S. 33. Tab. I. im erſten Takt im Baß ſtatt d muß e ſtehen. 
S. 33. Tab. II. im erſten Noten⸗ Syſtem im ſechſten Takt ſtatt 7 muß 7 ſtehen. 
— 
— — im zweyten Noten⸗Syſtem im achten Takt ſtatt —— 
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52 


muß —— ſtehen. 


S. 37. Im zten Roten Syſtem fehlt im zweyten n Takt uͤber dem D im Baß ein 


x und im vierten Takt ſoll im Baß vor dem a ein b und im Discant vor e 
ein b ſtehen. 
Eben daſ. zu dieſem Syſtem gehoͤrt nachfolgende Anmerkung, ſo einzuruͤcken ver⸗ 
geſſen worden. 
Nachſtehendes Beyſpiel von dem alten Bach, wo bey y das Semito⸗ 
nium modi verdoppelt iſt, muͤßen ſich angehende Componiſten nicht zur 
Regel dienen laſſen. Dieſer groſſe Mann gieng hier von der Regel ab, 
um einen ſchoͤnen Geſang in allen Stimmen zu erhalten, und wußte dar⸗ 
um doch die un zu vermeiden. 


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Seite 40. Zu Ende diefer Seite ſchalte nachfolgendes ein: 


Eben fo verhält es ſich mit dem Serten⸗Accord eines in dem Mellmodo 
um ſechs Stuffen geſtiegenen und mit einem x erhoͤhten Tones, wo die 
Octave der Haͤrte des außer der Tonart vorgekommenen zufälligen Tones 
wegen, wegzulaſſen, und dafür die Sexte oder Terz zu verdoppeln iſt; 
es giebt hingegen Fälle, wo man Quinten und Octaven oder verbotene 
Fortſchreitungen zu vermeiden, auch manchmal der Folge wegen, die Octave 
zu nehmen verbunden iſt. 


Z. E. bey « iſt die Octave, es iſt aber das Exempel bey B vorzuͤglicher. 
Bey y iſt die Verdoppelung der Serte falſch, da ſie einen verbotenen uͤber⸗ 
mäßigen Quarten⸗Sprung von gis ins d verurſachet. 


Bey d iſt man gezwungen der Folge wegen die Octave zu nemen, um 
die Septime bey gis vorzubereiten. 


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Es iſt noch anzumerken, daß wenn man in einem Mollmodo nach der 

Quinte mit der groſſen Terz in die groſſe Serte des Haupttones geſtie⸗ 

gen, man von da nicht wieder zuruck gehen kann, ſondern in die Hoͤhe 

durch das Semitonium Modi bis in die Octave, wie oben bey e, gehen 

muß: da man hingegen, wenn man auf gleiche Art in die kleine Serte ge⸗ 

ſtiegen, weder durch die kleine Septime bey a noch durch die große Septime 

bey b, in die Octave ſteigen kann; denn bey b wuͤrde die Fortſchreitung 

N einer verbotenen uͤbermaͤßigen Secunde ſeyn, ſo nicht erlaubt iſt: dahin⸗ 

| egen man ſolche in der Umkehrung als eine verminderte Septime in der 
egenbewegung nehmen kann wie bey c. 


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Seite 2. im erſten Noten⸗Syſtem im letzten Takte im Discant ſtatt a muß g 


Eben daf. im Noten⸗Syſtem in den Anmerkungen muß im zweyten Takte im Baß 
ſtatt die vier Sechzehntheile vier Achttheil ſtehen. 

S. 53. im Noten⸗Syſtem im dritten Takte ſtatt 5 muß ? ſtehen: im ſechſten 
Takte ſtatt J muß 3, und ſtatt 7 muß ; ſtehen. | 

S. 59. im fünften Takte muß über o im Baß die 6 weggeſtrichen werden. 

S. 65. im zweyten Noten⸗Syſtem im ſechſten Takt ſtatt ? muß 7 ſtehen. 

S. 69. im erſten Noten⸗Syſtem im erſten Takt muß über das e im Baß eine 6 


ſtehen. 


S. 70. in der ſechſten Linie ſtatt Accode ließ Accorde. 


S. 75. im zweyten Takt des zweyten Noten⸗Syſtems ſtatt 9, muß 2 ſtehen. 
S. 78. in der zehnten Linie, lies: dieſes geſchieht bey der zweyten Ders 
wechslung des verminderten Dreyklangs. 
„ 2 5 S. 78. 


E NR RAT A. 


S. 78. nach der eilften Linie ſchalte felge ein: 
In dieſem Fall kann die groſſe Quarte auch verdoppelt werden. Dieſe 
Quarte welche im verminderten Dreyklang durch die Quinte und Octave 
entſtehet, ſollte man zum Unterſchiede des el die groffe Quarte nen⸗ 


nen, weil ſie in dieſem Fall unter ſich als ein Vorhalt der ent treten 
kann. 


S. 82. im zweyten Takt des Noten⸗Syſtems ſtatt Z muß 4 ſtehen. 
S. 85. im achten Takt des dritten Noten⸗ 1 ſtatt $ mug ſtehen. 


2 
S. 86. im dritten Syſtem im zweyten Takt ſtatt met Fr muß Fes—- 


ſtehen. 
S. 88. Neben dem erſten Noten⸗Syſtem muß nachſtehendes eingeſchaltet werden: 


a 3 N = 
1 1 


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se Pe HB Pos 
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Bey oe find 150 Septimen an d und f Fd bey ß find 
beyde Quarten conſonirend und wiederum d und f durchgehende Dion, anzen. 


Seite 89. im vierten Takt des dritten Roten⸗Syſtems im Discant ſtatt e foll d. 
ehen. 
©. 34 1 der letzten Linie ſtatt Fartſchreitung ließ Forkſchreitung. 
S. 93. im vierten Takt des zweyten Noten⸗Syſtems ſtatt 2 ließ §. | 
S 95. im zweyten Takt des dritten Noten⸗Syſtems fehlt der Ton h zum Accord. 
S. 96. im zweyten Takt des erſten Noten⸗Syſtems ſtatt U ließ A. 
S. 101. im zweyten Takt der fünften Noten Linie ſtatt der dritten Note g ließ e 
S. 104. Linie 18. ſtatt neuem ließ neuen. 
Eben daſ. Linie 36. nach dem Comma, ſchalte ein, 3. 
S. 116. im dritten Takt der ſiebenten Noten Linie ſtatt e ließ e. 
S. 12 1. Linie 23. wie Haupton ſelbſt, muß heißen: wie den Hauptton ſelbſt. 
S. 125. in der Tabelle muß in der zweyten Reihe der Felder-Colonne unter V. 
in dem leeren Felde ſtehen D dur. 
S. 128. 


ERRATA. 


S. 128. unter der dritten und vierten Noten Linie find die Buchſtaben ausgelaſ⸗ 
fſen, unter dem erſten Exempel muß a unter dem zweyten b unterm dem dritten 
e und unter dem vierten d ſtehen. 
S. 132. im vierten Takt des zweyten Noten Syſtems ftatt & 4 B ließ 2 Ab. 
S. 137. neben dem zweyten Noten Syſtem wird eingeſchaltet: oder ſo, wie 
ſie als uͤbermaͤßige Quinte vom Baße erſcheint, wie hier: 
— — | 
Eee 
13 — 


ö 5 


S. 138. in der ſechſten Noten Linie iſt das Discantzeichen verſetzt und ſoll ſtehen Fr 


S. 148. Linie 3. an unten, nicht koͤnne verdoppelt ꝛc. ließ nicht koͤnne zweymal 
verdoppelt 

S. 15 I. im neh Takt des zweyten Noten Syſtems muß d im Discant ſtatt 
„einer ganzen eine halbe Takt Note ſeyn. 
S. 153. im zweyten Exempel des erſten Syſtems im erſten Takt ſtatt d ſoll eis 
ä ſtehen. 

S. 172. im zweyten Noten Syſtem im zweyten Takt muß im Discant neben h 
ein Punct ſtehen. g 


Eben daf. im erſten Noten Syſtem muß die? gebunden ſeyn. 
Seite 178. im erſten Takt des Noten⸗ Sons muͤßen die im Discant ſtehende 


halbe ganze Takt⸗Noten ſeyn. 
S. 180. über dem vierten Takt ſtatt 2 2 lies 5 
©. 196. muß das Schlußzeichen vor, ſtatt nach dem z ſtehen. 
S. 200 in der letzten Linie, nach reſolviret, muß eingeſchaltet werden: Nur muß 
dieſer dißonicende Satz fein See in der vorhergehenden Baßnote 


haben. 
S. 233. im erſten Takt der neunten Noten⸗Linie foll die Note Ds 5 Er