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FINNISCHE ALTERTUMSOESELLSCHAFT.
DIE ÄLTERE EISENZEIT
IN FINNLAND.
VON
ALFRED HACKMAN.
1.
DIE FUNDE AUS DEN FÜNF ERSTEN
JAHRHUNDERTEN N. CHR.
'Sg
HELSmOFORS 1905.
AKTIENOESELLSCHAPT F. TILOMANNS BUCH- UND STEINDRUCKEREI.
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rORHVKT.
Indem ich dir vorHegendt archäologische Sludif der Öffentlichkeit übergebe,
fühle ich mich gedrungen den Herren, die meine Arbeit mit Rat und Tat ge-
fördert habe», meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Unter ihnen nenne ich
an erster Stelle meine Freunde Dr. B. Salin und Dr. O. Almgren in Stock-
holm, welche mir ihre reichen Schätze an Aufzeichnungen und Skizzen aus einer
grossen Anzahl europäischer Museen mit freundschaftlicher Bereitivilligkeit zur
Verfügung gestellt sowie mündlich und brieflich wertvolle Auskunft besonders
über schwedisches Material mitgeteilt haben, für diesen mir geivährten Beistand
zvie für die Gefälligkeit bei Bestellungen von CHches und Photographieen die
Vermittelung zu übernehmen, bin ich den beiden Herren zum ivärmsten Danke
verpflichtet. Herrn Prof J. R. Aspelin danke ich für seinen erfalirenen Rat
und die Anregungen, die er mir gegeben, Herrn Kustos H. Kemke in Königs-
berg für so manche freundliche Mitteilungen über ostpreusstsche Altertümer, zu
welchen er während unserer langjährigen Korrespondenz stets bereit gewesen ist.
Herr Prof. Hj. Gränroos und Herr Mag. D. A. Wikström haben sich
freundlichst der Mühe unterzogen für diese Abhandlung Knochenreste aus vor-
geschichtlichen Grabhügeln zu bestimmen und mich dadurch zu ihrem dankbaren
Schuldner gemacht. Den Direktoren und Ku.stoden der skandinavischen, deutschen,
baltischen und russischen Museen, in welchen ich mein Material gesammelt habe,
speziell Herrn Reichsantiquar H. Hildebrand und Herrn Prof. O. Montelius
in Stockholm, Herrn Dr. S. Müller in Kopenhagen, Herrn Prof. R. Haus-
mann in Dorpat, Herrn Prof. H. Conwents in Danzig, Herrn Dr. A. Götze
in Berlin und Herrn A. Spitzin in St. Petersburg, drücke ich meine Erkennt-
lichkeit aus für die Liebenswürdigkeit, mit der sie meine Arbeiten in ihren Samm-
lungen unterstützt haben. Schliesslich gebührt ein spezieller Dank meinem Freunde
und treuen Begleiter auf meinen archäologi.schrn For.'tchungsreisfn im eigenen
Lande, Herrn Mag. B. Cederhvarf.
1!)5!)67
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EINLEITUNG.
y%ls J. R. Aspelin in seinen grundlegenden Arbeiten über die Voi^eschichte
/ % Finnlands die Grenze zwischen der älteren und der jüngeren Eisenzeit
A. .m. in die Zeit um das Jahr 700 verlegte, so bestimmte ihn hierzu die Auf-
fassung, welche er sich bei einem Studium des damals bekannten Fundmateriales
über die ethnt^apbischen Verhältnisse Finnlands während der beiden Perioden
der Eisenzeit gebildet hatte. Der chronologische Unterschied zwischen den Fun-
den vor und nach dem Jahre 700 war für ihn zugleich ein ethnographischer.
Im 8. Jahrhundert waren nämlich nach seiner Ansicht alle eigentlichen Kultur-
gebiete Finnlands bereits im unbestrittenen Besitz finnischer Stämme und war
die frühere germanische Bevölkerung, welche der Kultur der älteren Eisenzeit
ihren Charakter gegeben hatte, auch aus österbotten, wo sie länger wie im
Eigentlichen Finnland und in Satakunta der finnischen Invasion widerstanden
hatte, verdrängt worden oder in den neuen Einwanderern aufgegangen. Die
germanische Kultur der älteren war durch die finnische der jüngeren Eisenzeit
abgelöst worden.') Bei der Festsetzung dieser Zeitgrenze zwischen den beiden
Perioden mag Aspelin aber auch durch das chronolc^sche System der skan-
dinavischen Archäologen beeinflusst worden sein, denn kurz vorher (im J.
1865) hatte J. J. A. Worsaae die jüngere skandinavische Eisenzeit oder die
Zeit vom 5. bis zum 11. Jahrhundert in einen älteren Abschnitt, die mittlere
Eisenzeit, und einen jüngeren, die Wikingerzeit, eingeteilt und als Grenzscheide
zwischen denselben die Zeit um das J. 700 angenommen. Der Beginn der
jüngeren Eisenzeit Aspelins entsprach also dem der Wikingerzeit Worsaaes,
*) J. R. Aspelin, Esquisse d'un ezamen de la Situation archSoIogique de la Finlande,
Congrfes Bologne 1871. Bologne 1873, S. 427 f.; derselbe, Suomalais-ugrilaisen muinaistutkin-
non alkeita, Helsingfors 1875, S. 140; derselbe, Antiquitös S. 250; derselbe, Suomen asuk-
kaat, S. 57 f.
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EINLEITUNG.
während seine ältere Eisenzeit nicht nur die ältere sondern auch die mittlere
skandinavische Eisenzeit umfasste. Zu einer Dreiteilung der Eisenzeit Finnlands
nach skandinavischem Muster ist Aspelin nicht geschritten, vermutlich weil die
Anzahl der finnländischen Funde aus dem 1. — 5, Jahrhundert, welcher Zeit-
raum ja der älteren Eisenzeit Worsaaes entsprach, eine verschwindend kleine
war und er bei seiner Periodeneinteilung das Hauptgewicht auf die ethno-
graphischen Verhältnisse gelegt hatte. Auch nachdem die typologischen Forschun-
gen der skandinavischen Archäologen zur Aufstellung einer Anzahl kürzerer
Abschnitte innerhalb der drei grossen Perioden der skandinavischen Eisenzeit
geführt hatten und nachdem es gelungen war den Nachweis dafür zu liefern,
dass wenigstens im südlichen und mittleren Skandinavien vor der römischen
älteren Eisenzeit eine noch ältere eisenzeitliche Periode, die s. g. vorrömische
Eisenzeit, unterschieden werden kann, haben die finnländischen Archäologen
an Aspeüns einfacher Periodeneinteilung festgehalten und die Grenze zwischen
der älteren und der jüngeren Eisenzeit nicht weiter zeitaufwärts gerückt. Sie
haben sich in dieser Hinsicht in Übereinstimmung mit den Archäolc^en der
Ostseeprovinzen befunden, welche noch heute die sieben ersten Jahrhunderte
unserer Zeitrechnung der älteren Eisenzeit zuweisen und die jüngere oder
„zweite Eisenzeit" im 8. Jahrhundert beginnen lassen.') Aus rein praktischen
Gründen lässt sich denn auch die Berechtigung einer solchen Einteilung
durchaus verteidigen. Wenn man nämlich das jetzt bekannte finnländische
Fundmaterial aus der Eisenzeit zur Grundlage nimmt und dasselbe nach sei-
nem Alter in zwei Gruppen scheidet, so wird, da die ältesten uns bekannten
Funde aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert n. Chr. stammen und die
heidnische Bestattungsweise wenigstens in Ostfinnland sich über das 13. Jahr-
hundert hinaus erhalten hat, die chronologische Mitte zwischen den beiden
Gruppen ungefähr in das 7. Jahrhundert oder spätestens in die Zeit um 700
fallen. Eine andere Frage ist es allerdings, ob der ethnographische Charakter
der älteren und der jüngeren Funde einen geeigneten Einteilungsgrund abgeben
kann, mit anderen Worten, ob man berechtigt ist mit Aspelin die Funde der
älteren Eisenzeit hauptsächlich für germanische Hinterlassenschaft, die der jün-
geren ausschliesslich für finnische anzusehen. Eine der Aufgaben dieser Ab-
handlung wird es sein einen Beitrag zur Lösung dieser Frage, soweit sie die
Nationalität der Bewohner Finnlands während der älteren Eisenzeit betrifft, zu
1) R. Hausmann, Einleitung zur Abtheilung Archäologie, Riga Kat. S. Xlll u. XXI.
Digilizedby Google
EINLEITUNG.
geben. Da nun diese Untersuchung uns zeigen wird, dass der nationale
Gegensatz zwischen der Kultur der älteren Eisenzeit und der der jüngeren
kein so grosser gewesen sein kann, wie ihn Aspelin auf Grund seiner Deutung
der finnländischen Funde angenommen hat, so würde daraus folgen, dass
Aspelins Periodeneinteilung auf ethnographischer Grundlage nicht aufrecht zu
erhalten ist Wenn ich im Folgenden trotzdem den Begriff der älteren Eisen-
zeit in demselben Umfange fasse wie Aspelin und nicht nach dem Vorgange
der skandinavischen Forscher die Grenze zwischen den beiden Hauptabschnit-
ten der Eisenzeit in die Zeit um 400 (Montelius) oder in das 5, Jahrhundert
(S. Müller) setze, so geschieht dies teils aus dem oben angeführten praktischen
Grunde, teils weil die Aspelinsche Einteilung in der finnländischen archäolo-
gischen Literatur allgemein befolgt worden ist Da zudem in der kulturellen
Entwicklung unseres Landes während der Eisenzeit kein Abbruch, keine plötz-
liche Veränderung, im Fundmaterial wenigstens vom 2. Jahrhundert an keine
Lücke nachzuweisen ist, so hat die Frage nach der Abgrenzung der älteren
Eisenzeit eine nur untergeordnete Bedeutung und braucht die einmal traditio-
nell gewordene Gruppierung der beiden Hauptperioden vorläufig nicht durch
eine neue, für die vorgeschichtlichen Verhältnisse anderer Länder berechnete
ersetzt zu werden. Von grösserer Wichtigkeit als die Entscheidung dieser
FfE^e ist für den finnischen Altertumsforscher eine Aufgabe, die bisher noch
nicht systematisch durchgeführt worden ist, nämlich eine Gliederung der finn-
ländischen Eisenzeit in eine mißlichst grosse Anzahl Unterperioden, eine chro-
nologische Sichtung des Fundmateriales, welche es gestatten würde die kul-
turelle Entwicklung von einem Jahrhundert zum andern zu verfolgen. Dank
den tj'pologischen Forschungen skandinavischer und deutscher Archäologen
ist eine solche Systematisierung der Funde verhältnismässig leicht durchführ-
bar, wenigstens soweit es sich um die Aufstellung einer relativen Chronologie
handelt, im Betreff welcher ja bereits im grossen und ganzen eine Überein-
stimmung der Ansichten gewonnen worden ist. Im Bezug auf die absolute
Chronologie weisen die Systeme der nordischen und deutschen Archäologen
dagegen noch merkwürdig grosse Verschiedenheiten auf und ist man von
einer Einigung auch in wichtigen Datierungsfragen noch recht weit entfernt
Obgleich es nun besonders die Perioden der älteren Eisenzeit sind, über deren
Chronologie die Ansichten auseinandergehen — im Betreff der jüngeren
Perioden herrscht eine grössere Übereinstimmung — , soll dennoch im Fol-
genden der Versuch gemacht werden eine chronologische Gruppierung der
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4 EINLEITUNG.
finnländischen Funde gerade aus dieser älteren Epoche und zwar zunächst aus
dem Abschnitt derselben, welcher das erste halbe Jahrtausend n. Chr. umfasst,
vorzunehmen. Die Funde des 6. und 7. Jahrhunderts sollen in einem folgen-
den Teile behandelt werden. Zu dieser vorläufigen Begrenzung meiner Auf-
gabe bestimmt mich der Umstand, dass die Funde aus den fünf ersten Jahr-
hunderten unserer Zeitrechnung noch verhältnismässig wenig zahlreich sind
und deshalb ohne Einbusse an Übersichtlichkeit eine in alle Einzelheiten ge-
hende Darstellung zulassen, während das Fundinventar aus dem 6. und 7.
Jahrhundert zu gross ist um mit den älteren Funden zusammen in derselben
Ausführlichkeit geschildert werden zu können. Eine detaillierte Beschreibung
der Funde halte ich aber schon deswegen für geboten, weil der weitaus
grösste Teil derselben noch nicht publiziert worden ist.
Die chronolt^ischen Systeme, welche ich meiner Untersuchung zu Grunde
gelegt habe, sind die im Betreff der absoluten Chronologie mit einander nahe
übereinstimmenden von O. Montelius und O. Tischler. Diese beiden Systeme
erweisen sich nicht nur bei einer Nachprüfung als die zuverlässigsten, sie
haben ausserdem den Vorzug für zwei Gebiete ausgearbeitet zu sein, welche
während der älteren Eisenzeit die Kulturentwicklung Finnlands in ungefähr
gleich starkem Masse beeinflusst haben, nämlich Skandinavien und das Ost-
balticum. Ein weiterer Vorzug derselben besteht darin, dass sie eine grössere
Anzahl Unterperioden enthalten als die Systeme anderer Archäolc^en. Speziell
die uns hier interessierende Zeit zerfällt nämlich in der Periodeneinteüung
Tischlers in nicht weniger wie 4 Abschnitte, welche Tischler mit B {1. u. 2.
Jh.), C (3. u. 4. Jh.), D (4— 5. Jh.) und E {5.-6. Jh.) bezeichnet, während
Montelius denselben Zeitraum (oder richtiger die Zeit von Chr. Geb. bis zum
J. 600) in 3 grössere Perioden, nämlich die beiden Hälften der römischen älte-
ren Eisenzeit und die erste Hälfte der Völkerwanderungszeit, einteilt, innerhalb
einer jeder derselben aber noch einen älteren und einen jüngeren Teil unter-
scheidet, so dass in seinem System jedes Jahrhundert durch seine besonderen
Typen von Altertümern charakterisiert ist.')
•) In seiner jüngsten Fassung liegt Montelius chronologisches System der skandina-
vischen Eisenzeit in der Abhandlung „Den nordiska jernälderns kronologi", welche die Pe-
rioden vom Anfang der Eisenzeit bis einschliesslich der ersten Hälfte der Völkerwanderungs-
zeit behandelt, vor. Eine kurzgetasstc Obersicht Ober alle pr& historischen Perioden giebt
seine „öfversigl öfver den nordiska fomiidens perioder". In beiden Arbeiten finden sich
zahlreiche Hinweise auf frühere Abhandlungen chronologischen Inhalts. Von den Perioden
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Ehe wir zu einer näheren Betrachtung der finnländischen Funde aus dem ersten
halben Jahrtausend n. Chr. tibergehen, soll hier in Kürze die Frage erörtert
werden, ob nicht anzunehmen ist, dass das Eisen in Finnland schon vor der
Zeit, aus welcher die ältesten bisher zum Vorschein gekommenen eisenzeitlichen
Funde stammen, nämlich dem 1 . oder 2. Jahrhundert n. Chr., bekannt und all-
gemein in Gebrauch gewesen ist, oder ob die eigentliche Eisenzeit in Finnland
wirklich erst von dieser Zeit ab gerechnet werden muss. Da, wie Montelius
nachgewiesen hat, vereinzelte eiserne Gegenstände schon in der 5. Periode der
Bronzezeit durch den Handel nach dem Norden gebracht worden sind*) und
dieses Systems sind die beiden Abschnitte der römischen Eisenzeit von O. Almgren noch
mehr im Detail behandelt worden. Seine „Studien Ober nordeuropaische Fibelformen"
enthalten eine typologische und chronologische Sichtung der Fibeln dieser Zeit, welche uns
die Möglichkeit gewährt innerhalb der genannten Perioden sehr genaue Datierungen aufzu-
stellen. Ein Aufsatz desselben Verfassers Ober „Gotländische Grabfunde der Alteren Eisen-
zeit" (Centralblatt f. Anthropologie, Ethnologie u. Urgeschichte 1901, Heft 5) enthalt eine
detaillierte Obersicht über die wechselnden Bestattungs weisen und die Formen der Altsachen
der vorrflmbchen und römischen Eisenzeit auf Golland. Montelius Perioden sind hier in
praktischer Weise nur mit den Ziffern I— V bezeichnet, die beiden letzten, die beiden Hälf-
ten der römischen Eisenzeit, ausserdem in je zwei Abschnitte IV: 1 und IV: 2 sowie V: I
und V: 2 gesondert, von welchen eine jede ein Jahrhundert umfasst.
Die Resultate von O. Tischlers chronologischen Studien sind in einer Menge grösserer und
kleinerer Aufsätze niedergelegt. Eine Übersicht des ganzen Systems mit Literaturhinweisen
findet sich am Schlüsse der Gedächtnisrede F. Lindemanns auf Tischler, (Phys. ökon. Ges.
XXXIl, 1891). Die dort enthaltenen Angaben über die chronologischen Werte, welche Tischler
seinen Perioden gegeben, sind später zum Teil von H. Kemke berichtigt worden. So ent-
spricht nach Tischlers letzten Datierungen die Periode C nicht bloss, wie Lindemann angiebt,
dem 3. sondern dem 3. — A. Jahrhundert, während E ausser dem 5. {Lindemann) mindestens
einen Teil des 6. Jahrhunderts umspannt. Seinerseits tritt Kernte Tischler Datierungen für
die Perioden C— E nicht bei, sondern setzt die Periode C ins 4. u. 5., D ins 6.-7. und E
ins 7.-8. Jahrhundert (Ein Beitrag zur Chronologie der ostpreussischen Gräberfelder mit
Berücksichtigung der Nachbargebiete, Phys. ökon, Ges. XL, 1699 und Das Gräberfeld von
Bartlickshof, Phys. Akon, Ges. XLI, 1900). — A, Bezzenbergers Schema für die vorgeschicht-
lichen Perioden Ostpreussens im Vorwort zum „Katalog des Prussia Museums", Teil II, Kö-
nigsberg 1897, lehnt sich an Tischlers System an. Die Zeit vom 6, - 13, Jh. teilt Bezzenber-
ger in die Perioden F (6,-8. Jh.), G (8,-10. Jh.), H (10.— 14 Jh.) ein. - S. Müllers haupt-
sächlich fQr Dänemark aufgestelltes chronologisches System, in welchem die Perioden \-om
Anfang unserer Zeitrechnung bis zur Wikingerzeit etwa 100 Jahre später angesetzt sind wie
im System von Montelius, ist im Folgenden oft berücksichtigt worden.
*) Montelius, Tidsbestämning S. 43 u. 155.
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das Eisen im südlichen Skandinavien bereits um das Jahr 500 v. Chr. so all-
gemein angewandt worden ist, dass man von da an den Anfang der skandi-
navischen Eisenzeit datieren kann,') würde es allerdings seltsam sein, wenn das
neue Metall sechs bis sieben Jahrhunderte gebraucht hätte um auf seinem Sieges-
zuge vom südlichen Skandinavien bis zu den Küsten Finnlands zu gelangen.
Welcher Art sind nun die in Finnland angetroffenen Funde aus dem lan-
gen Zeitraum zwischen der Bronzezeit und dem 1. bis 2. Jahrhundert n. Chr.
Zunächst verdient es hervorgehoben zu werden, dass sicher datierbare Funde
aus der 6. Periode der Bronzezeit, welche nach Montelius in Südskandinavien
eine Art Übergangszeit zwischen der Bronzezeit und der Eisenzeit war, hier
noch fehlen. Da aber die 5. Periode durch verhältnismässig zahlreiche Alter-
tümer vertreten ist, deren Fundorte im EigenÜichen Finnland, Satakunta,
österbotten, Nyland, Karelen und Savolaks liegen und über ein grösseres
Gebiet verbreitet sind ^ wie die der Funde aus den vorhergehenden Perioden
der Bronzezeit, und da wenigstens ein Fund aus der Zeit vorliegt, welche
unmittelbar auf die 6. Periode folgt, so ist es mehr wie wahrscheinlich, dass
der Mangel an sicher datierbaren Funden aus der letzteren Periode auf zu-
fälligen Ursachen beruht und dass wir in Zukunft solche noch zu erwarten
haben. Doch ist hierbei zu bemerken, dass eine kleinere Anzahl Funde
fremdartigen Charakters, welche sich bestimmt von den im südlichen und
westlichen Finnland gefundenen bronzezeitlichen Altertümern skandinavischer
Typen unterscheiden, vielleicht aus der 6, Periode stammt Wir werden
weiter unten auf diese Funde, welche mit einer Ausnahme im Innern und im
Norden des Landes zu Tag getreten sind, zurückkommen.
Von grossem Interesse ist der oben genannte vereinzelte ^ Fund aus einer
Periode, welche für das südliche Skandinavien bereits der Eisenzeit angehört
1) Montelius, Kronologi S- 162 f.
*) Hackman, Bronzezeit, Anhang II. Zu den in die Kolumnen IV.— V. Periode und V.
Periode eingetragenen Funden sind später folgende hinzugekommen: ein Hohicelt, gefunden
bei Kurittula im Ksp. Masku, Län Abo, vergl. Hackman, Ett nyit bronsäldersfjnd frän Egent-
liga Finland, Finski Museum 1899, S. 81 f.; ein Hohlcdt, gefunden auf einem „Äs" auf dem
Areal des Gutes Heisberg im Ksp, Pemar, Län Abo, vergl. Hackman, De senastc fynden
frän vär bronsälder, Finskt Museum 1900, S. 61 Fig. 1 1 ; eine Gussform aus Topfstein für
Hohlcelte, gef. bei Anitila, Dorf Alapaakkola, Ksp. Tervola, Lfin Uleäborg, vergl. Hackman,
Ett märkligt bronsäldersfynd frän norra Finland, Monielius-festskrift, Stockholm 1903.
*) Hackman, Bronzezeit, Anhang III.
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EINLEITUNG,
Er ist bei dem Dorfe Panelia, Kirchspiel Kiukais, Län Abo, in einem Acker,
der noch vor einigen Jahrzehnten ein Sumpf war, gehoben worden und be-
steht aus drei offenen Halsringen aus Bronze, deren Form die nebenstehende
Abbildung (Fig. 1) zeigt. Der Typus dieser Ringe ist ein echt skandinavischer.
Aul Gotland, öland und in Dänemark sind mehrere Ringe von nahe ver-
wandten Formen gefunden worden. ') Besonders gross ist aber die Ähnlich-
keit zwischen unseren Exemplaren und drei Halsringen aus dem Kirchspiel
Tensta in Uppland, welche ebenfalls zusammen in einem Acker angetroffen
worden sind. ") Diese Ringe, welche sich offenbar aus den in die 6. Periode der
Bronzezeit gehörenden Halsringen mit wechselnder Torsion entwickelt haben, ')
werden von Montelius der ersten Periode der Eisenzeit (500 — 300 n. Chr.) zuge-
wiesen. ') Wir besitzen daher noch aus dieser Zeit einen im südwestlichen
Flg. 1. Halsring Br. Vb. Panelia, Kiukais.
Finnland jmgetroffenen Fund skandinavischer Herkunft oder skandinavischen
Charakters, welcher sich an die schon recht lange Reihe der bronzezeitlichen
Funde von Altertümern skandinavischer Typen anschliesst. Hierzu kommt noch
der bemerkenswerte Umstand, dass unsere Ringe zu derselben Kategorie von
Funden gehören wie die grosse Mehrzahl der in Skandinavien gefundenen Hals-
ringe aus dem Ende der Bronzezeit und dem Anfang der Eisenzeit, Mit weni-
gen Ausnahmen sind nämlich die letzteren aus Mooren, Sümpfen und Seen
gehoben worden, in welchen sie aller Wahrscheinlichkeit nach einst mit Ab-
sicht versenkt worden sind. S. Müller, der in einer seiner vorzüglichen archäo-
1) Mänadsblad 1880, Fig. 52, 53; Madsen, Broncealderen, Suiter, Taf. 32, 11; Aarb. 1886,
S. 233, Fig. 7.
*) Upplands fomminnesförenings tidskrift XVII, S. 226 u. Fig. 5; Salin, Uppland, S.
180, Fig. 50.
S) Montelius, Minnen frän bronsälderns slut, Mänadsblad 1880, S. 101 f ,; Undset, S. 338.
*) Montelius, Kronologi S. 171.
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EINLEITUNG.
logischen Monographieen die Aufmerksamkeit auf diese interessante Erscheinung
gelenkt hat, hält mit Recht alle diese Funde für Opfergaben an die Götter. ')
Dass die Ringe zufälhg verloren worden seien, ist nach Müller nicht anzu-
nehmen. Selbst beim Öffnen des Verschlusses glitten dieselben nicht vom
Halse, ausserdem würde man in so vielen Fällen nicht gerade zwei Ringe
gleichzeitig verloren haben. Ebenso wenig dürfe man sie als Kostbarkeiten
ansehen, welche von den ehemaligen Besitzern in Sicherheit gebracht worden
seien. Denn sonderbar wäre es, wenn nordische Frauen so ausserordentlich
oft (Müller kennt 54 derartige Funde) in der Lage gewesen wären gerade einen
einzelnen Halsring oder ein Ringpaar und nichts anderes zu verstecken. Aus-
serdem lägen solche grössere Reihen von einzeln oder paarweise gefundenen
Fig. 2. Gussform aus Talkchloritschiefer. Va. Kruuninniva, Öfvertorneä.
Halsringen nur aus der jüngeren Bronzezeit und der ältesten Eisenzeit, nicht
aber aus anderen Perioden vor. Unter solchen Umständen wäre es jedenfalls
richtiger diese Ringfunde in Übereinstimmung mit den zahlreichen nordischen
Opferfunden von verwandter Art zu erklären und anzunehmen, dass zu jener
Zeit in Skandinavien die Sitte geherscht hätte die Götter durch das Opfer eines
wertvollen Schmuckes zu ehren, wie denn die Art der Weihgeschenke im
Laufe der Zeiten vielfach gewechselt hätte.
Der Fund von Kiukais ist demnach als ein echt skandinavischer Votiv-
fund zu betrachten. Wenn die finnländischen und skandinavischen Archäo-
logen in ihrer Annahme, dass die Bevölkerung der finnländischen Küsten-
1) S. Müller, Nogle Halsringe fra Slutningen af Bronzealfleren og fra den seldsle Jem-
alder, Nordiske Fonidsminder I, S. 19 f.
dby Google
EINLKITUNG. 9
landschaften während der Bronzezeit desselben Stammes gewesen ist wie die
Bewohner Skandinaviens, Recht haben, so kann er, als ein Beweis dafür gelten,
dass die skandinavische Bevölkerung auch am Anfang des letzten halben Jahr-
tausends vor Chr. ihre Sitze wenigstens im südwestlichen Finnland behauptet
hat. Allerdings wird seine Beweiskraft dadurch etwas abgeschwächt, dass er
bisher der einzige Fund skandinavischen Charakters aus dieser Zeit (ca 500 —
ca 300 V. Chr.) ist und dass wir auch aus den drei letzten Jahrhunderten vor
Chr. noch keinen Fund von skandinavischen Altertümern besitzen. Anderer-
seits sind, wie schon oben angedeutet worden ist, einige nicht näher datierbare
Funde von nicht skandinavischer Herkunft bekannt geworden, welche frühestens
in die 6. Periode der Bronzezeit gehören, viel-
leicht aber auch ein weniger hohes Alter haben
und gerade aus der Zeit, mit der wir uns hier
beschäftigt haben, nämlich der s. g. vorrömischen
älteren Eisenzeit, stammen. Diese höchst inte-
ressanten Funde führen uns in eine dem skandi-
navischen Kulturkreise fremde Welt und zeugen
von Verbindungen mit den Völkern des östlichen
Russlands und Sibiriens. Sie bestehen aus fol-
genden Gegenständen, deren nähere Beschrei-
bung durch die beigefügten Abbildungen ent-
behrlich wird, nämlich aus drei Gussformen
für Hohlcelte, von denen eine (Fig. 2) östlich
vom Torneä-älf in der Nähe des Polarkreises, Fig 3- Gussform aus Talkchlo-
nlschieier. */3. Tahvola, Muhos,
die beiden anderen in den Kirchspielen Muhos
(Fig. 3) und Säräisniemi unweit vom Uleä-älf gefunden sind, sowie aus vier
Hohlcelten von Kupfer oder Bronze, gefunden der eine (Fig. 4) im nördlichen
Savolaks im Kirchspiel Pielavesi, der zweite (Fig. 5) im nördlichen Tavastland
im Kirchspiel Laukkas, die beiden letzten (Fig. 6 und 7) in Nyland in der Nähe
von Borgä. ') Ausserdem muss, obwohl ausserhalb der Grenzen Finnlands ge-
') Die Cussfonn Fig. 2 besieht aus Talkchloritsehiefer (Topfslein) und ist bei dem Bauern-
gui Kruuninniva, Dorf Lohijärvi, Ksp. Öfvertumeä gefunden; Fig. 3 isl aus demselben Material
verfertigt und in einem Acker des Bauerngutes Tahvola, Dorf Pyhänsivu, Ksp. Muhos ge-
funden; von der drillen, aus Ton verferiiglen Gussform sind nur Bruchstücke erhalten, welche
nebst einer Menge teils fertiger, teils unvollendeter geschliffener und ungeschliffener Sleinwerk-
zeuge und einer grossen Anzahl ornamentierter Topfscherben im Kirchspiel Säräisniemi an
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EINLEITUNG.
funden, zu dieser Gruppe ein Hohlcelt von Kupfer gerechnet werden, der im
schwedischen Lappland auf einer Anhöhe an dem See Bägaträsk im Kirchspiel
Lycksele, Län Vesterbotten, angetroffen worden ist {Fig. 8). ')
Fig. 4. Hohlcelt. Br. oder Ku. '/s. Fig. 5. Hohlcelt. Br. oder Ku. 2/3.
Taipale, Pielavesi. Simuna, Laukkas.
Über die Bedeutung dieser Funde habe ich mich In früheren Arbeiten
ausgesprochen, zuletzt in einem Aufsatz, der sich in der 1903 erschienenen
einem seil der Steinzeit bewohnten Fundplatz am Ausfluss des Baches Nimisoja aus dem See
Nimisjärvi unweit von dem gros.sen L'leäsee gehoben worden sind. Der Hohlcelt Fig. 4, dessen
Fundort erst neulich bekannt geworden, ist beim Anlegen eines Grabens in der Nähe des Dorfes
Taipale, ca 10 Faden abseits vom Wege nach dem Dorfe Taüus, im Kirchspiel Pieiavesi, LSn
Kuopio, gefunden ; der zweite Hohlcelt Fig. 5 ist schon im J. 1879 in einem Acker des Bauern-
gutes Simuna, 50 m vom Strande des Kynsivesi-Sees und unweit von der Stromschnelle
Simunakoski im Kirchspiel Laukkas, Län Wasa angetroffen worden; die beiden nyländischen
Hohlcelte wurden im J. 1889 zusammen beim Bau eines zum Teil in die Erde gegrabenen
Badehäuschens auf dem Areal des Gutes Bergstad bei dem Dorfe Finnby unweit nördlich
von Borgä zu Tage befördert,
') Mänadsblad 1374, S. 135; Hackman, Bronzezeit S. 367 u. 398 rcspekl. 101 u. 121.
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EINLEITUNG. 11
Festschrift für O. Montelius findet. ') Es ist dort zunächst auf die nahe Ver-
wandtschaft der oben genannten Hohlcelte aus Finnland und Schweden mit
Hohlcelten von uralischen oder „permischen" Typen aus den zwei grossen
Grabfeldem bei Ananjino und Sujewskoje im Gouv. Wjatka, deren Fundin-
ventar nicht mehr der reinen Bronzezeit sondern bereits der beginnenden Eisen-
zeit angehören muss, hingewiesen worden. In diesen beiden Nekropolen, von
denen die zuletztgenannte 1898 von dem russischen Archäolc^en A. Spitzin*)
systematisch aufgedeckt worden ist, hat man nämlich in zahlreichen Skelett-
gräbern solche kupferne (oder bronzene) Hohlcelte mit teils kupfernen (bronze-
nen), teils eisernen Lanzenspitzen, sowie eisernen Messern und eisernen Dolchen
Fig. 6 und 7. Hohlcelte. Br. oder Ku. Vb und »/*. Fig. 8. Hohicelt Br. oder
Bei^stad, Borgä. Ku. Vs. Lyckselc, Vesierbottcn.
von denselben Formen wie die sibirischen Kupferdolche gefunden. Eine Datie-
rung dieser Grabfelder oder richtiger des damals allein bekannten von Ananjino
ist meines Wissens zuerst von J. R. Aspelin versucht worden. ^) Schon in den
1879-er Jahren hat nämlich Aspelin auf einige Berührungspunkte zwischen dem
Fundinventar aus Ananjino und den Funden aus den grossen „skythischen"
Kut^fanen bei Tschertomlitsk und Alexandropol in Südrussland aufmerksam
') A. Hackman, Ett mBrkligt bronsäldersfynd frän norra Finland, MunteHus festskrift,
Stockholm 1903.
*) Oneri 3» 1898 ro«, St. Petersburg 1901, S. 43—46 und Photographiesamtnlung der
K. Archaeolog. Kommission in St. Petersburg, Pholographicen Nr. 2275—2291, 2312 f.
ä) Aspelin, Alkeita S. 106 — 125; derselbe, Chronologie de l'äge du bronze altai-ouralien,
Congris Budapest 1876, Budapest 1877, S. 677 f.
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gemacht. Die letzteren setzte er ins 4. Jahrhundert v. Chr., welcher Datierung
ich mich anschliesse, und nahm infolgedessen an, dass die jüngsten Funde aus
Ananjino spätestens aus dem 4.-3. Jahrhundert v. Chr. herrühren könnten.
Den Beginn der Zeit, während welcher das Grabfeld von Ananjino be-
nutzt worden ist, scheint Aspelin in das 5. bis 6. Jahrhundert hinaufrUcken
zu wollen. Wahrscheinlich reichen aber einzelne der dortigen Waffen- und
Werkzeugstypen in eine noch ältere Zeit hinauf, so wenigstens die kupfernen
oder bronzenen Lanzenspitzen, die eine echt bronzezeitliche Form haben und
von den platten Eisenspeeren, mit denen sie niemals in demselben Grabe ge-
funden worden sind, stark abstechen. Da nun einige der Hohlcelte mit solchen
kupfernen Lanzen zusammengelegen haben und ihre Form, wenn auch dege-
neriert, so doch bronzezeitlich ist, so werden auch sie zu den älteren Gegen-
ständen der beiden Grabfelder gehören und wird dieser Hohlcelttypus noch
vor dem Ende der uralischen Bronzezeit aufgekommen sein. Berechnen wir
nun, allerdings etwas willkürlich, unter Berücksichtigung der grösseren Beharr-
lichkeit der Formen im Osten die Lebenszeit dieser Hohlceltform auf ungefähr
drei Jahrhunderte — was vielleicht eher zu niedrig als zu hoch ist, — so würden
wir, von der Aspelinschen Datierung ausgehend, ihr etwa die Zeit zwischen dem
7. und dem 4. Jahrhundert zuweisen können. Sind diese vorlaufig nur vor-
schlagsweise aufgestellten Datierungen einigermassen richtig, so stammen die
den uralischen so nahestehenden finnländischen Hohlcelte aus einer Zeit, welche
in Montelius System der 6. Periode der Bronzezeit und den beiden ersten
Abschnitten der vorrömischen älteren Eisenzeit entspricht.
Es würden also während dieser Zeit die Bewohner der inneren und nörd-
lichen Teile unseres Landes in so lebhaftem Verkehr mit der Uralgegend gestanden
haben, dass sie ein so wichtiges Werkzeug wie die Axt nach dem Modell der dort
gebräuchlichen und nicht nach skandinavischem Muster herzustellen gepflegt
haben. Denn dass die in Finnland gefundenen Hohlcelte wirklich hier verfertigt
worden sind, dafür sind uns die an drei verschiedenen Stellen gefundenen Guss-
formen unwiderlegliche Beweise, Welcher Nationalität die damaligen Bewohner
jener Landschaften angehört haben, lässt sich noch nicht entscheiden. Wir
wissen nicht, ob die Lappen schon damals in den Waldeinöden Finnlands und des
nördhchen Schwedens, wo sie am Anfang der geschichtlichen Zeit angetroffen
werden, gehaust haben. Ebensowenig können wir uns mit Bestimmtheit dar-
über äussern, ob jene Hohlcelte und Gussformen von einem aus dem nord-
östlichen Russland eingewanderten Volksstamm nach dem Norden gebracht
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EINLEITUNG. IS
worden sind. Was allenfalls gegen die letztere Annahme spricht, ist der Um-
stand, das ausser den Hohlcelten bisher keine anderen Gegenst^de von
uralischen Typen jener Zeit in Finnland und Nordschweden gefunden worden
sind. Soviel lasst sich jedoch bei unserer jetzigen Kenntnis der Entwicklungs-
geschichte der finnischen Kolonisation in den nördlichen Teilen von Tavast-
land, Savolaks und Osterbotten mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass
diese Funde nicht von den Finnen herrühren können.
Der Fund von Bot^ä-Finnby zeigt, dass die Hohlcelte von uralischen
Typen auch nach Nyland, das während der Bronzezeit eine skandinavische
Bevölkerung gehabt zu haben scheint, den Weg gefunden haben. Allein für
sich genommen würde dieser einzelne nicht skandinavische Fund keinen hin-
reichenden Anhalt zu einem Schluss im Betreff der damaligen ethnographischen
Verhaltnisse Nylands gewähren. Stellen wir aber sein Erscheinen mit dem
eigentümlichen Faktum zusammen, dass, wie später gezeigt werden soll, Ny-
land während der älteren Eisenzeit kaum eine fest ansässige Bevölkerung ge-
habt haben kann und noch in der jüngeren Eisenzeit nur sehr spärlich bevölkert
gewesen ist, so wird es vielleicht nicht zu kühn sein die Vermutung auszu-
sprechen, dass die skandinavische Bevölkerung schon während oder kurz nach
der Bronzezeit aus Nyland al^ezogen ist.
Im südwestlichen Finnland haben wir einen echt skandinavischen Fund
kennen gelernt, welcher darauf deutet, dass die ältere skandinavische Bevölke-
rung sich hier wenigstens am Anfang des letzten halben Jahrtausends v. Chr.
erhalten hat. Für den Rest dieses Zeitraumes (Montelius Perioden 2 und 3,
von ca 300 v. Chr. bis zur Zeit um Chr. Geb.) sind wir bei dem Fehlen jeglicher
Funde wieder auf blosse Vermutungen angewiesen. Da nun das südwest-
finnlSndische Küstengebiet oder, näher bezeichnet, die jetzige Landschaft Eigent-
liches Finnland und das südliche Satakunta ') im Gegensatz zu Nyland während
der ganzen Eisenzeit zu den kulturell am höchsten stehenden und dichtest be-
>) In SaUkunta haben wir allerdings zwischen den n&her zur Küste und den etwas
mehr landeinwärts belegenen Kirchspielen zu unterscheiden. Aus den ersteren (speziell Lappi,
Kiukais, Nakfcila und Normiark) besitzen wir eine verhAltnism&ssig grosse Anzahl bronze-
zeillicher Funde, dagegen keinen sicheren Grabfund und nur wenige Bodentunde (weber-
schiffförniige Steine), welche in die ältere Eisenzeit gehören. Andererseits gehen die Bronze-
funde nicht weiter Ostlich wie bis Kümo, während die früh eisenzeitlichen Funde in Kümo und
Ostlich davon wieder zahlreicher werden. Die Bevölkerung des westlichen Satakunta scheint
sich demnach seit der Bronzezeit allmählich weiter landeinwärts gezogen zu haben.
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völkerten Gegenden unseres Landes gehört haben und die dort gehobenen
Funde aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung zum Teil skandina-
vischen Charaliter besitzen, so halte ich meinerseits es für wahrscheinlich, dass
wähnend jener dunklen Zeit dort kein Wechsel der Bevölkerung stattgefunden
hat. Eine andere Erklärung wie z, B. die Annahme, dass die skandinavische
Bevölkerung nach der Bronzezeit diese Gebiete geräumt, sich aber am Anfang
unserer Zeitrechnung hier wieder angesiedelt hätte, wäre meiner Meinung nach
gesucht. — Was hier aber die ethnographischen. Verhältnisse des südwestlichen
Finnlands gesagt ist, gilt auch von Süd-Österbotjen oder, enger begrenzt, von
der Gegend östlich von Wasa, dem Gebiet des KjTö-äU, welches sowohl während
der Bronzezeit als atich während der alteren Eisetizeit Spuren skandinavischer
Besiedelung aufweist. Ist nun die Ansicht, dass diese Gebiete in den fünf letzten
Jahrhunderten v. Chr. von einem skandinavischen Stamm bewohnt waren,
richtig, so sind wir auch berechtigt aus den besser bekannten Verhältnissen in
Skandinavien auf die gleichzeitige Kultur in Finnland Schlüsse zu ziehen, da
ja anzunehmen ist, dass die nationale Verwandtschaft der Bevölkerung im
Verein mit dem ohne Zweifel regen Verkehr keinen allzu grossen Abstand in
den kulturellen Zuständen der beiden Länder hat aufkommen lassen. Wir
würden somit auch hoffen dürfen auf diesem Umwege eine einigermassen be-
friedigende Antwort auf die Frage zu finden, wann ungefähr das Eisen in
unserem Lande allgemein zur Anwendung gekommen ist. Zu einem Vergleich
mit Finnland eignen sich selbstverständlich am ehesten die Landschaften im
mittleren Schweden, vor allen das der finnländischen SOdwesdcQste gegenüber-
liegende Uppland, das von der Steinzeit an in besonders lebhafter Verbindung
mit Finnland gestanden hat.
Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Funde aus der vorrömischen Eisen-
zeit in Uppland Oberhaupt nicht bekannt und im übrigen Skandinavien äusserst
selten. Heute ist dank eiaer nicht unbeträchtlichen Zahl neuer Grab- und
Bodenfunde unsere Kenntnis dieses Abschnittes der nordischen Vorgeschichte
nicht mehr so lückenhaft wie damals. Die Grabfunde sind allerdings zumeist
etwas dürftiger Art, einige derselben und vor allem die Bodenfunde haben aber
echt skandinavische Schmucksachen sowie von weitem her importierte Luxus-
gegenstände enthalten, welche bezeugen, dass der künsüerische Sinn und die
technische Fertigkeit im Norden seit der Bronzezeit nicht zurückgegangen waren,
die Verbindungen mit den kulturell höher stehenden Ländern im Süden nicht
aufgehört hatten.
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EINLEITUNG.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Südskandinavien (Schleswig, Däne-
mark, Södschweden [Schonen, Mailand, Blekinge, Smäland, öland und Gotland]),
welches von jeher eine dichtere Bevölkerung gehabt hat, auch reicher an
Funden aus dieser Zeit ist wie die cenUalschwedischen und südnorwegischen
Landschaften. Die bis jetzt im südlichen Norwegen (Smaalenene, Akershus,
Jarlsberg, Bratsberg, Buskerud) ') und im mittleren Schweden (Bohuslän, Vester-
und östergötland, Södermanland und Uppland) *) angetroffenen Funde beweisen
aber trotz ihrer noch kleinen Anzahl, dass die dort siedelnden skandinavischen
Stämme an den kulturellen Fortschritten der südlicheren Landschaften teil-
genommen haben, und lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass das Eisen
bei ihnen wenn nicht gleichzeitig so doch nur wenig später wie in Südskandi-
navien zur vollen Herrschaft gelangt ist. Besonders überzeugend wirkt in dieser
Hinsicht ein Fund aus östergötland, der ein Eisenschwert von echtem Hall-
») G. Marck, Jernets farsle tider i Norge, Aarsber. 1901, S. »88 f,
^ Montelius, Kronologi, wo viele bibliographische Notizen; Montelius, Slatens Historiska
Museum. Kort beskrifning tili vägledning för de besAkande etc., Stockholm 1897, S. 51 f. ;
Montelius, Fomtiden, in dem von E. Hildebrand herausgegebenen Werke Svcriges hisloria
intill tjugonde seklet, I, S. 124 f, Stockholm 1903; O. Almgren, Nyfunna brHndgr<jpar frfin la-
T*ne-tiden i VasiergöÜand, SFT XI, Stockholm 1900; T. Arne, Je mal dersgraf faltet vid Alvastra
i Östei^ötland, Meddelanden hkn Östergötlands Fomminnesförening 1903, Linkaping 1903,
S. 2 f.; O. Almgren, Högabacken vid Rimforsa, ebenda S. 18/19 (eine Brandgrube aus der
Zeit um Chr. Geb.). — Folgende uppländische Funde sind mir bekannt: aus der ersten Pe-
riode: (iV die drei obengenannten Halsringe von Tensta; aus der z weiten Periode; 6^ ein
Halsring aus Bronze mit knopfförmigen Enden, gefunden bei Kista, IC<p. Ekeby, Salin, Cppland
Fig. 51; cj ein diesem ganz ahnlicher Halsring, gef. bei Ösby, Ksp. Knutby und dj ein oder zwei
Knopfe von ebensolchen Ringen, Salin, Uppland S. 179; aus der dritten Periode: fj eine
Spät-la-Tfinefibel aus Eisen mit halb kugelförmiger Bronzebekleidung, vergleichbar mit Mon-
telius, Kronologi Fig. 16, doch mit nur einer Halbkugel auf dem Bügel, gef. bei Tarby, Ksp.
Frösunda, Museum Stockholm 8074; ß eine Späl-Ia-Ttnefibel aus Bronze, fragmentarisch,
ahnlich Almgren I 8, gef, mit einem Bronzegefflss und der Spiralscheibe einer Bronzenadel
in einer Steinkiste in einem Grabhagel bei Holhta, K^p. Lohärad, Museum Stockholm 6248
und Mitteilung Dr, Almgrens; gj ein Chamierhalsring aus Bronze, Montelius, Kronologi Fig. 12,
gef. nebst einem Tongefftss mit verbrannten Knochen und Kohle in einem Sandhügel <„Äs")
bei Finsta, Ksp. Skederid; die L'me war mit einem flachen Stein bedeckt und stand in einer
Steinpackung unter der Erdoberfläche; li/ ein Grabfeld aus der Zeit um Chr. Geb., Periode
3—4, mit eisernen Schwerlern, Lanzen spitzen, Schildbuckeln, Äxten, Pfriemen u. a. ist 1899
bei Äsby im Ksp. Edsbro entdeckt und von B. Salin uniersucht worden. Die Funde aus Asby,
sind zum Teil im Mänadsblad 1898—1899, S. 114 u. 121-124 publiziert.
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EINLEITUNG.
Statttypus ') enthält und demnach in den allerältesten Teil der Eisenzeit, in
Montelius erste Periode, oder gar schon in die 6. Periode der Bronzezeit gehört.
Ein anderes in östei^ötland gefundenes eisernes Schwert") stammt aus der
dritten Periode und wahrscheinlich gleichzeitig mit ihm ist ein in derselben
Landschaft bei Eggeby, Ksp. Skärkind, angetroffener Silberbeschlag von einer
Schwertscheide. ^) Grabfelder der zweiten Periode mit zum Teil eisernen Bei-
gaben, Schniuckgegenständen und Werkzeugen (Messern), sind in Bohuslän,
Vester* und östergötland entdeckt worden. Wenn in Uppland (und Söderman-
land) die beiden ersten Perioden der Eisenzeit nur durch Funde von bronzenen
Halsringen vertreten sind, während eiserne Gegenstände erst in der dritten
Periode auftreten, so beruht das selbstverständlich nicht darauf, dass die Kenntnis
des Eisens in diese Landschaften so viel später wie nach dem so nahe bele-
genen östergötland gelangt wäre, sondern auf rein zufälligen Ursachen. Mit
Recht weist Montelius darauf hin (Kronologi S. 192) „dass was wir jetzt von
Alterttlmern der vorrömischen Eisenzeit kennen, nur einen unbedeutenden Teil
von allem, was jene Perioden hinterlassen haben, bildet, besonders da die
Gräber weder durch ihre Beschaffenheit noch durch ihren Inhalt die Aufmerk-
samkeit auf sich ziehen. Wie viele aus diesen Zeiten stammende Gräber, welche
verbrannte Knochen, einige einfache Tongefässscherben oder verrostete Eisen-
stückchen enthielten, können aufgedeckt worden sein, ohne dass ein Forscher
von ihnen Kenntnis erhalten hat, da ihr Inhalt dem Finder wertlos erschienen
ist. Und wie viele Gräber, von denen sich wirklich eine Beschreibung in der
archäologischen Literatur oder in den Archiven der Museen findet, können
nicht hierher gehören, obgleich wir es nicht wissen, weil ihr Inhalt keinen
Aufschluss über ihr Alter giebt."
Behalten wir diese Möglichkeiten vor Augen und bedenken wir femer,
dass die Kultur der Bronzezeit in Uppland und den übrigen Mälarlandschaften
eine reiche Entwicklung gefunden hat, so haben wir keinen Anlass zu der An-
nahme, dass die eigentliche Eisenzeit für diese Gegenden erst mit der dritten
Montelius' sehen Periode begonnen hat, sondern dürfen im Gegenteil mit Zuver-
sicht erwarten, dass künftige Ausgrabungen und glückliche Funde auch hier eiserne
Waffen und Geräte aus den beiden älteren Perioden zu Tage fördern werden.
') Montelius, Forntiden, sieh Anm. 2. Fig. 142.
3) MAnadsblad 1897, S. 65, 66, Fig. 29.
9) Montelius, Statens Historiska Museum, Stockholm
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EINLEITUNG. 17
Wäre es nun zu kühn auf Hnnländische Funde der Zukunft ähnliche
Hoffnungen zu setzen? Nach dem, was wir zur Zeit von dem Kulturstand-
punkt und der Nationalität der Bewohner des südwestlichen Finnlands während
der Bronzezeit und der älteren Eisenzeit wissen, glaube ich diese Frage ruhig
verneinen zu können. Wenn dass Eigentliche Finnland auch durch einen
Meeresarm von Uppland getrennt ist und der Verkehr zwischen den beiden
Küsten nicht ebenso rege gewesen sein mag wie zwischen Uppland und den
an Funden aus der vorrömischen Eisenzeit reichen öster^ötland, so dürften die
Verbindungen der Uppländer mit den Finnländem immerhin lebhaft genug
gewesen sein um den letzteren die Kenntnis des Eisens verhältnismässig rasch,
nachdem das neue Metall sich in Uppland eingebOi^ert hatte, und nicht erst nach
Verlauf von einem halben Jahrtausend zu vermitteln.
Bei der Erörterung der Frage nach den Anfängen des Eisens in Finnland
darf übrigens die Möglichkeit nicht ausser Acht gelassen werden, dass dasselbe
auch auf dem östlichen Wege hierher gelangt ist. Man erinnere sich, dass die
Eisenzeit im Uralgebiet schon begonnen hatte, als die Handelsbeziehungen,
denen wir die oben beschriebenen Funde von Hohlcelten und Hohiceltformen
im östlichen und nördlichen Finland verdanken, Bestand hatten. Wie leicht
hätten damals nicht eiserne Waffen und Geräte von den Typen der bei Ananjino
und Sujewskoje angetroffenen vom Ural den Weg selbst nach den entlegeneren
Gegenden unseres Landes finden können?
Es erübrigt uns noch mit einigen Worten der damaligen Beziehungen
Finnlands zu dem Gebiet zu gedenken, das in den Jahrhunderten nach Chr. '
einen so starken Einfluss auf seine Kultur ausüben sollte, nämlich den jetzigen
Ostseeprovinzen. Was sich zui-zeit hierüber sagen lässt, ist allerdings nicht
viel. Die vorrömische Eisenzeit ist nämlich in der Vorgeschichte der Ostsee- "
Provinzen ebenso dunkel wie in der Finnlands. Der einzige Fund, der mit
Sicherheit dieser Zeit zugewiesen werden kann, besteht in einer Spät-Ia-T6ne-
fibel aus Bronze, welche in einer Wiese des Gutes Strickenhof im Ksp. Wenden
in Livland angetroffen worden ist.*) Sie steht den Formen Rondsen 12 is, i9
nahe und gehört jedenfalls ganz ans Ende der la-Teneperiode.
Ausserdem wäre ich geneigt einen im Kurländischen Provinzialmuseum
zu Mitau befindlichen und vielleicht in Kuriand gefundenen Halsring „mit hoch
') Abgebildet im Riga Kat, 5 ifi. Sie hat eine gegossene, unlen hoble Spirale, und zwei
Wülste auf dem Bttgel. R. Hausmann scheint sie nicht als T&nefibel anerkennen zu wollen,
da er sie in seiner Einleitung zum Rigaer Katalog übei-haupt nicht erwähnt.
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gestellten Kreisscheiben an den Enden", Riga Kat. 15 is, in die vorrömische
Eisenzeit zu verlegen. Einen Halsring von demselben Typus bildet A. Bezzen-
berger in Prussia 21, S. 85, Fig. 9 ab. Derselbe enstammt einem Grabhügel
bei Schlaszen, Kreis Memel, Ostpreussen, in welchem eine „ösennadel" von
Hallstatt-form gefunden wurde. Da aber der Halsring 1,bo m höher lag wie die
Nadel, wird er von einer späteren Bestattung herrühren. ^) Die schalenförmigen
Scheiben, mit welchen die beiden Enden dieser Ringe abschliessen, lassen sich den
Schälchen, welche den Bügel gewisser !a-Tenefibeln aus der Gegend des Mittel-
rheins, Norddeutschland und Jütland ^) zieren, zur Seite stellen, während die
aufrechtstehenden Enden an die entsprechenden Teile der skandinavischen Hals-
ringe aus der la-Tenezeit ^) erinnern, allerdings mit dem Unterschied, dass sie
nicht wie diese über Kreuz gestellt und zum Einhaken berechnet sind.
Der kurländische Halsring dürfte wie die beiden anderen im benachbarten
ostpreussischen Litauen gefundenen Exemplare als Lokalfomi des südlichen
Ostbalticums betrachtet werden können, die Fibel von Kirchholra ist wahr-
scheinlich aus dem Weichselgebiet importiert. Beide Funde zeugen von Ver-
bindungen mit Norddeutschland und können demzufolge als Belege dafür
gelten, dass die Bevölkerung der Ostseeprovinzen damals nicht in kultureller
Isolierung dahin lebte. Dass sie auch mit dem südwestlichen Finnland in Be-
rührung stand, ist mehr wie wahrscheinlich, obgleich wir hierfür keinerlei Be-
weise in Form von Altertümern besitzen.
Wir haben im Vorhergehenden die Umstände in Erwägung gezogen,
welche es glaubwürdig machen, dass die Bewohner des südwestlichen Finn-
lands während der Zeit, welche zwischen den jetzt bekannten jüngsten hronze-
zeitlichen und den ältesten eisenzeitlichen Funden liegt, skandinavischen Stam-
mes gewesen sind, und einige im Norden und Innern des Landes gemachte
Funde angeführt, welche die gleichzeitige Anwesenheit einer nicht skandina-
* vischen Bevölkerung mit einer der uralischen (permischen) verwandten Kultur
bekunden. Auf Grund dieser Betrachtungen und weiteren Folgerungen aus
den Verbindungen, welche die damaligen Bewohner unseres Landes sowohl
') Ein zweites ostpreussisches, vermutlich im Kreise Hejdekrug gefundenes Exemplar
dieser Kingart befindet sich nach Bezzenberger in der Sammlung der litauischen litterarischen
Gesellschaft.
ü) Schumann, Waffen Pommems S. 38, 39. Taf II 5-8; Mestorf, Umenfricdhöte V 5;
Beltz, S. 103. Fig. 169; Müller, Fig. 25.
*) Montelius, Kronologi.
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EINLEITUNG.
mit Skandinavien wie auch mit Osteuropa unterhalten haben müssen, haben
wir zuletzt den Schluss gezogen, dass das Eisen in Finnland wahrscheinlich
lange vor dem Anfang unserer Zeitrechnung bekannt geworden ist. Greifbare
Beweise für die Richtigkeit dieser Ansicht oder eiserne Gegenstände aus
jener Periode haben wir dagegen nicht anführen können. Dass zukünftige
Funde uns eiserne Waffen und Geräte und andere eiserne und bronzene Ge-
genstände aus der vorrömischen Eisenzeit an die Hand geben werden, daran
zweifele ich meinerseits nicht. So lange solche Funde aber tatsächlich nicht
vorhanden sind, kann eine Schilderung unserer eisenzeitlichen Kultur erst mit
einer Betrachtung der Funde aus den ersten Jahrhunderten n. Chr. beginnen.
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j
BESCHREIBUNG DER FUNDE.
A. NYLAND.
KIRCHSPIEL TENALA.
Lillmalmbacken ist eine von Äckern umgebene, mit Wachholderund
jungen Tannen bewachsene und mit grossen erratischen Blöcken und kleineren
Steinen bedeckte Anhöhe, auf welcher der Felsboden an manchen Stellen, be-
sonders auf dem südlichen Abhang, zum Vorschein kommt. Sie liegt ca 250 m
nördlich von den zum Dorfe Bonäs gehörenden Bauernhöfen Vestergärd
und östergärd und zwischen diesen und der Landstrasse von Bjerao nach
Pojo. Von dem Plateau des Hügels sind die beiden tief in das Land eindringen-
den Meeresarme Gennarbyviken und Gretarbyviken, die sich einst bis nahe an
den Fuss desselben erstreckt haben müssen, sichtbar.
1. An dem Südabhang des Lillmalmbacken wurden im J. 1891 beim
Herausgraben von Steinen folgende Gegenstande zu Tage gefördert: die Klinge
eines zweischneidigen Schwertes, 80 cm lang, lös; eine Lanzenspitze
mit Widerhaken und runder Tülle, 27 cm lang, von genau demselben Typus
wie als; ein Messer, an dessen Angel ein Doppelring steckt, ISt; ein Bruch-
stück der Angel eines zweiten Messers, ebenfalls mit einem Doppelring aus
Bronze; eine Schnalle mit festem Bügel, 6i»; eine Riemenzunge, beschädigt,
78. H. M. 2785: 2-6.
2. Auf dem Plateau des Hügels liegt eine viereckige Steinsetzung,
welche im J. 1899 von Herrn B, Cederhvarf und mir untersucht wurde.
Von einigermassen regelmässig gesetzten grösseren und kleineren Steinen
wurde hier eine viereckige mit Rasen bedeckte Fläche begrenzt, deren Länge
in der Richtung N— S ungefähr 4,5 m und Breite von W nach O 2,8 — 3 m
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Fig. 9. Die Steinsetzung auf dem Hügel Lill malm backen, Tenala, von NO gesehen.
betrug. Von den äusseren Kanten der Steine gerechnet betrugen die Länge und
die Breite der Setzung 5,ax4 m. Der grösste Stein — ein Block von 95 cm Höhe
— lag an der südlichen Schmalseite. Die übrigen Steine waren bedeutend nie-
driger. Vergl. Fig. 9 und Grundriss Fig. 10. ,
Unmittelbar unter dem mageren Rasen ^~~~ ^
kam sandige Erde zum Vorschein, welche so /F <3 ^-~~J / J*
stark mit Kies vermengt war, dass ihre Unter- I J Q
suchung mit Messern und Kellen ausseror-
dentlich schwierig war. Infolgedessen wur-
den ausser verbrannten Knochen nur einige
wenige Beigaben an ihren ursprünglichen fj /
FTätzen gefunden, die meisten erst bei der \^ (^ i
Durchsiebung der ausgegrabenen Erde ent- 1/ <Orn
deckt. Die verbrannten Knochen und C^v vb^
VJ ^ ^ Q
die in situ angetroffenen Gegenstände lagen
entweder unmittelbar unter der Rasenschicht
oder nur wenige cm tiefer. Die eisteren /^
waren ziemlich gleichmässig über das Innere Vj
der Steinsetzung zerstreut, nur an der süd-
j. , I- I f II. - r /"• L Fie- 10. Grundriss der .Steinset/un
westlichen Ecke lenken sie. Im Ganzen be- " , , ,,, , , .„ , , ,
auf dem Hügel Lillmalmbacken,
trug das Gewicht der im Grabe gefundenen Tenala. Fund 2.
^5?JBH_4^5|w üfjilizedhy Google
verbrannten Knochen ca 800 gr. Da nur sehr wenig Kohle gefunden wurde
und nur einige kleinere Steine Spuren von der Einwirkung des Feuers zeigten,
so dürfte der Scheiterhaufen nicht innerhalb der Steinsetzung gestanden haben.
An Beigaben wurden gefunden; fünf frE^mentarische
Seh in ucknadeln aus Bronze, worunter eine am oberen
Ende eine Vogelfigur mit einem Loche am Kopfe trägt, 67,
zwei einen profilierten Kopf mit Ring, 65 und Fig 11, und
zwei einen scheibenförmig durchbohrten Kopf haben, 62,
von den Nadeln lag das Exemplar 62 an der auf der Karte
Fig. 10 mit 2 bezeichneten Stelle; zwei viereckige an der
einen Langseite gezähnte Bronzebeschläge mit zwei
Nieten an der konkaven inneren Seite, 72^ das eine gefun-
den bei 3; ein kleiner Bronzering mit übereinander liegen-
^^■^^ £3 den Enden 11 12; drei kleine Bronzedrähte; eine Pfeil-
\J^^ I^P spitze 2O1, bei 4; eine kleine ovale Eisenschnalle 6s;
Fragmente von zwei Messern mit gekrümmtem Rücken,
das eine bei 5; die Angel eines Messers (?}; Fragment
eines eisernen Nagels mit vielkantigem Kopf, vergl. 13 12;
kleinere unbestimmbare Eisenstücke bei 1; zwei Frag-
mente eines knöchernen Kammes, das eine von einem eisernen Stift
durchbohrt, Fig. 12, 13; Fragment eines kleinen geschliffenen Steines. H. M.
3721: 1—25.
Fig, 11. Bnichslück
einer Nadel. Br.'/i,
Fund 2.
Fig. 12,13. Bruch-
stocke eines Kam-
mes, Kn. 'H.
Fund 2.
B. EIGENTLICHES FINNLAND.
KIRCHSPIEL BJERNO.
Ungefähr 850 m südlich vom Bauerngut Melleri, das zum Dorfe Lupaja
gehört, und 200 m westlich von der Landstrasse nach Tenala erhebt sich der
steile, bewaldete Prestkullaberg {54 m über den Meeresspiegel) über die
Äcker und Wiesen des Bjemo-flusstales und erstreckt sich ungefähr 1 km in der
Richtung NW— SO. Vergl. die Karte Fig. 14. Auf dem nordwestlichen Rande
des Berges liegen
a) drei Steinhügelgräber, von denen zwei vor längerer Zeit geöffnet
worden sind. Sie enthielten nichts weiter als verbrannte Knochen und Kohle.
(FFT VI, S. 73).
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Auf dem südwestlichen Abhang des Berges liegen das Gehöft des Schmie-
des Karp und die Häuser zweier anderer Bauern, welche alle drei Arrenda-
toren des Bauerngutes Meilen sind. Unmittelbar neben der Schmiede des
Karp befand sich b) eine Reihe Steine, weiche einen Halbkreis um einen
kleineren Steinblock und andere grössere und kleinere aus dem Rasen hervor-
ragende Steine bildeten. Siehe Fund 3.
Ungefähr 200 m NON von Karps Schmiede und zwischen derselben und
der Landstrasse liegt im Tannendickicht c) eine viereckige Steinsetzung.
Siehe Fund 4.
's km westlich von Karps Gehöft erstreckt sich ein anderer ca 800 ni
langer Hügel (30 m über dem Meeressp., 23 über dem Fluss) längs des östlichen
Ufers des Bjerno ä. Er soll im folgenden der Tiikki-hügel genannt werden
nach den Äckern und Wiesen zwischen ihm und dem Flusse, welche diesen
Namen haben. Auf diesem Hügel befinden sich mehrere vorgeschichtliche
Gräber und andere Denkmäler, nämlich: rfy am südlichen Ende ein Erdhügel,
7 m im Durchmesser, in welchem Dr. Hj. Appelgren 1894 einige Tonge-
fässscherben fand. 30 Schritt NW von d auf dem Westabhang des Hügels
sieht man e) eine Menge (53 nach Appelgren) in den Felsboden eingehauene
schalenförmige Vertiefungen. Auf dem Plateau des Hügels liegen/— Ay drei
grosse viereckige Steinsetzungen, von welchen f und g parallel und nahe an
einander belegen sind, während h ungefähr 100 m nördlicher auf der höchsten Stelle
liegt. Alle drei hatten eine Längenrichtung von Nord nach Süd. Siehe Fund 5- 7.
Am Ostabhang des Hügels, etwa 250 m nördlich von h stossen wir auf
i} eine etwas unregelmässig gebildete viereckige Steinsetzung. Siehe
Fund 8. In der Nähe derselben befinden sich Steinsammlungen, von denen es
schwer zu sagen ist, ob sie von Menschenhand in ihre Lage gebracht sind
oder ob man es mit Naturbildungen zu tun hat.
3. Die unter b genannte Steinsetzung bei der Schmiede des Karp wurde
im J. 1899 von Student B. Cederhvai-f und mir untersucht. Die durchforschte
Stelle — von 7 m Länge und 3 — 4 m Breite — war mit magerem Gras be-
wachsen, aus welchem ein grösserer ca 70 cm hoher Steinblock und eine An-
zahl anderer Steine herausragten. Am Nordwestende befand sich eine niedrige
rasenbedeckte Bodenerhebung. Die Süd- und Ostgrenze wurde durch einen
Halbkreis von grösseren Steinen gebildet. Schon in einer Tiefe von 20—30 cm
trat der Felsboden zum Voi-schein. Dass hier wirklich ein oder mehrere vor-
geschichtliche Gräber angelegt waren, ging aus den verbrannten Knochen,
dby Google
o3^
welche über den mittleren Teil des Gebietes zerstreut lagen, und aus den
übrigen Funden hervor. Gefunden wurden: etwa 150 Bruchstücke von we-
nigstens drei Gefässen aus grobem mit kleinen Steinen vermengtem Ton;
ein Stück geschmolzenen Glases, wahrscheinlich eine Glasperle; ein eisernes
Haarzängchen, 11 is; ein eiserner Hohlcelt; eine kleine eiserne Schnalle
mit ovalem Bügel und
einer ursprünglich vier-
eckigen Beschlagplatte ;
sieben fragmentarische
Eisengegenstände,
vielleicht modernen Ur-
sprungs, nämlich: eine
kleine Röhre, zwei
scheibenförmige
Stücke und vier Nä-
gel; eine Menge Ei-
senschlacken, welche
nach der bestimmten Ver-
sicherung des Schmie-
des Karp nicht von sei-
ner Schmiede herrühr-
ten. Das Gesammtge-
wicht der gefundenen
verbrannten Knochen-
scherben betrug 315 gr.
St. H. M. 3720: 207
—217.
4. Die ungefähr
200 m NON von Karps
Schmiede im Tannen-
dickicht gelegene, oben
Steinsetzung wurde 1899 von Student B.
Vergl. die Karte Fig. 15, Sie war 8 m lang,
Die Umfassungs-
Fig. 15. Grundriss der Steinsetzung c bei Lupaja, Bji
unter c genannte viereckige
Cederhvarf und mir aufgedeckt.
6 m breit und hatte eine Längsrichtung von NO nach SW.
steine waren meist niedrig und flach, die grössten nur ca 40 cm hoch. Längs
der östlichen Langseite lief innen eine parallele Reihe von etwas kleineren
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Fig. 14. Kant der Utagegend von Lupaja, Bjemo. a Steinhogelgrftber, CoOoIp
er, d ErdhOgel, e sdudenfOrmige Vertiefungen im FelsbÖdW ^
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Steinen. Ähnliche Steinreihen, aber aus noch kleineren Steinen bestehend,
lagen längs des inneren Randes der drei anderen Seiten.
Nach Entfernung des Mooses welches den inneren Raum überzogen hatte,
trat heller Sand und Steinkies zum Vorschein. Hier lagen in geringer Tiefe eine
Menge verbrannte Knochen (Gesammtgewicht: 1,8 kg) und die unten beschrie-
benen Gegenstände. — Am ergiebigsten war die Fundausbeute in der Mitte der
Steinsetzung. In der Nordhälfte waren die Funde zahlreicher als im südlichen Teil.
— Kohlenstücke wurden selten gefunden; die Verbrennungsstälte hatte demnach
nicht innerhalb der Steinsetzung gelegen. — Die Beigaben sind meist zerbrochen,
können aber nicht einer überstarken Hitze ausgesetzt gewesen sein. Zerschmolzene
Bronzeklumpen, wie sie oft in den finnländischen Brandgräbem gefunden werden,
fehlen hier. Einige Gegenstände scheinen im oder am Feuer gelegen zu haben,
andere wieder — z. B. die Glas- und Bemsteinsperlen — sind ziemlich unversehrt.
Die eisernen Sachen waren alle in schlechtem Zustand und stark verrostet.
Zu den Beigaben gehören folgende Gegenstände: eine bronzene Fibel
mit umgeschlagenem Fuss, die Nadel fehlt, das Kopfende zu einer Öse
umgebenen, 1», lag bei Punkt 9 (vei^l. den Grundriss Fig. 15); ein Bruchstück
von der Spiralrolle einer Fibel; drei oder vier fragmentarische eiserne
„Ringnadeln mit Schneckenende", darunter eine mit einem kleinen
bronzenen Ring, welcher wohl als Glied einer an die Nadel gehängten Kette
aufgefasst werden muss, 5io, lagen bei 2 und bei 8; einige Fragmente einer
bronzenen Kette, deren Glieder aus feinen offenen Ringen mit abgerundet
dreieckigem Durchmesser bestehen, ein Teil bei 5; zwei Bruchstücke eines
bronzenen Anhängsels mit Brillenspiralen, 7iT, ein Bruchstück einer
bronzenen Schnalle (?); einige Bruchstücke von feinen runden Bronze-
stangen (Nadeln?), darunter eines mit zu einer Öse umgebogenem Ende;
ein schmales halbkreisförmiges und zwei schmale längliche Bronzebe-
schläge (?); ein Röhrchen aus spiralförmig gewundenem Bronzedraht, bei 7;
eine halbe und zehn ganze Glasperlen und drei Bernsteinsperlen, von
den Glasperlen sind sechs blau (darunter eine doppelt, zwei fazettiert, drei
wirteiförmig), 8 grün (darunter eine opak cylinderförmig, zwei durscheinend,
ebenfalls cylinderförmig mit aufgeschmolzenem gelbem Zickzackband), eine
weiss opak cylinderförmig, eine überfangen, d. h. aus zwei Glasschichten
bestehend, zwischen denen ein Goldplättchen hegt (dreifach), — von den Bem-
steinperlen, welche alle beschädigt sind, scheinen zwei wirteiförmig, die dritte
länglich fazettiert gewesen zu sein, J«c-i, lagen bei 1, 3, 6, 10, 11; einige
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Bruchstücke eines Messers bei 4, ein Bruchstück eines Wetzsteins(?) aus
Sandstein; eine grössere Anzahl unbestimmbarer Eisenstückchen; ein Stück
gebrannten Tones; einige Haselnussschalen. H. M. 3720; 168 — 206.
Von den vier viereckigen Steinsetzungen auf dem Tiikkihügel ist die
oben mit f bezeichnete im J, 1895 von Dr. Hj. Appelgren untersucht worden,
die übrigen drei (g—i) im J. 1899 von Student B. Cederhvarf und mir.
5. Die Steinsetzung f war 5,8 m lang, 5,* m breit >). Der innere Raum
war mit Steinfliesen und kleinen runden Steinen bedeckt, unter welchen stellen-
Fig. 16. üie Sieinsetzung g auf dem TiikkihOgel bei Lupaja, Bjemo, von S\V gesehen.
weise Kohle, Asche und verbrannte Knochen lagen. In der Ostecke
wurde ein Bruchstück eines ovalen Feuerschlagsteines aus Quarzit, in
der entgegengesetzten Ecke das Fragment eines Messers mit krummem Rücken
gefunden; ausserdem entdeckte man hier einige längliche Eisenstücke,
vielleicht Fragmente einer Lanze (?). H. M. 3106: 9—13.
6. Die Steinsetzung g (Fig. 16 und Karte Fig, 17) liegt ganz in der Nähe
der vorigen, am Rande des Ostabhangs des Hügels. Sie bildet ein deutliches,
von Nord nach Süd orientiertes Viereck von 8,7 m Länge und 6 m Breite.
Unter den äussersten Kantsteinen befinden sich einige grosse Blöcke, welche
') Hj. Appelgren, Nyfunna fomminnen, Finskt Museum 1895, S. 61.
Digilizedby Google
27
man bei der Errichtung des Grabes augenscheinlich mit vieler Mühe hat herbei-
wälzen müssen. Die grössten derselben liegen an der südlichen Schmalseite:
ein Steinblock an der Südostecke ist nicht weniger wie 93 cm hoch, der
daneben stehende 67 cm, die anderen sind niedriger. Längs den inneren Seiten
der Steinreihen liegen klei-
nere Steine, von denen einige
erst nach Entfernung des Ra-
sens sichtbar wurden. Be-
sonders regelmässig war die
innere Steinreihe längs der
westlichen Langseite. Hier
lag eine Anzahl flacher
Steine in stark geneigter
Stellung neben einander.
Der von den vier Stein-
reihen abgegrenzte Raum
war mit Gras bewachsen
Innerhalb desselben hatten
drei grosse, bei unserer An-
kunft schon gefällte Tannen
gestanden, deren Stümpfe
beseitigt werden mussten,
ehe die Untersuchung be-
ginnenkonnte. Unter der Ra-
sendecke lag eine dünne mit
Steinfliesen, kleinen Feld-
steinen und Kies vermengte
Erdschicht, unter dieser eine
schwarze russige ungefähr
20 — 30 cm dicke Humus-
schicht, noch tiefer wurde
sandvermengter Ton angetroffen, der in wechselnder Mächtigkeit den darunter
liegenden Felsboden bedeckte. In der schwarzen Humusschicht und auch ober-
halb derselben wurde eine Menge Funde gemacht: Waffen, Geräte und Schmuck-
gegenstände, die meisten zerbrochen und durch Feuer beschädigt, einige Bronze-
gegenstände zu formlosen Klumpen zeischniolzen. Zwischen den Beigaben lagen
Fig 17.
(f-
/jhx«
Crundriss der Sieinsetzung g auf dem Tiikki-
hügel bei Lupaja, Bjemo.
Fibel, m. = Messer, s. — Schildbuckel). Fund 6.
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Kohlenstücke und eine aussergewöhnlich grosse Menge verbrannte Kno-
chen über die Grabfläche verstreut. Ein Teil dieser Knochenscherben war russig,
andere wieder so rein, als wären sie nach der Verbrennung der Leiche gewaschen
worden. Im allgemeinen waren die Knochenstücke grösser wie die, welche man
sonst in den finnländischen Steinhügelgräbem und Flachgräberfeldern zu finden
pflegt. Unter den in der Steinsetzung gesammelten Knochen, welche alle ins
Museum gebracht wurden und deren Gesammtgewicht 15,8 kg beträgt, befinden
sich ganze Kinnladen, grosse Teile von Hirnschalen, Ann- und Beinknochen und
Rippen, viele Wirbel knochen, u. s, w. An einigen Stellen im südlichen Teile des
Grabes lagen die Knochen schichten weise aufeinander; so bemerkten wir in der
Nähe der Punkte 3 und 4 der Karte mehrere flache aufeinander gelegte Stücke
von Hirnschalen und in unmittelbarer Nähe davon Teile von Rippen und Bein-
knochen sowie Bruchstücke der Kiefer von mindesstens drei Menschen. Hier
lagen auch drei Schildbuckel mit der Öffnung nach oben und mit gewasche-
nen (?) verbrannten Knochen gefüllt. — Grosse Kohlenstücke, bebrannte Steine
und ungewöhnlich schwarze und russige Erde innehalb des südlichen Teiles
der Setzung verrieten, dass dort die Verbrennung der Leichen vorgenommen
worden war. Im übrigen lagen die verbrannten Knochen über die ganze in-
nere Fläche verstreut mit Ausnahme eines schmalen Randes längs den Stein-
reihen, Wie viele Leichen hier verbrannt worden sind, lässt sich natürlich nicht
mehr angeben. Sicher ist aber, dass ihre Anzahl wenigstens drei betragen hat.
Dass unter ihnen beide Geschlechter vertreten waren, geht aus der Beschaffen-
heit der Funde, welche sowohl aus Waffen wie auch aus Weiberschmuck zu-
sammengesetzt sind, hervor, ') — Was die Verteilung der Funde tiber die innere
Fläche der Steinsetzung anbetrifft, so entsprach sie im allgemeinen deijenigen
der verbrannten Knochen. In der Mitte der Steinsetzung war die Anzahl der
gefundenen Beigaben besonders gross. Unter der Menge derselben befanden sich
Waffen, Werkzeuge, Schmuck und andere zur Kleidung gehörende Gegenstände.
An Waffen wurden gefunden: (bei Punkt 4 auf der Karte Fig. 17)
ein fragmentarischer Schildbuckel mit flachgewölbtem Oberstück, einer
niedrigen, kaum merkbar nach innen abfallenden cylindrischen Wandung und
einem platten Rand, 22 1; (bei 3 und 7) eine Anzahl Bruchstücke von z^vei
') Eine Anzahl grösserer Knoehenfragmente ist von Prof. med. Hj. Grönroos bestimmt
worden. Die Resultate seiner Untersuciiung sind in deutscher Übersetzung als Anhang
beigefügt.
dby Google
Fig. 18 a u. b.
Schi usspl allen vom
Griff des Messers
12 8. Br. Fund 6.
Schildbuckeln mit flach gewölbtem Oberstück, das sich über dem niedrigen
cylindrischen Mittetstück stark ausbaucht, — die drei Schildbuckel lagen mit
der Öffnung nach oben und waren mit verbrannten Knochen angefüllt; (bei 3)
eine platte Schildfessel, 22»; zwei Bruchstücke einer
Schildfessel mit gewölbter Mittelpartie vom Typus
22 i (bei 4); zwei Nietnägel und zwei andere Nägel,
welche, da sie in der Nähe der Schildbuckel lagen, wahr-
scheinlich zu ihnen oder den Schildfesseln gehören.
Als Waffen können allenfalls noch bezeichnet werden zwei
grosse Messer: das eine derselben (gef. bei 43) war
32 cm lang, hatte einen gekrümmten Rücken, am unteren
Teile des ursprünglich hölzernen Schaftes sitzt noch eine
fazettierte eiserne Hülse, 129; das andere (gef. bei 65)
war 27 cm lang, vom Schafte waren noch die obere und
untere Schlussplatte aus Bronze, Fig. 18 a und b, und die
breiten bandförmigen hülsenartigen Bronzebeschläge zunächst
denselben erhalten, diese Beschläge sind mit parallelen er-
habenen Reifen verziert, das Ortband, das beim Ausgraben
des Messers an der Spitze der Klinge sass, bestand aus
einem spiralförmig gewundenem Bronzeband, 12 s. Von Werk-
zeugen und anderem Gerät fanden sich vor: vier oder fünf
Messer, nämlich ein grösseres Exemplar in mehreren Bruch-
stücken (gef. bei der Durchsiebung der aufgegrabenen Erde),
Ca 20 cm lang, etwa von demselben Typus wie Fig. 12»
— einige schmale bandförmige Bronzestücke scheinen von
dem Schafte desselben herzurühren — und Bruchstücke
von drei oder vier kleineren, darunter eines mit geradem
Rücken ; einige bronzene Beschläge von Messergriffen
und Scheiden, nämlich die obere ursprünglich ovale
Schlussplatte eines Griffes (vergl. Fig. 18a); ein Bruch-
stück einer unteren Schlussplatte (?), einige bandför-
mige Griffbeschläge ähnlich den am Messer 12 s,
ein kleiner halbcylindrischer Seitenbeschlag einer Scheide (?), einige
Reste von spiralförmigen Ortbändern; ein platter länglicher Gegenstand
aus Eisen, dessen eines Ende zu einem Öhr umgebogen ist, vielleicht ein
Feuerstahl oder Messerschärfer, ISs, bei 17; die beiden beschädigten
.19. Bruchstücke
;r Schere, ^.s
, Google
Hälften einer Schere, Fig. 19, bei 55; zwei längliche, an dem einen Ende
durchbohrte Wetzsteine aus Gneiss, 137, bei 63 und 58; Bruchstücke von
Tongefässen, deren Anzahl mindestens zwei betragen haben mag, da die
FrJ^mente an zwei verschiedenen Stellen (bei 51—54, 67—68) lagen, — eines
der Gefässe hat einen platten Boden gehabt, der Rand ist mit schräggestellten
Furchen verziert, Fig 20, das Material ist durchweg schlecht,
Gegenstände, welche zur Kleidung gehörten, machten die Hauptmasse
der Funde aus. Es befanden sich unter ihnen: eine grosse Armbrustfibe!
Fig. 20. BruchsiQck eines Fig. 21. Bruchstück einer Fig. 22. Fussscheibe e
' Tongefasses. Fund 6. Fibel m. u. F. Br. Vi. Fibel. Er. "/i. Fund 6.
Fund 6.
mit umgeschlagenem Fuss, fazettiertem Bügel mit einem Knopf am Kopfende
und einer reichen Ringgamitur, fragmentarisch, 2 1, bei 19; eine Armbrust-
fibel m. u. F. und schlichtem, vierkantigem Bügel, der am Kopfe zu einem
Öhr umgebogen ist, fragmentarisch, I4, bei 40; ein Bruchstück einer ähnlichen
Fibel m. u. F. Fig. 21, bei 14; die dreieckige Fussscheibe einer Fibel Fig. 22,
bei 1 ; die Spiralrolle mit profilierten Endknöpfen und ein Bruchstück des Bügels
einer Armbrustfibel Fig. 23 bei 57; die Spiralrolle einer sechsten Fibel,
die Achse aus Eisen; das zur einem Öhr umgebogene Kopfende einer sieben-
ten Fibel mit Resten der Spiralrolle, bei 16; drei Teile der bronzenen Spiral-
rolle von Armbrustfibeln, der eine bei 15; zwei offene Armringe, aussen
gerundet, innen flach, der eine, 10 4, mit pa-
rallelen Querstrichen verziert, bei 20 u. 70;
drei Bruchstücke wahrscheinlich eines und des-
Fig. 23. Spiralrolle einer Fibel. ,, , in,. .1-11
Br »/s Fund 6 selben Arm- oder Halsringes mit Endplatten
und stabförmigem Endstück, etwa vom Typus
Montelius 347, wie auf diesem sieht man auf dem einen Bruchstück ein aus
einem vertieften Viereck mit erhabener Diagonale bestehendes Ornament zu
dby Google
31
beiden Seiten des Mittelgrates, Fig. 24—26, bei 8 u. im Siebe gefunden; etwa
zehn Bruchstücke von ähnlichen Armringen wie 10 4, vielleicht stammen einige
dieser Stücke von Fibelbügeln her; ein geschlossener schmaler Finger-
ring IIa, bei 13; Fragment eines zweiten Fingerringes; 69 kleinere Bruch-
stücke von bronzenen Ketten, deren Glieder aus kleinen offenen Ringen
Fig. 24 — 26. BruchstQcke eines Halsringes
mit Endplatten. Br. Vi. Fund 6.
Fig. 27. Bruchstück einer
Schnalle. Br. Vi. Fund 6.
mit dreieckigem Durchschnitt bestehen, 7 12; einige zwanzig Stück kleine
Röhrchen aus spiralförmig gewundenem Bronzedraht, 8*; Bruchstück von dem
viereckigen Bügel einer Schnalle, Fig. 27; Bruchstück einer Schnalle,
deren Bögel beiderseits stark nach aussen geschweift ist, 61s; der Dorn einer
Schnalle mit einem Teil der Achse; einige eiserne Bruchstücke, vielleicht
von Schnallen; zwei schmale stabförmige Riemenzungen, unterhalb des
Heftnagels ein Diagonalomament, die Spitze profiliert, 7^, bei 66; eine Doppel-
niete, bestehend aus einem bronzenen und einem eisernen Scheibchen,
welche durch zwei Stifte verbunden sind; Bruchstück einer zweiten Doppel-
niete; ein Haarzängchen mit einem Schiebering, II 1«, bei 64; der Kopf
Fig. 28. BruchstOck
einer Nadel. E. '/».
Fund 6.
Fig. 29. Bruchstock
eines Beschlages.
Br. Vs. Fund 6.
Fig. 30. Beschlag.
Fig. 31, Bruchstück
eines Beschlages (?).
E. ^/7. Fund 6.
einer eisernen Ringnadel Fig. 28, bei 3; ein schmales rinnenförmiges
Bronzestück (Teil eines Beschlages), Fig. 29, bei 11. Unbestimmbare Ge-
genstände: ein kleiner dicker Bronzering, der entweder an einen kleinen
Bronzebeschlag festgeschmolzen oder schon ursprünglich an ihn befestigt
ist, Fig. 30; eine ganze Anzahl (ca 40—50) schwer bestimmbarer schmaler
dby Google
FUND e u, 7.
länglicher Bronzefragmente, unter welchen ein Stück vielleicht als die
Nadelscheide einer Fibel, einige andere als Bruchstücke von Fibelnadeln
oder Schmucknadeln, andere wieder als Teile von Armringen oder
Fibelbügeln aufgefasst werden können ; etwa 80 formlose bronzene
Schmelzklumpen; Teile von vier eisernen Nadeln oder Pfriemen (?);
ein kleiner offener eiserner Ring, an welchem, nach den erhaltenen Resten
zu schliessen, ein bronzener Ring gehängt zu haben scheint; das eine runde
scheibenförmige, durchlochte Ende eines eisernen Gegenstandes,
Fig. 31; Teil eines hohlen, kugelför-
migen bronzenen Gegenstandes
(Knauf eines Messers?), bei 5; etwa 50
kleine scheibenförmige Teile von
eisernen Gegenständen; vier Glas-
perl e n, nämlich eine durchscheinende
grüne und eine halbzerschmolzene ein-
fache sowie zwei kleine Doppelperlen
von unbestimmbarer Farbe. Ausserdem
wurden in der schwarzen Humusschicht
hier und da verkohlte Reste von Hasel-
nüssen gefunden. H. M. 3720: 1 — 155.
7. Die Steinsetzung h liegt auf
der höchten Stelle des Hügeli^ückens und
ist wie f und g von Nord nach Süd
orientiert. Sie wird durch etwas unregel-
mässig in mehreren Reihen gesetzte Steine
von verschiedener Grösse gebildet und misst 4 — 5 m an Breite, 5 — 6 m an Länge.
Die höchsten Steine standen wieder an der südlichen Schmalseite, wo unter
anderen zwei 50 und 60 cm hohe Steinblöcke an zwei andere niedrigere Steine
angelehnt waren. Mitten auf dem rasenbewachsenen inneren Saum der Stein-
setzung lagen einige flache Steine. Vergl. die Karte Fig. 32. Bei der durch
Student B. Cederhvarf und mir vorgenommenen Untersuchung wurde unter dem
Rasen eine Schicht von Steinfliesen und Kies angetroffen. Die darunterliegende
Humusschicht war magerer wie die der Steinsetzung g. Kohlenstücke,
welche in der letzteren in grosser Zahl vorgekommen waren, wurden hier nur
selten gefunden, und die Menge der verbrannten Knochen war unver-
gleichlich geringer. Es gelang uns nur ungefähr 40 — 60 Knochenscherben auf-
Fig. 32. Grundriss der Steinsetzung h auf
dem TiikkihQgel bei Lupaja, Bjemo. Fund 7.
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FUND 7—0.
zulesen, von denen einige recht gross waren. Sie waren Im allgemeinen nicht
rassig. Die Brandstätte dürfte, nach der geringen Menge von Kohlen zu urteilen,
ausserhalb der Steinsetzung gelegen haben. Die Funde waren nicht zahlreich
und wurden hauptsächlich im südlichen und östlichen Teil des Grabes ange-
troffen. Es wurden gefunden: 34 kleine goldüherfangene Glasperlen,
daruter eine Doppelperle und eine gespaltene halbe 7« a. u. b., bei 1 — 8, 12,
15 und im Siebe gefunden; zwei bronzene Schmucknadeln mit plattem
ringfönnigem Kopf 6i, mit der einen derselben wurden zwei Gheder einer
bronzenen Kette, weiche ohne Zweifel ursprünglich an die Öse der Nadel be-
festigtwar, gefunden, bei 3; ein kleines Röhrchen aus spiralförmig gewundenem
Bronzedraht, vergl. 82; ein grosser Spiralfingerring mit spitz zulaufenden
und mit Parallelreifen verzierten Enden, 11 6, hei 11 ; ein plattes Eisenstück;
einige Schlacken; einige Haselnussschalen. H. M. 3720: 156 — 167.
8. Die Steinsetzung i an dem Ostabhang des Tiikkihügels bildet ein
unregelmässiges Viereck von 6 m Länge und 4 m Breite und hat eine Längs-
richtung von West nach Ost. Zwischen den Steinreihen lagen an beiden
Enden einige grössere Steine. Bei der Untersuchung der von den Steinen
begrenzten inneren Fläche, deren Boden aus hartem, mit Sand vermengtem
Lehm bestand, wurden einige wenige Scherben eines grob gearbeiteten braunen
Tongefässes, nur ein einziger verbrannter Knochensplitter und ein
Pferdezahn gefunden. H. M. 3720: 218—220.
9. Bei der Untersuchung einer bereits durchwählten Stelle im Kirchhof
von Yliskylä (öfverby) fand Dr. Hj. Appelgren im J. 1893 eine fragmen-
tarische bronzene Fibel mit umgeschlagenem Fuss, schmalem knieförmig
gebt^enem Bügel mit trapezförmigem Durchschnitt und einem Knopf am
Kopfende, I9. H. M. 2912: 44.
Einige Schritte davon grub A. eine niedrige Bodenerhebung aus und fand
in derselben verbrannte Knochen und in einem Haufen zusammengepackte
und teilweise aneinander gerostete Waffen sowie eine Menge Beschläge und
Nägel, welche zu einem Fahrzeug gehört haben müssen. Die Formen der
Waffen verweisen diesen Grabfund in das 6. — 7. Jahrhundert. Ausser diesen
Funden enthielt der Kirchhof noch eine Anzahl reich ausgestatteter Skelett-
gräber aus dem Ende der Heidenzeit. ')
*) Hj. Appelgren, En brandgraf ä Yliskylä (Öfverby) kyrkogärd i Bjcmo, Finskt Museum
t897, s. 60 f.
dby Google
34 FUND 10 u. 11.
KIRCHSPIEL MUURLA.
10. Auf einem in der Nähe des Bauerngutes Äijälä belegenen, mit
Steingeröll bedeckten Hügel, an dessen Fuss dei' jetzt ausgetrocknete See
Alasjärvi lag, fand der Tagelöhner J. Gröndahl folgende Gegenstände, welche
1888 von Dr. Th. Schvindt für das Historische Museum des Staates angekauft
wurden, nämlich zwei Lanzenspitzen, welche beide eine fazettierte Tülle
und eine vierschneidige, im Durchschnitt quadratische Klinge haben, sich aber
darin von einander unterscheiden, dass die eine mit Widerhaken versehen ist,
während die andere ihrer entbehrt; bei beiden laufen parallel den Schneiden
des Blattes eingravierte Linien, Länge 26 und 25,a cm, 204 u. «; ein Schild-
buckel mit schräg aufsteigendem Befestigungsrand, der acht Nagellöcher hat,
etwas Übemeigendem cylindrischem Zwischenstück und gewölbtem Oberstück,
der einen Ansatz zur Spitze hat, 228; ein zweiter arg beschädigter Schild-
buckel, anscheinend von derselben Form wie der vorige. H. M. 2589: 1 — 4.
KIRCHSPIEL USKELA.
In der Nähe des Torpes Palta und auf dem Areal des Bauerngutes Puonti,
Dorf Isokylä, liegen auf Felsboden zwei kleine und niedrige Steinhaufen Fig. 33.
Fig. 33. Zwei Brandgräber bei Puonti, Uskela.
ucjlizedhy Google
11. Der eine derselben wurde im J. 1885 von Dr. Hj. Appelgren unter-
sucht. Er bestand aus nur einer Schicht Steine und hatte einen Durchmesser
von 6,B— 7 cm. Ver^l. den Grund- \
riss Fig. 34. Die Steine lagen auf ^,^ W
einer 5 — 7 cm dicken Humusschicht, /„*.^i~^ r^
unter welcher der felsige Untergrund ^ /^ ( ^
zum Vorschein kam. In dieser Erd- /"ior*^kr-0^*^^
Schicht fand Appelgren: das Tüllen- O r^ 4>'\i'*W^ (^
ende einer Lanzenspitze Fig. 35;
eine eiserne Armbrust-
fibel mit Nadelscheide,
2»; dieunlere Hälfte einer
Armbrustfibel mit um-
geschlagenem Fuss, 1 e;
drei schmale, offene Arm-
ringe aus Bronze, von
denen der eine an den
Enden mit Querstrichen '^'g' **■ Grundriss des Brandgrabes bei Puomi,
l. . Uskela. Fund 11.
und kleinen Kreisen ver-
ziert ist, 10s, der zweite nur mit Querstrichen, IO2, während die
Ornamente des dritten Armringes, wenn sie überhaupt vorhanden,
unter der dicken Patina nicht mehr erkennbar sind; das eine End-
stück eines vierten Armringes aus Bronze, verziert mit Quer-
strichen und Punktreihen, Fig. 36, sämmt-
liehe Armringe sind innen platt und ^|j|^||||IUii^^ail(Hi|ggBiii9'
aussen gerundet; zwei Bruchstücke eines fe
Armringes (?}; ein Bruchstück von Fig. 36. Bruchstack eines Arm-
dem Bügel einer Fibel oder einem ""«" '"■ "' "»"•"'
Fig. 35. Armring, an dem einen Ende des
Bruchstück _, , , . , i— 1 ,
einer Lan- önichstückes Sieht man Einkerbungen
zenspitze. und Querstriche, den Rücken entlang Fig. 37. Bruchstü>k einer Fibel
E. ''2, i„ f. ■ n I .. 'L c- 0-7. oder eines Armrinecs. Br. ^'i.
„ . ,, äuft eme Punktreihe, Fig. 37 emen „ . .^
Fund, 11. 1 e> ' Punj n
Spiralfingerring aus Bronze, die
Enden mit Querstrichen verziert, II7; einen verbogenen Nagel; scheiben-
förmige Eisenfragmente; Scherben eines groben Tongcfässes; ver-
brannte Knochen. H. M. 2434; 1-15.
dby Google
1 S-
dby Google
12. Dicht neben dem Getreidemagazin des Bauernhofes KupÜa, Dorf
Isokylä, war Ende der 1880er Jahre von Kindern ein Fund von „Gegen-
ständen aus Eisen und Messing" gemacht worden. Als Dr. Hj, Appelgren
im J. 1Ö96 die Stelle besuchte, glückte es ihm von diesem Funde einige
Bruchstücke eines Schildbuckels und der dazugehörigen Schildfessel
zu erhalten. Der Schildbuckel scheint dieselbe Form wie das Exemplar 23«
gehabt zu haben. Appelgren stellte an der Fundstelle Nachgrabungen an und
förderte dabei folgende Gegenstände zu T^e, welche wohl nur zum Teil aus
der Zeit vor dem J 500 n. Chr. stammen. Zu den älteren Gegenständen ist
jedenfalls eine bronzene ösennadel, 64, zu rechnen. Die anderen Funde
waren: ein dreizackiges Harpuneneisen, eine verbogene und in der Mitte
in zwei Teile gebrochene Lanzenspitze mit Tülle, kurzem Hals und schma-
lem Blatt mit geraden Schneiden, ähnlich 19$; ein eiserner Beschlag; ein
nageiförmiger verbogener eiserner Gegenstand, vielleicht ein Schlüssel {?);
ein Stück Eisenblech; drei Nägel; ein Bruchstück vielleicht von der oben
erwähnten Schildfessel, aber ca 12 Schritt NW von der Fundstelle derselben
entfernt gefunden; verbrannte Knochen. H. M. 3316; 1 — 16.
Das Gehöft Kupila lehnt sich an den steilen Linnamäki-berg an, auf
dessen nordösüichem Plateau die Reste eines aus Steinen aufgeschütteten
Walles sichtbar sind. Vergl. die Karte Fig. 38.
Abo.
13. Im Historischen Museum der Stadt Abo befindet sich eine grosse
silberne Fibel m. u. F., ein Geschenk des Goldschmiedes W. Fetersson. Nach
der Angabe des Herrn F. ist die Fibel auf dem östlichen Abhang der hügeligen
Halbinsel Korpolaisniemi westlich von Abo nicht weit von der Mündung
des Baches Sikaoja in den Aura-fluss gefunden. Die näheren Fundumstände
sind unbekannt. Die Fibel, 2 s, trägt auf dem Bügel eine Garnitur von ge-
rieften Ringen; der breite Fuss ist zwischen dem dritten und vierten Ringe
mit gewaffeltem und vei^oldetem Silberblech belegt, woraus geschlossen wer-
den darf, dass die beiden anderen Abschnitte desselben ursprünglich ebenso
verziert gewesen sind; die Sehne schwillt an der Mitte stark an und ist mit
der Spiralrolle aus einem Stück gearbeitet. Historisches Museum Abo.
Nicht weit davon ist bei einer anderen Gelegenheit ein Armring von
Typus 10* gefunden worden. Historisches Museum Abo.
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38 FUND 11 u. lö.
KIRCHSPIEL RUSKO.
14. Durch den Küster E. Yleniiis wurde im J, 1901 dem Historischen
Museum des Staates eine Lanzenspitze eingeschickt, welche vor der Hütte
der Ester Palmroos auf dem Grund und Boden des zum Dorfe Märttelä ge-
hörigen ßauemhofes Jussila gefunden ist.
Die Lanzenspitze, 17 4, hat ein breites, kurzes Blatt und eine vierkantige,
jetzt stark beschädigte Tülle, von welcher aus ein breiter Mittelgrat bis zur
Spitze läuft; jetzige Länge 22 cm, grösste Breite 4,8 cm. H. M. 3978: 4.
KIRCHSPIEL HASKU.
15. Bei dem Bau einer Volksschule ca 300 m NW vom Gutshof Kankas
wurde im J. 1882 auf einem kleinen, nicht angebauten Stück Weideland namens
Kalmuhakka ein niedriger, mit Rasen bewachsener und mit Erde vermengter
Steinhügel abgetragen und geebnet. Nach Angabe (1902) der jetzigen Besit-
zerin von Kankas, Frau Leutnant C. Aminoff, hatte dieser Hügel einen Durch-
messer von ca 5 m und eine Höhe von nicht ganz Im. — In der Nähe des-
selben befindet sich noch ein anderer Hügel, in welchem ein grösseres Loch
gegraben ist. Bei der Zerstörung des ersterwähnten Hügels fanden die Arbeiter
verbrannte Knochenscherben und eine ziemliche Menge eiserner
Waffen, welche letztere sie einem in der Nähe wohnenden Schmied über-
gaben, der sie grösstenteils zu allerlei Gerät umschmiedete. Dem Küster von
Masku, der zum Baukomitöe der Volksschule gehörte, gelang es glücklicher-
weise ein Schwert, einen Schildbuckel und drei Lanzenspitzen zu
retten, welche an das Historische Museum zu Abo abgeliefert wurden. Später
fand Leutnant F. Aminoff, der zur Zeit der Zerstörung des Hügels sich nicht in
Kankas befunden halte, bei dem Schmiede noch ein Schwert, einen Schild-
buckel und eine Lanze vor, welche Gegenstände jetzt auf Kankas verwahrt
werden. Die übrigen Eisensachen, die nach Frau Aminoffs Angabe den grössten
Teil des Fundes ausgemacht hatten, waren schon zerstört worden. ')
•) Der Verfasser kann hier die Vermutung nicht unterdrücken, dass die Angabe Qber
die grosse Zahl der umgeschmiedeten Gegenstände auf einem Irrtum beruhen könnte. Da
der Fund bereits vor 20 Jahren angetroffen worden ist, wäre es ja sehr erklärhch, wenn die
Tradition (Iber die Menge der bei dieser Gelegenheit zerstörten Allsachen nicht ganz sicher
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Betrachten wie die einzelnen Gegenstände des Fundes etwas näher. Im
Historischen Museum zu Äbo befinden sich: ein halbkreisförmig verb<^enes,
zweischneidiges Schwert 91,t cm lang und zunächst dem Griffe 4,9 cm breit,
16]; ein Schildbuckel mit abgestumpfter Spitze, 2t2s; drei Lanzenspitzen,
nämlich a) 18s mit langer, achtkantiger Tülle, langem, schmalem Hals und vier-
kantiger Spitze, die vielleicht ursprünglich mit Widerhaken versehen gewesen
ist, verbogen, ca 42,e cm lang; b) 18* mit vierkantiger Tülle und langer, vier-
kantiger Spitze, verbogen, jetzt 43,a cm lang; c) 18* mit langer, stark verrosteter,
ursprünglich vielkantiger Tülle und langem Blatt, nicht verbogen, jetzt 35,* cm
lang. Historiches Museum Äbo, B N:o 7, 8, 11 — 13. — Die im Gutshof Kankas
aufbewahrten Gegenstände haben folgende Formen und Masse. Das zwei-
schneidige Schwert, 16*, spiralförmig verbt^en, 92 cm lang und 4,» cm breit
unterhalb des 12,b cm langen Griffes, an welchem als Rest des Knaufes eine
4,B cm lange, schmale eiserne Platte steckt; der Schildbuckel, 22 4, ist kuppei-
förmig, ohne Spitze und hat einen steil abfallenden Rand mit 8 Löchern; die
Lanzenspitze, 175, ist stark beschädigt, hat eine kurze Tülle, welche sich
weit in das schmale, anscheinend ursprünglich mit geschweiften Schneiden
versehene Blatt fortsetzt und schliesslich in einen hohen, aber stumpfen Grat
übei^eht, jetzige Länge 25,i cm.
KIRCHSPIEL NODSIS.
16. Im Historischen Museum des Staates zu Stockholm befindet sich ein
prächtiger goldener Hals- oder Armring, der im J. 1770 von dem Soldaten
Jakob Ekbom in einem Graben des ihm gehörigen Ackers im Kirchspiel Nousis
gefunden wurde. Das Schmuckstück, 87, besteht aus einem glatten, runden
Reif mit breiten, viereckigen Endstücken, welche in einen stilisierten Tierkopf
mit deutlich markiertem Hals auslaufen. Die Endstücke sind in der Mitte er-
höht und mit aufgelöteten gerieften Golddrähten und gepunzten Ornamenten,
nämlich schraffierten Dreiecken und mit Diagonalen versehenen Vierecken,
verziert. Ebenso sind die Umrisse des Tierkopfes mit gerieften Golddrähten
geworden wflrc. An und für sich wäre nämlich die Anzahl der geretteten Waffen schon für
einen grosseren finnlandischen Grabhügel als den hier beschriebenen recht stattlich. Die
umgeschmiedeten Gegenstände dürften, wenn wir den Fund mit anderen typischen Funden
wie z. B. dem von Kümo— Wuolle N:o 36 vergleichen wollen, wenigstens zum Teil aus
Messern und anderen Gerflt bestanden haben.
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40 FUND 18.— n.
belegt und die runden Augen von einem aus solchem Draht gebildeten Ring
umgeben. Museum Stockholm 22.
Nach dem Katalog des Historischen Museums zu Stockholm und nach
G. Liljegren, Strödda anteckningar om fynd i svensk jord med
en dertill hörande förteckning, Vitterhets-, Historie- och Antiqvitets
Akademins handlingar Xlll (1830) S. 199 u. 259, sind in Finnland einige Jahre
später zwei andere Funde von Goldringen gemacht worden, welche nach
der kurzen Beschreibung zu schliessen zu demselben Typus gehört haben
dürften wie der oben erwähnte Ring.
16 a. Der eine dieser Goldreifen wurde im J. 1 779 von demselben Ekbom,
der den Ring 87 gefunden hatte, in dem nämlichen Acker ganz nahe an der
ersten Fundstelle zu Tage gefördert. Es war nach Liljegren „eine dünn ge-
hämmerte Goldstange (guldten) von ungefähr 10 Dukaten Gewicht (nach dem
Katalog 10 'a Dukaten 3 Ass), mit Kreisomamenten auf der einen Seite der
breiteren Enden." Der Fund wurde von dem Landshöfding Fredensköld der
Antiqvitets-Akademie zum Ankauf angeboten, von dieser aber nicht erworben.
16 b. Der andere Goldring wurde im J. 1 782 von einem Törper (Pächter)-
im Län Abo gefunden. Er glich „einem Drachen mit zwei Köpfen, von denen
der eine abgebrochen war." Auch dieser Ring scheint von der Akademie
nicht eingelöst worden zu sein.
17. Durch den Kantor K. M. Lindholm wurden im J. 1879 die beiden
unten beschriebenen fragmentarischen Bronzeringe nebst einigen aus der jünge-
ren Eisenzeit stammenden Schmuckgegenständen, Geräten und Waffen (abge-
bildet bei Aspelin, Antiquit^s 1293 — 1309) und verbrannten Knochenscherben
dem Museum eingesandt. H. M. 1872: 1—23. Nach Lindholms Angabe wur-
den die Gegenstände auf dem zum Pfarrgute gehörigen Hügel Mäeksmäki.
gefunden, als man von dort Steine zum Bau einer Volksschule wegschaffte.
Wie an einigen anderen Fundorten in Finnland scheinen auch hier Gräber
aus der älteren Eisenzeit neben solchen aus einer späteren Periode gelegen
zu haben.
a) In Figur 8« ist der grössere Ring abgebildet. Es ist ein Halsring-
mit s. g. Trompetenenden oder aufgesetzten hohlen Endkolben, auf deren Boden
eine durch Vertiefung der dazwischen liegenden Felder gebildete Kreuzfigur
zu sehen ist. Diese Endkolben sind, wie die Abbildung zeigt, in der einfachen
Weise an den Reif befestigt, dass die stangenförmigen Enden des letzteren.
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durch ein Loch in der Mitte des Kolbenbodens gesteckt und darauf breit ge-
hämmert sind. Um den Reifen laufen, wie an einigen unbeschädigten Stellen
undeutlich zu sehen ist, in parallelen Windungen paarweise angeordnete
punktierte Linien.
b) Von dem anderen Reif, 8 k, ist nur ein Bruchstück erhalten. Ob er
als Hals- oder Armring benutzt worden ist, lässt sich nicht entscheiden. Der
Fig. 39. Karte der Parzelle des K. Aaltonen bei Isoialo, Dort Palokyla, N<
Fund 18 und 19.
recht schmale Reif ist auf der Innenseite flach, die Aussenseite hat einen
stark hervortretenden spiessförniigen Grat und ist an den etwas dünneren
Endstücken (nur das eine ist vorhanden) mit parallelen Querstrichen verziert.
H. M. 1972: 1 u. 3.
Auf dem rechten Ufer des Flusses Hirvijoki erhebt sich eine zum Teil
angebaute, zum Teil mit erratischen Blöcken und kleineren Steinen bedeckte
Anhöhe, Eine Parzelle derselben gehört dem Bauerngut Isotalo des Dorfes
Palokyla und ist von dem „Törper" K. Aaltonen arrendiert, dessen Haus und
Wirtsschaftsgebäude auf dem Plateau des Hügels liegen. Vergl. die Karte Fig. 39.
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J
18. Als Aaltonen im J. 1898 ca 20 m südlich vom Wohnhause am
Rande eines Ackers den Boden umgrub, fand er folgende Gegenstände,
welche durch den Kantor E. Ylenius für das Museum in Helsingfors angekauft
wurden: nämlich den dreikantigen Bügel einer Armbrustfibel,
längs des Mittelgrates läuft wahrscheinlich beiderseits, aber jetzt
nur auf der einen Seite sichtbar, eine Linie, beim Ansatz zum
Fussende Einkerbungen, Fig. 40; einen grossen zweirückigen, innen
platten Halsring aus Bronze, der durch zwei schmälere Stellen in
drei Teile geteilt wird, von welchen der mittelste der längste ist,
die runden Enden sind mit Parallelreifen verziert, die sonstigen
Ornamente des Ringes sind kaum zu erkennen, scheinen ans Halb-
p. j. kreisen und einer Zickzacklinie zu bestehen, 8 lo; das eine Endstück
BruchstQck eines einrückigen Halsringes von demselben Typus wie der vor-
einer Fibel, hercehende. dicht an den beiden Kanten eine Parallellinie, zu
Br. »/*.
Fund 18. beiden Seiten des Grates eine Zickzacklinie, längs der einen Kante
kerbartige Striche, auf der Mitte der anderen Seite in der Nähe
des Endes kleine quergestellte Kerbstriche 18,6 cm lang, 8 9; Bruchstücke
eines dünnen runden gleichbreiten Halsringes, an dem einen Ende Spuren
von Parallelstrichen ; einen durchbrochenen Kettenhalter
von gerundet dreieckiger Form, 7 1;»; eine Lanzenspitze
mit fazettierter Tülle und Widerhaken, 15,3 cm lang, 21«; ein
eisemes Messer, 13], und ein Bruchstück einer wahrscheinlich
zu ihm gehörenden abgebrochenen langen Griffangel, an welche
oben eine keilförmige Eisenscheibe befestigt ist, zwischen dem
breitgehämmerlen Ende der Griffangel und dieser Scheibe
ein kleines Bronzeplättchen, Fig. 41, der breite, gebogene
Rücken der Klinge ist zunächst dem Griff mit Einkerbungen
und Querstrichen verziert, 5,8 + 13,8 cm lang; einige Scherben
eines grob gearbeiteten Tongefässes. H. M. 3622: 1—10.
Im J. 1901 fand K. Aaltonen an derselben Stelle eine
etu-as verbogene ca 24 cm lange Lanzenspitze mit schma-
lem Blatt und langer Tülle, vom Typus 19 5. H. M. 3978: 5.
Weitere Nachgrabungen, welche Dr. Hj. Appelgren im J. 1901 an der
Fundstelle vornahm, blieben ohne Resultat. Dagegen entdeckte A. auf dem
Hügel einige niedrige, mit Erde vermengte Steinhaufen, von denen
er einen untersuchte.
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FUND 19. 43
19. Dieser kleine Grabhügel hatte einen Durchmesser von 4,80 — 4,8o ni
und war nur 20 cm hoch. In der Mitte befand sich eine Einsenkung (vergl.
Fig. 42). Unter dem Rasen trat ein ungefähr 1,» m breiter, aus dicht neben-
einander liegenden Steinen von der Grösse einer Mannsiast gebildeter Ring,
der einen steinfreien Raum umgab, zum Vorschein. Sowohl auf als auch
=03-« - Q:^
V
-gÄ^SSCJO^.i
Fig. 42. Grundriss und Durchschnitt des Grabhügels bei Isoialo, Nousis. Fund 19.
zwischen den Steinen lagen verbrannte Knochen und Kohlenstücke.
Unter den Steinen befand sich eine 10^15 cm mächtige Sand- und Kies-
schicht und unter dieser auf der Ostseite ein grosser keilförmiger Stein,
dessen nach unten gekehrte Spitze 70 cm unter der Erdoberfläche 1^.
Dieser Stein war in eine 3—5 cm dicke Kohlenschicht, in welcher aber keine
Knochen gefunden wurden, eingebettet.
Eine ähnliche Brandgrube ohne Kno-
chen wurde unter einem anderen 40
cm breiten flachen Stein östlich von
dem zuerstgenannten entdeckt, in dem ^'8- ^^- Bruchstück dnes^Habringes, Br. =/4.
Grabhügel selbst fanden sich nur einige
Tongefässscherben, aber ausserhalb desselben, am Nordrande, (bei 5 auf
der Karte) lag ein durch Feuer beschädigtes Bruchstück eines dünnen Hals-
ringes mit profiliertem Ende, Fig. 43, und nahe bei demselben (bei 6) ein
kleiner Steinmeissel und ein kleiner eiserner Ring. ') H. M. 3966: 29—37.
1 Museo 1901, S. 43 f.
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KIRCHSPIEL NYKYRKO.
In der Nähe des zum Dorfe War heia gehörenden Bauerngutes Uusi-
k a r t a n o liegt dicht an der Landstrasse ein niedriger, mit kleineren und
grösseren Steinen bedeckter Sandhügel namens Korkeapyörtäneenmäki,
in welchem beim Sandholen wiederholt Waffen und Schrauckgegenstände aus
der späteren Völkerwanderungszeit gefunden worden sind. Einige der Funde
sind später {durch Dr. A. O. Heikel) an das Helsingforser Museum gelangt.
Fig. 44. Karte des Fundplaizes auf dem Hügel Korkeapyftrtflneenmäki, Nykyrko. Fuad 20.
Sie bestehen aus einem Schildbuckel vom Typus Aspelin 1300, zwei verboge-
nen Schwertklingen, Bruchstücken von zwei Lanzenspitzen vom Typus Aspelin
1320, einigen Messern, darunter zwei grössere, einer gleicharmigen Fibel etwa
vom Typus Aspelin 1228 und einigen Glasperlen.
20. Dr. A. O. Heikel untersuchte im Sommer 1898 den von den Bauern
bereits durchwühlten Rand des Hügels und nahm von dem Fundplatz eine
Kartenskizze auf, die ich hier in Fig. 44 wiedergebe. ') Beim Durchsieben der
•) A. O. Heikel, Korkeapyörtäneenmäen löyiö Uudellakirknila Turun- ja Porinlsanissä.
Suomen Museo 1900, S. 22—26.
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FUND ao p. 21. 45
aufgegrabenen Erde wurden eine Menge Tongefässscherben und ver-
brannte Knochen sowie (bei 10) zwei kleine eiserne Ringnadeln mit
Schneckenende, 5h, und (bei 9) eine fragmentarische eingliedrige
Fibel aus der älteren Eisenzeit, I«, gefunden. Dieselbe besitzt einen gewölbten,
nach dem Kopfende zu sich verbreiternden Bügel, an dessen Mitte sich ein
dreifacher Wulst befindet, und ein gleichmassig breites, dachförmiges Fussende;
an der platten inneren Seite des Kopfendes ist, festgenietet, noch ein Stück der
bronzenen Nadel zu sehen; von dem langen Nadelhalter ist nur ein Rest nach;
Länge 4 cm. H. M. 3574: 357. — Der unversehrte Teil des Hügels wurde
von Heikel nicht untersucht.
Die Funde beweisen, dass der Hügel Gräber sowohl aus dem Anfang
unserer Zeitrechnung wie auch aus einer späteren Zeit (etwa dem 7. Jahr-
hundert) enthält. Ob die eisernen Ringnadeln und Perlen gleichzeitig sind
mit der Fibel 1 2 oder mit den jüngeren Funden, wird sich nicht leicht
entscheiden lassen.
In der näheren Umgebung des Bauernhofes Pärkkö, der dicht an der
Landstrasse von Nystad nach Letala und 3 km südlich von der Kirche von
Letala auf einer Anhöhe belegen ist, befinden sich mehrere Grabhügel und
ein Flachgräberfeld von derselben Beschaffenheit und aus derselben Zeit
wie das auf dem Volksschulenhügel in Letala (vergl. S. 49 f.). Das Flachgräber-
feld lag südöstlich vom Hofe, hinter dem Garten desselben, und ist jetzt zum
grössten Teil aufgepflügt. Hier befand sich noch im J. 1897 die eine Hälfte
eines Steinhügelgrabes, dessen andere Hälfte abgetragen worden ist.
21. Ausserdem lag hier ein niedriger mit Rasen bedeckter Grabhügel,
der im J. 1896 von Dr. Th. Schvindt untersucht wurde.
Unter der Rasenschicht fand Schvindt Steinplatten, welche
schuppenweise übereinander lagen. Die unterste Schicht
bestand aus grösseren Steinen. Zwischen denselben und
unter den Platten lagen verbrannte Knochen und fol-
gende Gegenstände: der untere Teil einer Fibel mit drei-
eckiger Fussscheibe, fazettiertem Bügel und kurzem Nadel-
halter Fig. 45; ein Bruchstück eines dünnen, runden Hals-
oder Armringes; ein Messer mit krummem Rücken, ISi;
vier Scherben eines groben, schlecht gebrannten Tong
3336: 218-221.
Fig, 45. Fuss-
scheibe einer Fibel.
Br. 3,'i. Fund 21.
efässes. H. M.
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Ungefähr 150 m südwestlich vom Hofe liegt auf einem gelinden, mit
Äckern bedeckten Abhang eine Gruppe von vier mit Erde vermengten
Steinhügeln. Zwei derselben sind ohne Zweifel Grabhügel, die beiden
anderen können dagegen bei der Anlage der Äcker aufgestapelt worden sein.
In dem Grabhügel a (Durchmesser 9,8=11,a m) sollen dicht an einem in
der Mitte stehenden grossen Stein, dem „Centralstein", verbrannte Knochen
und einige Fragmente eines eisernen Gegenstandes gefunden worden sein.
22. Der Grabhügel b wurde im J. 1897 von Herrn B. Cederhvarf und
mir geöffnet. Schon 10 Jahre früher hatte Dr. Schvindt einige
Altsachen aus diesem Grabhügel erhalten, welche ein Bauer in
seiner Gegenwart unter einigen Steinen in der Nähe des grossen
„Centralsteines" herausholte. Es waren dies: ein Bruchstück von
p.. ,, der Tülle einer Lanzenspitze; scheibenförmige Bruchstücke
BmchstQck eines eisernen Gegenstandes, vielleicht eines Schild-
eines Kam- buckels(?); die Griffangel eines Messers; ein kleiner ver-
Fund 22. bogener Nagel; Bruchstück der hohen bogenförmigen Hand-
habe eines knöchernen Kammes {Fig. 46). H. M, 2552: 1—5.
Über unsere Ausgrabungen teile ich nach meinen Aufzeichnungen folgendes
mit: Der Grabhügel, mit einem Durchmesser von 8 — 9 m und ca l.is m hoch,
Fig. 47, war vor der Untersuchung mit Rasen bedeckt, aus welchem eine Menge
kleinere und hier und da grössere Steine hervorragten. In der Mitte stand
ein grosser Rapakivi-block von l,i6 m Höhe, 1,e m Länge und 1,8 m Breite (A),
westlich von ihm ein anderer grosser, aber niedrigerer Block aus derselben
Steinart, der gänzlich zerbröckelt war (B). Bei der Untersuchung ei^ab es
sich, dass der Hügel aus grösseren und kleineren Steinen mit zwischenliegender
Erdfüllung aufgeführt war. Die grössten Steine konnten nur von zwei Mann
getragen werden. An einzelnen Stellen lagen einige Sandsteinplatten schup-
penweise übereinander, sonst schienen die Steine nicht nach einem bestimmten
Plan aufgestellt zu sein. Der Boden war auch unter den grösseren Steinen
von einer schwarzen Erdschicht bedeckt. Im südösthchen Teil des Grabhügels
lagen sowohl über den Boden zerstreut, als auch weiter oben verbrannte
Knochen, eine Menge zum Teil recht grosse Kohlenstücke, Schlacke,
Stücke gebrannten Tones und spröde, leicht zerfallende Steine, welche
im Feuer gelegen haben müssen. Der Durchmesser dieser Brandstätte betrug
2 m. Allem Anscheine nach hatte hier ein Scheiterhaufen gestanden. Auf-
fällend war die grosse Menge verbrannter Knochen, zusammen ca 2,a 1^,
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welche nicht bloss an der soeben erwähnten Stelle, sondern überall in den
mittleren Teilen des Grabhügels, zuweilen auch in der Höhe der Peripherie
angetroffen wurden. Die Beigaben lagen selten am Boden, sondern meistens
auf den mittleren Steinschichten und in der ErdfUlIung zwischen denselben.
O ( , ) W-J> QO
<^'^^r.O
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Fig. 47. Gnindriss des Grabhflgets b bei Parkkö, Nykyrko. Fund 22. Innerhalb der punktier-
ten Linien lagen verbrennte Knochen; die schrarfierle Stelle bezeichnet die Brandstatte.
Gefunden wurden folgende Altsachen, deren Lage auf der Karte Fig. 47 in
folgender Weise bezeichnet ist; bei 1 sechs Glieder einer eisernen Kette, aus
kleinen offenen Eisenringen bestehend; bei 2 (ca 45 cm unter der Oberfläche des
HQgels) eine Lanzenspitze mit Tülle, 19+, und ein Messer mit geschweif-
tem Rücken, ISn; bei 3 und 9 drei Bruchstücke von Nägeln; bei 4 eine ein-
fache eiserne Schnalle Fig. 50 und einige scheibenförmige Bruchstücke eines
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eisernen Gegenstandes; bei 5 zwei etwas gewölbte Eisenscheiben, 7 u. 8
cm lang, die eine mit einem Nagel (ob Bruchstücke einer Schildhandhabe?),
Fig. 48; bei 6 eine fragmentarische Doppelniete, Fig. 49; bei 7 ein Bruch-
stück eines Halsringes mit rundem Durchschnitt vergl. Oa, 4| bei 8 ein
Bruchstück eines beinernen Kammes; bei 10 die Spitze eines Messers mit
geschweiftem Rücken; bei 11 zwei Röhrchen aus spiralförmig gewundenem
Fig. 48. Bmchstflck eines Schildgriffes (?|.
E. Vi. Fund 22.
Fig. 49. Bruchstück eines
Beschlages. E.Ve. Fund22.
Eig. SO. Sdinalle.
E. i/i. Fund 22.
Bronzedraht, 83; bei 12 ein Haarzängchen, an einem Bronzering, um
dessen Peripherie eine Rille läuft, hängend, 11 15, und ein Stück von einem
beinernen Kamm mit einer Bronzeniete, Fig. 51; bei 13 ein fragmentarisches
Messer mit geradem Rücken, ISö; bei 14 ein kleiner offener, fonfrückiger
Eisenring, Fig. 52; bei 15 ein fragmentarisches Messer mit geschweiftem
Rücken; bei 16 eine Schnalle, deren Riemenbeschlag (Halter) mit dem
Bügel ein Stück bildet und einen tierkopfförmigen
Abschluss hat, 620; bei 17 ein Bruchstück von einer
eisernen Doppelniete (?); bei 18 ein Krumm-
messer mit Schwanenhals, ISg; bei 19 eine eiserne
Armbrustfibel, an deren Sehne eine kleine, 6,a
cm lange, mit Querfurchen verzierte Eisenstange
mittelst einer aus zwei Gliedern bestehenden eiser-
nen Kette befestigt ist — da die kleine Stange auch am anderen
Ende ein Öhr hat, ist sie wohl als Glied einer Kette aufzufassen, 2a; beim
Durchsieben der Erde aus dem Grabhügel fanden sich noch zwei Griffangeln
von Messern, ein Nagel und ein Bruchstück eines eisernen Ringes derselben
Art wie Fig. 52, aber kleiner und glatt; ausserdem kamen einige Tierknochen
zum Vorschein,
H. M. 3440; 225-264.
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KmCHSPIEL LETALA
Ungefähr Va km westlich von der Kirche von Letala erhebt sich der s. g
Volksschulenhügel, ein mit Steingeröll bedeckter, niedriger Sandhügel,
der seinen Namen von einer Volksschule hat, welche auf dem nordösdichen
Abhang liegt. Auf der höchsten Stelle dieses Hügels befand sich noch i. J.
1897 eine Windmühle und auf dem südlichen Abhang steht ein Gebäude, das
vor einigen Jahren als Temperänzlerwirtshaus benutzt wurde. Um die Wind-
mühle herum und zwischen ihr und dem Schulhause liegt eine Anzahl
niedriger runder aus Erde und Steinen bestehender Grabhügel, von denen
Fig. 53. Der VolksschulenhQgel in Leiala.
einer 1886 von Dr. Hj. Appelgren, zwei andere 1887 von Dr. Th. Schvindt
imtersucht wurden. (Siehe Fig. 53 und Karte Fig. 54).
23. Der von Appelgren aufgedeckte Grabhügel {a auf der Karte) war
Ca 60 cm hoch und hatte einen Durchmesser von ca 7,70 m. In der Mitte be-
fand sich eine Einsenkung. Bei der Untersuchung zeigte es sich, dass der
Grabhügel aus Schutt und zwei Schichten etwa kopfgrosser Steine aufge-
worfen war. An zwei Stellen unmittelbar unter dem Rasen lagen verbrannte
Knochen; in ungleicher Tiefe, doch über dem gewachsenen Boden, wurden
folgende Beigaben gefunden: eine fragmentarische zweigliedrige Fibel mit
Haken, oberer Sehne, Kopfkamm und hohem Nadelhalter, I3; ein eisernes
Messer mit breitem, ein wenig gekrümmtem Rücken, 124; drei Glieder einer
feinen Bronzekette, bestehend aus offenen Ringen mit dreieckigem Durch-
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50
FUND BS u. 24.
schnitt, einige Scherben eines Tongefässes, Kohle, einige kleine Harz-
stücke. H. M. 2496: 1—4. Die Harzstückchen lagen 7 cm unter dem Rasen
am Boden der Einsenkung. Einige Steine waren geschwärzt, schienen demnach
im Feuer gelegen zu haben.
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>ViV^.-
Fig. 54. Karte des VolksschulenhQgels in Leiala, Fund 23-25.
24. Der von Dr. Schvindt untersuchte Grabhügel, auf der Karte mit b
bezeichnet, hatte einen Durchmesser von 4,6 m und bestand aus Erde und
einer oder zwei Schichten Steine. Mitten im Hügel und auf der Höhe der
unteren Steinschicht befand sich eine 50x 33 x 4 cm grosse Sandstein-
platte. Auf derselben lagen, bedeckt von einer etwas kleineren Sand-
steinplatte, eine Menge verbrannte Knochen und folgende Gegen-
stände: ein offener Fingerring aus grobem, kantigem Bronzedraht, vergl.
11 12; das eine Endstück eines dünnen, runden Halsringes vom Typus
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9s, 4: ein Stück verbc^enen kantigen Bronzedrahtes; eine Fibel mit
knieförmigem Bügel, welcher durch eine Sprosse von dem gleichbreilen
Fussende geschieden wird, und einem breiten, dreieckigen Kopfende ohne
Spirale und Sehne, die eiserne Nadel ist durch ein Loch im Kopfende ein-
gehängt, 48; ein Messer mit breitem, schwach gebogenem Rücken, langer
Griffangel und scheibenförmigem Knauf, 18». Etwas oberhalb der Steinschei-
faen lag eine schmale Pinzette mit Bronzering und Riemenbeschlag, Hu;
ausserdem Kohle. H. M. 2548: 1—5.
Auf dem mit Geröllsteinen bedeckten östlichen Abhang des Hügels
wurden von Appelgren und Schvindt umfassende Ausgrabungen vorgenom-
men, welche eine Menge Gegenstände — Waffen, Geräte und Schmuck — aus
der jüngeren Eisenzeit (etwa vom 7. bis 10. Jahrhundert) zu Tage förderten.
Diese Funde lagen, zum grössten Teil durch Feuer arg beschädigt oder —
besonders die Waffen — absichtlich verbogen und zerbrochen, ohne Ordnung
in geringer Tiefe unter dem Rasen in einer mit Steinen, Russ, Kohle und einer
Masse verbrannter russiger Knochen vermengten Erde zerstreut.
25. Mitten unter diesen jüngeren Funden lagen aber noch zwei fragmen-
tarische, vom Feuer beschädigte bronzene Endbeschläge (?) von Leder-
riemen, welche ihrer Form nach der Zeit vor 500 n. Chr. zugerechnet werden
müssen, 7io. H. M. 2548: 26 und 142. Also auch hier ein Gräberfeld aus
der jüngeren Eisenzeit dicht neben Gräbern aus einer älteren Periode. ')
Am Fusse des Abhangs ist eine Reihe länglicher Gruben von 2 — 3 m
Länge und etwa 0,ao m Tiefe bemerklich — vielleicht Skelettgräber aus
einer späteren Zeit Die Untersuchung zweier solcher Gruben lieferte
jedoch ausser einigen Kohlenstückchen und kleinen verbrannten Knochen
keine Funde.
C. SATAKUNTA.
KntCHSPlEL LAPPI.
bi unmittelbarer Nähe des Bauernhofes Wahala, Dorf Lappi, liegt auf
dem Abhang eines Hügels, der nach dem Flusse Lapinjoki langsam abfällt,
eine Gruppe von vier Steinhügelgräbern, welche alle im Sommer 1891 von
1) A. Hackman, Om likbranning i bälar under den yngre jämäldern i Finland. Finsbi
Museum 1897, S. 82 f.
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52 FUND 2« a. 27.
Magister W. Högman untersucht worden sind. Das östlichste von ihnen
enthielt verbrannte Knochen und einen Bronzedolch, ') in zwei anderen wurden
keinerlei Funde gemacht.
26. Der hier in Betracht kommende vierte Steinhügel lag einige Schritte
westhch von dem zuerst genannten und hatte einen Durchmesser von 9,5 — 10 m
und eine Höhe von 1 m. Die unterste Schicht desselben bestand aus grossen
Steinen, welche nur von zwei oder drei Mann getragen werden konnten. Die
darüber liegenden Steine waren kleiner. Auf den Steinen des Tumulus lagen in
verschiedener Höhe folgende Gegenstände : ein arg verrostetes Bruchstück von
derXülIe einer Lanzenspitze; ein knieförmig verbogener, verroste-
ter Gegenstand aus Eisen, vielleicht der Hals einer Lanzenspitze (?);
eine 12,e cm lange und 2,a cm breite eiserne Scheibe mit einem Loch an
jedem Ende, womöglich eine Schildfessel (?) ; ein Bruchstück eines Messers;
eine Pfeilspitze mit Angel, vergl. 30i; eine wirteiförmige Emailperle,
welche im Feuer gelegen hat, grösster Durchmesser 3 cm; ein dicker vier-
kantiger Nage!, vergl. Fig. 61. Alle diese Gegenstände wurden südlich und
südwestlich von der Mitte, nahe dem Rande des Grabhügels gefunden. Hier
lagen auch, über ein Gebiet von 2 m Länge und 1 m Breite zerstreut, ver-
brannte Knochen. Einige unverbrannte Knochen lagen in der Nähe. H.
M. 2800; 8-14.
KIRCHSPIEL EUBA.
27. Auf dem Kukonmäki, einer kleinen mit Gras bewachsenen Boden-
erhebung, welche von den Äckern des Bauerngutes Iso-Wahe umgeben
ist, liegt ein niedriger Grabhügel, der im J. 1879 von J. R. Aspelin
geöffnet wurde.
Der Tumulus mass 7 m im Durchschnitt und war ca 60 cm hoch. Um seine
Peripherie lief ein Kreis von ca 25 cm hohen Steinen. Obgleich er mit Rasen
bewachsen war, stellte es sich bei der Untersuchung heraus, dass er zum
grössten Teil aus Steinen bestand. In der Mitte lag ein grosser, aber niedriger
„erdfester" Sieinblock (der „Centralstein"). Auch einige der anderen Steine
der untersten Schichten waren von beträchtlicher Grösse, so dass ihre Weg-
schaffung die Kräfte mehrerer Männer erforderte. Die Zwischenräume zwischen
1) A. Hackman, Die Bronzezeit Finnlands, S. 383, resp. 109.
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FUND 87 IL 3S. 53
den Steinen waren mit Erde ausgefüllt. Westlich und nördlich vom Central-
stein fanden sich eine ziemliche Menge verbrannte Knochen, und zwei
Lanzenspitzen mit lanzettförmigem Blatt und langer, runder Tülle, 192 und
Aspelin 1231, 28,5 cm, respektive 29,7 cm lang, das Blatt der einen Lanze war
nach der einen Seite gebogen. Im nördlichen Teil des Hügels imd dicht an
dessen Peripherie lag ein perlenförmiges, verbogenes Stück Bronzeblech,
Aspelin 1233. Hier und da wurden einige Stücke Schlacke, einige kleine
Fragmente eines Tongefässes und unverbrannte Knochen eines Pferdes (?),
eines kleinen Vierfüsslers und eines kleinen Vereis gefunden.. KohlenstQcbe
fanden sich nur in geringer Menge vor. H, M. 2001: d.
28. Auf dem Hofe des zum Bauemgute Wainiopekka gehörenden, von
F. F. Linden gepachteten Torpes (Arrendegutes) wurden beim Graben einer
Grube zwei Lanzenspitzen mit Tüllen gefunden, von denen die eine mit
Widerhaken ausgestattet ist und dem Typus 21 s angehört, die andere am
nächsten der Figur 70 entspricht. Beide Lanzenspitzen gelangten im J. 1894
an das Museum in Bjömeborg.
KIRCHSPIEL KUHO.
Unter den zahlreichen eisenzeitlichen Gräberfeldern, welche im Kirchspiel
Kümo längs den Ufern des Kuinoflusses entdeckt worden sind, scheint das auf
dem Hügel Köönikänmäki am ältesten zu sein. ') Der Köönikänmäki erhebt
sich auf dem linken Flussufer im Gebiet des Dorfes Paistila. Auf seinem
Plateau liegen die Gebäude des Bauerngutes Kylä-Köönikkä und in nächster
Nähe derselben nach dem Flusse zu, gegen welchen der Hügel ziemlich steil
abfallt, sieht man ein von Ackern und Wiesen umgebenes kleines Stück steinigen
Weidelandes, auf welchem Wachhol derbüsche und einzelne grössere Tannen
wachsen. Diese kleine nicht angebaute Parzelle misst etwa 110 m an Länge,
während ihre grösste Breite ca 80 m beträgt. Sie ist nicht eben, sondern steigt
von Westen nach Osten etwa 4,bo m, von Süden nach Norden ungefähr 9 m
an. Über dieses Weideland liegt eine Anzahl (nach H. J. Heikels Angabe 22)
ganz niedriger, mit Rasen bewachsener Erdhügel zerstreut, welche von einem
») H. J. Heikel, Köönikänmäen polllokalmisto KokemäelU; Suomen Museo 1901, S. 33
f. u. 49 f.
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54 TUVD m,
nicht immer deutlichen Steinring umgeben sind. Hier und da ragt auch inner-
halb der Peripherie eines Hügels ein grösserer Stein aus dem Rasen hervor.
Die Lage der Tumuli sowie ihre Form und Grösse sind auf der Karte Fig. 55
ersichtlich. Wahrscheinlich sind im Laufe der Zeit mehrere andere Gräber
bei der Urbarmachung des Bodens zerstört worden. Zu verschiedenen Zeiten
Fig. 55, Karte des Grabfeldes auf dem Hügel Köönikanmäki, Kümo. Fund 29—34.
sind sechs dieser Grabstätten aufgedeckt worden. Obgleich sie nicht alle mit
Sicherheit der Periode vor 500 n. Chr. zugerechnet werden können — der Inhalt
von Grab VII gehört wenigstens zum Teil erst dem 6. Jahrhundert an, so
sollen hier der Vollständigkeit halber auch die ein wenig jüngeren und die
chronologisch zweifelhaften Funde beschrieben werden.
29. Das soeben erwähnte Grab VII wurde im J. 1885 von Prof. J. R.
Aspelin geöffnet. Der Durchmesser desselben betiTJg ungefähr 8 m. Unter
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■dem Rasen lag nur eine Schicht zum Teil recht grosser Steine. Zwischen
denselben fanden sich hier und da verbrannte Knochen und folgende
Beigaben: der untere Teil (Befestigungsrand und cylindrisches Zwischenstück)
eines Schildbuckels, mutmasslich ähnlich 22»; ein Hohlcelt mit runder
Öffnung; die Spitze eines zweischneidigen Schwertes; zwei Bruchstücke
einer Lanzenspitze mit einer langen, schmalen, vierkantigen Klinge mit klei-
nen Widerhaken, vergl. Aspelin 1318, 1566; eine Pfeilspitze mit Angel,
21«; Bruchstücke von zehn oder elf Messerklingen, von welchen ^-=™.:^
eine mit parallelen Strichen und Würfelaugen verziert ist, 12 lo, pS3
von den Messern haben vier einen geraden Rücken, die andern einen iJ*'-^
mehr oder weniger krummen, das grösste Fragment ist 16,5 cm Fig. 56.
lang; ein Bruchstück eines cylinderförmigen, mit Parallelstrichen " '
verzierten, bronzenen Griffbeschlages eines Messers, Fig. 56; eine eines
eiserne Ringnadel mit „Schneckenende", vergl, 5s,io; eine an- Messers,
dere Eisennadel, 5»; die eiserne Nadel einer Fibel mit Spiral- Fund 29
rolle, der Nadelhalter ist unten an die Nadel angerostet, Fig. 57;
zwei ovale eiserne Schnallen, deren Enden übereinander liegen,
die eine 69; 43 eiserne Nägel von verschiedener Länge, die meisten
mit länglichem, schmalem Kopf wie 13 13; ein Bruchstück eines
platten, durchbrochenen eisernen Beschlages, 7»; einige kleine
unbestimmbare eiserne Bruchstücke; ein gehämmertes vierkantiges
Stück Eisen; ein offener Halsring vom Typus 98,*; zwei offene,
nach den breiteren Enden zu konkave Armringe, verziert mit Nadel ei-
Würfelaugen und paarweise gezogenen, einander schneidenden Linien, "" '^*^'
zunächst den Enden mit parallelen Linien und zwei Hohlkehlen, pu„j 29
— die Armringe sind beim Gebrauch in der Mitte abgebrochen
und die Bruchenden darauf mittelst eiserner Stifte aufeinander genietet wor-
den, der eine 10»; die Hälfte eines offenen, gleichbreiten, vierrückigen Arm-
ringes, zwischen den Rücken Zickzacklinien, das Ende verziert mit Würfel-
augen und Kerbstrichen, 11 1; ein breiter offener Fingerring mit übereinan-
der liegenden Enden, durch vier längslaufende Linien in fünf Zonen eingeteilt,
Durchmesser 2,* — 2,? cm, 11 11; ein breiter, offener, dreizoniger Fingerring,
D. 2 cm; ein Spiralfingerring mit dreirückigeni Reif, die Enden mit
schräglaufenden Strichen verziert, D. 2,i cm, 11»; ein Spiralfingerring
aus dünnem Bronzedraht, D. ca 1,» cm, lls; Teile eines ähnlichen Finger-
ringes; Teil einer vom Feuer beschädigten Bronzekette, deren Glieder aus
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Spiralringen bestehen, 7 is; bronzene Doppelniete, 7i; platte Bruchstücke
von unbestimmbaren bronzenen Gegenständen (Beschlägen?); vier Perlen,
nämlich: eine formlos geschmolzene Glasmosaikperle, eine kleine cylindrische,
opake Glasperle, blau mit weissen Augen, eine durchscheinende blaue,
zackige Glasperle, eine wirteiförmige Bernsteinperle; Tongefäss-
scherben. H. M. 2388: 1--38.
30. Grab III wurde 1897 von Student B. Cederhvarf und mir untersucht.
Es hatte einen Durchmesser von 8 — 10 m und war ungefähr 0,eo m hoch.
Die südwestliche Peripherie war mit mittelgrossen Steinen (von der Grösse
einer Mannslast) belegt und auch am Südwestrande bildeten die äussersten
Steine einen Bogen. Dagegen waren die Grenzen des Grabhügels gegen Nord
Fig. 58. Teil einer Trense. E. '/s. Fig. 59. Eisernes Kettenglied mit Bronze-
Fund 30. draht umsponnen Vi. Fund 30.
und Nordost nicht eben so deutlich markiert. Auf der Ostseite befand sich
eine tiefe Grube von ca 1 m Durchmesser, aus welcher Erde nach der Mitte
zu geschaufelt worden war. Unter der Rasenschicht lagen grössere Steine in
einer stark mit Kies vermengten Lehmschicht eingebettet. Ziemlich in der Mitte
des Grabhügels trat über eine Fläche von 2 — 3 m Länge und 2 m Breite tief-
schwarzer Humus mit Kohlenstücken und kleineren Steinen, welche im Feuer
gelegen zu haben schienen, zu Tage. Die Bodenschicht des Grabes bestand
aus grobkörnigem Sand. Hier und da lagen über den Boden zerstreut oder
etwas höher, teils vereinzelt, teils in kleinen Häufchen verbrannte Knochen-
scherben (ca 530 gr) sowie folgende Gegenstände: eine verbogene Lanzen-
spitze mit langer, abgerundet vierkantiger Tülle, einer kräftigen Klinge mit
rhombischem Durchmesser und langen dreikantigen Widerhaken, 21 7; drei
Pfeilspitzen mit flachem Blatt und Angel, vergl. 20 1, 2; eine bolzen-
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förmige Pfeilspitze, 21«; ein Trensenring mit einem Glied des Mund-
stückes, Fig. 58; ein Bruchstück eines mit Bronzedraht umsponnenen eisernen
Kettengliedes, dessen beide Enden eine Ose bilden, Fig. 59; ein Bruch-
stück eines Messers mit krummem Rücken, Fig. 60; ein Nietnagel; zwölf
Nägel, davon drei wie I3i3, drei wie ISig, die übrigen modernen Nägeln
gleichend; ein hakenähnlicher eiserner Gegenstand (modern?), Fig. 61;
eine hufeisenförmig gebogene eiserne Stange; zwei Bruchstücke von
Nägeln (?); ein offener Armring mit ovalem Durchschnitt, keine Ornamente,
lOi; eine bronzene Armbrustfibel mit Nadelscheide, Sa; der hutförmige
bronzene Knauf eines Dolches oder Messers, las; ein halbmondförmiges
Anhängsel, 7 16; die zwei Half-
Fig. 60. Bruchatack eines Messers. E. »'*. Fund 30.
ten einer kleinen gelben Glas-
perle; ein dicker Wetzstein
mit gerundeten Enden, IJ»;
ein grösseres Bruchstück einer
Steinaxt mit stark geschwungener Schneide, Fig. 62; ein kleiner Meissel aus
Schiefer, Fig. 63; ein dreieckiges Quarzitstück. H. M. 3441: 1 — 36.
Im J. 1901 öffnete Dr. Th. Schvindt die Grabhügel VIU, IX, XU und XXI.
Grab VIII und IX lagen unmittelbar neben einander, so dass Schvindt
vermutet, sie hätten ursprünglich zusammen ein grösseres Grab gebildet.
Fig. 61. Haken(?). E. Vj,
Fund 30.
;, 62. Bruchstücl; einer Stein-
axt. V7. Fund 30,
Fig. 63. Meissel au:
Schiefer. 3/t. Fund 3
Die Steine, welche in nur einer Schicht am Boden der beiden Gräber lagen,
waren besonders gross. Schvindt fand ausser verbrannten Knochen (ca
200 gr im Grab VIII und ca 130 gr im Grab IX) folgende Gegenstände:
Digilized hy
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58 FUND Bl-M.
31. Im Grab VIII, dessen Länge etwa 3,t m und Breite 2 m betrugj
eine grosse Armbrustfibel mit umgeschlagenem Fuss, reicher Ring^ar-
nitur und eiserner Nadel, Sg; eine Lanzenspitze mit schmalem Blatt und
gerundet vierkantiger! Tülle, 20,8 cm lang, 2O7; ein Nagel vom Typus
13i8; einige kleine Scherben eines grob gearbeiteten Tongefässes. H. M.
3988: 22—26.
32. Im Grab IX (Länge 7 m, Breite 4,s m): ein Messer mit krummem
Rücken und langer Angel, an welcher noch die untere eiserne Schlussplatte
und ein Teil des hülsenförmigen eisernen Beschl^es vom Griffe sich erhalten
haben, 13«; ein Bruchstück eines w-förmig gebogenen eisernen Ketten-
halters mit drei aus offenen Ringen bestehenden Gliedern einer eisernen
Kette, 7u; eine Armbrustfibel mit umgeschlagenem Fuss, am Kopfende
ein langer mit Spiraldraht umwundener Stiel mit Knopf, 1»; zwei Bruch-
stücke eines Spiralfingerringes; ein Bruchstück eines dünnen, runden
Hals- oder Armringes vom Typus 83; ein im Feuer stark beschädigtes
Bruchstück eines schmalen Armringes mit segmentförmigem Durchschnitt
vom Typus IO2; ein würfelförmig behauener Stein (Granit), Durch-
messer ca 5,a — 5,7 cm, 14 8; vier Scherben eines grob gearbeiteten Tonge-
fässes. H. M. 3988; 13—21.
33. Grab XII bestand beinahe nur aus grösseren und kleineren Steinen
mit spärlicher Erdfüllung. Die Randsteine waren im Verhältnis zu dem geringen
Umfang des Grabes (6 m Länge, 3,2 m Breite) recht gross. Verbrannte
Knochen wurden nur in geringer Menge gefunden (ca 30 gr.),
ausserdem folgende Beigaben: die arg beschädigte Klinge eines
Messers mit krummem Rücken; eine fragmentarische eiserne
Armbrustfibel mit ösenförmig gebogenem Kopfende, Fig. 64;
ein Bruchstück eines Schleifsteines; ein Stück Schlacke.
H. M. 3988: 8-12.
34. Grab XXI erhob sich nur wenig über den
Fig. 64. Bruch- Erdboden und hatte eine eckig ovale Form, (7 m Länge, 5,6 m
stück einer Fibel. Breite). Unter dem Rasen lagen zwischen den grossen Rand-
E. */B. Fund 33. . . ., ^ . ,
Sternen eme Menge bteine, von denen die grösseren, wie es
Schvindt vorkam, in vier von Ost nach West laufenden Reihen geordnet
waren. Zwischen den Steinen wurde, beinahe über die ganze Fläche zerstreut,
eine grosse Menge (6,665 kg) verbrannte Knochen, zum Teil in recht
grossen Stücken, gefunden. Unter den Knochen lagen: drei stark verrostete
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fragmentarische Lanzenspitzen, nämlich ein 32,7 cm langer Teil einer
Lanzenspitze mit Tülle und langer, stangenf finniger, vierkantiger
Klinge, Fig. 65, eine Lanzenspitze mit gerundet vierkantiger Tülle
und kurzem, schmalem Blatt mit vierkantigem Durchsnitt, 22,7 cm
lang, vom Typus 18*, Tülle und Hals einer Lanzenspitze, 16,s cm
lang; eine kleine Pfeilspitze mit Angel vom Typus 20*, jetzige
Länge 5,8 cm; eine bolzenförmige Pfeilspitze, 7,acmlang, 21*;
Bruchstücke von fünf Messern, davon zwei mit geradem, eins mit
gebogenem Rücken, von den letzten zwei nur die Angel übrig;
zwei schmale eiserne Bruchstücke; ein Spiralfingerring
aus Bronzedraht, dessen Enden mit Einkerbungen verziert sind,
vom Typus 11 «. H. M. 3988: 1—7.
In demselben Jahre (1901) deckte Magister H. J. Heikel den
am weitesten nordöstlich gelegenen Grabhügel XXII auf.
35. Grab XXII, mit einem Duchmesser von 8 — 9,i m, lag
auf einer kleinen Bodenerhebung etwa 80 — 90 cm über dem süd-
westlich daran stossenden Acker. In seiner Mitte stand ein grosser
„Centralstein" . Um diesen herum l^en ohne sichdiche Ordnung
grössere und kleinere Steine, zum Teil in zwei Schichten Über-
einander. Wie die Karte Fig. 66 zeigt, hatten einzelne Steine
ansehnliche Dimensionen. Ein besonderer Umfassungsring von
Steinen war nicht zu erkennen. Dass der Grabhügel über den
Restefi des Scheiterhaufens errichtet worden war, ging aus der
Menge von Kohlenstücken, verbrannten Steinen und Schlacke
hervor. Verbrannte Knochen wurden in verhältnismässig ge-
ringer Menge (115 gr) und eigentlich nur an zwei Stellen gefunden.
Einzelne Scherben lagen auch an anderen Stellen des Grabes. Zu den
Beigaben gehörten: drei Pfeilspitzen mit Angel vom Typus äOs;
ein Messer mit abgebrochener Angel und geradem Rücken; eine
schmale, schraubenartig gewundene Eisenstange, 5,5 cm lang;
eine eiserne Schnalle mit gerundet viereckigem Bügel, 6 is;
das Fussende einer bronzenen Fibel m. u. F, verziert mit jetzt nur
schwer erkennbaren paarweise gezogenen Querstreifen und Diago-
nallinien, \ V, ein kleines Bruchstück von einem beinernen Kamm (?),
auf welchem ein Würfelauge und parallele Striche sichtbar sind; eine
Anzahl Scherben von zwei oder drei Tongetässen von verschiedener Dicke,
Fig. 65.
BruchsiQck
einer Lan-
zenspitz c.
E. *!%.
Fund 34.
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\e
Fig. 66. Grundriss und Durchschnitt des Grabhügels XXII aul dem HOgel
K&önikanmäki, Kümo. Fund 35,
aber alle drei aus grobem Ton gebrannt und ohne Töpferscheibe gearbeitet, von
Verzierungen ist keine Spur zu sehen; ein kleiner Meissei
aus Tonschiefer, Fig. 67 ; ein zweiter
Meissei aus Tonschiefer mit abge-
brochener Schneide, Fig. 68; eine be-
p- g7 schädigte Axt aus schieferartigem
Meissei aus Gneiss, Fig. 69; zwei Bruchstücke von
Tonschiefer. Steingeräten; drei Pferdezähne,
^U. Fund 35, =" '
H. M, 3993: 1—15.
36. In einem Hügel in der Nähe
des Bauernhofes Wuolle auf dem
rechten Ufer des Kumoflusses wurde
im J. 1885 beim Graben der unten
beschriebene Fund gemacht und durch
den Gouverneur dem Museum zu Hel-
singfors zugeschickt. Die eingesandten Gegenstände sollen nebst Asche und
verbrannten Knochen ungefähr 25 cm tief gelegen haben. Zu diesem Grabfund
Fig. 68.
Meissei aus
Tonschiefer.
ä/4, Fund 35.
Fig. 69, Axt aus Gneiss.
Fund 35,
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gehören: ein Schildbuckel mit steil aufsteigendem Befestigungsrand, niedri-
gem cyündrischem Zwischenstück und gewölbtem Oberteil mit kurzer Spitze,
am Rande drei Paar Nagellöcher, 22«; ein zweischneidiges, in der Mitte zu-
sammengebogenes Schwert mit breiter Hohlkehle, 88,5 cm lang, davon 11 cm
auf die Griffzunge, I62; drei Lanzenspitzen mit runder Tülle und einem im
Durchschnitt rhombischen Blatt mit geraden Schneiden, a 37,e cm lang, 305»
b 29,« cm lang vom Typus der ersteren und c 23,6 cm lang, Fig. 70;
eine Lanzenspitze mit runder Tülle und einem geradlinigen Blatt
mit Widerhaken, 29,7 cm lang, 21s; eine Ösennadel, ß«; ein
unverzierter offener Halsring, 83; Teil eines ähnlichen aber dicke-
ren Bronzeringes. H. M. 2377: 1—8.
37. Käräjämäki ist der Name einer Anhöhe in der Nähe des
, Dorfes Wuolle am rechten Ufer des Kumoflusses ungefähr 300 m
westlich vom Pfarrhof. Auf derselben befindet sich eine kreisför-
mige Steinsetzung, über welcher am Ende der 1830-er Jahre ein
Wohnhaus errichtet worden war. Der Erbauer desselben, ein früherer
Unteroffizier Danör, will hierbei ein Messer gefunden haben, welches
er aber nicht mehr vorzeigen konnte. Ausserdem wurden nach dem
Konstapel Varenius damals auf der Baustätte zwei verbogene Lanzen-
spitzen zu Tage gefördert, von denen die eine eine lange, schmale,
bajonettartige, vierschneidige Klinge und eine vierkantige Tülle besitzt,
Gesammtlänge ca 32,4 cm, 19 1, während die andere ein schmales,
im Durchschnitt rhombisches Blatt und eine runde Tülle hat, Ge-
' Flg. 70.
sammtlänge 21 cm, 195. Kat. 3988: 44, 46. Lanzen-
hn 1. 1901 liess Dr. Th. Schvindt auf dem Hof des Dan^r, spitze.
E '/j
also neben der Sfeinsetzung, graben, wobei er in der bereits durch- ^^^^ ^
wühlten und zum Teil aufgefüllten Erde neben einem grösseren Stein
folgende Gegenstände fand: die verbogene Klinge eines zweischneidigen
Schwertes mit undeutlicher Blutrinne, loa; eine verbogene und in zwei
Stücke gebrochene Lanzenspitze mit defekter runder Tülle, langem, run-
dem (?) Halse und einer schmalen Klinge mit geraden Schneiden und Wider-
haken, die ursprüngliche Länge ca 44 cm, 21 10. An einer anderen Stelle
wurde ein Nietnagel, das Bruchstück eines Nagels und ein Stück Feuer-
stein gefunden. Verbrannte Knochen wurden nirgends angetroffen. H. M.
3988: 43, 45, 47, 48.
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62 FUND S8.
38. Auf der Landzunge Forsbyn-niemi am rechten Ufer des Kümo
flusses ungefähr 3 km NW von' der Kirche von Kümo liegt ca 100 m vom
Ufer auf einer kleinen Anhöhe ein aus Erde und Steinen bestehender,
kleiner, niedriger Grabhügel, welcher im Sommer 1901 von Dr. Th. Schvindt
und Mag, H. J. Heikel untersucht wurde. Aus dem knappen
Fundbericht geht hervor, dass der Grabhügel seiner äussern
Form und seinem innem Aufbau nach den Gräbern auf
dem Köönikänmäki glich und folgende Gegenstände gefun-
den wurden: eine Lanzenspitze mit runder Ttllle und
blattförmiger Klinge mit schwachem Mittelgrat und vertieften
Feldern an beiden Seiten desselben, 19,a cm lang, Fig. 71;
ein grösseres Messer mit geradem Rücken; ein kleineres
Messer mit geschweiftem Rücken; die Angel eines dritten
Messers; eine kleine ovale eiserne Schnalle, 610; Bruch-
stücke einer eisernen Nadel (?); Bruchstück eines gleich-
breiten bronzenen Armbandes, an dem einen erhaltenen
Ende verziert mit drei eingeschlagenen Kreisen, IO5; einige
Bruchstücke eines Gegenstandes aus Ton (Tongefässes?),
auf der einen Seite sind unregelmässige, einander kreuzende
Furchen sichtbar, welche wohl als ein primitives Ornament
aufgefasst werden können; einige Quarzstückchen; ver-
brannte Knochen. H. M. 3988: 27—34.
KIRCHSPIEL TYRVIS.
Am Liekovesi, der letzten grösseren seeartigen Er-
Lanzen- Weiterung des Kumoflusses liegen innerhalb des Kirchspiels
Tyrvis zwei eisenzeitliche Brandgräberfelder in einer Entfer-
nung von 2,5 km voneinander. Das eine derselben liegt
am Westufer des Liekovesi in dem Dorfe Kaukola gerade da, wo die Ge-
wässer des Sees sich durch die Stromschnelle von Kaukola in den Kumofluss
ergiessen, das andere am Ostufer auf dem Areal des Dorfes Roismala. ')
Das Grabfeld von Kaukola breitet sich über das steinige, bald steiler, bald
sanfter abfallende Ufergelände aus, welches zum Teil urbar gemacht, zum Teil
') J. Kinne, Pari rautakautista polttokalmistoa Tyrvään pitäjässä, Suoraen Museo — Finskt
Museum 1903, S. 77 f.
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wegen der Menge der auf dem Erdboden herumliegenden Steine unangebaut
gelassen worden ist. Da die Gehöfte des Dorfes mitten auf dem Grabfeld
errichtet worden sind, so ist mancher Grabhügel im Laufe der Zeit zerstört
worden. Noch sind aber einige Dutzend Tumuli erhalten. Dieselben sind ent-
weder mit einem Rasenmantel, aus welchem hier und da ein Stein hervorragt,
bedeckt oder rings um einen grösseren Centralstein aufgeschüttet. Ihr Durch-
messer wechselt zwischen 3 und 15 m, ihre Höhe zwischen einigen cm und 1,ö m.
Im Sommer 1903 untersuchte Mag. J. Rinne drei vorher mehr oder we-
niger beschädigte Grabhügel, von denen zwei an einer Järvihaka benannten und
Fig. 72. Der zweite GrabhOgel bei AJa-Knaappi, Dorf Kaukola, Tyrvis, von N gesehen. Fund 40.
als Weideland benutzten Stelle auf dem Areal des Bauerngutes Ala-Knaappi
lagen, während der dritte sich neben der Darre des Bauerngutes W ä n n i ä befand.
39, Der eine von den beiden zuerst genannten hatte einen Durchmesser
von 8 m, eine Höhe von ca 0,8 m. Er schien über den Resten des Scheiter-
haufens aufgeworfen zu sein und enthielt in der Mitte einige grössere, bis 2 m
lange „erdfeste" Steine, welche aber von der Rasenhülie des Tumulus bedeckt
waren. Die übrigen Steine waren kleiner, höchstens 30— 40 cm'' gross. Zwischen
ihnen lagen die Überreste des Leichenbrandes, Asche, Schlacke, Kohlen-
stücke, verbrannte Knochen und Tongefässcherben vom Boden bis
zur obersten unter dem Rasen befindlichen Schicht zerstreut. — Vor der Unter-
suchung des Hügels waren drei Lanzenspitzen gefunden worden, von denen
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zwei nach Bjömeboi^, eine an das Museum zu Heisingfors (Kat. 4132) gelangt
waren. Die letztere gehört zum Typus 192 und misst 28,8 cm. Von den beiden
anderen gehört die eine mit Widerhaken ausgestattete zum Typus Aspelin
1319, die andere zum Typus 193,ö- Jetzt fand Rinne den unteren Teil einer
Pfeilspitze (?) mit Angel und einige Eisenstückchen, ausserdem unverbrannte
Knochen von Schwein, Hund und Feldmaus, den Unterkiefer eines
Hechtes sowie Zähne von Schwein und Kuh.
40. Der zweite Grabhügel auf dem Järvihaka hatte eine längliche Form und
mass ca 9,6 cm von SW nach NO und ca 6 m von NW nach SO. Bei der Unter-
suchung desselben traf Rinne in der Mitte auf einen aus grösseren Steinen (60 — 80
Fig. 73. Der zweite Grabhügel bei Ala-Knaappi, Dorf Kaukola, Tyrvis, von S gesehen. Fund 40.
cm^) bestehenden Kern, der von einem unregelmässigen ovalen Ring anderer
Steine (ca 50—70 cm^ umgeben war. Die Zwischenräume zwischen diesen grös-
seren Steinen waren mit Erde und kleineren Steinen ausgefüllt. Feuerspuren an
den Steinen und am Boden in der Mitte deuteten darauf, dass der Grabhügel über
dem niedergebrannten Scheiterhaufen errichtet worden war. Vergl. Fig. 72 u. 73.
Gefunden wurden folgende Gegenstände: eine schwarze Glasperle, zwei
Tonperlen und eine Glasmosaikperle von rotbrauner Grundfarbe mit
grauem gewelltem Gürtelband, Scherben von mindestens fünf Tongefässen,
drei fragmentarische Wetzsteine, ein Bruchstück eines Steingerätes,
-einige verbrannte Knochenscherben, Fferdezähne, einige Stücke Feuer-
stein, Kohle und Schlacke. H. M. 4301: 25—53.
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FUND U. 65
41. Der dritte neben der Darre von Wänniä liegende Grabhügel war
rings um einen grossen, jetzt weggesprengten Steinblock aufgeschüttet. Ein Teil
des Grabes war abgetragen ; der Rest bestand aus nur einer Schicht Steine mit
zwischenliegender ErdfQllung. In der letzteren lagen hier und da Kohle, Tonge-
fässscherben und verbrannte Knochen. Stärker mit Kohle und Asche durch-
setzt war die Erde Östlich von der Stelle, wo der Centralstein gestanden hatte;
geschwärzte Steine und Spuren von der Einwirkung des Feuere auf dem Boden
zeigten an, dass dort der Scheiterhaufen errichtet gewesen war.
In diesem Grabhügel fand Rinne eine Pfeilspitze mit Angel; die Spitze
eines Schwertes {?); eine eiserne Nadel mit Schneckenende, vergl. 6m, lo; ein
Fig. 74. Grabhügel auf dem Kisiimäki bei Roismala, Tyrvis, Fund 42.
Bruchstück eines halbcylindrischen eisernen Randbeschlages; ein Messer;
einige unbestimmbare Eisenstückchen; Nägel; einen kleinen starken Bronze-
ring, 157; ein kleines mit Würfelaugen und im Tremoliei^stich ausgeführten
Linien verziertes Bruchstück eines Armringes vom Typus 10»; Scherben
von wenigstens zwei Tongefässen; verbrannte Knochen; ein kleines
Bruchstück eines Steingerätes; einen Schleifstein; Pferdezähne;
Schlacke; Feuersteinstücke sowie einige moderne Gegenstände. H. M.
4301: 54-98.
Sollte das oben beschriebene kleine Bruchstück wirklich von einem Arm-
ring der genannten Art herrühren, so wäre es möglich, dass das Grab eist
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66
aus dem 6. Jahrhundert stammt und demnach einer späteren Zeit als der hier
behandelten angehört.
Das Dorf R o i s m a 1 a liegt auf einer Landzunge, welche sich durch
Hebung des Bodens aus mehreren kleinen Inseln gebildet hat. Auf zwei
dieser ehemaligen Inseln, von denen die eine den Namen Ristimäki trägt,
befinden sich vorgeschichtliche Grabhügel von derselben Beschaffenheit wie
die Brandgräber von Kaukola. Nur das Grabfeld von Ristimäki ist noch
einigermassen gut erhalten. Dort befinden sich einige Dutzend Grabhügel,
während das andere Grabfeld zum grössten Teil der Bodenkultur zum Opfer
gefallen ist.
43. Im Sommer 1903 untersuchte Rinne eines der Gräber auf dem Hügel
Ristimäki. Es lag auf der Parzelle des Bauerngutes Nuutila auf dem Nord-
abhang des Hügels
und nördlich von dem
Pachthof (Torp) Risti-
mäki. Der Tumulus
hatte einen Durch-
messer von 9 — 10,ö m
und ursprünglich eine
Höhe von ca 2 m.
Vergl. Fig. 74. In der
Mitte desselben war
bis zum gewachsenen
Boden ein grosses
Loch (3x4,5 m) ge-
graben, in welchem
ein Keller errichtet
werden sollte. Die
hierbei ausgegrabene
Erde war glücklicher-
weise nicht entfernt
worden und konnte durch Sieben näher untersucht werden. In der Mitte des
Grabhügels befanden sich drei grosse „erdfeste" Steine, zwischen welchen, nach
den an ihren inneren Seiten und am Boden sichtbaren Feuerspuren zu schlies-
sen, der Scheiterhaufen gestanden haben dürfte (vergl. Plan und Durchschnitt
Fig. 75). Die Zwischenräume zwischen den kleineren Steinen des Hügels waren
Fig. 75. Grundriss und Durchschnitt des Grabhügels Fig. 74. Fund 42.
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mit schwarzem Humus ausgefüllt, in welchem hier und da Kohle und ver-
brannte Knochenscherben eingebettet lagen.
Schon beim Ausgraben des Kellerloches waren folgende Gegenstände
gefunden worden; eine Armbrustfibel mit Nadelscheide und geradem Fuss,
der innen hohle Bügelhals schwillt an der Mitte etwas an, der vor- ^
springende Bügelkopf ist längs den Kanten mit feinen Parallelfurchen /..
verziert (auf der Abbildung leider nicht sichtbar), zwischen Hals und / :
Fuss ein gefurchter Wulst, am Ende des Fusses eine Furche, um / ■ '
die eiserne Achse eine echte SpiralroUe mit unterer, an der Mitte '-^
verdickter Sehne, trotzdem aber eine eingehängte eiserne Nadel, an v
den beiden Enden der Achse ein grosser Knopf mit kurzem Fuss '
und halbsphärischem Kopf, Sg; zwei Bruchstücke eines Halsringes
vom Typus 93,*; ein Bruchstück eines Spiralfingerringes,
vei^l. 11«; ein frE^mentarischer Beinkamm mit einer oben halb- l
niondförmig abschliessenden, beiderseits mit Platten belegten Hand- /
habe, 12 1; ein Bruchstück der abgestumpften Spitze eines Schild-
buckels vom Typus 22m; ein fragmentarisches Messer; unbe-
stimmbare Eisenfragmente, darunter ein plattes, schmales Stück
mit einen Loch an dem einen Ende (ein Beschlag?). /
Diese Gegenstände sollen nach der Angabe der Finder an der
auf der Karte Fig. 75 mit 1 bezeichneten Stelle gefunden worden
sein. Beim Durchsieben der hier entnommenen Erde fand Rinne
noch: ein zweites Bruchstück des oben genannten Schildbuckels,
einen verbogenen Eisenstift (Schlüssel?), 13ii, und ein unbe-
stimmbares Stück Eisen. In dem noch unberührten Teile des Grab-
hügels wurden folgende Gegenstände gefunden: bei 2 die ver-
bogene und in zwei Stücke gebrochene Klinge eines zweischneidigen
Schwertes; bei 3 eine Schere, II 20, eine stark beschädigte, in ^' '°'
zwei Stücke gebrochene Lanzenspitze mit Tülle und einem an- spitze.
scheinend schmalen Blatt mit gerundetem Mittelgrat, Fig. 76, zwei ^- ''''■
fragmentarische Messer und einige Fragmente von eisernen Gegen-
ständen; femer bei 4 ein länglicher schmaler Eisenbeschlag; bei 5 ein
Messer mit geschweiftem Rücken; ausserdem verbrannte Knochenscher-
ben, unverbrannte Knochen und Zähne von Schaf und Ku h sowie einige
Feldmausschädel, Tongefässscherben und Klumpen gebrannten Tones.
H. M. 4301: 99-122.
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KIRCHSPIEL TAVASTKYRO.
43. Auf einem mit Steingeröll bedeckten Hügel zwischen dem zum Dorfe
Mahnala gehörigen Bauernhöfe Lehtiniemi und dem See Mahnalan-
selkä wurden im Herbst 1879 beim Wegschleppen von Steinen folgende
Gegenstände gefunden, welche nach Angabe der Finder ca 15 cm tief lagen:
eine in zwei Teile gebrochene zweischneidige Schwertklinge, Länge
33,a + 52,7 cm; drei Lanzenspitzen, nämlich a ca 35,« cm lang mit langer
vierkantiger (?) Tülle und kräftiger vierkantiger, holzenförmiger Spitze, welche
vielleicht ursprünglich mit Widerhaken versehen gewesen ist, 18*, b ca 35,6 cm
lang mit langer vierkantiger Tülle und schmalem Blatt, 18:», c jetzt nur 16 cm lang
mit kantiger, nur zum Teil erhaltener Tülle und kurzem Blatt mit Widerhaken,
21«; ein Messer mit geschweiftem Rücken und eine Pfeilspilze mit Angel. —
Das Schwert lag ca 2 m von den anderen nahe beieinander gefundenen
Gegenständen entfernt. Ungefähr 9 m von dieser Stelle fand man eine zer-
brochene steinerne Hammeraxt. H. M. 2047: 11 — 16 und 2117.
Die Fundstelle wurde kurz darauf von Dr. A. O. Heikel besucht, der dabei
feststellte, dass die Gegenstände in einem aus Erde und Steinen aufgeführten
niedrigen Grabhügel gefunden worden waren. In der Nähe befand sich ein an-
derer Grabhügel von ungefähr 25 cm (?) Höhe und ca 12 Schritt Durchmesser, ')
KIRCHSPIEL IKALIS.
44. Durch den „Länsman" K. Palmen wurde im J. 1880 die unten be-
schriebene Lanzenspitze und ein Steinmeissel der Finnischen Altertums-
gesellschaft zugeschickt mit der Angabe, dass beide Gegenstände zusammen in
der Nähe des Dorfes Karttu {nördlich vom Flecken Ikalis auf einer Land-
zunge belegen) gefunden worden seien.
Die Lanzenspitze, 17->, hat eine kurze gerundet vierkantige Tülle und ein
schmales Blatt mit spitzem Mittelgrat, der gewissermassen die Fortsetzung der
Tülle bildet und ureprUnglich bis zur Spitze verlief, nach dem Auffinden aber
oben breitgehämmert worden ist; jetzige Länge 12 cm. H. M. 2041: 14 a.
KIRCHSPIEL BIRKALA.
45. In einem aus Erde und Steinen aufgebauten niedrigen Grabhügel
neben der Badestube des Kapellangutes Kehois unweit vom Ufer des Sees
1) J. Lehtinen, Muinaisjäännöksia Ikalisien kihlakunna.ssa. FFT VI, Helsingtors 1883, S. 88/89.
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Pyhäjärvi wurde Ende der 1890-er Jahre ein bügeiförmiger Beschlag aus
Bronze von einer Schwertscheide gefunden und 1901 von dem Müller
I. Friberg, der den Gegenstand von einem Arbeiter erhalten hatte, durch Ver-
mittelung der Behörden dem Museum in Helsingfors zugeschickt. Andere nicht
näher bezeichnete eiserne Gegenstände, welche in demselben Hügel gefunden
sein sollen, sind dagegen verloren gegangen. Nach Angabe des in Kehois
wohnenden Pastors A. S. Nurkkinen hat der Tumulus einen Durchmesser von
ca 7 m und eine Höhe von etwa 30 cm.
Der Beschlag, lös, ein RicmenbUgel, der unterhalb der Mündung der
Scheide gesessen hat, besteht aus einem etwas erhöhten, durch eine Furche
in zwei Teile abgeteilten und mit kleinen Halbkreisen verzierten viereckigen
Mittelstück, unter welchem der Schwertriemen durchgezogen wurde, und zwei
dreiarmigen Schlussstücken, mit Nietlöchem zu Befestigung an die Scheide
versehen und mit Furchen und Punkten verziert. H. M. 3984.
KIRCHSPIEL WESILAHTI.
46. An dieser Stelle sei eine im Museum zu Helsingfors befindliche kleine
Lanzenspitze mit langer Tülle und schmalem Blatt mit Widerhaken erwähnt,
weiche um die Mitte des vorigen Jahrhunderts beim Urbarmachen von Weide-
land auf der Halbinsel Peltosaari in der Nähe des Dorfes Mantere ge-
funden ist. Die anderen bei dieser Gelegenheit gemachten Funde, zu denen
ein Schiidbuckel und ein grosses Messer gehört zu haben scheinen, sind
verschollen.') — Die Lanzenspitze gehört zum Typus 31«. H. M. 1996: 78.
KUtCHSPIEL LEMPAAlA.
Auf einer langen und breiten Landzunge namens Päiväniemi am west-
lichen Ufer des Sees Toutosenselkä, 3—4 km südwesdich von der Eisen-
bahnstation Lempäälä befindet sich ein grosses vorgeschichtliches Gräberfeld,
das noch jetzt aus über 100 Grabhügeln besteht, während eine Anzahl anderer
Tumuli im Laufe der Zeit durch den Pflug beseitigt worden sind. *) (Fig. 77).
Die Grabhügel sind durchweg niedrig (ca 0,b — 1,» m hoch) und haben einen
') A, O. Heikel, Kertomus Pirkkalan kihlakunnan mumaisjäännöksiRlä. Bidr. t. kftnne-
dom af Finlands natur och folk, H. 38, Helsingfors 1862, 5. 23, Fig. 16.
B) Heikel, Brandgraber, S. 47.
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geringen Umfang (der Durchmesser der grössten beträgt etwa 10 — 12 m).
Sie sind aus Erde und zum Teil recht grossen Steinen aufgeschüttet und oft
um einen der grossen Steinblöcke, welche hier zerstreut liegen, angelegt. Von
den 16 bisher untersuchten Grabhügeln dieses Friedhofes können hier nur zwei
berücksichtigt werden, da die übrigen entweder unbedeutende und nicht näher
datierbare Funde oder Gegenstände aus einer späteren Zeit, dem 6. — 8. Jahr-
hundert, enthalten haben. Mit Bestimmtheit möchte ich Fund 47 in die Zeit
vor 500 n. Chr. setzen, Fund 48 k a n n dieser Zeit angehören und soll deshalb
hier erwähnt werden.
h'iu,. 77. Im ViirdcrRriinde ein Teil tics <irai>cif<'l(lo». auf der l.andxiinyc
Päivänienii, t.cmpäülii.
47. Einer der Grabhügel von Päivänifmi wurdf 1867 von Dr. H. A. Rein-
holm geöffnet. Er bestand aus Erde und grösseren Steinen von bedeutendem
Gewicht und enthielt eine Menge verbrannte Knochenscherben, Koh-
lenstücke und eine zerbrochene Scheibenfibel aus Bronze, 66. H. M. 657.
48. Ein von Dr, A. O. Heikel 1895 untersuchter Grabhügel (Nr. 30 auf
der Karte in H. J. Heikels oben citierter Arbeit) gab folgende Ausbeute: eine
eiserne Lanzenspitze mit fazettierter Tülle und flachem Blatt, lÖe; einen
Spiralfingerring; ein Stück einer Bronzestange von rundem Durch-
schnitt (Bruchstück eines Halsringes?); einen Endbeschlag aus Bronze zu
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KUND iB— 50. 71
einem Lederriemen mit einem daran hängenden kleinen Ringe, um dessen
Peripherie eine Furche läuft, IS«; zwei Bruchstücke eines Trensen(?)-ringes;
Bruchstück einer eisernen Ringnadel mit Schneckenende, vei^l. 6h, io; kleine
Eisenfragmente (von einem Schildbuckel ?); verbrannte Knochen;
einige Quarzstückchen. H. M. 3151: 5— 13.
D. TAVASTLAND.
KIBCBSPIEL AKKAS.
49. In der Nähe der Eisenbahnstation Toijala wurden 1895 in einem
Kartoffelacker dicht am Hause des Heizers Salonen beim Graben folgende
Gegenstände gefunden, die durch Dr. Hj. Appelgren an das Museum in Hel-
singfors gelangten: eine stark verrostete Lanzenspitze mit einer im Durch-
schnitt vierkantigen Tülle und schmalem Blatt mit hohem, scharfem Grat, ca
35,B cm lang, unterhalb des Blattes tritt in Kupfertauschierung ein Ornament
hervor, das aus zwei schmalen, rings um die Tülle laufenden parallelen Bändern
besteht, zwischen welchen auf zwei der vier Flächen der Tülle ein Sitberstift
eingeschlagen ist (der eine derselben ist abhanden gekommen), während die
beiden anderen Flächen ein ebenfalls aus eingelegten Kupferbändem zusammen-
gesetztes liegendes Kreuz aufweisen, ISi; ein grosser eiserner Schlüssel, «Ur
an einem eisernen Ringe häng! und von dem einen Ende zum andern 2\-, cm
misst, I3i(>. H. M. 3131: 20 u. 21
Unter dem Häuschen des Heizers, also nicht weit von der soeben ge-
nannten Fundstelle, wurden 1895 einige Gegenstände aus der jüngeren Eisenzeit
zu Tage gefördert. H. M. 3131: 10-19.
KIRCHSPIEL DRDIALA.
In der Nähe der Fabrik Notsjö liegen auf einem mit Wald bestandenen
Hügel namens Niemumäki, der von niedrig gelegenen und ursprünglich
unter Wasser stehenden Wiesen, einer ehemaligen Bucht des Sees Nuuta-
järvi, umgeben ist, vier grössere und zwei kleinere Grabhügel. Vier der-
selben sind nicht mehr intakt.
50. Im J. 1886 wurden folgende Gegenstände dem Museum zugeschickt,
welche nach Angabe des Übersenders, Herr E. Nybergh aus Notsjö, von
Kindern in zwei der oben genannten Grabhügel gefunden waren: zwei Bruch-
stücke eines zweischneidigen Schwertes mit Blutrinne; zwei beschädigte
Digilized
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72 FUND 60 -6i.
Eisencelte, der eine 13u; drei Lanzenspitzen mit Tülle und schmalem
Blatt mit rhombischem Durchschnitt, 19s; die Tüllen dreier anderer Lanzen-
spitzen; eine Lanzenspitze mit Angel und Widerhaken, 21»; das lange
schmale Blatt einer Lanzenspitze, stark verrostet; ein Messer mit gekrümm-
tem Rücken, 13«; vier Bruchstücke von mindestens drei ähnlichen Messern;
eine Armbrustfibel mit kurzem (repariertem) Nadelhalter, schaufeiförmiger
Fussscheibe, einer viereckigen Platte auf der Bügelmitte, einer bronzenen Nadel-
rolle, deren Sehne an der Mitte verdickt ist (die Nadel selbst fehlt), und zwei
würfelförmigen Knöpfen an der eisernen Rollenachse, 8»; eine zweite Arm-
brustfibel vom demselben Typus; die eingepunzten Ornamente der beiden
Fibeln bestehen aus offenen Halbkreisen und einer Figur, gebildet aus einem
kleinen Dreieck, parallel zu dessen Seiten zwei kurze Striche anliegen; eine
Armbrustfibel mit Nadelscheide und plattem bandförmigem Bügel, dessen
Kopfende zu einer Öse umgebogen ist, verziert mit Querstrichen und offenen
Halbkreisen, bronzene Nadelrolle, 3|. H. M. 2505: 1 — 19. — In welcher
Weise sich diese Gegenstände auf die beiden Grabhügel verteilen, muss leider
unbekannt bleiben.
KIRCHSPIEL WUTASAARI.
51. Eine Lanzenspitze, 17 1, mit beschädigter vierkantiger Tülle, die
sich ein Stück in das Blatt hinein fortsetzt und dann in einen hohen, scharfen Grat
übergeht, der längs der Mitte bis zur Spitze läuft; das Blatt setzt spitzwinklig
an und ist unterhalb der Mitte ein wenig eingeschweift; jetzige Länge 28,5 cm.
Die Lanzenspitze gelangte im J. 1885 durch den bauerlichen Antiquitäten-
händler S. Wilskman an das Museum zu Helsingfors und soll in dem Acker
eines Pächters des Kronengutes Hilmo am See Wuosijärvi gefunden sein.
H. M. 2386: 82.
E. ÖSTERBOTTEN.
KIRCHSPIEL SIDEBY.
52. In einem Steinhügelgrabe bei dem Bauerngute öström, welches an
der grossen Landstrasse von Björneborg nach Wasa liegt, wurde die verrostete
Tülle einer Lanzenspilze gefunden und von Student I. Smeds im J. 1881
dem Museum geschenkt. H. M. 2095: 2.
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Der chronologisch nicht mehr bestimmbai-e Fund hat hier Ei-wähnung
gefunden, weil er aus einem Steinhügelgrab stammt, der einzige Grabfund aus
dem Küstenstrich zwischen Malaks und der Mündung des Kumoälf ist und die
noch erhaltene Tülle und der schmale Hals der Lanze lebhaft an die entsprechen-
den Teile von Lanzenspitzen aus anderen Gräbern, welche noch in die Periode
vor dem J. 500 n. Chr. fallen, erinnern. (Vergl. Fund 11).
Eine Möglichkeit dafür, dass auch die I^nze von Sideby dieser Zeit ange-
hört, ist demnach vorhanden.
KIRCHSPIEL KALAKS.
53. Aus der Hinteriassenschaft des verstorbenen Studenten E. J. Chyde-
nius, dem wir ein Verzeichnis der vorgeschichtlichen Grabhügel im Gerichts-
bezirk (Härad) Korsholm verdanken, sind im Jahre 1885 folgende Gegenstände
aus der älteren Eisenzeit der Finnischen Altertumsgesellschaft zugeschickt wor-
den: eine Lanzenspitze mit schmalem Blatt {fehlt jetzt im Museum); ein Teil
der runden Tülle einer Lanzenspitze; die Griffangel eines Messers; ein
fragmentarisches Messer mit schwach gebogenem Rücken; eine Armbrust-
fibel mit kurzem Nadelhalter, schaufeiförmiger Fussscheibe, einer viereckigen
Platte auf der Mitte des fazettierten Bügelhalses und einem dreigeteilten Knopf
am Kopfende, 3«, ein Teil der Spiralrolle und die beiden Endknöpfe der
eisernen Rollenachse waren lose beigegeben worden; zwei im Feuer beschä-
digte 4,9 und 8,8 cm lange Bronzestangen; eine Armbrustfibel mit gera-
dem, gleichbreitera, am Ende mit vier Furchen verziertem Fuss und Nadel-
scheide, Nadel und Spiralrolle fehlen, 2j. H. M. 2305: 10-13.
Im Katalog des Museums wird kein Fundort angegeben, nur die Vermutung
ausgesprochen, dass der Fund aus einem der zahlreichen Steinhügelgräber im
Kirchspiel Laiheia stamme. Andererseits findet sich in den handschriftlichen
Aufzeichnungen Chydenius' die Beschreibung eines Fundes aus einem Steinhügel-
grab im Walde Langerskogen bei dem Dorfe Viasgränden in Malaks,
welcher ohne Zweifel mit dem oben beschriebenen Funde 53 identisch ist. Nur
müsste dann die Fibel 34 ausgeschieden werden, was auch ohne Bedenken
geschehen kann, da ihre Zugehörigkeit zu den anderen Gegenständen in keiner
Weise bezeugt ist. Der von Chydenius beschriebene Fund wurde von einem
Bauer im J. 1880 an der oben genannten Stelle gemacht, als er ein Stein-
hügelgrab von etwa 5 Faden Durchmesser untersuchte, und enthielt: „zwei
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Lanzenspitzen, von denen die eine dickere und viereckige verschenkt ist, eine
gotische Armbrustfibel aus Bronze (in 6 Stücken), ein Messer, die Angel eines
zweiten, eine mit Tülle versehene {Lanzen-)spitze. Etwas verbrannte Knochen."
Ein Vergleich dieses Fund Verzeichnisses mit unserem zeigt die Überein-
stimmung derselben; wenn Chydenius angiebt, dass die „gotische" Armbrust-
fibel in 6 Stücken gefunden sei, so sind damit ohne Zweifel der Bügel, die
beiden Achsenknöpfe, die Spiralrolle und die beiden (allerdings nicht zur
Fibel gehörigen) Bronzestangen aus unserem Funde, zusammen also 6 Stück
gemeint
53 a. Wo die Armbrustfibel 2 4 gefunden ist, geht aus Chydenius Auf-
zeichnungen nicht hervor. Wahrscheinlich stammt auch sie aus einem Kirch-
spiel des Gerichtsbezirks Korsholm.
54. Auf dem Hügel Junkarsbränna bei dem Dorfe öfvermalaks
steht ein grosses Steinhügelgrab. Seit längerer Zeit hat man bei Bedarf
von demselben Steine wegge-
schleppt, so dass ein Teil des
Grabhügels bis zum Boden von
Steinen entblösst ist. Anderer-
seits sind aus dem angrenzenden
Fig. 78. Eiserner Reifen von einem UoUgefasst?). Vs. ^^1^^^ grosse Steine hierhei-ge-
Fund 54,
schafft und auf den Grabhügel
geworfen worden, wodurch die Form desselben sich im Laufe der Zeit verändert
hat. In seiner jetzigen Gestalt hat er einen Durchmesser von 20 m.
Bei verschiedenen Gelegenheiten sind in dem südlichen Teile des Grab-
hügels, von welchem Steine weggeschafft worden sind, folgende Gegenstände
gefunden worden: die Klingen dreier zweischneidiger Schwerter, 86, 84,6
und 74,7 cm lang, vun denen die kürzeste verbogen ist; Bruchstücke einer
Trense, l»i; ein Schildbuckel mit langer Spitze und schräg abfallendem
Befestigungsrand, 22;; eine Armbrustfibel mit fazettiertem und mit Wülsten
verziertem Bügel, gegossener Sehne, welche aber nicht unter sondern über den
Bügelhals gelegt ist, im Guss imitierter Spirale und den Resten einer eisernen
Nadel, welche in eine Öse am Kopfende eingehängt ist, der Nadelhaller repa-
riert, ursprünglich wohl Nadelscheide, die beiden Achsenknöpfe würfelförmig,
der mittlere innen hohle Knopf rundlich, in. H. M. 3975: 1—6.
Dieser Teil des Grabhügels wurde im J. 1901 von Dr. A. O. Heikel unter-
sucht um die dort eventuell noch anzutreffenden Funde zu retten. Hierbei
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FUND U. 75
wurden verbrannte Knochen und folgende Altsuclitn gefunden: ein zer-
brochener eiserner Reifen von einem grösseren Holzgefäss (Kimer oder Füss),
F"ig. 78, jetzige Länge 85 cm; ein grosses Messer mit geschweiftem
Kücken; ein Bruchstück eines zweiten Messers; die Spitze eines
Schildbuckels; ein Bruchstück einer Lanzenspitze mit
schmalem, langem Blatt und Widerhaken, Fig. 79; eine eiserne
an einem ebenfalls eisernen Ring hangende Pinzette, 6,« cm
lang, 11 1»; der bronzene Knauf eines Schwertgriffes, an welchem
ein Stück der eisernen Angel noch steckt, Ifis; eine gleich-
armige Fibel mit profilierten, in würfelförmige Knöpfe aus-
laufenden Enden und einem breiten, mit strahlenfürmig angeord-
neten Furchen verzierten Mittelstück, welches oben eine längliche
Vertiefung zeigt, von der eisernen Nadel ist nur ein Rest vor-
handen, 6s; zwei Schmucknadeln mit profiliertem Kopf und
Öse von Typus ft:», die eine gut erhalten, die andere im Feuer
stark beschädigt; eine bronzene Schnalle mit ovalem Ring
(Bügel), einem Dom, der am hinteren Ende schui-f abgeschnitten ist,
und einem doppelten Riemenhalter, der sich nach unten verjüngt,
6u; zwei kleine bronzene Ringe, der eine derselben, oval und
dick, zeigt an einer Stelle Abnützungsspuren wie von einer Schnur,
an welcher er gehangen hätte, der andere, rund, hat eine Rille um
die Peripherie, 16h; ein Teil des halbcylinderförmigen sil-
bernen Seitenbeschlages oder Ortbandes einer Schwert- l"'*! '^
scheide, an dem einen Ende zwei flache Hohlkehlen und hori- gj^^^ j^^n^^^.
zontale Parallelen, unterhalb dieser Ornamente ein bronzener «pitJ^e- K- -a-
Stift, an der einen Langskante eine Furche, 16:>; das eine mit
^^.— »■ ' "J!'li '"•■» »^ parallelen Reifen verzierte
^-^»" '" "' "^^v. f^"<^t' i^"^ t'in Stück von der
/O**^ ^^^K etwas dünneren Mitte eines
[f ^^\ Halsringes Fig. 80; ein
/y ^fe\ kleiner Ring aus Zinn;
\\ ^(t\ t;iserne Fragmente; ein gros-
y serer un verbrannter Kno-
Kig. 80. Bruchstück eines Halsriiiscs. Dr. ^j. Kund 54. , HM ^97S* 7 -?4
Im J. 1903 wurde der Grabhügel von Dr. Heikel vollständig aufgedeckt,
wobei in derselben Gegend, wo die im J, 1901 gefundenen Gegenstände gelegen
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76 FtlND R4 u, M.
hatten, an einer etwas vertieften und mit schwarzer knochenbeniengter Erde
gefüllten Stelle folgende Altsachen zum Vorschein kamen : ein bronzener Ring
mit ringsumlaufender Rille, welcher an einem bronzenen Riemenbeschlag
hing, 15 lo; zwei Bruchstücke einer Lanzenspitze mit Tülle; ein Nagel und
ein Bruchstück von dem Rande wahrscheinlich eines der beiden oben genannten
Schildbuckel; einige Bruchstücke von unbestimmbaren eisernen und bronze-
nen Gegenständen. Etwas abseits hiervon lag ein E i s s t o 1 1 e n für einen
Pferdehuf, 16 n. H. M. 4263: 1-5.
55. In einer Storsjölandet benannten Gegend, ungefähr6— 7 Kilometer
südwestlich von der Kirche von Malaks und unweit nördlich von dem See
Storsjö, liegt auf dem rechten Ufer eines dem See entf liessenden Baches eine
langgestreckte Reihe von Steinhügelgräbern. Vormals dürften die Gewässer
des Sees sich bis an den Fuss der niedrigen Bodenerhebung, auf welcher die
Tumuli aufgeführt sind, erstreckt haben. Einer der Grabhügel, belegen auf
dem Grund und Boden des Bauerngutes Fiskars, wurde im Juli 1903 von ■
Dr. A. O. Heikel untersucht. Sein Durchmesser betrug 22,b m von Nord nach
Süd und 20 m von West nach Ost, seine Höhe ca 1,b m. Im nordwestlichen
Teil des Grabhügels war ein Kartoffelkeller angelegt worden, im südwestlichen
Teil ein Backofen.
Heikel begnügte sich damit von Nord nach Süd einen breiten Durchschnitt
durch den Hügel machen zu lassen, so dass westlich und östlich von diesem
Kanal ein Teil des Tumulus ununtersucht blieb.
Im südlichen Teile des Hügels, ca 30 cm oberhalb des Bodens und unge-
fähr 2,B m vom der Peripherie, fand man folgende Gegenstände, welche in
einem aus kleineren Steinen gebildeten und von drei oder vier flachen Steinen
überdeckten Hohlraum lagen, nämlich a) einen hohlen Halsring, 9'», mit
hohlen Wülsten, welche in gewissen Abständen von einander aufgereiht sind
und zwischen je zwei dünnen Reifen liegen, geschmückt und in der Mitte mit
einem Chamiergelenk versehen; das eine Endstück des Halsringes schliesst
mit einer platten bandförmigen Verlängerung ab, welche in der Weise umge-
bogen ist, dass der obere umgebogene Teil gegen den unteren federt; dieses
platte Ende war dazu bestimmt, so weit in die Tülle des anderen Endstückes
hineingeschoben zu werden, bis der umgebogene federnde Teil desselben hinter
eine in das andere Endstück eingefügte halbkreisförmige Scheibe zu liegen
kam und von ihr am Hinausgleiten verhindert wurde; beim Öffnen des Ringes
musste also die Feder herabgedrückt werden um an der Scheibe vorbeigleiten
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KCNT) SS. 77
zu können, und dies wurde vermittelst eines (jetzt sieht mehr vorhandenen)
Bolzen oder Dornes erzielt, welcher durch die beiden Locher in dem tüUen-
förmigen Endstück gesteckt war; b) einen 5 — 6 mm dicken Halsring mit ein
Fig. 81. Halsring. I!r. Vh. Fund 55.
wenig anschwellenden, profilierten Enden, in zwei Stücke gebrochen, Fig. 81 ;
r) drei Bruchstücke vermutlich eines und desselben Halsringes von 4—4,5 mm
Dicke, die Enden mit parallelen Furchen verziert; d) eine grosse Armbrust-
fibel mit geradem Fuss, Nadelscheide, und eingehängter
Bronzenadel, welche mit dem aus zwei Stücken beste-
henden Spiraldraht nebst vierkantiger Sehne nicht zu-
sammenhängt; der fazettierte, innen hohle Bügel trägt
am Kopfende einen Würfelknopf, dessen nach unten
gekehrte Hälfte scharf abgeschnitten ist; an dem einen
Ende der eisernen Achse ein Würfelknopf, 32; c) den
oberen Teil des Bügels und einen Teil der Spiralrolle
mit Würfelknopf einer Armbrustfibel von derselben
Form wie d aber kleiner, Fig. 82; f) eine im Feuer arg
beschädigte Fibel mit zwei in der Form voneinander
abweichenden Tierköpfen, auf dem breiten Bügel eine spitzovale Furche, 6i.
Unter dieser Fundstelle fand Heikel am Boden des Grabes verbrannte
Knochen und folgende Gegenstände g) eine Armbrustfibel mit breitem
Fig. 82. Briiclisiöck einer
Fibel. Br. *lh. Fund 55.
)y Google
Fuss, kurzem Niidelhalter und eiserner Spiralnadel, die Achse mit ihren beiden
Würfelknöpfen ist mit dem Bügel in einem Stück gegossen, am Kopfende des
Bügels ein Würfelknopf, 4»; li) bronzenen Spiraldraht, vergl. 82— r»; i^ eine
kleine ringförmige blaue Glasperle; k) Bruchstücke von unbestimmbaren eiser-
nen Gegenständen; l) einen Klumpen geschmolzener Bronze; m) zwei Stücke
eines Wetzsteines.
Ungefähr 1,b m südlich von diesen Gegenständen und ca 45 cm oberhalb
des Grabbodens lag unter einem flachen Stein n) eine Lanzenspitze mit
Tülle, 208. H. M. 4263: 6 18.
KIRCHSPIEL LAIHELA.
Unweit nördlich vom Dorfe Jakkula liegt zwischen der Landstrasse und
dem Flusse Laihianjoki ein nicht angebauter, mit Steinen bedeckter Hügel,
auf welchem jetzt das Vereinshaus des dortigen Jünglingsvereins steht. An
der höchsten Stelle des Hügels und zugleich am südwestlichen Ende desselben
befindet sich eine nicht mehr angewandte Kellergrube, 1,b ni tief, bei deren
Bau (in den 1850-er Jahren) man Funde aus der jüngeren Eisenzeit gemacht hat.
Im J. 1899 liess Prof. J. R. Aspelin hier weiter nachgraben, wobei eiserne
Nadeln und andere eiserne ' Gegenstände aus derselben Periode zum Vor-
schein kamen, ')
56. Drei m östlich vom Keller und 2 —3 m von der Südwand des Ve-
reinshauses stand (1899) ein nur wenig über den Erdboden sich erhebender
Steinhaufen, 8-8,5 m im Durchmesser, von welchem nur noch die mächtigen
Fundamentsteine vorhanden, alle kleineren Steine aber entfernt waren, Aspelin
fand am Nordrand des Steinhaufens verbrannte Knochen, das U-fömiige
Ortband einer Schwertscheide, I67, und einen eisernen Gegenstand,
wahrscheinlich die Angel eines Messers. E. M. 3714: 10 12,
57. Etwa 5 m nördlich vom Keller befanden sich die Überreste eines
zweiten Steinhügelgrabes von 9 m Durchmesser, dessen Ostseite beinahe
die westliche Wand des Vereinhauses berührte. Hier waren die Steine nicht
annähernd so gross wie im ersten Grabe, doch hatte bis 1899 am nordöstlichen
Teil ein grosser Steinblock gestanden, der dann gesprengt worden war. An
') J. R. Aspelin, Hisloriantakaisia rauistoja Kyrönjocn suistamolla. Suomen Museo 1899,
S. 57, Fig. 1-5.
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dieser Stelle fand Aspelin verbrannte Knochen; den bronzenen Griff
eines Schwertes, 16t; ein Messer, 13n; die Klinge einer Lanzenspitze mit
Widerhaken, Fig. 83; eine Armbrustfibel mit geradem Fuss
und Nadelscheide, 2«; eine Hakenkreuzfibel mit Resten von
Silberbelag, 5j. H. M. 3714: 13—20.
Nach Prof. Aspelins Abreise wurde in der Niihe des zweiten
Grabes eine gleicharmige Fibel aus Bronze, ö:,, gefunden und dem
Museum eingeschickt. H. M. 3816.
Im J. 1900 untersuchte Dr. A. O. Heikel das Gebiet zwischen
diesem zweiten Grabe und dem Keller und fand hierbei: eine
ovale eiserne Schnalle, On; ein Stück dicken mnden Bronze-
drahtes (vielleicht von einem Halsring); einige Tongefäss-
Scherben; verbrannte Knochen; ein kleines Stück Feuer-
stein. H. M. 3853; 1-5.
KIRCHSPIEL LILLKYRO.
58. In der Nähe des Dorfes Perkiö, an einer Stelle, die am
Waldessaum ein paar km östlich vom Ufer des Kyröflusses liegt,
fand man im J. 1873 unter einem Baumstumpf eine römische
„Bronzekasserolle". Sie stand mit der Öffnung nach oben
und war mit Erde gefüllt, li. Das Gefäss hat die Form eines
breiten und tiefen Napfes mit etwas gewölbtem Boden, der mit
erhabenen konzentrischen Kreisen verziert ist, und einem schön „ \ ,„ ,
' Bruch stock
geschweiften Griffe, welcher an dem schwach ausladenden Mün-
dungsrand ansitzt und in eine runde Scheibe mit einem Loch in
der Mitte endigt. Etwas unterhalb des Randes läuft um die
Aussenseite der Wandung ein flacher, von zwei vertieften Ringen eingefasster
Wulst. Auf der Innenseite, welche mit einer feinen silberglänzenden Metail-
schicht überzogen ist, sind zwei horizontale Kreislinien eingeschnitten, die
obere dicht unter dem Rande, die untere 2,7 cm tiefer. Eine dritte Kreis-
linie befindet sich unmittelbar oberhalb des Bodens, Die beiden oberen
Kreise sind ohne Zweifel für Masszeichen anzusehen. Im Museum zu Hel-
singfors vorgenommene Messungen haben ergeben, dass das Gefäss bis zur
unteren Kreislinie O.aoo 1 und bis zur oberen 0,r,ii 1 (ungefähr 1 1 römischen cyathi
[ä 0,oiw Ij entsprechend) fasst. — Auf dem Griffe sind die jetzt ganz unleser-
spitze. K. Vi.
Kund 57.
""'^Eil^ oigitizedi., Google
liehen Reste eines Namensstempels zu sehen. Die Höhe des Gefässes beträgt
6,fi5 cm, sein Durchmesser 13,45 cm, die Länge des Griffes 11, i cm. H. M. 1453,
Im Sommer 1903 untersuchte Magister U, T. Sirelius die Reste von fünf
zei-störten Stcinhügelgräbern in der Umgegend des Dorfes Perkiö. Vier der-
selben, in einem von j. R. Aspelin zusammengestellten Verzeichnis der Stein-
hügejgräber in Lillkyro mit den Nummern 139, 140, 141, 142 bezeichnet,
lagen auf dem Hügel Mahlaisentönkkä, der fünfte, Nr. 151, auf dem Hügel
K i r s t i n- oder Tönkkämäki, welche beide Stellen dem Bauerngut Oj a n p e r ä
gehören. Der Grabhügel 139 mit einem enormen Centralstein enthielt eine
eiserne Fibel — Aspelin 1423, ein achtförmiges Kettenglied aus Bronze, einen
pinzettenförmigen Gegenstand aus Eisen, ein Bruchstück von einem Halsring,
ein Stück Bronzeblech, Tongefässscherben, Schlacke, verbrannte Knochen.
Da die beiden datierbaren Gegenstände, die Fibel und das achtförmige Ketten-
glied, sicher einer späteren Zeit als der hier behandelten angehören, ist der
Fund im Folgenden nicht berücksichtigt worden, H. M. 4279: 1 —8.
59. „Ein Steinwurf" von Nr. 139 entfernt lag der Grabhügel Nr. 140.
Er war zum grössten Teil abgetragen worden, so dass eigentlich nur die
grossen Fundamentsteine übrig waren. Zwischen ihnen ragten kleinere Steine
aus dem Erdreich hervor. Im südlichen und östlichen Teile hatte die zwischen-
liegende Humusschicht stellenweise eine Tiefe von 15 cm. In derselben wur-
den, zumeist ziemlich tief liegend, folgende Altsachen gefunden: an der auf
der Karte Fig. 85 mit 1 bezeichneten Stelle ein Stück spiralförmig gebogenen
dicken Golddrahtes (ein sog. „Bezahlungsring") 10,b gr schwer, llio;
bei 2 ein Bronzering mit ringsumlaufender Rille vom Typus lös; bei 3 ein
ebensolcher Ring; bei 4 eine gleicharmige Fibel mit fazettiertem Mittel-
stück und profilierten Enden, 5i, und eine bronzene Pinzette mit Char-
niereinrichtung zum Aufhängen, 11 n; bei 5 eine fragmentarische Bronze-
nadel vom Typus 6;>,8 und eine breite Riemenzunge aus Bronze, Tw;
bei 6 ein Stück röhrenförmig gewundenen Silberdrahtes, 8.-,; bei 7 vier
hutförmige bronzene Beschläge, deren veiliefte obere Flächen mit
Ornamenten verziert sind, bei einer derselben mit einer Triskele, bei den drei
anderen mit einer im skandinavischen Stil des 6. Jahrhunderts dargestellten
liegenden Tierfigur, von welcher der Schnabel, ein Auge, ein Teil des band-
förmigen Körpers sowie ein Schenkel nebst Fuss zu sehen sind, ^j; bei Sein
Stück verbogenen B r o n z e d r a h t e s ; bei 9 ein Bruchstück der bronzenen
dby Google
Fig. 64. Kute des Kirchspiels LUlkyro.
Hit den roten Punkten sind die SteinbOgelgrAber bezeichnet
dby Google
dby Google
spiralrolle einer Armbrustfibel; bei 10 eine Schnalle mit festem Bügel
und kreuzförmigem Dom, 6i8, und ein länglicher Bronzebeschlag; bei 11
eine fragmentarische Schnalle von demselben Typus wie 6i« und eine Gürtel-
schliesse (Agraffe) aus Eisen mit bronzenen Stiften, 7i; bei 12 ein Stück
einerS mm dicken runden Bronzestange, wahrscheinlich von einem Halsnng
o
C
"Ü^<
Fig. 85. Grundriss des SteinhD gel graben Nr. 140 auf dem Hügel Mahlaisentönkka bei PerkiA,
Lillkyro. Fund 59. Innerhalb der punktierten Linien lagen verbrannie Knochen. Nur die
mit dickeren Umrissen gezeichneten Steine sind an Ort und Stelle gemessen und in den
Grundriss eingetragen worden.
bei 13 ein Bronzering mit ringsumlaufender Rille, welcher an einem Rie-
menbeschlag hängt, vom Typus 16io, ein Bruchstück einer Bronzespiraie
imd ein Bruchstück eines Messers (?); bei 14 eine dreigliedrige Schnalle
mit gezackt profiliertem Bügel und halbkreisförmigem Beschlag, Sie; bei 15
eine Gürtelschliesse aus Eisen mit bronzenen Stiften vom Typus 7i;
bei 16 eine fragmentarische Messerklinge mit geradem Rücken; bei 17 ein
II
dby Google
Bruchstück einer eisernen Sclinalle(?). An verscliiedenen nicht näher be-
zeichneten Stellen wurden ausserdem noch Bruchstücke von eisernen und
bronzenen Gegenständen gefunden, darunter ein eiserner Ring, ein Stück
einer eisernen Gürtelschliesse vom Typus 7i, eiserne Nägel u. s. w.
Verbrannte Knochen fanden sich überall in der Nähe der Altsachen.
Ihr Gesammtgewicht beträgt ca 3,3 kg. Beim Sortieren derselben im Museum
konnten unter ihnen kleine Bruchstücke von einem oder mehreren beiner-
nen Kämmen und einer runden Spielmarke oder eines Spinnwirteis,
Fig. 86, sowie anderen nicht mehr bestimmbaren beinernen Gegenständen
ausgeschieden werden. H. M. 4279: 9—27.
60. Der Grabhügel Nr. 141 lieferte ein Bruchstück eines Messers mit
breitem, geradem Rücken; einen kleinen eisernen Ring; zwei Eisenstück-
Fig. 86. Bruchstücke eines beinernen Kam- Fig. 87. Bruchstack eines beinernen Spinn-
mea und anderer beinerner Gegenst&nde. wirteb. Vi, Fund 60.
B/s. Fund 59.
chen; ein Bruchstück einer bronzenen Nadel; Bruchstücke eines beinernen
Spinnwirteis, Fig. 87; ein Bruchstück eines beinernen Kammes; zwei kleine
halbcylinderförmige, mit parallelen Strichen verzierte Fragmente eines
beinernen Gegenstandes; verbrannte Knochen im Gesamm^ewicht von
1,6 kg. H. M. 4279: 28—30.
Der Grabhügel Nr. 142 enthielt keine Altsachen und nur wenig ver-
brannte Knochen, dagegen viele Tierknochen und -zahne.
61. Der Grabhügel Nr. 151 auf dem Kirstin- oder Tönkkämäki war
bis auf die Fundamentsteine abgetragen worden und auch von diesen waren
viele weggeschleppt, doch wurden beim Graben an mehreren Stellen zwei
Schichten grösserer Steine angetroffen. Die Beigaben lagen in der aufgeschüt-
teten Erde, welche den Boden des Tumulus in verschiedener Mächtigkeit, an
einigen Stellen bis Va m hoch, bedeckte. Es fanden sich: an der auf der Karte
dby Google
Fig. 88 mit 1 bezeichneten Stelle ein Stück einer eisernen Stange, welche an
dem einen besser erhaltenen Ende einen viereckigen DurcKschnitt hat, viel-
leicht der „Hals" einer Lanzenspitze mit Angel vom Typus I9i oder
All», ein verbogener Halsring mit Endplatten, 9i, ein Fragment eines
ähnlichen schmäleren Halsringes; bei 2 ein Bruchstück eines Halsringes
o -- .
(1 ^^qC^^-O ^0
Fig. 88. Grundriss des SieinhOgelgrabes Nr. 151 auf dem Hagel Kirstin- oder TOnkkBmaki,
Perkiö, Lillkyro. Fund 61. Innerhalb der von punktierten Linien begrenzten Flächen lagen
verbrannte Knochen. Nur die mit dickeren Umrissen gezeichneten Steine sind an Ort und
Stelle gemessen und in den Grundriss eingetragen worden.
mit verdickten Enden vom Typus 93,4, der Fuss einer Fibel mit Nadel-
scheide Fig. 89, zwei kleine Bruchstücke eines goldenen Fingerringes; bei 3
ein Spiralfingerring, 11:», ein Fragment einer dünnen Silberblechplatte,
welche möglicherweise ursprünglich auf der Fussscheibe der Fibel 4i befestigt
gewesen ist; bei 4 die eine Hälfte eines Feuerstahls vom Typus Aspelin
1376, ein Bruchstück einer kleinen silbernen Schliesse vom Typus 7i; bei
dby Google
84
Fig. 89. Bruchstück einei
Fund 61,
bronzener Knopf i
Fibel. Br. Vb.
5 ein Bruchstück eines Messers mit geschweiftem Rücken; bei 6 ein Teil des
Bügels einer Fibel nebst der eisernen Achse und einem an dem einen Ende
der letzteren sitzenden bronzenen Würfelknopf, ein Stück schraubenartig ge-
wundenen Bronzedrahtes; bei 7 ein gros-
ser Spinnwirtel aus Ton, 14io; bei 8 eine
Armbrustfibel mit Fussscheibe und kur-
zem Nadelhalter, an den Fuss der Fibel war
oberhalb der Scheibe ein goldener Finger-
ring gesteckt, 4i; bei 9 ein Messer mit
geschweiftem Rücken; bei 10 ein goldener
Fingerring vom Typus ll-»; bei 11 ein
L einer Schliesse vom Typus 7i; bei 12 ein Schwert-
knauf aus Bronze, I63; bei 13 ein in zwei Stücke gebroche-
nes und verbogenes Armband mit profilierten Enden, in
Fig. 10« restauriert wiedei^egeben ; bei 14 ein Bruchstück
eines Armbandes vom Typus 10»; bei 15 ein Stück einer
bronzenen Kette, deren Glieder aus kleinen offenen Ringen
bestehen, 7 11. An verschiedenen nicht näher bezeichneten
Stellen wurden ausserdem noch Bruchstücke von eisernen
und bronzenen Gegenständen gefunden, darunter einige
Nägel, ein Bruchstück des oben genannten Feuerstahls, Fragmente von
Messern (?), eines Schwertes (?) und anderer unbestimmbarer Gegenstände.
Verbrannte Knochen wurden an den durch
eine punktierte Linie umgrenzten Stellen in einem Ge-
sammtgewicht von ungefähr 2 kg gefunden. Bei der
Sichtung derselben im Museum wurden 6 Bruchstücke
eines oder zweier beinerner Kämme, Fig. 90, und der
in Fig. 91 abgebildete beinerne Gegenstand, der vielleicht auch zu einem
Kamme gehört hat, entdeckt. H. M. 4279: 33—49,
f^,
^
Fig. 90. BruchstQcke
eines Kammes. Kn.
Va. Fund 61.
Fig. 91. Bruchstück ei-
nes Kammes (?). Kn. B/e.
Fund 16.
In den Wäldern südlich von dem Dorfe Tervajoki, welches an dem
gleichnamigen Bache unweit von dessen Mündung in den KyrÖ-fluss gelegen
ist, findet sich eine Menge Steinhügelgräber. ^) Vergl. die Karte Fig. 92.
Auf einer archäologischen Forschungsreise im Jahre 1896 zählten Prof. J. R.
1) Aspelin, Kokoilemia. S. 113—116, 130—135.
dby Google
Fig. 92. Karte der Umgegend von Terv«joki, Lillkyro.
Hit den roten Kreisen sind die SteinhOgelgrftber bezeichnet
dby Google
dby Google
Aspelin und Architekt W. Thomt auf einem Gebiet von ca 1 Vb km Länge von
W nach O und 1 km Breite von N nach S, dessen Nordgrenze etwa 300 -500 m
südlich von der Eisenbahnstrecke verläuft, nicht weniger wie 73 solcher Grab-
hügel. ') Zehn andere von Aspelin nicht bemerkte kleinere Grabhügel wurden
1903 von Dr. A. O. Heikel aufgefunden. Sie liegen teils einzeln, teils in Gruppen
von 2—5 Stück — nur an einer Stelle liessen sich 16 {nach Heikel 25) kleinere
Grabhügel zählen — zerstreut und sind durchweg auf niedrigen Hügeln angelegt,
welche zur Zeit der Errichtung dieser Gräber wahrscheinlich noch von Wasser
umgeben waren. Angesichts der starken Hebung des Landes, welche in der
Gegend von Wasa in den letzten 100 Jahren ca 1 m betragen hat, lässt es sich
nämlich annehmen, dass in jener abgelegenen Zeit Meeresarme sich landeinwärts
bis in diese Gegend hinein erstreckt und die höher gelegenen Stellen Inseln
gebildet haben. Der Durchmesser und die Höhe der Grabhügel von Tervajoki
wechseln zwischen 4 und 19 m, beziehungsweise zwischen wenigen cm und 2 m.
Von der grossen Zahl dieser Steinhügelgräber sind bisher 25 vollständig und
eines zum Teil untersucht worden.
62. Das letztere Steinbügelgrab '^ liegt auf dem Hügel Aittomäki ca
600 m von der Eisenbahnstrecke und hat einen Durchmesser von 19 m bei
einer Höhe von 1,6 m. E^ ist aus ungewöhnlich grossen Steinen aufgebaut.
In ihm wurde schon in den 1840-er Jahren ein Fund gemacht, der später zum
Teil an das Museum gekommen ist. Von Kindern, welche unter den höher
gelegenen Steinen herumsuchten, wurde nämlich ein grosser, oben platter Stein
von ca) 3 m Länge, 1,8o m Breite und 1,bo m Höhe aufgedeckt, auf welchem
verbrannte Knochen, ungefähr 100 teils runde, teils länghche gelbbraune
oder hellblaue Glas (?) perlen, „von denen die meisten durchlocht, einige dage-
gen, welche beim geringsten Druck entzweigingen, nicht durchbohrt waren",
sechs oder sieben kleine Bronzeringe, „einige sonderbare Schnallen und
ein kreuzförmiger Gegenstand" lagen. Von diesem Funde konnten später
folgende Gegenstände für das Museum zu Helsingfors erworben werden: einer
der kleinen Bronzeringe, loa; eine kreuzförmige Bügelfibel mit kurzem
Nadelhalter und langer schmaler Fussscheibe, 4 j ; zwei Bruchstücke dei"
1) Die Lage sAmmtUcher Grabhügel ist von Herrn Thom* auf einer im Museum befind-
lichen Kopie einer alteren Flurkarte vermerkt worden; nach Thomas Karte ist unsere Karte
Fig. 92 ausgearbeitet.
») Aspelin, Kokoilemia S. 133—135. In Aspelins 1896 aufgestelltem Verzeichnis hat es
die Nummer 71.
dby Google
Spiralrolle einer Armbrustfibel; ein Bruchstück einer Schnalle mit
festem Büge! Fig. 93; einige unbestimmbare BronzestUcke. ') AlsAspelia
im J. 1869 auf einer Forschungsreise Tervajoki besuchte, grub er an der Nordost-
■ Seite des oben erwähnten grossen Steines ein wenig in der schwarzen Erde,
welche unter der untersten Steinschicht zum Vorschein kam, und
fand hierbei folgende Gegenstände: einen goldenen Fingerring,
11 s; eine fragmentarische Schmucknadel mit profiliertem Kopf,
f^g- ^- 6g| faustgrosse Stucke von Ziegelsteinen, welche so tief lagen,
stück einer "^^^ ^'^ nicht nach der Errichtung des Grabhügels in denselben
Schnalle, geraten sein können. H. M. 1110,
Fund 6/2 ®^* ^" ^- ^^® Untersuchte Aspelin im Verein mit Student T.
Hagman ein grosses Steinhügelgrab auf dem Hügel Höysölänmäki,
belegen ungefähr 700 m SW vom Aittomäki.*) Der Tumulus hatte einen Durch-
messer von 12 m bei einer Höhe von 1,t6 m") und war so gut wie unversehrt
Wie in dem vorigen Steinhügelgrab befand sich auch hier ein grosser
„Centralstein" (von 2,5 m L-änge, 1,6 m Breite und 1,b m Höhe), welcher von
einigen kleineren aufliegenden Steinen verdeckt war. An demselben waren
andere grosse Blöcke gelehnt und auch sonst bestand die unterste Schicht des
Hügels aus grossen Steinen, die in der Mitte aufeinandei^etürmt lagen. Am
Boden des Grabhügels fand Aspelin hier und da, vor allem im .südwestlichen
und südöstlichen Teile, entweder zwischen oder unter den Steinen unverbrannte
Knochen von Schaf, Hund und Krähe. Um die Südhälfte des Central-
steines fanden sich in der schwarzen Erdschicht verbrannte Knochen-
scherben. Nach Südost und Süd breitete sich diese mit verbrannten Kno-
chen vermengte Erdschicht bis auf höchstens 1 m Entfernung vom Centralstein
aus, auf der Südwest- und Westseite war sie breiter und erstreckte sich bis zu
einem ca 3 m vom Centralstein liegenden Stein. Zwischen den beiden Stei-
nen lagen auch, im Humus eingebettet, die unten genannten Metallgegenstände
und ein Teil der soeben erwähnten Tierknochen. Besonders bemerkenswert
war es, dass einige der Bronzesachen mit verbrannten Menschenknochen und
') Bei einer Analyse der zuleizt genannten Bronzefragmente durch Dr J. J. Chydeniiis
zeigte es sich, dass sie 94,86 0/0 Kupfer und 4,e*<'/i> Zinn enthielien. Aspelin, Kokoilemia, S. 135.
*> Aspelin, Kokoilemia, S- 116, 130-133. In Aspeiins Verzeichnis Nr. 104.
') Diese Dimensionen sind von Aspelin an der soeben ciiienen Stelle S. 130 angegeben.
Nach dem von ihm und W. Thom« aufgesetzten Verzeichnis betragt der Durchmesser 14,8
r';^ Höhe 1,9 m.
dby Google
Knochen von Lamm und Krähe unter einem grossen, schweren Stein, der mit
seinem ganzen Gewicht auf ihnen gelegen hatte, gefunden wurden. Die Tier-
knochen müssen demnach gleichzeitig mit den anderen Funden niedergelegt
worden sein. Als der gewaltige Centralstein ein paar Zoll vom Boden gehoben
wurde, fanden sich auch unter ihm verbrannte Knochenscherben, ein Beweis
dafür, dass der Koloss erst, nachdem man die Reste des Leichenbrandes aus-
gebreitet hatte, an seinen jetzigen Platz gewälzt worden ist. Kohlenstücke
lagen überall in der schwarzen Erdschicht zerstreut.
Die Tierknochen waren im allgemeinen wohl erhalten und haben nicht
im Feuer gelegen. Unter ihnen fanden sich die Schädel von vier Schafen,
zwei Lämmern, einem Hunde und zwei Krähen.
Von Metallgegenständen wurden gefunden: eine gleicharmige Fibel
mit fazettiertem Mittelstück,
die beiden Enden mit er-
habenen gerieften Bändern
verziert, 5->: eine Schnalle
mit festem steilem Bügel
und langem dachförmigem
Riemenhalter, 61;; ein in
drei Stücke gebrochener
Halsring mit schmaler
Mitte und dickeren End-
partien, welche mit paral-
lelen Reifen verziert sind,
»4. H. M. 1109.
64. Ein dritter Grab-
hügel wurde im J. 1894
von Student (später Archi-
tekt) B. jung und mir un-
tersucht Er Hegt auf einem
mit SteingeröH und erra-
tischen Blöcken bedeckten
bewaldeten Hügel namens
Peltoistenmäki, ca 400
Orl>tt:
Sf,/.^-
^ßei
Fig. 94. Crundriss des Stein Hügelgrabes Nr. 64 auf dem
Hügel Peltoislenmahi bei Tervajoki, Lillkyro. Die Bei-
gaben und die Reste des Leichenbrandes lagen an der
schraffierten Stelle. Fund 64.
m SO von dem oben beschriebenen Tumulus auf dem Hügel Aittomäki und
700 m OSO von dem von J. R. Aspelin aufgedeckten Grabhügel auf dem
dby Google
Höysälänmäki entfernt. ') Ein Steinwurf nordwestlich von ihm finden sich zwei
andere SteinhQgelgräber. Unser Tumulus mass ca 10 m im Durchmesser und
hatte eine Höhe von über 2 m. Er bestand aus 2 — 3 Schichten grosser kan-
tiger Steine, welche um einen ca 2 m hohen Centralstein aufgestapelt waren
und zwischen welchen kleinere Steine (etwa von der Grösse eines Menschen-
Fig. 95. Durchschnitt des GrabhQgets Fig. 94. Fund 64.
kopfes und kleiner) lagen. Der Kernstein war vor der Untersuchung nicht
sichtbar, sondern wurde durch einige auf ihm liegende kleine Steine verdeckt
Als von unseren Arbeitern eine Tanne, welche auf dem Grabhügel emporge-
wachsen war, gefallt und die Wurzein derselben, welche sich zwischen den
Steinen verzweigt hatten, vorsichtig herausgezogen wurden, zeigte sich, an
einer Wurzel hängend, eine Fibel mit dreieckiger Fussplatte, eiserner Schamier-
nadei und kurzem Nadelhalter, 4*. Bei der näheren Untersuchung der Stelle,
an welcher die Fibel gelegen zu haben schien {an der Südseite des Kernstei-
Fig. 96. Gerade gebogenes Armband. Br. ^n. Fund 64.
nes), wurden noch folgende mehr oder weniger vom Feuer beschädigte Gegen-
stände gefunden: eine zweite Fibel von demselben Haupttypus, die Nadelrolle
ist durch Querfurchen auf der massiven Querstange am Kopfende angedeutet,
der fazettierte Bügel ist an beiden Enden durch Querfurchen begrenzt, welche
am unteren Ende höher hinauf gehen und wohl einen „umgeschlagenen Fuss"
imitieren sollen, 4;,; eine kreuzförmige Fibel in zwei Bruchstücken, an der
unteren Seite des Kopfendes ein Öhr mit Resten der eisernen Nadel, an dem
Bügel sind einige Bruchstücke von anderen bronzenen Gegenständen festge-
schmolzen, das beschädigte Küssende scheint schmäler gewesen zu sein wie
M Nr. 116 in Aspelins Verzeichnis.
Digilizedby Google
das der beiden anderen Fibeln, die Form des Nadelhalters, der jedenfalls nicht
ganz kurz gewesen, ist nicht mehr zu erkennen, i«; ein Spiralfingerring,
11 i; ein gerade gezogener und nach dem
Auffinden mitten entzweigebrochener Armring,
Fig. 96; sieben Bnicbstücke wahrscheinlich F'g- 9'- Endstück eines Halsringes.
eines und desselben dünnen Halsringes,
worunter ein profihertes Endstück Fig. 97; ein Bronzefragment, das dem
Bügel einer Fibel gleicht; zwei Bronzefragmente; ein
Messer mit gebogenem Rücken, 14,b cm lang; drei Bruchstücke
von wenigstens zwei Messern; drei Pfeilspitzen mit Angel
vom Typus 20 1; fünf Bruchstücke von wenigstens zwei Lanzen-
spitzen mit Tülle; ein Bruchstück von einem eisernen Schnal-
B '^hstü k lenbügel (?); eine Menge platte Eisenstücke, die vielleicht
eines bei- zum Teil von einem Schwerte herrühren; drei Bruchstücke eines
nemen Ge- platten beinernen Spinnwirteis, mit konzentrischen Kreisen
genstuides.
v*.Fund64. verziert, H»; drei längliche dreikantige geschnitzte Knochen-
gegenstände, 2,7 cm, 1,8 cm und 1,7 cm lang, das eine Fig. 98;
eine Menge {etwa 400 gr) verbrannte Knochen, einige unverbrannte
Knochen von Hund oder Hase. H. M. 2996: 98—124.
Auf dem Högel Laukkamäki untersuchte Magister H. J, Heikel im J.
1902 den Boden zweier in Aspelins Verzeichnis mit Nr. 66 und 67 bezeich-
neter Steinhügelgräber, von welchen alle Steine bis auf die untersten weg-
geschleppt waren. In dem Grabhügel Nr. 66, der einen Durchmesser von
11,5 — 13,6 m hatte und sich durch zwei grosse Centralsteine auszeichnete,
wurden weder verbrannte Knochen noch Altsachen angetroffen.
65. Der andere Tumulus mit einem Durchmesser von 8 — 9 m und
einem grossen Centrjilstein lieferte einen offenen gleichbreiten Fingerring
vom Typus Uli. Verbrannte Knochen wurden nicht wahi^enommen. H. M.
4169: 1.
Zwei andere von Bauern abgetragene Steinhügelgräber auf dem Karpin-
mäki wurden 1902 von Dr. A. O. Heikel und Mag. H. J. Heikel untersucht.
Nr. 73 und 74 in Aspelins Verzeichnis.
66. In dem ersteren, der einen Durchmesser von 9 — 10 m hatte, wurden
nur ein Stück Eisen (Bruchstück eines Messers?), drei Bruchstücke eines
Spinnwirteis aus Knochen von derselben Fonn wie 14» und etwas ver-
brannte Knochen gefunden. H. M. 4169: 2 — 4.
12
dby Google
FUND 67-71,
67. Der andere Grabhügel, Nr. 74, mit einem Durchmesser von 8 — 9 m,
enthielt folgende Funde; eine stark beschädigte, verbogene Lanzenspitze
mit hohem, scharfem Mittelgrat und einer im Durchschnitt vierkantigen Tülle,
jetzige Länge 24 cm, Hg; Bruchstücke zweier Messer mit geschweiftem
Rücken und einer Pfeilspitze mit Angel vom Typus 30 1; Bruchstücke eines
Schitdbuckels, dessen Form nicht mehr rekonstruierbar ist; zwei Bruch-
stücke der eisernen Schildhandhabe, 225; unbestimmbare Eisenstücke;
einen würfelförmigen Stein aus Granit, 5,2x5,ax6,i cm gross, vergl. 14s;
ein grösseres Stück Quarzit. H. M. 4169: 5—13.
68. Bei der Untersuchung der Reste eines von Aspelin nicht verzeich-
neten Steinhügelgrabes auf dem Uikonmäki, 20 — 30 m NW vom Tumulus
Nr. 74, fanden die beiden oben genannten Forscher (1902) einen länglichen
vierkantigen Schleifstein. H. M. 4169: 15.
Auf dem bewaldeten Hügel Pajunperkiönmäki von welchem sich
eine weite Aussicht über das Tal des Kyröflusses öffnet, liegen auf Felsboden
24 oder 25 Steinhügelgräber, welche die Östlichste Gruppe unter den Gräbern
von Tervajoki bilden. Es sind durchweg kleine niedrige Tumuli, deren Durch-
messer nach Dr. A. O. Heikel, welcher im Sommer 1903 17 von denselben
untersuchte, zwischen 4 und JO m schwankt. In den untersuchten Gräbern
machte Heikel folgende Funde, von denen nur ein Teil mit Bestimmtheit in
die Zeit vor 500 gerechnet werden kann.
69. Grab 1 (vergleiche die Karte Fig. 99) — Durchmesser 7— 6,b m, ein
grösserer Stein im südlichen Teile — enthielt ein Bruchstück einer Lanzenspitze
mit Tülle; keine verbrannten Knochen, dagegen zwei unverbrannte Tier(?) kno-
chen, welche nach Heikel später dorthin geraten sein dürften. H. M. 4264: 1.
70. Grab 2 — Durchmesser 6,e— 8 m — lieferte einen Armring mit
übereinander liegenden ein wenig verjüngten und mit Parallelfurchen verzierten
Enden, 10«; zwei Messer, von denen der eine, 13s, einen geschweiften, der
cUidere einen geraden Rücken hat; der erstere ist beiderseits mit einer dem
Rücken parallel laufenden Furche verziert; verbrannte Knochen unter
einem flachen Stein. H. M. 4264: 2—6.
71. Grab 3 — Durchmesser 5 m — Funde: ein Bruchstück einer Pfeil-
oder Lanzenspitze mit Tülle; Bruchstücke eines platten eisernen Ge-
genstandes. H. M. 4264: 7—8.
Grab 4 — Durchmesser 5,8 — 7 m, grosser Centralstein — enthielt nur
verbrannte Knochen. H, M. 4264: 9.
dby Google
FUND TS u, TO.
Grab 5 — Durchmesser 6 m — Funde: platte Eisenstückchen, ein
kleiner eiserner Nietnagel, keine Knochen. H. M. 4264: 10.
Grab 7 — Durchmesser 5—5,6 m, grosse Umfassungssleine — Funde:
platte Eisenstückchen, keine Knochen. H. M. 4264: 11.
72. Grab 8 — Durchmesser 4 — 4,b m, Centralstein — Funde: eine
Pfeil- oder Lanzenspitze mit Tülle. H. M. 4264: 12.
Fig. 99. Grundriss der Gruppe vun SieinhQget grabe m auf dem HQgel PajunperkiOnmäki bei
Tervajoki, Lillkyro. Fund 69—79.
Grab 9 — Durchmesser 6 m — Funde: platte Eisenstückchen. H. M.
4264: 13.
73. Grab 10 — Durchmesser 4 — 5,a m, zwei grosse Centralsteine im nörd-
lichen Teile — Funde: ein verbogenes Bruchstück von dem unteren Ende eines
stark verrosteten zweischneidigen Schwertes ohne Blutrinne (?); eine fnigmen-
tarische Lanzenspitze mit Tülle und einem Stück des von Eisenrost durch-
setzten Schaftes; kleine Bruchstücke vom Schwerte und von anderen, unbestimm-
baren eisernen Gegenständen; verbrannte Knochen, H. M, 4264: 14—17.
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74. Grab 11 — Durchmesser 4^4,4 m, grosser Centralstein — Funde:
ein Messer mit geradem Rücken; Bruchstück eines Fingerringes (?) mit
breiterer Mitte und schmäleren Enden; verbrannte Knochen. H. M. 4264:
18-20.
75. Grab 12 — Durchmesser 8,b— 9 m, ein ungewöhnlich grosser Central-
stein — Funde: die im Durchschnitt kreisrunde Tülle einer Lanzenspitze;
eine Pfeilspitze mit Tülle; verbrannte Knochen. H. M. 4264: 20—23.
76. Grab 13 — Durchmesser 6—8 m, zwei Centralsteine — Fund: ein
schlichtes gleichbreites, im Durchschnitt rundes Armband, mit übereinander
liegenden Enden vom Tj^us 10«. H. M. 4264: 24.
77. Grab 14 — Durchmesser 7— 7,b m, Centralstein — Funde: eine
Fibel mit geradem Fuss, Nadelscheide (?), der gleichbreite Bügel versilbert
oder belegt mit ausserordentlich dünnem Silberblech, 3*; ein Bruchstück der
bronzenen Spiralrolle einer grösseren Fibel; ein sonst gleichbreites Arm-
band mit zugespitzten und mit Querfurchen verzierten Enden, 10 7; Bruch-
stücke eines beinernen Spinnwirteis; verbrannte Knochen. H. M.
4264: 25—28.
Grab 18 und Grab 21 enthielten nur verbrannte Knochen. H. M. 4264:
29—30.
78. Grab 22 — Durchmesser 6m — Funde: ein kleiner konischer
Gegenstand aus Bronze mit Loch in der Mitte (modern?); Bruchstücke eines
einschneidigen Schwertes; ein verbrannter Knochen-
splitter, der einzige Überrest vom Leichenbrande. H. M.
4264: 31-33.
79. Grab (?) 25: Neben einigen Steinen, welche zwischen
den Grabhügeln 4, 6, 7 und 10 lagen, wurde eine grosse Pfeil-
spitze {oder kleine Lanzenspitze) mit kurzer Tülle und Mittel-
grat gefunden, 21 1. H. M. 4264: 34.
80. Auf dem Hügel Aittomäki, welcher zu dem Bauern-
gut KnÖÖppi gehört, untersuchte Dr. Heikel 1903 das von Aspelin
Fig. 100. Bruch- mit Nr. 109 bezeichnete Steinhügelgrab, von welchem nur
st Qck einen Fibel, jjg Fundamentsteine noch übrig waren. Der Durchmesser
Br.«/T. Fund 80. ^ ,^ ^ ,,
desselben betrug ca 15 m.
Im südlichen Teile des Grabhügels lagen nahe bei einander zwischen
grossen Steinen; eine Armbrustfibel mit Nadelscheide und geradem Fuss,
der Bügel verziert mit parallelen Querlinien und Reihen von kleinen Halb-
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kreisen, von der eisernen Nadel sind kleine Bruchstücke an den Bügelkopf
angerostet, — wie so manche finnländische und ostbaltische Fibeln wird auch
unsere trotz der eisernen Nadel eine bronzene Spirale mit unterer Sehne besessen
haben, 87; die untere Hälfte einer im Feuer verbogenen Armbrustfibel mit
unten geschlossener Nadelscheide und geradem Fuss, der einigermassen platte
Bügel scheint an der Mitte am breitesten zu sein und ist zunächst dem fazet-
tierten Fusse mit erhabenen parallelen Bändern verziert, Fig. 100; Bruchstücke
einer kleinen eisernen Kette; einige kleine platte Bruchstücke eines eisernen
Gegenstandes; Klumpen geschmolzener Bronze; verbrannte Knochen;
schlecht erhaltene Zähne von Pferd oder Rind. H. M. 4264: 35—38.
81. Als der Tagelöhner K. Pojelius im Herbst 1902 bei dem Bau eines
Weges, der an einem Steinhügelgrab auf dem Hügel Aittomäki (Nr. 128
in Aspelins Verzeichnis) vorbei führen sollte, am Westrande dieses Grabhügels
ein paar kleinere Steine heraushob, fand er unter einem derselben einen
gerundet würfelförmigen Stein (Granit) vom Typus 14 8, ungefähr 6 cm
im Durchmesser haltend. H. M. 4264: 61. Der Grabhügel ist seitdem noch
nicht untersucht worden.
KIRCHSPIEL YUSTABO.
82. Der schon öfters erwähnte ländliche Altertumshändler Salomon
Wilskman sandte im Sommer 19(X) dem Museum in Helsingfors eine Lanzen-
spitze ein, welche nach seiner Angabe in einem Acker des Bauerngutes
Hol so, Dorf Lahdenkylä, gefunden worden ist.
Die Lanzenspitze, 17«, ist stark beschädigt, von der gerundet vierkantigen
Tölie ist nur der obere Teil vorhanden, ebenso sind von dem schmalen Blatt
grosse Stücke abgebrochen, der Mittelgrat bildet die Fortsetzung der Tülle
und ist gerundet, die jetzige Länge 34 cm. H. M. 3850: 18.
KIRCHSPIEL VÖRA.
83. Bei der Beschreibung der vorgeschichtlichen Denkmäler des Kirch-
spiels erwähnt Aspelin einen Sandhügel namens Lag peldkan gas, dereinige
km südwestlich von der Kirche liegt. ') Auf diesem Hügel befanden sich we-
nigstens noch im J. 1871 die Reste eines Grabhügels, dessen Steine in den
■1 Aspelin, Kokoilemia, S. 122/3.
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1850-er Jahren zum Bau einer Einfriedigung verwandt wurden. Bei dieser
Gelegenheit wurden nach der Angabe des Finders folgende Gegenstände ge-
funden, welche bis auf die hier unten an erster Stelle beschriebene Fibel ver-
loren gegangen sind: eine Sprossenfibel mit drei Sprossen, hohem und
kurzem Nadelhalter, eingehängter Nadel ohne Spirale, 42. H. M. 1111;
eine zweite Sprossenfibel von demselben Typus ; , eine runde glatte Metall-
scheibe, mit einem Loch von der Grösse eines Messerknaufes in der Mitte und
mit auf den Rand aufgenieteten Stiften, einem Zahnrad vergleichbar;" „ein
Gegenstand aus dünnem, hellem Metallblech, welcher dem Beschläge an der
Mündung eines Pfeifenkopfes glich, und einen Durchmesser von 3 — 4 cm hatte;"
neun gelbe, rote und hellblaue Glasperlen, die gelben waren erbsengross
und sogenannte Doppelperlen, die anderen scheinen teils rund, teils fazettiert
gewesen zu sein; zwei ca 60 cm lange Lanzenspitzen mit Tülle, das Blatt der
einen hatte einen quadratischen, das der anderen einen rhombischen Durchschnitt;
ein Messer, an dessen Angel noch die Beschläge von den beiden Endendes
Griffes hingen. Was für Gegenstände mit der oben beschriebenen runden
Metallscheibe und dem dünnen Metatlblech gemeint sind, ist schwer zu erraten.
KIRCHSPIEL ESSE.
Auf einem hohen, mit Steingeröll bedeckten Hügel in der Nähe von Fors
(nördlich vom Esse-ä) liegen acht viereckige und ovale Steinhügelgräber von ca
5 m Länge und 2 m Breite.
84. Bei der Zerstörung eines derselben durch Schatzgräber (1877) wurde
folgender, später an das Museum zu Helsingfors gelangte Fund gemacht: ']
Fig. 101. Fingerring (?). Fig. 102. Fingerring{?) Fig. 103. Gcgensland unbekannter
Br. Vi. Fund 84, Br. »/i. Fund 84. Bestimmung. Br. Vi. Fund 85,
') L, H. Sandelin, .Arkeologisk och hisiorisk beskrifning öfver den svenskspräkiga delen
af Pedersöre härad, FFT XIV, S, 57/58 u. 69, Nach dem Katalog des Mu(
der Fund aus einem Grabhügel auf dem Areal des Gutes Gers.
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FUND M-Se. 95
Messer mit krummem Rücken, Aspelin 1289; zwei kleine Spiral(finger?)-
ringe aus Bronze, Fig. 101 und 102; ein beschädigter bügelförniiger Be-
schlag einer Schwertscheide, der etwas unterhalb der Mündung einer
solchen gesessen und zur Befestigung des Schwertriemens gedient hat, lös;
vier kleine platte Bronzestücke. H. M. 1896: 2—5.
85. Ein anderer Steinhügel auf derselben Anhöhe enthielt ein offenes,
beinahe der ganzen Länge nach gleichbreites mit Punktreihen und Quer-
strichen verziertes Armband, lOio; einen U-förmigen Ge-
genstand aus Bronze, Fig. 103; eine Hängezierde, 8i.
H. M. 1879: 1-3.
Fig. 104. Kinger-
ring(?). Br. '/i.
Fund 86.
H. M. 1896: 1.
86. In einem Stein Hügelgrab auf einer Anhöhe namens
Storholmen, am See Linjärvi fanden Bauern in J. 1877
folgende Gegenstände: ein glockenförmiges Anhängsei aus
Bronze, 7 ift, auf dem jetzt abgebrochenen Ring soll beim Auf-
finden ein Knopf (?) gesessen haben; ein offener Ring (Finger-
ring?) aus Bronze mit über einander liegenden Enden Fig. 104. ')
87. Auf dem bewaldeten Hügel Träskbacka befinden sich die Reste
eines SteinhOgelgrabes, in welchem 1877 durch Bauern ein Stück verbogenen
Bronzedrahtes und die Tülle einer Lanzen-
spitze gefunden wurden.^ H. M. 1884: 1—2.
KIRCHSPIEL PURMO.
88. In einem Stein hügelgrab, welches 2 — 3
km östlich von der Kirche lag, fanden Bauern im
J. 1877 einen aus dünnem Bronzedraht bestehen-
den Armring, Fig. 105, sowie ein wenig „Kohle
und Asche". Der Grabhügel hatte in der Mitte
eine Einsenkung. H. M. 1883.
Fig. 105. Armring, Br. '-'i.
Fund 88.
1) L. H. Sanddin, loc cit. S. 54 u. <
") L. H. SandeJin, loc. cit. S, 53 u. t
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MÜNZFUNDE.
EIGENTLICHES FINNLAND.
KIRCHSPIEL BJEBNO.
1. W. Lagus erwähnt in seinem Verzeichnis der finnländischen Münz-
funde flOm mynt funna i finsk jord", Helsingfors 1900, unter Nr. 184 ein paar
römische Silbermünzen, welche im Kirchspiel Bjemo gefunden sein sollen,
über weiche aber keine ganz klaren Angaben vorliegen. Es sind nach Lagus
gefunden worden: a) bei Germundsvedja, welches an dem langen, schmalen
Meeresanne zwischen der Insel Kimito und dem Festlande liegt, zwei Silber-
münzen, nämlich ein Klipping von Johann III (1571) und ein römischer Denar,
welcher „auf der einen Seite ein Bild in halber Figur mit unleserlicher Um-
schrift, auf der anderen ein Bild mit Kinnbart und einer Umschrift, von welcher:
VERVS AVG gelesen werden konnte," hat; b) in der Nähe der Bucht von
Halikko (welche das Ende des obenerwähnten Meeresarmes bildet) eine
römische Münze; c) an einer nicht näher angegebenen Stelle; zwei römische
Silberdenare von Marcus Aurelius (161 — 180) und seinem Mitregenten
Lucius Verus (161—169) — vielleicht die unter a und b angeführten.
Die von Lagus unter a citierte Beschreibung des Denars von Germund-
svedja ist F. Sivöns nur im Manuskript ') vorhandener Erklärung zu einer von
ihm im J. 1867 ausgearbeiteten geologischen Karte über einen Teil des Kirch-
spiels Bjemo entnommen. . Sie ist allerdings nicht ganz richtig wiedergegeben,
denn im Original ist nicht von einem „Bilde in halber Figur" sondern von
einem „Bilde in Körpei^össe" (kroppsstoriek) die Rede, womit wohl nur eine
Figur in ganzer Gestalt, wahrscheinlich eine schreitende Victoria oder eine
andere symbolische Figur, gemeint sein kann. Siv^n giebt ausserdem an, dass
die beiden Münzen in einem Acker bei Germundsvedja gefunden wurden.
Für den unter b erwähnten Fund einer römischen Münze in der Nähe der
Bucht von Halikko citiert Lagus dieselbe Quelle. Die angeführte Stelle habe
ich dort nicht wiederfinden können.
'} Das Manuskript befindet sich zurzeit im Archiv der Geologischen Kommission i
Helsingfors.
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FUND 1. gf]
Wenn für b auch Aspelins Suomen asukkaat cttiert wird, so beruht das
sichtlich auf einem Druckfehler: für b sollte c stehen, denn gerade die beiden
unter c erwähnten Münzen von Lucius Verus und Marc Aurel sind es, welche
auch Aspelin anführt
Ob hier wirklich drei verschiedene Münzfunde gemeint sind, ist zweifel-
haft. Ganz sicher ist nur der unter a angeführte Fund, welcher ausser der
schwedischen Münze aus dem 16. Jahrhundert einen Denar des Lucius Verus
enthielt. Was die Münze des Miu-cus Aurelius anlangt, so scheint sich Aspelins
Angabe Über dieselbe auf eine Aufzeichnung des Pastors H. A. Reinholm zu
stützen. Im Konvolut 6 der Reinholmschen Manuskripte im Helsingforser
Museum findet sich nämlich auf S. 39 folgende Stelle: „Weiter von Sivön 1876:
4 Münzen, darunter eine von Marcus Aurelius. Germundsvedja liegt in dem-
selben Tal wie Strömma, welches Tal vom Dorfe Nurkkila begrenzt wird" etc.
Aus der knappen Notiz geht nicht deutlich hervor, ob Reinholra selbst die ge-
nannte römische Münze von Sivt5n erhalten hat. Da Sivön in seinem Reise-
bericht aber gerade die Münze des Lucius Verus beschrieben hat, so wäre es
denkbar, dass R. die Namen Marc Aureis und seines Mitregenten Lucius Verus
verwechselt hat und dass seine Aufzeichnung sich auf die letztere Münze be-
zieht. Einen ebenfalls recht dunklen Hinweis auf zwei römische Münzen,
welche bei Germundsvedja gefunden sein sollen, enthält ein im Besitz J. R.
Aspelins befindliches Bruchstück eines Abo ^%b 1884 datierten Briefes an den
Fabriksbesitzer Emil von Julin. Die betreffende Stelle lautet: „Gestern erhielt
ich Antwort von Frau Bahne, sie sagt, dass im Sommer 1859 einer ihrer
Knechte die zwei erwähnten römischen Münzen gefunden hätte und dass
Ingenieur Siv^n kurz darauf zu Bahnes kam und die beiden Münzen nebst
mehreren anderen alten Münzen, welche Bahne besass, erhielt. Aus welcher
Zeit, sie waren, wissen sie nicht". Bei der Schwierigkeit diese und die Rein-
holmsche Notiz, mit Siv^ns eigenen Angaben in Einklang zu bringen, können
wir nur den Fund der Münze des Lucius Verus als erwiesen betrachten; der
Denar des Marc Aurel ist bis auf weiteres mit einem Fragezeichen zu versehen.
Die unter b erwähnte römische Münze, welche in der Nähe der Bucht von
Halikko gefunden sein soll, kann ebenfalls mit dem Denar des Lucius Verus
identisch sein, da Germundsvedja nicht weit von der genannten Bucht liegt.
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96 FUND 3 u. B.
TAVASTLAND.
KIRCHSPIEL TAMMELA.
2. Nach W. Lagus, Om mynt etc. Nr. 17, S. 40, wurde bereits in der
ersten Hälfte des 18, Jahrhunderts eine römische SilbermUnze in einem
Acker im Kirchspiel Tammela gefunden. Der Finder ein Bauer, übei^ab sie dem
Artillerieleutnant K. A. Adlerheim {+ 1743), durch den sie in den Besitz des
damaligen Professors und späteren Bischofs J. Brovallius gelangte. B. bestimmte
sie als eine Münze der Sabina Augusta, der Gemahlin Hadrians, und be-
schrieb sie in einer Dissertation. ')■ E\ne Abbildung der Münze, welche sich
in B:s Arbeit findet, wird von J. R. Aspelin in seinem Werke Suomalais-ugri-
laisen muinaistutkinnon alkeita auf Seite 150 wiedergegeben. Die Abbildung
zeigt auf dem Avers das Brustbild der Kaiserin mit der Umschrift SABINA
AVGVSTA, auf dem Revers eine stehende Venus, welche in der linken Hand
einen Apfel hält und die Rechte an den Kopf führt; die Umschrift lautet
VENERI GENETRICI ")
SAVOLAKS.
KIRCHSPIEL SAAHINGE.
3. Im Herbst 1903 wurde durch Frau B. Julevsky in Nyslott dem Museum
zu Helsingfors eine römische Bronzemünze zugesandt, welche in einem
Acker des zum Bauerngut Pullilaks gehörenden PachUiofes Salvumies
ca 5 km wesUich von Nyslott unweit vom Seeufer gefunden sein soll.
Die Münze ist für den Kaiser Titus geprägt. Auf dem Avers ist der
Kaiser auf einem Sessel sitzend, umgeben von Trophäen und in der Rechten
einen Zweig (?) haltend, dargestellt. Die Umschrift lautet: DIVO AVG T
DIVI VESP F VESPASIAN SC. Der Revers zeigt eine Abbildung des CoUo-
seums aus der Vogelschau. Vergl. A. de Barthelemy, Nouveau manuel de la
numismatique ancienne, Paris, Atlas, a PI. 2, Fig. 81.
') Joh. Brovallius, Observatiunculae circa ariem aniiquarum geniium numismata ador-
nandi, in specie nummi Sabinae exposiiio. Piss, Aboae 1745, S. 18—20.
2) Aspelin ciliert ausser Brovallius Abhandlung noch Joh. Bilniark, Diss. ecad. de
nummis quibusdam antiquis in Finlandia haud ita pridem repertis, Aboae 1769, S. 5, wo von
der Fundstelle die Rede ist.
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HELSINGFORS.
4. An dieser Stelle sei, obgleich sehr zweifelhafter Natur, ein MUnzfund
erwähnt, der in Helsingfors zum Vorschein gekommen ist.
Auf dem kleinen dreieckigen, noch nicht geebneten Bauplatz zwischen
der Högbärgsgatan, der Bangatan und dem die Fortsetzung der Georgsgatan
bildenden provisorischen Fusssleig, auf welchem Platz der sonst mit dünnem
Rasen bedeckte Felsgrund stellenweise zu Tage tritt, fand der Realschüler
M. A. Tukiainen im Herbst 1899, als er zufällig mit der Fussspitze eine
Erdscholle aufstiess, unter derselben eine römische Bronzemünze des
Alexander Severus (222—235). Auf dem Avers derselben sieht man das
Brustbild des Kaisers mit der Strahlenkrone und der Umschrift (IMP SEV
ALEX)ANDER AVG, der Revers zeigt den Kaiser nach rechts gewendet in
ganzer Figur und in Kriegsrüstung, den Spiess in der Linken; rechts und hnks
vom Bilde die Buchstaben S und C; die Umschrift: RESTITV-TOR MVN. >)
Da der Bauplatz von Kindern als Spielplatz benutzt wird und Hunderte
von Menschen täglich ihren Weg über den nur ein Paar Schritt von der Fund-
stelle laufenden Fusssteig nehmen, so ist es durchaus nicht ausgeschlossen,
dass die Münze durch irgend einen Zufall erst in unseren Tagen hierher geraten
ist, zumal sie dicht an der Oberfläche lag.
') Die sehr undeutliche Umschrift ist vom Intendanten T. Wsenerbcrg entziffert worden.
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FUNDE VON WEBERSCHIFFFÖRMIGEN FEUERSCHLAG-
STEINEN AUS QUARZIT.
fors. Die Buchsi
n derselben Kuli
p (schwedisch) P
n 1 - ü d» laaflfD Kolumne verwrisen wi( die enlapn
c bedeutet Rille aa den Sriimidseiten der Steine. la d
Landschaft
Museum
Grösse.
1
oder
Länge X Breite
Typus.
Angaben über den Fundort und
Kirchspiel.
Hinweis auf
Literatur.
xHöhe
die Fundumstandc.
1
1
Saltvilc
1523
12X3,4X2^
aR
Grabhagel bei Rangsby.
II
E^ntlichti
FIlMlMd.
1
1
1
Bjemo
3187: 44
7^X4,«X2,7
f
Acker des Bgt Aihio. [
2
d:o
2912:156
8^X4,4X2,«
d (höher) R
Niedrig belegener Aclter des Bgt Ku-
mionpaa. ,
3
&.0
2912: 157
8,8X5X2^
d (höher) R
Niedrig belegener Acker des Pfarr- 1
gutes, 1/4 km von der Pfarre. |
4
d:o
3106:11
Bruchstack
-
Brandgrab auf dem Hügel Tiikki- 1
nummi, vergl. Fund 5, S. 26. j
5
SuomusjBrvi
3959:2
7,1X4,8X3^
b (breiter) R
In einem Stein hDgel grab (?) auf einer
Anhöhe bei Piekkala, Dorf Taipale.
6
Halikko
3696:2
9^X4^X3
g
?
7
Sagu
Abo A 91
9^ X 4^ X ?
c— d R
?
8
d:o
Abo A92
8^ X 5 X 2^
d
? 1
9
d:o
4162:41
10x5,1X3,8
b
Niedrig belegene Wiese, namens Iso-
niitty, 1 km SW vom Pfarrhofe. i
10
Pemar
Abo A 164
9,8X4X2,*
b R
? '
11
d:o
2414: 21
9,4X4,8X2,4
c
Beim Torp Herrankartano. |
12
Abo
Samml.
Anteil
13
St. Marie
Abo
8,8X5,4X3,8
c-d
Auf dem ehemaligen Flaue der Stadt
Abo bei Korois.
14
Reso
Abo A 98
7,6 X 4,6 X 3
f
Sandgrube bei dem Gute Pemä.
15
Nousis
4258:4
8,1 X 4,4 X 2,7
*^
Dorf Nummis, in einem Sandhaufen
an der Landsirasse.
16
Nykyrko
FFT VII
1
S, 180
-
-
Dorf Tammisto. |
dby Google
Landschaft
und
Museum
oder
Grösse.
Länge X Breite
Typus.
Angaben Ober den Fundort und
Kirehspiel.
Hinweis auf
Uteratur.
XHöhe
in cm.
die Fundumstande.
,„
Sdakmla.
1
Hinnerjoki
3640:25
8^X4,7X2^
"
Acker des Bgt VainiUlo, Dorf Hinner-
joki.
2
Kiukais
Bjömeborg
Bidrag33,
S. 93
—
_
Dorf Makela (?).
3
d:o
Bjömeborg
8,»X4,IX?
"
Wiese Tullinmaa 1 km vom Bgt Mftki-
kallio, Dorf Köylypolvi.
4
d:o
Stockholm
10649
10^ X 4,7 X 2^
d R
'
5
Kjulo
Björneborg
8^X4,7 X?
b— c
6
Korrmork
Bjomeborg
7^X4^X2,4
d R
?
7
d:o
BjArneborg
8^ X 3,4 X 2,7
a— b R
?
8
Hariavaltt
Bjömeborg
9^X4X2,1
a R
Gekauft vom Bauer Suomela.
9
Kümo
2065:101
8,4X5,5X3
d höher R
Dorf Köömila, Bgt Juupeli.
10
d:o
2572:402
BruchstOck
d R
Acker des Bgi Ikala, Dorf Slpila.
11
d:o
2389:4
8,1 X 5,1 X 2,S6
d R
Torp Hyytü, Dorf Paistila.
12
d:»
3441:38
8,1X4,1X2,»
d R
Acker des Pachters Stenman, Bgt Kylfi-
Köörikkä, Dorf Paistila.
13
d:o
Samml.
Anteil A 587
7X4,.X3,«
d— e (hö-
her) R
?
14
d:o
4154.5
7,1X3,8X2,4
beschädigt
Gekauft im Torp Pyssymäki.
15
KeikkiO
4154:4
8,7X4,8X3
«^
Am Flus.sufer bei der Fahre beim
Dorfe Karhiniemi.
16
Kiikka
Bjömeborg
8,*X5,sX2,i
b-d R
Acker des Bgt Tammela, Dorf Gud-
mundulft.
17
Tyrvis
2065:107
8x5,4x3,1
d-e R
Dorf Tyrvis.
18
d:o
2201:668
7,7X3,4X2,»
c
Acker des Bgt Ranlajoki.
19
d:o
3467:8
—
d
Bgt Koivula, Dorf Koivula.
20
d:o
4294
9,4X4,6X3,4
b
Acker des Bgt Wilppala, Dorf Rois-
21
PiiDkalaidun
3135:9
9X4,5X3
c
?
m
2102: 272
9,6X4,5X3,4
c-d R
Acker bei der Kirche von Metsämaa.
23
Tottijfirvi
2050
10,SX 3,8X2,8
aR
Torp Ala-Pihnala, Gut Laukko.
-
d:o
2902:9
BruchsiDck
d (schma-
ler) R
Acker bei Norkula{?).
dby Google
1 ' Undschaft
' ! und
1 ' Kirchspiel.
1
Museum
oder
Hinweis auf
Literatur.
Grösse.
Länge X Breite
X Hölie
Typus.
Angaben Ober den Fundort und
25'
Wesilahti
3586:1
8,s X 4,» X 3,1
c-d R
Auf dem Areal des Torp Lahteen-
mskl, Bgt Toikka, Dorf KaakUa.
26,
Lcmpäfilä
562
7,4X4,8X3,.
c-d R
? 1
h'l
d;o
1996:53
10 X 5,1 X 3,6
c R
Gekauft im Dorfe fnnilä.
28
d:o
1996:57
8,9X4x2,2
a-d K
Gekauft im Dorfe Aimälä.
29:
d:o
1996:58
8,5 X 4,3 X 3,25
^
Gekauft im Dorfe Äimälä. |
jaol
Kangasala
1996:54
9 X 3,s X 2fi
s
Acker des Torp Humpia, Bgt Frantsila. .
Sahalaliti
Orilivesi
Birkala
Ylöjftrvi
Wiljakkala
Ikalis
Jamijfirvi
Kankaanpaft
1996:55
1996:56
2101:186
2525:287
2574:4
3539:8
3135:8
2125:223
2877:17
2519; 2fö
2902:8
2101:188
2218: 165
2702:3
1619
2024:19
2066:125
2147: 480
2886:8
710
I 9,4 X 5,0 X 2,J
' 9,5X4,7X2,3
I 9,2X5x2,1
I 7x4,9X2,8
'. 9X4,1X3
1 7,as X 4,1.1 X 2,5
b-d R
d R
c— e R
9,1X4X3,» I c
8x4,1x2,8 ! c-d K
8,«5X 5,25X4,^1 c— d R
9,6X4,jsx2,«! a— d R
8,4X3,9X2^
8,9 X 4,* X 2,1
8 X 4,85 X 2,65
7,ffi X 4,as X 3,6
8,88X4X2,8
8,8X4,^X3,4
11,1X3,8X3^
7,2X4,6X3
7,76 X 4,86 X 2,4
9,4X4,1X2,6
10,1 X 4,» X 3/»
8,1X4,8X3,1
2532;333 , 10x4,1X3,9
a-d R i
d R
b R
b R
d R
d R
b-dR
b R
d (höher) K
b R
Gekauft im Bgt Pcmula, Dorf Ohtala.
I Landzunge Wataporo bei Waaksy.
, Acker des Bgt (7) Kivi&inen.
' Acker des Bgt Jaakkola, Dorf Hykölä. 1
' Acker des Gutes Herttuala.
I Unter der Brücke der Landstrasse bei |
I Heikkilft, Dorf Warela.
i ? ;
I Acker bei „Melin-Mäkeiä". '
I Acker, Dorf Koivunieml.
' In einem Sumpfe, 1 m tief, Bgt Yli- '
I Nikkila, Dorf Leinola. !
Gekauft im Bgt Litukka, Dorf Wihola. I
Acker des Bgt Teivola. ,
Gekauft im Dorfe Liimola. i
7
Beim Fundamentgraben 1 Vi m tief, |
Bgt Iso-Kauppila, Dorf Mahnala.
Hochbelegener Acker, Dorf Mahnala. ]
? i
Acker des Salonen (?), Dorf Uskela. i
Acker, Dorf Kartie. I
Dorf Kolkko, in einem Sumpfe am See i
Kyrösjärvi bei Ikalis. |
Acker des „Kronoboslället", Dorf
Kurkela.
1070
1941:6
10,8 X 5 X
8,1 X 5,ffi >
dby Google
Landschaft
' Kirchspiel.
i T
56 Lavia ;
1 57 SuodcDniemi i
1 I JokkJs
2 , Tammela
3! d:o
Museum
Hinweis auf
Literatur.
i 2147:479
2575:2
Hausjärvi
Janakkala
Grösse.
Lange X Breite
XHöhe
8^X5X3^
7,iiX2^X2^
2020:2
2203:732
3947:3
3475
1869:64
1139
3453:22
3547:12
3547:13
1778
2218: 163
1933:1
7^X4^X3,*
7,5X4,irx2
8^X4^X2,1
7 X 5 X 3,7
8,5X4x2^
8,8X4,1X2,3
8,» X 4,1 X 2,1
7,8X5,5X3,5
lVx3,BX1,t,
6,itx4^x2,j
12 x 3,8 x 3,7
X 3,8X2,1
7,4 X 4,1 X 2,1
7,* X 5 X 3
Bruchstück
11,86X3,4X2,8
),iX 5,2X4,2
,2X4,sXl,s
,7X4,7X3,1
Angaben Qber den Fundort und
die Fundumstande.
b(breiter)R AckerdesBgt Alamanninen.DorfRiiho.
a R Im sumpfigen Terrain an der Grenze
gegen das Kirchspiel Mouhij&rvi.
c — d R Im See Löyiänäjfirvi an der Grenze
gegen das Kirchspiel Ruovesi.
1 Auf einer Auktion in Teisko gekauft.
d (höher) R ' Torp Hautala, Bgt Riihimäki.
!
d R
Dorf Waulampi.
Im See Pyhajlrvi.
Gut Forssa.
Am Ufer eines Sees bei Korteen- :
niemi, Dorf Letku. |
Niedrig belegene Wiese des Gutes ,
Uotila, am Nordende des Sees Lo- ,
In einem Sumpfe, Gut Kormu.
Gekauft im Torp Hirvenoja, Dorf Ois.
Am Ufer des Sees Haapaniemenjärvi 1
bei der Brücke von Kommio. I
Gut Harviala, im Sumpfe Kirrinsuo. ,
d (höher) R Bei dem Gutshofe Harviala. '
Im Acker des Bgt Mattila, Dorf Kan-
kaantaka.
b K
d R
b R
b— d R
d R
d ( höher) R i
Im Boden eines ausgetrockneten Sees.
Gekauft in Kenko. Soll vor mehr als
100 Jahren bei Koutio in Kalvola
gefunden worden sein.
Gekauft im Dorfe Ylijoki.
Dorf Taloila am Ufer der Bucht UJtta- ;
munlahti, See Rautunselka.
b(breiter)R Beim Bau des Walkeakoski-Kanals. i
d R Acker des Bgt Oitti, Dorf Rilvala.
c I Im See Rautunselkä, unweit vom Ufer
bei Gut Kouho.
dby Google
J
Tyrväntö
Hollola
Hauho
Padasjoki
Korpilahti
Museum Grösse.
oder Lange x Breite
linweisauf, xHöhe
Literatur. in cm.
35 Kuorehves
36 Saarijarvi
Kivijärvi 1
Konginkangas ^
2066:137
2102:269
2102: 270
1869:62
1869:63
3910:6
1869:61
2101: 195
4022
1894
2218: 164
2218: 167
3078:9
2064:5
2331:23
?:171
Angaben über den Fundort und
die Fundumst&nde.
1 8,1 X 4,3B X 2,7 c Bgt (?) Mettanperä. l
I 8,i£X 4,9X2,6 d R Acicer des Gutes KanLaanpftä. I
I 9,13X4,9X2,6 b R j Acker des Bgt Salmi, auf der Land- [
I I Zunge Suolaniemi. i
|8,»x4,75X2,s:b(breiter)Ri Acker des Gutes Anomaa.
I 6,s X 4 X 2 ' d — e R : An einer Haaksivalkama benannten
I ! Stelle am See Pyhajarvi. j
7 X 3,7 X 2,7 I b (unregel- 1 |
6,7 X 3,8 X 2/i
8,zs X 4 X 2,76
Bruchstück
< 3,3 X 2ß
8,e X 5,8 X 2^
7,3 X 4,4 X 2,6
8,7 X 4,sx1,?
8,8X3^X1,9
8,s X 4,66 X 3fl
nässig) R
b— d R
In dem See Pyhajfirvi.
Im Acker des Bgt Kauppila, Dorf Jär-
i Wirt des Bgt Lehdes
d (höher) R I Geschenkt \
' maki. j
bR j ?
a— d R 1 Acker des Bgt Rantala, Dorf Paino.
a R I Beim Gr^en hinter der Darre des |
I Bgt Kuuliala. |
d R ! Im Sunde Kellosalmi (Pfiijanne). I
d R I Acker des Bgt Makela, Dorf Ruotsa- 1
j lahii. ,'
d R I Gekauft im Bgt Alatalo, Dorf Paiva-
9,26X4,4X3,2 b (breiter) R In einem Steinhügel(grab ?) „in der]
I Gegend von Pihajainen" (?). 1
a— d R I Am Ufer des Flusses Löyt&nönjoki, in ;
der Nähe des Sees Woriejflrvi.
b(breiter)R Acker bei Leppälä. '
9,11X4x2,5 I b (niedri- , I
j ger) R j Am Ufer des Sees Keitele, Bgt Raihä, [
I I Dorf Kalaniemi. |
8,8 X 4,8 X 3 I b R I Lange verwahrt im Bgt Oriaho, Dorf j
i : Purala.
9,8X4,5X2,4 j b— d R I Acker des Bgt Keihari, in der Nahe
I . des Sees Keitele. '
9,2X5,3X3,8 lb(breiter)RI Acker des Bgt Kangas, in der Nähe'
I j des Sees Keiiele. !
dby Google
Hii
Museum GrOsse.
oder i Länge X Breite
' X Höhe
Literatur I in cm.
Angaben Ober den Fundort und
die Fundumstände.
2029:170
3354; K
3354:83
244
8,«X4,»X3^
8X4^X2
7^x5,tx2^
9x5,1X2
d (höher) R
d (höber) K
d R
Acker des BgtSiekkiiaamSeeEiamä'
järvi.
Acker des Bgi Siirtola am See Et&mfl-
järvi.
Acker des Bgt N&reharju, E>orf Se-
läntaus.
Lappfjärd
Öfvermark
2161
Schwed. Ly-
ceum, Wasa
lOjs X 4,7 X 2,4
c (niedriger)
I 6 Perfiseinäjoki
7 Scinäjoki
2831:27
2961:21
2^1:998
2961:22
745
1031
2216:862
2392:95
2038:9
2038:10
2038:11
2038:12
2066:354 .
2950:9
XZ30:2
Schwed. Ly-
ceum, Wasa,
55
7,8X4,1X2,8
7,8X4,8X2,s
i 9,01 X 4,6 X? 3,»
' 9,4X4,7X3
! 8,85X4,8X2,66;
9,» X 4,6 X 3,s
8,5X5,8X2,1
7,5 X 4,75 - 2,«
8,iX4,«x3,« b
8,9 X 3,8 X 2,»
11,8x4jiX2,8
10,8 4- 5,8X3,55!
11
< 4,6 X 2,8
9x4,7X3,9
8,8 X 4,8 X 2,4
8X5,5X
b R
d R
-b R
-d R
b R
d R
Auf einem bewaldeten Hagel 2 km O
von der neuen Kirche, beim Graben.
Gekauft im Bgt Wanhatalo, Dorf Koski-
Acker, Dorf Niemi.
Acker des Gutes Koukola, Dorf Hirvi-
järvi.
Gekauft im Bgt Jokihaara.
Acker des Bgt Aiakotila, Dorf Kotila.
Acker des Torp Maenpää.
Acker des Bgt Alafossila.
Acker des Bgt „Rintaneiro" (?).
Acker des Bgt Sihtula, Dorf Peltoniemi,
Bgt Siikala(?).
Dorf Kylänpää.
Bgt Heikkoola,
Acker des Bgt Hölsftlä, Dorf I^hti.
Bgt Kirpula, Dorf Lahti.
Bgi Tarkka, an der Grenze z
Stör- und Lillkyro.
Dorf Orismaia.
dby Google
Landschaft
und
Kirchspiel.
Museum
oder
Hinweis auf
Literatur.
Grösse.
Länge X Breite
XHöhe
in cm.
Typus.
Angaben ftber den Fundort und
22
Storkyro
712
9,<X 4,1X2,8
a-b R
7
23
d
2086:351
8^X3^X2,1!
b R
Dorf Palo.
24
d
2086:352
8,75X3X2,1
a R
Bgt Wentelä, in der Nähe der Kirche.
25
d
o
2086:353
8,2X4,8X3,»
b-cR
„Soinimalta" (Soinin maalta?).
26
d
o
2218: 166
7,85X4,4X2,76
d R
Gekauft im Dorfe Pemola.
27
d
Wasabladet
1874, 4, 7
-
—
Bei Lehmäjoki.
28
d
o
2814: 13
7,8X4,7X1,8
d R
Acker des Bgt Taipale.
29
d
o
2831:10
10,5X4,96X3,4
g
Acker des Pfarrgutes.
30
d
o
2907:21
8,6X4,7X2,»
c-d R
Acker, Dorf Palo.
31
d
o
3403:5
7,8X4,8X3,2
c R
Bgt Knuutila, Dorf Wemelä.
32
d
o
3552:1
11,8X4,5X3,7
b R
Bgt des Jaakko Ollila, Dorf Pemula. |
33
d
o
4125:4
11,;sx4,BX3,a
S
Acker „des J. Waisma- , Dorf Loukko (? 1
34
Lillkyro
1098
7,4 X 4,1 X 2.4
d R
tnselLehtisaariimSunipfcHälvanneva.
35
d
o
1970
8,8X4,7X2,9
d R
Wiese des Bgt Wanhata, Dorf Jflrvikylä,
36
d
o
2086:350
10X4,5X2,»
c
Dorf Tervajoki.
;37
d
o
2386:80
8,86X4,7X3,*
b-d R
Bgt Huovari, Dorf Perklö. '
38
d
o
2536:357
9,8X3,8X2,7
b R
Acker des Bgt Solkela, Dorf Saarenpfiä.
39
d
o
3292:4
7,45X4,7SX2,S
d R
Bgt Lampi, Dorf Tervajoki.
40
d
o
Wasabladet
1874: 4, 7
-
—
Loukko, Dorf Saarensivu.
41
&.0
4157
10,iX 4,5X2,66
b-d R
Auf dem HQgel HöysöUnmäki, Bgt,
Ruilo, Dorf Tervajoki, beim Anlegen .
eines Grabens. 1
42
d:o
4264:40
Beschädigt
d R
In einem Sie inhQge (grab auf dem
HQgel Aiitomäki, Bgt Ruilo, Dorf'
Tervajoki.
43
d:o
4367
7,»X 6X2,8
'
Auf dem Hügel Myllymfiki in einem
von Wald umgebenen Acker des
Bgt Kauppi, Dorf Metsämulto. |
44
Laiheia
2793:13
9fi X 4,« X 3
c-d R
Acker des Bgl Nystilä, Kirchdorf. j
45
d
2831: 17
8,4 X 3,56 X 2,1
a-bR
Wald Hictametsä, Dorf Kylänpftä.
46
d
3292:5
9,8 X 4,1 X 3,6
b-c R
Dorf Kupparla.
47
d:
3864:8
9,35 X 4 X 2,86
b R
Gekauft im Dorfe KSyppälä. '
48
Vörä
2910:4
7,1 X 4,8 X 2,7
d-cR
Dorf Koske. 1
49
d:o
3203:3
9,7 X 3,9 X 3,1
b R
In einem Acker, namens Storkärr, Bgt
1
Äkers, Dorf Lotlaks.
dby Google
I-andschaft
und
Kirchspiel.
Museum Grösse,
oder Lange X Breite
Hinweis auf xHOhe
Literatur. 1 in cm.
Typus.
Angaben Ober den Fundort und
50
Kuortane
2634:477
9,»X4^X3,s
c R
Acker des Bgt Knuuttila.
51
Lappo
Schwcd. Ly-
ceum, Wasa
7,8X4,4X2,58
c-^d
?
52
d:o
2392:96
8,ax 4,6X2,4
c-d
In einem Sumpfe, Kirchdorf.
53
d:o
3517: 15
6,»X4,BX2,8S
e
Acker, Dorf Ruha.
54
d:o
2814:3
9,«X3,»x2,»
a— b'R
Wiese.
55
YlihOmift
2239:901
8,6X5,8X3,*
d R
In einem Sumpfe, Dorf Rannanjlrvi.
56
Alah&nnä
Schwed. Ly-
ceum, Wasa,
N:o 44
ca9x4,sx?
c
Bgt Haapajärvi.
57
d:o
1240:1
10,8X5,5X3,7
b-c
Wald des Pfarrgutes Nukala, 2 km vom
Lappoälf ; an derselben Stelle soU frü-
her eine eiserne Axt gefunden sein.
56
Munsala
2563:2
e,iX4,ix3,s
c R
?
59
d:o
Schwed. Ly-
ceum, Wasa,
1 Zusammen „an einer niedrig belege-
N:o 1
ca9,ix4,8X?
b— d R
[ ncn Stelle" gefunden.
60
d:o
d:o N:o 2
ca8,*X4,sx?
b-d R
)
61
d:o
Wasabladei
1874: 4, 7
_
„
Acker in der Nahe der Kirche.
62
AlajATvi
Wasa
_
—
?
63
Alajarvi oder
Lappajftrvi
Ostcrboltens
Histor. Mu-
seum, Wasa
9,4X5,4X3,1
b-d R
. ?
64
Li^pajarvi
Kopenhagen,
Suomi 11, 9,
S. 11
V
—
Insel Kaminsaari im See Lappajftrvi.
65
d:o
2675:521
7,»X4,BX3,s
b— d R
Acker, Dorf NysSlä.
66
67
Kronoby
d:o
1 FFT XIV,
( S. 78
-
-
} Acker des Bgt Lillskrubb.
68
Kelviä
2067:12
11,2X4,1X2,2
a-b R
Acker des Bgt Pirkola.
69
Uleäboi^
2871:5
8,2X4,8X2,»
b R
Acker des Bgt Koskenniska oder Laati,
Dorf Sankijoki.
70
Uujärvi
3671:49
11,8X9,4X1,86
c
Acker des Bgt Järvi, Dort Yliniska.
71
Sotluimo
1999:2
8,1 X 4,1 X 2,»
c-d R
Acker des Bgt Anttila, Dorf Nuas-
järvi.
■72
Puolanko
1592
Bruchstück
d R
Bgt Raappanamäki.
dby Google
I^ndschaft
Museum
Grösse.
1
oder
Länge X Breite
Typus.
Angaben über den Fundort und ,
Kirchspiel.
Hinweis auf
Literatur.
XHöhe
in cm.
die Fundumstfinde.
1
73
Kuusamo
3141
8,1 X 4,1 X 3,B
b-c R
Acker des Bgt Latvala am See Vasara-
pera. 1
74
Kemi
Uleäborg 153
9,BX 4^X2,8
d
Hagel Piiponkangas, Bgt Yli-Tiekso,
Dorf SaarcnkyU.
75
Rovaniemi
3276: 20
9,1 X 3^ X 2,s
a R
Acker des Bgt Mäkimatinmikko (?),
Dorf Jaatila.
76
d:o
1969:107
9,1X4,1X3,5
b R
Am See Simojfirvi, Bgt Putkivaara.
77
d:o
FFT V, S. 35
-
-
Am Ufer des Ounasjoki, Bgt Hiukka. .
VI
Nylud.
1
1
Karis
4317
9,8 X 4,7 X 3,e
c
Acker des Bgt Smeds, Dorf Finnby.
2
Snappertuna
568
8,7X4,8X2^
"
Acker des Gutes Huskvam bei Rase- '
borg.
3
d:o
2794:21
13,8X5,6X3^
8
In einem Graben, Bgt Kurby.
4
Karislojo
3774: 5
8,eX4,*X3,s
"=
Acker am See Lojosjö, Bgt TfllmÄ,
Dorf Harjänvatsa. [
5
SvartA
Äbo, FFT
'
IV, S. 85
7,4
—
Bgt OUa, Dorf Mjölnarby.
6
Lojo
d:o FFT
rv, S. 97
6,2
_
Am Ufer des Lojosjö, Gut Laxpojo. l
7
d:o
d:o d:o
6fi
—
Acker des Torp Löfkulla, Bgt Koivula.
8
d:o
d:o d:o
6,8
—
Acker am Ufer des Lojosjö bei Larpojo.
9
d:o
Samml.
Anteil A. 586
8,iX4,ä
d
Dorf Wirkby.
10
Wichtis
2218: 162
8,» X 3,7X2,»
«R
Gekauft im Torp Ojala, Dorf Wiht-
jarvi. j
Gut Irjala.
11
d:o
2346:144
Bruchstück
b— d R
12
d:o
3105:16
7,4 X 4,4 X 3,s
'=
Acker des Torp Ahola, Bgt Uukas, 1
Dorf Niuhala. ,
13
Pyhäjarvi
Prot. 0. Eng-
Stroms
1
Samml.
-
-
? 1
14
SjundcA
2726:18
8X4,SX2,»
d R
Acker des Torp Längvik am Ufer des 1
Sees Annilanjärvi.
15
Kyrksifitt
3668
8,7X5X3^
d (höher) R
In einem Sumpfe. '
16
Helsingfors
3425:2
9,7 X 3^ X 3
e
Zwischen dem jDdischen Friedhofe
dby Google
Landschaft
I und
Kirchspiel.
!
1 7 Hclsingfora
' 18 Heisinge
19 ! Strflmfors
Museum | Grösse. I '
oder Lftngex Breite I -p^-nu, ! Angaben Ober den Fundort und
Hinweis auf X Höhe
Literatur.
Abo, FFTIV
Samml.
Anteil
2346:133
2346:143
LeppAvirta
Kiuruvesi
Eigentliches
Finnland?
Angelnicmi,
Eig. Finnland?
Satakunta od.
Tavastland?
Typus,
die Fundumstande.
„Im Garten des Kantors Vestrin" (1859).
8,»x5x4 I
8,7X3,»x2,t
c Dorf Haavisto.
a— d ! Dorf Wastila.
1922:401 7,8X4^x3,* ■ b— d R 'Dorf Humalaisiinkylä.
2296:22 ' 7,« X 4^x3 b— d R Gciiauft im Dorfe Tiuri.
1922:386 7^x4^x2,5 I b— d R 1 Dorf Metsäpirtti.
3809 j 7,»X4,7X2^ j d R j ?
2885:12 10,xx5,iX2,> b(breiter)K Gekauft im Dorfe UusJIcyU.
2042:9 ] 10x4^x3^
i
ca9x4,*X?
8^ X 4^ X 2,9
7,ifix5,sX2,*
8,8X4,8X3
Schwcd. Ly-
n,Wasa
a R Bei der Regulierung der Stromschnelle
j Waahtavankoski, Dorf KaatAnmaa.
b R Bgt Haapakumpu, Dorf Remekselfi,
am Wege zwischen der Kirche und
Dorf Luupue.
d (höher) R Geschenk eines Bauern wirt es in Kok-
kita, der den Stein von einem Hau-
I sierer gekauft.
Eingesandt durch Kector Th. Malin in
Tammerfors (1896).
Eingesandt durch Hrrn U. Brummer
mit Gegen.siänden aus den Ksp.
Joutsa,Leivonmäki,Hartola,Ileinola.
dby Google
■ Landschaft
1 und
' Kirchspiel.
Museum
oder
Hinweis auf
Literatur.
Grösse.
Lange X Breite
XHöhe
Typus.
Angaben über den Fundort und
6 Östcrbotten?
Schwcd. Ly-
'
ceum, Wasa
7^X5,4X3
e
?
7 1 sodliches
1 Finnland
Samml. des
Intendanten
T. W«ner-
berg, Hel-
singfors
—
?
8 1 Finnland
Samml. des
Mag. E. S.
Nordström,
i
Helsingfors
-
-
?
dby Google
DIE GRÄBER. DIE ALTERTÜMER, IHRE
HERKUNFT UND ZEITS TELLUNG.
Mustern wir die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Funde im
Hinblick auf die Umstände, unter welchen sie zum Vorschein gekommen sind,
so sehen wir, dass die überwiegende Mehrzahl der Funde, welche Metall-
gegenstände enthalten, aus Gräbern stammt, während die weberschiff förmigen
Steine mit wenigen Ausnahmen Bodenfunde sind. Da die letzteren zum aller-
grössten Teil einzeln gefunden sind, so gewährt uns ein Studium ihrer Fund-
umstände nur spärliche Einblicke in die Kultur, die Lebensweise oder die
religiösen Vorstellungen der damaligen Bewohner Finnlands. Bios einige we-
nige aus Sümpfen und Seen gehobene EJiempIare dieser Steine werden als
Votivfunde bezeichnet werden können, die grosse Menge der übrigen gehört
ganz im allgemeinen in die Kategorie der Einzelfunde. Unter den Funden mit
Metallgegenständen sind es eigentlich nur die unter Nr. 16, 16 a und 16 b be-
schriebenen Goldfunde, welche mit einiger Wahrscheinlichkeit als Votiv- oder
Depotfunde angesehen werden können, während von den übrigen 91 Nummern
unseres Verzeichnisses nicht weniger wie 77 die Beschreibung von sicheren
Grabfunden enthalten, welche mit Ausnahme der Nr. 15, 17, 18, 36,43,45,50,
52, 53, 62, 81, 83-88 durch sachverständige Personen aufgedeckt worden sind.
Der Rest besteht aus vier Einzelfunden {Nr. 13, 14, 51, 82 und die Münzfunde),
imd sechs anderen aus mehreren Gegenständen zusammengesetzten Bodenfunden
(Nr. 1, 10, 28, 44, 46, 49), welche bei dem Mangel an genaueren Aufschlüssen
nicht näher charakterisiert werden können. Grössere Moorfunde, wie sie aus
Skandinavien und dem Ostbaldcum vorliegen, fehlen in Finnland aus der Zeit
vor dem J. 500. Ebensowenig ist man hier auf datierbare Reste von Nieder-
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112 DIE GRABER.
lassungen jener Zeit gestossen. Um die Kultur des damaligen Finnlands kennen
zu lernen sind wir daher in erster Linie auf eine Prüfung der Grabfunde an-
gewiesen und beginnen deshalb mit einer Betrachtung der Gräber selbst, welche
wir oben als Grabhügel und Flachgräber kennen gelernt haben.
DIE GRÄBER.
Die Grabstätten aus den fünf ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung
sind meistens auf dem Rücken oder den Abhängen niedriger Anhöhen angelegt,
von welchen sich oft eine weite Aussicht über das umliegende Gelände
eröffnet. D^egen liegen sie, wenigstens im Eigentlichen Finnland und in
Satakunta, seltener auf höheren bewaldeten Beiden. ') Die Steinhügelgräber,
welche man im Küstengebiet des südlichen und südwesdichen Finnlands so
häufig auf den höheren Bergkuppen tronen sieht, dürften zum grössten Teil
der Bronzezeit angehören. ^ Während diese Steinhügel oft weit ab von jetzigen
Ansiedelungen liegen, sind die bisher untersuchten Grabplätze der älteren
Eisenzeit nicht selten von Ackerland umgeben und in der Nähe von Gehöften
und Dörfern belegen. Eine Ausnahme hiervon bilden viele der österbottnischen
Grabhügel, welche wie z. B. die Gräber von Tervajoki (Fund 62 — 81)iniKsp.
Lillkyro und die von Langerskogen und Storsjöiandet (Fund 53 u. 55) im
Ksp. Malaks im dichten Walde und in grösserer Entfernung von den Dörfern
liegen. ^) Selten liegt ein Grab der älteren Eisenzeit ganz isoliert, meistens finden
sich ein oder mehrere andere Gräber in der Nähe, welche allerdings zuweilen
aus einer anderen Periode stammen können. So lagen bei Wahala, Ksp. Lappi,
drei Steinhügelgräber neben einander, von denen eines einen bronzezeitlichen
Fund enthielt, *) während ein anderes, das oben unter Nr. 26 beschriebene,
eiserne Waffen und Geräte lieferte. Grössere Gruppen von Hügelgräbern
sind an mehreren Orten angetroffen worden: auf der Landzunge Päivänienii,
Ksp. Lempäälä, übersteigt ihre Ziffer bei Mitrechnung aller nicht mit Sicher-
heit zu definierenden grabhügelartigen Bodenerhöhungen die Anzahl von 100
1) Vergl. Fund 11.
^ Hackman, Bronzezeil, S. 361 resp. S. 98.
ä) Vergl. auch Fund 86 und die Karte von Lillkyro Fig. 84, auf welcher die meisten
Gruppen von Stein Hügelgräbern abseits von den jetzigen Niederlassungen angegeben sind.
M Hncbman, Bronzezeit, S. 363, resp. S. 109.
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DIE grAber. 113
(S. 69) ^) und auf dem Köönikänmäki, Ksp. Kümo, liegen 22 niedrige Grab-
hügel und Steinsetzungen dicht nebeneinander, wahrend ohne Zweifel ver-
schiedene andere zu Ackerland umgepflügt worden sind (S. 53 — 54). Grab-
felder von grosser Ausdehnung und aus zahlreichen Grabhügeln bestehend
sind auch die bei Kaukola und Roismala, Ksp. Tyrvis (S. 62 f.).*) An allen
diesen Orten sind die in der älteren Eisenzeit angelegten Grabfelder offenbar
mehrere Jahrhunderte hindurch benutzt worden. Andere Grabstätten, deren
Anfänge ebensoweit oder noch weiter zurückreichen, haben eine noch längere
Zeit demselben Zwecke gedient, so der Volksschuienhügel bei Letala, auf
dessen Rücken die, wie wir später sehen werden, aus dem 2. und 4. Jahr-
hundert stammenden Grabhügel Nr. 23 und 24 unmittelbar an den mit Steinen
bedeckten Brandgräbem der jüngeren und jüngsten Eisenzeit lagen, und der
Südabhar^ des Hügels von Pärkkö, Ksp. Nykyrko (S. 45—46), welcher ein
SteinhQgeigrab, einen aus Erde und Steinen gebauten Grabhügel (Nr. 21) etwa
des 5. Jahrhunderts und eine Menge Brandgräber aus der Zeit vom 6. bis etwa
12. Jahrhundert trug.*) Das heidnische Grabfeld von Yliskylä, Ksp. Bjemo,
mit Brandgräbern des 4. und 7, Jahrhunderts und Skelettgräbem der jüngsten
Eisenzeit liegt sogar innerhalb der Mauern des jetzigen Kirchhofs (S. 33).
In der äusseren Form der alten Gräber herrscht keine besondere Ab-
wechslung, denn im grossen und ganzen lassen sich nur zwei Hauptarten
unterscheiden, nämlich der mehr oder weniger runde Grabbügel und
das von einer meist viereckigen Steinsetzung umgebene Flachgrab, das
aber nicht in die Erde gegraben, sondern auf dem gewachsenen Boden an-
gelegt ist.
Die Mehrzahl der Grabbügel im Eigenüichen Finnland und Satakunta ist
aus grösseren und kleineren Steinen mit zwischenliegender Erdfüllung aufge-
baut und mit Rasen bewachsen, aus welchem einzelne Steine hervorr^en.
Einige dieser Tumuli sind mit einem mehr oder weniger vollständigen Kranze
grösserer Steine unigeben (Fund 3, 19, 27, 30, 33, 34, 37, 40). Bios aus
Steinblöcken, anscheinend ohne absichtliche Beimengung von Erde sind die
>) Heikel, Brandgrftber, Karte.
') Vcr^. auch die grosse Anzahl der gruppenweise über ein ca 1 '/a km^ grosses Ge-
biet zerstreuten SteinhQgelgrftber bei Tervajoki, Ksp. Lillkyro.
S) Der in das 1. oder 2. Jahrhundert zu setzende Halsring Kt ist auf dem Hügel Maeks-
mflkl bei Nousis gefunden worden, welcher noch in der jüngeren Eisenzeit als Grabfeld be-
nutzt worden ist (Nr. 17).
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114 DIE GEtABER.
meisten bisher untersuchten österbottnischen Grabhügel (und der Tumulus
von Wahala, Ksp. Lappi, Nr. 26) aufgeführt. *)
Die Höhe der Grabhügel wechselt zwischen wenigen cm und mehr als
2 m, ihr Durchmesser zwischen 4 und 20 m. Umfangreiche und hohe Stein-
hügelgräber kommen besonders oft in österbotten vor, während die aus Erde
und Steinen errichteten Gräber in den südlicheren Landschaften sehr oft klein
und niedrig sind, zuweilen nur aus einer Art Pflasterung zu bestehen scheinen.
Dennoch wäre es nicht am Platze ein grosses Gewicht auf den Unterschied
zwischen den nackten Steinhügelgräbern und den Grabhügeln mit Erdfüllung
zu legen, da Zwischenformen, d. h. Grabhügel mit nur geringer Erd- oder
Schuttfüllung (z. B. das Grab XXII auf dem Köönikänmäki, Fund 35) vorkom-
men und die innere Anlage bei allen Hügelgräbern dieser Zeit in der Haupt-
sache dieselbe ist. Alle sind sie auf dem gewachsenen Boden, kein einziges
über einer in die Erde gegrabenen Grube errichtet. Sehr oft steht ein grös-
serer Steinblock, der Central- oder Kernstein, ungefähr in der Mitte des
Grabhügels und ragt entweder über ihn hervor oder ist durch aufliegende'
kleinere Steine verdeckt. Die Dimensionen des Centralsteines sind mitunter
recht ansehnlich: derjenige, der in einem der Grabhügel bei Pärkkö (Fund 22)
stand, war 1,i6 m hoch, 1,8 m lang und 1,8 m breit, der des Grabes XXII auf
dem Köönikänmäki (Fund 35) 1,is m hoch und 2,6 m lang; die Centralsteine
der unter Nr. 63 und 64 beschriebenen Grabhügel bei Tervajoki massen sc^ar
1,8 m und 2 m an Höhe, und doch war der erstere kein „erdfester" Stein,
sondern augenscheinlich bei der Errichtung des Grabhügels an seinen jetzigen
Platz gebracht worden, denn unter ihm fanden sich verbrannte Knochen-
scherben, Um den Centralstein sind die anderen Steine gewöhnlich ohne
besonders grosse Soi^falt aufgestapelt. Dieselben sind von sehr verschiedener
Grösse. So bestanden die untersten Schichten der soeben genannten Grab-
hügel von Tervajoki aus grossen kantigen Blöcken, die nur von zwei oder
drei Mann bewegt werden konnten, während die höher liegenden Steine
kleiner waren und die Zwischenräume mit Feldsteinen von der Grösse eines
Menschenkopfes bis zu der eines gewöhnlichen Pflastersteines und noch klei-
neren Steinen ausgefüllt waren. Auch in mehreien anderen Grabhügeln waren
^) Einige derselben, wie z. B. die von Bauern bis auf die Fundamentsteine ^getrage-
nen Gräber von Perkiö, Nr, 59 und 61, hatten dagegen «m Boden eine ziemlich rnftchüge
(bei Nr. 61 bis Va m tiefe) Erdschicht.
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DIE GRABER. t15
die am Boden liegenden Steine grösser wie die der obereii Schichten. — Die
Anzahl der Schichten richtet sich natürlich nach der Grösse der Steine und
variiert bei Grabhügeln, welche sonst dieselbe Höhe besitzen. In den Grab-
hügeln von Parkkö {Nr. 21 und 22) lagen an verschiedenen Stellen flache
Sandsteinplatten in mehreren Schichten schuppenweise übereinander, bedeckt
von anderen kleineren Steinen und Schutt, während dicht daneben grössere
Feldsteine in höchstens 2 — 3 Schichten mit zwischenliegender Erdfüllung
übereinander ruhten. Einzelne Gräber {wie Nr. 3, 11, 19, 29, 31, 32, 34) bestan-
den aus einer einzigen Schicht Steine, welche in dem dünnen Erdlager und
dem darüber gewachsenen Rasen eingebettet Iz^en, zum Teil aus ihm hervor-
ragten. In einem solchen Grabe auf dem Köönikänmäki (Nr. 34) sollen die
grösseren unter den am Boden liegenden Steinen in vier von O nach W lau-
fenden Reihen geordnet gewesen sein.
Diese ganz niedrigen Gräber bilden gewissermassen den Übergang von
den Grabht^eln zu den von viereckigen oder unregelmässigen Steinsetzun-
gen umgebenen Flachgräbern. Solche Steinsetzungen sind bisher nur in
der südlichsten Ecke des Landes, nämlich in den Kirchspielen Bjemo und
Tenala gefunden und aufgedeckt worden. Von ihrem Aussehen geben die
Karten und Abbildungen Fig. 9, 10, 15—17 u. 32 eine gute Vorstellung. Sie
sind mit Ausnahme der etwas zweifelhaften Setzung Nr. 8 von N nach S
orientiert (Nr. 4 von NW nach SO, Nr. 8 von W nach O). Die einfachen oder
doppelten (bei Nr. 4 und 7 mehrfachen) Steinreihen, welche die innere Fläche
begrenzen, treten deutlich zum Vorschein, da die Steine, aus welchen sie ge-
bildet, zumeist recht gross sind und im inneren Räume keine grösseren Steine
vorkommen- ') Wohl kein Zufall ist es, dass bei mehreren Setzungen (Nr. 2,
6, 7) gerade an der Südseite besonders grosse Steine aufgestellt sind. — Die
innere Fläche war gewöhnlich mit Gras bewachsen, bei der Setzung Nr. 4
nur mit einer Moosschicht bedeckt. Unter dieser Hülle trat bei allen mit Kies
und kleineren Steinen vermengte Erde zum Vorschein, in welcher die Reste
des Leichenbrandes verstreut lagen; in der Steinsetzung Nr. 6 befanden sich
diese Reste teils unmittelbar unter dem Rasen, teils etwas tiefer in einer
20 — 30 cm dicken Humusschicht. Die Dimensionen der Steinsetzungen variieren
weniger wie die der Grabhügel; die kleinste Setzung, Nr. 5, misst 5,s m an
Länge und 5,* m an Breite, die grösste, Nr. 6, ist 8.7 ra lang und 6 m breit.
•) In der Steinsetzung Nr. 7 l^en auch in der Mitte einige grössere aber niedrige Steine.
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116 DIE gkAber.
In Bezug auf die Bestattungsweise herrscht grosse Gleichfömiigkeit
Beinahe alle Gräber, welche in unserem Fundverzeichnis beschrieben sind,
haben Reste von verbrannten Leichen enthalten. Nur in ein paar nicht näher
datierbaren Gräbern, Nr. 65, 69, 71, 72, 76, 79 (Lillkyro-Tervajoki), ist es trotz
sorgfältiger sachkundiger Untersuchung nicht gelungen irgend welche Spuren
der Leiche zu entdecken. Dafür zeigt aber der im Grab Nr. 65 gefundene
Fingerring deutliche ßrandspuren, und was die anderen Gräber anbetrifft, so
unterschied sich ihre Struktur in nichts von den übrigen Gräbern mit Leichen-
brand, so dass auch hier keine Bestattung von unverbrannten Leichen, welche
zur Zeit der Aufdeckung etwa gänzlich vermodert gewesen wären, vorliegen
dürfte.
Für alle oben beschriebenen Gräber mit deutlichen Resten von Leicheo-
brand ist die wenig soi^ältige Art, in welcher diese Reste niedergelegt sind,
charakteristisch. Tönerne Grabumen, hölzerne, eiserne oder bronzene Gefässe,
in welchen die verbrannten Gebeine der Leichen und die ihnen auf den Weg
ins Jenseits mitgegebenen Habseligkeiten beigesetzt wären, fehlen gänzlich.
Wohl finden sich in vielen Gräbern Scherben von groben Tongefässen ohne
Ornamente, doch sind diese Gefässe sicher nicht als Urnen benutzt worden,
denn erstens sind von ihnen in den meisten Gräbern nur wenige Bruchstücke
vorhanden, in keinem einzigen so viele, dass aus denselben ein ganzes Gefäss
hätte zusammengestellt werden können, zweitens sind die Scherben oft über
eine grössere Fläche zerstreut, als es der Fall gewesen wäre, wenn sie durch
über sie liegende Steinmassen zerdrückt worden wären, und was schliesslich
die Reste des Leichenbrandes betrifft, so finden sie sich durchaus nicht blos
in der Nähe von Tongefässscherben. Da nun auch die Gräber, welche keine
Topfscherben enthalten haben, sich in ihrer Anlage von den mit solchen
Scherben au^estatteten nicht unterscheiden, so lässt sich nicht daran zweifeln,
dass die Tongefässe in unseren Gräbern einem anderen Zweck gedient haben
als dem, eine schützende Hülle für die gebrannten Knochen und Beigaben zu
bilden. Man vrird in ihnen Behälter für Speise und Trank sehen können,
welche mit der Leiche dem Feuer geopfert wurden. — Sucht man in den
Gräbern der älteren Eisenzeit nach den Resten des Leichenbrandes, so findet
man sie also nicht gesammelt in Urnen, auch nicht in Steinkisten, wie sie in
einigen finnländischen Steinhügelgräbern leider ohne chronologisch bestimm-
bare Funde angetroffen sind, sondern man entdeckt sie in kleineren und grös-
seren Sammlungen verstreut entweder am Boden des Grabes, wo sie zwischen
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DIE GKABF.R. 117
und s(^ar unter den Steinen liegen, oder auch in den höheren Teilen des-
selben auf den Steinen oder eingebettet in der Erdfüllung. In den ganz nie-
drigen Grabhügeln und in den Flachgräbem mit Steinsetzung treten sie un-
mittelbar unter dem Rasen zum Vorschein. ')
Die Menge der verbrannten Knochen ist in unseren Gräbern eine
sehr verschiedene. Während z. B. in der Steinsetzung Nr. 7 auf dem Tiikki-
hügel nur 50 — 60 Knochenscherben aufgelesen werden keimten, betrug das
Gewicht der verbrannten Knochen, welche in der unweit davon gelegenen
Steinsetzung Nr. 6 gesammelt wurden, nicht weniger wie 15,8 kg. ^ Dieser
grosse Unterschied — man vergleiche auch die in Anmerkung 2 angeführten,
untereinander sehr abweichenden Quantitäten der verbrannten Knochen aus
einigen anderen Gräbern — ist in mehr als einer Beziehung beachtenswert.
Er beweist zunächst, dass man beim Sammeln der gebrannten Knochen vom
Scheiterhaufen nicht ängstlich bemüht gewesen ist eine jede Scherbe aufzulesen
1) Da in der Steinsetzung Nr. 6 nahe beieinander drei Schildbuckel mit der Mondting
nach oben gekehrt und mit Knochenscherben angefüllt gefunden wurden, so kOnnte es den
Anschein haben, jene Buckel w&ren an Stelle von Urnen als Beh<er fOr den Leichenbrand
niedergelegt worden. Da aber andererseits in ihrer unmittelbaren Nahe und rings um sie
herum ebenfalls grosse Mengen von gebrannten Knochen lagen, so dürfte sich die Sache in
Wirklichkeit so verhalten haben, dass die Buckel zuerst niedergelegt und darauf die ge-
brannten Knochen über sie und ihre n&chstc Umgebung ausgebreitet wurden, wobei ein
Teil derselben vielleicht mehr zufallig in den Hohlraum der Buckel geriet, wfthrend die
Hauptmasse ausserhalb dieser zu liegen kam.
•) Es konnten an verbrannten Knochen gesammelt werden: in der Steinsetzung Nr. 2
bei Bonäs — 0,3 kg; in der Steinsetzung Nr. 3 bei Lupaja — ca 0,Bi kg; in der Steinsetzung
Nr. 4 daselbst — \fi kg; im Grabhügel bei Parkks Nr. 22 — 2,1 kg; im GrabhQgel III auf dem
KMnik&nm&ki (Nr. 30) — 0,u kg; im Gr^hügel VIII da.selbst (Nr 31) — 0,a kg; im Grabhügel
IX das. (Nr. 32) - 0,i3 kg; im Gr. XII das. (Nr. 33) - 0/b kg; im Gr. XXI das. (Nr. 34) -
6,« kg; im Gr. XXD das. (Nr. 35) - 0,is kg; im Gr. Nr 59 bei Perkiö - 3,3 kg; im Gr. Nr. 60
das. — 1,« kg; im Gr. Nr 6t das. — 2 kg; im Gr. Nr 64 bei Tervajoki - 0,4 kg; im Gr. Nr. 78
bei Tervajoki — ein einziger Knochensplitter. Weiter oben ist bereits hervorgehoben worden,
dass in einigen Grabhügeln überhaupt keine Reste der verbrannten Leichen angetroffen
worden sind. — Auf das Sammeln der verbrannten Knochenscherben wird neuerdings von
finnl&ndichen Forschem bei Grabuntersuchungen die grösste Sorgfalt verwendet. Die hier
mitgeteilten Gewichte entsprechen daher sehr nahe dem Quantum der verbrannten Knochen,
welche sich in den Grftbem vorgefunden. Dass ein kleiner Teil der Knochen auch bei einer
sorgfältigen Durchsiebung der aufgegrabenen Erde unbeachtet bleibt, wird sich nicht leicht
venneiden lassen kfinnen. Die faktische Menge der Knochenreste wird also ein wenig über
die obigen Angaben hinausgehen.
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und zur Grabstätte zu bringen, sondern dass man sich meist mit einem Teil
derselben, welcher gewissermassen die Leiche repräsentieren sollte, begnügt hat.
Wenn wir mit Hostmann als das durchschnitdiche Gewicht des frischen
Skeletts 5 kg und als das der geglühten Knochen 3 kg annehmen ') wollten,
so stellte es sich heraus, dass nur die Steinsetzung Nr, 6 bei Lupaja, der Grab-
hügel Nr. 34 auf dem Köönikänmäki und der Grabhügel Nr. 59 bei Perkiö eine
grössere Knochenmenge enthalten haben, als die Reste einer verbrannten
Leiche ausmachen würden, während die Mehrzahl der übrigen weniger als
die Hälfte dieses Quantums geliefert hat. Auf Grund der Hostmannschen
Berechnung würden wir für die Steinsetzung Nr. 6 zu einer Anzahl von minde-
stens sechs verbrannten Laichen kommen, für das Grab Nr. 34 zu mindestens
drei und für das Grab Nr. 60 zu mindestens zwei. Nähmen wir dann an, dass
auch in diesen Gräbern nicht die ganze ursprüngliche Knochenmer^e nieder-
gelegt worden ist, so würde die Zahl der Leichen, deren Reste sie bargen,
noch weiter zu erhöhen sein. Es braucht jedoch kaum hervorgehoben zu
werden, dass diese Schätzungen nur in so weit einen Wert haben würden, als
sie es gestatteten die kleinste mögliche Anzahl der Leichen in einem Grabe
anzugeben, und auch das bloss unter der Voraussetzung, dass die gebrannten
Knochen wirklich alle von Menschen herrühren und nicht zum Teil von Tieren,
die mit ihren Herren verbrannt worden sind, ^) Eine genaue Berechnung der
•) Hostmann, Darzau, S. 7 — O. Olshausen bemerkt hierzu, dass das Gewicht der
verbrannten und geglühten Knochen einer Leiche mit 3 Itg wohl etwas au niedrig bemessen
worden ist, Olshausen, Leichenverbrennung, Z. f. E. 1892, Verhandl, S, 138.
*| Verbrannte Tierknochen sind in Gräbern der Wikingerzeit auf Björkö in Schweden
oft mitten unter den Resten des Leichenbrandes zuweilen sogar in der Grabume gefunden
worden. Hj. Stolpe, Grafundersökningar pä BjörkO. Tidskrift fOr antropologi och kultur-
historia, Bd I Nr. 10, Stockholm 1876, S. 8.
In dem s. g. OdinshOgel bei Upsala wurde u. a, ein Tongefäss, welches bis an den
Rand mit Menschen- imd Tierknochen getollt war, gefunden. Unter den Tieriinochen be-
fanden sich ein halber Hundeschadel, Knochen von Pferd und Klauen eines Vogels. Über
der Urne lagen noch eine Menge gebrannter Menschenknochen und ebenfalls gebrannte
Knochen von Hund, Pferd, Kuh, Schaf, Schwein, Huhn und wahrscheinlich auch Katze. Auch
der benachbarte s. g. Torshügel enthielt gebrannte Menchen- und Tierknochen. Mänadsblad
1876, S, 252 f. - Vcrgl. auch Rygh, Om den yngre Jemalder i Norge, Aarb. 1877, S. 170—171. —
Wenn auch alle bisher untersuchten grösseren gebrannten Knochen aus den finnlandischen
Gräbern als menschliche Gebeine erkannt worden sind und wenn auch bis jetzt die mit ihnen
gefundenen Tierknochen, soweit sie bestimmt werden konnten, alle unverbrannt sind, so ist
die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich unter den kleineren, schwer bestimmbaren
Knochensplittern auch solche von mitverb rannten Tieren befinden.
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Leichenzahl nach dem Gewicht der gebrannten Knochen ist daher schlechter-
dings unmöglich.
Zum Teil beruht das Wechseln des Knochenquantums in unseren Brand-
gräbem wohl auch auf der wechselnden Intensität der Verbrennung. Ein
starkes, gut angelegtes Feuer lasst selbstverständlich von der Leiche weniger
übrig wie ein minder soi^ältig unterhaltenes. Wir finden daher gerade in
denjenigen Gräbern, welche eine bedeutende Knochenmenge enthalten haben,
zum Teil recht grosse Knochenstücke, welche offenbar nicht so lange im Feuer
gelegen haben wie die kleinen Scherben in anderen Gräbern. Ein Beispiel
hierfür ist die Steinsetzung Nr. 6, deren Knochenquantum 15,8 kg betrug. Hier
fanden sich grosse Stücke von menschlichen Schädeln, Knochen des Rück-
grates, der Rippen und der Extremitäten, von denen die grössten von Prof,
Hj. Grönroos bestimmt und gemessen worden sind. Aus den im Anhang I in
deutscher Übersetzung wiedergegebenen interessanten Resultaten dieser Unter-
suchung geht hervor, dass die untersuchten Skelettteile mindestens drei Indi-
viduen von recht kleiner Statur (unter 155 cm) angehört haben, von denen
wenigstens eines männlichen und wenigstens zwei weiblichen Geschlechts ge-
wesen sein dürften. Da nur die grössten Stücke Prof. Grönroos zur Bestim-
mung übergeben worden waren und die Hauptmasse der Knochen demnach nicht
untersucht worden ist (und zum grössten Teil wohl auch nicht näher bestimmt
werden kann), so ist es mehr wie wahrscheinlich, dass die Gesammtzahl der
verbrannten Leichen aus der Steinsetzung Nr. 6 mehr wie drei betragen hat
Diese Steinsetzung zeichnete sich aber nicht nur durch die ungewöhn-
liche Menge verbrannter Knochen aus, sie ist auch dadurch bemerkenswert, dass
sie die Reste des Scheiterhaufens, auf dem die Verbrennung der Leichen
vorgenommen worden, enthalten hat. Als solche müssen wir wohl die grossen
Kohlenstücke, die ungewöhnlich schwarze und russige Erde und die im Feuer
zersprungenen, spröden und zerbröckelnden kleineren Steine, welche innerhalb
des südlichen Teiles der Setzung angetroffen wurden, bezeichnen, Ähnliche
Reste haben sich in einer Anzahl anderer der oben beschriebenen Gräber
vorgefunden. In dem einen Grabhügel bei PärkkÖ (Nr. 22) bedeckten grosse
Kohlenstocke, Schlacke, Stücke gebrannten Tones und bebrannte Steine eine
ungefähr 2 m im Durchmesser haltende Fläche. Dieselbe Ausdehnung (ca 2 —
3 m Länge und 2 m Breite) hatte ein Lager ebensolcher Brandreste im Grab
III auf dem Köönikänmäki {Nr. 30); in dem von J. Rinne untersuchten Grab-
ht^el bei Roismala {Nr. 42) muss der Scheiterhaufen zwischen drei grossen
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120 DIE grXber.
Steinen gestanden haben, an deren einander zugekehrten Seiten deutliche
Feuerspuren sichtbar waren und zwischen denen der Lehmboden augenscheinlich
einer starken Hitze ausgesetzt gewesen war. Grosse Kohlenstücke, Schlacke,
geschwärzte Steine sind ferner in den mit besonderer Sor^alt untersuchten
Gräbern Nr. 23 (Letala), 38 (Kümo— Köönikänmäki), 39—41 (Tyrvis— Kaukola)
wahrgenommen worden und dürften ebenfalls von den Scheiterhaufen herrühren.
Die im Verhältnis zur Gesammtziffer der hier berücksichtigten Funde nicht
kleine Anzahl von Gräbern mit deutlichen Resten des Scheiterhaufens zeigt,
dass man nicht selten den Grabhügel direkt auf der Verbrennungsstätte er-
richtet hat. Die gelinge Ausdehnung der Brandflächen in einigen Gräbern
(2 m im Durchmesser) braucht kein Bedenken an der Erklärung derselben als
Leichenbrandstätten hervorzurufen, seitdem es von Olshausen nachgewiesen
worden, dass zur Verbrennung einer Leiche kein besonders grosser Holzstoss
erforderlich ist. Aus Olshausens Abhandlung ersehen wir, dass z. B. bei Lei-
chenverbrennungen in Japan Ende der siebziger Jahre für eine gewöhnliche
Leiche 15 kg Tannen- oder Fichtenholz vollständig zu genügen pflegten. Wenn
nun auch in dem modernen übervölkerten Japan eine grössere Sparsamkeit
beim Holzverbrauch von nöten ist, als sie für die eisenzeitlichen Bewohner des
waldreichen Finnlands in Betracht kommen konnte, so wäre es doch anderer-
seits denkbar, dass die stetig ausgeübte Sitte der Leichenverbrennung die
Fähigkeit der damaligen Finnländer mit geringem Aufwand einen geeigneten
Scheiterhaufen aufzubauen befördert hat. Bei der Beurteilung der Kleinheit
der Brandfläche muss schliesslich auch die Möglichkeit, dass nach dem Nieder-
brennen des Scheiterhaufens die Reste desselben zusammengekehrt worden
sind, ins Auge gefasst werden. ')
Über die Beschaffenheit der Scheiterhaufen geben unsere Funde keine
Auskunft. Wir wissen daher nicht, ob sie aus frei dastehenden Holzstössen
bestanden haben oder ob man, wie R. Hausmann es für möglich hält, zur Ver-
brennung der Leichen einen besonderen, wenn auch primitiven Feuerherd er-
richtet hat'*). — Einige Kohlenstücke aus dem Grabhügel bei Pärkkö Nr. 22
rühren nach Prof. R. Elfving von Erlen- und Espenholz her.
') Vergl. O. Almgren, VJkingatidens grafskick i verktigheten och i den fomnordisha
litteraturen. Nordbka studier tillegnade Adolf Noreen pä hans 50-ärsdag d. 13 mars 1904 af
studiekamrater och l&rjungar. Stockholm 1904. S. 312.
^) R. Hausmann, Die Sie insetz ungen zu Elgstfer, Sitzb. d. Gel. ElstnJsch. Ges. 1901,
S. 230/231.
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DIE GRABER. 121
Zu dem Inhalt unserer Gräber gehören recht oft un verbrannte Kno-
chen von Tieren. Gewöhnlich sind es nur einige wenige kleinere Stücke oder
einzelne Zähne, welche sich unter den Resten des Leichenbrandes vorgefunden
haben; nur in dem Grabhügel auf dem Höysölänmäki bei Tervajoki (Fund 63)
fand Aspelin mehrere vollständige Tierschädel, von dem Reste der Skelette
allerdings auch nur einzelne Teile.
Die Aufschlüsse, welche über die Tierknochen aus den Gräbern der äl-
teren Eisenzeit vorliegen, sind leider recht unvollständig, da die Knochen aus
mehreren Funden überhaupt noch nicht fachmännisch untersucht worden sind
und die in anderen Gräbern gefundenen Stücke sich oft als zu klein und zu
schlecht erhalten erwiesen haben um eine sichere Identifizierung zuzulassen. ')
Im ganzen sind es nur wenige Tierarten, deren Knochen in den Gräbern
der älteren Eisenzeit haben erkannt werden können. Natui^emäss befinden
sich unter ihnen die wichtigsten Haustiere, Pferd, Kuh, Schaf, Schwein und
Hund, von denen der Verstorbene auch im jenseitigen Leben Nutzen ziehen
kpnnte. Zu diesem Zweck waren vermutlich die vereinzelten Knochen oder
Zähne, welche das ganze Tier repräsentieren sollten, in den Grabhügel ge-
worfen worden. Allerdings können diese Knochenreste zuweilen auch von
Leichensch mausen herrühren, welche die Hinterbliebenen am Grabe abgehalten,
oder von einer Wegezehrung, welche dem Toten auf die Reise ins Jenseits mit-
gegeben war. Beide letztere Erklärungen wären wenigstens für das Vorkommen
des Unterkiefere eines Hechtes im Grab 39 gleich annehmbar. Welche Rolle den
Krähen, deren Schädel und Knochen im Grabhügel vom Höysötänmäki (Fund 63)
lagen, zugedacht war, ist nicht leicht erfindlich. Dass die Schädel und Knochen
von Feldmäusen erst später in die Grabhügel 39 und 42 geraten sind und nicht
zu den Beigaben gehören, dürfte ohne weiteres auf der Hand liegen. *)
') In letzter Zeil hat sich Mag. D. A. Wikström dieser mühKamen und zeilraubenden
Arbeit gewidmet. Ihm verdanke ich die Bestimmung der Kiiuchen aus den Funden Nr. 22,
34, 35, 39, 42 und 64,
') Pferdczihne oder -knochen gehören zu den Funden 8 (Bjemo Lupaja), 27 (Eura—
Kukonmäki), 35 (Kümo— Köönikanmaki), 40 und 41 (Tyrvis-Kaukola); Kuhzähne oder -kno-
chen zu den Funden 22 (Nykyrko Pftrkkß), 39 (Tyrvis - Kaukola) und 42 (Tyrvis-Roismalat;
Schweinezfihne oder -knochen zu Fund 39 '(Tyrvis- Kaukolat; Schafhnochei) lagen in den
Gr^hügeln Nr. 22 (Nykyrko -ParkkO), 42 (Tyrvis-Roismala) und 63 (Lillkyro-Tervajoki:
vier Schafschadel, zwei Lammschädcl, ausserdem Knochen der Extremitäten |; Hundeknochen
in dem letzteren Grabhügel (ein Schädel) und in dem Tumulus vom Pdtoistenmäki (Nr. 64)
ebenfalls bei Tervajoki (Hund oder Hase?). Von Resten anderer Tiere sind zu erwähnen
16
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122 DIE GRABER.
Als Nahrung, die von den Hinterbliebenen den Toten ins Grab oder auf
den Scheiterhaufen (?) gelegt worden ist, können vielleicht die verkohlten
Haselnüsse angesehen werden, welche unter den Resten des Leichenbrandes
in den Steinsetzungen von Bjemo (Nr. 4, 6 und 7) gefunden sind. Die Mög-
lichkeit, dass sie aus Zufall hierher geraten, schien mir bei der Untersuchung
der betreffenden Gräber gänzlich ausgeschlossen. In schwedischen und nor-
wegischen Gräbern sowohl der älteren wie auch der jüngeren Eisenzeit sind
Haselnüsse keine seltenen Vorkomnisse. ') Auch dort sind sie offenbar ab-
sichüich niedergelegt worden.
Dasselbe ist vielleicht auch mit den Steinäxten und Steinmeissein
geschehen, welche unter den übrigen Beigaben in der Brandschicht mehrerer
unserer Gräber (Nr. 19, 30, 35, 40, 41, 43) gefunden worden sind. Allerdings
wäre für ihr Vorkommen dort eine andere Erklärung denkbar: diebetreffenden
Gräber könnten ja über den Resten steinzeitlicher Ansiedelungen angelegt oder
die Steinwerkzeuge zufällig mit der über die Brandreste geworfenen Erde in
die Gräber geraten sein. Die Möglichkeit, dass ein reiner Zufall den klei-
nen Meissel in den Grabhügel von Nousis Nr. 19 gebracht hat, mag gern
zugegeben werden. Wie es sich in dieser Beziehung mit dem Funde von
Ikalis, Nr. 44, verhält, ISsst sich nicht beurteilen, da die näheren Fundumstände
hier nicht bekannt sind. Auch in Betreff der Steingeräte aus den beiden
Gräbern auf dem Köönikänmäki herrscht keine völlige Klarheit, da bisher noch
nicht der ganze Platz untersucht worden ist. Was bis jetzt an solchen Stein-
werkzeugen gefunden worden ist, genügt meiner Ansicht nach nicht um die
Befintlichkeit einer steinzeitlichen Ansiedelung als zweifellos darzutun. Die
betreffenden Steingeräte sind allerdings alle beschädigt, einige sind gänzlich
zerschlagen und unbrauchbar, von andern sind nur kleine Splitter vorhanden.
Sie erinnern also an die Trümmer, welche man so oft auf Arbeitsplätzen der
Steinzeit antrifft. Vergleicht man sie aber mit den übrigen Beigaben der
beiden Gräber, welche zum grossen Teil im Feuer des Scheiterhaufens be-
schädigt sind und von denen wenigstens die eine Lanzenspitze, 21 7, nach-
träglich noch absichtlich verbogen worden ist, so bekommt man den Eindruck,
dass auch jene Steingeräte zu den Beigaben gehören, und dass man sie vor
der Unterkiefer eines Hechtes im Grab 42 (Tyrvis - Roismala), zwei Schftdel und Knochen
von Krähen im Grab 63 (Lillltyro— Tervajoki), Schädel von Feldmäusen in den Gräbern 39
und 42 (Tyrvis).
1) Rygh, Yngre Jeraalder, Aarb. i877, S. 181.
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DIE GRABER. 123
dem Niederlegen vorsätzlich zerschlagen hat. Damit will ich mich aber nicht
zu der Ansicht bekennen, dass die Bewohner von KöÖnikänmäki sich zu jener
Zeit noch steinerner Äxte und Meissel bedient hätten. Über dieses primitive
Stadium waren sie schon längst hinübergekommen. Wir können vielmehr für
das Vorkommen der Steingeräte in den oben genannten Gräbern dieselbe
Erklärung gelten lassen, welche O. Rygh für die nämliche Erscheinung in
norwegischen Gräbern der Eisenzeit annimmt, nämlich dass sie den Toten als
Talismane oder in ähnlicher Bedeutung mi^egeben sind. „Schon in der Eisen-
zeit", meint Rygh, »waren ja die Werkzeuge der Steinzeit Denkmäler einer weit
zurückliegenden Zeit und folglich, ebenso wie in späteren Zeiten, geeignet
Gegenstände abergläubischer Verehrung zu werden." ')
Die vorsätzliche Beschädigung dieser Talismane würde nicht im
Widerstreit mit den Bestattungsgebräuchen der älteren Eisenzeit stehen. Eine
Musterung des hier publizierten Materiales zeigt uns nämlich, dass die in
Nordeuropa seit der Bronzezeit bekannte und in der Eisenzeit weit verbreitete
Sitte ^ die Beigaben vor ihrer endgültigen Niederlegung zu zerstören auch in
Finnland recht allgemein befolgt worden ist. Allerdings ist es oft schwer, wie
O. Rygh in seiner bereits mehrmals citierten vortrefflichen Arbeit an norwe-
gischem Material dargelegt hat, die rechte Ursache der Beschädigung zu er-
kennen, ,zu unterscheiden zwichen dem Schaden, welcher den Altsachen zu-
gefügt worden, bevor sie in das Grab kamen, und demjenigen, welchen sie
durch Liegen in der Erde erlitten haben — also z. B. festzustellen, ob
Schwerter, Lanzenspitzen u. s. w., die in Bruchstücken gefunden sind, vor-
sätzlich zerbrochen oder durch Verrosten oder Druck (aufliegender Stein-
massen) in Stücke gegangen sind. Ebenso kann es schwierig sein zwischen
den Wirkungen des Leichenbrandes und den einer vorsätzlichen Zerstörung zu
unterscheiden. Oft sind Eisensachen so verrostet, dass Beschädigungen, wie
z. B. Hiebe gegen die Schneiden, nicht mehr entdeckt werden können. —
Schliesslich können auch Beschädigungen, welche einem Gegenstande während
oder nach dem Herausnehmen aus der Erde zugefügt worden sind, mit alten
verwechselt werden." Doch glaubt Rygh, dass vorsätzliche Zerstörung von
Beigaben in weit mehr Gräbern stattgefunden hat als den, in welchen man jetzt
bei der sorgfältigsten Untersuchung sie nachweisen kann. (Rygh, loc. cit, S. 182).
') Rygh, Yngre Jemalder S. 180-181.
') Vi^. Olshausen, Leichenverbrennung, Z. f. E. 1892, Verh. S. 166 f.
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124 DIE gkAber.
Diese Worte des norwegischen Archäolt^en finden in jeder Beziehung
ihre Anwendung auf die entsprechenden Erscheinungen in Finnland. Wir
halten uns daher zunächst an diejenigen Fälle, in welchen es sich um unver-
kennbare Spuren vorsätzlicher Beschädigung handelt — ihre Anzahl ist ent-
sprechend den wenigen Funden, welche wir unserer Betrachtung zu Grunde
legen können, keine grosse. Da sehen wir denn, dass es hauptsächlich Waffen —
Schwerter und Lanzen — sind, die man so gewaltsam behandelt hat. Die
Schwertklingen sind verbogen; das eine Exemplar von Masku 16i noch ver-
hälnismässig wenig, das Schwert von Kümo— Wuolle 152 ungefähr an der
Mitte in der Weise, dass die beiden Hälften einander genähert und Spitze und
Griffende nicht weit von einander liegen; das eine der drei Schwerter von
Malaks — ^Junkarsbränna (Fund 54) beschreibt eine WellenHnie; das ebenfalls
aus Masku stammende Exemplar 15 i ist spiralförmig aufgerollt Einer besonders
energischen Misshandlung ist das Schwert von Kümo — Käräjämäki 15 & aus-
gesetzt gewesen: an drei Stellen umgebogen, ist es zu einem Viertel seiner
ursprünglichen Länge zusammengeklemmt, ausserdem ist die Spitze abgebrochen
worden. (Alle diese Schwerter stammen allerdings aus Funden, welche ent-
weder ganz an das Ende der hier behandelten Zeit zu setzen sind oder vielleicht
erst in's 6. Jahrhundert gehören). — In ähnlicher Weise wie die Schwerter sind
die Lanzenspitzen behandelt worden. Einige von ihnen sind mit einer ge-
linden Umbiegung der Spitze noch recht glimpflich davongekommen, 195, 80«,
31 7, während andere in Stöcke gebrochen (die Exemplare von Kupila (Nr. 12),
Lappi (Nr. 26), Kümo— Käräjämäki, 21 lo, ausserdem verbogen) oder mehr oder
weniger stark zusammengebogen sind, 18 2, 18 s, 19 1. Zu den Gegenständen,
welche unzweifelhaft absichüich beschädigt sind, gehören auch das grosse, ein
wenig verbogene Messer 13«, der bronzene Armring Fig. 96 und der Halsring
Fig. 81 welche entweder vor oder nach der Verbrennung der Leiche gerade,
respektive in die Länge gezogen worden sind, ferner die zusammengeklemmten
Hals- und Armringe 9i und 10« (restauriert wiedergegeben). In den übrigen
Fällen ist es, wie bereits bemerkt, oft sehr schwer die eigenüiche Natur der
Beschädigung festzustellen. So wäre es denkbar, dass einzelne in Bruchstücken
aufgefundene und anscheinend durch die Glut des Scheiterhaufens verbogene
bronzene Gegenstände wie z. B. die Hals- oder Armringe Fig. 43 und 97
nachträglich noch entzweigebrochen und verbogen worden sind. Da sich aber
das mit Bestimmtheit nicht nachweisen lässt, sehe ich von einer näheren
Beschreibung anderer beschädigter Gegenstände als der bisher erwähnten
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DIE grAhek. 125
ab. — Recht auffallend ist es, dass gewöhnlich nur ein Teil der Beigaben
eines und desselben Grabes Spuren von absichUicher Beschädigung auf-
weist, während die anderen Gegenstände derselben Art noch recht gut
erhalten sind. So war z. B. von den drei Schwertern im Grabe von Malaks—
Junkarsbränna (Nr. 54) nur eines verbogen, von den beiden Lanzenspitzen
aus dem Grabhügel vom Kukonmäki (Nr 27) nur das eine beschädigt, im
Grabe von Kümo — Wuolle (Nr. 36) nur das Schwert verbeten, während
die Lanzenspitzen gerade und ebenso wie der Schildbuckel unversehrt waren.
Rygh, der dieselbe Beobachtung in Betreff norwegischer Gräber der Eisen-
zeit gemacht hat, nimmt an, dass reine Willkür und Zufall hierbei gewirkt
haben, (Rygh, 1. c, S. 189). Eine ähnliche Erscheinung zeigt sich uns
bei einer Betrachtung der bronzenen Schmuckgegenstände und anderer klei-
nerer Beigaben. Wir sehen nämlich, dass sie in sehr verschiedener Weise
vom Feuer des Scheiterhaufens mitgenommen sind. Einige sind zu form-
losen Klumpen zerschmolzen, andere mehr oder weniger stark beschädigt,
während an wieder anderen überhaupt keine Spuren von der Einwirkung
des Feuers zu sehen sind. Die letzteren sind offenbar bei der Bestattung
der Reste der verbrannten Leiche unversehrt in das Grab gelegt wor-
den. Ihre Anzahl kommt jedoch nicht derjenigen der mitverbrannten Bei-
gaben gleich.
Es ist weiter oben darauf hingewiesen worden, dass die Menge der ge-
brannten Knochen in den fmnländischen Gräbern dieser Zeit recht erheblich
wechselt und dass es in gewissen Fällen möglich ist zu entscheiden, ob ein
Grab die Reste einer oder mehrerer verbrannter Leichen geholfen hat, wenn
man die Knochenreste einer näheren Musterung unterwirft und ihr Gesammt-
gewicht bestimmt. Von grosser Wichtigkeit ist bei der Schätzung der Leichen-
zahl selbstverständlich auch die Menge der Beigaben, welche sich in dem
betreffenden Grabe vorfindet. Eine grössere Anzahl Altsachen wird in den
meisten Fällen als Austattung von mehr als einer Leiche aufgefasst werden
dürfen, besonders wenn unter den Beigaben mehrere Gegenstände derselben
Art — wie z. B. mehrere Schwerter (Fund 54), mehrere Schildbuckel (Fund 6,
15, 54), mehr wie zwei Lanzen (Fund 15, 34, 36, 37, 39, 43, 50) — vorkommen.
Doch ist auch hierbei eine gewisse Vorsicht in der Schlussfolgerung geboten.
Schon Rygh macht darauf aufmerksam, dass es sich in einem solchen Falle denken
liesse, man habe dem Toten den ganzen Vorrat, den er an Waffen oder anderen
zu Beigaben passenden Gegenständen besass, ins Grab gelegt oder die Ver-
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wandten und Freunde hätten ihn dadurch ehren wollen, dass sie das „Grab-
gut" aus ihrem eigenen Vorrat vermehrten. ')
In einigen Fällen ist allerdings jeder Zweifel daran ausgeschlossen, dass
die gebrannten Knochen in einem Grabe, auch wenn ihre Menge nur eine
geringe ist, von mehr wie einer Leiche herrühren, nämlich dann, wenn die
Beigaben des betreffenden Grabes als Zugehörigkeiten von Personen
beider Geschlechter erkannt werden können. Einen solchen Fall haben
wir in dein Grabhtlgel von Peltoistenmäki in Lillkyro {Nr. 64), welcher einerseits
Lanzen- und Pfeilspitzen, andererseits einen Spinnwirtel enthielt, vor uns. Von
den ebenfalls dort gefundenen Schmuckgegenständen werden der Halsring und
der Armring höchst wahrscheinlich zur Ausstattung der weiblichen Leiche gehört
haben. Andere Gräber mit Resten von männlichen und weiblichen Leichen
sind jedenfalls die unter Nr. 6, 29, 30, 55 und 83 beschriebenen, welche Waffen
aber auch einen so echt weiblichen Schmuck wie Perlen geliefert haben, und
wahrscheinlich auch die Gräber Nr. 2 (Pfeilspitze, Schmucknadeln), Nr. 1 1
(Lanze, mehrere Armringe) und Nr. 36, 42, 54, 61 (Waffen, Halsringe u. a.). —
Als Gräber, die nach dem aus Fibeln und anderem Schmuck zusammen-
gesetzten Inhalt zu urteilen vielleicht nur Reste weiblicher Leichen geborgen
haben, könnten die unter Nr. 4, 7, 23, 32, 60 und 63 beschriebenen be-
zeichnet werden.
Die Frage, ob die Verbrennung der Leichen, deren Reste in einem und
demselben Grabe gefunden sind, gleichzeitig vorgenommen worden ist, wird
sich in vielen der hier angeführten Fälle nicht mit Sicherheit beantworten lassen.
Einerseits können Gegenstände, zwischen deren Verfertigungszeit eine grössere
Spanne Zeit, z. B. ein Jahrhundert liegt, dennoch gleichzeitig niedergelegt sein,
wenn nämlich der ältere Gegenstand sich von einer Generation zur anderen
vererbt hatte, ehe er der Erde anvertraut wurde, andererseits können durchaus
gleichzeitige Gegenstände von zwei oder mehreren kurz nacheinander vor-
genommenen Bestattungen herrühren. Wir können es daher nur für möglich,
nicht aber für sicher ansehen, dass einige Grabhügel mit Beigaben aus einem
Zeitraum von etwa einem Jahrhundert als Familiengräber, in welchem man
die verbrannten Reste von Leichen aus mehreren Generationen niedei^elegt
') Kygh, Yngre Jeraalder S. 192. Unter den Belegen, welche R. für seine Ansicht anfährt,
ist einer besonders charakteristisch: in einem norwegischen Grabhügel, in welchem 2 Skelette
lagen, fanden sich nicht weniger wie 7 Schildkrötenfibeln, die bekanntlich nur paarweise
getragen wurden.
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hat, benutzt worden sind. Als ein solches Grab wäre ich geneigt den Tumulus
von PärkkÖ Nr. 22, welcher unter anderem ein Krummmesser aus etwa dem
3. Jh. und eine Schnalle aus der Zeit um 400 enthielt, anzusehen und finde
eine Bestätigung hierfür in der Lage der Beigaben und der verbrannten
Knochen, welche teils am Boden, teils höher, auf den mittleren Steinschichten
und in der Erdfüllung zwischen denselben, zerstreut lagen und demnach nicht
bei einer und derselben Gelegenheit niedei^elegt zu sein brauchen. In Betreff
des Inhaltes anderer niedriger Grabhügel und der Flachgräber mit Stein-
setzungen, welche bei Nachbestattungen nicht umgebaut zu werden brauchten,
kann der nämliche Zweifel an der gleichzeitigen Deponierung alier Beigaben
aufkommen. Wenn wir dagegen, wie in mehreren der österbottnjschen Tumuli,
die Beigaben am Boden und mit grossen Steinblöcken überdeckt vorfinden,
so ist die Möglichkeit dafür, dass sie von verschiedenen Bestattungen herrühren,
sehr gering, da man ja nicht gut annehmen kann, dass der aus schweren
Steinen aufgeführte Grabhügel bei jeder Nachbestattung abgetragen und nach
der Niederlegung der Reste des Leichenbrandes wieder von neuem aufgebaut
worden ist. Unter solchen Umständen ist es besonders beachtenswert, dass
einige der so beschaffenen Österbottnischen Giäber, z. B. Nr. 54, 55, 64, so-
wohl Waffen als auch weibliche Schmuckgegenstände enthalten haben. Diese
Grabhügel müssen also über den Resten männlicher und weiblicher Leichen,
die gleichzeitig verbrannt worden sind, errichtet worden sein. Suchen wir
nach einer Erklärung für diese Erscheinung, so drängt sich uns die Frage auf,
ob wir nicht in diesen Grabfunden die Belege dafür besitzen, dass die bei den
Skandinaven der Wikingerzeit herrschende Sitte, nach welcher die Wittwe
dem verstorbenen Krieger auf den Scheiterhaufen folgen musste, um die Mitte
des ersten Jahrtausends n. Chr. auch in Finnland existiert hat. ')
Die Vorstellungen, welche der Sitte der Leichenverbrennung und dem
Brauche die Gegenstände, welche man dem Toten ins Grab legte, vorher zu
beschädigen, zu Grunde gelegen haben, sind ohne Zweifel hier dieselben gewesen
wie überall da, wo Spuren dieser Gebräuche nachgewiesen worden sind: man
verbrannte den Toten um seine Seele von deren irdischen Hülle zu befreien,
man stattete ihn mit allem aus, was er im Jenseits gebrauchen würde, und
•) O. Almgren, Vikingatidens graf.«kick i vcrkligheten och i den fomnordiska litteraturen,
Nordiska studier tütegnade Adolf Noreen pä hans 50-ärsdag d. 13 mare 1904 af Studie kam rater
och larjungar, Stockholm 1904, S. 323^324.
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128 DIE GRÄBER.
verbrannte und beschädigte diese letzten Gaben, damit auch ihre Seelen ins
Totenreich eingehen könnten. ')
Vergleichen wir die Bestattungsweise und die Anlage der Grabfelder aus
der Zeit vor dem Jahre 500 mit derjenigen der späteren Hälfte des ersten
nachchristlichen Jahrtausends, so sehen wir teils gar keinen, teils einen ver-
hältnismässig geringen Unterschied. Der Leichenbrand bleibt im wesriichen
Finnland noch über diese Zeit hinaus bis an das Ende der Heidenzeit die bei
weitem häufigste Bestattungsweise. Reihengräber mit Skeletten sind bisher
nur an wenigen Orten entdeckt worden. Dagegen sind solche ganz niedrige
aus Steinen und Erde aufgeführte Grabhügel wie die oben beschriebenen im
6. und 7. Jahrhundert in genau derselben Art über den Resten des Leichen-
brandes aufgeschüttet worden, ^ und was die für die jüngere Eisenzeit so
charakteristischen, mit Steinen übersäten aber sonst flachen Brandgrälierfelder
betrifft, so unterscheiden sie sich von jenen niedrigen Grabhügeln im Grunde
genommen nur wenig, stimmen aber in ihrem Charakter noch mehr mit den
von viereckigen Steinsetzungen umgebenen Flachgräbem von Tenala und
Bjerno überein. Die Reste der verbrannten Leichen und die sehr oft absichtlich
zerstörten Beigaben sind auf diesen Brandgräberfeldem über den gewachsenen
Boden ausgestreut (zuweilen apch in flache, zu diesem Zweck gegrabene
Gruben niedergelegt) worden, worauf man sie, wie es den Anschein hat, ent-
weder gar nicht oder nur ganz flüchtig mit Erde und Steinen bedeckt, einen
eigendichen Hügel aber nicht errichtet hat. Der hauptsächliche Unterschied
zwischen den „Brandgräberfeldem" und den älteren, aus Gruppen von niedrigen
Grabhügeln bestehenden Friedhöfen liegt also darin, dass auf den ersteren die
einzelnen Grabanlagen nicht durch besondere Erdaufschüttungen ausgezeichnet
sind und zumeist ohne scharfe Grenzen ineinander übergehen.
Forschen wir im eigenen Lande den Anfängen dieser Bestattungsart, die
sich so zäh während der ganzen Eisenzeit erhalten hat, nach und werfen wir
zu diesem Zweck einen Blick rückwärts auf die Zeit, welche vor unseren
ältesten eisenzeitlichen Gräbern, also vor dem 2. Jahrhundert, liegt, so stossen
wir zunächst auf die lange dunkle Periode, welche die ganze zweite Hälfte des
") Vei^l. u. a. S. Möller, Vor Oldtid, S. 330 f.; O. Rygh, Yngre Jemalder, S. 189/190;
O. Almgren, Sveriges folk i fomtiden, Stockholm 1902, S. 401, 415; derselbe, Vikingatidens
grafskick etc. S. 329.
2) Heikel, Brandgräber.
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letzten vorchristlichen Jahrtausends umfasst, und finden erst jenseits derselben
in der 5. Periode der Bronzezeit (nach Montelius ca 850 — 650 v. Chr.) sicher
datierbare Gräber. Diese Gräber bestehen aus nackten Steinhügeln mit Leichen-
brand und besitzen im Äussern und im Aufbau sowie in der wenig sor^ältigen
Art, in welcher die gebrannten Knochen über den Boden ausgestreut sind,
eine grosse Ähnlichkeit mit den eisenzeitlichen Steinhügelgräbem. Da aber
zwischen ihrer Errichtungszeit und dem ältesten eisenzeitlichen Grabe min-
destens acht Jahrhunderte liegen, so können aus dieser Ähnlichkeit selbst-
verständlich keinerlei Schlüsse gezogen werden.
Welcher Art die Gräber wahrend der langen Zwischenzeit gewesen sind,
ob ein Teil der zahlreichen Steinhügelgräber im westlichen Finnland, von
denen einige nur verbrannte Knochen aber keine Beigaben enthalten haben,
dieser Periode zugewiesen werden könnte, ob schon damals niedrige Grab-
hügel aus Erde und Steinen aufgeführt worden, (wie sie vom 2. nachchristlichen
Jahrhundert an bekannt geworden sind), wissen wir nicht.
Nur vermuten lässt es sich, dass die Leichen in Finnland zu jener Zeit
verbrannt und nicht begraben wurden, wenn nämlich aus den gleichzeitigen
Verhältnissen in Skandinavien und Norddeutschland ein Schluss auf die Be-
stattungsweise in Finnland erlaubt ist. Im deutschen und skandinavischen
Norden war aber in den letzten fünf Jahrhunderten unserer Zeitrechnung die
Bestattung unverbrannter Leichen durchaus nur Ausnahme, Leichenverbrennung
die Regel. Erst in der älteren römischen Periode dringt die Bestattung wieder
durch und geht in der Folgezeit neben dem Leichenbrand her. So sehen wir,
um nur von den Finnland zunächst gelegenen Ländern zu sprechen, dass in
Schweden Skelettgräber während der römischen Periode nicht selten sind und
unter anderen auch in Uppland auftreten, obgleich der Leichenbrand in den
Mälar-Landschaften zu überwiegen scheint und in Norrland beinahe nur Brand-
gräber vorkommen. Auch bis zu unserem südlichem Nachbarland Estland war
die Sitte der Leichenbestattung während der römischen Periode vorgedrungen,
wenigstens ist ein Skelett-Massengrab aus dieser Zeit bei Türpsal, Kirchspiel
Jewe, gefunden worden. ') In Finnland fehlt dagegen bis zur Zeit um 600
n. Chr. jede Spur dieser Bestattungsweise. Von den verschiedenen Arten der
Brandgräber, welche während der römischen Eisenzeit und der beginnenden
Völkerwanderungsperiode (Montelius Periode IV — VI: 1) in den Nachbarländern
') Ilausmann, Grabfunde.
17
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130 DIE GRABER.
auftreten, bieten besondere die norrländischen Grabhügel viele Vei^leichs-
punkte mit den finnländischen. ') Es sind Steinht^el mit oder ohne Erdfüllung,
in welchen der Leichenbrand auf den unteren Steinen oder über den Boden
ausgestreut liegt. Ihre Anlage entspricht also genau der der finnländischen
Grabhügel. Zuweilen sind die gebrannten Knochen in einem Ton- oder Bronze-
gefäss niedergelegt, wozu allerdings in Finnland kein Parallelfall vorliegt. Ähn-
liche Grabhügel mit ausgestreutem Leichenbrand kommen in anderen schwe-
dischen Landschaften vor, so z. B. bei Husby in Uppland (Montelius, Text zu
Fig. 350), bei Vallensjö, Ksp. Fresta, Uppland (Mus. Stockholm 8745), bei
Draftinge, Ksp. Äs, Smäland (SFT V, S. 37) sowie auf Goüand (Centralblatt f.
Anthrop., Enthnol. u. Urgesch. VI, Jena 1901, S. 259 f.).
Sudlich vom Finnischen Meerbusen scheinen Grabhügel mit Leichen-
brand aus der Zeit vor 500 n. Chr. zu fehlen. D^egen finden wir im mittleren
und nördlichen Livland eine Grabform, welche lebhaft an die Steinsetzungen
von Bjemo und Tenala sowie an die finnlandischen „Brandgräberfelder" der
jüngeren Eisenzeit erinnert, nämlich die s. g. Steinreihengräber, an Bei^hängen
oder auf niedrigeren Hügeln angelegte, grosse, oft regelmässige Steinsetzungen
mit parallelen Steinreihen, zwischen denen die Überreste von verbrannten
Leichen und den oft vorher unbrauchbar gemachten Beigaben flach niedei^elegt
worden sind, Gräberfelder, „wo wahrscheinlich durch lange Zeit hindurch
Generationen ihre Toten beigesetzt haben."*) Sie gehören zumeist Tischlers
Perioden B— D (2. — 5. Jh.) an,') sind also, was aus dem folgenden hervor-
gehen wird, gleichzeitig mit den Steinsetzungen von Bjemo, aber älter wie die
grossen finnländischen Brandgräberfelder, deren Anfänge ungefähr in die Zeit
um 500 n. Chr. zurückgehen. Von den ereteren unterscheiden sie sich durch
ihren grösseren Umfang, einige von ihnen scheinen geradezu aus einer Anzahl
neben einander liegender Steinsetzungen von der Art der finnländischen zu-
sammengesetzt zu sein: Im Vei^leich mit den Brandgräberfeldem zeichnen
sie sich wieder durch die grössere Regelmässigkeit ihrer Steinreihen aus. Der
i) Über norrl&ndische GrabhQgel siehe Am. Tidskr. U, S. 192 f. und 222 f.; Mfinadsblsd
1900, S. 1 f.
») Hausmann, Einleitung, S. XIX; Sitzb. d. Kurlflndisch. Ges. f. Liter, u. Kunst 1892, S. 75.
*) Einige Brandfelder mit Steinsetzungen im estnischen Gebiet haben neben einzelnen
Funden aus B— D eine Menge Gegenstände der jDngstcn Eisenzeit enthalten, doch ist es,
wie Hausmann bemerkt, noch nicht erwiesen, ob sie auch in der Zwischenzeit benutzt
worden sind. Hausmann, Einleitung, S. LXn und Sitzb. d. Gel. Estn. Ges. 1901, S. 249.
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DIE GRABER. RÖUISCHES SCHÖPFGEFASS. 131
eigentliche Charakter von Flachgrabem mit Leichenbrand ist aber den Toten-
feldem nördlich und südlich vom Finnischen Meerbixsen gemeinsam. Diese
finnländischen und ostbaltischen Flachgraberfelder haben eine unleugbare Ähn-
lichkeit mit den norddeutschen und sUdskandinavischen Brandgrubenfeldem
der la-T6ne- und der römischen Zeit Auch die letzteren sind ja grössere
gemeinsame Friedhöfe, in welchen die einzelnen Graber nicht durch aufge-
schüttete Hügel kenntlich gemacht sind. Die Reste des Leichenbrandes wurden
auf ihnen allerdings nicht wie in Livland, Esttand und Finnland auf die Erd>
oberflache sondern in kesselfönnige Gruben niedergelegt Doch ist angesichts
der sonstigen Übereinstimmung auf diesen Unterschied vielleicht weniger
Gewicht zu legen, zumal auch einzelne echte Brandgruben auf finnischen
Brandgräberfeldem gefunden worden sind.
Ein Vergleich der finnländischen Grabformen mit denen der Nachbarländer
zeigt also, dass die Errichtung von Grabhügeln einem gleichzeitig in Schweden
Üblichen Bestattungsgebrauch entsprach, während die oft genannten Stein-
setzungen von Tenala und Bjemo und die grossen Brandgräberfelder einem
ostbaltischen Einfluss ihr Entstehen verdanken.
Dass auch in den Beigaben der Gräber sowohl skandinavische als ost-
baltische KultureinflUsse zum Ausdruck kommen, wird die folgende Betrachtung
der Altsachen selber uns zeigen. Der besseren Übersicht halber sollen die-
selben, nach Gruppen gleichartiger Gegenstände geordnet, besprochen werden.
Wir beginnen mit dem ohne Zweifel ältesten Fundstück der hier behandelten
Zeit, dem auf S. 79 beschriebenen römischen Bronzegefäss von Lillkyro.
DAS RÖMISCHE SCHÖPFGEFÄSS VON LILLKYRO
ist bisher das einzige in Finnland gefundene Exemplar dieser Art Gefässe,
welche am Anfang unserer Zeitrechnung aus den süditalienischen Werkstätten
den Weg nach den entlegnesten Ländern Europas fanden und in Norddeutschland
imd Skandinavien aus zahlreichen Funden vorliegen. Es gehört zu der ältesten
Gruppe der im Norden angetroffenen römischen Schöpfgefässe, zu einem Typus,
der unter den „Kasserollen" aus Pompeji und Herculaneum besonders zahli'eich
vertreten ist und ohne Zweifel aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammt.
Wie die Mehrzahl dieser Bronzegefässe hat auch unser Exemplar auf dem
Griff einen Fabrikantenstempel, welcher aber durch Abnutzung oder absicht-
:edoy Google
132 RÖMIStilES SCilÖHFGKKÄSS.
liehe Zerstörung unleserlich geworden ist. Diese Stempel sind es, die der
Forschung den Schlüssel zur Ermittelung der Industriecentren gegeben haben,
in welchen die Gefässe verfertigt worden. H. Willers, ') dem wir ein langes
Verzeichnis von Kasserollenstempel verdanken, hat nSmlich gezeigt, dass fast
alle Fabrikantennamen, welche auf den Gefässen von speziell unserem Typus
eingestempelt sind, nach Capua, der Hauptstadt Campaniens, hinweisen, welche
im römischen Altertum als Sitz einer blühenden Bronzewarenfabrikation weit
berühmt war. In Capua sind nun die gleichen Namen auf zahlreichen Grab-
steinen und Dachziegeln gefunden worden, eine Übereinstimmung, welche den
capuanischen Ursprung der genannten Gefässe ausser Zweifel stellt. Die Namen,
welche auf den Schöpfgefässen von jenem alten Typus besonders häufig vor-
kommen, sind die des F. Cipius Polybius und des L. Ansius Epaphroditus.
Arbeiten dieser beiden capuanischen Fabriksherren sind bis ultima Thule ge-
gangen. Man hat sie in Schottland und, was für uns noch interessanter ist,
in dem unseren Fundort so nahe liegenden Helsingland gefunden: Bruchstücke
eines Schöpfgefässes mit dem Stempel des L. Ansius Epaphroditus stammen
nämlich aus einem Funde im Kirchspiel Hög bei Hudiksvail.*) Zwei andere
Arbeiten desselben Fabrikanten sind nach Blinkenbei^") auf Fünen und See-
land zu Tage getreten, während von Schöpfgefässen des P. Cipius Polybius nach
Willers (resp. Blinkenberg) je ein Exemplar in Pommern, Hannover, Schleswig,
Jütland, Seeland, Falster und Laatand sowie zwei auf Fünen gefunden sind.
Rechnet man hierzu noch die Schöpfgefässe von demselben alten capuanischen
Typus, welche mit Stempeln anderer Fabrikanten versehen oder überhaupt
nicht gestempelt sind, so erhält man für Dänemark allein eine Gesammtzahl
von ober 30 Exemplaren,*) für Schweden von mindestens fünf*) und für Nor-
') II. Willers, Die römischen Bronzeeimer von Hemmoor, Hannover und Leipzig 1901,
2) Montelius, Helsingland, S. 23.
») Chr. Blinkenberg, Romerske Bronzekar med Fabrikmarke, Aarb. 1900, S. 51 f.
*) Müller, Text zu Fig. 191.
*) Ausser dem obengenannten Exemplar aus Helsingland sind mir folgende andere in
Schweden gefundene Gefässe dieses Typus bekannt: 1 Ex. mit dem Stempel NARCISSCATT,
gef. in einem Grabhügel im Ksp. Vemmerlöf, Schonen, Mänadsblad 1890, S. 160; 1 Ex. mit dem
Stempel LVCRETI, gef. in einem Sleinhügelgrab im K.tp. Lösen, Blekinge, O. Montelius,
Statens historiska museum, Stockholm 1897, S, 57; 1 durch Feuer stark beschädigtes Frag-
ment, gef. im K.sp. Linde, Golland, Montelius, Frän jernäldern, Text zu PI, 4si 1 Fragment,
gef. im Ksp. Tortuna, Vestmanland, nach einer Mitteilung von Dr. O. Almgren.
Google
RÖMISCHES SfHÖPKGKFAss. 133
wegen von zwei. ') Für Norddeutschland ist eine solche Statistik noch nicht
aufgestellt worden, doch sind die oben angeführten Schöpfgefässe des P. Cipius
Polybius selbstverständlich auch hier nicht die einzigen Funde dieser Art.
Ausser denselben sind mir, um nur die nördlichsten deutschen Landschaften in
Betracht zu ziehen, aus Schleswig 2 andere Schöpfgefässe vom capuanischen
Typus bekannt, aus Hannover 1, aus Brandenburg 2, aus Pommern 3*) und
aus Westpreussen 2, *) welche Zahlenangaben aber durchaus keinen Anspruch
auf Vollständigkeit machen. Die Ostgrenze des Verbreitungsgebietes dieser
Schöpfgefässe innerhalb des jetzigen deutschen Reiches wird durch das Tal
der Weichsel gebildet: die beiden Exemplare aus Westpreussen sind nämlich
unweit der Weichsel gefunden, während in Ostpreussen Gefässe von dieser
Form überhaupt noch nicht zum Vorschein gekommen sind. *) Sie fehlen
bisher vollständig in Litauen und den Ostseeprovinzen, wie das Ostbalticum
ja auch sonst weit weniger Zeugen des römischen Handels aufzuweisen hat
als die west- und südbaltischen Länder. ') Angesichts der Verbreitung der
capuanischen Schöpfgefässe in Nordeuropa kann kaum ein Zweifel daran
aufkommen, dass das Exemplar von Lillkyro nicht über die Ostseeprovinzen
nach Finnland gelangt ist, sondern über Schweden, wo die Fundorte dieser
Gefässe sich durch eine von Schonen über Biekinge und Vestmanland bis
nach Helsingland gezogene Linie vereinigen lassen und gewissermassen den
') 1 Ex. gef. im Ksp. Sogndal, N. Bei^enhu5 Amt, Rygh 341; ) Fragment in einem
GrabhQgel im Ksp. OnsC, Smaalenene, Aarsber. 1899, S. 201.
') Schleswig: 2 Ex. bei Norder Brarup, Kr. Schleswig; Hannover: 1 Ex. ohne nftherc
Fundangabe; Brandenburg: 2 Ex. bei Dommühlen, Kr. West-Stemberg; Pommern: 1 Ex. bei
Kiatzow, Kr. Demmin, 1 Ex. mit Fabriksstempel TALIOF bei Segenthin, Kr. Schlawe, 1 Ex.
bei Zirzlaff auf Wollin (Z. f. E. 1892, Verhandl. 498, Fig. 1). Die Kennmis dieser Funde
mit Ausnahme des zuletzt genannten verdanke ich Dr. O. Almgren.
') Westpreussen: 1 Ex, zwischen Graudenz und Kulm nach einer Mitteilung von Prof.
Dr. Conventz; 1 Ex. bei Kommerau, Kr. Schwatz, XXIV Amilicher Bericht über die Ver-
waltung etc des Westpreussi sehen Prov in zial- Museums für das Jahr 1903, Danzig 1904, S. 38.
*) Nach einer Mitteilung von Herrn H. Kemke.
^) Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass hier nur die Schöpfgefftsse vom alten capua-
nischen Typus, S. MüUers Form 1 (vergl. Aarb. 1874, S. 354), Berücksichtigung gefunden haben.
Die SchOpfgef&sse von späteren Typen, S. Müllers Formen 2 u. 3, welche zumeist mit hinein-
passendem Sieb gefunden worden und nach Willers (loc. cit. 5. 213) hauptsächlich gallischer
Herkunft sind, können hier übergangen werden, da bisher ein solches Gefäss in Finnland
nicht aufgetaucht ist. Übrigens sind auch sie in Ostpreussen nur in einem Exemplar (von
Klrpehuen, Prussia Katalog, Fig. 34), in dem übrigen Ostbalticum aber überhaupt nicht vertreten.
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134 RÖMISCHES SCHÖPFGEFASS.
Weg nach Österbotten hinauf andeuten. Kein Zufall ist es wohl auch, dass
unser Gefäss nicht weit von der Küste der schmalen Quarkenstrasse gefunden
ist, über welche schon in der Bronzezeit, also weit früher, als das Erzei^nis
süditalienischer Kleinkunst an die Mündung des Kyroflusses gebracht wurde,
ein reger Verkehr geherrscht haben muss. Der Fund von Lillkyro zeigt,
dass dieser Verkehr auch im 1.— 2. Jahrhundert n. Chr. von kultureller Be-
deutung für jene Gegend gewesen ist.
Wann das für die damaligen Bewohner österbottens gewiss sehr kost-
bare Gefäss vergraben worden ist, entzieht sich natürlich der genaueren Be-
stimmung. Da aber in Skandinavien und Norddeutschland einige der oben-
genannten Gefässe in Funden mit Fibeln, welche dem 1. — 2. Jahrhundert n.
Chr. zugerechnet werden müssen, angetroffen sind, ') so ist es möglich, dass
auch das Gefäss von Lillkyro nach kurzem Gebrauch, also bereits im 1. oder
2. Jahrhundert der Erde anvertraut worden ist. Eine weitere Frage ist die,
welchem Zweck das römische Gefäss in den Händen seines damaligen Be-
sitzers im fernen Finnland gedient hat. Nach der Ansicht neuerer Verfasser*)
sind die Gefässe dieser Form von den Römern hauptsächlich als Trinkgeschirr
zum Abwägen und Verteilen des Weines, und nicht, wie man früher häufig
angenommen hat, auch als Kochgefässe, Kasserollen, benutzt worden, „darauf
weist ihr Vorkommen in Edelmetall und Bronze unter vornehmen Tafelservice,
wie der Hildesheimer Silberfund — — , der Fund von Wichulla bei Oppeln
, der Fund von Hagenow in Mecklenburg-Schwerin." Darauf weisen auch
die eingeschnittenen Masszeichen auf der Innenseite der Wandung, welche, wie
Blinkenbet^ und Willers gezeigt haben, bei vielen „Kasserollen" den römischen
Hohlmassen: sextarius = 2 heminae = 12 cyathi = 0,6« Liter, entsprechen.
Unser finnländisches Exemplar fasst allerdings bis zum oberen Strich nicht
12 sondern nur 11 cyathi, ist also nicht auf einen ganzen sextarius normiert;
ein noch weniger rundes Verhältnis ergiebt sein Inhalt bis zum unteren Mass-
zeichen, welcher ca 0,3oo 1, also 4,* cyathi beträgt.
Dieselbe Bestimmung wie im Süden werden diese Gefässe auch in Nord-
deutschland und Südskandinavien gehabt haben. Auch hier werden sie beim
1) Montelius, Kronologi, S. 197, Anm. 1 u. 2; Almgren, Beilage II A, Fund 20. 55, 119.
122, 132, 143.
ä) Blinkenberg, t. c, S. 55; Willers, I. c, S. 210; H. Schmidt, Die römischen Bronze-
gefässe aus der Sammlung des Fürsten Clary- Aid ringen auf Schloss Tepütz, Nachrichten
über deutsche Alterthumsfunde, 1902, S. 91.
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RÖMISCHES SCHÖPFGEFiSS. FIBELN. 135
Wägen und Mischen des Weines benutzt worden sein. Allem Anschein nach
muss nämlich der Wein in diesen Ländern während der ersten Jahrhunderte
n. Chr. ein beliebter Einfuhrartikel gewesen sein. Tacitus erwähnt vorüber-
gehend den römischen Weinhandel nach Germanien und beredte Zeugen
desselben sind gerade die zahlreichen römischen und gallischen Bronzegefässe,
die Becher und Homer aus Glas, vor allem die Schöpfgefässe mit hineinpassen-
dem Sieb, welche in den obengenannten Ländern gefunden sind. Sie alle
setzen, wie Willers (S. 200) mit Recht hervorhebt, mehr oder weniger den
Wein voraus. Willers weist hier besonders auf ein Skelet^rab bei Nordrup
auf Seeland hin, „in dem neben dem linken Oberarm des Skeletts ein in die
Kasserolle gelegtes Sieb lag; im Siebe stand ein Glasbecher und daneben noch
ein anderer. Auch in den klassischen Ländern filtrierte man ja den Wein
vor dem Genüsse um den starken Bodensatz auszuscheiden." Wie weit
hinauf im Norden der aus dem Römerreich ausgeführte Wein Absatz gefunden,
ob er auch Helsingland und das noch fernere Osterbotten erreicht hat, das sind
Fragen, welche wir noch nicht beantworten können. Die in den beiden Land-
schaften gefundenen capuanischen Schöpfgefässe können auch als kostbare
Trinkgefässe für einheimische Getränke benutzt worden sein.
DIE FIBELN.
Die wichtigsten Hilfsmittel zur chronologischen Einteilung unserer Funde
und zur Bestimmung der Kultureinwirkungen, welchen die Bewohner Finnlands
in der älteren Eisenzeit ausgesetzt gewesen, besitzen wir in den Fibeln, da
dieselben in höherem Masse als andere Kategorieen von Altertümern dem
Wechsel der Mode unterworfen gewesen und wir dank den Errungenschaften,
welche seit H. Hildebrands bahnbrechender Systematisierung der Fibelformen ')
besonders in dem letzten Jahrzehnt auf dem Gebiete der nordeuropäischen
nbelkunde gewonnen worden sind, ausser der Zeitstellung in den meisten
Fällen auch die Herkunft unserer Fibeln nachzuweisen im Stande sind. —
Die Arbeiten, die einer Untersuchung der finnländischen Fibeln in erster Linie
zu Grunde gelegt werden müssen, sind ausser den älteren Abhandlungen von
') H. Hildebnuid, Studier i jamfArande fomforskning I. Bidrap; tili spannei^ historia.
Am. Tidslir. IV, Stockholm 1872-1880 (1873J.
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136 FIBELN.
Tischler, Müller, Montelius, Vedel, Neergaard und Hausmann ') für die römische
Eisenzeit O. Almgrens «Studien über nordeuropäische Fibelformen der ersten
nachchristlichen Jahrhunderte mit Berücksichtigung der provinziäirömiscben und
südrussischen Formen", Stockholm 1897 (im folgenden nur Almgren be-
zeichnet), für die Völkerwanderungszeit B. Salins „Die altgermanische Thier-
omamentik", Stockholm 1904 (im folgenden Salin bezeichnet), für beide Perio-
den Montelius, „Den nordiska jemäldems kronologi", FFT IX, S. 155 — 274
und X, S. 55—130 (im folgenden Montelius, Kronologi bezeichnet; im
folgenden ist die fortlaufende Seitennumerierung des Sonderdruckes: S. 155 —
350, benutzt worden).
Halten wir unter den Fibeln aus unseren Funden Umschau, so sehen wir,
dass bloss drei derselben in den Beginn der hier behandelten Zeit, nämlich
in den ersten Abschnitt der römischen Eisenzeit oder Tischlers Periode B,
gehören. Diese drei ältesten Exemplare sind auf Tafel 1 in Fig. 2 und 3 und
auf Tafel 3 in Fig. 4 abgebildet.
FIBEL (KIT BOLLENKAPPBV).
Die Fibel 1 2 von Nykyrko- Warheia (Fund 20) ist leider so schlecht er-
halten, dass eine sichere Rekdnstruierung nicht mehr mißlich ist. Als charakte-
ristische Merkmale sind jedoch bei ihr hervorzuheben erstens der dreifache
Wulst um die Mitte des Bügel, zweitens die Art der Befestigung der Nadel:
dieselbe ist nämlich am Kopfende des dünnen Bügels festgenietet. In diesen
beiden Details berührt sich die Fibel von Nykyrko mit einer Klasse von nord-
europäischen Fibeln frührömischer Zeit, welchen O. Almgren die Bezeichnung
Fibeln mit zweilappiger Rollenkappe gegeben hat nach den beiden
') O. Tischler, GrÄberfcldcr; derselbe, Ober die Formen der Gewandnadeln (Fibeln)
nach ihrer historischen Bedeutung, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns,
München 1881, S. 47 f. — S. Müller, Om Tidsadsk illeise mellem Fundene fra den »Idre
Jemalder i Danmark, Aarb. 1874, S. 335; eine Obersicht der wichtigsten Typen unter den
dänischen Fibeln und zahlreiche Literaturhinweise finden sich in Mollers Atlas Jernalderen, —
O. Montelius, Runornas ilder i Norden, SFT IV, S. 236 f.; derselbe, öfvereigt öfver den
nordiska fomtidens perioder, intill kristendomens infOrande, SFT VIII, S. 127 f. — Vedel
S. 79 f., 125 f., 161 [. — C. Neergaard, Meddelelser fra Nationalmuseets danske Sämling,
Aarb. 1892, S. 289 f. — Hausmann, Grabfunde; derselbe, Einleitung; von Alteren Arbeiten
Ober die Fibeln aus ostbaltischen Funden der älteren Eisenzeit sind C, Grewingks Abhand-
lungen „Zur Archäologie des Balticums und Russlands" im Archiv für Anthropologie X,
S. 93 f. und „Der schiffförmige Asche nfriedhof bei Tttrsel in Elstland", Verhandl. d. Gel. Esln.
Ges. XIIE, S. 11 f. erwähnenswert.
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nBEL (hit rollenkappe?). t37
lappenfönnigen Kappen, welche zum Schutze der Nadelrolle vom oberen ßügel-
ende au^ehen {Fig. 106, 107 und Almgren, S. 11 f und Tafel II). Dass unsere
Fibel ursprünglich mit solchen lappenförmigen Ansätzen versehen gewesen ist,
lässt sich bei dem schadhaften Zustand derselben nicht mehr
nachweisen, ist aber immerhin möglich. In dem Vorsprung
an der Mitte des Kopfendes können wir vielleicht den Rest
des bandförmigen Hakens erkennen, der die nach oben
ober die Nadelrolle gespannte Sehne festhielt, ein Detail,
das sich auch bei jenen Fibeln findet Almgren scheidet
die letzteren, abgesehen von den ältesten Formen, die auf
der cimbrischen Halbinsel und deren nächsten Nachbarschaft
vorkommen, in zwei Hauptserien, eine westliche mit Sehnen-
haken und eine östliche mit Sehnenhülse, Das Fundgebiet
der westlichen Serie umfasst Norddeutschland zwischen Elbe
und Oder, die cimbrische Halbinsel, Fünen, Bomholm (ver- pjg jgg pii,el mit
einzelte Vorkommnisse) und Südnorwegen, Die Fibeln der zweilmppiger Rollen-
östlichen Hauptserie sind auf die Weichsel- und Odei^e- bm^rbe' Hamb e
biete beschränkt. Beide Gruppen waren, wie Almgren über-
zeugend nachweist, während der zwei ersten Jahrhunderte
nach Chr. in Gebrauch.
Unsere Fibel könnte nur mit der westlichen, durch den
Sehnenhaken charakterisierten Hauptserie in Verbindung ge-
bracht werden, und unter den zu dieser Gruppe gehörenden
Fibeln ist es die von Almgren in Fig. 26 (hier Fig. 107)
abgebildete ältere Form, welcher die finnländische Fibel am
nächsten entspricht
Eine andere Fibelart, welcher unser Exemplar vielleicht
mit grösserem Recht zur Seite gestellt werden kann, kommt
in ■ einigen wenigen Stücken im Grabfeld von Kuckers in „. ,_- p.. , .
Estland vor.*) Es sind dies kleine eingliedrige Fibeln mit zweilappiger Rollen-
oberer Sehne und Haken, die Almgren zu einer livländisch- •'"PP^- ß""- *'''"- ^"''
,.,.,,. — zau, Hannover,
estländischen Nebensene der grossen, weit verbreiteten Gruppe
der Augenfibeln rechnet (Almgren, S. 28). Diese estländischen Augen-
fibeln haben, abgesehen davon, dass sie einen auf dem Bügel sitzenden Kamm,
1) Hauanunn, Grabfunde, S. 15 u. 24, Taf. 11 1—4.
18
DigilizedbyGoOgle
138 FIBEL lOT KOPFKAtU.
nicht aber einen rings um den Bügel gehenden Wulst besitzen und dass bei
ihnen der Spiraldraht nicht angenietet ist, sondern gewissennassen die Fort-
setzung des Bügelkopfes bildet, eine unleugbare Ähnlichkeit mit unserer Fibel.
Hausmann und Almgren setzen sie in das zweite Jahrhundert n. Ch.
PDEL in KOPFKAIIH.
Stiessen wir bei der näheren Bestimmung der defekten Gewandnadel von
Nykyrko auf gewisse Schwierigkeiten, so wird uns die Charakterisierung der
besser erhaltenen Fibel I3 von Letala (Fund 23) leichter. Auch hier folgen
'war der Leitung, welche uns Almgren in seiner vorzüglichen Systematisierung
der überaus mannigfaltigen nordeuropäischen Fibelformen aus jener Zeit gege-
ben hat. Almgren erwähnt selbst unserer Fibel (Almgren, S. 61 u. 176) und
rechnet sie zu seiner Gruppe V, zu weicher eine grosse Zahl von Fibelfonnen
gehört, die sich aus der vorhergehenden durch eine kräftige Profilierung des
? Bügels ausgezeichneten Gruppe IV entwickelt haben.
""^^m Diese letztgenannte Gruppe kann ihrerseits auf Spät-
^B la-T6nefibeln mit verdicktem Bügelkopf zurückgeführt
—Jm werden (Almgren Tafel IVan-oe). Die Entvricklung
P5\ flr der Gruppe V aus der vorhergehenden besteht in
' — ^^ einer allmählichen Verflachung der kräftigen Profi-
Fig. 108. Fibel mit Kopf- lierung, so dass bei den Fibeln vom Typus der
""""a A ' Boh ifl"** ^' unsrigen schliesslich zwei charakteristische Merkmale
der Gruppe IV, nämlich die Scheibe oder der Kamm
in der Bügelmitte und der gegliederte Endknopf, weggefallen sind. Dagegen
ist der Bügel breit geworden, und am Kopf hat sich ein Kamm au^ebildet.
Bei einem dem unsrigen sehr ähnlichen Exemplar aus Bohuslän in Schweden,
Fig. 108, ist der Kopfkamm mit silbernen Flechten und Schnüren verziert.
Einen solchen Schmuck oder einen ähnlichen aus einem Belag von gestanztem
Silberblech trug wohl ursprünglich auch die finnländische Fibel. Die eigen-
tümliche Verzierung des Bl^els durch erhabene quet^eriefte Längsstreifen, mit
welcher wahrscheinlich eine Nachahmung von Silberflechten beabsichtigt ist,
hat unser Exemplar mit Fibeln aus Fünen und Bornholm, welche zu derselben
Gruppe V gehören, gemein (Almgren V m u. VI ue). Als eigentliche Heimat
der „Fibeln mit Kamm nur am Kopf" giebt Almgren Westpreussen an.
Sonst sind sie über Nordostdeutschland, aber auch, obwohl weniger zahlreich
und nur in den älteren Formen, über Nordwestdeutschland verbreitet, kommen
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S-FÖRMIG GEBOGEME FIBEL MIT UllGELEfiTFH SEHNE. 139
in Böhmen, Mähren, Polen, Livland und Estland vor, sind besonders zahlreich
auf ßomholm vertreten und vereinzelt im westlichen Dänemark, Südschweden
und Ostnorwegen angetroffen worden. Was speziell die Verbreitung derjenigen
Fibel anbetrifft, welche innerhalb dieser Gruppe unserer Fibel am nächsten
kommt, nämlich der Form Fig. 108 (Almgren Vliae), so geht aus Almgrens
Fundverzeichnis hervor, dass sie am zahlreichsten in Westpreussen, Schlesien
und Brandenburg auftritt; einzelne Exemplare führt Almgren aus Böhmen,
Mähren, Ostpreussen, Pommern, Bomholm, Fünen, Bohuslän, Sudnorwegen
und Livland (ein Exemplar mit Chamier) an. Sowohl Almgren wie Montelius ')
weisen die älteren Formen dieser Gruppe, zu welchen auch die Fibel Fig. 108
gerechnet werden muss, dem 2. Jahrhundert n. Chr. zu. Aus Almgrens Fund-
verzeichnis (Beilage II A) erhellt, dass die letztgenannte Fibel oft mit Fibeln
aus der älteren römischen Periode gefunden worden ist; in Funden, welche
der jüngeren römischen Periode angehören, ist sie noch nicht vorgekommen.
S-PÖSMIO OEBOOBHS FIBBL MIT UMQEUQTBR SBHME.
Was mich dazu bestimmt die Fibel 84 mit dem schmalen, bandförmigen,
versilberten Bt^el noch in die ältere römische Periode (Tischlers Periode B)
zu verlegen, ist der Umstand, dass sie mit einer s. g. umgelegten Sehne
versehen ist, d. h. ihre Nadelsehne ist direkt unterhalb der durchlochten Achsen-
scheibe einmal um den Kopf gewunden. Es ist dies ein Zug, der sich an
vielen norddeutschen und einzelnen skandinavischen Fibeln, welche Almgrens
Gruppen I, IV und V angehören, beobachten lässt, vei^l. Almgren Tafel lu,
IV 75, 76 V lOB, loe, VI 1S8, 1*6. Diese Fibelarten, es sind gewisse Formen
der „kräftig profilierten Fibeln" und einige von diesen ausgegangene Typen,
setzt Almgren in die spätere Hälfte der älteren, zum Teil in den Beginn der
jüngeren römischen Periode, also in 'das zweite und den Anfang des dritten
Jahrhunderts (Almgren, S. 45, 53, 57, 64, 65). Unser schlichtes, besonderer
charakteristischer Einzelheiten entbehrendes Exemplar lässt sich unter diesen
Fibeln am ehesten zu einer Gruppe in Beziehung bringen, welche Almgren als
die der „S-förmig gebogenen Fibeln ohne Kamm' charakterisiert. Die
von Almgren abgebildeten Repräsentanten dieser Fibelgattung (Fig. 146, 149)
sind allerdings eingliedrig und breiter wie die finnländische Fibel, welche zwei-
gliedrig ist, auch besitzen sie keine umgelegte Sehne, doch kommen unter
1) Montelius, Kronologi, S. 202 f.
Digilizedby Google
140 ARllBRUSTFIBELN HIT UU6E5CHLAGEHEH FVSS.
den Fibeln dieser Gruppe» wie Aln^ren hervorhebt, zweigliedrige Exemplare
und solche mit umgelegter Sehne nicht selten vor. Dem Belag von Filigran
oder gestanzten Blechen, welcher viele dieser Fibeln schmückt, entspricht bei
unserem Stück die Versilberung der Bt^eifläche. Als Hauptfundgebiete der
S-förmig gebogenen Fibeln ohne Kamm nennt Almgren teils Westpreussen
(mit Posen und Polen), teils die dänischen Inseln, besonders Bomholm. Auch
fehlt sie nicht in der Eibgegend. Beachtenswert ist es, dass in Elsdand eine
unserer Spange verwandte Fibelform mit Kopfkamm mehrfach aufgetaucht ist
(Hausmann, Grabfunde IIii— le, unter denen II ii wie unsere Fibel einen ver-
silberten Bügel hat).
ABKBHDSTFIBELN MIT DHOESCHLAOEHBK FUSS.
Die Benennung „mit umgeschlagenem Fuss" ist dieser Fibelgruppe, deren
Hauptmerkmal darin besteht, dass der Bügelfuss nach unten umgebogen und
mit seinem verlängerten Ende um den unteren Teil des BUgelhalses gewickelt
ist, bekanntlich von O. Tischler (Gräberfelder, S. 183) gegeben worden und
seitdem allgemein in Aufnahme gekommen. Diese Fibelgruppe sehen wir in
folgenden Funden vertreten: 4 (Bjemo— Lupaja, 1 Exemplar Ib), 6 (ebenda,
3 Ex. \i, Si), 9 (Bjerno-Öfverby, 1 Ex. 1«), 11 (Uskela— Puonti, 1 Ex. 1«),
13 {Äbo, 1 Ex. 28), 31 (Kumo-Köönikänmäki, 1 Ex. 22), 32 (ebenda, 1 Ex. Is,
35 (ebenda, 1 Ex. 1 ;). Zu dieser Anzahl kann vielleicht noch die Fibel
Fig. 40 aus Fund 18 (Nousis— Palokylä) gerechnet werden, deren Fuss abge-
brochen ist. Ausserdem soll im folgenden eine fragmentarische grosse silberne
F^bel m. u. F. aus dem Brandgräberfeld von GuUdynt im Kirchspiel Vörä be-
sprochen werden, obgleich sie nicht mehr in die Zeit vor dem Jahre 500 n.
Chr. gehört, Fig. 118, 119.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Fibel m. u. F. in Südrussland ent-
standen, wo die typologisch und chronologisch ältesten Formen auftreten
(Fig. 109). Almgren hat sie von der Spät-la-Tfenefibel
mit rahmenartigem Nadelhalter, mit welcher sie eine
unverkennbare Ähnlichkeit besitzt, abgeleitet, ot^leich
Fig. 109. Fibel m. u, F. '^m keine la-T^nefunde aus Südrussland bekannt waren.
Br. i/t Olwiopol, Gouv. Da ihm die Verwandtschaft zwischen den beiden Fibel-
arten zu nah erschien um als ein reiner Zufall erklärt
zu werden, hat er die Vermutung ausgesprochen, dass das bisherige Fehlen von
la-T6neformen in diesen Gegenden darauf beruhte, dass sie der Aufmerksamkeit
dby Google
ARKBRÜSITIBELH HIT (IH GESCHLAGEN EM FUSS. 141
entgangen wären. Die la-T6nekuitur hätte ja öfters einen sehr dürftigen
CharaJtter und wäre darum in vielen Ländern, z. B. in Skandinavien, erst sehr
spät entdeckt worden. *)
Gegen diese Annahme hat B. Salin gehend gemacht, dass der Schwer-
punkt der eigentlichen la-Tönekultur im westlichen Europa liegt und dass es
deshalb kaum glaubwürdig ist, dass sie sich so weit nach Osten wie nach der
Krim erstreckt hat, zumal diese Gegend während der Blütezeit der la-T£ne-
kultur unter einem stark griechischen Einfiuss stand. *) Infolgedessen will Salin
die Fibel m. u. F. nicht mit der eigentlichen la-T^nefibel zusammengestellt wissen,
sondern sucht ihr Vorbild in einer in SOdrussland nicht seltenen, auch sonst
weit verbreiteten eingliedrigen römischen Fibel mit oberer Sehne und breitem
gehämmertem Bügel. Bei dem Versuch diese Fibelform, deren Verfertigung
technische Schwierigkeiten bot, mit einfacheren Mitteln, nämlich aus einem
einzigen Draht herzustellen ergab sich nach Salins Ansicht die älteste Form
der Fibel m. u. F. von selbst Dabei hebt aber
Salin ausdrücklich hervor, dass die als Vorbild
benutzte Fibel auch im Westen vorkommt und
dort mit Recht als Spät-la-T^ne bezeichnet wird.
Da aber in der Krim ausser diesen Fibeln nichts F'i- ^^0. Mittcl-la-Ttnefibel. Br.
, j- I -T-. ■ . Olwiopol, Gouv. Cherson.
anderes, was an die la-lene ennnert, dagegen
vieles, was auf römische Kultur hinweist, gefunden wäre, so könnte das Auf-
treten dieser Fibeln in SOdrussland nur auf einer römischen Beeinflussung,
nicht aber auf dem Vorhandensein einer la-Tfenekultur beruhen.
Spätere Funde in Südrussland haben Almgren in dieser Frage Recht ge-
geben, indem sie gezeigt haben, dass sogar Mittel-la-T6nefibeln im Gebiet nördlich
vom Schwarzen Meer benutzt worden sind und dass demnach der Einfiuss der
la-Tfenekultur sich recht früh bis in jene Gegenden erstreckt hat, obgleich er
wohl stets von weit geringerer Bedeutung gewesen ist wie der griechische und
■ römische Einfiuss. Solche Funde sind mir gegenwärtig von wenigstens drei
Orten in Südrussland bekannt, nämlich aus einigen von Frau W. Chwoika unter-
suchten Umengräbem bei dem Dorfe Zanibinzi, Kreis Kanew, Gouv. Kiew "),
») Almgren, S. 71-74.
") SaUn, S. 5.
*) B. B. Xiotaa, ÜMi aorpsteHJB n «{mabcmi npixHtnpoBbi, Sanieu Kim. PyccK. Apieojom.
Otoenn XH 1 u. 2, St. Petersburg 1901, S. 182 f., Taf. XXItl 9-21; Photographiesammlung
der Kais. Archftolog. Kommission zu St. Petersburg Nr. 2633.
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142 ARMBRUSTF1BELK HIT UMGESCHLAGENEM FVSS.
einigen Skelettgräbern in dem alten Olbia bei dem jetzigen Olwiopol am Bug
im Gouv. Cherson ') und aus den Ruinen des alten Chersones auf der Krim. ")
Almgrens Annahme, dass die Fibel m. u. F. in Sodrussland bei den von Norden
eingewanderten Germanen entstanden wäre, welche in ihrem neuen Gebiet
Spuren von einer noch fortlebenden la-T^nekultur angetroffen hätten, ist dem-
nach sehr plausibel, zumal einige dieser südrussischen Mittel- und Spät-la-T*:ne-
fibeln Typen angehören, welche eine besonders grosse Ähnlichkeit mit den
ältesten südrussiscben Fibeln m. u. F. besitzen (vergl. Fig. 109 und 110).
Von Südrussland aus bat sich die Fibel m. u. F. in ihren späteren Ent-
wicklungsformen mit Armbrustkonstruktion hauptsächlich über Galiüen, Polen,
Ostdeutschland (vor allem West- und Ostpreussen) und das Ostbalticum ver-
breitet. Im Süden und Westen trifft man sie seltener. In Skandinavien ist
sie zahlreich nur auf Bomholm, öland und Gotland. ■)
Die Zeitstellung der Fibeln m. u. F. ist von deutschen und skandina-
vischen Archäologen wiederholt zum Gegenstand eingehender Untersuchungen
gemacht worden. Da sie für die Chronologie unserer finnländischen Funde
von besonderer Wichtigkeit ist, so müssen wir uns im folgenden etwas naher
mit ihr beschäftigen.
O. Tischler setzt die Mehrzahl der ostpreussischen Typen dieser Fibeln in
seine Periode C, welcher er früher hauptsächlich das 3., zuletzt aber das 3.-4. Jahr-
hundert eingeräumt hat. Eine späte plumpe Form derselben Fibelgattung (vergl.
S. 144—145) wird der darauf folgenden Periode D (4,-5. Jahrh.) zugewiesen. *)
Die Datierung der Periode C stützt sich auf die in den Gräbern der-
selben so häufig vorkommenden römischen Münzen, welche vom ,1. bis zur
Mitte des 3., hauptsächlich aber vom 2. Jahrhundert stammen. Da das Inventar
in den Gräbern mit älteren Münzen ganz denselben Charakter zeigt wie das
in denen mit jüngeren Münzen, so nimmt Tischler an, dass die ersteren mit
den letzteren zugleich ins Land gekommen sind. Andere Beweise dafür bieten
ihm die übrigen Münzfunde in Ostpreussen, „die, wenn sie auch manchmal
1) HcrtcTu 8, St. Petersburg 1903, S. 91 ; Photographiesaninilung der K. ArchBolog. Kom-
mission Nr. 3677 ii4 und 3680 tm.
*) Pliotographiesamml. der K. Archaolog. Kommission Nr. 2758. — Ausserdem ist auf
d«r Photographie Nr. 4028 dieser Sammlung eine Mittel-Ia-T^nefibel abgebildet, an welcher
eine Etikette mit der (russischen) Aufschrift Taurisches Gouv. 251/1901 befestigt ist
>) Näheres Aber die Verbreitung der einzelnen Formen siehe Almgren, S. 74 f.
*) Tischler, Oberhof, S. 18/19.
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ARHBRUSTFTBELN MIT UH GESCHLAGENEM VUSS. 143
Mflnzen bis Nero rOckwarts enthalten, doch immer bis ans Ende des zweiten,
meist bis ins dritte Jahrhundert gehen. Alle diese Münzen, die sich in den
Gräbern der alteren Periode B nicht finden, sind aiso frühestens nach dem
Markomannenkriege ins Land gekommen, nach jenem ersten grossen Vorstoss,
welchen die Nordleute ins Römerreich machten, wobei sie also mit den Römern
in direkte Berührung kamen und mit den Stämmen in der alten Heimat wohl
immer noch in Verbindung blieben." Almgren hebt hervor, ') dass die Fund-
verhaltnisse in dem übrigen Norddeutschland und Skandinavien den ost-
preussischen MUnzfunden durchaus entsprechen und zieht daraus für diese
Gebiete denselben Schluss wie Tischler. In Übereinstimmung mit diesem
Forscher hält er dafür, dass keine römischen Münzen vor der Zeit Marc Aureis
nach Nordeuropa gekommen sind und dass der Kulturstrom, der sich nach
den Markomannenkriegen vom Südosten her über den Norden er^oss, ausser
den Münzen auch die Fibeln m. u. F. und andere neue Formen mit sich ge-
führt hat. Die Fibeln setzt auch er hauptsächlich in das 3. Jahrhundert Wir
werden im fönenden sehen, dass sie iin Ostbaiticum weit über diese Periode
hinaus gelebt haben.
Eine Musterung von Almgrens Fundkolumnen (Bellte II B) bestätigt die
obige Datierung. Die dort angeführten Fundkombinationen zeigen Armbrust-
fibeln m. u. F. hauptsächlich von solchen Typen, wie sie auf seiner Tafel VII in
Fig. 161, 162, 167, 168 abgebildet sind, und einige ihnen nahestehende und aus
ihnen entwickelte Fibelformen in Gesellschaft teils mit römischen Münzen der
obengenannten Gattung, teils mit Fibeln mit hohem Nadelhalter, teils auch mit
römischen Bronzegefässen, Bronzesieben und Glasbechem von den Typen
Moller 320, 322, 323, 328, 331. Alle diese Formen sind nach der gut begrün-
deten Ansicht Montelius* charakteristisch für das 3. Jahrhundert, ") kommen
aber, und darauf ist in diesem Zusammenhange ein besonderes Gewicht zu
legen, zum Teil noch in den nordischen Funden des 4. Jahrhunderts, wenigstens
der ersten Hälfte desselben, vor. Als solche länger in Gebrauch bleibende
Formen werden von Montelius ausdrücklich angeführt gewisse Fibeln mit hohem
Nadelhalter {Montelius, Kronologi Fig. 82 u. S. 234), römische Bronzeeimer wie
') Almgren, S. B1 f.; derselbe, Om fynden af romerska silfvennynt i norden, 5FT XI,
S. 191 f.
•) In Betreff der Fibeln mit hohem Nadelhalter weist Almgren auf den sehr bemerkens-
werten Umstand hin, dass eine Anzahl Exemplare in den Limeskastellen Saalburg und Oster-
burken gefunden sind, deren Zerstörung in das dritte Viertel des 3. Jahrhunderts fallt (S. 96).
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144 AIUfBRUSTFIBELN HIT UUGESCHLAGENEU WSS,
Müller Fig. 322 {ebenda S. 244—245) sowie eine solche Form der Fibel
m. u. F. wie Montelius, Kronologi 65 oder Almgren 163, welche augenscheinlich
ein jüngeres Entwicklungsstadium repräsentiert, da bei ihr der zurückgelx^ene
Teil des Fusses — der Nadelfalz — dicht unter dem oberen Teil desselben
entlang läuft, während bei den älteren Formen die Öffnung zwischen Fuss und
Nadelfalz weiter ist (Montelius, Kronologi, S. 238). Montelius Datierung der
skandinavischen Fibeln m. u. F. deckt sich also genau mit der von Tischler
für die älteren ostpreussischen Exemplare dieser Fibelart gefundenen. Beide
weisen sie dem 3. und teilweise dem 4. Jahrhundert zu. Weder Montelius noch
Almgren haben Anlass gehabt sich über die späteren Formen der Arrobrust-
fibeln m. u. F. zu äussern, da dieselben in Skandinavien unbekannt sind und nur
in den ostbaltischen Ländern und Finnland vorkommen. Aber auch von ost-
baltischen Archäologen sind sie mehr vorübergehend und ganz generell mit
Gruppen anderer Altertümer zusammen behandelt worden. Eine kurze Erörterung
ihrer Chronolt^e wird daher hier am Platze sein. Wir halten uns dabei haupt-
sächlich an ostpreussisches Material, welches am reichhaltigsten ist und an
welchem sich die Entwicklung der Formen am besten verfolgen lässt.
Die ostpreussischen Armbrustfibeln m. u. F. aus der Periode C haben einen
schlanken, gleichbreiten, oft fazettierten Bügel, der bei den einen unverziert,
bei andern mit einer Garnitur von periartig gekerbten Drahtringen geschmückt
ist: am oberen BUgelende sitzt oft ein Knopf, der den nämlichen Drahtschmuck
zeigt, beziehungsweise nur profiliert oder geriffelt ist; bei mehreren Exemplaren
ist die Nadelsehne auf beiden Seiten eingebogen — der erste Anfang zu der
Verkümmerung derselben, welche für spätere Fibeln charakteristisch ist, (Tischler,
Gräberfelder III 4—0, 11, Berhner Album I Taf. 9Bea— e»T, aae—ioe, Tischler, Alter-
tümer III 8—12, 1*, 16— 2s). Der schlanke Bügel geht in der Folge, d. h. in den
Perioden D und E, immer mehr in die Breite, wird plump und unschön; vor
allem ist es das Fussstück, welches anschwillt und zuletzt breiter wird wie der
übrige Bügel; auf dem Bügelhalse treten zwei oder mehrere durch erhabene
Stege eingefasste Furchen zum Vorschein; die Zwischenräume zwischen den
Ringen sind oft mit gewaffeltem Silber- oder Goldblech belegt, eine Verzierung,
die schon in Periode C auftritt (Tischler, Altertümer III ai); die Sehne, welche
anfangs einen runden Durchschnitt hat, wird nun kantig um sich dann an
der Mitte zu verdicken und zuletzt breit und platt zu werden; zu gleicher Zeit
wachsen — wenigstens bei einigen Exemplaren — die Knöpfe an den beiden
Enden der Achse, welche in Periode C ziemlich klein sind; der Knopf am
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AKHBRUSTFIBELN WT UHGESCULAGENEU FUSS. 145
oberen Ende des BOgels verschwindet. So bildet sich die Fibel der Periode C
allmählich zu der gedrui^enen und breitgedrückten Spange der Periode E
(Fig. 111, 112) aus, welche durch Heydecks Publikation über das Gräberfeld
bei Daumen {Prussia 19) allgemeiner bekannt geworden ist. Typologisch und
ohne Zweifel auch chronolc^sch ältere Zwischenformen sind u. a. die Fibel
Tischler, Altertümer 111 se aus Grab 61 bei Wamikam, welche noch verhältnis-
mässig schlank ist, sich aber durch die tiefen Furchen auf dem Bügelhalse von
den Fibeln der Periode C unterscheidet, sowie unsere Silberfibe! von Äbo —
Korpolais 38 (Fund 13), welche ebenfalls schlanker und gefälliger ist wie die
Daumer Fibeln, deren Sehne aber in der Mitte eine starke Anschwellung zeigt,
ein Detail, das wir noch nicht bei den Fibeln der Periode C wahrnehmen können.
Flg. 111. Armbrustfibd m. u. F. Silb. mit Gold- Fig. 112. Armbrustfibel m. u. F.
belag. *lt. Daumen, Ostpreussen. Silb. ^/b. Daumen, Ostpreussen.
Was nun die Fibeln von Daumen anbetrifft, so hat das dortige Totenfeld
nicht weniger wie 15 Exemplare derselben geliefert, welche in 11 zum Teil
recht reich ausgestatteten Gräbern lagen. Wir sind daher in der Lage ihr
Alter nicht blos auf Grund ihrer Formen, sondern auch mit Zuhülfenahme der
Fundumstände einigermassen genau feststellen zu können und damit zugleich
die Lebensdauer der ganzen Serie der Armbrustfibeln mit umgeschlagenem,
geradem Fuss. Mit den Daumer Exemplaren scheint nämlich diese Serie den
Endpunkt ihrer Entwicklung erreicht zu haben; in der Folgezeit treten, soviel
ich weiss, wenigstens in den ostbaltischen Küstenländern keine durch geraden
Fuss ausgezeichnete Fibeln mehr auf, welche auf Grund der Konstruktion ihres
Nadelhalters dieser Serie zugeteilt werden könnten.
Für die Datierung der Daumer Fibeln sind in erster Linie ihre ornamen-
talen und, konstruktiven Einzelheiten von Bedeutung. Die Form des Bügel-
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146 .VKUBRUSTFIBELN HIT UUGESCHLAGENEy FUSS.
halses, auf welchem drei erhabene Stege die beiden tiefer liegenden länglichen
Felder begrenzen, ist für die Fibeln des 5. und 6, Jahrhunderts besonders
charakteristisch, wie eine Musterung der nord- und sQdgermanischen Fibeln
mit halbrunder und rechteckiger Kopfplatte dartun wird (vei^l. Salin, Kap. II).
Hauptsächlich auf das 6. Jahrhundert deuten femer die breiten gegossenen
Sehnen der Fibel Fig. 112 aus Grab 108 a und der (nicht mit umgeschlagenem
Fuss ausgestatteten) Fibeln von Daumen IIb, Vbi, VIII lo hin. Um diese Zeit
beginnt nämlich auch bei einigen ostskandinavischen Fibeln die Verbreiterung
und Verflachung der Sehne zu einem Bande, was den Anlass zur Entstehung der
gotländischen und bomholmer Formen Montelius 438, 439, 532 — 537 und MtlUer
522, 523 giebt. Dass dieser Prozess schon innerhalb des 6. Jahrhunderts recht
weit vorgeschritten war, davon zeugt die merkwürdige, mit Tieromamenten
verzierte Fibel von Grobin, Aspelin 1847, deren Entstehungszeit kaum diesseits
des 6. Jahrhunderts gesucht werden kann. Das dreipunktierte Dreieckmotiv,
mit welchem die Fibel Fig. 112 verziert ist,') verändert diese Datierung nicht
Dieses Motiv ist allerdings sehr allgemein in den späteren Perioden der jüngeren
Eisenzeit, tritt aber schon im 6. Jahrhundert auf. Wir sehen es z. B, auf skandina-
vischen Goldbrakteaten mit der Darstellung eines Menschenkopfes Über einem
vierfüssigen Tier und auf solchen mit dem Bilde eines stark stilisierten rück-
wärts blickenden Tieres, zwei Typen welche nach Montelius überzeugender
Beweisführung in die Zeit um 500 und in das 6. Jahrhundert gehören. ")
Aber auch die Fundkombinationen der Daumer Fibeln sprechen für die
Richtigkeit unserer Datierung. Da ist zunächst in den Gräbern 121 und 141
je ein Paar solcher Fibeln mit einer Gürtelschnalle von dem Typus Daumen
Vii (Fig. 113) gefunden worden. Diese Schnallenform dürfte meiner Ansicht
nach in das 6. Jahrhundert oder frühestens in die Zeit um 500 gesetzt werden
können, da sie schlanker und einfacher ist als die zu derselben Hauptform
gehörenden Schnallen aus späteren Funden wie z. B. die von Lindenschmit
im Handbuch Taf. V bu, w& abgebildeten, deren Tieromamente auf das 7. Jahr-
hundert hinweisen, *) und. deutlicher wie diese an die Formen des 5. Jahr-
hunderts zurückmahnt (z. B. an die Schnalle aus dem Porskaermoor in Jütland,
Müller 394). Ihr ein höheres Alter zuzuweisen verbietet die charakteristische
') Auf der Abbildung ist das Ornament der Fibel kaum sichtbar. Die Mitteilung, dass
eines der Motive aus dreipunktierten Dreiecken besteht, verdanke ich Herrn H, Kemke.
») Montelius, Kronologi, S. 296 f. u. S. 346, Fig. 176; Montelius, FrÄn jemaidem PL 2ii.
8) Vergl. Salin, S. 303 f. u. 355, (die Ornamente der Schnallen gehören dem Stil U an).
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^ '^ Of THE \
UNIVERSITY I
L '^^ ,*. y ARMBRÜSTFIBELK MIT UHGESCHLAGENEH FUSS. 147
schildförmige Platte am unteren Ende des Domes, ein Detail, das sich im
5. Jahrhundert allmählich entwickelt, ') aber erst gegen das Ende desselben
oder im 6. Jahrhundert soweit ausgebildet erscheint wie an dem Daumer
Exemplar.*) — Dem 6. Jahrhundert entstammt wohl auch die Schnalle Fig. 114
welche im Grab 77 mit einer der betreffenden Fibeln zusammenlag. Wohl
kommen Schnallen mit runder oder ovaler Beschlagplatte, welche mit drei Nieten
an das Lederzeug befestigt war, schon im 4. Jahrhundert vor;") andererseits
sind sie aber noch im 7. und 8. Jahrhundert in Gebrauch. *) \yas das
Daumer Exemplar anbetrifft, so sind für seine Zeitstellung massgebend erstens
die Platte des Domes, welche dieselbe Form hat wie die der Schnalle
Fig. 113, zweitens die Einbiegung vom an der Mitte des Bügels, da wo die
Fig. 1ia Schnalle. Silb. »/s. Fig. 114. Schnalle. Br. Vs. Fig. 115. Schnalle. Silb. >/s.
Daumen, Ostpreusseo. Daumen, Oslpreusscn. Daumen, Ostpreussen.
Spitze des Domes aufliegt, ein den meisten Schnallen des Daumer Gräber-
feldes gemeinsames Detail, welches als ein älterer Zug aufgefasst werden
muss. ^) — Die Schnalle Fig. 115 lag im Grab 52 zusammen mit einem Paar
>) Salin, S. 115, Fig. 291 b, 304, 305 etc.
*) Vergleiche die interessante Schnalle aus dem Skelettgrab 140 bei Andernach, deren
Dorn eine solche Platte hat und welche mit sp&irOmischen Tongef&ssen gefunden ist. Bonner
Jahrbücher 86, 1888, S. 197, Taf. XI ». Ist dieser Fund sicher?
B) Vergl. z. B. Eck, Les deux clmeii^res galloromains de Vermand et de Saint-Quentin,
Paris 1891, XV 17; Wissenschaft. Mittheil, aus Bosnien und der llerzegovina Bd. I, S. 286
Fig. 23; Typische Formen aus d. archSoL Samml. d. Krain. Landesmuseums Rudolfinum
■ n Laibach, Lm.
*) Viele Beispiele unter anderen bei Barritre— Flavy , Ans Industrieis.
*) Derartige Sc knallen bQ gel kommen schon im 4. Jahrhundert vor. Vergl. Album Ca-
randa, Nouvelle strie, PI. 80i (Departement Aisne); Boulanger, Le mobilier {un^raire gallo-
romajn et franc en Picardie et en Artois, Saint-Quentin 1901, PI. 75 u. Sa; Linden.'^chmit,
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148 ARMBRUST FIBELN UT UHCE5CHLACENEM FUSS.
der bewussten Fibeln. Sie zeichnet sich durch einen halbmondförmigen Aus-
schnitt auf der Beschlagplatte aus, welches Detail zu der mit Granaten aus-
gefüllten Höhlung auf der Platte einer golde-
nen Schnalle aus dem Grabe Childerichs 1
(t 481) •) in Beziehung gebracht werden kann;
I doch macht die Daumer Schnalle jedenfalls
einen jüngeren Eindruck wie diese. — Grab 57
hat ausser einer Fibel von dem hier in Be-
tracht kommenden Typus
Fig. 116. Schnalle. Br, «/a. Daamen. ^^ ^^^^ Gürtelschnalle
Ostpreussen. "
Fig. 116 geliefert, welche
in Anbetracht ihres Bügels, dessen Konturen noch an die
einiger Schnallen aus den nordischen Moorfunden ") erinnern,
zu den typologisch älteren Gegenstanden des Grabfeldes
gerechnet werden kann.
Eine fortgesetzte Musterung der Daumer Funde würde
zu dem Resultate führen, dass die meisten derselben dem 6.,
ein Teil vielleicht dem Ende des 5. Jahrhunderts angehören.
Auf das 6. Jahrhundert weisen auch, um nur noch einen pj„ 07 fjbei mit
Beleg anzuführen, die zahlreichen Fibeln mit halbrundem rechteckigem Kopf-
oder rechteckigem Kopfstück und degenerierten Ornamenten ^ ^ o i *^ ""
hin, unter denen das Exemplar Fig. 117 als eine aus west-
und mitteldeutschen Funden bekannte und leichter datierbare Form hervor-
gehoben sein mag, ^)
Alterthflmcr Bd. 11, Heft VI, 5 11 (ßingerbrflck) ; Bonner JahrbOcher 86, 1888, 5. 184, Taf. XI m
(Andernach). In Litauen sind solche Schnallen mit Armbruslfibeln mit Nadelscheide vom
Typus Tischler, Gräberfelder III 10, mit solchen mit kurzem Nadelhalier oder mit umgeschla-
genem Fuss kombiniert mit Fussscheibe gefunden worden (Sairacsi Hmq. PyccK. Apitoior. (WQeem
VIII, S. 103, Fig, 9—11, 19. Der Fund von Koloskowo im Gouv. Woronci, der unter anderem
eine Schnalle mit solchem Bflgel und eine Fibel mit fünf KnApfen an dem halbrunden Kopf-
stOck enthielt, gehört in das 5.- 6. Jahrhundert Onen m 1895 rojn>, S. 55, Fig. 111—114.
>) Lindenschmit, Handbuch VIb68, vergl. auch »;, S4S.
ä) Nydam IX st, m. Verg!. den Abschnitt Schnallen.
3) Eine Fibel von genau demselben Typus bt bei Niederselters, Kr. Limburg, Prov.
Hessen, mit 2 byzantinischen Goldmünzen des Anastasius (491—518) und Justinianus (527—565)
gefunden worden (Westdeutsche Zeitschrift fOr Geschichte und Kunst 18, 1899, S. 407 u.
Taf. 10 1 9; auch die bandförmigen Tieromamenie dieser Fibel und zweier anderer Exemplare
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ARHBRUSTFIBELN WT UMGESCHLAGENEH FVSS. 149
Diese Dadenmg des Gräberfeldes von Daumen sttnunt mit der A. Bezzen-
bergers im Katalog des Prussia-Museums II (1897), S. 21/22, überein. Bezzen-
berger setzt nämlich die ältesten Gegenstände von Daumen in die Periode D— E,
die jüngsten in E — F, das ganze Gräberfeld demnach ins 5. und 6. Jahrhundert
Heydeck datiert die Daumer Funde — etwas zu früh — ins 5. Jahrhundert
(Prussia 19, S. 68). Zu einem erheblich abweichenden Resultat kommt H.
Kemke, der sich auf die von Lindenschmit aufgestellten chronolc^schen Be-
stimnmngen stützt Er setzt die Periode D ganze zwei Jahrhunderte (6. — 7.
Jahrh.) später an und verlegt die Zeit des Daumer Grabfeldes in das 6. bis 6.,
hauptsächlich das 7. Jahrhundert ')
Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass sowohl die omamen-
talen und konstruktiveo Einzelheiten wie auch die Fundkombinationen die Arm-
brustfibeln m. u. F. von den Typen der Daumer Exemplare in das 6. oder
frtihestens in das Ende des 5. Jahrhunderts verweisen. Wir sehen also, dass
die Armbrustfibeln mit geradem umgeschlagenem Fuss in den ostbaltischen
Ländern während der Periode C^E oder vom 3. bis zum 6. Jahrhundert in
Gebrauch gewesen sind, demnach eine bedeutend längere Zeit als in Skandi-
navien, wo sie, wie es scheint, nach dem 4. Jahrhundert nicht mehr getragen
worden sind.
In welcher Weise die in Finnland gefundenen Exemplare sich in dieses
chronologische Schema einfügen lassen, soll im folgenden kurz erörtert werden.
Ein Blick auf die Abbildungen der zum grössten Teil schlecht erhaltenen
finnländischen Fibeln zeigt uns, dass sich unter ihnen keine typologisch alten
Formen finden, welche an den Anfang der Entwicklungsserie gestellt werden
könnten. Auch die augenscheinlich ältesten Exemplare wie 1*—» dürften bei
einer genaueren Prüfung eher an das Ende als an den Anfang der Periode C,
d. h. eher in das 4. als in das 3. Jahrhundert gesetzt werden, da bei ihnen
allen der zurückgebogene Teil des Fusses sich ganz dicht an den oberen Teil
derselben Art aus Andernach und Heidingsfcld bei WOrzburg (Lindenschmit, Centralmuseum
V?, 8) haben den Charakter des 6. Jahrhunderts; schliesslich sei hier eine bei Weimar ge-
fundene Fibel von derselben Form und mit denselben Ornamenten angeführt, welche auf
einem ihrer Knöpfe kleine geperlte Halbtnonde aufzuweisen hat, ein Motiv, da.s für das 6. Jahr-
hundert typisch ist Z. f. E. 26, Berlin IffiW, Verhondl. S. 51. — Über die Datierung der
geperlien HalbmOndchen siehe Montclius, Kronologi, S. 322.
I) H. Kemke, Ein Beitrag zur Chronologie der ostpreussi sehen Graberfelder mit Berück-
sichtigung der Nachbai^ebieie. Phys. Okon. Ges. 40, S. 97 f.
, Google
150 ARHBRUSTFIBEUi HIT UMGESCHLAGENEM PUSS.
desselben anschmiegt, ein Detail, welches schon oben (S. 144) als ein jüngerer
Zug bezeichnet worden ist. Mit diesem Entwicklungsstadium steht bei den
Fibeln 1 4, 5 im Einklang die Form des Bögelkopfes, welcher nicht, wie es
sonst die Regel, zur Aufnahme der Spiralachse durchbohrt, sondern zu einem
Öhr umgebogen ist. Eine solche Konstruktion findet sich wenigstens, wie weiter
unten gezeigt werden soll, zuweilen an Fibeln des 4. und 5. Jahrhunderts. In
welcher Richtung die Entwicklung des Nadelhalters fortschreitet, zeigt das
Exemplar aus Bjemo 8i, bei welchem der Nadelfalz bereits so gründlich mit
dem Fuss zusammengewachsen ist, dass er sich zu einer bOchsenartigen Scheide
mit kurzem Schlitz verwandelt hat. Dennoch entspringt vom Rande dieser
Scheide ein Draht, der in acht Windungen um den Bügelhals gewickelt ist.
Unser Exemplar verdient also immer noch den Namen einer Fibel mit umge-
schlagenem Fuss. Dasselbe wegen der Form seines Nadelhalters etwa für
jünger zu halten als die Fibel I4, weiche aus demselben Steinsetziuigsgrabe
(Nr. 6) stammt, liegt kein Anlass vor, da der fazettierte und mit einer echt ost-
baltischen Ringgamitur verzierte Bügel sich im übrigen nicht von dem der
Fibeln aus der Periode C unterscheidet. Es dürfte spätestens aus der Übergangs-
zeit von C zu D, also dem 4. Jahrhundert, stammen. — Ein anderes Detail, an
dem sich die typologische Entwicklung der Fibeln studieren lässt, ist die Sehne
der Nadelrolle. Bei den meisten finnländischen Exemplaren, die vom Feuer
des Scheiterhaufens arg mitgenommen sind, ist dieselbe nicht mehr vorhan-
den. Bei Is vom Köönikänmäki sind noch die Reste einer doppelten Sehne
sichtbar. Solche Doppelsehnen kommen an ostbaltischen Fibeln m. u. Fuss
aus der Periode C vor, wie denn auch unser finnländisches Exemplar in jeder
Beziehung mit einer in der Nähe von Reval gefundenen Fibel (Riga Kat. 27 1)
übereinstimmt und daneben vielen anderen ostbaltischen Fibeln sehr ähnlich
ist, ') Auch die Doppelsehne wäre ich geneigt für ein Zeichen einer weiter
voi^eschrittenen Entwicklung anzusehen und demnach die so ausgestatteten
Fibeln an das Ende der Periode C zu verlegen.'') Die Sehne der Fibel 32
vom Köönikänmäki unterscheidet sich von den runden Sehnen der C-Fibeln
durch ihren kantigen Durchschnitt und die Verbreiterung an der Mitte, hat also
•) Vergl. Hausmann, Grabfunde Taf, I«, s«, lUsi, es, w; Tischler, Graberfelder m < u. u;
Tischler, AltertOmer niio, is, w; Pnissia 16 Taf. I; Z. f. E. 12, Berlin 1880, Tat V« (West-
preussen).
*) Zwei Sehnen hat z. B. eine Fibel mit hohem Nadelhalter aus dem Thorsbjerger
Moorfund (Thorsbjei^ 4 e), der in die Zeit um 300 gehört.
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ARUBRUSTFIBELN WT UMGESCHLAGENEM FUSS. 151
eine Form, welche oben als für die Periode D charakteristisch bezeichnet
worden ist Die Fibel 3 s besitzt eine Sehne, welche an der Mitte noch weit
mehr anschwillt wie die Sehne der Fibel 2i aber runden Durchschnitt hat.
Beide Fibeln setze ich in die Periode D, auf welche auch ihre massive, etwas
plumpe Form hinweist. Besonders charakteristisch für D scheint mir der Fuss
der Fibel von Abo, welcher breiter als der Bugelhals ist, aber noch nicht die
unschöne, gewissennassen breitgedrückte und abgeplattete Form hat wie der
Fuss der Daumer Exemplare aus Periode E. Wie bei diesen liegt bei den
zwei finnländischen Fibeln der Nadelhalter ziemlich weit ab vom Fuss. Sie
erinnern also in diesem Detail an die viel älteren Exemplare aus dem Beginn
der nordeuropäischen Entwicklungsserie (dem Anfang der Periode C, Almgren
VII t6B— leo, lee). Ohne Zweifel ist aber diese Konstruktion des Nadelhalters bei
den jüngeren Fibeln durch die Notwendigkeit bedingt für die etwas überladene
Rin^amitur nach unten den nötigen Raum zu schaffen. — Bemerkenswert ist
es femer, dass die Nadel der Fibel vom Köönikänmäki (82) nicht von der
bronzenen Drahtrolle ausgeht, sondern lose eingehängt und aus Eisen ist. Eine
genaue Musterung der Drahtrolle zeigt, dass wir es nicht mit einer Reparatur
zu tun haben, sondern dass die jetzige Konstruktion die ursprüngliche ist. Die
Drahtrolle schliesst nämlich zunächst dem zur Ose umgebogenen Ende der
Eisennadel ganz spitz und dünn ab und ist allem Anschein nach
frtlher nicht in eine Nadel übergegangen. Wir werden im fol<
genden noch mehreren Fibeln mit echter Spiralrolle, aber
eingehängter Nadel begegnen.
In die Periode E muss schliesslich die oben erwähnte
Fibel von GuUdynt im Ksp. Vörä, gehört haben, von welcher nur
einige Bruchstücke des breiten und so zu sagen plat^edrückten
Fusses, Fig. 118, erhalten sind. Für so späte Fibeln dieser
Gattung ungewöhnlich ist die Art der Verzierung der Felder '''& "^ ^'^'^''"
stocke vom FuRs-
zwischen den Wülsten des Fusses. Dieselben smd nämlich ende einer Fibel
nicht wie bei vielen anderen Fibeln mit gestanztem Silberblech ■"■ "■ F. Silb.
belegt gewesen, sondern haben ursprünglich eine Garnitur von " y" •
dicht nebeneinander liegenden Silberflechten gehabt, die — aus zwei geperlten
Drähten bestehend — mit den Enden um die Seiten des Fusses gebogen waren. ')
>) In solcher Weise ist der BOgelhals einiger Fibeln mit doppelter Spiralrolle aus
den Funden von Sackrau in Schlesien und Sanderumgaard und Ärslev auf FOnen verziert
(Salin Fig. 17, 93, 102a; Montelius, Kronologi Fig. 83—85).
m
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152 ARUBRUSTFIBELN HIT UHGESCHLAGENEK FUSS.
Im übrigen dürfte der Bügel dem der Daumer Ejcemplare geglichen ha-
ben. >)
Nach dem Fundbericht soll das Gulldjoiter Fragment mit den Gegen-
ständen Aspelin t269 — 1279, also Formen des 6., teilweise sogar des beginnen-
den 7. Jahrhunderts, gefunden worden sein.
Die Frage, welche von den finnländischen Armbrustfibeln m. u. F. im
Lande selbst verfertigt sind, lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Am
«. ehesten könnten meiner Ansicht nach die ein-
fachen Formen I4 — 7 als einheimische Arbeiten
betrachtet werden, eben weil sie so schlicht sind
und einer besonderen Ausstattung entbehren,
welche sie einem ganz bestimmten Gebiete zu-
weisen könnte. *) Bei anderen Fibeln ist dagegen
die ostbaltische Herkunft recht wahrscheinlich.
Für die durch den stark knieförmigen Bügel aus-
* gezeichnete Fibel aus Bjemo—Öfverby I2 muss
^ ich die Frage, ob einheimisch oder ostbaltisch,
unbeantwortet lassen. Von der Fibel 1 8 mit dem
Flg. 119. Rekonstruktion des ■ , ,r , n . . ■
Fibelfusses Fig. 1(8. langgesüelten Knopf am oberen Bügelende ist
schon oben die Rede gewesen; an einigen Bei-
spielen ist dort gezeigt worden, dass diese Form im Ostbalticum nicht selten
und auch im Norden dieses Gebietes, in dem nahen Estland, mehrfach aufge-
taucht ist. Einen echt ostbaltischen, beziehungsweise ostpreussischen Charakter
haben die mit geperlten oder gerieften Ringen und zum Teil mit aufgelegtem
Bronze- oder Silberblech verzierten Fibeln 2 i-g. Auch das silberne Exemplar
von Gulldynt Fig. 118 wird aus dem Ostbalticum stammen und nicht in dem
fernen österbotten verfertigt sein.
1) Die Wülste selbst, deren Anzahl wie gewöhnlich vier betragen haben mag, waren
hier aus drei Qbereinander liegenden Ringen aufgebaut, von denen der unterste am breitesten
ist und in der Mitte eine Einsenkung hat, Ober welcher der zweite Ring liegt. Dieser hat,
abgesehen davon, dass er schm&ler ist, genau dieselbe Form wie der erste und tr> auf
seinem Kücken den drahtfOrmigen dritten King, welcher ebenso wie die sichtbaren Seiten
der beiden unteren Ringe geperlt ist (Fig. 119 a— d).
') Höchstens könnte bei der Fibel 1 4 der viereckige Durchschnitt des BOgels als ein
eigenartiges und bei Fibeln m. u. F. selten vorkommendes Detail bezeichnet weisen. Der
Bügeldurchschnitt dieser Fibeln pflegt nftmlich rund, halbrund, dreieckig oder fazettiert
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ARMBRUSTFIBELM HIT GERADEM FUSS UND NADELSCHEIDE. 153
ABMBRDSrnBELN MIT GERADE« FDSS UHD HADELSCHEIDB.
Die nächste Verwandtschaft mit den Armbrustfibeln m. u. F. zeigen die
Armbrustfibeln mit geradem Fuss und langem Nadelhalter, welcher längs dem
ganzen Fusse verläuft und eine Hälse mit schmaler seiüicher Öffnung bildet.
Tischler nennt diese Halterfonn Nadelscheide (Tischler, Gräberfelder, S. 182).
Dass die Fibel mit Nadelscheide sich aus der Fibel m. u. F. durch allmähliches
Zusammenwachsen des Nadelfalzes mit dem Fuss entwickelt hat, ist wiederholt
von schwedischen Forschem •) hervoi^ehoben worden. Almgren weist aus-
serdem darauf hin, dass alle späteren germanischen wie römischen Fibelformen
mit Ausnahme der Scheibenfibeln aus den Fibeln m. u. F. herzuleiten sind
(Almgren, S. 85).
Was oben über die Zeitstellung der letzteren Fibeln gesagt worden ist,
gilt im allgemeinen auch für die Fibeln mit Nadelscheide. Wir sehen sie in
Nordeuropa gleichzeitig mit den erstgenannten Fibeln auftreten (Almgren, Bei-
lage II B). In den ostbalrischen Ländern sind sie besonders charakterisüsch
für die Periode D *) und kommen noch in E vor (z. B. Tischler, Altertümer V m).
Als Armbrustfibeln mit geradem Fuss und Nadelscheide sind folgende
finnländische Fibeln zu charakterisieren: 3& aus Fund 30 {Kümo — Köönikän-
mäki), 3« aus Fund 42 (Tyrvis — Roismala), 3i aus Fund 50 (Urdiala— Notsjö),
ii aus Fund 53 a (Malaks?), 32 aus Fund 55 (Malaks— Storsjölandet), 3 s aus
Fund 57 (Laiheia— Jakkula) und 2 1 aus Fund 80 (Lillkyro— Tervajoki). Zu ihnen
gehören wahrscheinlich auch die beiden, am Fussende beschädigten Eisenfibeln
2» aus Fund 1t (Uskela— Puonti) und 2 h aus Fund 22 (Nykyrko— Färkkö)
sowie die nur im unteren Teile erhaltene Fibel Fig. 1(X) aus Fund 80 (Lillkyro—
Tervajoki). Schliesslich möge in diesem Zusammenhange auch die Fibel Fig. 89
aus Fund 6t (Lillkyro— Ferkiö) genannt werden, welche nach der Tischlerschen
Terminologie die Bezeichnung einer Fibel mit geradem Fuss und kurzem
Nadelhalter verdient, da bei ihr der (sonst scheidenförmige) Halter ein gutes
Stück vor dem Ende des Fusses abschliesst.
Von den Armbrustfibeln mit Nadelscheide gehören die Exemplare
24-7 mit gleichbreitem Bügelhals einem und demselben Haupttypus an. Ana-
logieen zu ihnen lassen sich aus Skandinavien wie aus dem Ostbalticum anführen.
>) H. Hildebrand, Bidrag tili spännels hisloria, Ant, Tidskr. IV, S. 170; Montelius,
ECrunologi, S. 222.
') TiscUer, Oberfaof, S. 19 {6).
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154 ARHBRUSTnBELN UIT GERADEM FUSS Ut4D NADELSCHEIDE.
Einen gewissen ostbalrischen Charakter glaube ich an der massiven Fibel 81
wahrnehmen zu können. Ohne Zweifel steht sie den zahlreichen ostpreus-
sischen Armbrustfibeln, teils solchen mit Nadelscheide, teils solchen mit kurzem
Nadelhalter') aus Tischlers Periode D nahe, und stellt vielleicht, da sie nicht
wie jene einen Knick zwischen B(^en und Fussstück hat, eine finnländische
Variation dieser Fibelform dar. Dieselbe ist übrigens auch auf öland und
Gotland vertreten (Montelius 314), wo sie nachgebildet worden ist und den
Anstoss zur Entstehung neuer Fibelformen gegeben hat. *) Wir werden ät etwa
dem 4. Jahrhundert (spätestens der Zeit um 400) zuweisen können. — Skandi-
navisch mutet uns wieder die schlichte Fibel vom Köönikänmäki 2& an. Ich
denke hierbei zunächst an solche Formen wie Almgren 170 und 178 (Müller 254),
welche in Skandinavien häufig sind. ■) Der einheimische Ursprung einer so
einfachen Form wie der unserer Fibel braucht selbstverständlich nicht beanstan-
det zu werden. Eine genaue Datierung der Fibel ist auf typologischer Grundlage
nicht möglich. Nach dem übrigen Grabinventar zu schliessen wäre sie in die
Zeit um 400 (Periode D) zu setzen. — Eine allgemein nordische Form hat 2«.
Die charakteristischen Einzelheiten dieser Fibel, nämlich der schmale Bügel
mit beinahe dreieckigem Durchschnitt und die aus erhabenen, teils angefeilten,
teils im Guss hergestellten Rippen bestehende Verzierung findet sich östlich
wie westlich von der Ostsee an Armbrustfibeln des 4. und 5. Jahrhunderts
wieder. *) — 27 ist durch die reichere Verzierung des Bügels au^ezeichnet. Auf
dem Bügelhalse bemerken wir parallele Querstriche und eingestanzte kleine
Halbkreise, weiter unten Einkehlungen; der Fuss ist fazettiert und mit Quer-
und Längsfurchen verziert. Das obengenannte Halbkreismotiv ist nebst der aus
zwei konzentrischen Halbkreisen bestehenden Figur mit oder ohne Mittelpunkt
während der jüngeren römischen Periode und dem Anfang der Völkerwande-
rungszeit (Montelius Periode 5 und 6) ausserordentlich oft als Randverzierung
zur Anwendung gekommen und kann trotz seiner Einfachheit als gerade
») Tischler, Altertümer Taf. V; Berliner Album I Taf. 10«8-«*, Taf. 11 «e-». Vergl.
auch die Fibeln Riga Kat. 58 aus Kurland u. > aus Livland.
^ Almgren, S. 67. Als erste Nachbildungen wären solche Fibeln zu betrachten wie
Fig. 3 in SFT VII, S. 222, welche wieder die Vorgängerinnen der s. g. kreuzförmigen Fibeln,
deren Fusscnde mit einem Tierkopf abschliesst, sind.
B) Almgren Beilage U B.
*) Vergl. unter anderen die in Anm. 1 angefahrten Fibeln aus Ostpreussen sowie
Mänadsblad 1896, Fig. 74 (VestergAtland), Museum Kopenhagen C 6168 (Bornholm).
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ARUBRUSTFIBELN HIT GERADEM FUSS UND NADBLSCHEIDE. t55
diesen Perioden eigentümlich bezeichnet werden. Auf Grund dieses Oraa-
mentsmotives und der charakteristischen Einkehtungen am Bt^elhalse werden
wir die Fibel 87 in das 4. — 5. Jahrhundert setzen dürfen.
Die beiden eisernen Fibeln 8 g,» gehören ebenfalls einem weit verbreiteten
Typus an. Eisenfibeln m. u. F. und solche mit Nadelscheide kommen in Skandi-
navien wie in Norddeutschland und dem Ostbalticum vor. ^ Tischler macht
darauf aufmerksam, dass die Eisenfibeln nicht für geringer zu achten seien als
die aus Bronze, da ihre Herstellung jedenfalls eine mühsamere und ihr Aussehen,
in frischem Zustande, zumal wenn sie mit Silber oder Bronze garniert waren,
kein übles gewesen sei. ■) — Beachtenswert ist das stangenförroige Kettenglied,
welches an der Sehne der Fibel von Pärkkö 3» hängt Es hat vielleicht
diese Kette unsere Fibel mit einer anderen verbunden — eine Einrichtung,
der wir schon in der vorrömischen Periode beg^nen, die aber erst in der
späteren Völkerwanderungs- und der Wikingerzeit allgemeiner beliebt wurde. *)
>) Besonders h&ufig tritt das Halb k reis motiv auf skandinavischen Altsachen auf; dann
sehen wir es auf zahlreichen norddeutschen, osibaltischen und englischen Gegenstanden.
Ausserhalb Nordeuropas und Englands scheint es seltener vorzukommen. In den spateren
Perioden der Eisenzeit ist es kaum mehr verwendet worden.
*) Beispiele: eine unseren Exemplaren sehr ahnliche Fibel tn. Nadelscheide in einem
Skelcttgrab etwa des 4. Jahrhunderts bei Hafvor auf Goiland, Museum Stockholm 7785: 106;
zwei Fibeln m. Nadelsch. ebenfalls von demselben Typus wie die unsrigen mit Waffen von
den Typen der jflngeren Moorfunde in einem GrabhOgel mit Leichenbrand im Kirchspiel
Dal, Amt Bratsbcrg, Norwegen, Aarsber. 1896, S, 68—69; nach Müller, S. 32, kommen in
Dänemark die dort in Fig. 254, 255 abgebildeten Formen bisweilen aus Eisen vor; eiserne
Fibeln m. u. Fuss sind zu verzeichnen aus Krossen, Neuenhagen u. Reichersdorf in Branden-
burg, Janodn in Posen, Koben und Groschowitz in Schlesien (nach Almgren, Beilage I Nr. 29
und meinen Notizen vom Museum fflr Völkerkunde, Berlin), femer eine in einem Umengrab
bei Koppenow in Pommern (Baltische Studien 33, S, 399—400) und mehrere in Ostpreussen
(Tischler, Graberfelder, S. 189j; eine eiserne Fibel m. u. F. bei Kaiisch in Polen (Almgren
S. 191); im Museum zu Wilna habe ich eine Eisenfibel m. Nadelscheide u. eine mit kurzem
Nadelhalter aus dem Kreise Mariampo), Gouv. Suwaiki, Litauen, notiert; eine bei Konneburg
in Livland gefundene eiserne Fibel, wahrscheinlich aus Periode D, wird von Hausmann als
Unikum bezeichnet, Riga Kat 5u.
*) Tischler, Gräberfelder S. 190. Vergl. auch Hostmann, Darzau, S. 55.
*) FOr die vorrömische Zeit vergl.: die Nadeln Moller 37 und Mestorf, Alienhümer424;
fttr die jOngere rßmische Periode und den Beginn der Völkerwanderungs zeit vergl.: Müller,
S. 32 Nr. 254 und S. 33 Nr. 265; Aarsber. 1875, Fig. 16; Aarb. 1877, S. 371, Fig. 27; Aarb.
1880, S. 95 Fig. 2. In diesem Zusammenhange ist auch eine Fibel aus Ostpreussen mit
angehängtem Schleifstein zu beachten, Tischler, Graberfelder IV s.
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156 ARMBRUSTFIBELN MIT GERADEM FUSS UND NADELSCHEIDE.
— Die Fibel i 9 wird durch die mit ihr gefundene Fibel m. u. F. 1 6, welche
oben dem 4. Jahrhundert zugewiesen worden, annähernd datiert Ungefähr
in dieselbe Zeit gehört wohl auch das Exemplar aus dem Grabe von Pärkkö,
dessen Inhalt übrigens nicht von einer und derselben Bestattung herrühren
dürfte, da, wie wir später sehen werden, zwischen einzelnen Gegenständen
aus demselben ein Altersunterschied von ca. 200 Jahren besteht.
Von den bisher erwähnten Fibeln unterscheiden sich 3i und Fig. 100
durch den flachen dünnen Bügelhals, der in der Mitte am breitesten ist, Fig. 100
ausserdem durch den platten und breiten Fuss. Auch diese beiden Fibeln
setze ich in das 4. bis 5. Jahrhundert, welche Datierung in Betreff der ersteren
durch folgende Erwägungen bedingt wird. Zunächst ist 8 1 mit dem schon be-
sprochenen Halbkreisomament verziert, welches besonders charakteristisch für
die Periode D ist. Dann besitzt sie eine Nadelkonstruktion, welche deijenigen
der Fibel 3 3 vom KöOnikänmäki entspricht und auch an anderen finnländischen
Fibeln der Periode D vorkommt, nämlich eine echte Spiralrolle, aber ein-
gehängte (jetzt nicht mehr erhaltene) Nadel. Schliesslich hat der Bügelkopf
eine nicht ganz gewöhnliche Form, indem er nicht eine massive durchlochte
Scheibe bildet, durch welche die Achse der Spiralrolle gesteckt ist, sondern
zu einem Öhr umgebt^en ist, welches die Mitte der Achse umklammert. Wir
haben diese einfache Befestigungsweise der Rollenachse bereits an einigen
Fibeln m. u. F. aus Bjerno, l4,e, kennen gelernt und sehen sie ausserdem
an den oben besprochenen Eisenfibeln 2 h von Pärkkö und 89 von Uskela.
Sie findet sich ausserhalb Finnlands an skandinavischen und norddeutschen
Fibeln, welche wie die unsrige einen platten, bandförmigen Bügel besitzen und
im übrigen als späte Formen der Almgrenschen Fibelgruppen VI und Vll zu
bezeichnen sind. •) Eine solche Fibel, welche im Kirschspiel Vamhem in Väster-
götland mit einer „kreuzförmigen" Fibel vom Typus Montelius 326 gefunden
ist (Museum Stockholm 8823), gleicht auch in anderen Details der finnländischen
Fibel: sie hat dasselbe Ornament auf dem Bügel und ein nach der Spitze zu
sich verjüngendes Fussstück. Sehr ähnlich diesen beiden ist eine bei Heiland
1) Im Museum zu Kopenhagen habe ich mehrere so beschaffene Fibeln teib mit hohem
Nadethalter vom Typus Maller 252, teils mit kurzem Nadelhalter oder mit Nadebcheide no-
tiert (Museum Kopenhagen 4086-91, Kirchspiel Fanefjord, Seetand; 22164, 22169, Otterap,
Fünen; 4749, Kirchspiel Uggerslev, Fünen). — Fibeln von den Typen Almgren VII 177 und
ahnliche mit öhrförmigem Kopf finden sieh in den Funden aus Wehden und Rebensiorf in
Hannover (nach Skizzen von Dr. Salin).
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ARMRRUSTFIBELN HIT GERADEM PUSS UKD NADELSCHEIDE. 157
im Kirchspiel Vanse, Amt Lister und Mandat, gefundene Fibe] (Aarsber. 1894,
S. 158, Fund 2 c und eine Skizze von Dr. Salin). Sowohl das schwedische
wie das norwegische Exemplar scheint, nach den mi^efundenen Gegenstanden
zu schliessen, in das 5. Jahrhundert zu gehören. ') Zwischen ihnen und der
mit ihnen so nahe verwandten Fibel von Urdiala kann schwerlich ein grösserer
Altersunterschied bestehen; wir werden daher auch die letztere in das 5. Jahr-
hundert setzen können und berecht^t sein sie ab ein skandinavisches Import-
stück oder einheimische, aber nach skandinavischem Vorbild verfertigte Arbeit
zu betrachten.
Eine sehr interessante finnländische Lokalform haben wir in der Fibel
33 von Malaks — Storsjölandet vor uns. Die sechs im Guss hergestellten
Ringpaare, welche in gewissen Abständen von einander den Bügel derselben
zieren, entsprechen der Ringgamitur einiger Fibeln m. u. F. Man vergleiche
hieraufhin unsere Fibel mit der Silberfibel von Äbo 3 s und der Fibel vom
Köönikänmäki äs, welche wir in die Periode D gesetzt haben, oder auch
mit älteren Fibeln wie Tischler, Altertümer III n, w, ai, -u. Wenn nun, wie
es den Anschein hat, die Fibel von Malaks eine Weiterentwicklung der
Fibeln m. u. F. aus der Periode D ist, so muss es auffallen, dass sie am
Kopfende einen Knopf trägt, während ein solcher bei jenen Fibeln fehlt. In
diesem Detail stimmt sie mit den s. g. kreuzförmigen skandinavischen Fibeln
überein, welche ja auch mit einem Mittelknopf und zwei Seitenknöpfen an den
Enden der Spiralachse ausgestattet sind und sich ebenfalls aus Fibeln m. u. F.
entwickelt haben. *) Eine andere Eigentümlichkeit, welche die finnländische
Fibel mit einigen dieser skandinavischen Fibeln gemein hat, ist die Form des
Mittelknopfes, der gleichsam gespalten und auf der Unterseite hohl ist. Trotz
dieser Übereinstimmungen hat unsere Fibel einen mehr ostbaltischen wie skan-
dinavischen Charakter. Sie entbehrt der Platte zwischen den Knöpfen und
dem Bügelhalse, welche ein besonders charakteristisches Kennzeichen der
obengenannten skandinavischen Fibeln ist, auch schliesst ihr Fuss nicht wie bei
so vielen der letzteren mit einem Tierkopf ab. Ausserdem kommen, obschon nicht
so häufig wie in Skandinavien, auch im Ostbalticum während der Periode D
Armbnistfibeln mit Mittelknopf vor (z. B. Tischler, Altertümer IV ai, Vi, 19, i»).
Wie bei der Fibel m. u. F. 2 3 vom Köönikänmäki haben die Spiralrolle und
') Zu dem norwegischen Funde gehören u. a. eine Fibel vom Typus Rygh 257 mit
Tieroraamenten des ausgehenden 5. Jahrhunderts und ein Tongef&ss wie Kygh 361,
*) Montelius, Kronologi, S. 222 u. Fig. 69, S. 276 f. und Fig. 125 -131; Salin, S. 68 f.
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156 ARUBRtlSTnSELN U!T SCHAUFELFÖRUIGER FUSSSCHEIBE UKD KURZEM NADELHALTER.
die Sehne ihre lusprüngHche Bestimmung verloren und sind zu einem blossen
omamentalen Beiwerk geworden, da sie nicht mit der Nadel zusammenhalten;
die letztere ist nämlich, oben zu einer Öse gebogen, um die eiserne Spiralachse
beweglich. Unsere Fibel- gehört also zu der Zahl der Fibeln „mit echter Spiral-
rolle, aber eingehängter Nadel."
Ausserhalb Finnlands kenne ich keine Fibel von genau demselben Typus
wie die unsrige, aus finnländischen Funden können ihr dagegen mehrere
zur Seite gestellt werden, so das mit ihr gefundene fragmentarische £)xemplar
Fig. 82, die ebenfalls fragmentarische Fibel mit „kurzem Nadelhalter' Fig. 89
von Lillkyro— Perkiö und die später zu besprechende Fibel 4$ von Malaks —
Junkarsbränna, welche alle einen Bügel haben, der in der nämlichen Weise
fazettiert und mit dicken, massiven Ringen verziert ist Auf Grund der oben
angefahrten typologischen Einzelheiten möchte ich unsere Fibel in die Periode
D — E oder in das Ende des 5. Jahrhunderts verlegen.
Während die einheimische Herkunft der bisher erwähnten Fibeln mit
Nadelscheide teils sicher, teils wahrscheinlich ist, glaube ich die Fibel Ss von
Tyrvis — Roismala für ein Importstück aus dem Ostbaldcum ansehen zu dürfen.
Fibeln mit Nadelscheide oder kurzem Nadelhalter, deren Bügel rund ist und sich
in der Mitte aufbläht, deren Kopfende mit einer viereckigen Platte abschliesst und
welche femer mit ebensolchen Knöpfen ausgestattet sind wie das finnländische
Exemplar, lassen sich mehrfach aus ostbaldschen Funden anführen. ') Bei
einigen derselben sehen wir auch die in der Mitte etwas anschwellende Sehne,
die uns bei unserer Fibel auffällt. Die Fibeln von diesem Typus werden
von den ostbaltischen Archäolt^en, denen ich mich hier anschliesse, in die
Periode D gesetzt. Bei unserer Fibel begegnen wir wieder der eigentümlichen
Nadelkonstruktion, — echte Spiralrolle, aber eingehängte (hier eiserne) Nadel — ,
durch welche sich die Fibeln äs und Ss auszeichnen.
ABHBRDSTFIBELH NIT SCHAUFELPÖBIIIOER FUSSSCHEIBE UND KUBZEK NADELHALTBB.
Gegen das Ende der jüngeren römischen Periode oder in Tischlers Pe-
riode D entwickeln sich aus den Armbrustfibeln m. u. F. und den aus ihnen
zunächst entstandenen Formen, den Armbrustfibein mit Nadelscheide und kurzem
') Berliner Album 1 Taf. 11«»— in; Tischler, Grflberfelder Uli, Siio,!«; Hausmann,
Grabfunde Uli; Riga Kat 5a,B.
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ARHBRUSmBELN HIT SCHAUFELTORMIGER FUSSSCHEIBE UND KURZEH NADELHALTER. 159
Nadelhalter, durch Umbildung des Fussendes neue Formen. Der bis dahin
gerade und gewölbte Fuss, der den meisten der genannten Fibeln eigen ist,
verbreitert sich nämlich zu einer platten Scheibe, welche sehr verschiedene
Formen annimmt, entweder drei- oder mehreckig, gezackt oder gerundet ist
Diese Entwicklung lässt sich sowohl im Ostbalticum als auch in Nordwest-
deutschland und Skandinavien verfolgen und führt in den Ländern wesdich
und Ostlich von der Ostsee zu sehr interessanten Parallelformen.
In Ostpreussen entstanden auf diese Weise, vielleicht unter skandina-
vischem Einfluss, die Armbrustfibeln „mit stemfömiiger Fussscheibe" (Fig.
120 — 122), deren wir hier in erster Linie Erwähnung tun, weil sie in dem
nächsten Verwandtschaftsverhältnis zu den Fibeln S&,« und ii aus den Funden
50 (Urdiala— Notsjö), 53 (Malaks— Via^ränden) und 61 (Lillkyro—Perkiö) stehen,
den einzigen finnländiscben Spangen, die als Armbrustfibeln mit Fussscheibe
bezeichnet werden können. Dass die ostbaltischen „Sternfussfibeln" sich
aus den Armbrustfibeln mit geradem Fuss und Nadelscheide, respektive kurzem
Nadelhalter entwickelt haben, ist ganz augenscheinlich. Der obere Teil des
Bügels hat nämlich bei den Fibeln beider Gruppen ganz dieselbe Form und
ist oft in genau derselben Weise mit eingefeilten Furchen oder eingeschlagenen
Punktreihen verziert Auch die fazettierten vierkantigen Übergangsstücke
zwischen Bogen und Fuss und am Kopfende kommen auf Exemplaren beider
Arten vor. ') Ein neues Detail, welches ich an ostbaltischen Fibeln mit langem
Fuss noch nicht gesehen habe, dem wir aber bei gleichzeitigen skandinavischen
Fibeln b^egnen werden, ist die viereckige Platte auf der Höhe des Bügels
zahlreicher . Stemfussfibeln. Diese Platte ist ebenso wie der Stemfuss oft mit
Silberblech belegt. Ein Bruchstuck eines solchen Silberblechbelages stammt
aus demselben Grabe wie die Fibel 6 1 und hat augenscheinlich zu deren Fuss-
scheibe gehört. Mit seiner Hülfe lässt sich diese stark beschädigte Fussscheibe
zu derselben Form rekonstruieren wie die der anderen finnländiscben Fibeln.
Wenn wir von dem Knopf am Kopfende der Fibel 3 s absehen, zu dem
wir sogleich zurückkommen werden, so können wir als den hauptsächlichsten
Unterschied zwischen den finnländiscben und den Stemfussfibeln die ab-
weichende Form ihrer Fussscheiben bezeichnen. Diejenigen der ersteren sind
nicht gezackt, sondern haben die Form einer Schaufel mit runden Schneiden
und nach oben gezogenen Ecken. Dieser Unterschied ist jedoch von geringer
>) Vei^. Tischler, AltertOmer IV i-s, V «-i*.
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160 ARMBRUSTFIBELN HIT SCHAUFELFÖRHICER FUSSSCHEIBE UND KURZEM NADELHALTER.
Bedeutung, da man ja nur die Lücken zwischen den Zacken der Stemscheibe
auszufüllen braucht um die Schaufelform zu erhalten. In der Tat kann der
Stemfuss nur eine im Ostbalticum entstandene barocke Nebenform der halb-
runden schaufeiförmigen Scheibe sein, welche letztere in Nordeuropa, beson-
ders in Skandinavien und England, eine weite Verbreitung hatte. •) Sie fehlt
natürlich nicht im Ostbalticum, wenngleich sie in Ostpreussen weniger zahlreich
aufzutreten scheint wie die Stemscheibe. ^ Wie oft wir auch der schaufei-
förmigen Fussscheibe an skandinavischen und englischen Fibeln der Völker-
wanderungszeit begegnen, so sehen wir sie doch verhältnismässig selten so
abertrieben entwickelt wie an den finnländischen und mehreren ostbaltischen
Exemplaren. In den meisten Fällen hat sie einen bescheideneren Umfang.
■ig. 120.
1. Silb. :
Sternfussfibel. Br.
» h. Grebieten, Ost-
Fig. 121.
u. Silb.
Stemfussribel. Br.
V7. Warnikam, Ost-
preussen.
preussen.
Fig, 122. Sternfussfibel.
'/i, Gruneiken, Ostpreus
Am nächsten den finnländischen und ostbaltischen Fibeln kommen sowohl
in der Form und in der Grösse der Fussscheibe wie auch durch Übereinstim-
mung in anderen Details: der Fazetrierung des Bügels und der viereckigen
Platte auf der Höhe derselben, einige norwegische Fibeln, welche im übrigen
1) Salin, S. 73. Formen wie Salin Fig. 163, 163 sind in England zahlreich. Von den
mannigfach variierenden Formen der Fussscheibe geben Salins Fig. 159-177 einige Proben.
^ Vergl. Tischler, Altertümer IVs, lo; Riga Kat. Sil, unsere Fig. 123. — Eine Fibel
dieser Art, wahrscheinlich ostbaltisc^ier Herkunft, ist bei Grünow, Kreis Angennande, Mark
Brandenburg, gefunden, Museutn f. Völkerkunde, Berlin, I f. 2393.
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ARUBRU5TFIBELN MIT KURZEM NADELHALTER UND SCHAL'FELFORHIGER FUS55CKEIRE. 161
ZU der Gruppe der s. g. kreuzförmigen (korsformiga ^ Montelius, Kronologi,
S. 276 f.) Armbrustfibeln gehören. Fig. 124 stellt ein Exemplar derselben dar,
dessen Fussscheibe durch die Anordnung der längs der Rundung angebrachten
Löcher und der von ihnen bis zum Rande laufenden Furchen gezackt erscheint
und somit nicht wenig an die Stemscheibe der ostbaltischen Fibeln erinnert. ')
Ein anderes in Fig. 125 abgebildetes norwegisches Exemplar besitzt eine grosse
Ähnlichkeit mit der ebenfalls dreiknöpfigen Fibel von Malaks 3s- In einem
wichtigen Detail unterscheidet sie sich aber von dieser, nämüch dadurch,
dass sie, wie alle Fibeln ihrer Art, zwischen den drei Knöpfen eine grosse
viereckige Scheibe hat, welche Über der ganz kurzen Spirale liegt und die-
selbe verdeckt. ") Die finnländische Fibel entbehrt dieser Scheibe und hat
') Die Fibel Fig. 124 stammt mit vier anderen ähnlichen Fibeln aus einem Grabhügel bei
0vre Stoveland, Ksp. Holme, Amt Lister u. Mandal, Aarsb. 1878, S. 259. — Eine andere
Fibel mit ganz ähnlicher Puässcheibe aber mit einem Kopfende von ungewöhnlicher Form
ist bei Indre Bö, Ksp. Slryn, Amt N. Bergenhus, gefunden, Aarsber. 1891, S. 146, Fig. 7. — Eine
driue Fibel mit einer Fussscheibe wie Fig. 124 habe ich Im Museum Kopenhagen notiert
(c 5770). Ihr Fundort ist nicht bekannt.
*) Fig. 125 ist mit zwei anderen kreuzförmigen Armbrustfibeln und anderen Gegenstan-
den in einem Grabhügel bei Sendre Gammelsred, Ksp. Kaade, Amt Smaalenene gefunden,
Aarsber. 1874, S. 65. — Andere Beispiele. Norwegen: Die unteren Hälften zweier Fibeln
augenscheinlich von demselben Typus wie Fig. 125 u. a. mit einem weberschiffförmigen
Stein in einem Grabhügel bei Haarekstad, Ksp. Aa, Amt Lister u. Mandal, Aarsb. 1875, S. 80,
Fig. 19. — Eine Fibel vom Typus Fig. 125 mit anderen kreuzförmigen Fibeln in einem
Grabhflgel bei Spanskslottet, Ksp. Vanse, Amt Lister u. Mandal, Aarsb. 1684, S. 95, Nr. 47 b.
— Eine Fibel vom Typus Fig. 125, doch ohne Knöpfe, welche vielleicht abgefallen, im Grab-
hOgel Nr. 7 bei Sloveland, Ksp. Holme, Amt Lisier u. Mandal, Aarsb. 1876, S. 173/4, Fig. 5.
— Eine Fibel mit viereckiger Kopfscheibe ohne Knöpfe und ohne Bügelplatte im Grabhügel
Nr. 9 bei Broten und Veien, Kap. Norderhov in Ringerike, Aarsb. 1870, S. 104, Fig. 6. —
Eine Fibel mit viereckiger Kopfscheibe ohne Knöpfe, nach der Beschreibung zu dieser
Gruppe gehörend, mit zwei kreuzförmigen Fibeln in einem Grabhügel im Ksp. Vanse, Amt
Lister u. Mandal, Aarsber. 1883, S. 76, Nr. 5.5, — Vergl. auch die Fibeln Rygh 246, 250, 253,
256. — Schweden; Eine Fibel vom Typus der Fig. 125, doch ohne Bügelplatte, in Schonen,
Montelius, Frän jemfildem 4 i6, — Zwei Fibeln mit viereckiger Kopfscheibe ohne Knöpfe in
einem Grabhügel bei HumlekSrr, Ksp. Lyse, Bohuslän, Museum Stockholm 7678: 119. — Eine
Fibel mit drei tierkopfförmigen Knöpfen, ohne Bügelplatte, die Fussscheibe beschädigt, bei
Isgärdet, Ksp. Glömminge, Öland, im Museum Kalmar, Salin Fig. 457. - Auf Öland sind
mindestens drei ostbaltische Sternfussfibeln gefunden, nämlich: 1 Ex. bei Algutsrum SFT
Vn, S. 222/3 Fig. 2; 1 Ex. bei Leastad, Ksp. Thorslunda, Museum Stockholm 5869 und 1 Ex.
bei LundegArd, Ksp. Köpinge, Museum Stockholm 7677.
21
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162 ARMBRUST FIBELN MIT KURZEM SADELHALTER UND SCHAUFELFÖRMIGER FUSSSCHEIBE.
eine längere offenliegende Spirale, darin mit den anderen ostbaltischen Fibeln
übereinstimmend. Ihre östliche Herkunft scheint mir daher trotz der Ähnlich-
keit mit dem norwegischen Ejcemplar unzweifelhaft. Ob wir hier eine speziell
finnländische Form vor uns haben, lässt sich schwer entscheiden. Was darauf
Fig. 123. Armbrusiribel mit Fussscheibe.
Br. ^/s. Nüggen, Livland.
Fig. 124. Stemfussfibel. Br.Vs, 0vreStove-
land, Ami Lisier und Mandal, Norwegen,
deuten würde, wäre der Umstand, dass sie in Anbetracht des Mittelknopfes
gewissermassen als eine Kompromissform zwischen den skandinavischen und
ostbaltischen Fibeln bezeichnet werden könnte. Die Form ihrer
Knöpfe ist ungewöhnlich; sie scheint sich aus einer Knopfform
wie der der Figur 122 entwickelt zu haben. - Die beiden Fibeln
von Urdiala— NotsjÖ 35 und die von Lillkyro -Perkiö ii weisen
in allen ornamentalen und konstruktiven Einzelheiten so grosse
Übereinstimmung teils mit einzelnen Stemfussfibeln, teils mit der
Uvländischen Fibel Fig. 123 auf, dass ich sie für ostbaltische
Importstücke ansehen möchte. 4i hat eine echte Spiralrolle, aber
Br.ä/3, Sendre eingehängte (jetzt nicht mehr vorhandene) Nadel.
Gammelsred, Die Feststellung des Alters unserer Fibeln stösst dank
lenene Nor- '^^^^ Ähnlichkeit mit den Stemfussfibeln und den skandina-
wegen. vischen kreuzförmigen Fibeln auf keine Schwierigkeiten. Die
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FIBELN yiT Ö3ENNADEL. A. SPROSSEN FIBELN. 163
ersteren werden von Tischler als charakteristisch für D bezeichnet, ') die
letzteren gehören nach Montelius Datierung, der ich mich hier anschliesse,
dem 5. Jahrhundert an,*) Auf diese Zeit weisen auch die bisher nicht be-
trachteten Details unserer Fibeln hin, nämlich die in der Mitte verdickte
Sehne der Fibel Sa und die auf den Fussscheiben und den Bügelplatten der
Fibeln von Urdiala sichtbaren Omamentsmotive, der Halbkreis und die einem
Dreieck mit einwärts gebogenen Seiten gleichende Figur. Das HaJbkreismotiv
ist schon oben (S. 155) behandelt worden, dem anderen Motiv begegnen wir
zuweilen auf Gegenständen aus der jüngeren römischen Periode und dem
Anfang der Völkerwanderungszeit (Tischlers Per. C, D). ■) Unter Berücksichtigung
dieser Umstände werden wir die finnländischen Fibeln mit Fussscheibe dem
5. Jahrhundert zuweisen dürfen.
FIBELN mT ÖSBNMADEL. A. SPROSSEHFIBELN.
Studiert man die Art der Nadelbefestigung bei den ostbaltischen Fibeln
der römischen Eisenzeit, so sieht man, dass die Chamierkonstruktion sich bei
ihnen früh eingebüi^ert hat. Fibelarten, welche in anderen Gegenden nur durch
Exemplare mit Nadelrolle vertreten sind, haben in den ostbaltischen Ländern
Repräsentanten, bei welchen die Nadel in ein Öhr am Kopfende eingehängt
oder um eine bewegliche Achse gebogen ist. So sind z. B. schon einige Fibeln
mit Kopfkamm (Almgrens Gruppe V, Serie 7 u. 8) aus liv- und estländischen
Funden (Riga Kat. 4im-i8), *) welche kaum später als in die Zeit um 200 n.
Chr. zu setzen sind, mit Osennadel versehen, und im folgenden werden mehrere
andere Fibelgruppen mit einer solchen Nadelkonstruktion behandelt werden,
welche zum Teil noch in die römische Eisenzeit fallen. Das ostbaitische Gebiet
unterscheidet sich in diesem Punkte wesentlich von den skandinavischen
Ländern, in denen so frühe einheimische Fibeln mit Chamiernadel kaum vor-
kommen dürften. Erst in der Völkerwanderungszeit tritt die Chamiernadel
bei skandinavischen Fibeln auf.
') Tischler, Oberhof, S. 19 (6).
^ Montelius, Kronologi, S. 346.
8) Vcrgl. Hitdcbrand, Teckningar Ser. V, PI. Iz (circa 3. Jahrh.); die viereckige Kopf-
platte einer Silberfibet aus einem Grabfund bei Eidsten, Amt Jarlsberg u. Larvik, Aarsber.
1898, S. 89, Fig. 9 a (Anfang des 5, Jahrh.) und der Riemenbesehlag Mänadsblad 1894, Fig. 69
aus dem Funde von Sjöröd in Schonen (Anfang des 5, Jahrh,).
*) Hausmann, Grabfunde, 5. 28.
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FIBELN MIT ÖSENNADEL.
SPROSSEN FIBELN.
Fig 126, Sprossenfibel.
Br. "i. Ronneburg, Kaugar I,
Livland.
Unter den ostbaltischen Fibeln mit Chamierkonstruktion interessieren uns
zunächst die Sprossenfibeln, von denen zwei Exemplare von spätem
Typus, 4-2 aus Fund 83 (Vörä), nach österbotten
gelangt sind. Den Namen Sprossenfibel teilt Tischler
bereits solchen älteren Formen mit drei Bügel-
kämmen wie die Exemplare Gräberfelder ill ao, as zu,
welche wir mit Almgren noch „kräftig profilierte
Fibeln" nennen möchten und aus welchen sich die
ältesten ostpreussischen Sprossenfibeln wie Gräber-
felder V* durch Verlängerung der Bügelkärame
entwickelt haben. Das von Tischler abgebildete
Exemplar (Graberfelder V *) von Gruneiken, Kreis
Goldapp, hat noch eine Nadel mit Spiralrolle und
Sehne, welche innerhalb der Hülse vor dem Kopf-
ende liegen. Bei anderen ungefähr gleichzeitigen
Sprossenfibeln sowie einigen „kräftig profilierten"
Fibeln findet sich in der Hülse keine Spirale mehr,
sondern eine Eisenachse, um welche die eiserne Nadel
beweglich ist. ') Auf einem weiter vorgeschrittenen
Entwicklungsstadium sehen wir einige Sprossenfibeln,
die noch mit einer Hülse und einer eisernen Achse
ausgerüstet sind, deren Nadel aber nicht nur um diese
Achse gebogen sondern auch durch ein Loch in der
Kopfsprosse gesteckt ist, so dass sie also zwei Achsen,
eine massive und eine in der Hülse liegende beweg-
liche, besitzt. Die Hülse dieser Fibeln ist meistens
nachlässig behandelt, oft zusammengedrückt und im-
mer verhältnismässig klein im Vei^leich zu den an-
deren Teilen des Bügels. ') Da war es denn natür-
lich, dass auf der nächsten Entwicklungsstufe die jetzt
überflüssig gewordene Hülse nebst ihrer losen Achse zu einem massiven Wulst
zusammenschrumpfte. Auf diesem Stadium befinden sich die Hvländischen
Sprossenfibeln Riga Kat. Sia-ss und unsere Exemplare die alle am Kopfende
>) Berliner Aibum 1 Taf 8»n-s»i.
*) Genaue, meine eigenen Aufzeichnungen ergänzende Angaben über die Nadelkon-
struktion der ostpreussischen Sp rossen fib ein verdanke ich Herrn H. Kemke.
Fig. 127. Sprossenfibel.
Br. */», Vi. Launekaln, Liv-
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FIBELN MIT OSENNADEL. A. SPROäSENFlBELN . 165
das Rudiment der Hülse, den Wulst haben. Die Nadel ist bei ihnen allen in
einfachster Weise durch ein Loch in der Kopfsprosse geschoben und um den
Wulst als Achse gebogen. Der ganze Habitus dieser üvländischen Sprossenfibeln
deutet auf Degeneration (Fig. 126, 127). Es sind überladene, unruhige Formen
mit 3 — 5 Sprossen und „mit Endknöpfen, Querriegeln, Schleifen u. s. w." *)
versehen. Dass sie jünger sind wie die ostpreussischen Sprossenfibeln mit
Hülse ist augenscheinlich. Gehören die letzteren, wie Tischler nachweist, in
die Periode C, *) so werden wir die livländischen Exemplare in den Anfang
von D {4. Jahrb.) setzen dürfen. Fundkombinationen zur Bestimmung des Alters
dieser jüngeren Fibeln stehen uns leider nur in unzureichendem Masse zur
Verfügung, da dieselben aus Steinreihengräbern stammen, in welchen zumeist
Beigaben von Beisetzungen aus mehreren Jahrhunderten wirr durcheinander
liegen und geschlossene Grabfunde fehlen. Ein solcher geschlossener Fund liegt
jenseits der Ostsee aus einem Grabe mit Leichenbrand im Kirchspiel Vallstena
auf Gotland vor. Derselbe enthielt unter anderem eine Fibel m. u. F. vom
Typus Almgren VII le^ und eine livländische Sprossenfibel, welche der Fibel
Riga Kat. 5« entspricht, vielleicht aber eine etwas weniger degenerierte Form
hat wie diese. ") Obgleich diese Fundkombination auf die Periode C hinweist,
halte ich aus typologischen Gründen an der oben für die livländischen Sprossen-
fibeln gegebenen Datierung fest. *)
Eine recht eigentümliche Form, die sich auf den ersten Anblick keiner
der bisher bekannten Fibelgruppen unterordnen zu lassen scheint, haben wir in
der Fibel 4s aus Fund 24 (Letala) vor uns. Das steil abfallende Kopfende
und der Wulst oberhalb des Fusses geben ihr ein für die römische Eisenzeit
charakteristisches Gepräge. Am nähsten dürfte sie mit den späteren ostbal-
tischen Sprossenfibeln verwandt sein, obgleich sie im Gegensatz zu diesen nur
eine deutlich ausgebildete Sprosse — den Wulst am Fuss — besitzt. Das
breite Kopfende mahnt nämlich stark an die Kopfsprossc dieser Fibeln, mit
welchen sie ausserdem die einfache Art der Nadelbefestigung und den Quer-
') Hausmann, Einleitung, S. XVII.
») Tischler, Gräberfelder S. 214, 222; Lindemann, Rede »m Sarge O. Tischlers, Phys,-
ölton. Ges. XXXD, 1891, S. 9.
'I Museum Stockholm 6595. - Almgren, Beilage II, Nr. 276.
*) Vergl. auch Hausmann, Die Steinsetzungen zu Eigstfer, Sitzb. d. Gel. Esm. Ges. 1901,
S. 240, wo aber der Verfasser nach Kemkes Vorgang die Perioden C und D zu spflt ange-
setzt hat.
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166 H. FIBELN MIT OSENNADEL, KUKZEM NADELHALTER U. GERADEM ODER BREITEM FUSS.
Stab vor dem Kopfende, der oben als Rudiment der für die älteren Sprossen-
fibeln charakteristischen Hülse aufgefasst worden ist, gemein hat. Der Durch-
schnitt des Bügels gleicht dem der grossen Sprossenfibel von Türsei, Est-
land, Riga Kat. See. Auch das Kopfende — mit Ausnahme der aufgenieteten
Knöpfe — und die Form der Sprossen dieser Fibel haben eine unverkennbare
Ähnlichkeit mit den entsprechenden Teilen unseres finnländischen Exemplares.
Die Verwandschaft des letzteren mit den baltischen Sprossenfibeln tritt jeden-
falls so deutlich zum Vorschein, dass man nicht umhin kann anzunehmen, die
finnländische Fibel sei unter dem Einfluss ostbaltischer Vorbilder entstanden,
wenn auch ihr einheimischer Ursprung nicht bezweifelt zu werden braucht.
Damit ist zugleich die ungefähre Zeitstellung unserer Fibel gegeben ; wie dürfen
sie wie die Sprossenfibeln von Vörä in das 4. Jahrhundert setzen.
B. nBELK MIT ÖSEKMADEL, KURZEH NADELHALTER UND GERADEM ODER BREITEM FDSS
(PDSSSCHEIBE).
Unter der obigen Rubrik können wir eine kleine Anzahl Österbottnischer
Fibeln zusammenfassen, deren Nadel entweder durch ein Loch im Kopfende
gesteckt oder in ein Öhr an der unteren Seite des Kopfendes eingehängt ist,
welche aber im übrigen als Parallelformen oder Weiterentwicklungen ge-
wisser Typen von Armbrustfibeln mit Fussscheibe, beziehungsweise geradem
Fuss bezeichnet werden können. Der primitiven Art der Nadelbefestigung
entspricht der sonstige Habitus der Fibeln. Es sind ärmliche, nachlässig gear-
beitete Stücke, welche in typologischer Hinsicht deutliche Spuren von Entartung,
dabei aber einige interessante Details aufweisen, die es gestatten sie mit be-
stimmten Formen jener Armbrustfibeln in nahe Beziehung zu bringen. Zu
dieser Gruppe gehören die Fibeln 4 4, 5 aus Fund 64 (Lillkyro — Tervajoki) mit
Fussscheibe und Nadelloch im Kopfende, 4« ebenfalls aus Fund 64 und 47 aus
Fund 62 (Lillkyro— Tervajoki) mit Fussscheibe oder „breitem Fuss" und Öhr an
der unteren Seite des Kopfendes, welches letzteie mit einem gestielten Knopf
abschliesst, endlich die Fibel 4» aus Fund 54 (Malaks — Junkarsbränna) mit
geradem Fuss und derselben Nadelkonstruktion wie die der zuletztgenannten.
Unter den Armbrustfibeln, welche unseren Fibeln zu Grunde liegen und
mit deren Hülfe wir die letzteren einigermassen genau datieren können, sind
an erster Stelle ostbaltische Fibeln zu nennen, welchen Tischler die Benennung
Armbrustfibeln mit kurzem Nadelhalter und breitem Fuss gegeben hat und
von denen eine Anzahl in seiner posthumen Publikation „Ostpreussische Atter-
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. FIBELN MITÖSENNADEL KURZEM NADELHALTER U. GERADEM ODER BREITEM FLSS.
167
tümer" (hier Tischler, Altertümer genannt) auf Taf. IV abgebildet ist, andererseits
aber auch skandinavische, vor allem gotländische Fibeln mit Fussscheibe von
den hier in Fig. 128—131 abgebildeten Typen. Die ersteren gehören in die
Periode D, die letzteren werden von schwedischen Archäologen, wie mir scheint
mit Recht, in das 4. Jahrhundert und den Anfang des 5. verlegt. ') Eine ge-
nauere Betrachtung unserer finnländischen Fibeln wird uns ihre nahe Verwandt-
Fig. 128. Fibel mit Fuss-
scheibe. Br. *lh. Enges,
Ksp. Burs, Gotland.
Fig. t29. Fibel i
Fussscheibe. Br.
Gotland.
Fig 130. Fibel mit Fussscheibe. Br. i/l
Gotland.
Schaft mit diesen Fibelarten vor Augen führen und zugleich zeigen, dass sie als
finnländische Lokalformen aufzufassen sind, welche einen im ganzen vielleicht
mehr ostbaltischen als skandinavischen Charakter haben.
An der Fibel 44 aus dem Grabhügel von Peltoistenmäki werden uns be-
sonders die knollenförmigen Auswüchse oder Knöpfe, von denen je einer an
den beiden Enden des Querstabes und mitten auf dem Bügel sitzt, während
drei andere an der Basis der dreieckigen Fussscheibe sichtbar sind, auffallen,
Dass die Knöpfe am Querstab den Knöpfen an beiden Enden der Rollenachse
einer Armbrustfibel entsprechen sollen, braucht nicht hervorgehoben zu werden.
Die Übrigen rein dekorativen Knöpfe erinnern in erster Linie an ähnliche
Details bei ostbaltischen Fibeln. Solchen knollenartigen Knöpfen sind wir schon
an den livländischen Sprossenfibeln begegnet {Riga Kat. 5 i6, n, ai- a4); wir sehen
') Montelius, Kronologi S. 224, 278 (Fig. 70). -- Almgren, Gotländische Grabfunde der
älteren Eisenzeit, Centralbfatt f. Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte VI, 1901,5.262.
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168 R- FIBELN MIT ÖSENNAI3EL, KURZEM NADELHALTER U. GERADEM ODER BREITEM FUSS
Fig. 131.
Fibel mit
Fussscheibe.
Br. 1/1. Bjärs,
Ksp. Lärbro,
Gotland,
sie femer an gleicharmigen Fibeln („Schleifenfibeln") und an Anhängseln,
welche in denselben Funden wie die Sprossenfibeln vorkommen (Riga Kat.
7 10, 9 *— 1, lo). Eine noch nähere Übereinstimmung zeigt die Fuss-
scheibe einer Armbrustfibe! von Gruneiken in Ostpreussen, die
an der Basis ebenfalls mit drei Knöpfen garniert ist (Fig. 132).')
Dasselbe Detail findet sich auch an einzelnen Fibeln der oben
erwähnten gotländischen Gruppe, deren Fussscheibe unten gerad-
Hnig abschliesst (Fig. 130) oder wie unsere Fig. 129 etwas nach
innen geschweift ist. ") Der knollenartige Knopf auf der Höhe
des Bügelhalses unserer Fibel hat seine typologische Voraus-
setzung in der kleinen runden Platte an dem entsprechenden Teile
vieler der soeben genannten gotländischen Fibeln. (Vergl. Fig.
128, 130, 131). Im Ostbalticum scheint diese Zierplatte selten
aufzutreten, *) besonders eigentümlich ist sie da-
gegen nordgermanischen Fibeln mit halbrundem
oder viereckigem Kopfstück, *) — Bei allen diesen
Übereinstimmungen mit skandinavischen Fibeln
verleiht doch die sehr charakteristische primitive
Art der Nadelbefestigung unserer Fibel ein mehr ost- als west-
baltisches Gepräge.
An 46 interessieren uns die Furchen auf dem Querstab,
welche die Spirale einer Nadelrolle andeuten sollen, und die
parallelen Striche auf dem Bügelhalse oberhalb der Fussscheibe,
in welchen wir eine Reminiszenz der umgeschlagenen Fuss-
konstruktion sehen dürfen. Wollten wir 4-5 von Fibeln ableiten,
Fusskonstruktion mit der Fussscheibe vereinigen, so könnten wir an ostbal-
tische Fibeln dieser Art aus der Periode D- E, also eine Form wie unsere
') Vergleiche auch das Fus^sende der emaillierten ^Dreiecksfibel" von Gertrudenhof in
Livland Riga Kat, ?!,
*) Hierher gehört die Fibel Salin, Fig. 122 b aus VeMergötland, — Ohne Zweifel ent-
sprechen diese Basisknöpfe, welche bei den gotländischen Fibeln übrigens oft aufgenietet
sind, den Knöpfen an dem Fiissstück der nordischen Fibeln mit viereckiger oder halbrunder
Koptplatte von den Typen Müller Fig, 264, Salin Fig 104-106, 113, 122 a, 128-130, 141 etc.,
also Fibeln des 4.- 6, Jahrhunderts,
3) Tischler, Altertümer Vi,*; Pnissia 19 Uli,
<) Salin, S, 44 und Fig. 96-99, 116, 141—142. An späten Fibeln dieser Gruppe bildet
sich die Zierplatte zu dosen form igen Aufsätzen aus, Salin, Fig. 143—146, 149, 150.
Fig. 132. Fibel
mit Fus-sscheibe.
Gruneiken,
Ostpreussen.
welche diese
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B. FIBELN MIT OSENNADEL, KURZEH NADELKALTER U. GERADEM ODER BREITEM FUt>5.
Figur 133 aus einem Grabhügel im Gouv. Suwaiki (Litauen), vielleicht auch
an westlichere Formen wie Almgren Fig. 181 denken. Doch halte ich es für
wahrscheinlicher, dass unsere Fibel nicht direkt nach einem solchen Vorbild
gearbeitet worden ist, sondern, wie bereits oben in Betreff der ganzen Gruppe
dieser finnländischen Fibeln bemerkt worden ist, in näherer Beziehung zu den
ostbaltischen und gotländischen Armbrustfibeln mit kurzem Nadelhalter und
breitem Fuss steht. Besonders lebhaft erinnert sie an ein estländisches Exem-
plar dieser Gruppe, nämlich die Fibel Riga Kat. 5 a von Türpsal, welche Haus-
Fig. 133. Fibel m. u. F.
und Fussscheibe. Br. ''/s.
Gouv. Suwaiki.
Fig. 134. Fibel mit
Fussscheibe und
Ösennadel. Br. Vit.
Kupre, Gouv.
Kowno.
Fig. 135. Fibel mit
Fussscheibe und
oberer Sehne.
Br,'/i. Pakalnischki,
Gouv. Kowno.
Fig. 136. Gleichar-
mige Fibel. Br. */*.
Kakkulais, Kümo.
mann mit Recht in die Periode D verlegt. ') Eine grosse Ähnlichkeit aber
keine direkte Verwandtschaft besteht ferner zwischen ihr und den Fibeln Riga
Kat. 4 81 von Seiburg in Kurland und unserer Fig. 134 von Kupre im Gouv.
Kowno, welche beide ihrerseits auf eine solche Form wie Fig. 135 mit oberer
Sehne und Haken von Pakalnischki im Gouv. Kowno, die nichts mit den Fibeln
m, u. F. zu tun hat, sondern eine Weiterentwicklung gewisser Augenfibeln
(vei^l. Almgren Fig. 62, 63) bildet, zurückweisen.
Unter den ostbaltischen Fibeln mit kurzem Nadelhalter und breitem Fuss
finden sich einige, ") unter den gotländischen Fibeln viele Exemplare, welche
am Kopfende einen Knopf tragen. Dass sie in t3'pologischer Beziehung die
Vorgängerinnen von 4 6 u. 7, den mit Mittelknopf versehenen Exemplaren unserer
finnländischen Gruppe, bilden, bedarf nach dem oben angeführten keiner be-
sonderen Erwähnung. Von den ornamentalen Eigentümlichkeiten der beiden
ij Hausmann, Grabfunde, S. 30.
») Tischler, AltenQmer IV 21, V 1.
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170 B. FIBELN MIT OSENNADEL, KURZEM NADELHALTER U. GERADEM ODER BREITEM RJSS.
finnländischen Fibeln sei hier zunächst die längliche Furche auf dem Bügel-
halse der Fig. 4-7 erwähnt: ein Detail, dem wir an ostbaltischen Arnibrustfibeln
mit Nadelscheide oder kurzem Nadelhalter ') aus der Periode D, an einzelnen
skandinavischen kreuzförmigen Fibeln ^ sowie an gleicharmigen Fibeln aus
Skandinavien und Finnland begegnen. ') In den vier Paaren paralleler Quer-
furchen, die den Bügelhals der Fig. 4? abgrenzen, sind Andeutungen an die Ring-
gamitur der Fibeln m. u. F. zu sehen. Auch dieses Detail hält sich noch eine
längere Zeit, besonders an den skandinavischen und finnländischen gleicharmigen
Fibeln (vergl. Anm. 3). Was schliesslich das Öhr an der unteren Seite des
Kopfendes der beiden Fibeln 4-6 und •} betrifft, so ist eine solche Einrichtung
zum Zweck der Nadelbefestigung in gleicher Weise wie die noch einfachere
Konstruktion bei den Fibeln 44 und 5 als eine ostbaltische, in Skandinavien
zu jener Zeit nicht gebräuchliche, zu bezeichnen. Mit einem solchen horizontal-
gestellten Öhr, das für eine eingehängte Nadel ohne Rolle berechnet ist, sind
die livländischen durchbrochenen Scheibenfibeln Riga Kat. 8 ausgestattet. Die
„Spangenfibel" Tischler Altertümer VI 11 zeigt, dass diese Nadelkonstruktion
auch in der Periode E vorkommt. Ziehen wir das Facit aus den hier ange-
stellten Vergleichen, so können wir die Fibeln 44-t als finnländische Lokal-
formen des 5. oder vielleicht richtiger des 5. — 6. Jahrhunderts, bei deren Ent-
stehung sowohl skandinavische als auch ostbaltische Einflüsse wirksam gewesen
sein müssen, bezeichnen.
Hier ist der rechte Ort einer Fibel Erwähnung zu tun, welche diese kleine
Gruppe finnJändischer Fibeln mit breitem Fuss (oder Fussscheibe) mit den ihnen
zunächstverwandten Armbrustfibeln verbindet, nämlich der Fibel 4» aus Fund
55 (Malaks). Sie nimmt eine Zwischenstellung zwischen den genannten Fibel-
arten ein, denn obwohl sie wie die ersteren eine blos dekorative, mit dem
Bügel in einem Stück gegossene Achse besitzt, so ist sie nicht mit einer ein-
gehängten Öhrnadel ausgestattet, sondern hat eine (allerdings auch eiserne)
Spiralnadel mit einer zweiten Achse, welche durch eine runde Scheibe an der
unteren Seite des Kopfendes gesteckt ist. Ausserdem zeichnet sie sich vor
44—7 durch eine weniger degenerierte Form aus: der Bügel ist sorgfältig
'( Berliner Album I Tat. Wm,in, 11«w; Tischler, Gräberfelder Uli,?.
*) Göteborg-Bohuslän V, S. 358, Fig. 225; Museum Sluckholm 7327 (Ksp. Sjogerstad,
Västergötland); 7(M1: 7 (Ksp. Gärdby, Öland); Aarsber, 1875, Fig. 21 (Ksp. Fjiere, Amt Nedenes).
") H. Hildebrand, Bidrag tili spannets hisioria, Fig. 164; Baehrendtz, Teckningac ur Kalmar
Museum, Kalmar 1890, Fig. 26 (Öland); Monielius 318 (Oland); unsere Fibeln 5s,4 und Fig. 136.
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GLEICHARHlGe FIBELN. 171
fazettiert und gekerbt, die Würfelknöpfe sind scharf modelliert und mit deut-
lichen Ornamenten — Würfelaugen und Randfurchen — versehen. Ihre Zeitstel-
lung ergiebt sich durch die oben gegebene Datierung der Fibeln mit Charnier-
nadel von selbst, sie gehört jedenfalls in das 5. Jahrhundert.
In naher Beziehung teils zu den drei zuletzt betrachteten Fibeln, teils zu 8*
steht die Fibel mit langem, geradem Fuss und repariertem Nadelhalter (Nadel-
scheide?) 4k von Malaks — Junkarsbränna. Ihre Nadel konstruktion ist genau
dieselbe wie die von 4« und 4-; (horizontal gestelltes Öhr an der unteren Seite
des Kopfendes), die Wülste auf dem Bügel entsprechen denen der Fibel 3 », und
am Kopfende sitzt auf dickem Stiel ein Knopf, der wie bei 32 gespalten und
unten hohl ist. In der Form abweichend von dem entsprechenden Teil der
anderen Fibeln ist der Querarm oder die Achse, welche, wenigstens von oben
betrachtet, noch ziemlich illusorisch die Nadelrolle imitiert; dann ist hier im
Gegensatz zu den vier zuerst genannten Fibeln die Nadelsehne durch den im Guss
hergestellten Strang, der in überraschender Weise nicht unter, sondern über den
Bügelhals gelegt ist, angedeutet. Wie Sa verlege ich unsere Fibel frühestens
in das Ende des 5. Jahrhunderts. Ihr finnländischer Ursprung ist zweifellos.
QLEICHABnOE FIBELH.
Mit dem praktischen Epithel gleicharmig werden in der skandinavischen
archäologischen Literatur Fibeln bezeichnet, deren Kopf- und Fussende dieselbe
Form haben.') Gleicharmige Fibeln treten besonders in. Nordeuropa in sehr
verschiedenen Zeiten auf und haben hier eine reichere Entwicklung durch-
gemacht wie in südlicheren Gebieten.
Gleicharmig waren schon die Fibeln der nordischen Bronzezeit, und auch in
der la-T^nezeit bestand die Neigung den Fibelbügel an beiden Enden symmetrisch
abschliessen zu lassen [Undset Fig. 125 (Jütland), Fig. 158{Gotland)]. Dann treten
gleicharmige Fibeln in den nordeuropäischen Funden der jüngeren römischen
Eisenzeit auf. Salin, der in einer kurzen Übersicht die wichtigsten süd- und
nordgermanischen Typen dieser Fibeln von der römischen Periode an bis hinab
zur Wikingerzeit behandelt hat, nennt von älteren nordischen Formen gotlän-
dische Fibeln wie Montelius 321, 329 und 330, norwegische wie seine Figuren
173, 174 und einige den norwegischen nahe verwandte Fibeln aus Hannover
') Zum erstenmal ist die Bezeichnung gleicharmig von H. Hildebrand angewandt
worden. (Bidrag tili sp&nnets hisioria, Am. Tidskr. IV, S. 174|.
, Google
172
und England, welche mit Ausnahme der Fibel Montelius 321 durch breite
scheibenförmige Endpartien (Arme) ausgezeichnet sind. Als ostbaltische Seiten-
stücke zu ihnen sind die von Salin nicht erwähnten livländischen „Schleifen-
fibein" Riga Kat. 7 t lo zu bezeichnen. Während
der folgenden Perioden sind die gleicharmigen
Fibeln besonders beliebt in Schweden und Finn-
land. Salin führt hier u, a. die prächtigen Span-
gen Montelius 443, Aspelin 1261 (Vörä— Gull-
dynt), welche mit den grossen Fibeln mit recht-
eckiger Kopfplatte verwandt sind, sowie die
unschönen kurzarmigen und dickbügeligen Fibeln
(Fig 136, 137) an, die zahlreich in Finnland, dann
und wann auch in Skandinavien gefunden sind,
und gelangt schliesslich zu den skandinavischen
und finnländischen Fibeln der Wikingerzeit
(Montelius 564, 566, 567, Rygh 658—661, Aspelin
1352). An dieser Stelle sollen nur die ältesten,
finnländischen Fibeln dieser Art betrachtet wer-
den, da die Verfertigungszeit der späteren ausser-
halb des Rahmens dieser Abhandlung fällt. Die
hier in Betracht kommenden Fibeln sind 6i aus Fund 59 (LillkyrÖ — Perkiö),
62 aus Fund 63 (Lillkyro- Tervajoki), 6 s aus Fund 54 (Malaks— Junkarsbränna),
5* aus Fund 55 (Malaks — Storsjölandet) und 65 aus Fund 57
(I-aihela — Jakkula). Alle diese Fibeln stammen demnach aus nahe
bei einander belegenen Fundorten in österbotten.
Die drei zuerst genannten Fibeln sind augenscheinlich Vor-
gängerinnen der oben erwähnten dickbügeligen und kurzarmigen
Fibeln. Im Gegensatz zu diesen haben sie lange Arme, welche mit
erhabenen, gerieften Bändern verziert sind und bei 63 mit Würfel-
knöpfen abschliessen. Die Häufigkeit der Würfelknöpfe an nor-
dischen Fibeln aus dem Beginn der Völkerwanderungszeit ist „. ,„
bereits hervorgehoben worden. Was das zuerst genannte aus dicht Gleicharmige
aneinander gereihten Ringen zusammengesetzte Motiv betrifft, ^*^^ ^""^ '''*"
so sehen wir es in der römischen Eisenzeit und in der Völker-
wanderungszeit an Gegenständen mancherlei Art. Hier interessieren uns nur
die Fibeln, deren Enden so verziert sind. Eine gleicharmige Fibel von älterem
Fig. 137. Gleicharmige Fibel.
Br. u. E. »/4. Letala.
)y Google
GLEICHARMIGE FIBELN. 173
Typus (aus dem 4. Jahrhundert) mit nur eingravierten Furchen ist Fig. 138
aus öland. Ebenso stark hervortretend wie an unseren Fibeln sind die ge-
rieften Bänder auf den Armen der Bornholmer Fibel Vedel 149 (S, 85),
welche unseren Fibeln 6i und 52 nahe steht und von S. Müller an den Anfang
seiner nachrömischen Zeit (5.— ß. Jahrh.) gesetzt wird, sowie auf dem Fussende
vieler kreuzförmiger Fibeln (Beispiele: Göteboi^— Bohusiän V Fig 225, (unten
am Tierkopf), Rygh 250, Salin 433, 436,
454, 456). Dieselbe Verzierung haben
auch einige ostbaltische Armbrustfibeln
mit Nadelscheide oder mit kurzem Nadel-
haUer(Prussia21,S. 142, Fig. 54; Berliner
Album 1 Taf, 10 u. 11). ~ Mit einer An-
zahl der soeben genannten kreuzförmigen
Fibeln haben 6i und 62 noch die cha-
rakteristisch fazettierte Form des Bügel-
halses mit den an beiden Seiten hervor-
tretenden, abgestumpften Vorsprüngen
gemein. Von oben gesehen gleicht dieser
Bügelhals einem Viereck mit einwärts
geschweiften Seiten und abgeschnittenen
Ecken. Eine kreuzförmige Fibel dieser
Art ist die Spange Fig. 139. Andere
Exemplare finden sich abgebildet bei Salin
Fig. 155 (Kristians Amt), 159 (Vestergöt-
land); Aareber. 1874, Fig. 28 (Amt Nede-
nes); Rygh 252, 253 (Amt Slavanger); Fig. 139. Kreuzförmige Fibel. Br. V7.
Montelius, Frän jemäldem 4n (Helsing- ^^' " '^'
land); Hildebrand, Spännets historia, Ant. Tidskr. IV, Fig. 180 (Medelpad). Die
vier letzten sind späte Formen mit übermässig entwickelten Vorsprüngen. Eine
weitere Ausbildung dieser Bügelform sehen wir bei den skandinavischen
hauptsächlich norwegischen und schwedisch-norrländischen Fibeln mit vier-
eckiger Kopfplatte und den in dieselbe Kategorie gehörenden gleicharmigen
Fibeln aus Norriand und Finnland: der Hals ist platter geworden und die
Umrisse der bei den älteren Fibeln durch die Schnittlinien der Fazetten be-
grenzten Figur, des abgestumpften Vierecks, werden jetzt durch stark erhabene
Stege gebildet (Aspelin 1261; Montelius 440; Montelius, Frän jemäldern 5ü, hj;
Digilized hy
Google
GLEICHARMIGE FIBELN.
Hildebrand, Jeraäldern i Norrland, Ant Tidskr. U, S. 300, Fig. 12 und Taf. 1 s;
Rygh 259 — 261). Aus dem Ostbalticum kenne ich nur eine Spange, eine Arm-
brustfibel m. u. F., deren Bügelhals ähnlich geformt ist wie der unserer Fibeln.
Sie stammt aus dem Grabfeld von Greibau in Ostpreussen. (Phys.-ökon. Ges.
37, 1896, Taf. II lo).
Unter Berücksichtigung des oben angeführten kann der Fibeltypus, zu
welchem die beiden finnländischen Fibeln 6 1 u. 3 gehören, als ein skandinavischer
bezeichnet werden, was aber nicht ausschliesst, das unsere Exemplare in
Österbotten verfertigt worden sind. Ein drittes Exemplar dieser Art, aber
weniger sor^älbg ausgeführt, ist bei Als im Kirchspiel Tuna in Helsingland
gefunden worden. ') Zu demselben Funde sollen eine Fibel mit rechteckiger
Kopfplatte vom Typus des 6. Jahrhunderts, eine Nadel, ähnlich unserer Fig. 6»
und zwei Schhessen wie unsere Fig. 7 1 gehören, doch ist es nicht bekannt,
ob die Sachen nebeneinander gelegen haben.
Die Zeitstellung der finnländischen Fibeln ist durch die soeben erörterte
Ähnlichkeit ihres Bügelhalses mit dem der kreuzförmigen Fibeln näher be-
stimmbar. Wir wissen bereits, dass diese letzteren im allgemeinen in das 5.
Jahrhundert gehören. Jünger sind die oben erwähnten norwegischen und norr-
ländischen Fibeln mit rechteckiger Kopfplatte und die mit ihnen verwandten
grossen gleicharmigen Fibeln aus Norrland und Finnland. Sie stammen nach
Montelius gut begründeter Beweisführung teils aus dem Anfang, teils aus dem
Ende des 6 Jahrhunderts. ") Da unsere Fibeln einen Bügelhals haben, der in
seinen massvolieren Formen demjenigen der kreuzförmigen Fibeln entspricht,
so dürfte ihre Verfertigungszeit noch in das 5. Jahrhundert oder spätestens in
die Zeit um das Jahr 500 fallen. — Dasselbe gilt von der Fibel Ös, deren
runder aufgeblähter Bogelhals in der Form und zum Teil in der Omamentierung
(der Furche in der Mitte) dem der späteren kurzarmigen und dickbügeligen
Fibeln sich nähert.
Die beiden originellen Fibeln 64 und 5r> gehören, streng genommen, nicht
in die Gruppe der gleicharmigen, da ihre beiden Enden nicht ganz dieselbe
Form haben, wenn sie auch einander sehr ähnlich sind. Bei der Fibel von
Laiheia variieren die Seitenarme zunächst dem Bügelhalse; die am unteren Ende
sind kürzer wie die oberen. Die beiden Enden der Fibel von Malaks sind
1) Montelius, Helsingland, S. 16 und Fig. 41 -44.
>) Montelius, Kronologi, Fig. 143 u. 149 und S. 34«.
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GIXICHAKUIGE FIUELN.
leider so stark beschädigt, dass sie eine sichere Rekonstruktion nicht gestatten,
doch lässt es sich feststellen, dass das Kopfende einen Tierkopf mit hörner-
artig hervortretenden Augen darstellt, während das Fussende wahrschein-
lich ebenfalls mit einem Tierkopf abschloss, der aber mit weniger stark mar-
kierten Augen ausgestattet gewesen ist
Betrachten wir zunächst die Fibel 5 5. Ihre Form ist eine unschöne, bar-
barische, die ganze Arbeit eine nachlässige. Sie macht den Eindruck das Er-
zeugnis einer einfachen Hausindustrie zu sein; ein von weitem hergebrachtes
Importstück ist sie schwerlich. Jedenfalls ist mir kein ähnliches Exemplar aus
Fig. 140. Kreuzförmige Fibel
mit flachen KnOpfen. Br. */».
Brighthampton, England.
Fig. Ul. Kreuzförmige Fibel
mit flachen Knöpfen. Br. W
Borgsiedt, Holstein.
Fig 142. Fibel mit recht-
eckigem KopfätQck. Br. '/s.
Gultbringa, BohuslAn.
den Nachbarländern bekannt. So unsicher unter solchen Umständen auch ein
Vergleich mit anderen Fibeln ausfallen muss, so muss ich ihr doch im ganzen
einen germanischen, resp. skandinavischen Charakter zuerkennen. Die kreuz-
förmigen Enden scheinen mir nämlich, trotzdem sie platt sind, dem Kopfende
der kreuzförmigen Armbrustfibeln mit seinen drei Knöpfen zu entsprechen.
Unsere Fibel würde, wenn meine Erklärung richtig ist, ein gewisses Stadium
einer Entwicklung repräsentieren, welche wir bei einer Gruppe von nordeuro-
päischen und englischen Fibeln in ihrem ganzem Verlauf verfolgen können.
Eine Darstellung dieses Entwicklungsganges, der in einem allmählichen Zu-
sammenwachsen der verflachten Knöpfe zu einer Platte besteht, findet man in
dem schon oft genannten Werke von B. Salin (S. 73/74 und Fig 159 — 167).
Auch hier wird als Vorbild eine kreuzförmige Fibel angenommen, deren drei
Knöpfe flach nachgebildet werden. Wir geben nach Salin die Abbildungen
dreier Fibeln wieder, welche diese Entwicklung veranschaulichen (Fig. 140^142).
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GLEK'HAKMIGE 1
Man wird nicht umhin können eine gewisse Ähnlichkeit zwichen dem Kopf-
ende unserer Fibel und demjenigen der Fig. 140 aus England oder der Fig.
141 aus Holstein zu konstatieren. Beachtenswert sind in diesem Zusammen-
hang auch die runden Umrisse der Ausschnitte zwischen den Kreuzarmen
unserer Fibel, da sie sich auch an den entsprechenden Stellen der germa-
nischen Fibeln finden. Ob ein näherer Zusammenhang zwischen der finnlän-
dischen Spange und jenen germanischen Fibeln anzunehmen ist, wage ich
nicht zu enscheiden. Im Hinblick auf die grosse Entfernung zwischen dem
P'undorte unserer Fibel und dem Verbreitungsgebiet der letzteren würde ich
eher geneigt sein die obenerwähnten Ähnlichkeiten für parallele, von einander
nicht direkt abhängige Äusserungen der Geschmacks-
richtung jener Zeit zu erklären. Hier wie dort hat das-
selbe Vorbild den Anlass zur Entstehung neuer Formen
gegeben, welche deswegen eine gewisse Ähnlichkeit mit
einander erhalten konnten.
Wenn unsere Fibel sich aus den kreuzförmigen Arm-
brustfibeln entwickelt hat, so kann sie nicht vor dem 5.
Jahrhundert verfertigt sein. Dafür dass sie wirklich aus
dieser Zeit stammt, sprechen auch einige andere Umstände.
Die Art der Nadelbefestigung, der kurze Nadelhalter, das
fazettierte Mittelstück des Bügels und die allerdings sehr
undeutlichen Ornamente, welche aus kleinen Halbkreisen
zu bestehen scheinen, sind alles Details, welche an Fibeln des 5. Jahrhunderts
auftreten können. In diese Zeit gehören auch ohne Zweifel die oben zum
Vergleich herangezogenen germanischen Fibeln.
In Betreff der Fibel 5* von Malaks können wir uns kurz fassen. Schon
oben ist auf die hörnerartig hervortretenden Augen an dem tierkopfförmigen
Ende derselben aufmerksam gemacht worden. Es ist dies ein Detail, das sonst
nur an einigen skandinavischen kreuzförmigen Fibeln (vergl. Rygh 249, Salin
Fig. 436) auftritt und demnach unsere Fibel als ein aus dem 5. Jahrhundert
stammendes Schmuckstück skandinavischen Charakters kennzeichnet. Gleich-
armige Fibeln mit Tierkopfenden liegen vereinzelt aus skandinavischen Fun-
den dieser Zeit vor. Ein in allen Einzelheiten mit unserer Fibel übereinstim-
mendes Exemplar ist mir aber nicht bekannt. Nahe verwandt ist Fig. 143
aus Uppland.
Fig. 143. Gleicharmige
Fibel. Br. i'i. Rörby,
Ksp. B&linge, Uppland.
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SCHEIBENnBELH. 177
SCHEIBBNFIBELH.
Von Scheibenfibeln aus der Zeit vor 500 n. Chr. haben die finnländischen
Funde bisher nur zwei Exemplare, die grosse vierarmige Hakenkreuzfibel 5:
aus Fund 57 (Laiheia — Jakkula) und die kleine kreisrunde Fibel 6« aus Fund
47 (Lempäälä— Päiväniemi), geliefert.
Die Hakenkreuzfibel befindet sich leider in einem sehr defekten
Zustand. Erhalten sind noch der grösste Teil der unteren bronzenen Platte
und einige Bruchsttlcke des Silberblechbelages, welcher auf diese Unterlage
festgenietet gewesen. Diese Reste sind glück-
licherweise gross genug um bei ZuhUlfenahme
der zahlreichen Funde eine Rekonstruktion un-
seres Exemplares zu ermöglichen. Dasselbe wird
sich nur in den Einzelheiten der Garnitur von
der in Fig. 144 hier wiedergegebenen, sehr ty-
pischen Fibel von Häven in Mecklenburg unter-
schieden haben. Die gepressten Ornamente des
Silberblechbelages sind bei den meisten dieser
Fibeln von derselben Beschaffenheit und bestehen
aus Perlbändem, Punktreihen und erhabenen
r^. , ... T,. , . , F'g '■"■ Hakcnkreuztibel. Silb.
Rosetten. Die runde Mitte unserer Fibel dürfte i/, Hftven, Mecklenburg,
einen ähnlichen dosenförmigen Aufbau um einen
vom Centrum der Platte in die Höhe ragenden Stift getragen haben wie beinahe
alle diese Fibeln. ') An der skandinavischen Herkunft unserer Fibel kann
kein Zweifel aufkommen. Nach den unten citierten Verfassern sind mindestens
14 Exemplare von diesem Typus i Dänemark (von welcher Zahl nicht weniger
wie 1 1 auf Seeland kommen), 1 in Mecklenburg, 1 in Schonen und 3 in Nor-
wegen gefunden worden. *)
Der Umstand, dass im mitüeren Schweden bisher noch keine Hakenkreuz-
fibel und nur eine einzige in der südlichsten Provinz des Landes gefunden ist,
während man aus Norwegen ihrer schon drei kennt, verdient einige Beachtung.
Hätten wir es hier im ganzen nicht mit so wenigen Exemplaren zu tun, so
wären wir versucht anzunehmen, dass die Hakenkreuzfibel als Schmuck in
•) Bei einem Exemplar aus Varpclev auf Seeland besteht die Milielpartie aus einem
grossen runden Stack Bernstein, Malier 2)36.
«) Almgren, Fibelformen S. t04; Müller, Text zu Fig. 266; Beliz, Vorge.-ichichte Meck-
lenburgs, S. 135.
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178 SCHEIBEN FIBELN.
Noi'wegen beliebter gewesen ist wie in Schweden und könnten hierin einen
Wink sehen in Betreff des Weges, auf welchem das finnländische Exemplar
nach Österbotten gelangt ist. Da übrigens eine der norwegischen Fibeln im
Vaerdalen ') unweit der Grenze gegen JämUand, eine andere im Romsdalen "),
also ebenfalls im mittleren Norwegen, gefunden ist, und da ausserdem nach
dem Zeugnis anderer Funde schon in vorgeschichtlicher Zeit ein reger Verkehr
zwischen Norwegen einerseits und Jämtland und den nordschwedischen Küsten-
strichen (vor allem Medelpad) andererseits bestanden hat, so ist es durchaus
nicht unwahrscheinlich, dass unsere Fibel wirklich von Norwegen aus tlber
iinitland, Medelpad und die Quarkenstrasse nach Finnland gebracht worden ist.
Die Zeitstellung der Hakenkreuzfibeln ist von Almgren, S. Müller, beson-
ders ausführlich aber von Montelius behandelt worden. Almgren") weist auf
<lie ersten Anfänge dieser Fibelform, auf provinzialrömische, ein wirkliches
eckiges Hakenkreuz darstellende Fibeln aus den Rhein- und Donauländem
hin. Andere Fibeln, bei denen die Kreuzarme in Tierköpfe endigen, stammen
aus Ungarn. Ein ebensolches Stück ist in Blekinge gefunden worden (Alm-
gren, Fig. 231 — 233). Nahe verwandt mit den letzteren sind unsere skandina-
vischen Fibeln. Sie gehören nach Almgren in die jüngere römische Periode
(200—400 n. Chr.). S. Müller*) setzt sie in seine Völkerwandei ungszeit, die
der soeben genannten Periode in Montelius System entspricht Montelius ^)
unterscheidet unter ihnen nach der Anzahl der kleinen runden Scheiben an
den Kreuzarmen ältere und jüngere Formen. Bei den typologisch ältesten
Exemplaren sitzen die Scheibchen nur an den Enden der Kreuzarme. In diese
Kategorie gehört unsere Fibel und die von Häven. Später gesellt sich zu
diesen Scheibchen noch je eines an der Mitte der äusseren Kante jedes Armes.
Bei anderen Exemplaren sind die Arme durch Stege vereinigt, an welchen
wieder eine Anzahl neuer Scheiben erscheint. Schliesslich können Fibeln der
letzteren Art von einem schmalen Reif umgeben sein (Worsaae, Nordiske Old-
sager i det Kongelige Museum i Köbenhavn, 1859, Fig. 395). Anstatt der ur-
sprünglichen Anzahl von vier Kreuzarmen besitzen einige jüngere Fibeln fünf
solche (die Fibel vom Romsdalen Rygh 238). Alle diese verschiedenen Varie-
i) K. Rygh, Tröndelagen i förhistorisk tid, Trondhjem 1897, S. 39.
') Aarsber. 1872, S. 76; Rygh 23a
3) Almgren, S. 104.
*) Müller, S. 33.
*l Montelius, Kronologi, S. 239 f.
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SCHEIBENFIBELN. 179
täten stammen indessen aus einem verhältnismässig kurzen Zeitraum, der kaum
mehr als ein Jahrhundert umfassen kann. Diese hundert Jahre Lebenszeit der
skandinavischen Hakenkreuzfibeln fallen, wie Montelius unter Anführung einiger
charakteristischen Funde zeigt, in die spätere Hälfte des 3. und in das 4. Jahr-
hundert. Die älteren dieser Funde wie die von Häven (Mecklenbui^), Nordrup,
Nestelsögärd, Varpelev und Bennebo (Seeland) sind teils durch gewisse rö-
mische Bronzeeimer und Schöpfgefässe (Maller 322, 323), teils durch Fibeln
mit hohem Nadelhalter (Maller 247) charakterisiert; für das Alter (4. Jahrh.)
der jüngeren Funde wie der von Storeskoven, Böttekildegärd, Nyrup (Seeland)
und Ak (Romsdalen— Norwegen) sind wieder römische Münzen des 4. Jahr-
hunderts, jüngere Fibeln m. u. F., Fibeln mit Nadelscheide und ältere „breite"
Fibeln bestimmend (Müller 254, 264 oder Montelius, Kronologi Fig. 65, 67, 73).
Obwohl unsere Fibel in typologischer Beziehung zu den älteren Formen
gehört und bereits im 3. Jahrhundert verfertigt worden sein kann, so ist sie
jedenfalls frühestens im 4. Jahrhundert niedergelegt worden, da die übrigen
datierbaren Beigaben des Grabes, aus dem sie gehoben ist, nämlich die Fibel
mit Nadelscheide 2« und der Schwertgriff 16 1 aus dieser Zeit stammen.
Vergleichen wir den Inhalt des Grabes von Laiheia mit den Fundkom-
binationen, in welchen die übrigen Exemplare der Hakenkreuzfibeln vorkom-
men, so muss es uns auffallen, dass zu dem finnländischen Funde auch Waffen
— ein Schwertgriff (also ursprünglich ein Schwert) und eine Lanzenspitze —
gehören, während sowohl das Grab von Häven wie auch die skandinavischen
Gräber eine für weibliche Leichen charakteristische Ausstattung gehabt haben. ')
Können wir zur Erklärung dieses Umstandes annehmen, dass die Fibel von
Laiheia im Gegensatz zum Brauche in Skandinavien, wo solche Spangen nur
von Weibern getragen wurden, die Schulter eines finnländischen Kriegers ge-
schmückt hat? Da die Hakenkreuzfibeln dem Anschein nach in Finnland sehr
selten gewesen sind, so wäre die Anwendung des bis jetzt bekannten einzigen
>) In dem Grabe bei Sanderumgaard auf Seeland lag die Hakenkreuzfibel auf der Brust
des Skelettes, welches a's das eines Weibes erkannt werden konnte. (Aarb. 1877, S, 374).
Auch einige der anderen dänischen Gräber, in welchen eine Hakenkreuzfibel gcfiinden worden,
enthielten anatomisch bestimmbare weibliche Skelette, so die Gräber von Nyrup (Aarb 1877,
S. 370), Storeskoven (Aarb. 1892, S, 306) und Nordrup (Nordiske Fortidsminder I, S. 2). Die
flbrigen dänischen Skelettgräber und die Brandgräber vom Vaerdalen und Kumsdalen ent-
hielten keine Waffen, wohl aber Schmuck und Gerät, der zur Ausstattung weiblicher Leichen
gehen haben kana Ver^. auch MOller, Text zu Fig. 266.
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SCHEIBENPIBELN.
Exemplares als Männerschinuck immerhin denkbar. Andererseits muss aber in
Betracht gezogen werden, dass der Grabhügel von Laiheia die verbrannten
Überreste nicht bloss einer männlichen sondern auch einer weiblichen Leiche
geborgen haben kann und dass es somit möglich ist, dass die dort gefundene
kostbare Fibel einem Weibe gehört hat.
Eine im Norden seltene Erscheinung ist die kreisrunde Scheiben-
fibel 56 aus dem Grabfeld von Päiväniemi. Wenn wir sie nicht unrichtig
deuten, so gehört sie nämlich einem im Eibgebiet vorkommenden Typus von
Scheibenfibeln an, welcher durch die beistehende Abbildung (Fig. 145) eines
Exemplares aus dem Thorsbjerger Moorfunde veranschau-
licht wird, oder steht ihm wenigstens sehr nahe. Die
Fibeln dieser Art bestehen aus einer einfachen dünnen
Bronzeplatte, auf welcher ein Belag von gestanztem Silber-
blech mit einem Stift befestigt ist, der durch ein Loch in
der Mitte der Platte gesteckt ist und mit einem Knopf ab-
^^^ schliesst. Sie sind femer zweigliedrig und haben einen hohen
^^^^*^^^ Nadelhalter. Nach Almgren •) ist diese Fibelform nebst an-
^■^^^^ deren verwandten und aus ihr entwickelten Typen über das
^3* ganze Eibgebiet von Böhmen bis nach Schleswig-Holstein
Fig. 145, Scheiben- verbreitet und gehört — was schon aus der Technik mit
fibcl.Silb.«/7. Thors- ^g^ gestanzten Blechen hervorgeht — der jüngeren römischen
bjerg, Schleswig,
Periode an. Almgren vermutet, dass diese Sehet benfibeln
bei den Germanen im Nordosten des Römerreiches durch Nachahmung der
älteren, echt römischen Scheibenfibeln mit Emailverzierung (Almgren X tsa)
entstanden sind, wobei die diesen Fibeln eigentümliche Chamiemadel durch
die den Germanen geläufigere Armbrustkonstrukuon ersetzt worden ist. Gleich-
zeitig mit den germanischen Scheibenfibeln treten in den römischen Provinzen
nahe verwandte Formen mit derselben Nadelkonstruktion auf, welche aber
viel häufiger emailliert als mit Silberblech geschmückt sind.
Die nähere Bestimmung unserer Fibel wird durch das Fehlen gerade
desjenigen Teiles, an welchem der Nadelhalter gesessen hat, erschwert. Wir
können daher nicht wissen, ob der Nadelhalter dieselbe typische lange Form
besessen hat wie der der Thorsbjerger Fibel Fig. 145 und sind zur Identifizie-
rung unserer Spange nur auf die dünne Platte mit dem nach oben umgeboge-
>» Almgren, S. 100 f.
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SCHEIBENFIBELN. 18t
nen Rande und dem Loch im Mittelpunkt, das für die aufrecht stehende Achse
bestimmt ist, angewiesen. In diesen Details besteht eine grosse Ähnlichkeit
zwischen unserer Fibel und den germanischen Scheibenfibeln, nur ist bei den
letzteren der Rand nicht umgebogen wie bei dem finniändischen Exemplar. ')
An Stelle dieser, wahrscheinlich zum Schutz des ursprünglich hier aufliegenden
Silber- oder Bronzebleches bestimmten Vorrichtung sehen wir bei einigen der
germanischen Fibeln einen aufgelöteten dünnen Reif als eine Art Rahmen das
Blech umschliessen, ein für die jüngere römische Periode sehr charakteristisches,
auch an zahlreichen anderen Gegenständen auftretendes technisches Detail. *)
Noch in einer anderen Beziehung ist ein Unterschied zwischen der Fibel von
Päiväniemi und jenen germanischen Fibeln zu konstatieren: während von den
letzteren alle mir bekannten Exemplare eine bronzene Nadel haben, ist die
finnländische Spange mit einer eisernen solchen veisehen. Trotz dieser Ver-
schiedenheiten glaube ich annehmen zu können, dass unsere Fibel mit den
germanischen Scheibenfibeln mit Silberblechverzierung nahe verwandt und
dass die von H. J. Heikel ausgesprochene Vermutung, *) ihre Platte wäre ur-
sprünglich mit Email überzogen gewesen, irrtümlich ist. Die unbedeutenden
Spuren einer harzähnlichen Masse, welche man auf der Platte sehen kann,
sind meiner Ansicht nach nicht als Emailreste sondern als Ueberbleibsel eines
Klebestoffes anzusehen, mit welchem das Zierblech an die Platte befestigt
gewesen' ist. Ahnliche Harzreste sind an Scheibenfibeln mit Blechbelag aus
dem berühmten Pyrmonter Brunnenfund wahrgenommen worden. *)
Da die Fibel von Päiväniemi den germanischen Scheibenfibeln nahe steht,
so ist es wahrscheinlich, dass zwischen ihnen kein grosser Altersunterschied
existiert, wenn auch unser Exemplar in Anbetracht der oben erwähnten Be-
sonderheiten einen jüngeren Eindruck macht. Die germanischen Scheibenfibeln
>) Eine Rand ein rassung, welche der auf unserer Fibel entspricht, sehen wir an der
runden Zierscheibe, welche mitten auf dem Bügel einer danischen Armbrusifibel mit halb-
rundem Oberstock und Fussscheibe angebracht ist (Malier 261). Die Fibel (gefunden bei
Store Heddiage auf Seeland) gehört in das 4. Jahrhundert (vergl. Montelius, Kronologi S. 227).
*) Solche Rahmenringe haben z. B. die Scheibenfibeln Almgren X üfi, 21s, die böh-
mische Fibel Pamätky XV {\B92), Taf. XXXVIII 3, ferner die Scheiben der oben be-
sprochenen hakenitre uz förmigen Fibeln und solcher Spangen wie Almgren 216, 217, 219 u,
220, vergl. auch die Nadeln Mttller 267, 268 u. s. w.
*) Heikel, Bruidgrlber, S. 47.
*> Almgren, S. 100.
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162 SCHEIBENFIBELN.
Stammen, wie aus einigen charakteristischen Funden hervorgeht, hauptsächlich
aus dem dritten, zum Teil vielleicht aus dem vierten Jahrhundert. ') Für
die Feststellung des Alters unserer Fibel gewinnen wir somit eine ungefähre
Grenze zeitaufwärts ; vor dem 4. Jahrhundert dürfte sie nicht verfertigt sein.
Einen anderen Anhalt für eine nähere Zeitbestimmung gewährt uns eine
Gruppe jüngerer, echt nordischer Scheibenfibeln, welche mit den germanischen
Fibeln und unserem Exemplar zweifellos verwandt sind. Diese Fibeln besitzen
ganz wie ihre Vorgängerinnen eine Mittelachse mit Knopf, welche aber keine
Zierscheibe aus Silber- oder Bronzeblech, sondern ein kalottenförmiges Stück, das
in einen Rahmen eingepasst ist, festhält (Fig. 146, die Kalotte hier nicht mehr vor-
handen). Die Scheibe selbst ist massiver wie die dünne Platte der älteren Fibeln
und zeigt bei den späteren Exemplaren die Neigung in eine hohe,
konische Form überzugehen, ganz so, wie sich aus den älteren
Scheibenfibeln die tutulusförmigen Fibeln entwickeln (vergl.
Almgren Fig. 224, Salin, S. 88, 89). Auf die skandinavische
Halbinsel und Finnland beschränkt, scheint diese Fibelform
am zahlreichsten in Norwegen vorzukommen. In Finnland steht
Fig. 146, ^'1 Exemplar aus dem Brandgräberfeld von Kakkulais, Ksp.
Scheibenfibd. Kumo, bisher vereinzelt da (Fig. 146).
Br.3/*. Ka'-'-
lais, Kui
Mittelachse gehören in das 6. und 7. Jahrhundert, die jüngeren
halten sich bis in die Wikingerzeit in Gebrauch. Zu den älteren rechnen wir
die Fibel von Kumo Fig. 146, welche in unmittelbarer Nähe eines fragmenta-
rischen vierrückigen Armbandes vom Typus 11 i gefunden wurde (H. M.
2993: 25 — 27). Armbänder dieser Art kommen in finnländischen Funden aus
dem 6. und 7. Jahrhundert vor. Aus derselben Zeit (um 600) stammt ein
Grabfund bei Leikvold, Ksp. Tune, Amt Smaalenene, Norwegen, in welchem
eine solche runde Scheibenfibel unter anderem mit einer S-förmigen Fibel etwa
vom Typus Rygh 265 zusammen lag (Aarsber. 1890, S. 93). Gleichzeitig mit
diesen sind auch die Fibel Salin Fig. 209 von Tuna auf der Mälarinsel Selaön
und eine Fibel aus einem Grabhügel bei Tureholm in Södermanland, welcher
ausserdem ein Bruchstück einer Fibel vom Typus Montetius, öfversigt Fig. 33 u.
and. Geg. enthielt (Museum Stockholm 699). Die übrigen Gräber des Grab-
") Vcrgl. Almsren, Beilage II, wo die Funde 157, 167, 228, 277 a dem dritten, die Funde
160, 161 dem vierten Jahrhundert anzugehören scheinen.
Die älteren Exemplare dieser nordischen Scheibenfibeln mit
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SCHEIBENFIBELN. 183
feldes von Tuna stammen wenigstens aus dem 6. und 7. Jahihundert (Mänads
blad 1895, S. 72—78) und das Fragment der „breiten" Fibel von Tureholm
gehört in den Anfang des 7. Jahrhunderts (Montelius, Öfversigt S. 154). Einige
andere norwegische Scheibenfibeln (Aarsber. 1888, Fig. 16) von diesem Haupt-
typus werden durch die Tieromamente auf ihrer Oberfläche (Salins Stil II,
ver^i. Salin, S. 245 f. u. 355) dem 7. Jalirhundert zugewiesen.
Kehren wir zu unserer Fibe) von Päiväniemi zurück. Wir haben gefun-
den, dass sie wahrscheinlich jünger ist wie die s. g. germanischen Scheiben-
fibeln vom Typus der Figur 145, welche in das 3. und 4. Jahrhundert ver-
legt werden können. Andererseits haben wir gesehen, dass sie diesen Fibeln
näher steht wie der Gruppe der jüngeren nordischen Scheibenfibeln mit Mittel-
achse, deren älteste bisher bekannte Repräsentanten etwa dem 6. Jahrhundert
anzi^ehören scheinen. Wir kommen somit zum 4. bis 5. Jahrhundert als
der Zeit, aus welcher der grössten Wahrscheinlichkeit nach die Fibel von
Päiväniemi herstammt.
Über die Verwendung der Fibel oder ihren Platz an den Kleidungs-
stücken, zu deren Befestigung sie dienten, können unsere Grabfunde keine
Auskunft geben, da sie bisher kein einziges Skelett und auch nicht die ge-
ringsten Reste von Gewehen enthalten haben. Wahrscheinlich waren aber die
Gewandnadeln der damaligen Finnländer in derselben Weise an den Kleidern
gruppiert wie die Fibeln, welche man in skandinavischen und ostbaltischen
Skelettgräbem der älteren Eisenzeit angetroffen hat. In Skandinavien und
Ostpreussen hat man nämlich die Beobachtung gemacht, dass in den Frauen-
gräbem gewöhnlich zwei Fibeln, oft von derselben Form, oder zwei gleiche
und eine ungleiche, vorkommen, während die Männei^räber nur selten mehr
wie eine Fibel, oft gar keine enthalten. Die Fibeln der Frauen pflegen etwas
unterhalb der Schultern an den Schlüsselbeinen, mit dem Fusse noch oben, zu
sitzen, die dritte Fibel am Halse oder etwas tiefer unten. Die zur Männer-
tracht gehörende Fibel hielt wahrscheinlich den Schultermantel an der rechten
Schulter zusammen. ') Dass ein viereckiger mit Fnmsen verzierter Schulter-
1) Moller, S. 15, 31, 55, 57; derselbe, Vor Oldtid, S. 480. 528; Vedel, S. 121, 122, 155;
Almgren, Gotl&ndische Grabfunde d. Bit. Eisenzeit, Centralblatt f. Anthrop., Ethnol. u. Urgesch.
1901, S. 261; Teckningar Heft 3 (Serien V) Taf. I r— bb, ein Fund aus dem 3. Jh. bei Vall-
tuf Gotland — nach einem mir zugSnglich gewesenen Manuskript Almgrens zu einer
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_J
mantel bei den Nordgermanen einen Bestandteil der männlichen Tracht aus-
gemacht hat, ist durch die Auffindung einiger aus der römischen Eisenzeit
stammenden Leichen mit vollständig erhaltener Kleidung in norddeutschen und
dänischen Mooren erwiesen. Zu den übrigen Bekleidungsstücken dieser Moor-
leichen gehören ein langer Kittel mit oder ohne Ärmel, eine Hose, mit einem
Riemen versehen um sie um die Hüften festzuhalten, Fussbinden oder Strümpfe,
welche (wenigstens in dem Thorsbjei^er Funde) an die Hosen fes^enäht waren,
und Schuhe, die aus einem Stück Leder geschnitten und zuweilen mit zierlichen
Ornamenten in Kerbschnitt-Technik geschmückt sind, femer ein kurzer Pelz-
mantel und (in einem Falle) eine Kapuze. ') Die Gewänder der weiblichen
Moorleichen werden in der einschlägigen Literatur nicht ebenso deutlich be-
schrieben. Tischler rekonstruiert die Frauentracht in folgender Weise; ein
ärmelloses (chitonartiges) Unterkleid, welches zwei Fibeln (am liebsten gleiche)
auf den Schultern hefteten, darüber ein Mantel, den eine Fibel mitten auf der
Brust (bei horizontaler Nadel) schloss. Ob die Frauenkleidung auch zur Winter-
zeit der Ärmel entbehrte, möchte ich meinerseits noch dahingestellt sein lassen.
Der Stoff der Gewänder ist gewöhnlich Wolle in Köper- oder Drell-
gewebe; leinene Kleidungsstücke kommen selten vor. Als Muster ist oft das
Rautenmotiv verwendet worden. Einige Gewänder haben bis heute ihre Farben
bewahrt: so war einer der Thorsbjei^er Mäntel grün mit gelb und dunkelgrün
gestreifter Borte.")
In Betreff der Tracht, die gleichzeitig von den Bewohnern des südwest-
lichen Finnlands getragen wurde, können wir nur die Vermutung aussprechen,
dass sie in ihren Hauptbestandteilen der südskandinavischen entsprochen, aber
des strengeren Klimas halber in Einzelheiten sich von dieser unterschieden
haben mag. Die Gruppierung der Fibeln war, wie schon oben angedeutet
worden, vermutlich dieselbe wie in Skandinavien und Ostpreussen. Paare
gleicher Fibeln fehlen wenigstens nicht ganz in unseren Funden; ein solches
Fibelpaar — zwei Sprossenfibeln — lag in dem Steinhügelgrabe auf der
Vorlesung ist dieser Fund auf Goiland das erste Beispiel für die Kombination 2 gleiche Fibeln
4- 1 ungleichen Fibel, welche von dB an die ganze Eisenzeit hindurch fttr Frauengrftber charak-
teristisch ist; Monlelius, Fomtiden, S. 151; Tischler, Gräberfelder, S. 224 f.
') J. McBtorf, Müorleichen, 42. Bericht des Museums vaterlandischer AllerthQmer bei
der Universität Kiel. 1900; Thorsbjerg, S. 18, Taf. 1 u. 2.
') Vergl. Anm. 1 ; Th. Thomscn, Vsvede Stoffer fra Jcmalderen, Aarb. 1900, S. 257 f.;
G. J. Karlin, Den f6rhistoriska textilkonsten i norden, Montelius festskrift, S. 189 f.
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SCHUUCKNADELN.
Anhöhe Lägpeldkangas in Vörä (Fund 83); dann sind die beiden Ami-
brustfibeln mit schaufelförmiger Fussscheibe 8 ö von Urdiala höchst wahr-
scheinlich in einem und demselben Grabhügel gefunden worden, als dritte
Fibei kann 3 1 zu ihnen gehört haben (vergl. Fund 50) ; zwei einander sehr
ähnliche Fibeln, 32 und Fig. 82, fanden sich in dem Tumulus von Malaks-
Storejölandet (Fund 55), in ihrer Nähe lag eine dritte kleinere; schliesslich mag
die Fibel in von Nykyrko — Pärkkö ursprünglich durch die an ihr hängende
Kette mit einer zweiten Fibel verbunden gewesen sein. Den sicheren Beweis
dafür, dass die Kombination: 2 gleiche, an den Schultern sitzende Fibeln -\- 1
ungleichen, auf der Brust befestigten Fibel in einer etwas späteren Zeit in
Finnland vorgekommen ist, liefert ein Skelet^ab des 7. Jahrhunderts auf dem
Hügel Käräjämäki bei Eura, das zwei gleicharmige Fibeln vom Typus der
F^r 137 und eine dritte Fibel von origineller Form (Vorgeschichtliche Alter-
tümer aus Finnland 39 is) enthielt.
ANDERE ZUR KLEIDUNG GEHÖRENDE GEGENSTÄNDE.
SCIDCKHADELM.
Einfache Schmucknadeln von den Typen der Abbildungen 5m— lo, 61—7,
besitzen wir aus folgenden Funden: Fund 2 (Tenala— Bonäs) hat zwei Ex.
62, zwei Ex. 6» und ein Ex 67 enthalten; Fund 4 (Bjemo — Lupaja) drei Ex.
5io; Fund 6 (ebenda) ein Ex. 5s (Fig. 28); Fund 7 (ebenda) zwei Ex. 61;
Fund 12 (Uskela— Kupila) ein Ex. 64; Fund 20 (Nykyrko— Warheia) zwei
Ex. 5 8; Fund 29 (Kümo— Köönikänmäki) ein Ex. 5 s u. ein Ex. 5»; Fund 36
(Kümo — WuoUe) ein Ex. 65; Fund 38 (Kümo — Forsby) ein Ex. 5h(?); Fund 41
(Tyrvis — Kaukola) ein Ex. 5s; Fund 48 (Lempäälä— Päivänienii) ein Ex. 5s, 1»;
Fund 54 (Malaks — Junkarsbränna) zwei Ex. 65; Fund 59 <Lillkyro— Perkiö) ein
Ex. 65; Fund 62 {Lillkyro — Tervajoki) ein Ex. 6 s.
Alle diese Nadeln haben am oberen Ende einen Ring, der bei den bron-
zenen Exemplaren (61—7) schon im Guss hergestellt, bei den eisernen (5 h— 10)
durch Umbiegung gebildet ist. Dass dieser Ring zur Befestigung einer kleinen
bronzenen Kette gedient hat, zeigen die noch vorhandenen Glieder von solchen
an den Nadeln 6 10, 61, i, e.
Da mehrere von diesen Ösen- oder Ringnadeln paarweise gefunden wor-
den sind, ist es wahrscheinlich, dass sie wie einige norwegische Nadeln (vergl.
Aarb. 1880, S. 95, Fig. 2) auch paarweise durch eine Kette verbunden getragen
24
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186 SCHMUCENADXLN.
wurden. Welche Bestimmung die Zwillingsnadeln und die einzeln gefundenen
Nadein gehabt haben mögen, ob sie zur Stütze der weiblichen Haartracht oder
anstatt der Fibeln zur Befesdgung des Gewandes gedient haben, ob sie aus-
schliesslich von Frauen oder auch von Männern benutzt worden sind, darüber
lassen unsere Brandgräber uns wieder in unklarem, und da wir keine Skelett-
gräber aus jener Zeit besitzen, sind wir zur Beantwortung dieser Fragen auf die
Winke smgewiesen, welche Funde aus den Nachbarländern uns geben können.
Die dänischen Archäologen, welche sich besonders eingehend mit der
Feststellung der Unterschiede zwischen Männer- und Weibergräbem beschäftigt
haben, halten die profilierten Nadeln aus den dänischen Gräbern der römischen
Eisenzeit für weiblichen Kopfschmuck. ') Aus der darauf folgenden Periode
- S. Müllers Völkerwanderungszeit (3. — 5. Jahrh.) — haben die dänischen
Funde nur wenige Nadeln geliefert {Müller, S. 33). Dass die letzteren auch
in Männergräbera jener Zeit vorkommen und zur Befestigung der Kleider be-
nutzt sein können, beweist der Grabfund a von Varpelev in Seeland, in welchem
das Skelett eines Mannes lag, ausgestattet mit mancherlei Schmuck, unter an-
derem einer Goldnadel, die — nach der Lage am Halse des Toten zu urteilen —
in den Mantel gesteckt war (Aarb. 1877, S. 350 f.).
In Undsets Übersicht über die ältere Eisenzeit Norwegens werden die
grossen Nadeln wie Rygh 274, 275 als Kopfschmuck und ebenso wie die s. g.
Kettennadeln (Isenkenäle) als zu Weibergräbem gehörig bezeichnet. Dieselbe
Erklärung haben Tischler und Hausmann für die bronzenen Nadeln aus den
ostpreussischen, beziehungsweise est-, liv- und kurländischen Funden. *)
Es ist leicht möglich, dass sie zuweilen als solche benutzt worden sind.
Sicher ist es andererseits, dass die Nadeln mit profiliertem Kopf, paarweise an
der Brust in das Gewand gesteckt, auch die Bestimmung gehabt haben den
Brustkettenschmuck zu tragen. So l£^en z. B. im Grab 309 bei Oberhof in Ost-
preussen zwei solche durch ein reiches Kettengehänge verbundene Nadeln ähnlich
Riga Kat. 9i6 an den Schultern der wahrscheinlich weiblichen Leiche (Pro-
vinzialmuseum in Königsberg). Von unseren finnländischen Exemplaren und
von den skandinavischen Kettennadeln nehme ich dasselbe an, auch sie werden
nicht ausschliesslich Kopfschmuck der Weiber gewesen sein, sondern als Ketten-
halter im Bruststück des Gewandes gesessen haben.
I) Müller, S. 17; Aarb. 1892, S. 253; Vedel, S, 93,
») Aarb. 1880, S. 100; Tischler, Gräberfelder, S. 228; Hausmann, Grabfunde S. 37;
dereclbe, Einleitung, S. XVUI.
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SCHMUCKNADELN. 187
Nach Hausmann (loc. cit) hatten auch die eisernen (und bronzenen) „Ring-
nadeln mit Schneckeneode", wie sie im Rigaer Katalog genannt werden,
d. h. die Nadeln vom Typus 6 h, lo als Haarnadeln gedient Tischler sieht in
ihnen dagegen ein Hilfswerkzeug beim Nähen (Gräberfelder, S. 250), Nun zeigt
aber der Inhalt des Grabes 176 bei Oberhof, dass solche Nadeln auch in Männer-
gräbem vorkommen (Provinzialmuseum in Königsberg). Dieses Grab lieferte
nämlich eine derartige Nadel von Bronze, einen Halsring vom Typus Aspelin
1^6, sowie zwei Lanzenspitzen, einen Eisencelt und eine Sichel. Meinerseits
möchte ich die eisernen Nadeln unserer Funde für Gewandhefteln ansehen, da
sie kräftiger und länger als die Mehrzahl der bronzenen Nadeln und deshalb
für den genannten Zweck geeigneter sind.
Durch die Funde von Bjemo — Lupaja 4 und 6 hat es sich erwiesen, dass
die Nadeln vom Typus 5 1*, lo, welche in den finnländischen Gräberfeldern der
jüngeren Eisenzeit sehr zahlreich auftreten, bei uns schon im 4. Jahrhundert
bekannt gewesen sind. In diese Zeit gehören nämlich, wie oben gezeigt
worden, die aus denselben Gräbern stammenden Fibeln m. u. F. Die beiden
bei Warheia gefundenen Exemplare können, wenn sie gleichzeitig mit der
Fibel la niedergelegt sein sollten, sogar schon dem älteren Abschnitt der
römischen Eisenzeit oder der Periode B angehören.
Die Form der Ringnadel mit Schneckenende ist entschieden ostbaltisch.
In den livländischen und ostpreussischen Gräberfeldern tritt sie recht früh auf,
so z. B. ein bronzenes Exemplar in einer kleinen Steinsetzung bei Pajus, Ksp.
Oberpahlen, Livland, mit zwei Augenfibeln von den Typen Riga Kat 4 1 und 4 b,
also etwa im 1—2 Jahrhundert. (Sitzb. d. Gel. Estn. Ges. 1896, S. 121/2). Ein
Steinreihenbrandgrab bei Gertrudenhof, Livland, enthielt unter anderen Gegen-
ständen eine bronzene Ringnadel, einige Sprossenfibeln und eine Dreiecksfibel
(Riga Kat. Nr. 372); Grab 350 bei Oberhof in Ostpreussen lieferte eine eiserne
Ringnadel, eine Sprossenfibel, einen Halsring vom Typus Aspelin 1826 (Pro-
vinzialmuseum in Königsberg), Diese beiden Gräber dürften wieder dem 3. — 4.
Jahrhundert angehören. Die Form hat sich auch in den Ostseeprovinzen bis
tief in die jüngere Eisenzeit hinein erhalten, ') doch scheint sie hier in späteren
Zeiten nicht so beliebt gewesen zu sein wie in Finnland. Als Vorgängerinnen
•) Vergl. den Fund von Serben in Livland, Aspelin 2137—2150 (ein bronzenes Exemplar
mit Kette). Zu beachten ist auch die Nadel aus dem Gr&berfeld von Ljutsin im Gouv. Wi-
tebsk, A. Spitzin, JIbwbcuI mdtuumri, Hanpiaui 14, Taf. lli.
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t88 SCHUUCKNADELN.
dieser Nadelform können wir mit Bezzenberger die zierlicheren, durch einen
kleineren und dickeren Kopf ausgezeichneten Nadeln vom Typus der Fig. 147
-Tfc ansehen, welche in einigen ostpreussischen Gräberfelderii mit Gegen-
ständen aus der jüngsten la-Tenezeit gefunden sind. ')
In Skandinavien sind die Ringnadeln mit Schneckenende von
den Typen der ostbaltischen und finnländischen während der Eisen-
zeit kaum bekannt, doch sind hier und in Norddeutschland in Funden
aus der jüngeien Bronzezeit und der ältesten Eisenzeit ähnlich ge-
bildete Nadeln mit und ohne Schneckenende aufgetaucht. ■) Nadeln,
welche den ostbaltischen genau entsprechen, liegen aus einigen
Funden der Hallstattzeit in Mittel- und Südeuropa vor. ')
Für die andere Gattung der Schmucknadeln, die bronzenen ösen-
nadeln, finden wir die nächsten Analogieen im Westen der Ost-
see, während nah verwandte Formen im Ostbalticum nachweisbar sind.
Eine ausgeprägt skandinavische Form haben die Nadeln mit profilier-
tem Kopf von den Typen 6» und 6 6- Schon oben {S. 174) ist ein
allerdings nicht ganz sicherer Fund bei Mo im Helsingland erwähnt
J'f,\ worden, der eine kräftig profilierte Nadel vom Typus 6a sowie
Nadel „mit * '^ -"^
Schnek- ^in^ gleicharmige Fibel vom Typus 6 1, 3, eine Fibel mit vier-
kenende". eckigem Kopfstück und eine Schliesse ähnlich 7 i enthielt und wahr-
minten schelnUch am Anfang des 6. Jahrhunderts niedergelegt worden ist, *)
Ostprcus- Zwei Nadeln wie 6« sind bei Klostret Fiskaregärden im Härad
^"' Valla, Vestergötland mit drei sog. kreuzförmigen Fibeln des 5. Jahr-
hunderts (ähnlich Salin Fig. 159 u. 454) gefunden worden (Museum Stockholm
8233). In dem Grabfunde Nr. 16 bei Vattjom, Ksp. Tuna, Medelpad, welcher
durch eine gleicharmige Fibel aus derselben Zeit, abgebildet im Mänadsblad
A. Bezzentferger, Das Grftberfdd von Kominlen. Prussia 20, S. 39 u. 50.
') Montclius 214; Müller, Bronzealderen 414; Müller Flg. 39 u. S. 8; Schumann, Um en-
friedböfe Taf. Via.
") Vergl, die Nadeln aus den hallstaltzeitlichen Pfahlbauten von Concise (R. Munro,
The lake-dwellings of Europa, London 1890, S, 56, Fig. IIa) und Corceleltes (Mitteilungen d.
antiquar. Ges. Zürich, Bd. XIll PI. VII 10) am Neuchäleler See, aus der Nckropolis von
Villanova bei Bologna, Montelius, La civiUsation primitive en Italie, Stockholm 1895, PI. 91 1
sowie als Einzelfund bei Mainz aus dem Rhein gehoben, Westdeutsche Zeitschr. f. Gesch. u.
Kunst XIX, S. 397. Taf. 16 s«.
*) Montelius, Helsingland, S. 16, Fig. 41—44.
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SCHHUCKNADELN.
189
1896—1899 S. t47, Fig. 134, datiert wird, befand sich ebenfalls eine solche
Nadel (Mänadsblad 1900, S. 20—21). Gleichzeitig mit diesem Funde ist ein
Grabfund am Bache Kobbe Aa auf Bomholm, der eine Nadel vom Typus 6 e
nebst der Fibel Vedel, Efterskrift Fig. 64, zwei Fibeln = ebenda Fig. 61 , eine
ringförmige Fibel u. a, G. geliefert hat (Vedel, Efterskrift S. 141, Nr. 11).
Die Nadeln von Tenala— Bonäs und Kümo- WuoUe werden demnach
ebenfalls in das 5. Jahrhundert oder in die Zeit um 500 gehören.
Solchen Formen wie tt t begegnen wir in Skandinavien in den Funden der
römischen Eisenzeit. Zwei solche Nadeln aber mit sieben Reifen unter der Öse
(Fig. 148), gehören zu einem Grabfund bei Husby in Uppland, der
ausserdem den Armring Montelius 350 und eine S-förmig gebogene
Fibel ähnlich Almgren VI 148, 149 (doch mit Rollenhalse, 2. Jahrh.)
enthielt (Museum Stockholm 2738; Montelius, Text zu Fig. 350). Zwei
andere lagen in einem Grabe bei Tveide, Ksp. Birkenes, Amt Nedenes,
Norwegen, mit einer gleicharmigen Fibel mit dreifacher Spiralrolle
(Ende des 4. Jahrhunderts) und einer Fibel mit Fussscheibe (Aarsber.
1888, S. 160, Nr. 331 u. Fig. 4 u. 8; Salin Fig. 173).
Die noch einfacheren Typen 6 1— s kommen in Skandinavien in
der römischen Eisenzeit und in jüngeren Funden vor. Solche Nadein
li^en — um nur einige Beispiele anzuführen — aus einem Grabe
der älteren römischen Periode (1. u. 2. Jh.) bei Norrbys, Ksp. Fol-
lingbo, Gotland, ') aus mehreren Gräbern des 4. Jahrhunderts bei
Hafvor, Ksp. Hablingbo, Goüand, ") aus einem Fund bei Slagersta,
Ksp. Stenäsa, öland u. a. mit einer Fibel vom Typus Salin Fig. 110
(4. Jh.) (Museum Stockholm 5544), und aus einem Grabhügel (Nr. 2)
bei Gudhjem auf Bomholm u. a. mit der Fibel Vedel Fig. 324 (5. Jh.) (Vedel,
S. 372) vor. Femer gehört eine solche Nadel zu einem Grabfund des 6. Jahr-
hunderts auf der Insel Offersa, Ksp. Ledingen, Amt Nordland, Norwegen
(Aarsber. 1877, S. 26 Nr. 121 und Fig. 12—15). Auch im Ostbalticum ist die
einfache Form der ösennadel nicht unbekannt; so hat das Grab von Türpsal
in EsÜand eine Nadel vom Typus 6+ geliefert (Hausmann, Grabfunde Ib-).
Fig. 148.
Schmuck-
nadel.
Br. Ve.
Uppland.
») Minadsblad 1896—1899, S. 153, Fig. 141-143 (u. a. mit Qber 100 „Halbperlen" wie
Montelius 362).
■) Museum Stockholm 7785: 107 (mit einer Fibel, ähnlich Fig. 130); 7582: 51 (mit zwei
Fibeln vom Typus 2i)', 8064: 154 (mit einem segment form igen Kamm).
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190
SCHHUCXNADELN.
Von unseren Ejtemplaren dürften die Nadeln 61, die mit goldoberfangenen
Perlen in der Steinsetzung h (Fund 7) bei Lupaja gefunden sind, an das Ende
dei- römischen oder den Anfang der Völkerwanderungszeit (Periode C — D) zu
setzen sein. Der Grabfund von Tervajoki, der die Nadel 6« enthält, ist oben
(S. 170) dem 5.-6. Jahrhundert zugewiesen worden. In dieselbe Zeit dürften
die Nadel von Tenala — Bonäs, #2, gehören, die mit 65 zusammengefunden sind.
Für die Nadel von Kupila 6* ist eine genauere Datierung unmöglich.
Die originelle Nadel 67 mit der Vf^elfigur aus der Steinsetzung von
Bonils steht ästlich der Ostsee ohne Gegenstück da. Wir müssen so weit
westlich wie nach Norwegen gehen, ehe wir dieser Form wieder
begegnen. Hier scheint sie heimisch zu sein. In Aarsberetning
1878 ist ein sehr ähnliches Stück abgebildet (Fig. 149), das in
einem Grabhügel im Ksp. Holme, Amt Lister und Mandal, lag,
aus dessen übrigen Inhalt wir eine kreuzförmige Fibel, das Fuss-
stück einer Fibel vom Typus der Figur 20 in Aarsber. 1880,
einen weberschiffförmigen Stein und einige Tongefässe von den
Typen Rygh Fig. 361 und 365 hervorheben wollen. Die An-
merkung 1 auf Seite 179 der citierten Stelle verweist auf zwei
andere norwegische Funde mit solchen Nadeln, der eine im Amt
Stavanger (Ksp. Ly in der Landschaft Jaederen), der andere im
velan.l, Amt Amt Romsdal (Ksp. Gryten am Ausgang des Romsdalen). Zu
Lisier u. Man- jgj^ ersteren Funde gehören ausser der Nadel und anderen Gegen-
dal, Noi-wegen.
ständen emige kreuzförmige und em paar rmgförmige Fibeln, die in
das 5. Jab "hundert gesetzt werden können. ') Der Romsdaler Fund ist wegen
seines geringfügigen Inhaltes nicht zu chronologischen Bestimmungen verwend-
bar. Ein vierter Fund stammt aus dem hohen Norden: ein kleiner und niedriger
GrabhO(;el auf der Insel äkc^ö bei Steigen, Amt Nordland, enthielt zwei solche
Vogelnadeln, ausserdem vier kreuzförmige Fibeln, eine ringförmige Fibel, ein
Messer, einen Kamm, ein Tongefäss vom Typus Rygh 376. ^ In Aarsber.
1879, Fig. 39 ist eine kleine fazettierte gleicharmige Fibei abgebildet, die im
Kirchspiel Kiep, Amt Stavanger, mit einer zweiten ebensolchen Fibel und 2
Nadeln mit durchbohrten Vogelköpfen gefunden ist. In jüngster Zeit ist
Fig. 149.
Schmu ckn
dcl. Br.'.'i.Sto-
■) Aarsber. 1870, S. 48 u. Lorange, Sämlingen af norske Oldsager i Bergens Museum,
Bergen 1875, S. 56.
^) Aarsber. 1896 S. 3—5.
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SCHNALLEN. 191
schliesslich noch ein Fund publiziert worden, der unter anderem eine solche
Nadel und eine kreuzförmige Fibel enthält und aus einem Skelettgrabe bei Gjone,
Kveide, Ksp. Hedrum, Amt Jarlsberg, stammt (Aarsber. 1902, S. 343/4 Fig. 8).
Die Nadehi mit einer Vogelfigur sind also mehrfach mit Fibeln des 5.
Jahrhunderts gefunden worden und demnach gleichzeitig mit ihnen. Für unser
Exemplar würde diese Zeitbestimmung mit der oben gegebenen Datierung der
Nadel 62 u. 65 gut übereinstimmen.
SCHKALLEN.
Nach der von O. Tischler für die Schnallen der Eisenzeit aufgestellten *)
und von O. Olshausen*) weiter au^ebildeten Einteilung und Nonienclatur
lassen sich unter den wenigen Schnallen aus den finnländischen Funden vor
500 n. Chr. folgende Arten unterscheiden:
1) Schnallen mit losem Verband, d. h. solche, deren alle drei Teile,
Bügel (der viereckige oder ovale Rahmen), Dorn und Halter (die zum
Bügel gehörige Metallplatte, an welche das Ende des Riemens befestigt
wurde) selbstständ^ beweglich sind. Hierzu gehören die Schnallen von den
Typen 68—16.
2) Schnallen mit festem Bügel, d. h. solche, bei welchen der Halter
mit dem Bügel ein Stück bildet: 6ie— 30-
Bei den Schnallen der ersten Gruppe ist der Bügel entwedereingliedrig,
d. h. er besteht aus einem offenen (äk— 12) oder geschlossenen Ring (614),
um welchen der Dom beweglich ist, oder es ist an ihn eine besondere Achse
eingesetzt, wodurch er zweigliedrig wird, 618, ift-
Schnallen mit losem Verband und eingliedrigem Bügel liegen aus folgenden
Funden vor: 2 (Tenala — Bonäs, 1 Ex. 6s), 3 (Bjemo — Lupaja, 1 Ex. vom Tj'pus
6 8-11), 22 (Nykyrko—Pärkkö, 2 Ex. 6 12 und Fig. 50), 29 (Kümo— Köönikänmäki,
2 Ex. 69), 38 (Kümo— Forsby, 1 Ex. 610), 54 (Malaks — Junkarsbränna, 1 Ex. 6 u),
57 (Laiheia — Jakkula, 1 Ex. 611). Schnallen mit losem Verband und zweigliedri-
gem Bügel besitzen wir aus den Funden; 6 (Bjemo — Lupaja, 3 Ex.: 613 und
Fig. 27), 35 (Kümo— Köönikänmäki, 1 Ex. 615).
Schnallen mit festem Bügel sind aus folgenden Funden bekannt geworden:
1 (Tenala— Bonäs, 1 Ex. Öi»), 22 (Nykyrko—Pärkkö, t Ex. 620), 59 (Lillkyro—
») Tischler, Grtberielder, S. 229 f.
>) Z. f. £. 1^ Verhandl. S. 180.
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SCHNALLEN.
Perkiö, 2 Ex. 6i6 und 1 Ex. öis), 62 (Ullkyro — Tervajoki, 1 Ex. vom Typus
6lfl), 63 (Lillkyro— Tervajoki, 1 Ex. 617).
Solche Schnallen mit losem Verband wie die Exemplare 6 8— 13, deren
eingliedriger ovaler oder gerundet viereckiger Bügel aus einem schmalen Eisen-
band besteht, dessen eines Ende über dem anderen liegt oder um dasselbe
gebogen ist, bilden die denkbar einfachste Art dieses Gerätes. Die ebenso
einfache Schnalle mit kreisrundem Bügel, welche in Skandinavien (Gotland) und
Ostpreussen am Anfang der römischen Eisenzeit auftritt, ist hier noch unbekannt.
Ob alle die finnländischen Schnallen von dieser einfachen Form jemals mit
einem besonderen Halter versehen gewesen sind, ist zweifelhaft. Nicht un-
wahrscheinlich ist es, dass bei einigen derselben der zugehörige Riemen direkt
an den Bügel genäht war. Zu Zeitbestimmungen sind diese Stücke nicht
zu verwerten, da man Schnallen von genau derselben Form auch in Funden
der jüngeren Eisenzeit antrifft.
Ein grösseres Interesse beansprucht die bronzene Schnalle 6 1*. Die Form
ihres eingliedrigen Bügels und mehr noch die ihres Domes sind charakteristisch
für die Schnallen aus der Zeit der Völkerwanderungen. Der erstere ist an der
Achse dünner wie da, wo das Ende des Domes aufliegt; der letztere ist am
hinteren Ende oberhalb der Öse scharf abgeschnitten. Schnallen mit einem
solchen Dom sind in den süd- und westeuropäischen (südgermanischen) Funden
vom 4. — 7. Jahrhundert zahlreich vertreten. Ich verweise hier, um unter vielen
nur einige Beispiele anzuführen, auf Abbildungen von Schnallen aus der Krim,
Salin Fig. 292, 302, 303, ^ aus Kleinrussland, B. Khanenko, üpesHOnii Hp^iHl-
npoBtfl IV, Kiew 1901, Taf. IXseo, XVIIlKna, aeoa, — aus Ungam, Hampel
U Taf. CGI (Murgai, 3.-4. Jh.), CCCXIII (Mezökaszonyi, 4. Jh.), Hampel I
Taf. I-IV (Puszta Bakod, 4. Jh.), XXXH— XXXVl (Apahidai, 4. Jh.), — aus
Österreich, A. Riegl, Die Krainburger Funde, ') Taf. UI e und Fig. 208, — aus
Italien, A. Riegl loc. cit. Fig. 212, Sergi, Castel Trosino, ") Taf. V *, VII u, — aus
Deutschland, Lindenschmit, Handbuch Fig. 2 C (Grab Childerichs f 481) sowie
Fig. 343, 356, 359, Lindenschmit, Centralmuseum Taf. X 1, 9, is, Lindenschmit,
Alterthümer III, Heft X, Taf. 62,1,13, — aus der Schweiz, Frankreich und
') Jahrbuch d. K. K, Zentralkommission fOr Erforschung und Erhaltung der Kunst- und
torischen Denkmale, Neue Folge, I, Wien 1903.
^ G. Sergi, La necropoli barbarica di Castel Trosino, Monumenti antichi publicati per
a della Reale Accademia dei lincei XII, Milano 1902.
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SCHNALLEH. 199
Belgien, Barri^re-Flavy, Arts industriels, Taf. Ai, As, As, Taf. 37a, i, 49«.
Von Södrussland aus haben sich die mit einem solchen Dorn und einem runden
oder viereckigen Halter ausgestatteten Schnallen sowohl über den Kaukasus '),
wie auch über Central- und Ostrusstand ausgebreitet Von besonderem Inte-
resse sind für uns die centralrussischen Funde, da sie aus Grabfeldern stam-
men, dtren Inventar auch im übrigen deutliche Spuren von gennanischem,
zum Teil aus dem Ostbalticum kommendem Kultureinfluss zeigt, nämlich den
neuerdings von A. Spitzin publizierten Grabfeldem bei Koschibejewo im Gouv.
Tambow und bei Borkowskoje und Kusminskoje im Gouv. Rjasan '*) sowie
dem durch F. A. Uwarows Untersuchung bekannten Felde von Kurman, eben-
falls im Gouv. Rjasan. *) Die Funde aus der Uralgegend, welche solche Schnal-
len geliefert haben, gehören demselben Kulturkreis an wie die centralrus-
sischen. *) In Nordeuropa ist die Form des Domes mit schai'f abfallendem Ende
selten, ") weswegen ich das finnländische Exemplar für Importware aus süd-
licheren Gegenden halten möchte. Der schlichte, nach dem Ende zu sich ver-
jüngende Halter entspricht dem dreieckigen Halter vieler Schnallen aus der
Völkerwanderungszeit (vei^l. Salin, S. 114). Durch die aus demselben Grab-
hügel stammende Fibel 4 h, welche oben in das Ende des 5. Jahrhunderts
gesetzt worden ist, wird unsere Schnalle zeitlich bestimmt.
Von der schlichten Eisenschnalle 615 mit zweigliedrigem Bügel ist nur
zu sagen, dass sie einem Typus angehört, der in den Funden der zweiten Hälfte
der römischen Eisenzeit (C — D), in welche unser Exemplar gehört, sehr zahl-
reich vertreten und weit verbreitet ist, aber auch in der jüngeren Eisenzeit fortlebt.
Eine etwas originellere Form hat 6 13. Der von kurzen, geraden Ansätzen
beiderseits stark nach aussen geschweifte Bügel ist charakteristisch für eine
Anzahl Schnallen aus den grossen nordischen Mooriunden und gleichzeitigen
Grabfunden. ^
1) Grftfin Uwarow, Mampukty no iHtieMorii Kuuw, VItl, Moskau, 1900, Taf. CHI 10, LXXXl is.
») A. Spitzin, Taf. X », XI 10, 17, XH », XX la, i«.
') F. A. Uwarow, K^pHaHntia HorijkUKi. jlperaocra, Tpyxu Hub. MocioMuro Apiea.iomecKaro
Ot^Mm 14, Mosluu 1890, Taf. V, IX, X, XI.
*) Photographiesammlung der K. Archäologischen Kommission in St. Petersburg, Nr. 589
(Gouv. Perm), 2694—2698 (Gouv. Perm, W. Borisows Au.sgrabungen 1900), Mnwpiaju no apieo-iorii
■oeio<iBun rjCepHil, nn. H. Hof kobfeihi Api<Munrr(wi»H-b OflqecTBOHi, III, Moskau 1899, S. 28/29, Taf. 3.
6) Museum Stockholm 1894, Säfstaholm in Södermanland ; Vedel, Fig. 269.
«) Vimose 12i4; Nydam IXw, 59 (stark ausgebildet); Rygh 320; Vedel Fig. 270. Vergl,
auch Flg. 116 von Daumen in Ostpreussen.
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194 5CIIMALLXN.
Die Schnallen mit festem Bügel, bereits in der jtlngeren römischen
Periode recht zahlreich, sind besonders charakteristisch für die Völkerwande-
rungszeit. In der darauf folgenden Periode, der Wikingerzeit, werden sie wieder
sehr selten. Von den ausserordentlich mannigfaltigen Variationen, in welchen
diese Schnallen auftreten, repräsentieren die finnländischen Exemplare mehrere
interessante Typen.
Was zunächst die Schnalle 6 20 mit dem tierkopfförmigen Halter betrifft,
so hat sie einen echt skandinavischen Charakter. Derartige Tierkopfschnallen
kommen nämlich sonst nur in Skandinavien vor und haben sich dort augen-
scheinlich aus Schnallen mit „dreieckigem" Halter von Typen, wie sie uns
besonders aus den nordischen Moorfunden bekannt sind, ') entwickelt. Anstatt
der runden Scheibe, welche bei den jüngeren Exemplaren (bei den Schnallen
von Vimose noch nicht) den Abschluss des Halters bildet, ist bei jenen der
von oben gesehene Tierkopf getreten, dieses beliebte Omamentmotiv, das
gleichzeitig an Fibeln, Armringen, Schwertknäufen und Zaumbeschlägen eine
so reichliche Anwendung gefunden hat. Die Zusammenstellung der Schnallen
von Porskaer und Nydam in S. Müllers Atlas (Jernalderen) Fig. 394 und 395
erläutert in anschaulicher Weise die nahe Verwandtschaft der beiden Schnallen-
formen. Bei der Schnalle von Nydam ist die Schnauze des Tierkopfes behufs
Anbringung eines Stiftes durchbohrt. An späteren Schnallen erscheint vor
der Schnauze oder an ihrer Stelle wieder eine kleine runde Scheibe mit Stift.
Auf diesem letzteren Stadium befindet sich unsere finnländische Schnalle,
welche einen jüngeren Eindruck wie die Nydamer macht. Die ganze Gruppe
der Tierkopfschnallen gehört, was schon aus den Formen der Tierköpfe her-
voi^eht, in das 4. — 5. Jahrhundert. ")
Ein seltenes Stück haben wir in der bronzenen Schnalle 610 mit halb-
kreisförmigem Halter und gezacktem, in der Mitte etwas einwärts gez(^enera
Bügel vor uns. Aus Skandinavien kenne ich nur eine Schnalle, die ihm in
der Form des Bügels sehr nahe kommt, nämlich ein Exemplar ohne Halter
aus einem Grabe bei Baunegaard auf Bomholm, Vedel, S. 123, Fig. 269. Ein
anderes, wahrscheinlich aus dem Ostbalticum eingeführtes Stück mit gezacktem
") Viinose 12a; Thorsbjerg 11«, m; Kragehul Iis; Müller 394 (Porskarj.
*) Der Nydamer Moorfund ist in das 4, Jahrh. zu setzen (vergl. Montelius, Kronologi
S, 268 f,); eine Tiefkopf schnalle ist bei Hablingbo auf Gotland mit einer Fibel mit Nadel-
scheide vom Typus Montelius 314 (ca 400 n. Chr.) gefunden (Museum Stockholm 8603).
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oder gewelltem Bügel, einem Dorn mit langem Kreuzteil und einem fragmen-
tarischen, emailverzierten Halter, das im Ksp. Gnarp in Helsingland gefunden
ist, findet sich im Ant. Tidskr. II, S. 281, Fig. 9 abgebildet.
Aus litauischen und ostpreussischen Funden der Perioden D und E habe
ich mir ein paar Schnallen mit gewelltem oder gerieftem Bügel notiert; ') sonst
ist diese Bügelform, so weit ich in der mir zugänglichen Literatur das ein-
schlägige Material habe überblicken können, einer grösseren Anzahl wes^ei-
manischer Schnallen des 6. und 7. Jahrhunderts eigen, *) im übrigen germa-
nischem Gebiet aber selten. Auch der halbkreisförmige Halter unserer Schnalle
hat eine ungewöhnliche Form: die Urafassungsscheiben der drei (oder vier?)
Stifte, mit denen der Halter an den Riemen befestigt war, liegen nämlich nicht,
wie es bei der grossen Mehrzahl der Schnallen mit rundem Halter der Fall
ist, innerhalb der Kreislinie, sondern springen aus ihr hervor. Es ist dies ein
alterer Zug, der sich an solchen Schnallen wie Salin Fig. 293 (Krim) und 295
(Normandie), Lindenschmit, Handbuch Fig. 359 (Bayern), Formen des 4. — 5.
Jahrhunderts, nachweisen lässt. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die Schnalle
6 16 den ostbaltischen Formen der Periode E, an welchen eine südgermanische
Beeinflussung erkennbar ist (vergl. Salin, S. 81), zuzähle.*)
Zu den Schnallen 6n und 6i9 von Lillkyro und Tenala, welche beide
einen dachförmigen Halter und einen ovalen, steil abfallenden und dünnen
Bügel, der mit der schmalen unteren Kante auf dem Leder aufliegt, besitzen,
ist mir zur Zeit kein ganz entsprechendes Seitenstück bekannt. Am nächsten
kommt ihnen eine Schnalle von Grötlingbo auf Gotland (Museum Stockholm
9866), ebenfalls mit festem Bügel von demselben Durchschnitt wie der unserer
•) F. W. Pokrowski, Ki HWMiAnwHin taccela» Bijii n «pieujnrH'cecitoin, oTHomeiiii. TpjAu
10-FO apieojoriwcinrn ci**» n Pyrt 1896, I, S. 81/82. PI. 1 1 (aus einem Grabhügel bei Sas-
wiri, Kreis Swenzjani, Gouv. Wilna); A. Spilzin, HjwjüojiarapMue AHTuuriie sypraHu VIII— IX ■.
Swiicu H, Pjrec ApxMior. OA«. VUI, S. 105, Fig. 9, 11; PrusKia 19, Taf. IXib (Daumen).
*) Beispiele: H. Baudot, Memoire sur les sSpultures des barbares de l'^poque mtro-
vingienne dtcouvertes en Boui^ogne, et particulitrement ä Chamay Taf. X4; J. de Baye,
Le cimciifire wisigothique d'Herpes, Charente, AngoulCme 1892, Taf. Via, 27; Barrifere-Flavy,
Arts industriels Taf. 37 s, 38», 44 8, 46 1 s, o, «, 47», u, 48 j, 8, 50i, b, s; J. Y. Akerman, Remains
of pagan Saxondom Taf. 39 1.
8) Ostbaltisch beeinflussl ist auch die Schnalle vom Gräberfeld bei Borkowskoje, Spitzin
XIV 1», an welcher wir einen Dom mit Kreuzteil und einen ellipsenförmigen Halter mit vor-
springenden Nietscheiben bemerken.
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Exemplare, aber mit einem platten Halter. Einen ähnlichen dünnen und steilen
Bügel besitzen einige Schnallen des Gräberfeldes von Daumen in Ostpreussen,
der hauptsächlich aus dem 6. Jahrhundert stammt. Die Halter dieser Schnallen
haben aber ganz andere Formen (Prussia 19 Vn, Vl2,DI.i8). — Was die Zeit-
stellung unserer, ohne Zweifel in Finnland verfertigten, Schnallen betrifft, so
wird die von Lillkyro durch die Fibel 62 datiert und somit dem Ende des
5. Jahrhunderts zugewiesen. Dasselbe Alter dürfte das Exemplar von Tenala
haben, welches mit den Messern 13 7 und einer Lanzenspitze vom Typus 31 a
gefunden ist. — Das Schnallenfragment Fig. 93 aus Fund 62 (Lillkyro — Tervajoki)
rührt von einer Schnalle mit festem Bügel her, welche jedenfalls zum Typus
61» gehört
An der kleinen Schnalle 61H fällt uns am Dom oberhalb der Ose das
viereckige Querstück auf, nach Tischlers Vorgang wollen wir es den Kreuz-
teil nennen. An den nordeuropäischen Schnallen bildet sich der Kreuzteil
schon in der römischen Eisenzeit oder den Perioden B und C aus. Wir sehen
ihn z. B, an den Schnallen Vimose 12 8, ao (noch ganz kurz); Thorsbjerg
11», 64-ffi; Nydam IX es; einem Ex. von Kälder, Ksp. Linde, Gotland, Mon-
telius festskrift, S. 91 , Fig. 2; Tischler, Altertümer X 10, n (B, ganz kurz) ; Berliner
Album I Taf. 12 im, boo f. Unter den jüngeren nordischen Schnallen sind es haupt-
sächlich die ostbaitischen (aus den Perioden D und E), welche mit dem Kreuzteil
ausgestattet sind, während die skandinavischen seiner im allgemeinen enthehren
(vergl. u. a. die Schnallen von Daumen, Prussia 19). Der ovale, steil abfallende,
dünne Bügel hat dieselbe Form wie der der Schnallen 6]? und 6]9.
SCHUESSEN, BESCHLAQE UND BIEHENZUNOEN.
Agraffen und Beschläge zur Verzierung von Gürteln und Riemenzeug
spielen in den nordeuropäischen Funden der römischen Eisenzeit und der
Völkerwanderungszeit eine grosse Rolle. Sie fehlen auch nicht in unserem
Inventar, doch ist das, was die finnländischen Funde an Zierbeschlägen aufzu-
weisen haben, im Vei^Ieich mit dem skandinavischen und ostbaltischen Material
recht unbedeutend.
Agraffen oder Schliessen liegen nur aus den Grabhügeln von Perkiö im
Ksp. Lillkyro, Fund 59 (3 Ex.) und 61 (1 Ex.) vor, Sie bestehen aus zwei
länglichen Platten, von denen die eine mit einem breiten Haken in die Öse
der anderen eingreift. Die Schliessen aus Fund 59, alle aus Eisen und vom
Typus 7 1, sind mit bronzenen Stiften an das Leder oder das Zeug des Gürtels
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SCHLIES5EN, BESCHLAGE. 197
oder, wie ein gotländischer Fund ') zeigt, von gamaschenartigen Bekleidungs-
stücken befestigt gewesen. Von dem silbernen Exemplar aus Fund 61, das ohne
Zweifel eine ganz ähnliche Form gehabt hat wie die anderen finnländischen
Schliessen, ist nur ein kleines Bruchstück mit zwei Silberstiften erhalten. Die
Schliessen dieser Art sind als echt skandinavische Formen aus der Zeit vom
ca. 4. bis 6. Jahrhundert zu bezeichnen. Besonders häufig treten sie in nor-
wegischen Funden aus dem Anfang der' Völkerwanderungszeit (Montelius 6.
Periode) auf. ^ Ausserhalb Norwegens kommen sie in dieser Zeit hauptsächlich
in den Gegenden vor, welche, wie Norrland und die westlichen Grenzlandschaften
Schwedens, mit Norwegen in reger Verbindung standen. *)
In Südskandinavien sind sie selten. *)
Die vier ursprünglich mit einem Stiel versehenen, hutför-
migen Knöpfe 7 » aus Fund 59 haben möglicherweise zu solchen
Schliessen gehört. Sie gleichen wenigstens in hohem Masse
den in norwegischen Funden häufigen gestielten Knöpfen
vom Typus Rygh 269, welche als Agraffenknöpfe aufzufassen
sind. Da unsere Exemplare aber grösser sind vie die nor-
wegischen, so ist diese Erklärung jedenfalls unsicher. Sie
können auch als Zierknöpfe auf dem Gürtel oder anderem
Riemenzeug, z. B. Zaumzeug, gesessen haben. Alle vier sind '^'S- ^™- Schliesse.
. , . r..; . . ^ . ., Br.ä/(. Ostby.Smaa-
auf der vertieften oberen Scheibe mit im Guss hergestellten lencnc, Norwegen,
Reliefomamenten verziert: auf einer, der kleinsten, sehen
wir eine Triskeie mit spiralförmig aufgerollten Armen, auf den drei andern ist eine
stilisierte unvollständige Tierfigur in der skandinavischen Stilart, welche Salin in
seinem grossen Werke als Stil I bezeichnet hat, dargestellt. Die Triskeie lässt
sich den Hakenkreuzomamenten, welche auf einigen skandinavischen Fibeln und
anderen Gegenständen des 5. Jahrhunderts zu sehen sind, zur Seite stellen (Salin
') In eiaem von Prof. G. Gustafsson 1879 untersuchtem Grabe bei Norra Vallstenarum,
Ksp. Vallslcna, Godand, lagen längs den Unterschenkeln des Skeletts mehrere Paare solcher
Schliessen. Dieselben mOssen demnach an einer Art Gamaschen gesessen haben. Zu diesem
Funde geh&rt unter anderem eine Schnalle, ähnlich Thorsbjerg 11 «i. Museum Stockholm
6595: 17.
*) Rygh, Text zu Fig. 268; Montelius, Kronologi, Fig. 222 und S, 333 f.
') Montelius, Helsingland, S. 16 und Fig. 44; G, Adlerz, Arkeologi.ska undersökningar i
Medelpad, Mänadsblad 1900, S. 4 c und 18 b; B. Salin, Fynd frän Hult i Äminskogs sn., Dal,
Mänadsblad 1892, S. 90 f.
*) Vedel, Bomholm, S. 167-168, Fig. 352; S. Müller, Text zu Fig. 508; Kragehul IV la.
)y Google
Fig. 116—119, 391—394 und S. 163 f.). Diese Ornamente sind aus spiral-
förmigen Haken zusammengesetzt, die Salin als Akanthushaken bezeichnet, da
sie sich aus dem römischen Akanthusrankenornament entwickelt haben. Die
Tierfigur besteht aus dem Kopf mit halbkreisförmiger hinterer Augenumrandung
und stark gekrümmtem Schnabel; der Rumpf oder Hals ist durch zwei pa-
rallele Konturlinien bezeichnet; an denselben schliesst sich ein keilförmiger
Schenkeiansatz an, von welchem ein knieförmig gebogenes Bein (oder Fuss)
ausgeht Die Ornamentik im Stil I gehört der Zeit vom Ende des 5. Jahr-
hunderts bis 600 an.
Scheibenförmige Riemenbeschläge besitzen wir aus den Funden 2 (Te-
nala-Bonäs, 2 Ex. 7 ä| und 29 (Kunio -Köönikänmäki, 2 Ex.7sund7*). Die
Beschläge aus Fund 2 werden einen Gürtel geziert haben. Sie erinnern, wenn
auch schwach, an Gürtelbeschläge aus nordischen Moorfunden, deren vor-
springende ösenreihen dem gezähnten Rande längs der einen Langseite der
finnländischen Exemplare entsprechen, ') und lassen sich auch mit ostbaltischen
Beschlägen wie Prussia 19 Taf. Villa vergleichen. — Das unscheinbare eiserne
Stück 7 s aus Fund 29 (Kümo— Köönikänmäki) gehört einer durchbrochenen
Zierscheibe von einem Typus an, welcher in prächtigeren und grösseren
Exemplaren in skandinavischen und ostpreussischen Funden der römischen
Kaiserzeit vorkommt. =*) - Solche durch Stifte verbundene Doppelbeschläge wie
7 * aus Fund 29 werden ebenfalls auf Riemen befestigt gewesen und, besonders
die grösseren Exemplare, zur Verbindung von Riementeilen benutzt worden sein.
Sie sind in den norddeutschen Funden der römischen Eisenzeit recht zahlreich ^)
') Vimose 12 », is, i», Thorsberg 1 1 S7, m.
*) Solche grosse Beschlagscheiben fanden sich z. B. im Moor Trinnemosse in JüllaiHl,
(Museum Kopenhagen) und im Giftberfeld von Dotketm in Oslpreussen, Tischler Altertflmer
Taf. IX. — Kleinere Beschläge dieser Art, welche dem finnlflndischen Exemplar näher ent-
sprechen, habe ich im Museum Stockholm aus dem Gräberfeld von Havor, Kirchspiet Hab-
lingbo, Gotland, notiert. Zwei BrandgrSbcr dieses Friedhofes enihielten je eine solche durch-
brochene Scheibe aus Bronze und kreuzförmige Fibeln mit Fussscheibe vom Typus der
Figur 128. Museum Stockholm 7582: 26 und 8064: 142.
3) Einige Beispiele: Hostmann, Darzau, S. 78; Voss-Stimming, Abth. V. Taf. 4iod, 11 «i c,
14 40 t; Baltische Studien 39 Taf. XVI a (Selchow in Pommern); Z. f. E. 12, 1880, Verh. Taf. IV w
(Neustädter Feld in Westpreus.sen); nach Dr. Almgrens mir freundlichst mitgeteilten Auf-
zeichnungen kommen solche Beschläge unter anderem vor in den Gräberfeldern der römischen
Kaiserzeit bei Camin (Urne Nr. 2), Körchow (Grab 42) und Häven (Grab 5) in Mecklenburg,
Rebenstorf in Hannover, Siegda in Schlesien; vergl. auch Pamätky archaeologicke a misto-
pisne, 1892, Bd. XV, Heft 10, Tat. XLio (Trebitsch in Böhmen).
Digilized hy
Google
RIEUEKZUNGEN. 199
und kommen gleichzeitig in Skandinavien ') vor, wo sie, wie auch in Finnland,
noch während der Wikingerzeit in Gebrauch sind. ') Beschläge mit so langen
Stiften wie Fig. 49 aus Fund 22 (Nykyrko— Pärkkö) dürften dagegen für den
oben genannten Zweck weniger brauchbar gewesen sein, weshalb anzunehmen
ist, dass sie zum Metallbeschlag eines Bootes, Wagens oder eines andern aus
Holz gebauten Gegenstandes gehört haben.
S. g. Riemenzungen oder Beschläge, welche als blinkende Zierde an
die Enden von Riemen befestigt wurden, sind in drei unserer Funde enthalten,
nämlich in Fund I (Tenala— Bonäs, 1 Ex. J,s), Fund 6 (Bjemo— Lupaja, 2 Ex. 7 7)
und Fund 59 (Lillkyro— Perkiö, 1 Ex. 7»).
Die aus den beiden zuerst genannten Funden stammenden Stücke reprä-
sentieren zwei einander sehr nahe stehende Typen dieser Art Beschläge, welche
in den Funden der Ostseeländer aus der römischen Eisenzeit und der Völker-
wanderungsperiode so zahlreich sind. Stabförmig und am unteren Ende
schwach profiliert wie unser Exemplar 7 7 oder einfach spitz abschliessend,
kommen sie in skandinavischen Gräbern des 4. und 5. Jahrhunderts öfters
vor; ^) diese Form ist von der stärker profilierten Riemenzunge der älteren
römischen Periode *) abgeleitet. Fig. 7 h ist platter und hat fazettierte Kanten,
das untere Ende, entweder in einen Knopf auslaufend wie bei dem ostbaltischen
Exemplar Riga Kat. 9 n oder gerade abschliessend wie bei einer der unsrigen
sehr ähnlichen Riemenzunge aus Medelpad {gefunden mit einer kreuzförmigen
Fibel des 5. Jahrhunderts, Museum Stockholm 10940, Mänadsblad 1900, S. 29 f.),
ist leider abgebrochen. Die im Verhältnis zur Länge breite Form der Riemen-
zunge wie 7» ist in Skandinavien seltener wie die länglichen und schmalen
Typen; in ostpreussischen und auch in südgermanischen Funden der Volker-
wanderungszeit sind breite Riemenzungen häufig. ^) Unserer Exemplar hat ohne
Zweifel zu der oben besprochenen, in demselben Grabhügel gefundenen Schnalle
6 16 gehört.
'1 Solche Beschläge habe ich notiert: Museum Kopenhagen N:o 8117 (Janum, K.sp.
Svenstrup, JOtland); Vedel Fig. 203; Museum Stockholm 8881 (Södra Qvinneby, Öland),
6595: 17 (Norra Vallstenarum, Gortand), 6648: 18 (Tflngtings, Gotland).
*) Vei^l. Rygh 578.
S) Vcrgl. Montelius 301 ; Müller 400, 401 ; Vedel Fig. 284 u. S. 129.
*) Montelius 302; Möller 110.
*) Tischler, Allertünier XI; Lindensi-hmii, Handbuch Taf. VIII; der*,, Centralmuseum
XI, XI a, Salin, S. 119, 120.
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Ob die beiden stark profilierten Bruchstücke vom Gräberfeld auf deni
Volksschulenhügel in Letala (Fund 25), von denen die eine in Fig. 7 lo abge-
bildet ist, als Teile von Riemenbeschlägen aufzufassen sind, ist unsicher; das
Loch, das an dem oberen Bruch von 7 lo zu sehen ist, könnte jedenfalls für
eine Niete bestimmt gewesen sein. Ein ganz ähnlicher Gegenstand, aber auch
das obere Ende entbehrend, ist in einem Brandgrabe bei Havor, Kirchspiel
Hablingbo, Gotland, unter anderem mit einem X-förmigen Gürtelbeschlag wie
Montelius 333 (ca 4. Jahrh.) gefunden worden. ') Er wird im Katalog des
Stockholmer Museums als Endbeschlag eines Riemens bezeichnet. Sehr wahr-
scheinlich ist es, dass die beiden finnländischen Exemplare ursprünglich den-
selben knopfförmigen Abschluss gehabt haben wie der goüändische Beschlag, —
Andere Formen von Riemenzungen als die vier hier beschriebenen haben
unsere älteren Funde nicht aufzuweisen, was in Anbetracht der grossen Mannig-
faltigkeit der gleichzeitigen skandinavischen und ostpreussischen Typen dieser
Beschläge als ein Zeichen von Armut erscheinen muss.
PERLEN. HANQEZIERDEN.
Die Perlen und bronzenen Hangezierden, welche in einigen Gräbern ge-
funden sind, gehören ohne Zweifel zu den Schmuckgegenständen der Weiber.
Dass die Perlen, auf Schnüre gereiht, um den Hals, auf dem Kopf oder am
Arm getragen wurden und die Kettengehänge zur Ausschmückung der Brust
dienten, liegt wohl in. der Natur der Sache. Wie die anderen Hängezierden
benutzt, wo sie befestigt und in welcher Zusammensetzung sie getragen wurden,
ist d^egen nicht immer leicht zu entscheiden.
Perlen besitzen wir aus den Funden 3, 4, 6 und 7 (Bjerno — Lupaja),
26 (Lappi— Wahala), 29 und 30 (Kümo -Köönikänmäki), 41 (Tyrvis— Kaukola),
56 (Malaks — Storsjölandet). Ausserdem haben zu den Funden 63 (Lillkyro^
Tervajoki) und 83 (Vörä— L%peldkangas) ursprünglich Perlen gehört, welche
nicht ans Museum gelangt und verschollen sind. Ihre geringe Zahl deutet darauf,
dass sie vor dem 6. Jahrhundert in Finnland nicht besonders verbreitet gewesen
sind, wie sie auch in Skandinavien, obgleich bereits in der Bronzezeil bekannt, erst
1) Museum Stockholm 7582: 22. — Der von Montelius abgebildete Gürtelbeschlag gehört
zu dem von Salin veröffentlichten interessanten Funde von Tibble, Kirchspiel Litslena, Upp-
land, der etwa an das Ende des 4. Jahrhunderts gehört, (Salin, Ett jemAldersfynd frfin Upp-
land, Mfinadsblad 1696),
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von der jüngeren römischen Periode an, demnacli allerdings etwas früher wie
hier, allgemeiner wurden. ')
Die Perlen aus den oben genannten Funden sind teils aus durchsichtigem
oder undurchsichtigem Glas, teils aus Bernstein gefertigt. Die durchsichtigen
Glasperlen sind von blauer oder grüner Farbe und gewöhnlich kuglig, wirtel-
förmig oder cylindrisch geformt. Einige wirteiförmige Perlen sind um die Mitte
mit einem aufgeschmolzenen, wellenförmig gezogenen gelben Emailband verziert
(76 h, j). Tischler nennt in seiner Besprechung der Funde aus den ostpreus-
sischen Gräberfeldern solche Exemplare gebänderte Perlen.") Eine kleine
gezackte blaue Perle aus Fund 29 scheint eine Blume imitieren zu sollen. Die
Steinsetzungen von Bjemo haben uns kleine goldig glänzende, s. g. öber-
fangene Perlen (7«a— c) geliefert. Nach Tischler bestehen die überfangenen
Perlen aus zwei hellen durchsichtigen Glasschichten, zwischen denen ein Gold-
blättchen liegt. Was speziell die dreifachen und doppelten Exemplare dieser
Art betrifft, zu welchen letzteren unsere Perlen gerechnet werden müssen, da
die meisten von ihnen ursprünglich ohne Zweifel zusammenhängend gewesen
sind, so sind sie in der Weise beigestellt worden, „dass eine Glaseöhre
mit Goldblättchen belegt, dann noch einmal mit Glas überfangen, eingeschnürt
oder ganz zerschnitten und abgerundet wurde.' ^) — Die opake weisse Perle
7«e aus Fund 4 (Bjemo— Lupaja) und die gelbe aus Fund 30 (Kumo-Köönikän-
mäki) bestehen aus undurchsichtigem Glas, das wir mit Tischler Email nennen
wollen. Aus einem ähnlichen Material scheint die grosse weisse Perle aus
Fund 26 (Lappi— Wahala) gebildet zu sein. Eine stark zerschmolzene Perle
mit Millefiorieinlage*) stammt aus Fund 29 (Kümo— Köönikänmäki). — Die
wenigen Bemsteinperlen (7« f, k, 1) sind wirteiförmig, cylindrisch oder po-
lyfidrisch und durchweg ziemlich nachlässig gearbeitet. 8-förmige Perlen von
Bernstein, wie sie in skandinavischen und besonders in norddeutschen Grä-
bern der jüngeren römischen Periode oft vorkommen, ^) sind bei uns noch
i) Müller, S. 28.
«) Tischler Graberfelder, S. 2-tO.
') Ebenda, S. 239.
*) Ebenda, S. 240.
5) Vergl, Mänadsblad 1888, S, 187 f, Fig. 99; Müller, Text zu Fig. 226, 227 und Vor Oldtid
S. 528/9, Müllers Vermutung, dass jene Perlen Nachbildungen von entsprechenden goldenen
Berlocken sind, ist sehr glaubwürdig; Beliz Fig. 223; Schumann, Cultur Fommerns Taf. 4 7», 7*;
Götze, Neumark, S. 46; Prussia »6 Taf. I; Tischler, GiUbertelder Taf. ¥«4», wo auf
S. 235/6 näheres aber ihre Verbreitung.
26
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202 KETTENGEHÄNGE.
nicht gefunden. Ebenso fehlen die in den Ostseeprovinzen häufigen Bronze-
perlen. ')
Nach Finnland können die Perlen, die mit Ausnahme der Berastein-
perlen wohl in Südeuropa verfertigt sind, sowohl über Skandinavien wie
über die ostbaltischen Länder eingeführt sein, da mit den unsrigen ganz
identische Formen in allen Ostseeländem in gleichzeitigen Funden vor-
kommen.
Die bronzenen Kettenfragmente aus den Funden 4, 6 und 7 (Bjemo —
Lupaja), 24 (Letala) und 61 (Lillkyro — Perkiö) und die eisernen aus den Fun-
den 22 (Nykyrko— Pärkkö) und 32 (Kümo— Köönikänmäki), können, so wenig
von ihnen auch in den einzelnen Gräbern erhalten ist, wohl am ehesten als
Reste von Brustkettenschmuck gedeutet werden Die Glieder der meisten
dieser Ketten bestehen aus kleinen offenen Ringen mit dreieckigem oder rundem
Durchschnitt (7 12 und 7 u), bei der Kette 7 u sind die Ringe breit und ge-
rieft. Aus Spiralringen zusammengesetzt ist nur die Kette 7 ist aus Fund 29
(Kümo— -Köönikänmäki).
Über die Anordnung der Kettengehänge geben unsere eigenen Funde nur
dürftige Andeutungen, aus welchen wir ersehen können, dass sie an Fibeln,
Nadeln und besondere Kettenhalter befestigt wurden. So hängen an der
Sehne der eisernen Fibel von Pärkkö 'Zs zwei eiserne Ringe, zu welchen eine
kleine, an beiden Enden mit einer Öse versehene Stange als drittes Glied
kommt; einige weitere lose gefundene Ringe zeigen, dass diese Kette ursprüng-
lich länger gewesen ist. Dann besitzen wir das Bruchstück einer eisernen Ring-
nadel „mit Schneckenende", 5 10, aus Fund 4 bei Bjemo, an deren ringförmigem
Kopfe ein Glied einer bronzenen Kette hängt; auch hier lagen in der Nähe
weitere Kettenfragmente. Ebenso waren die ösennadeln 61,+, 6 mit Ketten
versehen (S. 185). Nadeln mit langen Ketten, an welchen Stangenglieder wie
an der Kette von Pärkkö vorkommen, sind aus kurländischen Funden bekannt,
Riga Kat. 26i. (Vei^j, auch die Stangenglieder am Halsring Fig. 154).
Für ein etwas reicheres Kettenwerk wie die direkt an Fibelsehnen und
Nadeln befestigten einfachen Ketten scheinen die beiden Kettenhalter 7 15 und
7 14 aus Fund 18 (Nousis — Palokylä) und 32 (Kümo — Köönikänmäki) bestimmt
zu sein. Wenigstens müssen sie das Aufhängen von mehreren Ketten gestattet
haben, wie denn auch solche Halter in älteren ostpreussischen und litauischen
1) Hausmann, Einleitung S. XVUI; Kiga Kat. 9i, il
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kettengehAnge.
Funden (Fig. 151)') sowie in späteisen-
zeitlichen Funden aus den Ostseepro-
vinzen und Finnland (Aspelin 1343,
2080—2062, Riga Kat. Taf. 11 u. 12j
Teile von einem die ganze Bimst be-
deckenden Kettenschmuck bilden.
So stattlich wie diese älteren li-
tauischen und späteren finnischen Ket-
tengehänge dürfen wir uns den Brust-
schmuck der finnländischen Frauen vor
und um das Jahr 500 n. Chr. doch kaum
vorstellen ; dazu sind die erhaltenen Reste
desselben wenigstens bisher zu gering.
Betrachten wir die beiden Kettenhalter
etwas genauer. Das Exemplar J u aus
Fund 32, welcher durch die Fibel m. u.
F. l8 zeitlich bestimmt wird (4. Jahrh),
ist fragmentarisch; doch lässt sich der
fehlende Teil leicht ergänzen. Das Ganze
muss ursprünglich die Form eines W
mit aufgerollten Enden gehabt haben.
Genau solche schlangenartig gewun-
dene, noch unversehrte Kettenhalter und
Hängezierden kommen nämlich auch in
den späteren finnländischen Funden vor,
wie das aus der Wikii^erzeit stammende
Gehänge aus Eura, Aspelin 1343, be-
weist '0- Beachtenswert ist es, dass bei
I) Fig. 151, Aspelin 1897, gehört in die
jOngere römische Eisenzeit; vergl. auch die
beiden anderen von Aspelin abgebildeten li-
tauischen Gehänge, Fig. 1891, 1894, von denen
eines durch die Sprossenfibel 1896 datiert wird,
sowie das Kettenwerk von Sohemen in Osi-
preussen, Prussia 17 Taf. XIV.
*) Auch in den ostbaltischen lindern sind pig. 151. Bruslkettenschmuck. Br.
Ketlcnhaller und Anhingsei von dieser Fonn Plotele, Gouv. Kowno.
, Google
204 ANHÄNGSEL.
7 14 Halter und Kette aus Eisen sind. Sollte das in demselben Grab gefundene
Messer 13 a an dem Kettenhalter gehangen haben? — Was den Halter 7 15
anbetrifft, so ist er ohne Zweifel aus Ostpreussen eingeführt und nicht finn-
ländischer Herkunft Mit diesem ganz identische Stücke sind meines Wissens
nur aus ostpreussiscfien Funden bekannt. Bei Daumen sind zwei solche Ketten-
halter (Prussia 19 Taf. IV a) nebst zwei Fibeln mit viereckigem Kopfstück, welche
in das 6. Jahrhundert gehören (vergl. S. 148), gefunden. Unverkennbar ist die
Verwandtschaft dieser Halterform einerseits mit älteren Haltern wie Prussia 17
Taf. XIV von Schemen, Aspelin 1891, 1894, 1897 (Fig. 151 hier) aus Litauen,
anderseits mit jüngeren Formen sowohl aus den Ostseeprovinzen wie auch aus
dem Innern Russiands wie Aspelin 1968, 2053, 2055, 2080 etc. (aus den Ost-
seeprovinzen), 706, 707, 714, 715, 993, 994 (aus Russland).
Es erübrigt uns noch einen Blick auf die paar ärmlichen metallenen An-
hängsel zu werfen, welche unsere Funde geliefert haben. Mit vollem Recht
und ohne Bedenken können wir freilich nur die Brillenspirale 7 n aus Fund 4
{Bjemo — Lupaja) und die halbmondförmige Berlocke 7 16 aus Fund 30 (Kümo —
Köönikänmäki) der Zeit vor 500 zuweisen. Die Datierung des schellenförmigen
Anhängsels 7 is und der durchbrochenen Zierscheibe 81 aus den Grabhügeln
im Ksp. Esse (Fund 86 und 85) bietet d^egen grössere
Schwierigkeiten.
Diese beiden Schmuckstücke und die übrigen Ge-
genstände aus den Funden von Esse machen, sei es
durch ihre Form, sei es durch die Farbe ihrer Patina,
neben den anderen österbottnischen Funden einen durchaus
fremdartigen Eindruck. In der Tat kann es keinem Zweifel
unterliegen, dass sowohl die beiden Berlocken wie auch
das Armband 10 1« und wahrscheinlich auch die übrigen
Gegenstände, die in ihren Formen weniger charakteris-
tisch sind aber offenbar aus einer anderen Metalllegierung
wie die der finnländischen Altsachen bestehen, aus dem
Fig. 162. Schellen- mittleren oder östlichen Russland hierher gebracht worden
''^Sobauchewa''' ^'"'^- Scheilenförmige Anhängsel haben seit der frühesten
Gouv. Perm. Eisenzeit zu den beliebtesten Schmuckstücken der ehemals
nicht selten. — Ganz ähnliche ach langen artige Gegensiände kommen schon in der jQngeren
Bronzezeil vor. Vergl. Nauc, Die Bronzezeit in Oberbayem, München 1B94, S. 131 und
Taf. XXII 16.
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ANHÄNGSEL. 205
im heutigen Central- und Ostrussland lebenden Stämme gehört. Wir sehen
sie bereits unter den Alterttlmern aus den (S. 10 — 12 erwähnten) Grabfeldem
von Ananjino und Sujewskoje im Gouv. Wjatka und seitdem in unzähligen
Exemplaren von mannigfach wechselnden Formen in den eisenzeitlichen Fun-
den Russlands auftreten. Ein Exemplar, das dem unsrigen in der Form sehr
nahe kommt, geben wir hier in einer A. Spitzins Atlas der Sammlungen
Teplouchows ') entnommenen Abbildung wieder. Dasselbe ist im Flus^ebiet
der Kama gefunden und wird von Spitzin in das 8.-9. Jahrhundert gesetzt.
AspeUn weist unser Exemplar der älteren Eisenzeit, also der Zeit vor 700, zu.
Weder er noch Spitzin geben einen Grund für ihre Datierung an. Da ich zur-
zeit keinen daderbaren geschlossenen Fund, in welchem eine Schellenberlocke
unserer Form auftritt, kenne, so muss ich die Frage, wer von den beiden Forschem
Recht hat, offen lassen. Angesichts der von mir oft beobachteten Neigung
Spitzins die Entstehungszeit der russischen Altertümer zu niedrig
anzugeben halte ich es aber für möglich, dass auch speziell dieser
Typus der Schellenberlocke schon vor 500 in Gebrauch ge-
wesen ist. — Während der jüngeren Eisenzeit sind Schellen-
berlocken auch in Finnland in die Mode gekommen. Doch unter-
scheiden sich diese jüngeren Exemplare bestimmt von der unseres ^^^' ^^' "
Anhängsels. Br. »/». Ata-
Zu der originellen Berlocke 8i kenne ich gegenwärtig nur manowi bosti,
ein SeitenstQck. Dasselbe ist in einem, „die Gebeine des Het-
mans" (Atamanowi kosti) benannten Grabfeld bei Tscheremisski Malmisch an
der Wjatka gefunden ^ und hat, wie die nebenstehende, aus Spitzins Atlas
geliehene Figur zeigt, genau dieselbe Form wie unser Exemplar. Dass das
letztere aus der Uralgegend stammt und nicht umgekehrt die Berlocke von
Malmisch aus Finnland, geht ohne weiteres daraus hervor, dass diese ihrem
ganzen Habitus nach gut zu dem übrigen Inventar des genannten Grabfeldes
passt, während unser Stück hier sofort durch seine Fremdartigkeit auffällt.
Spitzin verlegt die Funde von Atamanowi kosti in das 7.-8. Jahrhundert.
Da dieselben aber mit den Altertümern aus dem von Spitzin in demselben
Werke beschriebenen Grabfeld von Koschibejewo (Gouv. Tambow) verwandt
sind und dieses hauptsächlich während der Perioden C— E benutzt gewesen
') A. Spiuin, JtpeBBOtnH KaMCRoH Hju no KojjeKniB Tfn.iojrinnutit, MaTcpJa.iu 26, St. Peters-
burg 1902, Taf. ms.
«J Spiuin, S. 8—9, Taf. V.
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206 ANHÄNGSEL.
ist, ') SO ist Spitzins Datierung zu niedrig. Unsere Berlocke wird meiner Schät-
zung nach spätestens in die Periode E gehören.
Wie die beiden soeben besprochenen Zierstücke aus weiter Feme nach
Finnland eingeführt sind, so haben wir auch in dem mit gestielter Öse verse-
henen bronzenen Halbmond 7i« kein einheimisches Erzeugnis vor uns.
Seine grosse Ähnlichkeit, man könnte sagen vollständige Identität, mit Lu-
nula-Anhängseln aus livländischen Gräberfeldern der Perioden C— D verrät
seine ostbaltische Herkunft. Besonders charakteristisch sind in dieser Hinsicht
die knopfförmigen Ansätze an den beiden Enden, welche Ansätze allerdings an
Fig 154. HalsrJDg mit Lunula- Anhängseln. Br. '/£. Postavy, Gouv. Wilna.
unserem Exemplar etwas platter sind als an den livländischen. Derartige Knollen
oder Knöpfe sind, wie bereits oben (S. 167 — 168) erwähnt ist, auch für andere
gleichzeitige Gegenstände aus den livländischen Funden eigentümlich. Von
hvländischen Steinreihenbrandgräbern, welche dergleichen Halbmonde geliefert
haben, seien hier das von Ayakar im Kirchspiel Ringen und das von Unni-
picht im Kirchspiel Nüggen genannt, beide durch Sprossenfibeln des 4. Jahr-
') Die Fibeln m. u. F. Spiizin Taf. IX t, 5 und die Berlocke VI 25 möchte ich der Periode
C (oder C-D), die Fibeln mit halbrundem Kopfstück VIU und IXk der Periode D zu-
weisen; die gros*.en Halsringe VII u— u entsprechen gewissen ostprcussischen Halsringen
aus D und E (Tischler, Altertümer XV 7- la).
)y Google
hunderts charakterisiert, ') Bei Ayakar fanden sich fünf Lunulae, welche
auf Eisendraht gereiht und durch bronzene Spiralen auseinander gehalten
waren, demnach zu einer Halskette gehört haben. In Fig. 154 ist ein im Gouv.
Wilna gefundener Haisring mit Pilzknopfenden und 6 Ösen am Ringe ab-
gebildet, an welchen 18 Halbmonde hängen. Ein ganz ähnlicher Halsring auch
mit aufgehängten Halbmonden stammt aus Kurland. *} Solche Halsringe mit
Pilzknopfenden sind ostbaltische Erzeugnisse der Periode C, — In derselben
Weise wie bei Ayakar, nämlich als Berlocke an einer Halskette und von
Spiralen eingefasst, findet sich ein halbmondförmiges Anhängsel in einem Grabe
bei Fürstenwalde in Ostpreussen (Tischler, Gräberfelder IV at), in welcher Land-
schaft dieses Schmuckstück auch sonst mehrere Male zum Vorschein gekommen
ist. ^ Unter den os^jreussischen Exemplaren ist ein bei Reussen im Kreis Anger-
bui^ gefundenes Stück {Prussia 16 Taf. U) besonders bemerkenswert, weil es
zu der höchst interessanten Gruppe emaillierter Schmuckgegenstände gehört,
welche am häufigsten im Gebiet des mittleren Dnjepr {Gouv. Kiew, Tscher-
nigow und Poltawa) sowie in Ostpreussen und Litauen {Gouv. Suwaiki, Kowno,
Wilna) gefunden sind und von diesen Hauptcentren aus sich nach den Ost-
seeprovinzen und Weissrussland {Gouv. Witebsk, Minsk), dem mittleren und
(in einigen Exemplaren) dem östlichen Russland, der Krim und dem Kaukasus
verbreitet haben. Diese Gruppe muss hauptsächlich der Periode C, zum Teil
aber auch B und D zugezählt werden. Halbmond-Anhängsel kommen unter
diesen emaillierten Gegenständen ausserordentlich häufig vor. *)
1) Riga Kat Nr. 373 und Taf. 9 s.
*) Riga Kat Taf. lös, Vcrgl. auch die eigemümliclie mit Email verzierte Ringfibel aus
dem Grabfeld von Reling! am See Kaninskoje im Gouv. Witebsk, abgebildet im Onen. u 1893,
S. 15 Fig. 10: der Reif dieser Fibel trägt eine Menge halbmondförmige Voraprünge mit
Knopfenden. — An einer prflchligen bronzenen Halskette mit einigen kreuzCArmigen und
kreisrunden emaillierten Gliedern aus der Sammlung des Grafen E. Tyszkiewicz und jetzt im
Museum zu Wilna hangen 2 grosse Halbmonde, an diesen wieder je 2 Brillenspiralen
F. Pokrowski, BueacriB HpeB ^tpeMocts, Wilna 1892, Taf. XIII, 2.
S) Z. B. im Grabe 4 bei Kampischkehmen mit Fibeln m. u. F., Tischler, Graberfelder
S. 243 u, 264; in einem Grabe bei Heydekrug. Prussia 14, S. 111, an welcher Stelle das halb-
mondförmige Anhängsel als Pferdeschmuek erklärt wird; bei Schemen, Prussia 17, Taf. XVI.
*) Über Funde solcher mit Email verzierter Schmuckstücke siehe u. a. Tijichler, Gräber-
felder. S. 210 (wo die Dreiecksfibel Taf. V i mit Unrecht als römisches Fabriicat bezeichnet
wird); Bujack, Die Bronzen mit Gla-sfluss im Prussia- Museum, Prussia 16, S. 189 f. ; Hausmann,
Grabfunde, S. 32; Riga Kat. 7*,«, 8n -17, n; F. W. Pokrowski, K'h HwjtjoFBHiK. KypraHOBT. h
ropowb m Bocionol oipalvk coBpcHsaBol Jlmau, Tpyw 9-rD spie<uora4eotaro eiAiffi n. BBJbBt,
dby Google
In Skandinavien scheinen die Lunula-Anhängsel weniger beliebt gewesen
zu sein. Die wenigen in Funden der jüngeren römischen Periode auftretenden
Exemplare ') gehören Typen an, welche wir aus Sudosteuropa, nämlich Ungarn
und Südrussland, ^) kennen {Müller 230, 268, Rygh 272). Es liegt daher wohl
am nächsten anzunehmen, dass der am Anfang der soeben genannten Periode
aus Südrussland kommende Kulturstrom auch diese Formen nach dem Norden
gebracht hat, obgleich die Möglichkeit nicht in Abrede gestellt werden soll,
dass das Halbmondmotiv schon vor dieser Zeit durch Erzeugnisse des römischen
Kunsthandwerkes aus weströmischen Provinzen in den nordischen Ländern
bekannt geworden ist. ^
Moskau 1893, II S. 169 f.; W. I. Sisow, JuwBo-ropownB «Jin. Hiwkbu, ebenda S. 256 f.; J. de
Bflje, Les bronses (maill^s de Mostchina, gouvemement de Kalouga (Russie), Paris 1891;
Tobtoj, Kondakow, S. Reinach, Les antiquites de ta Russie meridionsle 111, S. 464, 465. —
Eine Zusammensiellung aller bisher bekannt gewordenen Funde dieser Art hat neulich A.
Spilzin in seiner Abhandlung: Uftijtfi" ci. Dueuwran »«Uku in den itanHCEi or^tjeiiii pyccKol ■
cjaftjHCKDa apisMoriH n. PjwK. Apiwior. OttwecT» V, Sl Petersburg 19(M, S. 149 f. gegeben.
Spitzin unterscheidet, ohne nähere Gründe dafür anzugeben, unter den emaillierten Gegen-
standen kobantsche, sarmatische, römische, „ barbarische" und alanische Arbeiten und setzt die
letzteren in das 6.-8. Jahrhundert.
1) In einem Depotfund bei Brangstrup auf Fünen mehrere Ex. aus Gold, davon drei
mit getriebenen Figuren, u. a. mit römischen Goldmünzen des 3. und 4. Jahrhunderts, Aarb. 1866,
S. 327 f.; in einem Skelcttgrab bei Kvarmlöse auf Seeland 1 Ex. aus Gold u, a. mit einer
dünnen Silberfibel mit viereckigem Kopfstück (abgebildet bei Salin, Fig. 105), Aarb. 1892,
S. 307; Skelettgrab a bei Varpelev auf Seeland enthielt eine profilierte Nadel aus Silber und
Gold, an welcher drei Halbmonde hangen, ausserdem eine Hakenkreuzfibel u. a. Geg.,
Aarb. 1877, S. 366. — Jünger ist ein norwegischer Fund von Birkeland, Amt Nedenes, der
eine Silberkette mit angeh&ngten Halbmonden und u. a. drei kreuzförmige Fibeln vom Typus
Rysh 247 enthielt, Rygh, Text zu Fig. 148 und Fig. 272.
^) Bei Puszta-Bakod einige Ex. mit eingelegten Granaten an einer Halskette u. a. mit
Fibeln mit halbrundem Kopfstück und drei Knöpfen, Hampel I, Taf. I IV. Auf Taf. LXXV
desselben Werkes ist eine Lunula im Verein mit Fünf knöpf fibeln abgebildet. — Vergl. auch
die Lunulae im zweiten Funde von Sackrau, Grempler Der 11 und III Fund von Sackrau,
Breslau 1888, Taf. III«, lo- 17. — In Südrussland sehen wir die Lunulae schon in den Funden
der skythisch-sarmatischen Periode, vei^l, u. a. B. Khanenko, AptBHocn IIpmaiapiMM 111,
Kiew 1900, Taf. XL VI u. S. 3 (eine goldene Halskette mit Lunulae aus dem Kreise Romny,
Gouv. Poltawa); Photographiesammlung der K. Archäologischen Kommission in Si. Petersburg,
Nr. 1833, 1836 (Zaumzeugbeschläge, Lunulae etc., gefunden bei Bolschaja Bjeloserska, Kreis
Melitopol, Taurisches Gouv,),
S) In prov in zial römischen Funden der Kaiserzeit tritt der Halbmond in der Tat sehr oft
sowohl als Hftngezierde wie auch als Detail an Fibeln und anderen Gegenständen auf. Verg^.
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Zeitabwärts von der römischen Eisenzeit gerechnet, lässt sich das Halb-
mond-Anhängsel noch bis in die historische Zeit hinein als sehr beliebtes
Schmuckstück in den heidnischen Funden Osteuropas nachweisen ; im Westen
taucht es selten auf; ') einige Exemplare aus der Wikingerzeit, welche in
Schweden (Montelius 589) gefunden sind, dürften aus Russland eingeführt sein.
Was die kleine Brillenspirale 7i7 aus Fund 4 (Bjerno— Lupaja) an-
betrifft, so kann sie entweder als Haken oder als Hängezierde gedeutet werden.
Auf beiderlei Weise findet sie sich nämlich in den ungefähr gleichzeitigen
Funden der nordischen Länder verwendet. Spiralhaken mit dazu gehörigen
Gegenstücken sind — gewöhnlich aus Silber — mehrmals in Norwegen und
im westlichen Schweden mit Gegenständen der frühen Völkerwanderungszeit
gefunden worden (Rygh 270, 271; Mänadsblad 1892, S. 10). Anhängsel in
Form von Brillenspiralen sehen wir wieder im Ostbalticum, z. B. an dem Saume
der sehr interessanten mit Bronzeknöpfchen verzierten Haube aus dem Grab-
feld bei Schemen (Prussia 17 Taf. XllI u. S. 147/8) oder an einer Kette hängend
in dem Dobelsberger Depotfunde (Riga Kat. 3is, Aspelin 1862). Da unser
Exemplar ohne das dazu gehörige Gegenstück gefunden ist, so wird es kaum
als Hakenteil, sondern als Hängezierde gedient haben. An welcher Stelle der
Kleidung es befestigt gewesen, ob es an einer der Nadeln (5 1«) des Fundes 4
gehangen hat, lässt sich nicht mehr angeben.
In den finnländischen Gräbern der jüngeren Eisenzeit sind Brillenspiralen
öfters angetroffen worden, gewöhnlich als Teile des Brustkettenwerkes. Sehr
häufig sind sie auch im Ostbalticum und in Russland in Funden der Völker-
wandeningsperiode und der Wikingerzeit Nicht unerwähnt möge es bleiben,
unter vielen Beispielen Lindenschmit, Alterthümer II, Heft X, Taf. 4 und III, Hefi I, Taf. 4 1;
Lindenschmit. Ceniralmuseom XVIII u, XXVI»; Jacobi, Das Kastell Saalburg, Hamburg 1897,
Taf. LXVIIIi, 2, LXlXifi. ~ Zwischen diesen römischen Formen und den Halbmondanhängseln
aus bronzezeitlichen Pfahlbauten der Schweizer Seen scheint kein Zusammenhang durch
Zwischenfurmen zu bestehen. (Gross, Les prolohe Ivtles, Berlin 1883, Taf. XIV 8, e, XXUI u, ib,
n,M,M; G. et A. de Mortillet, Musee prChisiorique Taf. LXXXVI »w, sa&.
') Üer Schatzfund von Wieuwerd in Friesland, Holland, enthielt zwei goldene Exemplare,
andere Schmuctstücke und Goldmünzen des 6' und 7. Jahrhunderts, Bonner Jahrbücher
XLin, 1867, Taf. VI B, «; ein ähnliches Stück, das noch in die Völkerwanderung.szeil gehön, ist
auf Gotland gefunden, Museum Stockholm 3693; vergl. auch die degenerierten Anhängsel von
Kellaren in Ostpreussen, die mit zwei Fflnfknopffibeln (6. Jh.) gefunden sind, Prussia 21,
S. 171, Fig. 6,
27
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dass die Brillenspirale im vielen europäischen Ländern schon während der
Bronzezeit ein beliebtes Schmuckstück gewesen ist. ')
Ebenso alt ist der Gebrauch solcher kleiner Röhren aus spiralartig
aufgewundenem Bronzedraht, wie sie aus den Funden 4, 6 und 7
(Bjerno— Lupaja), 22 (Nykyrko— Pärkkö), 55 (Malaks— Storsjölandet), und (von
Silber) aus Fund 59 (LiUkyro — Perkiö) vorliegen, vergl. 82—5- Sie kommen
beinahe überall in Europas Bronzealter vor, finden sich auch in den Funden
der Hallstattzeil ") und werden meist als Teile von Halsketten betrachtet werden
können. Dieselbe Verwendung haben sie dann auch in skandinavischen und
ostbaltischen Funden der uns hier interessierenden Zeit So sehen wir z. B.
silberne Spiralröhren an der kostbaren norwegischen Halskette Rygh 281 und
an einer ^us ganz ähnlichen Bestandteilen zusammengesetzten solchen aus
Bohuslän, beide aus dem Anfang der Völkerwanderungsperiode. *) Reste von
Halsketten, welche aus hintereinander aufgereihten Glasperlen, eisernen Schel-
lenberlocken und Bronzespiralen bestehen, hat unter anderen das Gräberfeld
von Schemen in Ostpreussen geliefert (Prussia 17 Taf. VII), und im Steio-
reihenbrandgrab zu Gertrudenhof in Livland fand sich eine Kette aus zehn
Rädchen-Anhängseln, welche auf Eisendraht gereiht und durch Bronzespiralen
auseinander gehalten waren (Riga Kat. Nr. 372). Diese beiden ostbaitischen
Gräberfelder lassen sich auf Grund ihrer Fibelformen, nämlich Fibeln m. u. F.,
Stemfussfibeln und Sprossenfibeln, der Periode C — D zuweisen. Die Schemer
Grabfunde zeigen, dass die Spiralröhren damals noch in anderer Weise ver-
wendet worden sind. Unter denselben befinden sich nämlich die Reste einer
') Naue, Die Bronzezeit in Oberbayern, München 1894, S. 130 f.
*) S. Müller, Ordning af Danmarks Oldsager, Bronzealderen, Kopenhagen 1891, S. 12,
Nr, 53; Naue, loc. cit. S. 124-125.
^) Gfiteborg Bohusl&n Ilt, S. 242, Fig. 196 — 201. Solche Perlen aus spiralarüg gewun-
denem Silberdraht liessen sich beispielsweise noch aus folgenden Funden anführen: in einem
Skelettgr^ bei Hafvor, Kirchspiel Hablingbo, Gotland, mit einer Fibel m. u. F. und den
Resten einer Fibel vom Typus Almgren Fig. 217, 221 (demnach ungefähr 3. Jahrh.), Mu-
seum Stockholm 8064: 113; in einem Skelettgrab bei Egebjerg, Kirchspiel Udby, Seeland
mit einer Fibel m, u. F. und einer anderen vom Typus Atmgren Fig. 205 (3, Jh.), Museum
Kopenhagen C 7894—7900; im Brandgrab Nr. 1 bei MflUebakken auf Bomholm mit Fibeln des
5. Jahrhunderts, Vedel S. 372; im Brandgrab Nr. 8 bei Meisted auf Bomholm in ganz ähn-
licher Kombination, Vedel S, 374 ; in einem Grabhügel mit Leichenbrand bei Ashusby, Kirch-
spiel Norrsunda, Uppland, mit einer kleinen Schildkrfile nfibel (circa 7. Jahrb.), Minadsblad
1890, S. 105 Fig. 26, 27.
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Fig. 155. Kopfbinde. Br, Wolle, Leder. Vs. Gulbem, Livland.
HALS- UND ARMRINGE. 211
Kopfbinde (Pnissia 17 Taf. VIIIib), welche nach den wohl erhaltenen Kopf-
binden der jüngeren Gräberfelder von Ljutzin (Ludsen) im Gouv. Witebsk ')
und von Gulbem in Livland, Fig. 155, sich leicht rekonstruieren lässt Ganz
wie diese besteht sie nämlich aus mehreren (5) parallelen Schnüren, auf welche
Bronzespiralen gezogen
und in gewissen Abstän-
den viereckige Bronze-
bleche angebracht sind.
Mit Bronzespiralen, al-
lerdings von etwas grös-
serem Durchmesser, se-
hen wir femer die gros-
sen Halsringe des Scher-
ner Gräberfeldes ver-
ziert (Prussia 17 Taf. IX, XIV). Die Vorliebe für die Verwendung der ßronze-
spiralen zur Gamierung von allerhand Schmuckgegenständen hat sich bei den
Völkern des östlichen und nordöstlichen Europas bis weit in die geschichtliche
Zeit, stellenweise bis in die Gegenwart hinein, lebendig erhalten. Nicht nur
Kopf- und Halsschmuck wird in dieser Weise verziert, sondern wir finden die
Spiralröhrchen, was für die ältere Zeit noch nicht bezeugt ist, auch in die
Borde der Gewänder eingewirkt, wo sie oft recht geschmackvolle Muster bilden.
Die unbedeutenden Reste solcher Spiralröhrchen in den älteren finnlän-
dischen Funden glaube ich am ehesten als Teile von Halsketten deuten zu
können, da wenigstens die Funde von Bjemo— Lupaja auch Glasperlen enthalten
haben und da weder Kopfbinden noch Halsringe von der Art der Schemer
Exemplare in Finnland gefunden sind.
HALS- UND ABKRINOE
sind in unseren Funden recht zahlreich vertreten. Da es sich von einigen
dieser Reifen nicht mehr angeben lässt, ob sie am Halse oder am Anne ge-
tragen worden sind, so sollen sie hier zusammen besprochen werden.
Das Altersvorrecht unter diesen Schmuckstücken gebührt dem grossen
Halsring mit den hohlen kolbenförmigen oder „Trompetenenden"
8« aus Fund 17 {Nousis— Mäeksmäki). Er gehört zu den wenigen Gegenständen
1) A. SpiUin, JnmHcitiil NoriJbHun., ViTepiuu 14, St. Petersburg 1893, Taf. VIII m.
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212 HALS- UND ARMRINGE.
aus der älteren römischen Periode, Tischlers Periode B, welche bisher in
Finnland gefunden sind. Nördlich vom Finnischen Meerbusen ist er bis jetzt
der einzige Vertreter seiner Gattung. Seine Heimat ist das Ostbalticum. In
Estland ist allerdings nur ein derartiger Kolbenring gefunden, d^egen haben
Livland, Kurland, Litauen und Ostpreussen eine Reihe von Funden solcher
Ringe aufzuweisen. Die Mehrzahl derselben ist mit massiven Kolben ausge-
stattet, Ringe, welche wie der unsrige hohle Enden haben, sind seltener. ') Die
Fundkombinationen, in welchen einige Ringe angetroffen sind, verweisen sie
hauptsächlich in das 2., zum Teil vielleicht schon in das 1. Jahrhundert n. Chr.
Für diese chronologischen Bestimmungen sind vor allem mit ihnen gefundene
kräftig profilierte Fibeln vom Typus Almgren Fig. 72 und späte Formen von
Augenfibeln wie Almgren Fig. 60 ausschlaggebend.*) Die ersteren rechnet
Almgren noch zu den früheren, die letzteren zu den späteren Formen der älteren
römischen Eisenzeit (Almgren, S. 39 und 31). Allem Anschein nach stammt
auch unser Kolbenring aus dieser Periode. Über die Niederlegungszeit kann uns
der Fund, dessen Details nicht bekannt sind, keine näheren Aufschlüsse geben.
Der Inhalt der meisten Gräber, welche Kolbenringe geliefert haben, deutet
darauf, dass diese Ringe Frauenschmuck gewesen sind. *) Ob sie wirklich im
Haar getragen wurden, wie Tischler vermutet hat, ist wenigstens noch nicht
') Über die Verbreilung der Kinge mit Kolben- oder „Trompetenenden", wie sie von
Hausmann benannt worden sind, siehe Hausmann, Hügelgräber zu Santen, Sitzb. d. Kurlandisch.
(Jes. f. Liter, u. Kunst. 1892, S. 78 und Hausmann, Grabfunde S, 52,
*) Bei Dollkeim in Ostpreus.sen lag im Skeleitgrab 6 ein Ring mit hohlen Kolbenenden
zusammen mit einer Tutulusfibel, einer Augenfibel vom Typus Almgren 60, einer krSftig
profilierten Fibel vom Typus Almgren 72 u. a. GegensL, Tischler, AltenQmer S. 16. —
Dollkeim Skelettgrab 27 d enthielt ebenfalls einen solchen Ring und drei Augenfibeln Almgren
60, ebenda S. 18. — Zwei durchweg hohle Kolbenringe sind bei Warengen in Ostpreussen
mit vier kräftig profilierten Fibeln imd drei Paar Armbändern vom Typus Tischler, Alter-
tümer XIV 17 (Undsei XV lO) gefunden, L'ndsct, Jemalderen S. 143. ~ Ein HOgelskelettgrab
bei Herbergen in Kurland lieferte einen Kolbenring und zwei kräftig profilierte Fibeln unge-
fähr Almgren 72, Riga KaL Nr. 337. — In einem Steinsetzungsbrandgrab bei Strickenhof in
Livland fanden sich ausser anderem zwei Kolbenringe und zwei Augenfibeln Almgren 60,
Riga Kat. Nr. 354. — Bei OttenkOll in Estland fand R. Hausmann einen hohlen Kolbenring
u. a. mit zwei Tutulusfibeln von derselben Form wie die oben erwähnte aus Dollkeim Grab 6.
Hausmann setzt den Fund von OttenkOll in das Z Jahrhundert, Hausmann, Grabfunde
S. 51-54.
') Das Hügelskelellgrab von Herbergen enthielt allerdings ausser Schmuckgegenständen
auch 2 Lanzenspitzen und ein Schmalbeii, Sitzb. d, Kuriändisch. Ges. f. Liter, u. Kunst t867,S 7.
, Google
HALS- UND ARMRINGE. 213
erwiesen. ') — Interessant ist die Frage, nach welchen Vorbildern diese Ringe
gearbeitet sind. Bezzenberger *) hält sie für lokale Entwicklungen von Hals-
ringen mit knopfförmigen Enden wie Tischler Altertümer XIV b, während P.
Reinecke sie mit goldenen Halsringen aus südrussischen Funden in Verbindung
bringt^ Die Ähnlichkeit zwischen den baltischen und den südrussischen
Ringen, welche aus der Zeit um Chr. Geb. zu stammen scheinen, ist in der
Tat so gross, dass zwischen ihnen eine nahe Verwandtschaft bestehen muss. *)
Wenn aber auch die Form aus Südrussland ausgegangen ist, so ist es
doch andererseits sicher, dass die baitischen Ringe selbst nicht ImportstUcke
sondern von einheimischen Bronzegiessem verfertigt sind. Sie sind nämlich
trotz aller Ähnlichkeit leicht von den südrussischen zu unterscheiden und finden
sich nur über das ostbaltische Gebiet verbreitet.
Der prächtige goldene Ring von Nousis 87 (Funde I6>, das kostbarste
Fundstück, das uns der Boden Finnlands bisher geschenkt hat, sei hier an
zweiter Stelle zusammen mit den eigentümlichen bronzenen Hals- und Arm-
ringen Fig. 24 — 26 und 8 s— 10, Öi aus den Funden 6 (Bjerno— Lupaja), 17
(Nousis — Mäeksmäki), 18 (Nousis— Palokylä) und 61 (Lillkyro—Perkiö) genannt
Diese Ringe seien hier unter dem gemeinsamen Namen Ringe mit End-
platten zu einer Gruppe vereinigt. Sie repräsentieren nämlich verschiedene
Entwicklungsstufen einer Klasse von nordeuropäischen Ringen, die aus einem
runden Reif mit zwei mehr oder weniger breiten Endplatten bestehen, welche
letztere in deutliche oder verkümmerte Tierköpfe auslaufen. Die meisten dieser
Ringe, von denen einige eine dritte Platte am der Mitte des Reifes haben, sind
spiralförmig aufgerollt und müssen als Armringe benutzt worden sein. Einige
1) Phys. ekon. Ges. 32, S. 8.
*) Bczzenbei^r, Das Graberfeld bei Kominten, Prussia 20, S. 50, Anm. 1.
') P. Reinecke, Die skythischen Alicrthümcr im minieren Europa, Z, f. E. 28, 1896,
S. 7, 23 u. 39, R. verlegt die osipreussischen Ringe - jedenfalls zu früh - in die letzten
Jahrzehnte vor Chr. Geb. Die Ringe aus den Ostseeprnvinzen und Finnland sind ihm nicht
bekannt.
*) Vergl, die Goldringe von Salewki bei Smela, Guv, Kiew, A. Bobrinskoi, KypntHU ■
e]y*ialiiuR spieojomeciüi baeoaki Üimn uicnin, ChIiu, Sl Petersburg 1887, Taf. XXI, i u. i. —
Ein solcher in Sädrussland gearbeiteter Goldring ist bei Drunninglund im nördlichen Jutland
gefunden. Er wird von S. MOller in die Zeit um Chr. Geb. gesetzt. Müller macht auf die
Ähnlichkeit der sOdrussischen Kolbenringe mit dem gallischen Torques aufmerksam u. ver-
mutet, dass beide Arten von einer gemeinsamen klassischen Grundform herzuleiten sind.
Aarb. 1900, S. HO- 143.
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214 HALS- UND ARMRINCK.
derselben, wie der schwedische Ring und unsere Exemplare 8 7, », 10, 9 1, können,
wenn man nicht annimmt, dass sie nachtraglich lang gezc^en worden sind, als
Halsringe bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe gehört auch eine Anzahl
Fingerringe von derselben oder einer ähnlichen Form wie die Armringe.
H. Hildebrand unterscheidet unter den Ringen dieser Art drei Varietäten,
A, B, C, welche ebenso vielen Stadien in der Entwicklung dieses Typus ent-
sprechen. ') Als einzige Repräsentanten des ältesten Stadiums A nennt er unseren
Ring 8j mit seinen deutlich modellierten Tierköpfen vor den Endplatten. Zum
Typus B rechnet er Ringe wie Fig. 156 mit weniger deutlich ausgeprägten
Tierköpfen, welche jetzt an den beiden Enden jeder Platte sichtbar sind, während
zu dem dritten Typus C die Ringe gehören, deren Endstücke jede Ähnlichkeit
mit einem Tierkopf verloren haben (Fig. 158). Zwischen B und C schiebt
Hildebrand noch einige Typen ein, an welchen Eigenschaften beider Varietäten
zum Vorschein kommen. Eine solche Zwischenstufe sehen wir in Fig. 157
aus Otand, deren Tierkopfenden nicht wie bei 87 und Fig. 156 scharf ab-
geschnitten, sondern cj'linderförmig verlängert sind und mit einem Knopf ab-
schliessen. Dieser Schlussknopf, an einem bald kürzerem, bald längerem Stiel
sitzend, ist ein sehr charakteristisches Detail des Typus C.
Wir sehen ihn noch an dem finnländischen Ringe von Nousis — Isotalo 8»,
aber nicht mehr an dem aus demselben Funde stammenden Halsring mit drei
langen Platten 8 10 oder an dem (Hals- oder) Armring aus Nousis — Mäeksmäki 8 8.
Die zwei letzteren Ringe repräsentieren demnach ein noch jüngeres Stadium,
das ich im Anschluss an Hildebrand mit D bezeichnen will. Ein weiteres
Zeichen von Degeneration ist bei diesen Ringen die geringe Breite ihrer Platten,
welche bei dem Ringe 8 8 nur ein wenig breiter sind als das stabförmige End-
stück. Eine interessante Reminiszenz der stilisierten Tierköpfe sehen wir an
den beiden Enden des Grates, welcher auf dem zuletzt genannten Ringe längs
der Mitte der Platte verläuft: die einer Lanzenspitze gleichenden Enden mit
ihren beiden widerhakenförmigen seitlichen Ausläufern entsprechen nämlich in
letzter Linie dem Kopfe des Typus A mit den beiden hinter den Augen liegen-
den dreieckigen Zipfeln, noch näher aber den beiden Köpfen, welche bei den
Ringen vom Typus B wie auch bei unserem Armring an den beiden Enden
einer jeden Platte liegen. Am besten veranschaulicht der in Fig. 159 abge-
i) H. Hildebrand, Ormhufvudringame frfln ftidre jamäldem, Mänadsblad 1873, S. 24 f.
und 36 f., und Ytterligare om ornihufvudringar, MAnadsblad 1891, S. 137 f.
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HALS- UND ARURINGE.
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bildete Ring aus Uppland den Übei^ang vom Tierkopf zu dem spiessförmigen
Gratende auf dem finnländischen Ringe.
Von den arg beschädigten Fragmenten solcher Ringe aus der Steinsetzung
von Bjemo— Lupaja Fig. 24 — 26 ist wenig zu sagen. Alle drei Bruchstücke
gehören möglicherweise zu einem und demselben Ringe, der dem
Spiralring Montelius 347 aus Schonen am nächsten entsprochen
haben dürfte. An diesen erinnert sowohl das stabförmige End-
stück, (von dem wir allerdings nicht wissen, ob es wie das Ende des
schwedischen Ringes ursprünglich mit einem Knopf abgeschlossen
hat), als auch das beständig wiederholte Ornamentmotiv zu beiden
Seiten des Mittelgrates, welches aus einem vertieftem Viereck mit
erhabenen Diagonalen zu bestehen scheint.
Die schwedischen Archäologen halten mit Recht diese Ringe
für skandinavische Arbeit, Bisher sind nämlich solche Ringe mit
wenigen Ausnahmen nur in Skandinavien und Finnland zum
Vorschein gekommen. Am häufigsten sind sie in Schweden ') ge-
funden worden, in Norwegen^) und Dänemark") sind sie seltener.
Von den wenigen ausserskandinavischen Funden dieser Art
ist zunächst ein goldener Armring von später Form (C) mit drei
Platten aus der Umgegend von Apolda in Thüringen zu erwähnen
(Montelius, Kronoiogi, S. 257), — Die beiden silbernen Armringe
von Fohrde (Westhavelland, Mark Brandenburg) stehen typologisch
den Formen 8; (A) und Fig. 157 (B— C) nahe (Voss Stimming,
Abt. V, Taf. I, Grab 2), Der hintere Abschluss der Platte und
Fig. 159.
Bruchstack
eines Hals-
oder Ann-
Endplatten.
Gold. i/i.
Tu na, Upp-
land.
hwedischen Ringe findet sich im Mänadsblad
es, dass nicht weniger wie der dritte Teil
I- und Halsringe von diesen Typen auf
') Ein Verzeichnis der
1891, S. 137 f. Erwähn«
aller in Schweden gcfundei
Uppland kommt.
*) Im J, 1880 erwähnt Undsei aus norwegischen Funden nur einen Arm-
ring von Typus Montelius 347, drei andere vom Typus Kygh 302 und sieben
Fingerringe von den Typen Rygh 304 u. 308. (Fra Norges aeldrc Jemalder,
Aarb. 1880, S. 136). - Ein neueres ausfahrliches Verzeichni.s ist mir nicht
bekannt.
3) Nach Moller, S. 30'Nr. 234, 239-241, waren bis 1895 in Danemark drei
.\rmringe und 16 Fingerringe von diesen Typen gefunden worden: Bruchstacke von drei
goldenen Armringen (Thorebjerg löän, si, w) und ein goldener Fingerring (Mestorf, AlterthQ-
mcr 603) gehören zu dem Thorsbjerger Moorfunde in Schleswig.
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das halsartige Zwischenstück zwischen dieser und dem Kopfe erinnern an die
erstere Varietät, während die stiHsierte Form des Kopfes mit dem Endknopf
wieder der letzteren Form entspricht. -- Den brandenburgischen Ringen ähnlich
ist ein Silberring aus Rebenstorf, Regierungsbezirk Lüneburg, Hannover
{Müller-Reimers, Vor- u. frühgeschichtliche Alterthümer der Provinz Hannover,
Hannover 1893, Fig. 165), während ein anderer, an derselben Stelle gefundener
Bronzering mit seinen gerundeten Tierkopfenden ein eigenartiges Gepräge hat
(ebenda Fig. 164). — Ein bronzener Armring, welcher der Form Fig. 157 (C)
nahe steht, die Endknöpfe aber bereits verloren hat, ist schliesslich in einer
Steinsetzung bei Ronneburg in Livland gefunden worden (Aspelin 1825,
Riga Kat. Seite 31 Nr. 367). Weitere Funde von solchen Ringen ausserhalb
Skandinaviens und Finnlands sind mir nicht bekannt.
Hildebrands Ansicht, dass die Ringe mit den deutlichsten und am besten
ausgeführten Tierköpfen die ältesten sind, wird von Montelius und Salin geteilt, ')
während S. Müller, C. Neergaard und E. Ekhoff früher wenigstens der Meinung
gewesen sind, dass die Entwicklung den entgegengesetzten Verlauf genom-
men hat ■)
Ohne Zweifel ist die erstere Ansicht die richtige. Gerade unsere Ringe
S8-10 und 9i können uns in dieser Beziehung gute Fingerzeige geben. Wollte
man sich der von Ekhoff und den beiden dänischen Archäologen vertretenen
Theorie anschliessen, so müsste man diese Ringe für die typologisch älteste
Form ansehen, weil sie noch keine Spur des Tierkopfmotives aufweisen. Wie
unrichtig dies wäre, das zu erkennen genUgt ein Blick auf die degenerierten
ornamentalen Details derselben. Der spiessförmige Grat auf dem Ringe 8 k
kann nur aus dem rudimentären Tierkopf des Ringes Fig. 159, nicht aber um-
gekehrt dieser von jenem abgeleitet werden. Die lange und schmale Mittel-
platte zwischen den beiden Endplatten des Ringes 8io ist ohne weiteres als
ein spätes Detail zu erkennen, wie ja auch bei den Fingerringen erst zwei,
dann drei Platten auftreten {vergl. Montelius, Kronologi, Fig. 102—106). Auch
der Umstand, dass von dem runden Reife, der zwischen den Platten der skandi-
navischen Ringe zu sehen ist, bei dem zuletzt genannten finnländischen Exem-
') Montelius, Kronologi S. 256 f.; Salin, S. 181.
*) S. Müller, Dyreoraamenliken i Norden, Aarb. 1880, S. 222, Anm. ; C. Neergaard, Med-
dcletser fra National museets danske Sämling, Aarb. 1892, S. 297, Anm.; E. Ekhoff, Bohus-
l&nska fomsaker frän hednaliden, Göteborg- BohuKl&n 11, S. 219 I.
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216 HALS- UND ARMRINGE.
plare nur zwei verkümmerte auf der inneren Seite abgeplattete Reste übrig
Sind, deutet darauf, dass wir es mit einer Dekadenzform zu tun haben. Nun
stehen aber diese degenerierten Formen Hildebrands C-Ringen bedeutend näher
wie den Varietäten A, woraus wohl folgen muss, dass die C-Ringe typoI<^sch
jünger sind wie die B- und A-Ringe.
Die Varietät A ist demnach zugleich die älteste und die best gearbeitete,
und die Entwicklung von A zu B und C eine fordaufende Verkümmerung der
in A gegebenen Motive. Ein weiterer Beweis hierfür ist der Umstand, dass
diese nordische Ringform, wie Montelius und vor ihm Engelhardt mit Recht
hervorgehoben haben, in Beziehung zu den römischen und griechischen Arm-
ringen in Gestalt einer um den Arm gewundenen Schlange gebracht werden
kann. Obgleich Zwischenformen zwischen diesen realistisch ausgeführten Er-
zeugnissen des antiken Kustgewerbes und den germanischen Ringen, deren
beide Enden mit einem stilisierten Tierkopf abschliessen, noch nicht vorliegen,
lässt es sich nicht bezweifeln, dass die letzteren sich aus den ersteren ent-
wickelt haben.
Die Aufschlüsse, welche die Grabfunde über das gegenseitige Altersver-
hältnis der verschiedenen Varietäten dieser Ringe geben, sind recht unvoll-
ständig. Zu dem Skelettgrab von Valleby auf Seeland gehört ein solcher Ring
mit deutlichen Tierkopfenden (Hildebrands Varietät B oder B-C);') in dem
Grabe a bei Varpelev, Seeland, lag ein Ring, vom Typus der Figur 157
(Müller 234) (Varietät C). '■*) Den Fund von Valleby setzt Montelius aus
guten Gründen in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts, während er das
Grab a von Varpelev — es enthielt unter anderem eine nur wenig abge-
nutzte Goldmünze des Kaisers Probus (276 — 282) — der Zeit um das Jahr
300 zuweist.^) Der jüngere Fund enthielt also hier auch den typolt^isch
jüngeren Ring. Bei Donbaek Amt Hjörring, Jüdand wurde ein Ring vom
Typus C mit einer römischen Bronzeschale von demselben Typus wie eine
solche aus dem Grabe von Vallaby gefunden, während wieder Ringe vom
Typus B — C zu dem grossen Moorfund von Thorsbjerg gehören, der in das
1) C. Engelhardt, Vallaby Funde^ Aarb. 1873. S. 285 f., Fig. 12.
^) C. Engelhardt, Skeletgrave paa Sjaeland og i det «stlige Danmark, Aorb. 1877, S. 3^.
*) Montelius, Kronologi, S. 230, 251, 256. — Neergaard rechnet den ersteren Fund in
den Anfang seiner V&lkerwandeningszeit, welclie das 4, und 5. Jahrhundert umfasst, und den
letzteren in die Zeit um lOO (Aarb. 1892, S. 291, 292, 295).
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HAIS- UND ARURINGE. 219
Ende des dritten Jahrhunderts zu setzen ist *) Es scheint also die Entwicklung
dieser Ringe von den älteren zu den jüngeren Typen im dritten Jahrhundert
vor sich gegangen zu sein und zwar so rasch, dass die einzelnen Typen neben
einander bestanden haben.
Sicher haben sich diese Ringe dann noch im vierten Jahrhundert im Ge-
brauch erhalten, da einige der nah verwandten Fingerringe von späten Typen
mit Gegenständen aus dieser Zeit und sc^ar aus dem 5. Jahrh. gefunden
worden sind, so z. K der Fingerring Rygh 318 mit einem Tongefäss vom
Typus Rygh 361, welcher Typus nach dem Zeugnis vieler norwegischen und
einiger schwedischen Funde am Anfang der Völkerwanderungszeit in Norwegen
und einigen Landschaften Schwedens sehr beliebt war. Montelius ftlhrt einen
Fingerring von noch späterer Form an, der bei Bringsvaer in Norwegen mit
dem Ortband eines Schwertes gefunden wurde, das er um das Jahr 400 an-
setzt (Montelius, Kronologi, S. 260). Was nun speziell das Alter der finn-
ländischen Ringe betrifft, so können wir nach dem oben angeführten den
Goldreif 8 7 als älteste Varietät ins 3. Jahrhundert setzen. Alle die anderen Ringe
gehören den jüngsten Gattungen an. Da sie entschieden jünger sind wie die
oben abgebildeten skandinavischen Armringe vom B- und C-Typus, so dürften
sie aus dem 4. oder möglicherweise — was besonders die Exemplare aus den
Funden 17, 18 und 61 anbetrifft — erst aus dem 5, Jahrhundert herstammen.
An dem einheimischen Ursprung der bronzenen Ringe kann wohl kaum
ein Zweifel aufkommen, dagegen ist es sehr wahrscheinlich, dass das goldene
Prachtstück 87 aus Skandinavien stammt.
Eines der interessantesten Fundstücke aus dem Ende der hier behandelten
Zeit ist der hohle CharnierhalsringOs von Malaks— Storsjölandet (Fund 55).
Wir sehen in ihm den schlichten Vertreter einer Gruppe, welche sonst von
den kostbarsten Halsringen gebildet wird, die je im Norden gefunden sind.
Ich meine die drei berühmten goldenen Ringe von Vestergötland und Öland,
die gegenwärtig zu den wertvollsten Gegenständen des Stockholmer Museums
gehören. Diese mit dem feinsten Filigran bedeckten Schmuckstücke bestehen
aus mehreren Paaren — drei, fünf und sieben — übereinanderliegender Röhren,
welche in genau derselben Weise wie das Röhrenpaar unseres Bronzeringes
in der Mitte um ein gemeinsames Chamier beweglich sind und vorne in der
Weise geschlossen werden, dass das stangenförmige Ende der einen Röhre in den
1) Montelius, Kronologi, S. 256, 272; Neergaard, Aarb. 1892, S. 306.
Digilized hy VjOOQIC
HALS- UND ARMRINGE.
Hohlraum der anderen gesteckt wird (Fig. 160). ') Ausser diesen rein technischen
Einzelheiten haben die schwedischen Prachtstücke mit unserem Ringe ein paar
andere Züge gemein, die ihre nahe typologische Verwandtschaft mit demselben
Fig. 160. Halsschmuck. Gold, ''a, Färjestaden, Öland.
an den Tag legen, nämlich die Verzierung der Röhren durch eine Garnitur
von aufgereihten hohlen Ringen und die pilzförmigen Knöpfe der Chamierachse.
Wie schon Montehus und Salin hervorgehoben haben, ist von den schwe-
dischen Schmuckstücken der aus drei Röhren zusammengesetzte Ring vom
Alieberg in typologischer Beziehung der
äheste. Er ist in jeder Beziehung besser
gearbeitet und geschmackvoller als die
beiden anderen; ausserdem weist er die
grösste Anzahl von Motiven auf und die
Fig. 161. H.l.rmg.^J,. Ö.ter-Ryt.es, ^^, -^^ dargestellten Tieriiguren und an-
deren Ornamente sind am sorgfältigsten
ausgeführt. Die ornamentalen Einzelheiten der beiden anderen Ringe zeigen
Spuren von Entartung; bei dem Ringe mit sieben Röhren ist der Verfall weiter
fortgeschritten wie bei dem mit fünf Röhren.
Die kleinere Anzahl übereinandei^elegter Röhren ist an und für sich ein
älterer Zug, denn nicht zu bezweifeln ist es, dass sich diese Schmuckstücke aus
1) Vergl. Montdius 467; Salin, S. 212—213, Fig. 499—502. Der eine dieser Ringe mit
drei Röhrenpaaren ist am Abhang des Älleberges in der Nähe von FalkOping gefunden, der
zweite mit sieben Paar Röhren nicht weil davon bei der Kirche von Möne, der drille Ring
mit fünf Röhrenpaaren (Fig. 160) bei Färjestaden im Ksp. Torslunda auf Öland. — Zwei
goldene Armbänder, gefunden bei Svindinge auf FOnen und abgebildet von J. J. A. Worsaae
in Nordiske Oldsager, Kopenhagen 1859, Fig. 447, können ebenfalls dieser Gruppe beige-
zählt werden.
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HALS- UND ARMRINGE.
einem Einzelring entwickelt haben. Einige schlichte Ringe mit Chamier^elenk
und demselben Verschluss wie die goldenen Ringe und verziert mit vier
Gruppen von je drei im Guss hergestellten Reifen sind denn auch auf Gotland
gefunden worden, einer derselben {Flg. 161) mit römischen Denaren des 2. Jahr-
hunderts, einem Bralcteat vom Typus C (Menschenkopf über einem vier-
füssigen Tier, vergl. Montelius, Kronolc^i S. 296 f.) und anderen Gegen-
ständen des 5. Jahrhunderts. ') Obgleich mit denselben technischen Einrich-
tungen versehen wie die goldenen Ringe, können diese einfachen gotländischen
Reifen doch nicht die Anregung zur Komponierung der letzteren gegeben haben.
Die tj'pologischen Vorgänger der Goldringe sehe ich vielmehr in den mit
Metalldraht umwickelten und mit gerieften Reifen verzierten Halsringen, deren
eines Ende in eine Öse oder eine runde Kapsel, das andere in einen Haken
oder Knopf ausläuft, also solchen Typen wie Tischler, Altertümer XVi— s,
Beltz Fig. 218, welche zu den Formen gehören, die in der jüngeren römischen
Periode mit dem von Südrussland kommenden Kulturstrom nordwärts gebracht
worden sind.*) Wie das Exemplar Tischler, Altertümer XV » zeigt, kommt
schon an diesen Ringen die Chamiereinrichtung vor, Ringe dieser Art sind
in Norddeutschland nicht selten, besonders häufig aber in Ostpreussen gefunden
worden. Dass sie auch in Schweden bekannt gewesen sind, beweist der
goldene Halsring von Oland Montelius 349.
Die schwedischen goldenen Halskragen gehören in das Ende des 5. und
in das 6. Jahrhundert. Darauf deuten die Formen ihrer Tierornamente und
damit steht der Umstand im Einklang, dass sie von den oben genannten Hals-
rjngen, welche in Ostpreussen noch während der Periode D auftreten, hei^e-
leitet werden können. ")
Unser finnländisches Exemplar setze ich um 500 n. Chr. an.
») H. Hitdebrand, Fynd frSn Osler- Ryftes p& Gotland, Minadsblad 1890, S. 128 f.
») Vcrgl. Almgren S. 125; Grempler, Der I Fund von Sackrau, Taf. Vii und S. 13;
Hampcl, Goidfund, S. 147, Fig. 65, S. 155, F"ig. 1; Spitzin Xs-7, XVII», ii etc.
ä) Aus dem Ende des 5. Jahrhunderts stammt, wie soeben erwähnt worden ist, auch
der Fund von östcr — Ryftes, der deti einfachen Chamierring Fig. 161 enthält. — In diesem
Zusammenhange bt es auch beachtenswert, dass bei Stenholt auf Seeland ein Fragment
eines goldenen SchmuckstQckes gefunden worden ist, welcheti aus einer mit geperltem Draht
und Filigran geschmQcklen Röhre von derselben Technik wie die schwedischen Ringe und
zwei an demselben hangenden Brakteaten vom Typus C (um 500) besteht. (Montelius'
Kronologi Flg. 180).
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222
LS- UND ARHRINGK.
Die übrigen finnländischen Hals- und Armringe sind ausserordentlich
schlicht und ärmlich. — Die Halsringe — aus den Funden 18 und 19
(Nousis— Isotalo), 22 (Nykyrko— Pärkkö), 24 (Letala), 29 und 32 (Kümo— Köö-
nikänmäki), 36 (Kümo — Wuolle), 42 (Tyrvis — Roismala), 54 (Malaks — Junkars-
bränna), 55 (Malaks— Storsjölandet), 59 und 61 (LÜlkyro— Perkiö), 63 und 64
(Lillkyro — Tervajoki) — bestehen meist aus einer dünnen Bronzestange, die zu-
weilen, wie bei dem Exemplar »4, nach den Enden zu ein wenig anschwillt um
sich dann wieder zu verjüngen, bei den andern aber der ganzen Länge nach
dieselbe Starke besitzt. Die Aus-
schmückung beschränkt sich auf
eingravierte parallele Reifen um
die Endpartien; mehrere Ringe
entbehren auch dieser Orna-
mente. Unverkennbar ist der ty-
pologische Zusammenhang zwi-
schen den soeben genannten
Halsringen und den kostbaren
silbernen und goldenen Ringen
mit verdickten Enden, wie sie aus
skandinavischen, norddeutschen
und ostbaldschen Funden be-
kannt sind und auch in einem
finnländischen Funde — dem von
Gulldynt bei Vörä, welcher den
Silberhalsring Aspelin 1272 ent-
hielt — vorliegen (Fig. 162)').
Die Enden dieser Halsringe liegen meist über einander und werden bei einigen
Exemplaren durch Metallreifen in dieser Lage festgehalten. Dieselbe Stellung
der Enden hat der Halsring aus Fund 29 (Kümo — Köönittänmäki) und wenigstens
der Ring von Lillkyro 94 wird ursprünglich ebenso gebogen gewesen sein.
Diese goldenen und silbernen Halsringe gehören in die Zeit um das Jahr 500
und in das 6. Jahrhundert (Montelius, Kronologi, S. 303 — 307). Die älteren
Fig. 162. Halsring. Gold '/a. Vashus, Amt Stavanger,
Norwegen,
') Vergl. Montelius 471, 473; Rygh 297 (unsere Fig. 162); Müller 563; Sehested,
Fortidsminder og Oldsager fra Egnen om Broholm Tat. XLI— XLV; Riga Kat 3«; Linden-
schmil Handbuch Taf. Xm k (Hannover); Schumann, Culiur Pommerns V n.
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HALS- UND ARMRINGE.
uDter ihnen sind also ungefähr gleichzeitig mit dem Halsring 94 von Lillkyro—
Tervajoki, der ja mit der gleicharmigen Fibel 6« in einem Grabe gelegen
hat Der Halsring von Letala (Fund 24) würde, wenn er ebenso alt wäre
wie die mit ihm gefundene Fibel 4$, schon aus dem 4. Jahrhundert stammen.
Da ganz ähnliche bronzene Halsringe auch in so manchen finnländischen
Funden aus der jüngeren Eisenzeit auftreten, so geht daraus hervor nicht nur,
dass diese Form in Exemplaren aus Bronze sich sehr lange in Gebrauch er-
halten hat, sondern auch, dass sie zu Zeitbestimmungen sich nicht verwenden
lässt ^) An der einheimischen Herkunft dieser schlichten Schmuckstücke zu
zweifeln liegt kein Anlass vor.
Unter den Armringen lassen sich nur wenige und obendrein einander
sehr nahestehende Typen unterscheiden. Die meisten bestehen aus einem
gleichbreiten Bronzebügel, der auf der inneren Seite platt, auf der äusseren
gerundet ist. Solche Armringe liegen aus folgenden Funden vor: 6 (Bjemo —
Lupaja, 10*), 11 {Uskela— Puonti, 102,8), 13 (Abo), 32 (Kumo-Köönikänmäki),
38 (Kümo— Forsby, IO5), 64 (Lillkyro — Tervajoki, Fig. 96). Die Ornamente sind,
wo sie überhaupt vorhanden, sehr einfacher Art: parallele Querstriche, gewöhn-
lich nur an den Enden oder auch — zu Gruppen geordnet — längs dem ganzen
Bügel {IO4) sowie Reihen von kleinen Kreisen oder Punkten. Analoge Formen
finden sich mitunter in gleichzeitigen ostbaltischen Funden, ^ deren Amibänder
sich sonst durch einen viel grösseren Formenreichtum auszeichnen.
Der Armring 10 7 aus Fund 77 (Lillkyro— Tervajoki), der mit der S-för-
migen Fibel mit umgelegter Sehne 34 gefunden ist und demnach bereits der
älteren römischen Periode angehört, hat denselben Durchschnitt wie die soeben
beschriebenen, unterscheidet sich aber von ihnen dadurch, dass die Enden spitz
auslaufen und übereinander liegen. — Einen runden Durchschnitt hat 10«
>) Das hier gesagte bezieht sich natorhch nur auf die schlichten Bronzereifen, nicht auf
die Ringe aus edlem Metall, deren Ornament ierung eine genaue Zeitbestimmung zuiässt.
■) Im Provinzialmuseum zu KOnigsbei^ habe ich einen solchen schmalen Armring
notiert, der aus Grab 393 des Grabfetdes von Oberhof stammt und u. a. mit einer Fibel vom
Typus Tischler, Altertflmer IV 1* gefunden ist. Dieselbe Form haben auch die Armringe
von Dobelsberg, Gross-Auu und Silten in Kurland, Aspelin 1851, 1867, 1870 welche den
Tischlerschen Perioden C und D zuzurechnen sind; mehrere solche Armringe aus dem Stein-
reihen—Brandgrab zu Waetz in Estland, in welchem u. a. eine Fibel m. u. F. und ovale
Feuerschlagsleine, aber auch jQngere Gegenstände lagen, sah ich im Museum zu Dorpat, vergl-
auch Riga Kat Nr. 386.
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224 HALS- UND ARMRINGE.
(Fund 70, Lillk3TO — Tervajoki) mit ebenfalls übereinander liegenden Enden. —
10 1 aus Fund 30 (Kümo — Köönikänmäki) zeichnet sich .vor den bisher genannten
dadurch aus, dass er in der Mitte am stärksten ist und einen ovalen Durch-
schnitt hat. Ornamente fehlen ganzlich. Ausser in dem einen Exemplar ist
diese Form in den älteren finnländischen Funden nicht vertreten, dagegen
gleichzeitig und in älteren Kombinationen nicht selten in den Ostseeprovinzen. ')
In der jüngeren Eisenzeit waren mannigfach ornamentierte Armringe von diesem
Typus im ganzen Norden beliebt. ^)
Während alle diese einander so ähnlichen finnländischen Armringe ohne
Bedenken als einheimische Arbeiten betrachtet werden dürfen, glaube ich in
dem Armring lOio aus Fund 85 (Esse— Fors) einen Fremdling sehen zu
können. Er unterscheidet sich durch sein Ornament, die drei längs dem ganzen
Bügel laufenden Kreisreihen, bestimmt von allen anderen in Finnland gefun-
denen Armbändern und scheint, der Farbe seiner Patina nach zu urteilen, aus
einer anderen Metalllegierung zusammengesetzt zu sein. Ähnlich ornamentierte
Ringe lassen sich aus centralrussischen Funden, welche Spitzin ins 8. Jahr-
hundert setzt, welche aber tatsächlich älter sein müssen, anführen. (A. Spitzin,
Taf. XXIII i; Aspelin 895).*) Dazu kommt, dass unser Armring mit der ohne
Zweifel aus der Uralgegend stammenden Hängezierde 7i8 (vei^l. S. 204/205)
zusammen gefunden ist. Die beiden Gegenstände bezeugen im Verein mit ein
paar anderen Funden, dass Finnland um die Mitte des ersten Jahrtausends wie
bereits in älteren Zeiten in Verbindung mit Osteuropa stand.
Der Armring 10» von Lillkyro— Perkiö (Fund 61) nimmt unter den finn-
ländischen Schmuckstücken seiner Art eine Sonderstellung ein. In der An-
ordnung der Ornamente — sich schneidende Diagonallinien und Würfelai^en —
und in der Profilierung der Enden hat er eine gewisse Ähnlichkeit mit Arm-
ringen vom Typus 10». Ausserdem erinnert er an den Armring von Fürsten-
walde Tischler, Altertümer XIV b, — eine wahrscheinlich nur zufällige Ähn-
lichkeit, da der ostpreussische Armring der Periode B angehört, während unser
>) Riga Kat. 3 14,18; Aspelin (833, 1S34, 1877.
*) Die an und für sich sehr einfache Form kommt schon in den Funden der ältesten
Bronzezeit vor.
3) Ein Armring vom Typus Spitzin XXIH i ist im Grab 91 des Gräberfeldes von Bor-
kowskoje im Gouv. Kjasan mit einer kreuzförmigen Fibel mit scheibenförmigem Fuss (Spitzin
XX 9, Ahnl. Salin Fig. 183) und einem Halsring Spitzin Xi, also Gegenst&nden der Periode D,
gefunden worden (Spitzin, S. 84).
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FINGERRINGE.
Exemplar mit Gegenständen des 5. — 6. Jahrhunderts gefunden ist. Wahr-
scheinlich haben wir in dem letzteren eine neue, in Finnland einheimische, aber
unter ostbaltischem Einfluss entstandene Form zu betrachten.
Die Armringe von den Typen 10» und 11 1 aus den Funden 29 (Kümo —
Köönikänmäki), 41 (Tyrvis— Kaukola) und 61 (Lillkyro— Perkiö) gehören wahr-
scheinlich nicht mehr in die hier behandelte Zeit, sondern in das 6. Jahrhundert.
IO9 aus Bronzeblech mit der schmalen Mitte und den nach Innen umgebogenen
etwas breiteren Enden und das ebenfalls aus Bronzeblech gearbeitete gleich-
breite, vierzonige Exemplar 11 1 sind echt finnländische Formen, welche in
Skandinavien nicht vorkommen, zu welchen sich aber in den ostbaltischen
Ländern Analogien finden. ')
Als Armring ist vielleicht auch der dünne, kreisförmig gebogene Bronze-
draht Fig. 105 aus dem Steinhügelgrab von Purmo (Fund 88) zu betrachten.
FINOBBRIliGE.
Auch in den Fingerringen kommt die Ärmlichkeit unserer älteren Funde
zum Ausdruck. Mit Ausnahme von vier goldenen Exemplaren aus den Grab-
hügeln von Lillkyro (Fund 59, 61 und 62) sind sie alle aus Bronze verfertigt.
Die meisten bestehen aus einem schmalen, runden oder innen platten, aussen
gerundeten oder eckigen Bronzedraht, der zu einer Spirale zusammengerollt
ist; die spitzen Enden sind bisweilen geriffelt; die Anzahl der Windungen
wechselt zwischen einer und vier. Solche Ringe liegen aus folgenden Funden
vor: 7 {Bjemo— Lupaja, 11«), 11 (Uskela— Puonti, 11 7), 29, 32 und 34 (Kümo—
Köönikänmäki, 11»), 42 (Tyrvis— Roismala), 48 (Lempäälä— Päiväniemi), 61 (Lill-
kyro— Perkiö, 11 r>), 64 und 74 (Lillkyro-Tervajoki, II4), 84 und 85 (Esse— Fors,
Fig. 101 und 102). Ob die Stücke gebogenen groben Bronzedrahtes aus den
Funden 2 (Tenala— Bonäs, U 12), 59 (Lillkyro— Perkiö) und 86 (Esse— Stor-
holmen, 11 is) Fingerringe dai^estellt haben, ist unsicher. — Ebenso wenig
lässt sich das mit Bestimmtheit von dem goldenen Spiralring 11 10 aus Fund
59 behaupten. Der abgehackten Enden wegen Hesse er sich vielleicht als ein
Stück s. g. Ringgoldes deuten, wie solches in den skandinavischen Funden
der frühen Völkerwanderungszeit so oft zu Tage getreten ist. Das Ringgold
') Vergl. die etwa in die Periode D— E gehörenden Armringe von Greuszönen, Prussia
21, S. 142, Fig. 56, die ihrerseits zu einer sodgermanischen Form wie dem Armring von Uden-
heim in Rheinhessen, Lindenschmit, Handbuch Taf, XIII 0, in Beziehung stehen dürften.
29
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226 FINGERHINGE.
ist, ohne Zweifel mit Recht, als Bezahlungsmittel erklärt worden: von diesen
des leichteren Transportes wegen in Spiralform aufgerollten Goldstangen wurde
bei Bedarf ein Stück vom gewünschten Gewicht abgehackt (vei^l. Montelius
456, 457; Rygh 182-186; Müller 237, 573—575).
Solche einfache Spiralfingerringe wie die bisher erwähnten und 11 4 — 11 8
abgebildeten Exemplare sind auch in Skandinavien, noch öfter aber in den
ostbaltischen Ländern gefunden. Dort und in Finnland halten sich die Spiral-
ringe während der ganzen jüngeren Eisenzeit in Gebrauch, werden aber dann
in vielen Gegenden nicht mehr ausschliesslich als Fingerschmuck getragen
sondern auch auf Halsringen aufgereiht oder zur Ausschmückung der Haartracht
verwandt Vielleicht ist ein Teil der in finnischen Brandgräberfeldem der
jüngeren Eisenzeit so häufig gefundenen Spirairinge von der Grösse der Finger*
ringe in der nämlichen Weise getragen worden.
Den in diesen jüngeren Funden sehr zahlreichen Spiralringen mit einem
breiten Mittelschild begegnen wir noch nicht in den älteren Gräbern. Einen
Übergang zu ihnen bildet der aus einem breiten und platten, dreizonigen Bande
bestehende Spiralring 11» vom Köönikänmäki (Fund 29). In ihm und dem
Uli abgebildeten offenen, fünfzonigen Fingerring sowie einem den letzteren
ahnlichen Exemplar, welche beide ebenfalls zu Fund 29 gehören, sehe ich
Formen, die an die mehrzonigen skandinavischen Ringe von den Typen Müller
240, 243 zurUckmahnen und wahrscheinhch unter skandinavischem Einfluss ent-
standen sind. Die Zonen sind auf den letzteren konvex, auf den degenerierten
finnländischen Exemplaren dagegen platt und durch eingravierte Linien von-
einander geschieden. Zu dieser Gruppe gehört auch der fünfzonige Eisen-
ring Fig. 52 von PärkkÖ (Fund 22), wenn er, was nicht unwahrscheinlich ist,
als Fingerring gedient hat Interessant ist es, dass ein vierzoniger Eisenring von
der Grösse eines Fingerringes auch in einem Grabhtlgel bei Tveito (Ksp. Dal,
Amt Bratsberg) in Norwegen, das überdies Eisenfibeln von demselben Typus
wie die Fibel von Pärkkö 9 h enthielt, gefunden ist. ') Ein einfacher Eisenring
stak am Ringfinger eines Skelettes in dem berühmten Grabfeld von Varpelev
auf Seeland. ")
Fingerringe, die aus einem geschlossenen Reifen bestehen, besitzen wir
nur aus den Funden 6 (Bjemo— Lupaja, II s von Bronze), 61 (Lillkyro — Perkiö,
>) Aareber. 1896, S. 69 Nr. 65 m.
S) C. Engdhardl, Skeletgrav« paa Sjaeland og i det östlige Danmark, Aarb. 1877, S. 369.
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von Gold an der Fibel 4 1 hängend) und 62 (Lillkyro— Tervajoki, II s von Gold).
Die beiden ersteren sind glatt und schmal, der letztere besteht aus einem breiten,
gerundeten Bande, das auf der einen Seite von einem, auf der andern von zwei
Parallelreifen eingefasst ist, darin den skandinavischen mehrzonigen Ringen
gleichend.
HAUSGERÄT.
TOILETTENOBRiT.
Von Geräten, welche zur Körperpflege bestimmt waren, haben unsere
Funde einige bronzene und eiserne Pinzetten, Reste von knöchernen Haar-
kämmen und eiserne Scheren geliefert.
Pinzetten von Bronze liegen aus den Funden 6 (Bjemo— Lupaja), 22
(Nykyrko— Pärkkö), 24 (Letala), 59 {Lillkjro — Perkiö) vor, eiserne aus den
Funden 3 {Bjemo— Lupaja) und 54 (Malaks — ^Junkarsbränna). Recht zierlich
und gefällig sind die drei zuerst erwähnten Stücke, alle drei mit schmalen
Armen, welche unterhalb der Öse mit Einkerbungen und Querstreifen verziert
sind, und ebenso schmalen oder nur wenig breiteren Lippen, 11 14—16- Ein
schlichteres Aussehen hat das Exemplar von Lillkyro 11 17. Von den bron-
zenen Pinzetten unterscheiden sich auch in der Form die eisernen Exemplare
11 18, 1», indem sie sich von der schmalen Ose an gleichmässig nach den Lippen
zu verbreitem. Dass Eisen als Material für kleinere Gegenstände zu jener Zeit
nicht als geringer gegolten haben kann, ist schon oben (S. 155) bei der Be-
spechnng der eisernen Fibeln hervorgehoben worden, und wird, worauf Tischler
aufmerksam macht, durch das Vorkommen einer Eisenpinzette in einem beson-
ders reich ausgestatteten Männergrabe zu Eisseibitten in Ostpreussen bestätigt.
{Tischler, Gräberfelder, S. 245). Dass die Pinzetten an einem Riemen getragen
worden sind, der wahrscheinlich vom Gürtel oder einem anderen Teile der
Kleidung herabhing, zeigt der Riemenbeschlag an dem kleinen Ringe, an welchem
das Exemplar 11 u hängt. Ebensolche Ringe weisen die Pinzetten 11 16 und
11 19 auf, während 11 17 zu demselben Zweck mit einer Chamiereinrichtung
versehen ist.
Die Bestimmung der Pinzetten ist schon längst von den Archäologen
erkannt worden; sie sind als Haarzängchen zum Entfernen von Haaren aus
dem Gesicht oder anderen Teilen des Körpers benutzt worden. ') Solcher
") Tischler, Grtberfelder S. 244; S. Müller, Vor Oldtid, S. 239 f.
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Instrumente hatten sich die Völker Nord- und Mitteleuropas bereits seit der älte-
ren Bronzezeit bedient und noch jetzt gehören sie zu dem Toilettengerat einiger
Naturvölker. Sie fehlen selbstverständlich auch nicht in den Funden der Ostsee-
länder, welche mit den betreffenden finnländischcn gleichzeitig sind. Die in
jenen Funden nicht seltenen Oh rlöff eichen, welche oft mit der Pinzette zusammen
an einem Ringe hängend angetroffen worden sind, kommen bei uns nicht vor.
Ihr Gebrauch in Finnland ist erst für eine spätere Zeit durch Funde bezeugt.
Bruchstücke von beinernen Kämmen besitzen wir aus den Funden 2
(Tenala -Bonäs), 22 (Nykyrko—Pärkkö), 42 (Tyrvis— Roismala) 59—61 (Lill-
kyro^PerkiÖ) und 62 (Lillkyro — Tervajoki) und vielleicht auch 36 (Kümo —
Wuolle). Einigermassen deutlich tritt die ursprüngliche Form nur bei dem
Kamme von Roismala 12 1 zum Vorschein; von allen übrigen Exemplaren sind
bloss ganz kleine Bestandteile erhalten. Bei dem Kamme von Pärkkö Fig. 46
u. 5 1 rühren die Bruchstücke glücklicher-
weise von so charakteristischen Teilen her,
dass eine Wiederherstellung des Ganzen
leicht ist bei Zuhülfenahme von Kämmen aus
gleichzeitigen skandinavischen und norddeut-
schen Funden. Wir haben es hier zweifellos
Fig. 163. Kamm. Kn. Via. Dänemark.
mit einem Kammtypus zu tun, wie er uns
in dem dänischen Exemplar Fig. 163 vorliegt: ein einzeiliger Knochenkamm,
mit ziemlich hohem, oben halbkreisförmig gerundetem Bügel, der mit der Zahn-
reihe aus einem Stück geschnitten und beiderseits mit einer dünnen ornamen-
tierten Platte belegt ist. Dass auch unser Kamm aus mehreren Platten zusam-
mengesetzt gewesen, zeigen das kleine Nietloch in dem einen und die eiserne
Niete in dem anderen Bruchstück desselben. Wie bei dem dänischen Kamme
ist bei unserem der Rücken der Handhabe konkav. In seiner ursprünglichen
Gestalt muss also unser Exemplar dem dänischen sehr ahnlich gewesen sein.
Der Tjfpus, den der letztere repräsentiert, ist der während der römischen Eisen-
zeit, besonders der späteren Hälfte derselben, über ganz Skandinavien, Nord-
deutschland und England verbreitete und auch weiter südöstlich in Ungarn und
Südrussland vorkommende ') — ein Typus, dessen Ahnen man in den Metall-
kammen der nordischen Bronzezeit gesucht hat. In einer interessanten Mono-
graphie über die älteren Formen des Haarkammes weist nämlich Olshausen *)
1) Maller, S, 34, wo sich mehrere andere Zitate finden.
') Z. t. E. 1899, Verhandl., S. 169 f.
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auf die grosse Ähnlichkeit zwischen den nordeuropäischen Kämmen der rö-
mischen Zeit und denen des Bronzealters hin und nimmt zur Erklärung der-
selben an, dass der im Norden selbstständig entwickelte Typus sich mit grosser
Zähigkeit bis in die späte Römerzeit erhalten hat, obgleich aus der Zwischen-
zeit d. h. aus der la-Tene-Periode bisher kein solcher Kamm zum Vorschein
gekommen ist. Ich kann nicht umhin mich dieser Erklärung anzuschliessen,
soweit sie die schon in Funden der älteren römischen Periode vorkommenden
Kämme mit durchbrochener oder vertiefter Handhabe von den Typen, die
Olshausen in seinen Abbildungen Fig. 48-56 wiedergibt, betrifft, Typen, die
faktisch eine grosse Ähnlichkeit mit den Bronzekämmen haben. ') Dagegen hat
es den Anschein, als ob die teils massiven, teils aus 3 Platten bestehenden,
nicht durchbrochenen Kämme von Typus der Figur 163 erst in der jtlngeren
römischen Periode allgemein in Aufnahme gekommen wären, und da sie sehr
oft mit solchen Gegenständen gefunden worden sind, die von dem aus Süd-
russland ausgehenden Kulturstrom nach dem Norden gebracht wurden, und
ganz ähnliche Kämme ausserdem in Südrussland und Ungarn") auftreten, so
wäre es möglich, dass dieser Kammtypus ebenfalls zu jenen vom Südosten
kommenden neuen germanischen Altertumsformen gehört hat
Denselben Ursprung dürfte dann auch der etwas kompliziertere Kamm-
typus haben, der uns' in dem Exemplar von Roismala 18 1 vor Augen tritt.
Das Charakteristische an ihm ist der halbmondförmige Vorsprung auf dem
sanft gebogenen Rücken. Ähnliche Kämme mit einem halbkreisförmigen Vor-
sprung in der Mitte des Rückens erwähnt Olshausen aus West- und Ostpreussen
und Bomholm. Soweit sie sich datieren lassen, gehören sie dem 5. Jahrhundert
an, so der Kamm von Kossewen, der u. a. mit einem Glasbecher vom Typus
Montelius, Kronologi Fig. 203 gefunden ist, ^) und der aus Bomholm, Vedel,
S. 132, Fig. 294, welcher mit einer Schnalle vom Typus unserer Figur 6i6
(5.-6. Jahrh.) zusammen lag. *) Dieselbe Kammform ist nun neuerdings in
südrussischen Funden zu Tage getreten, nämlich in der Nähe von Olwiopol,
i) Vergl. Aarb. 1900, S. 53; Mänadsblad 1898'I899, S. 147, Fig. 133 und 1900, S. 12.
>) Saoicu H. Pycrti. Apieojnr. MniecTM, neue Serie XII, Sl. Petersburg 1901, Taf. XIX
oder B. Khanenko, JtpeBHocn UpüHtopoBia IV, Kiew 1901, Taf. XVIll4(ia; Hampel, Goldfund,
S. 156 (zweiter Fund von Osziröpataka).
») Nachrichten über deuteche Altertumsfunde II, Berlin 1891, S. 24/25, Fig. 12 u. 17.
*) Vedel, S. 355, 12 und Fig. 269 u. 2SH.
)y Google
dem alten Olbia, am Bug im Gouv. Cherson ') (Fig. 164) und in einem Gräber-
feld bei dem Dorfe Romaschki im Kreise Wasiljkow, Gouv. Kiew. In einer
kurzen Beschreibung des letzteren Fundortes ") wird allerdings nicht angegeben,
mit welchen Gegenständen die von dort stammenden Kämme gefunden worden
sind, da sie aber auf der beigegebenen Tafel mit Fibeln m. u. F. und mit Nadel-
schejde abgebildet werden, so ist wohl anzunehmen, dass Kämme und Fibeln
zusammengehören. Unter den Kämmen sehen wir ein Exemplar von genau
derselben Form wie das von Roismala, aber nicht wie dieses aus drei Platten
zusammengesetzt, sondern aus einem Sttlck geschnitzt (Fig. 165). Die Fibeln
des russischen Gräberfeldes scheinen, nach den etwas undeutlichen Abbildungen
zu schiiessen, Typen des 3. und 4. Jahrhunderts anzugehören. Da die mit ihnen
gleichaltrigen Kämme demnach älter sind wie die oben erwähnten Exemplare
Fig. 164. Kamm. Kn. Olwiopol, Fig. 165, Kamm. Kn. Romaschi,
Gouv. Cherson. Gouv. Kiew.
aus Kossewen und Bornholm und auch alter wie unser Kamm, welcher durch
die aus der Periode D (4. — 5. Jahrh.) stammende Fibel Ss datiert wird, so ist
es sehr wahrscheinlich, dass die Kammform 12 1 in Südrussland entstanden ist.
Auf eine Rekonstruierung des Kammes von Tenala Fig. 12, 13 werden
wir verzichten müssen. Seine dürftigen Reste lassen zur Not erkennen, dass
er aus verschiedenen Platten, von denen die äusseren mit eingravierten WOrfel-
augen verziert waren, gebildet gewesen ist. Wahrscheinlich hatte er dieselbe
Form wie das Exemplar von Pärkkö. — Ob das kleine mit einem Würfelauge
verzierte Knochenstück aus dem Brandgrab XXII von Köönikänmäki (Fund 35)
von einem Kamme oder einem anderen beinernen Gegenstand, z. B. einer Spinn-
wirtel, herstammt, lässt sich nicht entscheiden. — Die Kammfragmente aus
') OntTb » 1SW1 ro;n., St Peterebui^ 1903, S. 133, Fig. 234.
*) 3nii»cK» H. PyccK. Apieojor. OSnecr», neue Serie, XII, St. Petersburg 1901, S. 181 f.
Taf. XIX od. Khanenko, loc. cit. Taf. XVm.
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Sr HEREN, MESSER. 231
den Funden von Lillksrro — Perkiö Fig. 86 und 90 lassen auf Formen schliessen,
welche von den bisher besprochenen abweichen. An dem Exemplar Fig. 90
beschreibt die Zahnreihe einen Bogen, während die letzteren eine gerade
Zahnreihe haben. Das längliche ornamentierte Knochenstück Fig. 91 hat viel-
leicht zu der einen Beschlagpiatte dieses Kammes gehört. Sollten die kleinen
Bruchstücke einer schmalen Querleiste, welche in der Mitte der Fig. 86 abge-
bildet sind, von demselben Kamme henühren wie die darunter abgebildeten
kleinen Fragmente des Bügeis, so hätten wir hier vielleicht die Reste eines
ähnlichen Kammes vor uns wie das von Lindenschmit im Handbuch der
deutschen Atterthumskunde unter Fig. 250 dargestellte Exemplar aus einem
Grabe von PfulUngen in Württemberg, das eine ebensolche stabförmige Leiste
aufweist. Die Kämme von Perkiö gehören möglicherweise wie ein Teil der
in denselben Grabhügeln gefundenen Gegenstände erst dem 6. Jahrhundert an.
Die beiden Scheren aus den Funden 6 {Bjerno — Lupaja, Fig. 19) und
42 {Tyrvis — Roismala IIa») die einzigen, welche wir aus der Zeit vor 500
besitzen, haben wie alle Scheren jener Zeit die Form unserer jetzigen Schaf-
schere mit zwei langen Klingen, welche durch einen federnden Bügel vereint
sind. Dieses Gerät erscheint in Skandinavien zum ersten Mal in der älteren
römischen Eisenzeit, ') etwas früher in Norddeutschland, z. B. bei Rondsen in
Westpreussen in Gesellschaft mit la-T6nefibeln, *) bei Kl. Podel in Pommern
mit einem Gürtelhaken von la-Teneform. ') In den Ostseeprovinzen scheint
das Steinreihenbrandgrab bei Camby in Livland, weiches Gegenstände des
3. und 4. Jahrhunderts enthält, die älteste Grabanlage zu sein, welche eine
Schere geliefert hat. *) Von den beiden finnländischen Scheren gehört Fig. 19
einem Funde des 4. und II so des 5. Jahrhunderts an.
MESSER.
Die Messer gehören in den finnlandischen Gräbern der älteren Eisenzeit
zu den am häufigsten vorkommenden Beigaben. Sie fehlen verhältnismässig
selten und finden sich gewöhnlich in einer Anzahl von einem bis drei Exem-
1) Motter, S. 19 Nr. 128; B. Salin, Ofversikt öfver den europeiska kulturcn i desü
lidigaste skeden, Einleitung zu Uppfinningarnas bok, Stockholm 1898, S. XV.
•) Rondsen, S. 20.
<) Baltische Studien 39, S. 154 und 46, S. 169.
*) Riga Kai., S. XV u. 34.
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plaren; einig*^ Gräber haben vier oder fünf, andere bis zehn oder elf Exemplare
geliefert (die Steinsetzung g bei Lupaja (Fund 6] sechs oder sieben, der Grab-
hügel von Pärkkö (Fund 22] ebensoviel, das Grab VII auf dem Köönikänmäki
[Fund 29] zehn oder elf; diese drei Gräber haben, wie wir bereits wissen,
mehrere Beisetzungen enthalten).
Die Mehrzahl der Messer ist stark durch Rost angegriffen, einige sind
absichtlich zerbrochen. Ihre Form ist daher nicht immer in allen Einzelheiten
zu erkennen. Eine besondere Mannigfaltigkeit herrscht nicht vor. Mit Aus-
nahme des „Krummmessers" von Pärkkö 13 s und einigen wenigen gerad-
rückigen Exemplaren, vergl. 135 und 13 e, haben sie alle einen nach aussen gebo-
genen Rücken, der mitunter durch Einkerbungen verziert ist (18 1); die Schneide
ist entweder in ihrer ganzen Länge nach aussen geschweift oder beschreibt
eine sanfte wellenförmige Linie mit einer Anschwellung nach der Griffangel
und einer zweiten nach der Spitze zu. Die oft recht lange Griffangel bildet
bei einigen Messern die Fortsetzung des Rückens, gewöhnlich ist sie doch
durch eine mehr oder weniger scharfe Einbiegung von ihm getrennt. Die
Grösse der Messer wechselt, soweit sich das bei der schlechten Erhaltung der
meisten Exemplare feststellen lässt, zwischen ca 12 und 32 cm. Die grössten
Exemplare wie die aus der Steinsetzung g bei Lupaja, 139 und 13 8, werden
gelegentlich als Waffen gedient haben.
Unter den Messern, deren Rücken und Schneide nach auswärts geschweift
sind, verdient das Exemplar 12* von Letaia (Fund 23) besondere Erwähnung
als das älteste Eisengerät, das bisher in Finnland zu unserer Kenntnis gelangt
ist. Es ist bekanndich mit der Fibel 1 s gefunden worden, deren Entstehung
oben in das 2. Jahrhundert verlegt worden ist.
An einigen Messern sind Teile der metallenen Beschläge des Schaftes,
welcher wohl in den meisten Fällen hölzern, manchmal vielleicht beinern war,
noch erhalten. Oben wurde der Schaft durch einen flachen Nietknopf aus
Bronze oder Eisen festgehalten (Fig. 41 und 12 h), unten am Blatte durch einen
Ring oder eine Schlussplatte mit dreieckiger Öffnung gestützt (Fig. 18). An
den Angeln der beiden Messer aus Fund 1 (Tenala— Bonäs), 13?, sehen wir
je einen bronzenen Ring mit ringsum laufender tiefer Rille ein gutes Stück
oberhalb der Klinge sitzen. Wahrscheinlich sind diese Ringe als obere oder untere
Schlussstücke anzusehen, die nach der Zerstörung des hölzernen Schaftes herab-
oder heraufgestreift worden sind. Ringe mit einer um die Peripherie laufenden
Rille sind in den nordischen Funden der römischen Eisenzeit und der Völker-
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Wanderungsperiode zahlreich. *) — Eigentümlich ist das eiserne cytinderförmige
Schlussstück des Schaftes an dem grossen Messer von Bjemo 13 •. Es hat mit
seinen fazettierten Seiten und gerieften Ringen den Charakter der römischen
Eisenzeit und entspricht in der Form den einzelnen Abschnitten solcher Griffe wie
den eines Schwertes des Nydamer Fundes, Nydam VU, oder auch den Griff-
beschlägen des norwegischen Messers Rygh 147 a, b. ■) Breite, bandförmige,
mit erhabenen parallelen Streifen verzierte Griffbeschläge von Bronze sehen
wir an einem anderen grossen Messer aus demselben Funde bei Bjemo, 13 8,
eine wenig charakteristische Form, die sich die ganze heidnische Zeit hindurch
im Gebrauch erhält. — Der hutfönnige Bronzebeschlag 182 vom Köönikänmäki
hat den oberen Griffabschluss eines Messers gebildet. Ihm zu vergleichen ist
der Beschlag eines dänischen Messers, das von S. Müller unter Gegenständen
der älteren römischen Zeit (Müllers römische Periode) abgebildet wird (Müller
121). Eine spätere Entwicklung dieses Typus sehen wir in dem Knauf eines
im Kirchspiel Karstula gefundenen grossen Messers aus der Völkerwanderungs-
zeit- ") Unser Exemplar wird durch einige andere mit ihm gefundene Gegen-
stände (vei^l. S. 154, 206) in die jüngere römische Periode oder den Anfang
der Völkerwanderungszeit gerückt.
Von den Beschl^en der Messerscheiden sind uns bisher nur ein Paar
schlichte spiralförmig gewundene Ortbänder aus Bronzedraht überkommen, 12 s.
Sie stammen beide aus der Steinsetzung g bei Lupaja, (Fund 6); der eine sass
bei der Auffindung an der Spitze des grossen Messers 12 k. Aus anderen
Ländern sind mir keine solchen Ortbänder bekannt.
Ob die Verzierung der Messerklingen durch vertiefte Ornamente in Finn-
land schon vor dem 6. Jahrhundert gebraucht worden ist, lässt sich zurzeit
•) Den ersten Beginn zu einer solclien Verzierung von Ringen und ringförmigen Wülsten
sehen wir bereits in der la-T«nezcit (Mcstorf, Alterthümer 439, 440, 445). In der römischen
Zeit, in welcher der Hang zur Profilierung stark hervorlritl, sind die Ringe an Gflrtelbeschl&-
gen, Pferdegeschirr, Wehrgehenken sowie die Kftmme und Wülste der Fibeln und anderer
Gegenstände sehr oft mit Rillen und Furchen versehen.
^ Vielleicht hat am Knaufende des finn I an di sehen Messers ein zweiler, dem unteren
entsprechender Cylinder gesessen. Oder sollte der Schaft aus vier solchen Stücken zusammen-
gesetzt gewesen sein, da die LAnge des erhaltenen Beschlages gerade ein Viertel der Lflnge
der Griffangel betr>? Im letzteren Fall wäre die Ähnlichkeit mit dem Schwertgriff von
Nydam noch grösser gewesen.
") FFT XVII, S. 32, Fig. 25. Ein Knauf genau derselben Form ist in einem Brand-
grtbcrfeld bei Paarskylft im Kirchspiel Bjemo gefunden (H. M. 3315: 101.
30
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nicht entscheiden. Das Messer 12 lo, dessen Klinge mit Bogenlinien und Worfel-
augen verziert ist, gehört nämhch zu einem Funde (Nr. 29, Kümo — Köönikän-
niäki) der auch andere jüngere Gegenstände, z. B. die Armringe 10» und 11 1,
enthält; das Messer 13», das in einem Steinhügelgrab bei Perkiö (Fund 70)
mit denr Armring 10« gefunden ist, lässt sich nicht näher datieren und könnte
auch der Zeit nach 500 angehören.
Das kleine Krummmesser 12» mit dem stark nach innen geschweiften
Rücken und dem gegen die Klinge zu einer Öse zurQckgeb<^enen und in eine
Spirale auslaufenden Stiel steht in Finnland bisher vereinzelt da. In den Ost-
seeprovinzen fehlt diese Messerform — soweit mir bekannt — gänzlich. Dass
sie aus dem Westen oder dem Südwesten nach Finnland gelangt ist, bezeugt
ihr zahlreiches Vorkommen in Skandinavien und Norddeutschland. Unter den
skandinavischen Exemplaren kommt das von S. Moller, Jemalderen Fig. 124,
abgebildete dänische Messer mit dem zurückgebogenen Stiel dem unsrigen am
nächsten. Die Stiele der übrigen skandinavischen Krummmesser haben recht
wechselnde Formen. Charakteristisch für Norwegen sind die Messer mit kurzem,
in eine Spirale auslaufendem Griff, Rygh 142. Bei anderen ist der Stiel lang und
gerade (Vedel, S. 76, Fig. 97) oder nur wenig gebogen (Vedel, Fig. 96); Öftere
ist er schraubenartig gewunden (die zuletzt citierte Figur und Undset, S. 435,
Fig. 204); bei einigen schliesst er mit einem Tierkopf ab (SFT VII, S. 220,
Fig. 1 und Aarsber. 1889, Fig. 10); andere tragen einen Knopf oder einen Ring
am Ende oder sind dort zu einer Spirale zusammengerollt (vergl. ausser den
angeführten Abbildungen Göteboi^ — Bohuslän II, S. 197, Fig. 144); wieder andere
sind am Ende gerade abgeschnitten ohne jede Zierrat (Undset, S. 435, Fig. 205).
Dieselben und ähnliche Formen der Stiele finden sich an den ausserordent-
lich zahlreichen Krummmessem aus norddeutschen Funden. Auch hier treffen
wir zuweilen die unserem Exemplare entsprechende Spezialform mit dem bis zur
Klinge zurückgebogenen Griff. ') Die norddeutschen Krummmesser gehören zum
Teil in die la-Tenezeit, hauptsächtlich aber in die römische Periode. ") Auf
') Niederlausitzer Miuheilungen IV, S. 117, Fig. 73 (Reichersdorf, Mark Brandenburg);
Voss-Stimming Abt. V, Taf 8*2 c (Fohriie, Mark Brandenburg); Reimers, AlterthOmer,
Taf. XXIV ai, (Issendorf, Hannover); Prussia 21, S. 128, Fig. 44 (Ostpreussen).
^) Beispiele aus der la-T6neperiode ; bei Wszedzin in Posen in einem Umengrab mit eiuer
Späl-la-T^nefibel, Undsel, S. 82; bei Rondsen in Westpreussen mit la-T6nefibeln, Rondsen, S. 38,
Nr. 447 und S. 49, Nr. 644; bei Koppenow in Pommern, Schumann, Urnenfriedhflfe, S. 165 u.
Taf. XIII iB, 14; vei^l. auch Schumann, Waffen Pommerns, S. 44, und Cuttur Pommerns, S. 165.
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Bomholm kommen sie nach Vedel in den älteren Brandgruben vor; sie waren
demnach in derselben Zeit im Gebrauch wie die norddeutschen Messer. ')
Die Mehrzahl der übrigen skandinavischen Krummmesser dürfte der älteren
römischen Periode zuzuweisen sein, ^ doch finden sich norwegische Exemplare
mit kurzem Griff in jüngeren Kombinationen. ■) Unser finnlandisches Messer
mit dem lai^en Stiel werden wir den älteren Typen zugesellen und spätestens
ins 3. Jahrhundert setzen dürfen.
Die grosse Verbreitung der Krummmesser über das nordeuropäische,
besonders das norddeutsche Gebiet spricht für ihre allgemeine Beliebtheit wie
auch dafür, dass diese Messer im Norden verfertigt worden sind. In der Tat
') Ober das Auftreten der Krummmesser in norddeutschen Funden der römischen
Kaiserzeit vergl. unter anderen Mestorf, Urnen friedhöfe, S. 83, Nr. 2, S. 85, Nr. 31 (Schleswig),
S. 19 (Holstein); Beltz, S. 125 (Mecklenburg); I-Iostmann, Darzau, S. 83 f. (Hannover);
Schumann, Umenfriedhore, S. 186; derselbe, Cuhur Pommerns, S. 173 (Pommem); Voss-
Stimming Abt. V, Taf. 24,-g, Taf. 12a«r-k; Z. f. E. XXI, 1889, Verh. S. 344 f. (Reichersdorf-
Mark Brandenbui^); Becker, Der Umenfriedhof von Forsthaus Sorge bei Lindau— Anhah, Jahres-
schrift fflr die Vorgeschichte der sttchsisch-thQringischen LAnder, 2. Bd., Halle 1903, S. 61
u. Taf. IV«,«, Vö (Anhalt); Prussia 21, S. 131 (Ostpreussen) ; L'ndset, S. 81 (Posen);
Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift VI, S. 182- 184; J. L. Plö, Archaeologicky vjzkum
ve strednfch f'echäch, in den Pamfllky archaeologick6 a misiopisnft XVII, 1897, S. 508 und
Taf. LVI etc.
^ Charakteristische Beispiele: In dem Steinhflgel grab Nr, 6 bei Vattjom, Kirchspiel
Tuna in Medelpad ein Krummmesser mit einer Augenfibel vom Typus Almgren 46, 50,
Mänadsblad 1900, S. 12 und 1898-1899, S. 146, Fig. 132; in einem GrabhQgel bei Broten
und Veien, Ksp. Norderhov, Ringerike, ein Krummmesser mit einer kräftig profi-
lienen Fibel, ahnlich Almgren 76, Aarsber. 1870, S. 110 Nr. 27; in einem anderen GrabhQgel
ebendort lag ein Krummmesser mit einer Fibel vom Typus Almgren 121, 122, Aarsber. 1875,
S. 194; in einem Steinhü gel grab bei Vestrc Engelhaug, Ksp. Leiten, in Hedemarken,
ein solches Messer ebenfalls mit einer krBftig profilierten Fibel, Aarsber. 1879, S. 126;
in einem Umengrab bei Broholm auf Fünen ein solches Messer mit zwei Augenfibeln
vom Typus Almgren 57, vei^l. Sehesied, Archaeologiske Underse gelser, S. 76/77, Taf.
Xm 6 a-d.
>) Wie die Grabfunde von S. Skjenne, Ksp. Nore, Amt Buskerud, Aarsber. 1900, S.
300, 301, (Fibel = Rygh 243), von Aamot, Ksp. Kvinesdal, Amt Lisler u. Mandal, Aarsber. 1890,
S. 80, 81 (kreuzförmige Fibel = Kygh 247), und von Dalum, Ksp. Sparboen, Amt N. Trond-
hjem, Aarsber. 1868, S. 120 f. (Fibel m. viereckiger Kopfplatte Rygh 259 a) beweisen, kommt
dieser Krummmessertypus nicht nur in der jüngeren römischen Periode, sondern auch noch
in der Völkerwanderungszeit vor.
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MESSER, EISENCELTE.
scheinen sie in Westeuropa seltener zu sein. ') Die Form selbst ist vermutlich
im südlichen la-Ttnegebiet entstanden, von dort hat sie den Weg nach dem
Norden gefunden und sich hier langer im Gebrauch erhalten, wie in der
ursprünglichen Heimat. Wenigstens sind solche und nah verwandte kleine
Messer in der Station la-T^ne selbst zu Tage getreten. ") Dann kennt man
sie aus dem Funde von St. Margareth in Krain, ■) aus Traunstein in Ober-
bayem, *) aus Ungarn und vom Gleichberge bei Römhild in Thüringen. ')
Über die Verwendung der Krummmessser ist die Forschung noch zu
keinem endgültigen Resultat gelangt. Da sie nicht bloss in Männergräbem
sondern sogar sehr häufig in Frauengräbem gefunden worden sind, ^ dürften
sie schwerlich als Rasiermesser gedient haben, für welche sie öfters gehalten
werden. Weit wahrscheinlicher ist die Ansicht einiger Forscher, dass sie
Männern und Frauen als tägliche Gebrauchsgegenstände etwa wie unsere
jetzigen Taschenmesser gedient haben. ') Dafür spricht auch die Form des
Stieles, welche ein Aufhängen des Messerchens an den Gürtel ermöglichte.
EISENCELTE DHD ANDERES HANDWERKSOEBAT.
Eiserne Äxte, deren Schaftloch parallel der Schneide gerichtet ist, sind in
Finnland erst aus Funden der späteren Vöikerwanderungszeit bekannt. Die
ältere Form dieses Instrumentes ist hier der Cell oder die Tollenaxt, deren
') Hostmann bemerkt BusdrQcktich dass die gebogenen Messer von den Darzauer
Typen in römischen Funden im Centralmuseum zu Mainz gBrnlich fehlen, vei^l. Darzau S. 84,
Anm. 7. Ein Krummmesser, das in einer frah-sSchsischen Urne bei Eye in Suffolk ge-
funden ist, wird von Akerman als eine in England neue Form bezeichnet, vergl, Akerman,
Remains of pagan Sasondom Taf. XXII s u- S. 44.
") Gross, l.a-Tftne un oppidum helvtte Taf. IX M-IB.
■) Typische Formen aus der archäologischen Sammlung des krainischen Landes-
i Rudolfinum in Uibach Taf. XXXII k.
*) Prähistorische Blätter 1890 Taf. Vt, vergl. auch Katalog des bayerischen Nstional-
ä IV (1892), S. 106 Nr. 660 u. 661.
^) Pic, Archaeologicky vyzkum etc. in Pamätky etc. XVII, S. 508. Auch Schumann
rechnet die ältesten Krummmesser aus pommerscben Funden zu den Gegenständen, welche
den echten la-Tftne-Charakter tragen, aus dem SQden importiert oder aus importierten Mustern
weitergebildet sind, vergl. Waffen Pommerns, S. 44.
■) Hostmann, Darzau S. 83; Bellz, S. 125; Schumann, Umenfriedhöfe, S. 204—205; Undset,
Fra Norges aeldre Jemalder, Aarb. 1880, S. 106—109,
') Müller, S. 18, Nr. 122-123.
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EI5ENCELTE. 237
Tolle senkrecht auf der Schneide steht. In dem am Anfang dieses Buches
mi^eteilten Fundverzeichnis sind ToHenäxte aus folgenden Funden vermerkt:
4 (Bjemo— Lupaja), 29 (Kümo— Köönikänmäki) und 50 (Urdiala— Notsjö, ISu).
Ftlr keines dieser Exemplare ist aber die Zugehörigkeit zu der hier behandelten
Periode mit Sicherheit festzustellen; im Betreff der beiden Tüllenäxte von
Urdiala ist es nämlich nicht erwiesen, ob sie mit den Fibeln 8 1 und 3 g zusammen-
gefunden sind, der Fund 4 von Bjemo enthalt keinen sicher datierbaren Gegen-
stand, während schliesslich einige Altsachen aus dem Funde vom Köönikänmäki
erst in das 6. Jahrhundert gehören. Da es aber andererseits nicht bezweifelt wer-
den kann, dass TQllenäxte in Finnland während des ersten halben Jahrtausends
n. Chr. im Gebrauch gewesen sind, so verdienen sie hier eine kurze Erwähnung.
Dass die Eisencelte der römischen Eisenzeit und der beginnenden Völker-
wanderungsperiode nicht fremd sind, geht aus den Funden der Nachbarländer
deutlich hervor. In den berühmten Mooren von Vimose und Nydam sind
ihrer viele gefunden worden, zum Teil noch an den Holzschäften sitzend; bei
Bjerge auf Gotland wurde eine Tüllenaxt mit fünf römischen Silbermünzen
(Hadrianus— Commodus) zu Tage gefördert (Montelius 262), und Rygh bildet
in seinem Atlas (Fig. 151) ein Exemplar ab, welches mit einem weberschiff-
förmigen Feuerschlagstein aus einem Grabhügel bei Eggum, Ksp. Laerdal, Amt
Nordre Bergenhus, gehoben wurde. S. Müller nimmt an, dass sie in Dänemark
von der Völkerwanderungszeit (3. — 5. Jh.) bis an das Ende der Heidenzeit ali-
gemein benutzt worden sind (Müller, S. 51 Nr. 463—465).
Beachtenswert ist es, dass die eiserne Tüllenaxt, welche doch von dem
Bronzecelt abzuleiten ist und in Mitteleuropa schon in der Hallstatt- und der
la-Tenezeit vorkommt, ') in Skandinavien nicht in älteren Kombinationen als
denen der jüngeren römischen Eisenzeit angetroffen ist.
In Norddeutschland mit Ausnahme der Östlichen Landschaften ist der
Eisencelt selten zu Tage getreten,") Wie bereits R. Hausmann hervorge-
i) V. Sacken, das Grabfeld von Hallstatt, Wien 1868, Taf. VII w und S. 38-39; Much,
Kunsthistorischer Adas, Wien 1889, Taf. XUII i« (Wies— Steiermark), LI g u. f, (Watsch-Krain);
Gross, La-T*ne Taf. VIII i& (mit Schaft läppen).
*) In den Museen Brandenburgs, Pommerns und Mecklenburgs sind nur vereinzelte
Exemplare zu finden; in Voss-Stimmings Atlas der Alterlflmer Brandenburgs ist keine eiserne
TOllenazt at^ebildet; H. Schumann.s Übersicht über die Cultur Pommerns in vorgeschicht-
licher Zeit (Baltische Studien 46) tut ihrer keine Erwähnung; Beltz möchte ein bei Dargun in
Mecklenburg gefundenes Exemplar in die vorrOmische Zeit zurQckführen, doch bemerkt er
dazu, dass ähnliche Äxte noch viel später vorkommen (Beltz, S. 111).
, Google
voi^ehoben hat (ver^i. Anm. 3), gehört sie recht eigentlich Nordosteuropa an.
In dem (jetzt) polnischen Gebiet sehen wir sie schon in Funden der Hallstatt-
und der la-T6nezeiL •) In Ostpreussen sind sie vom Beginn unserer Zeitrechnung
an im Gebrauch und treten besonders zahlreich in den Funden der Perioden
B und C^ auf. Ein langes Verzeichnis von Eisencelten aus den voi^eschicht-
lichen Funden der Ostseeprovinzen verdanken wir R. Hausmann. *) Die Mehr-
zahl derselben gehört wohl den ersten chrisdichen Jahrhunderten an. Allein
der grosse Depotfund von Dobelsberg in Kurland enthielt 131 Stück. Andere
wieder stammen aus jüngeren Perioden der Eisenzeit. Reich an Eisencelten
sind die centralrussischen Funde der Völkerwanderungszeit. *) Auch hier kom-
men diese Instrumente in jüngeren Kombinationen vor. ^) Ganz ähnlich ver-
hält es sich mit dem Auftreten des Eisenceltes in Finnland: ausser den oben
genannten, nicht mit Sicherheit vor das J. 500 zu datierenden Exemplaren sind
Eisencelte wiederholt in Grabfeldem der Völkerwanderungszeit aufgetaucht,
aber auch in solchen, welche während der ganzen jüngeren Eisenzeit benutzt
worden sind.
Die Formen der Eisencelte variieren in den Ländern ihres Verbreitungs-
gebietes verhältnismässig wenig: die Tüllenöffnung kann rund oder viereckig
sein; bei einigen Exemplaren befindet sich unterhalb der Öffnung eine Öse
zum Zweck der besseren Befestigung des Celtes an den Stiel, die meisten
entbehren ihrer; einige haben eine schmälere Mitte, andere sind gleichmässig
breit; die Länge wechselt nicht unerheblich. Auf beiden Seiten der Ostsee
finden sich aber dieselben Typen und meist wird es schwer sein einen skandi-
navischen Eisencelt von einem ostbaltischen zu unterscheiden. Eine ganz be-
sondere Form, welche aber vereinzelt auch in Skandinavien, z. B. in den s. g.
1) Much, Kunslhistorischcr Atlas Taf. LXXVUIti (bei Krakau); Undse^ S. 76(Kazmierz
in Posen),
*) Prussi« 20, S. 39; Steinsetzung VI bei Rominten (Per. B); Tischler, Altertümer:
DoUkeim Grab 7, 15, 31, 35 a (Per. B), Eisseibitten Grab 24 (Per. C), Wackem Grab 28, 29,
30 (Per. C); das Gräberfeld von Scheraen, das in die Periode C-D geh6rt, hat mehrere
Eisencelte geliefert (Prussia 17).
>) Hausmann, Grabfunde, S. 39/40 und Sitzb. d. Kuriftndisch. Ges. f. Liter, u. Kunst 1892,
S. 76/77.
*) A. Spitzin Taf. XII 4 und S. 11 (Koschibejewo, Gouv. Tambow), S. 31 (Borkowakoje
und Kusmino, Gouv. Rjasan).
^) Jastrebow, JuSHcdl a TohukobckU MoimBiiB bi> TufCoBcioA rjOepaiB. HsTepiaju Nr. 10.
Taf. X 10, i; oder Aspetin 842—849 (Ljada, Gouv. Tambow).
)y Google
EISENCELTE, PFKIEMEN.
Kämpagrafvar auf Gotland (Mänadsb)ad 1886, 5. 151, Fig. 17) auftritt, haben
die geschwungcDen Gelte aus dem Grabfelde von Ljada im Gouvernement
Tambow (Aspelin 843). Mit ihnen zusammen sind Gelte gefunden worden,
welche eine ganz schmale Schneide haben und als Meissel benutzt sein müssen
(Aspelin 848). Ahnliche ToUenmeissel sind sowohl aus den skandinavischen
Moorfunden (Vimose 18i*— i«, Müller 466), wie aus dem Ostbalticum bekannt
geworden (Tischler, Altertümer, S. 17: Dollkeim, Grab 15 [Periode B]; Riga
Kat 22 1,9: AU Rahden in Kurland [Wikingerzeit]). — Die Gelte mit breiterer
Schneide haben teils demselben Zweck gedient, teils sind sie als
Arbeitsäzte gebraucht worden.
In dieser Hinsicht sind die skandinavischen Moorfunde, welche
Eisencelte mit nodi erhaltenen Holzschäften geliefert haben, aus-
schlaggebend. Die Beschaffenheit des Stieles stellt die Anwendung
des an ihip befestigten Instrumentes klar. Diejenigen Gelte, welche
auf einen kniefOrmig gekrümmten Schaft gesteckt waren, müssen
Arbeitsäxte abgegeben haben, die anderen, welche an einem kurzen,
geraden Stiel sassen, als Meissein benutzt worden sein. (Müller,
S. 51 Nr. 463—465). Waffe war den Skandinaven der römischen
Eisenzeit das Geradbeil mit schmaler, dem Loch paralleler Schneide,
das in den Moorfunden zahlreich und zuweilen in Grabfunden vor-
kommt. (Müller, S. 46 Nr. 408—410). Auch in Norddeutschland
und im Ostbalticum tritt das Geradbeil schon in den Funden der
römischen Kaiserzeit auf. ') Vielleicht werden zukünftige Funde uns
zeigen, dass es auch von finnländischen Kriegern jener Zeit geschwun-
gen wurde.
Ein paar fragmentarische starke eiserne Nadeln aus der Stein-
setzung g bei Lupaja (Fund 6) sind vielleicht als Pfriemen benutzt
worden (Fig. 166). — Der meisselähnliche an dem einen Ende zu einer engen
Öse umgebogene eiserne Gegenstand 18» aus demselben Funde erinnert an
gewisse längliche, platte, mit einer Öse versehene Eisengeräte aus norddeutschen
Funden der römischen Kaiserzeit wie z. B. Tischler, Gräberfelder Taf. II i«
oder Niederlausitzer Mittheilungen IV, S. 113 Fig. 53. Tischler sieht sie für
Feuerstäble an, andere halten sie für Geräte, die zum Schärfen der
Messer dienten (vergl. Götze, Neumark, S. 47 Fig. 101). Eine Entscheidung
Fig 166.
Pfrie-
men (?).
E. Vi.
Fund 6.
') Beltz, S. 121; Voss-Stimming Abt. V, Taf. 7i»; Prussia 20, S. 37.
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240 FEUERSTAHL, NÄGEL, WETZSTEINE, SCHLÜSSEL.
darüber, ob unser Fundstück zu einem der genannten Zwecke oder etwa als
M eissei benutzt worden, ist schwierig. — Ein Feuerstahl vom Typus der
Figur 167, einer in der jüngeren Eisenzeit weit verbreiteten und seit dem bis
zur Neuzeit fortlebenden Form, hat sich bereits im Grab 151 bei Perkiö in
Lillkyro (Fund 61) vorgefunden.
Die Abbildungen 13 13 und 18 ig steilen zwei Typen von Nägeln dar,
welche in den Gräbern Vll und III auf dem Köönikänmäki (Fund 29 u. 30)
gefunden sind. Dieselben haben eine so grosse Ähnlichkeit mit modernen Nägeln,
dass es ungewiss ist, ob sie nicht vielleicht in einer spateren Zeit auf die (ganz
niedrigen) Grabhügel gefallen und allmählich vom Rasen bedeckt worden sind.
Wetzsteine zum Schleifen der Messer und anderer schneidenden Werk-
zeuge besitzen wir aus den Funden 4 und 6 (Bjemo— Lupaja), 30 und 33
(Kümo— Köönikänmäki), 40 und 41 (Tyrvis— Kaukola), 55 (Malaks-Storsjö-
landet) und 68 (Lillkyro— Tervajoki). Von einigen derselben sind nur Bruch-
stücke vorhanden, nach welchen die ur-
sprüngliche Form und Länge sich nicht
rekonstruiren lassen. Andere bestehen aus
länglichen, flachen, kantigen Steinen von
höchstens 14 cm Länge. Ein dicker Stein
Fig. 167. Feuereuhl. E. Vi. Äi mala, Kümo, mit gerundeten Kanten, 13», lag im Grab-
hügel 111 auf dem Köönikänmäki. Durch
eine gefälligere Form zeichnen sich zwei Schleifsteine aus der Steinsetzung g
bei Lupaja aus, 13 7. Sie sind an dem einen Ende durchbohrt und wurden
demnach wahrscheinlich am Gürtel getragen. Das Material der Schleifsteine
ist Sandstein, Gneiss, Quarzit.
Ein grosser, an einem Ringe hängender, eiserner Schlüssel, 13 1», von
recht ursprünglicher Art ist mit der Lanzenspitze 18 1 bei Toijala im Ksp. Akkas
gefunden; noch einfacher ist der kleine Schlüssel aus dem Grabhügel von
Roismala (Fund 42). Solche einem Dietrich ähnliche, primirive Schlüsselformen,
die an und für sich keine näheren Zeitbestimmungen zulassen, sind in den
skandinavischen Funden der älteren und jüngeren Eisenzeit zahlreich zum Vor-
schein gekommen, ') In Gräbern haben sie gewöhnlich zur Ausstattung weib-
licher Leichen gehört, was wohl auch hier der Fall gewesen ist, obwohl es
zunächst auffallen muss, dass die beiden finnischen Exemplare mit Waffen
1) Montelius 497; Montelius, Fomtiden, S. 159, Fig. 179; Rygh 161—163, 459; Müller
134, 618; vergl. u. a. auch Hostmann, Darzau, S. 90.
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EISENCELTE, WEBERSCHIFFFÖRMIGE STEINE. 241
gefunden worden sind. Der Grabhügel von Roismala dürfte nämlich die Reste
von Leichen beider Geschlechter (vergl. S. 126) enthalten haben, der Fund
von Akkas wieder ist unvollständig und unsicher.
Die 14 10 abgebildete, ca 2,e cm dicke und im Durchschnitt 6,b cm mes-
sende, runde, in der Mitte durchbohrte Scheibe von gebranntem Ton aus Fund
61 {Lillkyro — Perkiö) ist ohne Zweifel als Spinnwirtel anzusehen, der, an
das untere Ende der Handspindel gesteckt, die Aufgabe hatte die Drehung
derselben zu verstärken. Dieselbe Verwendung haben wahrscheinlich auch
einige kleinere, ähnlich geformte beinerne Gegenstände aus den Funden 64,
66 und 77 (Lillkyro— Tervajoki), von denen ein mit konzentrischen Kreisen
verzierter in Fig. 14» dargestellt ist Gleichzeitig werden hölzerne Wirtel im
Gebrauch gewesen sein. — Ahnliche Wirtel liegen aus den eisenzeiüichen
Funden Skandinaviens und des Ostbalticums vor. ') Nach S. Müller tritt der
Spinnwirtel in Centraleuropa schon in der Steinzeit auf, ist in der Bronzezeit
nicht selten und kommt in der vorchrisüichen Eisenzeit sehr häufig vor. In
Dänemark erscheint er dagegen erst in den Funden der älteren römischen
Periode. Stellenweise ist er bis in die Neuzeit im Gebrauch geblieben.
WEBEBSCHIFFFÖRMIOE STEINE.
Die Anzahl der finnländischen Funde aus den fünf ersten Jahrhunderten
unserer Zeitrechnung ist eine geringe, wenn wir uns nur an diejenigen halten,
weiche Metatigegenstände geliefert haben. Mehr wie verdreifacht wird sie,
rechnet man zu ihr alle innerhalb der jetzigen Grenzen unseres Landes gefun-
denen s. g. weberschiffförmigen Steine. Von diesen interessanten Steingeräten
befinden sich bereits Ober 230 Exemplare in den finnländischen Museen und
Privatsammlungen, und diese Zahl ist im raschen Wachsen begriffen. *) Die
relativ grosse Menge der weberschiffförmigen Steine beweist, dass dieselben
ihrerzeit in Finnland allgemein benutzt worden sind. Andererseits ist aber bei
der Beurteilung ihrer grossen Zahl in Betracht zu ziehen, dass sie aus einem
widerstandsfähigeren Material wie die Bronze- und Eisengegenstände hergestellt
1) Montelius 271, -(91, 492; Rygh 166—171, 434 -436; MOller 135-141 und S. 20, wo
eine kurze Obersicht und Literaturhinweise; Hostmann, S. 90; Tischler, Gräberfelder, S. 250;
Aspelin 1774, 2046.
*) Im Jahre 1875 kannte J. R. Aspelin nur 36 weberschiff form ige Steine aus Finnland,
Alkeita, S. 14&
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242 ' WEBERSCHIFFrORlUGE STEINE.
sind und eine in die Augen fallende Form besitzen, welche sie nicht leicht der
Aufmerksamkeit des Finders entgehen lässt.
Das Material ist Quarzit oder quarzithaltiger Sandstein, Gesteine, welche
in Finnland sehr verbreitet sind. — Unsere Abbildungen 14 j— 7 veranschau-
lichen die am häufigsten vorkommenden Typen dieser Steine und zeigen zu-
gleich, dass die Formen und Dimensionen derselben einigermassen variieren.
Zwischen die abgebildeten Typen lassen sich überdies zahlreiche Zwischen-
formen einschieben, welche Eigenschaften verschiedener Typen in sich ver-
einigen. Ein Studium der Tabellen auf S. 100—110 würde uns zeigen, dass
die kleinsten Exemplare 6,a cm, die grössten 12,« und 13 cm lang sind und
dass bei der Mehrzahl (bei 122 von 196) die Länge 8—10 cm beträgt Die
meisten Steine sind mit einer um die Schmalseiten laufenden Rinne versehen;
nur etwa der vierte Teil der in den Tabellen verzeichneten Exemplare hat
senkrechte oder ein wenig gewölbte Schmalseiten. Auf der einen ovalen Breit-
seite, sehr oft auf beiden, ist gewöhnlich eine mehr oder weniger tiefe Furche
sichtbar, die der Längsachse des Steines folgt oder schräg zu ihr gestellt ist
Viele Steine weisen zwei oder drei ziemlich parallele Furchen auf. — Von den
Typen 14 1—7 sind die kurzen und breiten e und f sowie die eckige Form g
durch verhältnismässig wenige Exemplare vertreten, und ebenso selten sind
Steine, deren Breite wie die der Fig. 14 1 weniger als ein Drittel der Länge
beträgt; die grosse Mehrzahl der finnländischen Steine gehört dagegen den
Typen b— d (142— 4) und deren Zwischenfornien an.
Nähere Angaben über die Fundverhältnisse liegen bloss für die Hälfte der
in unserer Tabelle verzeichneten Steine vor. In allen anderen Fällen ist ent-
weder nur das Gehöft oder das Dorf, in dessen Nähe das betreffende Exemplar
gefunden ist, oder gar nur das Kirchspiel, aus welchem es stammt, bekannt
geworden. Selbst die Namen der Fundorte sind zuweilen von den ungebildeten
Einsendern in so verstümmelter Form angegeben worden, dass sie sich nicht
auf der Karte haben ausfindig machen lassen. Bei einer Musterung der Ko-
lumne, welche diese Angaben enthält, wird es uns auffallen, dass beinahe alle
finnländischen Steine einzeln gefunden sind. Ausnahmen bilden nur zwei Steine
aus Munsala (Tab. V 69 und eo), welche nebeneinander gelegen haben sollen
und ein dritter Stein, (Tab. II 4), welcher mit einigen stark verrosteten eisernen
Gegenständen in der Steinsetzung f auf dem Hügel TÜkkinummi im Kirchspiel
Bjerno entdeckt worden ist (Fund 5). Der letztere Stein, das auf Aland ge--
fundene Exemplar (Tab. 1 1) und ein drittes aus einem Steinhügelgrab bei Terva-
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WEBERSCHIFFFÖRHIGE STEINE. 243
joki gehobenes Stück (Tab. Via) sind aixsserdem die einzigen, welche mit
Sicherheit als Grabfunde bezeichnet werden können. '
Alle anderen Steine, über deren Fundorte wir nähere Kenntnis besitzen,
sind Bodenfunde, zum Teil vielleicht Depot- oder auch Votivfunde. Die meisten
derselben sind bei der Feldarbeit, auf Äckern und Wiesen, zum Vorschein
gekommen. Dies gilt nicht nur von den Steinen, welche in den alten, an
Altertumsfunden reicheren Kulturgegenden gefunden sind, sondern auch von
den Exemplaren aus abgelegenen Fundorten im Innern des Landes, an welchen
weit und breit keine anderen Reste einer gleichzeitigen Ansiedelung ange-
troffen sind. Es sind daher selbstverständlich nicht alle diese Äcker schon
zur Zeit der weberschiffförmigen Steine bebaut gewesen. Von vielen derselben,
und besonders von denen, welche ausdrOcklich als niedrig oder am Ufer eines
Sees belegen bezeichnet werden, ist wohl anzunehmen, dass sie zu jener Zeit
noch unter Wasser gestanden oder sumpfiges Terrain gebildet haben. Die an
solchen Stellen gefundenen Steine wtlrden demnach unter dieselbe Kategorie
gehören wie die nicht geringe Zahl derer, welche aus einem See, Sumpfe oder
Flusse gehoben sind. *) Da nach dem Zeugnis skandinavischer Funde Gegen-
stände, welche den Göttern geopfert werden sollten, oft in einem See oder
Sumpfe versenkt worden sind, wäre es wohl denkbar, dass wenigstens einige
der obengenannten weberschiffförmigen Steine Opfergaben dargestellt haben.
Die Sorgfalt, welche auf die Herstellung der meisten dieser Geräte verwandt
worden ist, sowie die Verbreitung derselben über weite Teile unseres Landes
beweisen denn auch, dass ihr Wert in den Augen der damaligen Finniänder
kein geringer gewesen sein kann.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Mehrzahl der weberschiffför-
migen Steine in den uralten Kulturgegenden Finnlands gefunden ist. Aus dem
zum Län Wasa gehörigen Teile des südlichen österbotten zählen wir allein
68 Exemplare, von denen mehr als die Hälfte auf die 4 Kirchspiele Ylistaro,
Storkyro, Lillkyro und Laiheia, also auf das bereits in der Bronzezeit wichtige
1) Ein Stein aus dem Kirclispiel Suomusjärvi (Tab, II s) und einer aus Kuorehvesi
(Tab, IV») sollen beide in .SteinhOgeln" gefunden sein; üb diese Steinhügel aber wirklich
Grabhügel gewesen sind, ist nicht bezeugt.
S) In SQmpfen sind zehn Steine (III «, e«, 67, IV «, 9, V m, «, sa, », VI is) gefunden, in Seen
sechs (in 68, IV £, IS, le, B, sz) einer in einem Russ (Villi). Dazu kommen 17 Exemplare, die
an Ufern von Seen und Flüssen gefunden sind (III is, se, IV i, 5, 8, le, ü, s*, w, s», V m, 73, n, n,
VI 4. t, 8, «).
dby Google
244 WEBERSCHJFFFÖRUIGE STEINE.
mittlere Flusstal des Kyröälf und seiner nächsten Umgebung entfällt. In Sata-
kunta und dem südlichen Tavastland sind es vor allen die Landstriche längs
den Seen Wanajavesi — Pyhäjärvi zwischen Tavastehus und Tammerfors und
längs des Kumoflusses, dann auch die Gegend zwischen Ikalis und Tammerfors,
welche eine grosse Anzahl solcher Funde geliefert haben, je drei Steine sind
in den etwas abseits belegenen Kirchspielen Urdiala und Tammela im südlichen
Tavastland, aus denen wir auch sonstige Funde aus der Zeit vor dem J. 500
n. Chr. besitzen (S. 71 u. 98), sowie in dem an bronzezeitlichen Funden reichen
Kirchspiel Kiukais (im südlichen Satakunta) entdeckt worden. Dagegen ist die
Landschaft Eigentliches Finnland im Vergleich mit Südösterbolten und Satakunta
und in Anbetracht des Umstandes, dass sie zu jener Zeit eine verhältnismässig
dichte Bevölkerung besessen hat, an Funden dieser Art beinahe arm zu nennen.
Nördlich vom Auraflusse sind mir nämlich nur 4 Fundorte weberschifffömiiger
Steine bekannt; im südlichen Teile der Landschaft beträgt ihre Anzahl 12.
Im einem gewissen Gegensatz hierzu steht wieder die relativ grosse Zahl
solcher Steine aus dem westlichen Nyland, welches wohl Funde aus der Bronze-
zeit, aber (mit Ausnahme des Grenzkirchspiels Tenala) keinen sicheren Fund
aus der älteren Eisenzeit geliefert hat. Hier sind nämlich im Gebiet des Lojo-
sees und des Hiidenvesi allein 10 Steine gefunden worden, während 7 andere aus
den Kirchspielen längs der Küste zwischen Hangö und Helsingfors stammen. Noch
ein anderes Gebiet, aus welchem wir sonst keine Denkmäler dieser Zeit kennen
nämlich die Gegend östlich von Tammerfors, die Landschaft um das Seen-
system zwischen Tuulois und Orivesi ist ziemlich reich an Funden von weber-
schiffförmigen Steinen (Tuulois 2 Exemplare, Hauho 3, Pälkäne 2, Kangasala 7,
Sahalahti 1, Orivesi 2, zusammen 17 Exemplare). Die Häufigkeit solcher Funde
hier wie auch im westlichen Nyland wird jedoch leichter erklärlicli, wenn man
in Betracht zieht, dass beide Gebiete in der Nähe von alten Kulturgegenden
liegen. Die bisher erwähnten Fundorte von weberschiffförmigen Steinen liegen
alle im südwesüichen Finnland, in einem Gebiet, dessen nordöstliche Grenze
durch eine von Gamlakarleby nach Borgä gezogene gerade Linie gebildet wird.
In dem jenseits dieser Grenze liegenden, bei weitem grösseren Teile unseres
Landes sind, hier und da verstreut, einzelne Exemplare dieser Steine gefunden
worden. Ihre Gesammtzahl beträgt 35, während die Anzahl der im südwest-
lichen Teile gefundenen 195 ausmacht. Wir finden sie in Tavastland am Wesi-
järvi und am Päijänne sowie in einer kleineren Gruppe (9 Funde) an den Seen
nördlich von Jyväskylä. Im östlichen Nyland sind 2, in Südkarelen, nämlich
Digilized hy
Google
WEBERSCHIFFFÖRUIGE STEINE. 245
im Deltagebiet des Wuoksen, von wo auch bronzezeitliche Funde vorliegen,
5 Exemplare entdeckt worden. In Karelen nördlich vom Ladoga scheinen sie
gänzlich zu fehlen, ') und aus ganz Savolaks sind nur 2 Exemplare bekannt
geworden. Etwas zahlreicher sind sie wieder im nördlichen österbotten, wo
sie hauptsächlich in den Tälern des Uleä-, Ijo-, Kemi- und OunasJlusses ent-
deckt worden sind; einer der Fundorte liegt in dem abgelegenen Kirchspiel
Kuusamo, ein anderer (am Ounasflusse) nördlich vom Polarkreise,
Welchem Zwecke dienten nun diese merkwürdigen Geräte, die bei den
Bewohnern der alten Kulturgegenden in West- und Sildwestfinnland allgemein
im Gebrauch waren und ausserdem für die nomadisierenden Horden im Innern
und im Norden unseres Landes allem Anschein nach einen vielbegehrten
Handelsartikel bildeten? Sind sie nach Finnland eingeführt oder hier verfertigt
worden, und schliesslich, mit welchem Recht zählen wir sie der Zeit vor dem
Jahre 500 n. Chr. zu? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, müssen
wir einen kurzen Blick auf die Verbreitung der weberschiffförmigen Steine
ausserhalb Finnlands werfen und einige besonders charakteristische fremde
Funde, welche solche Steine enthalten, näher betrachten.
Ist die Anzahl der weberschiffförmigen Steine aus finnländischen Fund-
orten eine recht statüiche zu nennen, so wird sie doch durch die Menge der
skandinavischen Exemplare bedeutend übertroffen. In jedem der drei nordischen
Länder sind sie zu Hunderten gefunden worden, ") während sie ausserhalb des
*) Ein weberschiffförmiger Stein, der im Gouv, Oloneu im Kreise Petrosawodsk ge-
funden ist, befindet sich im Helsingforser Museum.
2) Schon im J. 1869 zahlte H. Hildebrand Ober 200 in Schweden gefundene weber-
schifffArmige Steine, n&mlich t85 Exemplare im Stockholmer Museum und 20 30 in den
Provinzmuseen (Ant. Tidskr. II, S. 254). In den 35 Jahren, welche seitdem verstrichen sind,
ist ihre Anzahl natQrlich bedeutend gewachsen; da aber ein SpezialVerzeichnis dieser Steine
meines Wissens nicht existiert, bin ich nicht in der Lage die jetzige Gesammtziffer anzu-
führen. Beispielsweise sei nur erwähnt, dass Hildebrand 1869 aus Öland und dem LAn Kalmar
25 Exemplare kannte, welche sich alle im Stockholmer Museum befanden, wahrend F. J.
Bcehrendtz 1890 aus demselben Gebiet 61 Stück verzeichnet hai, welche im Museum zu Kalmar
und in Privatsammlungen verwahrt werden (.SFT VII, S. 215 f.). Zu die.ser letzleren Zahl
wären also noch die 25 Exemplare Hildebrands und die seit 1869 an das Stockholmer Mu.xeum
abgelieferten Steine aus dem genannten Län hinzuzurechnen, was für dieses kleine Gebiet
allein geviöss eine Gesammtzahl von mehr wie 100 Stück ergeben dürfte. In Helsingland ist
ihre Anzahl von 6 (Hildebrand 1869) auf 20 gestiegen (Montelius, Helsingland 1901, S. 21-25).
— FQr Norwegen giebt O, Rygh im J. 1885 (Norske Üldsager} die entsprechende Zahl auf
, Google
246 WEBERSfHlFFFÖRMIGE STEmE.
skandinavisch-finnländischen Gebietes bloss in Kurland häufiger vorkommen, ')
in Norddeutschland ") schon recht selten sind und weiter südlich tlberhaupt
190 an. Seitdem sind nach den gedrukten Fund Verzeichnissen der norwegischen Museen
zu urleilen mindestens 150 Stück hinzugekommen, was eine Gesammtziffer von Ober 300 StQck
ausmacht. — Die vier berühmtesten Moorfunde auf Fonen und in Schleswig haben zusammen
mehr als 130 weberschif ff Armige Steine geliefert (Vimose 40, Kragehul 4, Nydam 60, Thors-
bjerg 30 StQck (Kragehul, Tillscg ü, wo aber wahrscheinlich auch Schleifsteine mitgerechnet
sind)). Ausserdem sind in Dänemark und Schleswig zahlreiche Exemplare, doch zumeist
als Einzelfunde, zum Vorschein gekommen. (Müller, S. 51). Aus Bomholm kennt Vedel nur
ein Exemplar (Vedel, S. 96; Vedel, Efterskrift, S. 60).
>) Der grosse Dobelsberger Moorfund enthielt ihrer 46 Stück (Riga Kat., S. 20 Nr. 311,
ündset IJemalderens Begyndelse, S. 150| giebt ihre Anzahl auf ungefähr 60 Stück an); 18 aus
anderen kurl&ndischen Fundorten stammende Exemplare sind im Rigaer Katalog erwähnt
(S. 16-17 Nr. 246-262 und S. 50 Nr. 434). Doch dürften diese Ziffern schwerlich die Ce-
sammtzahl der in dem kleinen Lande gefundenen Steine dieser Art ausdrücken. In den an
Kurland grenzenden Gebieten scheinen sie seltener vorzukommen. Wenigstens führt der
Rigaer Katalog aus Livland nur Einzelfunde sowie 2 Exemplare aus der Steinsetzung von
Ronneburg - Kaugar an (Aspelin 1791, 1796) und finden sich in der von mir benutzten ost-
baltischen archäologischen Literatur nur spärliche Hinwebe auf derartige Funde. (Riga Kat.,
S. »6-17 Nr. 263-268 und S. 30 Nr. 362, 364; C. Grewingk, Zur Archäologie des Ballicum
und Russlands, Archiv f. Anthrop. X, 1878, S. 98). — Aus dem Gouv. Wiiebsk sind mir zu Zeit
nur 2 weberschiff form ige Steine, aus dem Gouv. Kowno nur einer bekannt. (E. Tyszkiewicz,
Badania archeologiczne etc., Wilna 1850, Tab. IV *; .koicu Hiia. Pjcca. Apimior. O^ecraa IX,
1 u, 2, S, 257, Grewingk I, c). — Ein bei Bilarsk im Gouv. Kasan gefundener Stein (Mitteilung
Dr. B, Salins) ist wahrscheinlich der am weitesten nach Osten versprengte Repräsentant
seiner Gattung. Handelsverbindungen mit den jetzigen lettisch— litauischen Landern (Kur-
land) dürften ihn in diese Gegend gebracht haben.
*) In den norddeutschen Museen (mit Ausnahme der Kieler und Kftnigsbei^er Samm-
lungen) geh&ren weberschiff form ige Steine durchaus zu den Seltenheiten. Die ostpreussischen
Sammlungen bewahren mehrere Einzelfunde und eine Anzahl anderer aus Grflberfeldem der
Perioden B und C (Vergl. Tischler, Graberfelder, S. 248; derselbe, Altertümer: Dollkeim,
Grab 6, 15. 16, 3», 35a; Prussia- Katalog, S. 5 Nr. 5; Prussia 20, S. 37; Provinz iaimuseum in
Königsberg, Graberfeld Oberhof, Grab 366). — Für Westpreussen kann ich nur auf einige
wenige Exemplare im Danziger Museum, auf mehrere Stücke aus Rondsen (Rondsen Taf.
14 IS und S. 66 (Schleifsteinen sowie aus Culm im Museum für Völkerkunde in Berlin (I b
427 — 429, 458 462) hinweisen. — Der Verfasser der „Cultur Pommerns in vorgeschichtlicher
Zeit" führt nur 4 pommersche Funde solcher Steine an (Baltische Studien 46, S. 178). — In
Voss und Stimmings Tafelwerk über die Altertümer der Mark Brandenburg findet »ch keine
Abbildung eines solchen Gerätes. Im Museum für Völkerkunde in Berlin habe ich ein
Exemplar aus Dechsel, Kreis Landsberg a. W. (I f. 8076), ein zweites aus Wachow, Kr.
Wcsthavelland (I f. 7483 h) notiert. — Ob in der benachbanen Provinz Posen weberschiff-
»Google
WEBERSCHI FFFORHIGE STEINE. 247
fehlen. Nur im äussersten Westen Europas, in Schottland ') und Irland ^), be-
gegnen wir wieder diesem interessanten Gerät. Sein hauptsächlichstes Ver-
breitungsgebiet umfasst also die europäischen Länder nördlich vom 54-ten
Breitengrat mit Ausnahme der centralen und nordöstlichen Teile des jetzigen
Russlands. Weder in Norddeutschland noch in Schottland sehen wir eine solche
Mannigfaltigkeit der Formen, wie sie für die Steine Skandinaviens und Finn-
lands charakteristisch ist, und selten sind die Steine aus den erstgenannten
Fig. 168. Feuerschlagslein. ^/t. Broch von Fig. 169. Feuerschlagslein. ^h. Nydam.
Cinn Trolla, Schottland. Schleswig,
Ländern so sorgfältig gearbeitet wie diese. Die schottischen Exemplare (Fig. 168)
sowie viele von den norddeutschen bestehen einfach aus flachovalen Gerollen,
die keine Zurichtung erfahren, aber jedenfalls dieselbe Verwendung gehabt
förmige Steine gefunden sind, kann ich nicht angeben. — Recht selten müssen sie in
Mecklenburg sein, da R. Beltz ihrer in seiner „Vorgeschichte von Mecklenburg" Oberhaupt
nicht Erwähnung tut. (Im Schweriner Museum konnte ich bei einem Besuch im J. 1895
unter den ausgestellten Funden kein StOck entdecken). — For Provinz Sachsen habe ich ein
Exemplar aus Wiche, Kr. Eckartsberga (Mus, f. Völkerk. Berlin I g 1245) sowie eines aus
Hassenhausen, Kr. Naumburg (Mus. f. Völkerk. I g 6S2) notiert, ausserdem ein Exemplar im
Museum zu Halle, dessen Fundort nicht bekannt ist. — Aus Hannover .sind mir zur Zeit
keine Funde dieser Art bekannt. — In welcher Weise sich die 54 Einzelfunde von weber-
schiff form igen Steinen, welche nach W. Spiieth das Museum zu Kiel beherbergt, auf die
beiden Landschaften Holstein und Schleswig verteilen, muss ich ebenfalls unerwähnt lassen
(W. Spiieth, Ueber voi^eschichtliche Alterthümer Schleswig-Holsteins, Sonderdruck aus dem
Archiv f. Anthrop. u. Geol. Schleswig-Holsteins II s, 1896, S. 46, Anm. 1).
*) In Schottland sind sie vor allem in den s. g. Brochs, runden Warttürmen aus der
späten Römerzeit, gefunden worden. (Catalogue of Ihe National Museum of aniiquilies of
Scoüand, Edinburgh 1892, S. 236 und 240).
•) Die von S, Maller citierte Zeitschrift, The Journal of thc Royal hisi. a. archaeol.
Association of Ireland, Dublin 1889, in welcher irische Funde dieser Art beschrieben sind,
war mir nicht zuganglich.
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246 WEBERSCHIFFFÖRMIGE STEINE.
haben wie die künstlich geformten Steine, da sie aus demselben Material, Quarzit,
hergestellt sind und Schiagspuren von derselben Art aufweisen wie diese.
Solche natürlich geformte „weberschiffförmige" Steine — aus praktischen Grün-
den ist diese obwohl nicht immer zutreffende Bezeichnung hier für alle Steine
dieser Art angewandt — kommen auch in Skandinavien vor. Weit zahlreicher
sind aber dort die sorgfältig behauenen Steine von Formen, welche den unserer
Abbildungen entsprechen. Neben diesen Typen finden sich andere in Finnland
nicht vertretene Formen; besonders verbreitet ist z. B. ein Stein, der unseren
Formen a und b nahesteht, sich aber dadurch auszeichnet, dass der untere Teil
länger ist wie der obere (Fig. 169). Häufiger wie in Finnland scheinen auch
die schmalen spitzovalen Steine vom Typus a zu sein.
Skandinavische Funde sind es auch, welche uns über die Verwendung
der weberschiffförmigen Steine und über die Art, in welcher man sie zu tragen
pflegte, die beste Auskunft erteilen A. Lorange giebt in seinem Katalogwerke
, Sämlingen af norske Oldsager
^*^ *w^T^^y^ I '■ i - .iag^^''^^ ayg einem Grabhügel der begin-
Fig. 170. Feuerschlagstem Tibble Ksp I itslena, „enden Volke rwandeningszeit
Lppland
Stammenden, mit Bronzeplatten
beschlagenen Ledet^rtels, auf welchem ein weberschiff förmiger Stein, einge-
fasst in eine solche Platte, befestigt ist (Rygh 154). Ebenso enthielt der von
B. Salin publizierte Fund von Tibble, Ksp. Litslena, Uppland die reiche Garnitur
eines Gürtels, welcher ursprünglich einen solchen Stein, mittels eines Bronze-
bandes und zweier Beschläge befestigt, getragen hat (Mänadsblad 1896, S. 34,
Fig. 23, unsere Fig. 170). Mehrere andere Steine sind mit ähnlichen Bronze-
oder Eisenreifen versehen, welche um die Rille gelegt sind, und ursprünglich
mit anderen Vorrichtungen in Verbindung standen, mittels welchen der Stein
auf den Gürtel festgenietet oder an ihm aufgehängt wurde. (Vergl. Rygh 155;
Aarsb. 1873, Fig. 14; Müller, Vor Oldtid Fig. 343; Müller 459). Rostspuren an den
Rillen vieler anderer Steine deuten auf die gleiche Art der Befestigung. Da man
nun allem Anschein nach diese Geräte beständig bei sich zu tragen pflegte, so
müssen sie wohl zu einer sehr häufig vorgenommenen Arbeit benutzt worden
sein. O. Rs'ghs Erklärung, ') dass man sie zum Feuerschlagen benutzt hat, indem
») Aaraber. 1878, S. IW f.
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WEBERSCHIFFFÖRUIGE STEINE. 249
man mit einem Stock Flint durch kräftige Schläge auf die breite Oberfläche
Funken erzeugte, hat demnach sehr viel für sich. Der norwegische Archäolog
macht darauf aufmerksam, dass die früher allgemein angenommene Deutung
der weberschiffförmigen Steine als Wetzsteine nicht stichhaltig ist, da die
grosse Härte derselben sie nicht zum Schleifen von gewöhnlichem Metallgerät
geeignet macht, und so spitze und schmale Werkzeuge, für welche allein sie
noch etwa Verwendung gehabt haben könnten, in jener Zeit nicht so allgemein
im Gebrauch waren, dass man Wetzsteine zu ihrer Schärfung stets bei sich zu
tragen gebraucht hätte. Dagegen wäre es sehr natürlich, dass jeder Mann in
dieser Zeit mit eigenem Feuerzeug ausgerüstet war, welches er, um es stets
zur Hand zu haben, am Gürtel befestigte. Steine wie z. B. die natürlichen ovalen
Gerolle Fig. 168 welche nicht mit einer Rille au^estattet waren, konnten in der
Tasche oder in einem Beutel getragen werden. Wie Rygh verwirft auch
W. Splieth ') die Annahme, dass unsere Steine zum Wetzen von Kleingerät
gedient haben, bezweifelt aber andererseits auf Grund eigener Experimente
die Richtigkeit der Ryghschen Deutung, welcher sich, beiläufig bemerkt, alle
skandinavischen und viele deutsche Archäologen angeschlossen haben. Nach
Splieths Ansicht wäre es nicht möglich die Schläge auf die Flächen der Steine
so zu führen, dass sie stets auf dieselbe Stelle fallen, wo sie ausserdem eine
unregelmässige Abnutzung, nicht aber eine schmale, glatte Furche bilden würden;
femer rufe der Flint, dessen Anwendung Rygh vermutet, wohl eine Lichter-
scheinung hervor, gäbe aber keine zündenden Funken. Splieths Gegenargu-
mente wirken meiner Ansicht nach nicht überzeugend. Dass es ihm nicht
gelungen ist zündende Funken hervorzubringen und mit dem Zunder aufzu-
fangen, kann leicht auf Mangel an Übung in der Hantierung des ungewohnten
Gerätes beruhen; was wieder die Beschaffenheit der Schlagmarken betrifft, so
bestehen diese durchaus nicht immer in schmalen und tiefen Rinnen oder
Furchen. Viele finnländische Exemplare zeigen wenigstens neben diesen Rinnen
andere weniger tiefe und unregelmässige Schlagspuren.
Angesichts der grossen Verbreitung, welche die weberschiffförmigen Steine
gerade in Skandinavien gefunden haben, steht es wohl ausser Zweifel, dass die
damaligen Bewohner Finnlands die Kenntnis dieses Gerätes von Schweden
aus erhalten haben. Doch sei damit nicht behauptet, dass alle in Finnland
*) W. Splieth, lieber vorgeschichtliche Allerthflmer Schleswig-Holsteins, Sonderdruck
aus dem Archiv f. Anthrop. u. Geol. Schleswig-Holstein.s II s, 1896, S. 47/48.
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250 WEBERSCHIFPPÖRMtGE STEINE.
gefundenen Stücke aus Schweden importiert sind. Die grosse Menge derselben
spricht vielmehr dafür, dass sie im Lande selbst, wo das Material leicht zu
beschaffen war, verfertigt worden sind. Auch die norddeutschen Funde dürfen
wir trotz ihrer geringen Zahl nicht für skandinavische Importstücke ansehen.
Ein Teil derselben besteht ja, wie bereits bemerkt worden ist, aus einfachen
Geröllsteinen, welche schwerlich einen Handelsartikel gebildet haben dürften.
Da ausserdem einige von ihnen einer früheren Zeit angehören als der, während
welcher nach den zeitlich bestimmbaren Funden zu schliessen dieses Gerät in
Skandinavien besonders verbreitet war, so hat es den Anschein, als ob dasselbe
zuerst in Norddeutschland aufgekommen sei, wenn er auch in der Folgezeit im
Norden eine weit grössere Anwendung erhalten hatte. Ganz an den Anfang
der römischen Zeit, zum Teil vielleicht noch an das Ende der vorhergehenden
Periode müssen wir wenigstens einige Feuerschlagsteine, welche in den Gräber-
feldern von Rondsen und Culm in Westpreussen gefunden sind, verlegen. ')
In die ältere römische Eisenzeit ist der oben (S. 246 Anm. 2) erwähnte Fund
von Wachow, Kreis Westhavelland, Mark Brandenburg, zu setzen, welcher
einen Feuerschlagstein aus Quarzit, eine L^nzenspitze und einen Schildbuckel
mit fingerhutförmigen Nietköpfen enthält (Mus. f. Völkerk. I f. 7483 a— h).
Auch in Ostpreussen treffen wir weberschiffförmige Steine in recht frühen
Kombinationen an, so in einigen Skelett- und Urnengräbem der Gräberfelder
von Dollkeim, Liekeim und Rominten mit Gegenständen aus Periode B,
also dem 1. und 2. Jahrhundert nach Chr.") Andere gehören der Periode C
^) Anger, Gräberfeld zu Rondsen, Graudenz 1890: In der Brandgrube 259 lag ein eiför-
miges RolbtQck aus Quarzit u. a. mit einer eisernen ringförmigen Schnalle, dessen Dom mit
einem Besctilag versehen war, zusammen, 5. 30; Brandgrube 307 enthielt einen viereckigen
Feuerschlagstein aus Quarzit mit abgerundeten Kanten und u. a. einem eisernen Riemen-
beschlag mit Ring (Taf. t7 i»), S. 32; Brandgrube 450 enthielt einen ebensolchen Feuerschlag-
stein aus feinkörnigem Granit und u. a. eine Bronzefibel, welche nach der Beschreibung
Almgrens Gruppe I oder U angehören dürfte, 5. 38; Brandgrube 494 lieferte ausser einem
solchen länglichrunden Gerat aus Quarzsandstein und anderen Gegenständen eiserne und
bronzene Sporen von frühen Formen (einer = Vedel Fig. 86), S. 41. — Die Funde von Culm
befinden sich im Museum für Völkerkunde in Berlin: Brandgrube 30 enthielt einen Stein ^^^
Rondsen Taf. 14 is nebst einem Riemenbeschlag = Rondsen 17 u und einem eisernen Stichel
(Mus, f. Volk. I b 427- 429); in Brandgrube 39 lag ein ganz flacher Feuerechlagstein aus
Quarzit neben einer eisernen Schnalle = Rondsen 14 s, einer Lanzen- und Pfeilspitze = Rond-
sen 4 8, einem Messer und einem einhenkeligen Tongeffiss (Mus. f. Volk. I b 458-462).
«) Tischler Altertümer: Dollkeim, Grab 6, 15, 16, 31, 35 a; Prussia- Katalog, S. 5 Nr. 5;
Prussia 20, S. 39.
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WEBeKSCHIFFFÖRMIGE STEINE. 251
an, z. B. ein Ejcetnplar, das im Grab 366 des Gräberfeldes von Oberhof mit
Münzen der Faustina und des Antoninus Pius gefunden wurde (Provinzial-
museum in Königsberg). *)
In Skandinavien scheinen sie dagegen erst im 3. Jahrhundert allgemeiner
aufzutreten; wenigstens stammen die ältesten Funde von weberschiffförmigen
Steinen, welche durch andere datierbare Gegenstände zeitlich bestimmt werden
können, erst aus diesem und dem folgenden Jahrhundert, während die grosse
Mehrzahl derselben noch jünger ist und in das 5. Jahrhundert gesetzt werden
kann. Ob sich unter den einzeln gefundenen Steinen Stücke finden, welche
schon der älteren römischen Zeit angehören, entzieht sich natürlich der Ent-
scheidung. Zu den ältesten Feuerschlagsteinen skandinavischer Herkunft sind
die im Vimoser und im Thorsbjei'ger Moor gefundenen Stücke zu rechnen,
femer ein bei Bjers auf Godand mit 108 römischen Münzen (Vitelltus-Com-
modus) gefundenes Exemplar (Montehus 268) sowie ein Stein, der in einem
Skelet^rab bei Sendre Kjerstad, Ksp. S. Frons, Kristians Amt, mit einem
dreirückigen goldenen Fingerring, einer Fibel m. u. F. u. a. zusammen lag (Aars-
ber, 1875, S. 81). Funde des 4. Jahrhunderts, welche Feuerschlagsteine enthalten,
sind die von Nydamer Moor, von Tibble, Ksp. Litslena in Uppland (Mänads-
blad 1896), Störunge auf öland») und Stadeim im Nordre Bergenhus Amt.»)
Von Funden des 5. Jahrhunderts, in welchen solche Steine vorkommen, lassen
sich aus einer grösseren Zahl folgende als besonders charakteristisch anführen:
der Kragehuler Moorfund; ein Grabfund bei Vivlemo, Ksp. Konsmo, Amt Lister
u. Mandal (Aarsb. 1895, S. 66: Fibel = Rygh 247); der Grabhügel 12 bei Stove-
land, Ksp. Holme, Amt Lister und Mandal (Aarsber. 1878, S. 178 f.: Tor^e-
fäss = Rygh 361, Fibel = Rygh 247, Nadel = 6 7); ein Grabfund bei Vemme-
stad, Lygndal, Amt Lister u. Mandal (Aarsber. 1886, S. 67 f.: Glasbecher =
Rygh 337, Schildbuckel = Rygh 221, Axt = Rygh 153); ein Grabfund bei Leir-
hoi, Ksp. Yang, Kristians Amt (Aarsber. 1880, S. 205: Fibel = Rygh 253); ein
') Ein gleichzeitiger westpreussischer Fund ist der von Liebenau, Kr. Marienwerder,
der einen solchen Stein, eine Fibel m. u. F., einen Halsring vom Typus Prussia 17 Taf. IX t
(Scheraen) u. a. Geg. enthalt (Museum Danzig).
*) Museum Lund 13164: Skelettgrab mit Beigaben — Sehildbuckel, Lanzenspitzen,
Schwertbeschligen etc. — von Formen des Nydamer Fundes,
») Aarsb. 1873, S. 64. Grabhügel mit Steinkisten und Leichenbrand, von den flbrigen
Beigaben sind zu erwähnen ein fönfrOckiger goldener Fingerring, eine Schnalle = Thorebjerg
11 a, ein Riemenbeschlag = Nydam XIV ».
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252 wOrfelföruige steine.
Grabfund bei Evebe, Nordfjord, Amt N. Bergenhus {Aarsb. 1889, S. 70: Schild-
buckel ^ Rygh 221, Tongefäss = Rygh 367, Goldsolidus des Theodosius III
[408-450]); ein Grabfund bei Hove, Ksp. Vik, N. Amt Bet^enhus {Rygh, Text
zu Fig. 154: Fibel = Rygh 250); ein Grabfund bei Saeterbe, Ksp. Gryten, Roms-
dalen (Aarsber. 1878, S. 287: Fibeln = Rygh 247 f.). Nach Ablauf des 5. Jahr-
hunderts scheinen die weberschiffförmigen Feuerschlagsteine in Skandinavien
ausser Gebrauch gekommen zu sein ; wenigstens ist mir kein Ejtemplar bekannt,
welches mit Gegenständen des 6. Jahrhunderts (nach der hier angenommenen
Chronologie) gefunden wäre.
Für die Datierung der kur- und livländischen Exemplare liegt ein sehr
geringes Material vor, bestehend aus dem Dobelsberger Depotfunde und dem
Inventar der Steinsetzung von Ronrieburg— Kaugar, aus welchem wenigstens
soviel zu ersehen ist, dass sich der Feuerschlagstein in den genannten Ländern
zu derselben Zeit wie in Skandinavien eingebüi^ert hatte. ') Unsere finn-
landischen Steine werden wir ebenso wie die der Nachbarländer datieren, d. h.
sie hauptsächlich in die Zeit von ca. 300 bis ca 500 setzen können.
BEARBEITETE WORFELFORKOE STEINB.
Zu den Gegenständen, deren ursprüngliche Anwendung uns noch unbe-
kannt ist, gehören drei würfelförmige Steine, von denen der eine im Grab IX
auf dem Köönikänmäki {Fund 32), der zweite in einem Grabhügel auf dem
Karpinmäki bei Tervajoki, Ksp. Lillkyro, {Fund 67), der dritte im einem noch
nicht näher untersuchten Grabhügel auf dem Aittomäki ebenfalls bei Tervajoki
(Fund 81) gefunden ist.
Der Durchmesser des ersteren beträgt 5,«— 5,7 cm; der andere hat eine
etwas weniger regelmässige Form und misst 5,9x5,6x6,1 cm, der dritte ist
rundlich und hat einen Durchmesser von 6 cm. Diese Steine, die unzweifel-
haft von Menschenhand ihre Gestalt erhalten haben, entsprechen in Form und
Grösse vollständig vier Steinen aus dem Brandfelde von Koro bei Eigstfer,
Ksp. Pillistfer, Livland, welche R. Hausmann in den Sitz. Ber. d. Gel. Esüiisch.
Ges. 1901, {S. 234, Fig. 16) beschrieben und abgebildet hat. Auch Hausmann
lässt die Frage nach dem Zweck dieser Steine ungelöst, verwirft aber mit
>) Riga Katalog 309-311 (S. 19/20), 361-364 (S. 29/30). — Der Fund von Fockenhof
(Riga Kat. 434, 435, S. 49/50) ist nicht einheitlich, sondern aus Alteren und jüngeren Gegen-
ständen zusammengesetzt.
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wOrfelfÖrmige steine. 253
Recht die von anderer Seite vorgeschlagene Deutung derselben als steinzeitliche
Klopfsteine, mit denen Flint bearbeitet worden sei. Sie zeigen keine Folgen
einer solchen Verwendung. „An keinem sind Spuren von Schlag sichtbar, es
sind an ihnen keine Furchen, spitzen Ecken oder ähnliches zu entdecken, sie
sind rauh, aber nicht gesplittert. Für Klopfsteine erscheint auch die Form von
Würfel und Walze ') wenig geeignet Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass
man mehrere Klopfsteine hei^erichtet und keinen gebraucht hätte. Auch hat
das sonst reiche Grabfeld von Koro keine Funde aus der Steinzeit "
Für die Datierung der merkwürdigen Steine geben die übrigen Funde
aus dem livländischen Grabfeld keinen Anhalt. Die letzteren umfassen nämlich
einen Zeitraum von mehr als 1000 Jahren, da die ältesten Gegenstände unge-
fähr dem 3., die jüngsten erst dem 13. — 14. Jahrhundert angehören, und lagen,
die jüngeren wie die älteren, im bunten Durcheinander und mit verbrannten
Knochen vermengt am Boden des Grabfeldes, so dass es nicht möglich war
besondere Grabanlagen oder auch nur grössere zeiUich geschiedene Teile des
Friedhofes zu unterscheiden. Welchen Funden die Steine zugesellt werden
müssen, ob den ältesten Gegenständen aus dem 3. und 4. Jahrhundert, zu
welchen unter anderen die Augenfibel (Fig. 2), die Fibel m. u. F. (Fig. 1) und
die Sprossenfibetn (Fig. 3, 4) gehören, oder den Funden aus der jüngeren
Eisenzeit (wie Fig. 10, 11) oder denen aus dem 13. — 14. Jahrhundert (Fig. 14),
darüber lassen uns die Fundverhältnisse im unklaren. Eine Antwort auf diese
Frage geben uns df^egen die finnländischen Funde. Zu dem Inventar des
Grabes IX auf dem Köönikänmäki gehört nämlich eine Fibel m. u. F. von
genau demselben Typus wie die obenerwähnte von Koro, eine Form, welche
in das 4. Jahrhundert gesetzt werden muss, während in dem Grabhügel auf
dem Karpinmäki eine Lanzenspitze mit hohem, scharfem Mittelgrat, 17 s, und
Bruchstücke eines eisernen Schildgriffes älterer Form, 22 5, lagen. Durch beide
Funde werden demnach die sonderbaren würfelförmigen Steine der älteren
Eisenzeit zugewiesen, und ohne Zweifel sind dann auch die livländischen
Exemplare gleichzeitig mit den ältesten Gegenständen des Grabfeldes von
Koro. — Die finnländischen Funde, von denen der vom Köönikänmäki einem
Frauengrabe (charakterisiert durch Fibel, Kettenhalter, Hals-, Arm- und Finger-
ring), der andere dem Grabe eines Kriegers entstammt, zeigen ausserdem, dass
die Steine zu den Beigaben von Toten beider Geschlechter gehören konnten,
') Ein fflnfier Stein aus Koro hatte Walzenform.
Digilized hy VjOOQIC
254 TON CEF Asse.
ein Fingerzeig, der leider nicht deutlich genug ist um uns ober die Verwendung
des Gerätes aufzuklären.
Hausmanns Angaben über die Verbreitung der würfelförmigen Steine bin
ich nicht in der Lage mit neuem Material zu ergänzen. Aus denselben geht
hervor, dass solche würfelförmige Steine nur in Livland und Finnland mit
Gegenständen aus der älteren Eisenzeit gefunden sind. Der von Hausmann
erwähnte Stein von Sorrehnen in Ostpreussen ist in einem GrabhC^el der jüngsten
Bronzezeit entdeckt worden und wird von Bezzenberger als glatt und rundlich
beschrieben, er entspricht also vielleicht nicht ganz unseren Exemplaren. Ein
cylinderförmiger Stein aus einem steinzeitlichen Grabe bei Rositten, ebenfalls
in Ostpreussen, gleicht allerdings dem obenerwähnten fünften Stein von
Koro, vermag aber nicht die oben gegebene Datierung unserer Steinwüriel zu
erschüttern.
TOKOEFiSSE.
Das Material, das uns die Grabfunde zur Kenntnis der Keramik in Finn-
land während der ersten fünf Jahrhunderte unserer Zeitrechnung geliefert haben,
ist in jeder Beziehung dürftig, und wenn es statthaft wäre sich nach ihm allein
ein Urteil über den Stand der Töpferkunst im damaligen Finnland zu bilden,
so könnte dasselbe nur ungünstig ausfallen.
Ganze oder nur einigermassen erhaltene Ton-
gefässe besitzen wir überhaupt nicht aus dieser
Zeit. Wo sich Scherben gefunden haben, sind
sie zumeist in ganz geringer Anzahl, niemals
in solcher Menge, dass aus ihnen ein vollständi-
ges Gefäss zusammengesetzt werden konnte,
vorhanden gewesen. Nur schwache Andeutun-
gen über die ursprünglichen Formen geben uns
in einigen Gräbern gesammelte Bruchstücke
Fig. 171. Tongefäss. '/!. KarajBmaki, n , , n j ■ i ^ /»
** " P ' ' vom Doden und vom Kande emzelner Gefässe.
So lassen sich die Scherben aus der Stein-
setzung g bei Lupaja (Fund 6) zu einem Gefäss mit flachem Boden, nur
wenig ausgebauchter Wandung und einem Rande, der mit schräggestellten
Furchen verziert ist, ergänzen. Das Bruchstück aus dem einen Grabhügel
bei Pärkkö (Fund 21) ist unterhalb des Randes etwas eingezogen um sich
nach der Mitte zu wieder ein wenig auszuweiten. Ein ähnliches Rand-
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TONGEFASSE, ACKERGERÄTE. 255
Stack Stammt aus dem Grabhügel von Eura— Kulconmäki (Fund 27). Diese
höchst einfachen Gefässforroea würden im ganzen den Typen entsprechen,
welche noch in der jüngeren Eisenzeit in Finnland im Gebrauch waren und
von denen einer in Fig. 171 abgebildet ist. Auf gefälligere, kompliziertere Gefäss-
fonnen, wie sie aus den gleichzeitigen skandinavischen, ostpreussischen und (we-
n^tens einmal) aus livländischen Funden (Riga Kat., S. XIV) bekannt gewor-
den sind, deutet keine der finnländischen Topfscherben: Bruchstücke von Gefäss-
benkeln sind noch in keinem unserer Funde zum Vorschein gekommen, ebenso-
wenig Fragmente mit Buckeln wie sie nordeuropäischen Gefässen jener Zeit oft
eigen sind (z. B. Montelius 398, Rygh 367, 369), oder Bruchstücke mit scharfem
Grat von Gefässen wie etwa die Exemplare Montelius 392, Rygh 361, 368, Müller,
296 — 302. Verzierte Scherben fehlen beinahe ganz; die einzige Ausnahme bilden
die oben erwähnten schri^gefurchten RandstUcke eines Gefässes aus Bjemo.
So sind also die bisher gefundenen keramischen Erzeugnisse der damaligen
Bewohner unseres Landes recht einfacher und dürftiger Art und stehen hinter
den Gefässen aus den skandinavischen Funden weit zurück. Ob zukünftige
Ausgrabungen soi^ältiger und gefälliger ausgeführte Töpferarbeit zu T^e
fördern werden, welche uns die Kunstfertigkeit unserer Vorfahren in einem
besseren Lichte zeigen könnten, bleibt abzuwarten.
Die Bestimmung der Gefässe, deren Reste in den Gräbern gefunden
sind, ist an einer anderen Stelle dieser Arbeit (S. 116) näher erörtert worden.
Allem Anschein nach sind dieselben nicht als Knochenumen sondern als Beige-
fässe, vermudich als Behälter für Speise, welche den Toten auf den Weg ins
Jenseits mitgegeben wurde, benutzt worden.
ACKER- UND FISCHEREIGERATE, ZAUMZEUG.
Ackergeräte sind in unseren Funden Überhaupt nicht vertreten. Ob
eiserne Pfli^scharen schon damals in Finntand angewandt worden sind, ist sehr
rweifehaft; aus der jüngeren Eisenzeit besitzen wir nur eine eiserne Pflugschar,
welche auf Aland, bei Qvarnby im Ksp. Saltvik, gefunden ist (Aspelin 1689).
Ihre grosse Seltenheit in den jüngeren Funden, in welchen Sicheln und Sensen
häufig vorkommen, deutet darauf, dass man sich mit primitiveren Geräten zur
Bearbeitung des Bodens begnügt hat Die Sicheln und Sensen der älteren
Eisenzeit werden sich kaum von denen der jüngeren wesentlich unterschieden
ahben, deren Formen zahlreiche Abbildungen in Aspelins Atlas wiedergeben.
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256 fischereigerAt, zauhzeug.
Zum Funde von Uskela — Kupila (Nr. 12) gehört die eine Hälfte einer
sechszackigen Harpune oder Fischgabel von einem Typus, der in einigen
Teilen unseres Landes noch jetzt im Gebrauch ist, andererseits aber schon in
einem Exemplar aus dem But^bei^ Linnavuori bei Kronoborg, auf welchem
Funde aus dem 10. und 11. Jahrhundert angetroffen sind, vorliegt (FFT XII,
S. 138 Fig. 66). Andere Fischereigeräte sind aus der älteren Eisenzeit nicht
bekannt geworden.
Von Zaumzeugen haben die Funde 30 (Kümo — Köönikänmäki), 48 (Lem-
päälä — Päiväoiemi) und 54 (Malaks — ^Junkarsbränna) einige BruchstQcke von
Trensen geliefert, welche wir mit Hülfe von vollständig erhaltenen Ejcemplaren
aus jüngeren Funden leicht ergänzen können. In Fig. 16 1 ist eine rekonstruierte
Trense abgebildet. Sie besteht aus zwei grossen eisernen Ringen, welche
durch drei S-förmig gebogene und ineinander gehakte Eisenstangen verbunden
sind. Wahrscheinlich bildeten diese Zwischenstücke das dreigliedrige Gebiss
der Trense und nicht, wie bei der dänichen Trense Müller 450 oder der
Trense von Klein — Fliess in Ostpreussen, Prussia 21 Taf. Vb, die Kinnkette,
welche unter dem Maul des Pferdes lag. Wenigstens findet sich an keiner der
finnlandischen Trensen aus jüngeren Funden eine solche Doppelverbindung
der Trensenringe. — An dem einen Ringe der Trense 16 1 sehen wir ausser-
dem das Bruchstück einer Riemenkappe zur Befestigung des Zügels oder eines
andern zum Zaumwerk gehörenden Riemens.
Teile des Zaumwerks können auch die beiden in Fig. 16« und 16 lo abge-
bildeten kleinen bronzenen Ringe nebst den an ihnen hängenden Riemen-
beschlägen gewesen sein, welche in zwei der oben erwähnten Gräber (Nr. 4fl
und 54) li^en (vergl. Nydam VIII »o, a*— es). Sicher ist diese Annahme aber
nicht; mit demselben Recht könnte wenigstens das Exemplar 16 lo zum Gehenk
eines der drei Schwerter, die sich in dem nämlichen Grabe vorgefunden haben,
gerechnet werden (vergl. Nydam XIV la, ib). Noch eine dritte Erklärung lassen
diese Ringe zu: sie könnten am Gürtel befestigt gewesen sein wie die Ringe
an gewissen skandinavischen Gortelbeschlägen (ver^l. Montelius 333; Rygh 322;
Vedel, S. 124 Fig. 270). Charakteristisch für beide Ringe ist die um die Peri-
pherie derselben laufende tiefe Rille, ein Detail, das an nordeuropäischen
Ringen aus der jüngeren römischen und der Völkerwanderungsperiode sich
sehr oft nachweisen lässt. — Schon oben (S. 197) ist die M^Hchkeit einge-
räumt worden, dass die hutförmigen Riemenbeschläge 75 aus Fund 59 (Lill-
kyro — Perkiö) das Zaumzeug eines Pferdes geziert haben.
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SCHWERTER. 257
Eine Art Hufbeschlag wird der einem Eisstollen ähnliche Gegenstand
15 11 aus demselben Fund (Nr. 54, Malaks — JunkarsbrAnna) wie die Trense 16 1
gebildet haben. Mit den jetzt abgebrochenen Armen an den Huf befestigt,
gewährte er durch die nach unten gerichtete Spitze dem Tritt des Pferdes
eine grössere Sicherheit
Weder Steigbügel noch Sporen sind in unseren älteren Funden zum
Vorschein gekommen. — Sämmtliche unter der obigen Rubrik betrachteten
Gegenstände gehören dem Ende der hier behandelten Periode oder dem 5.
Jahrhundert, beziehungsweise der Zeit um 500 an.
WAFFEN.
8CHWBHTKB.
Eiserne Schwertklingen besitzen wir bisher aus den Funden 1 (Tenala —
Bonäs), 15 (Masku— Kankas 2 Ex.), 29 (Kumo-Köönikänmäki), 36 (Kümo—
Wuolle), 37 (Kumo-Käräjämäki), 41 (?) (Tyrvis-Kaukola), 42 (Tyrvis-Rois-
mala), 43 (Tavastkyro — Lehtiniemi), 50 (Urdiaia — Notsjö), 54 (Malaks— Junkars-
bränna, 3 Ex.), 61 (?), 64(?), 73 und 78 (Lillkyro-Tervajoki). Folgende Funde
haben andere Teile von Schwertern geliefert: 45 (Birkala— Kehois) den Scheiden-
beschlag 16», 54 (Malaks— Junkarsbränna) den Knauf 16 2 und den Scheiden-
beschla^ 16r>, 56 (Laiheia— Jakkula) das Ortband 16?, 57 (Laiheia -Jakkula)
den Griff 1«*, 61 (Lillkyro— Perkiö) den Knauf Ifis und 84 (Esse-Fors) den
Scheidenbeschlag 16«.
Wir wenden uns zunächst den Schwertklingen zu. Sie geboren, was aus
den Formen der mit ihnen gefundenen Gegenstände hervoi^eht, dem späteren
Teile des hier behandelten Zeitraumes, die Mehrzahl wohl dem 5., einige viel-
leicht erst dem 6. Jahrhundert an.
Im Verhältnis zu der kleinen Gesammtzabl der Funde aus jener Zeit ist
die Anzahl der Schwerter keine ganz geringe zu nennen. Sie werden dem-
nach schon im 5. Jahrhundert recht allgemein im Gebrauch gewesen sein.
Nur eine der Schwertklingen, das Exemplar aus Fund 78, ist einschneidig.
Ihre schlechte Erhaltung macht eine Berechnung ihrer Länge und eine Rekon-
struktion ihres Griffes unmöglich.
Die übrigen Schwertklingen sind zweischneidig. Die Exemplare unter
ihnen, die noch so gut erhalten sind, dass ihre Masse festgestellt werden können,
zeichnen sich durch eine beträchtliche Gesammtlänge aus, welche mit der ver-
hältnismässig geringen Länge der Angel kontrastiert Das kürzeste Schwert,
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258 SCHWERTER.
das von Tenala, IS», misst 79,8 cm bei einer Angellänge von 11,8 cm, das
längste, 154, zu dem Funde von Masku gehörig, hat eine Gesammtlänge von
92 cm, ihre Angel misst 12,s cm. Bei der Klinge von Tenala beträgt also, die
Länge der Angel bloss V7 der Gesammtlänge, bei der von Masku etwas weniger.
Für das Schwert von Kümo — Wuolle, 152, sind die entsprechenden Masse
88,B cm und 11 cm, die Angel misst demnach Vs der Gesammtlänge. Eines
der Schwerter von Junkarsbränna hat eine im Verhältnis noch kürzere Angel
(Gesammtlänge 86 cm (Spitze abgebrochen), Angel 10 cm) '). Die Breite der
Klingen wechselt zwischen 4 und 4,i cm.
Eine Blutrinne fehlt bei keiner der finnländischen Klingen, doch ist sie
bei dem Exemplar 155 von Kümo — Käräjämäki und dem von Urdiala nur
schwach angedeutet. Auf der im Museum Abo verwerten Klinge 16 1 aus
dem Funde von Masku sind etwas unterhalb der Angel zu beiden Seiten der
Blutrinne die Ansätze zu je einer parallelen Rinne, die aber nur eine kurze
Strecke verläuft, sichtbar. Sie erinnert hierin an einige mit zwei, drei oder
sogar vier Rinnen ausgestattete Klingen aus den skandinavischen Moorfunden
(Nydam Via, 8, VII ü; Kragehul Ib). Spuren von Damascierung in unregel-
mässigen Wellenlinien treten auf dem oberen Teile der Klinge von Tenala zum
Vorschein. Dieselbe Verzierungsweise findet sich, oft in prächtiger Ausführung,
an zahlreichen Schwertern der Moorfunde (Nydam, S. 22; Vimose, S. 14).
Nur von einem der soeben beschriebenen Schwerter ist mehr als die
Klinge erhalten, nämlich der bronzene Knauf 16 2, der in dem Grabhügel von
Junkarsbränna gefunden wurde und der natürlich zu einem der drei Schwerter
dieses Fundes gehören muss, Mit den von der Mittelpartie aus stark hervor-
springenden Absätzen und den knollenförmigen Enden, die als Nöstem eines
Tierkopfes aufgefasst werden müssen, schliesst er sich einer kleineren Gruppe
von skandinavischen Schwertknäufen an, welche sich durch eine ebensolche
Dreiteilung, zumeist auch durch Tierkopfenden auszeichnen. Eines der ältesten
Exemplare, wenn nicht den Prototypus dieser Form, sehen wir in einem
Knauf aus dem Vimoser Funde (Vimose öie). Ein Exemplar aus dem Ny-
damer Moor (Nydam VIe) zeigt vollständig ausgebildete Tierkopfenden. Etwas
') Nach Salin, S, 97, betragt die Länge der Griffangeln bei den s. g. germanisch-
römischen Schwertern aus den grossen Moorfunden und anderen Fundorten auf germa-
nischem Boden gewöhnlich den fünften Teil und weniger der ganzen Sdiwertllnge, bei echt
nordischen Schwertern der Völkerwanderungszeit ist dieses Verhältnis ungefShr '/«.
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SCHWERTER. 259
jünger wie dieser sind einige Knäufe derselben Art aus dem Moore von
Porskaer bei Horsens in Jütland (Aarb. 1881, S. 130, Fig. 6 |niil Menschen-
kopfenden], 8, 9, unsere Fig. 172). Dann möge noch ein charakteristisches,
in Tierköpfe endendes Exemplar aus einem Grabhügel bei Holmegaard, Ksp.
Holme, Lister und Mandats Amt, ') erwähnt
werden, welches, durch zwei mit ihm ge-
fundene kreuzförmige Fibeln vom Typus
Rygh 247 näher datiert, in das 5. Jahr-
hundert verlegt werden kann. Aus der- ^'8 172. Schwertknauf. Br. »/i.
„ . , , Porskaer-Moor, Jutland.
selben Zeit stammt em dreiteiliger Knauf
des Kragehuler Fundes mit breiten, scharf abgeschnittenen Enden {Kragehul I n).
Unser finnländischer Knauf muss in Anbetracht der Form seiner Enden, welche
auf einen Tiericopftypus wie der des Knaufes von Porskjer zurückweist, jeden-
falls unter die jüngeren Exemplare seiner Art eingereiht werden, was sich mit
der Zeitstellung der übrigen FundstUcke aus dem Grabhügel von Junkarsbränna
gut vereinbaren lässt
Eine Form, weiche 16* nahe steht, aber ein etwas späteres Entwicklungs-
stadium repräsentiert, sehen wir in dem Knauf 16 s von Lillkyro— Perkiö
(Fund 61) vor uns. Derselbe ist nicht wie der erstere auf der oberen Platte
durchbohrt um auf. das Ende der Griffangel gesteckt zu werden, sondern wurde
mit vier an den Schmalseiten angebrachten Stiften auf eine (nicht mehr er-
haltene) Metallplatte als Unterl^e festgenietet. Dieselbe abgestumpft dreieckige
Form ist einer Menge von germanischen Schwertknäufen der Völkerwanderungs-
zeit eigen; ungewöhnlich sind auf unserem Exemplar die zwischen den Nieten
tief eindringenden Einschnitte auf den Schmalseiten. Zwei mit unserem in
jeder Beziehung übereinstimmende Schwertknäufe, welche mit einem Ringe vom
Typus 16 10, einer Riemenzunge (ähnlich 7« aber breiter) und einem Ortband
von der Form eines Ankers in einem Grabhügel bei Gärdslöse auf Öland
gefunden sind, habe ich im Museum Stockholm notiert (Nr. 1304). Unseren
und die öländischen Knäufe glaube ich an das Ende des 5. oder den Anfang
des 6. Jahrhunderts setzen zu dürfen.
Das Bruchstück eines rinnenförmigen silbernen Seiten beschlages mit daran
sitzendem Bronzestift 16 r» aus dem Grabe von Junkarsbränna gehört gewiss zu
der Scheide eines der dort gefundenen drei Schwerter.
>) Rygh, Text zu Fig. 194 und Salin Fig 256.
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SCHWERTER.
Der Schwertgriff') von Laiheia— Jakkula 16* hat in den Moorfunden von
Thorsbjer^, Nydam und Kragehul zahlreiche Analogieen. Der Thorsbjerger Fund
hat allerdings nur ein vollständiges und zwei fragmentarische Exemplare von
dieser Hauptfonn geliefert, und diese Stücke bestehen nicht wie unser Griff
aus massiver Bronze, sondern sind aus kleinen durchbohrten Holzcylindem von
ungefähr 2,s cm Höhe zusammengesetzt, welche mit dünnen Silbercylindem
mit zwischenliegenden und etwas vorspringenden Silberreifen bekleidet sind
(Thorsbjerg 96 u. S. 40). Aus Nydam und Kragehul liegen sowohl Griffe
aus Holz mit Silberbekleidung als auch solche aus massiver Bronze vor (Ny-
dam Vis, 7,8 u. 5. 22; Kragehul Is— 6 u. S. 4). Eis kann wohl kaum einem
Zweifel unterliegen, dass die letzteren Griffe eine jüngere Entwicklungsstufe
repräsentieren: sie haben im Guss eine Form erhalten, welche die Illusion er-
wecken soll, als wären auch sie aus einzelnen Cylindem und Reifen zusammen-
gesetzt. Auf einen anderen Unterschied zwischen den typolt^sch älteren und
jüngeren Griffen dieser Art macht Salin (S. 98) aufmerksam. Die Thorsbjerger
Form mit dem gleichmässig breiten, im Durchschnitt runden Mittelstock und
den noch kurzen und verhältnismässig runden QüerstOcken (Thorsbjerg 9 b)
wird von ihm an den Anfang der Serie gesetzt") Aus ihr entwickelt sich
allmählich ein Typus wie Kragehul I b, bei welchem das gewissermassen „flach-
gedrückte" MittelstQck oben und unten, d. h. nach den Querstücken hin, sich
erweitert hat und die drei Reifen in der Mitte näher zusammengerückt sind,
während die QuerstOcke länger aber auch schmäler geworden sind. Von
diesem Gesichtspunkt betrachtet steht unser österbottnischer Schwer^ff unge-
fähr in der Mitte der Entwicklung, da sein Mittelstück noch gerade ist und
1) Die unbedeutende Länge (9,t cm) und der sthmale Durchmesser (am unteren Ende
1,f> cm) unseres Griffes scheinen ihn auf den ersten Bück nur fOr ein kürzeres, dolchartiges
Schwert geeignet zu machen. Nimmt man aber an, dass ursprünglich ein unteres QuerstOck
und ausserdem vielleicht noch ein Obei^angsstflck, welches dem am oberen Ende entsprach,
zu ihm gehört hat, so erhalten wir für die Griffangel der ehemaligen Schwertktinge eine
Länge, die nicht kleiner bt wie bei den oben beschriebenen finnl&ndischen Klingen und
vielen Schwertern aus den Moorfunden (Die Griffangeln der Schwerter von Nydam und
Kragehul haben eine Lange von ca 10,5-13 cm). Was wieder die Weite der Grifftülle
anbetrifft, so würde auch sie zur Aufnahme der Griffangel vieler dieser Schwerter ausreichen.
') Diese typologisch alte Form scheint sich aber neben den jüngeren Typen criialten zu
haben. Wenigstens sehen wir in dem jüngsten der vier grossen Moorfunde, dem Kragehuler,
Schwertgriffe von dem Typus des Thorsbjergers (Kragehul I>,4).
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SCHWERTER. 261
einen runden Durchschnitt hat, der allmähliche Übergang zum Knauf aber be-
reits vorhanden ist Wir werden seine Entstehungszeit entweder im 4. oder
spätestens am Anfang des 5. Jahrhunderts suchen dürfen.
Das längliche, leider nicht mehr vollständige Bronzestück Itte aus dem
Grabe von Esse — Fors und der Gegenstand 16» aus Birkala - Kehois sind
bügeiförmige Beschläge der Schwertscheide, welche etwas unterhalb der Mün-
dung befestigt waren und zur Aufnahme des Schwertriemens, der unter dem
emporstehenden Mittelstück hindurchgezc^en wurde, dienten (vergl. S. Müller,
Vor Oldtid Fig. 343). Von Interesse ist es, dass der Beschlag von Esse denen
aus den älteren Moorfunden am nächsten steht. Unter den Riemenbügeln aus
Fig 173. Bruchstack einer h&lzemen Schwert- Fig. 174. RiemenbQgel einer Schwert-
scheide mit aufgenietetem Riemenbflgel scheide. Br. '/j. Thorsbjerg,
von Br. Vt Thorsbjerg, Schleswig. Schleswig.
den Moorfunden von Vimose und Thorsbjerg finden wir eine Reihe dem
unsrigen recht ähnliche Stücke (Vimose 9ee, m, 7i— la; Thorsbjerg lOas, unsere
Fig. 173), während die jüngeren Funde von Nydam und Kragehul keine
Exemplare von speziell diesem Typus geliefert haben. Umgekehrt kommen
Seitenstücke zu dem Beschieß von Birkala wiederum nicht im Vimoser Funde,
wohl aber in den jüngeren vor. Der Thorsbjerger Fund enthielt bereits
einen solchen Beschlag, dessen Mittelstück aus drei parallelen Stegen besteht
(Thorsbjei^ 10 se, unsere Fig. 174). Auf unserem Exemplar ist das Mittel-
stUck nicht mehr durchbrochen; nur die Rille längs der Mitte erinnert noch
an die ältere Form. Ein unserem ganz ähnliches Mittelstück hat der Be-
schlag Nydam Vlllae, während die Seitenarme des fmnländischen Exemplares
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SCHWERTER, LANZENSPITZEN.
wieder mehr denen des Beschlages Kragehul I ii entsprechen. Wir dürfen
demnach den Riemenbügel von Esse etwa in das 3.-4. Jahrhundert, den von
Birkala in das 4. — 5. Jahrhundert setzen.
Das U-förmige Ortband von Laiheia 16 7 muss den jüngeren Moorfund-
Qrpen zugezählt werden. Charakteristisch für Nydam, Kragehul, Porskaer und
Sjöröd (Schonen), ^) kommt diese Form selten im Thorsbjerger Fund vor und
fehlt ganz in dem von Vimose. Sie hält sich noch eine längere Zeit im Ge-
brauch. So sehen wir sie noch an Schwertscheiden aus westeuropäischen
Grabfeldem der Merovingerzeit und an den Scheiden aus Grab X bei Vendel
in Uppland (Ant. Tidskr. 8: 1, S. 52 u. 53). Ohne Zweifel ist unser Exemplar
älter wie das von Vendel und gleichzeitig mit den Ortbändern aus den jüngeren
Moorfunden, mit denen sie in den Einzelheiten der Omamentierung über-
einstimmt.
Wenngleich die Frage, ob die in Finnland gefundenen Scheidenbeschläge
von echten Moorfundtypen hier verfertigt oder aus Skandinavien eingeführt
sind, sich vorläufig nicht mit Sicherheit beantworten lässt, glaube ich doch die
erstere Möglichkeit nicht von der Hand weisen zu brauchen. Recht wahr-
scheinlich deucht mir der einheimische Ursprung der Schwertklingen, zumal
sie sich in dem Verhältnis der Griff- zur Klingenlänge von den skandinavischen
Schwertern unterscheiden.
LAHZEHSPrrZEN.
Zahlreicher als die Schwerter sind in unseren Funden die Lanzenspitzen
vertreten, ihre Anzahl beträgt (unter Mitrechnung aller fragmentarischen nicht
mehr rekonstruirbaren und deshalb unten nicht berücksichtigten Exemplare)
ca 80 Stück, eine im Vergleich mit der Zahl der Funde recht stattliche Menge.
Die Lanze war daher in der älteren Eisenzeit jedenfalls die Hauptwaffe des
finnländischen Kriegers, die ihrer grösseren Einfachheit und Billigkeit halber
öfter als das vornehmere Schwert geführt wurde.
Im Verhältnis zu der grossen Zahl steht die Mannigfaltigkeit der Formen,
durch welche sich unsere Lanzen auszeichnen und von der die Tafeln 17 — 31
eine Vorstellung geben. Wir können unter ihnen zunächst zwei Hauptfonnen
unterscheiden, die sich ihrerseits in mehrere Untergruppen sondern; nämlich
■) Nydam VUl»-»; Kragehul [is,a>-a; Aarb. tSSI, S. 131; MänadsbUd 1894,5.86,87.
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LANZENSPITZEN. JSS
Lanzen mit Widerhaken und solche, welche derselben entbehren. Die letzteren
sollen als die bei weitem zahlreicheren und in typolc^scher Hinsicht älteren,
weil mehr an die Lanzen der Bronzezeit erinnernd, zuerst besprochen werden.
Nach den Formen des Blattes und dem Verhältnis, in welchem die Lange der
Talle zu der Gesammtlänge der Waffe steht, lassen sich die Speere ohne
Widerhaken in folgende drei Gruppen einteilen: a) Lanzen mit kurzer Tülle,
(deren Länge weniger als ein Drittel der Gesammtlänge beträgt) ') und einem
lat^en, zumeist schmalen Blatt mit hohem Mittelgrat, der bei einigen scharf,
bei anderen gerundet ist b) Lanzen mit lat^er Tülle {deren Länge ungefähr
die Hälfte der Gesammtlänge oder nur wenig weniger ausmacht) und flacherer,
blattförmiger Klinge, die entweder einen flach-riiombischen Durchschnitt oder
einem schwach hervortretenden Mittelgrat hat. c) Lanzen mit langer Tülle
(die mit Einschluss des zwischen ihr und der Klinge liegenden stangenartigen
Teiles, des Halses, mehr als die Hälfte der Gesammtlänge misst), und schmaler
bajonettartiger Klinge von quadratischem Durchschnitt. Zwischenformen ver-
mitteln die Übei^änge zwischen a, b und c.
Zu der Gruppe a gehören die prächtig gearbeiteten auf Tafel 17 und in
Flg. 76 abgebildeten Speereisen aus folgenden Funden: 14 (Rusko), 15 (Masku —
Kankas), 42 (Tyrvis— RoismaJa), 44 (Ikalis), 51 (Wiitasaari), 67 (Lillkyro— Terva-
joki), 02 (Ylistaro — Lahdenkylä). Derselben Gruppe soll auch die Lanze 18 1
von Akkas— Toijala (Fund 49) zugezählt werden, welche sich von den oben
genannten Speeren dadurch unterscheidet, dass bei ihr der Übergang von der
Klingenfläche zum Grat allmählicher ist, ihr Klingendurchschnitt demnach einen
Rhombus mit einwärts gebogenen Seiten beschreibt."
Zur Gruppe b gehörende Speere besitzen wir aus folgenden Funden:
12 (Uskela— Kupila, ein Ex. vom Typus lOg,»), 15 (Masku— Kankas, 18«),
18 (Nousis— Palokylä, ein Ex. vom Typus 198,b), 22 (Nykyrko— Pärkkö, 1»4),
27 (Eura— Kukonmäki, 19» und Aspelin 1231), 28 (Eura— Wainiopekka, 1 Ex.
vom Typus Fig. 70), 31 (Kumo-Köönikänmäki, 30?), 36 (Kümo— Wuolle, drei
Ex. 30» und Fig. 70), 37 (Kümo— Käräjämäki, 19 b), 48 (Lempäälä— Päivä-
niemi, 196), 50 (Urdiala— Notsjö, 3 Ex. 19s), 55 (Malaks— Storsjölandet, 20s).
— Das Exemplar Fig. 71 aus Fund 38 (Kümo— Forsby) bildet eine Zwischen-
form zwischen a. u. b.
•) Genaue Masse lassen sich nicht angeben, da die Tüllen aller dieser Speere unten
beschädigt sind.
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264 LANZENSPITZEN.
Unter die Lanzen der Gruppe c sind zu reihen: Speere aus Fund 15
(Masku— Kankas, I82 und I63), 34 (Kümo— Köönikänmäki, Fig. 65 und ein
Ex. vom Typus 18 5), 37 (Kümo— Käräjämäki, l»i), 43 (Tavastkyro— Lehti-
niemi, 18* [vielleicht ursprünglich mit Widerhaken?] und I8&). Zwischen b
und c schiebt sich die Form 304 aus Fund 10 (Muurla— Äijälä) ein.
Durch gefällige, den Eindruck des Starken und zugleich des Eleganten
erweckende Formen und durch besonders sorgfältige Ausführung zeichnen sich
die Speere der Gruppe a aus. Ihre Schneiden beschreiben entweder einen
flachen B(^en oder sind in der Mitte etwas eingez(^en, wodurch sie eine
sanft geschwungene Wellenlinie bilden. Der hohe, scharfe Mittelgrat einiger
Speere, der von der Tülle bis zur Spitze verläuft, zeugt von einem bedeuten-
den technischen Können der Verfertigers.
Lanzenspitzen dieser Art sind während der römischen Eisenzeit imd dem
Anfang der Völkerwanderungsperiode über Norddeutschiand und Skandinavien
verbreitet. Wir sehen sie besonders häufig in gewissen norddeutschen Gräber-
feldern des 2. und 3. Jahrhunderts ') und in den grossen skandinavischen Moor-
funden. Dass sie aber nicht nach römischen Vorbildern gearbeitet oder rö-
mischer Herkunft sind, wie einige Forscher wollen, sondern Weiterentwick-
lungen aus la-T^netypen bilden, welche durch einen aus Mitteleuropa kom-
menden Kultureinfluss schon in der vorrömischen Zeit nach Norddeutschland
und Skandinavien verbreitet worden sind, geht aus einer Reihe von Funden
solcher älterer Lanzen hervor. So stossen wir in dem abgelegenen Medelpad
auf einen Fund, weicher eine Lanzenspitze vom Typus 172 und eine Augen-
fibel wie Almgren 50, also eine Form des 1. Jahrhunderts enthielt (Museum
Stockholm 10940, Mänadsblad 1900, S. 11 — 13); in dem aus der Zeit um Chr.
Geb. (Montelius Perioden 3 — 4) stammenden Gräberfeld von Asby, Ksp. Eds-
bro, in Uppland fanden sich ebenfalls Lanzenspitzen mit schmalem Blatt und
') Vei^l. unter anderen die Funde von KOben, Groscliowilz und Karthaus in Schlesien
(Schlesiens Vorzeit VI, S. 180 f. und Museum f, Völkerkunde, Beriin, n 3045, 31«, 6435, 6439,
6441), Janocin und Karzec in Posen (Mus. f. VOlkerk., Berlin, 1 d 126, I d 1252), Sadersdorf,
Keichersdorf und Siraupitz in Brandenburg (Niederlausitzer Mittheiiungen IV, S. 333), Gne-
wikow, Mariendorf, Hohen Wutzow und Hoppenrode ebenfalls in Brandenburg (Mus. f. Völkerk.,
Berlin, II 1970 a, I f. 2277. I f. 449, I f. 4224), Mahlberg bei Stolzenhain in Provinz Sachsen
(Museum Halle); vergl. auch die ostpreussischen Lanzen Prussia 17 Taf XVs aus Grab 50
bei Schemen und Phys. ökon. Ges. 14, Taf. I Fig. 25 f. aus Grab 25 bei Tcngcn, beide
Funde durch Fibeln ra. u. F. und römische MOnzen charakterisiert. — Einige der hier ge-
nannten Lanzen haben längere Tallen wie die unsrigen.
, Google
LANZEN SPITZEN. 265
hohem Mittelgrat (Mänadsblad 1898—1899, S. 114 Fig. M und S. 123 Fig. 97);
die Gräber bei öfre Älebäck auf öland, welche der Periode 3 angehören, haben
ebensolche Lanzen geliefert (Mänadsblad 1896, S. 110 Fig. 96, S. 115 Fig. 106);
andere liegen aus dänischen Funden der vorrömischen Eisenzeit vor (vei^l.
Müller, S. 4 Nr. 3); von alteren norddeutschen Lanzenfunden dieser Art
hebe ich hervor aus Pommern: einige Exemplare von Schievelbein (Undset
Taf. XXIV lo), einige Ex. von Butzke und Koppenow (Schumann, Umenfried-
höfe Taf. Xt, XU« und XIV i,a); aus Westpreussen; einige Ex. von Rondsen
(Rondsen Taf. 4*, b, b); aus Ostpreussen: ein Ex. von Taubendorf (Prussia 21
Taf. IV i); aus Brandenburg: ein Ex. von Derwitz (Voss-Stimming, Abt IV b
Taf. 17 i b); aus Schlesien: zwei Ex. von Kaulwitz (Schlesiens Vorzeit VI,
S. 425 Fig. 12 und S. 427 Fig. 17). Diese Lanzenspitzen sind als la-Tdne-
typen zu bezeichnen und wahrscheinlich zum Teil, wie H. Schumann im Betreff
gewisser pommerscher Lanzen angenommen hat, von den Ländern der la-
T^nekultur hauptsächlich auf der Eibstrasse nach dem Norden gebracht worden.
Der pommersche Archäol<^ hat hierbei auf gewisse interessante Details,
welche einige der pommerschen und andere nordische Lanzen mit Speereisen
aus dem eigentlichen la-T^negebiet gemein haben, hingewiesen. *) Es sind
dies die eigentümlichen Ausschnitte an den Schneiden, die so charakteristisch
für zahlreiche Lanzen aus dem Fundort la-T6ne selbst sind (Gross, La-Tene
Taf, Vt— 9, VIi, 10, ii), und die sich ähnlich auch an Lanzen von Koppenow,
Butzke und Rondsen (Rondsen Taf. 5i, s, Taf. 6*) wiederfinden, sowie die
eingeatzten Ornamente auf beiden Seiten längs dem Mittelgrat der Koppenower
Lanzen, die auch andere nordische Lanzen kennzeichnen, ausserdem aber auf
Speeren Südwestdeutschlands, Frankreichs, der Schweiz und Ungarns auftreten. ^
Nun ist es von Interesse zu sehen, dass unter den norddeutschen und skandi-
1) Schumann, Waffen Pommems, S. 42.
*) Mit cingcatztcn Ornamenten verzierte Speere der la-Ttnczeit kenne ich zurzeit aus
folgenden Funden: ein Exemplar aus Gotland (Museum Stockholm 8381: tO); ein Exemplar
von Simbiegaard auf Bornholm, Brandgrube Nr. II (Museum Kopenhagen C 8195 und Vedel,
Efterskrift, S. 159); zwei Ex. von Koppenow, Pommern (siehe oben); einige Ex. von Rondsen,
Westpreussen (Rondsen, S. 61, Taf. 4—6); ein Ex. von Taubendorf, Ostpreussen (Prussia 21
Taf. IV 1): zwei von Kaulwiiz, Schlesien (Schlesiens Vorzeit VI, S. 425 Fig. 12 und 427
Fig- 1')i 1 E^ aus Ungarn (Weineck, Siraupitz, S. 342); ein Ex. aus der Thitle in der Schweiz
(ebenda S. 342) ; ein Ex. aus Rheinhessen (Lindenschmit, Alterthümer II, Heft 8 Taf. 4 *) ;
mehrere Ex. von Alise-Sainte-Reine in der Bourgogne (Revue archöologique XI, S. 344).
34
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LANZENSPITZEN.
navischen Lanzen der römischen Eisenzeit nicht wenige Exemplare vorkommen,
die entweder Einschnitte an den Seiten haben oder längs dem Mittelgrat
ornamentierte Felder aufweisen, mit dem Unterschied allerdings,
dass diese Ornamente nicht eingeätzt, sondern mit dem Stahl-
meissel eingeschlagen sind. '} Diese Übereinstimmungen stellen
es ausser Zweifel, dass die jüngeren nordischen Lanzen mit hohem
Mittelgrat sich aus den Speeren der la-Tenezeit entwickelt haben,
und nicht als römische Importwaren anzusehen sind. Schon in
der la-T^nezeit werden aber die germanischen Waffenschmiede
im Stande gewesen sein, die kunstvoll gearbeiteten Lanzen, mit
hohem, scharfem Mittelgrat, welche ihnen aus den keltischen Ländern
südwesüich und südlich ihres Gebietes zugeführt wurden, nachzu-
ahmen und die nach dem Zeugnis der Funde so beliebte Waffe
sich zu eigen zu machen. Denn dass die Eisenindustrie in den
germanischen Ländern damals auf keiner geringen Höhe gestan-
den hat, dafür spricht der selbstständige Zuschnitt, den man an den
nordischen Schmucksachen und anderem Gerät dieser Zeit wahr-
nehmen kann und der selbst an den so seltenen Schwertern die
Hand des nordischen Arbeiters verrät. ^) Ausser den vom Süden
her übermittelten Mustern haben aber, wie Schumann mit Recht
annimmt, ^ auch ältere einheimische Vorbilder die Formen der
ersten nordischen Eisenlanzen beeinflusst: die Speere mit hohem,
Fig. 175.
Lanzenspitze
mit Einschnit-
*) Einschnitte an den Schneiden haben einzelne Lanzen aus dem Vimnser Funde (Vimose
14b, 7), Von Lanzen der römischen Eisenzeit mit eingeschlagenen Ornamenten sind zu nennen:
ein Exemplar von Gotland, SFT IV, S. 72; ein Ex. von Rudlang, Christians Ami (R>gh 208);
mehrere Ex. von Vingf^ted Mölledam, Jütland (Museum Kopenhagen); ein Ex. aus dem
Moore HedeliskJEcr, Jütland (Annaler for nordisk Oldkyndighed 1860 Taf. IIU); mehrere Ex.
aus dem Vimoser Funde (Vimose 14 i- s, b); mehrere von Nydam (Engelhardt, Nydam Xi, t, 8,9);
ein Ex. von Ober-Jersdal, Schleswig (Mestorf, Umenfriedhöfe VTI*); ein Ex. von Straupitz
und eines von Sadersdorf, Niederlausitz (Weineck, Straupitz, S. 338 und Jenisch, das Grflberfeld
bei Sadersdorf, Kr. Guben, Niederlausitzer Miilheilungen IV Taf. IIIi u. S. 42); ein Ex. von
Hohen-Wutzow, Brandenburg (Götze. Neumark, S. 45 Fig. 86); ein Ex. aus Janocin, Posen
(Museum f. Völkerkunde, Berlin, I d 126); ein Ex. aus Georgendorf in Schlesien (LindenschmJt,
Altenhomer IV Taf. 49 k).
ü} Vergl. Undset. S. 372; Monteliu.s, Kronologi, S. 193; S. Müller, Vor Oldlid, S. 470 f;
C. Neergaard, Meddelelser fra Nationalmuseels danske Sämling, Aarb. 1892, S. 243.
*) Schumann, Waffen Pommerns, S, 28.
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LANZKNSPITZES. 267
aber gerundetem (nicht scharfem) Mittelgrat sind offenbar den
Bronzelanzen nachgebildet.
Existierte nun schon in der la-Tenezeit im Norden eine teils
auf alten Traditionen aus der Bronzezeit fussende, teils nach impor-
tierten Mustern weiterarbeitende Waffenindustrie, so ist es mehr
wie wahrscheinlich, dass die vortrefflichen, mit Mittelgrat ver-
sehenen Lanzen der römischen Zeit, welche mit den älteren Lanzen
so nahe übereinstimmen, ebenfalls aus Werkstätten germanischer
Schmiede hervorgegangen sind. In der Tat sind sie zu jener Zeit
in grösserer Menge nur über die germanischen Länder verbreitet
und kommen ausserhalb derselben selten vor. ') Wir wären so-
mit berechtigt in den finnländischen Lanzen mit hohem Mittelgrat
germanische Waffen zu sehen. Fragen wir nach ihren Fabrika-
tionsstätten, so liegt es wohl am nächsten sie in den skandina-
vischen Ländern zu suchen, wo so ausserordentlich viele mit
unseren Exemplaren vollständig übereinstimmende Speere gefun-
den sind. Nicht undenkbar wäre es aber, dass auch finnländische
Schmiede sich an die Aufgabe eine solche Waffe nach skandina-
vischen Modellen herzustellen herangewagt haben.
Eine nähere Zeitbestimmung unserer Lanzen stösst auf einige pjg ,7g i^„.
Schwierigkeiten, da nur das Exemplar von Tyrvis— Roismala zenspiize mit
Einseht! iuen.
~ " ~ E. */7. Vimose,
') Wenn ähnliche Speere in den römisohen Kastellen der Rheinlande Fünen.
gefunden sind, 90 kOnnen auch sie zum Teil Waffen germanischer HQlfs-
Iruppen gewesen sein. Von den im Wallgraben des Kastells O.sierburken in Baden ange-
troffenen Lanzen mit Mitielgrat nimmt K. Schumacher gerade wegen ihrer Ähnlichkeit
einerseits mit la-T6ne formen, andererseits tnil nordischen Lanzen und wegen ihrer Lage
ausserhalb des Kastells an, dass sie germanische Waffen sind, welche bei einem Angriff
gegen das Kastell verschleudert worden. {K, Schumacher, Kastell Osterburken, Heidelberg
1895, S. 36 und Korrespondenzblatt d. Westdeutsch. ZeiLschr. f. Gesch. u. Kunst XV [18961,
S. 65—67). Übrigens unterscheiden sich die üsierhurkener Lanzen bei aller Ähnlichkeit
durch ihre aufgeschlitzte TQlle von den nordRermanischen, und auch sonst scheinen Lanzen,
welche in allen Einzelheilen den noi-deurapäischen Exemplaren entsprechen, in den
römbchen Funden der Rheinlande weil seltener vorzukommen wie im Norden. Das grosse
Kastell Saalbui^ im Taunus, bei des-sen Ausgrabung eine Menge Lanzenspitzen gefunden
worden sind, enthielt z, B, nur ein Exemplar mit einer scharf ausgeprägten Rippe, welches
mit norde uropaischen I.Änzen in allen Stücken Obereinsiimmi. L. Jacobi, Das Römerkastell
Saalburg, Homburg vor der Höhe 1897, Kig, 77» und S. 491.
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LANZENSPITZEN.
Fig. 76 mit einem genauer datierbaren Gegenstande, nämlich der oben in die
Periode D gesetzten Fibel 3 8, gefunden ist. Wir werden uns damit begnügen
müssen die übrigen ganz im allgemeinen in die Zeit der grossen nordischen
Moorfunde, also in das 3. — 5. Jahrhundert, zu verlegen. An das Ende dieser
Periode gehört vielleicht die Lanze von Masku 17», wenn sie gleichzeitig mit
den beiden Schildbuckeln 23+ und 228, die späten Typen angehören, nieder-
gelegt sein sollte. Die in Kupfertauschierung auf der Lanze von Akkas 18 1
angebrachten Ornamente geben uns keine sichere Handhabe zu einer genauen
Datierung, da tauschierte Speere sowohl in Funden der römischen Eisenzeit
wie auch in späteren Kombinationen auftreten.
Die Lanze Fig. 71 von Kümo — Forsby ist oben als eine Übergangsform
zwischen den Gruppen a und b bezeichnet worden. Mit den Speeren der
ersteren Gruppe hat sie den Mittelgrat gemein, welcher aber bei ihr nur
schwach hervortritt und von vertieften Feldern eingefasst ist Solche vertiefte
Flächen, deren Umrisse mit den Schneiden parallel laufen und den mit Strich-
ornamenten verzierten Feldern anderer Lanzenspitzen (vergl. S. 265) entsprechen,
kommen schon auf Lanzen der römischen Eisenzeit (vei^l. Vimose 14 la, w),
besonders oft aber auf südgermanischen Lanzen der Völkerwanderungszeit
vor. ') Wir sehen sie auch auf einigen fmnländischen Exemplaren, welche ich
geneigt bin frühestens dem 6. Jahrhundert zuzuweisen. Vielleicht gehört auch
unsere Fig. 71 erst dieser Zeit an.
Unter den Lanzen, welche wir der Gruppe b zugezählt haben, lassen
sich mehrere Variationen unterscheiden. Eine Form, welche der Fig. 71 nahe
steht und ebenfalls zur Gruppe a herüberleitet, haben wir in dem Exemplar
192 von Eura — Kukonmäki mit dem schwach hervortretenden, gerundeten
Mittelgrat und runden Schneiden vor uns. Dieser schlanken Form begegnen
wir schon in den Funden der la-Tenezeit. ^ In der Völkerwanderungszeit
scheint sie eine weite Verbreitung zu haben, da sie sowohl in den südgerma-
nischen Gräberfeldern wie im Norden, in Skandinavien wie im Ostbalticum
vertreten ist. ") Eine genauere Datierung unserer Lanze ist unmöglich. Sie
') Vei^l. Lindenschmit, Handbuch, S. 166 u. Fig. 55; derselbe, Centralmuaeuin XIIIt.
») Vci^l. z. B. Gross, La-Tftne Vi,?; Much, Atlas, LXs (s) (Krain); Pic, Ccchy na üsvite
dejin, Bd I, Prag 1902, Taf. XXXIÖb (Böhmen).
') Lindenschmit, Handbuch, S, 166 und Fig. 54; Monteiius 275 (BIckinge); Tpjui lO-n
■pietMor. ciiaw n. Part 1896, Moskau 1899, Taf. IV i u. i (Litauen); Riga Kat Z3s (Livland).
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LA,\ZENSP1TZEN.
kann der Zeit vor 500 angehören, aber auch ein wenig jünger sein. Aus der
Wikingerzeit ist mir dagegen ein Exemplar von speziell diesem Typus nicht
bekannt. — Dieser Form schliesst sich zunächst der durch die Lanzen 19$
und 19» repräsentierte Typus mit etwas schmälerem Blatt von rhombischem
Durchschnitt und ebenfalls gerundeten Schneiden an. Über seine Verbreitung
und Zeitstellung gilt ungefähr dasselbe wie von der so nahe verwandten
Form 192. Die finnländischen Funde, in denen er vertreten ist, nämlich die
von Uskela— Kupila (12), Nousis— Palokylä (t8), Eura— Kukonmäki (27), Kümo—
Käräjämald (37), Tyrvis— Kaukola (39), Urdiala— Notsjö (50) gehören alle an
das Ende der hier behandelten Zeit und sind zum Teil vielleicht erst um 500
anzuzetzen. — An der Lanze 196 von Lempäälä—Päiväniemi fällt uns die fazet-
tierte, achtkantige Tülle " auf. Sie entspricht in diesem Detail einer Menge
Lanzen aus den grossen nordischen Moorfunden und dürfte mit den jüngsten
derselben gleichzeitig sein, da sie mit dem kleinen Ringe 15 s gefunden ist,
der ganz ähnlichen Exemplaren aus skandinavischen Funden des 4. und 5.
Jahrhunderts und aus dem an das Ende des 5. Jahrhunderts zu setzenden
Funde von Malaks— Junkarsbränna {16 b u. 16 lo) an die Seite zu stellen ist. —
Auch die Lanze 30 1 vom Köönikänmäki und 18« (Masku—Kankas) haben eine
kantige TölIe und gerundete Schneiden, andererseits aber ein schmäleres und
im Verhältnis zur Tülle längeres Blatt. Die erstere Lanze wird durch die aus
demselben Grabe stammende Fibel m. u. F. 22 der Periode D zugewiesen,
der Fund von Kankas, dem die letztere angehört, scheint, wie schon oben
bemerkt worden, aus dem Ende der hier behandelten Zeit zu stammen. —
Die Lanzen 2O3 und 20r>, deren Klinge unterhalb der Mitte am breitesten ist
und deren Schneiden von dieser Stelle ab bis zur Spitze geradlinig verlaufen,
leiten zu Formen der Wikingerzeit hinüber, doch unterscheidet sich 20r> von
den letzteren durch die beträchtliche Länge der Tülle, welche die des Blattes
übertrifft. Bei den jüngeren Lanzen pflegt das Längenverhältnis zwischen
Blatt und Tülle umgekehrt zu sein. Beide Lanzen gehören späten Funden an,
8O3 wird durch die Fibel 82 (Ende des 5. Jahrhunderts) datiert, 30 5 ist mit
der Ösennadel 6« (ungefähr dieselbe Zeit) gefunden.
Bei den Lanzen der Gruppe c erreichen die Tülle und der zugehörige
„Hals", der dünne massive Teil zwischen der hohlen Tülle und der Klinge,
eine noch grössere Länge, und ist der Übergang vom Halse zu der bajonett-
förmigen Klinge zuweilen kaum merklich. Es bilden diese Lanzen eine Parallel-
form zu dem durch Widerhaken ausgezeichneten Lanzentypus 21 1«, wie es
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270 LANZENSPITZEN.
denn auch möglich ist, dass ein paar der ersteren, die Exemplare 18 8 und 18 4,
ursprünglich mit Widerhaken versehen gewesen sind. Im ganzen scheint die
lange, bajonettartige, im Durchschnitt quadratische Klinge ohne Widerhaken
ausserhalb Finnlands sehr selten zu sein. ') während Speere mit Widerhaken
recht oft eine derartige Klinge besitzen.
Die Gruppe c ist gerade wegen der soeben erwähnten nahen Verwandt-
schaft mit den angonenähnlichen finnländischen Speeren mit Widerhaken den
jüngsten der hier behandelten Speertypen zuzuzählen. — Eine ungewöhnliche
Form besitzt die Lanze 2O4 aus Fund 10 (Muurla — Äijälä) mit verhältnismässig
kurzer, fazettierter Tülle und kräftiger, gedrungener, im Durchschnitt quadra-
tischer Klinge, welche längs den Schneiden sowie etwas unterhalb der Spitze
und oberhalb der Tülle mit vertieften Linien verziert ist. Ihrem ganzen Habitus
nach giebt sie sich als eine Waffe aus der Zeit der grossen skandinavischen
Moorfunde zu erkennen. Allerdings haben diese Funde nur Pfeilspitzen geliefert,
welche unserer Lanze entsprechen (Kragehul !V se, st), während diese Form,
soviel ich weiss, unter den Speeren nicht aufgetreten ist Auch in Finnland
steht unser Exemplar bisher vereinzelt da. Im übrigen bildet es ein Seiten-
stück zu der mit ihm gefundenen Lanzenspitze 30«, mit der es in der Form
der Tülle und in der Verzierung der Klinge übereinstimmt.
Zur zweiten Hauptgruppe haben wir die Lanzen mit Widerhaken gerechnet.
Solche Speere liegen aus folgenden Funden vor: 1 (Tenala — Bonäs, I Ex..
vom Typus 21 8), 10 {Muurla— Äijälä, 20«) 18 (Nousis— Palokylä, 21 r), 28
(Eura— Wainiopekka, 1 Ex. vom Typus 21 8), 29 (Kümo— Köönikänmäki VII,
1 fragmentarisches Ex. anscheinend vom Typus Aspelin 1318 oder 1566), 30
(Kümo— Köönikänmäki HI, 21 j), 36 (Kümo— Wuolle, 21 s), 37 (Kümo— Käräjä-
mäki, 21 10), 39 (Tyrvis— Kaukola, Fig. 177), 43 (Tavastkyro— Lehtiniemi, 21 5),
46 (Wesilahti— Peltosaari, 1 Ex. vom Typus 21«), 50 (Urdiala— Notsjö, 21 9),
54 (Malaks— Junkarsbränna, Fig. 79), 57 (Laiheia- -Jakkula, Fig. 83).
Bei einer Musterung dieser Lanzen wird es zunächst auffallen, dass nur
zwei derselben, das Exemplar von Urdiala und vermutlich auch das von
Köönikänmäki VII mit einer Angel versehen sind, während alle Übrigen eine
1) Interessant ist eine derartige, lebhaft an 0*3 oder I9i erinnernde Lanze aus einem
Grabe bei Koben in Schlesien, das u. a. auch eine Fibel m. u. F. lieferte. Seger, Ein schle-
sischer Begrabnisplatz des 3. Jahrhunderts bei Kaben a. d. Oder, Schlesiens Vorzeit in Bild
u. Schrift VI, S. 180.
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LANZEN SPITZEN.
Tülle besitzen. Dieses Vorwiegen der Tüllenspeere ist charakteristisch für
unsere ältere Eisenzeit. In jtlngeren Funden sehen wir, was die Lanzen mit
Widerhaken betrifft, die en^egengesetzte Erscheinung: die Mehr-
zahl derselben besitzt eine Angel, während Tullenlanzen mit
Widerhaken zu den Ausnahmen gehören.
Betrachten wir zuerst die mit Tülle versehenen Exemplare.
Wir begegnen hier der nämlichen Mannigfaltigkeit der Formen,
durch welche sich die Speere der ersten Hauptgruppe auszeichnen.
Nach den Formen der Widerhaken und der Klinge und nach
dem Verhältnis der Tütlenlänge zur Gesamdänge lassen sich unter
ihnen beinahe ebenso viele Spezialtypen unterscheiden, wie ihre
Anzahl beträgt.
In äl e (Nousis — Palokylä) sehen wir ein Exemplar mit ver-
hältnismässig kurzer, fazettierter Tülle und schmaler, bajonettartiger
Klinge, von welcher kurze Widerhaken mit einwärts geschweiften
Schneiden au^ehen. Ganz ähnliche Formen liegen aus skandi-
navischen Funden der jüngeren römischen Zeit vor; doch ver-
dient es hervorgehoben zu werden, dass bei den skandinavischen
Lanzen die Schneiden der Widerhaken sonst in der Kegel aus-
wärts gebogen (konvex) sind. Der Fund von Palokylä hat ausser
21« und einigen anderen Gegenständen die Halsringe 89 und 810
(4.-5. Jahrh.) und den Kettenhalter 7 1« (6. Jahrh.) geliefert. Ob
diese Sachen gleichzeitig niedergelegt worden sind, ist zweifel-
haft. — Demselben Typus wie 21 e hat vielleicht das fragmentarische
Exemplar Fig. 83 aus dem Funde von Laiheia (Nr. 57) angehört,
welcher Gegenstände des 3. (Hakenkreuzfibe! 67) und 4. Jahr-
hunderts (Fibel 2«, Schwertgriff 16 4 [um 400]) enthalt. — Bei
dem Exemplar von Tyrvis Fig. 177 ist die Klinge breiter und
sind die Widerhaken kräftiger entwickelt. Abgesehen von der
Tülle gleicht sie sehr gewissen Speeren aus jüngeren Funden, wie
denn auch der Fund, dem sie entstammt, ein später ist. — Der Typus 21 s,
durch drei Exemplare in den Funden von Tenala—Bonäs, Kümo— Wuolle und
Eura — Wainiopekka vertreten, bildet ein Seitenstück zu der Form 20 5. Wie diese
ist er durch eine lange, runde Tülle und eine lange, im Durchschnitt rhombische
Klinge charakterisiert; die Schneiden seiner Widerhaken bilden die geradlinige
Fortsetzung der Blattschneiden. Auch diese Form gehört, was aus ihrer Ähnlich-
Fig. 177.
Lanze nspilze
t Wider-
haken. E. Vn.
Tyrvis,
Kaukola.
Fund 39.
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LANZENSPITZEN.
keit mit 20« hervorgeht, an das Ende der hier behandelten Zeit. — In Figur äl lo
sind die runde Tülle und die bajonettartige Klinge einer Lanze wiedergegeben,
welche wahrscheinlich zwischen diesen beiden Bruchstücken noch einen langen
stangenförmigen Hals besessen und somit der im Tafelwerk Vorgeschichtliche
Altertümer aus Finnland, Helsingfors 1900, 71 9 abgebildeten Lanze von Malaks —
Mattlar (H. M. 2272: 11) entspricht: eine der verschiedenen Formen finn-
ländischer Angonen, welche in Waffenfunden des 6. und 7. Jahrhunderts nicht
selten auftreten. — Einem speziell skandinavischen Typus gehören die Lanzen-
spitzen 20« von Muurla— Äijälä und 21 ; vom Köönikänmäki an. Wir begegnen
dieser interessanten Form mit der fazettierten Tülle, der kräftigen, nach der
Mitte zu sanft anschwellenden Klinge und den ungewöhnlich langen, nah
an die Tülle angeschmiegten Widerhaken zuweilen in den skandinavischen
Moor- und anderen Waffenfunden. An Eleganz der Formen übertrifft das
Exemplar von Muurla alle anderen mir bekannten Speere dieses Typus. Dass
unsere Form nur eine spätere Entwicklung solcher Lanzentj-pen wie Vimose
14 H, Nydam Xln oder Rygh 211, 212 ist und durch eine blosse Verlängerung
der Widerhaken und eine stärkere Betonung der Klingenmitte dieser Lanzen
entstanden ist, springt sofort in die Augen. Durch die Ausbildung dieser
Details unterscheidet sie sich aber immerhin stark genug von der älteren Form
um als ein besonderer jüngerer Typus aufgefasst zu werden. In den älteren
der bekannten grossen nordischen Moorfunde fehlen Lanzen von diesem Typus.
Dagegen zeigen sie sich in dem jüngsten derselben, dem von Kragehul (vergl.
Kragehul III 21). Die Grabfunde, welche solche Lanzen geliefert haben, gehören
ebenfalls zu den jüngsten der römischen Eisenzeit oder bereits in die darauf
folgende Periode. ') Von unseren finnländischen Exemplaren ist Sl 7 mit der
Fibel 8 ö und dem Lunula-Anhängsel 7 )<t (Periode C— D) gefunden worden,
während zu dem Funde von Muurla zwei Schildbuckel gehören von einem
Typus, der in skandinavischen Waffenfunden des 4. — 5. Jahrhunderts vor-
kommt (vei^l. den Abschnitt Schildbuckel). — Durch eine ungewöhnlich kleine
Klinge ist die fragmentarische Lanze 21 ü ausgezeichnet. Sie gehört zu dem
') Ein solcher Fund ist der bereits, auf Seite 155 u. 226 erwlhnte von Tveito im Ksp. Dal
Amt Bratsberg, der aus der Zeit um das J. 400 stammen dürfte. — Ein anderer Grabfund
bei Holmegaard in Lister und Mandals Amt hat ausser einer solchen Lanze 2 „kreuzförmige"
Fibeln ähnlich Rygh 247, deren Form auf das 5. Jahrhundert hinweist, sowie Waffen und
Geräte von Typen aus derselben Zeit enthalten (vergl. S. 259 und Nikolaysen, Norske Forn-
levninger, S. 271 sowie Rygh, Text zu Figur 194).
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LANZENSPITZEN.
späten Funde von Tavastkyro - Lehtiniemi, der die beiden oben besprochenen
Lanzen 18* und 18 :> der Gruppe c geliefert hat.
Es ist schon oben darauf hingewiesen worden, dass die Lanzenspitze von
Urdiala 81» und vermudich auch ein defektes Exemplar vom Typus Aspeiin
1318 oder 1566 vom Kdönikanmäki unter unseren Speeren mit Widerhaken
die einzigen sind, welche eine Angel oder Schaftzunge anstatt der Tülle
besitzen. Auch in den skandinavischen und norddeutschen Funden der hier
behandelten Zeit findet sich selten ein Speereisen, das auf eine solche Weise
an den Schaft befestigt ist. Der älteste der grossen nordischen Moorfunde,
der von Vimose, enthalt kein einziges solches Exemplar und in den jüngeren
sind sie nur wenig vertreten. Einzelne Stücke hat der Nydamer Fund geliefert.
In den finnländischen und ostbaltischen Funden der jüngeren Eisenzeit zahlen
dagegen Lanzen mit Angel durchaus nicht zu den Seltenheiten, was um so
bemerkenswerter ist, weil solche Waffen in Skandinavien auch damals nur wenig
im Gebrauch gewesen sind. Die Art, wie diese Angel an den Schaft befestigt
war, wird durch einige wohl erhaltene Lanzenschafte und Verbindungsglieder
aus dem Nydamer Fund veranschaulicht. Wir sehen an ihnen, wie die Angel
in dem gespaltenen Ende des Schaftes steckt und vermittelst des Nagels, der
durch das Loch in der Angel geschlagen ist, und eines Metallringes, der das
Ende des Schaftes umklammert, festgehalten wird (Nydam XI bo, a u. *8).
Dieselbe Befestigungsweise werden wir bei unserem Exemplar 21» voraus-
setzen dürfen, vielleicht mit dem Unterschied, dass der Metallring durch eine
um das Schaftende gebundene Schnur ersetzt worden ist, wie dies auch an
Lanzen aus dem Nydamer Moor beobachtet worden ist (Nydam XII a u. b). Die
Zeitstellung unserer Lanze ist unsicher, da es nicht erwiesen ist, ob sie mit
den Fibeln 3 1 und 3 r. zusammengelegen hat. Jedenfalls stellt sie eine späte Form
dar. Der Speer vom Köönikänmäki dürfte erst nach 500 anzusetzen sein, da
Lanzen von seinem Typus in jüngeren finnländischen Funden der Völker-
wanderungszeit auftreten und andere Gegenstände aus Grab VII auf dem
Köönikänmäki erst dem 6. Jahrhundert zuzuweisen sind.
Alle hier beschriebenen finnländischen Lanzen werden als Wurf- und
Stosswaffen benutzt worden sein. Besonders geeignet für den ersteren Zweck
erscheinen die mit Widerhaken versehenen, also einer Harpune vergleichbaren
Speere und die schmalen, bajonettartigen, mit langer Tülle und Hals ausge-
statteten Exemplare der Gruppe c. Dass die Form der mit einem solchen
langen Halse versehenen Speere mit Widerhaken von dem römischen Piluni
Digilized
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274 LANZENSPITZEN, PFEILSPITZEN.
beeinflusst worden ist, haben L. Lindenschmit und andere Forscher mit Recht
hervorgehoben. ') Durch eine immer weiter gehende Verlängerung des Halses
dieser Waffe entstand bei den Westgermanen der Ango der Merovingerzeit,
ausgezeichnet durch seine unerhörte Länge (bis 1 ,a* m), welche die der längsten
Speere aus den nordischen Moorfunden und auch der so interessanten finn-
ländischen Angonen des 6. und 7. Jahrhunderts noch übertrifft. Sehr beachtens-
wert ist es, dass diese Entwicklung bei den Germanen zu einer Zeit ihren
Anfang nimmt, während welcher das Pilum im römischem Heer mehr und mehr
verkümmert und schliesslich dem von Vegetius {um 450 n. Chr.) beschriebenen
Spiculum Platz macht.
Die Frage nach der Herkunft der finnländischen Lanzen vor 500 ist im
Betreff der mit hohem Mittelgrat ausgestatteten Speere bereits oben zu beant-
worten versucht worden. Wir haben es für wahrscheinlich angesehen, dass
die Mehrzahl derselben aus Skandinavien eingeführt worden ist. Denselben
Ursprung haben allem Anschein nach die Exemplare 80*, SO« und 21 7 (vergl.
S. 270, 272). Als finnländische Lokalformen dürften die Speere der Gruppe c
zu bezeichnen sein, und keineswegs ausgeschlossen ist es, dass auch die übrigen
Exemplare der Gruppe b und der Widerhakenspeere aus einheimischen Werk-
stätten hervorgegangen sind.
PFEILSPITZEN.
Unter der kleinen Anzahl Pfeilspitzen in den Funden aus der Zeit vor
500 treten zwei Formen auf, nämlich solche mit flacher, blattförmiger (30 1,2)
und andere mit vierkantiger, stangenförmiger Klinge (21 3,3)- Sie sind sämmtlich
mit einem Stiel oder einer Angel zum Einstecken in den Schaft versehen.
Die blattförmigen Pfeilspitzen aus den Funden 2 (Tenala^Bonäs), 26 (Lappi —
Wahala), 30, 34 u. 35 (Kümo— Köönikänmäki), 39 u. 41 (Tyrvis— Kaukola),
43 (Tavastkyro — Lehtiniemi), 64 u. 67 (Lillkyro- Tei-vajoki) sind durchweg
ziemlich nachlässig gearbeitet; auch bei Exemplaren, welche nicht von Rost
mitgenommen sind, verlaufen die Schneiden unregelmässig. Ganz ähnliche
Pfeilspitzen kommen in den finnländischen Funden der jüngeren Eisenzeit
häufig vor. — Eine bessere Technik verraten die kleinen Stangen- oder bolzen-
') Lindenschmit, Handbuch, S. 182; ders., Sigmaringen, S. 22; ders., Altenhümer, Bd. I,
Heft XI Taf. 5 u, Text; Undset, S. 410; O. Dahm, Das Pilum, Bonner Jahrbücher XCVI,
S. 226 f.
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förmigen Pfeilspitzen aus den Funden 30 u. 34 (Kümo— ICöönikänmäki). Sie
sind von einer Form, welche in den nordischen Moorfunden mehrfach vertreten
ist ') und auch in der jüngeren Eisenzeit fortlebt. '') Die ohen
genannten Funde gehören zumeist dem Ende der hier behandelten
Zeit an.
Die Pfeilspitze mit Widerhaken 21+, die einzige, welche in
unserer Fundbeschreibung erwähnt ist, stammt aus dem Grab-
hügel VII auf dem Köönikänmäki (Fund 29), dessen Beigaben
zum Teil erst dem 6. Jahrhundert zuzuweisen sind.
Nicht näher datierbar sind zwei grosse Pfeil- oder kleine
Lanzenspitzen mit Tülle, 21 1 und Fig. 178, aus zwei Gräbern
bei Tervajoki im Ksp. Lillkyro (Fund 75 u. 79).
Bisher ganz unbekannt sind hier die in Skandinavien nicht .^^^'■^^.^'
*• Pfeilspitze
seltenen beinernen Pfeilspitzen. mit Tolle. E.
^i3. LiHkyro,
Tervajoki.
SCHILDBUCKEL UHD SCHILDFESSELN. Fund 75.
Von den aus vergänglichem Material, Holz oder Leder, verfertigten Schil-
den sind uns nur einige eiserne Fesseln und eiserne Buckel und höchstens
noch einige Nägel, mit denen jene an den Schild befestigt waren, erhalten.
Halb{?ylindrische metallene Randbeschläge, wie sie aus gleichzeitigen skandina-
vischen und norddeutschen Funden (insbesondere des Eibgebietes) vorliegen, ^
haben sich bei den älteren finnländischen Schildbuckeln noch nicht vorgefun-
den. Über Form und Dicke des Schildes geben daher unsere eigenen Funde
keinen Aufschluss. Wahrscheinlich waren sie wie die noch erhaltenen, aus
skandinavischen Mooren gehobenen rund und aus dünn gehobelten Brettern
von nur 4—8 mm Stärke zusammengesetzt (Müller, S. 41). Mit Buckeln zum
Schutze der Hand werden, wie L. Lindenschmit (Handbuch, S. 242) annimmt,
bloss die Schilde der Wohlhabenderen versehen worden sein. Wenigstens
sind solche Schildbuckel im allgemeinen nur in reicher ausgestatteten Gräbern
gefunden worden.
'I Vimose 14 m; Nydam XII !- (a, 27, sO.
•) Kiga Kat. 10m 57, vom Burgberg hei Astheraden in I.ivland.
'} Vergl. hierOber A. Göt/e, KandbesohläRe und Form j;P'^*''is'^''C'' Schilde der
pro vincial römischen Zeit. Nadir, über deutsch. Alicrthum.-ifundc 1900, S. 43.
, Google
276 SrtllLDBUCREL.
Die wenigen finnländischen Schildbuckel haben ganz wie die Schwert-
scheidenbeschläge und Knäufe sowie viele Lanzenspitzen skandinavische,
beziehungsweise germanische Formen. Beide Haupttypen der römischen Eisen-
zeit und der beginnenden Völkerwanderungsperiode, nämlich der Buckel mit
dem runden, gewölbten Oberstück und der trichterförmige, in eine Spitze endi-
gende, sind in unseren Funden vertreten : der erstere durch drei fragmentarische
Exemplare aus der Steinsetzung g von Bjemo— Lupaja (Fund 6), von welchen
der am besten erhaltene in Fig. 22 1 abgebildet ist, der zweite durch die Buckel
aus den Funden Nr. 12 (Uskela— Kupila, ein fragmentarisches Exemplar, ver-
mutlich wie 226), 15 (Masku— Kankas, 88k), 36 (Kümo— WuoUe, 88«), 42
(Tyrvis— Roismala, ein fragmentarisches Ex. wie 28»), 54 (Malalts— Junkars-
bränna, zwei Ex. 887). Zwischenformen mit hohem Oberstück und noch nicht
ausgebildeter Spitze liegen vor aus den Funden 10 (Muurla — Äijälä, zwei
Ex. 22s), 15 (Masku— Kankas, 884), 29 (Kumo-Köönikänmäki, ein fragment.
Ex. vermuüich wie 88 s). Kleinere, nicht mehr rekonstruierbare Bruchstücke
von Schildbuckeln besitzen wir ferner noch aus Fund 67 (Lillkyro— Tervajoki),
zu welchem auch die Schildfessel 885 gehört, und vielleicht auch Fund 22
(Uusikirkko— Pärkkö), der u. a. einen fragmentarischen, wahrscheinlich als
Schildfessel zu bezeichnenden Gegenstand enthält, Fig. 48.
Betrachten wir zunächst die Schildbuckel von Bjemo. Unter den finn-
ländischen Buckeln sind sie die ältesten; nach dem Zeugnis der milgefunBenen
Fibeln gehören sie etwa ins 4. Jahrhundert. Analoge Formen finden sich in
Skandinavien und in Norddeutschland. Das Exemplar 23 1 mit dem flachge-
wölbten Oberstück, der niedrigen, kaum merkbar nach innen abfallenden
cylindrischen Wandung und dem platten Rande gleicht u, a. einem Buckel des
Vimoser Fundes (Vimose 5 10), während die beiden anderen, nach den wenigen
erhaltenen Fragmenten zu schliessen, mehr dem in SFT V, S. 134 abgebildeten
Buckel aus Gotland, dessen Oberstück über der ganz niedrigen cylindrischen
Wandung sich stark ausbaucht, ') entsprechen. Beide Formen stehen einander
>) Ausser dem Buckel ist in dem gollfindischen Funde noch der bronzene Randbeschlag
erhalten, dessen gleichmassige Biegung darauf schliessen lassi, dass der Schild rund gewesen
ist. Interessant sind auch die Spuren einer blauen Farbe an einigen kleinen Holzresten
dieses Schildes, 1. c, 5. 135. — Ein anderer gotlfindischer Schildbuckel von genau derselben
Form ist bei SmAgArda im Kirchspiel Tofta u. a. mit einer emaillierten römischen Bronze-
scheibe gefunden worden. Museum Stockholm 6693; Teckningar III, S, 2 Fig. 5, — Der
Buckel von Reichersdorf, abgebildet in den Niederlausitzer Mitth. IV, S, 112 Fig. 48 ist bis
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SailLDBUCKEL. 277
so nahe, dass sie zu einem und demselben Haupttypus gerechnet werden
können. Als das nächste Vorbild dieses Typus wäre man vielleicht versucht
den römischen Schildbuckel der Kaiserzeit, dessen halbkugelförmiges Oberstück
der cylindrischen Wandung entbehrt und direkt auf dem Rande sitzt, anzu-
sehen. ') Einzelne bronzene Exemplare dieser Form von römischer Arbeit sind
denn auch nach dem Norden gelangt; zu ihnen gehören z. B. verschiedene
Buckel aus dem Thorsbjet^er Funde (Thorsbjerg 8ii-u |i9 und n jedoch mit
auf die Wölbung gesetztem Knopf]). Weit älter wie die Thorsbjerger sind aber
einige Buckel derselben Form aus anderen nordischen Fundorten, so einige
Exemplare aus einem Depotfund auf Gotland {Museum Stockholm 8381), andere
aus Brandgrubengräbem bei Simblegaard auf Bomholm {Museum Kopenhagen
C 8195—8197, C 8269—81 und C 8239-42) und eines aus dem Gräberfeld
von Taubendorf in Ostpreussen {Prussia 21 Taf. IV), welche noch der la-Tene-
periode angehören (das Exemplar von Taubendorf ist sogar mit einer Mittei-
Ia-T6nefibel gefunden). ^ Schon vor der Zeit des römischen Kultureinflusses
war also diese Form den Germanen bekannt. Dasselbe gilt von den trichter-
förmigen, in eine Spitze auslaufenden Schildbuckeln, welche in den germa-
nischen Funden der römischen wie in denen der ia-Tenezeit noch viel öfter
vorkommen als die halbkugelfürmigen Buckel.
Diese beiden einander verwandten, mehr oder weniger konischen Formen
stehen in einem scharfen Gegensatz zu einer dritten Form der Ia-Tenezeit,
nämlich zu den Schildbuckeln, welche aus einem gleichbreiten, in der Mitte
halbkreisförmig gebt^enen Streifen Eisenblech gebildet sind, ein Typus der in
Frankreich, Oberitalien, der Schweiz, Süddeutschland, den österreichischen
Alpenländern, Ungarn, Böhmen und Schlesien, also hauptsächlich in Ländern,
auf den kleinen Ansatz zur Spitze den gotländischen Exemplaren sehr ähnlich. — Vergleiche
auch den ebenfalls aus der römischen Kaiserzeil stammenden Schildbuckel von Mariendorf,
Kreis Potsdam, Brandenburg, im Museum für Völkerkunde, Berlin, I. f. 2278.
') Lindenschmit, Alterthamer I, Heft V Taf. 5 (bei Mainz); derselbe, Centralmuseum
XXVUIi-i.
*) Im Frovinzialmuseum zu Halle habe ich einen Schildbuckel von dieser Form, der
aus einem Spät-la-Tftnefund bei Bemburg in Anhalt stammt, notiert. — Die tfenezeitlichen
Schildbuckel von Buizke und Koppenow in Poramem (Schumann, Urnenfriedhöfe XII«, i und
Schumann, Cultur Pommerns 4i7) kommen dieser einfachen Form sehr nahe, haben aber wie
unsere linnlandischen Exemplare zwischen dem Rande und der niedrigen Wölbung ein
cylindrisches Zwischenstück,
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278 S( HILbBUrKKL.
welche damals von Kelten bewohnt waren, auftritt. ') Der keltische Ursprung
dieser einfachen Form lässt sich nicht .bezweifeln. Welchem Einfluss haben
aber die halbkugel- und trichterförmigen Buckel der germanischen Funde ihre
Entstehung zu verdanken? Beweist ihr Vorkommen im Norden, dass, wie
Schumann annimmt, die römische Waffentechnik schon vor der sogenannten
römischen Eisenzeit ihre ersten Einflüsse auf die nordgermanischen Länder
ausgeübt hat, oder haben die Germanen diese Schildbuckelformen von den
Kelten übernommen, bei denen sie faktisch gleichzeitig mit den bandförmigen
Buckeln im Gebrauch gewesen sind? Wir finden nSmlich konische Schild-
buckel unter den Funden aus den Gräberfeldern der la-T^nezeit von Alise-
Sainte-Reine (Alesia) in Frankreich, ^ Ladenbui^ in Baden, ") Nauheim in Hes-
sen, *) Nassenfuss in Krain. ■) Angesichts des Umstandes, dass die germanischen
Schwerter und ein Teil der Lanzen der vorrömischen Zeit ein starkes keltisches
Gepräge haben, liegt es wohl näher die Form des gleichzeitigen germanischen
Schildes und seines Buckels mit keltischen und nicht direkt mit römischen
Mustern in Verbindung zu bringen, wenn man nicht annehmen will, dass sie
sich bei den Germanen selbständig entwickelt hat. Für die letztere Ansicht
spricht die Trichterform vieler germanischen Buckel, die meines Wissens in
den keltischen Funden seltener auftritt.
') Über die Verbreitung diese.« SchildbuckeU sieh u. a. Schumann, Waffen Pommerns,
S. 43. Vergl. auch Typische Formen etc. Laibach XXXVTI 1 u. 4; v, Weinzierl, Das La-
Tcnegrabfeld von Langugest bef Büin in Böhmen, Braunschweig 1899, S. 30 Fig. 8; Pulsiky,
Magyarorszäg archaeologiäja, Budapest 1897, I Taf. LXXX»; Lindenschmit, AlterthQmer III,
Heft II Taf. I. Eine Zwischenform zwischen dem halbkugelförmigen und dem bandfArmigen
Buckel bildet ein Buckeltypus, wie er z. B. in mehreren Exemplaren aus einem Gräber-
feld der la-Ttnezeii bei Vevey vorliegt Die.ser Buckel besteht aus einem gewölbten
MittelstQck und zwei breiten, platten FlQgeln, den KandbeschUgen ; die Umrisse des Gan-
zen Hessen sich mit denen eine« Ooppelbeils vergleichen. A. Naef, Le cimetitre gallo-
helv£te de Vevey, Anzeiger für schweizerische Altertumskunde, Neue Folge IV (1902),
S. 42. An anderen solchen mandelförmigen Buckeln sind die Kandbeschlfige schmaler,
wodurch das ganze der runden Buckelform noch nflher kommt. Vergl. Westdeutsche Zeit-
schrift für Geschichte u. Kunst XVI (1897), Taf. 18« u. S. 348; Typische Formen etc. Lai-
bach XXXVHü.
*) Revue archeologique, nouveile .serie XI (1864), S. 348 Fig. 17.
B) Lindenschmit, Centralmuseum XXXII1 1 u. i.
*) Schumann, I. c, S. 44.
") Typische Formen etc. Laihach XXXVII B.
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SCHILDBUCKEL, S^'HILDFESSELN.
Dass die germanischen Schildbuckel der römischen Kaiserzeit mit Aus-
nahme einiger importierten römischen Exemplare einheimische Arbeiten sind,
glaube ich aus der grossen Mannigfaltigkeit ihrer Formen schliessen zu dürfen,
welche eine Menge Misch- und Übergangstypen zwischen den beiden Haupt-
typen, dem trichterförmigen und dem halbkugelförmigen, bilden, und unter
welchen sich mehrere befinden, die nur über ein beschränktes Gebiet verbreitet
sind und deshalb als besondere Lokalformen betrachtet werden müssen. Eine
nordische Lokalform ist z. B. nach Salin der von ihm in Fig. 233 abgebildete
trichterförmige Buckel mit breiter, oben starke erweiterter und abgeplatteter
Spitze, die aus einem besonderen Stück gebildet wird. Diese Form steht einer
Menge norddeutscher und anderer skandinavischer Schildbuckel mit weniger
breiter und oft recht hoher Spitze sehr nahe. Eine in Litauen vorkommende
Lokalform zeichnet sich durch eine Reihe getriebener kleiner Buckel, welche
um den Befestigungsrand herumlaufen, aus. ') Dass der Schildbuckel mit
gezähntem Rande aus dem Grabe 130 des Gräberfeldes von Eisliethen in Ost-
preussen aus der Werkstatt eines dortigen Waffenschmiedes stammt, ist, wenn
nicht sicher, so doch wahrscheinlich. ^) Die drei Schildbuckel von Bjemo
können nicht als finnländische Lokalformen bezeichnet werden, da, wie wir
gesehen haben, Buckel von genau denselben Formen in Skandinavien wie in
Norddeutschland vorkommen. Sie werden daher entweder aus Skandinavien,
als dem am nächsten liegenden Lande, importiert oder in Finnland nach
skandinavischen Mustern gearbeitet sein.
Von den beiden mit den Buckeln gefundenen Schildfesseln — den eiser-
nen Beschlägen des aus Holz verfertigten Griffes, welchen wir uns quer über
ein rundes Loch in der Mitte des Schildes und zugleich unter dem Schild-
buckel angebracht denken müssen — scheint das eine ai^ beschädigte Stück
mit der gewölbten Mittelpartie dieselbe Form zu besitzen wie die Schildfessel
von Lillkyro— Tervajoki 32», eine Form, welche in den Funden jener Zeit oft
auftritt, wahrend 88 2 eine weniger allgemeine Variation mit platter Mitte darstellt.
Die übrigen finnländischen Schildbuckel geben, neben einander gestellt,
eine zusammenhängende Typserie ab. — Das erste Glied dieser Serie bildet
der Buckel von Muurla 23 8, welcher dem Typus von Bjemo 28 1 noch recht
') 3uiicu Hmh. Pjcck. Apt««j«rai. OGqecru VIII, S. 105 Fig. 7; Tpyjbi lO-rv spieoj. ciius
I. Park 1896, S. 111 Fig. 16.
') Phys. Ökon. Ges. 37 (1896), S. 121 und Taf. Hl si.
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280 StHILDBUCKEL.
nahe steht. Charakteristisch für ihn sind der schräg aufsteigende Befestigungs-
rand, das ein wenig überneigende cylindrische Zwischenstück, schliesslich das
gewölbte Oberstück mit dem kurzen Ansatz zur Spitze. Bei den Buckeln 88 6
von Kümo — WuoHe und 32 7 von Malaks — Junkarsbränna ist das Zwischenstück
beinahe senkrecht und die stachelförmige Spitze voll ausgebildet. Dann rundet
sich bei dem Buckel 22 h von Masku der Winkel zwischen dem Befestigungs-
rand und dem hohen Zwischenstück zu einer Bogenlinie ab, während die
Spitze dicker wird. Die Weiterentwicklung dieses Typus führt schliesslich
durch die immer weiter gehende Ausbildung des Zwischenstücks zu der auf-
fallenden Buckelform Fig. 178, welche
in den aus dem 6.-7, Jahrhundert stam-
menden Waffenfunden von Tenala und
Bjemo vertreten ist. ') Der Buckel 22 4
von Masku hat dieselbe Form des Zwi-
schenstückes wie das andere Exemplar
dieses Fundes, entbehrt aber der Spitze.
Der Umstand, dass der hier ange-
deutete Entwicklungsgang von Stufe zu
Stufe an finnländischen Exemplaren ver-
folgt werden kann, legt die Annahme
Fig. 178. Schildbuckcl. E. '13. Bjcmo-Öfverby. "^he, dass unsere Schildbuckel in Finn-
land selbst verfertigt sind. Eine solche
Annahme ist angesichts der kulturellen Verhältnisse im südwestlichen Finnland,
welche nach dem Zeugnis der Funde zu jener Zeit denen bei den skandina-
vischen Völkern nicht viel nachgegeben haben, wenn sie auch ärmlicher
gewesen, durchaus berechtigt, besonders da wir aus der unmittelbar darauf-
folgenden Periode unzweifelhafte Beweise für die Existenz einer einheimischen
Waffenindustrie haben. Dennoch wollen wir die obige Erklärung nicht ohne
Vorbehalt gelten lassen, da zwischen den finnländischen und skandinavischen,
zum Teil auch ostpreussischen Schildbuckeln eine grosse Ähnlichkeit, zuweilen
sogar eine völlige Übereinstimmung besteht. Die Möglichkeit, dass sich unter
unseren Funden aus Skandinavien oder dem Ostbalticum eingeführte Schild-
buckel befinden, darf jedenfalls nicht ausser Acht gelassen werden,
') Ein noch extravaganteres, leider arg beschädigtes Exemplar von diesem Typus bt
bei Kiurala im Kirchspiel Karkku gefunden worden. 1!. M. 2525: 293 b.
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SCHILDBUCREL UND SCHlLDFt'SSELN. 281
Das zuletzt gesagte bezieht sich vor allem auf die Buckel vom Typus 22»,
die in genau derselben Form (auch in dem Ansatz zur Spitze) in skandinavischen
und ostpreussischen Waffenfunden vertreten sind. Für die chronologische
Bestimmung der finnländischen Exemplare ist diese Ähnlichkeit wichtig, da
einige skandinavische und ostpreussische Buckel mit Fibeln des 4. und 5. Jahr-
hunderts gefunden sind. Es seien hier ein paar charakteristische Funde ange-
führt. In einem Grabhügel mit Leichenbrand bei Holmegaard im Kirchspiel
Holme, Lister und Mandals Amt, lagen z. B. zwei Schildbuckel dieser Art mit
zwei , kreuzförmigen" Fibeln vom Typus Rygh 247, einem ovalen Feuerschlag-
stein, einer Lanzenspitze mit Widerhaken vom Typus Kragehul III u und
anderen Gegenständen, welche wie die genannten aus dem 5. Jahrhundert
stammen (Nikolaysen, Norske Fomlevninger, S. 271; Rygh, Text zu Fig. 194).
Ein anderer Fund, in einem niedrigen Grabhügel bei Tveito im Kirchspiel Dal,
Bratsbergs Amt, enthielt einen solchen Schildbuckel, Waffen von Typen des
Kragehuler Moorfundes und zwei eiserne Fibeln mit Nadelscheide von einer
Form, welche wir oben (S. 156) in das 4. Jahrhundert gesetzt haben (Aarsber.
1896, S. 68-69; vergl. auch S. 155, 226 u. 272 hier oben). Eine ähnliche
Eisenfibel lag in einem Skeiet^rabe bei Hafvor, Ksp. Hablingbo, Gotland,
mit einem solchen Buckel, einer Schnalle, ähnlich Montelius 337 (etwa 4. Jahrb.),
u. a. Gegenständen (Museum Stockholm 7785: 108). Grab 43 des Gräberfeldes
von Gebieten in Ostpreussen enthielt einen solchen Buckel, eine Stemfussfibel
(unsere Figur 120) u. a. Geg., kann also der Periode D zugezählt werden
(Prussia 13 Taf. VUI). Derselben Periode, oder ungefähr dem 5. Jahrhundert,
weise ich auch unsere Schildbuckel von Muurla zu, welche Datierung noch
dadurch bestätigt wird, dass diese Buckel mit Lanzen von einem Kragehuler
Typus (ver^l. S. 270, 272) gefunden sind. — Für die Zeitsteltung des Buckels
von Malaks sind die Fibeln in und 6g und der Schwertknauf 16 2, welche in
das Ende des 5. Jahrhunderts oder in die Zeit um 500 gehören, massgebend;
der Buckel von Kümo wird seinerseits durch die Schmucknadel 6« derselben
Zeit zugewiesen. Etwas jünger dürfte der Buckel 338 von Masku sein. Als
Übergangsform zwischen den zuletzt genannten Buckeln und der übertriebenen
Form Fig. 178 gehört er vielleicht erst dem 6. Jahrhundert an. Der Typus,
den er vertritt, ist ein echt finnländischer zu nennen, wenigstens kommt er in
Finnland öfters vor, während mir bisher kein SchÜdbuckel von genau dieser
Form aus Skandinavien oder Norddeutschland bekannt ist.
Für sichere finnländische Arbeiten halte ich auch die Schildbuckel von
Digirized oy
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SCHILDBUCKEL USD SCHILDFESSELN.
der obertrieben in die Höhe gezogenen Form (Fig. 178), welche übrigens erst
einer jüngeren Periode (6. — 7. Jahrb.) angehören und hier nur besprochen
werden, weil sie das letzte Glied unserer Serie bilden. Diese Form ist in
Finnland in mehreren Exemplaren aus verschiedenen Fundorten vertreten. Aus
Schweden kenne ich nur einen ähnlichen Buckel, der aber gemässigtere Pro-
portionen hat (Museum Stockholm 8824: 3). Da er in der SudwestHnnland
zunächstliegenden schwedischen Landschaft Uppland gefunden sein soll, wäre
es möglich, dass auch er aus Finnland stammt. Allerdings ist hierbei zu be-
rücksichtigen, dass Schildbuckel von diesem Haupttypus auch in Norwegen ')
und in England '') gefunden worden sind.
Fig. 179. Schildfessel. E. Vs. Bjemo -YliskylB.
Der Griffbeschlag des Schildes von Uskela— Kupila (Fund 12), der
einzige, welcher uns von den unter b genannten Schildbuckeln erhalten ist,
weicht erheblich von denen der älteren Schilde ab. Die letzteren verjüngen
sich nach der Mitte zu, das Exemplar von Kupila ist gerade an der Mitte am
breitesten, und während jene verhältnismässig kurz sind (222 misst nur 15,» cm),
erreichen die schmalen, reifenförmigen Enden der jüngeren Schildfesseln eine
ansehnliche Länge. Wie lang speziell die Griffe unseres Exemplares sind, lässt
sich allerdings nicht mehr angeben, da dasselbe fragmentarisch ist. Wahr-
scheinlich hat er den Schildfessefn des S. 280 genannten Waffenfundes von Bjemo,
mit denen er in der Form übereinstimmt, an Länge nicht viel nachgegeben. Das
in Fig. 179 dargestellte verbogene Exemplar aus diesem Funde misst ungefähr
80 cm. Ein Griff mit so langen Enden wird annähernd über die ganze Breite
des Schildes gespannt und der Schildwand eine erhöhte Festigkeit gegeben haben.
1) Aarsber. 1874, S. 84 Taf. VII 38.
') The Journal of the Briti.«h Archaeological Association 11 (1847), S. 53, Fig. 4.
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r0m[5che: uCnzes. 283
RÖMISCHE MÜNZEN.
Wie aus unserem Verzeichnis zu ersehen ist, sind die einigemiassen
sicheren Funde römischer Silber- und Bronzemünzen der Kaiserzeit, welche
bisTier in Finnland angetroffen und zu unserer Kenntnis gelangt sind, auf drei
zu reducieren. Es sind dies a) der Fund von Pullilaks im Ksp. Sääminge mit
einer BronzemQnze des Titus (79—81), b) der Fund von Tammela mit einem
Denar der Sabina Augusta, der Gemahlin Hadrians (117 — 138), und c) der
Fund von Germundsvedja im Ksp. Bjerno mit einem Denar des Lucius Verus
{161—169) und vielleicht einem des Marc Aurel (161—180). Der Fund von
Helsingfors mit einer Bronzemünze des Alexander Severus (222 — 235) ist als
höchst unsicher zu bezeichnen. Wir lassen ihn daher beiseite und wenden
uns zu den anderen drei Funden.
Was uns zunächst an denselben auffällt, ist die Lage der Fundorte. Einer
dieser Orte, nämlich Germundsvedja, liegt allerdings in einem Gebiet, das
zahlreiche andere Funde aus der älteren Eisenzeit geliefert hat. Der Umstand,
dass hier, in einem der ältesten Kulturcentren unseres Landes, eine römische
Münze gefunden ist, hat daher nichts besonders überraschendes an sich. Anders
■ verhält es sich dagegen mit den beiden übrigen Münzfunden. Das jetzige Kirch-
spiel Tammela, in welchem der Fundort der Sabinamünze belegen ist, kann
wenigstens damals nicht zu den eigentlichen Kultui^ebieten Finnlands gehört
haben. Wie das ganze Tal des Flusses Loimijoki, längs welchem man von
dem schon damals wichtigen Kumotal nach Tammela gelangte, ist das Kirch-
spiel ausserordentlich arm an Grabhügeln und eisenzeitlichen Funden (siehe
Sid. 296) und wird daher in der älteren Eisenzeit, wenn überhaupt, so nur sehr
spärlich bevölkert gewesen sein. In einer noch abgelegneren und in der älteren
Eisenzeit höchstens von Lappen bewohnten Gegend liegt Pullilaks, der Fundort
der Titusmünze. Dass es nicht ein lebhafter Handelsverkehr gewesen sein
kann, der die beiden Römermünzen in die Einöden von Tammela und Sääminge
gebracht hat, liegt wohl auf der Hand. Rein zufällige Umstände werden hier
eingespielt haben; so liesse es sich denken, dass die Münzen von herumstrei-
fenden Jägern oder Kriegern aus den Kulturgebieten unseres Landes an den
genannten Orten verloren worden sind. Den Charakter eines Bodenfundes
hat übrigens auch der Fund von Germundsvedja. Da er aus nur einer oder,
wenn ein Denar des Marc Aurel wirklich zu ihm gehört hat, aus zwei Münzen
besteht, so können wir nicht annehmen, dass wir es mit einem vergrabenen
/""'^^^^oX Digilized byGoOQle
284 RÖMISCHE MÜNZEN.
Schatz zu tun haben, und da in dem allerdings recht unzulängiichen Fund-
bericht weder von verbrannten Knochen noch von anderen mitgefundenen
Gegenständen die Rede ist, so ist es unwahrscheinlich, dass es sich um einen
Grabfund handelt. Ein blosser Zufall wird auch die Münze {beziehungsweise
die zwei Münzen) dieses Fundes an den Ort gebracht haben, wo sie andert-
halb Jahrtausende später »aeder ans Tageslicht gefördert worden ist.
Wann und auf welchem Wege sind nun die römischen Münzen nach
Finnland gelangt? Um diese Fragen zu beantworten ist es nötig einen Blick
auf die Funde solcher Münzen in den anderen Ostseeländem zu werfen. Wir
folgen hierbei den Ausführungen Almgrens, welcher, auf den Untersuchungen
Tischlers und Hildebrands fussend, die Bedeutung und die Zeitstellung dieser
Funde in Nordeuropa klargelegt hat. ')
Eine Zusammenstellung der nordeuropäischen Funde römischer Bronze-
und Silbermünzen hat gezeigt, dass die Hauptmasse derselben dem 2. Jahr-
hundert zugehört Aus dem ersten Jahrhundert finden sich in Norddeutschland
östlich der Elbe, in Skandinavien und den Ostseeprovinzen verhältnismässig
wenige Münzen. Von Trajan an nimmt ihre Anzahl stetig zu um wenigstens
in Skandinavien, von wo ein vollständiges Verzeichnis vorliegt, ^ unter Marc
Aurel den Höhepunkt zu erreichen. Von da an sinkt die Gesammtziffer wieder
rasch, so dass die Kaiser des 3. Jahrhunderts mit beträchtlich weniger Münzen
(in Skandinavien im ganzen nur mit 13 Stück von einer Gesammtzahl von
6000) vertreten sind. Von Denaren des 4. Jahrhunderts sind in Skandinavien
nur 3 Stück Constantin des Gr. zum Vorschein gekommen, — Scheinbar würde
es nun am nächsten liegen den Aufschwung und das spätere Versiegen der Münz-
zufuhr mit dem Aufblühen der römisch-germanischen Handelsbeziehungen seit
Nero und besonders unter den grossen Kaisem Trajan, Hadrian, Antoninus
Pius und Marc Aurel und dem Abbruch derselben durch die Markomannen-
kriege und die beginnende Völkerwanderung in Zusammenhang zu steilen.
Tatsächlich würde aber eine solche Deutung falsch sein.
») Almgren, S. 79 f; dcrs., Om fynden af romerska silfvcrmynt i Norden, SFT XI,
S. 187 f.
«) Schon 1869 gab O. Monielius in seinem Werk „Frän jemäldem'' ein Vcrreichnis aller
damals bekannten Denarfunde aus Skandinavien. Eine Ergänzung desselben mit den bis 1893
hinzugekommenen Funden hat P. Hauberg in den Aarbeger für 1894 geliefert Zu diesem
Verzeichnis hat Almgt^n schliesslich in dem Anm. 1 citierten Aufsatz eine Übersicht Ober die
Zusammensetzung des grossen MOnzfundes von Kobbenarfve auf Gotland gefOgt.
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rOhischk mPnzrn. 285
Wie bereits bei Besprechung der Fibeln m. u. F. (S. 142/3) hervorgehoben
worden, hat Tischler zunächst für die ostpreussischen MUnzfunde eine andere
Erklärung aufgestellt, die schon vor ihm von Hildebrand in Betreff der Funde
in Skandinavien kurz angedeutet worden war. ') Tischler sieht in den Marko-
mannenkriegen nicht den Abbruch der Münzzufuhr sondern im Gegenteil den
Anstoss zum Beginn derselben. Erst nach diesem Kriege hätte sich der Strom
römischer Münzen über den Norden ei^ossen, wo das römische Geld vor dieser
Zeit nicht im Umlauf gewesen wäre. Mit dem römischen Handel hätten die Münz-
funde nichts zu tun. Zu diesem Schluss war Tischler durch die Beobachtungen
gelangt, welche er über die Zusammensetzung der geschlossenen Münzfunde in
Ostpreussen gemacht hatte, Beobachtungen, welche Almgren bei einem Studium
der entsprechenden Fundverhältnisse im übrigen Norddeutschland und in
Skandinavien auch für diese Gebiete bestätigt gefunden hat. Die grösseren
Münzfunde im nordeuropäischen Kulturgebiet enthalten nämlich nicht Münzen
aus nur einem kürzeren Zeitraum, im Gegenteil, gewöhnlich finden sich neben
einigen älteren Stücken des I. Jahrhunderts andere von Kaisem des 2. (zuweilen
auch des 3.) Jahrhunderts, und zwar ist das jüngste Stück frühestens (in Skandi-
navien nur in einem, noch dazu kleineren Funde) von Antoninus, am öftesten
von Marc Aurel, Commodus oder Septimius Severus. Hieraus ist zu folgern,
dass die grossen Massen der Denare nicht vor Marc Aurel im germanischen
Norden vergraben sein können. Höchst wahrscheinlich sind sie aber vor diesem
Kaiser überhaupt nicht in nennenswerter Menge dorthin gelangt. — Die let2tere
Ansicht begründet Almgren mit einem Hinweis auf die Beschaffenheit und das
Alter der Funde, in welchen römische Münzen, meist einzelne Exemplare, mit
anderen Gegenständen zusammen vorkommen. Diese Münzen fehlen nämlich
fast vollständig in den Funden, weiche dem 1. und dem älteren Teile des 2.
Jahrhunderts angehören, sind dagegen recht häufig in etwas jüngeren Funden,
welche überdies neue Typen von Altertümern enthalten, die mit dem schon
oft erwähnten, von den germanischen Völkern im südlichen Russland und
Ungarn ausgehenden Kulturstrom nach dem Norden gebracht worden sind.
„Aber auch der Münzstrom ist offenbar aus dem Südosten gekommen und hat
sich längs den drei grossen norddeutschen Flüssen nordwärts ausgebreitet. Dass
er diese Richtung gehabt und nicht z. B. aus der Rheingegend gekommen ist,
') Tischler, Oberhof, S. 18/19. — H. Hildebrand, Solidus-impiirten tili Svcrige under den
lidigare jemäldem. Frän aidre lider, 1882, S. 64 f.; vergi. auch Mänadsblad 1901-1902, S. 41 f.
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286 KÖUläClllv MÜNZEN.
geht vor allem aus der Verbreitung der Münzen in Skandinavien hervor.
Ohne Vergleich am zahlreichsten sind sie auf Gotland. Von den 117 Funden
mit beinahe 6000 Denaren, welche oben erwähnt sind, rühren nicht weniger
wie 65 mit nahezu 4200 Münzen, demnach über Va der Gesammtzahl, von
dieser Insel her. Die übrigen kommen hauptsächlich auf öland, Bomholm,
Schonen und die westdanischen Inseln. Schleswig hat ein paar grössere Denar-
schätze {in den bekannten grossen Moorfunden von Thorsbjerg und Nydam),
das jetzige dänische Jutland dagegen bloss eine einzige Münze aufzuweisen.
Beinahe ebenso arm ist das westliche Schweden (ein kleiner Fund aus Mailand,
eine einzelne Münze aus Vester^ötland), ebenso Norwegen (einige wenige Funde
aus dem südösüichen Teile des Landes). Etwas mehr Münzen liegen aus
Uppland und Vestmanland vor, wohin sie wohl aus Gotland herübergebracht
sind," Auch in den Ostseeprovinzen sind die Denarfunde zahlreicher als in
Westschweden und Norwegen. ')
Die Altertümer und die Münzen haben sich demnach offenbar gleichzeitig
und auf denselben Wegen über das nordgermanische Gebiet ergossen. Doch
kann ich Almgren nicht Recht geben, wenn er annimmt, dass dies schon
während der Markomannenkriege Marc Aureis geschehen ist. Mustern wir
nämlich die Fibeln, welche mit Denaren und Bronzemünzen gefunden sind,
— es sind zumeist solche m. u. F., mit Nadelscheide oder mit hohem Nadel-
halter — so sehen wir unter ihnen hauptsächlich solche Typen, die in die
jüngere römische Periode gehören und nicht so weit zeitaufwärts wie in das
2. Jahrhundert hinaufgerückt werden können (vergl. u. a. die von Almgren
in seinen „Studien über nordeuropäische Fibelformen" angeführten Beispiele:
Beilage II, Nr. 154, 175-190, 198-200, 215, 251, 263, 275). Ältere Fibeln
sind nur sehr selten mit Münzen gefunden worden (Almgren, Beilage II, Nr.
212, 213). Auch die Zusammensetzung der Münzfunde ist hierbei von Bedeu-
tung. Sehen wir von Funden, die weniger als 5 Münzen enthalten, ab, so
können nämüch den 13 grösseren skandinavischen Funden, deren jüngste
Münzen Marc Aurel angehören, ebenso viele Funde, die mit Commodus, 1 Fund,
') Nach den älteren Verzeichnissen zu schliessen sind in den Ostseepruvinzen ca 30
Denare und mindestens 20 Bronzemünzen, von denen die jüngste ein Valentinian I von
J. 364 ist, gefunden worden. Die Mehrzahl der Münzen kommt auf kurlSndische Fundorte (die
grösseren Funde von Kapsehden und Bomsmünde); nördlich der DOna sind nur einige Einzel-
funde angetroffen worden. (Kruse, Necrolivonica etc., 1859, S. 4-6; Grewingk, Zur Archäologie
des Balticum und Russlands, Arch. f. Anthrop X, S. 305'306 ; Riga Kat., S. Xlfl/XIV).
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RÖMiSTHE MCNZEN. 287
der mit Manlia Scantilla (t 193), und 11 Funde, die mit Sepdmius Severus
oder Clodius Albinus abschliessen, entgegengestellt werden, wozu noch kommt,
dass die zuletzt genannten 25 Funde mehr als ^« aller in Skandinavien gefun-
denen Denare enthalten. ') Unter Berücksichtigung dieser Umstände halte ich
es daher in Übereinstimmung mit Tischler und Hildebrand für sicher, dass die
Hauptmasse der Münzen erst in der friedlicheren und dem Handel günsti-
geren Zeit nach dem Abschluss der Markomannenkriege sich nordwärts ver-
breitet hat und allmählich nach Skandinavien gelangt ist. Hildebrands Be-
rechnung, dass die eigenüiche Denarperiode in Schweden erst gegen das Jahr
200 begonnen hat, wird der Wahrheit sehr nahe kommen.
Ein paar Jahrzehnte später scheint die Münzzufuhr bereits gestockt oder
wenigstens stark abgenommen zu haben. Schon Septimius Severus (193— 211)
ist in Skandinavien mit einer bedeutend kleineren Anzahl Münzen vertreten
als die meisten Kaiser aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts, und v«e
selten Münzen seiner nächsten Nachfolger zum Vorschein gekommen sind, ist
weiter oben erwähnt worden. Höchst wahrscheinlich lag die Hauptursache
dieser raschen Abnahme in der Verringerung des Feingehaltes der Denare,
die Septimius Severus im J. 198 vorgenommen und die zur Folge hatte, dass
auch die südlicher wohnenden Germanen die neuen minderwertigen Denare
ungern als Bezahlung annahmen. Welche andere Umstände daneben einge-
wirkt haben können, lässt sich schwer entscheiden. Almgren denkt an einen
allgemeinen Abbruch der Verbindungen zwischen Nord- und Südgermanen.
Doch kann ein solcher Abbruch, wenn er damals eingetreten ist, nur von
kurzer Dauer gewesen sein, da gerade die Funde des 3. Jahrhunderts eine starke
Beeinflussung des Nordens durch die Germanen in Südosteuropa bezeugen.
Im 4. Jahrhundert beginnt von neuem eine Einfuhr römischen Geldes
nach dem Norden. Doch sind es jetzt nicht mehr Denare, sondern Gold-
münzen, Solidi aus der Zeit von ca 250 n. Chr. an, die zunächst in geringerer
') Die 13 mit MOnzen den Marc Aurel ab.ichliessenden Funde (Hauberg, Skandinaviens
Fund af romersk Guld- og Seivmynt far Aar 550, Aarb. 1894, Nr. 2, 19, 50, 51, 53—58, 63,
64, 114) enthielten zusammen ?ä.5 Stück, die 14 Funde mit Mflnzen bis Commodus und
Manlia Scantilla (Hauberg Nr. 29, 30, 65 74 und ein Fund bei Ejmunds auf Gotland [Alm-
gren I. c, S. 188|) liefenen //.■*/ Stück, die 11 Funde mit Münzen bis Septimius Severus
(Hauberg Nr. 3, 22, 31, 32, 76-81 und ein Fund bei Robbenarfve auf Gotland |Almgren I. c,
S. 189], enthielten Hi;:iy Stück, - Fünf Funde, in welchen die jüng.sten Münzen aus dem
3. Jahrhundert stammen (Nauberg Nr. 4, 5, 21, 39, 82), entliielteii 170 Stück,
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28B RÖMISCHE uOnzen.
Menge und beinahe ausschliesslich nach dem westlichen Skandinavien, Däne-
mark und Norwegen eingeführt werden. Im 5. Jahrhundert fliesst der Gold-
strom reichlicher, schlägt aber eine neue Richtung ein, indem er von der
WeichselmUndung aus sich hauptsächlich nach den ostskandinavischen Inseln
Bornholm, öland und Gotland wendet und das westliche Skandinavien ziemlich
unberührt lässt. ') Ein geringer Teil dieses Stromes hat, wahrscheinlich Ober
Skandinavien, auch unser Land erreicht; ein Solidus Valentinianus III (423—455)
ist in dem etwa seit dem 6. Jahrhundert benutzten Brandgräberfeld von GuUdynt
im Ksp. Vörä gefunden worden; ein Solidus des Zeno (474 — 491) soll schon im
18. Jahrhundert im Ksp, Lillkyro gefunden und nach Stockholm geschickt
worden sein. ^ Wir werden bei der Besprechung der Funde aus dem 6, und
7. Jahrhundert Gelegenheit haben auf diese beiden Goldmünzen und einen eben-
falls in Lillkyro gefundenen Solidus des Phokas (602—610) zurückzukommen.
Von besonderem Interesse ist für uns der Umstand, dass einige der
skandinavischen Solidusfunde auch altere, vollwertige Denare enthalten haben
und dass solche Denare ausserdem ein paarmal mit Goldbrakteaten von
Montelius Typus C oder anderen Gegenstanden des 5. Jahrhunderts ange-
troffen worden sind {vergl. S. 22J), *) Diese Funde zeigen nämlich, dass we-
nigstens ein Teil der alten SÜbermünzen noch im 5. Jahrhundert im Umtauf
war. Da aber ihre Anzahl recht klein ist, so ist es wahrscheinlich, dass die
Hauptmasse der Denare schon ausser Gebrauch war, als der Solidusimport
begann.
Die Resultate, zu welchen die archäologische Forschung auf dem hier
berührten Gebiete gelangt ist, gestatten uns somit die Frage nach der Import-
zeit der in Finnland gefundenen römischen Silber- und Bronzemünzen mit
einiger Sicherheit zu beantworten. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir
annehmen, dass dieselben am Anfang des 3. Jahrhunderts, sei es direkt aus
Gotland, sei es Ober Schweden oder Estland, nach Finnland gebracht worden
sind. Über die Länge der Umlaufszeit lässt sich selbstverständlich keine genaue
Berechnung anstellen, da die Münzen einzeln gefunden sind.
>) Hauberg, 1, c, S. 342 f.
*) Aspelin, Suomen a.'iukkaBt, S. 50/51.
a) Hauberg, I. c. S. 374 und Funtl Nr, 6, 51, 52, 68, 72, 92.
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III.
ERGEBNISSE. SCHLÜSSE AUF DIE ETHNO-
GRAPHISCHEN VERHALTNISSE.
Auf Grund der Datierungen, zu welchen die nähere Betrachtung der
Altertümer uns geführt hat, lässt sich folgende, der besseren Übersicht halber
in Tabellenform geordnete Gruppierung der Funde aufstellen. Dieselbe bedarf
keiner anderen Erklärung als des Hinweises, dass zu jedem Funde die Alter-
tümer oder die Grabform, welche in erster Linie die Datierung bedingt haben,
angefahrt sind.
1. ' 2. 3.
Fund Fundedesl. Jahrhunderts. Fund Fundedes2. Jahrhunderts. Fund Funde des 3. Jahrhunderts.
Nr. Montelius IV:i; Nr. Montelius IV:e; Nr. Montelius V:i;
; Tischler B. Tischler B. Tischler C.
58
Lillkyro— Perkiö.
R&misches 5ch0prgef3s.s
17
Nousis - Maek-smaki.
Halsring 8« {\erg,\. Ko-
lumne 6).
N y ky rko — Wa rh ela.
Fibel It (1.-2. Jahrh.j.
T^tala.
Fibel lt.
Lillkjro-Tervajoki.
Fibel »4.
16 Nousis.
Ring mit Endplatlen Hj.
16 a . Nousis.
King mit Endplaiten?
16 b Nousis.
! Ring mit Endplatten?
22 Nykyrko-Pflrkkö.
, Krummmesser 12 b (vergl.
Kolumne 6).
57 Laiheia— Jakkula.
I Hakenkreuzribeir»i(verfi;l.
Kolumne 6 u. 7).
84 ! Esse - Fors.
Schwertscheidenbeschlag
1«« (3.-4. Jahrh.j.
37
dby Google
ERGEBNISSE.
! Fund Fundedes I.Jahrhunderts. Fund Funde des 2. Jahrhund ei
Nr. Montelius IV:i; Nr. Montelius IV:a;
Tischler B. Tischler B.
*.| Fund I Funde des3.Jahrhunderts.
Nr. I Montelius V: i;
: Tischler C
Münr-
fundl. Bjemo— Germundsvedja.
r j Denar des Lucius Verus.
^ Mttnz-
;fund2.'. Tammela,
I Denar der Sabi na Augusta.
I Münz-
'fund3.| Sfifiminge— Pullilaks.
I BronzemQnze des Titus.
Fund Funde des 4. Jahrhunderte. ; Fund ^ Funde des 3.-5. Jahr-
Nr. Montelius V:«; I Nr. hunderts. Montelius V; i -
Tischler C--D. 1 VI: i; Tischler C-D.
Fund I Funde des 4.-5. Jahr- ,
Nr. ! hunderts. Montelius V:s—
, Vti; Tischler D.
4 I Bjemo— Lupaja.
! Fibeln m. u. F. Ib u. a.
6 I Bjemo^Lupaja.
■ Fibeln m. u. F. 1 « u. 2i,
9 Bjemo -Öfverby.
Fibel m. u. F. 1».
11 , Uskcla-Puonti.
! Fibel m. u. F. Is, Fibel
m. Nadelscheide 2t.
24 Letala.
i Fibel 4*.
25 I Letala.
I Beschläge ;■•.
32 iKumo-KOOnikanniakilX.
Fibel m. u. F. lg.
35 ' Kümo— Köönikänmaki
, XXll.
Fibel m. u. F. Ir
Malaks?
, Fibel m. Nadelscheide 2*.
83 j Vörä— Lägpcldkangas.
' .Spros.senfibel 48.
53
Bjemo -Lupaja.
, Weberschifff. Stein.
j Bjerno— Lupaja.
j Grabform: viereckige
I Steinsetzung; goldüber-
fangene Perlen wie im
Fund 4.
I Kusko— Manielft.
Lanzenspiize 174.
Ikalis— Karttu.
Lanzenspitze IIa.
Akkas— Toijala.
Lanzenspiize IHi,
W ü lasaari — Hi I m o.
Lanzenspiize ITi,
Li I Iky ro — Ter vaj o k i .
i Lanzenspitze IT 8,
I Lillkyro — Tervajoki.
■ Würfelförmiger Stein
! Ylistaro— LahdenkyliL
Lanzenspitze 17a.
10 Muurla— Äijaia. j
I Lanzenspitzen 20t u. 20«.
13 lÄbo— Korpolaisniemi. 1
I Fibel m. u. F. 28.
" Nousis^Maeksmfiki.
Armring 88 (vergl. Ko-
lumne 2). j
Nousis— Palokylö. '
Halsringe $• u. 8 1« (vergl. j
Kolumne 8).
Nykyrko— Parkkö. I
I Schnalle Haa.
30 j Kumo-KAönikanmäki IlL I
I Fibel2fi, Lanzenspitze 21 7.
31 Kümo— K&6nikanmaki |
I vin.
Fibel m. u, F. 2i
42 I Tyrvis— Roismala.
' Fibel m. Nadelscheide 3a. I
45 JBirkala-Kehois. i
S c h wertsch e id e n b eschl ag
■«B.
dby Google
Fund Funde.des4. Jahrhunderts. Fund Funde des 3,-5. Jahr-
1 Nr. Montelius Vri; Nr. hunderte. MonteliusVu
I Tischler C-D, VE: i; Tischler C-I>.
Fund Funde des 4. 5. Jahr-
Nr. hundcrts. Montelius V:2--
VI:i; Tischler D.
Die webe rschi {(form igen
Steine der Tabelle S.
100-110.
Wesilahii— Peliosaari.
Lanzenspiize von Typus
i 2U. .
! LempUla— PAlvaniemi.
Scheibenfibel ht.
; LaiheU—JakkuIa.
Ortband I«i.
■ Laiheia— Jakkula,
I Schwertgriff Uli (vergl.
Kolumne 3 u. 7).
Lillkyro -Tervajoti.
Fibeln m. Nadelscheide
Fig. 100 u. 2j.
> Fund I Funde des S.Jahrhunderts. Fund Funde des 5.-6. Jahr-
Nr. Montelius VI: i; Nr. ' hundert.«. Montelius VI: i—
Tischler DE. Vhi; Tischler E.
Nicht nfther bestimmbare
Funde, welche in die Zeit
vor 500 n Chr. gehören
! können.
, Tenala— BonÄK,
, Nadeln 6i,ft.7.
iNykyrko-Pftritkö.
Fibel Fig. 45.
I Urdiala- Notsjö.
Fibeln m. Fussscheibe
vom Typus 8g.
Malaks— Viasgranden.
Fibel m. Fussscheibe S«,
I Malaks— Junkarsbr&nna.
Fibel* 8 (Ende des 5. Jhsl.
I Malaks- Storsjö landet.
Fibel m. Nadelscheide S a j
. (Ende des 5. Jh.s). i
! Lai heia— Jakkula.
! Gleicharmige Fibel üh
(vergl. Kolumne 3 u. 6).
Tenala — Boni-s.
Schnalle S IV, Lanzen spitze ;
vom Typus 21 s.
Masku— Kankas.
Schildbuckel 2*2(4.
' Nousis Palokylft.
Kettenhalter T i& (vergl.
Kolumne 6).
1 Eura— Kukonraaki.
Lanzen.spilze 19s,
Eura— Wainiopekka.
[.^nzen spitze, Typus 21 s.
I Kümo KöönikänmakiVII.
Armringe IWo u. 11 1.
Kumo-KAÖnikanmBki
XXI.
Lanitenspilze Fig. 65.
Bjerno-Lupaja.
Ilühlcclt.
Bjemo-Lupaja.
(Grabform: viereckige
Stein Setzung).
Uskela— Kupila.
Nadel «4.
! Nousis- Palokylä.
Halsring Fig. 43.
Lappi -Wahala.
Grabform: Steinhügei-
grab.
Kümo- Köönikanmäki
XII.
Fibel Fig. 64.
Tyrvis - Kaukola.
Cirabform: Grabhilgel.
»Google
Fund FundedesS, Jahrhunderts,
Nr. Montelius VI:i;
Tischler D-E.
Fund Funde des 5.-6. Jahr-
Nr. hundcrts, Monlelius VI:
-Vhi; Tischler E.
' Nicht naher bestimnibare
Funde, welche in die Zeil
vor 500 n. Chr gehören
kftnnen.
Kümo— WuoUe.
Nadel Ae. Lanzen spitze
218.
Kumu-Käräjftmtki.
LanzenspitzenlSi, (;2li«
(6. Jhr.).
Kumo-Forsby.
Lanzenspitze Fig. 71 (6.
Jh. 7).
Tyrvis — Kaukola.
Lanzen von den Typen
1»«,«.6.
Tyrvis— Kaukol«.
Armring vom Typus 10 »
(6. Jh.).
Tavastkyro- Lehiiniemi.
Lanzenspitzen IK4,(.
Lillkyro-PerkiO.
Gleicharmige Fibel «i;
Beschläge 7» (6. Jh.).
UUkyro— Perkiö.
Fibel mh Fussscheibe 1 i
(5, Jh.l; Schwenknauf
16t.
Lillkyro - Tervajoki.
Fibel *7.
Li 1 1 k y ro— Tervajoki,
Gleicharmige Fibel 6 t.
Li llky ro — Ter vaj ok i.
Fibeln lt-<.
Esse — Fürs.
Anhangsei Mi.
Sid eby — Ost rflm .
Grabform: Steinhügel-
grab.
Lill ky ro — Tervaj ok i ,
Grabform: Steinhügel-
grab.
Lillkyro— Tervajoki,
Grabform: SieinhOgel-
grab.
Lillkyro- Tervajoki.
Armring 10«.
Lillkyro -Tervajoki.
Grabform; SteinhQgcl-
grab.
Lillkyro— Tervajoki.
Armring vohi Typus 10«.
Lillkyro -Tervajoki.
Grabform: SteinhQgel-
grab.
Esse - Storholmen.
Anh&ngsel 71«.
Esse - Traskbacka.
Grabform: Steinhügel-
grab.
Purmo.
Grabform : Steinhügel-
grab.
Die Gesammtzahl der hier berücksichtigten Funde beträgt 93 oder 94,
wenn wir von den einzeln gefundenen weberschiffförmigen Steinen absehen
und nur die Grab- und Bodenfunde, welche Metallgegenstände enthalten, ins
dby Google
VERBREITUNG DER KUNDE.
Auge fassen. Unter dieser geringen Zahl befinden sich ausserdem 24 Funde
deren Zugehörigkeit zu der Zeit vor dem J. 500 nur möghch, nicht aber ver-
büi^ ist, während 19 andere wieder Gegenstände enthalten, welche teils um
500 anzusetzen sind, teils erst in das 6. Jahrhundert gehören. Es bleiben also
nur 50 Funde mit Metallgegenständen nach, die wir mit Sicherheit in das erste
halbe Jahrtausend n. Chr. setzen können. Diese Zahl steht hinter der Menge
der Funde aus demselben Zeitraum, welche man aus Schweden und den Ost-
seeprovinzen kennt, erhebUch zurück und ist auch kleiner wie die Anzahl der
gleichzeitigen Funde aus Uppland und den schwedischen Landschaften nördlich
vom Dalälf, mit anderen Worten, aus den Teilen Schwedens, welche ihrer
get^raphischen L^e nach bei einem derartigen Vergleich mit Finnland allein
in Betracht kommen können. Wie wenig man indessen berechtigt wäre
aus der geringen Anzahl der Grabfunde einen Schluss auf die damaligen Be-
völkerungsverhältnisse des westlichen Finnlands zu ziehen, geht schon aus
dem Umstand hervor, dass die überwiegende Mehrzahl der bis jetzt bekannten
Ftmde erst in den letzten 20 Jahren gehoben worden ist. Als J. R. Aspelin
im J. 1875 eine Übereicht über die vorgeschichüiche Entwicklung Finnlands
gab, kannte er von den 93 Funden unseres Verzeichnisses nur sieben. ') Alle
übrigen sind erst nach dem genannten Jahre zu unserer Kenntnis gelangt.
Es lässt sich daher annehmen, dass eine fortgesetzte Untersuchung der zahl-
reichen Grabhügel in den westfinnischen Landschaften das Fundmaterial aus
den fünf ersten nachchristlichen Jahrhunderten binnen kurzem vermehren wird.
Eine andere ansehnliche Ergänzung erhält dasselbe schon jetzt durch die grosse
Menge der weberschiffförmigen Steine, deren Gesammtzahl, wie wir bereits
wissen, über 200 beträgt.
So klein die Anzahl der Grabfunde noch ist, welche wir mit grösserer
oder geringerer Sicherheit in die Zeit vor und um 500 verlegen können, so
glaube ich doch annehmen zu dürfen, dass ihre Fundorte im grossen und
ganzen die Ausdehnungsgebiete der damaligen Ansiedelungen bezeichnen und
dass ausserhalb dieser Gebiete nur wenig neue Grabfunde aus jener Zeit zum
Vorschein kommen werden. Die Gegenden, in welchen noch am ehesten solche
zu erwarten wären, können, wie unten gezeigt werden soll, unter Berücksichti-
gung der Funde aus der Bronzezeit und der jüngeren Eisenzeit schon jetzt
') Aspelin, Alkeita, S. 140-151. Die hier erwähnten Funde sind die Nr. 16, 16a, 16b,
47, 62, 63, 83 und die MOnzfunde 1 und 2 unseres Verzeichnisses.
)y Google
ZM VEKHREITUSG DER FUNDE.
mit einiger Sicherheit angegeben werden. Ein wesentlich anderes Bild der Sie-
delungsverhältnisse werden zukünftige archäologische Forschungen uns schwer-
lich geben können.
Im allgemeinen entsprechen die Verbreitungsgebiete unserer Funde denen
der bronzezeitiichen. Wie diese eine österbottnische Gruppe bilden, deren
Fundorte östlich von Wasa liegen, dann in einer langgestreckten Reihe
sich längs der Südwestküste hinziehen und vereinzelt in Südkarelen und in
den nördlicheren Landschaften (Savolaks und Nordösterbotten) vorkommen, so
auch die Grab- und Bodenfunde der fünf ersten Jahrhunderte n. Chr. Dass
aber innerhalb der hier genannten Gebiete die Ausdehnung der früheisen-
zeitlichen Ansiedelungen im ganzen eine grössere war wie der der Bronzezeit,
während in einigen Gegenden, welche in der Bronzezeit bevölkert waren,
später ein Rückschritt eingetreten zu sein scheint, soll die folgende Unter-
suchung uns zeigen.
Die Alandsinseln haben meines Wissens bisher nur zwei Funde aus
der älteren Eisenzeit geliefert, von denen der eine — der weberschiffförmige
Stein von Rangsby (S. 100, 1 1) — der Zeit vor 500 angehört, der andere,
ein Grabfund von Kulla, Ksp. Finström, (abgebildet in Aspelins Atlas Fig.
123^ — 1237) etwa aus dem 7. Jahrhundert stammt. Obgleich die grösste dieser
Inseln, das s. g. äländische Festland, mindestens bereits am Anfang der Bronze-
zeit bewohnt gewesen ist ') und obgleich man hier mit einiger Bestimmtheit
neue Grabfunde sowohl aus der Bronzezeit wie auch aus der älteren Eisenzeit
erwarten kann, so spricht die schon jetzt ganz unverhältnismässtg grössere
Anzahl der späteisenzeiüichen Funde dafür, dass die Alandsinseln erst in der
Wikingerzeit stärker besiedelt worden sind.
Eine der wichtigsten Kultui^egenden unseres Landes ist während der
älteren Eisenzeit die Landschaft Eigentliches Finnland. Schon in der
Stein- und Bronzezeit stand sie in lebhafter Verbindung mit Schweden und
ist aller Wahrscheinlichkeit nach wenigstens teilweise von dort aus besiedelt
worden. In den beiden älteren Perioden scheint die südliche Hälfte der Land-
schaft oder, genauer, der Teil, der sUdUch vom Flusse Aura liegt, eine stärkere
Bevölkerung gehabt zu haben wie die nördliche Hälfte. Wenigstens ist die
Zahl der steinzeitlichen Gegenstände aus der Südhälfte fünf Mal grösser wie
1) Ein Grabfund aus der zweiten Periode der Bronzezeit ist in dem Kirchspiel Sund
gemacht worden. Hackman, Bronzezeil, S. 373-375, respekt. S. 104.
, Google
VERBREITUNG DtR FUNDE. 295
die der nördlich vom Auraflusse gefundenen Steingeräte, ') und kommen von
den 12 bronzezeitlichen Funden aus der ganzen Landschaft nur 2 auf die
Nordhalfte. In der älteren Eisenzeit mag der Unterschied in den Bevöikerungs-
verhältnissen der beiden Landstriche sich ausgeglichen haben. Allerdings stehen
den 11 oder 12 im stldlichen Teile gefundenen weberschiffförmigen Steinen nur
5 oder 4 gegenüber, welche nördlich vom Auraflusse angetroffen sind, anderer-
seits sind aber gerade die ältesten und kostbarsten Funde aus jener Zeit (die
Funde 16, 16a, 16b, 17 und 20) in der nördlichen Hälfte der Landschaft
gehoben worden. Die Zahl der Grab- und Bodenfunde, welche Metallgegen-
stände enthalten, ist gegenwärtig auf beiden Seiten des Flusses Aura ungefähr
dieselbe. Im ganzen noch recht klein wird sie in der Zukunft jedenfalls rasch
anwachsen, da die Landschaft reich an Grabhügeln ist, von denen gewiss ein
guter Teil aus der älteren Eisenzeit stammt. Dass sich die Ansiedelungen
jener Zeit landeinwärts bis an die Grenze der Landschaft Tavastland gezogen
haben, ist kaum anzunehmen, da die Fundorte sämmtlicher Funde nicht weit
von der Küste liegen und die weiter abgelegenen Kirchspiele Yläne, Pöytis,
Karinais, St. Märtens, St. Bertil, Kiikala und Suomusjärvi entweder gar keine
Funde aus der jüngeren Eisenzeit oder nur ganz vereinzelte und späte {St.
Bertil) geliefert haben. *) Das Hinterland des schmalen Küstenstriches dürfte
also grösstenteils aus Waldeinöden bestanden haben.
Vergleichen wir die von E. Neovius in der Zeitschrift Fennia publizierte
Karte über die Bevölkerungsdichte Finnlands im J. 1896^) mit der oben citierten
archäologischen Fundkarte, so wird es uns auffallen, dass einige der heute
am dichtesten bevölkerten Gebiete schon in voi^eschichtlicher Zeit zu den
Kulturcentren gehört haben. Besonders deutlich lässt sich diese, übrigens leicht
') Auf dtr im J. 1899 erschienenen archSolugi sehen Karte von Finnland (Atlas öfver
Finland, Kartblad 31) sind für die Kirchspiele nDdlich vom Auraflu.sse zusammen 457, für die
nördlichen Kirchspiele nur 88 SteingerÄte verzeichnet.
t) Vei^l. A, BjArk, Künteiifi muinaisjBSnnOksia Halikon kihlakunnassa, FFT VI, 1883,
S. 46/49. — Ein Fund aus Yläne, zwei Pfeilspilzen enthaltend (H. M, 3278: 2-3), ist nicht
näher datierbar. — Auch Sleingeräte sind in diesen Kirchspielen nur in geringer Zahl zum
Vorschein gekommen.
■) E- R. Neovius, La density de ia population en Finlande d'apres une m6thode carie-
graphique nouvelle, Fennia 188, Helsingfors 1900—1901, S, 1-10, mit 2 Karten: 1) Carte de
Finlande monirani Ia r6partition de la population par villages ainsi que sa d^pendance du sol
(1896). 2) Carte de Finlande montrant la densiie de la pupulaliun en 1896.
dby Google
296 VERBREITUNG DER FUNDE.
erklärliche Erscheinung im südlichen Satakunta und den angrenzenden Teilen
von Tavastland beobachten. Hier finden wir die dichteste Bevölkerung in
dem fruchtbaren Tale des Kumoflusses und seinem nördhchen Zuflüsse, dem
See- und Flusssystem Kyrösjärvi — Jokisjärvi, dann an den Seen zwischen
Tammerfors und Tavastehus. Dass dieselben Landstriche schon in der Stein-
zeit bevorzugt waren, beweisen zahlreiche Funde von Steingeräten, und zwar
ist gerade längs den genannten Wasserwegen eine besonders grosse Anzahl
von bootförmigen Steinhämmem, Steinäicten mit Schaftloch, Steinäxten mit
viereckigem Durchschnitt, skandinavischen Feuersteinwerkzeugen und -waffen,
kurz von solchen Steingeräten, welche als Belege für Verbindungen mit Skandi-
navien und Westeuropa gelten können, gefunden worden. Metallfunde aus der
Bronzezeit sind bisher nicht ebenso weit landeinwärts angetroffen worden;
ihre Fundorte ziehen sich im Kumotale und seiner näheren Umgebung strom-
aufwärts nur bis Kümo und Kiukais, dem an bronzezeitlichen Funden reichsten
Kirchspiel Finnlands, hin. Dagegen besitzen wir bereits einige Grabfunde und,
wenn wir die weberschiffförmigen Steine dazunehmen, eine nicht geringe An-
zahl von Bodenfunden, welche alle im Verein beweisen, dass in der Zeit vom
3.^5. Jahrhundert n. Chr. feste Ansiedelungen sich längs den genannten Wasser-
läufen tief in das Land hinein erstreckt haben. Die Grabfunde in den Kirch-
spielen Kümo, Tyrvis, Birkala, Lempäälä (die Funde 29—42, 45, 47, 48) und
die Bodenfund von Wesilahti und Akkas (Nr. 46 und 49) bilden längs der
Hauptwasserader Wanajavesi — Kumoälf eine Fundkette, deren Zwischenglieder
durch Funde von weberschiffförmigen Steinen bezeichnet werden. Den im
Kirchspiel Akkas einmündenden Fluss Tarpijoki stromaufwärts gelangen wir
nach Notsjö im Ksp. Urdiala, wo die unter Nr. 50 erwähnten Grabhügel eine
Niederlassung des 5. Jahrhunderts bezeugen. Zu den Fundorten in den Kirch-
spielen Tavastkyro und Ikalis (Nr, 43 und 44) führt uns die nördliche Wasser-
strasse Jokisjärvi^Kyrösjärvi. Auch der römische Denar von Tanimela (Münz-
fund 2) ist am oberen Ende eines Flusstales, nämlich des Loimijoki gefunden
worden. Doch scheint dieses letztere Tal, obgleich es heute eine zahlreiche
Bevölkerung hat, nach der geringen Anzahl der Grabhügel und der Funde zu
schliessen, in vorgeschichtlicher Zeit nur spärlich besiedelt worden zu sein.
An den Wegen zu den vier zuletzt genannten Funden, besonders zahlreich aber
am Kyrösjärvisystem, liegen die Fundorte von weberschiffförmigen Steinen.
Derartige Steine sind, wie bereits weiter oben (S. 244) erwähnt, noch über
das Gebiet der Seen Längelmävesi— Roine- Mallasvesi verbreitet und am
dby Google
VERBREITUNG DER FUNDE. 297
Wanajavesi und seinen aus den Kirchspielen Renko, Loppis und Hausjärvi
kommenden Zuflössen gefunden. Grab- und Ansiedelungsfunde aus dieser Zeit
fehlen aber noch in den zuletzt genannten Gegenden, von denen das Tal des
Wanajavesi und Teile des Kirchspiels Loppis nach dem Zeugnis zahlreicher
späterer Gräberfelder und Bodenfunde in der jüngeren Eisenzeit schon ver-
hältnismässig dicht bevölkert waren. Aus den weiter östlich belegenen Teilen
des südlichen Tavastland, nämlich den Kirchspielen Hauho, Tuulos, Lampis,
Koskis, sowie den Kirchspielen am See Wesijärvi und am Südende des
Päijänne sind ebenfalls nur weberschiffförmige Steine (hier in geringer Anzahl)
und Funde aus der jüngeren Eisenzeit zu verzeichnen. In der älteren Eisenzeit
werden hier schwerlich feste Niederlassungen bestanden haben.
Das Küstengebiet von Satakunta hat ausser einzelnen weberschiffförmigen
Steinen noch keinen Fimd aufzuweisen, welcher mit Sicherheit in die Zeit vor
500 n. Chr. gesetzt werden könnte. Auch die beiden etwas mehr landeinwärts
gelegenen Grabhügel von Wahala im Ksp. Lappi und auf dem Hügel Kukoo-
mäki im Ksp. Eura (Nr. 26, 27), die einzigen aus dem Gebiet südlich vom
Kumoflusse, welche in unser Verzeichnis aufgenommen sind, haben schwer
datierbare Funde geliefert, welche, wie auch der Bodenfund von Eura — Wainio-
pekka (Nr. 28), aus der Zeit vor 500 herstammen, aber auch jünger sein können.
Während Eura und sein östliches Nachbarkirchspiel Kjulo, nach zahlreichen
späteren Funden zu schliessen, in der jüngeren Eisenzeit eine grössere Bedeutung
erlangt haben müssen, sind in den Kirchspielen Nakkila, Harjavalta, Kiukais
* und Lappi bisher auch von späteisenzeitlichen Niederlassungen noch keine
sicheren Spuren entdeckt worden. •) Der Mangel an Funden aus der älteren
wie der jüngeren Eisenzeit ist um so auffallender, als gerade das Gebiet
dieser Kirchspiele in der Bronzezeit das bedeutendste Kulturcentrum unseres
Landes gebildet hat und reich an Steinhügelgräbem ist. ^ Zukünftige Aus-
1) K. E. F. Ignatius, Muutamasta rautekauden hautausmaasta Euran pitftjftstft, Historiolli-
nen Arkisto III, 1871, S. 95 f.; K. Killincn, Kiintcitä muinaisjflannöksiä Ulvilan kihlakunnassa,
Bidrag t. känaedom etc. 33, 1878, S. 46 f. — Seitdem sind in Eura und Kjulo viele neue
Funde aus der jQngeren Eisenzeit hinzugekommen.
■) K. Killinen zählte in Nakkila 14, in Harjavalta 40-50, in Kiukais mindestens 50, in
Raumo 30—40 Sieinhflgelgräber (Bidrag t. kännedvm etc. 33), W. Högman in Lappi 52 solche
Hflgel (Manuskript im Archiv der Finnischen Altertivnsgesellschaft). Die entsprechenden
Zahlen sind fOr HviltisbofjArd 13, Norrmark und Pämark 16, Sastmola 12, Siikainen
(Killinenj.
dby Google
29B VERBREITUNG DER RINDE.
grabungen werden voraussichtlich diese Lücke zum Teil ausfüllen, vielleicht
aber auch den Beweis liefern, dass das genannte Gebiet in der Eisenzeit dünner
bevölkert war wie die östlich angrenzenden Kirchspiele Kümo, Eura etc.
Nördlich vom Kumoflusse und Östlich und nördlich vom See Kyrösjärvi liegen
Gebiete, welche noch auf Karten des 17:ten Jahrhunderts als „Tavastemas
erämarker" •) bezeichnet werden. Kein Wunder, dass wir von dort keine
Grabfunde aus einer so abgelegenen Periode wie der, mit weicher wir uns
hier beschäftigen, besitzen. Jenseits der Nordgrenze von Satakunta dehnt sich
das fundarme Gebiet bis zu der Gegend ösdich und sQdüch von Wasa aus.
Nur ein zeitlich unsicherer Grabfund iin Ksp. Sideby (Nr. 52) und mehrere
weberschiffförmige Steine vermitteln bisher die Verbindung zwischen dem
Kumotal und dem alten österbottnischen Kulturcentrum.
Unter dieser Bezeichnung verstehen wir die Gegend am unteren Laufe des
Kyröflusses von Ylistaro bis Lillkyro und ihrer nächsten Umgebung, den
Kirchspielen Vörä im Norden und Laiheia und Malaks im Süden. In interes-
santer Weise deckt sich hier wieder das Gebiet der grössten Bevölkerungs-
dichte von heute mit dem der zahlreichsten voi^eschichtlichen Funde. Nur
wenige Gegenden unseres Landes können sich in ersterer Beziehung mit den
obengenannten österbottnischen Kirchspielen oder, genauer bezeichnet, mit den
längs den Flusstälem belegenen Teilen derselben messen.*") Was die Aus-
breitung der vorgeschichtlichen Funde anlangt, so sind allerdings steinzeitliche
Gegenstände in diesem Gebiet, das sich zum grossen Teil erst später aus dem
Meere gehoben hat, recht seltene Vorkomnisse und erst weiter landeinwärts,
in den oberen Tälern des Kyrö- und des Lappoälf, in beträchtlicher Menge
angetroffen worden. Schon in der folgenden Periode hat aber das untere
Kyrötal die Bedeutung gewonnen, welche es seitdem die vorgeschichtliche Zeit
hindurch behauptet hat. Während nämlich weit und breit in dem umliegenden
Gebiet kein einziger Fund von bronzezeitlichen Metallgegenständen zum Vor-
schein gekommen ist — der nächste Fundort eines solchen Gegenstandes liegt
im Kirchspiel Norrmark nicht weit von der Mündung des Kumoflusses — haben
wir für die beiden Kirchspiele Laiheia und Storkyro bereits 5 derartige Funde
zu verzeichnen, von denen 2 in Steinhügelgräbem gehoben worden sind. Solche
1) Kuuth, 1. c. S. 26. Unter erämarker, erftmaat sind bekanntlich WaldeinOden zu
verstehen, in welchen die Bewohner der angebauten Gegenden den Sommer Ober der Jagd
und dem Fischfang oblagen, zum Teil auch Schwendeland anlegten,
*) E. Neovius, I. c, S. 8.
)y Google
VERBREITUNG DER FUNDE. 299
Grabhügel finden sich in den beiden centralsten der oben zu dem österbott-
nischen Kullurcentrum gerechneten Kirchspielen, nätnlich in LÜlkyro und
Laiheia, in einer Menge, welche die Anzahl der Grabhügel in den südöster-
bottnischen Kirchspielen bedeutend übertrifft. ')
Die Resultate der bis jetzt voi^enommenen Ausgrabungen machen es
wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Steinhügelgräber im österbottnischen
Kulturcentrum nicht der Bronzezeit, sondern teils der uns hier interessierenden
Periode, teils einer etwas jüngeren Zeit angehört. *) In Betreff einiger kleinerer
1) In Lillkyro allein hat Aspelin 149 Grabhflgel gez&hlr, welche zumeist auf hageligem
Terrain am Waldessaum oder im dichten Walde einige km vom Kyröflusse entfernt liegen.
(Verzeichnis im topographischen Archiv des Historischen Staatsmuseums in Helsingfors,
Vergl. auch J. R. Aspelin, Grafkumlen i Lillkyro, Vasabladet 1896, Nr. 75). Die Karte von
Lillkyro Fig. 84 zeigt uns, dass die SteinhQgcIgr&ber in dem niedriger belegenen nordwest-
lichen Teile des Kirchspiels ganz fehlen, dagegen weiter landeinwärts an Zahl zunehmen.
So breitet sich etwa die Hälfte aller Tumuli gruppenweise Qbcr ein kleines Gebiet ein paar
km südwestlich vom Dorfe Tervajoki, dem hOchsl belegenen südlichen Ende des Kirchspiels,
aus. In Laiheia betrigt ihre Zahl sogar mehr wie 500, wBhrend in dem kleineren und an
der Küste belegenen Nachbarkirchspiel Malaks von A. 0, Heikel immerhin 91 Steinhflgel-
gr&ber verzeichnet werden konnten. Die Kirchspiele Mustasaari und Qveflaks sind sehr arm
an Stein hügelgrftbern und dürften zu jener Zeit grAsstenleils unter dem Meeresspiegel gelegen
haben. Auch Astlich von Lillkyro nimmt die Anzahl dieser Tumuli rasch ab: in Storkyro
hat Th. Schvindt ihrer nur 20 verzeichnet; für Ylisiaro liegt noch keine Statistik vor, doch
lassen die von Aspelin gesammelten Angaben von 1871 nur auf eine geringe Anzahl solcher
Gräber schliessen. FOr VörA giebt Aspelin etwa 40 Steinhügelgr&ber an (Kokoilemia, S. 1 19 f.).
In dem südlich von Malaks und dem KyrOtal belegenen Teile von Österbotten sind es haupt-
sachlich die Kirchspiele längs der Küste, Petalaks, Narpes, Lappfjard und Sideby, in welchen'
man Steinhügelgrlber antrifft Nach Th. Schvindts Verzeichnis im topographischen Archiv
des Museums finden sich in Sideby 29, in Lappfj&rd und bei Kristinestad an 90, in Nflrpes 43,
in Ofvcrmark 12, in Stora nur 2, nach A. O. Heikel in Petalaks 27, nach Aspelin (Kokoilemia)
in PArtom, Jurva und Solf einige wenige Steinhügelgrftber.
*) Vergl. S. 80. — In der Alteren arcliAologi sehen Literatur finden sich Hinweise auf
l&ngst verloren gegangene Funde aus Hügelgrfibern in den Ksp. Laiheia und Lillkyro, welche
wahrscheinlich zum Teil in die Zeit vor 500 gehören, zum Teil aber jüngere Gegenstande
enthalten haben. So weiss A. Warelius in seinen Bidrag tili Finlands kftnnedom i ethno-
graphiskt h&nseende, Suomi VII, 1847, S. 61, von solchen Funden im Besitz des Dr. Emel6
in Wasa zu erzfihlen, unter welchen sich ein Beschlag mit „den Umrissen eines Vogels',
wahrscheinlich also von derselben Form wie ein bei Gulldynt im Ksp. Vorä gefundenes und
von Aspelin in seinem grossen Atlas (Fig. 1278) abgebildetes Exemplar aus der Zeit um
600 befand. Aspelin citiert in seinen hier oft genannten Kokoilemia etc., S. 88—89, eine
dby Google
VERBREITUNG DER FUNDE,
und niedrigerer Steinhagel, welche in die obigen statistischen Verzeichnisse mit-
aufgenommen sind, müssen wir es sogar unentschieden lassen, ob sie nicht in
einer viel späteren Zeit entstanden und somit überhaupt nicht als Grabhügel
zu betrachten sind. Es liesse sich wenigstens denken, dass sie beim Anlegen
von Schwendeäckem zusammengetragen oder von Hirten oder Jägern zum
Schutze von Vorräten gegen die Tiere des Waldes errichtet worden sind. Ein
Urteil darüber wird erst nach einer genauen Untersuchung derselben möglich sein.
Angesichts der viel grösseren Zahl eisenzeitlicher Grabfunde wird es
sich schon jetzt schwerlich bezweifeln lassen, dass in der älteren Eisenzeit die
Besiedelung der oben genannten österbottnischen Kirchspiele weiter fortge-
schritten war wie in der Bronzezeit, die Bevölkerung eine dichtere war wie
früher. Darauf weisen auch die zahlreichen Funde von weberschiff form igen
Steinen hin. Nirgends in ganz Finnland sind ihrer so viele auf einem Gebiet
von gleich geringer Ausdehnung gefunden worden wie in den drei Kirchspielen
Lillkyro, Storkyro und Ylistaro. ') Auch am mittleren Laufe des Kyröflusses
kommen sie noch verhältnismässig oft vor (in Seinäjoki 2, in Ilmola 4 Exemplare).
Da aber dort keine anderen Funde aus der älteren Eisenzeit gemacht worden
und auch jüngere Funde sehr selten sind, dürfen wir vielleicht annehmen, dass
sich die Niederlassungen der älteren Eisenzeit stromaufwärts nicht über Ylistaro
hinaus erstreckt haben.
Wie weit nach Norden das Volk, dessen Spuren wir längs der Küste und
den Flusstälern des wesUichen Finnlands nachgegangen sind, bis zu der Zeit
um das Jahr 500 seine Niederlassungen vorgeschoben hatte, ist eine Frage,
auf die wir vorläufig eine bestimmte Antwort schuldig bleiben müssen. Die
bisher bekannt gewordenen Funde, deren Zahl noch eine sehr kleine ist, geben
uns in dieser Beziehung nur unvollständige Aufschlüsse. Dass vereinzelte weber-
Stelle aus dem Bericht des Pastors H, Wegelius an „Finska Hushftllnings-Sallskapet" vom
J. 1B02, nach welcher in Steinhagel grftbern in Lillkyro Kohle, Asche, grössere und kleinere
Goldringe, Fragmente von Kupfer und Eisen sowie von einer goldfarbigen Legierung, welche
Fragmente von Waffen und Zaumzeug herrilhrten, gefunden wären. Ausserdem wftren
Goldmttnzen von Zeno (474-491) und Phokas (602-610), die bei Grabungen (wahrscheinlich
in solchen StcinhQgelgrabem) angetroffen worden, dem Kgl. MOnzkabinett in Stockholm
zugeschickt worden.
') In Lillkyro 10 Exemplare, in Slorkyro 14, in Ylistaro 7. In dem Kirchspiel Storkyro
allein sind demnach beinahe ebensoviele weberschiff förmige Steine gefunden, wie in der
ganzen Landschaft Eigentliches Finnland.
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VERBREITUNG DER FUNDE, 301
schiffförmige Steine an den mächtigen nordösterbottnischen Flüssen Ulcä- und
Kemiälf und deren Nebenflüssen sowie in den Einöden von Kuusamo und sc^ar
nördlich vom Polarkreis gefunden sind, beweist selbstverständlich nicht ohne
weiteres eine Ausdehnung der Ansiedelungen bis zu so hohen Breiten und
so abgelegenen Gegenden. Es müssen diese Geräte auf Jagd- oder Kriegszügen,
welche die Bewohner der Kulturgegenden unseres Landes nach den nördlicheren
Regionen unternahmen, verloren oder durch den Handel dorthin gebracht
worden sein. Sichrere Belege für ehemalige Niederlassungen sind die S. 94/95
beschriebenen Grabfunde in den Tälern des Purnioä und des Esseä. Aller-
dings kann nur einer dieser Funde, welche übrigens alle von Schatzgräbern
aus Steinhügeln zu T^e gefördert worden sind, mit Bestimmtheit in die Zeit
vor 500 n. Chr. verlegt werden, während eine genauere Datierung der anderen
die ausserdem zum Teil fremdartige, aus der Uralgegend eingeführte Schmuck-
gegenstände enthalten, nicht möglich ist. Dieser eine hier in Betracht kom-
mende Fund — Nr. 84 in unserem Verzeichnis — liefert immerhin den Beweis
dafür, dass die Ansiedelungen der Bewohner des sUdwesÜichen Finnland im
3. — 4. Jahrhundert das Tal des Esseä eireicht hatten, und zeigt, dass Stein-
hügelgräber auch soweit nach Norden wie im Kirchspiel Esse Funde aus der
älteren Eisenzeit enthalten können. ')
Eine andere nördliche Gruppe von Steinbauten, welche hauptsächlich in
der Gegend von Uleäborg und Brahestad auftritt, wird von Hj. Appelgren
ebenfalls der älteren Eisenzeit zugewiesen, E^ sind dies abgerundet viereckige
Einzäunungen, deren Umfassungsmauern aus rohen, unbehauenen Steinen allein
oder aus Steinen und Schutt ohne Mörtelverband aufgeführt sind. Die Länge
derselben schwankt zwischen 6,8 m und 52,b m, die Breite zwischen 8 m und
33,B m. ") An den beiden Schmalseiten, oft in allen vier Wällen, befindet sich
eine Lücke oder Eingang. Diese fundamentähnlichen Anlagen liegen gewöhnlich
') Beachtenswert ist es, dass die Aazahl der S le in hogcl grabe r in Es.se und Punno
grosser ist nicht nur wie in den zunächst auf sie folgenden nördlicheren, sondern auch wie in
den sfldlicheren, zwischen Purmo und Vörä liegenden Kirchspielen. Vergl. die Verzeichnisse
von L. H. Sandelin, (FFT XIV), wo für Purmo und Pcdersöre zusammen ungefähr 80, für Esse
120-130, für Teerijärvi und Kronoby 44, für Nedervetil und Gamlakarleby ca 50 Steinhagel -
grftber angegeben werden, und Aspelin (Kokoilemia), nach welchen ihre Zahl in Nykarleby,
Hunsala und Jeppo auf ca 30 geschätzt wird.
*) Bei der Mehrzahl variiert die Länge zwischen 21 m und 35 m die Breite zwischen
8 m und 22 m.
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VERBREITUNG DER FUNDE.
auf niedrigen Anhöhen, welche auf zwei oder mehr Seiten von Sümpfen be-
grenzt sind. Appelgren hält sie für Reste von Wohnhäusern derselben Art
wie die s. g. Riesengräber (kämp^rafvar) ') auf öland und Gotland, mit denen
die Mehrzahl in der Form und den Dimensionen einigermassen übereinstimmt. ")
Die alten Hausfundamente auf den beiden grossen schwedischen Inseln haben
Funde aus den ersten vier bis fünf Jahrhunderten n. Chr. enthalten. ■) Sollte
Appelgrens Vermutung richtig sein und wirklich ein Zusammenhang zwischen
den kämpagrafvar und den nordösterbottnischen Steinbauten existieren, so
könnten die letzteren aus derselben Zeit stammen wie die ersteren. Eine
Bestätigung dieser Vermutung können nur fachmännisch geleitete Untersuchun-
gen der österbottnischen Hausreste geben; bisher stehen solche noch aus, wie
auch zufällige Funde, welche eine Datierung zuÜessen, ganz fehlen.
Während man schon mit Zuversicht behaupten kann, dass in der älteren
Eisenzeit die Bevölkerung der Landschaften EigenUiches Finnland, Satakunta,
Tavastland und Osterbotten dichter war und sich weiter au^ebreitet hatte wie
in der Bronzezeit, scheint die Entwicklung der Besiedelungsverhältnisse in
Nyland und Südkarelen eine andere gewesen zu sein. In der Steinzeit muss
Nyland, speziell der wesüiche Teil der Landschaft, eine verhältnismässig dichte
Bevölkerung gehabt haben. Darauf deutet die recht grosse Menge von Stein-
geräten, welche in der Umg^end des Lojosees und des Sees Hiidenvesi
besonders in die Augen fallend ist. Aus der Bronzezeit stammen drei Boden-
funde und, was in diesem Zusammenhange wichtig ist, mindestens zwei Grab-
funde, alle im westlichen Nyland *) gehoben. Suchen wir nach Funden aus
der hier behandelten Periode, so stossen wir zunächst auf die beiden oben
unter 1 und 2 beschriebenen Funde von Tenala, dem an der Grenze gegen
das Eigentliche Finnland belegenen Kirchspiel. Sie sind die einzigen, welche
Metallgegenstande enthalten, und zugleich die einzigen Grabfunde. Da aber
') Hj. Appelgren, Suomen rnuinEÜslinnat, FFT XII, 4891, S. LI f.
*) F. Nordin, Gotluids s. k. kBmpagrafvar, MAnadsblad 1886, 1888; derselbe, En svensk
bondg&rd ffir 1500 är sedan, Vbby 1891.
>) Vergl. die noch heule bewohnten s. g. clachans auf den Hebriden. Montelius, Fom-
tiden, Fig. 178; H. Whiterside Williams, The Ciachans of Lewis, The reliquary and illustrated
archaeologtst, Neue Serie VI, London 1900, S. 73 f.
*) Zwei bei Borgä, also im ft.stlichen Nyland, gefundene bronzene oder kupferne Hohl-
celie von permtschen Typen gehören wahrscheinlich nicht mehr der eigentlichen Bronze-
zeit an. Vergl. S. 9 und Fig. 6 u. 7-
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VERBREITUNG DER FUNDE. 303
ihre Fundorte unmittelbar an der Westgrenze der Landschaft liegen, so können
wir sie mit grösserem Recht der oben behandelten Gruppe von Funden aus
dem Eigentlichen Finnland als den nyländischen Funden zuzählen. Aus dem
ganzen übrigen Nytand besitzen wir nur eine Anzahl weberschiffförmige Steine,
welche an den beiden obenerwähnten Seen und längs der Küste gefunden sind.
Kein einziger Grabfund deutet auf eine feste Ansiedelung. Wohl finden sich
Steinhügelgräber in nicht geringer Zahl auf einem schmalen Ktlstensaum und
am Lojosee, doch ist es sehr zweifelhaft, ob ein Teil derselben aus der älteren
Eisenzeit stammt. Die meisten der bisher untersuchten Steinhügelgräber haben
nämlich gar keine Funde enthatten, in zweien hat man Gegenstände aus der
Bronzezeit gefunden, in ein paar anderen (im Ksp. Degerby und am Lojosee)
einige undatierbare Tongefässsch erben und einen dünnen Spiralannring, der
mit demselben Recht der Bronzezeit wie der jüngeren Eisenzeit zugewiesen
werden kann. ') Da nun sichere Funde aus der jüngeren Eisenzeit im west-
lichen Nyland (wieder mit Ausnahme von Tenala) ganz fehlen, im östiichen
Nyland nur an drei Stellen (in den Kirchspielen Sibbo, Borgnäs und Elimä)^
zum Vorschein gekommen sind, so gewinnt man den bestimmten Eindruck,
dass die später kulturell so bedeutende Landschaft während der Eisenzeit teils
gar keine, teils eine ausserordentlich spärliche sesshafte Bevölkerung gehabt hat
Ein Versuch, den Mangel an Grabfunden und an Funden von Metall-
gegenständen auf zufällige Ursachen zurückzuführen, würde hier keine Berechti-
gung haben, denn wenn die nyländische Erde wirklich viele Altsachen in sich
bergen würde, so hätte bei der intensiven Bodenkultur, welche seit langem in
der Landschaft betrieben wird, dort ebenso wie im Eigentlichen Finnland eine
Reihe von Funden gemacht werden müssen. Welch' grosser Unterschied
') Vergt. Vorgeschichtliche AltcrtOmer au.s Finnland 84 i (aus einem SteinhOgelgnib bei
Knappaby, Ksp. Degerby). — [>er Spiralarmring ixi mit Tonga fassscherben in einem niedrigen
Steinhfl gelgrab (?) auf der tnsel Jalassaari, Bgt livari, Ksp. Lojo, gefunden. Er gleicht dem
Ring A^pelin 1584 (vergl. Monteliu» 234) und enthält nach einer von Dr. S. Sandelin ausgefOhrten
Analyse fH/tt^lo Kupfer, iQfn^h Zinn und ein wenig Zink. H. M. 3974: 1—2.
>) Sibbo: eine Axt von central russischem Typus, A.spelin 15B5 (vergl. Aspelin 838-841
aus dem Crabfeld von Liada, Gouv. Tambow), gefunden bei Hangelby, H. M, 1973; Borg-
nSs: Schmuck (eine runde Schcibentibel vom Typus Finskt Museum IV, 1897, S, 8, Fig. 8)
und Gerat aus einem Niederlasaungsplatz der Zeit um 1000 n. Chr. bei Koppsby, H. M.
3312, 3443; ElimS: eine Lanzenspitze vom Typus Heikel, Brandgrftber Vi, gefunden bei
Kauppila, Dorf Mommola, H. M. 4062: 2.
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304 VERBREITUNG DER FUNDE.
zwischen den beiden Landschaften in dieser Beziehung besteht, zeigt uns ein
Blick auf die archäologische Karte im Atlas öfver Finland (Helsingfors 1899,
Karte Nr. 31). Die relativ zahlreichen Funde von weberschiffförmigen Steinen
im westlichen Nyland sind an und für sich keine Zeugen von festen Ansiede-
lungen, da sie, wie bereits bemerkt, auch tief im Innern des Landes vorkommen,
wo die Bevölkerung von Westfinnland zu jener Zeit gewiss noch keine dauern-
den Niederlassungen gegründet hatte.
Ein zum Teil ähnliches Bild wie das soeben skizzierte gewährt uns die
Entwicklung der Kolonisation Sudkarelens oder, genauer begrenzt, des Wuok-
sendeltas und der Nordwestküste des Ladc^asees. Auch hier besteht der
kulturelle Niederschlag aus einer recht bedeutenden Anzahl von Steingeräten
— in Karelen noch grösser wie im westlichen Nyland — einigen wenigen
Funden von alten Bronzen und schliesslich einzelnen weberschiffförmigen Feuer-
schlagsteinen. Grabfunde aus der älteren Eisenzeit sind hier ebenso unbekannt
wie in Nyland. Im Gegensatz zu dieser Landschaft ist aber hier die jüngere
Eisenzeit reich vertreten, ein Umstand, der seinerseits wieder einen indirekten
Beweis für die Volksarmut Nylands in der genannten Periode bildet. ') Das
südliche Karelen ist offenbar in der jüngeren Eisenzeit von einem neueinwan-
dernden Volkstamm in Besitz genommen worden, Nyland kann dagegen erst in
geschichtlicher Zeit eine stärkere sesshafte Bevölkerung erhalten haben.
Im Innern unseres Landes — in Nordkarelen, Savolaks, dem nördlichen
Tavastland und dem nördlichen Satakunta — betreten wir schliesslich ein
Gebiet von grosser Ausdehnung, das an früheisenzeitlichen Funden ausser-
ordendich arm ist. Diese Funde beschränken sich nämlich auf die Titusmünze
im südlichen Savolaks, die Lanzenspitze 17 1 im nördlichen Tavastland und
etwa 16 weberschiffförmige Steine, deren Fundorte grösstenteils längs den
nordtavastländischen Seen liegen, während in den Waldeinöden von Savolaks
nur 2 derartige Steine zum Vorschein gekommen sind und Nordkarelen weder
einen solchen noch einen anderen Fund aus der Zeit vor 500 aufzuweisen hat.
Es ist daher ganz offenbar, dass zu jener Zeit in Nordkarelen und Savolaks
keine festen Niederlassungen bestanden haben können. Was wieder die etwas
zahlreicheren Funde im nördlichen Tavastland betrifft, zu denen sich in den
folgenden Perioden der voi^eschichtlichen Zeit ein Grabfund des 7. Jahr-
>) Atlas öfver FinUnd, Kanblad Nr. 31; Th. Schvindl, Tieioja Karjalar
FFT Xm, 1892,
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WEST-ÖSTUCHE RICHTUNG DER KOLONISATION. 305
Hunderts (im Ksp. Karstula, vergl. FFT XVII, S. 31 f.) und mehrere Bodenfunde
gesellen, so werden auch sie schwerlich als Zeugen von Ansiedelungen anzu-
sehen sein, sondern durch ihre grössere Zahl nur andeuten, dass diese Land-
schaft von den Bewohnern der Kulturgegenden öfters als die weiter entfernten
Urwälder in Savolaics und Karelen besucht wurde. Beginnt doch die eigent-
liche raschere Kolonisation des grossen inneren Gebietes erat nach der Reforma-
tionszeit, nachdem am Ende der Heidenzeit und im Mittelalter das südliche
Savolaks spärlich besiedelt worden war, ') Vor der Ankunft der finnischen
Kolonisten war der grösste Teil dieses Gebietes im Besitz der Lappen. Doku-
mente aus dem Ende des 14. und der Mitte des 15. Jahrhunderts erwähnen
ihrer Anwesenheit im nördlichen Tavastland, und noch um 1550 scheinen
Lappen in der Nähe der dort belegenen Erämarken der Tavasten gewohnt zu
haben. In Savolaks werden einzelne Lappen in den Steuerregistern der Jahre
1556 (im Ksp. Rantasalmi) und 1663 (im Ksp. üsalmi) aufgezählt.^ Wieweit
südlich sie in vot^eschichtlicher Zeit gedrungen sind, ist eine strittige Frage,
die hier nicht erörtert werden kann.
Die Übersicht, welche wir hier tlber die Verbreitung der Funde aus den
fünf ersten Jahrhunderten n. Chr. gegeben haben, zeigt uns also, dass in dem
Finnland der älteren Eisenzeit nur drei eigentliche Kulturcentren mit einer
dichteren Bevölkerung existiert haben, während der weitaus grösste Teil des
Landes aus Waldeinöden bestand. Femer haben wir gesehen, dass die Aus-
breitung der damals besiedelten Landstriche noch nicht dieselbe war wie am
Anfang der geschichüichen Zeit, sondern dass sich im Gegenteil die Ansiede-
lungen während der jüngeren Eisenzeit hauptsächlich in östlicher Richtung
weiter landeinwärts ausgedehnt haben. Deuüicher als im Eigentlichen Finnland
und in Österbotten tritt diese von Westen noch Osten fortschreitende Besie-
delung der Flusstäler und Seeufer in Satakunta und Tavastland zum Vorschein.
Während nämlich, wie oben dargestellt ist, um 500 n. Chr. Spuren von festen
Niederlassungen kaum weiter östlich wie im Kirchspiel Akkas angetroffen sind,
ziehen sich die Grab- und Bodenfunde der jüngeren Eisenzeit ausserdem noch
1) Atlas öfver Finland, Kartblad Nr. 31 ; U. Gebhard, Savonlinnan la&nin oloista vuoleen
1571, Helsingfors 1889; K. J. Jalkanen, Pohjois-Hämeen erSmaat, asutus ja olol vuoleen 1620,
Tavastehus 1892.
1 Y. Koükinen, Millä aloÜla Suomenmaata oval Lappalaiset hbtoriallisien tulkimusten
mukaan asuneet?, Suomi I1 15, 1882, S. 345 f.
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306 BESIBDELUNG DES KÜSTEN GEBIETES VON 5ATAKUNTA.
das Tal des Wanajavesi bis hinter Tavastehus hinauf und von dort in süd-
licher Richtung nach Loppis, in östlicher nach Holiota und littis, von Hollola
schliesslich in nördlicher Richtung längs den Ufern des Päijänne bis Sysmä
und Jänisä hin. Da nun am Anfang der geschichtlichen Zeit die Stammsitze
(im Gegensatze zu den Fischereiplätzen an der Küste und den Erämarlten)
der Tavasten gerade in dem Gebiet zwischen Kümo {Lappi, Eura, Kjulo) im
Westen und dem Päijänne und Kymmene im Osten lagen, so folgt daraus, dass
die tavastische Kolonisation nicht, wie man bisher angenommen hat,
von Osten nach Westen, sondern hauptsächlich in der entgegen-
gesetzten Richtung fortgeschritten ist. Für die Lösung der Frage,
welcher Nationalität die Bewohner der westfinnischen Landschaften in der
älteren Eisenzeit angehört haben, ist dieser Umstand, wie wir später sehen
werden, von grosser Bedeutung.
Eine andere Erscheinung, die bei der Betrachtung einer Fundkarte der
älteren Eisenzeit auffallen muss, ist die ungleiche Verteilung der Funde längs
der Meeresküste. Im allgemeinen lässt sich da die Beobachtung machen, dass
nur dort, wo ein grösserer Archipel der Küste voi^elagert ist, zahlreichere
Funde längs der letzteren zu Tage getreten sind, so im Eigentlichen Finnland,
vor dessen Küste ein wahres Labyrint von Inseln liegt, und im österbottnischen
Kulturcentrum, dessen Schärenhof zu jener Zeit, als die Küste weiter land-
einwärts ging, grösser war wie jetzt. Die übrigen, offeneren Küstenstriche
unseres Landes sind dagegen, wie wir bereits wissen, teils sehr arm an eisen-
zeitlichen Funden, teils entbehren sie ihrer ganz. Was nun zunächst die Küste
von Satakunta, zu welcher im Mittelalter auch das damalige Kirchspiel Närpes
oder die Strecke von Sideby bis Malaks gerechnet wurde, anlangt, so kann
sie selbst unter der Annahme, dass ein Teil der längs ihr zerstreuten Stein-
hügelgräber aus der älteren Eisenzeit stammen sollte — ein anderer Teil wird
gewiss der Bronzezeit angehören, — vor der geschieh Üichen Zeit nur eine sehr
dünne Bevölkerung gehabt haben. J. W. Ruuth, der die mittelalterlichen
Besiedelungsverhältnisse der Landschaft Satakunta in einem interessanten
Aufsatz ') behandelt, nimmt aus anderen Gründen st^ar an, dass sie noch am
Ende der Heidenzeit so gut wie unbewohnt war und dass die Anfänge ihrer
eigentlichen Besiedelung in die Zeiten der schwedischen Eroberung fallen.
Da Ruuths Darstellung für eine richtige Auffassung auch der vorgeschichtlichen
>) J. W. Ruuth, Satakunnan asutusoloisU kesklajalla. HisCoriallinen arkisto XV, 1897, S. I~28.
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BESIEDELUNG DES KOSTENCEBIETES VON SATAKUNTA. 307
Kolonisation Finnlands von Wichtigkeit ist, so sollen hier einige seiner Resul-
tate angeführt werden.
Indem Ruuth seinen Forschungen tlber das Alter der Dörfer in Satakunta
die frühere fiskalische Einteilung derselben in Dörfer mit „schwedischem" und
„finnischem Recht" (Svensk och Finsk Rätt) zu Grunde legt und nach dem
Vorgange A. G. Fontells ^) von der Annahme ausgeht, dass diejenigen Ge-
meinden, welche, obgleich sie ihre übrigen Steuern nach „finnischem Recht",
bezahlten, eine zur Zeit des Bischofs Ragvald I (f 1266) aufgekommene Abgabe,
das s. g. raatskott, nach „schwedischem Recht" leisteten, jüngere Nieder-
lassungen wären, sieht er in den Dörfern, denen die Bezahlung des matskott
nach „finnischem Recht" vergönnt war, die einzigen um die-Mitte des 13. Jahr-
hunderts existierenden Niederlassungen und bestimmt, indem er nur sie in
Betracht zieht, die Ausdehnung der damaligen Ansiedelungen in der Landschaft.
Dass Ruuth auf diesem W^e mit wenigen Abweichungen zu denselben Er-
gebnissen kommt wie wir bei der Feststellung des Verbreitungsgebietes der
eisenzeitlichen Funde, spricht für die Richtigkeit des von ihm eingeschlagenen
Verfahrens.
Nach Ruuth existierten im damaligen Satakunta zwei eigentliche Kultur-
gebiete, von denen das eine am mittleren Laufe des Kumoflusses {Kümo,
Harjavalta) lag und ausserdem die südlich davon belegenen Kirchspiele Kjulo
und Eura (mit Lappi) umfasste, während das andere sich von Tyrvis und Karkku,
dem alten Saastamala, längs den seeartigen Erweiterungen des Kumoflusses
nach Birkala und längs den Seitentälern teils nach Mouhijärvi — Suodenniemi,
teils nach Tavastkyro — Ikalis erstreckte.^) Von Kümo aus scheinen vHvittis,
') A. G FomcU, Om „Svenska och Finaka Rillen", Helsmgfors 1883, S. 54 f.
•) Wenn Ruuth (S. 2) einen ethnographischen Gegensatz zwischen diesen beiden Kuliur-
gebieten konstatieren zu können glaubt und annimmt, dass die Bevölkerung des westlichen
Gebietes nähere Beziehungen zu der Landschaft Eigentliches Finnland gehabt haue, wihrend
das östliche Gebiet Von Tavastland aus besiedelt wurden wäre, so berindet er sich, was den
letzteren Teil seiner Annahme betrifft, im Irrtum. Die Verteilung der eisen zeitlichen Funde
zeigt, dass die Entwicklung gerade den entgegengesetzten Verlauf genommen hat: das alte
Saastamala hat nicht seine Bevölkerung aus Tavastland erhalten, sondern war, wie wir gesehen
haben, schon ein Kuliurgebiet, als die östlichen Teile des südlichen Tavastland noch unbe-
wohnte Waldeinöden bildeten. Satakunta ist nicht vun Tavastland aus kolonisiert worden,
wohl aber hat sich .«eine BevölLerung allmählich immer weiter nach Osten längs den tavast-
lAndischen Seen und Flüs.sen ausgedehnt. Satakunta, welches, wie Kuuth zeigt (S. 22 f.),
erst im 14. Jahrhundert seinen jetzig(^n Namen erhalten hat und vorher nicht durch eine
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306 BEStEDELUNG DES KOSTEN GEBIETES VOK SATAKUNTA.
Punkalaidun und Wampula schon damals teilweise kolonisiert gewesen zu sein;
nach der Küste zu fanden sich westlich von Lappi und Nakkila nur einige
wenige Dörfer (Iijante, Tarvola, Saari, Haistila). Das ganze übrige Satakunta
bestand aus Waldeinöden, „in welchen die Bewohner der Kulturgehiete, wenn
sie auf ihren jagdzügen dorthin gelangten, gewiss noch auf herumstreifende
Lappen mit ihren Renntieren stiessen."
Wie die Tavasten, welche sich damals grossenteils noch mit Fischfang
und Jagd ernährten, diese ausgedehnten Erämarken nicht im Besitz der Noma-
den Hessen, sondern sich selbst zu nutze machten, wie sie allsommerlich längs
den zahlreichen Flüssen und Seen zum Meeresstrande zu ziehen pflegten, an
dessen fischreichen Buchten sie ihre Fischerhütten errichteten, wie in dem
Küstengebiet allmählich neue Ansiedelungen entstanden, welche alsbald mit
den Mutterdörfem um die ehemals gemeinsamen Fischereiplätze und Wiesen
in Streit gerieten, finden wir in der Ruuthschen Abhandlung, deren Material
hauptsächlich aus alten Gerichtsakten geschöpft ist, in ausführlicher Weise
dai^estellt.
So entnehmen wir derselben, dass die Bewohner von Eura, zu welchem
Kirchspiel damals auch Lappi gehörte, längs den Flüssen Euranjoki und Lapin-
joki zu ihren Fischerei platzen im südlichen Teil des Küstenstriches da, wo
heute Euraäminne (früher Eurabominne) liegt und noch durch seinen Namen
an jene Zeiten erinnert, gelangten. Die Bewohner von Kümo fischten an der
Mündung des Kumoflusses und deren Umgebung, wo die ehemalige jetzt mit
dem Festlande vereinigte Insel Kumboö, Kokemsaari {zuerst im J. 1419 erwähnt)
und die etwas südlicher belegene Landzunge Kumnäs nach ihnen benannt sind.
Noch im J. 1674 machten beinahe alle Dörfer des Kirchspiels Kümo von YÜs-
taro bis Torttila und Pirilä gemeinsam ihre uralten Ansprüche auf das Fischerei-
recht an gewissen dort belegenen Inseln geltend, Hvittisbofjärd, der schwe-
dische Name des Kirchspiels Ahlainen, verdankt seine Entstehung den Leuten
besondere Benennung von Tavastland unterschieden wurde, ist also gerade der Älteste Teil
des Landes der Tavasten, das eigentliche älteste Tavastland. — Der unbewohnte Landstrich,
welcher nach Ruuths Ansicht längs dem Kumostrom zwischen den beiden oben genannten
Kulturgebieten (Kümo — Tyrvis) lag, kann übrigens nicht eine ganz so grosse Ausdehnung gehabt
haben, wie R, meint. Die Gegend von Hvittis war, wie ein grosses Brandgriberfeld bei dem
Dorfe Sampu beweist, mindestens seit dem 7. Jahrhundert besiedelt und etwas jOngere Funde,
zum Teil vielleicht aus Grabern stammend, sind in der Nahe der Kirche von Kiikka auf-
getaucht.
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BESIEDELUNG DES KOSTENGEBIETES VON SATAKUNTA. 309
aus Hvittis, welche dort zu fischen pflegten; der Name der Bucht Keikwesi
wieder ist von dem östlich von Kümo belegenen Keikyä abgeleitet, dessen
Bewohner den 70 — 80 km langen Weg zu ihrem Fischereiplatz nicht scheuten.
Noch entfernter lag der Küstenstrich der Leute aus Saastamala (TjTvis, Karkku,
Mouhijärvi), scheint er sich doch von Sastmola, welches Kirchspiel seinen
Namen von dem soeben genannten alten tavastischen Gebiet am Kumostrom
entlehnt hat, bis nach Närpes hinauf erstreckt zu haben. — Obgleich die Tavasten
in den Erämarken und am Meeresstrande hauptsächlich der Jagd und dem
Fischfange nachgingen, so versäumten sie es nicht hier und da in ihren Wald-
gebieten Wiesen und Schwendeäcker anzulegen, neben welchen im Laufe der
Zeiten neue Niederlassungen entstanden, die dann noch lange zu den oft weit
entfernten Mutterkirchspielen gerechnet wurden. So gehörte das Dorf Palus
im jetzigen Kirchspiel Kulla das ganze Mittelalter hindurch zum Kirchspiel
Hvittis, obgleich es nicht weit (10—15 km) von der schon damals existierenden
Kirche von Ulfsby, dagegen mindestens 50 km von Hvittis entfernt lag, so
konnten, um nur einen der zahlreichen von Ruuth angeführten charakteristischen
Rechtszwiste zu erwähnen, noch im J. 1629 die Bauern der Dörfer Kairila
und Kallo im Kirchspiel Karkku mit den Einwohnern von Lassila und Pämark
um den Besitz einiger im Gebiet der letzteren belegenen Schwendeäcker
Prozess führen. Aus anderen Beispielen Ruuths geht hervor, dass die Ein-
wohner von Hvittis und Saastamala noch im 17. Jahrhundert Wiesen, welche
oft 70 bis 80 km von den Gehöften ihrer Besitzer abliegen konnten, in den
Kirchspielen Norrmark, Pämark, Siikainen, unter anderem bei dem Dorfe Finnby
(Kainunkylä), dessen Gründung von der Volkstradition einem Manne namens
Kainu aus dem Grenzgebiet zwischen Karkku und Wesilahti zugeschrieben
wird, besassen. In der oben geschilderten Weise, d. h. aus Gehöften, welche
von den Bewohnern der Kultur^ebiete an Wiesen und Schwendeäckem angelegt
wurden, ist ohne Zweifel so manches Dorf in der Nähe der Küste von Sata-
kunta entstanden. Dagegen hält Ruuth es nicht für wahrscheinlich, dass die
Tavasten schon im Mittelalter an der Meeresküste selbst feste Niederlassungen
begründet hätten. Die ersten ständigen Bewohner der Küste waren vielmehr
schwedische Kolonisten, welche sich zur Zeit der schwedischen Eroberung hier
ansiedelten. „Dass die Schweden sich an den alten Fischereiplätzen der Finnen
niederliessen, geht daraus hervor, dass sie diese Plätze stets nach den Inlands-
bewohnem, welche sie dort antrafen, benannten. In anderer Weise lässt sich
der Ursprung solcher Namen wie „Sastamalafjärd", „Hvittisbofjärd", „Kumboö",
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310 BESIEDELUNG DES KOSTEN GEBIETES VON' SATAKUNTA.
„Euraäminne" nicht erklären. Hätten die Schweden schon vor den Finnen im
Küstengebiet gewohnt, so hätten sie diesen Gegenden ohne Zweifel selbständige
schwedische Namen gegeben, von denen sich der eine oder der andere bis
auf die Gegenwart erhalten hätte. Jetzt lassen sich dagegen alle Namen,
welche ganze Gemeinden bezeichnen, mit von den Finnen begründeten Ver-
hältnissen in Beziehung bringen, und nur einzelne Dörfer, welche später in
diesen Erämarken der Finnen entstanden sind, tragen schwedische Namen."
Verschiedene Umstände lassen darauf schliessen, dass die schwedischen Kolo-
nisten sich nicht mit dem Küstenstrich begnügten, sondern ihre Niederlassungen
in den Jagdgebieten der Tavasten landeinwärts bis nach Pämark, Lassila und
Nakkila ausdehnten. Dabei konnte es selbstverständlich nicht ausbleiben, dass
die neuen Ankömmlinge mit den Tavasten, welche ihre älteren Rechte nicht
aufgeben wollten, um den Besitz der Fischereiplätze und Erämarken in Streit
gerieten. Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts bezeugen, dass solche Zwiste
lange Zeit fortbestanden, bis man endlich am Ende des 15. Jahrhunderts dazu
schritt die Gebiete der Küstenbewohner und der Bevölkerung des Oberlandes
genauer abzugrenzen.
So weit Ruuth in den beiden ersten uns hier speziell interessierenden
Abschnitten seiner Abhandlung. Wir haben schon oben auf die Übereinstim-
mung seiner Resultate mit denen der archäologischen Forschung aufmerksam
gemacht und darauf hingewiesen, dass die Gegenden, welche er als die eigent-
lichen Kulturgegenden des frühen Mittelalters bezeichnet, abgesehen von einigen
kleineren Abweichungen, mit den Verbreitungsgebieten der eisenzeitlichen Funde
identisch sind. Was ausserhalb dieser Fundgebiete lag, wird auch in der
älteren Eisenzeit Waldeinöde gewesen sein. Wenn wir nun von der sehr
wahrscheinlichen Voraussetzung ausgehen, dass die Erämarkwirtschaft schon
in jener Zeit bestanden hat, dass schon damals die Bewohner der weiter
landeinwärts liegenden Dörfer jeden Sommer au^ezc^en sind um in den
Wäldern nördlich und südlich vom Kumoflusse zu jagen und an der Küste
dem Fischfang obzuliegen ohne sich dort in nennenswerter Menge niederzu-
lassen, so erhalten wir eine annehmbare Erklärung für die immerhin auffallende
Erscheinung, dass der Küstenstrich von Satakunta so arm an Funden aus der
Eisenzeit ist. Damit sei jedoch nicht gesagt, dass er während dieser langen
Periode ganz unbewohnt gewesen ist. Der oben angeführte Grabhügel von
Sideby, welcher einen eisenzeitlichen Fund (Nr. 52) enthielt, könnte allenfalls
als Denkmal einer Ansiedelung jener Zeit aufgefasst werden und dasselbe
, Google
Hesse sich vielleicht auch von einem Teil der übrigen Steinhügel in den Kirch-
spielen längs der Küste vermuten. Wie dem auch sei, soviel ist sicher,
dass die Küste von Satakunta in der Eisenzeit nicht zu den eigendichen Kultur-
gebieten unseres Landes gehört und bestenfalls nur eine ganz spärliche sess-
hafte Bevölkerung gehabt hat. Gerade in diesem Umstand liegt aber eine
Bestätigung der von Ruuth vertretenen Ansicht, dass die — wir wollen unserer-
seits hinzufügen spätere — schwedische Kolonisation dieser Küste erst in den
Anfang der geschichtlichen Zeit fällt.
Ganz ähnlich wie in dem Küstengebiet von Satakunta müssen wir uns
den Entwicklungsgang der Besiedelung Nylands, dessen Fundverhältnisse ja in
jeder Beziehung denen der soeben genannten Gegend analog sind, vorstellen.
Nur wenn wir annehmen, dass Nyland Erämark gewesen, verstehen wir, wie
es möglich ist, dass der heute so gut angebaute Boden dieser Landschaft uns
so wenige Funde aus der Eisenzeit geschenkt hat. Nach der Heimat der Leute,
welche in jenen Zeiten als Jäger die Wälder Nylands durchstreiften und an der
nyländischea Küste ihr Netz zogen, brauchen wir nicht lange zu suchen. Als
dieselbe kann bloss das südliche Tavastland in Betracht kommen, da das
Eigentliche Finnland ja selbst ein Küstenland ist und seine Bewohner deshalb
nicht weiter abseits liegende Fischerei platze aufzusuchen brauchten. Von den
meisten in der jüngeren Eisenzeit besiedelten Teilen des südlichen Tavastland
war der Weg zur nyländischen Küste nicht länger wie der, welchen die Be-
wohner des oberen Kumotales zu ihren Fischereiplätzen am Bottnischen Meer-
busen zurückzulegen hatten. Auch die Gegend von Akkas, bis wohin zum
mindesten die Siedeiungen in der Zeit um 500 schon voi^edrungen waren,
liegt ungefähr ebensoweit vom Finnischen wie vom Bottnischen Meerbusen
und kann deshalb bereits in der älteren Eisenzeit eine Strecke der nyländischen
Küste besessen haben. Das wenige, was in Nyland aus der Eisenzeit ge-
funden ist, eine Anzahl weberschiffförmiger Feuerschlagsteine im westlichen,
zwei solche Steine und ein paar jüngere Bodenfunde im östlichen Teile der
Landschaft, dürfen wir unter solchen Umständen den tavastländischen Jägern
und Fischern zuschreiben. Als andere Zeugen ihrer ehemaligen Anwesenheit
müssen zahlreiche alte finnische Orts- und Flurnamen in dem jetzt rein schwe-
dischen Küstengebiet aufgefasst werden, und zwar ist hierbei nicht bloss die
Menge, sondern auch die Beschaffenheit dieser Namen von Bedeutung. Die
grosse Mehrzahl der Ortsnamen besteht nämlich aus s. g. Naturnanien, d. h.
solchen, die mit einem naturtopographischen Begriff (wie Berg, Insel, Halbinsel,
dby Google
312 ALTER DER SCHWEDISCHEN BEVÖLKERUNG NYLANDS.
Bucht, Fluss, Stromschnelle) zusammengesetzt sind, während Kulturnamen,
die auf eine Niederlassung hinweisen, längs der Küste in ganz geringer Anzahl
vorkommen. ') Welche andere Erklärung lässt sich für diese interessante
Erscheinung aufstellen als die oben gegebene, nämlich, dass wir es hier we-
niger mit festen Niederlassungen als mit Fischereiplatzen und Jagdgebieten
der alten Tavasten zu tun haben?
In der Krage nach dem Alter der jetzigen schwedischen Bevölkerung
Nylands kann ich mich nur der von den meisten flnnländischen Archäologen,
Historikern und Sprachforschern vertretenen Ansicht anschliessen, nach welcher
die Vorfahren der nyländischen Schweden erst nach der Wikingerzeit hier
eingewandert sind. Dass die Schweden nicht ohne Unterbrechung seit der
Steinzeit in Nyland gewohnt haben können, geht aus dem Mangel an eisen-
zeitlichen Funden, welcher gewiss nicht auf zufälligen Ursachen beruht, deutlich
hervor. Aus welchen Gründen die skandinavische Bevölkerung, welche noch
in der Bronzezeit an der nyländischen Küste gesessen, ihre Wohnsitze aufge-
geben hat, wissen wir nicht. Wir müssen uns daher vorläufig damit begnügen
die Tatsache, dass ein solcher Wegzug eingetroffen ist, festzustellen und anzu-
nehmen, dass die Tavasten, als sie vermutlich gegen das Ende des ersten
halben Jahrtausends n. Chr. neue Fischereiplätze an der Küste des Finnischen
Meerbusens aufsuchten, dieselbe unbewohnt fanden. In einer solchen Annahme
liegt meiner Meinung nach die wahrscheinlichste Erklärung für die eigentüm-
lichen Fundverhältnisse Nylands. Sonderbar mag es erscheinen, dass die
Schweden zur Zeit der Wikingerzüge, während welcher sie in reger Ver-
bindung mit Russland waren und auf ihren Fahrten nach Holmgärd wohl oft
die nyländische Küste entlang gesegelt sein dürften, an derselben noch keine
Niederlassungen begründet haben. Tatsächlich deutet aber nichts auf eine
damalige Besiedelung Nylands durch die Schweden. Wäre sie wirklich schon
damals vor sich gegangen, so hätten wir hier Grabhügel und Altertümer der-
selben Art finden müssen wie die, welche die genannte Periode in den skandina-
vischen Ländern (mit Einschluss der Alandsinseln) charakterisieren und die
überall, wo skandinavische Wikinger sich angesiedelt haben, auf den britischen
Inseln wie in Holland und der Normandie, an der Südostküste des Ladogasees
') Auf diesen sehr bemerkenswerten Charaltter der Ortsnamen bin ich von Dr. R.
Saxön, der vom Standpunkt des Ortsnamenforschers'aus meine Auffassung der eisenzeitlichen
Kolonisaiions Verhältnisse Nylands teilt, aufmerksam gemacht worden.
dby Google
ALTER l>ER SCHWEDISCHEN BEVÖLKERUNG IM ARCHIPEL VON ÄBO. 313
wie im Innern Russlands, der Gegend von Smolensk, Jaroslawl und Wladimir,
zum Vorschein gekommen sind. ') Noch fehlt aber hier jede Spur solcher
Gräber und solcher Altertümer. Die einzig mögliche Erklärung hierfür ist die,
dass schwedische Kolonisten sich erst nach der Wikingerzeit, in grösserer Zahl
wahrscheinlich erst nach der Eroberung Tavasüands durch Birger Jarl, an der
nyländischen Küste niedergelassen haben. Nylands Schweden haben demnach
ungefähr ebensolange ihre jetzigen Sitze innegehabt wie die ehemals schwe-
dische, gegenwärtig aber zum grössten Teil fennisierte Küstenbevölkerung von
Satakunta.
Ungefähr gleichzeitig mit diesen beiden Landschaften müssen auch die
übrigen jetzt von Schweden bewohnten Teile Finnlands mit Ausnahme der
Alandsinseln ihre schwedische Bevölkerung erhalten haben.
Was zunächst den Archipel vor der Küste des Eigentlichen Finnland
betrifft, so hat er mit Ausschluss der dicht am Festlande liegenden Inseln in
vorgeschichtlicher Zeit eine geringe Bedeutung gehabt und ist jedenfalls nur
spärlich bevölkert gewesen. Wahrscheinlich haben sich hier Fischereiplätze
der Küstenbevölkerung befunden. Gegenstände aus der Stein- und Bronzezeit
sind bloss auf der grossen Insel Kimito, wo W. Hi^man auch verhältnismässig
zahlreiche Steinhügelgräber verzeichnet hat, angetroffen worden. ^ Eisenzeit-
liche Funde kennen wir bisher nur aus Hiittis (eine Axt vom Typus Suomen
Museo IV, 1897, S. 19, Fig. 5 [H. M. 2503 Ab)) und aus Palmas (ein Fund von
angelsächsischen und arabischen Münzen. ^) Auf den weiter westlich belegenen
Inseln finden sich hier und da bisher nicht untersuchte und daher nicht
datierbare Steinhügel(gräber?). *) Voi^eschichtüche Funde sind auf keiner
dieser Inseln gemacht worden. Vom archäologischen Standpunkt wäre daher
1) Gemeint sind hier die Schildkröten- und kteeblatt form igen, gleicharmigen und runden
Fibeln und andere mit skandinavischen Tieromamenten verzierte Gegenstande, welche die
oben angegebene Verbreitung haben.
') Högman, Fornminnen upplecknade och delvis undersökta i Kimito och Hiittis skär
sommaren 1886, Manuskript im Archiv der Finnischen Altertumsgesellschaft.
*) W. Lagus, Om niynt funna i tinsk jord, Bidr. t. kannedom etc. H, 60, 1900, S. 67.
Ein grösserer Fund von silbernen Schmucksachen der Wikingerzeit, von welchen nur ein
Rest erhatten ist, soll in den i870:er Jahren in einem Inselkirchspiel („skärgärdssucken") in
der Nähe von Abo angetroffen worden sein. Vergl. A. Hackman, Ur vära privatsamlingar,
Finskt museum VII, 1900, S. 17 f.
*) L. W, Fagerlund, Anteckningar om Korpo och Houtskär socknar. Bidr t. kannedom
etc. H. 28, 1878, S. 290; J. Sjöros, Muinaismuistoja Mynämäen kihlakunna.'iia, FFT VUl, 1887.
üoitizedDy Google
314 ALTER DER SCHWEDISCHEN BEVÖLKERUNG IN ÖSTERBOTTEN.
gegen die Annahme einer nach der Wikingerzeit erfolgten schwedischen Be-
siedelung des Archipels nichts einzuwenden. Sie findet eine Bestätigung in
dem Vorkommen finnischer Ortsnamen, deren Anzahl von W nach O (respek-
tive von S nach N) zunimmt. ')
Schwieriger ist die" Erkenntnis der entsprechenden Verhältnisse in den
schwedischen Kirchspielen Österbottens oder, da der Küstenstrich von Sideby
bis einschliesslich Närpes als früher zu Satakunta gehörig schon oben besprochen
worden ist, in den Kirchspielen längs der Strecke von Malaks bis Kelviä. In
diesem Gebiet, wie überhaupt im ganzen südlichen österbotten, sind Funde
aus der jüngeren Eisenzeit recht selten. Sogar in dem eigentiichen Kultur-
centrum am Kyröflusse, von wo doch eine nicht geringe Menge älterer Funde
zum Vorschein gekommen ist, haben wir aus der Zeit nach 700 nur einige
wenige Grab- und Einzelfunde zu verzeichnen. Diese wenigen Gräber und
Altertümer entsprechen denen im übrigen Finnland, d. h. sie zeigen uns eine
Kultur, die wohl mit der skandinavischen nahe verwandt ist, zugleich aber
selbständige, nicht skandinavische Züge aufweist, eine Kultur, die wir mit
vollem Recht den Finnen zuerkennen dürfen. *) Die charakteristischen skandina-
vischen Schmuckslücke der Wikingerzeit {vergl. S. 313 Anm. 1) fehlen auch
hier gänzlich. Es kann also schwerlich die Rede davon sein, dass die Bevölke-
rung dieser Gegenden in der jüngeren Eisenzeit rein skandinavischen Stammes
gewesen ist. — Zum Zeugnis der Altertümer gesellt sich ein anderes, sprach-
licher Art nämlich der Umstand, dass finnische Flur- und Ortsnamen längs der
genannten Küstenstrecke noch zahlreicher sind wie im schwedischen Nyland
und sogar in solchen Kirchspielen wie Mustasaari und Qveflaks, die in der
») Fageriund, I. c, S. 64 f.; Finskt Museum IV, 1897, S. 80.
') Vcrgl. Aspdin 1640—1645, 1648-1654 (der Fund von Kotsalo in Lillkyro, Aspelin
1648—1653, gthört vielleicht erst in das 7. Jahrhundert). Solche mit Angel versehene Lanzen-
spitzen wie 1642, 1648, 1650, 1651, 1654 und solche Hufeisenfibeln mit Zacken wie Aspelin 1646
sind als echt finnländische, in Schweden seltene Formen zu bezeichnen. Der silberne Spiral-
ring Aspelin 1645 deutet auf Verbindungen mit Kussland. Seit dem Erscheinen von Aspelins
Atlas sind ahnliche Funde zum Vorschein gekommen (z, B. eine Fibel wie Aspelin 1646 in
Lappajärvi |H. M. 4041:4], eine runde Fibel wie Aspelin 1419, 1420 — ebenfalls eine finn-
tandlsche, nicht skandinavische Form — in Storkyro |H, M. 2038:24), Waffenfunde in Lillkyro
und Ijippo |H. M. 2386: 83, 2394: 103, 3292: 2—3, 3996: 21—23, 4074: 8-9, 4096; 22|). ^ Die Fund-
stätte von Kotsalo ist ein flaches Brand gr&berfeld von derselben Beschaffenheit wie die in
den Obrigen Kulturgegenden Finnlands so häufigen Friedhöfe der jüngeren Eisenzeit (vergl.
S. 128). In Schweden sind solche flache Brandgräberf eider nicht bekannt
, Google
DIE SCHWEDISCHE BEVÖLKERCNC IN DER JÜNGEREN EISENZEIT. 315
älteren Eisenzeit wohl noch zum grossen Teil unter dem Meeresspiegel lagen
und daher erst später besiedelt worden sind, vorkommen. Unter Berücksichti-
gung dieser Verhältnisse ist es schwer zu einem anderen Schluss zu kommen
als dem, dass die neue schwedische Kolonisation österbottens erst nach der
Wikingerzeit vor sich gegangen ist. Vor den Schweden werden im Küsten-
gebiet finnische Niederlassungen bestanden haben, die im Laufe der Zeit sueci-
siwl worden sind. Ausserdem dürften hier schon damals wie noch in späteren
Zeiten- zahlreiche Fischereiplätze gelegen haben, die den Bewohnern des öster-
bottnischen Kulturcentnuns und einiger weiter abgelegenen Gegenden in Sata-
kunta und Tavastland gehörten. •)
Man hat die Anfänge der finnischen Besiedelung Österbottens um 700
angesetzt und angenommen, dass um diese Zeit die frühere germanische (go-
tische) Bevölkerung der Landschaft ausgewandert wäre, weil sie von den
Tavasten aus der Gegend von Tavastkyro an der Nutzniessung der Erämarken
verhindert wurde. Nach ihrem Abzug hätten sich diese „Kyröläiset" im Tale
des Kyröflusses niedergelassen. ") Meinerseits kann ich dieser Ansicht, zu deren
näheren Erörterung später Gelegenheit sein wird, nicht beitreten. Im folgenden
soll vielmehr gezeigt werden, dass die Finnen sich lange vor der genannten
Zeit unter den Schweden österbottens niedergelassen haben und dass schon in
der älteren Eisenzeit hier wie in den übrigen Kulturgebieten Finnlands eine
schwedisch-finnische Mischbevölkerung bestanden hat, unter welcher die Finnen
später, vielleicht verstärkt durch neue Einwanderer aus Tavastland, die Ober-
hand gewonnen haben.
Ob sich skandinavische Reste unter den Finnen bis in die jüngere Eisen-
zeit erhalten haben, ist eine Frage, die ich an dieser Stelle nicht im Detail
behandeln kann ohne mich zu weit von meinem Thema zu entfernen. Da diese
Frage vom archäologischen Standpunkt aus nur durch eine eingehende Prüfung
der späteisenzeitlichen Funde gelöst werden kann, so sei es mir gestattet meine
Ansicht über diesen Gegenstand vorläufig ohne detaillierte Begründung auszu-
sprechen. Nach meiner Meinung wäre es wohl denkbar, dass noch in der
Wikingerzeit in den finnländischen Kulturgebieten, also mitten unter den Finnen,
germanische Volksreste existiert haben. Dieselben können aber nur einen
geringeren Teil der 'Gesammtbevölkerung ausgemacht haben und lassen sich
1) J. V. K(uuth), Silmäys lUmaläisten muinaisiin asutusoloihin Suujiiihjahsa, JoukahHi-
nen XI, )897, S. t29 t.
*) Aspelin, K>r&Uise(, Puhjanmaa I, 1896. S. 5 f.
dby Google
31t> DIE SCHWEDISCHE BEVÖLKERUNG IN DER JONCEREN EISENZEIT.
nicht in direkte Beziehung zu den schwedisclien Volkselementen bringen,
welche am Anfang der geschichüichen Zeit in grosser Menge einwanderten
und hauptsächlich die wenig oder gar nicht bevölkerten Inseln und Küsten-
striche besiedelten. Nur mit dieser Einschränkung kann ich der Ansicht O.
Montelius', nach welcher Finnland auch in der Wikingerzeit neben der fin-
nischen eine schwedische Bevölkerung gehabt hat, beitreten. Diese Ansicht
hat Montelius bekanntlich in einem Aufsatz über das Alter der schwedischen
Bevölkerung in Finnland, deren Spuren er von der Eisenzeit bis in die Stein-
zeit zurück verfolgt, geäussert. ') In Montelius Darstellung vermisse ich eine
deutliche Aussprache darüber, welcher Anteil dem finnischen Volke an der
Kulturarbeit jener Zeit zukommt und ob es mit den Schweden zusammen-
gewohnt oder gesonderte Sitze innegehabt hat Gerade hierin liegt aber der
Kernpunkt der Frage, welche vom geographischen Standpunkt betrachtet
der Lösung näher gebracht werden kann. Wenn Montelius als Zeugen der
schwedischen Bevölkerung in Finnland während der Wikingerzeit ausser solchen
Altsachen, weiche rein skandinavische Formen haben, ^ andere anführt, die
ursprünglich aus Schweden herstammen, sich aber in Finnland entwickelt und
hier ein lokale Farbe erhalten haben, so hat er bis zu einem gewissen Grade,
d. h. mit der oben angedeuteten Einschränkung, Recht. Solche lokale Formen
wie die, um welche es sich hier handelt (u. a. gleicharmige und runde Fibeln
mit Ornamenten, die jedenfalls nicht echt skandinavisch sind, Montelius 1. c. Fig.
6 u, 7) hätten meiner Ansicht nach auch unter einer Mischbevölkerung auf-
kommen können, welche nur zum geringen Teil noch skandinavisch geblieben
wäre, dagegen fortgesetzt in kultureller Verbindung mit Skandinavien gestanden
hatte. Eine derartig intime Verschmelzung ist es aber, welche sich im Verlaufe
des ersten Jahrtausends n. Chr. zwi^jchen den älteren skandinavischen Bewoh-
nern der Kultur^ebiete Finnlands und den später in eben diese Gebiete einge-
wanderten Finnen vollzogen haben muss. In der Tat ist es unmöglich die
1) O. Montelius, När kommo sven.skama tili Finland? Finsk Tidskritt 44, 1896, S. 81- 105.
') Die Anzahl rein skandinavischer Seh muck gegenstände ist in den finni indischen Fun-
den eine verschwindend kleine, und von dieser kleinen Anzahl sind mehrere in so abge-
legenen Gegenden wie Kajana und Kuusamo gefunden worden, welche in der Wikingerzeit
weder eine schwedische noch eine aus dem westlichen Finnland herslammende Bevölkerung
gehabt haben können, sondern wahrscheinlich nur von Lappen bewohnt waren. Dagegen
sind Waffen skandinavischen Ursprungs in den finnischen Kulturgebieien oft gefunden
worden. Vergl. auch Appclgren, Svenskarncs Jnflyttning i Finland, Kinski Museum 1897, S. 22 f.
, Google
DIE FINNISCHE BEVÖLKERUNG IN DER JÜNGEREN EISENZEIT. 317
Wohnsitze der damaligen Finnen in anderen Gegenden unseres Landes zu
suchen als in den oftgenannten Kulturgebieten, mit anderen Worten eben in
den Gegenden, in welchen die von Montelius angeführten Funde von rein
schwedischen und von schwedisch-finnländischen Typen gehoben worden sind,
und zwar schon deshalb unmöglich, weil, wie wir gesehen, die anderen Teile
unseres Landes noch keine (oder bloss eine sehr spärliche) Bevölkerung gehabt
haben können. Die Waldeinöden im Inneren und im Norden konnten wohl
das Bereich der Lappen bilden, weder in diese abgelegenen Gegenden noch
in die Erämarken, welche die Kulturgebiete umgaben, können wir aber die
Wohnsitze der Finnen verlegen. ') Da wir nun ausserdem am Anfang der
geschichtlichen Zeit die alten Kulturgebiete sämmüich im Besitz der Finnen
sehen, von denen die Tavasten in Satakunta — Tavastland und in Österbotten,
die Eigentlichen Finnen in der nach ihnen benannten Landschaft, die Karelier
am unteren Laufe des Wuoksen, hier und da in Savoiaks und an der nord-
österbottnischen Küste wohnten, so wird es sich in keiner Weise bezweifeln
lassen, dass die Finnen schon in der jüngeren Eisenzeit die Hauptmasse der
Bevölkerung gebildet haben und dass die Fennisierung der aus älteren Zeiten
nachgebliebenen skandinavischen Volksreste in diese Periode fällt. ")
') Eine der meinigen entgegengesetzte Auffassung vertritt der schwedische Sprach-
forscher K. B. ^\'iklund in einer polemischen Schrift, die das Alter der schwedischen Bevöl-
kerung in Finnland zum Gegenstand hat (K. B. Wiklund, NOr komme svenskame tili Finn-
land? Upsaia 1901, 5. 23 f.). Er verlegt die Stammsitze der Finnen in die Ladogagegend,
wo die ungewöhnlich zaliireichen steinzeitlichen Funde von ihnen herrühren sollen. Vom
sOdöstlichen Finnland aus hUten sich die Finnen allmfihlich so weit nach We.<;ten ausgebreitet,
dass sie gegen das Ende der Alteren Eisenzeit in intime BerQhrung mit den im südwestlichen
Teile des Landes wohnenden Schweden kamen. Bis dahin wfire der Kulturstandpunkt der
Finnen im ganzen der eines Steinaltervolkes gewesen, dem höchstens die Bronze bekannt,
aber nur wenig zugänglich war. Erst nachdem sich die Finnen mitten unter den Schweden
niedergelassen, hätten sie das Eisen und andere Metalle kennen gelernt Meinerseits kann
ich Wiklund nur darin Hecht geben, dass die Finnen bei ihrer Einwanderung eine schwe-
dische Bevölkerung vorgefunden und sich unter derselben niedergelassen haben. Irrtümlich
ist dagegen seine Annahme einer Ausbreitung der Finnen van Osten nach Westen und
absolut unvereinbar mit den Resultaten der archäologischen Forschung die Ansieht, dass die
Finnen um die Mitte des ersten Jahrtausends n, Chr. sich noch nicht über den Standpunkt
eines Stein altervolkes erhoben hätten. Die steinzeitlichen Bewohner der LadogaRegend
können meiner Ansicht nach nicht die Vorfahren der Finnen gewe.sen sein.
') Die Ansicht, welche ich oben auf Grund archäologischer Studien über das Alter der
schwedischen Bevölkerung in Finnland ausgesprochen habe, wird durch die neuesten Ergeb-
y Google
DIE EINWANDERUNG DER FINNEN.
Seit welcher Zeit sind nun die alten skandinavischen Bewohner Finnlands
dem Einfluss der Finnen ausgesetzt gewesen, mit anderen Worten, wann hat
die Einwanderung der letzteren nach Finnland ihren Anfang genommen? Die
meisten Forscher, die sich bisher über diese schwierige Frage geäussert haben,
stimmen miteinander darin Uberein, dass die Finnen ebensowenig wie die
Esten (und Liven) den Anspruch darauf erheben können als Ureinwohner in
den jetzt von ihnen bewohnten und nach ihnen benannten Ländern zu gelten,
sondern vielmehr erst in der Eisenzeit aus älteren Sitzen an die Küsten der
Ostsee und des Bottnischen Meerbusens vorgedrungen sind. Von den Gründen,
nü'ise der finnlAndisctien Ortsnamenforschung in der Hauptsache best&tigl. In einer Abhand-
lung, die w&hrend der Drucklegung dieses Buches erschienen ist, hat R. Saxfin nachgewiesen,
dass in Gegenden, die jetzt ausschliesslich von Finnen bewohnt sind, eine Menge Ortsnamen
germanischen Ursprungs vorkommen, welche teils auf umordbche, und sogar sQd- oder ost-
germanische (gotische) Formen zurDckgehen, teils altschwedisch sind. (R. Sax6n, Spräktiga
bidrag tili den svenska bos&ttningens historia i Finland, Bidrag tili kännedom etc., 1905).
Umordische und gotische Namen finden sich längs der Kflste der Landschaften Eigentliches
Finnland und Satakunta (in der Gegend von Raumo seltener), im Kumotal und dessen Umge-
bungen (Eura, Kjulo) sowie vereinzelt vielleicht auch an den sfldtavastl&ndischen Seen
zwischen Tammerfors und Tavastehus, also in genau denselben Gebieten wie die Funde der
Alteren Eisenzeit. Sie beweisen, dass Eigentliches Finnland und Satakunta schon in umor-
discher Zeit eine skandinavische Bevölkerung besessen haben, aber da in diesen Gegenden
auch ebensoalle finnische Namen vorkommen und die gotischen Namen ohne Zweifel eben-
falls von eingewanderten Finnen herrühren, die diese Namen in ihren froheren Wohnsitzen
von sOd- oder osigermanbchen (gotischen) Nachbarn entlehnt haben, so folgt daraus, dass
Schweden und Finnen damals, d. h. vor der Wikingerzeit, in den genannten Landschaften
nebeneinander gewohnt haben. Aus Ösierboiten kennt Sazen nur eine ganz geringe Zahl
umordischer Namen. Er nimmt infolgedessen an, dass die frühere germanische Bevölkerung
hier weniger zahlreich und deshalb auch gegenQber der finnischen Invasion weniger wider-
standskr&ftig gewesen ist wie die Germanen im südwestlichen Finnland, eine Annahme, die
sich mit der Tatsache, dass im Osterbottnbchen Kulturcenuiim Funde skandinavischer Gegen-
stände aus der Volke rwanderungszeit recht häufig sind, schwer vereinbaren lasst, (Vei^.
auch T. E. Karsten, Nägra bidrag tili österbottens uppodlingshiatoria, Joukahainen XII, 1904,
S. 273 f. und die Polemik zwischen Karsten und Sax^n in Finskt Museum XI, 1904). —
Die schwedischen Ortsnamen in den jetzt von Schweden bewohnten Teilen Finnlands sind
jünger wie die alten fennisierten Namen im Eigentlichen Finnland und Satakunta. Saxfin
verlegt auf Grund derselben die jüngere schwedische Einwanderung in die Zeit von ca.
1000—1200. In Österbotten müssen sich die Schweden damals und in der Folgezeit viel
weiter nach Osten ausgebreitet haben, als sie jetzt wohnen. Ortsnamen schwedischen Ur-
, Google
^ 7 "'^^ EINWANDERUNG DER FtNNEN. W. THOM8EN. 319
welche für diese Annahme voi^ebracht worden sind, sind die von den nor-
dischen Philologen angeführten sprach wissenschafdichen Argumente besonders
wichtig. Seitdem es der Forschung gelungen ist in den Sprachen der west-
finnischen Stämme (der Tavasten, Karelier, Wepsen, Woten, Esten und Liven)
eine Menge sowohl ostgermanischer (gotischer) wie auch litauisch-lettischer
oder baltischer Lehnwörter nachzuweisen, deren Aufnahme mit Notwendigkeit
eine lange Zeit hindurch bestehende Nachbarschaft zwischen den finnischen
Stämmen einerseits und germanischen sowie litauisch-lettischen Völkern ande-
rerseits voraussetzt, ') ist es schwer die Richtigkeit der oben angedeuteten
Ansicht, wenigstens so weit sie die Einwanderung der Finnen
nach Finnland betrifft, in Zweifei zu ziehen.
Dem genialen dänischen Sprachforscher W. Thomsen gebührt in erster
Linie das Verdienst diese wichtigen Fragen einer allseitigen Behandlung unter-
worfen und dabei den Umfang und die Art der Berührungen zwischen den
oben genannten Völkergruppen, die ungefähre Zeit, während welcher dieselben
miteinander in Verbindung gestanden, und die Gebiete, welche sie damals
bewohnt haben dürften, beleuchtet zu haben. ")
Thomsen hat bekannUich festgestellt, dass die alten germanischen Lehn-
wörter in den finnischen Sprachen teils aus einer gotischen Sprache, die aber
Sprungs finden sich nämlich in grosser Anzahl in den jetzt i^in rinnischen Kirchspielen,
welche an den von Schweden bevölkerten Kostenstrich glänzen. Sax^n führt solche Namen
sogar BUS soweit Ostlich belegenen Gegenden wie Lappajftrvi und Alaj&rvi an. Andererseits
steht es fest, dass in gewissen Teilen des Küstengebietes sich Reste der finnischen BevMbe-
rung, welche die Schweden bei ihrer Einwanderung hier vorfanden, noch lange (z. B. im
Ksp. Mustasaari bis in das 19. Jahrhundert) erhalten h^en. Österboiten hat also in geschicht-
licher Zeit eine gemischte Bevölkerung gehabt, von welcher l&ngs der KOste das zahlreichere
schwedbche Element das schwächere finnische aufgesogen hat, wShrend wieder die land-
einwärts gezogenen Schweden in der stärkeren finnischen Umgebung ihre Nation aliiat
schliesslich aufgegeben haben.
') Dieser äussert wichtige Umstand ist von K, E. F. Ignatius abersehen worden, der
in einer sonst sehr verdienstvollen Abhandlung Ober die vorgeschichtliche Besiedelung
Finnlands die . Ansicht vertritt, dass die Finnen die Ureinwohner des Landes gewesen
sind (K. £. F. Ignatius, Finnlands geografi, Ilebingfors 1881—1890, Kapitel X: Finlands be-
byggande).
*);W. Thomsen, Ober den Einflu.s,-; der germanischen Sprachen auf die finnisch-
lappischen, Halle 1870; derselbe, Beröringer mellem de finske og de baltiskc (litauisk-lettiske)
Sprog, Kopenhagen 1890.
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320 DIE EINWANDERUNG DER FINNEN. W. THOU5EN.
auf einer älteren Stufe gestanden haben muss als die, welche wir aus Vulfila
kennen, teils aus einer urnordischen Sprachgestaltung herstammen und „dass
die Völker des finnischen Stammes zu der Zeit, wo sie dieser Einwirkung
ausgesetzt waren, entweder sich noch nicht verzweigt hatten oder jedenfalls
in viel engerer Verbindung miteinander gelebt haben, als dies bei ihren
heutigen Wohnsitzen denkbar sein würde." Da Vulfila im 4. Jahrhundert
lebte, so fallen die Anfänge des uralten germanischen Einflusses auf die fin-
nischen Sprachen in die ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung. Noch älter
sind aber die Berührungen zwischen den litauisch-lettischen und den finnischen
Sprachen. Thomsen führt mehrere Gründe für diese Annahme an. Zunächst
ist es mehr wie wahrscheinlich, dass die baltischen Stämme seit Urzeiten oder
jedenfalls vor den Germanen in den Gegenden östlich der Ostsee gewohnt
haben (die Aestui des Tacitus, Aesti des Jordanes, Estas des Vulfstan [Est-
mere — das Frische Haff]), sodann stempeln gewisse Punkte in der Laut-
behandlung der baltischen Lehnwörter dieselben zu älteren Erscheinungen wie
die gotischen und spiegeln die baltischen Lehnwörter durchgehends eine primi-
tivere Kultur ab als die goüschen. Dazu kommt schliesslich, dass Spuren von
baltischem Einfluss sich auch in den Sprachen der Mordwinen und Tschere-
missen nachweisen lassen, während die germanischen Lehnwörter in denselben
fehlen. Die Verbindung zwischen den Finnen und ihren östlichen Stammes-
genossen muss also schon aufgehört haben, als die ersteren unter den Einfluss
der Germanen gerieten. Unter solchen Umständen lässt sich mit einiger
Sicherheit behaupten, dass die erste Berührung zwischen den baltischen und
den finnischen Stämmen nicht später als am Beginn unserer Zeitrechnung,
wahrscheinlich aber früher eingetreten ist.
Im Bezug auf die Wohnsitze der westfinnischen Stämme während der
ersten Jahrhunderte n. Chr. zieht Thomsen aus den Resultaten seiner Unter-
suchung den Schluss, dass diese Stämme damals noch in einer zusammen-
hängenden Gruppe unmittelbar nördlich oder nordöstlich von den baltischen
Völkern gesessen haben müssen, durch welche hindurch Oslgermanen (haupt-
sächlich wohl Goten) an einer oder mehreren Stellen bis zur Nachbarschaft
der Finnen oder mitten unter dieselben vorgedrungen waren; ' andererseits
müssen die baltischen Völker sich zu dieser Zeit längs der Düna und bis zum
oberen Lauf des Dnjepr so weit nach Osten ausgebreitet haben, dass sie die
slawischen und finnischen Völker von einander getrennt haben. Die älteren
Sitze der Finnen müssen also östlich von Livland und Estland, von dem
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DIE EINWANDERUNG DER FINNEN. W. THOMSEN. 321
Finnischen Meertiusen und dem Ladogasee im Norden bis zur Düna im Süden
gesucht werden.
Innerhalb dieses Gebietes müssen die Finnen damals, wohl in einer
geschlossenen Gruppe, aber doch schon in verschiedene kleine Stämme einge-
teilt, gewohnt haben. Die Gruppierung der Stämme denkt sich Thomsen, zum
Teil in naher Übereinstimmung mit finnländischen Forschem, in folgender Weise.
Die Karelier waren am weitesten nach Norden und Nordosten vorgeschoben,
und ihre fernere Ausbreitung kann nur östlich vom Ladogasee stattgefunden
haben. Südlich von ihnen sassen jämische Stämme, nämlich die Wepsen am
weitesten nach Nordosten, die Esten am weitesten nach Nordwesten, so dass
die letzteren, oder wenigstens die Revalesten, schon früh in ihr jetziges Gebiet
nördlich vom Peipussee eingewandert sein dürften. Hinter ihnen lag das Haupt-
gebiet der Jämen, von denen ein Stamm später nach Finnland, ohne Zweifel
über den Karelischen Isthmus (?) oder, zum Teil, über den Finnischen Meer-
busen, zieht; von den Jämen, welche damals zurückgeblieben sind, haben sich
in dem Stamme der Woten einige Reste bis in die Gegenwart erhalten. Am
weitesten nach Süden oder Südwesten, wahrscheinlich nicht weit von der
DOna, müssen schliesslich die Liven gesessen haben.
Der Anstoss zur Trennung der finnischen Stämme voneinander und zu
ihrer Einwanderung nach den Ostseeprovinzen und nach Finnland ging nach
Thomsen (und Aspelin) von den Slawen aus, welche im 5. — 6. Jahrhundert
durch Litauer und Finnen hindurch bis zu der Gegend um Nowgorod vor-
drangen (die Krivitschen). Der finnische Stamm, der zuerst zum Weichen
gebracht wurde, war der am südlichsten wohnende, der der Liven. Er scheint
sich damals, dem Laufe der Düna folgend, längst der Küste zu beiden Seiten
der Mündung dieses Flusses festgesetzt zu haben, während die Letten, welche
neben den Germanen vor ihnen hier gesessen hatten, vom Meere abgedrängt
wurden und erst später das verlorene Terrain langsam wiedergewonnen haben
(Y. Koskinen). In derselben Zeit, als die Liven und Kuren an der Küste
erscheinen, oder eher etwas später müsse die eigentliche Einwanderung der
Finnen nach Finnland begonnen haben, doch wäre es möglich, dass die
nördlicher wohnenden Finnen schon vorher langsam und kaum merklich
vorgedrungen sind. Mit Y. Koskinen setzt Thomsen den Zeitpunkt, bis zu
welchem die Wanderung der Finnen ihren Abschluss erreicht haben muss,
um das Jahr 800 an, da nach dieser Zeit die historischen Nachrichten
reichlicher fliessen, so dass, wenn grössere Völktrbewegungen später statt-
Google
322 UlB EINWANUEKUNG DER FINNEN. H. G. POKTHAN.
gefunden hätten, die Geschichte oder wenigstens die Sage davon zu erzählen
wissen mUsste.
Wie bereits angedeutet, haben nordische, vor allen fmnländische Gelehrte
schon lange vor Thomsen die finnische Wanderungsfrage erörtert und versucht
die Reihenfolge, in welcher die einzelnen Stämme in unser Land eingerückt
sind, festzustellen. Schon bei Porthan ') finden wir einen Hinweis auf die
Ausbreitung der Finnen längs den beiden Ufern des Finnischen Meerbusöns,
der wie ein Keil die von Osten kommenden Stämme in zwei Teile spaltete
und sie zur Trennung von einander nötigte, sowie auf die nahe Verwandt-
schaft zwischen den E^ten und den Finnen, aus welcher Porthan aber nicht
denselben Schluss ziehen will wie vor ihm Lindheim, ^ der die Finnen aus
Estland über die See nach Finnland ziehen lässt. Nach Porthan könnte es sich
hier nur um kleinere Einwanderungen und lebhafte Handelsverbindungen
zwischen Estland und Finnland gehandelt haben: (licet quosdam subinde traje-
cisse a fide non abhorreat, perpetuumque inter litoris utriusque incolas com-
mercium intercessisse utique constet). Später als die übrigen Finnen seien die
Karelier aus dem Olonezischen Gebiet und der Nachbarschaft des alten Per-
miens nach Savolaks eingewandert. Alle diese Wanderzüge könnten erst nach
dem 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. stat^efunden haben. Da nämlich Finnland
zur Zeit der schwedischen Eroberung nur spärlich besiedelt gewesen wäre und
die Lappen in den weiter nördlich belegenen Gegenden damals noch unange-
fochten gelebt hätten, so könnten sich die Finnen nicht allzu lange vorher hier
niedergelassen haben.
Porthans Ansicht über die Wege, welche die Finnen bei ihrer Einwanderung
eingeschlagen, ist im grossen und ganzen von späteren Forschern gutgeheissen
worden. Da eine ausführliche Aufzählung aller nach Porthan erschienenen
Arbeiten, welche diese Frage berühren, zu weitläufig und für unsere Unter-
suchung von geringem Nutzen wäre, so seien hier nur ein paar wichtigere
Abhandlungen aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erwähnt, in
welchen die Einwanderungswege und die Reihenfolge der Wanderungen
erörtert werden.
Eine kurzgefasste Darstellung über diesen Gegenstand finden wir zu-
nächst am Schlüsse einer Abhandlung Y, Koskinens über die Vorzeit der
1) H. C. Porthan. Opera selecta, I, Helsingfors 1859, S, 46.
') S. Lindheim, De diversa origine Finlandorum ei Lapponum observaiiones, Nova
acta regiae societaiis scientiarum Upsaliensis, Vul, II, Upsala 1775.
, Google
DIE EINWANDERUNG DER FINNEN. Y. K0SK1NEN. K. MOLLF.NHOFF. 323
Liven. ') Die älteren Wohnsitze der westfinnischen Stämme werden hier in
die Gegend südlich und östüch vom Ladc^a- und Onegasee verlegt. Nach-
dem durch den Vorstoss der Bulgaren im 7. Jahrhundert und die Gründung
des grossbulgarischen Reiches an der Wolga die Mordwinen und Tschere-
missen nach dem Gebiet der Finnen zu gedrängt worden sind, setzen sich die
letzteren in nachstehender Reihenfolge in Bewegung: zunächst brechen die
Liven und Kuren nach Südwesten in die später nach ihnen benannten Gebiete
ein und verdrängen die Leiten von der Küste weiter landeinwärts; zu gleicher
Zeit lassen sich die Karelier, von der Suchonu und Dwina aus kommend, im
Deltaland des Wuoksen nieder unter beständigen Kämpfen mit den „Jotunem"
und Lappen; von den tavastischen Stämmen ziehen die Eigenüichen Finnen
(Sumen) und Revalesten gemeinsam nach Westen, trennen sich aber am Fin-
nischen Meerbusen, von wo die ersteren sich längs der SüdkOste Finnlands bis
in die Gegend von Raumo ausbreiten, die letzteren wieder Estland besetzen;
die Tavasten oder Jämen schliesslich folgen im Verein mit den Dorpatesten den
Spuren ihrer Stammesgenossen und ziehen, nachdem sich die Esten nach der
Gegend zwischen dem Peipus- und dem Wirtssee gewandt, über die Newa
und längs dem Kymmenestrom nach dem jetzigen Tavastland. ^
Die Ei^ebnisse der linguistischen mit denen der archäologischen Forschung
vereinigend vertritt J. R. Aspelin in der populär abgefassten Schrift Suomen
asukkaat pakanuuden aikana (Helsingfors 1885) eine Auffassung, welche in
mehreren wichtigen Punkten von der Y. Koskinens abweicht und zum Teil
von Thomsen acceptiert worden ist. Die unmittelbare Ursache der finnischen
Wanderungen aus dem gemeinfinnischen Gebiet, das er zwischen dem See
') Y. Koskinen, Sur l'antiquitä des lives en Livonie, Acta societatis scient. fennicae
VIII«, 1B67, S. 410 f. — Vergl. auch Y. Koskinen, Finlands historia ifrän äldsia lider intill
v&ra dagar, Helsingfors 1874, S. 8, 9.
*) Vergl. auch Müllenhoffs auf Thomsens Forschungen basierte Darstellung dieser
Wanderungen. M. Iftsst die Esten und Tavasten gleichzeitig, jene südwestlich, diese nord-
westlich vom Finnischen Meerbusen vordringen und dort die alte erstische (litauische], hier
wohl eine nahe verwandle ältere, quflnisi'h-karelische Bevölkerung zurücktreiben. Das
Vordringen der finnischen Stämme wäre möglich geworden, nachdem die Fluten der Völker-
wanderungen die Germanen auf der .linken" (östlichen) Seite der Ostsee mit sich gerissen
und ihre Niederlassungen, die sich bis ins Innere des Finnischen Meerbusens erstreckten,
entvölkert hfttten. Die finnischen Wanderungen fielen demnach in das 5,-8. Jahrhundert.
K. MüUenhoft, Deutsche Altertumskunde, 11, 1887, S. 67-69.
)y Google
324 DIE EINWANDERUNG DER FINNEN. J. R. ASPEUN.
Bjelo-osero, dem Ladogasee, dem Östlichen Teil des Finnischen Meerbusens,
dem Peipussee und dem Ilmensee sucht, erblickt er wie vor ihm G. Rein ')
und nach ihm Thomsen in dem Vordringen der Slawen, welche, durch den
Ansturm der Hunnen und die Zerstörung des Gotenreichs Hermanarichs zum
Verlassen ihrer älteren Sitze gezwungen, teils nach Westen in die norddeutsche
Ebene, teils nach Nordosten bis zum Ilmensee zogen. Wie Aspelin die fin-
nischen Völkerwanderungen in eine frühere Zeit verlegt als seine Vorgänger,
so nimmt er auch für dieselben eine andere Reihenfolge und zum Teil andere
Wege als die von Koskinen vorgeschlagenen an. ^ Von den finnischen
Stämmen hätten sich nämlich zuerst die Tavasten in Bewegung gesetzt, dann
erst die EigenUichen Finnen. Die ersteren wären über die Karelische Landenge
eingerückt, nachdem sie sich von den Dorpatesten getrennt. Die Eigentlichen
Finnen wären dagegen im Verein mit den Revalesten zuerst nach Estland
gezogen, von wo sie über das Meer nach dem westlichen Finnland gelangt
wären und sich hier im Gebiet der Germanen angesiedelt hätten. Die Karelier
schienen in geringerem Masse von dem Verstoss der Slawen berührt worden
zu sein. Ihr Weg nach dem jetzigen Südkarelen hätte sie über das Nordufer
des Ladogasees geführt. Obgleich Aspelin sich in der genannten Schrift mit
einiger Vorsicht über die Art der Besiedelung Finnlands und der Ostsee-
provinzen durch die finnischen Stämme äussert, hat er doch in anderen,
nur wenig älteren Arbeiten mit Bestimmtheit hei-vorgehoben, dass die Finnen
hier wie dort als Eroberer eingefallen und die ältere germanische Bevölkerung
gewaltsam verdrängt hätten. ^ Die Frage nach dem Verbleib dieser ost-
baltischen Germanen löst Aspelin in der Weise, dass er sich H. Hildebrand
anschliesst, der in einer 1866 erschienenen Arbeit {Svenska folket under hedna-
liden, eine zweite Auflage erschien 1872) unter anderem die Ansicht aufgestellt
hat, dass die Suear im 5. Jahrhundert von der östlichen Ostseeküste und
Finnland nach Uppland eingewandert wären. Diese Auswanderung der germa-
nischen Elemente bringt AspeHn in Verbindung mit der finnischen Invasion,
sowie er es auch für wahrscheinlich hält, dass die Alandsinseln, welche bis
') C. Kein, FörelSsningar öfver Finlands historia, Ilelsingfors 1870, S. 5.
*) In der von Aspelin vcrfassten Übersicht über die Vorgeschichte der finnbch-
ugrischen Völker (Suomen suku), die sich in J. R. Danielsons Yleinen ihmiskunnan historia, II,
1884, findet, ist noch dieselbe Keihenfolge der Wanderungen wie bei Koskinen angegeben.
3) La Rosomonomm gens et le Ruotsi, Ilelsingfors 1664, S. 21; Suomen suku, S. 223.
, Google
DIE AUSBREITUNG DER TAVA8TEN IN WEST-ÖSTLICHER RICHTUNG. 325
dahin unbewohnt gewesen wären, ') damals aus Finnland ihre schwedische
Bevölkerung erhalten hätten.
Die Ausbreitung der Finnen Ober die stldwestlichen Landschaften Finn-
lands setzt Aspelin in den Anfang der Völkerwanderungszeit. Schon damals
hätte nach den voi^schichriichen Funden zu schliessen die germanische Be-
siedelung dieser Gegenden im grossen und ganzen genommen aufgehört, Nur
in Österbotten (und in der Gegend um Eura (La Rosomonorum gens, S. 21/22])
hätten sich die Germanen ein paar Jahrhunderte länger behauptet.
Wir haben oben gesehen, dass die älteren finnischen Verfasser sowohl
die Eigentlichen Finnen (Sumen) wie die Tavasten (Jämen) über den kare-
lischen Isthmus nach Finnland wandern lassen, während Aspelin und Thomsen
der Ansicht sind, dass wohl die letzteren diesen Weg genommen hätten, die
Eigentlichen Finnen aber über das Meer nach ihren jetzigen Wohnsitzen
gelangt wären.
Wenden wir uns zunächst zu den Tavasten. Die Annahme, dass dieser
Stamm über Land in seine neuen Wohnsitze in Finnland eingewandert ist,
wird von keinem der oben genannten Forscher näher begründet. Offenhar stützt
sie sich nur auf Wahrscheinlichkeitsgründe, welche aus der geographischen
Lage der älteren tavastischen Sitze gefolgert sind. Und in der Tat, will man
mit den finnländischen Gelehrten das Gebiet der Tavasten in die Gegend
südlich vom Ladogasee verlegen und die Einwanderung derselben nach Finnland
als einen Eroberungszug auffassen, so bietet sich die obige Annahme von
selbst dar. Eine auf der Wanderung nach Finnland begriffene Nation, ein
Volksheer, würde, von Süden oder Osten an die Newa angelangt, selbstver-
ständlich den Weg über die karelische Landzunge dem Seewege vorgezogen
haben. Die scheinbare Selbstverständlichkeit der Theorie von der ost-west-
lichen Richtung der tavastischen Wanderung hat denn auch einige Forscher
dazu verleitet sie noch mehr im Detail auszuführen und aus ihr in Bezug auf
die spätere Ausbreitimg der tavastischen Siedelungen weitgehende Schlüsse zu
ziehen. So hat man den Kymmenestrom als den Weg bezeichnet, längs
welchem die Tavasten von der Meeresküste nach dem jetzigen Tavastland
gezogen wären, ") und allgemein angenommen, dass die tavastische Kolonisation
') Der bronzezeitliche Fund von Sund, der einzige auf Aland, ist ersi nach dem Er-
scheinen von Aspelins Suomen asukkaat bekannt geworden.
'} Hameenlinna ja Hämäiäiset, Suomelar 1853, Nr. 24; A. Heikel, Kerlomus muinais-
jaannöksistä Hauhon kihlakunnassa, Bidr. t. kännedom at Finland.* natur och folk, H. 29, 1878,
y Google
326 DIE AUSBREITUNG DER TAVASTEN IN WEST-ÖSTLICHER RICHTUNG.
sich von dem oberen Tale dieses Flusses und von der Gegend am Wesijärvi
nach dem Wanajavesi und längs diesem letzteren Flusse und den mit ihm in
Verbindung stehenden Seen immer weiter nach Westen bis nach dem oberen
Satakunta ausgebreitet hat. Zur Stütze der letzteren Annahme, zu welcher
sich, soweit es sich hier im allgemeinen um die Ausbreitung der Tavasten von
Osten nach Westen handelt, augenscheinlich die grosse Mehrzahl der finn-
ländischen Geschichtsforscher bekennt, sind meines Wissens keinö anderen
Gründe angeführt worden als Volksüberlieferungen über die Anfänge gewisser
Dörfer und Bauernhöfe und die Herkunft ihrer ersten Bewohner, ferner die
Übereinstimmung gewisser Ortsnamen im oberen Satakunta und im südlichen
Tavastland sowie die nahe Verwandtschaft des in der zuerstgenannten Gegend
gesprochenen Dialektes mit dem tavastländischen. ') Keines dieser Argumente
wirkt meiner Meinung nach überzeugend. Die Ähnlichkeit der Mundarten könnte
wenigstens mit genau demselben Recht zu Gunsten der entgegengesetzten
Ansicht, welche ich weiter oben ausgesprochen, nämlich, dass sich die Tavasten
von Satakunta aus nach Osten ausgebreitet haben, angeführt werden. Sie
beweist eben nur den nahen ethnographischen Zusammenhang zwischen Sata-
kunta und Tavastland, welche beide Landschaften ja bis zum 14. Jahrhundert
den gemeinsamen Namen Tavastland getragen haben, zeigt aber keineswegs
die Richtung an, in welcher die Besiedelung fortgeschritten ist. — Nicht andei-s
verhält es sich mit der Beweiskraft der den beiden Landschaften gemein-
samen Ortsnamen. Bevor nicht der Nachweis geliefert ist, dass diese Orts-
namen im Osten älter sind wie die mit ihnen gleichlautenden im Westen, lässt
sich aus ihrer Übereinstimmung kein Schluss auf die ost-westliche Richtung
der Kolonisation ziehen. Da nun hierbei bloss solche Ortsnamen in Betracht
kommen könnten, welche schon in vorgeschichtlicher Zeit existiert haben, so ist
es wohl ohne weiteres deutlich, dass ein derartiger Nachweis ausserordentlich
S. 74; V. VV allin, Kuvauksia Suomen kansan esihisioriasta, Helsingfors 1894, S. 74; ders.,
Keoomus Hollolan kihlakunnan rnuinaisjUnnöksisiä, FFT XIV, 1894, S. 194 f. — Vergl. auch
Y. Koskinen, Finlands historia, S. 16.
1) Vergl. unter anderen J. W. Ruuth, SaUkunnan asutusoloista kcskiajalla, Hi.st. Ark. XV,
1897, S. 2; V. Wallin, Tampereen kaupungin hisloria I, Tammerfors 1903, S. 7, 8; Wallin
glaubt auch in dem Vorkommen finnischer Ortsnamen an der Koste von Nyland einen
Ifeweis für seine Theorie zu finden (Hollolan kihlakunia, S. 195). Wie diese Namen zu
erklBren sind, ist S. 311/312 gezeigt worden. I>a.s.s Keval im Mittelalter Hand el^eziehun gen
mit den Tava.-iien unterhalten hat (Wallin, I. c.|, beweist ebenfalls nichts in Bezug auf die
Richtung der tavastischen Koloi
dby Google
DIE AUSBREITUrKi DER TAVASTEN IN WEST-ÖSTLICHER RICHTUNG. 327
schwer zu erbringen ist und dass demnach die Übereinstimmung der Ortsnamen
vorläufig weder für die eine noch für die andere Theorie als Ai^ment ver-
wertet werden kann. Der nämliche Einwand kann auch gegen die Verwend-
barkeit der Lokaltraditionen als Beweisniaterial geltend gemacht werden. Jeden-
falls sind sie nur mit grosser Vorsicht zu benutzen, so oft es gilt aus ihnen
Schlosse auf vorgeschichtliche Besiedelungsverhältnisse zti ziehen. Denn ob-
schon sie gewiss einigen Glauben verdienen, so lange es sich nicht um weit
abgelegene Zeiten handelt, so liegt es doch in der Natur der Sache, dass ihre
Zuverlässigkeit sich um so mehr verringern muss, je weiter zeitaufwärts die
Begebenheit liegt, die sie zum Gegenstande haben, je älter das Dorf oder das
Gehöft ist, dessen Entstehung sie schildern. Aber selbst wenn wir den LokaU
traditionen eine grössere Bedeutung zuerkennen wollten, als sie allem Anschein
nach verdienen, wäre es doch nicht angebracht die in Satakunta und Tavast-
land lebenden Überlieferungen als Stütze der Theorie von der ost-westlichen
Ausbreitung der Tavasten anzuführen. Wohl giebt es in diesen beiden Land-
schaften Traditionen, welche den Ursprung einiger Orte von weiter östlich
gelegenen herleiten. Eine solche Überlieferung treffen wir z. B. in Lempäälä
an, wo erzählt wird, dass Leute aus dem Kirchspiel Sääksmäki, welche bei
Nahkiala (Kirchsp. Akkas) ihre Fischereipiätze hatten, von dort weiter nach
Westen gezi^en wären und das Dorf Wuottis (ebenfalls in Akkas) gegründet
hätten; aus dieser Niederlassung hätten sich dann 100 Männer nach Lempäälä
aufgemacht, nach denen die Landschaft Satakunta ihren Namen erhalten hätte
(sata = 100). ') Eine andere Überlieferung weiss von vier Bauerngütern im
Dorfe Juhtimäki des Kirchspiels Ikalis zu berichten, dass sie von vier Brüdern,
welche aus littis am Kymmeneflusse ausgewandert waren, gegründet sind. '*)
Solchen Belegen für eine ost-westliche Kolonisation, deren Anzahl sich ver-
mehren iiesse, können aber andere entgegengestellt werden, die eine Besie-
delung der Östlicher belegenen Gegenden durch Kolonisten aus westlicheren
Kirchspielen zu bezeugen scheinen. So giebt A. O. Heikel eine Tradition aus
Wesilahti wieder, nach welcher das Dorf Suonola in diesem Kirchspiel seine
ersten Bewohner aus Tyrvis erhalten hätte, ^) während V. Wallin in seiner
•) V. Wallin, Tampereen kaupungin hisloria, S. 8.
') H. A. Keinholms Manuskriptsammlung im Archiv der Finn. Altert. UeselLsch.,
N:o 47, S. 153.
«) A. O. Heikel, Keriomus Pirkkalan kihlakunnan muinaisjaännöksi.=ta, Bidr. 1. kanne-
dom etc. H. 38, 1882, S. 11.
dby Google
328 rjlE AUSBREITUNG DER TAVASTEN IN WEST-ÖSTLICHER RICHTUNG.
archäologischen Beschreibung des Bezirks Hollola erwähnt, dass im Kirchspiel
Nastola das am weitesten nach Westen liegende Dorf Ahtiala beim Volke als
das älteste gilt. ') Die wenigen oben angeführten Beispiele, auf deren nähere
Prüfung ich mich allerdings hier nicht einlassen kann, dürften schon zur Genüge
darlegen, wie schwierig es wäre mit Hülfe der Lokaltraditionen die Richtung
zu besdnimen, in welcher Tavastlands und Satakuntas Besiedelung vor mehr
wie 1000 Jahren vor sich gegangen ist. Die Aussichtslosigkeit eines solchen
Versuches wird uns noch deutlicher, wenn wir in Betracht ziehen, dass nicht
bloss in den Erämarken, sondern auch in den alten Kulturgegenden der beiden
Landschaften so manche Dörfer und Gehöfte erst in geschichtlicher Zeit, also
lange nachdem diese Gebiete von den Tavasten in Besitz genommen worden,
entstanden sind und dass diese spätere Kolonisation selbstverständlich nicht
bloss in einer Richtung for^eschritten ist Da nun die letzteren Siedelungen
beim Volke in frischerer Erinnerung sein müssen wie die älteren, so ist es
einleuchtend, dass einige Überlieferungen eine ost-westliche, andere wieder eine
west-östliche oder in einer noch anderen Richtung erfolgte Kolonisation be-
zeugen können.
Die Ai^umente, welche zu Gunsten der ost-westlichen Wanderung und
Ausbreitung der Tavasten angeführt worden sind, dürfen wir somit als durchaus
unzulänglich bezeichnen. Auf sichrerem Boden stehen wir dagegen, wenn wir
zur Entscheidung der Besiedelungsfrage die voi^eschichtlichen Funde zu Rate
ziehen. Das Bild, das sie uns von der Besitznahme des jetzigen Satakunta
und Tavastland zu entwerfen gestatten, weicht allerdings wesentlich ab von
der Vorstellung, die man sich bisher über die tavastische Wanderung gemacht
hat Zunächst zeigt uns ihre Verbreitung, dass weder die Küste des Fin-
nischen Meerbusens noch der Kymmenestrom in der Kolonisationsgeschichte
des südlichen Finnlands die Rolle gespielt haben kann, welche einige For-
scher ihnen zuweisen wollen. Gänzlich ausgeschlossen erscheint die M^-
lichkeit, dass die tavastischen Siedelungen sich von der Küste aus längs dem
Kymmene landeinwärts erstreckt haben, wenn man in Erwägung zieht, dass
der Küstenstrich nur steinzeitliche Funde geliefert hat und das Kymmenetal
zu den an vorgeschichtlichen Funden ärmsten Gegenden im Süden unseres
1) V. Wallin, HolloUn kihlakunta, FFT XIV, S. 215. — In H. A. Reinholn» Manudtript-
sammlung findet sich eine kurze Notiz (Nr. 47, S. 223), nach welcher aus dem alten Kii^h-
spiel Tennila, dem jetzigen Karköla, Kolonisten nach litlis ausgewandert wiren.
, Google
DIE AUSBKEITUNU DER TAVASTEN IN WEST-ÖSTLIrHER RirilTLNCi. 329
Landes gehört. Sogar Steinartefakte sind in den Kirchspielen, welche unmittel-
bar am Flusse liegen, sehr seltene Vorkomnisse, bronzezeitliche Funde fehlen
gänzlich und, sehen wir von zwei bei Strömfors gefundenen weberschiffför-
migen Feuerschlagsteinen ab, so treffen wir den ersten eisenzeitlichen Fund,
eine Lanzenspitze vom Typus Vorgeschichtliche Altertümer aus Finnland
71 9u— u, im Kirchspiel Elimä (H. M. 4062:2), einen zweiten, noch dazu sehr
späten Fund aber erst so weit stromaufwärts wie bei Arrajoki im Kirchspiel
littis an. ') Wollte man nun annehmen, dass der tavastische Stamm als Volks*
beer in Finnland eingebrochen wäre und so zu sagen in Tagemärschen längs
der Küste und dem Kyramene oder längs dem As Salpausselkä nach Tavast-
land gezogen wäre, so würde man allerdings eine Erklärung für das Fehlen
von eisenzeitlichen Funden im Gebiete zwischen dem Kymmene und der Bucht
von Wiboi^ erhalten. Andererseits würde aber eine solche Annahme in
direktem Widerspruch zu den uns bereits bekannten Fundverhältnissen in
Tavastland stehen. Nichts deutet hier auf eine plötzliche Invasion eines fremden
von Osten her anrückenden Volkes hin, das, wie Aspelin meint, am Anfang der
Völkerwanderungsperiode, also etwa im 5. Jahrhundert n. Chr., die frühere
germanische Bevölkerung aus ihren Sitzen vertrieben hätte. Im Gegenteil,
alle Anzeichen sprechen für eine langsame, mehrere Jahrhunderte in Anspruch
nehmende Ausbreitung der Siedelungen von Satakunta aus längs den tavastlän-
dischen Seen und Flüssen bis zum Kymmene hin {vergl. S. 305/306). Funde
aus der Völkerwanderungszeit fehlen mit Ausnahme einzelner weberschiffför-
miger Steine gänzlich im südöstlichen Tavastland, wo die bisher entdeckten
Grabfelder alle der jüngeren und jüngsten Eisenzeit angehören. Im Westen,
in Satakunta, dagegen haben wir bereits eine Reihe älterer Grab- und Boden-
funde kennen gelernt, und mehrere dieser Funde zeugen von Verbindungen
mit den Ostseeprovinzen. Aus allen diesen Umständen lässt sich meiner
Ansicht nach in Bezug auf die Richtung der tavastischen Einwanderung nach
Finnland kein anderer Schluss ziehen als der, dass sie nicht von Osten her,
sondern über den Finnischen Meerbusen erfolgt ist.
Auf demselben Wege sind nach Aspelins und Thomsens Ansicht die
Eigentlichen Finnen in . ihr jetziges Gebiet gelangt. Nach allem, was weiter
oben über die Fundverhältnisse der nyländischen und südkarelischen Küste
') Dieser Fund enthalt unter anderem runde finnländischc Buckelfibeln von Typen
des 10. lind 11. Jahrhunderts. H. M. 2709: 1-7 u 3222:1.
dby Google
330 UIE BEWOHNER DER OSTäEEPKOVlNZEN IN DER ALTEREN EISENZEIT.
sowie Über die Einwanderung der Tavasten dargelegt worden ist, glaube ich
der Notwendigkeit enthoben zu sein die von alteren finnlandischen Historikern
aufgestellte und der Aspelin-Thomsenschen Ansicht entgegengesetzte Theorie
von einer Wanderung der Eigentlichen Finnen über die karelische Landzunge
und längs der Nordküste des Finnischen Meerbusens zu widerlegen. Alter-
tümer ostbaltischer Herkunft und ostbaltischen Charakters sind im Eigentlichen
Finnland mindestens ebenso zahlreich wie in Satakunta und dem westlichen
Tavastland. Ehe wir nun daran gehen diese Zeugnisse ostbaltisch-finnländischer
Beziehungen, die oben (Kap. I) im Detail behandelt worden sind, zusammen-
zufassen, soll hier in Kürze die Frage erörtert werden, ob die archäol<^schen
Verhältnisse die Annahme gestatten, dass die Ostseeprovinzen oder wenigstens
der nördliche Teil derselben am Anfang unserer Zeitrechnung eine finnische
Bevölkerung gehabt hat.
Die Fr^e nach der Nationalitat der damaligen Bewohner des Ostbalticums
ist von den Archäologen oft behandelt und in verschiedener Weise beantwortet
worden. Bereits in einem 1876 gehaltenen Kongressvortrag hat Montelius den
germanischen Charakter einiger Gruppen von Altsachen aus Ostpreussen, Polen,
Litauen und den Ostseeprovinzen hervorgehoben und für dieses grosse ost-
baltische Gebiet während der vier ersten Jahrhunderte n. Chr. eine germanische
Bevölkerung angenommen. ') Ob sich neben den Germanen schon damals andere
Volkselemente im Ostbalticum befunden haben, lässt Montelius unerörtert.
Hildebrand, ^ Undset ■) und Aspelin *) teilen Montelius Auffassung der ethno-
graphischen Verhältnisse in diesem Gebiet. Speziell in den Ostseeprovinzen
sucht Hildebrand die Sitze der Svear vor deren Einwanderung nach dem
mittleren Schweden, während Aspelin die germanische Bevölkerung in den
ballischen Provinzen mit der Rosomonorum gens des Jordanes identifiziert.
Etwas weitgehende Schlussfolgerungen aus der Beschaffenheit der Grabanlagen
und Altertümer zieht C. Grewingk, indem er für die sechs ersten Jahrhunderte
n. Chr. vier „tymbo-, ethno- und chronologisch verschiedene Gebiete" in den
') O. Montelius, Sur le premier äge du 1er dans les provinces baltiques de la Russie
et en Pologne, Congrte Budapest 1876, Budapest 1877, S. 493 [.; dcrs., Die Einwanderung
der Slaven in Norddeutschland, Correspondenzblatt d. deutsch. Ges. f. Anthrop., EÜinol. u.
Ui^eschichte 1899, S. 127 f.
^ H. Hildebrand, Svenska folket under hednatiden.
8) Undset, Jemalderens bcgyndelse i Nord-Europa, Kristiania 1881, S. 154—155.
■•) Aspelin, Le Rosomonorum gens, Suomen suku, Suomen asukkaat.
dby Google
niE BEWOHNER DER OSTSEEPROVINZEN IN DER ALTEKEN EISENZEIT. 33t
Ostseeproviiuen unterscheiden zu können glaubt In allen vier Gebieten wären
die Ureinwohner entweder ugrischen oder litoslawischen Stammes gewesen,
die während jener Zeit dort lebenden und entweder zur See oder, von Süd
her, zu Lande eingewanderten Kulturträger aber hätten verschiedenen germa-
nischen Völkern zugehört: so hätten an der kurländischen Küste skandina-
vische Germanen (Svear oder Götar) gesessen, in Livland und Estland Goten,
auf ösel und Mohn ein alt-schwedischer Stamm, in Kurland, einem Teil von
Livland und den Gouvernements Witebsk und Kowno schliesslich ein gleich-
falls altBchwedischer Stamm, der aber von dem vorerwähnten verschieden
war. ') Nach läi^erem Aufenthalt (ca. 1 . — 6. Jahrh.) wären diese Germanen
„mit Hinteriassung mehr oder weniger deutlicher Spuren ihres früheren Daseins
und Einflusses" entweder fortgezc^en oder in den Indigenen des Landes auf-
gegangen. Grewingk unterscheidet sich also von den zuerst genannten Forschem
dadurch, dass er ausser den Germanen eine ugrische und lito-slawische Urbe-
völkerung annimmt, und nähert sich Worsaae, der allerdings nicht den Namen
dieser Bevölkerung angiebt, dagegen andererseits weiter geht wie Grewingk,
indem er die Ähnlichkeit der archäologischen Verhältnisse in den Ostsee-
provinzen mit denen im germanischen Norden für die Folge einer kulturellen
Beeinflussung dieser Länder von Skandinavien und Norddeutschland aus an-
sieht, zu ihrer Erklärung aber nicht eine eigentliche Besiedelung durch germa-
nische Einwanderer voraussetzen will. ") Nicht sosehr der in den ostbaltischen
Altertümern zum Vorschein kommende germanische Einfluss, wie vielmehr die
Verwandtschaft derselben mit den finnländischen Funden hat G. Kossinna vor-
geschwebt, als er in neuerer Zeit seine von früheren Ansichten abweichende
Theorie Ober die voi^eschichtliche Ethnologie der Ostseeprovinzen aufstellte. ^)
Nach Kossinna sind die Ureinwohner dieser Gebiete vom finnischen Meerbusen
bis zur Memel Finnen. Aus der Mischung derselben mit den nördlichsten
') C. Grewingk, Erläuterungen zur Karte des Stein-, Bronze- und ersten Eisenalters von
Liv-, Est- und Kurland, Verhandlungen der Gelehrten Estnischen Gesellschaft zu Dorpat XII,
1884, S. 104 f.; ders., Der schiffförmige Aschenfriedhof bei TOrsel in Estland, Verh. d. Gel.
Estn. Ges. XIIE, Dorpat 1888, S. 54 f. ; vergl. auch Siuungsber. der Gel. Kstn. Ges. 1885, Dorpat
1886, S. 102 f.
') J. J. A. Worsaae, Ruslands og det .skandinaviske nordens bebyggel.se og seldste
kulturforhold, Aarb. 1872, S. 390.
') G. Kossinna, Die indogemiani.sche Frage archäologisch beantwortet, Z. f. E. 24, 1902,
S. 213 f.
dby Google
332 G. KOssiNNA Ober die letten-litauer.
Stämmen der Slawen wären in später Zeit die Letten-Litauer hervorgegangen.
„Während der ersten Jahrhunderte der Kaiserzeit dehnen sich in Ostpreussen
gotische Stämme in starker Vermischung mit Aisten bis zu einer Linie von
der Ostgrenze des Samlandes nach dem südöstlichen Winkel Ostpreussens
aus. Was von aistischer Kultur nach Osten und Norden darüber hinausliegt,
hat wohl gotischen Kultureinfluss erfahren, ist aber im Grunde aistisch, d. h.
finnisch geblieben: charakteristisch ist neben den aistischen Sondertypen wieder
der grosse Unterschied im Geschmack und feiner Ausführung der Geräte, an
Weichsel und Pregel einerseits und an der Memel, sowie nordwärts bis nach
Finnland anderseits. Beim Anrücken jener nördlichsten Slawenstämme, dem
die Ostsee-Finnen die früheste Schicht ihrer Lehnworte verdanken, in das
Gebiet der letzteren — gleichzeitig mit dem gesammten Vordringen der Slawen
im Mittel-Europa im sechsten Jahrhundert — wurden die südlichsten, gotisch-
finnischen Gebiete von der Weichsel ab nach Norden bis zur Düna von jenen
slawischen Eindringlingen derartig durchsetzt, dass hier die gotische und die
finnisch-aistische Sprache unterging, und eine neue Sprachengruppe slawischer
Färbui^ entstand, während sich weiter nördlich in Nord-Livland und Estland
die alte finnische Sprache erhalten hat. Soweit die Aisten von den Goten
germanisiert waren, genau so weit reichte nun der Stamm der Preussen, nördlich
und östlich davon bildeten sich die nur aus reinen Aisten und Slawen ent-
standenen Littauer und Letten. Anthropologisch und völkerpsychologisch be-
trachtet haben aber diese neuen Stämme den alten finnischen Charakter beibe-
halten. — — Daher auch die steten Übereinstimmungen der Kultur der Ostsee-
Provinzen, Litauens und Finnlands, nach dem 6. Jahrhundert bis ins 13. ebenso
auffällig wie in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends, und ihre Gegen-
sätzlichkeit zu der gleichzeitigen slawischen Kultur."
Die obige kurze Erörterung, deren nähere Ausführung Kossinna sich für
später vorbehalten hat, verdient trotz mancher angreifbarer Punkte unsere
volle Beachtung. Sehr zweifelhaft erscheint es mir allerdings, das Kossinnas
Ansicht über die späte Entstehung der lettisch-litauischen Sprachen vom philo-
logischen Standpunkt aus gutgeheissen werden kann. Dagegen spricht schon
der Umstand, dass baltische Lehnwörter altertümlichen Charaktera sowohl in
den Dialekten Finnlands wie in den Sprachen der Wolgafinnen auftreten,
was wohl kaum denkbar sein würde, wenn die baltischen Sprachen eret vom
6. Jahrhundert an in der Bildung begriffen gewesen wären. Waren doch die
Finnen auch nach Kossinnas Ansicht schon vor dieser Zeit in Finnland an-
jigilized
b, Google
G. KossiNNA Ober die letten-litakrr. 333
sflssig. Kossinnas dem Laien auf philologischem Gebiet etwas überraschend
erscheinende Theorie vom Ursprung der Letten-Litauer ist aber, wie ihr Urheber
bemerkt, gar „nicht von sprachlichen Erw^ungen angegangen, sondern einzig
und allein durch die archäologischen Verhaltnisse diktiert worden." Ohne auf
die Fr^e eingehen zu wollen, wie es denn möglich wäre, die Entstehung einer
neuen Völkei^ruppe ohne Zuhülfenahnie der Sprachwissenschaft nur auf dem
Wege archäologischer Forschung festzustellen, gestehe ich, dass ich mich zu
derselben auch vom archäolt^schen Standpunkt aus skeptisch verhalten muss.
Wenn wirklich im 6. Jahrhundert ein Vorstoss der nördlichsten Slawenstämme
in das Gebiet der Ostseefinnen stattgefunden und die Entstehung neuer Volks-
stämme zur Folge gehabt hätte, so mtlsste diese ethnographische Veränderung,
die Durchsetzung der Finnen mit slawischen Volkselementen in den Funden
jener Zeit zum Ausdruck kommen. Es müsste sich in diesem Fall ein merk-
barer Gegensatz zwischen den Funden aus den slawisierten oder richtiger
litauisch-lettisch gewordenen Gebieten einerseits und den finnisch verbliebenen
andererseits zeigen. Nun hebt aber Kossinna selbst die Einheitlichkeit der
Kultur der ostbaltischen Länder und ihre Gegensätzlichkeit zu der slawischen
Kultur ausdrücklich hervor. Um diesen offenbaren Widerspruch zu erklären
wäre Kossinna gezwungen anzunehmen, dass die slawischen Eroberer während
ihrer Umwandlung zu Letten-Litauern nicht im Stande gewesen wären ihre
eigene materielle Kultur zu behaupten, sondern die Tracht und den Schmuck
der Finnen übernommen hätten, eine Voraussetzung, die wiederum mit der
Charakterisierung der letzteren als eines schwachen passiven Volkes nicht
harmonieren würde.
Obschon ich somit Kossinnas Ansicht über den Ursprung der Letten-Litauer
nicht teilen kann, so muss ich ihm andererseits durchaus beipflichten, wenn er die
nahe Verwandtschaft der lettisch -litauischen und der finnischen Kultur betont.
In erster Linie habe ich hierbei die Finnen der Ostseeprovinzen im Auge, Unter
den Funden der jüngeren Eisenzeit aus Estland, Livland und Kurland sind
Formen, welche über alle drei Landschaften verbreitet sind, recht zahlreich,
so die Kreuz- und die Dreiecksnadeln, mehrere Formen von Hals-, Arm- und
Fingerringen, Kettenträger, Hufeisenfibeln, gewisse Armbrustfibeln mit gegosse-
ner Sehne, in Gewänder eingewirkte Bronzespiralen, bronzebeschhigene Messer-
scheiden u. a. m. Alle diese Übereinstimmungen, in Betreff welcher ich hier
nur auf Aspelins Atlas und den reich illustrierten Rigaer KaUilog mit seinem
Fundverzeichnis und R. Hausmanns vorzüglicher Übei-sicht über die vorge-
Digitized
b, Google
334 EINHEITLtCHEK CHARAKTER DER OSTBALTISTHEN ALTERTOHER.
schichtliche Entwicklung der Ostseeprovinzen hinzuweisen brauche, ') bezeugen
für die finnischen und lettischen Stämme dieser Provinzen den nämlichen
kulturellen Standpunkt und lebhafte gegenseitige Beziehungen. Neben den
obengenannten Formen befinden sich aber unter jenen Funden auch andere
mit begrenzter Verbreitung, welche wie z. B. die livische Schildkrötenfibel,
die estnische Dobbelkreuznadel mit dem durchbrochen gearbeiteten Ketten-
tr^er, das lettische Nackenblech und die ebenfalls lettische Kopfbinde, als
Sondergut einzelner Stämme erkannt werden konnten. Da ausserdem die Grab-
anlagen in den verschiedenen Landschaften sich wesendich voneinander unter-
scheiden, ist es R. Hausmann, der sich hierbei auf die linguistischen Unter-
suchungen A. Bielensteins '^ stützen konnte, gelungen die Gebiete, welche die
Letten, Liven und Esten in der jüngeren Eisenzeit eingenommen haben, mit
einiger Genauigkeit festzustellen.
Im ganzen findet Hausmann Bielensteins Angaben über die Grenzen
zwischen den verechiedenen Stämmen am Anfang des 13. Jahrhunderts durch
die archäolc^ischen Verhältnisse der vorhergehenden Jahrhunderte bestätigt.
Im Norden des Ostbalticum muss den Esten ungefähr dasselbe Gebiet zugeteilt
werden, das ihnen noch heute gehört. Im wesdichen Teil des südlichen Livland
siedelten die Liven, OsUich von ihnen dehnte sich das Land der Letten noch
über das s. g. polnische Livland aus. Zwischen beiden lagen nach Bielenstein
in der Landschaft Idumäa (wesüich von Wenden) und in der Gegend von
Ascheraden an der Düna kleinere Gebiete mit gemischter livisch-lettischer
Bevölkerung, von welchen das erstere nach Hausmanns Ansicht schon gegen
') Die Verwanduchaft dieser und anderer Formen von Altsachen uns ostpreuHsischen,
livischen, estnischen und finnischen GrW>ern ist auch von H. Kemke in einer interessanten
Abhandlung Ober „die Bedeutung der ostbaltischen AltenOmer [Qr die Vorgeschichte der
Provinz Ostpreussen" hervorgehoben worden (Centralblatt (. Anthrop., Ethnol. u. Ui^eschichte
V, 1900, S. 258 f.). K. stellt hier die Frage auf, ob diese Obere in Stimmungen der Funde, zu
welchen er ein Zeugnis sprachlicher Art hinzufügt (die Ähnlickeit des in bestimmten Teilen
Oslpreussens voricommenden Wortes „palw" — „Haide, ausgerodete Waldflächc" mit dem
estnischen Worte »palu" — „Haide, sandiger Tannenwald"), nicht darauf hindeuten konnten,
dass finnische Stamme einstmals bis nach Ostpreussen vorgedrungen sind. Wie er mir
brieflich mitgeteilt hat, sind ihm doch spftter Zweifel an der Richtigkeit einer solchen
Deutung aufgestiegen. Neuerdings ist W. Schlüter derselben entgegengetreten (Sitzb. d. Gel.
Estn. Ges. 1903, S. 18-21).
') A. Bielenstein, Die Grenzen des leitischen Volksstammes und der lettischen Sprache
in der Gegenwart und im 13. Jahrhundert, .St Petersburg 1892.
, Google
EtNHElTUCHEK CHAKAKTEK UER USTBALTläCHEN ALTERTDUEK. 335
1000 stark lettisiert gewesen sein muss, während das Grabfeld von Ascheraden
überwiegend einen livischen Charakter trägt. Südlich der Düna lag rein lettisches
Land. Im westlichen Kurland müssen wohl schon in der jüngeren Eisenzeit
neben den Letten auch Liven gesessen haben, obgleich der den Liven spezi-
fische Schmuck, die Schildkrötenfibel, dort noch nicht aufgetaucht ist
Können wir an dem Fundinventar der jüngeren Eisenzeit einen einheit-
lichen Charakter wahrnehmen, so tritt die Verwandtschaft der älteren Beigaben
vielleicht noch deutlicher zu Tage. Auch unter ihnen finden sich eine Menge
Typen, welche für das ganze Gebiet gemeinsam sind. Ich erinnere nur an
die Augenfibeln, Kopfschildfibeln, Sprossenfibeln, Armbrustfibeln m. u. F. und
mit Fussscheibe, Schleifenfibeln, Scheibenfibeln, Halsringe mit Trompeteneoden,
massive und hohlwandige Armringe, Nadeln mit profiliertem Kopf u. s. w.
Lokale Sonderformen fehlen aber auch nicht aus dieser Zeit. Als solche
wären unter anderen zu erwähnen die Halsringe mit Pilzknopfenden (Fig. 154)
und die tutulusfömiigen Nadeln mit Silberbelag {vei^l, Prussia 17, Taf. VIII
links 13), welche besonders für den Süden des ostbaltischen Gebietes charak-
teristisch sind, und die bizarren Formen der Sprossenfibeln mit Querriegeln
und Knopf- oder Schleifenenden (Fig. 126, 127), deren eigentliche Heimat das
mittlere Livland ist. Im ganzen überwiegen die gemeinsamen Formen und
„verleihen dieser Zeit ihren eigentümUchen, einheitlichen Stempel." Im Gegen-
satz hierzu fällt die Mannigfaltigkeit der Bestattungsformen auf: in Kurland
Hügelskelettgräber und Steinsetzungen mit Leichenbrand, die s. g. Wellalaiwe,
in Livland und Estland Steinreihengräber mit Leichenbrand, im letzteren Lande
ausserdem noch Skelettgräber unter Steinsetzungen.
Weder aus der Art und den Typen der Beigaben noch aus der Un-
gleichheit der Bestattungsarten wagt Hausmann irgendwelchen Schluss auf die
ethn<^raphischen Verhältnisse der Ostseeprovinzen in der älteren Eisenzeit zu
ziehen, wie er sich auch zu allen bisherigen Versuchen die Bevölkerungsfrage
dieser Zeit zu lösen skeptisch verhält. Wenn ich schon dem erfahrenen bal-
tischen Archäologen darin Recht geben muss, dass das früheisenzeitliche Fund-
material der Ostseeprovinzen in ethnographischer Beziehung schwer zu deuten
und eine einwandfreie Lösung gegenwärtig kaum möglich ist, will ich doch,
selbst auf die Gefahr hin einen Fehlschluss zu tun, es nicht unterlassen hier
einen solchen Deutungsversuch zu unternehmen.
Mit Kossinna bin ich darin einig, dass wir es im Ostbalticum der älteren
Eisenzeit — ich denke hier speziell an die Ostseeprovinzen — mit einer Kultur
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336 DIE OSTBALTISCHKN ALTERTOMER NICHT BLOSS GEKMANLSCH.
ZU tun haben, welche auf germanischem Grunde steht, nicht aber mit Notwendig-
keit eine ausschliesslich germanische Bevölkerung voraussetzt. Wohl finden sich
unter den Altertümern dieser Zeit manche Formen, denen wir in rein germa-
nischen Gegenden begegnen und die ohne Zweifel als echt germanische Typen
angesehen werden müssen, wie z. B. Augenfibeln (Riga Kat. 4 i- 3), stark profi-
lierte Fibeln (Riga Kat. 4 u, ?), und ältere Fibeln mit umgeschlagenem Fuss.
Erzeugnisse speziell ostgermanischer gotischer) Industrie sind vielleicht viele
der emaillierten Schmuckgegenstände aus der Periode C (Dreiecksfibeln, Schei-
benfibeln, Anhängsel u. s. w., vei^l. Riga Kat. 7«,«, 8u-n, k, 9*, b), welche
über Ostpreussen und weite Gebiete des heutigen Russlands verbreitet sind und
auch in den Ostseeprovinzen vorkommen. Ein skandinavischer und zwar merk-
würdigerweise westskandinavischer Einfluss kommt in den Formen der Armbrust-
fibeln mit schaufeiförmiger Fussscheibe und den Stern fussfibeln zum Ausdruck
(vergl. S. 159 f.). Skandinavisch muten uns auch die weberschiffförmigen Steine an.
Andererseits lassen sich unter den für das Ostbalticum charakteristischen
Altertümern viele Formen anführen, welche durch eine gewisse Plumpheit und
Ubertriebenheit der Ausführung gekennzeichnet sind und zum Teil barocke
Weiterentwicklungen der oben genannten Schmucktypen repräsentieren. Als
besonders charakteristische Beispiele für diese Art Beigaben nenne ich die
monströsen Exemplare von Augenfibeln aus estländischen und livländischen
Funden (vergl. Riga Kat 4 t, b; Sitzber. d. Gel. Estn. Ges. 1901, Fig. 2) die
Kopfschildfibeln mit eingehängter Nadel (Riga Kat 4iB--ifl) und die bizarren
livländischen Sprossenfibeln Riga Kat. 5ia a». Altertümer, an denen ich keinen
germanischen Charakter erkennen kann, sind die Halsringe mit Trompeten-
enden, welche in rein germanischen Gebieten höchstens vereinzelt als Import-
stücke auftreten, femer verschiedene primitive Typen von Armringen wie Riga
Kat. 928--«, 88 und die in estländischen Funden so zahlreichen teils hohlwandig
geschlossenen, teils spiralförmig offenen kleineren Ringe Hausmann, Grabfunde
Taf. las— B6, fio-76, IIb* m, die wahrscheinlich als Fingerringe verwendet wor-
den sind, vielleicht aber auch, da sie so massenhaft vorkommen, zu anderen
dekorativen Zwecken etwa in ähnlicher Art wie die Spiralfingerringe in den
jüngeren ostbaltischen Funden {vergl. S. 226) gedient haben, dann wohl auch
die Hufeisenfibeln mit flachen, nach innen gewundenen Spiralenden wie Riga
Kat. 8 25 und die wahrscheinlich aus dem Süden oder Südosten importierten
Tutulusfibeln Riga Kat. 8 w. Für alle diese und noch andere Erzeugnisse einer
etwas primitiven Hausindustrie, selbst für die an erster Stelle genannten Fibeln
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VERBINDUNG ZWISCHEN DEK ALTEREN UND DER JONGEREN KISENZEI T. 337
brauchen wir meiner Ansicht nach keineswegs germanische Herkunft anzu-
nehmen, sondern können sie einer nichtgermanischen, aber unter germanischem
Einfluss stehenden Bevölkerung zuerkennen. Eine Bestätigung hierfür ist mir
das Auftreten solcher Typen in den ostbaltischen Funden, welche von den
Formen der älteren Eisenzeit zu denen der jüngeren herüberleiten und^omit
beweisen, dass in der kulturellen Entwicklung der Ostseeprovinzen keine jähe
Unterbrechung stattgefunden hat, welcher Fall doch hätte eintreten müssen,
wenn die Ansicht richtig wäre, dass die frühere germanische Bevölkerung etwa
um das Jahr 400 durch einwandernde finnische Stämme zum Verlassen ihrer
Wohnsitze genötigt worden wäre (Aspelin), Von Formen, welche eine solche
Verbindung zwischen der älteren und jüngeren Eisenzeit herstellen und haupt-
sächlich den Perioden E und F angehören, nenne ich hier die Armbrustfibeln
mit gegossener Sehne, von welchen einige charakteristische Exemplare auf
Tafel 6 des Rigaer Katalt^ abgebildet sind, femer die Eulenfibeln Riga Kat.
7 I, 8, die Armbrustsprossenfibeln Tischler, Altertümer VI t, {welche schliesslich
zu so unschönen Typen wie Riga Kat. 7ii— la führen), solche Kreuznadeln wie
Riga Kat. 13», solche Armbänder, welche zwischen einer älteren Form wie
Aspelin 1850 und einer jüngeren wie Riga Kat. 20 1,* stehen.*) Allerdings,
die grosse Mehrzahl dieser Typen ist im südlichen Ostbalticum zum Vorschein
gekommen. Im Norden, im estnischen Gebiet, sind Altertümer, die eine un-
unterbrochene Besiedelung bezeugen, selten. *) Doch fehlt auch hier nicht die
Verbindung zwischen der älteren und der jüngeren Eisenzeit. Sie wird durch
einige Steinreihengräber geschaffen, welche nicht nur Funde aus den Perioden
C und D, sondern auch viel jüngere Beigaben enthalten und somit beweisen,
dass bei den E^ten auch in späterer Zeit die eigentümliche Bestattungsweise der
älteren Perioden noch im Gebrauch war. ") Ziehen wir ausserdem in Betracht,
') Solche Annbander mit massivem oder hohlem ürat, die breiter sind wie die Arm-
ringe vom alteren, in die Periode I) gehörenden Typus (das Exemplar Aspelin 1850 stamm
aus dem bekannten Dobelsberger Depotfund), aber noch nicht so breit wie die oben citierten
Armb&nder der jüngeren F^isenzcit, habe ich auf dem Rigaer Kongress 1896 aus Sallgaln in
Kurland (Sammlung E. Krügei-, Mitau) siiwie aus S, K. Bogojawlenskis Funden von Weissen
in Kurland und Kaipen in Livland notiert.
') Die Armbrustfibel Kiga Kat. 62 ist im estnischen Livland bei Langensee im Ksp.
Kannapa h gefuilden.
*) Hausmann, Einleitung, .S. LXII f.; ders,, Die Sieinsetzung zu Eigstfer, Sitzb. d. Gel.
Estn. Ges. 1901, S. 250 f. — Zur Deutung die^o gewiss sehr bemerkenswerten Umstandes
43
)y Google
338 DIE FINNEN IN DEK ÄLTEREN EISENZEIT IM OSTBALTICUM.
dass die für die estnischen, livischen und lettischen Funde der jüngeren Eisen-
zeit so charakteristischen Brustkettengehänge ') ihre typologischen Vorausset-
zungen in dem Kettenschmuck haben, der in Ostpreussen und Litauen*) schon
in den Perioden C und D auftritt, dass die lettische Kopfbinde in Ostpreussen
aus abensofrühen Funden bekannt ist, "1 und dass im estnischen Gebiet eine
späte Form der alten Halsringe mit Kegel- oder Pilzknopfenden vorkonmit
(Aspelin 1989), so gewinnen wir aus allem hier angeführtem den Eindruck, dass
lettisch-litauische und finnische Stämme schon in der älteren Eisenzeit und zwar,
wenn die Halsringe mit Trompetenenden für litauischen und finnischen Schmuck
angesehen werden können, mindestens von der Periode B an die ostbaltischen
Landschaften bewohnt haben müssen. In den Ostseeprovinzen werden die
Finnen mehr nördliche, die Letten mehr südliche Sitze innegehabt haben.
Mitten unter diesen Stämmen müssen sich aber zahlreiche germanische (gotische)
Kolonien befunden haben, denn nur unter dieser Voraussetzung findet der in
den Sprachen sowohl wie in der eisenzeitüchen materiellen Kultur der Finnen
und Letten-Litauer zum Vorschein kommende starke germanische Einfluss eine
annehmbare Erklärung. Diese germanischen Elemente dürften jedoch schwerlich
mit Waffengewalt verdrängt, sondern allmählich von der Hauptmasse der Be-
völkerung aufgesehen worden sein.
Wann die finnischen Stämme bis zur Meeresküste vot^edrungen sind, ob
sie, wie Grewingk, Kossinna und W. Schlüter*) wollen, schon in der Steinzeit
in den Ostseeprovinzen gesessen haben, sind Fragen, die an dieser Stelle nicht
stellt Hausmann zwei Ahcrnativen auf: entweder sind auch die filteren Stein reihen graben,
welche sich durch grossere Regel mässigLeit der Steinreihen von den jQngeren unterscheiden,
den Esten zuzuschreiben oder sie rühren von einem anderen Volke her, von welchem die E.sten
nach ihrer Einwanderung die Art der Totenbestattung abemommen haben. Die Antwort auf diese
wichtige Frage konnte nur gegeben werden, wenn es mOglich wäre, nicht durch Rückschluss
aus der Beschaffenheit der spateren Brandfelder, sondern auf anderem Wege festzustellen,
welchem Volke die alten livlAndischen Steinreihengrftber angehört haben. Meinerseits halle
ich dafür, dass Hausmanns erstere Alternative die wahrscheinlichere ist, und hoffe in diesem
Buche einige annehmbare Argumente hierfOr angefahrt zu haben.
') Aspelin 1968. 2053, 2055, 2080-2062, 2098;; Riga Kai. 11s,», 12, 13s, 14t 5,8 etc.
S) Prussia 17 Taf. XIV; Aspelin 1891, 1894, 1897 (Fig. 151 hier).
S) Prussia 17 Taf. VUI links 15.
*) W. Schlüter, Ober M. Muchs Werk: Die Heimat der [ndagermanen, Sitzb. d. Uel.
Estn. Ges. 1903, S, 16 f. (Der Aufsatz enthält auch eine Kritik der An.sicht Kossinna.i über
die Entstehung der Litauer-Leiten).
dby Google
DIE FINNEN BEI TACITUS UND PTOLEMAEU5. ■ 339
erörtert zu werden brauchen, da unsere eigentliche Aufgabe darin bestand der
Anwesenheit der Finnen in Estland und Liviand für die Zeit, mit welcher wir
uns hier beschäftigen, oder die fünf ersten Jahrhunderte n. Chr. nachzuforschen.
Die knappen Angaben über die Wohnsitze der Finnen am Anfang unserer
Zeitrechnung, die sich bei Tacitus und Ptolemaeus finden, lassen sich in soweit
mit unserer Ansicht in Einklang bringen, als wir nach ihnen die Finnen in der
Nähe der Slawen und litauischer Stämme suchen müssen. Wenigstens erwähnt
Tacitus die Fenni kurz nach seiner Schilderung der am rechten Ufer des
Suebischen Meeres, d. h. an der Ostseeküste rechts von der Weichselmündung
wohnenden Aestier (Litauer) und verlegt ihre Wohnsitze nördlich von den
Venetem (Slawen), welche um diese Zeit wahrscheinlich nördlich von den
Karpaten zwischen der oberen Weichsel und dem mittleren Laufe des Dnjepr
wohnten (Mollenhoff, Deutsche Altertumskunde II, 1887, S. 89, 90). Ptolemaeus
nennt die Finnoi unter den kleineren Stämmen Sarmatiens und lässt sie an
der Weichsel wohnen, südlich von den Gytones (Goten) und Venedem, welchen
letzteren er die ostpreussische Küste zuweist. Ebenfalls südlich von den Vene-
dem und Östlich von den Goten und Finnen wohnen die (litauischen) Stämme
der Galindai, Sudinoi und Stauanoi. Wenn nun auch Ptolemaeus Angaben
Über die Ausbreitung der Veneder längs der Bernsteinküste offenbar falsch sind
und er aus Osten Westen, aus Norden Süden gemacht hat, und wenn somit
die Finnen auch von der Weichsel weg und weiter nordösdich zu bringen
sind (Müllenhoff, I. c. il, S. 17 f.), so hat es doch für uns ein besonderes Inte-
resse, dass der alexandrin ische Geograph sie als Nachbarn der soeben genannten,
jedenfalls im südlichen Ostbalticum ') wohnenden litauischen Stämme bezeichnet
Über die Nationalität der Veltai (nach Müllenhoff aus Letuai korrumpiert), Hossioi
und Karbones des Ptolemaeus, in welchen Zeuss und Müllenhoff aestische
Völker sehen, die von Kurland bis zum Finnischen Meerbusen wohnten, will
ich mich als Laie auf diesem Gebiet nicht aussprechen, nur möchte ich aus
den oben angegebenen Gründen archäologischer Art im Gegensatz zu den
genannten Forschem an der Möglichkeit festhalten, dass der nördliche Teil der
baltischen Provinzen schon zur Zeit des Ptolemaeus finnisch war. — In diesem
Gebiet dem kulturellen Einfluss der Germanen und Litauer ausgesetzt, können
') Galindia heissi im 13. Jahrhunderi eine Landschaft in der Umgebung des Spirding-
sees in Oslpreussen, auf die Sudinoi weist der Name des Landes Sudauen im Ostpreussen
hin, die Stauanoi mOchte MQIIenhoff in die jetzigen Gouvernements Suwaiki und Wilna
veriegen. (Müllenhoff, 1. c. 11, S. 19 f.).
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340 DIE FINNEN ßEI TACITllS UND PTOLEMAEUS,
die Finnen aber schwerlich auf einer so niedrigen Kulturstufe gestanden haben,
wie dies nach Tacitus' bekanntem Bericht der Fall gewesen wäre. Es ist viel-
mehr bestimmt anzunehmen, dass Tacitus Schilderung sich nicht auf die Fenni,
die er nördlich von den Slawen wohnen lässt, sondern auf die Lappen bezieht,
von denen er ebenfalls, vielleicht durch andere Berichterstatter, gehört und
die er mit den Fenni verwechselt haben muss, weil sie offenbar schon damals
von den Germanen mit demselben Namen bezeichnet wurden wie die Finnen.
Dass der Finnenname den Lappen faktisch bereits in dieser Zeit beigelegt
wurde, geht aus Ptolemaeus Angaben hervor. Ftolemaeus kennt nämlich ausser
den oben erwähnten Finnoi an der Weichsel andere Finnoi, die den nördlichen
Teil der Insel Scandia bewohnten (Gei^raphiae lib. II cap. 1 1 i» [C. Müllers
Au^abe, Paris 1883]) und die ohne Zweifel (wie die Skrithifinen des Prokop,
Skrerefennen des Jordanes, Scritobinen, Scritofinnen des Paulus Diaconus,
Scredefenni des Kosmographen von Ravenna, Scridefinnas des Other, Scric-
finnen des Saxo Grammaticus) die Vorfahren der heutigen Lappen waren. ')
') Dass Tacitus' Sitoncn, die Nordnachbam der skandinavischen Suionen, ein finnischer
Stamm waren (Müllenhoff, 1. c. S. 9), erscheint mir unwahrscheinlich. Man hat bekanntlich
in der Angabe des Tacitus, da-ss die Sitonen von einem Weibe regiert wurden, eine Andeu-
tung an die von spateren Geographen (Paulus Diacomus, anonymus Kavennas und Adam von
Bremen) wiedei^egebene Sage von einem im skandinavischen Norden hausenden Amazonen-
volk gefunden und, da diese Sage ohne Zweifel infolge einer Verwechslung des altn. kvenir
— „Quänen" mit kvaenir „Weiber" entstanden ist, die Sitonen mit den in der Wikingerzeit
um da-q Nordende des Bottnischen Meerbusens wohnenden, zuerst im 9. Jahrhundert genann-
ten finnischen Quftncn identifiziert. Das.« sich die Finnen am Anfang unserer Zeitrechnung
längs der Küste des Bottnischen Meerbusens bis nach Vesterbotten ausgebreitet haben, halte
ich meinerseits für sehr wenig plausibel. Archäologische Belege hierfür fehlen gänzlich.
In seiner Liste der Völker, die im 4. Jahrh. zum grossen Gotenreich Hermanarichs
gehörten, fahrt Jordanes (De origine actibusque Gelarum, cap. XXIfl) einige Stamme an,
unter deren verstümmelten Bezeichnungen man die Namen der Tschuden, Wepsen, Merier
und Mordwinen, vielleicht auch der Tscheremissen und Permier erkennen kann. (A. H. Snell-
man, Itameren suomalaiset itsenäisyyiensä aikana, FPl' XVI, 1896, S. 3 f.). Von diesen
Stämmen könnten höchstens die Tschuden (Thiudos) ein wesifinnisches Volk bezeichnen.
In der zweiten Hälfte des an der Spitze des Verzeichnisses stehenden Namen Golthescytha,
neben welcher Lesart nach Mommscn (Momm. Germ, histor. Vi, Berlin 1882) unter anderen
auch die Formen goihescytha, gothescitha, gothi scythas) vorkommen, steckt, nach Müllenhoff
(1. c. II, S. 74) ebenfalls das slawische Tschudi. (Sollte gothes cytha die gotischen Tschuden,
Goten-Finnen, d. h. die Einwohner der Osiseepruvinzen, die damals wohl auch zum Goten-
reich gehörten, bezeichnen?)
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DIE FINNLANDISrHEN FUNDE DER ALTEREN RÖMISCHEN PERIODE. 341
War nun Estland, wie ich anzunehmen wage, schon am Anfang unserer
Zeitrechnung von finnischen Stämmen bewohnt, so dürfen wir uns fragen, ob
nicht die Spuren eines baltischen Einflusses, welche bereits in den finnlän-
dischen Funden aus der römischen Eisenzeit zu Tage treten, zugleich Zeugen
einer beginnenden Einwanderung finnischer Volkselemente aus dem Ostbalticuni
nach unserem Lande sein können. Wäre dies der Fall, so würde die finnische
Immigration früher, als man bisher angenommen hat, begonnen haben. Wir
erinnern uns nämlich, dass selbst Aspelin, der diese Völkerbewegung in eine
frühere Zeit verlegt, als es seine Vorgänger getan haben, annimmt, die Besitz-
nahme der südwestlichen Landschaften Finnlands durcb die Finnen wäre erst am
Anfang der Völkerwanderungszeit, also frühestens nach 400 n. Chr., vor sich
gegangen, und dass Thomsen die Ausbreitung der Finnen über ihre jetzigen
Gebiete in die Zeit zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert setzt. Über-
blicken wir, um uns hierüber ein Urleil zu bilden, die Funde aus den vier
ersten Jahrhunderten n. Chr.
Wir wenden uns da zunächst zu den Funden der älteren römischen
Periode (Tischlei-s Periode B), welche in den beiden ersten Kolumnen unserer
Übersicht auf Seite 289/290 verzeichnet sind. Unter der geringen Anzahl dieser
Funde — es sind ihrer im ganzen nur 5 vorhanden — befindet sich ein Gegen-
stand, an dessen ostbaltischer Herkunft kein Zweifel aufkommen kann, nämlich
der Halsring mit Trompetenenden 8« von Nousis (Fund 17a). Ausser
diesem völlig einwandfreien Zeugen so früher ostbaltich-finnländischer Be-
ziehungen (vei^l. S. 21 1 f.) lässt sich ein anderer Fund im Eigentlichen
Finnland anführen, der wahrscheinlich ebenfalls aus den Ostseeprovinzen
stammt Es ist dies die beschädigte Fibel 1 -i von Nykyrko— Warheia (Fund 20),
die gewissen estländischen Augenfibeln nahe zu stehen scheint, aber eine
sichere Rekonstruktion nicht gestattet. Oben ist wenigstens im Hinblick auf die
technischen Einzelheiten dieser Fibel auch eine andere, allerdings weniger
naheliegende Möglichkeit in Betracht gezogen worden, nämlich dass sie zu der
im Eibgebiet verbreiteten Klasse der Fibeln mit Rollenkappe und Sehnenhaken
gehört (S. 136 — 138). Sei es nun, dass sie aus dieser Gegend nach Finnland
gelangt ist, sei es, dass unsere Vermutung richtig ist und sie wirklich aus Est-
land stammt, so ist sie jedenfalls als eine Fibelform zu bezeichnen, die einen
von Nordwestdeutschland aus nach dem Ostbalticum gehenden Kultureinfluss
bekundet. Als Zeugen eines von der Eibgegend ausgegangenen Kulturstromes
müssen wir nämlich mit Hausmann und Almgren auch die oben genannten
Google
342 niE hnnlAndischen funde der Alteren römischen Periode.
livländisch-estländischen Augenfibeln, welche sich offenbar aus westdeutschen
Augenfibeln entwickelt haben und dann selbstständig weitet^ebildet worden sind,
sowie eine andere, den ersteren sehr nahestehende eingliedrige Armbrustfibel
mit breitem Fuss, die im Grabe von TOrpsal in Estland aufgetaucht ist, be-
trachten. ') Die Fibel 1 » lässt sich demnach nur bedingungsweise zur Be-
kräftigung der oben ausgesprochenen finnischen Einwanderungstheorie ver-
werten. — Die nämliche Einschränkung gilt auch in Betreff der beiden Ring-
nadeln mit Schneckenende von ostbaltischem Charakter (ös), weichein
der Nähe der Fibel !■* gefunden sind. Bloss wenn sie gleichzeiüg mit dieser
niedergelegt sein und demnach ebenfalls aus dem 2. Jahrhundert stammen
sollten, was aber angesichts der Beschaffenheit der Fundstätte (vergl. S. 44, 45)
nicht bestimmt nachweisbar ist, könnte ihnen einige Bedeutung für die Be-
leuchtung der obigen Frage zuerkannt werden.
Deutet die Fibel l« auf einen Kultureinfluss aus der Eibgegend hin, der
wahrscheinlich auf dem Umwege über Estland das Eigentliche Finnland er-
reicht hat, so gehören die übrigen zwei Fibeln der Kolumne 2, nämlich die Fibel
mit Kopfkamm I3 von Letala (Fund 23) und die S-förmig gebogene
Fibel ohne Kamm S4 von Lillkyro— Tervajoki (Fund 77) Fibelgruppen an,
die sich von Nordostdeutschland aus aber gewisse Teile des Nordens ver-
breitet {Almgren, S. 60, 61, 65) haben. Auf welchen Wegen unsere beiden
Spangen nach Finnland gelangt sind, können wir unmöglich mit Bestimmtlieit
angeben. Die Annahme, dass sie aus Schweden nach dem Eigentlichen Finn-
land und österbotten importiert worden sind, hätte ungefähr ebensoviel Wahr-
scheinlichkeit für sich wie die en^egengesetzte Alternative, dass sie aus dem
ostbalüschen Gebiet stammen, denn sowohl in Schweden wie in Ostpreussen
sind Fibeln von dem lypus der Spange von Letala gefunden worden (S. 139),
während S-förmige Fibeln ohne Kamm in den Nachbarländern des südlichen
Ostbalticum und auf den südskandinavischen Inseln vorkommen und ausser-
dem Fibeln, welche mit den genannten Typen nah verwandt sind, in Schweden
(Almgren, S. 61) wie in Liv- und Estland auftreten (Riga Kat, 4m und 4i8— is;
Hausmann, Grabfunde, S. 27 — 28, Taf. II n— ib). Auch eine direkte Verbindung
zwischen Finnland und der Weichselgegend, der eigendichen Heimat der
Fibeln mit Kopfkamm, wäre möglich. — Unter den übrigen Gegenständen der
Funde von Letala und Lillkyro fehlen charakteristische Stücke, die uns einen
■) Hausmann, Grabfunde, S. 26, 29; Almgren, 5. 9, 28, 12t.
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DIE FINNLANDISCHEN FUNDE DER JONGEREN RÖMISCHEN PERIODE. 343
Wink über die Nationalität oder die Handelsverbindungen der damaligen Be-
wohner Westfinnlands geben könnten. Recht deutlich kommt dagegen in der
Form der beiden Gräber, welche diese Funde enthalten haben, ein skandina-
vischer Einfluss zum Ausdruck: sowohl der niedrige, aus Erde und Steinen
ausgeführte Tumulus von Letala wie das Stein hügelgrab von LiUkyro, beide
mit ausgestreuten Resten des Leichenbrandes, können als Grabanlagen schwe-
dischen, hier vielleicht speziell uppländischen, resp. norrländischen Charakters
bezeichnet werden {vergl. S. 130). — Was schliesslich den ältesten Gegen-
stand unter den fünf Funden aus der älteren römischen Periode, nämlich das
römische Schöpfgefäss 1 1, betrifft, so ist derselbe ohne Zweifel über
Schweden in das Tal des Kyröälf gelangt und demnach ebenfalls ein Zeuge
skandinavischen Kultureinflusses (S. 133).
Für die Beurteilung der damaligen kulturellen Verhältnisse im südlichen
österbotten ist der Fund eines italienischen Luxusgegenstandes aus der Zeit
der Zerstörung Pompejis von grosser Bedeutung. In Verein mit dem soeben
erwähnten Grabfunde von Ter\'ajoki beweist er zunächst, was wir sonst
nur vermuten könnten, dass die genannte Gegend am Anfang unserer Zeit-
rechnung bewohnt gewesen ist, deutet aber ausserdem auf einen gewissen
Wohlstand der Bevölkerung und auf Verbindungen mit den südlichen Teilen
des europäischen Nordens hin, welche ihrerseits damals in den Bereich des
römischen Welthandels gezogen worden waren. Nach Funden dieser Art
dürfen wir vielleicht hier eine Reihe anderer erwarten, welche die Lücke
zwischen ihnen und den Funden der Bronzezeit ausfüllen.
Aus der obigen kurzen Übersicht über die Funde der älteren römischen
Periode geht somit hervor, dass unter ihnen sichere Spuren sowohl skandi-
navischer wie ostbaltischer Kultur zu erkennen sind und dass es in ein paar
Fällen schwer zu entscheiden ist, ob man es mit Gegenständen skandinavischer
oder ostbaltischer Herkunft zu tun hat oder direkte Verbindungen mit der
SüdkUste der Ostsee annehmen darf. Ehe wir nun aus der Beschaffenheit
dieser, vorläufig in zu kleiner Anzahl vorhandenen Funde einen Schluss auf
die damaligen ethnographischen Verhältnisse wagen, wird es angebracht sein
auch die Funde der jüngeren römischen Periode zu Rate zu ziehen.
Das Material, das uns hier zu Gebote steht, ist bei weitem reichhaltiger
schon, wenn wir nur diejenigen Funde mitnehmen, die in der 3. und 4. Ko-
lumne unseres Verzeichnisses (S. 289—291) angeführt sind und deren Zahl
(unter Mitrechnung von 16 a und 16 b) 19 beträgt. Zu ihnen ist aber gewiss
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t Aiigs,,.,,;. ; ö
344 1>[K FlNNLÄNDISCHEfJ FUNDE DER JONGEKEN KOMISCHEN PEK10DE.
noch ein guter Teil der in der 5. und 6. Kolumne verzeichneten Funde, die
mit unsicheren Zeitgrenzen in das 3.-5. oder das 4. — 5. Jahrhundert verlegt
werden müssen, zu nehmen. Unsere Kenntnis dieser Periode ist deshalb eine
bessere wie die der so spärlich beleuchteten älteren Epoche.
Wir sehen nun, dass auch die jüngeren Funde nicht einseitig zusammen-
gesetzt sind, sondern sowohl skandinavische wie ostbaltische Altertümer, diesmal
aber in einer Anzahl enthalten, die immerhin gross genug ist um den Beweis zu
liefern, dass wie es hier mit einer Mischkultur und, ich wage den Schluss,
auch einer gemischten Bevölkerung zu tun haben. Allerdings bezieht
sich diese Charakteristik nur auf die Funde des 4. Jahrhunderts, welche in der
Kolumne 4 unserer Tabelle verzeichnet sind. Die älteren, in der Kolumne 3
aufgezählten Altertümer haben dagegen mit Ausnahme der ebenfalls dort ein-
getragenen römischen Münzfunde durchweg skandinavisches Gepräge. Mustern
wir aber diese älteren Funde genauer, so sehen wir, dass ihre Anzahl nur
6 (mit den MUnzfunden 9) beträgt und dass von dieser kleinen Zahl ausser-
dem ein Fund, nämlich der Schwertriemenbügel ISe (Fund 84), nur eine
schwebende Datierung zulässt und etwa der Übergangszeit vom 3. zum 4.
Jahrhundert angehört (S. 261/262), während zwei andere Funde (22 u. 57)
wieder aus Gegenständen bestehen, die obwohl im 3. Jahrhundert (die Haken-
kreuzfibel 5?) oder vielleicht noch früher (das Krummmesser lag) verfertigt,
in Grabhügeln mit jüngeren Beigaben gelegen haben. Die Funde aus der ersten
Hälfte der jüngeren römischen Periode beschränken sich somit, streng genom-
men, auf die schon im 18. Jahrhundert gefundenen Goldreifen von Nousis
(Fund 16, 16a und 16b) und die römischen Münzen.
An und -für sich sind diese Funde von nicht geringem Interesse. Sie
zeugen jedenfalls von zunehmendem Luxus und lebhaftem Verkehr mit Skandi-
navien, in erster Linie wohl mit Uppland, wo massive goldene Hals- und Arm-
ringe mit Endplatten von den Typen der finnländischen in besonders grosser
Anzahl gefunden sind (S. 216 Anm. 1). Dass die kostbaren Ringe von Nousis,
die in jenen abgelegenen Zeilen gewiss einen noch bedeutend höheren Gold-
wert besessen haben wie heutzutage, zufälhgerweise nach Finnland verschlagen
worden sind, ist nicht wahrscheinlich. Wir werden im Gegenteil annehmen
dürfen, dass der Wohlstand im damaligen Finnland gross genug war um die
Vermögenden in den Stand zu setzen sich so wertvolle Schmuckstücke zu
verschaffen, und wollen zur Stütze der Ansicht, dass solche Goldringe hier
wirklich im Gebrauch gewesen, auf den Umstand hinweisen, dass die ein-
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DIE FINNLANDISCHEN FUNDE DER JOnGEREN RÖMISCHEN PE.RIODE. 345
heimischen Ringformen Fig. 24 — 26 und 8 h— lo, 9i, die in Funden des 4. und
5. Jahrhunderts auftreten, sich offenbar aus Reifen von den Typen der in
Finnland und Skandinavien gefundenen Goldringe mit Endplatten entwickelt
haben. — Auch die römischen Münzen können als Beweise dafür gelten,
dass die Bewohner Finnlands mit den Handelscentren der Ostseeländer rege
Verbindungen unterhalten haben, Verbindungen, die dann selbstverständlich
auch ihren Kulturstandpunkt beeinflusst haben müssen. Wenn ein paar dieser
Münzen sogar in den Waldeinöden des inneren Landes gefunden sind, so
dürfte daraus folgen, dass römisches Geld in einer grösseren Menge in die
Kulturgegenden Finnlands eingeführt worden ist, als man nach der kleinen
Zahl der jetzt bekannten Funde vermuten könnte.
Trotz der wertvollen Fingerzeige kultui^eschichtlicher Art, welche diese
Depotfunde importierter Gegenstände und die Münzfunde uns geben können,
dürfen wir natürlich von ihnen allein keine Antwort auf die uns hier beschäfti-
genden ethnographischen Fragen erwarten. Aber selbst wenn wir diesen
sichreren Funden des 3. Jahrhunderts die übrigen Gegenstände aus der Ko-
lumne 3 (Fund 22, 57, 84), welche alle ein skandinavisches Gepräge haben,
zugesellen wollten, würde der so gewonnene Zuschuss doch kaum gross genug
sein um uns zu dem Schluss zu berechtigen, dass die Bevölkerung der Kultur-
gegendcn Finnlands damals nur skandinavischen Stammes gewesen wäre und
die Einwanderung der Finnen erst später begonnen hätte. Zieht man nämlich
in Betracht, dass einzelne ostbaltische Gegenstände schon vor dieser Zeit nach
Finnland gelangt sind und dass die Funde des 4. Jahrhunderts ihrer eine be-
trächtliche Menge enthalten, so erscheint wenigstens die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, dass ihr Fehlen in den Funden des 3. Jahrhunderts auf Zufall
beruht. Die Entscheidung dieser Frage bedarf selbstverständlich eines grös-
seren Fundmateriales, als es uns jetzt zu Gebote steht.
Was nun den Funden des 4. Jahrhunderts ein so starkes ostbaltisches
Gepräge aufdrückt, sind in erster Linie einige im Ostbalticum einheimische
Fibelarten. Fibeln m. u. F. sind in mehreren Funden im Eigentlichen Finnland
und in Satakunta aufgetaucht; wir haben unter ihnen verschiedene ärmliche
und schlichte Typen wie die Fibeln 1 *— a, aber auch reicher ausgestattete
Stücke wie die mit einer Garnitur von geperltcn und gerieften Ringen ver-
sehenen Exemplare 2 1,3 und die Silberspange 2$, also eine gewisse Mannig-
faltigkeit der Formen kennen gelernt, welche zu bezeugen scheint, dass diese
. Fibelart in Finnland besonders beliebt war. Zwei echt livländische Sprossen-
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346 DIE FINNLANDISCHEN FUNDE DER JÜNGEREN RÖMISCHEN PERIODE.
fibeln (4«) sind bis nach Vörä in österbotten gelangt (S. 164); eine unver-
kennbar ostbaltische Form tritt uns auch in der Fibel mit Nadelscheide 8» von
Tyrvis-Roismala entgegen (S. 158); wenn nicht ostbaltischer Herkunft, so doch
ostbaltisch beeinflusst ist die österbottnische Fibel mit Nadelscheide 2* (S.
154); eine andere finnländische Lokalform, die offenbar auf eine ostbaltische Fibel-
form, nämlich eine Sprossenfibel wie das Exemplar von Ttlrsel Riga KatSse,
zurückweist, ist schliesslich die durch einen breiten Kopf und eine Fusssprosse
ausgezeichnete Spange von Letala 48 {S. 165). An diese Fibeln reihen sich
andere Schmuckgegenstände ostbaltischen Charakters, nämlich das Lunuia-
Anhängsel 7 i« von Kümo und die bronzenen und eisernen Ringnadeln mit
Schneckenende aus den Steinsetzungen von Bjerao-Lupaja und einigen
Grabhügeln in Satakunta 69—10, (S. 185, 187 f.); ostbaltischen Einfluss verraten
femer die ohne Zweifel einheimischen Armringe von den Typen lOi— «, die
in allen drei Kultui^ebieten aufgetreten sind (S. 223), und vielleicht auch der
W-förmige Kettenhalter 7u von Kümo (S. 203). Ostpreussische Produkte
sind wahrscheinlich die Bernsteinperlen aus den Steinsetzungen von Bjerno.
Fügen wir hierzu noch die eigentümlichen würfelförmigen Steine (14 k) aus den
Grabhügeln auf dem Köönikänmäki (Kümo) und bei Tervajoki (Lillkyro), die
Würfelsteinen aus esdändischen Funden zur Seite gestellt werden können, so
haben wir so ziemlich alle Gegenstände aus den hier berücksichtigten Funden
angeführt, von denen wir mit einiger Sicherheit annehmen können, dass sie
entweder aus dem Ostbalticum stammen oder wenigstens dem ostbaltischen
Kulturkreis angehören.
Diesen im Verhältnis zum Gesammtinventar recht zahlreichen Altertümern
steht eine entsprechende Menge von Erzeugnissen des skandinavischen, be-
ziehungsweise finnländisch-skandinavischen Kunstfleisses gegenüber. — Schmuck-
stücke, also Bestandteile der Volkstracht, machen einen nicht geringen Teil aach
der skandinavischen Altsachen aus. Ich erinnere hier nochmals an die Haken-
kreuzfibel 57 von Laiheia, die im 3. Jahrhundert verfertigt sein muss, aber zu
einem jüngeren Funde gehört hat und die wir weiter oben (S. 178) als eine
Zeugin norwegischen Einflusses, der über die südnorrländischen Landschaften
österbotten erreicht hat, charakterisiert haben. Von anderen Fibeln, an denen
wir mehr oder weniger deutlich einen skandinavischen Charakter erkennen
können, nenne ich die Scheibenfibel 56 von Lempäälä-Päivänierai und die
Armbrustfibeln 25— 7von Kümo, Laiheia und Lillkyro, von denen 2 « aus dem-
selben Grabhügel stammt wie die Hakenkreuzfibel (S. 154). Die defekten Be-
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DIE FINNLANDISCHEN FUNDE DER JONGEREN RÖMISCHEN PERIODE. 347
schlage von Letala (7 lo) haben wir gotländischen Riemenzungen zur Seite ge-
stellt (S. 200), die Arm- und Halsringe mit Endplatten Fig. 24— 26 und
8 H— 10 aus der Steinsetzung von Bjemo und den Funden von Nousis wieder von
den skandinavischen Goldringen vom Typus 8 7 und anderen verwandten For-
men hergeleitet {S. 213 f.). Unverkennbar ist der skandinavische Charakter der
Tierkopfschnalle 8ao von Nykyrko-PärkkÖ (S. 194). Von Skandinavien
aus hat sich der in so zahlreichen Exemplaren vertretene weberschiffförmige
Feuerschlagstein in Finnland eingebürgert. Von skandinavischem Geschmack
geprägt ist femer ein Teil der Waffen in den Funden dieser Zeit. Dies gilt in
erster Linie von den beiden Schwertscheidenbeschlägen oder Riemen-
bügeln von E^e-Fors und Birkala-Kehois 16« und 16h, dem Schwertgriff I64
und dem Ortband Ifii von Laihela-Jakkula, Formen, zu denen die skandina-
vischen Moorfunde zahlreiche Seitenstücke geliefert haben, dann wohl auch von
den Lanzenspitzen mit hohem und scharfem oder gerundetem Mittelgrat die auf
Tafel 17 abgebildet sind (S. 267), und von den flachen Schildbuckeln vonBjemo-
Lupaja (äSi). Sicher skandinavische Formen, 2 Lanzenspitzen, 304,6, und
2 Schildbuckel, 228, aus der Zeit um 400 n. Chr. enthält der Waffenfund
von Muurla-Äijälä; einer der dortigen Speertypen ist auch im Funde 30 von
Kumo-Köönikänmäki vertreten (21 7). Zu diesen jüngeren Waffen skandinavischen
Gepräges gesellt sich noch die Lanzenspitze 196 aus einem der Gräber von
Lempäälä-Päiväniemi, wie denn auch der mit ihr gefundene Riemenbeschlag 16 6
skandinavischen Exemplaren seiner Art genau entspricht (S. 256).
Ausser den soeben angeführten Altertümern ostbaltischen und skandina-
vischen Charakters, welche, es sei dies nochmals betont, nicht alle im Ost-
balticum und in Skandinavien verfertigt zu sein brauchen, sondern zum Teil
aus einheimischen finnländischen Werkstätten stammen können, finden sich in
den hier in Betracht kommenden Funden eine Menge Gegenstände, die sich
nicht mit Bestimmtheit einer der beiden obigen Rubriken unterordnen lassen.
Es sind dies teils solche Formen, die ungefähr gleichartig in allen nordischen
Ländern auftreten und überall heimisch sind, teils solche, die ohne Zweifel
aus Südeuropa stammen, obgleich der Weg, auf dem sie nach Finnland gelangt
sind, nicht genauer angegeben werden kann. Zu der ersteren Gruppe rechne
ich solche Schmuckstücke und Bestandteile der Tracht wie die eisernen Fibeln
mit Nadelscheide 28,», die einfachen Schnallen von den Typen ös— 13, die
Nadeln 61, die Halsringe von den Typen 03,4, die röhrenförmigen Perlen
aus spiralförmig aufgewundenem Bronzedraht 82,3 die Riemenzungen 7?,
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348 DIE kinnlAndischen kunue uer jDngeren römischen perioue.
femer solche Toiletten- und Hausgeräte wie die Pinzetten 11 u— l«, die
Schere 11 20, ein Messer, Wetzsteine u. s, w. Der zweiten Gruppe wür-
den nur die Glasperlen (Jea-e, g— j) angehören.
Aber nicht bloss an den Beigaben der Gräber, sondern auch an diesen
selbst, an ihrer Konstruktion und Anlage, haben wir die Spuren von Kultur-
strömungen aus beiden Nachbar^ebieten feststellen können: die niedrigen, aus
Erde, Steinen und Schutt aufgeführten, grasbewachsenen Grabhügel, die
hauptsächlich in den südlicheren Landschaften vorkommen, sowie die nackten
Österbottnischen Steinhügelgräber haben wir als Grabanlagen schwedischen
Charakters kennen gelernt, während eine Musterung der Steinsetzungen
von Tenala und Bjemo uns ihre Ähnlichkeit mit den bekannten baltischen Stein-
reihenbrandgräbem gezeigt hat
Fragt man welche von den beiden Kultureinflüssen in den finnländischen
Funden der jüngeren römischen Periode stärker zum Ausdruck kommt,
so wird man wohl im ganzen dem vielseitiger repräsentierten skandinavischen
Element den Vortritt lassen müssen. Ein Überwiegen der Altertümer skandi-
navischen Gepr^es kann indessen nur natürlich erscheinen, wenn man in
Betracht zieht, dass nach allen Anzeichen zu schliessen (vergl. S. 13/14)
die skandinavische Bevölkerung in den Kulturgegenden Finnlands die zeit-
liche Priorität gehabt und die Einwanderung aus dem Ostbalticum erst in der
älteren Eisenzeit begonnen hat. Dass aber die ostbaltischen Altsachen keinen
geringen Bruchteil der Funde jener Zeit ausmachen, dürfte aus der obigen
Zusammenstellung derselben deutlich hervorgegangen sein. Diese ihre ver-
hältnismässig grosse Anzahl und der Umstand, dass sich unter ihnen viele
Fibeln und andere zur weiblichen Tracht gehörende Gegenstände befinden,
lassen meiner Ansicht nach kaum einen Zweifel daran aufkommen, dass ein
Teil der Bevölkerung im 4. Jahrhundert aus dem Ostbalticum stammte. Die
Fr^e, ob die Einwanderung aus diesem Gebiet erst damals oder schon früher
begonnen hat, haben wir oben als unlösbar bezeichnet, solange das Fund-
material aus der älteren römischen Periode und dem Anfang der jüngeren nicht
beträchtlich angewachsen ist. Wir begnügen uns daher vorläufig auf einige Um-
stände hinzuweisen, die mit der Verbreitung der ostbaltischen Altertümer in
Finnland während der jüngeren römischen Periode zusammenhängen und von
der Beschaffenheit sind, dass sie zu einer zukünftigen Lösung dieser Frage
beitragen könnten. Die Musterung der genannten Altsachen hat uns nämlich
gezeigt, dass sie nicht nur im Eigentlichen Finnland, dem Estland zunächst
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DIE FINNLAND ISCHEN KUNDE DES r,. JAHRHUNDERTS. 349
liegenden Kutturgebiet, sondern auch landeinwärts längs dem Kumofluss bis
nuch Tyrvis und st^ar im Tale des Kyröflusses in dem noch entfernteren
österbotten gefunden worden sind und dass sie und die Altertümer skandi-
navischen Charakters innerhalb dieser drei Gebiete nicht als gesonderte Grup-
pen in verschiedenen Gegenden auftreten, sondern im Gegenteil gemeinsam
in den nämlichen Gräberfeldern, ja zuweilen in demselben Grabe vorkommen.
Obgleich es nun nicht unmöglich wäre, dass aus dem Ostbalticum auswandernde
Scharen sich gleichzeitig nach allen drei Kulturgebieten gewandt hätten, so
besteht doch vielleicht eine grössere Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie sich
zuerst an der SudwestkOste (dem Eigentlichen Finnland) niedergelassen haben
und dass Satakunta und Österbotten etwas später, sei es von dort, sei es direkt
vom Ostbalticum aus besiedelt worden sind. Treffen wir nun im 4. Jahr-
hundert Spuren ostbaltischer Bevölkerung im Kumotale und in österbotten an,
so könnten wir darin eine Andeutung sehen, dass die ersten Anfänge der ost-
baltischen Immigration weiter zurückliegen Die Entstehung einer skandinavisch-
ostbaltischen Mischkultur scheint mir wieder am ehesten ein friedliches Neben-
einanderwohnen beider Volkselemente vorauszusetzen und eine rasche Er-
oberung der Kulturgebiete, eine gewaltsame Verdrängung der Skandinavier
durch die aus dem Ostbalticum kommenden Finnen auszuschliessen. Auch
sie deutet also auf eine langsame Einwanderung hin, die vielleicht schon einige
Zeit vorher begonnen hat.
Das Bild einer skandinavisch-ostbaltiscben Mischkultur spiegeln auch die
jüngsten Funde, mit denen wir uns hier beschäftigen müssen, wieder. Aller-
dings kann es uns bei einer Musterung dieser Altertümer vorkommen, als ob
das skandinavische Element untei- ihnen stärker vertreten wäre wie das ost-
baltische, obgleich wir im Hinblick auf den späteren Gang der Entwicklung
eher das Gegenteil erwarten würden.
Skandinavisch sind die Formen der Schmucknadeln 6b 7, die in allen
Kulturgebieten gefunden sind (Fund 2: Tenala, 36: Kümo, 54: Malaks, 59: Lill-
kyro), ebenso die Armbrustfibel mit Nadelscheide 8 1 von Urdiala (S. 156/157)
und die gleicharmigen Fibeln 6i— ö aus österbottnischen Fundstätten (Fund
54, 55, 57,59,63). Skandinavischen Einfluss verraten der hohle Halsring
9» von Malaks (Fund 55, S. 219 f.), der Halsring mit Endplatten 9 1 von Lill-
kyro (Fund 61, S. 214 f.) und einige Fingerringe wie 11 9,11 von Kümo und
Lillkyro (Fund 29, 65), während die geschlossenen goldenen Fingerringe 4i
(an der Fibel hängend) und Hs von Lillkyro (Fund 61, 62) ohne Zweifel skandi-
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350 DIE FINNLAND ISCHEN FUNDE DES 5. JAHRHUNDERTS.
navische Importstücke darstellen. Andere Bestandteile skandinavischer Volkstracht
sind Schliessen wie 7 i, die ebenfalls in österbottnischen Gräbern (Fund 59,61)
zum Vorschein gekommen sind, und die hutförmigen Beschläge 7ö von
Lillkyro (59), welche letztere aber erst in das 6. Jahrhundert gehören. Den
Schmuckgegenständen stehen einige Waffen und Waffenteile skandina-
vischen Charakters zur Seite, so die Lanzenspitzen 17* von Masku (Fund 15)
und die Schwertknäufe 16» und I63 von Malaks und Lillkyro (Fund 54, 61),
vielleicht auch die Lanzenspitze Fig. 71 von Kumo-Forsby (Fund 38), welche
oben mit südgermanischen Lanzen der Völkerwanderungszeit verglichen worden
ist. Der gewiss sehr lebhafte Handel mit Skandinavien wird das Stück Ring-
goldes II I« aus dem Funde 59 von Lillkyro-PerkiÖ nach Finnland gebracht
haben. Einen skandinavischen Kultureinfluss haben wir schon oben an den
Formen der Grabhügel und Steinhügelgräber, welche nach wie vor
benutzt wurden, erkannt.
Sichtlich geringer ist die Anzahl der Fundstücke ostbaltischen Gepräges.
Zu ihnen gehören zunächst die in österbotten und Tavastland gefundenen
Armbrustfibeln mit schaufeiförmiger Fussscheibe von den Typen 85,
d e und 4 1 (Fund 50, 53, 61 ), die, vielleicht mit Ausnahme von 3 e (vergl. S. 1 62),
aus dem Ostbalticum eingeführt sind. Echt ostbaltischer Herkunft ist auch der
Kettenhalter 7 i» von Nousis (Fund 18), der einigen Haltern des berühmten
Daumer Gräberfeldes entspricht (S. 204). Die originelle Schnalle 618 von
Lillkyro-PerkiÖ (Fund 59) ist oben (S. 195) als eine ostbaltische Form der
Periode E, die unter südgermanischer Beeinflussung entstanden ist, bezeichnet
worden; sie und die Schnalle 614 (Fund 54), welche aus Süd- oder Central-
russland stammen dürfte (S. 193), werden von ostbaltischen Einwanderern nach
Finnland gebracht worden sein, Schmuckstücke, die wahrscheinlich in Finn-
land gearbeitet sind, an denen wir aber Spuren ostbaltischer Geschmacks-
richtungerkennen können, besitzen wir in der Schnalle mit Kreuzteil 6 in von
Lillkyro (Fund 59, S. 196), den Armringen von Typen lOe,»,«, 11 1 vielleicht
auch in den Spiralfingerringen wie ll4,6,K. Dass die viereckige Stein-
setzung von Tenala (Fund 2), die in diese Periode gehört, eine Grabanlage ostbal-
tischen Charakters ist, haben wir wiederholt zu erwähnen Gelegenheit gefunden.
Die Zeugen ostbaltischen Kultureinflusses beschränken sich aber nicht
auf die soeben angeführten Gegenstände und Grabformen; es gesellt sich zu
ihnen die höchst interessante Gruppe von Fibeln, welche wir oben (S. 166 f.)
als Kompromissformen zwischen skandinavischen und ostbaltischen Fibelarten
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DIE ÖSTERBOTTNISCHEN FUNDE URALISCHEN CHARAKTERS. 351
bezeichnet haben, nämlich die Fibeln mit ösennadel, kurzem Nadelhalter
und geradem oder breitem Fuss von den Typen 44— 4 s {4«) und solche Arm-
brustfibeln wie 32- Schmuckformen wie diese, an welchen charakteristische
Eigenschaften skandinavischer und ostbaltischer Fibeln zum Ausdruck kommen,
sind es gerade, deren Entstehung man in einem Lande erwarten würde, dessen
Bevölkerung aus skandinavischen und ostbaitischen Elementen zusammengesetzt
war. Sie sind uns Beweise dafür, dass die ostbaltischen Finnen selbst in dem
entfernter liegenden österbotten, wo die grosse Mehrzahl dieser Fibeln ge-
funden ist, ihre Eigenart neben der älteren skandinavischen Bevölkerung rasch
geltend gemacht haben. Als finnländische Lokalformen, die in diesen Zeiten
der beginnenden Verschmelzung der beiden Volkselemente entstanden sind,
dürfen wir vielleicht auch Schnallen wie 617 und 61» und Pinzetten
wie II 17 auffassen.
Wenn eine einheimische Waffenindustrie in Finnland nicht schon vor dieser
Zeit existiert hat, so müsste sie damals entstanden sein. Unter den Schwer-
tern, Lanzenspitzen und Schildbuckeln, mit denen wir es hier zu tun
haben, finden sich nämlich Typen, deren finnländischer Ursprung teils sehr
wahrscheinlich ist, teils ausser jedem Zweifel steht. Ich erinnere hier an den
bemerkenswerten Umstand, dass einige der finnländischen Schwerter sich im
Verhältnis der Griff- zur Klingeniänge von den skandinavischen unterschei-
den (S. 258, Anm. 1 u, S. 262), und verweise auf Eigentümlichkeiten, den
langen Hals und die lange, schmale Klinge, solcher Lanzenspitzen wie 18->— 18:i,
19 1, SI 10, sowie auf solche Typen von Schildbuckeln wie 23« und die aller-
dings jüngeren Buckel wie Fig. 178, welche für Finnland besonders charakte-
ristisch sind. Wenn sich auch alle diese Formen auf germanische Waffen-
typen zurückführen lassen, so ist ihre Entwicklung doch in Finnland vor sich
gegangen (S. 270, 272 oben, 274, 280 0-
Während die skandinavischen und ostbaltischen Altsachen trotz aller
Verschiedenheit einander nahe verwandt sind und sich vielfach aus denselben
Grundformen entwickelt haben, treten uns in einigen österbottnischen Funden
durchaus fremdartige Gegenstände aus einem Östlicheren Kulturkreise entgegen.
Die Funde, auf die ich hier anspiele, sind die unter 85 und 86 beschriebenen
Grabfunde von Fors und von der Insel Storholmen im Kirchspiel Esse, von
denen der erstere den Armring lOio, den U-förmigen Gegenstand
Fig. 103 und die durchbrochene Hängezierde 81 enthalten hat, während
zu dem letzteren das glockenförmige Anhängsel 7ih und der King
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352 VERBINDUNGEN ZWISCHEN NORDFINNLAND UND OSTRUSSLAND.
F^, 104 gehören. Der Ursprung dieser Schmuckstücke lässt sich mit Sicherheit
feststellen: wir haben gefunden, dass sie aus der Uralgegend oder, wie viel-
leicht der Armring 10 lo, aus Centralrussland stammen. Was ihre Datierung
betrifft, so haben wir aus gewissen, oben (S. 206) angegebenen Gründen die
Hängezierde 8i in die Periode E gesetzt, die Frage nach dem Alter des
Fundes von Esse — Storholmen aber offen gelassen (S. 205).
Sind nun diese Erzeugnisse uralischer Kultur von Finnen bei ihrer Ein-
wanderung aus dem Ostbalticum nach österbotten gebracht worden oder sind
sie auf einem anderen Wege dorthin gelangt? Für die erstere Alternative
spricht der Umstand, dass die ostbaltischen Länder nach dem Ausweis zahl-
reicher Funde schon in der älteren Eisenzeit in sehr lebhafter Verbindung mit
Centralrussland und wohl auch mit der Uralgegend gestanden haben. Trotz-
dem halte ich es für wahrscheinlicher, dass unsere Schmuckstücke nicht von
Süden her, sondern über das heutige Russische Karelen und längs einem der
nordösterbottnischen Flusstäler an die Küste des Bottnischen Meerbusens
gebracht worden sind. Funde von anglosächsischen und deutschen mittel-
alterlichen Münzen, nordischem und orientalischem Silberschmuck, skandina-
vischen Schildkrötenfibeln und Gegenständen „permischer" Herkunft '), welche
hier und da im nördlichen Österbotten bis hinauf nach Kuolajärvi im finnischen
Lappland angetroffen sind, scheinen nämlich anzudeuten, dass wenigstens in
der jüngeren Eisenzeit und im beginnenden Mittelalter die von Lappen
bewohnten Waldeinöden des nördlichen Finnland das Durchgangsgebiet eines
vielleicht recht lebhaften Handels zwischen den Bewohnern Nordskandinaviens
und Finnlands und den Völkern in Nord- und Ostrussland bildeten. Dieselben
Gegenden waren ja auch Jahrhunderte lang der Schauplatz der Kämpfe
zwischen Norwegern, Quänen, Kareliern und Russen, die sich gegenseitig die
Lappenschatzung streitig machten. Dass diese feindlichen Zusammenstösse
mindestens schon im 9. Jahrhundert begonnen haben, geht aus der Beschrei-
bung des Rachezuges hervor, den der Kvänenkönig Faravid und der Norweger
Thorolf im J. 874 gegen die Karelier — nach allen Anzeichen zu schliessen
handelt es sich hier um die Bewohner des Russischen Karelen — unternahmen
(Egil Skallagrimssons Sage). In den beiden Funden von Esse glaube ich nun
•) Vergl. Aspelin 1656 tä72; Hj. Appelgren, Muinaisjäinnöksift ja larinoita Kemin
kihlakunnan itSisissä osissa. FFT V, 1882, S. 35 f.; A. H. Snellman, Oulun kihlakunta,
FFT IX, 1887, S. 41 f.; W. Lagus, Om raynl funna i finsk jord, Bidrag t. kannedoni etc.
H. 60, S. 81, 236; Atlas öfver Finland, Karte 31; S. 316 Anm. 2 hier.
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CHARAKTER DER FINNISCHEN EINWANDERUNG. 353
die Beweise für einen noch früheren Verkehr zwischen Finnland und den ost-
finnischen Stämmen längs dem oben angedeuteten nördlichen Wege sehen
zu dflrfen und möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass drei der in
der Einleitung zu diesem Buche beschriebenen Funde von Gussformen und
Hohlcelten „permischen" Charakters, welche schon für das letzte halbe Jahr-
tausend V. Chr. Verbindungen mit Ostrussland bezeugen, in österbottnischen
Flusstälem angetroffen sind, nämlich einer in der Nähe des Tomeätales und
zwei andere im Tale des Uleäälf, der im Verein mit dem Kemiflusse im Rus-
sischen Karelen eine beinahe ununterbrochene Wasserstrasse zwischen dem
Bottnischen Meerbusen und dem Weissen Meer bildet. In Nordrussland muss
dieser uralte, bis in die Bronzezeit hinaufreichende Handelsverkehr zwischen
Nord- und Osteuropa sich längs der Dwina, Kama, Wjatka und deren Neben-
flüssen bewegt haben.
Das Studium der fmnländischen Funde aus den 5 ersten Jahrhunderten
n. Chr. hat uns somit gezeigt, dass die Einwanderung der finnischen Stämme
in die westlichen Kulturgebiete unseres Landes mindestens schon im 4. Jahr-
hundert, vielleicht aber noch früher begonnen hatte und dass diese Einwande-
rung im ganzen einen friedlichen" Charakter besass. Es kann uns allerdings
sonderbar erscheinen, dass die Finnen sich in Gegenden niederliessen, die
schon vor ihrer Ankunft bewohnt waren, und dass sie nicht zuerst die Estland
gegenüberliegende nyländische^ Küste, 'welche nach der Bronzezeit von der
germanischen Bevölkerung geräumt worden war, kolonisiert haben. Für diese
eigentümliche Tatsache ist es schwer eine zufriedenstellende Erklärung zu
finden. Höchstens könnte die Beschaffenheit der nyländischen Ktlste uns eine
Andeutung zur Lösung des^ Rätsels geben. Diese Küste ist nämlich im ganzen
offener und wäre daher in jenen unruhigen Zeiten den Angriffen von der See
aus mehr ausgesetzt gewesen als die durch einen grösseren Archipel geschützten
Küstenstriche des Eigentlichen Finnland und des österbottnischen Kulturcen-
trums. Aus demselben Grunde mag auch die noch offenere Küste von Sata-
kunta damals von den finnischen Kolonisten gemieden worden sein. Was
wieder die drei Kulturgegenden ^betrifft,' welche das Ziel der Einwanderungen
bildeten, so werden sie damals so dünn besiedelt gewesen sein, dass die neuen
Ankömmlinge sich zwischen den früheren Einwohnern niederlassen konnten
ohne dieselben aus ihren Sitzen verdrängen zu brauchen und ohne auf stär-
keren bewaffneten Widerstand zu stossen. Freilich, ganz ohne Kampf mag
Google
354 CHARAKTER DER FINNISCHEN EINWANDERUNG.
die Ausbreitung der Finnen nicht vor sich gegangen sein. Die grosse Zahl
der Waffen in den finnländischen Funden der Völkerwanderungszeit lässt
wenigstens auf ausgefochtene Fehden schliessen, Fehden, die natürlich nicht
bloss zwischen Schweden und Finnen, sondern auch zwischen finnischen Stamm-
verbänden untereinander geführt^sein werden.
Keineswegs lässt sich aber die finnische Kolonisation als eine rasche,
gewaltsame Eroberung des Landes charakterisieren. Die Auswanderung aus dem
Ostbalticum muss vielmehr langsam, im Verlauf mehrerer Jahrhunderte, viel-
leicht mit langen Intervallen vor sich gegangen sein. Ja, nach dem Ausweis
der Funde scheinen noch in der jüngeren Eisenzeit, d. h. nach 700, finnische
Volkselemente aus dem Ostbalticum in Finnland eingetroffen zu sein. Nicht
stammweise, wie man bisher angenommen hat, sondern truppwebe, in ein-
zelnen, bald grösseren, bald kleineren Scharen werden demnach die Finnen
die alte Heimat verlassen haben um jenseits des Meerbusens neue Wohnsitze
aufzusuchen. So ist noch während der Eisenzeit ihre Zahl in den alten Kultur-
gebieten Finnlands allmählich immer mehr angewachsen, bis sie, die an Kultur
der älteren Bevölkerung nicht überlegen waren, durch ihre Mei^e über die-
selbe die Oberhand gewannen und sie zuletzt, vielleicht mit Ausnahme einiger
unbedeutenden Reste, gänzlich absorbierten.
Wenn die Art der finnischen Einwanderung in den obigen kurzen An-
deutungen richtig charakterisiert worden ist, so muss auch die Frage nach den
Grundursachen derselben in etwas anderer Weise aufgefasst werden, als es
von Aspelin und Thomsen geschehen ist. Wir erinnern uns, dass beide Forscher
die Wanderungen der finnischen Stämme und ihr Erscheinen in den baltischen
Provinzen und Finnland mit der Ausbreitung der Slawen bis zimi Ilmensee in
Verbindung gebracht haben. Aus einem Studium der ostbaltischen Altertümer,
dessen Resultate ich oben kurz angegeben habe, ist mir aber die Überzeugung
erwachsen, dass es nicht erst, wie Aspelin und Thomsen wollen, das Vor-
dringen der Slawen gewesen ist, welche zu einer Besetzimg Estlands und Liv-
lands durch die Finnen geführt hat. Die archäologischen Verhältnisse dieser
Landschaften bezeugen nämlich, wie weiter oben (S. 336) ausgeführt worden,
keineswegs einen Wechsel der Bevölkerung, eine Vertreibung der dortigen
Germanen durch einwandernde Finnen, welche nach Aspelin um 400 stattge-
funden haben soll. Ebensowenig lassen sie die Annahme zu, dass die Finnen
erst im 5. — 6. Jahrhundert sich dort niedergelassen hätten (Thomsen). Im
Gegenteil, manche Anzeichen sprechen dafUr, dass die baltischen Provinzen
»Google
VERMUTLICHE URSACHE DER FINNISCHEN WANDERUNGEN. 355
schon am Anfang unserer Zeitrechnui^ neben einer germanischen eine fin-
nische und litauische Bevölkerung gehabt haben. Sollte nun der slawische
Verstoss nach Nordost eine Veränderung in den ethnographischen Verhältnissen
des Ostbalticum verursacht haben, so muss diese Veränderung von verhältnis-
mässig geringerem Umfang und derart gewesen sein, dass sie sich der nach-
träglichen Beobachtung entzieht. Es liesse sich z. B. denken, dass infolge der
slawischen Wanderungen litauische Stämme im Südosten des Balticum nord-
wärts gegen die Sitze der Finnen gedrängt worden sind und dort den Anstoss
zu einer partiellen Emigration gegeben haben. Bei der grossen Ähnlichkeit
der litauischen Kultur mit der finnischen könnte eine solche Verschiebung der
ethnographischen Grenzen innerhalb des Ostbalticum vor sich gegangen sein
ohne in den Funden aus dieser Zeit zum Ausdruck zu kommen. Diese H3rpo-
tbese gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man in Betracht zieht, dass die
Litauer frtlher erwiesenermassen viel weiter nach Osten gewohnt haben wie
heute (noch im 12. Jahrhundert werden Reste eines litauischen Stammes im
Gouv. Kaluga erwähnt) ') und dass die Slawen bei ihrem Vordringen nach Nord-
osten auf eine Kette litauischer Stämme gestossen sein müssen. Nach P. Miljukow
begann die Wanderung der Slawen aus ihren alten Sitzen zwischen dem
Niemen, den Karpaten, der oberen Weichsel und dem mittleren Dnjepr im 3.
Jahrhundert und führte etwa im 5.-7. Jahrhundert, eher vor als nach dieser
Periode, zum Durchbruch durch die Sitze der Litauer im Quellengebiet des
Dnjepr.") Würden nun diese slawisch-litauischen Völkerbewegungen, was
wohl nicht unmöglich wäre, schon in das 4. Jahrhundert, oder in dieselbe Zeit
fallen, während welcher nach Montelius' und Salins überzeugender Beweis-
') P. Miljukow, Oiepu no leropiii pyccBcil RjnTypu I, S. Petersburg 1904, S. 43; V, Thomsen,
ßeröringer mellem de finäke og de baltiske (IJtauisk-lettiske) Sprog, 1890, S. 37. — Die Funde
der Volker wand erungszeit in Central russland und im Ostbalticum bezeugen Qberaus lebhafte
Beziehungen zwischen den beiden Gebieten.
^ P. Miljukow, I. c, S. 43. Miljukow nimmt allerdingä an, dass die Slawen in dieser
Gegend durch die Litauer hindurch auf die Finnen, welche sich damals soweit westlich aus-
gebreitet hätten, gestossen wären und dass gerade diese finnischen Stamme, von den Slawen
bedrangt, sich um 600 im nordwestlicher Richtung in Bewegung gesetzt hatten und nach den
Ostseeprovinzen und Finnland gewandert wären, wo sie um 800 sich dauernd festgesetzt
hätten. In diesem Punkte muss ich Miljukow widersprechen. Nicht die Ostseefinnen, son-
dern andere verwandte Stämme werden zu jener Zeit an den Quellen des Djepr, der Oka
und der Wolga gesessen haben.
dby Google
356 sodgeruanischer einfluss ih norden.
führung andere slawische Stämme sich über die norddeutsche Ebene ausbreiten, ')
so würden sie auch zeitlich mit der Einwanderung finnischer Volkselemente
nach Finnland, für welche wir an unseren Funden aus dem 4. Jahrhundert
zum ersten Male zahlreichere Belege besitzen, in Verbindui^ gebracht werden
können und zwischen der beginnenden finnischen Emigration aus dem Ostbat-
ticum und dem nordöstlichen Vordringen der Slawen wäre wenigstens .ein in-
direkter Kausalzusammenhang gefunden. Zukünftige archäol<^ische Forschungen,
die vor allem das Gebiet zwischen dem Ostbalticum und Centrairussland zu
berücksichtigen hätten,") werden zeigen, ob diese Hypothese haltbar ist.
Ungefähr gleichzeitig mit dem Beginn der finnischen Wanderungen lässt
sich mit Hülfe nordischer und mitteleuropäischer Funde eine andere nordwärts
gerichtete Völkerbewegung feststellen, die wir hier in Kürze erwähnen müssen,
weil ihre Wirkungen sich bis nach Gegenden im skandinavischen Norden, mit
denen Finnland in besonders lebhaftem Verkehr gestanden hat, erstreckt und
daher in kultureller Beziehung auch unser Land beeinflusst haben. Im vor-
hergehenden haben wir oft Gelegenheit gefunden auf den Kulturstrom hinzu-
weisen, welcher ungefähr seit dem Abschluss der Markomannenkriege von dem
germanischen Gebieten nordwestlich vom Pontus au^ng und über Ungarn,
Galizien und Polen Massen von römischen Silbermünzen und neue Formen von
Schmuckstücken wie Fibeln m. u. F., Halsringe mit Öse und Haken, Lunula-
Anhängsel und anderes mehr hauptsächlich nach Ostdeutschland und dem
östlichen Skandinavien hinaufbrachte. Die damals angeknüpften Verbindungen
zwischen dem germanischen Norden und den Südosl|[ermanen, die unter klas-
sischem Einfluss eine neue Kultur ausgebildet hatten, waren für die Entwick-
lung der nordischen Kunstindustrie von grosser Bedeutui^, wie die eigentüm-
liche Mischung barbarischer und klassischer Geschmacksrichtung, welche uns
an den Erzei^nissen derselben auffällt, beweist.
Sahn, der zuletzt diese interessante Erscheinung zum Gegenstand einer
eingehenden Untersuchung gemacht hat, zeigt in seinem grossen Werke über
') Montelius, Die Einwanderung der Slawen in Norddeutschland, Correspondenzblatt d.
deutsch. Ges. f. Anthrop., Ethnol. u. Urgeschichte 1899, S. 127 f.; Salin, S. 137 f.
') Bisher ist die Altere Eisenzeit dieses Gebietes oder der Guvemements Nowgorod,
Psicow und der Östlichen Hälfte von Witebsk teils gar nicht, teils sehr wenig bekannt. Vergl.
A. Spitzin, Otoptti« rtsoropurb iTtepiii a otuanB Poccia m. apieoiaraiecHnii oraomaia, Sanacsa
H. Pjoeat. Apieoj. 0«^. IX 1-2, 1897, S. 237 f.
)y Google
SOOGERH AN ISCHE EINWANDERUNG NACH SKANRINAVIEN. 357
die altgermanische Tieromamentik, dass im 4. Jahrhundert ein etwas west-
licherer Zweig dieses Kulturstromes, dessen Weg hauptsächhch durch Funde
von kostbaren, mit gepresstem und vergoldetem Silberblech und eingefassten
Glasflüssen verzierten Fibeln (Salin Fig. 17, 18, 21, 93—103} bezeichnet wird,
über das Oder- und Eibgebiet, die dänischen Inseln und Westschweden bis
nach Norwegen hinaufgedrungen ist. ')
Wir können Salin nur beipflichten, wenn er diese Fibeln als Zeugen
einer vom Südosten kommenden Kunstrichtung mit anderen auffallenden archäo-
If^schen Erscheinungen, wie dem plötzlichen Auftreten gewisser Bestattungs-
gebräuche in Skandinavien, welche mit den in gleichzeitigen norddeutschen
Gräbern beobachteten übereinstimmen, und dem eigentümlichen Charakter der
grossen nordischen Moorfunde, die offenbar als Erinnerungen an heftige Kämpfe
aufzufassen sind, zusammenstellt und dabei zu dem Schluss kommt, dass diese
Kulturströmung zugleich eine Völkerbewegung, eine Einwanderung südgerma-
nischer Volkselemente nach gewissen Teilen Skandinaviens gewesen sein muss,
eine Bewegung, die allerdings nicht denselben grossartigen Charakter wie die
Einfälle der germanischen Völkerverbände in die Provinzen des römischen
Reiches gehabt haben kann, sondern eher in Wanderungen kleinerer, langsam
und allmählich nordwärts dringender Scharen bestanden hat.
Um die Mitte oder schon in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts scheint
eine Stockung in den Verbindungen zwischen Sudrassland und dem skandina-
vischen Norden einzutreten. In dieser Zeit beginnt nämlich in Norddeutschland
die lange Periode, die durch einen auffallenden Mangel an Altertumsfunden
ausgezeichnet ist^ und zwar ist es sehr bemerkenswert, dass diese dunkle
Periode im Osten des Gebietes eher anbricht als in den westlicher belegenen
Teilen. Ohne Zweifel steht das allmähliche Verschwinden der germanischen
Altertümer mit dem Vordringen der Slawen im Zusammenhang und recht
glaubwürdig scheint mir Salins Annahme, dass die Reste der durch Massen-
emigration geschwächten germanischen Bevölkerung nicht freiwillig auswan-
derten, sondern von den Slawen mit Gewalt zum Räumen ihrer Sitze gezwungen
wurden, wobei ein Teil derselben, wie die Geschichte uns lehrt, nach England
und nach Süden zog, ein anderer Teil aber nach dem Zeugnis der Alter-
tumsfunde sich nach Norden gewandt haben muss. Für uns hat diese letztere
Völkerbewegung ein spezielles Interesse, weil ihre Spuren sich bis nach dem
1) Salin, S. 136-139, 142—144, 353,
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3SB AUFSCHWUNG DER NORRISCHEN KUNSTINDUSTRrE.
nahen Uppland verfolgen lassen (der Fund von Litslena im Ksp. Tibble) *)
und ein .Zeuge der damals aufgekommenen neuen Geschmacksrichtui^, die
Hakenkreuzfibel 5? von Laiheia, wahrscheinlich von Norwegen aus über das
schwedische Norrland nach österbotten versprengt worden ist.
Die Züge grösserer oder kleinerer südosl^ermanischer Scharen aus dem
Pontus und Donaugebiet nach dem Norden waren die Vorläufer der gewaltigen
Völkerwanderungen, die sich seit dem Ende des 4. Jahrhunderts aus demselben
Gebiet über Westeuropa und die Mittelmeerländer ergossen. Unter den Stürmen
der wildbewegten Zeit brach das weströmische Reich zusammen und nur der
Östliche Teil des alten Imperium hielt dem Anprall der Barbaren Stand und
verblieb für das südöstliche Europa ein Kutturcentrum, dessen Verbindungen sich
auch nach dem Norden erstreckten, hier aber auf das germanische Kunstge-
werbe keinen stärkeren Einfluss ausübten. Im Westen sind die Germanen das
führende Element, die dominierende Rolle der römischen Kultur ist zu Ende.
Auf germanischem Boden bildet sich jetzt, von einzelnen klassischen Motiven
ausgehend, dieselben aber in selbstständiger und freier Weise umbildend, der
echt germanische Kunststil der Tieromamentik aus, welcher in den nordischen
Ländern seine schönste und reichste Entwicklung erfährt, eine Entwicklung,
die auch in anderen Beziehungen von einem kräftigen Aufblühen der nor-
dischen Kunstindustrie begleitet ist. Nicht ohne Einfluss auf diesen Aufschwui^
mag der reiche Goldstrom gewesen sein, der sich in jener Zeit hauptsächlich
durch Ungarn und Polen und längs der Weichsel über den skandinavischen
Norden ergiesst und seine Quellen in den ungeheuren Schätzen des Römer-
reiches, die jetzt den Germanen in die Hände fallen, und den enormen Ab-
gaben hat, welche die oströmischen Kaiser an die Goten an der Donau ent-
richten müssen um ihre Länder vor deren Plünderungen zu bewahren. Welche
Massen Goldes damals nach Skandinavien eingeführt worden sind, davon legt
die stets sich mehrende Zahl der Funde von kostbarem, zum grössten Teil
im Norden gearbeitetem Schmuck, von Goldbarren, Rin^old, Goldmünzen und
Brakteaten ein beredtes Zeugnis ab.
Finnland steht abseits von diesem mächtigen Aufschwung der germa-
nischen Welt An der Entwicklung und Ausbildung der germanischen Tier-
Ornamentik nimmt es so gut wie keinen Anteil, denn die wenigen, mit diesem
Ornament verzierten Gegenstände, die wir bisher, hauptsächlich aus öster-
1) Salin, £tt jemJddersfynd frän Uppland, Mänadsblad 1896, S. 28 f.
Digilized hy VjOOQIC
FINNLAND IN DER VÖLKERWANDERUNGSZEIT. ^9
bottnischen Gräbern, besitzen, werden eher als schwedische ImportstUcke denn
als einheimische Arbeiten anzusehen sein. Darauf deutet wenigstens die spä-
tere Entwicklung der finnländischen Ornamentik, die einen anderen Verlauf
nimmt, zu anderen Formen führt wie die der skandinavischen. Auch von den
Reichtümern, die damals nach Skandinavien flössen, sind nur geringe Brocken
nach Finnland gekommen. Halten wir uns an die oben beschriebenen Funde
des 5. Jahrhunderts, so können wir von Schmuckstücken aus edleren Metallen
nur auf ein paar goldene Fii^errii^e, ein kleines Stück Ringgoldes und, wenn
wir so wollen, auf den Silberbelag der Fibel 4| hinweisen. {Die prächtige sil-
berne Fibel 2 3 aus der Periode D gehört vielleicht schon in das 4. Jahrhundert)
Auch was an kostbaren Gegenständen aus späteren, hier noch nicht berück-
sichtigten Funden (des 6. Jahrhunderts) vorliegt, reicht weder quantitativ noch
qualitativ entfernt an die skandinavischen Schätze heran. Die Ursachen dieser
Erscheinung liegen selbstverständlich zum guten Teil an der kargen Natur und
der abgeschiedenen Lage des Landes, die schon in den älteren Perioden einer
reicheren Entwicklung hinderlich gewesen sind. Ausserdem müssen aber noch
andere Ursachen eingewirkt haben, die vor allem in der ethnographischen
Zusammensetzung der Bevölkerung zu suchen sind. Doch um einen besseren
Einblick in diese Verhältnisse zu gewinnen, wäre es nötig auch die Funde des
6. und 7. Jahrhunderts einer genaueren Prüfung zu unterwerfen, eine Aufgabe,
an die wir im zweiten Teile dieser Arbeit gehen wollen.
dby Google
ANHANG I.
BESTimniNG BnnoER khochehtbile ADS DER sTEiNSETZDNO g AOF DEii TüKKnnnna-
HDOEL bei LDPAJA, KIRCHSPIEL BJERNO (FUND 6).
Mit Sicherheit haben unter anderen folgende menschliclie Knochen, resp.
Knochenteile erkannt werden können:
L schAdelkmochen.
1. Der obere Teil eines rechtsseitigen Oberkiefers (Maxilla), enthaltend
die Alveolen der beiden Vorderzähne, den Eckzahn und die beiden Praemo-
laren sowie einen Teil der Alveole des ersten echten Molarzahnes, nämlich die
mediale und die vordere laterale Vertiefung; der hintere Teil abgebrochen,
Sinus maxillaris teilweise erhalten.
2. Ein linksseitiger Ramus mandibuJae (das vertikale hintere Stück des
Unterkiefers), etwas unregelmässig abgebrochen vom „Corpus", so dass der
Unterkieferwinkel (Angulus) ungefähr in der Mitte gespalten ist. Incisura
mandibulae und Processus coronideus erhalten, ebenso Processus condyloideus
inclusive des „Halses" (Collum), wogegen der Gelenkknopf (Capitulum mandi-
bulae) selbst abgebrochen ist. Proc. coronoideus ist kurz, der Ramus selbst
dagegen recht hoch, welch' letzterer Umstand gegen die Annahme, dass hier ein
seniler Kieler vorliegt, spricht. Der Knochen ist von zartem Bau mit feiner
und glatter Oberfläche.
3. Ein rechtsseitiger Processus condyloideus mandibulae, welcher einem
etwas grösseren Individuum zugehört wie die zuletzt genannten Knochen.
4. Ein linksseitiges Jochbein (Os zygomaticum).
5. Ein defektes Exemplar eines linksseitigen grossen Keilbeinflügels (Ala
magna ossis sphenoidalis) nebst Processus pterygoideus. Foramen rotundum
erhalten, dagegen der hintere Rand vom Foramen ovale abgebrochen.
jigilized
b, Google
■ *Ag»3^,^p, j ANHANG I. m
6. Drei fragmentarische Exemplare einer Schlafenbeinpyramide {Pars
petrosa ossis temporalis), nämlich ein rechtsseitiges mit intaktem Proc. mastoi-
deus und einem Teil der Squama temporalis sowie zwei linksseitige kleinere
Fragmente der Pyramide selbst.
7. Zwei linksseitige Supraorbitalkanten (Matgines supraorbitales), beide
mit Proc. zygomaticus ossis frontalis. Beide Stücke weisen eine gut ausge-
prägte Incinera supraorbitalis aber kein Foramen supraorbitale auf.
8. Ein rechtsseitiger Processus zygomaticus ossis frontalis (Jochvorsprung
des Stirnbeines) nebst einem kleinen Teile des Stirnbeines inklusive des daran-
stosseoden Teiles des Supraorbitalrandes sowie der Fossa glandulae lacrimalis
(Tränendrüsengrube).
9. Ein linksseitiger d:o nebst einem längeren, schmalen Stück des Stirn-
beines, welches den Stimbeinteil der Linea temporalis und eine ca. 1,6 cm
breite Zone des Knochens beiderseits der besagten Linie bis einschliesslich
eines entsprechenden Stückes des unteren Teiles der Sutura coronalis umfasst.
Auf der Innenseite Fossa glandulae lacrimalis.
IL KNOCHEN DES ROCKGRATES.
Drei Exemplare des zweiten Halswiiijels (Epistropheus). Von jedem der-
selben ist jedoch nur „Corpus" nebst „Dens" erhalten, wogegen der Bc^en
grösstenteils fehlt. Ein Exemplar besitzt gleichwohl auf beiden Seiten einen
Ansatz des Bogens, so dass der frontale (grösste) Durchmesser des Foramen
vertebrale direkt gemessen werden konnte (= 23,6 cm). Ein anderes Exemplar
weist nur die eine (rechte) Hälfte des Wirbelkörpers {+ der ganzen „Dens")
auf. Am dritten Exemplar sind beide obere Gelenkflächen unvollständig.
m. KNOCHEN DES EXTBEHITATBN.
1 . Ein rechtsseitiger Talus (Sprungbein) (vollständig, aber stark usuriert).
2. Fragment eines anderen, rechtsseitigen, kleineren d:o.
3. Ein rechtsseitiger Calcaneus (Fersenbein) (vollständig, aber usuriert).
4. Das proximale Ende (ca. 6,e cm lang) einer rechtsseitigen Ulna (Elle).
Keine Andeutung einer Epiphysengrenze am Olecranon.
5. D:o d:o (ca. 4,b cm lang). Macht entschieden den Eindruck einem
grösseren Individuum als dem vorhergehenden angehört zu haben. Das Stück
umfasst Olecranon, Incisura semilunaris und Processus coronoideus. Keine
Epiphysengrenze sichtbar.
Digilizedby Google
6. Das distale (untere) Endstück einer rechtsseitigen Ulna (ungefähr 5 cm
lang). Keine Epiphysengrenze erkennbar. (Die distale Endfläche beibehalten).
7. Das proximale Ende eines linksseitigen Radius (Speiche); doch fehlt
das Capitulum, welches aber nicht längs einer Epiphysenlinie abgebrochen,
sondern schr^ und zackig am Collum radii ist
8. Das distale Endteii eines linksseitigen Radius. Keine Epiphysengrenze
sichtbar. Die distale Gelenkfläche erhalten, erscheint dorsoventral zusammen-
gedrückt, schmal mit starker und etwas unregelmässiger konkaver Biegung in
dieser Richtung.
Die untersuchten Skelettteile scheinen im allgemeinen fein und gracil
gebaut zu sein. Sie weisen glatte, feine Flächen auf, (obgleich einige im Laufe
der Zeit etwas usuriert sind — vielleicht nach der Ausgrabung durch Stösse).
Die drei Epistrophei ei^eben mit absoluter Sicherheit das Vorhandensein
von Skelettteilen mindestens dreier Individuen.
Nach dem Umstand zu urteilen, dass an den Endstücken der langen röhren-
förmigen Knochen keine Spuren von Epiphysengrenzen sichtbar sind, scheinen
diese Knochen erwachsenen Individuen angehört zu haben, d. h. solchen in
dem Alter von mindestens über 20, wahrscheinlich Über 25 Jahren. Anderer-
seits fehlen Anzeichen, welche darauf deuteten, dass senile Knochen vorlagen.
Die ansehnliche Höhe des unter I a angeführten Ramus mandibulae deutet im
Gegenteil darauf, dass wenigstens dieser Knochen nicht einem senilen Indivi-
duum angehört hat
Die vorliegenden Skelettteile zeigen im allgemeinen kleine, zum grossen Teil
sehr kleine Dimensionen. Das geht weniger deutlich aus direkten Messungen
mit den cm-Mass (da die Mehrzahl der Skelettstücke keine für Messungen pas-
sende Partieen haben), als aus einem Vergleich mit anderen Knochen hervor.
So findet sich z. B. in der hiesigen anatomischen Sammlung keine Elle, deren
proximales Endstück so klein wäre wie das oben unter III i angeführte. Ebenso-
wenig wurde in der Sammlung ein so zierlicher Radius wie der unter lll i
genannte angetroffen.
Das unter III & erwähnte Ulna-Stück war einigermassen vergleichbar mit
einem in der Sammlung befindlichen Exemplar dieses Knochens; indessen
macht das Bruchstück einen so unbedeutenden Teil des Knochens aus, dass
der Vergleich etwas unsicher wird. Das ganze Fragment und besonders die
Incisura semilunans desselben erschien schmäler wie der entsprechende Teil
des Sammlungsexemplares. Die betreffende Ulna der Sammlung zeigt deutliche
oy Google
Epiphysengrenzen sowohl am proximalen Ende (Olecranon) wie am distalen;
sie hat demnach einem jugendlichen (ungefähr 21-jahrigen) Individuum angehört.
Nun ist diese Ulna 23 cm lang. Eine Ulna von dieser Länge dürfte einem
Individuum von ca. 155 cm Länge angehört haben. ') Das andre Ulna-Fragment
(III 4) und ebenso die Radiusfragmente deuten auf Individuen von noch bedeutend
geringerer Grösse.
Von den oben bestimmten Knochenteilen scheinen — wie zum Teil schon
angedeutet worden ist — einige einem etwas grösseren Individuum zugehört
zu haben, nämlich eines der Schläfenbeine (I s), das Jochbein (1 1)1 £>" Stirnbein-
fragment (Ib), ein Epistropheus {II) und ein proximales Ulnaende (III n). Wenn
alle diese Teile von einem und demselben Individuum stammen und wenn
man annehmen dürfte, dass die Dimensionen der Knochen sich bei der Ver-
brennung nicht verändert haben, so müsste auch dieses Individuum (das grösste)
höchstens 155 cm lang gewesen sein, während die übrigen Individuen, obgleich
erwachsen, offenbar noch bedeutend kleiner gewesen sind. Indessen ist die
Möglichkeit wohl nicht ganz ausgeschlossen, dass die Verbrennung vielleicht
eine gewisse Zusammenschrumpfung der Knochenteile hat verursachen können.
Im allgemeinen scheint ja die Form der letzteren vollkommen bewahrt zu sein,
aber die eigentümliche Gestalt der distalen Gelenkfläche des unter lila
angeführten Radiusfragmentes (dorsoventral zusammengedrückt, in derselben
Richtung vertieft, die dorsale und ventrale Kante vorspringend) muss möglicher-
weise doch als eine durch Verbrennung hervorgerufene Alteration der ursprüng-
lichen Form und der ursprünglichen Dimensionen aufgefasst werden. ") (Vergl.
auch das im vorhergehenden über Incisura semüunaris an dem unter 111 b ange-
führten Ulna-fragmente gesagte). Diese Möglichkeit vermindert natürlich noch
mehr die Sicherheit der Dimensionsberechnungen.
Betreffend das Geschlecht der in Betracht kommenden Individuen
bieten die vorhandenen Knochenteile keine sicheren Anhaltspunkte. Die feine
und gracile Beschaffenheit vieler dieser Knochenteile scheint allerdings darauf
hinzudeuten, dass sie nicht sonderlich robusten Individuen angehört haben,
aber damit ist nicht notwendig gesagt, dass diese Individuen weibliche gewesen
sein müssen. Wenn man jedoch zugleich die geringe Körpergrösse mit in
1) Nach Manouvrier's Tabelle (vergl. Teslut, Trait« d'anatomie humaine Tome I, p. 4 ;
ni ^it. 1896).
•) Andererseits ist doch zu bemerken, dass gewisse andere Formeigentamlichkeiten
unmAgllch auf Verbrennung oder dergl beruhen können.
Digilized hy
Google
Betracht zieht, welche nach oben angedeuteter ßerechnut^ den genannten
Individuen eigen gewesen wären, so dürfte doch wohl die Vermutung in
gewissem Grade an Wahrscheinlichkeit gewinnen, dass die kleineren unter
den erwähnten Knochenteilen weiblichen Individuen zugehört hätten, während
die grösseren möglicherweise auf ein oder mehrere männliche hindeuten.
HjALMAR GrÖKROOS.
ANHANG II.
Während der Drucklegung dieser Arbeit sind folgende Funde aus der
Zeit vor 500 n. Chr. dem Historischen Staatsmuseum in Helsingfors zuge-
schickt worden;
EIGENTLICHES FINNLAND.
KIRCHSPIEL USKELA.
89. Auf dem As Palomäki, der, ungefähr 4 km NNO vom Banhof des
Marktfleckens Salo, auf dem Areal des Bauerngutes Puonti, Dorf Isokylä,
liegt, befinden sich „hinter der Badstube der Hütte des Saari" mehrere Stein-
hügelgräber.
In einem derselben, der aus nur einer Schicht Steine bestand, demnach
also von derselben Beschaffenheit war wie das in der Nähe liegende, von
Dr. Hj. Apfwlgren untersuchte Grab Nr. 11, fand der Pächter O. Heiander im
Mai 1904 ausser Kohle und verbrannten Knochen folgende Gegen-
stände, die zuerst an das Historische Museum der Stadt Abo abgeliefert, dann
aber dem Staatsmuseum in Helsingfors überwiesen wurden: den Bügel einer
■bronzenen Armbrustfibel m. u. F. vom Typus 22, aber kleiner ^,6 cm lang),
geschmückt mit einer Garnitur von 8 Ringen, am Kopfende ein kleiner Rest
der eisernen Achse; eine Spiralrolle mit in der Mitte verdickter Sehne,
die wahrscheinlich zu derselben Fibel gehört; ein Bruchstück der ebenfalls in
der Mitte verdickten Sehne einer zweiten Armbrustfibel; eine bronzene
Schmucknadel mit Vogelfigur vom Typus 6j, 6,6 cm lang; ein Bruch-
stück einer kleinen Lanzenspitze mit Tülle und Widerhaken etwa vom
Typus 21«; ein Bruchstück einer kleinen Lanzenspitze mit Tülle imd kurzem,
schmalem Blatt, vergl. 19*; den oberen Teil einer eisernen Pinzette, vergl.
^.:,zedo,GoogIe
FUND BS u. «0. 365
11 ih; die Angeln zweier Messer; ein Bruchstück eines Messers; Eisenstückchen,
zum Teil vielleicht von einem Schildbuckel (?) herrührend. H. M. 4395: 1-12.
Beachtenswert ist es, dass in diesem Grabe eine Armbrustfibel m. u. F.
vom Typus 22 mit einer Vogelnadel wie 67 gefunden ist. Da solche Nadeln
in norwegischen Gräbern wiederholt mit Fibeln des 5. Jahrhunderts angetroffen
sind (ver^l. S. 190/191), so bestätigt der neue Fund meine Datierung der Fibeln
m. u. F. von diesem späten Typus. Die Fibel 23 ist oben (S. 151) in die
Periode D (4. — 5. Jh.) gesetzt worden.
KIRCHSPIEL ST. MARIE.
90. Unmittelbar wesdich von den Wohngebäuden des zum Dorfe Sara-
mäki gehörenden Bauerngutes Marttila, welcher — 8 km NO von Abo und
5 km NO von der Kirche von St. Marie — auf einem niedrigen nach S und W
sanft abfallenden, mit Steingeröll bedeckten Hügel liegt, dessen Felsboden
stellenweise zu Tage tritt, wurden im Sommer 1900 bei dem Bau eines Weges
einige Gegenstände aus dem Ende der Heidenzeit (ein Schwert
ähnlich Aspelin 1359, 1542, eine Lanzenspitze vom Typus Aspelin £1^
1518 und Bronzefragraente) gefunden und 4 Jahre später dem ^^
Helsingforser Museum zugeschickt (H M. 4429: 14, 15). Aus
Anlass dieses Fundes besuchte Mag. J. Rinne im Sommer 1904
den Platz und erkannte an den Tongefässscherben, die längs
einer grösseren Strecke hier und da am Wege aus der Erde
hervorsahen, dass hier ein grosses Brandgräberfeld sich
über den Hügel ausbreitete. ')
Aus Zeitmangel untersuchte Rinne blos einen Teil der p. ,qq r j
längs dem Wege aufgeschütteten Erde und die darunter liegende beschlag eines
ungerührte Kulturschicht und fand hierbei einige Gegenstände Trinkhornes.
aus der jüngeren Eisenzeit (2 Anhängsel wie Riga Kat 26 10, ^^ p^^^ gQ
ein drittes in Vogelform wie Vorgeschichl. Altert, aus Finnland
56 10, eine Hufeisenfibel, Kettenfragmente, einen Spiralfingerring, ein Messer,
eine Glasperle etc.) und ca 8 m von denselben entfernt 2 profilierte bronzene
Endbeschläge von Trinkhörnern Fig. 180, einige Tongefässscher-
') J. Rinne, Polttokalmistu Saramäen kylAn Marttilan talon maalla Käniamäellä, Suomen
Museo — Finsitl Museum XII, 1905, S. 1-12.
dby Google
ben, eiserne Nagel, Quarzitstückchen, einige wenige Scherben verbrannter
Knochen. H. M. 4429:1-13.
Die Trinkhombeschläge, welche dem echt römischen Typus Mailer 178
sehr nahe stehen, sind die ersten in Finnland gefundenen Gegenstände ihrer
Art, die mit Bestimmtheit in die römische Eisenzeit gesetzt werden können.
Aus dem Grabfelde auf dem VolksschulenhUgel bei Letala stammt ein vom
Feuer beschädigtes Bruchstück eines Trinkhombeschlages (H. M. 2548; 156),
der jedenfalls jünger ist, aber keine nähere Datierung zulässt.
Wie so viele andere Grabfelder im Eigentlichen Finnland ist also auch
dieses von der älteren Eisenzeit bis an das Ende der Heidenzeit im Gebrauch
gewesen.
SATAKUNTA.
KmCHSPIBL EURA.
91. Auf dem ''* km SO von der Kirche von Eura belegenen As Osman-
mäki, der wie seine südliche Fortsetzung, der Käräjämäki, seit langem durch
eine Menge Funde aus Skelettgräbem der Völkerwanderungs- und der Wikinger-
zeit bekannt ist, ') wurden im Sommer 1904 beim Sandholen an einer Stelle,
die auf der zum Bauerngut Osma gehörenden Seite vom Grenzzaune lieg^
und wo Dr. Hj. Appelgren im J. 1902 einige Skelettgräber der jüngeren Eisen-
zeit aufgedeckt hatte (H. M. 4160: 5—39), einige Gegenstände gefunden, die
teils aus der jüngeren Eisenzeit, teils der Zeit, mit der wir uns hier beschäftigen,
stammen. Die jüngeren Gegenstände bestanden aus einem Spiralfingerring mit
Mittelschild, den Bruchstücken eines anderen Spiralfingerringes, wollenen Ge-
wandresten mit eingewirkten Bronzespiralen, einer Schere, Bruchstücken einer
Trense, einer eisernen Nadel und Tongefässscherben (H. M. 4386: 4 — 11) sowie
einem Schwerte, ähnlich Vorgesch. Altert, aus Finnland 67 6, einem Spiralarm-
ring und einer Hufeisenfibel (H. M. 4448:3—5), die älteren Gegenstände
aus a) einer bronzenen Fibel mit langgestieltem Mittelknopf, (nicht mehr vor-
handener) ösennadel, kurzem Nadelhalter und Fussscheibe, welche letztere wie
bei der Fibel 4 4 mit 3 Knöpfen verziert ist, an den Enden des Querstabes {des
Rudimentes der Spiralrolle nebst Achse) je ein Knopf, von denen der eine abge-
brochen ist, auf der Höhe des BUgelhalses sind drei andere Knöpfe sichtbar,
») Vei^l. Aspelin 1333-1357; Vorgeschichll. Altert, aus Fmnland Taf. 43i (Text), 54m
(Text); S. 297 Anm. 1 hier.
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FUND B1 u. BS.
am Übei^ang zur Fussscheibe ist der Bügelhals fa-
zettiert und mit Querfurchen verziert, an der unteren
Seite des Kopfendes befindet sich eine Öse zum Ein-
hängen der Nadel, b) einem gleichbreiten bronzenen,
im Durchschnitt runden Fingerring, der an das
Kopfende der Fibel festgeschmolzen ist und e) einem
verbogenen, fragmentarischen, gleichbreiten, oben ge-
rundeten, innen platten Armring, der seinerseits in
den Fingerring eingehängt ist, Fig. 181. H.M. 4386: 1—3.
Die Fibel von Eura gehört in die interessante,
hauptsächlich aus österbottnischen Funden bekannte
Gruppe der Fibeln mit ösennadel, kurzem Nadel-
halter und Fussscheibe resp. geradem Fuss, 44-8, die
wir (S. 166 f., 351) als Kompromissformen zwischen
skandinavischen und ostbaltischen Fibeln bezeichnet
und dem 5. Jahrhundert zugewiesen haben.
Fig. 181. Fibel mit Ose
nadel und Fussscheibe.
Eura. Fund 91.
TAVASTLAND.
KIRCHSPIEL AKKAS.
92. Ca. ^4 km N von der Eisenbahnstation Toijala liegt auf einer von
Äckern umgebenen, niedrigen, sterilen Anhöhe am See Nahkialanjärvi die Villa
Mainiemi des Ingenieurs E. F. Holmberg. Bei dem Bau derselben und bei der
Anlage eines Gartens sind wiederholt Gegenstände aus der jüngeren Eisenzeit
{vergl. Vorgeschichtl. Altert, aus Finnland Taf. 58 ib) gefunden worden, welche
beweisen, dass sich auf dem Hügel ein voi^eschichdiches Brandgräberfeld
befindet. Im Oktober 1904 wurde hier eine Lanzenspitze mit Tülle und
Widerhaken gefunden, die an die Lanze von Tyrvis Fig. 177 erinnert, aber
eine gefälligere, schmalere, derjenigen der norwegischen Lanze Rygh 211 ent-
sprechende Klinge und kürzere Widerhaken besitzt; Länge 28,b cm. H. M.
4474: 4. Die Lanze dürfte ungefähr in das 5, Jahrhundert zu setzen sein.
WEBERSCHIFFFÖRMIGE STEINE
sind aus folgenden Fundorten dem Museum in Helsingfors zugeschickt worden.
In das Verzeichnis auf Seite tOO— 110 eingeführt, würden sie folgende Ziffern
erhalten :
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by Google
36B WEBERSCHIFFFÖBHIGE STEINE.
II: 17. Suomusjärvi im Eigentlichen Finnland. Ein Exemplar
vom Typus c— d, 9,6x4,7x2,8 cm, mit RÜIe an den Schmalseiten, gefunden
im Graben eines auf einer Insel belegenen Ackers des Bauerngutes Jusala,
Dorf Laidike. H. M. 4503: 5,
IV: 46. Pihtipudas in Tavastland. Ein Exemplar vom Typus e,
7x5,85x2,a cm, ohne seitliche Rillen, aus der 1904 vom Museum erworbenen
Sammlung des Herrn R. Jack. Der Stein ist auf dem Areal des Bauerngutes
Kunnas, Dorf Alvajärvi, gefunden. H. M. 4340:24.
IV: 47. Kivijärvi in Tavastland. Ein Exemplar vom Typus b,
11,86x5x3 cm, seitliche Rillen, gefunden auf dem As Tavilammenkangas,
Bauerngut Hütola, Dorf Kuivaniemi. H. M. 4443.
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59
Z.
74
Z.
77
Z.
78
Z.
81
Z.
BERICHTIGUNGEN UND NACHTRÄGE.
Anm. 2. Zu den hier angefahrten Funden aus der 5. Periode der Bronze-
zeit sind noch hinzuzufügen: ein Hohicelt, ähnlich Montelius 146, gefunden
in einem SteinhOgelgrab bei Torttila, Ksp. Harjavalta, und eine Lanzenspitze
vom Typus Malier 394, gefunden bei Kumogärd, Ksp. Kümo.
Zeile 9 von unten steht 1879-er Jahren, iiess 1870-er Jahren.
Anm. 1 ist sieh Anm. 2 zu streichen,
Z, ISvonobenstehtOstbalticums, liesOstbalticum.
Z. 3 von unten steht So lange, lies Solange.
Z. 3 von unten steht von NO nach SW, lies von
NW nach SO.
Zu Fund 12: Da wir die Fischgabel (Harpune) dieses
Fundes nicht abgebildet haben, sei hier eine Abbildung
des S. 255 erwähnten ganz ähnlichen Gerätes von
Kronoborg beigefügt. Fig. 182. Fischgabel.
Z. 12 von oben steht 10, lies 12. ^- "«■ Kronoborg.
15 von oben steht Duchmesser, lies Durchmesser.
8 von unten steht Armbrusifibel, lies Fibel.
3 von unten steht 5 i, lies 54.
3 von oben steht 8S— ,'i, lies 84.
4 von unten steht dreigliedrige Schnalle mit, lies Schnalle mit
festem,.
Z. 13 von unten steht anderer unbestimmbarer, lies
anderer, unb es timmbarer.
Z. 9 von oben ist nach Quarzit einzuschalten .ver-
brannte Knochen. Ebenda steht 13, lies 14.
Z. 16 von unten. Der unscheinbare, kleine konische
Gegenstand, von dem hier eine Abbildung beigefagt _. ^' ' ,,
wird, ist nicht modern, sondern, worauf mich Dr. Hj. Lillkyro. Fund 78.
D Girized oy
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Appeigren aufmerksam gemacht hat, als ein Riemenbeschlag oder ähnlicher
Zierral von einem in central russischen Funden der Völkerwanderungszeit
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INHALT.
Einleitung 1-19.
I. Beschreibung der Funde 20—110.
IL Die Graber. Die AltertQmer, ihre Herkunft und Zeiutellung t1 1-288.
III. Ergebnisse. SchlQs.se auf die ethnographischen Verhältnisse 289—359.
Anhang I. Bestimmung einiger Knochenteile aus der Steinsetzung auf dem Tiikki-
nummihügel bei Lupajo, Kirchspiel Bjemo (Fund 6) von Prof. Hj. GrOnroos 360-364.
Anhang 11. Verzeichnis neuer Funde 364—366,
Abkürzungen der citierten Werke und Zeitschriften 369—374.
Berichtigungen und Nachträge 375 — 376,
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FINNISCHE ALTERTUMSOESELLSCHAFT.
DIE ÄLTERE EISENZEIT
IN FINNLAND.
VON
ALFRED HACKMAN.
I.
DIE FUNDE AUS DEN FÜNF ERSTEN
JAHRHUNDERTEN N. CHR.
ATLAS.
HEUSINOFORS 1»05. )a„ized by GoOQIc
AFT F. TILOMANNS BUCH- UND STEINDHUCKEREl. " O
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2. Nykyrko. Fund 20. Br. "/i.
9. Bjemo, Fund 9. Br. »h. 4. Bjerno. Fund 6. Br. a,). 8. Kümo. Fund 32.' Br.
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1. Bierno. Fund 6. Br. »/*. 5. Kümo. 2. Kümo. Fimd31. Er. u. E. */!.
Fund 30.
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4. Malaks?
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Br. »/7.
Abo, Fund 13. Silb. »/s.
7. Lillkvro, 8. Nykvrko.
Fund ÖO. Fund "22.
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2. Malaks. Fund 55. Br. *U.
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Fund 77, f^ 1
■. u. Silb. 1/8. 5. L'rdiala, Fund 50, Br, u, E, a/s, 6. Malaks. Fund 53, Br, u. E.,?/l^OOQlC
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Fund 83.
1. Lilikyro. Fund 61. Br. u. Gold. Ve.
6. Lillkvro. 5. Liilkyro, Fund 64. Br. u. E. ft/7. 4. Lilikyro. Fund 64.
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8, Malaks. Fund 54. Br. u. E. 3/4. 9. Malaks. Fuijd 55.
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1. LUlkyro. Fund 59. Br. '/». 2. Lillkyro. Fund 63. Br. */*. 3. Malaks. Fand 54. Br.u.E.>/4.
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4. Malaks. Fund 55. Br. >/i.
7 . Laiheia. Fund 57. Br. u. Silb. V5,
Nykvrko.
9. Kümo.
10, Bjem
und '20.
Fund 29.
Fund 4
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E. 2/a.
E. u. Br.
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4. L'skela. 5. Tenala. 6. Kunio. 7. Tenala.
Fund 12. Fund 2. Fund 36. Fund 2.
Br. »/i. Br. '/i. Br. Vg. Br. Vi,
. LillkjTo, Fund 59. 19. Tenala. Fund I
17. LiMkyro. Fund 63.
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Fund o9.
E. u. Br. </5.
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6. Bjerno. a u. b: Fund 7. d— I: Fund 4. a- c Oberfangen; d, g, i blaues durch-
sichtiges Glas; e weisses Email; f, k, !, Bernstein; h, j durchsichtiges hellgrünes
Glas, gelbes Emailband. ^/t.
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Br. s<(.*
9. Lillkvro.
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Br. '/».
t2, Bjerno. 13. Kümo.
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Br. io;„. Br. V«,
16. Kümo. 17, Bjernc
Fund 30. Fund 4.
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1. Kümo. Fund 29. Br. Vj.
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13. Esse. Fund 86.
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3. Nykyrko. Fund 22. E. V*.
1. Tyrvis. Fund 42. Kn. */».
4. Letala. 5. ürdiala. 6. Kümo. 7. Tenala.
Fund 23. Fund 50. Fund 32. Fund 1.
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11. Nykyrko. Fund 22. E. Vi.
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6. Laihcla. Fund 57, E. '/i.
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11. Tvrvis.
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3. Pemar.
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5. SatakunU?
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7. Storkyr
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2. Kümo. Fund 36. £. V4.
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6. Lempäflla. Fund 48.
3. Tenila. Fund 1. Br. «'b.
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4. Masku. Fund 15. E. '/*.
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4. Laihela. Fund 57.
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2. Hasku. Fund 15. E. Vs.
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1. Kümo. Fund 37. E. 'Ib.
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3. Malaks. Fund 55. 4. Muurla. 5. Kümo. Fund 36. 6. Muurla. 7. Kümo. Fund 31.
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