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Full text of "Die poincarésche Theorie des Gleichgewichts einer homogenen rotierenden Flüssigkeitsmasse"

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Pi-^y. \S5 3. S^ 



Varbart CoUrgt Litrcar: 



HENRY I.ILLIE l'IERCE. 

OF BOSTOV. 



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Die 



Poinearesche Theorie des Gleichgewichts 



einer 



homogenen rotierenden Flüssigkeitsmasse. 



Von 



Dr. E. Schwarzschild. 



(Scparat-Abdruck aus den Annalen der Münchener Sternwarte, Band III.) 



München 1897. 

Verlag der K. b. Akademie der Wissenschaften. 

In Commission des G. Franz 'sehen Verlags (J. Roth). 



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Die 



Poinearesehe Theorie des Gleichgewichts 



einer 



homogenen rotierenden Flüssigkeitsmasse. 



Von 



Dr. E. Schwarzschild. 



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30 



Vorbemerkung. 



Die vorliegende Arbeit ist auf Anregung von Herrn Prof. Seeliger entstanden. Ihr Zweck 
sollte sein, Beweisführung und Ergebnisse von Herrn Poincards grosser Arbeit »Sur T^quilibre 
d'une masse fluide animde d'un mouvement de rotation« (Acta mathematica. Bd. VII. 1885) den 
dem praktischen Astronomen geläufigen mathematischen Formen näher zu bringen, doch zeigte 
sich bald, dass eine wesentliche Vereinfachung, wenn sie überhaupt möglich ist, kaum von metho- 
dischem Nachdenken über dieses spezielle Problem, sondern höchstens von einem glücklichen Einfall 
oder dem allgemeinen Fortschreiten der Wissenschaft zu erwarten ist, dass daher fürs erste wieder 
dieselben Hülfsmittel, wie sie Herr Poincar^ benutzt hat, zur Verwendung kommen mussten. So 
konnte eine Vereinfachung nur mehr im Einzelnen, Unwesentlichen erstrebt werden. Zunächst habe 
ich eine Beschränkung eintreten lassen, indem ich nur reibende, viskose Flüssigkeitsmassen, aber 
keine idealen reibungslosen, und nur ellipsoidische Gleichgewichtsfiguren, aber keine ringförmigen, 
in den Kreis der Betrachtung zog. Ferner habe ich versucht, durch eine gewisse Erhöhung des 
Standpunktes Herrn Poincar^s Verfahren verständlich zu machen, ohne eine Kenntnis der Lamdschen 
Funktionen vorauszusetzen, indem ich in den »Orthogonalfunktionen« eine (auf Grund der Poincar6- 
schen Arbeit sehr nahe liegende) Verallgemeinerung der Lamöschen Funktionen einführte, die sich 
mit Hülfe der einfachsten Sätze aus der Theorie der orthogonalen Substitutionen gewinnen lässt. 
Bei der Anwendung der allgemeinen Prinzipien auf spezielle ellipsoidische Gleichgewichtsfiguren 
mussten freilich die Lam^schen Funktionen wieder herbeigezogen werden. Hierbei habe ich die 
Anwendungen, die Herr Poincar^ selbst gemacht hat, nur flüchtig skizziert und allein einen Punkt, 
in dem mir Herrn Poincar^ ein kleines Versehen untergeschlüpft zu sein scheint, mehr hervor- 
gehoben; dagegen wurde für eine neue Anwendung auf die Gleichgewichtsfiguren eines kleinen 
Mondes die Rechnung, im engen Anschluss an Herrn Poincar^s Entwicklungen für die Jacobischen 
Ellipsoide, vollständig durchgeführt. Im ersten, allgemeinen Teil der Arbeit mussten einige Sätze, 
die bei dieser neuen Anwendung zur Verwendung kamen, hinzugefügt werden. Wo ich sonst in 
der Absicht grösserer Verdeutlichung Betrachtungen angestellt habe, die sich in Herrn Poincar^s 
Arbeit gar nicht oder nur angedeutet finden, habe ich dies an seiner Stelle angemerkt. 

Die Gesichtspunkte, unter denen mir das hier behandelte Problem und die sich anschlies- 
senden gestreiften Fragen erschienen sind, verdanke ich mehr, als sich im Einzelnen sagen lässt, 
Herrn Prof Seeligers Vorlesungen und gesprächsweisen Mitteilungen. Auch darf ich nicht unerwähnt 
lassen, wie sehr mir durch Herrn Prof. Lindemanns Seminar das Studium der Lamöschen Funk- 
tionen erleichtert worden ist. 

Da nun die Arbeit eine vorwiegend didaktische ist oder sein soll, möge es mir gestattet 
sein, ihr als eine Art Moral die Bemerkung mitzugeben: Es sind nicht die fernabliegenden Hülfs- 
mittel einer verfeinerten Analysis, sondern gerade wegen ihrer Einfachheit bewundernswerte Ge- 
danken, welche Herrn Poincare in diesem Gebiete, dessen Schwierigkeiten Lord Kelvin »von ganz 
besonders schrecklicher Naturc nennt, zu seinen Erfolgen geführt haben. 



30* 




234 



L Teil. Principien. 



§ 1. Einleitendes. 

Aufigabe. Man denke sich irgend eine frei im Räume schwebende Masse einer homo- 
genen inkompressibeln Flüssigkeit, deren Teilchen sich gegenseitig nach dem Newtonschen Gesetz 
anziehen und die von allen möglichen Strömungen durchzogen sei, während ihr Schwerpunkt 
ruhe. Die Reibung der Teilchen wird mit der Zeit bewirken, dass die Strömungen, die Ver- 
schiebungen der Teilchen gegen einander, aufhören und die Flüssigkeit sich schliesslich wie ein 
fester Korper verhält: die Flüssigkeit wird in sogenanntes relatives Gleichgewicht geraten, d. h. 
mit gleichförmiger Geschwindigkeit um eine bestimmte feste Axe rotieren. Die physikalische An- 
schauung lehrt, dass es für jeden Anfangszustand, für den die Anfangsgeschwindigkeiten der 
einzelnen Teilchen nicht gar zu gross sind , eine gewisse stabile Endform des relativen Gleich- 
gewichtes geben muss. Da es aber nicht möglich ist, die Bewegung einer reibenden Flüssigkeit 
von einem beliebigen Anfangszustand aus im einzelnen zu verfolgen, fasst man die Sache am 
andern Ende an, man sucht Formen relativen Gleichgewichts, sieht nach, ob dieselben stabil sind, 
ob kleine Verschiebungen und Stösse, die man ihre Teilchen erleiden lässt, nicht einen vollständigen 
Umsturz, sondern geringe Aenderungen der Gestalt, der Rotationsgeschwindigkeit und der Lage 
der Rutationsaxe hervorrufen, und weiss, wenn letzteres der Fall ist, dass man es mit einer 
möglichen Endform der Entwicklung einer Flüssigkeit zu thun hat. 

Man gewinnt mit Hülfe der Flachensätze sofort gewisse Beziehungen zwischen dem Anfangs- 
und dem Endzustand der Flüssigkeit. Man nenne nämlich tn die Masse eines Flüssigkeitsteilchens, 
r seinen Abstand von irgend einer durch den Schwerpunkt gelegten Axe, x ^*® Rotations- 
grschwimJigkeit des Teilchens um diese Axe und bilde die Summe: 

^ m r* X 

über alle Teilchen der Flüssigkeit erstreckt, welche kurz als das zu dieser Axe gehörige Rotations- 

mon)ent der Flüssigkeit bezeichnet werden möge. Die Flächensätze sagen aus, dass das zu irgend 
feiner Axe gehörige Rotationsmoment während der Bewegung eines isolierten Systems unver- 
ändert bleibt, welche inneren Kräfte auch in demselben wirken mögen. Wenn man daher die- 
jt-nige Axe sucht, zu der das grössie Rotationsmoment für den Anfangszustand gehört, so wird 
diese Axe diese Eigenschaft zu jeder späteren Zeit behalten müssen, und sie wird offenbar schliess- 
lich zur Rotationsaxe der ganzen Hüs>igkeit werden, weil bei einer gleichförmigen rotierenden 
Masse das grösste Rotationsmoment zur Rotationsaxe gehört Wenn man ferner dieses grösste 
zur schliesslichen Umdrehungsaxe gehörige Rotatiunsmoment »Rotationsmomentf schlechthin nennt 
und es mit dem Buchstaben c bezeichnet, so kann man für den Anfangszustand nach (i) den 
Wert von c berechnen und muss dann für den Endzustand denselben Wert des Rotationsmomentes 
erhalten. Im Endzustand sind aber alle die verschiedenen Geschwindigkeiten x ^^^ einzelnen 
'l«Mlchen in die eine gemeinsame Winkelgeschwindij^keit oi der gleichförmigen Rotation über- 
g'^gangen, mithin erhält man für den Endzustand statt (i): 



235 

Die hier auftretende Summe ist nichts anderes als das Trägheitsmoment / der schliesslichen Figur 
relativen Gleichgewichts in Bezug auf ihre Umdrehungsaxe, es ist also : 

Jede Form relativen Gleichgewichts einer Flüssigkeit ist naturlich nur Gleichgewichtsiigur für einen 
bestimmten Wert der Rotationsgeschwindigkeit co ; da zudem / für jede Gleichgewichtsfigur 
bestimmt ist. lässt sich für jede Gleichgewichtsfigur nach dieser Formel der Wert von c berechnen 
oder, umgekehrt ausgedrückt: Jede Gleichgewichtsfigur gehört zu einem bestimmten Wert des 
Rotationsmomentes c. 

Wenn man sich nun die Aufgabe stellt, nachzusehn, was schliesslich aus einer anfangs 
beliebig bewegten reibenden Flüssigkeit wird, so kann sich eine Endform der Entwicklung der 
Flüssigkeit höchstens unter denjenigen bekannten Gleichgewichtsformen befinden, welche zum selben 
Wert des Rotationsmomentes gehören, wie ihn die Flüssigkeit in ihrem Anfangszustand besass. 
Man wird daher die bekannten Gleichgewichtsfiguren zunächst nach den Werten des Rotations- 
momentes, zu denen sie gehören, ordnen und dann untersuchen, ob und welche von den zu einem 
bestimmten c gehörigen Figuren stabil sind. 

Unser erstes Ziel ist, die Mauclaurinschen, Jacobischen und Rocheschen Ellipsoide in dieser 
Hinsicht zu sichten, was durch Herrn Poincaris in der Vorbemerkung genannte Arbeit ermöglicht 
worden ist. 

Die analytische Herleitung der ellipsoidalen Gleichgewichtsfiguren fuhrt dazu, diese Figuren 
zunächst nicht als abhängig vom Rotationsmoment, sondern von der Rotationsgeschwindigkeit o) 
aufzufassen. Diese Auffassung wäre praktisch, wenn man z. B. die Frage stellte, welche Form die 
Erde, falls sie homogen wäre, bei ihrer bekannten Rotationsgeschwindigkeit annehmen müsste; 
doch ist sie in der That wertlos, weil man für alle derartigen Fälle über die der Wirklichkeit viel 
mehr entsprechende Theorie der inhomogenen Sphäroide verfügt. Die Betrachtung der Abhängigkeit 
vom Rotationsmoment, die allein durchgeführt werden soll, erweist sich bei den folgenden Stabilitäts- 
untersuchungen als notwendig, ferner ist sie die natürliche für die 

Beziehungen unsrer Aufgabe zur Eosmogonie. Eine strenge Begründung der Laplaceschen 
Kosmogonie würde die Angabe der Formen relativen Gleichgewichts erfordern, die eine sich 
abkühlende und zusammenziehende, rotierende, inhomogene Masse durchmacht. Da man aber hier 
bald von der Theorie der inhomogenen Sphäroide im Stich gelassen wird, ist man zufrieden, wenn 
man die Vorstellungen durch die für homogene Massen erhältlichen Resultate leiten lassen kann. 
Es wird sich nachträglich zeigen, dass die Untersuchung der. ellipsoidischen Gleichgewichtsfiguren 
in der eben angegebenen Art alles liefert, was man von der Kenntnis dieser Figuren Aufklärendes 
für die Kosmogonie erwarten kann. 

Vor Beginn der Stabilitätsuntersuchung wird es gut sein, die bisher bekannten Gleichgewichts- 
figuren einer homogenen Flüssigkeit, gleich nach dem Werte des Rotationsmomentes geordnet, 
Revue passieren zu lassen. Speziell die Jacobischen Ellipsoide möge man sich bei den folgenden 
allgemeinen Betrachtungen immer als konkrete Beispiele hinzudenken. 

Wahl der Einheiten. Die drei Grundeinheiten wähle man so, dass das zu betrachtende 
Flüssigkeitsquantum die Masse i und die Dichte i hat und zugleich die Gauss'sche Attraktions- 
konstante I w^rd. Zur Verdeutlichung diene folgendes. Ballt man die ganze Masse zu einer Kugel 
und lässt einen unendlich kleinen Mond an der Oberfläche derselben entlang eine Kreisbahn 
beschreiben, so wird sich die Winkelgeschwindigkeit o) dieses Mondes bei dieser Wahl der Einheiten 
aus der Gleichung bestimmen: 

271 ^ Z 

Die Maclaurinschen Ellipsoide. Zu jedem Werte des Rotationsmomentes gehört als Gleich- 
gewichtsfigur ein gewisses Revolutionsellipsoid. Ist c null, so geht dasselbe in eine Kugel über. 
Wächst r, so wird die Umdrehungsaxe kürzer, der Aequatorialdurchmesser wächst, und das geht 



t 



^3^ 

so lange fort, bis für unendlich grosses c das Revolutionsellipsoid in eine unendlich grosse unendlich 
dünne Kreisscheibe übergeht. Die Rotationsgeschwindigkeit ist für die Kugel null, sie wächst 
anfangs mit Zunahme der Abplattung bis zu einem Maximum, nimmt dann ab, um für die unend* 
liehe Kreisscheibe wieder null zu werden. 

Die Jacobischen Ellipsoide. Verfolgt man die Reihe der Revolutionsellipsoide von c^^o 
an mit wachsendem r. so kommt man noch bei wachsender Rotationsgeschwindigkeit zu einem 
gewissen Wert r^, dessen zugehöriges Ellipsoid das Axen Verhältnis i : 0,5827 hat. An dieses Hllipsoid 
schliesst sich eine Reihe neuer Gleichgewichtsfiguren an, zu jedem Wert von c über c^ gehört 
nämlich ein gewisses dreiaxiges KUipsoid als Gleichgewichtsfigur. Für c ^= c^ verwandelt sich das 
dreiaxige KUipsoid in das eben bezeichnete Revolutionsellipsoid; wächst r, so verkürzt sich die 
Rotationsaxe, eine Aequatorialaxe wird länger und länger, während die andere Aequatorialaxe 
immer kleiner wird und sich immer mehr der Rotationsaxe nähert, bis schliesslich für unendliches c 
das dreiaxige KUipsoid sich in einen nadeliörmigen unendlich langen und dünnen Kreiscylinder 
verwandelt. Die Rotationsgesrhwindigkeit nimmt innerhalb dieser Reihe mit wachsendem Rotations- 
moment ständig bis auf Null ab. 

Andere Gleichgewichtsfiguren« Herr Poincare hat noch andere Reihen von Gleichgewichts- 
figuren entdeckt, die sich an diese Kllipsoide anschliessen und deren Kntstehungsart später dargelegt 
werden wird. Kerner kennt man Ringfiguren mit und ohne Zentralkörper, auf deren Behandlung 
wir aber verzichten müssen. Kine letzte Art von Gleichi>^ewichtsfiguren bildet ein Planet mit 
einem Monde, welche sich beide stets dieselbe Seite zukehren, un«l mit Systemen dieser Art für 
den speziellen Kall , dass der Mond unendlich klein ist , wird sich der zweite Teil dieser Arbeit 
eingehender beschäftigen. 

§ 2. Das Stabilitätsprinzip. 

Ks ist wie ges^igt uns**r Ziel, die bekannten (ileichgewichtsfiguren in stabile und instabile 
zu trennen, weil nur eine stabile Kigur die Kmlform der Kntwlcklung einer reilx'nden Flüssigkeit 
sein kann, während eine instabile Kigur höchstens als l'ebergangsfigur auftritt und physikalisch 
von untergeordneter Bedeutung ist. Wir verzichten darauf, uns die (ileichgewichtsfiguren aus 
einer idealen reibunk'*^losen Klüssi^jkeit j^ebildet /u denken und ihre Stabilität auch in diesem Kalle 
zu untersuchen, weil man rs ja in Wirklichkeit stets mit reibenden Klüs>igkeiten zu thun hat und zudem 
die FntersuchunkT diesf»r Art Stabilität, wenn sie stren^^e sein soll, auf die grössten mathematischen 
Srhuit-ri^jkeiten stöbst; wir betrachten mithin die Klüssigkeit, aus der die (ileichgewichtsfiguren 
gebildet sind, stets als reibend (zähe, viskos«, beschäftigen uns also nur mit derjenigen Stabilität, 
welche von Thomson und Tait im (iegensatz zur »gewöhnlichen t Stabilität einer reibungslosen 
Klüssigkeit die »sÜkulare« genannt worden ist. 

Nach einem bekannten Theoreme von Dirichlet ist ein ruhendes mechanisch»'s System dann 
in stabilem (ih'irhijewicht , wenn für die Ruhelavfe die potentielle Knergie grösser ist als für alle 
benachbarten Anordnunkjen. Kür uns handelt es sich nicht um das absolute (ileichgewicht einer 
Ruhelage, sondern nur um das relative (ileichge wicht, in dem sich eine gleiclitörmig rotierende 
HÜNsik^keit zu einem mit ihr rotierenden Axensystem befindet, und weim wir kurz von 3^(rlf»ich- 
gewicht^t reden, so v»*rstehen wir im folkjenden darunter immer ein solches relatives (ileicligewicht. 
Dass auch in diesem Kalle ein ähnliches Prinzip gilt, ist zuerst von Thomson und Tait*) ange- 
gegeben und dann von Herrn Poincare' näher daris'elegt worden. Herr Hasset' hat eine 
ans( hauliche Ableitung desselben Prinzips gegeben, die im folgenden zu Rate gezogen wurde, 

*) TfC4'i%c ein Natural l'hii'»^'{ ^\ . 3. Ati^^'abr. ( 4MiKri-l,:c lS«;o. Inl H. § 77^'jK 

^1 Acu n.4lK' M.alua IM. VII. j> .jj, ^'.5 

') <>n tl.e *la' lily of Muljotmi I.'i'i ,1 Sphrr.nl. Tr »c. of tlic «jti.brKl^c l»!n!o%. S«K.i-ty V»!. \'\\l. 



- 237 

doch musste, um einigen Mängeln derselben, was die Strenge betrifft, abzuhelfen, ein Teil von 
Herrn Poincar^s analytischem Beweise, nämlich die Berechnung des Ausdrucks der Energie, mit 
herübergenommen werden. 

Für absolutes Gleichgewicht reicht allein das Gesetz der Erhaltung der Energie aus, um 
zu entscheiden, ob eine Bewegung, die nahe von der Gleichgewichtslage mit geringer Geschwindig- 
keit ihren Ausgang nimmt,* stets nahe bei derselben bleibt oder in grössere Entfernung von der- 
selben gerät, während man für relatives Gleichgewicht auch noch die Flächensätze zu Hülfe 
nehmen muss. 

Wir beginnen damit, die gesamte 

Kinetische und potentielle Energie einer Flüssigkeitsmasse zu berechnen, die sich in allen ihren 
Teilen beliebig bewegt und deren Partikelchen sich nach dem Newtonschen Gesetz anziehen. 
Ist V die ganze Geschwindigkeit eines Massenteilchens ;«, so ist die kinetische Energie: 

I 

2 



T= ~ Zmv' 



wo die Summe sich über alle Massenteilchen erstreckt. Die potentielle Energie, d. h. diejenige 
Arbeit, die die Attraktionskräfte leisten würden, wenn man alle Teilchen aus ihrem wirklichen 
Zustand bis zu unendlicher Zerstreuung von einander entfernte, ist offenbar negativ und hat 
den Ausdruck: 

wo A die Distanz der Teilchen m und nt bedeutet und die Summe über jede Kombination zweier 
Massenteilchen einmal zu erstrecken ist. Die gesamte Energie ist dann: 

C/= T— V 

Es möge nun die Bewegung der Flüssigkeit näherungsweise in einer mit der Winkelgeschwindigkeit 

o) erfolgenden Rotation um die Axe mit grosstem Rotationsmoment, welche als jsr-Axe bezeichnet 

werden möge, bestehen. Man lege eine Ebene durch die £-Axe und das Teilchen m und zerlege die 

Geschwindigkeit v dieses Teilchens in zwei Komponenten, von denen die eine in diese Ebene falle 

und den Betrag u haben mag, während die andere senkrecht zu dieser Ebene stehe und den 

Betrag habe: 

«/ = r (a> -|- dw) 

worin r den Abstand des Teilchens von der £r-Axe, o> + dfo die Winkelgeschwindigkeit seiner 
Rotation um die 5- Axe bedeutet. Es gilt dann: 

t;» = zt;* + «* = f* {(o + *i w)» 4- «» 

Setzt man dies in den Ausdruck der Energie ein, so folgt: 

Jetzt nehmen wir die Flächensätze zu Hilfe. Wir bilden nämlich das zur ^-Axe gehörige Rotations- 
moment: 

c =i 2mf^ {(I) -];- diu) = o) - Zmr^ -\- Zmr^ dw 2) 

können dieses c für den Anfangszustand berechnen und wissen, dass es während jeder Bewegung 
der Flüssigkeit konstant bleibt. Man bemerke ferner, dass: 

das Trägheitsmoment der Masse in ihrer jeweiligen Anordnung in Bezug auf die ^-Axe ist. Quadriert 
man nun (2), dividiert durch 2/, und subtrahiert von (1), so erhält man: 

t/= ^*. — FH- -- Zm («» + r^&a>^) — ^ • {Zmr'dfo)^ 
2I '2 2I ^ ' 



238 

Es ist aber, wenn m irgend ein von m verschiedenes Massenteilchen und r\ d(o die zugehörigen 
Werte von r und ^to bedeuten: 

/• ^mf* Afo^ — {ZfHf^ Aioy =i Zmr^ • Ztn r^ da/* — ^mf^ Am* Sm' r* Aa/ 

= ZZ mtn f^r* 6(1)* — ZZ mm 9^r* öm dto 

wobei die Doppelsummen über alle Teilchen m und m^ zu nehmen sinc^ Durch Vertauschung der 
Indices erhält man: 

I'Smf^Aa}* — {Imf^A<o)*=^22:mm'r^/*A(o* — ZSmm'r^r*&io»io 

und wenn man addiert und durch 2I dividiert: 

I ' 2 1 

Hiermit wird der Ausdruck der Energie: 

V=^-,— V+ ' Zmu*'\- \Zmm'r^r*{do> — 6iüy 
2 1 2 2I ^ 

wobei jetzt die letzte Summe über jede Kombination zweier Massenteilchen m und m' einmal zu 
nehmen ist. Wir setzen: 

Uo = -^, — V 1/1= ^ Z m u* + ', 2 f« m' r» r • {Au> - dm')* 

2I 2 2I 3) 

und bemerken, dass, wenn c gegeben ist, zu jeder beliebigen Massenanordnung ein bestimmter 
berechenbarer Wert von Uq gehört. 

Nachdem wir den Ausdruck der Energie in dieser Weise mit Hülfe der Flächensätze um- 
geformt haben, haben wir im wesentlichen nur noch die Thatsache zu benützen, dass bei der 
Bewegung einer reibenden Flüssigkeit fortwährend mechanische Energie verloren geht, dass also U 
beständig abnimmt, um das Stabilitfttsprinzip beweisen zu können, welches folgendermassen lautet: 

»Ist eine Gleichgewichtsfigur gegeben, welche zum Rotationsmoment c gehört, so berechne 
man für diese Gleichgewichtsfigur und unter Beibehaltung desselben Wertes von c auch für alle 
möglichen benachbarten (durch massige Deformationen aus der (ileichgewichtsfigur entstehenden) 
Massenanordnungen den Wert des Ausdrucks Uo, Die Gleichgewichtsfigur ist dann und nur dann 
stabil, wenn für sie L^q im Verhältnis zu allen möglichen benachbarten Massenanordnungen ein 
Minimum ist.c 

1. Bemerkung. Was ist eigentlich die physikalische Bedeutung des Ausdrucks (/o? — 
Setzt man u = o und Aio^=^ Ato^, d. h. lässt man die ganze Masse mit dergleichen Winkelgeschwin- 
digkeit um die ^-Axe rotieren, so erhält man: l/i = o [/^= I/o. Es ist also I/q die gesamte Energie 
einer Massen Verteilung, wenn man dieselbe mit einer solchen einheitlichen Rotationsgeschwindigkeit 
um die r-Axe in Bewegung setzt, dass ihr Rotationsmoment gleich c wird. Ist to diese Rotations- 
geschwindigkeit, so fand sich schon in tj 1 : 

^ = / • f i> 

rr>* t 

Hiermit erhält man auch: f/o »» /— K= Zmiroi)* — y 

2 2 

ein Ausdruck, der diese Bedeutung von C/q unmittelbar erkennen lässt 

Natürlich wird eine willkürliche Massenanordnung, die nicht gerade eine zu c gehörige (xleich- 
gewichtsfigur ist, die einheitliche Rotation und diesen Wert der Energie nur für einen Augenblick 
b<Mbehalten können. 

2, Bemerkung. Es wird später gezeigt werden, dass eine Massenanordnung eine zu c 
gehörige (ileichgewichtsfigur ist, w#-nn bei dem betreffenden Werte von c für sie f >stationär€ ist, 
worunter fol^^'endes verstanden ist. Man stelle benachbarte Massenanordnungen her, indem man 
auf die ur»-prüngliche Massenanordnung dünne Schichten auflegt oder solche von ihr wegnimmt. 



239 - - 

und messe in jedem Falle die Grösse der Deformation durch die durchschnittliche Dicke der auf- 
gelegten oder weggenommenen Schicht. U^ heisst stationär, wenn das Verhältnis der Aenderung 
von £/q bei einer Deformation beliebiger Art zur Grosse der Deformation selbst null wird, sobald 
die Deformation selbst unendlich klein wird. Wir werden von dieser Thatsache gleich Gebrauch 
machen müssen. 

3. Bemerkung. Den Fall, dass U^ für eine ganze Reihe sich stetig an die Gleichgewichts- 
figur und an einander anschliessenden Massenanordnungen denselben Wert behält, schliessen 
wir grundsätzlich aus, weil derselbe einer besonderen Betrachtung bedürfte und im Folgenden nicht 
zur Verwendung kommt; wir nehmen vielmehr an, dass U^ für jede hinreichend kleine endliche 
Deformation der Gleichgewichtsfigur um eine endliche Grösse wächst oder abnimmt. 

Wir schreiten nun zum 

Beweis des Stabilitfttsprinzips und zwar zeigen wir im i. Teil desselben, dass eine Gleichgewichts« 
figur immer stabil ist (oder, um es genauer auszudrücken, dass eine Flüssigkeitsmasse auf kleine 
Stösse und Deformationen hin Gestalt, Rotations -Axe und Geschwindigkeit für alle Zeiten beliebig 
nahe behält, wofern nur die Stösse und Deformationen hinreichend klein sind), wenn für sie U^ ein 
Minimum ist. 

Sei wirklich für eine Gleichgewichtsfigur U^ ein Minimum gleich U^, Man hat nun die 
Flüssigkeitsmasse in alle möglichen dem Zustand relativen Gleichgewichts benachbarten Anfangs- 
zustände zu versetzen und nachzusehen, wie sie sich von denselben aus bewegt. Man berechne den 
zu jedem Anfangszustande gehörigen Wert von 

c = Zmf^ipi -|- <Jco) 

und teile die sämtlichen Anfangszustände in zwei Klassen, je nachdem für sie c gleich dem zur 
Gleichgewichtsfigur gehörigen Wert von c oder davon verschieden ist, und betrachte zunächst einen 
Anfangszustand der ersten Klasse. 

Für einen Anfangszustand erster Klasse liefert 3) den vollständigen Ausdruck der Energie, 
was für einen Anfangszustand zweiter Klasse nicht der Fall ist, weil für einen solchen in C/^, der 
Definition dieser Grösse widersprechend, ein veränderter Wert von c eingeführt werden müsste. 

Der Wert der Energie für die Gleichgewichtsfigur ist gemäss der i. Bemerkung: U=^U^^=^U^\ 
für eine benachbarte Massenanordnung ist nach Voraussetzung U^ grösser als U^^ ferner ist £/, als 
Summe von Quadraten stets positiv. Hiermit liefert Gleichung 3), dass für jeden Anfangszustand 
erster Klasse die Gesamtenergie grösser ist als für die Gleichgewichtsfigur. Nun nimmt aber die 
Gesamtenergie der Flüssigkeit bei der Bewegung infolge der Reibung fortwährend ab. Es kann 
diese Abnahme hauptsächlich auf Kosten der Geschwindigkeiten u und bin — <)a>', also auf Kosten 
von i/j erfolgen, sodass U^^ möglicherweise während der Bewegung zeitweise wächst; doch da t/, stets 
positiv ist, wird U^ stets kleiner als der Anfangswert der Energie U bleiben müssen. Sei im Anfang: 
C/ «= C/q + f . Dann folgt : 

Hierbei ist z eine positive Grösse, die um so kleiner ist, je weniger die Anfangslage von 
der Gleichgewichtslage abweicht und je kleiner die Anfangsstösse u und bio sind. Da nun U^ ein 
Minimum sein soll, so wächst U^ von U^ an um einen gewissen endlichen Betrag, wenn ich die 
Gleichgewichtsfigur deformiere und die Deformation bis zu einer gewissen endlichen Grösse anwachsen 
lasse. Ich kann daher alle die benachbarten Massenanordnungen abtrennen, für welche U^ unter U^-^-f 
liegt. Dieselben werden, solange t sehr klein ist, gegen die Gleichgewichtsfigur wenig deformiert 
sein , während für stärker deformierte Anordnungen U^^ über Ü^-^- 1 hinausgehen muss. Die 
Gleichung (4), welche stets während der Bewegung erfüllt sein muss, lehrt dann, dass die Flüssig- 
keitsmasse sich immer innerhalb der wenig deformierten Massenanordnungen halten und niemals zu 
stärker deformierten übergehen kann , weil sonst U^ grösser als C^ + e werden müsste. Da ferner 

31 



240 

6o für alle Nachbarformen grosser als U^ ist und nach dem eben Bewiesenen die Flüssigkeit sich 
stets unter den Nachbarformen hält, so gilt während der ganzen Bewegung: 

Die ständige Abnahme der Energie liefert ferner: 

Die Subtraktion ergibt : [/^<e 

Es können also auch die Geschwindigkeiten u und den nicht sehr gross werden, die gleichförmige 
Rotation um die r-Axe wird immer angenähert bestehen bleiben. Hiermit sind die Anfangszustände 
der ersten Klasse erledigt. 

Um die der zweiten Klasse zu erledigen, müssen wir einen Poincar^schen Satz vorweg- 
nehmen, den wir nur allmählich werden beweisen können und der so lautet: 

Hulfssatz: »Wenn zu einem Werte c eine Gleichgewichtsfigur G gehört, für die 

U^tmi — — Kein Minimum ist, so gehört auch zu jedem von c wenig abweichenden Werte c 

eine von dieser wenig abweichende Gleichgewichtsfigur G^ für welche U\ == , — V ein 

2 y 
Minimum ist.« 

Hat man es nun mit einem Anfangszustand zweiter Klasse zu thun, der zu einem gegen c 
wenig veränderten Werte c gehört, so kann man denselben, statt als dem Zustand der Figur G 
benachbart, auch als dem Zustand der zu c gehörigen Gleichgewichtsfigur G benachbart auffassen. 
Wiederholt man dann die ganze obige Betrachtung für den Wert c und die Figur G, so kommt 
man zu dem Resultat, dass von diesem Anfangszustand aus die Flüssigkeitsmasse sich stets in der 
Nähe des Zustandes G\ mithin auch in der Nähe des Zustandes Gt halten wird. 

Es ist somit vollständig bewiesen, dass eine Gleichgewichtsfigur stabil ist, wenn für sie U^ 
ein Minimum ist. 

Zusatz, betr. reibongslose Bewegungen. Im Falle einer reibungslosen Flüssigkeit würde 
keine Abnahme der Energie stattfinden, es könnte in (4) und (5) an Stelle der Ungleichheit eine 
Gleichheit treten, doch würde hierdurch am ganzen Beweise nichts geändert. 

Wir gehen weiter zum 
2. Teil des Beweises und zeigen, dass eine Gleichgewichtsfigur instabil ist, wenn für sie U^ kein 
Minimum ist. 

Es möge also der für die Gleichgewichtsfigur gültige Wert Ü^ kein Minimum sein, d. h. es 
existiere mindestens eine Reihe sich stetig an die Gleichgewichtsfigur und an einander anschliessender 
Massenanordnungen, für die U^ von U^ aus abnimmt. Man bringe die Flüssigkeit in eine einer 
solchen Reihe angehörige Gestalt und lasse sie im ersten Moment, ohne ihr unregelmässige Stösse zu 
erteilen, mit einer solchen durch die ganze Masse gleichen Geschwindigkeit um die jar*Axe rotleren, 
dass das Rotationsmoment den zur Gleichgewichtsfigur gehörigen Wert c behält. Für diesen An- 
fangszustand ist ü\ kleiner als i\, ferner U^ null, mithin die ganze Energie kleiner als U^. 

Femer kann dieser Anfangszustand, wenn man ihn nur nahe genug bei der Gleichgewichtsfigur 
wählt, selbst kein Gleichgewichtszustand sein. Denn wie aus der zweiten obigen Bemerkung er- 
sichtlich ist, kann eine Reihe von Figuren, innerhalb welcher U^ abnimmt, nicht aus lauter Gleich- 
gewichtsfiguren bestehen, weil sonst ü\ von Figur zu Figur stationär, also in der ganzen Reihe 
konstant sein müsste. Es wird daher in einer solchen Reihe erst in einer gewissen endlichen Ent- 
fernung von der ursprünglichen eine neue Gleichgewichtsfigur auftreten können. 

Ist also die neue Massenanordnung, in die man die Flüssigkeit gebracht hat, der ursprüng- 
lichen Figur relativen Gleichgewichts hinreichend benachbart, so ist sie selbst keine Lage relativen 
(ileichgpwichts, es werden von diesem Anfangszustand aus, abgesehen von der Rotation um die 
j-Axe. in der Flüssigkeit von selbst gewisse Bewegungen entstehen, die Reibung zur Folge haben 



241 

(vergl. Zusatz), die Energie U der Flüssigkeit wird abnehmen. Nun war schon im Anfang U kleiner 
als O^^ ferner ist U^ kleiner als C/, es wird also U und erst recht U^ stets kleiner als O^ bleiben 
müssen, d. h. die Flüssigkeit kann nie in die ursprüngliche Gleichgewichtslage, für die ja U^ gleich 
O^ ist, zurückkehren. Da sie aber infolge der Reibung schliesslich einmal zur (relativen) Ruhe 
kommen muss, so wird sie in eine neue von der ursprünglichen verschiedene Gleichgewichtsform 
übergehen müssen. Diese Schlussfolgerung bleibt gültig, wie nahe man auch den Anfangszustand 
bei der ursprünglichen Gleichgewichtsfigur wählen mag; jede noch so geringe Deformation im 
Beginn einer Reihe, innerhalb welcher U^ abnimmt, hat schliesslich den Uebergang in eine andere 
Gleichgewichtsform zur Folge, und das ist es, was bewiesen werden sollte. 

Zusatz, betr. reibungslose Bewegungen. Für diesen zweiten Teil des Beweises ist es 
wesentlich, dass die Flüssigkeit eine reibende sei. Eine reibungslose Flüssigkeit wird nämlich von 
einem Anfangszustand der betrachteten Art aus zwar nicht in den Gleichgewichtszustand zurück- 
kehren, aber doch für unbegrenzte Zeit in dessen Nähe bleiben können. Auch für eine reibende 
Flüssigkeit würde der Beweis hinfallig, wenn die Flüssigkeit im Stande wäre, von dem neuen Anfangs- 
zustand aus ohne relative Verschiebung ihrer Teilchen wie ein fester Körper sich weiter zu bewegen, 
wobei dann keine Reibung stattfände; doch lässt sich einsehen, dass das nicht möglich ist.^) 

Hiermit ist das Stabilitätsprinzip vollständig begründet. Wir erinnern uns aber, dass wir 
zu dieser Ableitung zwei noch unbewiesene Sätze zu Hülfe nehmen mussten. Doch werden wir das 
Stabilitätsprinzip schon als feststehend betrachten und geraden Wegs darauf ausgehen, dasselbe 
zur praktischen Anwendung auf eine gegebene Gleichgewichtsfigur geschickt zu machen, wobei sich 
von selbst die Hülfsmittel bieten werden, um auch jene zwei noch ausstehenden Sätze zu beweisen. 



§ 3. Ausarbeitung des Stabilitätsprinzips. 

Das Stabilitätsprinzip fuhrt die Frage nach der Stabilität einer Gleichgewichtsfigur darauf 
zurück, zu entscheiden, ob für dieselbe U^ ein Minimum ist oder nicht. 6^ soll gemäss der ersten 
Bemerkung des vorigen Paragraphen kurz als die zu c gehörige Energie einer Massenanordnung 
bezeichnet werden, auch soll der Index ^ wegbleiben, so dass also von jetzt an gilt: 

U=—,— V 

21 

Um festzustellen, ob U für eine Gleichgewichtsfigur ein Minimum ist, bedarf es eines Ausdrucks 
für U, welcher den Wert dieser Grösse für irgend eine deformierte Figur mit dem für die Gleich- 
gewichtsfigur gültigen unmittelbar zu vergleichen erlaubt. Die Aufstellung eines solchen Ausdrucks 
ist die Aufgabe dieses Paragraphen, sie wird in zwei Etappen der Annäherung erledigt werden. 

a) Die Energie einer deformierten Figur in erster Näherung. 

Es sei eine Gleichgewichtsfigur G gegeben und dieselbe werde auf irgend welche Art ein 
wenig deformiert. Man errichte die Normalen auf der Oberfläche von G und messe den Abstand 
f zwischen der deformierten und der Gleichgewichtsfigur längs dieser Normalen, nach aussen positiv, 

^) Man könnte zunächst vermuten, dass vielleicht die Flüssigkeitsmasse in der neuen Gestalt, wie ein freier fester 
Körper, eine allgemeine Poinsot'sche Kreiselbewegung auszuführen im stände sei. Man erinnere sich aber an den Helmholtz'schen 
Satz von der Erhaltung der Wirbel, nach welchem in einer homogenen inkompressibeln Flüssigkeit unter dem Einfluss von 
Kräften, die ein Potential haben, jedes Flüssigkeitsteilchen Rotations- Axe und -Geschwindigkeit für alle Zeit unverändert bei- 
behält. Dann erkennt man sofort, dass die einzige Bewegung, welche eine solche Flüssigkeit ohne Verschiebung ihrer Teilchen 
gegeneinander ausführen kann, die gleichförmige Rotation um eine feste Axe ist. Da nun für den benutzten Anfangszustand 
gezeigt wurde, dass er kein Zustand derartigen relativen Gleichgewichts ist, so können sich von ihm aus die Flüssigkeitsteilchen 
nicht ohne Veränderung ihrer Lagerung und ohne Reibung weiterbewegen. 

31* 



242 — 

nach innen negativ gezahlt. C wird bei einer willkürlichen Deformation eine willkürliche Funktion 
des Orts auf der Oberflache von G sein, welche nur dadurch einer Beschränkung unterworfen ist^ 
dass bei jeder Deformation die Gesamtmasse der Flüssigkeit konstant bleiben muss. 

Die ganze Energie, die Attraktionsenergie und das Trägheitsmoment in Bezug auf die 2r-Axe, 
seien für die ursprüngliche Gleichgewichtsfigur [/, V. /, für die deformierte Figur U, K /# der 
Ueberschuss letzterer Werte über erstere sei : dU, dV, dl. Man hat dann für die zu c gehörige 
Energie der deformierten Figur: 

und hieraus: d £/ — - ^^^^^7+ j'^.M/)* — j^(d /)•+... — <JF 

oder, da die Beziehung gilt : c ^sa aj * / 

wenn co die Rotationsgeschwindigkeit der Gleichgewichtsfigur bezeichnet: 

d u = — €0*0/ — r + — -- — -^ + ... O 

2 2 I^ 2 P 



Es erweist sich als praktisch, die beiden ersten Glieder dieses Ausdrucks , die die Aenderung von 
J-^- V infolge der Deformation bei konstant gehaltener Rotationsgeschwindigkeit angeben, zu- 

2 

sammenzunehmen. Sind dm und dm' zwei beliebige Massenteilchen der Flüssigkeit und J ihr Ab- 
stand, bezeichnet femer r den Abstand des Teilchens dm von der Rotationsaxe, so gilt: 

WO jede Integration über die ganze Masse der deformierten Flüssigkeit zu erstrecken ist. 

Es möge nun dm^ ein Element der ursprünglichen Gleichgewichtsfigur, dm^ ein Element der 
Massenschicht sein, die man auf die ursprüngliche Figur aufzulegen hat, um die deformierte zu 
erhalten, wobei dm^ positiv oder negativ sein wird, je nachdem C positiv oder negativ, die Defor- 
mation nach aussen oder innen erfolgt ist, und wobei wegen der Unveränderlichkeit der Gesamtmasse 
die Bedingung: 

\dm^ ^s=z o 2) 

erfüllt sein muss. Scheidet man aus den Integralen die Teile aus, die sich über die Gleichgewichts- 
figur erstrecken, so erhält man: 

2 

was sich auch schreiben läbst: 



243 

Die unter dem ersten Integralzeichen auftretende Klammer hat eine einfache Bedeutung, Es ist 

Jdfti 
—r^ das Potential der für die Gleichgewichtsfigur bestehenden Massenverteilung an der 

Stelle des Teilchens dm^, — r* ist das Potential der Zentrifugalkraft, es ist mithin: 

das für die Gleichgewichtsfigur bestehende Potential sämtlicher wirkenden Kräfte. Und zwar liefert 
diese Formel den Wert des Potentiales in irgend einem Punkt, wenn r der Abstand dieses Punktes 
von der Rotationsaxe, A sein Abstand vom Massenteilchen dtn^ ist. 

Wir wollen nun von dem Umstand Vorteil ziehen, dass sich die Massenelemente dm^ sämtlich 
sehr nahe bei der Oberfläche der Gleichgewichtsfigur befinden. Der Wert des Potentiales P auf 
der Oberfläche der Gleichgewichtsfigur sei P^, der Differentialquotient von P nach der inneren 
Normale, also die in dieser Richtung wirkende Kraft, sei g. Man bezeichne ferner die Entfernung 
eines Punktes von der Gleichgewichtsfläche, auf der Normale der letzteren nach aussen positiv 
gezählt, mit h Dann hat man für das Potential in diesem Punkte, wenn X klein ist und man höhere 
Potenzen dieser Grösse vernachlässigt: 

Weiter bezeichne man ein Oberflächenelement der Gleichgewichtsfigur mit d(o. Trägt man auf 

sämtlichen Normalen dieses Elements die Strecken A und l-^ dk ab, so erhält man für das auf diese 

Weise abgegrenzte Massenelement: 

dfn^ = d(o • dX 3) 

wofern man die verschiedene Neigung der Normalen dieses Elements und hiermit einen Faktor von 
der Form \ -\- aX {a endlich) vernachlässigt. Setzt man dies alles oben ein, so folgt: 

In den zwei letzten Integralen hat man jetzt, statt über alle Massenelemente dm^^ über alle Ober- 
flächenelemente d(o und über X von i = o bis A = f zu integrieren. Führt man letztere Integration 
aus, so erhält man: 

Dieser Ausdruck ist offenbar genau bis auf Grössen dritter Ordnung in C. 

Wir haben nun noch die übrigen Glieder in Gleichung (i) zu berücksichtigen. Man hat: 

6/ = ff* dm^ 
oder bis auf Glieder zweiter Ordnung genau: 

dl = (r^ dco dX = (r^C da) 3a) 

wobei man bei derselben Genauigkeit unter r die Entfernung des Schwerpunkts des Oberflächen - 
elementes do) von der z-Ame verstehen kann. Benutzt man dies in (i) und vernachlässigt alle 
Glieder dritter und höherer Ordnung, so erhält man für die Aenderung der Energie*) bis auf 
Grössen dritter Ordnung genau: 

^) Herr Basset (On the stability of Maclaurin^s Liquid Spheroid. Proc. Cambridge Philos. Society, Vol. Vm, pag. 31) 
und Herr Bryan (Ebenda, pag. 51) behaupten, dass Herr Poincar^ das letzte Glied des Ausdrucks (4) versehentlich ausgelassen 
habe und dass infolgedessen seine Resultate über die Stabilität der ellipsoidischen Gleichgewichtsfiguren noch nicht als abschliessend 
zu betrachten seien. In Wirklichkeit hat Herr Poincar^ diesen Fehler gar nicht begangen, er fährt dieses Glied allerdings nicht 
auf Seite 315 seiner Arbeit an, wo die übrigen Glieder von (4) auftreten, wo es sich aber noch nicht um Stabilitätsfragen 
handelt, doch hat er die Seiten 369—372 speziell der Berücksichtigung desselben gewidmet. 



244 - - 

Bis hierher haben wir den Umstand noch nicht benutzt, dass unsere Ausgangsfigur eine 
Gleichgewichtsfigur ist. Es ist aber bekannt, dass eine Flüssigkeitsmasse dann im Gleichgewicht ist, 
wenn das Potential aller wirkenden Kräfte auf ihrer Oberfläche konstant ist, wenn die Resultante 
der wirkenden Kräfte auf ihrer Oberfläche senkrecht steht. Für eine Gleichgewichtsfigur wird also 

Pq konstant, das erste Integral in 4) schreibt sich somit: — P^idm^ und diese Grösse ist nach 

2) null. Es bleibt also der Ausdruck der Aenderung der Energie: 

In diesem Ausdruck bedeutet g die Schwere im Element d(o der Oberfläche der Gleich- 
gewichtsfigur, da wir g als Differentialquotient des Potentials nach der inneren Normale definiert 
haben und dieser Differentialquotient für eine Gleichgewichtsfigur gleich der Resultante aller 
wirkenden Kräfte, gleich der Schwere ist. 

Die Gleichung A), welche, um es zu wiederholen, nur bis auf Glieder dritter Ordnung genau 
ist, werden wir im Nächstfolgenden so behandeln, als ob sie der vollständige Ausdruck der Aenderung 
der Energie wäre, und die notige Korrektur erst später hinzufügen. 

Zusatz. Beweis des in § 2, Bemerkung 2, ausgesprochenen Satzes. Der Ausdruck A), 
welcher die Aenderung der Energie bei der Deformation einer Gleichgewichtsfigur angibt, enthält 
keine Glieder erster Ordnung in C und das bedeutet, dass U für die Gleichgewichtsfigur in dem in 
der obigen Bemerkung angegebenen Sinne stationär ist. 

Man vernachlässige ferner in 4) auch die Glieder zweiter Ordnung. Dann darf man im 
ersten Integral für dm^ den Wert 3) einsetzen und erhält: 

dU=-^P,U<o 5) 

Ferner lautet die Gleichung 2) bei der gleichen Genauigkeit: 

f ^ö> =0 6) 



/■ 



Man verlange nun, dass für die Ausgangsfigur U stationär sei, d. h. dass für alle möglichen Defor- 
mationen t die Glieder erster Ordnung in d C/ verschwinden. Es soll also für alle beliebigen 
Werte C, die der Bedingung 6) genügen, der Ausdruck 5) null werden. Das ist offenbar nur dann 
möglich, wenn P^ eine Konstante ist. 

Es folgt also auch umgekehrt : »Ist für irgend eine Massenanordnung die Energie U stationär, 
so ist dieselbe eine Gleichgewichtsfig^r.« 

Hiermit ist der erste Hülfssatz, der dem Beweise des Stabilitätsprinzips zu Grunde lag, erledigt. 

b) Einfuhrung der Orthogonalfunktionen. 

Es ist in A) ein genäherter Ausdruck, für die Aenderung dU gefunden worden, welchen 
die zum Rotationsmoment c gehörige Energie erfährt, wenn man von der Gleichgewichtsfigur zu der 
durch die Abstände C charakterisierten Nachbarfigur übergeht. Wir wollen uns vorstellen, dass 
dieser Ausdruck vollständig wäre. Soll dann die Gleichgewichtsfigur stabil, U für sie ein Minimum 
sein, so muss dieser Ausdruck für 6 U positiv sein , wie man auch die Verteilung der Werte von C 
über ihre Oberfläche annehmen möge. Es ist also ein Weg anzugeben, wie man entscheiden kann, 
wenn die Form der Gleichgewichtsfläche, die Schwere auf ihrer Oberfläche, o) und / gegeben sind, 
ob 6U für alle Deformationen positiv oder für einzelne negativ ist. 



245 

Man kann den Ausdruck A) in der Form schreiben: 

dU = y J^ C» dm - yJjVr diD dm (~ - '^ r« r'*) i) 

Die Integrationen bedeuten, dass man die Oberfläche der Gleichgewichtsligur in unendlich 
viele Teile dm zu teilen, einen Wert von C zu nehmen, der zu einem im Innern von dm gelegenen 
Punkte gehört, und über alle dann entstehenden Produkte zu summieren hat. 

Man wird offenbar eine Annäherung an die Werte der Integrale erhalten, wenn man die 
Oberfläche nicht in unendlich viele, sondern in eine sehr grosse endliche Anzahl n von Teilen 

rfö>j, rfa>,, dm^ dmi - . . dm„ teilt, für ^, r, C die in einem mitten in dm, gelegenen Punkte gültigen 

Werte ^,-, r,, Ci* und für J den Abstand J,* zweier mitten in den Teilen dm, und dmjk gelegenen 
Punkte benützt und, statt zu integrieren, summiert. Man erhält dann folgenden Wert für dU: 



»(/= |S^«rf«>»C.*-|£: i; dm^dmJ-^^^r^^rAAc.l:^ 



2) 



Dies ist eine quadratische Form mit den «-Variabein C, f, . . . . C„. Unsere Aufgabe ist, zu ent- 
scheiden, ob diese quadratische Form positiv oder, je nach der Wahl der Ci, bald positiv, bald 
negativ ist, was wir streng genommen nicht für eine endliche, sondern für eine unendlich grosse 
Zahl n durchzuführen haben. 

Soll man über das Verhalten einer quadratischen Form der «-Variabein jr, x^ . , . , Xni 



H n 

/ = S l^aikXiXk 



Utk = ajkt 



3) 



entscheiden; so hat man dieselbe in eine Summe von einander unabhängiger Quadrate zu verwandeln 
und das geschieht nach Jacobi folgendermassen : Man wählt eine beliebige zweite quadratische 
Form, die der Einfachheit wegen nur rein quadratische Glieder enthalten möge: 



M 



^ = S biX^ 



4) 



f =X 



und kann dann eine lineare Substitution bestimmen: 



durch welche / und g in: 



xi = ^ßiXyX 






t = I, 2, 3 .... ;/ 



5) 






9) 



also in Summen von reinen Quadraten übergehen. Für die Substitutionscoeffizienten gelten dabei 
die Beziehungen : 

o wenn X^ if 



n n 

2j IjaikßikßkX' = , - ,. 

i: bi ßii ß,x- = ° ''«"'» ^ ^ ^' 

1=1 I X=bX' 



7) 



8) 



Hierin sind die Si die Wurzeln der Determinantengleichung : 



'11 



D = 



^nl 



rt,, 

• 
• 


1 
< 
t < 

1 < 

1 

» 1 

• 4 

< 




1 . • 



s= O 



9) 



246 

Femer gelten noch die Beziehungen: 

Ijaikßil = bkSißkl 10) 



ISI 



und: 



Wir wollen für / die Doppelsumme, für g die einfache Summe in (2) nehmen, setzen also: 

a,k — dnu d(Ok l ^- 'j- n^rkA bi = gidioi 1 1) 



Lv- ^ ^ ' j ^ / > ^'> * *\ o wenn A ^ A 



losen die Gleichung (9) auf, bestimmen die ßtX aus den Gleichungen (10) und (8), bilden die Sub- 
stitution (5), in denen wir nur an Stelle von av Ci schreiben, und erhalten dann vermittelst (6): 

mithin die gewünschte Umformung von öl/ in eine Summe von Quadraten.^) 

Wir wollen noch die Gleichungen (7), (8) und (10) in der Form hinschreiben, die sie infolge 
von (11) annehmen : 

S" ~ o j o wenn X^ i' . 

ii ßil doh [ Y — ^'^ r.* rA = gk si ßkX 

Es ist bekannt, dass diese Rechnung für jede endliche Zahl n durchfuhrbar ist und diese 
Formelsysteme selbst in den Ausnahmefällen ihre Gültigkeit behalten, wo mehrere Wurzeln s der 
Determinante gleich werden. 

Uebergang zu einer unendlichen Zahl n. Um für ($6^ an Stelle der Summen (2) den 
Integralausdruck (i) zu erhalten, haben wir nun zu einer unendlichen Zahl n überzugehen. Die 
Reihe von isolierten Werten Ci Cg • • • • C« geht dann in die kontinuierliche Funktion C über, welche 
die Deformation der Gleichgewichtsfigur angiebt Die Determinante D wird unendlich viele Wurzeln 
haben und es sind unendlich viele neue Variabein y. einzuführen. Man betrachte die Gleichungen (5) 

Ci = ^ß,kyi /= 1, 2, 3 — 

und fasse einmal die Koeffizienten /j,i, die zu y^ gehören, ins Auge. Für jedes 1 gilt eine solche 
Gleichung, für jedes 1 erhält man einen bestimmten Wert ßn^ zu jedem i gehorte ein bestimmtes 
Oberflächenelement dou, es gehört also zu jedem Oberflächenelement dou ein bestimmter Wert ßm 
wird n unendlich, werden die Elemente dvu unendlich klein, so bilden die sämtlichen Werte ßn 
(/= I, j, 3 . . .) zusammen eine gewisse Funktion des Ortes auf der Oberfläche der Gleichgewichts- 
figur. Dasselbe gilt für die Werte /Ai, ßt% u. s. w. Alle zu einem Index k gehörigen Werte ß 
bilden eine Funktion dos Orts auf der Oberfläche, welche mit t}-^ bezeichnet werden soll und welche 

h All'^r'itn,;! \%\ hierbei nicht berücksichtigt, i1ji%% die Unverandcrlichkeit der Flü^«i(;tceit%mai^e eine Bedin(;ung iwUcbcn 
den (ii<>««rn i < erfordert und die Vu^'^'<*(^ mitbin nicht, wie «le es doch sein Stdltcn, unj)>hjn^'!|; von einander sind. Da die 
Kierdu'ch D(>t«er.d.,;c Korrektur df-r \tir:,;en Bell jchtungen im allgemeinen verwi».kelt, in den »p.it*-ren spezirllen Anwendungen 
a\ ' t ur.n.itSf P ar iu ef!r.!,jfn i^t, ^ci.irn es l^e^ser, »ic hier b'-i Seile lu lassen. 



247 

wegen ihres Entstehens aus einer orthogonalen Substitution den Namen »Orthogonal funktionc 
erhalten soll. Wir finden ein System von unendlich vielen zusammengehörigen Orthogonalfunktionen. 

Die Substitutionen (14) kann man jetzt unter Fortlassung des Index / schreiben: 

OD 

wobei man nur rechts und links die für dasselbe Oberflächenelement gültigen Werte der Orthogonal- 
funktionen i^ji und von C zu nehmen hat. Man erhält also nichts anderes, als eine Reihenentwicklung 
der willkürlichen Funktion des Orts C nach Orthogonalfunktionen, in der die y^ als Entwicklungs- 
koeffizienten auftreten. Man erhält alle möglichen Deformationen f. indem man diese Entwicklungs- 
koeffizienten auf alle mögliche Art innerhalb gewisser Grenzen variieren lässt. 

Ä (7 verwandelt sich nach (12) in eine unendliche Summe von Quadraten: 

bU= -J:{i-s^)yi^ C) 

Die Gleichungen (13) gehen in die folgenden fundamentalen Integraleigenschaften der 
Orthogonalfunktionen über : 

ff , d(od(ü co^ r r / ^ /* , . / o wenn A ^ ;/ 

J, o wenn X^ X' ^-.v 

vx-j — Y i^^ =£^^lVx F) 

Hierin gehören, wie schon immer, die oben mit einem Accent versehenen Grössen rj' r zum 
Flächenelement rfa>'; in der letzten Gleichung ist J der Abstand des Elementes d(D von dem festen 
Punkt der Oberfläche, zu dem die rechts stehenden Werte g und r\^ gehören. 

So wären wir am Ziel. Man hätte die Wurzeln einer unendlichen Determinante D zu 
berechnen und .fände nach (C), dass <5 U dann und nur dann für alle möglichen Deformationen 
positiv wäre, wenn die sämtlichen Wurzeln s^ kleiner als i ausfallen. Näheres Eingehen auf die 
Orthogonalfunktionen selbst wäre nicht nötig. In der That hat Herr Poincar6 den Begriff der 
Orthogonalfunktionen für eine beliebige Fläche nicht gebildet und sich begnügt, anzugeben, dass 
der Ausdruck (C) herstellbar ist. Doch ist es für die Uebersicht vorteilhafter, die allgemeinen 
Orthogonalfunktionen aufzustellen, weil dann in den speziellen Fällen, für die man die Ausdrücke 
der Orthogonalfunktionen und die Werte der Wurzeln $1 wirklich hinschreiben kann, die Integral- 
eigenschaften (D) (E) (F) nicht als. blosse Merkwürdigkeiten, sondern als mit der Entstehungsart 
dieser Funktionen durch eine orthogonale Substitution organisch verbunden erscheinen. Zudem 
erinnern wir uns, dass der hier zu Grunde gelegte Ausdruck (A) für b U nicht vollständig war und 
dass die nötige Korrektur desselben erst noch herzustellen ist. Auch für diesen Zweck wird es 
förderlich sein, 

Die Entwicklung einer willktLrlichen Funktion nach Orthogonalfunktionen ausführen zu 
können. Gleichung (B) lehrte, dass eine solche Entwicklung existiert, und es ist sehr leicht, wenn 
die Funktion C in allen Punkten der Fläche vorgeschrieben ist, die Entwicklungskoeffizienten y^ zu 
finden. Man multipliziere nämlich (B) mit ^rfa> i^x und integriere über die ganze Oberfläche. Man 
erhält dann: 



JgdcüCrjx = ^yxJ£:vxv^^<^ 



3« 



— 24S — 
oder mit Hülfe der Gleichungen (£): 

womit die Aufgabe gelost ist. 

Man darf sich nun nicht verheimlichen» dass die ganzen eben angestellten Entwicklungen 
unsicher sind, weil 

die Berechtigung zum üebergang von einer endlichen sn einer unendlichen Zahl n fraglich 
ist. Schon die Definition der Grossen si sagt im Grunde nichts aus, weil man die unendliche 
Determinante, deren Wurzeln sie sind, nicht behandeln kann. Es müsste gezeigt werden, dass man 
eine Annäherung an bestimmte Grenzwerte von n Wurzeln s erhält, wenn man die Determinante 
für einen endlichen Wert n aufstellt und auflöst. Trotzdem kann man die Existenz der Wurzeln si 
und der Orthogonalfunktionen f]i nach der obigen Ableitung mit grosser Sicherheit behaupten. Es 
tritt nämlich genau dieselbe Bildung einer orthogonalen Substitution und genau derselbe Üebergang 
zu unendlichem n in sehr vielen Gebieten der mathematischen Physik auf und jedesmal sind die 
Resultate, die man so mathematisch unberechtigter Weise erschlossen hat, durch die direkte 
physikalische Erfahrung bestätigt worden. Wie man die Orthogonalfunktionen für die Kugel und 
das Ellipsoid in den Kugelfunktionen und Lam^'schen Funktionen wirklich angeben kann, so kann 
man auch in den andern Fällen die entsprechenden Gebilde für gewisse einfache Korper herstellen, 
es fehlt aber bislang an einem Beweis, dass dasselbe für einen beliebigen Korper möglich ist. Alle 
folgenden allgemeinen Sätze werden mit derselben Unsicherheit behaftet sein, mit der die Existenz 
der Qrthogonalfunktionen selbst behaftet ist ; dagegen sind die Resultate der im zweiten Teile dieser 
Arbeit zu machenden Anwendungen völlig streng, weil für die dort behandelten Ellipsoide die 
Orthogonalfunktionen nach geringen Modifikationen in die bekannten wirklich herstellbaren Lam^*- 
sehen Funktionen übergehen.') 

Durch sehr wahrscheinliche Analogieschlüsse gewinnt man aus dem Verhalten der Werte s^ 
für die KugeU und Lam^'schen Funktionen noch einige Sätze, die zur Forderung der Vorstellung 
von den Orthogonalfunktionen dienlich sind. Für jede endliche Fläche ohne Singularitäten bilden 
die si eine Reihe diskreter Werte, welche mit einem grössten endlichen positiven Werte s^ anfangen 
und dann abnehmend sich mehr und mehr der Null nähern. Wird eine Fläche stetig deformiert, 
so ändern sich auch die Stabilitätskoeffizienten stetig. Dabei kann es für spezielle Flächen vor- 
kommen, dass mehrere Wurzeln si denselben Zahlenwert annehmen, oder anders ausgedrückt, dass 
zu einem Zahlenwerte eine ganze Anzahl verschiedener Orthogonalfunktionen gehört. Z. B. hat man 
für die Kugel: 

die dreifache Wurzel j, = j, = j^ = 1 
» fünflache » J4 = Jj = J« ^ J7 = ^g = 

» siebenfache > J» = «^lo = • • • • -^is = " 



> neunfache » «^i« = ^n *™ • • • * -^n ^^ 

u. s w. 



3 
I 

4 



Auch für das Rotationsellipsoid werden zwei Grossen s-^ paarweise gleich. 

') Kincr t(>Jt<*rcn (ielct*cnh€U matt die Behandlang weiterer Eigenschaften der OrthogunaUanktionen vorbehalten bleiben, 
ftowie die Angabe ihrer Verwendlarkeit in df>r Totentialtheoric und ihrer Analogieen mit den von Herrn C. Neamann einge- 
führten »HIemrntarpotentialen« (Berichte der Kgl. sach%i»chen <ics' tUchift der Wi<»»en»chaften. 1878. Entwicklung nach Elementar* 
potcraialen. J |6.' and Herrn Foincarc't »Kundamer.t.ilfunkt!oicn« (La Methode de Neumann et le Probleme de Dirichlet. Acta 



249 

c) Vollständiger Ausdruck der Energie einer deformierten Figur. 

Man konnte versucht sein, die Aenderung der Energie infolge einer Deformation der Gleich- 
gewichtsfigur, so wie wir es unter a) begonnen haben, nach Potenzen der Werte von C weiter- 
entwickeln zu wollen, allein ein solcher Versuch wurde nicht durchführbar sein, weil schon für die 

dritten Potenzen die Differentiale der reziproken Distanz -r nach der Normale in Betracht kämen, 

welche, wenn zwei Punkte zusammenrücken, so unstetig werden, dass die betreffenden Integrale 
ihren Sinn verlieren. Dagegen kann man die Deformation C zunächst auf die oben angegebene 
Art nach Orthogonalfunktionen entwickeln und die Aenderung der Energie dann durch eine Reihe 
darstellen, welche nach Potenzen der Entwicklungskoeffizienten yi fortschreitet. Für uns wird es 
genügen, die Möglichkeit dieses Verfahrens einzusehen, ohne es vollständig auszufuhren. 

Im Grunde ist es für das Folgende nur notig zu wissen, dass die im Ausdruck (C) ver- 
nachlässigten Glieder im Verhältnis zu den mitgenommenen um so kleiner werden, je kleiner die 
Deformation selbst wird, was geometrisch evident ist. Herr Poincar^ ist daher auch auf die weitere 
Entwicklung der Energie nicht eingegangen; doch werden wir die Thatsache, dass die Energie in 
dieser Weise entwickelbar ist, als Kontrolle für andere Ueberlegungen in § 4 f ) zu Hülfe nehmen, 
zudem scheint mir die Ueberzeugiing angenehm, dass man es arithmetisch hier nicht mit ausser- 
gewohnlichen Erscheinungen zu thun hat, was nicht so sehr auf der Hand liegt, als es im ersten 
Momente scheinen mag. 

Die Attraktionsenergie der Flüssigkeit war durch das doppelte Raumintegral: 

dargestellt. Dasselbe soll in ein doppeltes Oberflächenintegral übergeführt werden. Man führe das 
Attraktionspotential ein : 

Dann ist: 

V = JR dm 

Nun kann man bekanntlich R durch ein Oberflächenintegral ausdrücken (Tiss6rand, M^canique 
Celeste, Bd. II pag. 5): 

R =^ — I do} cos (« A) 

worin {nA) den Winkel bedeutet, welchen die Richtung vom angezogenen Punkt nach dem Ober- 
flächenelement d(o mit der in diesem errichteten äusseren Normale n macht. Hiermit wird: 

f^ = — I dm I d(ü cos (« A) 
oder durch Umkehrung der Integration: 



F = — I do> • I dm cos (« A) 



mathematica. Bd. 20. 1896.) Dort soU auch ein strenger Beweis ihrer Existenz erbracht werden, der sich auf folgende Vor- 
stellung stütst: 

Jede einfach susammenhängende Fläche kann man eindeutig auf die Kugel beziehen. Kennt man eine Orthogonal- 
funktion dieser Flache, so bedeutet dieselbe eine gewisse Verteilung von Funktionswerten auf der Flache, oder auch, infolge der 
Beziehung, eine Verteilung von Funktionswerten auf der Kugel, welch letztere man nach Kugelfunktionen entwickeln kann. Es 
lassen sich nun die Orthogonalfunktionen in Gestalt von Entwicklungen nach Kugelfunktionen, deren Konvergenz bewiesen werden 
kann, wirklich herstellen. 

3«* 



250 - - 

Sei: 

T = (dm cos (;/ J) ^ ^ [ J^^ * ^ 

7 ist eine Funktion des Orts auf der Oberfläche, man hat bei der Integration für n die 
Normale in dem Punkt der Oberfläche zu nehmen, für welchen man T berechnen will. Wir wollen 
zur Verdeutlichung dieser Normalen und dem Oberflächenelement, in welchem dieser Punkt liegt, 
einen Accent geben, also schreiben: 

r « (dpn cos (;/M) y ^ -^ jdo) 7 ' 

Es ist nun offenbar: 

■7- ^ COS (h /J) 



Mithin: 



J Ott 



Für jede beliebige stetige Funktion o gilt die folgende Integraltransformation: 

I dm - V = I d(o Q cos (;/ n) 

die man leicht aus den Green*schen Sätzen ableitet^) Wendet man das auf T an, so folgt: 

T' = I dit} • . I cos (« n) 
und hiermit: 

I " = II dio • ^(r>' 1 COS (n n) 1 > 

liier bedeutet, um über die Bezeichnung keinen Zweifel zu lassen, J den Abstand der beiden 
Elemente dm und du}\ (nn) den Winkel der Normalen in denselben. 

Man führe auf der Oberfläche der Gleichgewichtsiigur Flächenkoordinaten /i und v ein, 
welche einen Punkt auf der Fläche eindeutig in solcher Weise bestimmen, dass sich der Punkt 
stetig bewegt, wenn man /< und v stetig ändert. Femer führe man ein rechtwinkliges Koordinaten* 
System ein, und es mögen x, y, s die rechtwinkligen Koordinaten eines Punktes der Oberfläche sein. 
Bekannte Sätze der Flächentheorie liefern dann: 



do}Cos{nx) = -" — -^ \dn>dv 

\ö u ov ov o fij 



d(0 cos 



(^s ^x <)s dx\ . , . 

\n u ov oy o lij 



ijio cos (//-) = I . . .- ^ ] du 'd\ 

\o u n y y o n] ' 



Dit? bisher aufg«»stellten Beziehungen mögen für die Gleichgewichtsfigur selbst gelten, die 
auf die deformi*'rte Figur bezüglichen Grössen wollen wir, wie früher, oben mit einem Querstrich 
versehen und erhalten dann tür diese Grösse an Stelle von (i): 

/' .-- I j r/o* i/f'/ .1 cos (//;/') 3) 

') 1)4 mir iIjc UuhTC ,:lc.i.h I ijc^ctzt hai-*-n, Im-lc itct Jm .null cm Volumcnclcnicnt. 



251 - 

Wir fuhren aber auf der Oberfläche der deformierten Figur kein neues System von Flächen- 

Icoordinaten fi v ein, sondern beziehen die deformierte Figur auf die ursprüngliche, indem wir jedem 
Punkt der ursprünglichen Figur den auf seiner Normalen liegenden Punkt der deformierten zuweisen, 

und können dann indirekt die Koordinaten x y z eines Punktes der deformierten Figur als Funk- 
tionen von fi und v betrachten. Man erhält sofort: 

jr = or + C cos (ä ;r) ^ = _y + f cos {ny) z = ^ + f cos («^) 4) 

und an Stelle von (2) treten die Gleichungen: 

- - (bybz bybz\ 

\d fX OV OV Oll) 

« 
f 2 O X O Z O JC\ \ 

doi cos (;i y) = ( t 's T" ^~ 1 ^/* ' ^^ 5) 

\0 II ÖV OV f.Lj 

— — IQ X ö V u X o y\ 

cico cos (n ^) = ( 1 — i— — i— fi 1 ^A* * ^^ 

\d /i d V OV o fx) 



Man hat ferner: 



j» = (x-xy + {y -yy -f- (^- ^)» 



zl» =s J» 4- 2 (;r — ;ir') [C COS (« a) — T COS (;/' a)] + 2 (y — y) [C COS (;/^) ~ C' cos («»] 

+ 2 (^ - /) [C cos (« ^) — rcos {nz)] + f » + f » — 2 er cos (;/ «' ) ^^ 

da : cos (« n) = cos (« a) cos (n x) -f- cos (n y) cos («'7) + cos {n z) cos («' z) ist. 7) 

Man entwickle jetzt C nach Orthogonalfunktionen: 

berücksichtige aber, dass es sich nur um kleine Deformationen handelt und infolgedessen die y^ 
klein werden, setze daher: 

OD 

WO a eine sehr kleine, A^ eine massige endliche Grösse ist. Man erhält dann z. B. aus (4) : 

JK = J' + a L ^A ^^ cos («7) 
und hieraus: 

\\ = ff. + ''fj^ //. {''^ "°' (''^)} 9) 

Aehnlich kann man die andern in (5) auftretenden Differentialquotienten ausdrücken. Setzt 
man alle diese Ausdrücke in (5) ein, so findet man: 



rfcüCOs(//A) = l-r^T -r^-r~\dudv'\'aM.dudv'\-<j?'M^dad 

\PlXOV OV Ofi) * " 



V 



10) 



do) cos (;/.v) = d(o cos {nx) + [«^i + a*-^j] ^/^ • dv 

Hierin bedeuten M^ und M^ unendliche Summen, deren erste nach den A^ selbst, deren 
zweite nach Quadraten und Produkten der A^ fortschreitet. 

Man schreibe nun die Gleichung (10) noch einmal für ein anderes Oberflächenelement dto 
und multipliziere diese beiden Gleichungen miteinander, verfahre ebenso mit den entsprechenden 



252 - - 

auf die y^ und jff* Koordinate bezüglichen Relationen und addiere die drei entstehenden Produkte. 
Man erhält dann in Rücksicht auf (7): 

do}* do} cos(nn) «= dcodfo' cos(nn) -{• [aN^ -{-a^N^^d/i dvdßi dv 11) 

wo N^ und N^ ähnlich wie M^ und Af^ gebaute Summen sind. 

Um V aufstellen zu können, hat man noch J zu berechnen. Man setze 

h wird dann eine endliche und stetige Funktion des Orts auf der Fläche sein« Setzt man dies in (6) 
ein, so erhält man einen Ausdruck der Form: 

J* e« J» -|- a iWj + a* f«. 

Man überzeugt sich nun leicht durch einfache Betrachtungen, die wir uns hier ersparen 

dürfen, dass die Grossen: —^^ und - * endlich bleiben, wenn man die Punkte auf der Oberfläche 

der Gleichgewichtsfigur, deren Distanz J ist, einander beliebig nahe rücken lässt, wofern, wie wir 
das voraussetzen, h überall endliche und stetige Derivierte hat. Entwickelt man daher: 



A = J.|/,+a-^j- + a»5- = J[, +a«, + a»ii.+ . . .] 



12) 



so wird diese Entwicklung konvergent, so lange a hinreichend klein ist. Die n sind dabei ganze 
Funktion von — und -— -. 

OD 

Man setze für h wieder die Entwicklung nach Orthogonalfunktionen ]S tii Ai ein. 

Hierdurch werden -J^ und -^ in unendliche Summen übergehen, die nach den Ai resp. nach 

Quadraten und Produkten derselben fortschreiten. Die n werden ähnliche Reihen sein und zwar 
wird fii aus Gliedern 1^ Dimension in den Ai bestehen. Multipliziert man nun (11) und (12), 
so erhält man: 

da} dio J cos (nn) ^ dm • d(o cos (nn)A -j- a • J [^^ -f ak^ + a*^s + . • .] dfi dvdpC dV 

wo die k ähnliche Summen wie die n sind, uhd mit Hülfe von (i) und (3): 

Die Integration ist hier eigentlich eine vierfache, sie erstreckt sich über alle Werte /«, y, /i\ r , 
welche diese Grössen auf der Oberfläche der Gleichgewichtsfigur annehmen. 

Man denke sich die k ausgeschrieben, z. B. : 

OD OD qp 

*, =■ S S ^AiAkAibikt 

ISI >I=I /=l 

wobei biklt ebenso wie J, eine Funktion von /iv/i'/ sein wird. Diesen Ausdruck führe man unter 
dem Integralzeichen ein und integriere. Man findet dann: 

OD OD 00 



I xd^dy dy! dVAk^ »« ^1^^ AiAkAiCikX 

2 «/ «/ ts I km t X= I 

Ctkl ^ \\d^dy dfi dv Abtkt 



253 

Führt man das für alle k durch, so erhält man eine Entwicklung von V — V nach Potenzen 

der Aj^, Man kann schliesslich an Stelle von aAx wieder y^ einführen, womit V — V nach Potenzen 
der yj^ selbst entwickelt ist. 

Es fehlt nun nicht mehr viel, um die gleiche Entwicklung für die Aenderung der ganzen 
Energie U durchführen zu können. Es war ja: 



U = 



2l 



Wir haben also nur noch die Aenderung des Trägheitsmomentes / zu untersuchen, und 
dies lässt sich auf ähnliche Art bewerkstelligen. Es ist nämlich: 



I=ff^dm ^=J 



r* dm 

wenn, wie oben, r den Abstand des Teilchens dm von der -er-Axe, der Rotationsaxe , bedeutet. 
Legt man um die jsr-Axe einen Cylinder vom Radius i und bezeichnet ein Oberflächenelement dieses 
Cylinders mit da, so ist offenbar: 

dm = do ' r ' dr 
folglich : 

/ = ^do - r^dr = ~(l^do 

wenn man unter R den Wert versteht, den r auf der Oberfläche der Gleichgewichtsfigur annimmt. 

Ist ferner («J?) der Winkel zwischen der äusseren Normale im Oberflächenelement dco und 
der Richtung R (diese Richtung von der £r- Achse nach dem Element da) hin gezählt), so gilt: 

Rda = d (o cos (nR) 
Man findet daher: 

/ = -Jr^ cos (nR) do) 13) 

und entsprechend für die deformierte Figur: 

/= -(R^cos(^R)d^ 
4J 

Ferner ergiebt die geometrische Anschauung: 

cos (« R) = cos {n x) cos {R x) + cos {ny) cos {Ry) + cos {n s) cos {R z) 
R = x^ + y^ Rcos(Rx) = x ' Rcos{Ry) = y Rcos(Rg) = o 

Hiermit wird 

/ = — I (jT* + y^) \ß cos {nx)'\' y cos {ny)\ dco 14) 

und entsprechend 

/ = - I (;r* 4- y^) [-^ cos {nx) -j- y cos (ny)] d(o 15) 

Man sieht unmittelbar ein, dass man mit Hülfe der Gleichungen (2) (4) (5) und (8) aus 
diesen beiden Formeln einen Ausdruck herstellen kann: 

7= /-f a/, +aV,+ .. .a»4 16) 

welcher mit der fünften Potenz von a abschliesst und worin /,. eine unendliche Summe ist, die aus 
Gliedern i^ Dimension in den A;^ besteht. 



•254 

Setzt man, wie oben : 1 — / == 6J, so hat man : 

^- I(7$r/)- ^= c.-(F-r)-^-%/4-f>/)'-^^\(a/)»4- . . . 

Die hier ausgeführte Entwicklung ist konvergent, wenn &I klein genug ist, d. h. wenn o 
hinreichend klein ist. Man kann hier für 6/ den aus Gleichung (i 6) folgenden Ausdruck einführen, 

in diesem wieder statt a A^ den Wert y^ einsetzen und erhält, wenn man die oben für V— V aus- 
geführte Entwicklung heranzieht, schliesslich die ganze Aenderung der Energie U-^Uva Gestalt 
einer Reihe, die nach Potenzen der yi fortschreitet. 

Aus den Betrachtungen in den beiden ersten Abschnitten dieses Paragraphen wissen wir, 
dass die Glieder erster Ordnung in dieser Reihe fehlen, die Glieder zweiter Ordnung werden 
durch (C) geliefert, man erhält daher im Ganzen: 

0—U=dU^ £(1-^;):^;.»+ i/, G) 

und hierin ist £/, eine Potenzreihe mit den unendlich vielen Variabein yi, die mit Gliedern dritter 
Ordnung beginnt. 

Aus der skizzierten Ableitung dieser Potenzreihe geht hervor, dass sie konvergiert, sobald a 
hinreichend klein ist, oder nach (8), sobald die Deformation C hinreichend klein ist. Dabei ist zugleich 
vorausgesetzt worden, dass die y^ die Entwicklungskoeffizienten der samt ihren ersten Derivierten 
endlichen und stetigen Funktion C sind und dass die Entwicklung einmal gliedweise differenziert 
werden darf. Man kann daher über die Konvergenz der Reihe (G) folgenden Satz aussprechen : 

Die Potenzreihe (G) konvergiert immer, wenn die Entwicklung nach Orthogonalfunktionen 

OD 

eine samt ihren ersten Derivierten überall auf der Fläche endliche und stetige hinreichend kleine 
Funktion darstellt und diese Entwicklung einmal gliedweise differenziert werden darf. 

d) EndgOltigo Form des Stabilitätsprinzips. 

Die unendlichen vielen Grossen i—s^^ die von den Wurzeln einer unendlichen Determinante 
abhängen und die man in Praxis für jede Gleichgewichtsfigur aus der Theorie ihrer Orthogonal- 
funktionen ableiten wird, wollen wir mit Herrn Poincar^ »Stabilitätskoeffizientenc nennen und 
folgenden Salz beweisen, welcher die zur Anwendung geeignetste Form des StabUitätsprinzips dar- 
stellt, die man ihm für eine ganz unbestimmt gelassene Gleichgewichtsfigur geben kann: 

» Eine Gleichgewichtsfigur ist stabil, wenn alle ihre Stabilitätskoeffizienten positiv sind, 
sie ist instabil, wenn einer oder mehrere negativ sind, während der Fall, dass ein oder 
mehrere Stabilitätskoeffizienten null und alle übrigen positiv sind, einer besonderen Unter- 
suchung bedarf.« 

Am leichtesten sieht man den negativen Teil dieses Satzes ein. Es möge nämlich ein 
Stabilitatskoeffizient, z. B. i — s^, negativ sein. Man bilde eine Reihe gegen die Gleichgewichtsfigur 
deformierter Figuren, indem man auf den Normalen der Gleichgewichtsfigur die Strecken: 

aufträgt und /, zwischen einem positiven oder negativen Werte und Null variieren lässt. Die 
Entwicklung (G) ergiebt dann für die Energie dieser Figuren: 



255 

wobei die Potenzreihe für hinreichend kleines y^ konvergent ist. Schreibt man: 



0-U= {x-s,)y^^ 



I Jj * I J, * J 



SO wird für sehr kleines ^'j die Klammer nahezu eins und, da i — j, negativ sein soll, ^—Z/ negativ 
werden. Man hat also eine Reihe sich an die Gleichgewichtsiigur anschliessender Figuren, in deren 
Beginn die Energie abnimmt, dieselbe ist also kein Minimum, mithin die Gleichgewichtsiigur instabil. 

Dasselbe bleibt natürlich gültig, wenn mehrere Stabilitätskoeffizienten negativ sind. Sind 
dagegen alle andern positiv und i — j, null, so wird das Verhalten von Ü im Anfang der eben 
gCebildeten Reihe von A^ abhängen , es lässt sich also in diesem Falle aus der Kenntnis der 
Stabilitätskoeffizienten allein nichts schliessen. 

Seien nun alle Stabilitätskoeffizienten positiv. Man bilde irgend eine Reihe sich an die 
Gleichgewichtsfigur anschliessender Figuren und charakterisiere jede Figur durch den Wert eines 
in der Reihe von null an wachsenden Parameters /. Für jede einzelne dieser Figuren bilde man 
die Entwicklung: 

Die Koeffizienten y^ dieser Entwicklung werden Funktionen von / sein und da für sehr 
kleines p auch die Abweichung von der Gleichgewichtsfigur C, mithin auch die y^^ sehr klein werden, 
so kann man setzen: 

worin die A^ endliche Grossen sind und a mit auf Null abnehmendem / gleichfalls auf Null abnimmt. 
Setzt man diese Werte in die Entwicklung (G) ein, so erhält man: 

0— U = a» L (i —si\ Ax^ + a« C; + a* C; + . . . 

= a» C, -f a« Cj + a* C; + . . . 
Hierin ist C, eine positive Grosse. Schreibt man ferner: 

^- t/ = a» C; [i + a^» + a»-^* 4- • • •] 

SO ist die in der Klammer auftretende Potenzreihe für kleines a konvergent, die Klammer selbst für 
sehr kleines a und p nahezu eins, mithin der ganze Ausdruck für kleines / positiv. Es wächst also U 
im Beginn jeder beliebigen -Reihe sich an die Gleichgewichtsfigur anschliessender Figuren, U ist 
für die Gleichgewichtsfigur ein Minimum, diese selbst ist stabil.^) 

Hiermit ist der obige Satz bewiesen und die Ausarbeitung des Stabilitätsprinzips, soweit sie 
sich allgemein durchführen lässt, vollendet. 

Bemerkung über die Fortsetzung der Untersuchung. Man würde nun erwarten, 
dass wir gemäss dem in § i gesteckten Ziele sofort zur Anwendung auf spezielle bekannte Gleich- 
gewichtsfiguren übergingen. Dies schieben wir aber aus zweierlei Gründen auf. Einmal steht noch 
der Beweis des Hülfssatzes aus, der in § 2 bei der Ableitung des Stabilitätsprinzips benutzt wurde 
und der sich hier besser in den Gedankengang einfügen lässt. Dann aber soll von jetzt an über- 



1) Die Konvergenz der Klammer im Ausdruck U — U setzt voraus, dass C mit seinen ersten Derivierten endlich ^ind 
stetig ist und seine Entwicklung nach Orthogonalfunktionen einmal gliedweise differenziert werden kann. Die Schlussfolgerung 
bleibt daher zunächst nur gültig für Nachbariiguren, deren Abweichung ^ von der Gleichgewichtsfigur diesen Bedingungen genügt. 
Jede andere Nachbarfigur wird man aber beliebig nahe zwischen zwei Nachbarfiguren dieser ersten Art einschliessen können, 
und da sich die Energie mit der Deformation stetig ändert, bleibt die Schlussfolgerung allgemein richtig. Will man ganz strenge 
sein, so wird man vielleicht nicht von einem Minimum reden, sondern sagen : Es giebt in einer gewissen endlichen Nachbarschaft 
der Gleichgewichtsfigur keine andere Figur, für die die Energie um endliches kleiner würde. Doch auch diese Thatsache genügt 
mechanisch, um die Stabilität der Gleichgewichtsfigur zu sichern. 

33 



— 256 - - 

haupt eine Erweiterung des Zwecks der Untersuchung eintreten. Wir wollen uns nämlich 
nicht darauf beschränken, nur die bekannten Gleichgewichtsfiguren auf ihre Stabilität zu prüfen, 
sondern, gestutzt auf unsere Entwicklung der Energie, versuchen, ob sich nicht neue Gleichgewichts- 
figuren in der Nachbarschaft der bekannten entdecken lassen. 

§ 4. Die Kontinuität der Oleichgewichtsfiguren. 

Betrachtet man die in § i erwähnten Beispiele bekannter Gleichgewichtsfiguren und beob- 
achtet, wie sie sich als Funktionen des Rotationsmomentes in Reihen ordnen und wie von der 
Reihe der Rotationsellipsoide auf einmal die Reihe der Jacobi'schen Ellipsoide abzweigt, so erhebt 
sich von selbst die Frage: Können Gleichgewichtsfiguren isoliert auftreten oder sind sie, als 
Funktionen des Rotationsmomentes betrachtet, stets in Reihen angeordnet, und wenn das der Fall 
ist, wann verzweigen sich solche Reihen und wo endigen sie? Man wird hierauf Antwort geben 
können, sobald man im Stande ist, alle Gleichgewichtsfiguren anzugeben, die sich in der Nähe einer 
gegebenen Gleichgewichtsfigur befinden und die zum selben Rotationsmoment, wie diese, oder 
zu wenig verändertem Rotationsmoment gehören. Das Instrument der Untersuchung wird die 
Betrachtung der Energie: 

2/ 

sein, denn für eine Gleichgewichtsfigur muss dieser Ausdruck bei konstant gehaltenem c stationär. 
für eine stabile dazu ein Minimum werden. Doch kann man sich jetzt nicht wie im vorigen 
Paragraphen auf die Entwicklung dieses Ausdrucks für einen bestimmten Wert c beschränken, 
vielmehr muss man auch c variieren lassen, weil man ja Gleichgewichtsfiguren für eine Reihe von 
Nachbarwerten des Rotationsmoments untersuchen soll. 

Unser erstes ist daher die Entwicklung der Energie für veränderliches Rotationsmoment, 
hieran wird sich der Beweis des in § 2 benutzten Hülfssatzes schliessen und dann werden wir zur 
Beantwortung der obigen Frage übergehen. 

a) Berechnung der Energie fDr verändertee Rotationemoment. 

Man gehe aus von der Energie 1/ einer gegebenen zum Rotationsmoment c gehörigen 
Gleichgewichtsfigur G: 

Die auf eine deformierte Massenanordnung bezüglichen Grossen versehe man wieder oben mit einem 
(Querstrich. Ferner gebe man den Grossen, die zu einem veränderten Rotationsmoment c gehören » 
einen Accent. Man hat dann für die zu c gehörige Energie einer beliebigen Massenanordnung: 

U' = - V 
2I 

Ist nun : 

C = C '\- ^c 

und sotzt man : 



so folgt : 



oder: 



2 

2/ I 

I 



257 - - 

Hier stellt t/— C/ die Veränderung dar, welche die Energie allein durch den Uebergang 

von der Gleichgewichtsfigur zu der betreffenden benachbarten Massenanordnung ohne Aenderung 

k 
von c erfahrt, der Term -=- fugt hinzu, was die Veränderung des Rotationsmomentes ausmacht. 

Bestimmt man wieder eine benachbarte Massenanordnung durch den Abstand C ihrer Ober- 
flache von der Gleichgewichtsfigur und entwickelt C nach Orthogonalfunktionen: 

f = Ylniyx B) 

so hat man für i/ — U die Entwicklung (G^) des vorigen Paragraphen: 

t/-C/= \^{^-si)y{'^U^ G) 

Femer haben wir dort gesehen, dass sich auch — in eine Potenzreihe nach den y^ entwickeln lässt. 
Man kann also setzen : 

4. = -'- + i;5ijKi + /, 3) 

WO /j alle Glieder zweiter und höherer Ordnung zusammenfasst und die B^ Konstanten sind, die 
man folgendermassen bestimmen kann. 

Wir fanden in § 3, a) Gleichung (3a) die Beziehung: 
woraus bis auf Glieder zweiter Ordnung folgt: 

und wenn man hier die Entwicklung (B) einsetzt: 



a> 



7 = 7-(7rȣ/J''''^'' 



mithin : 



Bi = - (7]i J''" "^x ^^ 4) 



Setzt man jetzt (G) und (3) in (2) ein, so erhält man die gesuchte Entwicklung der Energie einer 
deformierten Massenanordnung für verändertes Rotationsmoment: 

b) Beweis des in § 2. benutzten HOifeeatzes. 

Bei der Ableitung des Stabilitätsprinzips wurde der Hülfssatz benutzt: »Wenn zu einem 
Rotationsmoment c eine Gleichgewichtsfigur G gehört, für die C/ = -y — Fein Minimum ist, so 
gehört auch zu jedem von c wenig abweichenden Werte c' eine von G wenig abweichende Gleich- 



c^ 



ge Wichtsfigur G, für welche t/' = - — V ein Minimum ist.c 

Dieser Satz ist bewiesen, sobald man gezeigt hat, dass es für jeden hinreichend kleinen 
Wert von k eine Massenanordnung giebt, für die Ü' bei festgehaltenem k ein Minimum wird. Denn 

33* 



258 

eine solche Massenanordnung ist von selbst eine Gewichtsfigiir, weil für ein Minimum U' stationär 
werden muss. 

Man setze (3) in (2) ein, schreibe also die Energie in der Form: 



U'-U^U-U^-j^-k [S Äi yi + /,] 



Man denke sich ferner irgend eine Reihe von Massenanordnungen, die sich an G und aneinander 
kontinuierlich anschliessen. Man durchlaufe eine solche Reihe auf eine kleine endliche Strecke, 
dann wird in ihr Ü — U von Null aus zu wachsen beginnen und einen gewissen positiven Wert M 
erreichen, da ja vorausgesetzt wurde, dass U ein Minimum ist. Ferner wird der Ausdruck 

gleichfalls von Null ausgehen und für die Massenanordnung, für die der Wert M erreicht wird, 
irgend einen endlichen Wert N erreichen. Man hat also für diese Massenanordnung : 

k 
Nun ist Z7 + y nichts anderes als die zum Rotationsmoment c gehörige Energie U' der 

Ausgangsfigur, mithin schreibt sich diese Gleichung: 1 

Ü' =U' -^ M -^ kN 

Solange k hinreichend klein ist, wird k • N seinem absoluten Werte nach kleiner als M und 
daher U' grosser als U' sein. Es hat also die zu c gehörige Energie für eine Massenanordnung 
in der gedachten Reihe einen grosseren Wert als für die Ausgangsfigur, folglich muss sie in dieser 
Reihe für irgend eine Massenanordnung einen kleinsten Wert annehmen, welches, falls U' von der 
Gleichgewichtsfigur G aus sofort zu wachsen beginnen sollte, auch G selbst sein konnte. Man 
wird so für jede beliebige Reihe von Massenanordnungen, die sich an G anschliessen, eine An- 
ordnung finden, für die U' den kleinsten Wert in dieser Reihe annimmt, und wenn man aus allen 
diesen Minimalanordnungen wieder diejenige heraussucht, welche unter ihnen den kleinsten Wert 
von U' liefert, so hat man eine Anordnung gefunden, wie sie gesucht ist, für die die zu c gehörige 
Energie kleiner ist als für jede benachbarte Anordnung. Es ist dabei nicht möglich, dass man auf 
die Ausgangsfigur zurückkommt, weil diese sonst Gleichgewichtsfigur für zwei verschiedene Werte 
des Rotationsmomentes sein müsste. 

Die neue Gleichgewichtsfigur wird sehr nahe bei G liegen, wenn k sehr klein ist. Denn 
man braucht, um diese Schlussweise anwenden zu können, sich in jeder Reihe nur so weit von G 
zu entfernen, bis M grösser als der absolute Wert von kN geworden ist, und das wird um so 
eher eintreten, je kleiner k ist. 

Hiermit ist der Hülfsatz bewiesen und die letzte Lücke in der Ableitung des Stabilitäts- 
prinzips ausgefüllt. 

Wir gehen jetzt an die Beantwortung der eingangs aufgeworfenen Frage und zwar stellen 
wir uns dieselbe in Form folgender Aufgabe : 

c) Eine Reihe von Gleichgewichtsfiguren aus einer einzelnen gegebenen Gleichgewichtsfigur abzuleiten. 

Es handelt sich also darum, in der Nähe einer gegebenen Gleichgewichtsfigur für kleine 
Werte von k solche Massenanordnungen aufzufinden, für die U' stationär wird (s. § 3a Zusatz), in 
andern Worten, für die der partielle Differentialquotient von Ü' nach jedem y^^ verschwindet, für 
die also gilt: _ 

-T — = fiir X= I, 2, 3 . . . 00 5> 



- - 259 
Setzt man hier für Ü' die Entwicklung (//) ein, so erhält man: 

_==o=(.-:ri)j., + *5, + -^ + *.^^ 6) 

und aus diesem System von unendlich vielen Gleichungen hat man die unendlich vielen Unbekannten 
yx zu bestimmen. 

Die Auflosung ist leicht, wenn man die Voraussetzung macht, die zunächst festgehalten 
^werden soll , dass die sämtlichen Stabilitätskoeffizienten i — s^ von G von Null verschieden seien. 
Vernachlässigt man nämlich sämtliche Glieder höherer Ordnung, so gehen diese Gleichungen über in : 

o = {\—si)y^-YkB^ 7) 

^^oraus folgt: 

yx =^ k 8) 

und dies sind infolge unserer Voraussetzung lauter Grossen, die mit k unendlich klein werden. 

Man setze nun die hier gefundenen Werte für die v: in -.— und k-r-^ ein, wodurch man 
bei Vernachlässigung der dritten Potenz von k einen Ausdruck 

^^k^-^ = k^C, 9) 

byx byx 

erhält, in welchem die Q gewisse Konstante bedeuten. Hieraus folgt dann: 

Bx Ci 

Vi = — k k^ lo) 

Setzt man jetzt diese Werte in -r— *- und ~-z-^ ein und fährt so fort, so erhält man schliesslich 

^yx ^yx 

die yi in Form von Potenzreihen: 

^X ^X ^X 

yi = — Jt Jk^ — k^ — — ... 1 1 ) 

I - J;i 1—Sx l-Sx 

und ein bekannter Satz der Eliminationstheorie lehrt, dass diese Reihen für hinreichend kleines k 
konvergent sind. 

Da diese Reihen für jedes k eindeutig bestimmte Werte der yx liefern, so sieht man , dass, 
wenn sämtliche i — sx von Null verschieden sind und k hinreichend klein ist, das Gleichungs- 
system (5) oder (6) stets eine und nur eine Lösung hat. Führt man dann die Werte (11) in die 
Entwicklung (B) ein, so erhält man die Strecken C> welche man auf den Normalen der ursprüng- 
lichen Gleichgewichtsfigur aufzutragen hat, um die benachbarte zu verändertem Rotationsmoment 
gehörige Gleichgewichtsfigur zu erhalten.*) 

Um dieses und einige folgende Resultate kurz aussprechen zu können, ist es nützlich, gewisse 

Neue Bezeicimungen einzuführen. Eine Gleichgewichtsfigur, deren Stabilitätskoeffizienten alle von 
Null verschieden sind, soll »ordinäre, eine, für die das nicht der Fall ist, soll »singulare heissen. 
Ferner wollen wir zwei Gleichgewichtsfiguren »Figuren vom selben Stabilitätscharakter c nennen, 



^) Es müsste genao genommen noch bewiesen werden, dass die Entwtcklnng (B) für C nach Einsetzung der aus (11) 
folgenden Werte >^« konvergiert und eine wirkliche Deformation ( liefert. Es lässt sich dieser Beweis aus einer eingehenderen 
Theorie der Orthogonalfunktionen strenge erbringen; man kann aber auch durch eine geringe Modifikation der unter b) eben 
ausgeführten Schlussfolgerungen den Satz ableiten, dass bei jeder Gleichgewichtsfigur, deren Stabilitätskoeffizienten alle von Null 
verschieden sind, mindestens eine benachbarte zu bestimmtem benachbartem Rotationsmoment gehörige Gleicbgewichtsfigur existiert, 
und die hier gegebene Ableitung zum Beweise benutzen, dass es nur eine solche giebt. 



26o 

wenn fär sie die zum gleichen Index X gehörigen Stabilitätskoeffizienten gleiches Vorzeichen haben 
(die Stabilitätskoeffizienten selbst nach der Grosse geordnet gedacht). 

Wir haben dann das Resultat : >An jede ordinäre Gleichgewichtsfigur schliessen sich sowohl 
für wachsendes als für abnehmendes Rotationsmoment eine Reihe neuer Gleichgewichtsfiguren an, 
deren Form man aus den Entwicklungen (ii) und (B) ableiten kann.c 

Es ist nun schon oben erwähnt worden, dass die Stabilitätskoeffizienten sich stetig ändern» 
wenn man eine Gleichgewichtsfigur stetig in eine andere übergehen lässt. Da aber für unsere 
bisherige Ausgangsfigur alle Stabilitätskoeffizienten von Null verschieden sein sollten, so können 
sie für die Nachbarfiguren nicht plötzlich zu Null oder anderem Vorzeichen überspringen. Es folgt 
also, dass die sich zunächst anschliessenden Figuren ordinär vom selben Stabilitätscharakter wie 
die ursprüngliche sind. Man kann daher irgend eine von diesen Figuren als Ausgangsfigxir wählen 
und das obige Verfahren wiederholen, wodurch man vielleicht eine Fortsetzung der Reihe zu noch 
grosseren oder kleineren Werten von c erhält, wenn sich die Konvergenz des Verfahrens für die 
neue Ausgangsfigur besser stellt. Auf jeden Fall kann man stets eine endliche, wenn auch vielleicht 
sehr kleine Fortsetzung der Reihe über jede ordinäre Figur hinaus zu Wege bringen. Nur wenn 
man an eine singulare Figur gerät, kann man auf Grund der obigen Ableitung nichts über die 
weitere Fortsetzung der Reihe aussagen, weil dann die Gleichungen (8) (lo) (ii) für einen bestimmten 
Index X, für welchen i — j^^ = o ist, keinen Sinn haben werden. 

Noch etwas ist hinzuzufügen. Wenn es in unmittelbarer Nachbarschaft der Ausgangsfigur 
noch eine andere zum selben Rotationsmoment, zu >& = o, gehörige Gleichgewichtsfigur gäbe, müsste 
dieselbe durch das obige Verfahren geliefert werden, wenn wir k = o setzten. Thut man das aber, 
so erhält man aus (ii) yx =^ o und aus (B): C = o, mithin die Ausgangsfigur selbst, und führt man 
das gleiche für die anderen ordinären Figuren der gebildeten Reihe aus, so findet man, dass in 
unmittelbarer Nähe dieser Reihe nirgends andere Gleichgewichtsfiguren existieren können, so lange 
man nicht in der Reihe selbst auf eine singulare Figur trifft, für welche das obige Verfahren wieder 
seinen Dienst versagt. 

Diese Ergebnisse lassen sich in das folgende 

Theorem tber die Eontinnität der Oleichgewichtsfiguren zusammenfassen: 

»Die zu einer Reihe von Werten des Rotationsmoments gehörigen Gleichgewichts- 
figuren sind selbst in kontinuierlichen Reihen angeordnet (s. Bemerkung). Jede Reihe kann 
man in Stücke zerlegen, deren Endpunkte durch die singulären Figuren der Reihe gebildet 
werden. Jedes solche Stück enthält nur ordinäre Figuren vom selben Stabilitätscharakter, 
jedes solche Stück verläuft isoliert, ohne Berührung mit andern Reihen von Gleichgewichts- 
figuren. Ein Zusammentreffen mit andern Reihen von Gleichgewichtsfiguren kann nur in den 
singulären Figuren stattfinden, desgleichen kann die ganze Reihe nur in singulären Figuren 
anfangen und aufhören. c 

Bemerkung. Es ist dieses Theorem mehreren Einschränkungen unterworfen, die aber in 
praktischen Anwendungen bis jetzt ohne Belang sind. Es könnte nämlich einerseits isolierte Gleich- 
gewichtsfiguren geben, die dann natürlich singulär sein müssten, andrerseits könnte es auch Reihen 
von lauter singulären Figuren geben, an die sich dann überall andere Reihen von Gleichgewichts- 
figuren anschliessen könnten. 

Mit diesem Theoreme ist die in der Ueberschrift bezeichnete Aufgabe, eine Reihe von Gleich- 
gewichtsfiguren aus einer einzelnen gegebenen abzuleiten, erledigt, sobald die gegebene Gleich- 
gewichtsfigur ordinär ist, und die hinzugefügte Bemerkung besagt, dass im Falle einer gegebenen 
singulären Figur die Aufgabe eventuell etwas Unmögliches verlangt. Wollte man hierüber zu 
einem bestimmten Entscheid gelangen, so hätte man ausser den Gliedern zweiter Ordnung in der 
Energieentwicklung, die durch die Stabilitätskoeffizienten gegeben werden, auch noch die Glieder 
dritter oder noch höherer Ordnung explizit aufzustellen und die Schwierigkeit dieser Leistung wird 
man zur Genüge erkennen, wenn man die Skizzierung dieser Entwicklung im vorigen Paragraphen 






U' 



I . .' 



\'^ 



261 

Überblickt. Wir werden uns im Weiteren darauf beschränken, das Verhalten von singulären Figuren 
zu prüfen, soweit sie im Innern einer gegebenen Reihe von ordinären Gleichgewichtsfiguren auf- 
treten. Es kommt auf dasselbe hinaus, wenn wir uns die Aufgabe stellen: 

d) Für eine gegebene Reihe von ordinären Gleichgewichtsfiguren zu untersuchen, ob und wo eich 

neue Reihen an dieselbe anschliessen. 

Es sei eine Reihe von Gleichgewichtsfiguren bekannt und man sei im Stande, für jede 
einzelne dieser Gleichgewichtsfiguren die Werte der Stabilitätskoeffizienten anzugeben. Für eine 
dieser Figuren ordne man wie bisher die Stabilitätskoeffizienten nach der Grösse, mit dem kleinsten 
I — jj beginnend. Geht man der Reihe entlang,' so verändern sich die Stabilitätskoeffizienten 
kontinuierlich und man kann daher von dem Verlauf eines bestimmten Stabilitätskoeffizienten inner- 
halb der Reihe sprechen, wenn man den Stabilitätskoeffizienten zweier Figuren, die beim Durch- 
laufen der Reihe ineinander übergehen, denselben Index giebt. Die Mehrdeutigkeiten, die infolge 
des Gleichwerdens mehrerer Stabilitätskoeffizienten hierbei auftreten können, denke man sich auf 
irgend eine beliebige Art beseitigt. Ebenso ändert sich jede Orthogonalfunktion, wie die genauere 
Theorie dieser Funktionen lehrt, beim Uebergang zwischen Nachbarfiguren der Reihe stetig, so 
lange nicht der zu ihr gehörige Stabilitätskoeffizient einem andern Stabilitätskoeffizienten gleich wird. 
' Wie wir eben erfahren haben, kann ein Aufhören der Reihe oder ein Anschluss an andere 
Reihen nur in einer singulären Figur stattfinden. Wir suchen also eine singulare Figur der Reihe 
heraus und wollen annehmen, dass für dieselbe ein Stabilitätskoeffizient, z. B. i — Jj, verschwinde, 
während wir den Fall, dass mehrere Stabilitätskoeffizienten zugleich verschwinden, weil er in den 
folgenden Anwendungen nicht gebraucht wird, von der Behandlung ausschliessen. 

Die singulare Ausgangsfigur heisse G. Eine beliebige Figur der sich anschliessenden 
gegebenen Reihe heisse G\ Die Stabilitätskoeffizienten und Orthogonal funktionen von G seien 
I — j; und ly;, die von C seien i — j/ und »;/. Wie bisher gehöre G zum Rotationsmoment c, 
G' zum Rotationsmoment c und es sei: 

c = c -{• de k = cdc ^ — dc^ 

2 

Auch bezeichne man wieder mit 1/ die zu c gehörige Energie von C, mit !7 die zu c 
gehörige Energie einer beliebigen andern Massenanordnung, mit C/' die zu c gehörige Energie 
von C, mit f7' die zu c gehörige Energie einer beliebigen andern Massenanordnung. Schliesslich 
sei der Abstand der Oberfläche irgend einer andern Figur von der Oberfläche von G, längs der 
Normalen von G gezählt, C; hingegen von der Oberfläche von G\ längs der Normalen von 6" 
gezählt, f'. 

Da die G benachbarten Figuren G' keine singulären Figuren sind, so können sich an die- 
selben keine zum selben c gehörigen andern Gleichgewichtsfiguren anschliessen ; nichtsdestoweniger 
wollen wir uns einmal so anstellen, als ob wir solche Figuren suchten. Wir entwickeln zu diesem 
Zwecl^ den Abstand irgend einer andern Figur C von C nach Orthogonalfunktionen von C: 

und bestimmen die Energie U' einer solchen Figur, wofür wir, da wir den für C gültigen Wert 
des Rotationsmomentes c beibehalten, die Entwicklung (G) benutzen können, wofern wir nur G" 
als Ausgangsfigur nehmen. Es wird daher: 

O'-U' ^ ±£(,_,.)^..+ t/. G') 

^ Xs=x 

wo Uz nach Potenzen der y'x fortgeht. 

Nun sollen wir eine Nachbarfigur bestimmen, für die Ü' stationär wird, für die also gilt: 

Sy^ = (^ — ^x)yx + -f^ = o ; = I, 2, 3 . . . « 6') 



202 

Würden wir dieses System nach Art der obigen Annäherungen aufzulösen versuchen, so 
würden wir, ebenso wie es oben geschieht, wenn Jb null gesetzt wird, y, = y, «= . . . =s o erhalten. 
Wir können aber die erste dieser Gleichungen weglassen und eine Nachbarfigur suchen, für 
die das System: 

- = (i — sx)}'i + -~. r == o 12) 

für X = 2, 3. 4 ... « 
erfüllt ist, während die eine Gleichung: 

(l —^1)^1+ .7 = O 13) 

für sie unerfüllt bleibt Es wird uns dann freistehen, für ^i einen beliebigen Wert zu wäHlen und 
die betreffenden Figuren werden als abhängig von dem gewählten Wert yl erscheinen. 

Nachdem wir gezeigt haben, dass das System (12) wirklich auflösbar ist, werden wir nach- 
träglich aus den erhaltenen Figuren diejenigen zu bestimmen suchen, die auch die Gleichung (13) 
befriedigen. Es scheint, dass man dann nur auf die Lösung ^1 = >^t - * * "^ ^ zurückkommen müsste, 
doch ist dem nicht so. Es ist nämlich aus der Behandlung des Systems (6) ersichtlich, dass wir 
über die möglichen Lösungen von (6') bei entsprechender Behandlung nur insoweit etwas aussagen 
können, als sie sich innerhalb eines begrenzten Bezirks von C benachbarten Figuren befinden, und 
dass dieser Bezirk um so enger wird, je mehr sich C der singulären Figur G nähert, während wir 
für die Nachbarfiguren von G selbst gar nichts aussagen konnten, sondern dies gerade jetzt ermög- 
lichen sollen. Das Scheitern des obigen Annäherungsverfahren für G lag daran, dass für G i — s^ null 
wurde. Für das System (12) ist etwas Aehnliches nicht zu befürchten, da die sämtlichen Grössen 
i ^si (l> 2) auch bei der Annäherung an die singulare Figur von Null verschieden bleiben. Die 
Gleichung (13) hingegen wird auf andere Weise behandelt werden und es ist nicht zu verwundem, 
wenn das neue Verfahren, das einen grösseren Gültigkeitsbereich hat, neue Lösungen liefert. 

Halten wir also y^ auf einem willkürlich gewählten Wert fest und versuchen wir das 
System (12) aufzulösen. Dasselbe lautet weiter ausgeschrieben: 

A ^ 2, 3t 4 • * * ® 

worin die a gewisse Konstanten sind. In erster Annäherung wollen wir in jeder Gleichung die- 
jenigen Glieder vernachlässigen, von denen sich von vornherein sagen lässt, dass sie von höherer 
Ordnung sind, als irgend ein anderes in derselben Gleichung vorkommendes Glied. Zunächst sieht 
man, dass die sämtlichen Grössen ^x (^ ^ ^) Grössen zweiter Ordnung werden müssen, alle Produkte 
yi yx und y^ yx %verden daher Grössen dritter oder vierter Ordnung und als einzige Glieder zweiter 
Ordnung bleiben: 

(' - ^')) yl -^ <^xxx y? = o 

Es folgt also in erster Näherung: 

Setzt man diese Werte in die vorher vernachläsbigten Glieder dritter Ordnung ein, so 
erhält man verbesserte Werte yx und fährt man so fort, so erhält man die endgültigen Werte in 
Form von Reihen: 

welche nach den Sätzen der Eliminationstheorie für hinreichend kleines y konvergent sind. 



203 

Hiermit ist gezeigt, dass das System (12) für jedes hinreichend kleine yi wirklich eine 
bestimmte Losung hat.^) Setzt man den angenommenen Wert von yi und die hieraus folgenden 
Werte (15) in (B') ein und berechnet Ci so kann man dann die zu jedem yi gehörige Massen- 
anordnung durch Auftragen von C' auf den Normalen von G' geometrisch konstruieren. Da sich 
aber dasselbe für jede andere Gleichgewichtsiigur G' durchfuhren lässt, so wird man auf diese 
Weise doppelt unendlich viele Massenanordnungen erhalten, von denen jede durch einen bestimmten 
Wert von c' oder k und von yi charakterisiert ist. 

Zur Veranschaulichung denke man sich eine Ebene E und in derselben ein rechtwinkliges 
Koordinatensystem, in welchem man den Wert von k als Abscisse, den Wert von yi als Ordinate 
auftrage. Zu jedem Punkt der Ebene £ findet man dann eine bestimmte Massenanordnung, für 
die die Gleichungen (15) oder, was dasselbe ist, die Gleichungen (12) erfüllt sind. Unsre Aufgabe 
ist, solche Massenanordnungen aus diesen herauszusuchen, für die auch Gleichung (13) erfüllt ist. 

Wir führen dieselbe für drei verschiedene Fälle gesondert durch. 

I. Fall. Die singulare Figur liege innerhalb, nicht am Ende, der gegebenen Reihe und der 
Stabilitatskoeffizient i — j, wechsle an ihr sein Zeichen, er sei für die vorausgehenden zu kleinerem c 
gehörigen Figuren positiv, für die nachfolgenden negativ. 

Die gegebenen Gleichgewichtsfiguren genügen natürlich als solche den Gleichungen (12) 
und (13), und da für sie >^i = o ist, so können wir von vorneherein in der Ebene is die Abscissen- 

axe AB als eine Linie markieren, für die (13) erfüllt, 

.— - null ist. Wir suchen nun das Vorzeichen von , —• 




in der Ebene E zu verfolgen. Es ist : 

= {^—s\) y\ + 



<5>'i 



byi 



16) 



XTJ* 

wobei -r-7 mit Gliedern zweiter Ordnung beginnt. Für 
oyx 

sehr kleines /i, in der Nähe der Abscissenaxe, hängt 
das Vorzeichen dieses Ausdrucks nur von (i — ^1)^1 
ab, es wird also für negatives k nach den obigen Fest- 
setzungen über das Zeichen von \ — 5\ oberhalb der 
Abscissenaxe positiv, unterhalb derselben negativ und 
und umgekehrt für positives k oberhalb der Abscissenaxe negativ, unterhalb derselben positiv. 
Geht man von einem Punkt auf der rechten Hälfte der Abscissenaxe zu einem Punkt auf der linken 
Hälfte derselben, so wird man auf jedem beliebigen Weg eine ungerade Anzahl von Zeichenwechseln 

dfes Ausdrucks -r-- antreflFen müssen. Da aber -r— r sein Zeichen nur wechseln kann, indem es ver- 

oy\ oyi 

schwindet, so bedeutet dies nichts anderes, als dass sowohl auf der oberen als der unteren Halb- 

xTf' 
ebene eine ungerade Anzahl von Linien vorhanden ist, die vom Nullpunkt ausgehen und für die -^— 

verschwindet. Es muss also nach oben und unten mindestens eine solche Linie existieren, welcher 
Fall in der Figur angedeutet ist. Zu jedem k liefert eine solche Linie einen zugehörigen Wert j^i, 
den man nur in (15) und dann in (B') einzusetzen hat, um eine Massenanordnung zu erhalten, für 
die auch die Gleichung (13) erfüllt ist, d. h. jede solche Linie repräsentiert eine Reihe von Gleich- 
gewichtsfiguren . 

Es ergibt sich somit folgendes wichtiges 



^) Aach hier gilt der Inhalt der Anmerkang zu pag. 259. 



34 



264 




Poinear^'sches Theorem Aber die Existenz neuer Oleichgewichtefigoren. 

»An jede singulare Figur innerhalb einer gegebenen Reihe von Gleichgewichtsfiguren, an 
der ein StabilitatskoefBzient sein Zeichen wechselt, schliessen sich neue Reihen von Gleichgewichts- 
figuren an. Die Figur ist eine Verzweigungsfigur.« 

Zur Klarheit des Ausdrucks möge eine Reihe von Gleichgewichtsfiguren, die man mit der 
singulären Figur beginnen lässt und die sich von derselben aus nur nach einer Richtung erstreckt, 
ein »Arm von Gleichgewichtsfiguren« heissen. 

Man erkennt, dass in unserem Falle die Anzahl der zu positivem, wie die der zu negativem 
yi gehenden Arme ungerad ist. 

2. Fall. Die singulare Figur liege innerhalb der gegebenen Reihe, doch habe der Stabilität^- 
koeffizient, der für sie verschwindet, vorher und nachher dasselbe Zeichen. 

Ist I — j| z.B. vorher und nachher positiv, so folgt aus (16), 

dass .-" längs der ganzen Abscissenaxe oben positiv, unten nega- 
tiv ist. Man trifft daher auf jedem Wege von der rechten zur 
linken Hälfte der Abscissenaxe eine gerade Anzahl von Zeichen- 

wechseln von an, möglicherweise also gar keinen. Das gleiche 

gilt, wenn i — j, vorher und nachher negativ ist Man kann daher 
nur schliessen: 

die Anzahl der zu positivem, wie die der zu negativem yl 
gehenden Arme ist gerade. 

3. Fall. Die singulare Figur liege am Ende der gegebenen Reihe. 

Ist i^^i vor der singulären Figur positiv, so folgert man aus (16), dass . längs der 

rechten Hälfte der Abscissenaxe oben positiv, unten negativ ist, während man über das Gebiet 

links von der ^i-Axe gar nichts aussagen kann, da ja die singulare 
Figur am Ende der gegebenen Reihe liegen soll. 

Umkreist man nun den Nullpunkt von der rechten Hälfte 
der Abscissenaxe ausgehend, so muss man eine ungerade Anzahl 

von Zeichenwechseln von . , antreffen, es folgt also, dass sich 

öyi ^ 

mindestens eine weitere Reihe von Gleichgewichtsiiguren an die 

singulare Figur anschliesst. Geht eine solche Reihe auf die linke 

Halbebene, gehört sie zu grösserem Rotationsmoment, so komn^t 

man offenbar im Wesentlichen auf die eben behandelten Fälle 

zurück. Fallen aber alle sich anschliessenden Reihen auf die 

rechte Halbebene, so ist die singulare Figur eine Grenz figur, über die hinaus keine Fortsetzung 

der gegebenen Reihe zu grösserem Rotationsmoment existiert. 

Bedenkt man, dass man bei einer vollständigen Umkreisung des Nullpunktes stets eine 
gerade Anzahl von Zeichenwechseln antreffen muss, so erkennt man die Gültigkeit folgender zwei Sätze: 

tDie Anzahl der von einer Figur ausgehenden Arme ist stets gerade.« 

»Eine Reihe von Gleichgewichtsfiguren kann nur aufhören, indem sie sich mit einer andern 
Reihe vereinigt.« 

Hiermit sind die wichtigsten Resultate gewonnen, die sich über die Fortsetzung und Ver- 
zweigung einer Reihe von Gleichfl^rewicht^figuren aus der Kenntnis ihrer Stabilitätskoeffizienten allein 
ableiten lassen. Die unten folgende mehr alji^ebraische Untersuchung desselben Gegenstandes ist 




265 

nicht geeignet, so allgemeine Sätze zu beweisen, sie führt aber in einigen Fällen zu einem Entscheid 
zwischen den hier offen gelassenen Möglichkeiten, indem sie auch andere Glieder der Energie- 
entwicklung (H) mit in Betracht zieht. Zunächst aber wollen wir uns noch zur Aufgabe stellen, 
an der Hand dieser geometrischen Darstellung 

e) Die Stabilität der neuen Reihen von Gleichgewichtefiguren 

zu prüfen. 

Da sich die Stabilitätskoefßzienten kontinuierlich, stetig mit den Gleichgewichtsfiguren ändern, 
so wird ein Stabilitätskoeffizient, der für eine singulare Figur negativ ist, auch für alle sich an- 
schliessenden Figuren negativ sein. Es kann daher eine stabile Reihe von Gleichgewichtsfiguren 
sich nur an eine solche singulare Figur anschliessen, für die alle Stabilitätskoeffizienten, abgesehen 
von dem einen verschwindenden, positiv sind. Nehmen wir daher an, dass für die singulare Figur, 
die in der Ebene E durch den Nullpunkt dargestellt wird: 

I — jj = o I — jg>o I — jj>o eto. 

sei, so werden die i — s^i}. > i) auch für alle von dieser Figur ausgehenden Arme im Anfang 
positiv sein, und die Stabilität in einem Arme hängt nur davon ab, welches Vorzeichen i — j, 
für ihn annimmt. 

Man gehe in irgend einer der obigen Zeichnungen von einem Punkt, der eine Gleichgewichts- 
figur repräsentiert, längs einer Parallelen zur /i-Axe fort, durchlaufe also Massenanordnungen, 
die zum selben Rotationsmoment gehören und von y\ vermittelst der Gleichungen (15) und (B') 
abhängen, berechne die Energie dieser Massenanordnungen und bestimme die Aenderung der Energie 
mit yu welche, wenn die Aenderung von y\ sehr klein wird, den Differentialquotienten: 

liefern möge. _ 

Die Diflferentialquotienten -j—r^ die in (6',) (12), (13) auftreten, sind partielle Derivierte, die 

man findet, indem man von einer Massenanordnung zu einer benachbarten übergeht, für die sich nur yl 
geändert hat. Es ist daher: 



\by{) by\ "^ 



bU' byk , bU' byi 



' I ^ -f i - » i" ■ • • 



byi byi byi by{ 



und hierin hat man sich y%^ yk u. s. w. so mit yi ändern zu lassen, wie es die Gleichungen (15) 
bestimmen. 

Nun gilt aber für die sämtlichen Massenanordnungen, die durch Punkte von £ re- 
präsentiert werden : _ 

bU' 

= A = 2, 3, 4 . . . 



Es bleibt mithin: 

bU' 

öyi 



\ »y\ ) 



bir 

Die Grosse -r — , deren Zeichen Wechsel wir in der Ebene E verfolgt haben, stimmt also überein mit 

byi 

der Aenderungsgesch windigkeit der Energie beim Durchlaufen von Massenanordnungen, die in E 

durch Punkte einer Parallelen zur ^'i-Axe repräsentiert werden. 

Bewegt man sich nun von einer Gleichgewichtsfigur aus auf einer solchen Parallelen nach 

oben und es ist dort -« .- negativ, so gelangt man zu Massenanordnungen, für die die Energie 

kleiner ist, als für die Ausgangsfigur, d. h. die Gleichgewichtsfigur ist instabil. 

34» 



266 



Wir gelangen daher zu dem Resultat: »Jeder Arm von Gleichgewichtsfiguren, oberhalb 
dessen in den früheren Zeichnungen ein Minuszeichen eingetragen ist, ist instabil. Das Gleiche 
gilt für jeden Arm, unterhalb dessen ein Pluszeichen eingetragen ist« 

Man wird nun vermuten, dass umgekehrt jeder Arm, oberhalb dessen ein Pluszeichen und 
unterhalb dessen ein Minuszeichen eingetragen ist, stabil ist, was sich in der That folgendermassen 
bestätigen lässt. 

Man betrachte die in beistehender Figur angedeutete 
Kreuzung von vier Reihen von Gleichgewichtsfiguren ; 

AB sei die ursprünglich gegebene, CD, EF und GH 

xfj* 
seien die durch Verfolgung des Vorzeichens von ^ 7 ge- 
fundenen neuen Reihen, A", Z., M, N vier zum selben 
Rotationsmoment gehörige Figuren dieser Reihen. Die 
Deformationen, durch welche Z,, 3/, N aus K hervorgehen, 
seien resp. Za^ Cß* Cy. die Werte von yi, welche zu L, if, -V 

gehören, resp. y,"^, y^fK y^'j^\ 

Jetzt denke man sich die Reihe CD als die ursprüng- 
lich gegebene, greife eine Figur, z. B. Z, dieser Reihe 
heraus und bestimme Nachbarfiguren durch ihren Ober- 
flächenabstand I von L, den man längs der Normalen 
Die Orthogonalfunktionen von L seien ^j, ^^ u- s* ^** ^^^ ^^^ bilde die £nt- 




FJg. 4. 



von L zählt 
Wicklung : 



^ = £ ^i xi 

ist 



B'> 



Man kann wie oben wieder Nachbarfiguren bestimmen, für die alle Gleichungen: 

— ^ o X = 

mit Ausnahme der ersten erfüllt sind. Man führe ferner eine neue Ebene E' ein, in der man k 



if 2, 3 • • • OD 



und X| als Koordinaten aufträgt, und verfolge in dieser Ebene das Vorzeichen von 






Die Null- 



stellen dieser Grösse werden Gleichgewichtsfiguren entsprechen, die Reihe CD Mrird in der f -Ebene 
als Ausgangsreihe durch die Abscissenaxe selbst dargestellt werden, AB, EF und GH werden in 
gewisse andere durch den Nullpunkt gehende Kurven A' B\ E P\ G' H\ die vier Punkte K, L, J/, N 
in vier andere Punkte K' L M' N' übergehn. Die Werte von x, für die Punkte K\ M\ N' seiea 

resp. jr'"\ x^^ x('*^; die Deformationen, durch welche die durch AT, M, N und ebenso durch 

K\ M\ N' repräsentierten Figuren aus der durch L und U repräsentierten hervorgehen, seien 
resp. ^„, f^, fy. 

Wir wollen bestimmen, in welchen Quadranten die Kurven der £"• Ebene verlaufen. Fassen 
wir zunächst die Arme O* D' und O' B* und die auf ihnen liegenden Figuren K* und L ins Auge. 
L entstand aus K durch Auftragen von C« Auf den Normalen von A\ umgekehrt entsteht K durch 
Auftragen von Ca auf den Normalen von L, Die geometrische Anschauung lehrt sofort, dass bis 
auf Glieder zweiter Ordnung 



*a — 



sein muss. Da ferner jede Orthogonalfunktion sich beim Uebergang zwischen Nachbarfiguren so 
lange stetig ändert, als nicht der zu ihr gehörige Stabilitätskoeffizient einem andern Stabilitäts- 
koeffizienten gleich wird, wir aber vorausgesetzt hatten, dass für die Ausgangsfigur i — j, «* o,. 



267 



jyW =^ JUvi dm 



hingegen alle andern i — sx von Null verschieden sein sollten, so wird auch bis auf Glieder höherer 
Ordnung gelten : 

dl = t}i 

Aus (B') und (B") folgt aber (vgl. § 3 b): 

wobei das erste Integral über die Oberfläche von K, das 
zweite über die Oberfläche von L zu nehmen ist. Es er- 
giebt sich daher nahe: 

xW = -y°) 17) 

Man betrachte weiter eine Figur, z. B. M, der 
Reihe GH. M entsteht aus K durch Auftragen von C^ 

auf den Normalen von K, L entsteht aus K durch Auf- 
tragen von Ca auf denselben Normalen, es wird daher 
sehr nahe M aus L entstehen, wenn man die Strecken 
Ca — Cß auf den Normalen von L aufträgt , mithin ge- 
nähert gelten: 

^ß = ^ß ~ f a 

und hieraus wird man ganz ähnlich wie oben den Schluss ziehen, dass näherungsweise die 
Relation besteht: 




Schliesslich erhält man auf entsprechende Weise für die Figur N: 



Jr) = /r) — yM 



19) 



Die drei Gleichungen (17), (18), (19) lehren nun, dass die Kurven der E'-'Ehene (Fig. 5) aus denen 
der J?- Ebene (Fig. 4) entstehen, indem man in der £"- Ebene jede Parallele zur Ordinatenaxe so 
lange in sich verschiebt, bis der ihr angehorige Punkt der Kurve CD in die Abscissenaxe 
fällt. Es folgt daraus, dass sich auch in der £'- Ebene vom Nullpunkt aus drei Arme nach oben 
und drei nach unten erstrecken werden. 

Aus der Vorzeichenverteilung in Fig. 4. ist nach dem oben gefundenen Satze zunächst 
ersichtlich, dass der Arm OC instabil ist. Würde man nun annehmen, dass der Arm OD instabil 

wäre, und verfolgte das Vorzeichen von -^ — , wie unter d) das Vorzeichen von -7-7- verfolgt wurde, 

ox^ oy\ 

so käme man zu dem Schluss, dass sich eine gerade Zahl von Armen zu positivem wie zu nega- 
tivem jTj erstrecken müsste, während Fig. 5. lehrt, dass die Zahl dieser Arme ungerade ist. Es 
muss mithin der Arm OD stabil sein. 

Man überzeugt sich leicht, dass man auch in jedem andern Falle mit der Annahme, ein 
Arm, oberhalb dessen ein Plus- und unterhalb dessen ein Minuszeichen steht, sei instabil, zu einem 
solchen Widerspruch kommt, man gewinnt mithin zusammenfassend den 

Satz: »Ein Arm von Gleichgewichtsfiguren ist dann und nur dann stabil, wenn in einer auf die 
beschriebene Weise entstandenen Figur über ihm ein Pluszeichen, unter ihm ein Minuszeichen ein- 
getragen ist.€ 

Dieses Resultat soll wiederum auf einige wichtigere Spezialfälle angewandt werden. 

I. Fall. In einer Reihe von Gleichgewichtsfiguren AB höre mit der singulären Figur 
die Stabilität auf. In O kreuze die Reihe eine andere, CD^ welche sowohl zu grosserem wie zu 
kleinerem Rotationsmoment einen Arm entsenden möge. Dieser Fall ist in Fig. i dargestellt. Die- 



- — 268 



Vorzeichen Verteilung lehrt, dass der Arm OC instabil, hingegen der Arm OD stabil sein wird. Es 
gilt demnach folgender von Herrn Poincar6 als 



Prinsip des Umtausches der Stabilität bezeichneter Satz: 

»Kreuzen sich zwei Reihen von Gleichgewichtsfiguren, welche beide je einen Arm zu 

grosserem wie zu kleinerem Rotationsmoment entsenden, und die eine Reihe ist vor der Kreuzung 

stabil, nach der Kreuzung instabil, so ist die andere Reihe vor der Kreuzung instabil, nach der 
Kreuzung stabil; es findet bei der Kreuzung Umtausch der Stabilität statte 

2. Fall. Es liege alles wie im ersten Fall, nur entsende die Reihe CD ihre beiden Arme 
zu gleichen Werten des Rotationsmomentes, also entweder 

a) zu grösserem Rotationsmoment 

(Fig. 6) oder 
ß) zu kleinerem Rotationsmoment 
(Fig. 7). 
Die Vorzeichenverteilung in beistehen- 
den Figuren lehrt, dass im Falle a\ 
beide Arme der Reihe CD stabil, im 
Falle ß) beide Arme dieser Reihe 
instabil sein werden. 

3. Fall. Es mögen von der sin- 
gulären Figur überhaupt nur zwei 
Arme ausgehen. Aus der Vorzeichen- 
verteilung in den Figuren 8 und 9 
liest man unmittelbar folgenden Satz 
ab, der als 

Theorem Aber die Stabilität zweier 

Arme 

bezeichnet werden soll: »Gehen von 
einer Figur nur zwei Arme aus, so 
sind sie vom selben Subilitätscharak- 
ter, wenn sie zu verschiedenen, und 
von verschiedenemStabilitatscharakter, 
wenn sie zu gleichen Werten des Ro- 
Fi^. S. Fig. 9. tationsmomentes fortgehen.« 





Fig. 6. 



Fig. 





f) Mehr algsbraitche Behandlung derselben Aufgaben. 

Es sei in einer bekannten Reihe von Gleichgewichtsfiguren eine singulare Figur G (i — j, =50) 
gegeben und man versuche, wie unter r;, alle möglichen dieser Figur benachbarten, zum selben 
und zu wenig verändertem Rotationsmoment gehörigen Gleichgewichtsfiguren abzuleiten. Man 
wird dann alle Nachbarfiguren durch ihren Oberflächenabstand C von G darstellen, diesen nach 
Orthogonalfunktionen von G entwickeln 

dann die Energiocntwicklung (11) bilden und wird die Gleichun^^en: 



r^l: 



- O 



^ ~-' I. i. 3 . . . X 



aufzulos «n haben. 



209 

Berücksichtigt man, dass für die singulare Figur i — s^ null ist, so lauten diese Gleichungen 
(s. oben c) Gleichung (8)) in ausgeschriebener Form: 

o=^(i-s,)y, + kB, + ^ + i^ 20) 

für: A = 2, 3, 4 . . . » 
während für l = i gilt: 

0= kB, + ^^ + k^ ZI) 

wobei C/3 mit Grossen dritter Ordnung, /, mit Grossen zweiter Ordnung in den y beginnt. Man 
betrachte nun für einen Augenblick j\ als eine gegebene Konstante und löse das System (20) 
ähnlich auf, wie oben das vollständige System (8) aufgelost wurde. Man wird wie in (11) Reihen- 
entwicklungen erhalten : 

für A = 2, 3, 4 ... 00 

nur wird^j noch implicite in den Koeffizienten A;^, B^, C^ u. s. w. enthalten sein und zwar, wie 
man durch weiteres Ausschreiben der Reihen in (20) sofort sieht, in solcher Art, dass diese Grossen 
selbst nach Potenzen von y'i entwickelt erscheinen und speziell Ax mit der zweiten Potenz von j/, 
beginnt. Setzt man die Reihen (22) in (21) ein, so erhält man eine Gleichung: 

o = k* B^+ y^^ a^+y^k a^^ + ** ^02 +>'i* ^m + A'i* * ^21 + • • • J) 

in welcher B^ wie die Uik bestimmte Konstante sind und aus der man y^ als Funktion von k zu 
bestimmen hat. 

Um diese Gleichung durch Näherung aufzulösen, vernachlässige man zunächst die Glieder, 
die von höherer Ordnung als irgend ein anderes in der Gleichung vorkommendes Glied werden, 
welches Verhältnis der Grössenordnung man auch zwischen y^ und k annehmen mag. Wie die 
Eliminationstheorie lehrt, erhält man durch die Auflosung der aus den übrig bleibenden Gliedern 
gebildeten Gleichung völligen Aufschluss über die Anzahl der für sehr kleines k existierenden 
Lösungen und eine wirkliche Annäherung an den Verlauf derselben; da es uns aber nicht auf die 
Herstellung ihres genauen Verlaufs ankommt, werden wir uns im Folgenden mit dieser ersten 
Näherung begnügen und nicht jedesmal die Potenzreihen, die die vollständige Auflösung ergeben 
würde, hinschreiben. Auch wollen wir wiederum nur die für die späteren Anwendungen wichtigen 
Fälle behandeln. 

a) Es sei B^ von Null verschieden. Dann sind alle Glieder in (J) von höherer Ordnung 
als B^k^ welche k in höherer Potenz oder mit einer Potenz von j'j multipliziert enthalten, mithin 
bleibt zunächst: 

Von der Potenzreihe in y^ hat man wiederum alle Glieder ausser dem ersten, welches einen 
von Null verschiedenen Koeffizienten hat, zu vernachlässigen. Sei also: 

dann bleibt die Gleichung: 

o = * 5, + i'," a 
woraus folgt: 



mo 



>', — "'" ' 



■■ = ]/- 



^MO 



Ist n ungerad, so hat die Wurzel sowohl für positives als für negatives k einen reellen Wert; 
ist n gerad, so hat die Wurzel entweder nur für positives oder nur für negatives k zwei reelle 
Lösungen von entgegengesetztem Vorzeichen. Jede Lösung für y^ gibt aber in (22) und (B) ein- 



270 

gesetzt, eine Reihe von Gleichgewichtsfigxiren. Nennt man wieder den Teil einer Reihe» der sich 
von der singulären Figur aus nur in einer Richtung erstreckt, einen Arm, so kann man diese 
Ergebnisse so zusammenfassen: 

Theorem der swei Arme. 

»Verschwindet für eine singulare Figur der Stabilitatskoeffizient 1 — s^^ während der zu- 
gehörige Koeffizient in der Entwicklung des Trägheitsmomentes ßi von null verschieden ist, so gehen 
von dieser Figur nur zwei Arme von Gleichgewichtsfiguren aus.c 

Ueber die Stabilität dieser Arme wird man durch das obige Theorem über die Stabilität 
zweier Arme (e) Fall 3) aufgeklärt. 

Es sind dies zwei Theoreme, die sich bei Herrn Poincar6 nicht finden und die unten in 
g 6 die Grundlage für die Untersuchung der Stabilität eines kleinen Mondes liefern werden. 

ß) Es sei ß^ null, aber a^ von Null verschieden. Dann kann man in (J) sämtliche Glieder 
weglassen, die y\ mit einer Potenz von i\ oder X* multipliziert erhalten. Es bleibt also: 

oder: 

wo q> und V' endliche Funktionen von /* sind. Hieraus: 

Man erhält zwei Reihen von Gleichgewichtsfiguren, die von negativem zu positivem k fort- 
schreiten und sich in der singulären Figur kreuzen. Beide konnten zugleich imaginär sein, was 
aber unmöglich ist, wenn die singulare Figur als Glied einer bekannten reellen Reihe von Gleich- 
gewichtsfiguren gegeben ist. 

Man befindet sich also hier in dem Falle, auf den sich das Poincar6'sche Prinzip des Um- 
tausches der Stabilität bezieht. 

y) Es sei B^ null, aber a^^ als von Null verschieden bekannt. Dann kann man in (J) alle 
andern Glieder fortlassen, die sowohl y^ als /* enthalten. Es bleibt daher: 

O = /i * «,, + y\ a,o + / «fO + y\ «40 + • • + ^'* «OJ + ** «08 + • • • 

Sei a«» (if > 3) der erste Koeffizient einer Potenz von y^, der von Null verschieden bt. 
Dann bleibt: 

o « an. y:; + y^ /a^ + /•* v ^3) 

wo 9 eine endliche Funktion von /* ist. 

Es kann nun entweder y^ von gleicher Ordnung klein sein wie X*, dann darf man das erste 
(jlied dieser Gleichung vernachlässigen und erhält 

oder es ist y^ von niedrigerer Ordnung klein als >fe, dann kann man das letzte Glied vernach- 
lässigen und erhält: 



m- % 



"-] -' :;: ''> 



während der Fall, dass y von höherer Ordnung klein als l ist, offenbar unmöglich ist. Die beiden 
Ausdrücke (24) und (25) liefern mithin sämtliche movrliche Lösungen der Gleichung (23). 

Ausdruck (24) liefert in jedem Fall eine Reihe, die einen Arm zu positivem und einen zu 
negativem X* entsendet. Wenn n gerade ist, so liefert (25) eine Reihe von gleicher Beschaffenheit, 



271 

man hat es also wiederum mit einer Kreuzung zweier Reihen zu thun, auf die das Prinzip des 
Umtausches der Stabilität anwendbar ist. 

Ist hingegen n ungerade, so ergiebt (25) entweder für positives oder für negatives k zwei 
Losungen, hingegen keine für entgegengesetztes Vorzeichen von i, man gewinnt daher jedes Mal 
eine Reihe, deren beide Arme sich zu gleichen Werten des Rotationsmomentes erstrecken, Fälle, 
deren Stabilität wir im vorigen Abschnitt e) unter 2. betrachtet haben. 

Schlussbemerkiing. Es sind hiermit alle Fälle von Kreuzung und Verzweigung von Reihen 
von Gleichgewichtsfiguren besprochen, die in den folgenden Anwendungen auftreten werden. 
Andere Verzweigungen lassen Sich auf dieselbe Art erledigen, solange es nur ein einziger Stabili- 
tätskoefBzient ist, der für die betreffende singulare Figur verschwindet. Mit der Behandlung solcher 
Fälle, wo mehrere Stabilitätskoeffizienten zugleich verschwinden, hat Herr Poincar6 in § 2 seiner 
öfters citierten Arbeit einen Anfang gemacht, doch unterlassen wir es, ihm hier zu folgen, weil 
diese Ueberlegungen fernliegendere mathematische Hülfsmittel erfordern und vorerst ohne praktische 
Bedeutung sind. 

Wir wollen, bevor wir zu den Anwendungen übergehen, noch hervorheben, dass alles, was 
wir über die Figuren neuer Reihen, die sich an bekannte Reihen anschliessen, aussagten, sich nur 
auf die diesen Reihen hinreichend benachbarten Figuren der neuen Reihen beziehen konnte, weil 
einesteils das Instrument unserer Untersuchung, die Entwicklung der Energie, nur einen begrenzten 
Konvergenzbereich hatte und andernteils an der ersten singulären Figur in einer neuen Reihe ihr 
Stabilitätscharakter wechseln und weitere Verzweigungen eintreten können. 



35 



272 — 



IL Teil. Anwendungen. 



§ 5, Die Maclaurin'schen und Jacobi'schen Ellipsoide. Die Poincarö'schen 

Gleichgewichtsfiguren. 

Die in den beiden vorigen Paragraphen gewonnenen Theoreme setzen zur Anwendung auf 
eine bestimmte Gleichgewichtsfigur voraus, dass man die Stabilitätskoeffizienten und Orthogonal- 
funktionen dieser Figur kenne. So wenig man bisher über die Orthogonalfunktionen irgend eines 
beliebig gestalteten Korpers auszusagen weiss, so kommt uns doch gerade für die ellipsoidischen 
Gleichgewichtsfiguren der glückliche Umstand zu Hülfe, dass die altbekannten Lam^'schen Funk- 
tionen, die von Lam^ bei der Untersuchung des stationären Wärmezustandes eines Ellipsoids 
entdeckt worden sind, nach geringen Modifikationen für eine solche Gleichgewichtsfigur in die in 
§ 3 b) definierten Orthogonalfunktionen übergehen. Wollten wir nun mit Hülfe der Theorie der 
Lam^'schen Funktionen für die Maclaurin'schen und Jacobi'schen Ellipsoide die Stabilitätskoeffizienten 
berechnen und diskutieren, so hätten wir Herrn Poincar^'s Darlegungen in § 9 — 12 seiner Arbeit 
(Acta math. VII, pag. 315 — 347) Wort für Wort abzuschreiben, und das wird um so eher vermieden 
werden müssen, als wir im folgenden Paragraphen, in dem eine neue Anwendung der Poincar6'schen 
Prinzipien auf die Roche'schen Ellipsoide gegeben wird, ohnehin zu einer Rechnung gezwungen 
sein werden, die der entsprechenden Poincar^'schen vielfach parallel geht. Man wird dort sehen, 
wie die Stabilitätskoeffizienten gefunden und diskutiert werden, und wird, wenn man nicht auf die 
Poincar^'sche Arbeit zurückgehen will, daraus die Einsicht schöpfen, wie die Poincar^'schen 
Resultate gewonnen sind, oder genauer — hätten gewonnen werden können; denn Herr Poincar6 
hat die Orthogonalfunktionen nicht eingeführt und daher auch nicht an den Lam^'schen Funktionen 
die kleinen Modifikationen, die sie für unsern Zweck erst völlig geeignet machen, angebracht, er 
hat die hierdurch entstehenden Schwierigkeiten vielmehr durch eine geistvolle Betrachtung ganz 
anderer Art (1. c. pag. 371) umgangen. Hier wollen wir nur einen Ueberblick über Herrn Poincar^'s 
Resultate in der Form geben, wie man sie bei Einführung der Orthogonalfunktionen und strikter 
Befolgung des im i. Teil dieser Arbeit vorgezeichneten Gedankengangs erhalten hätte, und allein 
auf die Art der auftretenden Verzweigungen, die Herr Poincarö nur kurz behandelt hat, etwas 
näher eingehen, wobei wir freilich ungewiss sind, ob diese Ueberlegungen vor der Lektüre der 
genannten Paragraphen von Herrn Poincar^'s Arbeit oder mindestens des unten folgenden § 6 
überall verständlich sein werden. 

a) Die Maclaurin'schen Rotationseiiipsoide scheinen sich zunächst unseren Theoremen nicht 
zu fügen, weil für sie stets je zwei Stabilitätskoeffizienten gleich sind und beim Durchlaufen der 
Reihe also auch zugleich verschwinden, welchen Fall wir oben von der Betrachtung ausgeschlossen 
hatten ; doch lässt sich diese Schwierigkeit folgendermassen umgehen. Wir hatten die Deformation 
nach Orthogonalfunktionen entwickelt: 



273 

und können uns diese Deformation durch Superposition der »Fundamentaldeformationen« : 

WO / eine willkürliche Konstante ist, entstanden denken. Fuhrt man nun auf einem Rotations- 
ellipsoid die gewöhnlichen geographischen Koordinaten Länge (/) und Breite (6) ein, so sind sich 
stets zwei Orthogonalfunktionen von der Form: 

Tj^ = /{6) cos n l « = o, I, 2, . . . 

und: 

Tjx == /(*) sin n l 

paarweise zugeordnet und haben denselben Stabilitätskoeffizienten s^ = s^. Bildet man jetzt die 
Deformation : 

^ = nny^-^niyx^ /(*) (^ cos « / + y^ sin « /) 

und setzt: 

y^ =" h cos nq ^^j^ = A sin « ^ 

womit C die Gestalt erhält: 

C = A./(^)cos«(/-^) 

so erkennt man, dass diese allgemeinere Deformation aus der Fundamentaldeformation 

hervorgeht, wenn man das Koordinatensystem um den Winkel q um die Rotationsaxe dreht. Man 
hat daher nur den bei einer Rotationsfigur willkürlichen und gleichgültigen Anfangspunkt der 
Längenzählung für jede Deformation geeignet zu wählen, um zu erreichen, dass die eine Ortho- 
gonalfunktion i^ji aus der Entwicklung der Deformation und mithin auch s^ , der eine von den beiden 
paarweise gleichen Stabilitätskoeffizienten, aus der Entwicklung der Energie verschwindet. 

Verfährt man nach dieser Vorschrift und drückt sich so aus, als ob der verschwundene 
Stabilitätskoeffizient überhaupt nicht vorhanden gewesen wäre, so ergiebt sich folgendes: 

Die Stabilitätskoeffizienten der Kugel sind alle positiv. Durchläuft man die Reihe der 
Rotationsellipsoide mit wachsendem Rotationsmoment und wachsender Abplattung, so geht von 
Zeit zu Zeit ein Stabilitätskoeffizient aus dem Positiven ins Negative über, um dann immer negativ 
zu bleiben, und für unendliches Rotationsmoment, wenn das Ellipsoid in eine unendliche Kreis- 
scheibe übergegangen ist, sind eine unendliche Anzahl von Stabilitätskoeffizienten negativ geworden. 
Hiermit liefert das Poincari'sche Theorem über die Existenz neuer Reihen von Gleichgewichts- 
figuren (§ 4 d) sofort : 

»Die Reihe der Maclaurin'schen Ellipsoide enthält unendlich viele singulare Figuren, an die 
sich neue Reihen von Gleichgewichtsfiguren anschliessen.« 

Es fragt sich, ob sich unter diesen Reihen stabile befinden. (Damit ist gemeint, ob die 
sich in ihnen zunächst an die Ellipsoide anschliessenden Figuren stabil sind, da wir, wie oben 
erwähnt, über entferntere Teile der Reihen nach unsern Entwicklungen überhaupt nichts aussagen 
können.) Dies kann offenbar nur für diejenigen, welche sich an die erste singulare Figur, die man 
beim Ausgehen von der Kugel trifft, anschliessen, der Fall sein, denn von dieser Figur an ist stets 
mindestens ein Stabilitätskoeffizient negativ, also die Reihe der Maclaurin*schen Ellipsoide selbst 
und mithin auch alle anschliessenden Reihen instabil. Nun ergiebt sich das merkwürdige Resultat, 
dass dieses erste singulare Ellipsoid, welches mit E^ bezeichnet werden soll, dasjenige vom Axen- 
verhältnis t : 0,5827 ist, an welches sich die Jacobi^schen Ellipsoide anschliessen. 

Die Betrachtung der Maclaurin'schen Ellipsoide ist daher in dem in § i gewünschten Sinne 
erledigt mit dem Ergebnis: 

»Die Reihe der Maclaurin'schen Ellipsoide verläuft isoliert und ist stabil nur bis zu dem- 
jenigen Ellipsoid, an welches sich die Jacobi'schen Ellipsoide anschliessen. c 

35* 



274 

Die Art der Verzweigung an der Uebergangsstelle zu den Jacobi'schen EUipsoiden ist die 
in § 4 unter e) Fall 2. a) und unter f) y) erwähnte, es gehen von der singulären Figur aus zwei 
neue Arme von Gleichgewichtsfiguren zu grosserem Rotationsmoment. Man hat nämlich die Reihe 
der Jacobi'schen EUipsoide doppelt zu nehmen in der Art, dass, wenn man unter der x- und der 
^-Axe zwei zu einander und zur Rotationsaxe senkrechte, mit dem Ellipsoid E^ fest verbundene 
und durch seinen Schwerpunkt gehende Axen versteht, die grösste Axe jedes Jacobi'schen Ellipsoids 
einmal mit der jr-Axe und einmal mit der j/-Axe zusammenfallt. 

Denn fuhrt man die in § 4 f ) angedeutete Rechnung in diesem speziellen Falle durch, so 
erhält man durch Auflösung der Gleichung (J) an Stelle von (24) und (25) die beiden Losungen: 

jKi = o 

jVi = i V^ ' ^ 

wo a eine positive Konstante ist. Die erste Lösung ergiebt die Reihe der Rotationsellipsoide selbst; 
setzt man die zweite in den Gleichungen {22) ein, so erkennt man, dass alle andern y^ (A> i), so 
lange k klein ist, von höherer Ordnung klein werden als y^ und in erster Näherung gleich Null 
gesetzt werden dürfen, dass mithin in der Entwicklung (B) der Deformation nur das eine Glied: 

übrig bleibt und die beiden Arme neuer Gleichgewichtsfiguren näherungsweise durch die Deforma- 
tionen : 

fa = + ^1 V ka und : Cß = ■^'n^V ka 

(die Wurzel absolut genommen) geliefert werden. 

Nennt man nun x, y, z die Koordinaten eines Punktes der Oberfläche von E^ in dem eben 
eingeführten Koordinatensystem, so hat die Orthogonalfunktion r\^y wie die Theorie der Lam6'schen 
Funktionen lehrt, folgenden Ausdruck: 

T 

/ = 



"«'1/^+^ + 5 



WO a = b die Aequatorialhalbaxe, c die Polarhalbaxe des EUipsoides E^ bedeutet. Hiermit wird: 

Man überzeugt sich sehr leicht, dass die erste Deformation aus dem Revolutionsellipsoid 
ein dreiaxiges Ellipsoid erzeugt, dessen grösste Axe in die j:-Axe fallt, und sieht unmittelbar, dass 
die Umkehrung des Vorzeichens der Deformation so viel wie eine Vertauschung der x- und der 
y-Axe bedeutet. Es entstehen also wirklich zwei neue Arme von Gleichgewichtsfiguren, die zu 
grösserem Rotationsmoment fortgehen und aus um 90® gegen einander gedrehten Jacobi*schen 
EUipsoiden gebildet sind.^) 

b) Die Jacobrschen EUipsoide. Für die Jacobi'schen EUipsoide wiederholt sich derselbe 
Vorgang. Die sich zunächst an das Ellipsoid E^ anschliessenden sind stabil, alle ihre Stabilitäts- 
koeffizienten sind positiv, und wenn man zu grösserem Rotationsmoment übergeht, wird von Zeit 
zu Zeit ein Stabilitätskoeffizient negativ, bis für unendliches Rotationsmoment und das nadeiförmige 
Ellipsoid unendlich viele Stabilitätskoeffizienten negativ geworden sind. Es folgt also : 

>Auch in der Reihe der Jacobi'schen EUipsoide finden sich unendlich viele singulare Figuren, 
an die sich neue Reihen von Gleichgewichtsfiguren anschliessen.c 



*) Vergl. Acta math. Bd. VII, pag. 300 und 329—330. 



275 

Man erkennt wieder, dass sich nur an die erste dieser Fig-uren, die man beim Ausgehen 
von E^ antrifft, stabile neue Reihen anschliessen können. Dieses erste singulare Eliipsoid, welches 
in der Jacobi'schen Reihe auftritt, soll mit E^ bezeichnet werden, und die sich anschliessenden 
Figuren, welche offenbar von all den neuen Reihen die physikalisch wertvollsten sind, wollen 
wir schlechtweg 

C) die Poincarö'schen Figuren nennen. Wir müssen uns etwas näher mit der Art der 
Verzweigung beim Uebergang zu diesen Figuren befassen, weil hier Herrn Poincari ein kleines 
Versehen untergeschlüpft ist. 

Bei der algebraischen Behandlung der Verzweigungen, wie sie in § 4 f ) gegeben ist, erscheint 
der Fall /?), wo ein Arm neuer Figuren zu grösserem, der andere zu kleinerem Rotationsmoment 
fortgeht und das Prinzip des Umtausches der Stabilität anwendbar ist, als der allgemeinere gegen- 
über dem unter y) behandelten Falle, wo zwei neue Arme sich zum gleichen Rotationsmoment 
erstrecken, weil letzterer ausser dem Verschwinden von ß^ auch noch das Verschwinden von a^ 
in Gleichung (J) erfordert. Herr Poincar6 glaubte nun, wenn ich ihn recht verstehe*), den allge- 
meineren Fall ß) voraussetzen und aus dem Prinzip des Umtausches der Stabilität schliessen zu 
dürfen, dass sich an E^ ein zu grosserem Rotationsmoment fortgehender stabiler Arm von Gleich- 
gewichtsfiguren anschliesst; doch zeigt eine nähere Betrachtung, dass gerade der Ausnahme- 
fall eintritt. 

Das Eliipsoid E^ ist symmetrisch zur x, z und y, z Ebene. Bringt man daher eine solche 
Deformation an E^ an, dass dasselbe in eine Poincari'sche Gleichgewichtsfigur übergeht, und dreht 
die ganze Figur um 180° um die ^-Axe, so erhält man eine neue Gleichgewichtsfigur, welche 
natürlich zum selben Wert des Rotationsmomentes, wie die ursprüngliche gehört. Wäre die erste 
Figur symmetrisch zur x, z und y^ z Ebene, so würde sie allerdings durch die Drehung in sich selbst 
übergehen ; das ist aber bei den Poincarö'schen Figuren nicht der Fall, wie aus dem in Fig. 10 
dargestellten Schnitt einer solchen Figur mit der x, z Ebene zu erkennen ist. Es folgt somit, dass 
die Poincar6'schen Figuren immer paarweise auftreten, dass also mindestens zwei Arme zu gleichem 
Rotationsmoment fortlaufen. Man zeigt leicht, worauf wir hier verzichten wollen, dass sich an E^ 
nur zwei neue Arme anschliessen ; aber ob es nun zwei sind, die sich zum selben Rotationsmoment 
erstrecken, oder ob es mehrere sind, sicher hat man es nicht mit einem Falle zu thun, in welchem 
das Prinzip des Umtausches der Stabilität angewandt werden kann, da dies die Existenz von nur 
zwei neuen Armen, die sich zu verschiedenem Rotationsmoment erstrecken, voraussetzt. 

So bleibt es ungewiss, was Herr Poincar6 schon für entschieden hielt, ob diese Figuren 
stabil sind, man weiss auch nicht, ob sie zu grösserem oder kleinerem Rotationsmoment als E^ 
gehören. Nach dem in § 4 e) 2. Fall abgeleiteten Theoreme sind beide Fragen miteinander ver- 
knüpft, und die Sache liegt so, dass entweder die Poincar^'schen Figuren instabil sind und zu 
kleinerem Rotationsmoment gehören, in welchem Falle die stabilen Gleichgewichtsfiguren einer 
homogenen Flüssigkeit mit dem Eliipsoid E^ überhaupt aufhörten, oder dass sie die stabile Fort- 
setzung der Jacobi'schen Reihe zu grösserem Rotationsmoment bilden. Die Entscheidung könnte 
durch Bestimmung des Vorzeichens der Koeffizienten gewisser höherer Glieder der Energie- 
entwicklung (H) herbeigeführt werden, die sich zwar leicht nach dem in § 3 c) angewandten Ver- 
fahren in Form bestimmter Integrale darstellen lassen, aber zur Reduktion auf eine durchsichtige 
Gestalt manchen Kunstgriff erfordern werden. 

Um eine Annäherung an die Gestalt der Poincar^'schen Figuren zu erhalten, hat man 
wiederum y^ aus der Gleichung § 4 f ) (J), darauf die übrigen y^ aus {22) zu berechnen und die 
Entwicklung (B) zu bilden. Man überzeugt sich leicht, dass, wie oben bei den Jacobi'schen EUip- 



1) Vgl. Acta matb. Bd. m, pag. 377 : ». . . . noas poairoiiB appliquer le principe de T^change des stabilit^s . . .« und 
P^g* 378 : >»La forme d'6quilibre reprösent^e dans la figure p. 347 est donc une forme d'6quilibre stable.« 



276 



ftoiden, 50 auch für die Potncar^'schen Figuren die übrigen y^ im Verhältnis zu y^ Grossen höherer 
Ordnung werden und dass man daher als erste Annäherung: 

hat.^) Für die hier auftretende Orthogonalfunktion 17, erhält man aus der Theorie der Lamö'schen 
Funktionen, wenn man mit x^ y, m die rechtwinkligen Koordinaten von Punkten auf der Oberfläche 

des EUipsoids E^ und mit p, V^* — **, l^p* — ^* die drei Axen von E^ bezeichnet: 

1;, = Ix (a-r* + /?^» + yr»— d) 



worm : 



I 






5 5 



5 5 



y « — A**^-^. * (41:»-*») 
5 5 



A = Aa 5 A « 2 (*» + c») — 1/4 l*» + cV- "5 *'^* 



ist. 




X'Jlxe, 



Trägt man die hieraus folgenden Werte C (für 
kleines y^ auf den Normalen von E^ auf, so erhält 
man eine birnformige Figur, für deren Schnitt mit 
der X, z Ebene Herr Poincar^ beistehende Zeichnung 
gegeben hat (die gestrichelte Linie bedeutet den 
Schnitt des EUipsoides E^ und deren Verhalten bei 
wachsender Abweichung vom EUipsoid er so beschreibt: 

>Der grossere Teil der Masse scheint sich der 
Kugelform anzunähern, während der kleinere Teil 
am einen Ende der grossen Axe aus dem EUipsoid 
heraustritt, als ob er sich von der Hauptmasse trennen 
wollte, c 



Fig. la 

Wir werden in § 7 auf die Besprechung dieser Figuren zurückkommen. 



§ 6. Die Oleichgewichtsfigoren eines kleinen Mondes. 

a) Die Roche'schen EIMpsoide. 

Ein kleiner Mond, der aus einer homogenen Flüssigkeit gebildet sei, bewege sich in einer 
Kreisbahn in der Aequatorialebene um einen Planeten, der ein weni^ abgeplattetes Revolutions- 
Hlipsoid sein nio)^>^e, und wende dabei dem Planeten immer dieselbe Seite zu. Der Mond wird dann 
eine gewisse Gleichgewichtsform annehmen, die, wie schon Laplace bemerkt hat, bei hinreichender 
Entfernung des Mondes vom Hauptkorper nahe ein dreiaxi)i^«?s EUipsoid ist, dessen grosste Axe 
dem Hauptkorper zugewendet ist. Roche hat erkannt, dass auch bei geringerem Abstand vom 
Hauptkorper und gross«*rer Rotaiionsgfschwindigkeit des Mondes (sowohl in der Bahn, als um 
seine Ax«*) ellipvoidische Gleichgewirhtsfiguren existieren, so lange nur der grosste Durchmesser 
des Mond«*s im Verhältnis zum Abstand vom Hauptkörper so klein ist, dass man die dritte Potenz 
dieses Verhältnisses gegen die Einheit vernachlässigen kann. Die Diskussion der transcendenten 
Gleichungen, die diese Figuren bestimmen und die man in Herrn Ttsserand*s M^canique Celeste 
Vol. n, Chapitre VIII, abgeleitet findet, hat Roche zu folgendem Resultate gefuhrt:*) 



'» hur da« Fi>li:rjilr vrtjjl. Act* math. V'll, p-ij». 54^--.U7. 
•) Xf^nioiret de rAcAilrmic d« Montpellier. 1847 — 50. 



277 

Ist die Distanz des Mondes vom Hauptkorper sehr gross und mithin nach dem 3. Kepler'schen 
Gesetz die Rotationsgeschwindigkeit sehr klein, so existieren zwei ellipsoidische Gleichgewichts- 
figuren, von denen die eine nahe eine Kugel, die andere, wie das Jacobi'sche EUipsoid für kleine 
Rotationsgeschwindigkeit, eine unendlich dünne nach dem Hauptkorper gerichtete Nadel ist. Ver- 
mindert sich die Distanz und wächst die Rotationsgeschwindigkeit, so geht die Kugel in ein sich 
mehr und mehr abplattendes dreiaxiges EUipsoid über, das um die kleinste Axe rotiert, während 
die grosste dem Hauptkorper zugewandt ist, das nadelformige EUipsoid hingegen verkürzt sich 
mehr und mehr und schliesslich vereinigen sich beide Formenreihen in einem EUipsoid E^, über 
welches hinaus keine weiteren ellipsoidischen Gleichgewichtsfiguren existieren. Die Rotations- 
geschwindigkeit, zu der dieses EUipsoid gehört, bestimmt sich in unseren Einheiten (Dichte des 
Mondes = i, Gauss'sche Attraktionskonstante = i) aus der Gleichung: 

-— = 0,046 i) 

Dieser Rotationsgeschwindigkeit entspricht eine gewisse Distanz D vom Hauptkorper. Ist die 
Dichte des letzteren q, sein Radius, wenn man seine ganze Masse zu einer Kugel ballt, R, so ist 
der Betrag seiner Masse : 

3 

Hiermit liefert das Kepler'sche Gesetz für die Rotationsgeschwindigkeit des Mondes : 

-• = y e ;ö^ 

und wenn man den obigen Wert für (o einsetzt: 

- . 0,046 = Q' — D = 2,44 - R • VY 2) 

Im Fall Mond-Erde {q = 1,63) erhält man: 

D = 2,87 R 

Bis zu dieser Distanz von der Erde würden ellipsoidische Gleichgewichtsformen für den 
Mond existieren, wenn dieser homogen und gegen die Erde unendlich klein wäre. 

Unsere Aufgabe ist, zu entscheiden, welche von diesen EUipsoiden stabil sind und an welche 
sich neue Reihen von Gleichgewichtsfiguren anschliessen. Es bedarf hierzu zunächst einer 

b) Umformung des Stabilitätsprinzips. 

Die Masse des Hauptkorpers sei i, die des Mondes sei sehr klein und gleich ßi, der Abstand 
ihrer Schwerpunkte sei a. Das Potential des Hauptkorpers auf sich selbst sei Fj, das des Mondes 
auf sich selbst V^, das wechselseitige Potential beider Körper aufeinander J^j,, das Trägheitsmoment 
des Mondes in Bezug auf eine durch seinen Schwerpunkt gehende zur Bahnebene senkrechte 
Axe sei /g/z. 

Den Hauptkörper wollen wir als eine ruhende Kugel betrachten; denn eine beliebige 
Rotation desselben um eine zur Aequatorialebene senkrechte Axe hat keinen Einfluss auf die 
Mondbewegung, so lange er ein Rotationskörper ist, und eine kleine Abplattung kann innerhalb 
der Genauigkeitsgrenzen unserer Untersuchung ausser Betracht bleiben. 

Das Trägheitsmoment des ganzen Systems in Bezug auf seine durch den Schwerpunkt des 
Hauptkörpers gehende Rotationsaxe ist dann, da man das Trägheitsmoment des Hauptkörpers selbst 
als einer unveränderlich ruhenden Masse nicht mitrechnen darf: 



- -- 278 - - 
und die zum Rotationsmoment c gehörige Energie wird : 

Hierin ist F, eine Konstante, die wir weglassen können. F,, hat den Wert: 



V, 



"-J 



dfH 



wo dm ein Massenteilchen des Mondes, .1 dessen Abstand vom Mittelpunkt des Hauptkorpers 
bedeutet. Man lege nun durch den Mondschwerpunkt ein rechtwinkliges Koordinatensystem, das 
so rotiert, dass seine jr-Axe stets nach dem Schwerpunkt des Hauptkorpers hin gerichtet ist, während 
die r-Axe senkrecht zur Bahnebene stehen soll. Es ist dann, wenn x, y, s die Koordinaten von dm 
in diesem Systeme bedeuten: 

J» «» {a -x)* + ^* + r» 

I * J. -^^ O- ' 2X* — 7* — ** 

und hiermit: 



r„ = 'j + l^^'dm + ^\,^dm(2x^-y*-z*) + ... 



Das zweite Glied fallt fort, da der Nullpunkt der Mondschwerpunkt sein sollte. Es bleibt 
also : 

wo (i zur Abkürzung eingeführt ist. 

Die folgenden Glieder im Ausdruck von l\^ werden wir vernachlässigen, da sie das Ver- 
hältnis des grossten Monddurchmessers zu a in höherer als der zweiten Potenz enthalten und wir 
uns auf diese Potenz beschränken müssen, wenn wir überhaupt zu ellipsoidischen Gleichgewichts- 
figuren kommen wollen. 

Es folgt somit für die Energie der Ausdruck: 

und diese Grosse muss für eine Gleichgewichtsfigur stationär werden. Suchen wir zunächst U so 
zu bestimmen, dass es bei Aenderung von a stationär ist, sei also: 

da ^(a^yj^y '»^ ö« "^ ö* ' 

Statt aus dieser Gleichung a zu eliminieren und das Resultat in U einzusetzen, können wir 
innerhalb unserer Genauigkeitsgrenzen auch folgendermassen verfahren : 

Es ist hinreichend genau : 

r» _ M _ ß _ ^ 
2ßia* a a^ ifi 

Ferner schreibt sich (6) hinreichend genau : 



a^ 2ua^ ^ ■ 






oder: 



"-"•«"'Pi" +".;.] 7) 



J 



279 

und es ist: 



2/ia* a 2ßia^c^ *^ 2c* 

Nun ist nach (7) der Ausdruck ^ — u^a eine Grosse zweiter Ordnunsf, da sowohl -4 als \ 

das Verhältnis des grossten Monddurchmessers zu a im Quadrate enthalten; man hat also bis auf 
Grossen vierter Ordnung: 

_c^ _ j^ = _ jfll 

2/4 0* a 2C^ 

und hiermit: 

u^-^-t- '^ I-V 

2^* ö' 2fia* ^ " 
Schliesslich gilt für jede Gleichgewichtsfigur die Beziehung: 

t =1 a> / = ü> /i (ä* + /,) 8) 

In den Gliedern -^ und ^ /,, die an und für sich von der zweiten Ordnung sind, genügt 

es, für a einen in den Gliedern nullter Ordnung richtigen Wert einzufuhren. Mit dieser Genauig- 
keit folgt aber aus (7) und (8): 



und : 



c =s (OfAO^ I = a>*tf' CO = ~ 0) 

Setzt man dies in (7 ein, so ergiebt sich: 

C;= -^ -/Ja,»-i;i/,a,»- V, lo) 

Diese Grosse ist es, die bei konstant gehaltenem c für eine stabile Gleichgewichtsfigur ein 
Minimum sein muss. Da ferner in diesem Ausdruck für cd der Wert (9) verwendet werden durfte, 
ist o) mit c zugleich gegeben und bei der Bestimmung des Minimums als unveränderlich zu 
betrachten. Man kann daher in diesem Falle die Gleichgewichtsfiguren ebenso gut als abhängig 
von a>, als von, c auffassen, was wir auch je nach Bedürfnis thun werden. 

Bedenkt man nun, dass -^ eine Konstante ist, dass man /, aus der Gleichung: 
erhält und dass man nach (5): 

hat, so findet man die Stabilitätsbedingung in folgender Form: 

Q = ö>* j dm {^x^ — j8*) — l\ = Minimum loa) 

worin, wenn dtn und dm' zwei beliebige verschiedene Teilchen des Mondes sind und A ihre 

Distanz bedeutet: 

I r dm dm' 



'.-ij 



J 



- - ist. 



Ueberlegen wir einen Augenblick, was wir bei der Ableitung dieses Ausdruckes voraus- 
gesetzt haben und wie dieses Minimum zu verstehen sei. Wir haben angenommen, dass sich der 
Schwerpunkt der Mondmasse für die Massenanordnung, deren Energie berechnet werden soll, in 
dem durch (6) gegebenen Abstand a — Gleichung (6) hat, wie man leicht sieht, für einen unendlich 

36 



28o 

kleinen Mond nur eine endliche Wurzel ^ vom Schwerpunkt des Hauptkorpers befinde. Das wird 
für eine beliebige Lage der Mondmasse zunächst nicht der Fall sein. Denkt man sich aber die 
Mondmasse unter Beibehaltung ihrer Gestalt dem Hauptkorper genähert oder von ihm entfernt, so 

zeigt die Berechnung des Differentialquotienten . ^ , die dem Leser überlassen bleiben möge, dass 

unter den auf diese Weise entstehenden Konfigurationen des ganzen Systems gerade diejenige, für 
die die Entfernung der Schwerpunkte der Gleichung (6) genügt, den kleinsten Wert der Energie 
hat. Ist nun der Ausdruck (lo) für eine bestimmte Gestalt der Mondmasse ein Minimum, so 
bedeutet das zunächst nur, dass er für sie kleiner ist, als für irgend eine andere Gestalt, wenn 
man die Masse in dieser, wie in den andern Gestalten, jedesmal in die aus (6) bestimmte Entfernung 
a vom Hauptkorper bringt; da aber die Energie dieser andern Gestalten bei jeder Abweichung 
von der so bestimmten Entfernung a wächst, so folgt, dass die Energie in diesem Falle für die 
ursprüngliche Gestalt bei der aus (6) bestimmten Entfernung vom Hauptkorper absolutes Minimum, 
kleiner als für jede benachbarte Massenanordnung wird, dass mithin das Minimum von (lo) oder 
(loa) ausreichendes Kriterion der Stabilität ist; dass beides notwendige Kriterien sind, versteht 
sich von selbst. Bei der Untersuchung, ob Q ein Minimum ist, ist noch darauf zu achten, dass 
wir übereingekommen sind, als Anfangspunkt des Koordinatensystems der x,y,s den Schwerpunkt 
der Mondmasse in ihrer jedesmaligen Gestalt zu wählen, oder, was dasselbe ist, dass wir nur 
Anordnungen mit dem Schwerpunkt jr=^^ = jr»sotn Betracht zu ziehen haben. 

Wenn man jetzt berücksichtigt, dass der Ausdruck: 

das Potential sämtlicher wirkenden Kräfte darstellt, also auf der Oberfläche einer Gleichgewichts- 
figur konstant ist, so erkennt man. dass man Q genau auf dieselbe Weise weiter behandeln kann, 

wie dies oben in § 3 a) mit dem Ausdruck • / + ^ geschehen ist , dass man mithin für die 

Aenderung von Q beim Uebergang von einer Gleichgewichtsfigur zu einer Nachbarfigur den 
genäherten Wert : 

erhalten wird, wobei g' den Differentialquotienten von P nach der innern Normale der Gleich- 
gewichtsfigur, die Schwere auf der Oberfläche des Mondes, und C die Deformation bedeutet. Dieser 
Ausdruck ist etwas einfacher als der entsprechende frühere Ausdruck der Energieänderung (A), 
insofern ihm ein drittes Glied fehlt. 

c) EinfBhriing dar Lani'tcbon Funktionen und Bildung der Stabüititoitoeflliienten. 

Um 6 Q in eine Summe von Quadraten zu verwandeln, hat man wieder vermöge einer 
unendlichen orthogonalen Substitution ein System von Orthogonalfunktionen >/^ zu bestimmen, mit 
deren Hülfe dann jede Deformation in der Form: 

entwickelt und AQ wirklich in die Gestalt: 

Übergeführt werden kann. An Stelle der definierenden Integraleigenschaften D) E) F) der oben 
benutzten Orthogonalfunktionen treten, wie man leicht sieht, infolge der einfacheren Gestalt von AQ 
die einfacheren Eigenschaften : 



/ 



28l 



d(ü d(o = o wenn x ^ l 



< '^ D') 



A =^ sx wenn x = l 

Jo wenn x ^ X rT'\ 

g^^^ldco^^ wennx = i ^^ 

Es stimmen nun merkwürdigerweise die durch E') und F') definierten Funk- 
tionen rix für ein Ellipsoid, das eine Gleichgewichtsfigur ist, genau mit den bekannten 
Lam^'schen Funktionen überein.*) 

Dass die Lami'schen Funktionen diese Integraleigenschafken haben, ist erst nachträglich 
von Liouville entdeckt worden, während die ursprüngliche Definition, die zu ihrer wirklichen Her- 
stellung führt und die sich auch rückwärts aus diesen Gleichungen ableiten Hesse, die folgende war.*) 

Es seien jr, y, z rechtwinklige Koordinaten eines Punktes auf der Oberfläche des zu Grunde 
liegenden Ellipsoides: 

4r* y* z^ 

Q^ Q^—0^ Q^ — C^ 

dessen Axen die Länge q, V g^—b'^ und Yq^ — ^ haben, wobei c> b sei. Man führe nun sog. 
elliptische Koordinaten ein, indem man in dieser Gleichung x^ y, z als gegeben, ^* als Unbekannte 
betrachtet, wobei man findet, dass diese Gleichung stets drei reelle positive Wurzeln hat, von denen, 
sofern ;r, y^ z Koordinaten eines Punktes auf der Oberfläche des Ellipsoids sind, eine natürlich mit 
der grossen Axe des Ellipsoids ^ übereinstimmen wird, während die andern /i* und v* sein mögen. 
Q, /i, V heissen »elliptische Koordinaten«. Die Koordinaten jedes Punktes auf dem Ellipsoid lassen 
sich dann auch rückwärts als Funktionen von /i, v ausdrücken (^ ist konstant gleich der grossen 
Axe) vermöge der Beziehungen: 

_ Qjiv_ 
bc 

|/^nr^ yr^T^ Vi^*^"^» 

y = —^ -^=--^.-^. 13) 

_ V g^-c^ 'VJi ^ c^ 'V^-? 
^ ~ c Y^-^b* 

wobei man die Mehrdeutigkeit der Wurzelvorzeichen leicht durch die Bedingung beseitigt, dass x y z 
auf der ganzen Oberfläche des Ellipsoids stetige Funktionen von fi und v sein sollen. 

Man bilde weiter die Differentialgleichungen: 

{Q^-b^){Q^-c^)j^ + {2Q'-b'^^c^)Q J^ = [n{n+i)Q^^B]R 14) 

« = o, I, 2, 3 . . . 00 B =^ const. 
die, wenn man die Grosse: 

als neue Variable einführt, in die folgenden übergehen : 

^ = [«(«+!) e«- 5] /e 16) 



') Man bestätigt leicht, dass (D') eine Folge von {E') und (F') ist. 

^ Man vergleiche die Parallelstelle bei Poincari (Act. math. VIT, pag. 315—321). 



36* 



> 282 

Jede solche Differentialgleichung besitzt zwei partikuläre Integrale, aus denen sich das 
allgemeine Integral linear zusammensetzt Die partikulären Integrale lassen sich im Allgemeinen 
nur mit Hülfe von ^-Funktionen darstellen, jedoch existieren für jedes n 2 n + i spezielle Werte 
der Konstante B, die mit Ä../(/=i,2,3 ...2«+ 1) bezeichnet werden sollen» für die das eine 

Integral in eine ganze Funktion von q, Yo^— b'^ und \'\^ — c^ übergeht, während das andere durch 
eine gleich anzugebende Quadratur geliefert wird. Das erstere Integral hat also für diese speziellen 
Werte von B eine von den Formen : 



wobei T eine gerade oder ungerade Funktion von q ist, welche im ersten Fall vom /f **", im zweiten 
und dritten vom n — t^" und im vierten vom n — 2^^ Grade ist, sodass das Integral selbst jedesmal 
von der n*^" Dimension wird. Wir geben nun diesem ersten einfachen Integrale R den oberen 
Index Jk = 1,2,3,4, jenachdem es von der i.. 2., 3. oder 4. Form ist, ferner zwei untere Indices n 
und f, die angeben, zu welchem Werte n und zu welchem der zu n gehörigen ausgezeichneten 
Werte Bm.^ das Integral gehört. Es ist dann z. B. : 

R\^ « ]'V — ^ ((?' — «D Oy — '^\) ( ) ((>' - «%-« ) für ungerades n 

K\^ « ] V-^' • e ((>* /^) U>' /^) ( ) (o'-ß'^'Ä für gerades n 

wobei die a und fi gewisse von den Indices i\ n und p und den Werten von b und c abhängige 
Konstanten bedeuten, die, wie die Theorie weiter lehrt, alle positiv reell und kleiner als c sind. 
Jedes solche Polynom, das der Gleichung (14) genügt, heisst >Lam4'sches Polynome 

Das zweite Integral 5f . hat den Ausdruck: 

Um jetzt die »Lami'schen Funktionenc zu erhalten, schreibe man (14) noch zweimal, erst 
indem man q durch ;i, R durch A/, dann indem man q durch v, R durch N ersetzt. Dann werden 
AI und .V ganz genau wie R gebaute Polynome der Variabein /i und v, die wir wieder durch Indices 
als A/* ^ und A^* ^ kennzeichnen können. Während R aber mit q auf dem Ellipsoid eine Konstante 
ist, nehmen M und N von Punkt zu Punkt andere Werte an. Bildet man jetzt mit Hülfe zweier 
zu denselben Indices gehöriger gleichgebauter Polynome M und N das Produkt: 

V = ' • p 18) 



worin : 






«9> 



und /' eine vorerst noch willkürliche Konstante ist, so ist dieser Ausdruck eine »Lamö'sche 
Funktion«. 

Wir wollen uns überzeugen, dass er auch eine Orthogonalfunktion ist, die Gleichungen E') 
und F) erfüllt. 

Liouville hat gezeigt, dass r/ der Gleichung: 



; 



, Jo,' /{ S 

I _, = 4.-. , V 



genügt, wobei R und 5 mit denselben Indices, wie die beiden Polynome J/ und -V, aus denen 1; 
gebildet ist, zu versehen sind. Soll daher f) eine Orthogonalfunktion sein, so muss, wie die Ver- 
gleichung dieser Relation mit F') ergiebt, der Ausdruck: 



I 

I 



283 

4 71 ,= S 20) 

auf der ganzen Oberfläche des EUipsoids eine Konstante sein, die uns dann gleich die zu dieser 
Orthogonalfunktion r\ gehörige Determinantenwurzel s darstellt. 

Liouville hat ferner gezeigt, dass zwei verschiedene Lam^*sche Funktionen r\ und ly^ der 
Gleichung genügen : 



j 



dm 



Die Funktionen r\ werden daher bei geeigneter Wahl der Konstanten P die Gleichungen E') 
erfüllen, falls auf der Oberfläche des EUipsoids 

g ' l = const. 

ist. Man sieht, dass diese Bedingung mit der Forderung, s solle konstant sein, übereinkommt. 

Es ist also g auf der Oberfläche eines EUipsoids, das eine Gleichgewichtsfigur bildet, zu 
berechnen. Das Potential im Innern eines homogenen EUipsoides ist bekanntlich: 

^dtn 



\ = j~j- = ^1 ^^ + ^2 .y' + ^8 ^ + ^4 



wo die g gewisse Konstante sind. Setzt man dies in (ii) ein und nennt («,;r), (»,^), (n,s) die Winkel 
der innem Normalen auf der Oberfläche des EUipsoides mit der jt-, resp. y- und ;8r-Axe, so 
erhält man : 

dP 

— = ^ cos («. x) = x[3ü)^ + 2 q^\ 

j- = ^cos {n,y) = y^2q^ 2\) 

bP 

-^ = ^ cos («, ^) = ;r [— cü' + 2^3] 

' Aus Gleichung (12) erhält man nach bekannten Regeln: 

cos («,:r) = — Ä' cos (», y) = -r^—rt ' K cos («, z) = -^ 3 - K 21a) 

wobei : 

r 



also nach (19): 

K = l-q V^-^* • Vq'~^c' 21 b) 

ist. Setzt man dies in die zweite der Gleichungen (21) ein, so folgt: 

qVq —r 
und nach (20) : 

s = 2ng ~^-.^^.- • - 22) 

Y^'-fi^ q^ 

Diese beiden Ausdrücke sind in der That Konstanten auf der Oberfläche des EUipsoids, 17 ist 
Orthogonalfunktion. 



284 

Für q^ erhalt man aus der Theorie der Anziehung dreiaxiger Ellipsoide den Ausdruck : ^) 

OD , 

Q 

Der Ausdruck VQ^^-b^ ist aber, wie man leicht sieht, ein Lami'sches Polynom, welches 
wir kurz mit R^ bezeichnen wollen, und es folg't aus (17): 

Es schreibt sich also: 

Hiermit geht (22) Ober in : 

und die Stabilitatskoeffizienten werden : 

R • S --. 

Von dem Vorzeichen dieser Integralausdrücke hängt also die Stabilität unserer Ellipsoide ab. 



d) Diskussion des Vorzeichens der Stabilitttslcoefllzieiiten. 

In K) werden wir je nach Bedürfnis R und 5 keinen, einen, zwei oder alle drei Indices 
geben, die ihnen zukommen, und die gleichen Indices wollen wir an s anbringen, da die Ordnung 
der s in eine Reihe nach einem Index Jl, die wir bisher benutzten, hier unpraktisch sein würde. 

s ist eine Funktion der drei Grossen q, b^ c, welche aber nicht unabhängig von einander, 
sondern durch die Bedingung verknüpft sind, dass das durch (12) dargestellte Ellipsoid Gleich- 
gewichtsfigur eines kleinen Mondes, ein Roche'sches EUipsoid, sein muss. Wir wollen uns alle 
diese Ellipsoide in einem solchen Massstab vergrössert denken, dass c s= i wird. Dann ist jedes 
solche vergrösserte EUipsoid durch die Werte von o und b bestimmt. Wenn man o und b in einer 
Ebene als rechtwinklige Koordinaten aufträgt, entspricht jedem Punkt der Ebene (innerhalb eines 
gewissen gleich zu bestimmenden Gebietes) ein EUipsoid und die vergrosserten Roche'schen EUip« 
soide werden durch eine bestimmte Kurve C in dieser Ebene dargestellt werden. 

Man >ieht ferner leicht, dass sich s nicht ändert, wenn man ^, b^ c alle mit dem gleichen 
Faktor multipliziert, dass man daher in K) c = 1 setzen darf und somit die Stabilitätskoeffizienten 
I — s auch als Funktionen von o und b erhält. Statt nun die Stabilitätskoeffizienten unmittelbar 
längs der Kurve C zu untersuchen, suchen wir die Gebiete abzugrenzen, in denen jeder Stabilitäts- 
koeffizient positives oder negatives Vorzeichen hat, und sehen dann nach, ob und wo die Kurve C 
in diese Gebiete eintritt. 

Da ^ < ^(s= 1) sein sollte und für ein EUipsoid (> > r(= i) sein muss, werden alle Ellipsoide 
durch den zwischen ä = o und b — 1 von 0^1 bis o = od verlaufenden Streifen dargestellt. Wir 
beginnen die Untersuchung der Stabilitätskoeffizienten, indem wir b festhalten, also ihren Verlaut 
län^s einer Parallelen zur o-Axe betrachten. 

'1 Man verglc.che i. B. Sturm, Touff de M^anique. 5. K^lition. Tome I, pajj. g; 



285 

Da 5, und R^ stets positiv sind, hat die Grösse : 



R^ \RJ R R, L Ä,5, 



23) 



dasselbe Vorzeichen wie 1 — s. 

■ 

• Aus (17) erhält man leicht, wenn man die in (15) eingeführte Variable e benutzt: 

± 
de 

Die Differentiation von (23) ergiebt: 

ÖF d /SÄ /RV ö /'S\ S d /Ä\« 



U) ^ 



24) 



de \rJ \rJ ' de \r) R de \rJ 



de 
oder, da (24) naturlich ebensogut für Ä, und 5, wie für jedes beliebige 5' und R gilt : 

dF S^ d^ fRy 

de ~ R de \rJ ^5^ 

Es war : 

R, = YT^J' 26) 

fRY 

Der Quotient \-^) hat daher die Form: 

wobei : 

it k, / -== o oder i 

ist. Da die sämtlichen a, wie erwähnt, unter r = i, ^ hingegen über c = i liegt, wachsen alle 
Faktoren im Zähler dieses Produkts mit q. Die Möglichkeit, dass der ganze Ausdruck mit 
wachsendem q abnimmt, ist daher nur dann vorhanden, wenn keiner der Quotienten 

2 _ ffi = » — t_^a « = «1» a,, . . . o, ^ c 

mit wachsendem q zunimmt, was erfordert, dass sämtliche auftretenden Werte a kleiner als 6 sind, 
also vor allem, dass k = o und / = o ist. 

Wir teilen die Polynome /? hiernach in zwei Klassen : 

1. Klasse. Es sind nicht alle a kleiner als ^, es ist also z. B. >& == i oder / = i. Dann 

nimmt der Ausdruck [^] niit wachsendem q ständig zu. 

2. Klasse. Alle a sind kleiner als d, es ist i = l = o. Dann kann der Ausdruck \-j^) 
mit wachsendem q möglicherweise abnehmen. 

Behandlung der 1. Erlasse. 

Zunächst setzen wir voraus, dass R ein Polynom der ersten Klasse sei. Da nach (15): 

de I 

stets positiv und auch S und R stets positiv sind, so ergiebt (25), dass F mit wachsendem q fort- 
während abnimmt. Ist aber q sehr gross, so hat ^, weil alle a unter i liegen, nahe den Wert : 

Jin = e" 27) 



— 286 - - 
wo M der eine oben eingeführte Index ist. Ferner ergiebt sich aus (17) für sehr grosses q: 



OP 00 



^Q o.r *(? I t 



"■'■-^"■^hi.L^-^'iA,- 



Das Polynom R^ = Vq* — ** gehört zu n » 1 . Es ist mithin für sehr grosses q nahe : 

R, 5. - '- . '. 
IQ 

Hiermit erhalten die Stabilitätskoeffizienten für grosses q den Ausdruck : 

Ffir grosses q gehen die Ellipsoide (12) in Kugeln über und es sind dies die Werte, die 
man unmittelbar aus der Theorie der Kugelfunktionen für die Stabilitätskoeffizienten der Kugel 
bitte ableiten können. 

Für grosses q sind mithin alle Stabilitätskoeffizienten und nach (23) daher auch die Funk- 
tionen F positiv. Nun nimmt für ein R der ersten Klasse F mit wachsendem q fortwährend ab, 
es folgt also (da F und i — s stets gleiches Vorzeichen haben): 

Sati L »Die Stabilitätskoeffizienten, die aus einem Polynom der ersten Klasse entspringen, 
sind stets positiv.c Sie können nicht zum Auftreten einer singulären Figur in der Reihe der 
Roche'schen Ellipsoide Veranlassung geben. 

Behandlung der 2. Klasse. 

Beschäftigen wir uns jetzt mit den Polynomen der zweiten Klasse. 
Wir differenzieren (25) aus: 

dR 



6F SR I 

&e ~ ^ R r/ (>,)• 



d 






Sei zur Abkürzung^: 



^ - de ^* d, ^ de r^)i • ^ ^°> 



Differenziert man hier nochmals, so ergiebt sich : 

d, ~ df* * df' 

Nun lautete Gleichung (i6): 

Für ^1 hat B den Wert r*, wie eine leichte Rechnung lehrt. Es ist daher : 

und hiermit : 

*J = RR, {,/(«(;,+ ,) -2] -Ä+^} 30 

Man erkennt aus diesem Ausdruck, dass J, wenn wir den Fall h = i vorerst ausschliessen, 
entweder immer zunimmt, oder für kleineres q ab* und nur für grösseres zunimmt. 



287 

Die Gleichung (30) lässt sich auch in der Form schreiben: 

Da wir es mit einem Polynom R der zweiten Klasse zu thun haben, welches den Faktor 

^j^ 

Vp* — ^ nicht enthält, bleibt -^ für ^ = ^ endlich und es folgt : 

ÖQ 

Für ^ = ^ = I : y = o 
Andererseits folgt für sehr grosses q mit Hülfe von (27): 

Es ist also y für grosses q (den Fall n = i wieder ausgeschlossen) positiv. Wir erkennen 

daher, dass y von (> = i an entweder immer positiv oder anfangs negativ und erst für grösseres q 

öF 
positiv ist. Da aber -r- nach (30) stets das entgegengesetzte Zeichen, wie y, hat, so folgt, dass F 

mit wachsendem q entweder immer abnimmt oder anfangs zu und dann abnimmt. Wie wir aber 
oben gesehen haben, ist F für grosses o positiv und hat stets dasselbe Zeichen wie der Stabilitäts- 
koeffizient I — j, womit wir zu dem Resultat gelangen: 

Satz II, »Ein Stabilitätskoeffizient, der aus einem Polynom der zweiten Klasse entspringt, 
ist entweder stets positiv oder er ist negativ, solange q kleiner — positiv, sobald q grosser als ein 
bestimmter Wert ist.c 

Es ist noch speziell der Fall « = i zu berücksichtigen, den wir bisher ausgeschlossen hatten. 

Für n= I existieren drei Lam^'sche Polynome: q, Vq^ — ö'^ und Vq^—c^, von welchen offenbar 
nur das Polynom q zur zweiten Klasse gehört. Bildet man nach (18) die zu q gehörende 
Lam6'sche Funktion : 

V = i -p- 

oder mit Hülfe von (13): 

7] = l X — - 

oder nach (21) : 

1] = //cos («, x) 

wo H eine gewisse Konstante bedeutet, und bringt nun an das betreffende Ellipsoid die Deformation: 

f = r]' y = y H cos («, x) 

an, so bedeutet diese Deformation, wie man geometrisch sofort sieht, nichts anderes, als eine Ver- 
schiebung des ganzen Ellipsoids längs der ;r-Axe um die Strecke y H, Nun hatten wir aber oben 
hervorgehoben, dass wir den Anfang des Koordinatensystems in den Schwerpunkt der Mondmasse 
legen wollten, und dass wir daher nicht die Masse so verschieben oder deformieren dürfen, dass 
ihr Schwerpunkt aus dem Nullpunkt herausfällt; wir müssen also den Koeffizienten y dieser Ortho- 
gonalfunktion gleich null setzen, womit der zugehörige Stabilitätskoeffizient aus dem Ausdruck der 
Energie verschwindet und seine Untersuchung überflüssig wird.*) 



^) Den Fall » =^ o haben wir mit Stillschweigen übergangen. In der That gehört xu » = o nur das eine Lam6*sche 
Polynom : 

R^ = const. 
welches zu der Orthogonalfunktion: 7;^ = /»const. führt. Bildet man hiermit aber die Deformation: 

C = »/o J^'o 
so würde diese Deformation, da sie auf der ganzen Oberfläche einerlei Zeichen hat, eine Vermehrung oder Verminderung der 
Mondmasse bedeuten. Die Unveränderlichkeit der Masse erfordert also, dass man y^ = o setze, womit diese Orthogonalfunktion 

37 



Reihenfolge des NegaÜTwerdens. Es hat sich eben ergeben, dass ein Stabil] tätskoeffizient 
zweiter Klasse, wenn man sich auf einer Parallelen zur o-Axe von unendlichem q nach o =s i hin 
bewegt, entweder stets positiv bleibt oder einmal ins Negative fibergeht. Es lässt sich entscheiden, 
welcher von den verschiedenen Stabilitätskoeffizienten hierbei zuerst negativ werden muss, wofern 
überhaupt auf der betreffenden Linie d = const. einer negativ wird. 

Seien R und R' zwei Polynome zweiter Klasse, S und S' die zugehörigen zweiten Integrale 
der Lam6*schen Differentialgleichung. Man betrachte die Stabilitätskoeffizienten : 

I - j =.. I - und i—s=i — 



Ihre Differenz ist : 

R^ 



R" r[rI\ ''' 



Sei : 



I "l 



G hat stets dasselbe Vorzeichen, wie die Differenz (i — j') — (i-s). Man kann nun G genau so 
behandeln, wie in den Gleichungen (^i^) — (31) F behandelt wurde, findet also: 



und wenn man : 



At (A')' 1 Af Ar J 

_ pA" AR I AG _ 2.S' 



33) 



setzt und L differenziert 



^^ = ^*^' R A*R ^, 
dt dt^ df* 



Ks möge nun R zum Index n, R' zum Index /i' gehören, sei also 

l*f =[«(«+ I) «» - /i] R 



^*^ = y(«' + 0j.'»-i5']Ä' 



Dann findet man: 

AL 



== RR'{ «» («• («'+ - « (// + ü] — (Zr - B)\ 34) 

Üie.sen Ausdruck wollen wir nicht nur für Werte von o zwischen o ^ i und »> = oe, 
sondern auch für Werte zwischen q ^ b und « = i untersuchen. Man kann L in der Form 
schreiben : 



L = 1 '»' - 0* • j>» <:» 






Da A' uud A*' Polynome zweiter Klasse sind, welche weder den Faktor ] o» — *^ noch den 
Faktor 1 0* — t* enthalten, ist sowohl lür #> = * als für « = f: 

/:.= (, 

\er»« l.wu. l-t. I>A man ferner Iridji irij^t, «Jas* knne ar. I«*rf Fun.).iniC!it.il«!* I ruiati »n <iic Mon«l!»4««»c um (iin'^rn von dei 
<>r.>t.uii|! «l'-r »^ a^iirrt, %o Mt hi«-rniil ilic 1'» tit »:un,; »Irr l'n\'f an Lili» hk«-ji ,!rr Ma-'^c lowcii heiut U^u)iii,:t, aU c% un«ere 
lLr..frmr, .«.r )i nuf u' rf dic (jli««l'r erbtet ut «i r*»tiler Dfln-^,: ni der F i»rrj;»'fniw.. klunjj tp"£iellc Vorau%*ci/u»:,»cn machen, 
etf« rdTp 



— 289 — 

Wenn aber L an den Endpunkten einer Strecke Null ist, muss dazwischen sein Differential- 
quotient einmal sein Zeichen wechseln. R und R' sind für q> b stets positiv, weil alle Wurzeln 
eines Polynoms zweiter Klasse unter b liegen, es bleibt daher nichts anderes übrig, als dass der 
Klammerausdruck in (34) zwischen q =^ b und q = i sein Zeichen wechsle. 

Das ist das Resultat, das aus der Betrachtung von L zwischen q = b und q = i gewonnen 
werden sollte. Wir beschränken uns jetzt wieder auf Werte ^ > i, die allein Ellipsoide liefern. 
Es sei : 

n > n 35) 

Da der Klammerausdruck in (34) sein Zeichen überhaupt nur einmal wechseln kann und dieser 
Wechsel zwischen q = b und g == i stattlinden muss, bleibt er für q > i stets von einerlei Zeichen 
und zwar von positivem, weil er nach der Festsetzung (35) für sehr grosses g positiv wird. Es 
nimmt also L mit g ständig zu und da es für g = i null wird, so ist es beständig (für ^ > i) 
positiv. Hiermit liefert (33) , dass G mit wachsendem g ständig abnimmt. Für grosses g ist 
aber nahe : 

OD 

dg I I 



H =z g^ S = g'' [ 



g^''-\-^ 2W-+-1 g"-^' 



K = p"' *S" = 



2«'+ I ^"'-t-^ 
mithin : 



/>"• + * \2;/+ I 2«'+ 1/ 



Es ist also nach (35) für grosses g G positiv und, da es mit wachsendem g ständig abnehmen 
soll, überhaupt positiv. Aus (32) erhalten wir das Ergebnis: 

Satz in. »Die Differenz der Stabilitätskoeffizienten zweiter Klasse (i— j') — (i— ^) ist positiv, 
wenn «' > « ist.t 

Es gehören somit zum kleinsten n die kleinsten Stabilitätskoeffizienten der zweiten Klasse. 
Das kleinste n ist, da « = i nach dem oben Erwähnten nicht vorkommt, « = 2. Die za n ^^ 2 

gehörigen Lami'schen Polynome, welche weder den Faktor Yg^ — ^* noch Yg^ — c^ enthalten, sind 
nach Heine (Handbuch der Kugelfunktionen, 1878, I, pag. 365) die folgenden beiden: 

^2. 1 = e H y ^ 36) 



R,.,-Q-— — y — - — 



37) 



Von diesen ist nur das erste ein Polynom zweiter Klasse, da das zweite für g> b ver- 
schwindet. Wir wollen kurz : 

^«. 1 = ö' - y = ^« 38) 

schreiben und haben das Resultat : 

Satz IV. »Von allen Stabilitätskoeffizienten zweiter Klasse ist der aus dem Polynom R^ 
hervorgehende, welcher kurz mit i — s^ bezeichnet werden möge, der kleinste; da nun alle Stabilitäts- 
koeffizienten der ersten Klasse positiv sind, so sind überhaupt alle Stabilitätskoeffizienten positiv, 
solange i — s^ positiv ist. Es sind mithin alle Ellipsoide stabil, für die i — s^ positiv ist, und 
natürlich alle instabil, für die i — j, negativ ist. Die Stabilität hängt allein vom Vorzeichen von 
I — s^ ab.« 

37* 



- — 2()0 

Hiermit ist die Diskussion der Stabilitätskoeffizienten beendet, soweit sie für unsere Zwecke 
nötig sein wird. Denn es wird nicht erforderlich sein, unserem ursprünglichen Vorsatz gemäss in 
der oben eingeführten Ebene die Gebiete abzugrenzen, in denen i — j, positiv resp. negativ ist, 
und den Verlauf der die Roche'schen Ellipsoide darstellenden Kurve C durch diese Gebiete zu 
verfolgen, weil wir über das Verhalten von i — s^ in der Reihe der Roche'schen Ellipsoide leichter 
Aufklärung gewinnen durch eine 

e) Uebertragung des Theorems der zwei Arme (§ 4 f* <>) auf den vorliegenden Fali. 

Wie dort, so wollen wir uns auch hier die Aufgabe stellen, zu einer gegebenen Gleich- 
gewichtsfigur benachbarte für benachbartes Rotationsmoment gültige zu finden, wobei wir jetzt 
statt des Rotationsmomentes die Rotationsgeschwindigkeit variieren lassen können. Wir hatten 
in b) für die Energie den Ausdruck gefunden : 

U = const. 4- (2 == const. - ^ u? I dm (3 x^ ::*) — \\ 

und für die Aenderung derselben infolge einer Deformation C = -i' m yx bei konstant gehaltenem o* 
ergab sich, wenn wir. wie oben, die auf eine deformierte Figur bezüglichen Grössen mit einem 
Querstrich versehen : 

wo wir allerdings die Entwickelbarkeit von l\ nach Potenzen der y^ nicht nachgewiesen haben, 
was aber ganz ähnlich wie in § 3 c) hätte geschehen können. Nun möge m in (o übergehen 
und es sei : 

2 2 

Alle zu itj gehörigen Grössen sollen einen Accent erhalten. Es wird dann die Energie der 
deformierten Figur für das Rotationsrooment lo : 

0' = U + ty\{i- sx) + l\ ~ k fjm (3 x»-.^) 

wobei das letzte Integral über die deformierte Masse zu erstrecken ist. Sei : 

// = J dm (3 x^ -~ s") 3g) 

wenn man das Integral über die Gleichgewichtsfigur erstreckt, und 

// = J dm (3 v» - r*») 40) 

bei der Erstreckung über die deformierte Figur. Man kann ähnlich, wie es oben für / geschah, 
nachweisen, dass sich // in eine Reihe nach Potenzen der y^ entwickeln lässt : 



und gewinnt somit für die Energie den Ausdruck : 



.00 



c- = r 4- 1: }■: f I - Ji) + r, - - X- ( // + 1; 7?i ^i -j- //, j iv) 



= 1 



Da dies«*r Ausdruck in der Form mit dem Ausdruck (II) in 8 4 <^) übereinstimmt, la<^sen 
sich dieselben Folgerungen an ihn knüpfen, man gelangt also, wie in Ji 4 (. a), zu einem Theorem, 
das wir unter Hinzuziehung des Resultates von 8 4 e. 3. so aussprechen können: 

>Wenn für eine singulare (ileichiifewichtsfigur i - j^ = o und das zugehörige />; von Null 
verst'hieden ist. so gehen von dieser Figur zwei und nur zwei Arme von Gleichgewichtsfiguren aus. 



291 

die entweder zu verschiedenen Werten der Rotationsgeschwindigkeit sich erstrecken und dann von 
gleichem Stabilitätscharakter sind oder zu gleichen Werten der Rotationsgeschwindigkeit sich er- 
strecken und dann von verschiedenem Stabilitätscharakter sind.« 

Berechnung von B^. Es zeigt sich nun, dass der Koeffizient B^, der zur selben Orthogonal- 
funktion 7]2 gehört, wie der oben ausgezeichnete Stabilitätskoeffizient i — s^, für alle Roche'schen 
Ellipsoide von Null verschieden ist. 

Nennt man dm ein Teilchen eines Roche'schen Ellipsoid, dfi ein Teilchen der Massen- 
schicht, durch deren Auflegung es in irgend eine deformierte Figur verwandelt wird, so hat man: 

und man erhält, wenn dco ein Oberflächenelement des Ellipsoids, f die Dicke der aufliegenden 
Schicht über diesem Elemente ist, in den Gliedern erster Ordnung richtig: 

II — II = ^ da) C{3 .r^—z^) 

wobei man für 3 jr^ — 2^ den im Oberflächenelement dco gültigen Wer^ benutzen darf. Ist nun C 
nach Orthogonalfunktionen entwickelt: 



00 



und entwickelt man ferner: 

(3^^-^^) =^-S 0.^>i 42) 

und setzt beide Entwicklungen in ZT ein, so erhält man in Folge der Fundamentalgleichungen (E'): 

Die Vergleichung mit (41) lehrt, dass: 

B, = C^ 43) 

Wir haben daher, um die Grössen B^ zu erhalten, nur die Entwicklung (42) auszuführen, 
und das geht in diesem Falle sehr einfach. Mit Hülfe der Gleichungen (13) stellen wir die Grösse 
3Jc^ — jsi^ in elliptischen Koordinaten, als Funktion von /i und v dar. Man findet sofort, wenn man 
zur Vereinfachung c = i setzt : 

aeV*"' (0*-i)(/i'-i)(v'-i) 



3x'-s' = 



d' 1(1—^') 

.3 . ^t 



% 9 



3g' g'— ^ 
6' i—d' 



+ V + .•) f£^ - ^. 44) 



Ferner bilde man nach (18) drei Orthogonalfunktionen. Die erste gehöre zu n = o. Das 
einzige Lam6'sche Polynom, das zu » = o gehört, ist aber: ^ = i. Es ist mithin auch M^=siN^=i und: 



Vo = ß 
•^ 



Die beiden andern seien diejenigen Orthogonalfunktionen, die aus den in (36) und (37) angeführten 
Polynomen i?^, j und R^,^ hervorgehen, deren erstes wir auch kurz als R^ bezeichnet hatten. 
Sei also : 

^ 45) 



■^«.« = e'— / y = — , h 



V 



2g2 

Nach ( t > ) erhält man die zugehörigen Orthogonalfunktionen : 

Man bilde nun die Entwicklung : 

Da es sich zeigen wird, dass dieser Ansatz mit den drei Konstanten T^, C, C möglich ist, und 
jede Funktion nach einem bekannten Satze nur auf eine Weise nach Lam6*schen Funktionen 
entwickelt werden kann, ist dies die gewünschte Entwicklung (42) und die ohne Index gelassene 
Konstante C liefert nach (43) den gesuchten Koeffizienten ß^. 

Wie oben gezeigt wurde, ist: 

^ / =s const. = A' 

Renutzt man dies, so erhält man aus (44) (45) (4^)) : 



ßj:* — 5' = /<V 



3 0' _ C>'-» 









Sei zur Abkürzung: 



Die Vergleichung beider Seiten der vorigen Gleichung liefert: 

V- — ^ A. = ^' + ^ 

-fr/. = A, + A/ + A/ 



und hieraus folgt: 









Nun findet man leicht aus (45) : 



KcrT-"'r' 



und der Wert diesos Ausdrucks liegt offenbar, weil A < c ist und c gleich i gesetzt wurde, 

2 
jedenfallb zwischen dfn (Irenzen o und , y' selbst Hrgt mithin jedenfalls zwischen den Grenzen 

und I. Es fol^'t. dass der Ausdruck A (;•' — ;•) stets positiv und von Null verschieden ist, und 

hieraus, dass auch C* und />, stets von Null verschieden sind. 

Wir erhalten das Resultat: >/>*, ist für jedes Roche'sche Ellipsoid von Null verschieden« 



293 

f) Schlussanwendung. 

Wir wissen somit, dass wir das Theorem der zwei Arme auf jedes Roche'sche Ellipsoid 
anwenden können, das durch Verschwinden von i—s^ singulär ist. 

Erinnern wir uns noch einmal daran, dass die Reihe der Roche'schen Ellipsoide aus zwei 
Teilreihen — die wir aber der Kürze wegen auch als Reihen schlechthin bezeichnen werden — 
besteht, einer aus weniger abgeplatteten und einer aus stärker abgeplatteten und länglicheren 
Ellipsoiden gebildeten, und dass diese beiden Teilreihen sich in einem zur maximalen Rotations- 
geschwindigkeit (Oq gehörigen Ellipsoid Eq vereinigen. 

Beginnen wir jetzt die Reihe der Roche'schen Ellipsoide von der zu unendlich kleiner 
Rotationsgeschwindigkeit gehörenden Kugel an zu grösserer Rotationsgeschwindigkeit und stärker 
abgeplatteten Formen hin zu durchlaufen, so ist anfangs, für kugelnahe Formen, i — j, positiv. 
Wenn man nun an ein Ellipsoid kommt, für das i — s^ null wird, so können von diesem Ellipsoid 
nur zwei Arme von Gleichgewichtsfiguren ausgehen. Diese beiden Arme kennen wir aber, es sind 
die Fortsetzungen der Roche'schen Reihe von diesem Ellipsoid aus zu grösserer und kleinerer 
Rotationsgeschwindigkeit. Es kann daher nach dem Theorem der zwei Arme von diesem Ellipsoid 
weder ein Arm neuer Gleichgewichtsfiguren ausgehen, noch an ihm ein Wechsel des Vorzeichens 
von I — s^ stattfinden. Geht man über das Ellipsoid hinaus, so ist also i — s^ beim weiteren Durch- 
laufen der Roche'schen Reihe wieder eine Zeitlang positiv, kann dann wieder für ein bestimmtes 
Ellipsoid null werden, aber nicht zu negativem Zeichen übergehen, und das setzt sich fort, bis man 
zur Rotationsgeschwindigkeit Wq und an das Ellipsoid Eq kommt, in welchem sich die Reihe der 
weniger abgeplatteten Ellipsoide mit der Reihe der stärker abgeplatteten, von dem nadeiförmigen 
Ellipsoid herkommenden, vereinigt. In der ganzen Reihe der weniger abgeplatteten Ellipsoide ist 
also I — jj positiv (höchstens für einige Ausnahmefiguren null), nach Satz IV. sind daher in dieser 
Reihe auch alle andern Stabilitätskoeffizienten positiv, diese Reihe ist stabil. 

Das Ellipsoid Eq ist notwendig eine singulare Figur, weil sich in ihm zwei Reihen von 
Gleichgewichtsfiguren vereinigen, und der Stabilitätskoeffizient, der für es verschwindet, ist kein 
anderer als i — J,; denn i — s^ war in der Reihe der weniger abgeplatteten Ellipsoide bis zu E^ hin 
positiv und ein anderer Stabilitätskoeffizient kann nach Satz III. und IV. erst dann null werden, 
wenn i — s^ ein Stück weit ins Negative übergegangen ist. Man- darf daher das Theorem der zwei 
Arme auch auf das Ellipsoid Eq anwenden und findet, da man wieder in den beiden Reihen der 
weniger und stärker abgeplatteten Roche'schen Ellipsoide zwei von ihm ausgehende Arme kennt, dass 
sich kein neuer Arm an es anschliesst, dass also E^ eine Grenzfigur ist, über die hinaus keine sich 
anschliessenden zu grösserer Rotationsgeschwindigkeit gehörigen Gleichgewichtsfiguren existieren. 

Da ferner die von E^ ausgehenden Arme zu gleicher Rotationsgeschwindigkeit gehören, 
muss das Vorzeichen von i — j, in ihnen verschieden sein, es ist demnach i — s^ für die ersten 
an Eq anschliessenden stärker abgeplatteten Ellipsoide negativ und, da auf ähnliche Weise, wie für 
die weniger abgeplattete Reihe, folgt, dass es innerhalb der stärker abgeplatteten Reihe sein 
Zeichen nicht wechseln kann, so muss es in dieser ganzen Reihe negativ bleiben, d. h. die ganze 
Reihe der stärker abgeplatteten Ellipsoide ist instabil. 

In der Reihe der stärker abgeplatteten Ellipsoide können nun vielleicht auch andere 
Stabilitätskoeffizienten verschwinden und zu Verzweigungen Anlass geben, doch folgt aus unseren 
früheren Ueberlegungen, dass alle neue Figuren, die man so finden könnte, instabil sind, weil für 
die betreffende singulare Verzweigungsfigur jedenfalls i — j, negativ ist. Wir verzichten deshalb 
auf die Untersuchung dieser Möglichkeit und begnügen uns mit dem 

Besultat: »Von den Roche'schen Ellipsoiden ist die Reihe der weniger abgeplatteten stabil, 
die Reihe der stärker abgeplatteten instabil. An die Roche'schen Ellipsoide schliessen sich keine 
andern» stabilen Gleichgewichtsfiguren an ; an die weniger abgeplatteten und die dem Grenzellipsoid E^ 
benachbarten stärker abgeplatteten Ellipsoide schliessen sich überhaupt keine andern Gleichgewichts- 
figuren an.« 



294 



^ 7. üebergang auf das Problem der Eosmogonie. Resultate. 

Die Ergebnisse der beiden vorigen Paragraphen tragen zunächst einen rein mathematischen 
Charakter und gewinnen einen physikalischen Hintergrund erst infolge der Beziehung der von uns 
behandelten Aufgabe zum Problem der Kosmogonie. Wie in der Einleitung erwähnt, besteht ein 
Hauptproblem, das die Laplace'sche Kosmogonie stellt und über dessen Losung nur Vermutungen 
existieren, darin, die Gleichgewichtsformen zu verfolgen, die eine kompressible , inhomogene« 
rotierende Mussigkeitsmasse bei ihrer allmählichen Abkühlung durchmacht. Als eine erste An- 
näherung an dieses Problem kann man voraussetzen, dass die Masse inkompressibel und im Anfang 
überall von gleicher Temperatur und Dichte q sei und dass die Abkühlung durch die ganze Masse 
gleichmässig erfolge, mithin die Dichte auch späterhin konstant bleibe. Es lässt sich leicht ein- 
sehen, dass das Problem in dieser Beschränkung mit der Aufgabe, die wir bisher behandelt haben, 
übereinstimmt. 

üebergang auf das Problem der Kosmogonie. Man denke sich zwei Flfissigkeitsmassen 
Mq und M^ von kongruenter Begrenzung, J/o von der Dichte o, J/j von der Dichte i. Nennt 
man Trägheitsmoment und Attraktionsenergie für die erste Masse /©, /'(,, für die zweite /,, T,, 
so ist offenbar: 



iL 



qM, 



/o = Q/^ 



n = (>'l\ 







Nun ist klar, dass das Stabilitätsprinzip ebenso gut für eine Masse von der Dichte (>, wie 
für eine Masse von der Dichte i, wie wir das bisher angenommen hatten, gilt; ist daher c^ das 
Rotationsmoment der Masse Af^, so muss für sie die Energie 



*^ 2/ ^ 



ein Minimum werden, wenn sie eine stabile Gleichgewichtsfigur bilden soll. Nach (i) wird aber: 



Setzt man nun : 






V = (?' cC 



*0 y 



2) 



und: 






so lautet dieser Ausdruck: 



^0 = o' 



' - r 



if i\ 



3) 



Soll also l\ ein Minimum sein, so muss, da o als konstant zu betrachten ist, auch: 



ein Minimum sein, und dios ist nichts anderes als die Stabilitätsbedingung für die Masse ^f^ beim 
Kotationsmomcnt r,. Man gewinnt daher das Resultat: 

>Zwfi Mass<*n J/, und J/^ = n J/, von der Dichte i resp, n haben dieselben Gleichgewichts- 
formen, wenn zwischen ihren Rotationsmumenten c^ und c^ die Relation (2) besteht.f 

Es sei J/q die si<h abkühlende und zusammenziehende Flüssigkeitsmasse, die man als 
Masseneinheit wähle, sei also : 



295 



Ist Cq ihr Rotationsmoment im Anfangszustand, so wird sie, da wir sie uns als im Welt- 
raum isoliert vorzustellen haben, dieses Rotationsmoment stets beibehalten, Cq ist daher als g-egebene 
Konstante zu betrachten. Auch sei die Dichte im Anfangszustand i. Statt die Gestalten dieser 
Masse zu betrachten, wird man also auch die Gestalten verfolgen können, die eine allmählich 
abnehmende Masse : 



bei abnehmendem Rotationsmoment: 



Q 



» ^0 



durchläuft. 

Um ganz auf die frühere Aufgabe (konstante Masse i von der Dichte i bei wechselndem 
Rotationsmoment) zurückzukommen, bedenke man, dass eine Massenanordnung Gleichgewichtsfigur 
war, wenn auf ihr das Potential : 

T '^ + J J 

konstant war, und dass, da alle Glieder dieses Ausdrucks in Längengrössen von der zweiten 
Dimension sind, diese Eigenschaft erhalten bleiben wird, wenn man die Figur, ohne Aenderung 
von Dichte und Rotationsgeschwindigkeit, in irgend einem Massstab vergrössert oder verkleinert. 

Man vergrössere nun die Masse il/j in jeder Richtung im linearen Verhältnis /: i, bis die 
Masse der entstehenden Anordnung, welche yT/ heissen soll, i wird. Es ist dann: 

/« Af^ = M =. i p^ = Q 4) 

Rotationsmoment, Trägheitsmoment, Energie und Potential auf sich selbst der Massenanordnung M 
sei c, /, U und V. Beachtet man die Dimensionen in Längengrössen und lässt beim Uebergang 
von M^ auf M die Dichte und oy unverändert, so erhält man : 

I^p'I, V = p'V, U = p^U, c^pU, 5) 

P 
Es hat also die Masse M beim Rotationsmoment c dieselbe, nur im Verhältnis — v^rgrösserte Gestalt, 

wie die Masse M^ beim Rotationsmoment ^j, wenn die Beziehung c ^ p^ Cy^ erfüllt ist. 
Aus (i), (2), (3), (4) und (5) erhält man leicht: 

c=Vpc, I = p'lo y=^' U=^^ 6) 

Geht man jetzt von M^ direkt auf M über, so hat man den Satz : 

»Eine Masse i von der Dichte Q '^ p^ hat beim Rotationsmoment c^ dieselben, nur im 

Verhältnis — verkleinerten, Gleichgewichtsgestalten, wie eine Masse 1 von der Dichte i beim 

/ 
Rotationsmoment c, wenn die Beziehung: 

besteht. € 

Hiermit ist die Erkenntnis gewonnen, dass man, statt der Gleichgewichtsfiguren einer sich 
abkühlenden Masse i von wachsender Dichte q und konstantem Rotationsmoment c^, ebenso gut 
die Gleichgewichtsfiguren einer Masse i von konstanter Dichte i und wachsendem Rotationsmoment: 

C^^QC^ 7) 

verfolgen konnte. 

3« 



2g6 

Reeoltate: üenken wir uns daher an Stelle des Rotationsmomentes c nach (7) die Dichte o 
als unabhängige Variable in den früheren Sätzen eingeführt und erinnern wir uns, dass von all den 
verschiedenen Ellipsoiden und den von Herrn Poincar^ entdeckten andern Gleichgewichtsfiguren nur 
eine einzige kontinuierliche Reihe stabiler Figuren übrig blieb, so haben wir unter der einen 
Voraussetzung, dass die Reibung in der Flüssigkeit hinreichend stark sei, um die ganze Masse 
nach jeder Veränderung der Temperatur wieder in relativem Gleichgewicht zur Ruhe zu bringen, 
bevor die Temperatur merklich weiter sinkt, die Notwendigkeit des folgenden Prozesses bewiesen: 

Eine ursprunglich langsam rotierende nahezu kugelförmige Flüssigkeitsmasse plattet sich mit 
zunehmender Kontraktion zunächst zu einem Revolutionsellipsoid ab, dessen Abplattung dann 
immer stärker wird, bis das Axenverhältnis den Betrag i : 0.5827 erreicht. 

Sinkt die Temperatur ein wenig weiter, so verliert die Masse auf den geringsten Anstoss 
die Revolutionsform und geht in ein Jacobi\sches Kllipsoid über Ohne jeden Stoss hat sie natürlich 
keinen Grund, die Rotationsform zu verlassen, und dieser Umstand ist es, welcher Jacobi und vielen 
anderen das Auftreten dieser nicht -rotatorischen üleicbgewichtsfiguren so merkwürdig erscheinen 
Hess, weil es zunächst dem Satz vom zureichenden Grund zu widersprechen scheint, dass eine 
Rotationsfigur, deren Meridiane alle gleichberechtigt sind, jemals die Rotationsform verlieren sollte. 
In der That muss eine kleine Unregelmässigkeit, wie sie in der Natur immer vorhanden ist, hinzu- 
kommen, um das Verlassen der Rotationsform herbeizuführen, und dabei bleibt es noch der Natur 
dieser Unregelmässigkeit oder, wie man von nicht näher bekannten Ursachen zu sagen pflegt, dem 
Zufall überlassen, welche Stelle des Aequators sich zum Scheitel der grossen Axe des Jacobi*sch»'n 
P'llipsoides ausbildet. 

Bei weiterer Kontraktion durchläuft dann die Masse die Reihe der Jacobi'schen HUipsoide 
bis zu dem oben als K^ bezeichneten Ellipsoid. Was hier gehchieht, wissen wir noch nicht genau. 
Wahrscheinlich tritt ein kleinerer Teil der Masse, wie es wieder der Zufall will, am einen oder 
andern Ende der grossen Axe aus der ellipsoidischen Form heraus, und die ganze Masse nimmt 
die birnformige Gestalt der Poincar<^'schen Figuren an, worauf eine stärkere und stärkere Einkerbung 
und vermutlich zuletzt eine Spaltung der Mass«? in zwei ungleiche Teile erfolgen wird. Es ist aber 
auch möglich, dass mit dem Ellipsoid A'^ die stabilen Gleichgewichtsfiguren überhaupt aufhören, 
dann wird bei weiterem Sinken der Temperatur auf einen geringen, in der Natur stets vorhandenen 
Anstoss hin die ganze Masse in Wallung geraten, was schliesslich auch zur Spaltung in mehrere 
Teile führen muss. 

Herr Poincarc hält es für zu gewagt, aus dieser Geschichte einer stets homogen bleibenden 
Masse auf die Umgestaltung des von vornh^-rein inhomogenen Laplace'schen Nebels schliessen zu 
W(»llen. Denkt man aber nicht an eine Gasmasse, sondern an eine Flüssigkeit, die auch bei ver- 
schwindendem Druck an der Oberfläche stets eine endliche Dichte behä t. wie sie die Erde zu einer 
gewissen Eporhe gewesen sein mag. so darf man folgern, dass auch eine solche Flüssigkeit bei 
zunehmender Kontraktion einmal die Rot.itionsform v^TÜeren und sich schliesslich spalten wird. 

Das Ergebnis von 8 ^•- beilarf keiner weiteren Uebertraijung. es lasst unmittelbar erkennen, 
davs es keine kontinuierliche Reihe stabiler Gleichijewichtsfiguren giebt, die ein sehr kleiner Mond 
vom Kontakt mit dem Hauptkorper an bis zu grosserer Entfernung von demselben, sich stetig 
d« formierend und zuletzt in eine Kugel übergehend, durchlaufen konnte, dass eine solche RHhe. 
nämlich die der weniger abv^'eplatteten Roche'schen Ellipsoide, erst in der Entfernung: 



.1 



{K Radius, (i Dichte des Ilauptkörpers, die des Mondes gleich 1 gesetzt) vom Hauptkorper ansetzt 
und dass mithin ein kleiner Mond, wenn er überhaupt durch Abtrennung vom Hauptkorper 
entstanden ist. eine Periode stürmischerer Entwicklung durch^«*macht haben muss. die nicht unM*rer 
statischen Betrachtung von Gleichgewichtsfiguren, sondern nur eintr dynamischen Untersuchungsi- 
mcthode zugänglich ist. 



297 

Neu ist an diesem Ergebnis die exakte Festsetzung der unteren Grenze D der Entfernung 
vom Hauptkörper, von welcher an erst eine stetige Entwicklung eines sehr kleinen Mondes möglich 
ist, und der Nachweis, dass diese stetige Entwicklung die Formen der weniger abgeplatteten 
Roche'schen Ellipsoide durchläuft. Man darf hier von »Entwicklung! sprechen, weil nach Herrn 
G. H. Darwin's bekannten Sätzen jeder Mond sich in Folge der Flutreibung bei geeigneten Anfangs- 
bedingungen wirklich allmählich vom Hauptkörper entfernen muss. 

Hingegen ist schon von Herrn Darwin in seiner Abhandlung: On Figures of Equilibrium 
of Rotating Masses of Fluid (Trans, of the Roy. Soc. of London, 1887) gezeigt worden, dass ein 
sehr kleiner Mond nicht in unmittelbarer Nähe des Hauptkörpers in stabilem Gleichgewicht sein 
kann, dass also eine derartige Grenze D überhaupt existiert. 

Ein Ausblick auf die Punkte, welche zukünftige Forschung zunächst zu erledigen haben 
wird, soll die Betrachtungen schliessen. 

Die Natur selbst lehrt uns, dass es für einen Mond von beliebiger Grösse in hinreichender 
Entfernung vom Hauptkörper Formen stabilen Gleichgewichts giebt. Denkt man sich dazu den 
Hauptkörper so rotierend, dass er dem Mond immer dieselbe Seite zukehrt, femer beide Körper 
von der Dichte i und die Summe ihrer Massen gleich i, so hat man Gleichgewichtsformen des 
ganzen früher betrachteten Systems vor sich, welche, wie man sich leicht ausrechnet, bei genügender 
Vergrösserung des Mondabstandes zu viel grösserem Rotationsmoment als die früher betrachteten 
Ellipsoide und Poincari'schen Figuren gehören. Dabei ist das merkwürdige, dass hier zu jedem 
festen Werte des Rotationsmomentes eine unendliche Reihe sich aneinander anschliessender, wesent- 
lich verschiedener Figuren gehört, je nach dem Verhältnis, in welchem man die Masse des ganzen 
Systems auf Hauptkörper und Begleiter verteilt. Es ist nun zu entscheiden zwischen folgenden 
drei Möglichkeiten, in denen der Uebergang von den ellipsoidischen Figuren zu diesen Gleich- 
gewichtsformen erfolgen könnte. 

Zunächst kann es der Fall sein, dass ein stabiler Uebergang überhaupt nicht existiert. Wir 
haben gesehen, dass dieser Fall jedenfalls für einen sehr kleinen Mond eintritt. Herr Darwin ist 
in der erwähnten Arbeit zu dem Resultat gelangt, dass dasselbe auch für Monde bis zu etwa ^/so 
der Masse des Hauptkörpers gültig bleibt, während er für ein grösseres Massenverhältnis sich einen 
Uebergang durch nach Art der Poincarö'schen Figur eingekerbte Gleichgewichtsformen, die freilich 
auch nicht stabil zu sein brauchten, vorstellt. Unter allen Umständen wäre ein stabiler Uebergang 
ausgeschlossen, wenn es sich zeigen sollte, dass die Poincar^'schen Figuren instabil sind, was die 
Wichtigkeit der Untersuchung dieses Punktes besonders hervortreten lässt. Die Art und Weise, 
wie sich die Flüssigkeit spaltet, und das schliessliche Massenverhältnis der Teilkörper wäre dann 
jedes Mal (unter andauernder Beschränkung auf homogen bleibende Massen) von der Schnelligkeit 
der Temperaturänderung und der Stärke der inneren Reibung abhängig. 

Dann könnte auch, wenn die Poincard'schen Figuren stabil sind, sich an diese Figuren in 
der Art der oben behandelten Verzweigungen ein neuer Arm stabiler Figuren mit stärkerer und 
stärkerer Einschnürung und so fort bis zu schliesslicher Trennung anschliessen, so dass zu jedem 
Werte des Rotationsmomentes nur eine stabile Gleichgewichtsform gehörte, in welchem Falle sich 
ein ganz bestimmtes Verhältnis zwischen der Masse des Mondes und des Hauptkörpers als not- 
wendiges Resultat der Entwicklung ergeben würde. 

Und schliesslich könnte für irgend eine singulare Figur in der Poincar^'schen oder erst in 
einer an diese anschliessenden Reihe eine Verzweigung mit mehreren verschwindenden Stabilitäts- 
koeffizienten, wie wir sie oben nicht betrachtet haben, eintreten, wobei von dieser Figur unendlich 
viele verschiedene Reihen neuer Gleichgewichtsfiguren ausgingen, die zu allen möglichen Werten 

des Massenverhältnisses (aber nach Herrn Darwins Resultat oberhalb des Wertes — ) führten, und 

von denen die wirkliche Masse nach dem Gebote des Zufalls die eine oder andere durchlaufen würde. 



20S 



Berichtigung. 

Zu Seite 289. Die 3. Bemerkung hat zu lauten: {'f^ snll nur dann für eine bestimmte Gleichgcwichtsfigur 
als Minimum bezeichnet werden, wenn es für jede nicht zu gnissc endliche Deformation der Gleich- 
gewichtsfigur um eine endliche Grosse wachst. Den Fall» dass L'^ für eine ganze Reihe sich an die 
Gleichgcwichtsfigur anschliessender Massenanordnungen, welche dann auch G leidige wichtsfiguren sein 
werden, denselben Minimalwcrt behält, srhliessen wir hier aus, weil er sich allgemein schwer behandeln 
lasst, hingegen in künftigen Beispielen durch die unmittelbare Anschauung erledigt wird. 

Za Seite 241. Anmerkung M. Zeile 1- 4 ersetze durch: Man konnte zunächst vermuten, dass vielleicht die 
Flüssigkeit von dem eben angegebenen Anfangs7.u»tand aus, wie ein freier fester Körper, eine Poinsot'sche 
Frazessionshewegung auszuführen im Stande sei. Man erinnere sich aber an den Helmholtz^schen Satz, 
dass in einer homogenen inkompres^ibeln Flüssigkeit unter dem Kinlluss von Kräften, die ein Potential 
haben, Teilchen, die einmal auf einer Wirbellinie lagen, stets auf einer solchen bleiben, und bedenke, 
dass für den eben ^betrachteten Anfangszustand alle Wirbellinien Parallele zur KoUtionsaxe sind. Man 
erinnere sich ferner an den bekannten Satz der Mechanik, dass ein unveränderlicher Korper nur dann 
um eine relativ zu ihm selbst feste Axe rotieren kann, wenn die Richtung dieser Axc auch im Räume 
festliegt. In Zeile 5 streiche: behält. 

Zu Seite 249. Ersetze T durch 2 l\ 

Za Seite 260. In Zeile 2 und 7 ersetze: T durch 2 l\ in Zeile 15: 7" durch —7", in Zeile 17: F durch 
— 2 r, in Zeile 31: l' durch — 2 T. 

Za Seite 252. In Zeile 24 ersetze T—T durch 2(1'-)'). 



299 



INHALTSVERZEICHNIS. 



I. Teil. Prinzipien. 

§ I . Einleitendes 

§ 2. Das Stabilitätsprinzip . * . 

Kinetische und potentielle Energie einer Flüssigkeitsmasse 

Das Stabilitätsprinzip ........ 

Beweis desselben ......... 

§ 3. Ausarbeitung des Stabilitätsprinzips 

a) Die Aenderung der Energie bei einer Deformation in erster Näherung 

b) Einführung der Orthogonalfunktionen ..... 

c) Vollständiger Ausdruck der Energieänderung .... 

d) Endgültige Form des Stabilitätsprinzips ..... 

§ 4. Die Kontinuität der Gleichgewichtsfiguren 

a) Aenderung der Energie bei Aenderung des Rotationsmomentes 

b) Beweis eines Hülfssatzes aus § 2 . 

c) Die Aufgabe, aus einer gegebenen Gleichgewichtsfigur eine ganze Reihe zu finden 

d) Aus einer gegebenen Reihe von Gleichgewichtsfiguren neue Reihen zu finden 

e) Die ^Stabilität der neuen Reihen von Gleichgewichtsfiguren .... 

f) Mehr algebraische Behandlung derselben Aufgaben^ ...... 



Seite 


234 


236 


237 


238 


239 


241 


241 


244 


249 


254 


256 


256 


257 


258 


261 


265 


268 



n. Teil. Anwendungen. 

§ 5. Die Maclaurin'schen und Jacobi'schen EUipsoide. Die Poincari'schen Gleichgewichts- 
figuren 

§ 6. Die Gleichgewichtsfiguren eines kleinen Mondes 

a) Die Roche'schen EUipsoide ......... 

b) Umformung des Stabilitätsprinzips ........ 

c) Einführung der Lam^'schen Funktionen und Bildung der Stabilitätskoeffizienten 

d) Diskussion des Vorzeichens der Stabilitätskoeffizienten .... 

e) Uebertragung des Theorems der zwei Arme auf den vorliegenden Fall 

f) Anwendung dieses Theorems ........ 

§ 7. Uebergang auf das Problem der Kosmogonie. Resultate .... 
Berichtigung 



272 

276 

276 

277 
280 

284 

290 

293 

294 

298 



3 2044 024 201 18