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Full text of "Die schiffahrt der Indianer"

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THE  LIBRARY 

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THE  UNIVERSITY 

OF  CALIFORNIA 

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ALFRED  L.  KROEBER 
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STUDIEN  UND  FORSCHUNGEN 

zur  Menschen-  und  Völkerkunde 
unter  wissenschaftlicher  Leitung  von  QEORO  BUSCHAN 


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Die  Schiffahrt 
der  Indianer 


Von 


Dr.  Georg  Friederici 

Hauptmann  a.  D. 


STUTTGART  1907 

VERLAG  VON   STRECKER  &  SCHRÖDER 


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Zur  gefl.  Beachtung. 

Die  Menschen-  und  Völkerkunde  (Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte) 
hat  in  den  letzten  Jahren  erfreulicherweise  grosse  Fortschritte  zu  verzeichnen 
gehabt.  Eine  Reihe  Forschungsreisen  in  bisher  wenig  bekannte  Gebiete  hat 
neue  Beobachtungen  und  eine  Fülle  ethnographischen  Materiales  mit  nach  Hause 
gebracht.  Allenthalben  angestellte  Ausgrabungen  haben  zahlreiche  Gegenstände 
der  Vorzeit  ans  Tageslicht  gefördert  und  den  Anstoss  zur  Erörterung  neuer  kultur- 
geschichtlicher Probleme  gegeben.  Die  somatische  Anthropologie  hat  gleichfalls 
viele  wichtige  Untersuchungen  und  Beobachtungen  zur  physischen  Charakteristik 
der  Völker  und  Rassen,  sowie  des  Einzelindividuums  im  Vergleich  zum  Tier  zu 
verzeichnen.  All  dies  ungeheure  Beobachtungsmaterial,  das  sich  angehäuft  hat, 
harrt  der  Verarbeitung  von  einheitlichen  und  zusammenfassenden  Gesichtspunkten 
aus.  Die  bestehenden  Fachzeitschriften  dürften  nicht  imstande  sein,  die  zu  er- 
wartenden Arbeiten  zu  bewältigen. 

"Wir  beabsichtigen  daher,  solche  zusammenfassende  Darstellungen  aus  der 
Feder  namhafter  Autoren  herauszugeben  und  für  sie  gleichsam  eine  Sammelstelle 
zu  schaffen.    Dieselben  sollen  unter  dem  Titel 

Studien  und  Forschungen  zur  Menschen- 
und  Völkerkunde 

in  zwanglosen  Heften  erscheinen,  deren  Leitung  der  Mitunterzeichnete,  welcher 
den  Fachgenossen  als  Herausgeber  des  „Zentralblattes  für  Anthropologie"  wohl- 
bekannt sein  dürfte,  übernommen  hat. 

Diese  Beiträge,  die  durchaus  wissenschaftlich  gehalten  werden  sollen,  werden 
monographische  Darstellungen  sein,  die  u.  a.  Beschreibung  der  physischen  Eigen- 
tümlichkeiten bestimmter  Menschenvarietäten  (sog.  Rassen),  den  Ursprung  der 
Völker,  Sitte  und  Lebensweise,  sowie  Kulturbesitz  primitiver  Völkerschaften, 
Charakteristik  und  Verbreitung  bestimmter  Kulturkreise  der  Vorzeit  und  der 
Gegenwart,  zeitgemässe  Fragen  aus  der  allgemeinen  Ethnologie,  neue  urge- 
schichtliche Probleme,  den  Ursprung  des  Menschen  und  seine  Stellung  in  der 
!Natur  u.  a.  m.  behandeln  sollen. 

Diese  Monographien  sollen  indessen  kein  Konkurrenzunternehmen  zu  den 
schon  bestehenden  Fachzeitschriften  bilden,  sondern  diese  ergänzen.  Abhandlungen 
von  grösserem  Umfange  pflegen  die  letzteren  aus  Platzmangel  nur  ungern  aufzu- 
nehmen, und  ihren  Abdruck  oft  genug  aus  dem  gleichen  Grunde  zu  verzögern. 
Die  „Studien  und  Forschungen"  sollen  diesem  Uebelstande  abhelfen.  Um  indessen 
den  Fachzeitschriften  nicht  entgegenzuarbeiten,  werden  sie  nur  Arbeiten  von  einem 
Mindestumfang  von  6  Druckbogen  bringen.  Als  durchschnittlicher  Umfang  einer 
Abhandlang  sind  6  bis  8  Druckbogen  in  Aussicht  genommen.  Bei  grösserem  Um- 
fange sind  Doppelhefte  vorgesehen.  Jedes  dieser  Hefte  soll  ein  in  sich  abgeschlossenes 
Ganzes  l)ildeu. 

In  Bearbeitung  befinden  sich:  Dr.  Lasch,  Der  Eid  bei  den  Völkern;  Dr.  Kohl- 
brugge.  Die  Psychologie  der  Javanen;  derselbe,  Die  Abstammung  des  Menschen 
(kritisch  beleuchtet) ;  Dozent  Dr.  Vierkandt,  Die  Grundlage  der  gesellschaftlichen 
Ordnung  bei  den  Naturvölkern;  Dr.  Hahne,  Das  Eolithen- Problem. 

Es  haben  ferner  Beiträge  in  Aussicht  gestellt  die  Herren :  Prof.  Dr.  Andree, 
München,  Dr.  B.  Ankermann,  Berlin,  Dr.  Götze,  Berlin,  Hofrat  Dr.  Hagen, 
Frankfurt  a.  M. ,  Prof.  Dr.  M.  Hoemes,  Wien,  Hauptmann  z.  D.  Hutter,  z.  Zt. 
Südwestafrika,  Prof  Dr.  Klaatsch,  Breslau,  Prof.  Dr.  Krämer,  z.  Zt.  Karolinen- 
Inseln,  Prof.  Dr.  Friedr.  S.  Krauss,  Wien,  Prof.  Dr.  Matiegka,  Prag,  Hofrat 
Dr.  Schliz,  Heilbronn  a.  N.,  Prof.  Dr.  Thilenius,  Hamburg,  u.  a. 

Die  „Studien  und  Forschungen"  können  durch  jede  Buchhandlung  oder 
direkt  vom  Verlag  bezogen  werden. 

Der  wissenschaftliche  Leiter:  Die  Verleger: 

Dr.  med.  et  phU.  Georg  Bnschan  Strecker  &  Schröder 

Stettin,  Friedrich-Karl-Str.  7  Stuttgart,  Johannesstr.  IIa. 


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Studien  und  Forschungen  zur  Menschen- 
und  Völkerkunde 

unter  wissenschaftlicher  Leitung  von  Georg  Buschan 

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Die  Schiffahrt  der  Indianer 


Von 


Dr.  Creorg  Friederici 

Hauptmann  a.D. 


Stuttgart 

Verlag  von  Strecker  &  Schröder 
1907 


Alle  Rechte,  besonders  das  der  Übersetzung  in  fremde  Sprachen,  vorbehalten 


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Anthropology 


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Druck  von  Strecker  &  Schröder  in  Stuttgart 


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ANTMROP. 
LIBRARY 


Herrn  Romanns  Conrad 

in  Stettin, 

dem  Freunde  meines  Yaters,  in  Erinnerung  an  manche 

gemeinsame,  den  Knaben  belehrende  Bootfahrt 

freundlichst  gewidmet 


888 


Inhaltsübersicht, 


Seite 

Vorwort yn 

Die  Beanlagung  des  Indianers  für  die  Schiffahrt 1 

Die  Schiffstypen 13 

Die  Balsa       16 

Das  Bull-Boot 26 

Boote 28 

Das  Kanu 30 

Die  Dalca 43 

Das  Fell-Boot 45 

Die  Canoa 46 

Die  Piragua 63 

Das  Ruderg-eschirr 70 

Das  Segel 73 

Anker,  Ballast  und  anderes  Schiffszubehör 79 

Seemannsgeist 82 

Das  Boot  im  Frieden 87 

Das  Boot  im  Kriege 100 

Das  Boot  in  Freud  und  Leid 109 

Verzeichnis  der  benutzten  Quellen 111 


Vorwort. 

Im  Rahmen  einer  Sammlung  ethnologischer  Abhandlungen  hatte 
sich  meine  Arbeit  innerhalb  der  im  voraus  festgelegten  Grenzen  zu 
halten.  Daher  musste  darauf  verzichtet  werden,  dem  Buche  einen 
kostspieligen  Atlas  von  Typen  indianischer  Fahrzeuge  beizufügen,  und 
manche  Abschnitte  der  Darlegung  konnten  nur  recht  kurz  behandelt 
werden.  Aber  ich  habe  mich  bemüht,  alle  Punkte  zu  berühren,  die 
auf  die  primitive  amerikanische  Schiffahrt  Bezug  haben  können,  und 
ich  hoffe,  dass  auch  dort  die  Tiefe  der  Untersuchung  nicht  vermisst 
wird,  wo  der  beschränkte  Raum  die  volle  Ausnutzung  des  vorbereiteten 
Materials  verbot. 

Das  Buch  sollte  schon  seit  mehreren  Wochen  im  Druck  sein,  als 
sich  herausstellte,  dass  der  grössere  Teil  der  Anmerkungen  verloren 
gegangen  war.  Da  mich  besondere  Umstände  für  jetzt  und  das 
kommende  Jahr  verhindern,  diesen  Verlust,  welcher  die  Arbeit  von 
Monaten  darstellt,  zu  ersetzen,  so  musste  das  Buch  ohne  die  ver- 
schwundenen Anmerkungen  gedruckt  werden,  wenn  es  überhaupt  in 
absehbarer  Zeit  erscheinen  sollte. 

So  lasse  ich  denn  diese  Arbeit  mit  schwerem  Herzen  hinausgehen, 
aber  in  der  Hoffnung,  das  Verlorene  später  in  einem  anderen  Zu- 
sammenhang nachholen  zu  können. 

Es  ist  eine  eigene  Luft,  die  am  AVasser  weht,  ein  Geist  besonderer 
Art,  der  über  ihm  schwebt;  die  Indianer  Amerikas  haben  sich  ihren 
Einflüssen  ebensowenig  entzogen,  wie  unsere  braven  Matrosen.  Diesen 
Geist  zu  erfassen,  ist  für  eine  Landratte  nicht  immer  leicht.  Aber 
am  Wasser  geboren  und  gross  geworden  glaube  ich,  dass  er  nicht 
spurlos  an  mir  vorübergegangen  ist,  und  hoffe,  dass  auch  ein  Hauch 
von  ihm  durch  diese  Arbeit  weht. 

Kiel,  im  Juli  1907. 

Der  Verfasser. 


Die  Beanlagiing  des  Indianers  für  die  Schiffahrt. 

Sobald  ein  junger  Indianerknabe  das  Licht  der  Welt  erblickt 
hatte,  begab  sich  die  Mutter  mit  dem  Neugeborenen  an  den  nächsten 
fliessenden  Bach  oder  Süsswasser-See,  um  mit  ihrem  Kinde  ein  kaltes 
Bad  zu  nehmen.  Meistens  tat  sie  dies  still  für  sich  allein,  zuweilen 
aber  auch  unter  Mitwirkung  von  Freundinnen  oder  der  Frauen  des 
Dorfes.  So  bei  den  Payaguäs  des  Chaco,  wo  sich  die  Weiber  von 
der  Geburtshütte  bis  zum  nahen  Wasserlauf  mit  ausgebreiteter  Be- 
kleidung in  zwei  Reihen  so  aufstellten,  dass  die  junge  Mutter  geschützt 
vor  dem  Winde  das  kalte  Bad  erreichen  und  wieder  verlassen  konnte. 
Dieses  Bad  nach  der  Niederkunft  war  in  weiten  Gebieten  Amerikas 
ein  durch  die  Sitte  verlangter  un erlässlicher  Akt.  Er  fand  sich  nicht 
nur  bei  Stämmen,  die  dem  Wasser  nahe  standen  und  gute  Schiffer 
waren,  wie  Tlinkits,  Irokesen,  Insel-Caraiben ,  bei  Völkern  des  Isth- 
mus, von  Santa  Marta,  Venezuela  und  Guayana,  bei  den  Tupi  und 
Anwohnern  des  Paraguay,  sondern  auch  bei  solchen,  in  deren  Leben 
und  Wirken  das  Wasser  nur  eine  geringe  Rolle  spielte.  Die  Apachen 
und  einige  Stämme  in  Nord-Mexico,  Tapuya- Völker  in  Brasilien  und 
die  Bewohner  der  Hochflächen  des  Inkareiches  waren  nicht  weniger 
freudige  Anhänger  des  kalten  Bades  als  die  vorher  genannten.  Auch 
die  meisten  Stämme  von  Ober-  und  Nieder-Californien ,  sowie  die 
Choctaws  im  Osten  des  Mississippi  haben  es  als  Wasserfahrer  nicht 
weit  gebracht  und  konnten  auch  z.  T.  nicht  schwimmen,  aber  das 
Bad  war  auch  ihnen  eine  liebe  Gewohnheit.  Als  Grund  für  dieses 
Herkommen  wird  immer  in  erster  Linie  die  Absicht  genannt,  das 
Neugeborene  vom  ersten  Tage  seines  Lebens  an  abzuhärten  und  gegen 
die  Einflüsse  von  Kälte  und  Wasser  zu  stählen.  Die  Richtigkeit 
dieses  Grundes  wird  durch  den  hygienischen  Erfolg  des  Verfahrens  und 
durch  die  Tatsache  bestätigt,  dass  man  zuweilen  bei  kleinen  Mädchen 
von  dem  kalten  Bade  als  weniger  erforderlich  Abstand  nahm.  Hier- 
neben lief  jedoch  zweifellos  in  sehr  vielen  Fällen  ein  tieferer,  häufig 
vielleicht  nur   dunkel  gefühlter  Grund,   der   auf  Aberglauben  beruhte 

Studien  und  Forschungen  I,  \ 


und  das  Bad  des  Neugeborenen  als  eine  Art  Weihe,  als  eine  religiöse 
Zeremonie  verlangte.  Diese  Auffassung  äusserte  sich  manchmal  in 
recht  seltsamen  Formen,  so  bei  den  Insel-Caraiben,  wo  alle  erwach- 
senen männlichen  Mitbewohner  der  Geburtshütte  sofort  aufstehen  und 
ein  Bad  nehmen  mussten,  wenn  die  Entbindung  bei  Nacht  eintrat; 
Grund:   „damit  das  Neugeborene  beim  Baden  nicht  friert." 

Besonders  bei  den  in  der  Kultur  verfeinerten  Völkern  Amerikas, 
bei  den  Inkaperuanern  und  Nahuas,  trat  das  Religiöse  und  Zere- 
monielle bei  dem  Vorgang  deutlich  zutage.  Bei  letzteren  wurde  das 
entbundene  Kind  von  der  Hebeamme,  einer  Art  Priesterin,  sofort  unter 
vorgeschriebenen  Gebetformeln  gebadet,  während  ein  festlicher  Weihe- 
akt, von  den  Missionaren  wegen  seiner  Ähnlichkeit  mit  dem  christ- 
lichen Ritus  gewöhnlich  Taufe  genannt,  erst  einige  Tage  später  statt- 
fand. Le  Beau  ist  der  einzige  mir  bekannte  Gewährsmann,  der  von 
Verwendung  von  angewärmtem  Wasser  bei  dem  Bade  des  Neuge- 
borenen spricht;  aber  Le  Beau  beobachtete  einmal  in  einer  Zeit,  als 
viele  Sitten  schon  verdorben  waren,  und  ist  zweitens  keineswegs  immer 
zuverlässig. 

Die  Indianer  werden  uns  vielfach  als  höchst  schmutzig  geschildert, 
und  in  einem  Sinne  dieses  Wortes  waren  sie  es  auch  in  der  Tat:  die 
Art,  wie  sie  ihre  Mahlzeiten  zu  sich  nahmen  und  ihr  eigenes  sowie 
ihrer  Nächsten  Ungeziefer  verzehrten,  wie  sie  sich  die  Nase  putzten, 
wie  sie  nach  dem  Essen  ihre  fettigen  Finger  an  den  Haaren,  den 
Fusssohlen,  am  Gesäss  oder  noch  anderen  Körperteilen  abwischten; 
wie  sie  ihre  Notdurft  befriedigten  und  sich  ungeniert  übelriechend 
gehen  Hessen,  war  häufig  höchst  ekelerregend  und  beleidigend  für  ver- 
feinerte Gesichts-  und  Geruchsnerven.  Die  braven  Missionare,  die 
unter  den  Kindern  der  Wildnis  lebten,  haben  häufig  wehmütig  über 
ihre  Leiden  in  dieser  Hinsicht  geklagt.  Zudem  waren  ihre  Hütten 
fast  immer  schmutzig  und  voll  von  Ungeziefer,  das  sich  natürlich  auf 
die  Haare  und  Bekleidung  der  Bewohner  übertrug.  Im  übrigen  aber 
hielt  der  Indianer  für  seine  Person  fast  durchweg  auf  Reinlichkeit 
durch  Waschen,  Baden  und  Kämmen.  Je  mehr  er  seinem  ursprüng- 
lichen Zustande  näher  war,  d.  h.  je  weniger  er  von  der  ihm  häufig 
mit  Gewalt  aufgezwungenen  europäischen  Bekleidung  trug,  desto  besser 
gelang  ihm  dies;  denn  diese  Bekleidung  war  der  Hauptsitz  des  Un- 
geziefers. Zwar  erschien  auch  der  nackte  Indianer  dem  flüchtigen 
Beobachter  als  schmutzig:  seine  Haut  war  dick,  rauh  und  sonnen- 
verbrannt, zerkratzt  und  blutig  durch  die  Dornen  und  scharfen  Gräser 


—     3     — 

der  Wildnis;  je  nachdem  er  in  feucht-sumpfiger  oder  trocken-sandiger 
Gegend  lebte  und  jagte,  sah  er  kotig  oder  bestaubt  aus.  Die  bunte 
Bemalung  mit  öliger  Farbe,  zugleich  seine  Zier  und  sein  Schutz  gegen 
Witterung  und  Insektenstiche,  sein  Talisman  gegen  böse  Geister,  ver- 
wischte sich  schnell  und  trug  in  Verbindung  mit  dem  Körperschweiss 
dazu  bei,  dass  Schlamm  und  Staub  um  so  besser  hafteten.  Aber 
dieser  Schmutz  war  nur  für  wenige  Stunden:  der  Knabe  und  das 
Mädchen,  die  ihre  Mutter  sogleich  nach  der  Geburt  in  kaltes  Wasser 
getaucht  hatte,  hörten  von  nun  an  bis  zu  ihrem  Lebensende  oder 
schwerer  Erkrankung  nicht  auf,  täglich  ein  oder  mehrere  Male  zu 
baden.  Über  ganz  Amerika  findet  sich  diese  Sitte ;  weder  Kälte  noch 
Schnee  und  Eis  hinderten  den  Indianer  an  ihrer  pünktlichen  Befolgung; 
höchstens  dass  er  im  Winter  nur  einmal  täglich  badete,  was  in  den 
wärmeren  Jahreszeiten  mehrmals  geschah.  Jeden  Morgen  nach  dem 
Aufstehen  nahm  der  Caraibe  ein  kaltes  Bad  und  im  übrigen  im  Laufe 
des  Tages  jedesmal  dann  ein  weiteres,  wenn  es  die  Umstände  ver- 
langten, wenn  er  durch  Meerwasser  oder  Regen  benetzt  worden  war, 
wenn  er  sich  beschmutzt  hatte  oder  nach  anstrengender  Arbeit,  nach 
Ballspielen  oder  Wettlaufen,  erhitzt  war.  Alle  Morgen  zogen  die 
Weiber  und  Mädchen  der  Mandans  auf  den  Badeplatz  am  Missouri 
hinaus,  um  sich  in  den  frischen  Fluten  zu  tummeln,  während  eine 
Postenkette  bewaffneter  Krieger  von  weitem  für  ihre  Sicherheit  wachte. 
Dieselben  Mandans  benutzten  eine  Art  Ton  als  Seife,  nördliche  Atha- 
pasken  verwendeten  ein  ähnliches  Mittel,  Tapuyas  in  Brasilien 
scheuerten  sich  mit  Sand  ab,  während  sich  bei  den  Tupi  sogar  die 
Sitte  des  Mundspülens  findet.  Die  eine  Hälfte  ihres  Lebens,  sagt 
Petrus  Martyr,  bringen  sie  auf  dem  Lande  zu,  die  andere  im  Wasser. 
Wie  dem  Baden  der  Neugeborenen,  so  lag  auch  diesen  täglichen 
Waschungen  bei  Alt  und  Jung  beiderlei  Geschlechts  über  ganz  Amerika 
in  sehr  vielen  Fällen  ein  religiöser  Sinn  zugrunde  oder  war  dunkel 
mit  ihnen  verknüpft.  Bei  den  Stämmen  der  Nordwestküste  war  dies 
besonders  ausgeprägt,  die  Cherokees  hatten  einen  durchgebildeten 
Flusskult  mit  Baden  als  religiöse  Zeremonie.  Der  Sprung  ins  kalte 
Wasser  unmittelbar  aus  dem  Dampfbade  oder  nach  anstrengender 
schweisserzeugender  Tätigkeit  findet  sich  bei  den  meisten  Stämmen 
Amerikas.  Als  gänzlich  wasserscheu  werden  nur  sehr  wenige  Indianer- 
stämme bezeichnet;  die  nördlichen  Athapasken  waren  es  in  erheb- 
lichem Umfange,  obwohl  sie  fast  immer  Wasser  zur  Hand  hatten. 
Im  ganzen   aber  neigten  die  Indianer   als  Rasse  in  so  hohem  Grade 


zu  Baden  und  Waschungen,  dass  Gumilla  und  Catlin  hierin  einen  der 
Gründe  gefunden  haben,  um  sie  mit  den  verlorenen  zehn  Stämmen 
Israels  in  Verbindung  zu  bringen.  Sie  unterschieden  sich  vorteilhaft 
von  vielen  Weissen  und  Mischlingen  des  heutigen  Amerika,  denen 
nicht  durchweg  eine  grosse  Wasserfreudigkeit  nachgerühmt  wird. 

Völker,  die  gern  und  viel  baden,  werden  naturgemäss  auf  gutes 
Schwimmen  hohen  Wert  legen.  Von  der  ersten  Fahrt  des  Columbus 
an  ist  denn  auch  das  Lob  der  erstaunlichen  Schwimmfertigkeit  der 
Amerikaner  eine  in  fast  allen  Reisebeschreibungen  wiederkehrende 
Erscheinung.  Sie  schwammen  den  Entdeckerschiffen  entgegen  und 
begleiteten  in  ihrer  Einfalt  die  Abfahrenden  schwimmend  weite  Strecken 
ins  Meer  hinaus  •  mit  kleinen  Kindern  im  Arm  oder  Pfeil  und  Bogen 
im  Mund  schwammen  sie  ebenso  sicher  und  ausdauernd,  wie  sie  eine 
gekenterte  Canoa  wieder  flott  machten  oder  Schiffbrüchige  über  weite 
Wasserstrecken  hin  retteten.  Immer  wieder  werden  sie  in  den  Be- 
richten mit  Fischen,  Krokodilen,  Delphinen,  Amphibien  und  Enten 
verglichen.  „Die  Wasserräuber  des  Tocantins,"  sagt  P.  Daniel, 
„werden  von  den  Portugiesen  Canoeiros  genannt ;  man  sollte  sie  besser 
Taucher  heissen."  Als  sich  die  Expedition  de  Soto  in  Florida  einer 
Ansiedlung  näherte,  sprang  das  ganze  Dorf  ins  Wasser  wie  Ovids  in 
Frösche  verwandelte  lykische  'Bauern.  Durch  Schwimmen  unter  Wasser 
entkamen  sie  fast  immer  den  verfolgenden  Booten  der  Europäer;  mit 
eisernen  Ketten  schwer  gefesselt  stürzten  sie  sich  während  eines  un- 
bewachten Augenblicks  in  die  See,  nicht  um  zu  ertrinken,  wie  die  ent- 
täuschten Spanier  und  Portugiesen  meinten,  sondern  um  wieder  unter 
ihren  Landsleuten  aufzutauchen  und  rachedürstend  Krieg  gegen  ihre 
Peiniger  zu  entfachen.  Selbst  Völker,  die  es  kaum  zu  den  Anfängen 
einer  primitiven  Schiffahrt  gebracht  haben,  wie  Tapuya  in  Süd- Amerika 
und  Schlangen-Indianer  in  den  Eocky  Mountains,  waren  vortreffliche 
Schwimmer. 

Es  liegt  nahe,  dass  angesichts  so  erstaunlicher  Leistungen  die 
Berichterstatter  hie  und  da  geneigt  waren  zu  übertreiben.  Eine  Strecke 
von  3  km  zu  durchschwimmen,  war  ganz  gewöhnlich,  rund  10  km  und 
ein  halber  Tag  im  Wasser  sind  gut  beglaubigt;  aber  „einen  Tag  und 
eine  Nacht  zu  schwimmen",  wie  es  für  die  Tupi  versichert  wird,  dürfte 
selbst  im  warmen  Wasser  der  Tropen  ohne  Hilfsmittel  zum  Ausruhen 
kaum  denkbar  sein.  Noch  schlimmer  steht  es  in  dieser  Hinsicht  mit 
dem  Tauchen-,  fast  unglaubliche  Beispiele  für  die  Fähigkeit  der  In- 
dianer,  lange  unter  Wasser  zu  sein,   sind   von  einwandfreien  Zeugen 


—     5     — 

überliefert  worden,  andere  aber  richten  sich  selbst.  So  sollen  nach 
einem  alten  ungenauen  Auszuge  aus  Soares  de  Souza  die  Tupinambä 
3  bis  4  Stunden  unter  Wasser  bleiben  können ;  der  wackere  Barlaeus 
berichtet  genau  dasselbe. 

Die  spanische  Perlen -Fischerei  in  Amerika  hat  die  Taucher- 
fertigkeit der  Indianer  gründlich  ausgenutzt. 

Merkwürdig  selten  sind  brauchbare  Angaben  über  die  Technik 
des  Schwimmens-,  nur  für  die  New  England-Indianer,  die  Stämme  der 
westlichen  Prärien  und  Plains,  für  die  Thompson-Indianer,  die  Zoreisch 
in  California  und  für  die  Anwohner  des  unteren  Colorado,  für  Botokuden 
in  Brasilien,  Küstenbewohner  von  Peru  und  Araukaner  liegen  mir 
solche  vor.  Da  diese  alle  in  ganz  gleicher  oder  sehr  ähnlicher  Weise 
schwimmen  und  keine  Ausnahme  verzeichnet  ist,  so  nehme  ich  an, 
dass  die  Masse  der  übrigen  Indianer  dieselbe  Technik  hatte. 

Hiernach  schwammen  die  Eingeborenen  Amerikas  nicht  nach 
unserer  Art  durch  gleichzeitiges  Teilen  der  Arme  und  Druck  nach 
unten,  sondern  etwa  in  der  Weise,  wie  es  ein  edler  Wasserhund  tut. 
Sie  warfen  die  Arme  abwechselnd  einzeln  weit  nach  vorn  und  hoben 
und  schoben  sich  durch  Druck  nach  unten  und  hinten,  wobei  sich  die 
gewandten  Schwimmer  jedesmal  auf  die  betreffende  Seite  legten,  um 
lang  ausholen  zu  können  und  die  Widerstands-  und  Reibungsfläche 
zu  vermindern.  Die  Beine  arbeiteten  dabei  durch  Froschstösse  gleich- 
zeitig, oder  aber  einzeln  nacheinander  im  Verhältnis  zur  Bewegung 
der  Arme.  Diese  Art  wird  ja  auch  bei  uns  durch  gute  Schwimmer 
leicht  gelernt  und  kann  in  Badeanstalten  jederzeit  beobachtet  werden. 
Merkwürdig  ist  die  Angabe  des  vorzüglichen  Gewährsmannes  Sproat,  die 
im  Gegensatz  zu  allen  mir  sonst  bekannt  gewordenen  Berichten  steht, 
dass  nämlich  die  Indianer  der  Gegenden  um  Vancouver  zwar  gut 
schwammen,  aber  nicht  so  schnell  und  leicht  wie  Europäer,  und  dass 
sie  im  Wasser  schwerer  arbeiteten.  Weit  verbreitet  war  offenbar  die 
Kunst  des  Wassertretens.  In  allen  den  Fällen,  wo  sie  im  Wasser 
schwimmend  und  kämpfend  von  Bogen  und  Pfeil  Gebrauch  machten, 
können  sie  sich  auf  keine  andere  Weise  gehalten  haben.  Besonders 
die  Insel-Caraiben  waren  ganz  gefährliche  Wasserkämpfer;  schon  auf 
Columbus'  zweiter  Reise  trat  dies  zu  Tage.  Einzelheiten  aus  einem 
Seegefecht,  dem  der  Missionar  du  Tertre  als  Augenzeuge  beiwohnte, 
sind  ganz  besonders  kennzeichnend  für  die  seetüchtigen  Eigenschaften 
dieser  Piraten.  Als  ein  alter  Häuptling  einen  Pistolenschuss  in  die 
Seite  und  durch  den  ganzen  Körper  hindurch  erhalten  hatte,    sprang 


er  mit  Bogen  und  Pfeilen  in  die  See  und  kämpfte  von  hier  aus  gegen 
die  Franzosen  weiter:  „So  schwer  dieser  alte  Häuptling  auch  ver- 
wundet war,  so  wendete  er  sich  doch  sogleich  gegen  uns,  indem  er 
sich  wie  ein  Triton  mit  dem  Oberkörper  aus  dem  Wasser  erhob;  er 
hatte  zwei  Pfeile  auf  die  Sehne  seines  Bogens  gelegt,  schoss  sie  in 
unser  Boot  hinein  und  verschwand  in  demselben  Augenblick  wieder 
unter  dem  Wasser.  Unverzagt  wiederholte  er  fünfmal  denselben  An- 
griff, bis  ihm  die  Kräfte  versagten,  aber  nicht  der  Mut;  wir  sahen 
ihn  untertauchen  und  für  immer  verschwinden".  „Zu  Beginn  des 
Gefechts,"  sagt  P.  du  Tertre  weiterhin,  „sah  ich  einen  kleinen  In- 
dianer im  Wasser,  der  nicht  mehr  als  zwei  Jahre  alt  sein  konnte;  er 
schwamm  brav  mit  seinen  kleinen  Armen,  aber  es  war  unmöglich,  ihn 
zu  retten".  Dieses  Gefecht  fand  auf  hoher  See  bei  der  Insel  St.  Chri- 
stopher statt.  Ein  grosser  Teil  der  Besatzung  einer  genommenen  Kriegs- 
Piragua  rettete  sich  schwimmend  nach  der  Insel  Redonda,  wobei 
einige  bis  zum  Abend,  andere  sogar  bis  zum  nächsten  Morgen  im 
Wasser  waren.  Viele  von  ihnen  waren  verwundet,  darunter  ein  altes 
Weib  mit  je  einem  Lanzenstich  im  Hals  und  in  der  Brust;  auch  sie 
entkam. 

Die  gleiche  Unverzagtheit  zeigten  die  Indianer  im  Kampf  mit 
den  Tieren  des  Wassers.  Nicht  nur  dass  sie  aus  den  eiskalten  Tiefen 
der  Magalhäes-Strasse  und  der  Nordwestküste  Austern,  Seeottern  und 
schwere  Störe  herausholten  oder  in  den  milderen  Gewässern  der 
Aquinoktial- Gegenden  nach  Schildkröten  tauchten  und  sich  mit  riesigen 
Katzenfischen  herumschlugen,  sondern  sie  griffen  den  Alligator  und 
Walfisch  mit  der  blanken  Waffe  in  ihrem  Element  an.  Die  Cola- 
pissa  am  unteren  Mississippi  gingen  den  Alligatoren  mit  langen  Hart- 
holz-Dolchen zu  Leibe,  die  Indianer  Floridas  griffen  in  den  flachen 
Küstengewässern  die  damals  noch  zahlreichen  Wale  mit  Speeren  und 
Harpunen  an,  und  wenn  man  P.  Daniel  glauben  will,  dann  griffen 
Tapuya-Stämme,  die  er  Iranambes  und  Barbados  nennt,  die  Haifische 
mit  dem  „Zarguncho"  erfolgreich  im  Meere  an. 

Erwähnt  sein  mögen  noch  die  Wasserspiele,  mit  denen  Tupl  die 
nahenden  Missionare  zum  Empfang  begrüssten,  sowie  die  Wasserpost, 
die  Alexander  von  Humboldt  gesehen  und  beschrieben  hat. 

Als  Nichtschwimmer  werden  genannt:  die  Choctaws,  die  atha- 
paskischen  Kutchin,  die  von  jedem  grösseren  Wasserlauf  durch  die 
feindlichen  Azteken  abgeschnittenen  Tlaxcalteken ,  die  im  Inneren 
wohnenden  Stämme  der  Halbinsel  Californien,  der  Tapuya-Stamm  der 


Aimores  und  die  Yahgans  der  Magalhäes- Strasse.  Bei  letzteren 
konnten  nur  die  Männer  nicht  schwimmen,  während  die  Frauen  vor- 
zügliche Taucher  waren.  „Wenn  wir  versuchen  würden  zu  schwimmen," 
sagten  allen  Ernstes  diese  Herren  der  Schöpfung,  „dann  würden 
wir  zweifellos  untergehen,  denn  wir  haben  nicht  die  fetten  Brüste 
unserer  Frauen,  welche  ihnen  als  Schwimmblasen  dienen."  Prinz 
AVied  hat  geglaubt,  das  Nichtschwimmen  der  Aimores  bestreiten  zu 
müssen,  weil  nach  seiner  Ansicht  ganz  naturgemäss  jedes  primitive 
Volk  schwimmen  wird,  sobald  es  überhaupt  nur  Gelegenheit  hat.  Aber 
einmal  kann  man  doch  einen  so  guten  Gewährsmann  wie  Soares 
de  Souza  nicht  einfach  beiseite  schieben,  und  dann  liefern  die  Choc- 
taws,  die  Kutchin  und  die  Yahgan-Männer  von  sehr  verschiedenen 
Stellen  des  Kontinents  ganz  ähnliche  oder  gleiche  Fälle.  Die  Kutchin 
waren  vortreffliche  Fischer  und  Bootleute,  während  allerdings  die 
Choctaws  erst  im  18.  Jahrhundert  nur  zögernd  zum  erstenmal  aufs 
Wasser  gegangen  sein  sollen.  Aber  an  Gelegenheit  fehlte  es  ihnen 
wahrlich  nicht ;  sie  wohnten  in  der  Mitte  und  dem  Süden  des  heutigen 
Staates  Mississippi  und  hatten  dort  Wasser  genug.  Eine  Erklärung  für 
diese  Ausnahmen  zu  geben  ist  mir  nicht  möglich,  denn  im  allgemeinen  ist 
der  Satz  des  Prinzen  Wied  offenbar  richtig;  die  des  Schwimmens  un- 
kundigen Binnenbewohner  von  Unter-Californien  liefern  einen  guten  Be- 
weis dafür,  denn  sie  werden  in  unmittelbaren  Gegensatz  zu  den  Küsten- 
bewohnern gestellt,  die  ausgezeichnete  Schwimmer  und  Taucher  waren. 

Um  zu  einer  richtigen  Einschätzung  der  Leistungen  der  Indianer 
im  feuchten  Element  zu  gelangen,  darf  nicht  vergessen  werden,  die 
Natur  ihrer  Gewässer  zu  berücksichtigen,  die  in  den  tropischen  und  sub- 
tropischen Gegenden  Amerikas  voll  von  schädlichen  und  gefährlichen 
Tieren  sind.  Der  Stachelrochen,  dessen  giftige  Schwanzspitze  von  den 
Indianern  mit  Vorliebe  zur  Armierung  ihrer  Pfeile  benutzt  wurde,  lag 
unsichtbar  verborgen  im  Sande  und  versetzte  jedem  eine  lebensgefähr- 
liche Wunde,  der  ihn  berührte.  Seine  Häufigkeit  in  manchen  Gegenden 
zwang  die  Indianer,  beim  Durchschreiten  von  Gewässern  immer  vorher 
mit  einem  Stock  zu  sondieren. 

Zitteraale  und  Zitterrochen,  von  den  Spaniern  und  Portugiesen 
unter  den  Namen  tembladores  und  tremelgas  zusammengefasst,  teilten 
elektrische  Schläge  aus,  die  einen  Mann  derart  betäuben  konnten,  dass 
er  ertrank.  Richard  Schomburgk  fing  einen  gymnotus  electricus  von 
2,13  m  Länge  und  45  cm  Stärke;  er  sprach  seine  Überzeugung  aus, 
dass  sein  Schlag  den  stärksten  Ochsen  töten  würde. 


—     8     — 

"Weit  mehr  gefürchtet  aber  als  diese  waren  verschiedene  Piraya- 
Arten,  die  blutdürstigsten  Fische  der  Tropen.  Die  Spanier  der  Chaco- 
und  La  Plata-Gegenden  nannten  sie  palometa,  am  Orinoco  und  in  be- 
nachbarten Gegenden  waren  sie  als  guacaritos  oder  caribes  bekannt. 
Die  Portugiesen  nannten  sie  piranha  oder  thezoura.  Die  Aruaks 
huma,  die  Caraiben  pira'i;  letzterer  Name  ist  in  den  Guayanas  der 
geläufigste.  Ihre  haarscharfen  und  dauerhaften  Gebisse  verwendeten 
viele  Indianerstämme  zur  Verfertigung  ihrer  Palometa-  oder  Piranha- 
Messer,  die  an  Schneidefähigkeit  Stahlmessern  kaum  nachstanden. 
Die  gefährlichsten  der  Pygocentrus-Arten  waren  so  gefrässig  und  rück- 
sichtslos, dass  sie  beim  geringstem  Blutgeruch  im  Wasser  aus  beträcht- 
lichen Entfernungen  von  allen  Seiten  herbeischnellten  und  das  erste 
beste  lebende  Opfer  überfielen  und  zerfleischten.  Besonders  vorstehende 
Körperteile  waren  ihren  Bissen  ausgesetzt :  Finger  und  Zehen  wurden 
glatt  abgeschnappt,  Männer  entmannt,  Weiber  ihrer  Brüste  beraubt 
und  häufig  Personen  so  zugerichtet,  dass  sie  bald  darauf  starben. 

Die  Gefährlichkeit  des  AlHgator  oder  Caiman  ist  hie  und  da 
bestritten  worden,  wenn  auch  nicht  so  häufig  wie  die  des  Jaguar, 
der,  wie  wir  später  sehen  werden,  zwar  nicht  den  Badenden,  wohl 
aber  den  Schiffern  im  primitiven  Amerika  gefährlich  werden  konnte. 
In  beiden  Fällen  hat  diese  verschiedene  Abschätzung  gleiche  Gründe: 
wurden  Alligator  und  Jaguar  stark  verfolgt,  war  also  ihre  Zahl  ver- 
hältnismässig gering  und  Nahrung  für  sie  reichlich  vorhanden,  dann 
waren  sie  dem  Menschen  ungefährlich;  im  entgegengesetzten  Falle 
waren  sie  sehr  zu  fürchtende  Feinde,  ganz  besonders  der  Alligator 
im  Wasser.  Gewisse  Cnidaria-Arten,  Quallen  mit  Nesselorganen,  von 
den  Franzosen  ecume  de  mer  genannt,  waren  für  die  Insel- Caraiben 
höchst  lästige  Meeresbewohner.  Die  Haifische  vervollständigen  diese 
Gruppe  der  Schädlinge  des  Wassers. 

Untersuchungen  oder  Äusserungen  darüber,  ob  die  Indianer  unter 
der  sogenannten  Seekrankheit  zu  leiden  hatten,  fehlen  so  gut  wie  ganz. 
Es  scheint  fast  so,  als  wenn  sie  dieser  weit  verbreiteten  menschlichen 
Schwäche  wenig  unterworfen  waren.  Zwar  wissen  wir,  dass  viele  der 
Unglücklichen,  die  von  Columbus  und  seinen  Nachfolgern  nach  Spanien 
entführt  wurden,  während  der  Reise  starben,  ebenso  wie  sie  in  diesem 
Lande  selbst  und  überall  dort  massenhaft  hinsanken,  wo  sie  fern  der 
Heimat,  unter  ungewohnten  Verhältnissen  und  in  Knechtschaft  waren. 
Aber,  dass  Seekrankheit  hierzu  mitgewirkt  hätte,  wird,  so  weit  ich  sehe 
nirgends  erwähnt.     Sie  begleiteten  die  Conquistadoren  und  später  die 


—     9     — 

Flibustier  als  Piloten  und  Dolmetscher  auf  ihren  stürmischen  Fahrten, 
und  man  sollte  meinen,  es  doch  einmal  erwähnt  zu  finden,  wenn  die 
Indianer  dieser  Schwäche  unterworfen  gewesen  wären.  Nur  Sir 
Joseph  Banks,  der  vortreffliche  Beobachter,  sagt  von  den  Onas  auf 
Feuerland,  dass  man  zwar  von  irgend  welcher  Schiffahrt  bei  ihnen 
nichts  bemerken  konnte,  dass  sie  aber  an  Bord  der  englischen  Schiffe 
nicht  von  der  Seekrankheit  ergriffen  wurden. 

Aus  dem  Vorstehenden  wird  sich  ergeben  haben,  dass  die  körper- 
lich kräftigen  und  im  Wasser  forschen  Indianer  von  Natur  aus  fast 
durchweg  zu  Seeleuten  sehr  gut  geeignet  waren.  Dazu  kommt  eine 
Eigenschaft,  deren  Besitz  von  hoher  Bedeutung  für  den  Seemann  ist 
und  die  einen  weit  grösseren  Wert  in  den  Zeiten  beginnender  Schiff- 
fahrt hatte  als  in  unseren  Tagen. 

Die  Fähigkeit  des  Indianers,  sich  in  jedem  Gelände  zurecht  zu 
finden,  alle  jene  Eigenschaften,  die  im  englisch  sprechenden  Amerika 
unter  dem  Worte  „woodcraft"  zusammengefasst  werden,  und  die  der 
„Baqueano"  von  den  roten  Kindern  der  Wildnis  geerbt  oder  über- 
nommen hat,  sind  zu  wohl  bekannt,  als  dass  sie  hier  einer  weiteren 
Erörterung  bedürften.  Wohl  kein  grösseres  Buch  über  das  primitive 
Leben  des  Indianers,  das  nicht  den  einen  oder  anderen  Beitrag  zu 
diesem  Thema  brächte.  Greneral  Dodge  sagt,  dass  er  nur  einen  ein- 
zigen Fall  kenne,  w^o  sich  ein  Indianer  verirrt  habe,  und,  fügt  er  hinzu, 
in  diesem  Falle  hat  jene  „verirrte"  Rothaut  wahrscheinlich  eine  grosse 
Lügengeschichte  erfunden  und  erzählt,  um  eine  in  der  Zwischenzeit 
versuchte,  aber  missglückte  Räuberei  zu  verdecken.  Der  Indianer  reiste 
nach  den  Himmelsrichtungen,  Grestirnen,  Yegetations-  und  Landmarken, 
gewöhnUch  schnurgerade  wie  der  Flug  der  Biene.  „La  Pampa",  hat 
Domingo  Sarmiento  gesagt,  „es  la  imäjen  del  mar  en  la  tierra",  sie 
ist  „das  Ebenbild  des  Meeres  auf  dem  Lande",  und  gerade  hier,  auf 
den  Pampas,  Savannen,  Prärieen  und  Plains,  zeigte  sich  die  Orientie- 
rungskunst des  Indianers  in  der  Vollendung.  Die  ersten  Europäer, 
die  je  die  grossen  Plains  betraten,  die  Gefährten  Coronados,  fühlten 
sich  völlig  verloren  auf  diesen  endlosen  Flächen;  viele  von  ihnen  ver- 
irrten sich  tatsächlich.  Nicht  einmal  die  Arriere-Garde  vermochte  dem 
breitgetretenen  Pfade  des  Haupttrupps  zu  folgen,  da  das  kurze, 
trockene  Gras  sich  so  schnell  wieder  aufrichtete.  Man  errichtete  daher 
Haufen  von  Bison-Knochen  und  Dung  als  Wegweiser,  um  den  Zusammen- 
hang nicht  zu  verlieren.  Der  Vergleich  mit  dem  Meere  findet  sich  in 
fast   allen   Berichten:    „una  tierra  llana  como  la  mar",    „estos  llanos. 


—     10     — 

que  son  como  quien  anda  por  la  mar".  Die  Indianer  aber  führten  mit 
der  grössten  Sicherheit  und  Leichtigkeit.  Die  Teyas  hatten  zudem 
ein  Verfahren,  das  einem  primitiven  Topographen  Ehre  machen  würde. 
Morgens  beobachteten  sie  den  Stand  der  Sonne  und  stellten  die  Marsch- 
richtung für  den  Tag  fest;  in  dieser  Richtung  schössen  sie  dann 
drei  Pfeile  so  ab,  dass  beim  Vormarsch  immer  der  dritte  über  die  zwei 
liegenden  nach  vorn  hinausflog;  so  war  eine  gerade  Linie  gesichert. 
Dies  Verfahren  wendeten  sie  offenbar  nur  dann  an,  wenn  absolut  keine 
Landmarken  im  Gelände  vorhanden  waren.  Die  California-Indianer 
besassen  eine  sehr  genaue  Kenntnis  der  Himmelsrichtungen  und  übten 
sich  hierin  bei  jeder  Gelegenheit.  Zurufe  während  des  Spiels  beim 
Suchen  des  Balles:  „Nach  Osten!",  „Etwas  nördlich!",  „nun  3  Schritte 
nordwest!"  und  ähnliches  waren  gang  und  gäbe.  Der  Indianer, 
der  nicht  nur  im  Gebiet  seines  eigenen  Stammes,  sondern  auch  in 
Nachbarländern  viel  herumkam  und  häufig  weite  Reisen  machte,  hatte 
eine  wunderbare  Fähigkeit,  sich  das  ein  einzigesmal  Gesehene  ein- 
zuprägen und  sich  in  seinem  Kopfe  ein  zutreffendes  Gesamtbild  grosser 
geographischer  Räume  zu  machen.  Zu  der  oft  gerühmten  Kenntnis 
der  Nahua-Kaufleute,  welche  Mittel-Amerika  bis  nach  Honduras,  Nica- 
ragua und  Costa  Rica  hinein  kannten,  bildet  das  geographische  Wissen 
der  Algonquins  am  unteren  St.  Lawrence  keine  schlechte  Parallele. 
Die  riesigen  Gebiete  der  grossen  kanadischen  Seen  waren  ihnen  geläufig, 
sie  kannten  den  südlichen  Handelsweg,  der  über  Oswego  zur  Chesa- 
peake-Bai  führte,  und  hatten  eine  dunkle  Ahnung  von  einem  grossen 
Fluss  des  Westens.  Die  Existenz  des  Mississippi  hinwiederum  war 
im  Pueblo  Pecos  bekannt.  Die  Jugend  erhielt  Unterricht  von  den 
Alten  in  praktischer  Landeskunde,  die  sich  keineswegs  auf  die  lokale 
Ortskenntnis  beschränkte,  und  wenn  einzelne  Stämme  über  bestimmte 
Grenzen  nicht  hinauskamen  und  sich  einen  engen  geographischen 
Horizont  bewahrten,  so  hatte  dies  gewöhnlich  besondere  politische 
oder  verkehrsgeographische  Gründe.  Auch  sind  Angaben  in  dieser 
Hinsicht  nicht  immer  einwandfrei.  Entlang  der  Westküste  von  Süd- 
Amerika,  etwa  von  den  Islas  de  las  Perlas  nach  Süden,  vollzog 
sich  ein  lebhafter  Seehandel,  besonders  in  Salz  und  Fischen.  An- 
dagoya  erzählt,  dass  durch  diesen  Verkehr  die  Kaufleute  auf  der 
Westseite  von  Darien  eine  geographische  Kenntnis  der  ganzen  West- 
küste von  Süd- Amerika  bis  etwa  zur  Breite  von  Cuzco  hinab  besassen. 
Sollte  man  da  nicht  wirklich  meinen,  die  beiden  Halbkulturvölker  der 
Neuen  Welt  müssten  eine,  wenn  auch  vielleicht  nur  dunkle  gegenseitige 


—    11    — 

Kenntnis  von  ihrer  Existenz  gehabt  haben?  Oder  hat  die  nur  schmale 
und  nicht  hohe,  aber  wüste  Gebirgskette,  die  zuerst  Baiboa  überschritt, 
die  Grenze  ihres  geographischen  Wissens  dargestellt? 

Einen  Niederschlag  dieser  Fähigkeit  haben  wir  in  den  geographischen 
Karten  der  Indianer ;  eine  sehr  erhebliche  Zahl  von  ihnen  ist  uns  durch 
Bild  oder  gute  Beschreibung  erhalten.  Sie  zeichneten  in  Sand  oder 
Asche,  auf  Rinde,  Holz,  Leder,  Papier,  mit  dem  Finger  oder  einem 
Stock,  mit  Holzkohle  oder  Bärentalg.  Die  Nahua  fertigten  farbige 
Karten  an,  die  Inkaperuaner  Reliefkarten  aus  Ton,  kleinen  Steinen 
und  Stöckchen.  Meistens  waren  diese  Karten  Itinerare,  in  denen 
besonders  die  Wasserwege,  Flüsse  und  Seen  mit  ihren  Trageplätzen 
auftraten-,  ganze  und  halbe  Tagemärsche  wurden  eingetragen,  Furten 
oder  Wasserplätze  verzeichnet.  Die  Nahuas  und  Inkaperuaner  hatten 
auch  Katasterkarten  und  bis  ins  einzelne  gehende  Stadtpläne. 

Am  bekanntesten  sind  wohl  die  Karten  der  Nahuas  geworden; 
Cortes,  Bernal  Diaz,  Gomara,  haben  ganz  besonders  von  ihnen  erzählt. 
Einige  Exemplare  kamen  bald  nach  der  Conquista  nach  Spanien,  wo 
sie  Petrus  Martyr  sehen  und  prüfen  konnte;  er  hat  uns  von  ihnen 
eine  ebenso  begeisterte  Beschreibung  hinterlassen  wie  später  Barros 
von  seiner  chinesischen  Karte  der  Grossen  Mauer.  Das  Kartenwesen 
war  weit  verbreitet  unter  den  Nahua-Yölkern ;  bei  den  Tarascos  in 
Michuacän  mussten  die  Patrouillen  gegen  den  Feind  über  den  Erfolg 
ihrer  Erkundung  durch  eine  Art  von  Meldekarte  mit  Kartenskizze 
berichten.  Cortes  ist  mit  Hilfe  einheimischer  Karten  und  seiner  be- 
rühmten aguja  de  marear  durch  Tabasco,  Chiapas  und  Vera  Paz  bis 
nach  Honduras  durchgedrungen,  konnte  unterwegs,  auf  den  Grenzen 
von  Chiapas  und  Vera  Paz,  sein  Karten-Material  vervollständigen  und 
rückte  so  mit  einem  Heere  durch  ein  weites,  wüstes  Gebiet,  dessen 
Bezwingung  noch  heutzutage  einem  einzelnen  Forscher  Ehre  macht. 
Die  Chibchas  sollen  das  Anfertigen  von  Karten  nicht  verstanden  haben. 

Unter  den  niedriger  stehenden  Stämmen  scheinen  in  Nord- Amerika 
die  Algonquins  die  besten  Kartenzeichner  gewesen  zu  sein,  unter  ihnen 
wieder  die  Montagnais,  Micmacs  und  Chippeways;  überhaupt  sind  die 
meisten  und  achtbarsten  kartographischen  Leistungen  da  zu  verzeichnen, 
wo  das  meiste  Wasser  ist,  bei  den  Irokesen,  Algonquins  und  Sioux 
von  Virginia  und  den  Carolinas,  in  den  Ländern  der  Hudsons-Bai- 
Compagnie  und  an  der  Nordwestküste.  Aber  auch  die  Prärieen,  die 
trockenen  Plains  und  die  Durststrecken  von  New  Mexico  und  Arizona 
sind  nicht  ohne  Kartenzeichner:  Dakota,  Pawnee,  Comanche,  Pai-Ute 


—     12     — 

und  Zuni  mögen  erwähnt  sein.  Alarcön,  Champlain,  Lawson,  Mackenzie, 
Petitot  wurden  durch  gute  Karten  der  Eingeborenen  ganz  wesentlich 
bei  ihren  Entdeckungen  gefördert.  Indianer  von  New  Hampshire 
lieferten  Champlain  eine  gute  Karte  der  Massachusetts-Bai,  Maine- 
Indianer  in  den  Tagen  Gosnolds  und  Micmacs  einer  späteren  Zeit  ver- 
standen es,  die  Küsten  von  New  Foundland  und  Nova  Scotia  mit  allen 
ihren  vielen  Buchten  zu  zeichnen,  während  Sir  John  Franklin  von 
nördlichen  Athapasken  eine  gute  Küsten-Skizze  erhielt.  Genannt  sein 
mögen  noch  die  „letter-maps",  Rindenstücke  mit  Bilderschrift  und 
Kartenskizzen,  die  man  als  Wegweiser  für  Nachfolgende  oder  Stammes- 
angehörige an  leicht  erkennbaren  Orten  zurückliess.  In  Ratsversamm- 
lungen vor  Kriegszügen  oder  gemeinsamen  grossen  Jagden  wurden 
häufig  Karten  herbeigebracht  oder  hergestellt,  um  an  ihrer  Hand  An- 
ordnungen zu  treffen. 

Aus  Süd- Amerika  sind  die  Nachrichten  über  Kartenzeichnen  weit 
weniger  zahlreich,  jedoch  ist  diese  Tatsache  wohl  mehr  einem  Zufall  als 
minderer  Beanlagung  jener  Eingeborenen  gutzuschreiben;  ihre  Fähig- 
keit in  dieser  Richtung  mag  weniger  zutage  getreten  sein,  ihre  Kunst- 
produkte mögen  von  den  alten  Berichterstattern  weniger  beobachtet, 
gewürdigt  und  beschrieben  worden  sein.  Jedenfalls  wissen  wir,  dass 
Tupi  und  Tapuya  in  Brasilien,  sowie  Tehuelchen  in  Patagonien  recht 
genaue  Karten  zu  zeichnen  verstanden. 

Der  gestirnte  Himmel  war  den  Indianern  Amerikas  bei  ihren 
Wanderungen,  Reisen  und  Kriegszügen  der  beste  Wegweiser,  war  ihre 
Uhr.  Die  Natur  des  Polarsternes  war  den  Stämmen  der  nördlichen 
Halbkugel  wohlbekannt.  „Der  Stern,  welcher  stillsteht",  so  nannten  ihn 
die  Irokesen  und  die  Völker  des  Missouri-Tales.  Wie  das  südliche 
Kreuz  den  Indianern  Süd-Amerikas,  ihren  mischfarbenen  und  weissen 
Erben  als  Uhr  dient,  hat  wohl  niemand  schöner  beschrieben  als 
Alexander  von  Humboldt,  wenn  er  an  die  rührende  Szene  in  Bernardin 
de  Saint-Pierre's  „Paul  etVirginie"  erinnert  und  an  die  oft  gehörten 
Worte  seiner  Führer  in  den  Wildnissen  des  Orinoco:  „Mitternacht 
ist  vorüber,  das  Kreuz  längt  an  sich  zu  neigen." 

Im  Norden  wie  im  Süden  waren  die  Plejaden  vielleicht  die  be- 
kannteste Sterngruppe ;  in  der  Zeitrechnung  und  im  Kult,  in  Sagen  und 
Überlieferungen  spielten  sie  eine  wichtige  Rolle.  Morgen  und  Abend- 
stern, Grosser  Bär,  Kassiopeia,  Perseus,  Fuhrmann,  Krone,  Aldebarän 
gehörten  zu  den  bekanntesten  Gestirnen  und  Sternbildern  im  Norden. 
Die  von  den  Irokesen  „Lomme"  genannte  Konstellation  scheint  unsere 


—     13     — 

„Leier"  zu  sein.  Die  Sterne  a  bis  d  unseres  „Grossen  Bären"  stellten 
für  die  Irokesen  einen  Bären  dar,  welcher  von  den  drei  Jägern  e,  g,  ?/ 
verfolgt  wurde;  der  kleine  Reiter  aber  über  g  stellte  den  Kochkessel 
der  drei  Jäger  vor,  welchen  dieser  mittelste  Mann  für  sich  und  seine 
Genossen  zu  tragen  hatte. 

Die  Pawnees  der  grossen  Plains  hatten  einen  ausgebildeten  Stern- 
kult; eine  auf  Bisonhaut  gemalte  Himmelskarte,  die  zu  einem  beim 
Morgensternfeste  verwendeten  Zeremonial- Apparat  gehörte,  befindet 
sich  im  Museum  zu  Chicago.  Die  Mayas  kannten  vielleicht  sogar  die 
ümlaufszeiten  einiger  Planeten.  Schon  ein  oberflächliches  Studium 
von  Bretons  vorzüglichem  Caraiben-Lexikon  zeigt,  wie  gute  Beobachter 
des  gestirnten  Himmels  die  Insel-Caraiben  gewesen  sein  müssen;  du 
Tertre  bestätigt  diesen  Eindruck.  Ihre  Vettern  in  Guayana,  die 
Galibi,  scheinen  ihnen  in  dieser  Hinsicht  nicht  nachgestanden  zu  haben, 
wie  denn  auch  die  Caraiben  am  Xingü  und  Nachbarstämme  gute 
Sternbeobachter  waren.  Die  Tupinambä,  sagt  Yves  d'Evreux,  kennen 
alle  Sterne ;  ähnlich  scheint  es  sich  bei  den  meisten  Stämmen  Süd- 
Amerikas  verhalten  zu  haben.  Sie  kannten  die  obengenannten  Stern- 
bilder, soweit  sie  ihnen  sichtbar  wurden,  dazu  Orion,  Skorpion,  Cen- 
taur,  Magalhanische  Wolken.     Die  Milchstrasse  war  überall  bekannt. 


Die  Scliiffstypen. 

Für  die  Schiffahrt  in  ihren  Uranfängen  bietet  die  Völkerkunde 
Amerikas  eine  gute  Zahl  von  Beispielen.  Hatten  die  Mojaves  am 
unteren  Colorado  kein  Material  zur  Stelle,  um  ihr  übliches  Fahrzeug, 
ein  Binsen-Floss,  herzustellen,  dann  warfen  sie  den  ersten  besten  Ast 
oder  Baum  ins  Wasser,  um  mit  seiner  Hilfe  ihre  Personen  und  ihre 
Habe  über  den  Strom  zu  bringen.  Ebenso  machten  es  in  augen- 
blicklicher Ermangelung  ihrer  Boote  die  Indianer  auf  dem  Isthmus 
und  die  Maynas-Stämme  am  oberen  Amazonas  und  an  seinen  Neben- 
gewässern. Haben  sie  kein  Boot  oder  Floss  zur  Verfügung,  sagt 
P.  Daniel,  so  genügt  ihnen  jedes  beliebige  Stück  Holz,  um  sich 
mit  Kind  und  Kegel  einzuschiffen  und  den  Amazonas  mit  Sicherheit 
zu  befahren,  höchstens  zuweilen  von  einem  Alligator  angegriffen.  Ein 
Bündel  Blattstiele  von  der  Buriti-Palme,  das  sie  an  ihrem  Leibe  be- 
festigen, genügte  den  sogenannten  Canoeiros  des  Tocantins,  um  mit 
ihrer  Hilfe   in  stärkster   Strömung   stundenlang  auf  dem   Wasser    zu 


—     14     — 

treiben.  Man  hat  gesehen,  wie  diese  Wassermenschen  sich  mit  einem 
Ast  ins  Wasser  stürzten,  einen  dahertreibenden  Baumstamm  ergriffen 
und  auf  ihm  reitend,  mit  dem  Knüppel  als  Pagaje,  dieses  Fahrzeug 
mit  ungeahnter  Schnelligkeit  über  den  reissenden  Strom  trieben. 
Stämme  der  Mataco-Mataguayo- Gruppe  besassen  überhaupt  kein  anderes 
Grefährt  als  ein  solches  improvisiertes;  die  Kräftigen  und  Gesunden 
hingen  sich  daran,  das  Gepäck  wurde  hinaufgetan,  kleine  Kinder 
sassen  auf  den  Köpfen  ihrer  Mütter,  Kranke  und  Schwache  erhielten 
Unterstützung,  und  so  zog  der  ganze  Stamm  über  die  breitesten  Flüsse. 
In  Manta,  Peru,  benutzten  die  Fischer  einfache  Balken  beim  Aus- 
werfen ihrer  Strand -Schleppnetze.  Der  mit  Rindenzeug  spärlich 
bekleidete  Yuracare-Indianer  wirft  einen  leicht  schwimmenden  Balken 
in  den  schäumenden  Chimore  und  eilt  auf  diesem  „caballito"  unver- 
zagt über  die  Fluten  des  Stroms.  Die  Moxos  haben  denselben  Aus- 
druck für  „schwimmen  mit  Hilfe  eines  Stückes  Holz  oder  einer 
Kalabassa"  und  lür  „fahren  auf  einem  Floss" ;  bei  manchen  anderen 
Stämmen  liegt  sicherlich  ein  ähnliches  Verhältnis  vor. 

Ehe  an  die  Untersuchung  der  Schiffstypen  herangegangen  wird, 
müssen  noch  einige  allgemeine  Bemerkungen  über  die  zur  Verfügung 
stehenden  Quellen  vorausgeschickt  werden.  Es  ist  klar,  dass  angesichts 
der  zum  Teil  sehr  schnellen  und  gründUchen  Veränderungen,  die  der 
Einbruch  der  Europäer  unter  den  Indianern  Amerikas  hervorrief,  den 
ältesten  Berichten  der  höchste  Wert  zukommt.  Bessere  Erkenntnis, 
ein  erweiterter  Gesichtskreis,  eine  tiefere  Weltanschauung  spiegeln  sich 
in  den  Schriften  späterer  Zeiten  wieder  und  stempeln  sie  zu  höher- 
stehenden kulturhistorischen  und  ethnographischen  Arbeiten,  aber  es  ver- 
mag ihnen  dies  nicht  den  grossen  Vorsprung  zu  ersetzen,  den  die 
ältesten  Nachrichten  dadurch  haben,  dass  sie  die  Völker  Amerikas  in 
ihrer  unverfälschten  Ursprünglichkeit  schildern.  Für  manche  Probleme, 
z.  B.  die  Kenntnis  des  präkolumbischen  Segels,  sind  sie  allein  be- 
nutzbar. 

Es  ist  natürlich,  dass  gleichaltrige  Quellen  für  ethnologische 
Untersuchungen  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  von  ungleichem 
Wert  sein  werden,  je  nach  der  Stellung  und  den  besonderen  Interessen 
des  Berichterstatters.  Für  eine  Untersuchung  über  die  Schiffahrt 
stehen  daher  Angaben  der  Seeleute  dem  Wert  nach  in  erster  Linie, 
aber  die  der  Soldaten  treten  in  unserem  Falle  kaum  an  Bedeutung 
gegen  sie  zurück ;  ohne  sie  würde  die  Geschichte  der  primitiven  Schiff- 
fahrt Amerikas    die    allergrössten  Lücken    aufweisen.      Weit   weniger 


—     15     — 

nutzbringend  sind  die  Berichte  der  alten  Geistlichen  und  Missionare  ^ ; 
die  Schiffahrt  interessierte  sie  offenbar  wenig,  sie  widmeten  sich  Unter- 
suchungsgebieten, die  ihnen  näher  lagen.  Vergeblich  suchen  wir  bei 
Roman  Pane,  Juan  Diaz,  Sahagün,  Carvajal,  um  nur  ein  paar  Namen 


^  Ich  sage  dies,  obwohl  ich  fürchten  muss,  wieder  den  Zorn  meines  Kritikers 
im  „Anthropos"  (II,  340—341)  herauszufordern.  Ich  muss  gestehen,  dass  ich 
derartige  Angriffe  von  dieser  Seite  nicht  erwartet  hatte.  Ich  habe  nicht  nur  mehr- 
fach in  meinen  Schriften  die  hohen  Verdienste  der  katholischen  Missionare  ganz 
besonders  hervorgehoben  und  sie  gegen  nicht  gerechte  Urteile  verteidigt,  („In- 
dianer und  Anglo-Amerikaner",  S.  143—144 ;  —  „Globus",  Bd.  XC,  No.  17),  sondern 
ich  habe  noch  vor  wenigen  Monaten  ganz  dieselben  oder  geistesverwandte  Namen 
als  Muster  ethnographischer  Forschung  hingestellt  („Globus",  Bd.  XC,  No.  18), 
die  mir  jetzt  jener  Herr  im  „Anthropos"  zu  meiner  Belehrung  vorführen  zu  müssen 
glaubt.  Wenn  ich  solche  Feststellungen  mache,  dann  erhalte  ich  in  der  katholischen 
Presse  einen  öffentlichen  Lobstrich,  um  den  ich  mich  nicht  bemüht  habe  (Kölnische 
Volkszeitung),  wenn  ich  aber  derselben  ehrlichen  Überzeugung  entsprechend  Aus- 
stellungen mache,  daun  fällt  mich  der  Amerikanist  des  „Anthropos"  au.  Warum 
tritt  jener  Kritiker  nicht  auch  für  die  Offiziere  und  Soldaten  ein,  gegen  die  ich 
doch  dieselben  Einwürfe  gemacht  habe,  wie  gegen  die  Geistlichen  ?  Hat  die  ältere 
katholische  Mission  in  Amerika  —  denn  nur  von  den  älteren  Berichten  war  die 
Rede  —  bessere  Namen  aufzuweisen,  als  Cortes,  Diaz  del  Castillo,  Oviedo,  Cieza 
de  Leon,  Cabeza  de  Vaca,  Hans  Stade,  Soares  de  Souza  und  viele  andere  mehr? 
Wenn  ich  gegen  Männer  dieser  Art  etwas  sage,  dann  verliert  der  Amerikanist  des 
„Anthropos"  kein  Wort,  wenn  ich  aber  gegen  katholische  Missionare  Einwendungen 
erhebe,  die  gar  kein  Tadel  sind,  dann  bin  ich  „ein  Neuling  in  der  Amerikanistik, 
mit  wunderbarer  Spezialisten-Einseitigkeit".  Verlangt  jener  Herr  einen  anderen 
kritischen  Massstab  für  die  Geistlichen,  als  für  die  Offiziere,  Beamten  und  Gelehrten  ? 
Das  dürfte  wenig  im  Sinne  jener  wundervollen  Missionare  sein,  deren  Arbeiten  zu 
den  Zierden  der  ethnographischen  Literatur  gehören.  Ist  es  ihm  denn  gar  nicht 
zum  Bewusstsein  gekommen,  dass  er  durch  die  einleitenden  Sätze  seiner  Kritik 
einen  geradezu  klassischen  Beweis  für  meine  ihn  so  kränkende  Behauptung  bei- 
bringt, dass  die  Geistlichen  im  allgemeinen  keinen  Sinn  für  kriegerische  Dinge 
haben?  Was  würde  mein  Kritiker  wohl  sagen,  wenn  ich  die  Besprechung  einer 
seiner  Arbeiten  mit  dem  Worte  „von  dem  berühmten  Fleisse,  der  einer  besseren 
Sache  würdig  gewesen  wäre"  beginnen  würde,  um  dann  mit  einem  gewissen  Wohl- 
wollen begütigend  hinzuzufügen:  „allerdings  ist  es  schliesslich  doch  wieder  erklärlich : 
er  ist  nur  im  Nebenamt  Ethnologe,  im  übrigen  ist  er  katholischer  Priester"  ?  Ganz 
genau  so  behandelt  er  mich.  Nicht  ein  Wort  von  dem,  was  ich  gesagt  habe,  nehme 
ich  zurück,  sei  es  zum  Lobe,  sei  es  zum  Tadel.  Gerade  weil  ich  die  Berichte  der 
alten  Geistlichen  kenne  und  für  sie  eingetreten  bin,  wo  sich  Gelegenheit  bot,  darf 
ich  mir  solch  ein  Wort  erlauben. 

Im  übrigen  überlasse  ich  es  vertrauensvoll  den  Fachgenossen,  sich  ein  Urteil 
darüber  zu  bilden,  wer  durch  jene  Besprechung  im  „Anthropos"  als  „N^ling  in 
der  Amerikanistik  kompromittiert"  worden  ist. 


—     16     — 

zu  nennen,  nach  den  Aufklärungen,  die  wir  schmerzlich  vermissen  und 
die  zu  geben  sie  in  der  Lage  gewesen  wären.  Nur  da,  wo  sie  aus 
den  Aufzeichnungen  und  Erzählungen  von  Seeleuten  schöpfen  konnten, 
wie  Las  Casas  und  Bernäldez,  haben  auch  sie  für  unsere  Untersuchung 
das  grösste  Verdienst.  Ganz  anders  gestaltet  sich  die  Sachlage  in 
späteren  Jahrhunderten :  Die  Soldaten  sind  aus  der  Reihe  der  für  uns 
wichtigen  Quellen  so  gut  wie  verschwunden,  die  Seeleute  wiederholen 
vielfach  nur,  was  ihre  Vorgänger  schon  gesagt  haben,  aber  die  Mis- 
sionare verbreiten  eine  Fülle  neuer  Kenntnisse,  besonders  durch  ihre 
linguistischen  Arbeiten. 

Die  Balsa. 

Amerika  ist  ein  ausgezeichnetes  Feld  für  das  Studium  der  ver- 
schiedenen Arten  von  Flössen-,  in  mannigfachen  Formen  und  unter 
wechselnden  Namen  sind  sie  dort  verbreitet  gewesen  und  zum  grossen 
Teil  noch  heute  vorhanden. 

Nach  Kardinal  Saraiva  stammt  das  Wort  „balsa"  aus  dem 
Griechischen,  nach  Caldas  Aulete  aus  dem  Baskischen,  nach  Du  Gange 
aus  dem  Spanischen.  Rafinesque  hat  es  aus  der  Sprache  von  Haiti 
und  Cuba  hergeleitet;  Bachiller  y  Morales  und  Aristides  Rojas  machen 
diese  Auffassung  zu  der  ihrigen.  Aber  alle  drei  sind  keine  Autoritäten 
auf  dem  Gebiete  der  Sprachen-Etymologie.  Aus  dem  Caraibischen 
stammt  das  Wort  sicherlich  nicht. 

Der  Ausdruck  „piperi"  stammt  nach  Lery  aus  der  Sprache  der 
Tupi;  auf  den  französischen  Antillen  hat  man  ihn  dann  auf  die  kleinen 
Fischer-Flösse  der  Caraiben  übertragen,  an  denen  er  hängen  geblieben 
ist.  Im  portugiesischen  Amerika  ist  „jangada"  die  geläufigste  Form 
für  ein  Floss,  daneben  auch  balsa ;  die  französischen  Kanadier  nennen 
es  ein  „cajot". 

Eine  Etymologie  dieser  Worte  zu  versuchen,  oder  bereits  auf- 
gestellte zu  untersuchen,  kann  nicht  Aufgabe  dieser  Arbeit  sein.  Ein 
solches  Unternehmen  erfordert  tiefe  und  weitumfassende  linguistische 
Kenntnisse  und  ist  um  so  schwieriger,  weil  im  Zeitalter  der  Ent- 
deckungen von  Anfang  an  Worte  aus  den  Sprachschätzen  des  neu- 
gefundenen Orients  nach  Amerika  hinübergebracht  wurden.  Findet 
man  doch  zuweilen  das  Wort  „catamaräo",  das  noch  heute  von  Ceylon 
bis  Formosa  gang  und  gäbe  ist,  in  alten  amerikanischen  Reisebeschrei- 
bungen. Diese  AVorte  des  Orients  sind  aber  wiederum  selbst  nicht 
einmal  rein,  denn  arabische  und  malayische  Spracheinflüsse  haben  sich 


—     17     — 

hier  gekreuzt.  Besonders  bei  Ausdrücken  der  Schiffer  spräche  liegt  stets 
ein  solcher  Verdacht  vor. 

Die  am  meisten  verbreitete  und  überall  verstandene  Bezeichnung 
für  ein  Floss  jeder  Art  war  über  ganz  Amerika  das  Wort  balsa 
(spr.  Walssa).  Die  Spanier  wendeten  es  nicht  nur  da  an,  wo  Flösse  bei 
den  Eingeborenen  vorhanden  waren,  sondern  auch  dort,  wo  sie  die 
Entdecker  bei  Flussübergängen  und  ähnlichen  Gelegenheiten  improvi- 
sierten, während  die  Indianer  solche  Fahrzeuge  gar  nicht  besassen. 
Von  den  verschiedenen  Flussnamen  mit  dieser  Zusammensetzung  ist 
der  Rio  de  las  Balsas  in  Mexico  am  bekanntesten;  auch  der  Ama- 
zonas hat  zeit-  und  streckenweise  diesen  Namen  geführt.  Das  Wort 
Balsa  soll  daher  auch  in  dieser  Abhandlung  die  Bezeichnung  für  das 
amerikanische  Floss  sein. 

Die  Balsas  Amerikas  waren  nach  Form,  Material  und  Herstellung 
sehr  verschieden  von  einander;  will  man  sie  einteilen,  so  ergeben  sich 
die  folgenden  Gruppen,  zwischen  denen  aber  nicht  immer  eine  reinliche 
Scheidung  besteht:  Binsen-Balsas,  Kalabassen-Balsas,  Tierhaut-Balsas, 
Balken-Balsas ,  Bambus-Balsas ,  und  schliesslich  eine  Gruppe,  deren 
einzelne  Unterarten  sich  teils  an  eine  oder  mehrere  der  vorgenannten 
anlehnen,  teils  nicht  wichtig  und  häufig  genug  sind,  um  eine  besondere 
Abteilung  zu  bilden;  sie  alle  zeigen  keine  charakteristische  Form, 
sondern  werden  für  den  augenblicklichen  Gebrauch  aus  dem  Material 
hergestellt,  das  gerade  zur  Hand  ist,  und  werden  daher  vielleicht 
Gelegenheits-Balsas  genannt  werden  können. 

Wohl  die  interessanteste  dieser  Gruppen  stellen  die  Binsen-Balsas 
dar,  die  über  Amerika  weit  verbreitet  waren  und  über  die  wir  ver- 
hältnismässig vorzügliche  Nachrichten  haben.  Hätte  Lafitau  sie  ge- 
kannt, so  hätte  er  sich  nicht  den  Kopf  darüber  zu  zerbrechen  brauchen, 
wie  wohl  in  aller  AVeit  die  ägyptischen  Papyrusboote  zu  erklären  seien; 
denn  ihnen  ähneln  diese  Balsas  in  ganz  auffälliger  Weise.  Das  Binsen- 
kästchen, in  welchem  Moses  von  der  ägyptischen  Königstocher  gefunden 
wurde,  besass  in  der  Neuen  Welt  sein  Gegenstück.  Die  Binsen- 
Balsas  Amerikas  sind  in  der  Hauptsache  in  drei  Punkten  alle  unterein- 
ander gleich:  zunächst  finden  sie  sich  nur  an  der  Westseite  des 
Kontinents,  zweitens  bestehen  sie  alle  aus  demselben  oder  sehr  ähn- 
lichem Material  und  drittens  sind  sie  alle  nach  demselben  oder  ganz 
ähnlichem  Prinzip  erbaut. 

Verfolgen  wir  ganz  allgemein  und  in  grossen  Zügen  ihr  Vor- 
kommen von  Norden  nach  Süden,  so  ergibt  sich  folgendes:  Während 

Studien  und  Forschungen  I.  2 


—     18     — 

sie  bei  den  Thompson-Indianern  in  Britisch-Columbia  und  bei  den 
Klamath  von  Oregon  und  Nord-California  zwar  vorhanden  waren, 
aber  nur  eine  untergeordnete  Rolle  spielten,  stellten  sie  in  grossen  Teilen 
des  heutigen  Staates  California  das  einzige  Fahrzeug  dar  und  waren 
selbst  dort  sporadisch  vorhanden,  wo  leistungsfähige  Boote  die  See 
befuhren ;  so  am  Santa  Barbara- Kanal.  In  weiten  Gebieten  des  Hinter- 
landes, besonders  am  Tulare-See  bei  den  Yokuts  und  am  Clear  Lake 
bei  den  Porno,  sowie  bei  Shoshone-Stämmen  im  westlichen  Nevada 
waren  sie  das  einzige  Gefährt.  Das  klassische  Land  der  Binsen-Balsa 
in  Nord-Amerika  ist  aber  die  Halbinsel  California  mit  näherer  Um- 
gebung. Hier  finden  wir  sie  zunächst  an  der  Aussenseite  bis  hinunter 
zur  Gegend  nördlich  der  Islas  de  los  Cedros;  die  Einwohner  dieser 
Inseln  befuhren  die  See  mit  dicken  Balken-Balsas.  Unmittelbar  süd- 
lich jedoch,  an  der  Punta  San  Eugenio,  beginnt  wieder  die  Zone  der 
Binsen-Balsa,  um  sich  etwa  bis  zur  Bahla  de  la  Magdalena  hinab  zu 
erstrecken.  Von  hier  nach  Süden,  um  Kap  San  Lucas  herum  und 
weiter  nach  Norden  bis  in  die  Gegend  von  Kap  Santa  Cruz  haben 
wir  ein  geschlossenes  Gebiet  der  Balken-Balsa.  Von  hier  aus  jedoch 
weiter  nach  Norden  bis  zur  Mündung  des  Rio  Colorado,  diesen  Fluss 
hinauf  im  Gebiet  der  Yumas  und  Mojaves,  dann  wieder  zurück  die 
ganze  Ostküste  des  Golfs  von  Californien,  die  Insel  Tiburön,  die 
Sonora-Küsten  und  südwärts  bis  nach  Sinaloa  hinein  haben  wir  ein 
riesiges  Verbreitungsgebiet  der  Binsen-Balsa.  In  Corazones,  Sinaloa, 
sah  Cabeza  de  Vaca  Balsas,  deren  Charakter  er  jedoch  nicht  näher 
angibt.  Man  kann  wohl  annehmen,  dass  es  kunstlose  Holzflösse  waren ; 
denn  wären  es  Binsen-Balsas  gewesen,  so  würde  er  solche  seltsamen 
Gefährte  wohl  näher  beschrieben  haben.  Diese  Auffassung  wird  durch 
die  Tatsache  gestützt,  dass  im  ganzen  mittleren  Mexico  zwar  Binsen- 
Balsas  vorhanden  waren,  aber  nur  ganz  sporadisch. 

In  Süd- Amerika  finden  wir  diese  Art  Fahrzeuge  zunächst  unmittel- 
bar unter  dem  Äquator  bei  den  Passaus,  einem  Fischervolke  so  wüst 
und  wild,  dass  sich  der  Inka  Huayna  Capac  geweigert  haben  soll,  es 
seinem  Reiche  anzugliedern.  An  den  Küsten  von  Peru  und  Chile 
waren  die  Binsen-Balsas  weitverbreitet,  ohne  dass  sich  aber  genau  sagen 
Hesse,  an  welchen  Stellen  sie  vorhanden  waren  und  wo  nicht.  Es 
wird  sich  dies  besonders  nach  dem  Vorhandensein  des  Baumaterials 
gerichtet  haben;  auch  hatte  man  an  vielen  Orten  verschiedene  Typen 
von  Balsas  nebeneinander.  Die  Gegenden  um  Trujillo  und  das  mittlere 
Chile  sind  besonders   bekannt   geworden  wegen   ihrer  zahlreichen  und 


—     19     — 

charakteristischen  Binsen-Balsas.  Auf  den  Binnengewässern,  besonders 
auf  den  Seen,  waren  fast  ausschliessHch  nur  sie  im  Gehrauch;  die 
Uros  des  Titicaca  lebten  auf  ihnen,  Pehuenchen  befuhren  mit  ihnen 
den  Nahuelhuapi,  und  Guarpes  die  Laguua  de  Guanacache  nördlich 
Mendoza. 

Am  weitesten  nach  Osten  vorgerückt  sind  die  Binsen-Balsas  der 
Guajibos  am  Rio  Meta,  in  der  Gegend  der  Casanare-Mündung.  Diese 
hingen  jedoch  mit  den  übrigen  offenbar  nicht  zusammen  und  scheinen  sich 
auch  durch  Material  und  Form  nicht  unwesentlich  von  ihnen  unter- 
schieden zu  haben. 

Das  Prinzip  der  Herstellung  dieser  Balsas  war,  wie  schon  erwähnt, 
im  allgemeinen  das  gleiche.  Das  Baumaterial,  Binsen,  Schilf,  Röhricht, 
in  California  in  der  Hauptsache  Tule,  in  Peru  Tötora  genaont,  wurde 
zu  langen  faschinen-  oder  walzenförmigen,  nach  den  Enden  aber  spindel- 
förmig in  dünne  Spitzen  auslaufenden  Körpern  zusammengebunden. 
In  der  Titicaca-Gegend  war  der  Verlauf  des  einen  Endes  der  Rolle 
nicht  gleich  dem  des  anderen,  sondern  das  für  den  Bug  der  Balsa 
bestimmte  lief  flacher  und  spitzer  zu,  das  hintere  Ende  war  stumpfer ; 
die  einzelnen  Rollen  hatten  hier  also  etwa  die  Form  gewisser  langer 
Zigarren.  Je  nach  der  geplanten  Grösse  des  Fahrzeugs  wurden  nun 
zwei,  drei  oder  mehr  von  diesen  Rollen  so  nebeneinander  gefügt,  dass 
sie  etwa  die  Gestalt  einer  Gondel  erhielten.  Die  kleinsten  dieser 
Balsas,  die  „caballitos"  in  Peru,  bestehen  aus  ein  bis  drei  Rollen,  die 
Fahrzeuge  der  Umwohner  des  Golfs  von  CaHfornia  haben  deren  drei, 
während  für  die  grossen  Totora-Balsas  des  Titicaca  eine  grössere  An- 
zahl verwendet  wird.  Waren  es  ihrer  drei,  dann  bildete  die  mittelste 
in  gewisser  Weise  den  Kiel,  während  die  beiden  anderen  halb  seit- 
wärts und  halb  darüber  so  darangebunden  wurden,  dass  sie  die  Planken 
darstellten.  Die  Spitzen  gingen  als  Bug  und  Heck  ziemlich  spitz  nach 
oben,  und  zwar  je  steiler,  je  mehr  sich  die  durch  Passagiere  oder 
Warenballen  in  der  Mitte  belastete  Balsa  in  das  Wasser  hineinsenkte. 
Auf  dem  Lande  sah  eine  solche  Balsa  aus  wie  eine  aufgehängte  Hänge- 
matte, auf  dem  Wasser  wird  sie  häufig  mit  einem  Schwan  verglichen. 
Sie  ähnelte  einem  Boot,  einer  Gondel,  und  keinesfalls  einem  Floss;  dieses 
Wort  würde   einen   ganz   falschen  Begriff  von   ihrer  Form   nahelegen. 

Im  einzelnen  waren  die  Formen  lokalen  Einflüssen  unterworfen: 
diese  hatten  ein  stumpfes  Heck,  anderen  war  auch  der  spitze  Bug 
gestutzt;  einige  glichen  vollkommen  einer  Gondel,  andere  zeigten  An- 
näherung an  Flossform.    Die  grossen  Titicaca-Balsas,  aus  vielen  Rollen 


—     20     — 

Tötora  aufgebaut,  waren  472  bis  6  m  lang  und  3  bis  37^  m  breit,  sie 
konnten  mehrere  Güter-Ballen  tragen  und  bildeten  die  Unterlage  der 
Schiffsbrücken.  Die  Seri-Balsas  zeigten  Längen  von  3  bis  9  m,  eine 
Breite  von  rund  1,2  m  und  eine  Tiefe  von  7^  ni.  Eine  solche  im 
National-Museum  zu  Washington  befindliche  Binsen-Balsa  wiegt  trocken 
113  kg,  nass  126  kg;  sie  trägt  eine  Besatzung  bis  zu  4  Personen  mit 
einem  Gesamtgewicht  von  272  kg.  Da  das  Fahrzeug  biegsam  ist  und 
im  Wasser  nachgibt,  so  ist,  wie  schon  angedeutet,  seine  Figur  je  nach 
der  Schwere  der  Last  verschieden.  Wegen  dieser  Nachgiebigkeit  sind 
sie  aber  ausserordentlich  seefähig.  Fast  ihr  einziger  Nachteil  in 
ihrer  Art  ist  das  Nasswerden  von  oben  und  bei  schwerer  Ladung 
auch  von  unten.  Die  kleinsten  Balsas  dieser  Art,  die  „caballitos"  der 
peruanischen  Küsten,  aus  einer  oder  gewöhnlich  2  Rollen  Tötora  be- 


Seri-Balsa:  nach  McGee. 


stehend  und  so  schmal,  dass  sie  der  sitzende  Schiffer  mit  den  Beinen 
zum  Rudern  umfassen  kann,  tragen  nur  1  bis  2  Personen,  jedoch 
können  die  grösseren  auch  unter  ihnen,  wenn  sie  aus  3  Rollen  Tötora 
bestehen  ,  2  bis  3  Ballen  Güter  tragen.  Eine  grössere  Anzahl  von 
Binsen-Balsas  zusammengekoppelt  wird  zum  Viehtransport  verw^endet. 
Fortbewegt  werden  sie  je  nach  ihrer  Gestalt  und  Grösse,  nach  Art 
und  Tiefe  der  Gewässer  und  nach  der  Schwere  der  Ladung,  mit  den 
Unterschenkeln  als  Ruderwerkzeuge,  durch  Doppel-Pagaje,  Pagaje  oder 
Staken;  sie  konnten  so  schnell  sein,  dass  „sie  zu  fliegen  schienen". 
Segeln  ist  bei  allen  Binsen-Balsas  so  gut  wie  ausgeschlossen,  obwohl 
d'Orbigny  Binsensegel  erwähnt.  Ihre  Entstehung  verdanken  sie  der 
Holzarmut  ihrer  Heimat;  Kino  und  Gilg  im  Seri- Lande  fanden  es 
unmöglich,  auch  nur  das  einfachste  Fahrzeug  zu  bauen,  um  nach  der 
Halbinsel  California  überzusetzen.  Aber  ihre  schon  genannten  guten 
Eigenschaften,  denen  noch  leichte  Herstellungsart  und  Billigkeit  beige- 


—     21     — 

fügt  werden  mögen,  haben  ihnen  auch  in  Gegenden  ein  Dasein  gewährleistet, 
wo  wohl  vorgeschrittene  Fahrzeuge  hätten  gebaut  werden  können.  Die 
Indianer  befuhren  mit  ihnen  furchtlos  die  See  und  gingen  sogar  hin 
und  wieder  über  den  Golf  von  California. 

Anschliessend  an  die  Zone  der  Binsen-Balsas  am  unteren  Colorado 
und  teilweise  mit  ihr  zusammenfallend  fand  sich  das  Gebiet  der 
Binsen-Körbe  bei  denYumas,  Pimas,  Cocomaricopas.  Die  grösseren  unter 
ihnen,  von  den  Spaniern  Coritas  genannt,  wurden  als  Fahrzeuge  benutzt, 
die  kleineren  als  eine  Art  Schwimmblase  unter  je  einem  Arm.  Teils 
waren  sie  wasserdicht  geflochten,  teils  mit  Lehm  oder  Pech  beschmiert 
und  glichen  so  vollständig  dem  kleinen  Binsenkörbchen,  in  welchem 
die  Tochter  Pharaos  den  kleinen  Moses  fand.  Weiter  im  Innern,  bei 
den  Mojaves,  Apaches,  Pai-Utes,  am  Tulare-See,  war  das  Charakte- 
ristische der  Formen  meistens  verwischt;  „rohe  Tröge"  werden  sie 
genannt  oder  als  Binsen-Balsas  beschrieben,  die  lediglich  ein  ungestaltetes 
Floss  erkennen  lassen. 

Zum  Übersetzen  über  Flüsse  wurden  vielfach  sowohl  im  Inkareich 
als  auch  in  den  Nahua-Gebieten  Kalabassen-Balsas  verwendet.  Durch 
ein  Netz  bei  den  Inkaperuanern,  durch  einen  Bambusrahmen  bei  den 
Nahuas  wurden  die  grossen  hohlen  Schalen  der  Früchte  des  Kalabassen- 
Baumes  in  der  Weise  dicht  zusammengefügt,  dass  sie  eine  Plattform 
von  1,25  bis  1,50  m  oder  auch  mehr  im  Quadrat  bildeten.  Hierauf  w^urde 
in  den  meisten  Fällen  eine  möglichst  wasserdichte  Schicht  von  Zweigen 
oder  Gräsern  gelegt.  Vorn  befand  sich  eine  Art  Zuggeschirr,  dessen 
Stirnband  ein  schwimmender  Indianer  vor  den  Kopf  nahm,  während 
andere  Schwimmer  das  Gefährt  von  hinten  schoben.  So  wurden 
'Passagiere  und  Gepäck  mehr  oder  weniger  trocken  selbst  über  schnell- 
fliessende  Wasserläufe  gebracht. 

Die  Tierhaut-Balsa  war  auf  langen  Strecken  der  Westküste  von 
Süd- Amerika  das  gebräuchlichste  Wasserfahrzeug,  in  der  Provinz  Are- 
quipa,  an  den  Atacama-Küsten,  in  den  Meeresstrichen  von  Concepciön, 
im  südlichen  Chile.  Ein  solches  Gefährt  besteht  aus  zwei  abgezogenen 
Seelöwenfellen,  die  wieder  zusammengenäht,  aufgeblasen  und  luftdicht 
verschlossen  werden.  Schwimmend  ist  jede  einzelne  Haut  einer  Gondel 
nicht  unähnlich.  Sie  werden  nun  unter  einem  sehr  spitzen  Winkel 
so  aneinander  gekoppelt,  dass  sie  am  Bug  erheblich  näher  zusammen 
sind  als  am  Heck.  Auf  ihnen  wird  mittelst  Stangen  und  Riemen  eine 
kleine  Plattform  hergestellt,  auf  welcher  der  Schiffer  Platz  nimmt,  um 
seine  Balsa  von  hier  aus  mit  einer  Doppel-Pagaje  fortzubringen.    Sie 


—     22     — 

tonnen  eine  Länge  von  2,75  m  erreichen  und  4  Personen  mit  Gepäck 
tragen.  Sie  wogen  ausgezeichnet  auf  dem  Meere  und  sind  sehr 
sicher.  Bei  günstigem  Winde  können  sie  sogar  ein  kleines  Segel  benutzen, 
sind  dagegen  bei  widrigen  Winden  wegen  ihrer  Leichtigkeit  schlecht  zu 
steuern.  Berührung  mit  Felsen  bringt  ihnen  Gefahr,  weil  diese  die 
Häute  sehr  schnell  durchscheuern.  An  jeder  Haut  befindet  sich  ein 
kleiner  verschlossener  Schlauch,  der  es  dem  Schiffer  ermöglicht,  Luft 
nachzublasen,  falls  sein  Gefährt  zu  undicht  werden  sollte. 

Wie  schon  erwähnt,  bildete  das  Südende  der  Halbinsel  California 
eine  kleine  Zone  von  Balken-Balsas,  im  Norden  an  beiden  Küsten  be- 
grenzt von  dem  Gebiet  der  Binsen- Balsas.  Die  obengenannte  Grenze 
war  nicht  ganz  scharf,  wie  dies  ja  selten  der  Fall  sein  wird;  in  Bahia 
de  la  Paz  kamen  die  beiden  Arten  der  Balsas  nebeneinander  vor. 

Diese  südlichen  Balken-Balsas  der  Halbinsel  California  waren  aus 
3,  5  oder  7  Balken  eines  leichten,  Corcho  genannten  Holzes  zusammen- 
gefügt. Am  Bug  bestand  Orgelpfeifen  -  Anordnung ,  der  mittelste 
Balken  war  der  längste;  das  Heck  war  glatt  abgeschnitten.  Nach 
der  von  Cortes  gegebenen  ältesten  Beschreibung  stand  der  mittelste 
Balken  jedoch  auch  nach  hinten  heraus.  Eine  Abbildung  bei  Shel- 
vocke  gibt  ihnen  eine  völlig  rechtwinklige  Form;  es  fragt  sich  aber^ 
ob  diese  Zeichnung,  wie  so  häufig  in  alten  Beisebeschreibungen,  nicht 
der  Phantasie  des  Künstlers  entsprungen  ist.  Diese  Balsas  konnten 
3  Mann  tragen  und  gingen  unverzagt  6  bis  8  km  ins  Meer  hinaus  zu 
den  ergiebigen  Fischereigründen. 

Die  nördliche  Balken-Balsa  der  Halbinsel  California,  die  sich 
auf  den  Archipel  der  Islas  de  los  Cedros  beschränkt  zu  haben  scheint, 
war  etwas  anders  konstruiert.  Zwei  dicke,  manchmal  zwei  Mann 
starke,  und  etwa  5  m  lange  Ceder-Balken  waren  dicht  nebeneinander 
gebunden  und  gaben  Platz  für  4  bis  7  Mann,  die  mit  ihnen  furchtlos 
das  Meer  befuhren.  Näheres  über  sie  wissen  wir  nicht,  aber  im 
Reisebericht  von  Francisco  de  Ulloa  werden  sie  ausnahmslos  „canoas" 
genannt,  und  Äusserungen  lassen  den  Schluss  zu,  dass  sie  sich  in  den 
Augen  der  Spanier  vorteilhaft  von  den  Binsen-Balsas  der  Umgegend 
unterschieden  haben. 

Über  die  Holz-Balsas,  welche  die  taraskischen  Fischer  auf  ihren 
Seen  in  Michuacän  hatten,  ist  nichts  Näheres  bekannt.  Die  Piperis 
der  Insel- Caraiben  glichen  denen  der  Tupi  von  Brasilien;  3  bis  6 
kurze  Balken  in  Orgelpfeifen- Anordnung  nebeneinander,  Länge  etwa 
1,65    m,    Breite    0,70    m;    sie   trugen    nur    einen   Fischer.     Wie    die 


—     23     — 

gegebenen  Zahlen  erkennen  lassen,  war  hier  nicht  an  einer  ungeraden 
Anordnung  festgehalten ;  die  Piperis  konnten  auch  aus  4  und  6  Balken 
bestehen.  Als  Material  verwendete  man  zu  ihnen  in  Brasilien  das 
leichte  Holz  des  Peyba.  Auch  die  grossen  Flösse  von  Brasilien,  die 
Jangadas,  waren  teils  aus  einer  geraden,  teils  aus  einer  ungeraden 
Zahl  von  „paos  de  jangada",  Jangada- Hölzern,  zusammengesetzt. 
Will  man  annehmen,  dass  die  heute  an  den  brasilianischen  Küsten 
üblichen  Fahrzeuge  unverändert  aus  der  Zeit  der  Ureinwohner  auf 
uns  gekommen  sind,  so  waren  diese  grossen  Flösse  im  allgemeinen 
vorn  und  achtern  rechtwinklig  glatt  abgeschnitten,  die  Jangadas  von 
Bahia  und  nördlich  bestanden  aus  einer  geraden  Anzahl  von  Balken, 
während  die  der  Provinz  Cearä  meistens  5  paos  de  jangada  besassen. 
Es  ist  immer  zu  berücksichtigen,  dass  die  heute  in  Brasilien  gebauten 
Jangadas  sehr  verfeinerte  Abbilder  der  rohen  Tupi-Fahrzeuge  dar- 
stellen. Die  Chibchas  der  Hochebene  von  Bogota  standen  der  Schiff- 
fahrt im  allgemeinen  fern ;  immerhin  aber  vermittelten  Boote  auf  dem 
Magdalena  einen  nicht  unbedeutenden  Warenverkehr  nach  den  Märkten 
der  Chibchas,  und  auf  ihren  Seen  verkehrten  Balken -Balsas.  Auf 
einer  solchen  fuhr  der  so  berühmt  gewordene  „Dorado"  in  die  Mitte 
des  heiligen  Sees^  um  dort  sein  kostbares  Opfer  darzubringen. 

Die  Küstengewässer  des  Inkareiches  und  z.  T.  auch  von  Chile 
wurden  in  erheblichem  Umfange  von  Balken-Balsas  befahren;  sie  waren 
die  seetüchtigsten  Fahrzeuge  der  alten  Peruaner,  gingen  unter  Segel 
und  machten  beträchtliche  Handelsreisen.  Aber  auch  im  Inneren 
verwandte  man  sie ;  einzelne  Inkas  Hessen  Baumaterial  in  das  Binnenland 
schaffen  und  bauten  sich  Lust-  oder  Prunk-Balsas  auf  den  Seen.  Als 
Tupac  Inka  Yupanqui  seinen  berühmten  Zug  gegen  die  Moxos  unter- 
nahm, Hess  er  eine  ganze  Flottille  erbauen  und  fuhr  mit  ihr  einen 
Nebenfluss  des  Madeira  hinunter  gegen  die  Chunchos  oder  Musos. 
Für  je  30  bis  50  Soldaten  war  eine  Balsa  vorgesehen,  auf  der  sich 
auch  eine  kleine  Proviant-Hütte  befand,  um  die  Vorräte  gegen  Nässe 
zu  schützen.  Die  grossen  Balsas  der  Küste,  von  denen  man  die  besten 
in  den  Gegenden  von  Payta,  Manta,  Gruayaquil  sah,  bestanden  aus 
einer  ungeraden  Zahl  von  Balken  des  leichten  „palo  de  balsa",  Balsa- 
Holz,  einer  Malwenart.  Fünf,  sieben,  neun,  elf  oder  noch  mehr  un- 
gleich lange  Hölzer  waren  am  Bug  in  Orgelpfeifen-Form  so  an- 
geordnet, dass  das  längste  sich  in  der  Mitte  befand;  das  Heck  war 
rechtwinklig  abgeschnitten.  Hierüber  war  eine  zweite  Holzlage  als 
Flur    gelegt,    an    dessen   Rande    sich    bei  Passagier-Balsas  wohl    ein 


—     24     — 

niedriger  Geländerumgang  befand.  Die  grössten  Fahrzeuge  dieser  Art 
konnten  50  Mann  und  drei  Pferde  fassen.  Die  Segel-Balsas  zur  Inka- 
zeit hatten  in  der  Mitte  zwei  Masten,  zwischen  denen  ein  viereckiges 
Baumwollensegel  ausgespannt  wurde.  Zum  Steuern  besassen  sie  eine 
rohe  Art  von  Ruder,  wahrscheinlich  in  der  Form  eines  Steuer-Remens. 
War  kein  Wind,  so  wurden  sie  durch  Pagajen  fortbewegt.  Diese 
Balsas  waren  sehr  seetüchtig  und  leistungsfähig  und  daher  bei  den 
Spaniern  sehr  beliebt.  Nur  hatten  sie  hin  und  wieder  das  Unan- 
genehme für  die  Conquistadoren,  dass  die  geknechteten  Indianer  die 
günstige  Gelegenheit  einer  gemeinsamen  Seefahrt  benutzten,  um  sich 
ihrer  Peiniger  zu  entledigen.  Sie  lösten  heimlich  die  Stricke,  welche 
die  einzelnen  Teile  des  Fahrzeugs  zusammenhielten,  und  brachten  sich 
als  vorzügliche  Schwimmer  auf  den  losen  Balken  der  plötzlich  aus- 
einander gebrochenen  Balsa  in  Sicherheit,  während  die  Spanier  er- 
tranken. Durch  ein  solches  Manöver  hatten  schon  in  früherer  Zeit 
einmal  die  Inselbewohner  von  Punä  den  Soldaten  des  Inka  ein  nasses 
Grab  bereitet.  Die  Inkaherrscher  besassen  eine  Balsa-Flotte  auf  dem 
Meere. 

Als  die  Inkas  die  Gebiete  von  Quito  ihrem  Beiche  einverleibt 
hatten,  lernten  sie  Bambusen- Arten  kennen,  deren  Röhren  das  heimische 
palo  de  balsa  an  Brauchbarkeit  für  den  Flossbau  noch  übertrafen. 
Denn  im  tropischen  Equador  und  im  Cauca-Tal  hatte  man  Bambus- 
Balsas.  Die  Inkaherrscher  Hessen  nun  Bambusröhren  nach  Süden 
schaffen  und  für  den  Balsa-Bau  auf  die  peruanischen  Wasserläufe 
verteilen.  Auch  in  Brasilien  gab  es  Bambus-Balsas  oder  wenigstens 
Flösse,  die  aus  bambusähnlichen  Rohrgräsern  hergestellt  waren. 

Diese  letzteren  gehören  vielleicht  schon  in  die  weitere  Gruppe  der 
Floss-Fahrzeuge ,  die  ich  unter  dem  Namen  Gelegenheits-Balsas  zu- 
sammengefasst  habe.  Hierin  befinden  sich  alle  die,  welche  aus  dem 
gerade  zur  Hand  liegenden  nutzbaren  Material  für  den  unmittelbaren 
Gebrauch,  vornehmlich  zum  Kreuzen  eines  undurchfurtbaren  Gewässers,  in 
kurzer  Zeit  zusammengefügt  wurden,  dann  aber  auch  solche,  die  zwar 
einen  mehr  dauerhaften  Charakter  zeigen,  sich  aber  wegen  nicht  aus- 
gesprochener Form  oder  wegen  mangelhafter  Beschreibung  in  keiner 
der  früheren  Klassen  gut  unterbringen  lassen.  Häufig  zeigen  sie  aber 
Anklänge  an  eine  von  diesen,  zuweilen  scheinen  sie  eine  Mischung 
von  mehreren  zu  sein.  Die  auf  dem  Isthmus  neben  den  Canoas  ge- 
bräuchlichen Balsas  aus  4  bis  6  Hölzern,  auf  denen  eine  zweite  quer- 
gelegte Lage  als  eine  Art  Flur  befestigt  wurde,  waren  im  allgemeinen 


—     25     — 

offenbar  von  regelmässiger  Form  und  könnten  vielleicht  mit  demselben 
Recht  zur  Klasse  der  Balken-Balsas  gerechnet  werden.  Die  rohen 
Flösse  aus  Weiden  und  Binsen  der  Schlangen-Indianer  und  die  ge- 
flochtenen Weiden-Balsas  auf  dem  Rio  Apurimac  in  Peru  erinnern  an  die 
Binsen-Balsas  und  -Körbe  am  unteren  Colorado,  während  Flösse  aus 
4  oder  5  Rohrstengel-  oder  Knüppelfaschinen  kunstlos  zusammen- 
gefügt an  das  Bauprinzip  der  vollendeten  Binsen-Balsas  erinnern.  Die 
eigentlichen  Gelegenheits-Balsas,  roh  aus  Baumstämmen,  Asten,  Treib- 
holz, Rohr,  Binsen  und  ähnlichem  zusammengebunden  und  -geflochten, 
finden  sich  über  ganz  Amerika,  von  den  Eskimos  im  Norden  bis  in 
das  südlichste  Chile.  Sie  waren  im  Westen  häufiger  als  im  Osten, 
aber  sie  fehlten  ebensowenig  in  den  Ländern  um  die  Hudsons-Bai,  wie 
in  den  Oststaaten  der  heutigen  Union  oder  im  Innern  Brasiliens. 
AVir  finden  sie  am  unteren  Mackenzie,  in  Alaska,  am  Thompson-Fluss 
in  Britisch -Columbia,  bei  den  Shahap  tischen  Stämmen  der  Felsen- 
gebirge und  bei  den  Comanchen  der  Plains.  In  Mexico  wurden  sie 
nicht  weniger  gebraucht  wie  in  Guayana  oder  im  Chaco.  Auf  den  Ober- 
läufen des  Beni  und  Mamore,  wie  mancher  anderer  Nebenflüsse  des  oberen 
Amazonas  und  Madeira  waren  sie  häufig  die  einzigen  Fahrzeuge  und 
hatten  Formen,  die  ihnen  den  Charakter  des  Gelegentlichen  und  Vorüber- 
gehenden nehmen  und  sie  der  Klasse  der  Balken-Balsas  einfügen. 

Der  Vollständigkeit  wegen  muss  noch  eine  letzte  Art  von  Balsas 
erwähnt  werden,  obwohl  sie  ganz  oder  wenigstens  zum  grössten  Teil 
eine  Erfindung  der  Jesuiten  ist:  die  Fahrzeuge  nämlich,  mit  welchen 
die  Väter  Jesu  die  Verbindung  nach  ihren  Missionen  am  Paraguay 
und  Orinoco  vermittelten.  Zwei  oder  drei  starke  Bäume,  teils  Voll- 
hölzer, teils  als  Einbäume  ausgehöhlt,  wurden  mit  je  einem  Schritt 
Zwischenraum  nebeneinander  befestigt  und  über  dem  Ganzen  eine 
Plattform  errichtet.  Auf  dieser  wurde  eine  kleine  Hütte  mit  Tür  und 
Fenstern,  Tisch,  Stühlen,  Betten  und  einem  Altar  für  die  reisenden 
Missionare  erbaut.  24  Guarani-Pagajer  und  ein  Steuermann  bildeten 
die  Besatzung  eines  Fahrzeugs,  welches  sie  so  geräuschlos  fortbewegen 
mussten,  dass  ihre  Passagiere  auch  nicht  im  geringsten  gestört  wurden. 
Da  die  Hütten  auch  einigermassen  gegen  Sonnenstrahlen  und  Moskitos 
schützten,  so  hatten  es  diese  Männer  wohl  angenehm  im  Vergleich  zu 
ihren  Ordensbrüdern  in  Kanada,  in  den  Maynas-Missionen  und  unter 
den  Omaguas.  P.  Betschon  erzählt,  dass  er  mit  einer  Flotte  von 
17  solcher  Priester-Balsas  mit  einer  Gesamtbesatzung  von  450  be- 
waffneten Guaranis  den  Paraguay  aufwärts  gefahren  sei. 


—     26     — 

Die  Balsas  sind  in  erster  Linie  das  Ergebnis  der  völligen  Baum- 
losigkeit  oder  Baumarmut  weiter  Strecken  Amerikas.  Die  reisenden 
Naturforscher  haben  uns  hierüber  oft  erzählt:  „triste,  affreux,  dune 
nudite  repoussante",  nennt  Lesson  die  Küsten  von  Callao  und  Payta; 
Poeppig  spricht  sich  ähnlich  aus.  Aber  wir  finden  Balsas  auch  in 
Gegenden,  wo  die  Bedingungen  für  den  Bootbau  günstig  sind,  wir  treffen 
sie  Seite  an  Seite  mit  den  verbesserten  Typen  der  Schiffbaukunst  an 
und  sehen  stellenweise ,  dass  sie  seit  der  Entdeckung  Amerikas  an 
Form  und  Verbreitung  gewonnen  haben.  Die  zahlreichen  Jangadas, 
die  noch  heute  die  Küsten  und  Ströme  Brasiliens  befahren,  stellen 
gegenüber  den  kleinen  rohen  Tupi-Piperis  einen  Fortschritt  dar,  und 
in  Peru,  Bolivia  und  Chile  hat  keine  der  verschiedenen  Balsa- Arten 
merklich  an  Bedeutung  verloren.  Es  kommt  dies  von  den  mancherlei 
guten  Eigenschaften  dieser  primitiven  Wasserfahrzeuge  her,  die  sie 
für  anspruchslose  und  abgehärtete  Schiffer  so  wertvoll  machen:  ihre 
Billigkeit,  Seetüchtigkeit,  Tragefähigkeit  und  Sicherheit  als  Segler. 
Besonders  für  die  Entwicklung  der  Segelschiffahrt  ist  die  Rolle  der 
Balsa  nicht  zu  unterschätzen.  Denn  was  sind  die  Auslegerboote  von 
Hinter -Indien  und  Polynesien  mehr  als  verbesserte  Balken-Balsas  ? 
Unter  diesem  Gesichtspunkt  sind  selbst  die  vorhin  erwähnten  Jesuiten- 
Balsas  auf  dem  Paraguay  als  eine  Art  Zwischen  -  Typus  zwischen 
Balken-Balsa  und  Ausleger-Boot  von  ethnologischem  Interesse. 

Das  Bull-Boot. 

In  der  Bison-Region  Nord-Amerikas  und  in  Süd-Amerika  dort, 
wo  das  eingeführte  europäische  Rind  zahlreich  war,  stellte  das  eigen- 
tümliche Rundboot  den  üblichen  Hilfs-Apparat  bei  Flussübergängen 
dar.  Bull-Boot  war  sein  Name  im  Norden,  Pelota  heisst  es  im 
lateinischen  Amerika.  Es  ist  ein  schönes  Beispiel  für  die  Tatsache, 
dass  gleiche  Natur-  und  Lebensbedingungen  gleiche  oder  ähnliche 
Sitten  hervorzubringen  geneigt  sind.  Das  Bull-Boot  Nord-Amerikas 
erhielt  in  Süd-Amerika  nach  Einführung  des  Rindes  sein  genaues 
Gegenstück  in  der  Pelota,  während  beide  schon  Tausende  von  Jahren 
vorher  ihren  Vorläufer  in  dem  Rundschiff  des  Zweistromlandes  Vorder- 
asiens gehabt  hatten. 

Die  Verbreitung  des  Bull -Boots  in  Nord -Amerika  deckte  sich 
ursprünglich  offenbar  mit  der  des  Bisons;  es  hat  aber  im  Osten,  wo 
besseres  Material  für  Wasserfahrzeuge  zur  Verfügung  stand,    niemals 


—     27     — 

auch  nur  annähernd  die  Wichtigkeit  besessen,  wie  auf  den  baumlosen 
Prärien  des  Westens.  Wir  wissen,  dass  die  Cherokees  sich  seiner  be- 
dienten, auch  wohl  für  kleinere  Lasten  Bärenfelle  anstatt  der  Bison- 
häute benutzen ;  wir  kennen  seinen  Gebrauch  bei  Stämmen  der  Salish- 
Familie,  bei  Assiniboins,  bei  Poncas  und  verwandten  Sioux-Yölkern 
am  unteren  Missouri  und  Platte  und  besitzen  die  besten  Beschrei- 
bungen von  den  Bull -Booten  der  Mandans  und  Minnitarees.  Sie 
waren  im  allgemeinen  alle  kreisrund  und  bestanden  aus  einer  Bison- 
haut, die  mit  den  Haaren  nach  innen  über  ein  Gestell  von  starken 
Weidenruten  gezogen  war.  Eine  Form  sah  aus,  wie  die  heute 
üblichen  zusammenlegbaren  Gummi-Badewannen,  wenn  man  sich  den 
Rand  etwa  um  die  Hälfte  erhöht  denkt;  eine  andere  glich  einem  auf- 
gespannten, auf  dem  Wasser  schwimmenden  Regenschirm  aus  der  Zeit 
der  Vorväter.  Sie  waren  so  leicht,  dass  sie  bequem  von  einem  Manne 
auf  der  Schulter  getragen  werden  konnten,  waren  aber  ihrerseits  fähig, 
erhebliche  Lasten  aufzunehmen.  Der  jüngere  Alexander  Henry  er- 
zählt, dass  ein  Mandan-Bull-Boot  drei  Personen  mit  Waren  im  Ge- 
wicht von  2  Zentnern  über  den  Missouri  trug  und  mit  Leichtigkeit 
noch  einen  weiteren  Zentner  hätte  leisten  können.  Die  Salish-Stämme 
benutzten  an  Stelle  von  Bisonfellen  ihre  ledernen  Zeltdecken,  die  über 
einen  schnell  hergestellten  Rahmen  von  Zweigen  gespannt  wurden. 

Fortbewegt  wurden  diese  Fahrzeuge  auf  verschiedene  Weise:  ein- 
mal durch  Schwimmer,  indem  ein  Mann  oder  Weib  vorne  zog,  andere 
von  hinten  schoben.  Einen  ähnlichen  Dienst  leisteten  die  Pferde, 
wobei  der  Schweif  des  Tieres  oder  die  Lanze  des  Reiters  als  Verbindungs- 
ghed  dienten.  Hatten  die  Insassen  ohne  Hilfe  von  aussen  ihr  Gefährt 
fortzubringen,  so  geschah  dies  entweder  durch  eine  breite  Pagaje,  mit 
welcher  ein  kniendes  Weib  sich  durch  Druck  nach  ihrem  Körper  zu 
im  Wasser  vorwärtszog  oder  -schaufelte,  oder  aber  ein  Mann  trieb  das 
Bull-Boot  mit  einer  1^2  m  langen  Pagaje  fort,  wobei  es  sich  bei 
jedem  Schlage  beinahe  einmal  um  seine  Achse  drehte.  Natürlich 
konnte  es  nicht  ausbleiben,  dass  sie  bei  dieser  Art  von  Schiffahrt 
ganz  erheblich  abgetrieben  wurden;  bei  dem  breiten  und  schnell- 
fliessenden  Missouri  machte  dies  500  bis  1500  m  aus,  je  nach  der 
Geschicklichkeit  des  Schiffers.  Unmittelbar  nach  dem  Gebrauch  musste 
das  Bull-Boot  zum  Trocknen  aus  dem  Wasser  genommen  werden,  da 
sonst  das  Leder  sehr  schnell  litt.  Halbblut -Indianer  und  weisse 
Trapper  benutzten  häufig  zwei  Felle  zum  Bootbau;  dann  erhielt  das 
Gestell   eine  ovale  Form.     Um  ihr  Gepäck  trocken  über  einen  Fluss 


28     — 

zu  schaffen,  legten  die  Krähen-Indianer  mehrere  Bison-Felle  überein- 
ander, rafften  den  Rand  mit  einem  Strick  zusammen,  etwa  so  wie 
man  es  mit  einem  Tabakbeutel  macht,  und  sicherten  nötigenfalls  die 
Stabilität  dieses  Gefährts  durch  Steinballast.  Auch  dreieckige  oder 
viereckige  Holzrahmen  mit  Büffelfell  bespannt  benutzten  sie  für  diesen 
Zweck. 

Die  Pelota  Süd-Amerikas  findet  sich  in  der  ganzen  Pampa- 
Gegend,  in  Uruguay,  Bio  Grande  do  Sul,  Matto  Grosso,  in  der  Moxos- 
Gegend  und  in  den  Llanos.  Der  Form  nach  ist  sie  rund,  viereckig 
oder  dreieckig,  je  nach  Anordnung  der  den  Band  stützenden  Beifen 
oder  Stäbe.  Ihre  Fortbewegung  erfolgte  anscheinend  fast  immer  von 
aussen  durch  Pferde  oder  schwimmende  Indianer,  wobei  der  Schweif  oder 
ein  mit  den  Zähnen  gefasster  Lasso  die  Verbindung  vermittelten.  Die 
Gaucho- Weib  er  von  Santiago  del  Estero  genossen  früher  eines  grossen 
Bufes  als  gewandte  Pelota-Schwimmerinnen. 

Boote. 

Ehe  an  die  Untersuchung  der  primitiven  amerikanischen  Boote 
herangegangen  wird,  müssen  noch  einige  Bemerkungen  sprachlicher 
Art  vorausgeschickt  werden,  denn  in  der  Nomenklatur  herrscht  eine 
sehr  grosse  Verwirrung.  Worte  wie  die  bekannten  Canoa,  Piragua, 
Corial,  Ubä,  oder  die  weniger  gebräuchlichen  Bacassas,  Culcha,  Acalli, 
Almadia,  Igära,  Igä  und  andere  werden  gewöhnlich  gleichgültig  und 
wahllos  oder  widersprechend  und  falsch  auf  ganz  verschiedene  Arten 
von  Wasserfahrzeugen  angewendet.  Die  Ausdrücke  mehr  lokaler  Art 
werden  an  ihrem  Platz  eine  kurze  Erwähnung  finden,  die  Worte 
allgemeinen  Wertes  jedoch  verlangen  eine  Umgrenzung,  bevor  in  die 
Sache  selbst  hineingegangen  wird.  Columbus  und  nach  ihm  zuerst 
Petrus  Martyr  wenden  das  Wort  „canöa"  gleichmässig  auf  die  aus- 
gehöhlten Baumboote  von  Caraiben  und  Aruaks  der  Grossen  Antillen 
an;  Columbus  vergleicht  wiederholt  die  „canoas"  der  Insel-Caraiben  mit 
„Fustas"  oder  „Fustas  pequenas",  also  mit  grossen,  langen  Booten, 
die  schon  einen  kleinen  Schiffstypus  darstellen.  Bafinesque  glaubt 
herausgefunden  zu  haben,  dass  das  Wort  „canöa"  sowohl  der 
Sprache  der  Caraiben  als  auch  der  Tainos  auf  Haiti  angehörte.  Es 
war  zweifellos  ein  originaler  Bestandteil  der  Caraiben-Sprache,  in 
deren  verschiedenen  Dialekten  es  sich  unter  den  Formen  canäoa, 
canaoua,    canagua    und    ähnlichen    findet.      Gehörte    es    auch    dem 


—     29     — 

Sprachschatz  der  Insel-Aruaks  an,  dann  war  es  sicherlich  den 
maritim  überlegenen  Caraiben  entlehnt  worden,  ähnlich  wie  sich 
ia  auch  bei  uns  in  der  Sprache  des  Seemanns  eine  grosse  Zahl  von 
Ausdrücken  aus  dem  Wortschatz  von  Völkern  befindet,  die  in  früheren 
Zeiten  eine  führende  Rolle  auf  dem  Meere  gespielt  haben  oder  dies 
noch  heute  tun.  In  keinem  Aruak-Wörterverzeichnis  ist  mir  ein  Wort 
aufgestossen ,  das  auch  nur  entfernt  dem  „canoa"  ähnelte.  In  der 
caraibischen  Weibersprache,  die  höchst  wahrscheinlich  einen  Aruak- 
Grrundstock  besass,  war  der  Ausdruck  für  Boot  „oucouni" ;  Rafinesque 
will  zwar  auch  hier  das  Wort  „canoa"  haben.  Dies  Caraiben- Wort 
„canoa"  verbreitete  sich  nun  durch  die  Conquistadoren  mit  erstaunlicher 
Schnelligkeit  über  ganz  Amerika,  wobei  die  Spanier  als  schlechte 
Ethnologen  den  Ausdruck  auf  jede  Art  von  Eingeborenen-Fahrzeugen 
anwendeten,  das  einem  Boot  ähnlich  sah,  unbekümmert,  ob  es  von 
Holz,  von  Rinde  oder  gar  von  Binsen  war.  Indianer  sprachen  den 
Eroberern  nach,  mit  dem  Erfolge,  dass  das  Wort  auch  in  den  Sprach- 
schatz von  Völkern  einrückte,  die  bisher  gar  keine  oder  eine  andere 
Bezeichnung  für  Boot  gehabt  hatten.  Bei  den  Quechua  z.  B.  und 
Capote  Utahs  heisst  Boot  „canoa" ;  selbst  bei  Feuerländern  hat  es 
sich  gefunden. 

Das  Wort  „piragua"  soll  nach  Rafinesque  aus  dem  Dialekt  der 
Aruaks  von  Puerto  Rico  stammen ;  dies  erscheint  aber  ausgeschlossen, 
weil  gerade  die  Bewohner  von  Puerto  Rico  im  Gegensatz  zu  ihren 
Stammesgenossen  von  Haiti,  Cuba  und  Jamaica  ausdrücklich  als  Leute 
bezeichnet  werden,  die  keinerlei  Seefahrzeuge  besassen.  Nach  Oviedo 
entstammt  das  Wort  Piragua  der  Sprache  der  Caraiben.  Es 
bezeichnete  nach  der  Auffassung  der  Spanier,  soweit  sie  überhaupt 
einen  Unterschied  machten,  den  höchsten  Typus  einer  Canoa;  Herrera 
und  Cobo  stellen  dies  ausdrücklich  fest. 

Die  beiden  Worte  canoa  —  franz.  canot,  engl,  canoe,  (spr.  känü), 
deutsch  (aus  dem  Engl,  übernommen)  kann,  —  und  piragua  —  franz. 
pirogue  od.  piraugue,  engl,  pirogue,  —  werden  nun  unterschiedslos 
und  verwirrend  auf  ganz  verschiedene  Arten  von  primitiven  Booten 
angewendet.  Die  französischen  Kanadier  nannten  im  allgemeinen  ein 
Rindenboot  canot  und  einen  Einbaum  pirogue,  die  Engländer  unter- 
schieden zuweilen  zwischen  dug-out  und  canoe,  und  die  deutschen 
Missionare  bezeichnen  einen  indianischen  Einbaum  mit  dem  Wort 
Weidling;  Labat  spricht  viel  von  einer  „bacassas",  die  Breton 
absolut     nicht    kennt;    ubä,    casca,    corial    und    acalli    werden    zur 


—     30     — 

Hilfe  herangeholt,  aber  dies  alles  dient  nur  dazu,  die  Verwirrung  zu 
vermehren. 

Im  folgenden  werden  nun  folgende  Benennungen  verwendet  werden : 
Canöa  für  jeden  einfachen  Einbaum.  Piragua  für  Canoas  mit  Planken- 
erhöhung, sei  es,  dass  diese  als  ein  „Bördli"  vollständig  um  das  Boot 
zur  Erhöhung  des  Freibords  herumgeht,  sei  es,  dass  sie  sich  nur  auf 
Bug  und  Heck  beschränkt.     Kanu  für  jedes  Rindenboot. 

Wenn  sie  nötigenfalls  einen  erläuternden  Zusatz  erhalten,  so 
lassen  sich  alle  primitiven  amerikanischen  Boote  durch  eines  dieser 
drei  Worte  klar  bezeichnen.  Einheimische  Namen  lokaler  Typen  finden 
innerhalb  der  drei  Gruppen  besondere  Erwähnung. 

Nur  ein  Fahrzeug  lässt  sich  nicht  unterbringen  und  muss  eine 
Klasse  für  sich  bilden:  die  südchilenische  Dalca.  Durch  ihr  Bau- 
material nähert  sie  sich  in  ihren  beiden  Unterarten  teils  dem  Kanu, 
teils  der  Canoa,  aber  in  ihrer  Bauart  steht  sie  in  Amerika  allein  da. 

Das  Kanu. 

Das  Rinden-Kanu  ist  über  ganz  Amerika  verbreitet,  vom  unteren 
Mackenzie  im  Norden  bis  zum  Kap  Hoorn  im  Süden,  und  von  den 
Kinai  und  Kutchin  im  Westen  Alaskas  bis  zu  den  Tupi  der  Küsten 
von  Pernambuco.  Es  gibt  weite,  nicht  klar  zu  umgrenzende  Strecken, 
von  denen  man  sagen  kann,  dass  nur  das  Kanu  in  ihnen  heimisch  war, 
und  wieder  andere  ebensolche  Gebiete,  wo  der  Einbaum  unumschränkt 
herrschte.  Aber  in  noch  anderen  Gegenden  kamen  beide  Formen 
nebeneinander  vor  und  stellenweise  gesellte  sich  als  dritte  im  Bunde 
die  Balsa  zu  ihnen.  Die  Thompson-Indianer  in  Britisch-Columbia 
besassen  sechs  Typen  von  Einbäumen,  ein  Kanu  und  zwei  Typen  von 
Balsas.  War  geeignete  Baumrinde  vorhanden,  hatte  man  es  mit  un- 
ruhigen Gewässern  zu  tun  und  Trageplätze  beim  Reisen  zu  überwinden, 
dann  baute  man  Kanus;  war  das  Wasser  tief  und  ohne  Stromhinder- 
nisse,  war  geeignetes  Bauholz  vorhanden,  dann  stellte  man  Canoas 
her.  Dasselbe  Volk  hatte  häufig  am  Unterlauf  eines  Flusses  Ein- 
bäume, auf  dem  Oberlauf  Rinden-Kanus  und  Balsas.  Die  geologische 
Formation  und  geographische  Verbreitung  der  Pflanzen  sind  es  in  der 
Hauptsache  gewesen,  die  durch  Stammesgebräuche  und  einen  massigen 
Handelsaustausch  hier  und  da  beeinflusst,  die  Verbreitung  der  ver- 
schiedenen Arten  von  Wasserfahrzeugen  über  Amerika  herbeigeführt 
haben.    Wollte  man  versuchen,  diese  Verteilung  in  eine  geographische 


—     31     — 

Karte  einzutragen,  so  müsste  man  schon  eine  solche  von  verhältnis- 
mässig geringer  Verjüngung  wählen  und  würde  dann  finden,  dass  das 
Ergebnis  äusserst  lückenhaft  ist.  Denn  Khma  und  Berge  verändern 
auf  kurzen  Entfernungen  jede  Fahrzeugsgrenze  und  die  für  manche 
Grebiete  wohl  möglichen  genauen  Eintragungen  über  die  ganze  Karte 
auszudehnen,  ist  ausgeschlossen,  da  das  Material  hierzu  fehlt.  Es  kommt 
hinzu,  dass  man  hier  und  dort  hat  feststellen  können,  wie  ein  Stamm 
von  einem  Boot-Tjpus  zum  anderen  übergegangen  ist;  teils  Wasser- 
stands-Veränderungen ,  teils  Handel  mit  Baumaterial,  teils  andere 
Gründe ,  die  nicht  einzusehen  sind,  haben  ihn  veranlasst,  seine  alther- 
gebrachten Bootsformen  aufzugeben  und  sich  anderen  zuzuwenden. 

Die  Algonquins  des  Nordens  hatten  nur  Birken- Kanus,  die  von 
New  England  Birken-Boote  und  Einbäume,  die  des  Südostens  und  des 
Südwestens  besassen  in  der  Hauptsache  nur  letztere.    Von  den  Völkern 


Birken-Kanu;  nach  Catlin. 

der  Huronen-  und  Irokesen-Familie  verwendeten  die  Huronen  Birken- 
Kanus  5  die  Irokesen  Ulmen-Kanus  und  daneben  Einbäume ;  die 
Cherokees  vornehmlich  nur  letztere.  Die  Sioux  des  Westens  verfertigten 
Bull-Boote,  die  der  oberen  Mississippi-Gegend  kleine  Birken-Kanus, 
während  die  Sioux  des  Ostens  und  des  unteren  Mississippi  in  Ein- 
bäumen das  Wasser  befuhren.  Die  Caraiben  der  Antillen  und  der 
Küsten  von  Guayana  machten  in  Canoas  und  Piraguas  die  Meere 
unsicher,  die  des  Inneren  verwendeten  hauptsächlich  Kanus.  Diese 
kurz  herausgerissenen  Stichproben  kann  man  in  ähnlicher  AVeise  auf 
alle  Völkerfamilien  Amerikas  ausdehnen,  um  fast  überall  ein  ähnliches 
Ergebnis  zu  erhalten.  Ein  ins  Gewicht  fallendes  Hindernis  für  die 
Verschiebung  von  Völker  stammen  ist  der  von  ihnen  besessene  Schiffs- 
typus nicht  gewesen;  in  anderer  Umgebung  haben  sie  andere  Formen 
entwickelt.  So  lange  als  möglich  gebrauchten  sie  das  von  ihren 
Vätern  übernommene  Gefährt;  ging  es  gar  nicht  mehr  oder  ging  es 
nur  schlecht,  dann  zwangen  ihnen  die  veränderten  Verhältnisse  im 
Laufe  einiger  Zeit  einen  anderen  Typus  auf. 


—     32     — 

Das  primitive  Wasser-Fahrzeug  Amerikas  ist  eine  Funktion  der 
Natur,  deren  Wert  nur  vorübergehend  oder  unbedeutend  durch 
traditionelle  oder  kommerzielle  Einflüsse  Verschiebungen  erfährt. 

In  Nord-Amerika  wurden  die  Kanus  aus  der  Rinde  von  Birken, 
Ulmen,  Hickory,  Pechtanne  (spruce)  und  Kiefer  (pine)  verfertigt.  Die 
Algonquins  des  heutigen  Kanada  mit  Labrador,  der  New  England- 
Staaten  und  unmittelbar  südlich  der  drei  oberen  grossen  Seen,  die 
Beothuks  auf  New  Foundland,  die  Sioux  der  oberen  Mississippi- 
Gegenden  und  die  Athapasken  der  weiten  Gebiete  der  Hudsons-Bai 
und  der  grossen  nordischen  Seen  gebrauchten  fast  ausschliesslich  Birken- 
Rinde.  Aber  schon  im  Norden  und  mehr  noch  im  Nordwesten  traten 
Pechtannen-  und  Kiefern-Rinde  in  grossem  Umfange  an  ihre  Stelle, 
um  unter  den  Kalispels,  Kutenais,  unter  allen  den  Stämmen,  die  unter 
dem  Namen  Carriers  zusammengefasst  worden  sind,  das  Feld  allein 
zu  behaupten.  Einbäume,  die  bei  den  Athapasken  fast  völlig  fehlen, 
treten  bei  den  zuletzt  genannten,  in  der  ganzen  Peace-River  und 
Fraser-Gegend  in  erheblicher  Menge  dazwischen,  um  am  Thompson- 
Fluss  und  Nachbarschaft  Kanus  und  Balsas  stark  zurückzudrängen. 
Am  ganzen  Lauf  des  Missouri  ist  keine  einzige  Birke  zu  finden;  erst 
an  einigen  Nebengewässern  seines  nördlichsten  Bogens  kommen  sie  wieder 
vor.  Da  andere  Bäume  keinen  Ersatz  stellen,  so  behelfen  sich  von  hier 
nach  Süden  zu  alle  Stämme  mit  Bull-Booten  und  Balsas.  Die  Sioux  des 
oberen  Mississippi  hatten  kleine  Birken-Kanus,  die  Foxes  besassen  sonder- 
barerweise bis  etwa  zum  Ende  des  17.  Jahrhunderts  überhaupt  keine 
Fahrzeuge,  während  die  Illinois,  Miamis  und  Verwandte  in  der  Haupt- 
sache wohl  Einbäume  verwendeten.  Das  ganze  Gebiet  der  heutigen 
Staaten  Illinois,  Indiana  und  Ohio  scheint  ein  Mischgebiet  gewesen 
zu  sein ,  denn  während  die  breiten  und  tiefen  Flüsse  und  die  Wälder 
voll  prächtigen  Bauholzes  zum  Gebrauch  der  Einbäume  einluden,  konnte 
man  doch  an  den  Trageplätzen  der  Wasserscheiden  die  leichten  Kanus 
nicht  entbehren.  Da  das  Land  südlich  von  Erie  und  Ontario  keine 
Birken  besitzt,  so  sahen  sich  die  Irokesen  für  ihren  Kanubau  auf  die  Rinde 
der  roten  Ulme  und  des  Bitternuss-Hickory  angewiesen.  Dazwischen 
besassen  sie  auch  Einbäume,  besonders  auf  dem  Mohawk  und  Hudson. 
New  England  war  ein  Mischgebiet  von  Kanu  und  Einbaum,  aber  am 
Kap  Ann  liess  sich,  wenigstens  zu  Champlain's  Zeit,  eine  gewisse 
Grenze  feststellen :  nördlich  von  diesem  Punkte  herrschte  das  Kanu  vor, 
südlich  der  Einbaum.  Weiter  nach  Süden  wurde  das  Rindenboot 
immer  seltener,  um  schon  am  unteren  Hudson  fast  ganz  zu  verschwinden. 


—     33     — 

Den  ganzen  Südosten  der  Union  beherrschte  der  Einbaum,    aber  das 
Kanu   fehlte  stellenweise  ebensowenig  wie  die  Balsa. 

Über  die  Herstellung  der  Kanus  haben  wir  viele  ausgezeichnete 
Beschreibungen;  am  besten  unterrichten  Kohl  und  Hoffman  über  das 
Birken-Kanu,  Kalm  über  das  Ulmen-Kanu.  Die  Herstellung  war  häufig 
allein  Sache  der  Männer,  zuweilen  wurde  sie  aber  auch  den  Weibern  zu 
ihren  übrigen  Geschäften  aufgebürdet,  während  wohl  in  den  meisten  Fällen 
das  Fahrzeug  der  gemeinsamen  Tätigkeit  von  Mann  und  Weib  ent- 
sprang. Bei  einem  planmässigen  Kanubau  war  die  Arbeitsteilung  in 
der  Eegel  so,  dass  der  Mann  im  Frühjahr  die  Einde,  sowie  das  Holz 
der  weissen  Ceder  für  die  Spanten  und  Längsspanten  besorgte  und. 
zuschnitt.  Er  errichtete  eine  Art  von  Helling  und  setzte  das  Boots- 
gerippe zusammen ,  während  das  Weib  inzwischen  die  Rindentafeln 
mit  gesplissten  Wurzeln  der  Weisstanne  zusammennähte.     Die   fertige 


Ulraen-Kauu  der  Irokesen;  nach  Morgan. 

Kanuhaut  wurde  dann  in  gemeinsamer  Arbeit  um  das  Gerippe  gelegt 
und  befestigt.  Dick  aufgetragenes  Kiefernharz  spielte  eine  grosse 
Rolle  sowohl  beim  Bau  als  auch  bei  den  Reparaturen ,  zu  denen  die 
Beschädigungen  der  talerdicken  Wände  der  Kanus  nur  zu  häufig 
Veranlassung  geben.  Bei  den  Ulmen-Kanus  waren  die  Innhölzer  von 
Hickory-  oder  Eschen-Holz;  bei  beiden  Arten  wurde  die  Innenfläche 
der  Rinde  zur  Aussenseite  der  Kanuhaut  gemacht.  Der  Kanubau  ist 
schwierig  und  verlangt  viel  Übung,  aber  im  Notfalle  konnte  jedes 
erwachsene  Mitglied  einer  Indianerfamilie  sich  ein  Fahrzeug  bauen. 
Kohl  hat  bedauert,  dass  die  ältesten  Berichterstatter  in  ihren 
Beschreibungen  nicht  so  genau  sind ,  dass  man  erkennen  könnte ,  in 
wie  weit  sich  die  mit  den  rohen  primitiven  Werkzeugen  hergestellten 
Boote  von  denen  unterscheiden,  die  später  mit  europäischem  Hand- 
werkszeug verfertigt  worden  sind.  Ich  glaube,  sie  unterschieden  sich 
gar  nicht  voneinander;  denn  einmal  sind  die  Lobeserhebungen  der 
ältesten  Reisenden  genau  so  enthusiastisch  über  die  wundervoll  zierlich 

Studien  und  Forschungen  I.  3 


—     34     — 

und  sauber  gemachten  Boote  als  die  späterer  Zeiten,  und  dann  lehrt 
uns  die  Völkerkunde  mannigfach,  dass  Naturvölker  mit  ihren  primitiven 
Werkzeugen  Dinge  in  einer  Vollendung  herzustellen  vermögen,  die 
man  bei  uns  von  einem  gelernten  Arbeiter  mit  seinem  vollkommenen 
Material  nicht  ohne  weiteres  verlangen  kann.  Nie  fehlende  Zeit  und 
G-eduld  verbunden  mit  andauernder  Übung  und  den  Erfahrungen  von 
Generationen  ersetzen  dem  Sohne  der  Wildnis  in  erheblichem  Masse 
unsere  verbesserten  Instrumente. 

Obwohl  das  Kanu  auf  den  ersten  Blick  symmetrisch  gebaut  erscheint, 
und  von  den  ältesten  Beobachtern  ausdrücklich  berichtet  wird,  dass 
dies  auch  der  Fall  sei,  so  sind  doch  für  den  Indianer  Bug  und 
Heck  vorhanden.  Schon  Kohl  hat  dies  bemerkt.  In  der  Tat  ist  bei 
den  Algonquins  des  Nordens  und  Ostens  die  grössere  Breite  vorn  am 
Bug,  wodurch    das  Kanu    eine    entfernt    fischförmige   Gestalt    erhält. 


Kutchin-Kanu ;  ncah  Jones. 

Man  hält  diese  Bauart  für  besonders  geeignet,  um  Schnelligkeit  und 
leichte  Beweglichkeit  zu  erzielen.  Umgekehrt  ist  bei  den  nördlichen 
Athapasken  das  Heck  erheblich  breiter  als  der  Bug.  Denn  hier  wird 
gewöhnlich  das  Gepäck  verstaut  und  ist  im  Notfalle  auch  noch  Platz 
für  eine  zweite  Person.  Der  spitze  Bug  dieser  kleinen  Fahrzeuge  ist 
dagegen  ganz  mit  Rinde  zugedeckt,  so  dass  sich  diese  Kanus  der 
Form  der  benachbarten  Eskimo-Kajaks  nähern.  Die  Boote  der 
Kutenais,  Kalispeis  und  ihrer  Nachbarschaft  waren  am  Boden  erheblich 
länger  als  oben ;  Bug  und  Heck  liefen  in  eine  scharfe  Spitze  aus,  etwa 
in  der  Form  der  alten  Monitors  oder  in  der  Art  des  Bugs  unserer 
kleinen  Kreuzer.  Die  Kanus  der  Kutchin  mit  ihren  steilen  Wänden 
und  flachem  Boden  erinnern  stark  an  die  Fahrzeuge  der  Tschuktschen. 
Im  Vergleich  zu  den  eleganten  Birken-Kanus  sahen  die  Ulmen-  und 
Hickory-Boote  der  Irokesen  unschön  und  plump  aus;  ihr  Anblick 
„beleidigte  das  Auge".  Schwerfälliger  und  nicht  so  manövrierfähig 
als  die  flinken  Birken-Boote^  waren  sie  besonders  dafür  verantwortlich, 


—  So- 
dass die  Irokesen  in  Seegefechten  gegen  die  Algonquins  fast  immer 
den  kürzeren  zogen.  Innerhalb  dieser  hervorgehobenen  Gruppen  waren 
die  Unterschiede  in  den  Formen  gross;  so  waren  die  Kanus  der 
i^benakis  durchweg  flach  und  niedrig,  weil  auf  ihren  schmalen  und 
reissenden  Flüssen  überhängende  Bäume  und  Aste  einen  erhöhten 
Bug  nicht  geduldet  hätten.  Hingegen  besassen  die  Boote  der  Algon- 
quins der  grossen  Seen,  besonders  die  der  Ottawas  und  Chippeways, 
«inen  hohen  geschwungenen  Bug  und  ein  ebensolches  Heck,  um  in  den 
Wogen  der  grossen  Süsswasser-Seen  bestehen  zu  können.  Innerhalb 
eines  Stammes  hatte  man  wieder  verschiedene  Formen  je  nach  dem 
Zweck,  welchem  die  Boote  dienten,  und  das  Kanu  eines  jeden  einzelnen 
Mannes  war  ein  wenig  verschieden  von  denen  aller  anderen.  Wie 
Bogen  und  Pfeile  des  Indianers,  so  hatte  auch  sein  Kanu  etwas 
Persönliches,  Individuelles,  an  sich. 

Die  Grössenverhältnisse  sind  ausserordentlich  verschieden.  Im 
Norden  und  Nordwesten  waren  die  Boote  nur  klein:  372 — 4  m,  und 
272 — 4^/4  m  werden  als  Längenzahlen  angegeben.  Mehr  als  zwei  Personen 
konnten  sie  im  allgemeinen  nicht  tragen,  wurden  aber  ihrerseits  mit 
Leichtigkeit  von  einem  Manne  über  die  Trageplätze  geschafft.  Auch 
die  Kanus  der  Mississippi-Sioux  hatten  nur  geringe  Abmessungen: 
eine  Flottille  von  140  Fahrzeugen,  die  Hennepin  sah,  trug  nur 
250  Krieger.  Aber  für  die  Zwecke  dieser  Stämme  waren  sie  leistungs- 
fähig genug;  nach  einer  erfolgreichen  grossen  Jagd  war  das  ganze 
Geschwader  mit  Bisonfleisch  beladen.  Oft  haben  Beobachter  in 
launigen  Worten  ihrem  Erstaunen  Ausdruck  gegeben,  was  in  einem 
Kanu  von  3  bis  4  m  Länge  alles  darinsteckte  und  was  beim  Landen 
alles  herauskam:  eine  ganze  Familie  mit  Hunden  und  Bagage,  mit 
Proviant  und  Handelswaren.  Ganz  andere  Zahlen  finden  wir  bei  den 
Algonquins  des  St,  Lawrence-Beckens  und  bei  den  Irokesen.  Ein 
Ulmen-Kanu  der  letzteren  war  durchschnittlich  3  bis  4  m  lang  mit 
Baum  für  3  bis  9  Personen.  Aber  schon  Champlain  bemerkt,  dass 
die  Kriegs-Kanus  der  Irokesen  mit  10,  15  oder  18  Mann  besetzt 
waren,  während  wir  aus  späterer  Zeit  solche  von  12  m  Länge  mit 
30  Mann  Besatzung  kennen.  An  Handelswaren  konnten  sie  etwa 
1200  Pfund  Felle  und  bis  zu  200  Scheffel  Getreide  aufnehmen.  Bei 
Einnahme  einer  Stürzladung,  z.  B.  von  wildem  Reis,  bei  Algonquins 
und  Sioux,  musste  übrigens  mit  der  allergrössten  Vorsicht  verfahren 
werden,  da  bei  der  geringsten  Gewichtsverschiebung  nach  einer  Seite 
das  Kanu  nicht  etwa  bloss  überhellte,  sondern  gleich  umschlug. 

3* 


—     36     — 

Für  die  Algonquins  finden  sich  ganz  ähnliche  Längenzahlen,  aber 
ihre  Boote  waren  gewöhnlich  ein  wenig  breiter  und  daher  leistungs- 
fähiger für  den  Warentransport :  15 — 1600  Pfund  und  3  Zentner  sind 
gewöhnliche  Ladungen.  Der  besonders  bei  spanischen  Chronisten 
äusserst  beliebte  und  anschauliche  Vergleich,  dass  die  Boote  gerade 
breit  genug  seien,  um  eine  „pipa"  zu  tragen,  also  ein  Fass  mit  400  Liter 
Wein,  findet  sich  auch  bei  Champlain  und  Sagard.  Die  kleineren 
Boote  hatten  gewöhnlich  3  bis  4  Mann ,  die  Handels-Kanus  8  bis 
10  Mann  Besatzung*  14  bis  15,  18  bis  24  Personen  sind  mehrfach  ge- 
machte Angaben.  Die  Schnelligkeit  des  Aufbruchs  und  die  Yerstauung 
eines  ganzen  In  dianer  dorfs  in  200  Kanus  hat  Champlain's  ganz  besonderes 
Interesse  erregt. 

Die  Fortbewegung  erfolgte  durch  Pagajen,  gegen  starke  Strömung 
unter  Beihilfe  von  Staken,   bei   günstigem  Winde   durch   kleine  Segel 


Birken-Kanu  (Hudsons-Bai-Länder);  nach  Turner. 


in  Form  von  ausgespannten  Decken,  Fellen  oder  gar  eines  aufgesteckten 
Busches  unterstützt.  Reiste  eine  Familie  für  sich,  so  führte  das  Weib 
gewöhnlich  die  Steuer-Pagaje.  In  ruhigem  Wasser  wurde  sitzend 
pagajet,  in  Stromschnellen  kniend,  gegen  starke  Strömung  stehend. 
Die  den  Eskimo  angrenzenden  Athapasken  benutzten  zuweilen  eine 
Doppel-Pagaje. 

Fahrzeuge  dieser  Art  hingen  natürlich  in  ihrer  Schnelligkeit  und 
ihren  Tagesleistungen  in  hohem  Grade  von  Wind  und  Wetter  ab.  Unter 
gewöhnlichen  Verhältnissen,  bei  ruhigem  Wind  und  Wasser,  legten 
sie  am  Tage  rund  60  km  zurück,  eine  Entfernung,  die  sich  bei 
günstigem  Winde,  scharfer  aber  gleichmässiger  Strömung,  Fehlen  von 
Trageplätzen,  auf  80  km  mit  Leichtigkeit  erweiterte  und  die  in  besonderen 
Fällen  Zahlen  von  110,  ja  130  km  erreicht  haben  soll.  Ganz  anders 
wurde  das  Bild  bei  Fahrt  gegen  Strömung  und  Wind;  oft  konnten 
die  Kanus  nur  vermittelst  Staken  mühsam  vorwärts  gebracht  werden, 
und  hier  und  da  erzwangen  Wind  und  Wasser  einen  zeitweisen  Halt. 


—     37     — 

Auch  auf  das  Meer  gingen  die  Indianer  mit  ihnen  hinaus;  die 
Abenakis  machten  Reisen  bis  zu  40  Seemeilen,  verloren  zwar  nie  die 
Küste  aus  den  Augen,  durchfuhren  aber  furchtlos  weite  Buchten  von 
einem  Kap  zum  anderen  oder  von  Insel  zu  Insel.  „Sie  halten  eine 
unglaublich  hohe  See  aus,"  sagt  Josselyn,  „und  schwimmen  auf  den 
Wogen  wie  ein  Stück  Kork" ;  sicheres  Auge ,  gestählte  Nerven  und 
Übung  von  Kindheit  an  befähigten  den  Mann  mit  der  Steuer-Pagaje 
sein  Schifflein  durch  alle  Gefahren  hindurchzubringen.  Grlückte  es 
aber  nicht,  dann  brachte  ihnen  meist  ihre  Schwimmfähigkeit  Rettung : 
„Fürchte  nichts" ,  sagten  sie  oft  bei  gefährlichen  Fahrten  zu  Roger 
Williams,  wenn  der  Gottesmann  angesichts  der  tosenden  See  zu  zagen 
begann,   „wenn  wir  kentern,  bringen  wir  dich  sicher  ans  Land!" 

Bei  Benutzung  der  Kanus  war  die  grösste  Vorsicht  erforderlich; 
ein  ungeschickter  Tritt  verursachte  Riss  oder  Loch  in  den  dünnen 
Wänden,  eine  falsche  Bewegung  Hess  es  umschlagen.  Das  Reisen  in 
ihnen  war  daher  höchst  unbequem,  wie  die  Missionare  uns  so  oft 
erzählt  haben.  Aber  der  Indianer  fühlte  dies  nicht  oder  vergass  es 
über  den  vielen  Vorteilen  seines  Schiffleins :  es  war  sein  Brotverdiener 
bei  Jagd  und  Fischfang,  sein  „Schuh"  auf  der  Reise,  sein  Schutzdach 
gegen  Wind  und  Regen  im  Nachtquartier,  sein  Schild  beim  Erstürmen 
von  Palisaden,  der  Stolz  des  Siegers  bei  der  Regatta.  Ein  Birken- 
Kanu  hielt  sechs  Jahre  aus,  ein  Ulmen-Kanu  nur  einen  Sommer. 

In  den  Anfängen  der  europäischen  Kolonien  wurde  alle  Schiffahrt 
lediglich  durch  Indianer  besorgt ;  die  Kolonisten  kamen  mit  ihren  euro- 
päischen Booten  in  jenen  Wildnissen  mit  ihren  Stromschnellen  und  Trage- 
plätzen nicht  durch,  und  jahrelang  hat  es  gedauert,  ehe  sie  es  lernten,  sich 
das  Birken-Kanu  in  grösserem  Umfange  nutzbar  zu  machen,  das  einzige 
brauchbare  Fahrzeug  in  diesen  Ländern.  Die  es  nicht  lernten,  hatten 
nicht  selten  den  grössten  Nachteil  davon,  mochten  sie  nun  Kolonisten 
sein  oder  Soldaten.  Für  den  Verkehr  im  Norden  wurden  die  Birken- 
Kanus  von  der  allergrössten  Bedeutung;  die  Händler,  namentlich  die 
„Voyageurs"  der  Pelz-Kompagnien ,  übernahmen  sie  von  den  Indianern, 
weil  sie  nichts  Besseres  an  ihre  Stelle  zu  setzen  wussten.  Die  gross- 
artige Entwicklung  und  ungemein  mannigfache  Verflechtung  der  Fluss- 
systeme und  Seenverbindungen  Kanadas,  die  viele  hundert  Meilen  weit 
in  Wald,  Prärie  und  Barren-Grounds  hineinführen,  wurden  erst  durch 
das  Rindenboot  nutzbar.     Das  Kanu  hat  Kanada  erschlossen. 

Ein  ganz  einzigartiges  Birken -Kanu  verfertigten  die  Beothuks 
auf  New  Foundland,    die  sich  ja   auch   sonst   als    ein   alleinstehender 


38 


Völkerrest  darstellen.  Ihre  4  bis  6  m  langen  und  in  der  Mitte  1,20  bis 
1,30  m  breiten  Kanus  besassen  keinen  Boden,  sondern  zwei  grosse 
Rindenstücke  von  der  Form  einer  durch  Längshalbierung  gewonnenen 
.Ellipsenhälfte,  wurden  mit  ihren  runden  Rändern  über  einen  gleich- 
geformten Stab,  eine  Art  von  Binnenkiel,  so  zusammengenäht,  dass 
die  beiden  Teile  flach  übereinander  lagen.  Der  offengebliebene  obere 
Rand  wurde  dann  durch  zwei  kleinere  Kreissegmente  so  ausgeschnitten, 
dass   in    der   Mitte    eine    Spitze    stehen    blieb.     Zwischen    die   beiden 


4,27  m 


Beothuk-Kanus ;  nach  Lloyd. 


gegenüberstehenden  Spitzen  wurde  ein  Stab  als  Querversteifung  eingefügt, 
der  sowohl  die  beiden  Bootsränder  auseinander  hielt,  als  auch  ver- 
hinderte, dass  sie  sich  zu  weit  öffneten.  Je  eine  ähnliche,  kleinere 
Querversteifung  befand  sich  in  der  Nähe  von  Bug  und  Heck.  Um  dem 
Ganzen  Festigkeit  und  Halt  zu  geben,  wurden  innen  dünne  Spanten 
und  Längsspanten  in  ähnlicher  Weise  angebracht  wie  bei  den  übrigen 
Kanus.  Es  ist  klar,  dass  dieses  Gestell  aufs  AVasser  gebracht,  nicht 
mit  dem  Kiel  nach  unten  schwimmt,  sondern  sich  flach  auf  die  Seite 
legt.  Es  erhielt  daher  den  nötigen  Steinballast;  hierüber  wurde  Moo& 
und  Laub  gelegt,   und   auf  dieser  Schicht  knieten  die  Pagajer.     Man 


—     39     — 

hat  gesagt,  dass  die  Streben  abnehmbar  gewesen  seien,  und  dass  das 
Umnähen  der  Rinde  um  den  Binnenkiel  mit  Hilfe  von  Leder  scharnier- 
artig ausgeführt  war,  so  dass  man  das  Kanu  zum  Transport  einfach 
zusammenklappen  konnte.  Lloyd  hat  dies  wohl  mit  Recht  bezweifelt. 
Da  die  Fahrzeuge  aber  wie  alle  Kanus  nach  dem  Gebrauch  zur 
Schonung  aus  dem  Wasser  genommen  werden  mussten,  und  sie  sich 
ihres  grösseren  Tiefgangs  wegen  bei  flachem  Strande  dem  Lande  ver- 
hältnismässig fernhalten  mussten,  so  war  oft  an  ßug  und  Heck  je  eine 
wagerechte  Stange  befestigt,  die  der  Träger  zum  Transport  auf  eine 
Schulter  nahm.  Eine  ebensolche  Vorrichtung  findet  sich  auch  bei 
Einbäumen  am  Hudson.  Es  ist  klar,  dass  diese  Fahrzeuge  mit  ihrem 
verhältnismässig  tief  unter  dem  Wasserspiegel  liegenden  Steinballast 
bedeutend  zuverlässigere  Segler  waren  als  die  leichten  und  flachen 
Kanus  der  übrigen  Indianer.  Vielleicht  verdanken  sie  darum  auch 
dem  Streben,  dies  Ziel  zu  erreichen,  ihre  sonderbare,  einzigartige  Form. 
Denn  die  Beothuks,  gewöhnlich  4  bis  8  Köpfe  Besatzung,  darunter 
immer  ein  Weib,  gingen  in  ihnen  unverzagt  aufs  Meer  hinaus,  30  See- 
meilen weit  bis  zur  Insel  Funks,  auf  der  Suche  nach  dem  grossen  Alk 
und  nach  Vogeleiern.  Es  erscheint  somit  nicht  unwahrscheinlich,  dass 
die  Beothuks  zu  segeln  verstanden,  bevor  sich  Cabot  ihren  Küsten 
nahte;  ein  Zeugnis  hierüber  liegt  aber  nicht  vor. 

In  Mittel-  und  Süd- Amerika  war  es  genau  wie  im  Norden:  die 
geographischen  Verhältnisse  diktierten  in  der  Hauptsache  die  Art  des 
Schiffes.  Während  auf  dem  Isthmus  Kanus  nur  selten  gewesen  zu 
sein  scheinen,  spielten  sie  im  Inneren  Guayanas  eine  wichtige  Rolle; 
Accawais,  Arecunas,  Macusis,  Waicas,  Aruaks  und  Warraus  hatten 
überall  da,  wo  flache,  reissende  Gewässer  und  Stromhindernisse  waren, 
Rinden-Boote.  Das  berüchtigte  Räubervolk  der  Crichanas  an  den 
Oberläufen  von  Paragua,  Merevari,  Orinoco  und  Ocamo  machte  in 
Kanu-Flottillen  seine  Streifzüge.  Gewöhnlich  wurden  diese  Fahrzeuge 
aus  einem  einzigen  Stück  der  Hymenaea  courbaril  oder  Copaifera 
pubiflora  hergestellt.  Die  natürliche  Rundung  der  Rinde  wurde  sorg- 
sam bewahrt;  im  Gegensatz  zu  dem  Verfahren  der  Indianer  Nord- 
Amerikas  blieb  also  die  Aussenseite  der  Rinde  auch  die  Aussenseite 
des  Kanus.  Durch  Ausschneiden  von  sektorenförmigen  Stücken  vorn 
und  hinten  und  durch  Hochbiegen  und  Zusammennähen  des  gebliebenen 
Holzes  wurden  Bug  und  Heck  dieser  kunstlosen  Gefährte  gewonnen. 
Zuweilen  wurde  eine  Art  von  Dollbord-Leiste  als  Stütze  des  oberen 
Bootrandes    zugefügt,    während    Borkenstücke,    als    eine    Art    Flach 


40 


auf  den  Boden  des  Fahrzeugs  gelegt,  Schiffer  und  Grepäck  gegen 
das  Sodwasser  schützten.  Von  den  mannigfaltigen  Namen,  unter  denen 
das  Kanu  in  Brasilien  weit  verbreitet  war  und  noch  ist,  dürfte  Ubä 
der  bekannteste  geworden  sein.  Gronsalves  da  Ponseca,  Richard  Spruce 
und  von  den  Steinen  bezeichnen  unter  Ubä  ganz  ausdrücklich  einen 
Einbaum,  eine  Canoa ,  während  Yarnhagen,  Eduardo  de  Faria  und 
Burton  mit  gleicher  Bestimmtheit  unter  Ubä  ein  Binden-Boot,  ein 
Kanu,  verstehen.  Rodrigues  Ferreira  lässt  das  Wort  für  beide  Typen 
gelten.  Man  sieht:  dieselbe  Verwirrung  wie  mit  „canoa"  und  „piragua" ! 
Auf  die  Worte  „igä"  und  „igära"  hat  sie  sich  zum  Teil  fortgesetzt; 
von  diesen  kann  man  aber  mit  ziemlicher  Bestimmtheit  sagen,  dass 
„igä"  und  „igära"  in  den  Guarani-  und  Tupi-Sprachen  den  Wert  für 
„Boot"    als    Sammelbegriff  darstellen,    während  z,  B.  ein  Rindenboot 


Kanu  auf  dem  Amazonas ;  nach  Camara. 


im  Guarani   „igäripe"    heisst.     Herkunft   und   Bedeutung   des  Wortes 
„ubä"   sind  mir  unbekannt. 

Zur  Zeit  der  Entdeckung  Brasiliens  befuhren  die  Tupi  das  Meer 
mit  Kanus,  die  bis  zu  12  m  lang  waren  und  30,  ja  40  bis  50  Mann 
Besatzung  führten;  man  würde  dies  für  unmöglich  halten,  wüsste  man 
nicht,  welche  ungeheuren  Stämme  die  amerikanische  Natur  hervor- 
zubringen vermag.  Man  sah  Kriegs-Flotillen  von  60  Fahrzeugen,  die 
zwar  nur  bei  ruhiger  See  fuhren  und  sich  nicht  weit  vom  Lande  ent- 
fernten, die  aber  lange  Küstenfahrten  machten  und  Seeschlachten 
lieferten.  In  ihrer  Form  gleichen  die  brasilianischen  Kanus  den  für 
Guayana  beschriebenen.  Um  die  enormen  Rindenstücke  für  jene  „halb- 
zylindrischen Schläuche",  wie  sie  Martins  nennt,  zu  gewinnen,  errichtete 
man  an  den  Bäumen  hohe  Gerüste,  die  Hans  Stade  bei  den  Tupi  am 
Meere  genau  so  fand,  wie  Crevaux  drei  Jahrhunderte  später  im  Hinter- 
lande Guayanas.  Nach  dem  Inneren  Brasihens  zu  wurden  diese  Fahr- 
zeuge kleiner  und  wechselten  auch  ein  wenig  in  den  Formen;  am 
Xingü  fand  sie  von  den  Steinen  bis  zu  9  m  lang,  im  allgemeinen  aber 


—     41      — 

waren  sie  kleiner  und  hatten  nur  Platz  für  4  Personen  mit  Gepäck. 
Die  am  Xingü  besassen  einen  spitzen  Bug,  aber  breit  abgeschnittenes, 
durch  leichtes  halbbogenförmiges  Einbiegen  oder  Einstülpen  nach  oben 
gehobenes  Heck.  Die  Kanus  auf  dem  oberen  Mamore,  Chimore  und 
Beni  waren  vorn  und  hinten  spitz.  Bewegt  wurden  diese  Boote  in  der 
üblichen  Weise  durch  Pagajen-  seltsam  ist  die  Erwähnung  von  Doppel- 
Pagajen  bei  Lery,  die,  soweit  ich  sehe,  allein  dasteht,  und  vielleicht 
auf  einem  Irrtum  beruht.  Segel  können  diese  Schifflein  nur  unter 
ganz  besonders  günstigen  Verhältnissen  vertragen;  holen  sie  viel 
Wasser  über,  dann  gehen  sie  wegen  der  spezifischen  Schwere  der 
Binde  auf  den  Boden.  Ihre  Hauptvorteile  sind  ihre  schnelle  Ver- 
fertigung, ihr  geringer  Tiefgang  und  ihre  Tragbarkeit  bei  Stromschnellen 
und  Wasserfällen.  Diese  Eigenschaften  bedingen  ihre  Verbreitung. 
Ein  gutes  Beispiel  liefert  der  Madeira:  sein  Unterlauf  bis  etwa  zum 
Aripoanä  wurde  mit  Canoas  befahren,  von  hier  bis  oberhalb  der  Fälle 
hatten  die  Indianer  nur  Kanus,  während  oberhalb  dieser  wieder,  auf 
dem  Guapore,  dem  unteren  Mamore  und  allen  Nebengewässern,  sow^eit 
sie  kaskadenfrei  waren,  Canoas  im  Gebrauch  waren.  Aber  scharf 
sind  solche  Grenzen  keineswegs.  Die  Muras  und  ähnliche  Stromer 
und  Bäuber  fuhren  auf  ihren  Binden-Booten  bis  zum  Amazonas  hin- 
unter, machten  seine  Gewässer  unsicher  und  liefern  einen  v^eiteren 
Beweis  für  die  schon  vorhin  erwähnte  Tatsache,  dass  der  Typus  der 
Boote  kein  Hindernis  für  Völkerverschiebungen  bildet. 

Eine  besondere  Art  von  Fahrzeugen,  die  eine  Zwischenstellung 
zwischen  Kanu  und  Canoa  einnehmen,  lieferten  im  Chaco  länglich 
fassförmige  Bombaceen,  die  Samuha  eriodendron  und  Chorisia  insignis ; 
von  den  Matacos  „yuchän"  genannt.  Ein  solches  Gewächs  wurde 
gefällt,  seiner  Aste  und  Wurzeln  beraubt  und  dann  dem  verbliebenen 
Stamm  von  der  Form  eines  langgezogenen  Eies  der  Länge  nach  eine 
Kalotte  abgeschnitten.  Der  Inhalt  von  nicht  viel  grösserer  Festigkeit 
als  Holundermark  wurde  mit  Leichtigkeit  entfernt;  die  zurückbleibende, 
nach  dem  Austrocknen  stark  verhärtete  Schale  stellt  ein  Boot  dar, 
das  einer  langgestreckten  Nussschale  nicht  unähnlich  ist.  Wie  Soares 
de  Souza  bezeugt,  hat  es  auch  an  dem  Küstensaum  Brasiliens,  in 
Ilheos  und  am  Bio  Grande,  dieser  Art  Kanus  gegeben. 

In  der  Magalhäes-Strasse,  vom  Ostausgang  bis  etwa  zur  Cördoba- 
Halbinsel  waren  Kanus  im  Gebrauch,  die  durch  Material  und  Form 
nicht  wenig  an  die  Fahrzeuge  der  nördlichen  Algonquins  und  Atha- 
pasken  erinnern.    Von  der  Gegend  der  Desolation-Insel  nach  AVesten, 


—     42     — 

am  Ausgang  der  Strasse,  an  der  Westküste  von  Feuerland  und  in 
den  südchilenischen  Fjorden  bis  nach  Chiloe  hin  herrschte  das  Planken- 
boot, die  Dalca. 

Unter  den  mannigfachen  Nachrichten  über  das  Kanu  der  Magal- 
häes-Strasse  sind  vielleicht  die  besten  die  des  spanischen  Fregatten- 
Leutnants  Ciriano  Cevallos  der  Expedition  Cördoba.  Loaysa  scheint 
1526  der  einzige  gewesen  zu  sein,  der  am  Ostausgang  bei  den  Pata- 
goniern  Rinden-Boote  mit  Walfisch-Spanten  gesehen  hat;  denn  diese 
Stämme  waren  wohl,  wie  die  Onas  auf  Feuerland,  nie  grosse  Wasser- 
fahrer, wurden  verhältnismässig  sehr  bald  Pferdebesitzer  und  haben 
als  Reitervolk  nie  wieder  ein  Boot  betreten. 

Ausser  den  Patagoniern  werden  die  Ränder  der  Magalhäes-Strasse 
und  Feuerlands  von  drei  der  Sprache  nach  ganz  verschiedenartigen 
Völkern  bewohnt.  Auf  der  ganzen  Osthälfte  von  Feuerland,  von  der 
San  Sebastian-Bai  bis  zur  Le  Maire-Strasse  schweifen  die  Onas,  männ- 
liche Erscheinungen,  gross,  kräftig,  flüchtig.  Sie  zerfallen  in  zwei  sich 
feindlich  gegenüberstehende  Gruppen,  deren  Grenze  etwa  eine  vom 
Kap  Peilas  nach  Westen  gezogene  Linie  angibt.  Die  Onas  des  Nordens 
waren  reine  Guanako- Jäger  und  absolut  wasserfremd;  die  Onas  des 
Südens  sind  Ichthyophagen,  ohne  dabei  Schiffer  zu  sein.  Von  dem 
Ostausgang  des  Beagle-Kanals  nach  Westen  die  ganze  pacifische 
Küste  entlang  bis  nach  Norden  hinaus  über  den  Westausgang  der 
Magalhäes-Strasse  und  an  dieser  selbst  wohnten,  oder  vielmehr  fuhren  die 
anderen  beiden  Völker,  die  Yaganes,  Yahgans  oder  Yagones  und  Alacalufs, 
unansehnliche  Erscheinungen,  hässlich,  krummbeinig,  schwerfällig  auf 
dem  Lande.  Abgesehen  von  den  ganz  verschiedenartigen  Sprachen 
sind  sie  sich  zum  Verwechseln  ähnlich.  Es  sind  ausgesprochene 
Wasservölker.  Man  sieht:  an  der  insellosen,  schiffahrtfeindlichen  Ost- 
küste von  Feuerland  die  wasserfremden  Onas,  die  „Indios  de  ä  pie"  ; 
an  der  insel-  und  fjordereichen  pacifischen  Küste  die  geborenen  Wasser- 
ratten, die  „Indios  de  canoa".  Wenige  Tatsachen  zeigen  so  schlagend 
wie  diese,  in  wie  hohem  Masse  die  primitive  Schiffahrt  eine  Funktion 
der  Natur  ist. 

Das  Gebiet  der  den  Chonos  nahestehenden  Alacalufs  reichte  etwa 
von  der  Südspitze  von  Santa  Ines-Insel  bis  über  den  Westausgang 
der  Magalhäes-Strasse  nach  Norden  hinaus,  während  die  Länder  und 
Gewässer  von  genannter  Insel  nach  Südosten  bis  zum  Ostausgang  des 
Beagle-Kanals,  bis  zum  Kap  Hoorn  und  zur  entfernten  Ildefonso- 
Gruppe  den  Yaganes  zufielen.    Den  an  den  mittleren  und  mehr  östlichen 


—     43     — 

Teilen  der  Magalhäes-Strasse  beheimateten  Banden  der  letzteren 
gehörten  in  der  Hauptsache  die  gleich  zu  erwähnenden  Kanus  zu, 
während  die  später  zu  besprechenden  Plankenboote  vornehmlich  bei 
den  Alacalufs  beobachtet  worden  sind.  Dies  lässt  aber  keineswegs 
den  Schluss  auf  eine  reinliche  Trennung  zwischen  diesen  beiden  zu, 
denn  die  Yaganes  der  pacifischen  Aussenseite  benutzten  ebenfalls 
Plankenboote,  während  Alacalufs  im  Innern  sehr  wahrscheinlich  Kanus 
hatten. 

Die  Kanus  der  Magalhäes-Strasse  sind  aus  Rindenstücken  der  antark- 
tischen Birke  in  ähnlicher  Weise  zusammengenäht,  wie  die  von  Nord- 
Amerika.  Bug  und  Heck  laufen  spitz  nach  vorn  und  oben,  sind  aber  nicht 
schneckenförmig  nach  rückwärts  gewunden  wie  bei  jenen.  Durch  starke, 
von  Dollbord  zu  Dollbord  quer  hinübergebundene  Stäbe  wurden  die 
Kanuwände  auseinander  und  in  ihrer  Lage  erhalten.  Sie  erinnerten 
einen  Beobachter  an  die  kleinen  Boote,  die  bei  uns  Kinder  aus  Erbsen- 
hülsen, gewöhnlich  Schoten  genannt,  zu  machen  pflegen.  Die  Fahr- 
zeuge waren  von  372  bis  6  m  lang,  etwa  1  m  breit,  und  hatten  Platz 
für  7  bis  8  Personen.  Aber  auch  solche  von  mehr  als  8  m  Länge 
mit  Raum  für  12  bis  15  Personen  werden  erwähnt.  Linen  hatten  sie 
ein  sehr  dichtes  Gerippe  von  Spanten  und  Längsspanten,  über  dem  ein 
Brett  als  Flach  lag.  Auf  diesem  Flach  befand  sich  stets  eine  Art 
Herd  aus  Lehm  oder  Austernschalen  aufgeführt,  auf  dem  Tag  und 
Nacht  ein  Feuer  brannte.  Bewegt  wurden  diese  Kanus  durch  Pagajen; 
für  günstige  Witterungsverhältnisse  war  etwas  Tau-  und  Segelwerk 
vorhanden,  bestehend  aus  einem  Seehundsfell  und  Seilen  aus  gedrehten 
Binsen.  In  einem  Kanu,  welches  genau  beobachtet  wurde,  pagajeten 
die  Frau  und  der  älteste  Knabe,  während  der  Mann  das  Sodwasser 
ausschöpfte  und  das  Feuer  unterhielt. 

Die  Dalca. 

Auf  die  Kanus  folgt  das  Planken-Boot,  die  Dalca,  welche  an  der 
Küste  Chile's  vom  Chiloe-Archipel  bis  Kap  Hoorn  verbreitet  war.  Die 
Dalca  ist  nachweisbar  aus  dem  eben  beschriebenen  Kanu  der  Maga- 
lhäes-Strasse entstanden.  Wir  haben  einen  Typus,  von  dem  man  nicht 
weiss,  ob  er  ein  Kanu  oder  eine  Dalca  darstellt,  der  also  offenbar  die 
Anfänge  der  letzteren  vorführt.  Dann  haben  wir  Dalcas,  deren  Planken 
aus  zollstarker  Rinde  sind,  und  schliesslich  solche,  welche  Holzbretter 
als    Planken    haben.     Diese   letzteren    stellen,    vom    schiffstechnischen 


—     44     — 

Standpunkt   aus   betrachtet,    den   am  meisten    vorgeschrittenen   Typus 
aller  primitiven  amerikanischen  Wasserfahrzeuge  dar.    Sie  waren  aber 
nicht    annähernd   so   leistungsfähig,    wie   die   später   zu   behandelnden 
Piraguas,    die   auf  einem   anderen  Wege  diese  Entwicklungsstufe  vom 
Boot   des  Naturmenschen   zum  Schiff  der  Kultur  zurückgelegt  haben. 
Die   Dalcas   waren    4  bis  8  m  lang,    in   der  Mitte  1  bis  1,20  m 
breit  und  0,90  bis  1  m  tief;    sie    boten  Platz   für  9  bis  12  Personen. 
In  ihrer  Gestalt  glichen  sie    den  einfachen  Fischerbooten  und  flachen 
Kahnfähren,  die  man  noch   heute  vielfach  auf  den  Flüssen  und  Seen 
Europas  antrifft.     Zum  Bau  wurden    drei  Stücke  zollstarker  Fichten- 
oder Araucaria-Rinde  oder  ebensolche  Bretter  verwendet.  Das  Boden- 
stück verjüngte    sich  von   der  Mitte  aus  in  ganz  leichten  Bogenkrüm- 
mungen  nach  den  Enden  zu,    welche  mit  Hilfe  von  Feuer   nach  oben 
gebogen   wurden  und  Vor-  und  Achtersteven    des   Bootes   darstellten. 
Auf  dieses  Bodenstück  wurden  nahezu   senkrecht   die  beiden  anderen 
Planken  als  Boots  wände  aufgesetzt;  sie  verjüngten  sich  ebenfalls  nach 
den  Enden  und  mussten,    um  den  Linien   des  Mittelstückes  folgen  zu 
können,  gleichfalls  leicht  gerundet  sein.    Am  Bug  und  Heck  trafen  sich 
die  drei  Planken,  oder  trafen  sich  wenigstens  nahezu,  je  nachdem  das 
Bodenstück   ganz    spitz   zulief  oder   eine   geringe  Breite  behielt.     Die 
einzelnen  Stücke  waren  mittelst  zäher  Pflanzen,  die  im  Wasser  schwer 
faulten,  zusammengenäht;   die  Löcher  hierzu  wurden  vorher  mit  Hilfe 
von  Feuer  gebohrt.     Mit  verschiedenen  Pflanzenstoffen  als  Werg  und 
mit  geschmolzenem  Harz  wurde  gründlich  kalfatert.    Von  innen  Avurde 
das  Fahrzeug   durch   ein   System  von  Spanten   und  Längsspanten  ge- 
stützt, die  im  Durchschnitt  halbkreisförmig  waren  und  mit  ihrer  flachen 
Seite  auf  der  Rinde  dicht  auflagen.     Am  oberen  Bande  lief  eine  Art 
von  Dollbord-Leiste,   welche  die  Spantenköpfe  zusammenhielt.     Innen 
war  die  Dalca   mit   einer  Wegerung  ausgefüttert,    Binnenplanken  aus 
Borke,   über   die   ausserdem  am  Boden  noch  ein  Flach  gelegt  wurde, 
in  dem  sich  ein  Loch  für  die  Reinigung  des  Schiffssods  befand.    Auf 
dieses  Flach  wurde  in  der  Mitte  eine  6  Zoll  starke  Lehmschicht  gelegt, 
die  zugleich   als  Ballast   diente   und   als  Herd   für  das  wenigstens  im 
Süden  nie  fehlende  Feuer.    Querhölzer  als  eine  Art  von  Duchten  ver- 
vollständigten  die  innere  Einrichtung  der  Dalca   und  zerlegten  sie  in 
eine   Anzahl   von  Abteilungen.      Wie    in   diesen   der   Dienst   geregelt 
war,  hat  Weddell  recht  anschaulich  beschrieben.    Im  vordersten  Abteil 
lag  das  Fischgerät,  im  zweiten  sass  das  Weib  mit  der  Schlag-Pagaje, 
im  dritten  befand  sich    der  Feuerherd;   im   vierten   hockte  ein  Mann, 


—     45     — 

der  durch  das  Loch  im  Flach  das  Sodwasser  ausschöpfte,  denn  diese 
Fahrzeuge  machten  andauernd  viel  Wasser.  Im  nächsten  Raum  sassen 
die  Männer,  während  sich  im  sechsten  der  Platz  für  das  Weib  mit 
der  Steuer-Pagaje  befand.  Am  Heck  endlich  war  der  Platz  für  das 
Hausgerät,  Waffen  und  Zeug  der  Dalca,  bestehend  aus  einem  kleinen 
Mast  mit  Raa,  Seehundsfellsegel  und  Binsentauen.  Diese  Dalcas  waren 
so  zierlich  und  sauber  gebaut,  dass  sie  Drake  und  seinen  Seeräubern, 
die  wohl  ein  Urteil  darüber  hatten,  nicht  zum  Gebrauch  für  Barbaren, 
sondern  als  Lust-Gondeln  für  einen  Fürsten  erbaut  zu  sein  schienen. 
Die  Indianer  befuhren  in  ihnen  mit  einer  Kühnheit  die  See,  welche 
die  Bewunderung  von  Cördoba  erregte,  der  aber  trotzdem  nicht  ansteht, 
diese  vorgeschrittenen  Bootbauer  und  unverzagten  Seeleute  als  Menschen 
der  alleruntersten  Stufe  zu  bezeichnen,  als  Geschöpfe,  „die  nicht  weit 
über  dem  Tier  stehen". 

Im  Innern  ist  die  Dalca  bis  zu  den  Pehuenchen  am  Nahuelhuapi 
in  das  Reich  der  Balsa  vorgedrungen,  und  auf  ihrem  Hauptgebiet  an 
der  Küste  ist  sie  stellenweise  nicht  unerheblich  verbessert  worden, 
aber  überall  wohl  erst  in  nachkolumbischer  Zeit.  So  waren  im  Chiloe- 
Archipel  im  18.  Jahrhundert  aus  den  drei  Planken  fünf  geworden, 
und  statt  der  Pagajen  bediente  man  sich  der  Remen,  nur  unter  Bei- 
behalt der  Steuer-Pagaje.  An  einer  späteren  Stelle,  unter  den  Piraguas, 
wird  das  Boot  der  Santa  Barbara-Indianer  beschrieben  werden,  welches 
nach  den  ältesten,  aber  nicht  sehr  deutlichen  Berichten  der  süd- 
chilenischen Dalca  sehr  ähnlich  zu  sein  scheint.  Da  es  aber  später 
•als  ein  Fahrzeug  nach  Art  der  Nootka-Boote  gekennzeichnet  wird,  so 
fasse  ich  es  als  eine  Art  Piragua  auf,  wenn  auch  nicht  ohne  Be- 
denken. 

Beachtet  man,  dass  gar  nicht  so  lange  vor  der  Entdeckung 
Amerikas  keine  anderen  Fahrzeuge  als  genähte  arabische  und  indische 
Dhaus  und  chinesische  Dschunken  die  Meere  von  Süd-  und  Ostasien 
befuhren,  so  wird  man  in  der  kleinen  Dalca  eine  Erscheinung  erblicken, 
welche  die  primitive  Schiffahrt  Amerikas  der  vorgeschrittenen  Alten 
Welt  ein  wenig  näher  bringt. 

Das  Fell-Boot. 

In  den  wenigen  Fällen,  wo  wir  Fell-Boote,  Kajaks  oder  Umiaks, 
im  Besitz  von  Indianern  finden,  sind  sie  nachweisbar  unmittelbar  von 
den    Eskimos   gekauft    oder  wenigstens    nach    Eskimo-Muster   gebaut 


—     46     — 

worden.  Dieser  Satz  ist  im  allgemeinen  so  richtig,  dass,  wo  immer 
in  alten  Berichten  von  Eingeborenen  in  Fell-Boten  gesprochen  wird, 
deren  ethnische  Zugehörigkeit  im  übrigen  zweifelhaft  bleibt,  man  Be- 
rechtigung zu  der  Annahme  hat,  dass  es  sich  um  Eskimos  handelt. 
Die  athapaskischen  Kinai  in  Alaska  hatten  z.  Z.  von  Wrangell  noch 
ihre  Birken -Kanus ,  befuhren  aber  ausserdem  in  Kajaks  das  Meer; 
ihre  Sprachgenossen,  die  Atuahs  am  Kupferfluss,  bauten  geräumige 
ümiaks.  In  beiden  Fällen  waren  diese  Pell-Boote  im  Handel  von 
den  Eskimos  erworben  oder  ihnen  abgesehen  worden.  Die  sporadischen 
Fell-Boote  inmitten  des  Balsa-Gebiets  von  California  waren  durch  die 
Russen  und  ihre  barbarische  Gefolgschaft  aus  dem  Norden  mitgebracht 
worden. 

Die  Micmacs  auf  New  Foundland  haben  bis  in  die  neueste  Zeit 
hinein  für  ihre  Jagdzüge  eine  Art  von  Umiaks  aus  Renntierfellen  her- 
gestellt, die  bis  zu  5  m  lang  und  1,20  m  breit  waren,  und  600  bis 
700  Pfund  Gewicht  trugen.  In  ihrer  alten  Heimat  auf  dem  Festlande 
aber,  weiter  entfernt  von  den  Eskimos,  ist  ein  solches  Fahrzeug  nie 
bemerkt  worden. 

Während  der  französisch-englischen  Kolonialkriege  wurden  im 
Norden  zuweilen  für  Militär-Transporte  Boote  aus  Elch-Fellen  benutzt. 

Die  Canoa. 

Wie  bereits  dargelegt,  wird  in  dieser  Abhandlung  unter  Canoa 
der  einfache  amerikanische  Einbaum  ohne  schiffste'chnische  Verbesse- 
rungen, ohne  Kiel  und  ohne  Plankenaufsatz,  verstanden.  Piragua 
dagegen  bezeichnet  den  vorgeschrittenen  Typus.  Das  Wort  „canoa" 
stammt  aus  der  Caraiben-Sprache ,  in  der  es  ursprünglich  das  ver- 
besserte Boot  bezeichnete,  welches  wir  jetzt  Piragua  nennen.  Der 
Ausdruck  für  den  einfachen  Einbaum  war  „coulialla"  oder  „couliala". 
Dieses  Verhältnis  hat  sich  noch  jetzt  in  Guayana  erhalten,  wo  die 
Piragua  teils  Canoe,  teils  Pirogue  genannt  wird,  während  der  Lokal- 
name für  den  Einbaum  „kuljara",  „couillara",  „corjaal"  oder  „corial" 
ist.  Die  ersten  beiden  Formen  gehören  dem  Aruak-Sprachschatz  an, 
dem  das  Wort  „canoa"  völlig  fremd  ist.  Die  Verschiebung  des  Ak- 
zents auf  die  letzte  Silbe,  die  sprachlich  immerhin  auffällig  ist,  deutet 
vielleicht  Breton  schon  an,  der  einmal  „couliala"  betont.  Bemerken 
möchte  ich  noch,  dass  Solis  im  Gegensatz  zu  allen  übrigen  Quellen 
zweimal  ausdrücklich  „canoa"  betont;  hierin  ist  er  offenbar  im  Irrtum. 


—     47     — 

Andere  häufig  gebrauchte  Bezeichnungen  für  canoa  sind  „culcha", 
,,acalli"  und  „almadia"  oder  „almadl".  Culcha  ist  auf  dem  Isthmus 
heimisch,  während  acalli  das  Nahua-Wort  für  Kahn  ist,  dessen 
Wurzel  sich  dort  auch  in  anderen  Ausdrücken  der  Seemannssprache, 
wie  Pagaje  und  Bootfahren  wiederfindet.  Almadia  endlich  gehört 
dem  portugiesischen  Sprachschatz  an,  scheint  aber  dort  ein  Lehnwort 
zu  sein.  Den  portugiesischen  Chronisten  des  Zeitalters  der  Ent- 
deckungen ist  es  ganz  geläufig;  sie  bezeichnen  mit  dem  Wort 
unterschiedslos  kleine  Eingeborenen-Fahrzeuge  von  jedem  Typus, 
ganz  gleichgültig,  ob  sie  nach  Afrika,  Asien  oder  Amerika  hin- 
gehören. Spanische  und  englische  Seeleute  haben  dann  dies  Wort 
übernommen. 

Acalli,  Almadia  und  auch  wohl  Culcha  scheinen  für  die  Con- 
quistadoren  stets  den  Begriff  des  „Kleinen"  in  sich  getragen  zu  haben, 
im  Gegensatz  zu  Piragua,  das  die  Vorstellung  von  einem  grossen, 
mächtigen  Eingeborenen-Boot  erweckte. 

„Weidling"  ist  die  von  süddeutschen  Missionaren  des  17.  und 
18.  Jahrhunderts  häufig  benutzte  Bezeichnung  für  Canoa. 

An  der  New  England-Küste  war  die  geographische  Grenze  zwischen 
Kanu  und  Canoa  etwa  in  der  Gegend  von  Kap  Ann,  Nördlich  dieses 
Punktes,  bei  den  Etschemins  und  Micmacs,  hat  Champlain  auch  nicht 
einen  einzigen  Einbaum  jemals  bemerkt ,  während  die  Massachusetts- 
Indianer  beide  Arten  herstellten,  wobei  das  Holz-Boot  bereits  in  der 
Mehrheit  war.  AVeiter  nach  Süden  verschob  sich  das  Verhältnis 
immer  mehr  und  mehr  zugunsten  des  Einbaums;  denn  brauchbare 
Birken -ßinde  und  schliesslich  auch  Ulmen-  und  Weisseichen -Rinde 
wurden  immer  seltener,  während  die  südliche  Natur  mächtigere  Stämme 
für  Canoas  vorzubringen  vermochte.  In  Virginia  finden  sich  daher 
eigentlich  nur  noch  Einbäume,  und  in  den  ganzen  Südstaaten  der 
Union  zu  beiden  Seiten  des  Mississippi  hat  die  Expedition  de  Soto 
auch  nicht  ein  einziges  Binden-Boot  angetroffen.  Dagegen  fanden  die 
Spanier  am  Unterlauf  des  Mississippi  bei  Sioux-  und  Muskhogee- 
Völkern  die  schönsten,  grössten  und  zahlreichsten  Canoas  von  ganz 
Nord- Amerika ,  ausgenommen  die  Nordwestküste.  Dass  die  Ein- 
geborenen von  „Tierra  de  Ayllön",  den  heutigen  Carolinas,  keinerlei 
Boote  besessen  haben  sollen,  wie  Petrus  Martyr  behauptet,  beruht 
sicherlich  auf  falscher  Deutung.  Bei  Herrera  khngt  der  Bericht 
jedenfalls  ganz  anders,  auch  lässt  unsere  Kenntnis  aus  späterer  Zeit 
nicht  die  Auffassung   zu,    dass   diese   Indianer   in   irgendeiner  Weise 


—     48     — 

wasserfremd   gewesen  seien.     Im  Gegenteil,    wir  werden  sehen,    dass 
sie  z.  T.  sehr  unternehmungslustig  waren. 

Von  Florida  nach  den  Florida  Keys  und  nach  den  Bahama- 
Inseln  bestand  Handelsverbindung  in  vorkolumbischer  Zeit,  während 
regelmässige  Fahrten  nach  Cuba  wohl  erst  dem  17.  und  18.  Jahr- 
hundert angehören. 

Nördhch  dieses  grossen  Canoa-Gebiets,  dem  sich  die  Küstenländer 
von  Texas  mit  sehr  rohen,  aussen  nicht  einmal  geglätteten  und  der 
Borke  entkleideten  Einbäumen  anschliessen,  besassen  in  Ohio,  Indiana 
und  Illinois  die  Algonquins  beide  Typen  von  Booten;  je  weiter  nach 
Westen  dem  Mississippi  zu,  desto  mehr  wuchs  die  Zahl  der  Einbäume. 
Weiter  im  Norden  besassen  die  Sauks  und  Foxes  früher  überhaupt 
keinerlei  Fahrzeuge,  die  Sioux  nur  kleine  Kanus.  Im  18.  Jahrhundert 
befuhren  die  Baubbanden  der  Sauks  und  Foxes  in  Birken-Booten  die 
Flüsse,  während  sie  im  ersten  Drittel  des  19.  Jahrhunderts  in  der 
Hauptsache  flache  Einbäume  hatten.  Auch  die  Wisconsin-  und  Minne- 
sota-Sioux,  die  früher  Kanus  hatten,  besassen  um  diese  Zeit  Ein- 
bäume. Man  beachte  diesen  bemerkenswerten  Wechsel,  der  sicherlich 
eine  Erklärung  darin  findet,  dass  bei  an  sich  für  Kanu  und  Canoa 
etwa  gleich  günstigen  Naturbedingungen  der  dauerhaftere  Einbaum 
das  zerbrechliche  Birken-Boot  schlagen  musste,  sobald  er  mit  Hilfe 
europäischer  Instrumente  müheloser,  schneller,  eleganter  und  leichter 
hergestellt  werden  konnte. 

Dass  auch  in  den  Stammlanden,  wenn  man  will,  der  Birken- 
Kanus,  an  den  kanadischen  Seen,  sporadisch  Canoas  vorkommen,  be- 
weist der  Einbaum  vom  Oberen  See  im  National-Museum  zu  Washington. 
Vereinzelt  kamen  auch  Canoas  auf  den  Flüssen  der  westlichen  Prärien 
und  Plains  und  auf  dem  Colorado  vor,  wie  die  Tatsache  beweist, 
dass  man  im  Wortschatz  dort  ansässiger  Stämme  zuweilen  ein  ein- 
heimisches Wort  für  Einbaum  findet.  Im  allgemeinen  aber  behalfen 
sich,  wie  bereits  dargelegt,  alle  diese  Indianer  mit  Bull-Booten  und 
Balsas  und  waren  z.  T.  so  wasserfremd,  dass  die  fischessenden 
Kiowas  in  dieser  Eigenschaft  eine  Ausnahme  unter  allen  ihren  Nach- 
barn gebildet  haben  sollen. 

Die  Art  der  Herstellung  der  Canoas  war  in  allen  Fällen  nahezu 
genau  die  gleiche.  Konnte  man  sich  eines  entwurzelten  oder  an- 
geschwemmten Stammes  bedienen,  so  tat  man  es  natürlich  mit  Vorliebe. 
Im  übrigen  wurden  die  Stämme  mit  Hilfe  von  Feuer  und  Steinbeil  gefällt. 
Dass  man  Stämme  ausgegraben  hätte,  wie  dies  die  Einbaum-Bauer  des 


—     49     — 

Aegeri-Sees  taten,  um  das  durch  Zähigkeit  und  Haltbarkeit  besonders 
ausgezeichnete  Bodenstück  für  das  Boot  mitzuverwenden ,  habe  ich 
nie  gelesen.  Das  Feuer  machte  das  Holz  mürbe,  bereitete  es 
für  die  stumpfe,  primitive  Axt  vor;  nasse  Lappen  oder  Rinde 
verhinderten,  dass  es  zu  weit  nach  oben  um  sich  griff  und  Teile 
des  zukünftigen  Bootes  beschädigte.  Feuerglühende  Steine,  heisses 
Wasser  und  Steinbeil  halfen  den  Einbaum  bearbeiten  und  aushöhlen. 
In  New  England  verwendete  man  zum  Bootbau  Kiefern-,  Eichen- 
und  Nussbäume,  in  New  York,  New  Jersey,  Delaware,  Penn- 
sylvania Weisstanne,  zwei  Ceder- Arten  (Juniperus  virginiana  und 
Cupressus  thyoides),  ferner  eine  Kastanien- Art ,  weisse  Eiche  und 
Tulpenbaum.  Die  Ceder -Canoas  hielten  20  Jahre  aus,  die  aus 
Eiche  nur  4  bis  6  Jahre,  die  aus  Tulpenbäumen  hergestellten 
vielleicht  noch  weniger.  In  den  Südstaaten  verwendete  man  im 
allgemeinen  Ceder -Arten,  in  Florida  besonders  Cupressus  disticha. 
Der  Grösse  nach  waren  sie  natürlich  ihrem  Zweck  entsprechend 
sehr  verschieden,  von  den  kleinen  Fischerbooten  mit  Platz  für  3  bis 
4  Personen  bis  zu  12,  ja  15  m  langen  Kriegs-Canoas  mit  40  bis 
50  Mann  Besatzung.  Bossu  spricht  sogar  von  60  Mann.  225  Scheffel 
Getreide  werden  als  die  Last  angegeben,  welche  eine  grössere 
Canoa  auf  dem  Hudson  zu  tragen  vermochte.  Wie  die  Grössen, 
so  wechselten  auch  die  Formen :  in  Virginia  waren  Bug  und  Heck 
gleichmässig  flach  abgerundet ,  in  Georgia  ähnlich ,  nur  war  Bug 
spitzer  als  Heck.  Noch  weiter  im  Süden,  am  Golf,  zog  man  einen 
spitzen  Vorsteven  vor,  dagegen  ein  zumeist  rechtwinklig  abgeschnit- 
tenes Heck.  Auf  alten  holländischen  Stichen  aus  dem  ersten  Drittel 
des  17.  Jahrhunderts  mit  Abbildungen  von  Nieuw- Amsterdam  finden 
sich  Canoas  der  Hudson- Algonquins ,  deren  Vor-  und  Achtersteven 
zunächst  unter  einem  Winkel  von  45  ^  bis  über  den  oberen  Bootsrand 
hinaus  in  die  Höhe  gehen;  dann  biegen  sie  nach  vorn  und  hinten  zur 
wagerechten,  also  mit  dem  Wasserspiegel  parallelen  Richtung  um  und 
endigen  in  je  einem  Knopf.  Beauchamp,  welcher  einen  solchen 
Typus  abbildet,  hat  die  recht  einleuchtende  Vermutung  ausgesprochen, 
dass  diese  Ansätze  dazu  gedient  haben  könnten ,  das  Boot  zum 
besseren  Transport  über  die  Trageplätze  auf  die  Schultern  der  Träger 
zu  legen. 

Sitze  hatten  diese  Boote  gewöhnlich  nicht,  um  den  Schwerpunkt 
nicht  zu  weit  nach  oben  zu  verlegen;  die  Pagajer  hockten  auf  dem 
Boden. 

Studien  nnd  Forschungen  I.  4 


—     50     — 

Abgesehen  von  der  pacifischen  Küste  hat  man  es  in  ganz  Nord- 
Amerika  nicht  zur  Piragua  gebracht;  die  „toldos",  welche  de  Soto's 
Begleiter  auf  einzelnen  Canoas  der  Uferbewohner  des  Mississippi 
bemerkten,  waren  weiter  nichts  als  eine  Art  von  Sonnensegel. 

Die  Nordwestküste  von  Nord -Amerika  bildet  ein  ausgedehntes 
Verbreitungsgebiet  der  Canoa,  das  sich  vom  St.  Elias-Berge  als  Nord- 
grenze bis  etwa  zum  Kap  Mendocino  im  Süden  hinzog.  Innerhalb 
dieses  grossen  Raumes  herrschten  natürlich  ganz  erhebliche  Unter- 
schiede in  Formen,  Grrösse  und  Leistungsfähigkeit.  Während  z.  B. 
die  Shahaptischen  Stämme  oberhalb  der  Dalles  des  Columbia-Flusses 
sich  mit  höchst  einfachen  Einbäumen  behalfen,  besassen  die  Chinooks 
an  seinem  Unterlauf  allein  fünf  bis  sechs  elegante  Sorten.  Auch  die 
Modocs   und   andere  Banden   in   der  Bogue-Biver-Gegend   hatten  nur 


^ 


^  r 


Canoas  der  Thompson-Indianer;  nach  Teit. 

rohe  und  plumpe  Fahrzeuge,  während  die  Klamath  zwar  nur  einfache, 
aber  doch  recht  leistungsfähige  Ceder-Canoas  mit  abgerundetem  Bug 
und  Heck  besassen.  Die  Athapasken  von  Nordwest  -  California  am 
Smith-Fluss  sind  mit  einer  12  m  langen  und  272  m  breiten  Canoa  in 
der  Nähe  von  Cap  Mendocino  angetroffen  worden;  sie  konnte  24  Mann 
oder  5  Tonnen  Ladung  tragen.  Während  die  Thompson-Indianer  in 
Britisch-Columbia  mit  sechs  verschiedenen  Typen  von  Canoas  eine  Art 
Seitenstück  zu  den  Chinooks  bilden,  behalfen  sich  andere  Stämme  der 
Fräser-  und  Peace-Biver- Gegend  mit  ganz  primitiven  Einbäumen. 
Hier  war,  wie  schon  dargelegt  wurde,  ein  Grenz-  und  Mischgebiet 
von  Canoa,  Kanu  und  Balsa. 

Solchen  Gegensätzen  in  verhältnismässig  begrenzten  Bäumen  steht 
der  grosse  Unterschied  zwischen  den  Fahrzeugen  des  Nordens  und 
des  Südens  gegenüber;  die  Canoas  südlich  des  Columbia-Flusses 
können   sich  mit   den   nördlichen   kaum   vergleichen  lassen.     Auch  in 


—     51     — 

der  nördlichen  Gruppe  findet  ein  Nachlassen  der  Qualität  von  Norden 
nach  Süden  statt.  Gute  Bootbauer  in  ihrer  Art  waren  die  Makah 
am  Kap  Flattery,  die  Wakash  auf  Vancouver  und  Umgegend,  die 
Tlinkit  und  ganz  besonders  die  Haida*,  sie  haben  vielleicht  die 
schönsten  Fahrzeuge  des  ganzen  primitiven  Amerika  geliefert. 

Bei  den  Stämmen  etwa  vom  Columbia  bis  nördlich  zum  St.  Elias- 
Berg  kann  man  im  allgemeinen  drei  Gruppen  von  Fahrzeugen  unter- 
scheiden, Jagd-  und  Fisch-Canoas,  Familien-Canoas  und  Reise-  oder 
Kriegs-Canoas. 

Die  Jagd-  und  Fisch-Canoas,  leicht  tragbar,  nur  für  2  bis  3  Per- 
sonen bestimmt,  sind  auf  der  ganzen  Linie  von  gleichem  oder  sehr 
ähnlichem  Typus.  Die  Familien-Canoas,  772  bis  1072  m  lang  und 
1,2  bis  1,8  m  breit,  haben  Raum  für  4  bis  15  Personen  mit  ihrem 
ansehnlichen  Hausrat  und  Reise-Proviant.  Sie  unterscheiden  sich 
meistens  durch  die  Form  von  Bug  und  Heck  nicht  unwesentlich  von- 
einander. 


Haida-Canoa;  nach  Wilkes. 

Die  Reise-  und  Kriegs-Canoas,  bis  zu  20  m  lang  und  272  m  breit, 
sind  fast  immer  Piraguas,  d.  h.  sie  haben  Planken-Aufsatz  am  Bug 
und  Heck  oder  zuweilen  über  den  ganzen  Bord  hinweg.  Auf  sie  wird 
daher  erst  später  eingegangen  werden. 

Im  übrigen  ist  hier  eine  reinliche  Trennung  nicht  zu  machen ; 
Übergänge  zwischen  den  Familien-Canoas  und  den  Piraguas  waren 
vorhanden.  Erstere  waren  nämlich  sehr  häufig  nicht  in  ihrer  ganzen 
Gestalt  aus  einem  einzigen  Stamm  hergestellt,  sondern  herausragende 
Vor-  und  Achtersteven,  oder  doch  wenigstens  ihre  Topstücke,  wurden 
besonders  geschnitten  und  dann  dem  Rumpf  angefügt.  Wurde  nun 
ein  solcher  Vorsteven  oder  Achtersteven  so  weit  ausgedehnt,  dass  er 
den  Leuten  im  Bug  und  dem  Mann  am  Ruder  ein  wenig  Schutz 
gegen  feindliche  Geschosse  gewährte,  so  fragt  es  sich,  ob  ein  solches 
Boot  noch  eine  Canoa  oder  schon  eine  Piragua  ist.  Auch  die  Repara- 
turen, welche  die  Nordwest-Indianer  au  ihren  Canoas  vorzunehmen 
verstanden,  haben  etwas  von  der  Kunst  des  Piragua-Baues  an  sich; 
schadhafte   Stücke    der  Bootswand    wurden    herausgenommen   und   so 


—     52     — 

geschickt  durch  neue  ersetzt,  dass  das  Fahrzeug  seine  volle  Leistungs- 
fähigkeit behielt  und  der  Schaden  kaum  zu  sehen  war. 

Das  beste  Bauholz  lieferte  die  gelbe  Ceder  (Chamaecyparis  nut- 
kaensis)  der  Königin  Charlotte-Inseln  und  der  Südgrenzen  von  Alaska. 
Sonst  wurde  für  kleinere  und  mittlere  Boote  die  Sitka-Pichte  (Picea 
sitchensis),  und  für  die  grossen  Canoas  und  Piraguas  die  rote  oder 
Riesen-Ceder  (Thuja  gigantea)  benutzt.  Wie  überall,  so  waren  auch 
hier  die  Hilfsmittel  zum  Bau:  Feuer,  Steinbeil  und  Schaber  zum 
Fällen  und  Aushöhlen,  heisses  Wasser  zum  Aufweiten  der  mürbe 
gemachten  Schiffswände.  Querhölzer  halfen  beim  Auseinanderpressen 
und  erhielten  die  Wände  bis  zum  Trocknen  in  ihrer  neuen  Lage. 
Man  verstand  es  in  den  zu  fällenden  Baum  auf  der  Windseite  ein 
Loch  so  einzuschlagen,  dass  sich  das  dort  angezündete  Feuer  langsam 
nach  innen  hineinfrass,  bis  nach  einigen  Tagen  der  Stamm  stürzte. 
Die  unteren  Thompson -Indianer  warfen  in  das  mittelst  glühender 
Steine  in  der  Canoa- Höhlung  gekochte  Wasser  getrocknete  Lachs- 
köpfe. Während  eines  24stündigen  Kochens  nahmen  die  Bootswände 
das  Ol  der  Lachsköpfe  auf  und  wurden  so  schmiegsamer  und  weniger 
geneigt  zu  platzen  oder  zu  brechen. 

Dicke  Stöcke  wurden  in  halber  Bootshöhe  als  eine  Art  von 
Duchten  befestigt  und  dienten  den  Pagajern  als  Sitze.  Der  Ehren- 
platz war  hinten  an  der  Steuer-Pagaje;  er  wurde  gewöhnlich  durch 
ein  Weib  oder  einen  bejahrten  Mann  ausgefüllt.  Die  Verwendung 
der  Segel  hat  man  erst  von  den  Europäern  gelernt. 

Die  Aussenwand  wurde  mit  Hilfe  von  Feuer  und  ihrer  Instru- 
mente möglichst  glatt  gemacht  und  dann  mit  einer  schwarzen  Ölfarbe 
überzogen;  diese  Farbe  war  in  Verbindung  mit  dem  Brand  ein  recht 
wirksames  Mittel  gegen  den  Bohrwurm.  Innen  wurden  die  Boote  mit 
leuchtenden  Farben,  am  liebsten  mit  Rot,  bestrichen.  Die  Stevenköpfe 
waren  geschnitzt  und  verziert;  ein  Menschen-  oder  totemistischer  Tier- 
kopf bildete  gewöhnlich  das  Topstück  des  Vorstevens.  Ornamentale 
Ausschmückung  der  Aussenwand  durch  Seehunds-,  Benntier-  oder  Rot- 
wildzähne war  sehr  beliebt.  Ein  Handel  mit  Canoas  von  Stamm  zu 
Stamm  war  sehr  verbreitet;  er  hat  besonders  nach  Ankunft  der 
Weissen  zu  grossen  Verschiebungen  geführt  und  hilft  uns  erklären, 
wie  sich  so  verschiedenartige  Typen  an  demselben  Orte  finden  kön- 
nen. Denn  die  Indianer  machten  weite  Kriegs-  und  Handelsfahrten, 
zumal  in  ihren  Piraguas;  Fahrten  von  Sitka  nach  den  Königin 
Charlotte-Inseln    und   wiederum   von    hier    nach  Vancouver    und    den 


—     53     — 

Küstenplätzen  am  Puget  Sund  waren  ihnen  ganz  geläufig.  An  den 
Seiten  der  Canoas  wurden  in  solchen  Fällen  häufig  Schwimmblasen 
befestigt,  um  bei  Unfall  auf  hoher  See  ihre  Schwimmfähigkeit  zu  er- 
höhen. 

In  der  Gegend  etwa  des  Kap  Mendocino  begann  das  grosse 
Balsa-Gebiet  von  California,  das  sich  mit  Ausnahme  der  Küsten  und 
Inseln  des  Santa  Barbara-Kanals  bis  nach  Sinaloa  in  Mexico  hinab- 
zog. Das  mittlere  und  südliche  Mexico,  sowie  das  ganze  Mittel- 
Amerika   bildeten   ein  grosses  Verbreitungsgebiet  der  Canoa,    obwohl, 


wie  gezeigt  worden  ist,  die  Balsa  hier  nicht  fehlte,  und  auf  dem  Isth- 
mus sporadisch  Rinden-Boote  vorkamen.  Wie  schon  Nata,  der  Noah 
Mexico's,  der  Sage  zufolge  mit  seinem  Weibe  Nena  in  einem  aus- 
gehöhlten Zypressen-Stamm  die  Grosse  Flut  überstanden  haben  soll, 
so  war  auch  für  seine  Nachkommen  auf  allen  Wasserstrassen  zum 
Reisen,  zum  Handel,  zum  Kriege  die  Canoa  das  wichtigste  Gefährt. 
In  Mexico  und  im  nördHchen  Mittel-Amerika  wurde  gleich  in  den 
ersten  Jahren  der  Conquista.  die  Canoa  am  Rio  Santander,  in  Pänuco, 
bei  den  Tarascos  auf  der  Laguna  de  Chapala,  an  der  ganzen  Vera 
Cruz-Küste,  in  Tabasco,  Campeche  und  Yucatän  festgestellt.  Als 
Cortes  nach  Coatzacoalcos  kam,  waren  300  Canoas  zu  seinem  Empfange 
zugegen.     Weiter  im  Inneren  fand    man    sie   am   Rio   Mescalapa   in 


—     54     — 

Chiapas,  in  Guatemala  auf  der  Laguna  de  Atitlän,  in  Vera  Paz,  bei 
den  Lacandones,  auf  der  Laguna  de  Peten  und  am  Grolf  von  Hon- 
duras. Die  damals  bewohnten,  später  verödeten  Roatan-Inseln  unter- 
hielten einen  lebhaften  Handelsverkehr  nach  dem  gegenüberliegenden 
Festland  von  Truxillo ;  eine  ganze  Kriegs-Flotille  der  Roatan-Insulaner 
wurde  von  Cortes  beobachtet.  Die  berühmte  Handels -Canoa  von 
Yucatän,  die  Columbus  auf  seiner  vierten  Reise  an  dieser  selben  Stelle 
traf,  war  so  „lang  wie  eine  Graleere"  ,  272  m  breit  und  trug  eine 
Mattenhütte  für  Passagiere  und  Waren.  Auf  dem  See  von  Tezcuco 
schwärmten  die  Acallis,  „die  schwimmenden  Häuser",  in  unglaublichen 
Massen  umher ;  50  000  sollen  es  nach  Herrera  gewesen  sein,  und  wenn 
diese  Ziffer  auch  stark  übertrieben  erscheint,  so  zwingt  doch  die  nie- 
drigste Angabe  für  die  Zahl  der  täglich  nach  Mexico  kommenden 
Marktboote,   nämlich  2000,    zur  Annahme  einer  sehr  hohen  Gesamt- 


Maya-Boot;  nach  Stephens. 

Ziffer.  Die  Schilderungen  der  Conquistadoren  von  der  Unzahl  der  mit 
Neugierigen  besetzten  Canoas,  als  sie  zum  erstenmal  in  Mexico  ein- 
zogen, von  ihrer  Rolle  bei  den  Kämpfen  zu  Wasser  und  zu  Lande, 
so  bei  Cuitlahuac,  und  besonders  die  Darstellung  ihrer  verhängnis- 
vollen Tätigkeit  während  der  „Noche  Triste"  sind  höchst  wirkungs- 
voll. In  den  Lustgärten  der  Azteka- Grossen  fand  man  sie  als 
Vergnügungs-Gondeln.  Später,  als  das  Land  durch  die  AVirren  der 
Conquista  entvölkert  und  verödet  war,  als  sich  reissende  Tiere  in  ge- 
fährlicher Weise  vermehrt  hatten  und  scharf  gemacht  durch  den 
Genuss  von  Menschen-  und  Leichenfrass  die  Landwege  unsicher 
machten,  da  waren  in  vielen  Gegenden  Mexicos  die  Canoas  tatsäch- 
lich das  einzigste  Verkehrsmittel.  Motolinia  hat  dies  packend  ge- 
schildert und  auch  von  ihren  Seefahrten  erzählt,  die  sie  von  Insel  zu 
Insel  und  an  den  Küsten  entlang  unternahmen.  Je  weiter  man  sich 
vom  Innern  aus  dem  Meere  nähert,  desto  grösser,  sagt  er,  werden 
die  Canoas. 

Weiter  nach  Süden  in  Mittel-Amerika  finden  wir  die  seetüchtigen 
Mosquito-In dianer  mit   ihren   bis  zu  15  m   lang  werdenden  Doris  aus 


—     55     — 

Cederholz  und  den  kleineren  Pitpans  aus  Ceder  oder  Mahagoni.  Dann 
die  wasserfreudigen  Talamanca-Indianer,  die  Guaimles  der  Laguna  de 
Chiriqui,  die  schon  Columbus  mit  einer  stattlichen  Flotille  begrüssten, 
die  Küstenbewohner  von  Veragua  und  der  Isthmus-Gegenden  mit  ihren 
„Bongos"  am  Chagres.  In  Uraba  gab  es  Canoas,  die  50  bis  60  Mann 
trugen.  Die  Fahrzeuge  der  Islas  de  las  Perlas  werden  von  den  Conquista- 
doren  als  die  besten  bezeichnet,  die  sie  nach  denen  der  Antillen  gesehen 
hätten;  Bartolome  Hurtado  traf  eine  grosse  Kriegs  -  Flottille  dieser 
räuberischen  Inselbewohner.  Zwischendurch  fand  man  allerdings  auch 
hier  und  da  weniger  gute  Schiffer;  so  scheinen  die  Indianer  von 
Cariarl,  Punta  de  Castilla,  auf  der  Grenze  von  Nicaragua  und  Costa 


Nahua-Fahrzeuge ;  nach  Abbildungen  in  Codices. 

Rica,  z.  Z.  von  Columbus  gar  keine  oder  doch  nur  wenige  Fahrzeuge 
besessen  zu  haben.  Manche  der  grösseren  und  besseren  dieser  Fahr- 
zeuge von  Mexico  und  Mittel-Amerika  waren  sicherlich  Piraguas,  ob- 
wohl es  aus  den  Beschreibungen  nur  unklar  zu  entnehmen  ist.  Für 
Mexico  jedoch  sind  die  Angaben  ganz  bestimmt:  nicht  nur  die  Con- 
quistadoren  unterschieden  Piraguas  und  Canoas,  sondern  auch  aus 
den  Abbildungen  in  den  Codices  ist  dies  unmittelbar  zu  entnehmen. 
Zwar  scheint  ein  sehr  grosser  Teil  aller  Nahua-Canoas  sehr  steilen 
Vor-  und  Achtersteven  besessen  zu  haben,  aber  es  ist  ausgeschlossen, 
dass  ein  so  hoher  Bug  und  so  steiles  Heck,  wie  sie  viele  Fahrzeuge 
in  den  Abbildungen  zeigen,  mit  dem  Rumpf  zusammen  aus  einem 
Baumstamm  geschnitzt  waren.  Vielmehr  war  dies  der  „tablazön", 
der  Plankenaufsatz  der  Berichte,  der  im  Kampfe  den  Kriegern  am 
Bug  und  Heck  ein  Schild  gegen  feindhche  Wurfgeschosse  war  und 
der  das  Fahrzeug  zu  einer  Piragua  stempelt. 


—     56     — 

Im  übrigen  waren  auch  die  Canoas  unter  sich  offenbar  recht  ver- 
schieden; die  Abbildungen  lassen  mindestens  vier  Typen  erkennen: 
1)  ganz  einfache  flache  Einbäume;  2)  Canoas  mit  flachem  Heck,  aber 
hochstehendem  Vorsteven ;  3)  solche  mit  mehr  oder  weniger  ragendem 
Bug  und  Heck,  und  4)  Canoas,  deren  Vorsteven  durch  einen  grossen 
geschnitzten  Tierkopf  ersetzt  ist. 

Als  tüchtige  Seefahrer  besassen  die  Aruaks  der  G-rossen  Antillen 
und  der  Bahama-Inseln  Canoas  von  allen  Grössenverhältnissen,  aber 
sie  waren  offenbar  nicht  bis  zur  Piragua  vorgeschritten.  Die  Be- 
wohner von  Puerto  Rico  sollen  keinerlei  Fahrzeuge  besessen  haben, 
wenigstens  befuhren  sie  nicht  die  See  *,  hingegen  besassen  die  Indianer 
von  Jamaica  die  grössten  und  schönsten  Canoas  unter  allen  Insel- 
Aruaks.  Das  Volk  von  Puerto  Rico  war  durch  die  Caraiben  völHg 
vom  Meere  weggefegt  worden  und  hatte  nach  Annahme  von  Bogen 
und  Pfeil  eine  leistungsfähige  Landmacht  ausgebildet.  Jamaica 
dagegen  lag  von  dem  Zentrum  der  Caraiben-Macht ,  Guadeloupe, 
Dominica  und  Martinique,  so  weit  entfernt,  dass  es  den  angegebenen 
Entfernungszahlen  zufolge  gerade  noch  von  den  caraibischen  Räuber- 
Flottillen  erreicht  wurde.  Dies  genügte,  wie  ihre  Haltung  beim 
Erscheinen  der  spanischen  Schiffe  zeigt,  um  ihnen  einen  trotzigen, 
kriegerischen  Geist  zu  erhalten,  der  ihnen  das  Übergewicht  über  die 
durch  die  lange  Entfernung  erlahmte  Stosskraft  der  Caraiben  sicherte. 
Im  übrigen  werden  sie  von  Anfang  an  die  seetüchtigsten  aller  Insel- 
Aruaks  gewesen  sein;  denn  die,  welche  bei  den  Wanderungen  am 
weitesten  von  der  Heimat  vorgedrungen  sind,  werden  auch  die  besten 
Seeleute  gewesen  sein.  Navasa  ist  vom  Kap  Tiburön  aus  zu  sehen, 
nicht  aber  Jamaica  von  Navasa  oder  von  Cuba  aus.  Auf  letzterer 
Insel  sassen  die  besten  Seefahrer  am  Südost-Ende ;  je  weiter  man  auf 
Cuba  nach  Westen  kam,  desto  minderwertiger  wurden  die  Canoas  und 
desto  kleiner  der  geographische  Horizont  der  Bewohner.  Sie  machten 
eben  keine  Seereisen  wie  ihre  Nachbarn  im  Osten  der  Insel  und  wie 
die  Lucayos,  die  eine  gute  Kenntnis  der  sie  umgebenden  Inselwelt  und 
der  Küsten  von  Florida  hatten. 

Die  aus  Mahagoni  oder  Ceyba  (die  englischen  Reisenden  sagen 
gewöhnlich  Cotton-tree;  es  ist  Ceiba  pentandra)  hergestellten  Canoas 
waren  in  allen  Grössen  vorhanden,  von  dem  backtrogähnlichen  Gefährt 
für  nur  eine  Person  bis  zu  den  Riesen-Kriegs-Canoas  von  Galeeren- 
oder Fusta-Länge.  Eine  auf  Jamaica  von  Columbus  gemessene  Canoa 
hatte  eine  Länge  von  29  m  bei  einer  Breite  von  nur  2,5  m.     70  und 


—     57     — 

80  Pagajer  in  einem  Boot  sind  ebenfalls  vom  Admiral  bezeugt.  Als 
Breitenmass  findet  sich  im  übrigen  mehrfach  die  beliebte  „pipa",  das 
Weinfässchen,  angegeben.  Konrad  Haebler  hat  in  den  trefflichen  Vor- 
bemerkungen zu  der  von  ihm  besorgten  Ausgabe  des  deutschen  Co- 
lumbus-Briefes  darauf  hingewiesen,  dass  in  diesem  Text  anstatt  der 
von  Admiral  zum  Vergleich  herangezogenen  Fusta  von  18  Eojerbänken 
nur  eine  solche  von  4  Bänken  genannt  wird,  und  dass  die  Zahl  von 
70  bis  80  Mann  auf  20  bis  28  herabsinkt.  Haebler  erblickt  in  diesem 
deutschen  Columbus-Brief  eine  Übersetzung  des  verloren  gegangenen 
ursprünglichen  katalonischen  Textes,  der  besser  war  als  die  im  Druck 
bekannten  spanischen  und  lateinischen  Versionen.  Einer  seiner  Beweis- 
gründe sind  auch  diese  niedrigen  Zahlenangaben,  welche  die,  wie  er 
meint,  unglaubwürdigen  Angaben  der  bekannten  spanischen,  lateinischen 
und  italienischen  Texte  korrigieren,  weil  „sie  den  wirklichen  Verhält- 
nissen annähernd"  entsprechen.  Aber  das  grosse  Haida-Boot  im 
Museum  zu  Washington  (No.  26  785)  ist  18  m  lang  und  272  m  breit; 
Enciso  berichtet,  dass  zu  seiner  Zeit  am  Congo  Einbäume  fuhren,  die 
150  Krieger  fassten.  Einige  anderen  Zahlenangaben  werden  noch  bei 
Besprechung  der  Piraguas  gegeben  werden.  Dicht  hintereinander  in 
einer  Canoa  hockende  Pagajer  gebrauchen  viel  weniger  Platz  als  ßojer, 
die  auf  festen  Duchten  sitzen  und  in  festen  Dollen  arbeiten.  Das 
erwähnte  Haida-Boot  kann  100  Mann  aufnehmen.  Die  eine  Zahl 
von  150  Mann,  denen  eine  Canoa  auf  Cuba  Platz  gewährt  haben  soll, 
ist  möglicherweise  übertrieben,  im  übrigen  aber  sehe  ich  aus  ethnolo- 
gischen Grründen  nicht  ein,  warum  man  die  bisher  geläufigen  Zahlen- 
angaben des  Admirals  und  der  alten  Chronisten  über  indianische 
Riesen-Boote  ablehnen  sollte. 

Auch  manche  Boote  der  Lucayos  hatten  40  bis  45  Mann  Be- 
satzung. Die  grosse  Zahl  der  Canoas  und  die  Schnelligkeit,  mit  der 
sie  bewegt  wurden,  werden  von  den  Entdeckern  mehrfach  hervorgehoben. 
Die  grossen  Fahrzeuge  von  Jamaica  waren  am  Bug  mit  Schnitzereien 
und  Bemalung  versehen. 

Die  Caraiben  besassen  drei  oder,  wenn  man  will,  sogar  vier 
verschiedene  Arten  von  Wasserfahrzeugen.  Zunächst  die  schon  be- 
rührten Piperis,  die  kleinen  Fischer-Balsas ,  dann  die  Piraguas,  die 
im  Durchschnitt  mit  je  30  Pagajern  besetzt  waren  und  mit  denen 
sie  in  Flottillen  von  10  und  mehr  ihre  berüchtigten  Raubzüge  bis 
auf  800  km  und  weiter  unternahmen.  Sie  werden  noch  besonders 
besprochen  werden.    Ihre  Canoas  kann  man   in  zwei  Klassen  zerlegen; 


—     58     — 

einmal  waren  da  die  gewöhnlichen  Familien-  oder  Gebrauchs-Boote^ 
die  nie  mehr  als  6  m  lang  und  0,90  m  bis  1,25  m  breit  waren. 
Mit  diesen  Coulialas  aus  Ceyba-  oder  Mahagoni-Holz  legten  die 
Caraiben  bei  ungünstigem  Winde  48  bis  53  km  täglich  zurück.  Dann 
verfertigten  sie  noch  eine  ganz  kleine  Art  von  Canoas  aus  dem 
Comäca-Holz,  das  wegen  seiner  weichen,  leicht  zu  schneidenden  Materie 
von  den  Franzosen  jener  Zeit  „Fourmage  d'Hollande",  holländischer 
Käse,  genannt  wurde.  Diese  wenig  leistungsfähigen  Gefährte  dienten 
wohl  nur  der  niedrigen  Fischerei,  zur  Hilfe  bei  Flussübergängen  und 
für  ähnliche  Gebrauchszwecke  einfacher  Art. 

Piraguas  und  Corials,  und  dazu,  wie  gezeigt  worden  ist,  Kanus 
waren  die  AVasserfahrzeuge  in  Guayana.  Die  zum  Bau  verwendeten 
Holzarten  waren  verschieden ;  Cederarten  (Cedrela  odorata  ^  Icica 
altissima)  waren  am  beliebtesten.  Feuer  und  Wasser  waren  die 
üblichen  Hilfsmittel  bei  der  Herstellung.  Die  Arbeit  wurde  sehr 
sorgsam  ausgeführt  und  dauerte  mehrere  Monate.  Dafür  waren  aber 
auch  die  Indianerboote,  vorzüglich  die  der  Warraus,  Salivas  und 
Otomaken,  über  ganz  Guayana  und  Venezuela  berühmt.  Europäisches 
Fabrikat  war  dreimal  so  teuer,  ohne  auch  nur  ein  Drittel  der  Zeit 
alle  die  Anforderungen  auszuhalten  ^  die  Klima  und  Gelände  fort- 
während stellten,  und  denen  jene  wundervollen  Fahrzeuge  10  Jahre 
lang  und  länger  erfolgreich  trotzten.  Auch  die  berühmten  „Lan- 
chas"  oder  Kanonier-Schaluppen  der  Insurgenten,  die  im  Unabhängig- 
keitskriege gegen  Spanien  eine  so  hervorragende  Rolle  spielten, 
waren  von  den  Warraus  erbaut.  Sie  hatten  eine  Besatzung  von  70  bis 
80  Mann  nebst  zwei  Dreipfündern ;  einige  sollen  sogar  für  100  Platz 
gehabt  haben.  Dagegen  ist  die  Behauptung  der  Warraus ,  dass  sie 
in  früheren  Zeiten  Einbäume  für  300  Mann  gehabt  hätten,  zweifellos 
grobe  indianische  Übertreibung.  Die  meisten  Corials  in  Guayana 
waren  spitz  am  Bug  und  Heck;  dies  schwankte  aber,  auch  das 
runde  oder  glatt  abgeschnittene  Heck  kommt  vor.  Sie  erreichten 
Grössen  von  15  m  Länge  und  1,50  bis  2  m  Breite  und  hatten  Baum 
für  50  Personen.  Es  ist  aber  nicht  durchweg  sicher,  ob  nicht  ein 
Teil  dieser  grossen  Corials  schon  zur  Klasse  der  Piraguas  gerechnet 
werden  muss.  Das  erste  von  Europäern  gesehene  Boot  dieser  Gegend 
war  die  Aruak-Canoa,  welche  Columbus  zwischen  Trinidad  und  Paria 
traf;  sie  war  gross,  leicht,  gut  gebaut  und  trug  in  der  Mitte  eine 
Hütte  für  Passagiere.  Man  bemerkte,  dass,  während  die  Fahrzeuge 
dieser  ganzen  Gegend  gut  waren  und  bis  zu  20  m  lang  wurden,  weiter 


—     59     — 

im  Westen,  in  Curiana,  die  dort  „Gallitas"  genannten  Canoas  rohere 
Formen  zeigten.^ 

Wie  auf  der  ganzen  Golf- Küste  von  Venezuela  und  Columbia,  so 
besassen  aucb  die  Anwohner  des  Cauca  und  Magdalena  Canoas,  die 
auf  letzterem  bis  zu  den  Märkten  der  Chibchas  hinaufgingen.  Auf 
den  Mittel-  und  Oberläufen  beider  Flüsse  machten  ihnen  jedoch  schon 
Balsas  stark  den  Rang  streitig,  während  auf  dem  Magdalena  der 
spanische  Handel  nach  Santa  Fe  und  später  die  reisenden  Missionare 
die  einheimischen  Formen  der  Canoas  beeinflussten.  Bevor  aber  die 
Spanier  die  primitiven  Verhältnisse  umwarfen,  fuhren  nach  dem 
Zeugnis  von  Oviedo  an  den  Küsten  der  Carthagena-Gegend  Canoas,  die 
für  130  Mann  Platz  gewährten,  und  so  breit  waren,  dass  zu  beiden 
Seiten  einer  quergelegten  „Pipa"  noch  Raum  zum  Vorbeigehen  blieb. ^ 

Wie  wir  gesehen  haben,  war  über  das  ganze  Stromsystem  des 
Amazonas  Balsa,  Kanu  und  Canoa  verbreitet;  die  umgebende  Natur 
bedingte  die  Art  des  Fahrzeuges  und  weiterhin  auch  seine  Grösse. 
Schon  Pigafetta  erwähnt  Canoas  von  30  bis  40  Mann  Besatzung  an  den 
Küsten  Brasiliens;  20  bis  30  und  30  bis  40  Pagajer  sind  denn  auch 
ebenso  häufige  Zahlenangaben,  wie  Längenmasse  von  10,  13,  15  m. 
Als  Breitenmass  hat  Cardim  wieder  die  berühmte  „pipa".  Aber  Texeira 
berichtet,  dass  einige  seiner  Canoas  Platz  für  100  Mann  hatten,  und 
Burton  fuhr  auf  einem  Einbaum,  der  ausser  der  Besatzung  128  Zentner 
Ladung  trug ;  dies  war  aber  noch  nicht  einmal  einer  von  den  grössten. 
Simäo  de  Vasconcellos  endlich  gibt  Zahlen,  hinter  die  man  ein  Frage- 
zeichen setzen  möchte,  wenn  nicht  die  Glaubwürdigkeit  dieses  Jesuiten- 
Paters  bekannt  wäre,  und  wenn  die  Völkerkunde  nicht  andere  Beispiele 
zum  Vergleich  böte.    In  seinem  Leben  Anchieta's  erzählt  er,  dass  die 


'  Navarrete:  I,  401;  —  Vespucci:  p.  14,  26,  27;  —  Martyr:  „Dec.  Tres", 
I,  88;  —  Oviedo  y  Valdes:  I,  343,  345;  II,  380 II,  881 II;  —  Munoz:  p.  294;  — 
Raleigh :  „Invention  of  Ships",  p.  8 ;  —  Ralegh :  „Discovery",  p.  49  -  51,  note ;  p.  52 ; 

—  Purchas:  XVI,  311—812;  —  Grillet  et  Bechamel:  p.  215,  et  note;  —  Biet:  p.  55; 

—  Gumilla:  II,  131,  134-136;  —  Gilij :  I,  62—64;  —  Duro:  p.  139,  140,  142;  — 
Barrere:  p.  28,  pL;  131  —  133;  —  Rieh.  Schomburgk:  I,  144—145;  —  Robert 
H.  Schomburgk:  p.  308,  343;  —  Quandt:  „Nachricht  von  Suriname",  p.  231;  — 
Hilhouse :  „Memoir",  p.  328 ;  —  Brett :  p.  32,  166—167 ;  —  Bernau :  p.  16,  34—35 ; 

—  Kappler:  p.  228—224,  232—238;  —  Crevaux:  p.  44—45,  597,  604-607;  —  im 
Thum:  p.  295;  —van  Coli:  „Gegevens",  p.  456,  485,  486,  487;  „Toegift" :  p.  470, 
471;  —  Kottenkamp:  p.  208,  210,  215. 

2  „Doc.  Inedit.  Arch.  Ind.",  II,  294;  —  Herrera:  VII,  1941;  VIII,  81 II;  - 
Stöcklein:  VIII,  38;  (num.  209);  —  de  Brettes:  p.  96;  —  Oviedo  y  Valdes:  I,  343 IL 


—     60     — 

Tamoyos  von  Säo  Vicente  eine  Flotte  ausrüsteten,  deren  grösste  Kriegs- 
Canoas  Raum  für  150  Pagajer  boten,  die  alle  zugleich  Kämpfer  waren. 
Sie  benutzten  ihre  auf  den  Bordrand  aufgjestützten  Pagajen  als  Auf- 
legegestelle oder  Zielpfähle  beim  Bogenschiessen  und  verwendeten  sie 
andererseits  als  Parierstöcke  gegen  die  feindlichen  Geschosse.  Den 
Gegensatz  zu  diesen  Riesen-Fahrzeugen  bilden  die  ganz  kleinen  Ein- 
bäume auf  den  Oberläufen  der  Flüsse  des  Amazonas-Gebiets,  besonders 
in  der  Nachbarschaft  von  Stromhindernissen.  Zog  man  hier  nicht 
Balsas  oder  Kanus  vor,  so  waren  die  Canoas  so  klein,  dass  sie  bei 
einer  Länge  von  2  m  oder  etwas  mehr  nur  für  eine  oder  höchstens 
zwei  Personen  Platz  gewährten  und  mit  Leichtigkeit  über  die  Trage- 
plätze zu  schaffen  waren. 

Zum  Bau  verwendete  man  Ceder- Arten  (Cedrela  odorata;  Ce- 
drela  brasiliensis ;  Icica  altissima),  Mahagoni  (Swietenea  mahagoni)  und 
die  weniger  dauerhafte  Bombax  ceiba.  Den  Omaguas  schwemmte  der 
Ucayali  die  schönsten  entwurzelten  Cederstämme  bis  auf  die  Hellinge 
ihrer  halbversunkenen  Inseln  im  Amazonas.  In  weiten  Gebieten 
Brasiliens  hatten  die  Canoas  spitzen  Vor-  und  Achtersteven,  in  anderen 
Teilen  des  Amazonas-Beckens,  so  auf  dem  Huallaga,  Ucayali  und  in 
der  Nachbarschaft,  war  der  Bug  spitz,  während  das  breite,  rechtwinklig 
abgeschnittene  Heck  eine  kleine  Sitz-  oder  Stehfläche  für  den  Mann 
mit  der  Steuer-Pagaje  lieferte.  Eine  ganz  besonders  rohe  Form  von 
Canoas  verfertigten  die  Purupurus  auf  dem  Rio  Purus:  mit  flachem 
Boden,  senkrechten  Wänden  und  von  viereckiger  Form  glichen  sie  läng- 
lichen schwimmenden  Kisten.  Bei  Tupi-Stämmen  und  hier  und  da 
anderswo  findet  sich  zuweilen  ornamentale  Bemalung ;  das  abgeschnittene 
Haupt  der  heiligen  Rosa  von  Bararoä  zierte  als  Topstück  den  Vor- 
steven einer  Raub-Canoa  vom  Rio  Negro.  Fortbewegt  wurden  die 
Boote  durch  Pagajen;  die  Moxos  auf  dem  Mamore  und  Guapore, 
sowie  die  Omaguas  hatten  je  einen  Steuermann  mit  Pagaje  für  Back- 
bord und  Steuerbord. 

Im  oberen  Amazonas-Gebiet  war  jeglicher  Verkehr  auf  die  Wasser- 
strassen beschränkt;  der  Expedition  Orellana  fiel  dies  sofort  auf. 
Merkwürdig  wenig  Angaben  über  indianische  Fahrzeuge  finden  wir  in 
den  Berichten  über  den  Ursüa- Aguirre-Zug ;  erst  am  Rio  Negro  traf 
man  die  ersten  grossen  Canoas.  Bis  zur  Piragua  haben  es  die  Indianer 
Brasiliens  und  des  ganzen  Amazonas-Beckens  offenbar  nicht  gebracht; 
alle  die  verschiedenen  Sorten  von  Fahrzeugen,  die  heute  unter  den 
mannigfaltigsten  einheimischen  Namen  auf  den  Strömen  und  Flüssen 


—     61     — 

schwimmen  und  die  Camara  so  hübsch  behandelt  hat,  sind  europäische 
Verbesserungen  indianischer  Typen  und  gehören  nicht  in  diese  Ab- 
handlung. Die  Aymores  und  verwandte  Tapuya  sollen  ebensowenig 
irgendeine  Art  von  Wasserfahrzeugen  besessen  haben,  wie  Bororö  und 
IVrakü,  obwohl  sich  im  Sprachschatz  der  beiden  letzteren  einheimische 
Worte  für  „Boot"  finden.^ 

Die  im  Chaco  und  in  Süd-Brasilien  aus  weichmarkigen  Bombaceen 
angefertigten  Boote,  die  ein  Mittelding  zwischen  Kanu  und  Canoa  dar- 
stellen, sind  bereits  erwähnt  worden,  ebenso  wie  die  Rundboote  der 
Pampas.  Das  Schicksal  der  Canoa  bei  manchen  Stämmen  dieser 
Gegenden  zeigt  an  einem  neuen  Beispiel,  in  wie  hohem  Grade  die 
Schiffahrt  der  Indianer  von  der  Natur  beeinflusst  worden  ist.  Als  die 
Europäer  zuerst  die  Chaco-Gegenden  betraten,  waren  die  Abiponer  ein 
ausgesprochenes  Wasservolk,  welches  mehr  Canoas  besass,  als  andere 
Völker.  In  welchem  Umfange  sie  nach  Einführung  der  Pferde  ein 
reines  Reitervolk  geworden  sind,  welches  lediglich  die  kümmerliche 
Pelota  kannte,  das  wissen  wir  aus  Dobrizhoffer's  trefflicher  Mono- 
graphie. Ganz  genau  so  steht  es  mit  den  Charrüa  und  sittenverwandten 
Nachbarn.  Während  sie  zur  Zeit  der  Entdeckung  mit  17  bis  20  m 
langen  und  0,85  bis  1  m  breiten  Canoas  geschickt  und  schnell  das 
Meer  befuhren,  waren  sie  später  als  Reitervolk  so  wasserfremd  geworden, 
dass  Azara  und  Burmeister  trotz  Schmidels  ausdrücklicher  Angabe 
die  Teilnahme  der  Charrüa  beim  Angriff  der  vier  verbündeten  Nationen 


^  Pigafetta,  m  „Firsfc  Voyage  round  the  World",  p.  44;  —  Soares  de  Souza: 
p.  206,  207 ;  —  Magalhäes  de  Gandavo  in  „Revista  Trimensal",  XXI,  417 ;  —  Vas- 
concellos:  „Vida  de  Anchieta",  p.  68;  —  Cardira:  „Narrativa",  p.  81,  90,  94: 
Carvajal:  p.  LXXIV-LXXV;  p.  69—70,  88,  92;  —  Vicente  do  Salvador:  p.  12 
Simon :  I,  287 ;  —  „Doc.  Inedit.  Arch.  Indias",  IV,  241 ;  —  Texeira :  XIII,  440—441 
Richshoffer:  „Diario",  p.  121;  —  Ribeiro  de  Sampaio:  p.  107;  —  Spix  und  Martius: 
III,  1076,  1255;  —  Martius:  „Ethnographie",  p.  194—195;  —  Wied:  „BrasUien", 
I,  85;  II,  43;  —  Bates:  p.  44,  100,  265;  —  Burton  in  „Captivily  of  Hans  Stade", 
p.  XX;  —  „Exped.  into  the  Valley  of  the  Amazons",  p.  179—180;  —  von  den  Steinen: 
„Reise",  p.  233,  241,  241— 242;  —  Derselbe:  „Naturvölker",  p.  433,  483;  —  Camara: 
p.  77  ff.  —  Coudreau:  „Tocantins",  p.  212,  217,  277;  —  Koch-Grünberg,  im  „An- 
thropos",  I,  879,  905,  Anm.  4;  —  Manuel  Rodriguez:  p.  116;  —  „Noticias  Auten- 
ticas",  XXVI,  422,  425;  XXIX,  238;  XXX,  215;  XXXIII,  45;  —  Laureano  de  Santa 
Cruz:  p.  274,  275  ff.,  296;  —  Gonsalves  da  Fonseca:  p.  35—88,  88,  91,  102,  103, 
107 ;  —  Veigl :  p.  81—86 ;  —  Poeppig:  ]I,  281—282 ;  —  Smyth  and  Lowe :  p.  152-153, 
plate;  —  Cardüs:  p.  292;  —  Crevaux:  p.  93,  95,  129,  132,  152,  153,  155,  156,  172, 
185,  317;  —  Ordinaire:  p.  282;  —  Marcoy :  I,  461,  512,  595,  621,  et  note  2;  627, 
630,  635,  663—664;  II,  153,  236,  257,  306,  312;  —  Cappa:  I,  5-6. 


—     62     — 

auf  Buenos  Aires  bezweifelt  haben,  weil  sie  nicht  im  Besitz  von  Canoas 
gewesen  seien,  um  über  den  La  Plata  zu  setzen.  Orbigny  führt  eine 
ganze  Reihe  von  Stämmen  auf,  Charrüa,  Chiquitos,  Patagonier,  Tobas, 
Mataguayos,  Samucos,  Siriones,  die,  wie  er  jedesmal  ausdrücklich 
wiederholt,  „niemals"  ein  Boot  gebaut  oder  benutzt  hätten.  Abgesehen 
davon,  dass  sich  in  einigen  Fällen  das  Unrichtige  dieser  Behauptung 
unmittelbar  nachweisen  lässt,  legt  eine  vergleichende  Überlegung  die 
Annahme  nahe,  dass  sie  wahrscheinlich  durchweg  falsch  ist.  Man  geht 
nicht  fehl,  wenn  man  behauptet,  dass  ein  erheblicher  Teil  der  Stämme, 
die  nach  Einführung  von  Pferd  und  Rind  mit  Bola  und  Lasso  auf  der 
Pampa  und  im  Chaco  umherstreiften  und  keine  andere  Nahrung  zu 
sich  nehmen  wollten  als  Fleisch,  in  früherer  Zeit  mit  Canoas  den 
Fischen  nachgingen.  Denn  auf  diesen  weiten  Ebenen  gab  es  nicht 
die  Bisonherden  von  Millionen  von  Köpfen,  denen  im  Norden  die 
Teyas  und  Querechos  mit  Kind  und  Kegel  und  ihren  kleinen  Hunde- 
schlitten nachzogen  und  die  ihnen  reichlich  Nahrung  boten.  Die  Pampa 
und  der  südliche  Chaco  können  nur  ganz  dünn  bevölkert  gewesen  sein, 
denn  wie  die  nördlichen  Onas  auf  Feuerland  können  sie  dort  nur  von 
Guanacos  gelebt  haben,  die  nur  eine  ganz  ausserordentlich  dünne  Be- 
völkerung ernähren  können. 

Die  grossen  Flottillen,  welche  die  spanischen  Entdecker  auf  dem 
Plata,  Paranä  und  Paraguay  antrafen,  bestanden  aus  Einbäumen  aller 
Grrössen,  vom  kleinen  3  m  langen  Fischerboot  bis  zur  Kriegs-Canoa 
von  24  m  Länge.  Je  weiter  man  die  Flüsse  aufwärts  ging,  desto 
kleiner  wurden  nach  dem  mehrfach  erörterten  Gesetz  die  Fahrzeuge ; 
während  man  auf  dem  unteren  Paranä  und  Paraguay  noch  Canoas 
von  9  bis  10  m  Länge  antraf,  besassen  die  räuberischen  Payaguäs 
nördlich  von  Asunciön  nur  noch  solche  von  höchstens  6  bis  7  m  Länge. 
Mit  diesen  an  Bug  und  Heck  spitzen  Canoas  sollen  sie,  wenn  es  bei 
ihren  Kriegszügen  darauf  ankam,  38  bis  40  km  in  einer  Stunde  zurück- 
gelegt haben.  Dies  behauptet  wenigstens  ganz  ausdrücklich  Azara; 
wäre  es  denkbar,  dass  ein  Pferd  solange  aushielte,  so  würde  es 
zwanzig  Minuten  mehr  gebrauchen,  um  diese  Strecke  von  40  km  im 
Exerziergalopp  zurückzulegen.  Im  Quellgebiet  des  Paraguay,  in  der 
Gegend  des  heutigen  Cuyabä,  traf  Cabeza  de  Vaca  auf  die  Guaxarapos, 
ein  richtiges  Wasservolk,  das  nach  Süden  einen  schwunghaften  Boot- 
Handel  mit  den  Payaguäs  betrieb.  Vier  Monate  des  Jahres,  zur  Zeit  der 
Hochwasser,  lebten  sie  in  ihren  Canoas,  in  denen  ein  Feuerherd  aus 
Lehm  errichtet  war;    so  zogen  die  Familien  umher,  jagten  das  Wild, 


—     63     — 

das  auf  den  erhöhten,  trocken  gebhebenen  Stellen  zusammengetrieben 
war,  und  sammelten  beim  Fallen  des  Wassers  die  Fische,  welche  in 
Masse  auf  dem  Trockenen  zurückblieben. ^ 

Um  die  Zahl  der  Mischgebiete  um  ein  letztes  zu  vermehren,  muss 
noch  Peru  und  Chile  genannt  werden,  wo  Einbäume  vereinzelt  vor- 
kamen. Die  Yuncas,  die  Küstenstämme  des  Inkareiches,  besassen 
stellenweise  Canoas.  Drake  traf  einen  Indianer  mit  Einbaum  in  der 
Gegend  des  Rio  Limari,  Coquimbo,  und  Pineda  y  Bascuilän  wurde  als 
Gefangener  der  Araukaner  vermittelst  einer  Canoa  in  der  Nähe  von 
La  Imperial  über  einen  Fluss  gesetzt. 

Das  Hauptverbreitungsgebiet  dieser  Canoas  in  Chile  scheint  aber 
die  Küstengegend  von  Concepciön  gewesen  zu  sein ;  im  Gegensatz  zur 
Dalca  hiess  ein  solches  Boot  Huampu.  Die  Inselbewohner  von  Santa 
Maria  und  Mocha  bedienten  sich  ihrer  unverzagt  zu  längeren  See- 
fahrten, obwohl  sie  sehr  wenig  leistungsfähige  Fahrzeuge  waren.  ^ 

Die  Piragua. 

Über  die  Piragua  ist  schon  einiges  gesagt  worden.  Nach 
Rafinesque  stammt  das  Wort  aus  dem  Dialekt  der  Aruaks  von  Puerto 
Rico,  nach  Oviedo  aus  der  Sprache  der  Insel-Caraiben ,  nach  Cobo 
von  Tierra  Firme,  hier  Guayana  und  Venezuela,  also  auch  wohl  aus 
der  Caraiben-Sprache.  Rojas  hat  gefragt,  ob  das  Wort  nicht  vielleicht 
der  Tupi-Sprache  entnommen  sei  und  mit  dem  Tupi-  und  Guarani- 
Wort  pirä,  Fisch,  zusammenhänge.  Zusammensetzungen  und  auch  Orts- 
bezeichnungen, wie  Piräquä  und  Piracunän  erinnern  allerdings  stark 
an  unser  Wort.  Die  Tatsache,  dass  die  Tupi  und  Guarani  den  Typus 
der  Piragua  gar  nicht  gekannt  haben,  würde  schliesslich  angesichts 
der  Willkür,  mit  der  einheimische  Namen  auf  indianische  Fahrzeuge 
angewendet  worden  sind,  belanglos  sein.  Wie  bereits  dargelegt^  wird 
nach  dem  Vorgange  der  Spanier  unter  Piragua  jedes  primitive  ameri- 
kanische  Boot    bezeichnet,    dessen    Bordwände    durch   Aufsetzen   von 


^  Schmidel:  p.  32,  34,  38,  41 ;  —  Cabeza  de  Vaca:  „Naufragios  y  Comentarios"  I, 
278,  279,  280—281;  —  Gomes  Jardim,  in  „Revista  Trimensal",  XIII,  353-355;  — 
Lopes  de  Souza,  in  „ßevista  Trimensal",  XXIV,  48;  —  Azara:  II,  57,  144—145;  — 
d'Orbigny:  p.  102,  172,  223,  226,  232,  238,  251,  256,  264,  285,  290,  294,  295,  298, 
302,  304,  306,  308,  310,  333,  341,  348;  —  Boggiani:  „Caduvei",  p.  5.  — 

2  Fletcher:  „Drake",  p.  100;  —  Cobo:  IV,  216;  —  Pineda  y  Bascufiän:  p.  87;  — 
Rosales:  I,  173,  174;  —  Medina:  „Aborijenes",  p.  191—192;  —  Valdivia:  „Arte"; 
sub  „varco",  „nauio";  —  Havestadt:  I,  507,  Ziff.  557. 


—     64     — 

Planken  ganz  oder  doch  wenigstens  zum  Teil  eine  Erhöhung  erhalten 
haben.  Das  Fahrzeug  war  also  kein  reiner  Einbaum  mehr,  vielmehr 
war  der  Einbaum  zu  einem  erweiterten  Kiel  herabgedrückt  und  hatte 
sich  mit  der  aufgesetzten  Planke  in  die  Schiffswand  zu  teilen.  Wurde 
dann  im  Laufe  der  Entwicklung  die  Zahl  der  Planken  verdoppelt  oder 
verdreifacht,  wurde  dementsprechend  der  Einbaum  immer  kleiner 
und  kielartiger ,  so  nähern  wir  uns  dem  Boot  des  modernen 
Schiffszimmermanns.  So  erklärt  die  Piragua  die  Entstehung  unserer 
Boote  aus  dem  Einbaum  unserer  Vorfahren,  ebenso  wie  die 
Dalca  der  Schlüssel  für  die  Entwicklung  des  Plankenboots  aus  dem 
Kanu  ist. 

In  Amerika  gab  es  fünf  Verbreitungsgebiete  der  Piragua,  die 
Nordwestküste,  die  Santa  Barbara-Inseln,  Mexico,  die  Kleinen  Antillen 
und  Gruayana.  Von  ihnen  hängen  die  Kleinen  Antillen  und  Guayana 
zweifellos  zusammen,  bei  der  Nordwestküste  und  dem  Santa  Barbara- 
Bezirk  glaube  ich  an  einen  ehemaligen  Zusammenhang  zuversichtlich, 
während  Mexico  mit  seinen  weniger  charakteristischen  Piraguas  allein 
dasteht.  Denn  ehemalige  Beziehungen  von  Nahuas  zu  Nordwest-India- 
nern sind  zunächst  noch  nicht  bewiesen. 

Wo  sonst  noch  Piraguas  gefunden  worden  sind,  auf  dem  Isthmus 
und  zur  spanischen  Zeit  in  Peru,  da  sind  sie  offenbar  Entlehnungen 
oder  Übertragungen.^ 

Die  Piraguas  der  Nordwest-Indianer  hatten  in  der  Regel  nur 
Plankenerhöhung  an  Bug  und  Heck;  nur  in  seltenen  Fällen  scheint 
sie  um  das  ganze  Boot  herumgelaufen  zu  sein.  Sie  war  bis  zu  1  m 
hoch  und  besass  am  Bug  zuweilen  Schiessscharten.  Über  die  Grösse 
der  Fahrzeuge  ist  schon  einiges  gesagt  worden :  Meares  sah  bei  Nutka 
eine  Kriegs-Flottille  von  10  Piraguas  mit  je  30  Mann  Besatzung, 
solche  mit  40  bis  50  Mann  werden  oft  genannt,  und  Gouverneur 
Simpson  mass  bei  den  Heiltsuk  eine  Piragua,  die  18,3  m  lang,  2  m 
breit,  1,35  m  tief  war  und  für  100  Mann  Raum  bot.  Diese  grossen 
und  dabei  eleganten  und  leistungsfähigen  Fahrzeuge  sind  oft  beschrieben 
und  gerühmt  worden ;  man  sagt,  dass  sie  das  Modell  für  die  s.  Z.  ge- 
feierten Klipperschiffe  der  Union  abgegeben  hätten.^ 


1  Martius:  „Wörtersammlung",  p.  3191,  521;  —  Cobo :  IV,  217;  —  Montoya: 
„Tesoro",  p.  297;  —  Eojas:  p.  121;  —  v.  Tschudi:  „Peru",  I,  295. 

2  La  Perouse:  II,  206;  —  Vancouver:  II,  84,  85;  -  Marchand:  I,  258—260, 
366-367;  —  Lütke:  1,212;  -  Simpson:  „Narrative",  I,  204: 
Races",  I,  106,  166,  216;  —  Niblack:  p.  295. 


—     65     — 

Zu  beiden  Seiten  des  Santa  Barbara-Kanals,  auf  den  Inseln  und 
dem  Festlande  bis  etwa  zur  Punta  Concepciön  im  Norden,  wohnten 
die  1853  ausgestorbenen  Santa  Barbara-Indianer.  Die  ersten  Nach- 
richten über  sie  stammen  von  den  spanischen  Expeditionen  Cabrillo 
und  Vizcaino.  Diese  Indianer  besassen  Piraguas  von  6,7  bis  8,4  m 
Länge  und  1,25  m  Breite,  welche  bis  zu  20  Personen  aufuehmen 
konnten.  In  den  kleinen  Fischerbooten  pflegten  sich  2  Mann  zu  be- 
finden und  ein  Knabe  zum  Ausschöpfen  des  Sodwassers.  Nach  Gal- 
vano stiess  die  Expedition  Cabrillo  auf  Fahrzeuge,  deren  Beschreibung 
stark  an  die  grossen  Kriegs-Piraguas  der  Haidas  erinnert.  Da  aber 
Ferrelo,  Cabrillos  Nachfolger  im  Kommando  der  Expedition,  nicht 
weit  nach  Norden  über  Kap  Mendocino  hinaus  vorgedrungen  ist,  so 
müssten  entweder  Fahrzeuge  der  Nordwest-Indianer  bis  in  diese  Gegend 
gelangt  sein,  oder  aber,  was  wahrscheinlicher  ist,  die  Nachricht  ist 
stark  übertrieben,  und  es  handelt  sich  um  die  Piraguas  der  Santa 
Barbara-Insulaner,  deren  bisher  in  Amerika  nie  gesehene,  verhältnis- 
mässig hochstehende  Schiffsbau-Technik  die  Spanier  immerhin  über- 
rascht hatte.  Dass  diese  Insulaner  nach  Norden  erheblich  über  ihre 
Heimatsgrenzen  hinausfuhren,  kann  man  bei  Vancouver  lesen,  der  eine 
Santa  Barbara-Piragua  unter  35^  42'  nördlicher  Breite  und  239°  6' 
westlicher  Länge  antraf.  Dieser  vortreffliche  Seemann  war  höchst 
erstaunt,  inmitten  des  californischen  Binsen-Balsa-Gebiets  so  voll- 
kommene Fahrzeuge  zu  finden,  die,  wie  er  angibt,  „much  after  the 
Nootka  fashion"  gebaut  waren.  Es  muss  gesagt  werden,  dass  der 
Charakter  der  Santa  Barbara-Fahrzeuge  nicht  ganz  klar  ist;  hätten 
wir  allein  die  Berichte  der  alten  spanischen  Chronisten,  so  müsste  man 
sie  für  Dalcas  ansprechen.  Der  bei  La  Pateiia  gefundene  Bootrest 
ist  leider  so  wenig  eingehend  beschrieben  worden,  dass  er  nichts  zur 
Lösung  der  Frage  beiträgt.  Die  Bemerkung  des  tüchtigen  Beobachters 
Vancouver  ist  für  mich  ausschlaggebend  gewesen ,  die  Santa  Barbara- 
Boote  als  Nootka-ähnliche  Piraguas  zu  erklären.  Sie  werden  es  nur 
insoweit  gewesen  sein,  als  das  minderwertige  Holzmaterial  ihrer  Heimat 
es  gestattete,  und  mögen  den  hierdurch  notwendig  gewordenen  Modi- 
fikationen einige  Dalca-Ähnlichkeit  verdankt  haben.  Beachtensw^ert  ist, 
dass  diese  Plankenboote  durch  3  m  lange  Doppel-Pagajen  fortbewegt 
wurden. 

Die  Santa  Barbara-Stämme  standen  ethnisch  und  sprachlich  in 
ihrer  Umgebung  völlig  isoliert  da;  sobald  man  über  die  Punta  Con- 
cepciön nach  Norden   hinaus  ging,  gelangte  man   in  das  Gebiet  ganz 

Studien  und  Forschungen  I.  5 


n/ 


—     66     — 

anders  gearteter,  armseliger  Balsa-Schiffer ;  im  Süden  war  es  genau 
so,  obwohl  sich  hier  die  Grenze  weniger  gut  feststellen  lässt.  Dr.  Eisen 
meint,  dass  nur  vier  Wörter  aus  dem  Sprachschatz  dieser  ausgestorbenen 
Indianer  auf  uns  gekommen  seien;  ihre  Untersuchung  hat  zu  keinem 
Ergebnis  hinsichtlich  ihrer  Zugehörigkeit  geführt.  Aber  es  sind  ausser 
diesen  vier  noch  23  andere  Worte  vorhanden,  die  bei  Buschmann  zu 
finden  sind  und  zu  einer  Untersuchung  herausfordern.  Vielleicht  kommt 
ein  Sprachforscher  auf  die  richtige  Fährte,  wenn  ich  darauf  hinweise, 
dass  ein  guter  Teil  der  wenigen  uns  bekannt  gewordenen  Sitten  der 
Barbara- Stämme  auffällig  an  die  Nordwest-Indianer  erinnert.  Ich  sage 
dies,  obwohl  ich  mir  bewusst  bin,  dass  Völker  unter  ähnlichen  Lebens- 
bedingungen, wie  es  diese  beiden  Seevölker  waren,  eine  erhebliche 
Zahl  übereinstimmender  Sitten  entwickeln  werden.  Die  im  Folgenden 
aufgeführten  ethnologischen  Momente  aus  dem  Kulturkreis  der  Santa 
Barbara-Stämme  fehlten,  soweit  bekannt,  ihren  unmittelbaren  Nach- 
barn, werden  aber  jeden  Kenner  der  Nordwest-Indianer  sofort  an 
diese  erinnern. 

Sie  besassen  Planken-Boote  und  jagten  Seehunde  und  ähnliche 
Tiere  mit  Harpunen,  deren  selbstlösliche  Spitze  durch  eine  lange 
Schnur  an  dem  Schaft  befestigt  war.  Sie  bauten  grosse  Hütten 
(grandes  cabanas)  und  errichteten  auf  dem  Dorfplatz  viele  dicke  masten- 
ähnliche Pfähle,  die  reichlich  bemalt  waren  (tienen  muchos  maderos 
incados,  como  masteles,  y  muy  espesos,  tienen  muchas  pinturas  en  los 
mismos  palos).  Grosse  Raben  waren  ihre  heiligen  Vögel.  Sie  waren 
von  einem  derartigen  Handels-  und  Schachergeist  beseelt,  dass  sie 
„Die  Chinesen  Californiens"  genannt  wurden.  Sie  stahlen  wie  die 
Spartiaten,  während  ihre  roheren  Nachbarn  ausdrücklich  von  diesem 
Laster  freigesprochen  werden.  Sie  waren  sehr  kriegerisch ;  immer  war 
ein  Dorf  mit  dem  anderen,  oder  eine  Insel  mit  dem  Nachbar-Eiland 
in  Fehde,  ohne  dass  doch  deswegen  ein  reger  Handel  im  Archipel 
und  nach  dem  Festlande  aufhörte.  Die  Köpfe  der  Kriegsgefangenen 
wurden  von  älteren  Männern,  vielleicht  Schamanen,  abgeschnitten,  um 
zu  Trophäen  verarbeitet  zu  werden,  während  die  überlebenden  Kriegs- 
gefangenen zu  Sklaven  gemacht  wurden.  Eine  Empfangs-Zeremonie, 
die  von  der  Expedition  Vizcamo  genau  in  derselben  Form  beobachtet 
wurde,  wie  später  von  Vancouver,  fand  sich  unter  genau  denselben 
Formen  bei  den  Nordwest-Indianern,  wie  wir  durch  Cook,  Meares  und 
Vancouver  wissen.  Waren  die  Piraguas  oder  Canoas  auf  eine  be- 
stimmte Entfernung    an    das    zu   begrüssende   Schiff  herangekommen, 


—     67     — 

so  hielten  sie  an  und  sammelten  sich,  um  dann  unter  feierlichem 
Ohorgesang  und  unter  Schlaghalten  der  Pagajen  dreimal  um  das 
Fahrzeug  herumzufahren.  Nach  Vollendung  der  dritten  Rundfahrt 
kamen  sie  heran,  legten  an  und  gingen  nun  furchtlos  an  Bord,  um 
zuweilen  auf  Deck  noch  einen  dreimaligen  Rundgang  zu  machen. 
AVährend  im  Santa  Barbara-Gebiet  zu  Vizcaino's  Zeiten  das  übliche 
Friedenszeichen  darin  bestand,  dass  man  Erde  mit  den  Händen  in 
die  Luft  warf,  „echar  tierra  en  alto  con  las  manos",  kündeten  die 
Nordwest-Indianer  ihre  friedlichen  Gesinnungen  dadurch  an,  dass  sie 
eine  weisse  Adlerfeder  in  die  Luft  bliesen.  Es  sind  dies  natürlich 
nur  Ausserlichkeiten ,  aber  man  beachte,  dass  sie  einen  erheblichen 
Teil  der  ganz  wenigen  Sitten  ausmachen,  die  uns  überhaupt  über  die 
Barbara-Indianer  überliefert  sind.  Es  erscheint  mir  sehr  wohl  möglich, 
dass  die  Santa  Barbara-Indianer  ein  südlicher  Ausläufer  der  Nord- 
west-Stämme waren,  deren  leistungsfähige  Schiffahrt  sie  in  zurück- 
liegenden Zeiten  hierher  geführt  hatte. ^ 

Bei  den  Azteken  scheinen  nur  die  grösseren  Kriegs-Canoas  zu 
Piraguas  ausgebaut  gewesen  zu  sein.  Sie  hatten,  wie  es  die  Spanier 
nannten,  „tablazön" ,  Plankenaufsatz  an  Bug  und  Heck  zum  Schutz 
der  Besatzung  gegen  feindliche  AVurfgeschosse.  Die  Abbildungen  in 
den  Codices  bestätigen  diese  Angaben;  denn  wenn  diese  Zeichnungen 
auch  viel  Schematisches  und  Konventionelles  an  sich  haben,  so  bringen 
sie  doch  das  Charakteristische  der  Formen  besonders  gut  zum  Aus- 
druck und  machen  auf  den  ersten  Blick  klar,  dass  Canoas  mit  so 
ungewöhnlich  steilem  Bug  und  Heck  nicht  mit  dem  Körper  des  Fahr- 
zeuges zusammen  aus  einem  Baumstamm  herausgearbeitet  gewesen  sein 
können.  Die  grössten  Azteken-Piraguas  auf  dem  See  von  Mexico 
fassten  bis  zu  60  Pagajer  und  führten  für  vornehme  Passagiere  in  der 
Mitte  eine  kleine  Hütte  oder  ein  Sonnensegel. ^ 

Die  Piraguas  der  Insel-Caraiben  und  verschiedener  Stämme  in 
Guayana  waren  die  vollkommensten  und  leistungsfähigsten  Fahrzeuge 


1  Torquemada:  I,  712-713,  714II,  719 II,  720 II;  —  „Doc.  Inedit.  Arch.  Indias", 
XIV,  177,  182;  —  Galvano:  p.  230-231;  -  Fages:  p.  170,  171,  314;  -  Venegas: 
II,  441;  —  Vancouver:  I,  263,  305;  II,  246-247,  281,  385,  393,  445,  450;  III,  227, 
234,  291;  —  Cook:  II,  20;  -  Meares,  in  Forster:  „Geschichte"  I,  104,  105;  — 
Paloii:  VII,  361;  -  Buschmann:  p.  540—541;  —  Eisen:  p.  15,  16,  20-21,  24;  — 
Boscana:  p.  308-309;  —  Bancroft:  „Native  Races",  I,  408—409. 

2  Diaz  del  Castillo:  I,  105;  II,  126,  127;  —  „Lienzo  de  Tlaxcalla",  läm:  18, 
18a;  —  Torquemada:  I,  4601;  —  Herrera:  II,  205 IL  — 

5* 


—     68     — 

des  primitiven  Amerika.  In  der  Theorie  mag  schiffstechnisch  die  Dalca 
den  höheren  Typus  darstellen,  in  der  Praxis  erreichte  sie  nicht  annähernd 
die  Leistungsfähigkeit  der  Piragua.  Die  Herstellung  geschah  in  der 
Weise,  dass  von  dem  ausgehöhlten  Stamm  die  beiden  Enden  durch 
senkrechte  Schnitte  völlig  entfernt  wurden,  so  dass  das  im  Werden 
begriffene  Boot  hinten  und  vorn  offen  war  und  nur  aus  dem  Kiel  und 
zwei  parallelen  senkrechten  Seitenwänden  bestand.  In  diesem  Zustande 
wurden  nun  diese  beiden  Wände  mit  Hilfe  von  Feuer  und  Wasser  möglichst 
weit  auseinander  getrieben  und  erhielten  ihrer  ganzen  Länge  nach  einen 
aufgenähten  Plankenaufsatz  von  40  bis  45  cm  Höhe.  Auf  diese  Weise 
wurde  eine  obere  Breite  der  Boote  von  2,25  bis  3,25  m  erreicht. 
Die  etwa  dreieckigen  Offnungen  vorn  und  hinten  wurden  nun  durch 
Querbretter  geschlossen,  die  gewöhnlich  den  oberen  Bootrand  ein  wenig 
überragten.  Die  Piraguas  wurden  gründlich  kalfatert  und  innen  in 
Abständen  von  60  zu  60  cm  mit  Querhölzern  als  Duchten  für  die 
Pagajer  versehen.  Die  Piraguas  der  Insel-Caraiben  waren  13  bis 
19  m  lang  und  trugen  Besatzungen  von  50  bis  60  Mann.^ 

Grenau  dieselben  Piraguas  oder  auch  Boote  mit  Plankenerhöhung 
nur  am  Bug  und  Heck  finden  sich  bei  den  Caraiben  und  Aruaks  von 
Guayana  und  stellenweise  längs  der  Küste  von  Venezuela  und  Columbia 
bis  nach  Santa  Marta  und  Cartagena.  Die  Caraiben  sind  vornehmlich 
die  Erbauer  der  vollkommenen  Piraguas,  während  die  Aruaks  diese 
offenbare  Caraiben-Erfindung  von  ihnen  nur  teilweise  entlehnt  haben 
und  sich  in  der  Hauptsache  mit  Canoas  oder  mit  nur  am  Bug  und 
Heck  erhöhten  Piraguas  begnügten.  Die  Beplankung  bestand  aus 
20 — 30  cm  hohen  Brettern  aus  Palmholz  oder  aus  dem  weichen  Holz 
der  Cecropia  peltata,  aus  der  Verwandtschaft  der  Maulbeerbäume. 
Stellenweise  wurden  diese  Arbeiten  gänzlich  ohne  Kalfaterung  fertig- 
gestellt ,  ohne  hierdurch ,  wie  Gumilla  erklärt ,  an  Brauchbarkeit  den 
übrigen  nachzustehen.^ 

Die  Übersicht  über  die  primitiven  Wasserfahrzeuge  Amerikas  ist 
hiermit  beendet.     Es   ist   gezeigt  worden,  wie   sie  in  der  Hauptsache 


1  Herrera:  I,  196 II;  -  Breton:  „Car.-Frang.",  p.  551,  821,  881,  108,  113 II, 
1141,  115-116,12311,  1261,  1341,  144,  156II,  158II,  1641,164—165,  1681,  1711, 
185 II,  2191,  249 II,  251—252,  256,  2681,  4041,  4061,  443 II,  449-450,  458 II;  — 
du  Tertre:  II,  397-399;  —  de  la  Borde:  p.  26;  —  Rochefort:  p.  452—453. 

2  Gombervüle:  „Dissertation",  p.  26;  —  Grillet  et  Bechamel,  p.  221,  et  note;  — 
Barröre:  p.  28,  pl.;  p.  133-134;  —  Gumilla:  II,  131-133;  —  Gilij :  I,  64-65;  - 
Hartsinck:  I,  22;  —  Brett:  p.  32;  —  Kappler:  p.  232;  —  imThurn:  p.  293-295. 


—     69     — 

«ine  Funktion  der  den  Indianer  umgebenden  IN'atur  waren.  Zwar  finden 
wir  hin  und  wieder  Erscheinungen,  die  hierdurch  nicht  zu  erklären  sind, 
und  die  man  geneigt  ist,  ethnologischen  Wanderungen  oder  Entlehnungen 
zuzuschreiben.  So  das  Vorkommen  des  sonderbaren  „piperi"  unter  den 
Insel-Caraiben,  das  man  gern  mit  den  Tupi  in  Verbindung  bringen  möchte, 
mit  denen  ja  auch  sonst  die  Caraiben  in  ihren  Sitten  so  manches  Ge- 
meinsame haben.  Aber  im  allgemeinen  trifft  der  obengenannte  Satz  zu  *, 
man  hat  seine  Richtigkeit  in  historischen  Zeiten  prüfen  können. 

Auch  die  europäischen  Kolonisten  haben  sich  diesen  Einflüssen 
nicht  entziehen  können.  Jahrhundertelang,  stellenweise  noch  heute, 
haben  die  einheimischen  Fahrzeuge  die  besseren  europäischen  Boote 
und  Schiffe  nicht  aufkommen  lassen.  Nach  dem  Fall  von  Mexico 
kamen  Cortes'  berühmte  Brigantinen,  der  Stolz  der  Spanier,  ausser 
Verwendung,  weil  sie  für  die  Praxis  in  jenen  flachen  Gewässern 
unbrauchbar  waren,  der  die  Canoas  der  Indianer  am  besten  ent- 
sprachen. Die  vorher  genannten  Jesuiten-Boote  auf  La  Plata  und 
Magdalena,  sowie  im  Norden  die  „Ark"  der  anglo-amerikanischen 
Hinterwäldler,  die  uns  aus  Cooper's  „Deerslayer"  geläufig  ist,  stellen 
Versuche  der  Weissen  dar,  sich  an  Naturverhältnisse  anzupassen,  denen 
die  üblichen  europäischen  Schiffstypen  nicht  gewachsen  waren.  Erst 
mit  der  Ausrodung  der  Wälder,  mit  der  Urbarmachung  des  Bodens  und 
einer  gewissen  Regulierung  der  Flüsse,  ganz  besonders  aber  erst  nach 
Erfindung  der  Dampfschiffe  hat  das  Indianerboot  im  Innern  Amerikas 
den  europäischen  Fahrzeugen  weichen  müssen.  Es  ist  ein  Vorgang, 
der  noch  nicht  beendet  ist.  Dort  aber,  wo  die  europäischen  Schiffe 
ihre  Überlegenheit  ungehindert  zeigen  konnten,  und  wo  auch  bisher  die 
indianische  Schiffahrt  ihre  beste  Entwicklung  genommen  hatte,  auf  dem 
freien  Meere,  lagen  die  Dinge  ganz  anders.  Hier  ist  durchweg  innerhalb 
weniger  Jahrzehnte  nach  dem  ersten  Erscheinen  der  Europäer  in  den 
betreffenden  Gegenden  die  Eingeborenen-Schiffahrt  in  der  Hauptsache 
vom  Meere  verschwunden.  Denn  gerade  die  Küsten  waren  in  erster  Linie 
dem  Eindringen  der  europäischen  Zivihsation  zugänglich,  die,  wie  immer, 
wo  eine  höhere  Kultur  unvermittelt  auf  eine  erheblich  niedrigere  platzt, 
den  Indianer  auf  eine  schnell  absteigende  Bahn  brachte.  Die  in- 
dianische Kultur  Amerikas  war  zur  Zeit  der  Entdeckung  im  Auf- 
steigen begriffen;  von  da  an  ging  es  mit  ihr  rapide  bergab.^ 


^  Acosta:   I,  241;   —  Cooper:   „Guide   in  the  Wüderness",  p.  13;  —  School- 
craft:  „Personal  Memoirs",  p.  19—20;  —  Cooper:  „The  Deerslayer",  p.  38. 


—     70     — 

Das  Eudergeschirr. 

Die  sprachlichen  Formen  für  das  kurze  Streichruder  der  Natur- 
völker sind  mannigfach,  Pagaje,  Pagalle,  Pagaie,  Paddle.  In  der 
äusseren  Form  herrschte  in  Amerika  grosse  Übereinstimmung,  in 
Eiuzelheiten  und  Kleinigkeiten  jedoch  unterschieden  sie  sich  von  Stamm 
zu  Stamm  ebenso  regelmässig,  wie  etwa  Bogen,  Pfeile  und  Boote. 
Gemeinsam  war  allen  ein  gewisses  allgemeines  Äussere,  das  den 
Spaniern  den  Vergleich  mit  einer  „pala  de  horno"  oder  „cucharön", 
Backschaufel  oder  grossem  Vorlegelöffel,  nahe  legte.  Gemeinsam  war 
ihnen  auch  die  Form  des  Schaftes,  der  fast  regelmässig  in  einen 
Krückengriff,  in  selteneren  Fällen  in  eine  Kugel  auslief.  Blatt  und 
Schaft  teilten  sich  gewöhnlich  zu  gleichen  Teilen  in  die  Gesamtlänge 
der  im  allgemeinen  kurzen  Pagajen;  war  dies  nicht  der  Fall,  dann 
war  häufiger  der  Schaft  länger  als  umgekehrt.  Vielfach  lief  das  Blatt 
in  eine  scharfe,  lanzenartige  Spitze  aus  und  gestattete  den  Gebrauch 
der  Pagaje  als  nicht  ungefährliche  Waffe;  die  Nordwestküste,  die 
Maynas-Länder,  Chaco  und  Magalhäes-Strasse  bieten  hierfür  treffliche 
Beispiele.^ 

Das  Pagajen  geschieht  in  der  Weise,  dass  der  Mann  mit  dem 
Antlitz  voraus  mit  der  einen  Hand  den  Krückengriff  von  oben  erfasst, 
mit  der  anderen  den  Schaft  in  der  Nähe  des  oberen  Blattendes  ergreift. 
Beim  Eintauchen  schiebt  die  erste  Hand  nach  vorn,  während  die  andere 
nach  dem  Leibe  zu  zieht.  Die  Wirkung  ist  genau  die,  welche  unser 
Streichen  erzielt.  Die  Vorzüge  des  Pagajens  vor  dem  Rojen  und 
Streichen  sind  die,  dass  die  Pagajer  im  Boot  viel  enger  sitzen  können 
als  die  Rojer  und  dass  das  unvermeidliche  Geräusch  fortfällt,  welches 
durch  die  Reibung  zwischen  Remen  und  Dollen  bei  jedem  Schlag 
erzeugt  wird.     Für   die  indianische  Kriegführung  waren  beide  Punkte 


^  Über  die  Herkunft  des  Wortes  Pagaje  habe  ich  in  den  amerikanischen  Quellen 
nichts  gefunden;  die  irokesischen  Worte  gagaSe  und  gagaSet  können  nur  das 
Interesse  einer  zufälligen  Übereinstimmung  beanspruchen;  nach  Veth  stammt  das 
Wort  pagaai  entweder  direkt  aus  dem  Malayischen  ab  oder  ist  wenigstens  mit  dem 
malayischen  Wort   pengajoeh,   Pagaje,   verwandt.    —   Bruyas :   „Eadices",   p.    44; 

—  Veth:  p.  294—295;  —  Breton:  „Car.-Frang.",  p.  396 II;  —  Purchas:  XVI,  52—53; 

—  Gilij:  I,  65-66;  —  Marcoy:  I,  579,  617;  —  Teit:  p.  256;  -  Schmeltz:  p.  61 
u.  Tafel  IV,  1  a  — c;  —  Habel:  p.  IV,  No.  9;  -  Prado,  in  „Revista  Trimensal",  I,  32. 

—  Hier  und  im  folgenden  kann  immer  nur  ein  kleiner  Teil  der  Belegstellen  ange- 
geben werden,  weil  viele  von  ihnen  schon  in  früheren  Angaben  enthalten  sind,  und  die 
geringere  Wichtigkeit  der  übrigen  den  hierdurch  beanspruchten  Eaum  nicht  recht- 
fertigen würde. 


—  Ti- 
voli höchster  Wichtigkeit.  Die  Flibustier  erkannten  dies  sehr  wohl 
und  griffen,  obwohl  sie  sämtlich  gelernte  Rojer  waren,  bei  ihren 
Raubzügen  zur  Pagaje.  Das  Pagajen  geschah  gewöhnlich  im  Rhythmus: 
der  Mann  oder  die  beiden  Leute  im  Bug  gaben  Schlag  an  und  stimmten 
den  Gesang  an.  Die  Chiribichi  von  Paria  hatten  mit  dieser  Aufgabe 
den  Steuermann  betraut,  der  wie  der  Keleustes  der  Alten  den  Takt 
angab.  Auf  diese  Weise  gestattete  es  den  Indianern  ihre  enorme 
Ausdauer  12  Stunden  mit  geringen  Ruhepausen  ununterbrochen  zu 
arbeiten.  Smyth,  ein  englischer  See-Offizier,  gibt  eine  anschauliche 
Beschreibung  von  dem  Pagajen  der  Majnas-Völker :  ihr  Schlag  war 
regelmässig  und  während  der  ersten  ^/4  Stunden  langsam ;  dann  wurde 
er  allmählich  schneller,  bis  er  nach  Verlauf  von  V/2  Stunden  so  schnell 
war,  wie  die  Pagajen  nur  bewegt  werden  konnten;  das  Kanu  schien 
durch  das  Wasser  zu  fliegen.  Nach  einer  Weile  stimmten  die  beiden 
Schlagmänner  im  Bug  einen  Gesang  an,  worauf  die  Mannschaft  sofort 
länger  und  ruhiger  durchzog  und  in  den  Chorgesang  einstimmte.  Die 
beiden  Leute  im  Bug  wechselten  darauf  ihre  Plätze,  um  auf  diese 
Weise  die  arbeitenden  Arme  abzulösen ;  sobald  sie  ihre  Tätigkeit  wieder 
aufgenommen  hatten,  tat  das  nächste  Paar  das  gleiche,  und  so  fort, 
bis  die  ganze  Mannschaft  die  Bootsseiten  vertauscht  hatte,  ohne  dass 
das  Fahrzeug  hierbei  im  geringsten  an  Fahrtgeschwindigkeit  verloren 
hätte.  Nach  Verlauf  von  4  bis  5  Stunden  Arbeit  machten  sie  für 
eine  Stunde  Pause;  sie  Hessen  das  Fahrzeug  treiben  und  tranken 
Masata,  von  dem  sich  stets  ein  volles  Gefäss  im  Vorschiff  befindet. 
Diese  Beschreibung  ist  typisch  für  das  ganze  Amerika.  P.  Joäo 
Daniel  gibt  eine  eindrucksvolle  Schilderung  von  der  Technik  der  Tapuya 
am  unteren  Amazonas.  Das  Pagajen  war  ihnen  eine  Art  von  Spiel 
oder  Tanz;  völhge  Gleichmässigkeit  herrschte,  eine  einzige  Kraft  schien 
alle  zu  beseelen. 

Berühmt  geworden  in  der  Geschichte  der  Entdeckungen  sind  jene 
wundervollen  Jamaica-Pagajer,  die  Diego  Mendez  und  Bartolome  Fiesco 
bei  jener  verzweifelten  Fahrt  vom  Ostende  von  Jamaica  über  Navasa 
nach  Kap  Tiburön  brachten.  Sie  waren  die  Retter  des  grossen  Columbus. 
Castellanos  hat  ihrer  in  seinen  Elegien  nicht  vergessen. 

In  der  Bilderschrift  der  Indianer  des  Nordens  wurde  die  Zahl  der  In- 
sassen eines  Kanus  durch  die  betreffende  Anzahl  von  Pagajen  angezeigt.^ 


1  „Vita  di  Cristoforo   Colorabo" :   p.  350—353;  —  Las  Casas:  „Historia",  III, 
158—161;  —  Herrera:  I,  151;  —  Martyr:  „Dec.  Octo",  p.  575;  —  Breton:  „Car.- 


—     72     — 

Über  die  Doppel-Pagaje  ist  schon  an  den  betreffenden  Stellen 
das  Nötige  gesagt  worden.  Sie  war  einheimisch  in  den  beiden  grossen 
Balsa-Zonen  an  den  Westküsten  von  Nord-  und  Süd- Amerika;  bei 
den  Kutenais  Alaskas  war  sie  von  den  Eskimo  entlehnt.  Ein  gut 
erhaltenes  Stück  der  merkwürdigen  Doppel-Pagajen  der  Santa  Barbara- 
Indianer  befindet  sich  als  Bestandteil  einer  Sammlung  von  der  Van- 
couver-Expedition  im  Britischen  Museum.^ 

Neben  den  Pagajen  wurden  von  den  Indianern  vielfach  Staken 
verwendet;  wir  finden  sie  ebenso  in  Canada,  auf  den  Antillen  und 
dem  Isthmus,  wie  in  Guayana,  am  Magdalena  und  in  den  Maynas- 
Ländern.  Er  ersetzte  einmal  die  Pagaje  in  ganz  flachen  oder  sehr 
reissenden  Gewässern  bei  der  Bergfahrt,  oder  er  fand  nebenher  Ver- 
wendung in  der  Hand  des  Lukaus  im  Bug  des  Bootes,  um  das  gebrechliche 
Fahrzeug  nicht  durch  Auflaufen  beschädigen  zu  lassen.  Wurde  die 
Strömung  so  stark,  dass  auch  der  Staken  nicht  mehr  wirkte,  dann  trat 
ein  Strick  an  seine  Stelle,  und  das  Treideln  begann.^ 

Der  Bemen  ist  dem  primitiven  Amerika  vollkommen  fremd  gewesen ; 
wo  er  bei  den  Indianern  erwähnt  wird,  sei  es  in  früher,  sei  es  in 
späterer  Zeit,  war  er  unmittelbar  von  den  Europäern  entlehnt."^ 

Zum  Steuern  der  Boote  bedienten  sich  die  Indianer  einer  Pagaje, 
die  hin  und  wieder  länger  war  als  die  gewöhnlichen;  die  Omaguas, 
die  Moxos  auf  Mamore  und  Guapore  und  möglicherweise  noch  andere 
Stämme  dieser  Gegenden  verwendeten,  wie  bereits  erwähnt,  zwei 
Steuer-Pagajen.  Das  europäische  Buder  war  in  Amerika  gänzlich 
unbekannt;  wo  es  später  vorkommt,  ist  es  entlehnt.  Waren  Weiber 
im  Boot,  so  führte  sehr  häufig  eine  alte  Frau  die  Steuer-Pagaje.  Bei 
den  Tlinkit  war  dies  eine  feststehende  Sitte;  bei  allen  ihren  Kriegs-Unter- 
nehmungen wurden  die  grossen  Piraguas  von  einem  alten  Weibe  gesteuert 
und  kommandiert.  Ihre  Autorität  scheint  bei  solchen  Gelegenheiten 
nahezu  absolut  gewesen  zu  sein;   Meares  erlebte  es,    dass  eine  solche 


FranQ.",  p.  61,  291,  37 II,  42 II,  56,  365—366,  367—368,  382 II,  441 1;  —  Hennepin: 
„Description",  p.  219;  -  Cobo:  I\^,  216-217;  —  „Lettres  Edif."  IV,  228;  -  Labat: 
II,  11-13;  —  Jewitt:  p.  128,  170,  202;  —  Smyth  and  Lowe:  p.  273—274;  - 
Brett :  p.  32—33 ;  —  Kappler :  p.  234 ;  —  Castellanos :  „Elegias"  p.  42 II,  43 II ;  — 
Daniel,  in  „Revista  Trimensal"  IIT,  43 ;  —  „Doc.  Hist.  St.  N.  Y.",  I,  7,  8—9,  plate. 

1  Dalton:  „Notes",  p.  231,  and  plate  XV,  fig.  9. 

2  Breton:  „Car.-Frang."  p.  46,  55 II,  1451,  146  II,  1471,  265 II;  —  du  Tertre: 
II,  395,  pl.;  —  Skinner:  p.  283. 

^  Purchas:  XIX,  420;   —   „Apöndice  ä  la  Relaciön  del  Viage  al  Magallaues", 
p.  60j  —  Sapper:  „Beiträge",  p.  40;  —  Breton:  „Car.  FranQ."  p.  4441—11.  (?). 


—     73     — 

Amazone  mit  Pagajen-Schlägen  und  Messerstichen  die  Disziplin  aufrecht 
erhielt,  ohne  dass  auch  nur  einer  der  vielen  in  den  Booten  anwesenden 
Männer  etwas  dagegen  einwendete  oder  dem  in  so  roher  Weise 
gezüchtigten  Geschlechtsgenossen  zu  Hilfe  eilte.  Yancouver  lernte 
einen  „alten  Drachen"  („a  most  excessive  scold")  von  ähnlichem 
Temperament  kennen.  Die  immer  wiederholte  Geschichte  von  der 
„Sklaverei  der  indianischen  Frau"  ist  überhaupt  eine  Legende;  mit 
einem  Schlagwort  ist  die  Frage  nicht  zu  beantworten.  Es  gab  ebenso 
viele  Unterschiede  in  der  Stellung  der  Squaw,  als  es  Schattierungen 
und  Nuancen  zwischen  der  sozialen  Position  einer  Pariserin  und 
des  Haremweibes  am  Bosporus  gibt.  Soviel  nur  scheint  sicher,  dass 
mit  dem  Sinken  der  Indianerkultur  nach  dem  Einbruch  der  Europäer 
auch  die  Stellung  der  Squaw  gesunken  ist;  die  indianischen  „Königinnen" 
und  „Cacicas"  der  Zeit  der  Entdeckungen  werden  immer  seltener. 
Das  Weib  mit  der  Steuer-Pagaje  aber  ist  ein  Symbol  für  die  Stellung 
der  Frau  in  vielen  primitiven  indianischen  Gemeinwesen.^ 

Das  Segel. 

Segel  sind  in  den  Zeiten  nach  der  Entdeckung  Amerikas  früher 
oder  später  und  in  der  einen  oder  anderen  Form  über  den  ganzen 
Kontinent  hin  von  den  Indianern  verwendet  worden.  Hierüber  zu 
sprechen,  gehört  nicht  in  den  Rahmen  dieser  Abhandlung.  Untersucht 
muss  nur  werden,  wo  der  Nutzen  des  Segels  vor  der  Zeit  der  Conquista 
bekannt  war  oder  wenigstens,  wo  die  Wahrscheinlichkeit  vorliegt,  dass 
man   die  Kraft   des  AVindes  für  die  Schiffahrt  auszunutzen  versuchte. 

Schon  Baiboa  erhielt  auf  dem  Isthmus  von  dem  Sohne  des  Häupt- 
lings Comogre  die  Nachricht,  dass  auf  der  grossen  Südsee  Fahrzeuge 
mit  Segeln  führen.  Die  Richtigkeit  dieser  Erzählung  ist  nicht  zu 
bezweifeln;  denn  einmal  besassen  infolge  von  Handelsbeziehungen  die 
Bewohner  der  Westseite  des  Isthmus  einige  geographische  Kenntnis 
von  der  Westküste  Süd- Amerikas,  und  dann  konnte  sich  Baiboa  bei 
dieser  Unterhaltung  dreier  Spanier  als  Dolmetscher  bedienen,  die 
18  Monate  unter  den  Indianern  gelebt  hatten.  Die  Miss  Verständnisse, 
die  den  Spaniern  ihr  Optimismus  aus  den  Gesten  und  unverstandenen 


'  Vancouver:  II,  337,  342—343,  358—362;  III,  252;  —  Meares,  in  Förster: 
„Geschichte",  I,  258—259;  —  Jewitt:  p.  241;  —  Purchas:  XIX,  422;  —  Breton: 
„Car.-Frang.",  p.  1571,  285 II;  —  Labat:  II,  11— 12;  —  van  Berkel:  p.  106;  — 
Gumüla:  I,  323;  —  Quandt:  „Sprache",  p.  21;  —  Bougainville :  I,  292;  —  Weddell: 
p.  156,  163,  191 ;  —  Wilkes :  I,  126. 


-      74     — 

Sätzen  der  Eingeborenen  hervorzuzaubern  pflegte,  waren  also  in  diesem 
Falle  kaum  zu  fürchten.  Und  in  der  Tat,  13  Jahre  später  traf  Bar- 
tolome  Ruiz  etwa  auf  der  Höhe  von  Kap  San  Lorenzo  die  erste 
peruanische  Balken-Balsa  unter  Segel.  Es  war  ein  viereckiges,  zwischen 
zwei  nebeneinander  stehende  Masten  gespanntes  baumwollenes  Segel. 
In  späteren  Zeiten  werden  auch  dreieckige  Rutensegel,  gewöhnlich 
lateinische  genannt,  in  diesen  Gegenden  erwähnt.  Die  Peruaner  haben 
später  erzählt,  dass  sie  die  Kunst  des  Segeins  von  Viracocha  gelernt 
hätten,  der  auf  einer  Segel-Balsa  über  das  Meer  zu  ihnen  gekommen 
sei.  Diese  Überlieferung  muss  natürlich  unseren  Blick  sofort  auf  die 
Polynesier  richten,  deren  Ausleger-Boote  ja  im  Prinzip  auch  weiter 
nichts  sind,  als  verbesserte  Balsas,  und  deren  östlichste  Niederlassung 
auf  der  Oster-Insel  schliesslich  nicht  viel  weiter  von  den  peruanischen 
Küsten  entfernt  ist,  als  von  ihren  nächsten  westlichen  Nachbarn ,  den 
Paumotu-  und  Marquesas-Inseln.  Aber  die  Nachricht  ist  zu  sagenhaft 
und  leer,  um  weitere  Rückschlüsse  zu  gestatten. 

Binsen-  und  Tierhaut-Balsas  vertrugen  nur  unter  ganz  ausnahms- 
weise günstigen  Bedingungen  ein  kleines  Baumwollen-,  Fell-  oder 
Mattensegel.  ^ 

Molina  sagt,  dass  als  Don  Garcia  de  Mendoza  die  Ufer  des  Golfes 
von  Ancud  erreichte,  die  Insulaner  des  Chiloe-Archipels  mit  Ruder- 
und  Segelbooten  ihre  Gewässer  befahren  hätten.  Ercilla  aber,  der  als 
einer  der  ersten  Spanier  auf  einer  Dalca  fuhr,  und  der  offenbar  eine 
grosse  Freude  an  diesen  flinken  Fahrzeugen  gehabt  hatte,  würde  wohl 
das  in  ein  Gedicht  so  schön  hineinpassende  Segel  erwähnt  haben, 
wenn  es  vorhanden  gewesen  wäre.  Ebensowenig  sagt  Göngora  Marmo- 
lejo  etwas  von  Segelbooten  des  Chiloe-Archipels.  Auch  der  Vergleich 
des  Wortschatzes  bei  Valdivia  und  Havestadt  lehrt ,  dass  die  mannig- 
faltigen Ausdrücke  für  Segeln  und  was  damit  zusammenhängt  bei  dem 
um  170  Jahre  älteren  Valdivia  noch  nicht  vorhanden  sind.^ 

Während  das  präkolumbische  Segel  bei  den  Inkaperuanern  nicht 
bezweifelt  werden  kann,  darf  das  caraibische  Segelboot  nicht  ohne 
Einwände  passieren.    Es  ist  sicher,  dass  die  Insel- Aruaks  den  Gebrauch 


^  Navarrete:  III,  432;  —  Martyr:  „Dec.  Tres",  p.  151 ;  —  Las  Casas:  „Historia", 
IV,  79;  —  Zärate,  in  „Vedia",  II,  4661;  —  Sarmiento  de  Garaboa:  „Geschichte", 
p.  CX;  p.  90;  —  Garcüaso  de  la  Vega:  „Prim.  Parte",  p.  95;  —  Oviedo  y  Valdes : 
IV,  121  —  122;  —  Gutierrez  de  Santa  Clara:  III,  527—528;  —  Benzoni:  p.  388;  — 
Cobo:  IV,  216,  219,  221;  —  Prescott:  „Peru",  p.  117. 

2  Rosales:  I,  172  ff.;  —  Molina:  „Saggio",  p.  168,  189—190. 


—  To- 
des Segels  nicht  kannten ;  Columbus  stellt  dies  ausdrücklich  fest.  Sie 
sollen  auch  das  lebhafteste  Erstaunen  beim  Anblick  der  spanischen 
Segel  gezeigt  haben,  und  dies  würde  beweisen,  dass  sie  auch  bei  ihren 
Xachbarn  und  Erzfeinden,  den  Caraiben,  eine  solche  Einrichtung  nie 
gesehen  hatten.  Aber  hier  kann  man  es  als  sehr  fraglich  bezeichnen, 
ob  die  Spanier  bei  ihrer  Unkenntnis  der  Eingeborenen-Sprache  die 
Gefühlsäusserungen  der  Insulaner  richtig  ausgelegt  haben:  waren  sie 
erstaunt  über  den  Anblick  von  Segeln  an  sich  oder  über  die  bisher 
nie  gesehene  Grrösse  von  Masten,  Tau-  und  Segelwerk? 

Mag  dies  unentschieden  bleiben,  so  ist  hingegen  sicher,  dass  alle 
ältesten  Berichterstatter,  der  Admiral,  sein  Sohn  Fernando,  Petrus 
Martjr,  Dr.  Chanca,  Bernäldez,  Las  Casas,  auch  nicht  das  geringste 
von  einem  caraibischen  Segel  erwähnen.  Erst  Oviedo,  Castellanos, 
Herrera  sprechen  davon,  und  die  Franzosen  einer  viel  späteren  Zeit, 
Breton,  du  Tertre,  Rochefort  und  Labat,  verbreiten  sich  eingehend 
darüber.  Peschel  nimmt  ohne  Diskussion  als  sicher  an,  dass  die 
vorkolumbischen  Caraiben  das  Segel  kannten,  während  er  es  für  uner- 
wiesen hält,  dass  dies  bei  den  Mayas  von  Yucatän  der  Fall  war. 
Ich  kann  mich  dieser  Auffassung  nicht  anschliessen.  Ich  habe  auch 
das  Gefühl,  dass  die  Caraiben  das  Segel  vor  1492  kannten,  aber  be- 
wiesen ist  es  nicht,  und  die  Wahrscheinlichkeit  ist  hier  eine  weit  geringere 
als  bei  den  Mayas,  wo  man  es  als  bewiesen  betrachten  kann.  Man 
sollte  doch  meinen,  dass  der  Entdecker  Amerikas,  ein  Seemann,  der 
stets  mit  Vorliebe  von  den  Fahrzeugen  der  Eingeborenen  als  Fachmann 
spricht,  der  auf  seinen  letzten  drei  Reisen  andauernd  auf  der  Suche 
nach  Kulturfortschritt  und  höherer  Intelligenz  unter  den  vermeintlichen 
Völkern  Indiens  ist,  und  der  nie  versäumt,  die  kleinsten  Anzeichen 
in  dieser  Richtung  sorgfältig  zu  registrieren,  —  man  sollte  doch  meinen, 
dass  er  ein  Segel  erwähnt  hätte.  Sein  Sohn  Fernando  müsste  davon 
gehört  haben  oder  es  selbst  gesehen  haben,  seinem  Freunde,  dem  Cura, 
würde  er  davon  erzählt  haben,  und  Las  Casas  hätte  Angaben  darüber 
in  seinen  Papieren  gefunden.  Auch  Petrus  Martyr  mit  seinem  un- 
verkennbaren Interesse  für  die  Schiffahrt  der  Eingeborenen  hätte  sicher 
nicht  das  Segel  der  Caraiben  zu  erwähnen  vergessen,  wenn  ihm  einer 
der  Entdecker  davon  erzählt  hätte.  22  Jahre  lang  hatten  die  spanischen 
Karavelen  das  Antillen-Meer  und  den  Golf  befahren,  als  Oviedo  in 
die  Neue  AVeit  kam  und  nun  als  erster  von  den  Segel-Piraguas  der 
Insel-Caraiben  und  der  Bewohner  der  Lande  um  Cartagena  erzählt. 
Auch   letztere  mögen,  wie  die  Motilones  von  Santa  Mar ta,  Caraiben 


—     76     — 

gewesen  sein.  Diese  Tatsachen  sprechen  dafür,  dass  die  Caraiben  die 
Segelschiffahrt  vor  1492  nicht  gekannt  haben  und  sie  erst  nach  dem 
Vorbilde  der  Spanier  annahmen.  Wenn  ich  trotzdem  glauben  möchte, 
dass  die  Caraiben  schon  ein  wenig  vorkolumbisches  Segeln  trieben,  so 
geschieht  dies,  weil  erfahrungsmässig  immer  eine  längere  Reihe  von 
Jahren  verstreicht,  ehe  ein  Naturvolk  eine  fremde  Erfindung  derartig 
aufgenommen  und  verdaut  hat,  dass  es  sie  mit  Nutzen  verwenden 
kann.  22  Jahre  für  die  Insel-Caraiben  und  besonders  11  Jahre  für 
die  Anwohner  des  Golfes  von  Darien  erscheinen  aber  etwas  wenig, 
um  eine  so  vollkommene  Segelschiffahrt  zu  entwickeln  wie  sie  Oviedo 
beschreibt,  zumal  die  Caraiben  keinen  freundschaftlichen  Verkehr  mit 
den  Spaniern  hatten.  Ein  weiteres  Moment  liefert  die  Sprache  der 
Insel-Caraiben ,  eine  echte  Seemannssprache ;  es  ist  das  Holländisch 
von  Amerika.  Mehr  als  300  Worte,  Satz- Verbindungen,  Übertragungen 
aus  der  Sprache  der  See  aufs  Land  gibt  Breton  an,  von  denen  sich 
wiederum  150  unmittelbar  auf  die  Fahrzeuge  beziehen;  26  von  letzteren 
betreffen  das  Segeln.  Alle  diese  sind  einheimische  Worte,  nicht  etwa 
aus  dem  Spanischen  oder  Französischen  entlehnt.  Eine  solche  Sprach- 
entwicklung in  dieser  Richtung  setzt  sicherlich  eine  sehr  lange 
Bekanntschaft  mit  der  Segel  Schiffahrt  voraus.  Ein  Beweis  aber  für 
das  vorkolumbische  Caraiben-Segel  ist  nicht  erbracht. 

Die  Segel  der  Caraiben  waren  nur  klein,  auf  den  grossen 
Kriegs -Piraguas  hatten  sie  gewöhnlich  deren  zwei;  sie  waren  aus 
Baumwollenzeug  genäht,  später  aus  Leinwand,  die  sie  von  den 
Franzosen  erhandelten.  Aus  ihrer  Segelfertigkeit  mag  nur  ein  Trick 
erwähnt  werden,  weil  sie  durch  ihn  in  gewisser  Weise  den  Ausleger 
der  Polynesier  ersetzten.  Wenn  der  Wind  so  scharf  wehte,  dass 
er  den  europäischen  Schiffen  gefährlich  wurde,  dann  fuhren  sie  unver- 
zagt mit  fliegenden  Schoten,  und  nur  die  Mannschaft  auf  der  Leeseite 
hielt  als  Gegendruck  sämtliche  Pagajen  in  einer  bestimmten  Weise 
im  Wasser.  Die  Piragua  schoss  dann  dahin,  „als  wäre  sie  ein  Arm- 
brustbolzen ".^ 


^  Navarrete:  I,  334;  —  Martyr:  „Dec.  Tres",  p.  65—66;  —  Castellanos:  „Ele- 
gias",  p.  23 II,  estrofa  5;  —  Oviedo  y  Valdes :  I,  1711;  —  Herrera:  I,  731;  — 
Mufioz:  p. 268 -269;  — Breton:  „Car.-Frang.", p.  3 1,  201,  30,  48—49,  51 II,  53 II,  76 II, 
801,  107,  122,  125 II,  128 II,  162-163,  170 II,  194,  2191,  270—271,  281 II,  3311, 
3641,  3871,  4071,  428 II,  437 II,  455 II,  467 II;  —  du  Tertre:  II,  385,  398;  - 
Peschel:  „Zeitalter  d.  Entd.",  p.  155;  —  Peschel:  „Völkerkunde",  p.  199  u.  Anm.  3; 
p.  205,  206  u.  Anm.  2;  —  Oviedo  y  Valdes:  I,  343—344. 


—     77     — 

Bei  den  Mayas,  von  denen  man  nach  Peschels  Ansicht  nicht  mit 
Sicherheit  behaupten  kann,  dass  sie  die  Segelkraft  verwendeten,  liegen 
die  Verhältnisse  folgendermassen.  Es  sind  vier  verschiedene  Fälle  zu 
untersuchen:  erstens  die  10  oder  5  grossen  Maya-Canoas,  welche  die 
Expedition  Cördoba  1517  bei  Catoche  antraf;  zweitens  die  Canoas, 
welche  man  während  Grijalbas  Fahrt  täglich  den  Verkehr  zwischen  dem 
Festland  von  Yucatän  und  den  vorliegenden  Inseln  vermitteln  sah; 
drittens  Gerönimo  de  Aguilar's  Canoa  und  zuletzt  die  Handels-Canoa  im 
Golfo  Dulce,  jetzt  Golfo  Amatique,  Guatemala.  Das  Handels-Boot, 
welches  Columbus  während  seiner  vierten  E>eise  bei  den  Roatan-Inseln 
antraf,  scheidet  von  vornherein  aus,  denn  niemand  hat  behauptet,  dass 
es  gesegelt  wäre. 

Die  10  oder  5  grossen  Canoas  der  Cördoba-Fahrt  gingen  nach 
Diaz  del  Castillo  unter  „Ruder  und  Segel",  nach  Herrera  nur  unter 
„Ruder" ;  Cogolludo  hat  die  Ansicht  des  ersteren  zu  der  seinigen  ge- 
macht. Die  Canoas  der  Grijalba-Expedition  segelten,  wie  Oviedo  aus- 
drückhch  angibt;  keine  Stimme  erhebt  sich  dagegen.  Gerönimo  de 
Aguilar  kam  nach  Cortes  und  Gomara  herangesegelt;  Bernal  Diaz 
und  der  Augenzeuge  Andres  de  Tapia  sagen  nichts  davon.  Die 
Handels-Canoa  im  Golfo  Dulce  endlich  ging  nach  Bernal  Diaz  unter 
„Ruder  und  Segel".  Andere  äussern  sich  nicht  über  diesen  Fall. 
Was  spätere  Schriftsteller,  von  Villagutierre  angefangen,  für  oder  wider 
gesagt  haben,  ohne  Quellen  anzugeben  und  vielleicht  auch  benutzt 
zu  haben,  kann  füglich  übergangen  werden. 

Bei  einer  kritischen  Betrachtung  der  vier  Fälle  ergibt  sich  zu- 
nächst, dass  Aguilar  mit  seiner  Canoa  als  belanglos  ausscheiden  kann; 
denn  selbst  wenn  wir  uns  für  Cortes  und  Gomara  entscheiden  wollten, 
so  bliebe  immer  noch  der  Einwurf,  dass  Aguilar,  der  als  Schiffbrüchiger 
aus  Darien  einige  Jahre  unter  den  Indianern  gelebt  hatte,  sie  die 
Verwendung  des  Segels  gelehrt  hätte.  In  den  übrigen  Fällen  muss 
sich  die  Kritik  zugunsten  des  Segels  entscheiden,  denn  der  überall 
genau  und  treu  befundene  Augenzeuge  in  zwei  Fällen,  Bernal  Diaz, 
hat  zweifellos  mehr  Gewicht  als  der  Geschichtsschreiber  Herrera. 
Oviedo  aber,  der,  soweit  ich  sehe,  Peschels  einziger  Beleg  für  seine 
Behauptung  von  der  Caraiben-Segelschiffahrt  ist,  kann  doch  bei  den 
Mayas  nicht  einfach  ausser  acht  gelassen  werden.  Das  Segel  der 
Mayas  ist  also  in  drei  Fällen  bewiesen. 

Die  Azteken  waren  nicht  nur  z.  Z.  des  Cortes-Zuges  ohne  Kennt- 
nis des  Segels,    sondern   sie  liefern  auch  ein  Beispiel   für   die   vorhin 


_     78     — 

erwähnte  Unfähigkeit  der  Naturvölker,  sich  eine  fremde  Erfindung  in 
kurzer  Zeit  nutzbar  zu  machen.  Bald  nach  seinem  ersten  Einrücken 
in  Mexico  liess  Cortes  Brigantinen  bauen  und  führte  Motecuhzoma 
und  seine  Grossen  bei  frischer  Brise  auf  dem  See  spazieren.  Mit 
gewaltigem  Erstaunen  bemerkten  die  Azteken,  wie  sie  über  dem  Wasser- 
spiegel mühelos  dahinflogen,  und  sahen,  wie  die  Begleit-Canoas  weit 
zurückblieben.  Sie  hatten  Wirkung  und  Vorzüge  des  Segels  praktisch 
erfahren.  Nicht  im  geringsten  haben  sie  aber  später  versucht  oder 
ist  es  ihnen  wenigstens  gelungen,  sich  diese  Kräfte  dienstbar  zu  machen. 
Obwohl  sie  sich  nach  den  gemachten  Erfahrungen  sagen  mussten,  dass 
solche  Segelschiffe  für  ihre  Lagunenstadt  und  ihre  Herrschaft  auf  dem 
See  die  gefährlichsten  Gregner  sein  würden,  haben  sie  es  doch  offenbar 
nicht  erreicht,  sich  in  dem  Zeitraum  zwischen  Noche  triste  und  Wieder- 
erscheinen der  Spanier  die  Kunst  des  Segeins  anzueignen.  Was  für 
einen  Nutzen  hätten  ihnen  allein  durch  Zufuhr  von  Lebensmitteln 
blokadebrechende  Segler  bringen  können!  Als  dann  Mexicos  letzter 
Tag  gekommen  war,  soll  Gruatemoc  nach  Torquemadas  Angabe  ver- 
sucht haben,  auf  einer  grossen  Piragua  mit  Zuhilfenahme  eines  Segels 
zu  entkommen.  Alle  anderen  Berichte  sagen  nichts  von  einem  Segel. 
Hat  aber  Torquemada  recht,  was  immerhin  nicht  unwahrscheinlich  ist, 
so  muss  der  Versuch  höchst  ungeschickt  gemacht  worden  sein.  Denn 
Garcia  de  Holguin  holte  das  Boot  mit  seiner  schnellsegelnden  Bri- 
gantine mühelos  ein  und  nahm  den  Kriegschef  der  Azteken  mit  seinen 
Grossen  gefangen.^ 

Roger  Williams  erzählt,  dass  die  Massachusetts-Indianer  bei  ihren 
Fahrten  auf  See  zur  Ausnutzung  des  Windes  Felle  an  kleinen  Masten 
aufzuspannen  pflegten,  ohne  dass  sie  von  den  Europäern  diesen  Gebrauch 
eines  primitiven  Segels  gelernt  hätten.  Es  ist  dies  sehr  wohl  möglich; 
wissen  wir  doch  auch  aus  anderen  Gegenden,  freilich  zu  erheblich  späterer 
Zeit,  dass  Indianer  ihre  mit  den  Händen  gehaltenen  Blankets  oder 
einen  im  Boot  aufgepflanzten  blätterreichen  Busch  als  eine  Art  von 
Segel  benutzten.  Über  die  Beothuks  ist  schon  gesprochen  und  gesagt 
worden,  dass  die  höchst  sonderbare  Bauart  ihrer  Kanus  durch  den 
Gebrauch  des  Segels  hervorgerufen  worden  sein  mag.  Aber  irgendein 
Beweis   für   das  vorkolumbische  Segel   in   Kanada   oder   in    den   New 


'  Diaz  del  Castillo:  I,  11,  78,  81,  321—322;  II,  306;  —  Tapia:  p.  556;  — 
Cortes:  p.  12;  —  Gomara:  „Mexico",  p.  20a;  —  Martyr:  „Dec.  Octo",  p.  291,  295;  — 
Oviedo  y  Valdes:  I,  5331;  —  Herrera:  II,  47 II;  —  Cogolludo:  p.  41;  —  Torquemada: 
I,  570 II;  —  Ortega:  p.  56. 


—     79     — 

England-Staaten  liegt  nicht  vor.  Cabot,  Verrazano,  Cartier,  Lescarbot, 
Champlain;  Hudson  erwähnen  nichts  davon.  Als  Roger  Williams 
seine  New  England-Indianer  ohne  europäische  Anleitung,  wie  er  meint, 
segeln  sah,  wurden  diese  Küsten  schon  seit  mehr  als  100  Jahren  von 
Kabeljau-Fischern,  Sklaven- Jägern ,  Entdeckern  und  Abenteurern  be- 
sucht. Die  Indianer  hatten  nicht  nur  oft  genug  Gelegenheit  gehabt, 
europäische  Segler  zu  sehen,  sondern  sie  hatten  sich  auch  hier  und 
da  gewaltsam  in  den  Besitz  von  Segel-Pinassen  setzen  können.  Auch 
die  Missionare  trugen  früh  das  ihrige  dazu  bei,  den  Indianer  mit  dem 
Segel  bekannt  zu  machen.  Um  sich  bei  ihren  Kanu-Fahrten  mit  den 
Eingeborenen  von  der  ihnen  höchst  beschwerlichen  Arbeit  des  Paga- 
jens  loszukaufen,  pflegten  sie  der  Besatzung  ein  grosses  Stück  Zeug 
mit  dem  Bemerken  zu  schenken,  „que  cette  volle  est  l'auiron  des 
Peres".  Dieses  Jesuiten-Segel  wird  für  manchen  ungeschulten  Sohn 
der  Wildnis  ein  praktischer  Lehrkursus  in  Navigation   gewesen   sein.^ 

Von  den  Tupi  und  Guarani  wissen  wir,  dass  sie  sehr  früh  gewandte 
Segler  waren  •  ihre  Sprachen  enthalten  eine  gute  Anzahl  von  Ausdrücken 
betreffend  Segelwerk  und  Schiffsmanöver,  aber  kein  Zeugnis  ist  dafür  vor- 
handen, dass  ihre  Kenntnis  des  Segels  über  das  Jahr  1500  zurückgeht.^ 

Kurz  zusammengefasst  ist  im  vorstehenden  folgendes  nachzu- 
weisen versucht  worden: 

Den  Gebrauch  des  Segels  vor  der  Zeit  der  Entdeckung  Amerikas 
kannten  zweifellos  die  Inkaperuaner,  kaum  zu  bestreiten  ist  er  bei  den 
Mayas.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  auch  die  Caraiben  diese  Kenntnis 
besassen-,  nachgewiesen  ist  sie  aber  nicht,  und  Zweifel  haben  ihre  Be- 
rechtigung. Unter  allen  übrigen  Stämmen  Amerikas  mag  hier  und 
dort  das  Prinzip  des  Segels  dunkel  erkannt  und  die  Kraft  des  Windes 
in  ganz  primitiver  Form  ausgenutzt  worden  sein,  nachgewiesen  aber 
ist  das  vorkolumbische  Segel  bei  ihnen  nicht. 

Anker,  Ballast  und  anderes  Schiffsznbeliör. 

Als  Anker  benutzten  die  Inkaperuaner  grosse  längliche  Steine 
von  der  Form  der  Schleifsteine,  die  früher  die  Barbiere  zum  Schleifen 


^  Roger  Wilhams:  „Key",  p.  223;  —  Gabriel  Archer:  p.  73;  —  Brereton: 
p.  85—86;  —  Purchas:  XVIII,  304;  —  Strachey:  p.  155;  —Lloyd:  „On  the  Beo- 
thucs",  p.  28,  36;  —  Patterson:  p.  136—187;  —  Catlin:  II,  214,  and  pl.  294;  — 
Kappler:  p.  233;  —  „Rel.  d.  Jesuites",  1636,  p.  70—71. 

2  Soares  de  Souza:  p.  321;  —  Montoya:  „Tesoro",  p.  173—174;  —  Vascon- 
cellos:  „Vida  de  Anchieta",  p.  68;  —  Martins:  „Ethnogr.",  p.  195. 


—     80     — 

ihrer  Messer  zu  verwenden  pflegten.  Die  Insel-Caraiben  sowie  Tupi 
und  Guarani  der  Küsten  des  südlichen  BrasiHens  umflochten  schwere 
rundliche  Steine  mit  dicken  Ruten,  so  dass  „sie  in  Käfigen  zu  stecken 
schienen" ,  während  andere ,  z.  B.  die  Seri,  dicke  Steine  ganz  einfach 
an  einem  Tau  festbanden.  Es  sind  die  Senksteine  oder  Senchilsteine 
unserer  Vorfahren.  Die  Indianer  auf  den  Flüssen  verwendeten  ent- 
weder ebensolche  Ankersteine,  wie  sie  z.  B.  am  Delaware,  Susque- 
hannah,  in  Illinois  und  Massachusetts  gefunden  worden  sind,  oder  sie 
hatten  überhaupt  keine  Anker,  sondern  steckten,  wenn  sie  ankern 
mussten,  ihre  Staken  oder  in  späterer  Zeit  Masten  in  das  Flussbett 
und  banden  ihr  Kanu  daran. ^ 

Über  die  Schöpfgefässe  ist  schon  gelegentlich  gesprochen  worden; 
da  die  Boote  gewöhnlich  viel  Wasser  machten,  so  fehlten  sie  selten. 
In  den  tropischen  und  subtropischen  Ländern  machte  man  sie  aus 
den  halben  Schalen  der  Früchte  des  Kalabassen-Baumes,  in  kälteren 
Strichen  wurde  Birkenrinde  mit  Vorliebe  zur  Herstellung  von  Oss- 
fässern  verwendet.  Bei  den  Insel-Caraiben  hatte  der  Kapitän  das 
Geschäft  des  Sodreinigens  mitzu versehen.^ 

Abgesehen  von  den  Beothuks,  deren  Fahrzeuge  darauf  zugeschnitten 
waren,  nahmen  die  Indianer  selten  Ballast  ein;  etwas  unfreiwilligen 
AVasserballast  in  Gestalt  des  Sodwassers  hatte  man  fast  immer.  Schiffs- 
proviant und  Körbe  zum  Verstauen  von  Geräten  waren  gewöhnlich  am 
Heck  des  Bootes  untergebracht,  Trinkgefässe  meistens  im  Bug.^ 

Das  Feuer  ist  die  Kleidung  des  primitiven  Indianers.  Wir  finden 
daher  nicht  nur  in  kälteren  Breiten,  wo  es  natürlich  erscheint,  also  an 
der  Magalhäes-Strasse  und  bei  den  Nordwest-Indianern,  sondern  auch 
in  Virginia,  Florida,  Brasilien  die  Sitte,  einen  Feuerherd  von  Lehm, 
Steinen  oder  Austerschalen  im  Boot  herzurichten.  Aber  auch  der 
Zubereitung  der  Nahrung  diente  dieser  Herd,  den  man  sogar  auf  den 
Binsen-Balsas  der  Colorado-Indianer  sehen  konnte.  Das  Feuer  half 
die  Austern  und  Muscheln  öffnen,  es  röstete  sie  und  kochte  sie.  Die 
Theorie  von  der  leichtverdaulichen,  keinerlei  Zubereitung  erfordernden 

*  Oviedo  y  Valdes:  IV,  121—122;  —  Breton:  „Car.-Frang.",  p.  381,  129 II,  2851, 
446 II;  —  V.  Ihering:  „Anthrop.",  p.  38;  —  Stöcklein:  II,  79  (num.  53);  —  Kappler: 
p.  234;  —  Rau:  „Prehistoric  Fishing",  p.  192—197. 

2  „Vita  dl  Cristoforo  Colombo",  p.  78;  —  Cobo:  IV,  216,  218;  —  Breton: 
„Car.-Frang.",  p.  31 II,  121II,  168II,  1701,  449II;  —  Hennepin:  „Description", 
p.  262;  —  Rau:  „Preh.  Fishing",  p.  190— 191;  —  CaÜinrll,  113,  and  pl.  210 V2,  fig.  f. 

^  Breton:  „Car.-Frang.",  p.  264 II,  267 II,  276—277,  440,  456 II;  —  Martins: 
„Ethnographie",  p.  195;  —  Weddell:  p.  320. 


—     81     — 

Nahrung  des  Strandes,  welche  hier  und  da  bei  den  Versuchen  eine  Rolle 
spielt,  dem  Problem  über  das  Emporkommen  und  die  Verbreitung  des 
primitiven,  noch  hilflosen  Menschengeschlechts  beizukommen,  dürfte 
in  ihrer  Allgemeinheit  kaum  richtig  sein.  Wir  wissen  durch  die  Zeug- 
nisse von  Roger  Williams,  Strachey,  Vancouver,  Thevet,  du  Plessis, 
Labat,  Bougainville  und  Wilkes,  dass  Indianer  New  Englands,  Virginias, 
der  Nordwestküste,  Brasiliens  und  der  Magalhäes-Strasse  ihre  Austern 
und  Clams  vor  dem  Verzehren  rösteten,  räucherten  oder  kochten, 
während  sie  keinen  Anstand  nahmen,  Fische,  besonders  Walfischfleisch, 
roh  zu  verzehren.  Nach  Mortillet  hat  der  prähistorische  Mensch  der 
Seine  seine  Austern  ebenfalls  vor  dem  Essen  geröstet.  Holmes  hat 
aus  den  Küchenabfällen  der  virginischen  Küsten  den  gleichen  Nach- 
weis geführt.^ 

Das  von  dem  Eigentümer  gewöhnlich  in  der  Einsamkeit  des 
Waldes  und  der  Berge  angefertigte  Boot  wurde  durch  gemeinsame 
Arbeit  des  ganzen  Dorfes  mit  Hilfe  von  Walzen  und  Hebestangen  an 
das  Wasser  geschafft  und  von  Stapel  gelassen.  Man  war  sehr  lustig 
bei  solchen  Gelegenheiten  und  trank  gründlich  auf  Kosten  des  Boot- 
besitzers zum  Wohle  des  neuen  Fahrzeuges,  aber  man  war  auch  pein- 
lich bemüht,  alle  die  üblichen  abergläubischen  Formen  innezuhalten 
und  alles  Unglück  Verheissende  zu  vermeiden.  Wenn  z.  B.  bei  den 
Insel-Caraiben  im  Moment  des  Stapellaufes  einem  der  Beteiligten  in- 
folge der  Kraftanstrengung  beim  Hineinschieben  des  Fahrzeuges  ein 
Unglück  passierte,  so  erachtete  man  in  diesem  Falle  einen  solchen 
Wind  von  achtern  als  keine  günstige  Brise  und  war  überzeugt,  dass 
das  Boot  lecken  oder  Wasser  übernehmen  werde. ^ 

Der  Indianer  ging  mit  seinem  Boot  ausserordentlich  sorgfältig 
um;  es  war  sein  Augapfel,  sein  Stolz  und  seine  Freude.  Wie  ein 
lebendes  Wesen  wurde  es  gepflegt  und  vor  den  schädlichen  Witterungs- 
einflüssen möglichst  geschützt.  Gleich  auf  seiner  ersten  Reise  fand 
Columbus    Bootshäuser    bei    den    Aruaks    der    Grossen    Antillen-,    bei 

'  Cardim:  „Narrativa",  p.  36;  —  Mota  Padilla:  p.  1581;  —  Herrera:  III,  2621 

—  Hariot   (de   Ery):   tab.   XIII;   —   Laudonniere:   p.   140;   —   Strachey:   p.  127 

—  Vancouver:   I,   262;   II,  246;   —   Thevet:  „Singularitez",  p.    148;    —  Marcel 
„Fuegiens",  p.  9,  10,  10—11,  note  11;  —  Weddell:  p.  162—163,  163;   —  Wükes 
I,  127;  —  Roger  Williams :  „Key",  p.  224;  —  Bougainville :  II,  293 ;  -  Möllhausen 
„Reisen",  I,  254—255;   —   Mortillet:  p.  46;  —  Holmes   in  „Amer.  Anthrop."  N.  S. 
IX,  122. 

2  Veigl:  p.  84—85;  —  Breton:  „Car.-Frang.",  p.  193—194,  331 II,  3631,4011, 
4791;  —  de  la  Borde:  p.  26. 

Studien   und  Forscliungen  I,  Q 


—     82     — 

manchen  anderen  Stämmen  waren  sie  in  der  einen  oder  anderen  Form 
ebenfalls  vorhanden.  Wo  man  konnte,  zog  man  die  Fahrzeuge  zum 
Trocknen  ans  Land,  besonders  die  Birken-Kanus  und  Binsen-Balsas. 
Andererseits  wurden  südamerikanische  Kanus,  deren  dickere  und 
sprödere  Rindenwände  infolge  Hitzewirkung  sehr  leicht  rissig  wurden, 
zu  ihrer  besseren  Erhaltung  nach  dem  Gebrauch  im  Wasser  versenkt. 
Da  die  Einde  schwer  ist,  versinkt  ein  solches  Boot  mit  Wasser  gefüllt 
von  selbst;  unter  Umständen  hilft  einiger  Ballast  nach.  Die  Horden 
am  mittleren  Madeira,  die  Muras,  die  Canoeiros  des  Tocantins  wandten 
diese  Versenkung  auch  an,  um  ihre  Kanus  den  verfolgenden  Feinden 
zu  entziehen  und  um  zu  vermeiden,  dass  der  Anblick  schwimmender 
oder  auf's  Land  gezogener  Boote  den  Zugang  zu  ihrem  Dorfe  ver- 
riet. Das  Flottmachen  solcher  absichtlich  versenkter  oder  durch 
einen  Unfall  gekenterter  Boote  geschah  mit  der  grössten  Schnelligkeit 
und  Leichtigkeit.^ 

Seemaiiiisgeist. 

über  die  seemännischen  Eigenschaften  der  Indianer  ist  im  Laufe 
der  Untersuchung  schon  manches  gesagt  worden.  Der  Lucayo-Indianer 
und  der  Aruak  von  Haiti,  die  beide  einsam  auf  ihrer  Nussschale  un- 
verzagt mitten  im  Meere  treibend  von  Columbus  gefunden  wurden, 
sowie  jener  andere  unglückliche  Lucayo,  der  auf  der  Flucht  aus  der 
Sklaverei  in  Espanola  schon  fast  seine  Heimat  wieder  erreicht  hatte 
und  von  Ayllön  aufgefischt  wurde,  sind  typisch  für  die  vorkolumbischen 
Seefahrten  der  Indianer  im  Antillenmeer.  Sie  scheinen  eine  recht 
genaue  geographische  Kenntnis  des  ganzen  Archipels  gehabt  zu  haben. 
Die  Fahrten  der  Beothuks  nach  dem  weitausliegenden  „Funks"  sind 
schon  erwähnt  worden,  die  Algonquins  von  Neu-Braunschweig  und  der 
St.  Lawrence-Mündung  machten  Reisen  von  140  bis  170  km  an  der 
Labrador-Küste  entlang.  Die  Indianer  der  Florida  Keys  sollen  nach 
Escalante  Kenntnis  der  Bermudas  gehabt  haben,  was  sehr  zweifelhaft 
ist.  Zur  Zeit  der  Entdeckung  waren  sie  jedenfalls  unbewohnt;  der 
erste  Indianer,  der  sie  betrat,  war  ein  Sklave,  wahrscheinlich  Caraibe 
oder   Kriegsgefangener   der  Caraiben,    den    1616    das  Schiff  „Edwin" 


'  Navarrete:  I,  222,  225;  —  Marcliand:  I,  331  ;  —  Cobo :  IV,  219;  —  Squier: 
„Peru",  p.  109 ;  —  La  Hontan :  I,  40 ;  —  van  Berkel :  p.  106 ;  —  Gass :  p.  274 ;  — 
Gonsalves  da  Fonseca :  p.  29 ;  —  Daniel,  in  „Eevista  Trimensal",  III,  283—284 ;  — 
Spix  u.  Martins:  IH,  1072;  —  Martins:  „Ethn.",  p.  262;  —  im  Thurn:  p.  296;  — 
Stedman:  I,  400. 


—     83     — 

von  den  Virginischen  Inseln  brachte.  Die  Sewee  in  Süd-Carolina 
fassten  gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts  den  verwegenen  Plan  einer 
Handelsexpedition  nach  England,  um  unter  Vermeidung  des  ihnen  so 
nachteiligen  Zwischenhandels  ihre  Pelze  direkt  im  Lande  der  Weissen 
abzusetzen.  Sie  erbauten  eine  zahlreiche  Flotille  grosser  Canoas,  ver- 
stauten in  ihnen  ihre  sämtlichen  Felle  und  bemannt  mit  fast  allen  see- 
tüchtigen Männern  des  ganzen  Stammes  stachen  sie  eines  schönen 
Tages  gen  England  in  See.  Aber  kaum  war  das  Land  ausser  Sicht, 
als  ein  Sturm  sie  überfiel,  dem  die  meisten  Boote  mit  Besatzung  zum 
Opfer  fielen,  während  ein  freundlicher  Engländer  die  Überlebenden  auf- 
fischte und  sie  —  als  Sklaven  nach  Westindien  verkaufte.  Dies  ist 
wohl  das  grösste  Seeunternehmen,  das  in  historischer  Zeit  von  Indianern 
geplant  und  begonnen  worden  ist,  das  aber  den  Schein  des  Grossartigen 
verliert,  wenn  wir  beachten,  dass  die  Sew^ee  keine  Ahnung  davon 
hatten,  wo  England  liegt;  sie  dachten  es  sich  viel  näher.  Die  Xord- 
west-Indianer,  die  Aruaks  von  Guayana,  von  den  Franzosen  „Les 
Loups  de  Mer"  genannt,  die  Tupi  gehörten  neben  den  Caraiben  zu 
den  tüchtigsten  Seefahrern  Amerikas.  Die  Mosquitos  haben  den 
Flibustiern  gute  Dienste  geleistet.  Aber  auch  Stämme,  die  in  ihrer 
Gesamtheit  als  wasserfern  gelten,  waren  nicht  ohne  Tugenden  auf  der 
See.  P.  Joäo  Daniel  spendet  den  Tapuya-Piloten  des  unteren  Ama- 
zonas hohes  Lob;  kein  portugiesisches  Schifi'  befuhr  die  See  und  die 
Flussmündungen  dieser  Gegenden,  ohne  einen  solchen  Piloten  an  Bord 
zu  haben.  Sie  waren  erfahrene,  zuverlässige  Seeleute,  die  lieber  ihr 
Leben  aufs  Spiel  setzten,  als  dass  sie  ein  ihnen  anvertrautes  Schifi*  im 
Unglück  im  Stich  Hessen. 

Berühmt  in  den  Überlieferungen  der  Peruaner  ist  die  Südsee-Fahrt 
von  Tupac  Inca  Yupanqui.  Eine  grosse  Balsa-Flottille  mit  20000  Mann 
Besatzung  soll  ihn  zu  den  fernen  Inseln  Auachumbi  und  Nifiachumbi 
geführt  haben.  Neun  bis  zwölf  Monate  soll  der  Inka  abwesend  ge- 
wesen sein  und  eine  interessante  Beute  heimgebracht  haben,  aus  der 
besonders  Gefangene  von  schwarzer  Hautfarbe  bemerkenswert  sind. 
Sarmiento  de  Gamboa  glaubt,  dass  er  Südsee-Inseln  erreicht  habe, 
Jimenez  de  la  Espada  denkt  an  die  Galäpagos.  Das  erstere  ist  aus- 
geschlossen, das  zweite  sehr  unwahrscheinlich,  obwohl  die  Meeres- 
strömung für  die  Ausreise  dorthin  günstig  ist.  Es  ist  in  erster  Linie 
die  Ernährungsfrage,  deren  nicht  zu  erklärende  Lösung  von  vornherein 
gegen  derartige  überlieferte  Fahrten  misstrauisch  machen  muss.  Wie 
will  Tupac  Inka  seine  20000  Mann  neun  Monate  lang  verpfiegt  haben? 

6* 


—     84     — 

Selbst  die  Schildkröten  der  Galäpagos  reichen  da  in  kurzer  Zeit  nicht 
mehr  aus.  Kleine,  seetüchtige  Boote  befahren  den  Ozean  ebenso  sicher 
wie  grosse  Schiffe,  wenn  das  Wetter  nicht  allzu  ungünstig  ist,  aber  die  Un- 
möglichkeit, viel  Proviant  mitzuführen,  schliesst  lange  Reisen  mit  grösserer 
Besatzung  für  sie  aus.  Die  Südsee-Fahrt  Tupac  Inka  Yupanqui's  ist 
zu  legendenhaft,  um  einen  reellen  Kern  herausschälen  zu  können. 

Sämtliche  landferne  Inseln  Amerikas  wurden  von  den  Entdeckern 
unbewohnt  betroffen ,  selbst  Gorgona  an  der  Küste  Columbias  scheint 
immer  öde  gewesen  zu  sein.  Es  muss  jedoch  bemerkt  werden,  dass 
mit  Ausnahme  der  Bermudas  alle  fernliegenden  Inseln  Amerikas  so 
wenig  natürliche  Anziehungskraft  besitzen,  dass  sie  noch  heutzutage 
ganz  spärlich  oder  gar  nicht  bevölkert  sind.^ 

Soll  die  Schiffahrt  der  Indianer  richtig  gewürdigt  werden,  so  darf 
ein  Blick  auf  die  Natur  ihrer  Meere  nicht  vergessen  werden.  Das 
Antillen-Meer  ist  im  allgemeinen  ruhig  und  ist  zweifellos  höchst  förder- 
lich gewesen  für  den  Verkehr  zwischen  den  meistens  in  Sehweite  von- 
einander entfernt  liegenden  Inseln.  Die  Besiedlung  sämtlicher  Inseln 
war  eine  Folge  davon.  Andererseits  haben  die  starken  Strömungen, 
die  heftigen  und  plötzlichen  Stürme,  die  berüchtigten  Hurikane,  — 
furacanes,  furacani,  furicanes,  uricanes;  jurican,  juracan,  huracän;  aus 
dem  Dialekt  von  Haiti  und  in  die  Sprache  der  Insel-Caraiben  über- 
gegangen, —  des  Golfs  von  Mexico  und  des  Caraiben- Meeres 
sicherlich  dazu  beigetragen,  der  indianischen  Schiffahrt  eine  w^eitere 
Entwicklung  zu  versagen.  Selbst  vor  der  kleinsten  Reise,  von  Insel 
zu  Insel,  wurden  immer  eingehend  die  Wetteraussichten  studiert,  da 
man  stets  fürchten  musste,  von  einem  alles  vernichtenden  Hurican 
plötzlich  überfallen  zu  werden.  Grössere  Reisen  zu  unternehmen,  bei 
denen  man  auf  längere  Zeit  das  Land  aus  den  Augen  verlor,  wagte 
man  nicht.  Stürme  von  solcher  Heftigkeit  und  Häufigkeit  kennt  die 
Schule  der  europäischen  primitiven  Schiffahrt,   das  Mittelmeer,   nicht. 


^  Navarrete:  I,  180,  191,  231,  241,  275;  —  „Vita  di  Crist.  Colombo^',  p.  110, 
140,  237 ;  —  Las  Casas :  „Historia",  I,  305 ;  —  Neussel :  p.  10,  11 ;  —  Mmloz :  p.  92, 
93,  104,  110,  182;  —  Barcia:  „Ensayo",  Dec.  I,  p.  51;  — Rogers:  „Beschreibung", 
p.  260 ;  —  „Col.  Doc.  Inedit.  Arch.  Indias"  V,  534 ;  —  Lawson :  p.  4—5 ;  —  Mooney : 
„Siouan  Tribes",  p.  78—79;  —  Barrere:  p.  166;  — Vicente  do  Salvador:  p.  39;  — 
Daniel,  in  „Revista  Trimensal",  III,  42—43 ;  —  Sarmiento  de  Gamboa :  „Geschichte", 
p.  CX— CXI;  p.  91 ;  —  „Tres  Relaciones",  p.  XXIII— XXIV;  —  Jimenez  de  la Espada: 
„Las  Islas  de  los  Galäpagos",  p.  371—376;  —  Cieza  de  Leon,  in  Yedia:  II,  3571;  — 
Vespucci:  p.  42,  43;  —  Torquemada:  1,704—705;  —  „Historye  of  the  Bermudaes", 
p.  84;  —  Restrepo:  p.  26. 


—     85     — 

Viele  spanische  Schiffe  fielen  diesen  Natur  dementen  zum  Opfer. 
Der  beste  und  gebildetste  Seemann  seiner  Zeit,  Christoph  Columbus, 
beschreibt  besonders  in  den  Briefen  über  seine  dritte  und  vierte  Reise 
in  ergreifender  Weise  seinen  Kampf  mit  den  Gewalten  des  Himmels  und 
der  Gewässer.  Dazu  kam  der  Teredo,  auch  Broma  genannt,  der  die 
Schiffsplanken  durchbohrte,  Haifisch  und  Schwertfisch,  welche  die  Ge- 
fahren des  Meeres  in  den  Augen  beginnender  Seefahrer  entschieden 
erhöhen  mussten.  Auch  im  Grossen  Ozean  waren  Strömung  und  Winde 
einem  Verkehr  zwischen  Isthmus  und  peruanischer  Küste  wenig  günstig, 
so  dass  alles  in  allem  die  Naturverhältnisse  Amerikas  primitiven  Schiffs- 
verbindungen nicht  förderlich  waren.  Dadurch  aber  allein,  dass  die 
am  weitesten  vorgeschrittenen  Völker  der  neuen  Welt,  die  Mayas, 
Nahuas  und  Inkaperuaner  zum  gegenseitigen  Austausch  ihrer  Kultur- 
güter kamen,  hätte  die  Entwicklung  Amerikas  in  ein  schnelleres  Tempo 
gebracht  werden  können. 

Wie  sehr  selbst  die  Spanier  unter  diesen  Verhältnissen  zu 
leiden  hatten,  mögen  zwei  Beispiele  zeigen:  noch  30  oder  40  Jahre 
nach  der  Entdeckung  Amerikas  ging  die  Segelroute  von  Santo 
Domingo  auf  Haiti  nach  der  damals  wichtigen  Perleninsel  Margarita 
nicht  quer  über  das  Caraibische  Meer,  sondern  die  Schiffe  fuhren 
an  Puerto  Rico,  Santa  Cruz  und  dem  ganzen  Inselbögen  der  Kleinen 
Antillen  entlang,  bis  sie  ihren  Bestimmungsort  erreiAten.  Im  Grossen 
Ozean  war  noch  lange  Jahre  nach  der  Besiedlung  Chile's  die 
Verbindung  zwischen  Callao  und  Valparaiso  oder  Concepciön  eine 
Küstenfahrt,  zu  der  man  für  Aus-  und  Heimreise  mindestens  ein 
Jahr  gebrauchte.  Erst  Juan  Fernändez,  der  amerikanische  Hippalos, 
schlug  kühn  den  Weg  quer  über  das  Meer  ein  und  machte  eine 
Reise  in  30  Tagen,  die  früher  ein  halbes  Jahr  in  Anspruch  genommen 
hatte.  ^ 


^  „Vita  di  Cr.  Colombo",  p.  217,  309-310,  332—334;  —  „Select  Letters", 
p.  198;  —  Martyr:  „Dec.  Tres",  p.  54,  247,  293;  -  Mimoz:  p.  245,  298;  -  Oviedo 
y  Valdes:  1, 167—168;  IV,  580—585,  600;  —  Benzoni:  p.  39;  —  Breton:  „Car.-Frang.", 
p.  153-154,  1621,  186,  305-307,  3911,  424II;  —  du  Tertre:  I,  496—497;  II, 
71—74;  IV,  305-308;  —Rochefort:  p.  243—248,  526 II;  —  Martins:  „Wörters." 
p.  317 1 ;  —  Gonzalez  de  Mendoza :  p.  220 ;  —  Cabega  de  Vaca :  „Relacion",  p.  6 — 9 ; 

—  Garcüaso  de  laVega:  „Prim.  Parte",  p.  811;  —  „Noticias  Autenticas",  XXIX,  222; 

—  „Lettres  Edif.",  V,  166;  —  Soares  de  Souza:  p.  37,  50,  e  passim;  —  „Col.  Doc. 
Ined.  Arch.  Indias",  I,  336,  339;  X,  57—65;  —  Amunätegui:  p.  9—10;  —  Xerez: 
p.  26;  —  Hawkins:  p.  201—204;  —  Mota  Padilla:  p.  158 II;  —  Motolinia:  p.  200; 

—  Gumilla:  II,  243—244. 


—     86     — 

Das  Hindernis  für  die  Entwicklung  der  amerikanischen  Fluss- 
scliiffahrt  waren  nicht  Winde  und  Strömungen,  sondern  wie  wir  bereits 
gesehen  haben,  Wasserfälle  und  Stromschnellen,  die  dichten  Urwälder 
mit  stürzenden,  Wildströme  mit  treibenden  Bäumen,  „snags"  und 
„sawyers",  und  schliesslich  Alligator  und  Jaguar,  die  dem  primitiven 
Schiffer  nicht  selten  verhängnisvoll  wurden.  Wir  haben  gesehen,  wie 
diese  Hindernisse  derartig  waren,  dass  sie  den  europäischen  Kolonisten 
zwangen,  seine  heimatlichen  Boote  als  unbrauchbar  aufzugeben,  und 
ihn  veranlassten,  sich  jahrhundertelang  lediglich  der  indianischen  Fahr- 
zeuge zu  bedienen/ 

Die  Indianer,  welche  in  solchen  natürlichen  Hindernissen  weiter 
nichts  als  die  böswilligen  Grewalten  übler  Geister  erblickten,  hatten 
alle  möglichen  abergläubischen  Zeremonien,  Anbetung,  Opfer,  um  diese 
geheimen  Kräfte  zu  beschwichtigen.  An  der  ganzen  peruanischen 
Küste  wurde  die  See  verehrt,  die  Azteken  opferten  jährlich  einen 
Knaben  und  ein  Mädchen,  die  Chippeways  versuchten  die  tosenden 
Gewässer  der  Grossen  Seen  durch  ein  Hundeopfer  zu  beschwichtigen, 
die  Algonquins  in  Virginia  spendeten  Tabak. ^ 

Wie  alt  die  amerikanische  Schiffahrt  ist,  kann  man  bei  den 
Indianern  ebensowenig  sagen,  als  bei  allen  anderen  Völkern,  von  deren 
Urgeschichte  man  nichts  weiss.  Die  Überlieferungen  und  Legenden, 
in  denen  das  Fahrzeug  eine  Rolle  spielt,  beweisen  weniger  das  hohe 
Alter  des  Bootes  als  die  Tatsache,  dass  es  ihrem  Herzen  nahe  stand. 
Immerhin  bezeugen  die  Flutsagen,  dass  das  Boot  in  irgendeiner  Form 
seit  weit  zurückliegenden  Zeiten  ein  Kulturgut  der  Indianer  gewesen 
ist.  Bei  Algonquins,  besonders  Delawaren,  Ottawas,  Sauks  und  Foxes, 
bei  Irokesen,  Cherokees,  Nordwest-Indianern,  vornehmlich  Twana, 
Lummi,  Makah;  ferner  bei  den  Insel-Caraiben,  in  Darien,  bei  den 
Makusi  und  Aruaks  von  Guayana,  bei  den  Omaguas  und  Küsten-Tupi 
und  schliesslich  bei  den  Aruaks  von  Cuba  rettet  ein  Boot  die  Über- 
lebenden aus  der  vernichtenden  Flut.  Die  Sage  der  zuletzt  Genannten 
ist  allerdings  höchst  verdächtig;  sie  erinnert  stark  an  die  Arche  Noali 
und  lässt  Erzählungen  der  Missionare  als  Grundlage  vermuten,  wenn 


^  „Relaciones  Geogräficas",  I,  14;  —  Figueroa:  p.  219—220;  —  Veigl:  p.  269, 
551;  —  Baucke:  p.  93;  —  Rengger:  „Reise",  p.  234—235;  —  Rengger:  „Naturg.", 
p.  167,  168;  —  Crevaux:  p.  458—460,  463—467;  —  Chaffanjon :  p.  40. 

2  Alex.  Henry:  p.  108,  127,  178—179;  -  Hariot:  fol.  C  3a;  —  „Ritos  An- 
tiguos",  p.  350;  -  Garcilaso  de  la  Vega:  „Prim.  Parte",  p.  131,  192,  208 II,  209 II, 
311 II. 


—     87     — 

es  auch  ein  so  früher  Berichterstatter  wie  Las  Casas  ist,  der  sie  uns 
erhalten  hat.^ 

Einen  gewissen  Beweis  für  eine  sehr  lange  und  intensive  Be- 
schäftigung mit  der  Schiffahrt  liefern  Körper-Deformationen,  die  als 
Kennzeichen  ganzer  Yölkergruppen  auftreten.  Wie  den  Stämmen  am 
unteren  Colorado  und  in  den  Küstenniederungen  des  Orinoco-  und 
Amazonas-Mündungsgebietes  infolge  des  beständigen  Wattenlaufens  im 
Laufe  der  Generationen  eine  Art  Spreitz-  oder  „Entenfuss"  heran- 
gezüchtet worden  war,  so  besassen  die  Nordwest-Indianer,  die  Pajaguäs 
sowie  die  Yaganes  und  Alacalufs  der  Magalhäes-Strasse  degenerierende 
Beine  infolge  des  ewigen  Sitzens  im  engen  Kanu.  Ihre  unteren  Extremi- 
täten waren  nicht  gerade  durchweg  schw^ach,  aber  sie  waren  derartig 
missgeformt  und  reduziert,  wie  sie  nur  andauernder  Nichtgebrauch 
durch  Generationen  hindurch  mit  daraus  folgender  Verkümmerung 
und  entsprechender  Vererbung  hervorbringen  kann.  Ihre  kurzen 
Beine  erschienen  angeschwollen  und  besonders  an  den  Knöcheln 
stark  entstellt;  sie  machten  einen  skorbutartigen  Eindruck  und 
waren   so   krumm,   dass   die  Fusssohlen  teilweise  nach  innen  verdreht 


Das  Boot  im  Frieden. 

Im  Rahmen  dieser  Abhandlung  ist  es  nur  möglich,  die  Fischerei 
und  die  Wasserjagd  der  Indianer  Amerikas  kurz  zu  streifen.  Eine 
eingehende  Untersuchung  würde  bei  der  Masse  des  vorhandenen 
Materials  einen  Band  füllen. 


^  Schoolcraft :  „Hiawatha",  p.  223—227  ;  —  Couto  de  Magalhäes :  p.  168—169 ;  — 
„Lettres  Edif."  V,  313;  —  M'Lean :  „Twenty-Five  Years",  I,  192;  -  Schoolcraft: 
„Iroquois",  p.  359;  —  Briuton:  „Lenäpe",  p.  180—181;  —  McLean:  „Indians", 
p.  186 ;  —  Andree :  „Flutsagen",  p.  80 ;  —  Swan :  „Cape  Flattery",  p.  57 ;  —  Eells : 
p.  70—72;  —  Navarrete:  III,  402,  438;  —  Las  Casas:  III,  477;  —  de  la  Borde: 
p.  7;  —  Kichard  Schomburgk:  II,  319—320;  —  Brett:  p.  399;  —  Federraann  und 
Stade:  p.  184;  —  Marcoy:  II,  388. 

2  Möllhausen:  „Wanderungen",  p.  380—381;  —  MöUhausen:  ,,Reisen",  I,  123;  — 
Ealegh:  „Guiana",  p.  51,  note;  —  Hühouse:  „Memoir",  p.  333,  note;  —  A.  v.  Hum- 
boldt: „Reise",  II,  9;  —  van  Coli:  p.  609—610;  —  Cook:  II,  34-35;  —  La  Perouse: 
II,  280;  —  Meares,  in  Forster:  „Geschichte",  I,  214;  —  Lewis  and  Clark:  (Phila- 
delphia 1814)  I,  428;  II,  57,  115,  130;  —  Sproat:  p.  23,  note;  -  Macfie:  p.  428;  — 
Wilkes:  I,  122;  IV,  297;  —  Rengger:  „Säugeth.",  p.  4;  —  Marcel:  „Fuegiens",  p.  9, 
note;  —  „Apendice  ä  la  Rel.  del  Viage  al  Magallanes",  p.  27;  —  Forster:  „Be- 
merkungen", p.  225 ;  —  Weddell :  p.  191 ;  —  Segers :  p.  82. 


—     88     — 

Es  dürfte  nicht  zu  bezweifeln  sein,  dass  die  ganz  primitiven  Arten 
des  Fischfanges,  Sammeln  von  Austern,  Muscheln  und  herangetriebenen 
Fischen,  Aufsuchen  der  auf  Watten  oder  überschwemmt  gewesenen 
Ländern  zurückgebliebenen,  Fangen  mit  der  Hand,  Verfolgen  im 
Wasser  mit  Waffe,  Korb  oder  Handnetz,  Vergiften  des  Wassers,  ge- 
meinsames AVass ertreib en  gegen  eingedeichte  Fischfallen,  Körbe,  Reusen 
oder  Netze,  schon  vor  dem  Besitz  von  Wasserfahrzeugen  ausgeübt 
worden  sind.  Einige  andere  Methoden,  wie  Pfeil-,  Speer-  und  Angel- 
Fischerei  mögen  erst  vervollkommnet  worden  sein,  nachdem  der  Indianer 
gelernt  hatte,  mit  Balsa  oder  Boot  das  Wasser  zu  befahren,  während 
das  Fackel-,  Harpunen-  und  Bemorra-Fischen  wohl  erst  von  diesen 
Zeiten  her  datiert.  Alle  diese  genannten  Arten  des  Fischfanges  finden 
sich  in  Amerika,  meistens  mehrere  von  ihnen  gleichzeitig  nebeneinander. 
Man  kann  wohl  sagen,  dass  kein  grösserer  Baum  der  beiden  Konti- 
nente ohne  einen  der  wichtigeren  Fischereibetriebe  gefunden  worden  ist. 
Für  sehr  viele  Völker  lieferte  das  Wasser  die  Hauptnahrung.  Alle 
Fischerei  fand  auf  den  Wasserläufen,  Landseen  und  an  den  Küsten 
statt;  Hochsee-Fischerei  konnte  nicht  entstehen,  da  die  Küsten- 
Fischerei  den   Bedarf  bereits  vollkommen  deckte. 

Das  Wehr-  und  Beusen-Fischen,  Speer-Fischen  und  Fischstechen 
bei  Fackellicht  war  sehr  verbreitet;  besonders  gute  Nachrichten  über 
diese  Fischerei  haben  wir  aus  dem  Norden,  aus  dem  Grebiet  der  Grossen 
Seen  und  von  den  Ostländern  der  heutigen  Union  von  Maine  bis 
Florida.  Harpunen-Fischerei  war  bei  den  Nordwest-  und  Santa  Barbara- 
Indianern,  im  südlichen  Chile  und  an  der  Magalhfies-Strasse  gut  ver- 
treten. 

Fast  ganz  Süd-Amerika  war  ein  riesiges  Verbreitungsgebiet  der 
verschiedenartigen  Methoden,  durch  Vergiften  des  AVassers  oder  durch 
vergiftete  Köder  Fische  zu  erlangen.  Aber  auch  in  Mittel-Amerika, 
in  Mexico,  bei  den  Insel-Caraiben,  in  den  heutigen  Südstaaten  der 
Union,  bei  den  Pimas  und  in  California  fanden  Fischvergiftungen  statt. 
Das  Gebiet  des  Pfeilfischens  deckt  sich  mit  dem  des  Fischvergiftens  im 
allgemeinen;  nur  treten  die  Oststaaten,  sowie  etwa  Ohio,  Indiana  und 
Illinois  hinzu,  wennschon  in  diesen  Gegenden  das  Pfeilfischen  wohl  nur 
gelegentlich  und  sporadisch  ausgeübt  wurde.  Die  Omaguas  und  die 
Völker  der  Maynas-Länder  schössen  die  Fischpfeile  mit  ihren  Wurf- 
brettern ab.  Auch  das  Netzfischen  war  weit  verbreitet;  in  einzelnen 
Gegenden  fehlte  es,  in  anderen  ist  es  zu  Unrecht  bestritten  worden ;  es 
wurde  ebenso  von  Tupi-Völkern  ausgeübt  wie  von  Aruaks  auf  den  Grossen 


—     89     — 

Antillen  und  Lucayos  auf  den  Bahamas.  Die  Angel  ist  vielleicht  die 
jüngste  der  gegen  die  Geschöpfe  des  Wassers  verwendeten  Fangapparate, 
aber  die  archäologischen  Funde  und  die  Quellen  sagen  uns,  dass  sie  fast 
über  ganz  Amerika  bekannt  war.  Sie  fand  sich,  nur  um  in  grossen 
Zügen  die  wichtigsten  Gebiete  zu  nennen,  im  ganzen  Osten  Kanadas 
und  der  Union,  etwa  von  den  Dakotas  und  Arkansas  bis  an  den 
Atlantischen  Ocean.  Noch  neuerdings  sind  von  Moore  interessante 
Funde  in  Florida  gemacht  worden,  das  bisher  frei  zu  sein  schien. 
Die  Angel  wurde  ferner  verwendet  an  der  Nordwest-Küste,  in  Cali- 
fornia, Mexico  mit  Yucatän,  Mittel- Amerika,  auf  Grossen  und  Kleinen 
Antillen  und  den  Bahamas.  Sie  war  in  Guayana  ebenso  zu  Hause 
wie  am  Guaviare  und  im  Cauca-Tal,  bei  den  Maynas- Völkern  und 
in  erhebhchen  Teilen  Brasiliens.  In  Peru  und  im  Chaco  fehlte  sie 
nicht.  Schon  im  ersten  Indianer-Vokabularium,  das  wir  besitzen,  in 
dem  von  Pigafetta,  befindet  sich  das  einheimische  Wort  für  Angel- 
haken. Die  Insel-Caraiben  hatten  besondere  Ausdrücke  für  die  eigenen 
und  für  die  nach  europäischem  Muster  gemachten  Haken.  Dem 
Material  nach  waren  sie  aus  Kaktus-Stacheln,  Holz,  Knochen,  Muschel- 
schale, Stein,  Kupfer  oder  Gold.  Sehr  beachtenswert  sind  die 
geraden,  zweispitzigen  Angeldorne,  mit  Befestigungsrille  für  die  Schnur 
in  der  Mitte.  Da  wo  sie  vorkommen,  entscheiden  sie  in  zweifelhaften 
Fällen  mit  Sicherheit  zugunsten  der  präkolumbischen  Angel.  Sie  sind 
z.  B.  in  Oregon,  California,  Wyoming,  Tennessee  und  im  oberen 
Amazonas-Gebiet  zu  Hause  gewesen. 

Die  letzte  der  wichtigsten  Fangarten  ist  das  Fischen  der  Aruaks 
von  Südwest-Cuba  mit  der  Remorra  oder  dem  Reverso,  das  ja  auch 
in  anderen  Gebieten  der  Erde  vorkommt  und  ein  hübsches  Gegenstück 
zum  Fischen  der  Chinesen  mit  dem  Kormorant  bildet.^ 

Der  Walfisch-Fang  ist  schon  mehr  Wasserjagd  als  Fischfang;  ihn 
betrieb  man  vornehmlich  an  der  Nordwest-Küste,  bei  den  Santa  Barbara- 
Indianern  und  an  der  südchilenischen  Küste.  Aber  auch  in  Florida 
wurde  den  damals  dort  häufigen  Waltieren  eifrig  nachgestellt.  In  den 
kalten  Gewässern  sind  Seehund  und  Seeotter  die  wichtigsten  jagdbaren 
Tiere,  in  den  Tropen  Seekuh  oder  Manati,  AVasserschwein  oder 
Capibara  und  die  verschiedenen  Schildkröten- Arten.  Elch  und  Renn- 
tier  im  Norden,  Pekari   und  Tapir  in  den  warmen  Gegenden  gaben 

^  Moore :  „Central  Fla.",  p.  412,  446  —  447 ;  in  seinen  übrigen  wertvollen 
PabUkationen  finden  sich  ebenfalls  Angaben ;  —  „Noticias  Autenticas",  XXVII,  62 ;  — 
Figueroa:  p.  208;  —  Magellan's  Voyage:  p.  48. 


—     90     — 

nicht  selten  Gelegenheit  zu  einer  aufregenden  AVasserjagd.  Die  „Chaco" 
genannten  Balsa- Jagden  auf  dem  Titicaca  galten  besonders  den  Wasser- 
vögeln. 

Der  Ertrag  an  Fischfang  und  Wasserjagd  bildete  bei  vielen 
Völkern  ein  wesentliches,  bei  nicht  wenigen  das  wichtigste  Moment 
ihrer  Ökonomie.  Diese  Ökonomie  wird  meistens  sehr  geringschätzig 
behandelt;  wer  sie  kennen  lernen  will,  muss  sich  an  die  spanischen 
und  portugiesischen  Berichte  der  Zeit  der  Conquista  halten.  Sie 
werden  ihm  die  Auffassungen  wesentlich  korrigieren,  welche  die  Be- 
schreibungen aus  neueren  Zeiten  erzeugen  müssen.  Denn  wie  der 
Biber  verwildert  und  sorglos  wird,  wenn  man  seine  Kreise  stört,  so 
auch  der  Naturmensch.  Das  Verfahren,  Fische  durch  Dörren  und 
Räuchern  so  zu  konservieren,  dass  sie  längere  Zeit,  in  kälteren  Gegenden 
ein  ganzes  Jahr,  vorhielten,  kannte  man  in  ganz  Amerika.  Sie,  wie 
auch  präservierte  Austern  und  Schildkröten-Eier,  Fischmehl,  Kaviar, 
Fischlaich,  Tran  und  Fischöl  dienten  nicht  nur  dem  eigenen  Ge- 
brauch, sondern  recht  häufig  auch  als  Handelsartikel.  Auch  als 
Düngemittel  erscheinen  Fischköpfe  in  Peru  und  New  England  in  der 
Ökonomie  der  Eingeborenen. 

Besondere  Erwähnung  verlangt  der  sogenannte  wilde  Beis,  weil 
hier  das  Boot  dem  Indianer  unseren  Erntewagen  vertrat.  Stämme, 
die  den  wilden  Reis  sammelten  und  zum  Teil  sogar  kultivierten,  waren 
in  Nord- Amerika  die  Odjibways,  Menöminies,  Sauks  und  Foxes,  Potta- 
wättomies,  Maskoutins,  Kickapoos,  Ottawas,  Huronen,  Winnebagoes, 
Dakotas  und  Assiniboins;  in  Brasilien  zahlreiche  Stämme  von  Matto 
Grosso.  Für  das  Säen,  erste  Behandlung  des  wilden  Reises,  für  Binden, 
Ernten  und  Einbringen  ist  das  Kanu  unentbehrlich.^ 

In  der  indianischen  Rasse  steckt  ein  nicht  zu  verkennender  aus- 
gesprochener Handelsgeist,  der  sich  in  Geschäften  und  Unternehmungen 
mannigfacher  Art  äusserte.  Mehr  als  in  späteren  Jahrhunderten  war 
der  amerikanische  vorkolumbische  Handel  ein  Wasserhandel.  Den 
Geist  erkannte  schon  Columbus  in  den  feilschenden  Lucayos  und 
Aruaks  von  Jamaica,  während  die  Insel-Caraiben  im  Gegensatz  zu 
ihren  Verwandten  in  Guayana,  besonders  den  Accawais,  nur  auf  See- 
raub und  kriegerische  Unternehmungen  bedacht  waren  und  erst  im 
17.   Jahrhundert    z.  Z.    der   französischen   Kolonisation   anfingen    ein 

^  Martin :  „Relations",  II,  245—247 ;  —  Lafitau :  III,  87 :  —  Keating :  II,  156 ;  — 
Stinckney,  in  „Amer.  Anthrop.",  IX,  115—121;  —  Jenks:  p.  1038—1064;  —  Caraara: 
p.  72-73. 


—     91     — 

Avenig  Handelsgeist  zu  entwickeln.  Unter  den  Nahua-Stämmen,  be- 
sonders bei  den  Azteken,  deren  politische  Anfänge  auf  den  Handel 
mit  den  Erzeugnissen  ihres  Sees  begründet  waren,  stellten  die  Kaufleute 
einen  hochgeachteten,  gebildeten  und  äusserst  nützlichen  Stand  dar, 
deren  gewandteste  und  unternehmungslustigste  Vertreter  in  Tlaltelulco 
und  Cholula  zu  finden  waren.  Die  Bewohner  von  Urabä  waren  als 
tüchtige  Händler  bekannt,  in  den  oberen  Amazonas-Gebieten  fanden 
Ursüa  und  Aguirre  überall  reges  Handelsinteresse  vor,  und  im  Cauca- 
Tal  sass  das  Handelsvolk  der  Hevejicos,  deren  Sprache  in  einem 
Umkreise  von  200  bis  250  km  gesprochen  und  verstanden  wurde. 
Der  primitive  amerikanische  Handel,  dessen  Beschreibungen  in  den 
alten  Berichten  uns  lebhaft  an  das  noch  heute  in  Ostasien  beobachtete 
Handels-  und  Markttreiben  erinnern,  hatte  manche  Eigentümlichkeiten, 
von  denen  in  diesem  Rahmen  nur  einige  wenige  erwähnt  werden  können. 
Das  Handelsgeschäft  ging  stets  leise  vor  sich,  soviel  auch  geschachert 
und  gefeilscht  wurde.  In  Kriegszeiten  hatten  die  Weiber  stellenweise 
freies  Geleit,  damit  der  Handel  nicht  einschlief.  Bei  den  Huronen 
hatten  einige  Clans  ein  erbliches  Handelsmonopol  in  gewissen  Branchen, 
dessen  Übertretung  durch  Unbefugte  rücksichtslos  wie  Diebstahl  be- 
straft wurde.  Die  Montagnais  erhoben  im  Interesse  ihres  Handels 
auf  den  von  ihnen  kontrollierten  Flüssen  einen  regulären  Schiffahrts- 
zoll. In  einzelnen  Gegenden,  wie  in  New  England  und  Guayana,  hatte 
sich  in  der  heimischen  Industrie  insofern  eine  Arbeitsteilung  ausgebildet, 
als  gewisse  Kunstfertigkeiten  in  bestimmten  Landesteilen  allein  aus- 
gebildet waren  und  so  Veranlassung  zu  Austausch  und  Fernhandel 
wurden.^ 

Merkwürdigerweise  ist  behauptet  worden,  dass  im  Inkareich  Handel 
unbekannt  gewesen  sei,  dass  eine  in  der  Vollendung  durchgeführte 
geschlossene  Hauswirtschaft  eine  solche  Einrichtung  auch  völlig  über- 
flüssig gemacht  habe.  Schon  die  Handels-Balsa,  die  Bartolome  Ruiz 
am  Kap  San  Lorenzo  traf,  müsste  das  Gegenteil  beweisen,  wüssten 
wir  nicht  ausserdem  durch  Blas  Valera,  Andagoya,  Las  Casas,  Oviedo, 

'  „Vita  di  Cr.  Colombo",  p.  81—82,  95—96,  336,  338,  345;  —  Breton:  „Car.- 
FranQ",  p.  2911;  —  du  Tertre:  II,  383-384,  385—386,  393;  —  Munoz:  p.  133-134; 
—  Sahagün:  II,  335  ff.,  III,  39  ff.;  —  Torquemada:  II,  537,  585—587;  —  Oviedo 
y  Valdes:  II,  407 II;  —  „Col.  Doc.  Inedit.  Arch.  Ind."  III,  404;  —  Herrera:  II,  172; 
III,  61II;  V,  321;  —  Tezozomoc:  p.  231 ;  —  CabeQa  de  Vaca :  „Relacion",  p.  102;  — 
„Relat.  des  Jesuit."  1636,  p.  120 II;  1637,  p.  86 II,  991;  —  Lafitau:  IV,  54-55;  — 
Vancouver :  I,  305,  and  passim ;  —  Barröre :  p.  30, 105—110,  175 ;  —  Robert  H.  Schom- 
burgk:  p.  208—209;  —  im  Thurn:  p.  271—273;  —  Simon:  I,  279. 


—     92     — 

dass  im  Inkareich  Handel  mit  Lamas  und  ihrer  Wolle,  roher  oder 
gefärbter,  mit  wollenen  und  baumwollenen  Fabrikaten,  mit  Töpferwaren, 
Erzeugnissen  des  Gewerbefleisses  von  Kunstschmieden,  mit  Kartoffeln, 
Mais,  Coca  und  wahrscheinlich  auch  Salz  und  Guano  stattfand.^ 

Die  Handelswege  der  Indianer,  die  sich  meistens  mit  den  Kriegs- 
pfaden und  Ausfallwegen  deckten,  waren  von  verschiedener  Art.  Im 
Osten  von  Nord- Amerika  lagen  die  meisten  und  wichtigsten  Siedelungen 
an  den  Oberläufen  der  kleineren  Oewässer,  weil  sie  hier  entfernt  von 
den  grossen  Wasserwegen  am  sichersten  waren  und  zugleich  am  besten 
gegen  Überschwemmungen  und  treibende  Bäume  geschützt  waren. 
Hierdurch  und  durch  die  Tatsache,  dass  sich  vielfach  die  Richtung 
der  Wasserläufe  mit  den  Hauptverkehrsrichtungen  nicht  deckte,  kam 
es,  dass  die  Verbindungs-  und  kürzeren  Handelswege  häufig  nach  Art 
unseres  Thüringer  Rennstieges  auf  den  Höhen,  auf  den  Wasserscheiden 
liefen.  „Old  Connecticut  Path"  von  Boston  nach  Albany,  der  „Iroquois 
Trail"  quer  durch  das  Land  der  Irokesen,  „Nemacolin's  Path" 
zwischen  Potomac  und  Ohio  sind  Beispiele  hierfür.  Die  durchgehenden 
Handelswege  jedoch  und  Ausfallstore  für  weitreichende  Kriegsexpe- 
ditionen waren  in  der  Hauptsache  auf  dem  Wasser.  Der  älteste  Weg 
dieser  Art,  von  Ober-Kanada  über  Oswego^  durchs  Land  der  Irokesen, 
den  Susquehannah  abwärts  bis  zur  Cheasapeake-Bai  war  schon  zur 
Zeit  von  Pedro  Menendez  bekannt.  Im  trockenen  Westen  von  Nord- 
Amerika  und  in  Mexico  waren  die  Handelsstrassen  im  Innern  fast 
durchweg  Landwege,  während  in  Süd-Amerika,  abgesehen  vom  schmalen 
trockenen  Westen  und  vom  Süden,  die  Handelswege  fast  ausschliess- 
lich auf  dem  Wasser  lagen.  Die  Waren,  welche  über  See  an  eine 
Küste  gelangten,  kamen  teils  auf  Wasserwegen,  teils  auf  Landpfaden 
ins  Innere.  Für  die  ungemeine  Ausbreitung  des  primitiven  Handels 
über  Amerika  haben  uns  die  Gräber  manche  Beweise  geliefert,  während 
wir  aus  historischen  Zeiten  wissen,  dass  Entfernungen  für  den  Indianer 
keine  Rolle  spielten.  Muscheln  vom  Golf  von  Mexico  sind  bei  den  Huronen 
im  Norden  gefunden  worden,  Catlinit-Pfeifen  aus  dem  roten  Pfeifen- 
steinbruch bei  St.  Peter,  Minnesota,  bei  den  Irokesen  und  Algonquins 
des  Ostens.  Die  Huronen  fuhren  alljährlich,  von  ihren  Häuptlingen 
nach  einem  geordneten  System  zu  dieser  weiten  Reise  bestimmt, 
zum    Handeln    nach    Quebec,    während    den     Sioux    und  Crees    der 

*  Navarrete:  III,  430—432;  —  Garcüaso  de  la  Vega:  „Prim.  Parte",  p.  220 
bis  221 ;  —  Las  Casas :  „Antiguas  Gentes",  p.  49 ;  —  „Relaciones  Geogräf."  II,  62, 
63,  196;  —  Oviedo  y  Valdes:  IV,  121—122;  —  Prescott:  „Peru",  p.  117,  note. 


—     93     — 

AVeg  keineswegs  zu  weit  erschien,  um  in  Oswego  ihre  Geschäfte 
zu  machen. 

Die  wichtigsten  Punkte  der  grossen  AVasser-Durchgangswege  sind 
die  Trageplätze.  Wir  haben  gesehen,  wie  sie  Material,  Form  und 
Grösse  der  primitiven  Boote  Amerikas  bestimmt  haben.  Im  englisch- 
sprechenden Nord-Amerika  unterschied  man  zwischen  „Portage"  oder 
„Carrying  Place"  und  „Discharge".  Bei  erster em,  dem  eigentlichen 
Trageplatz,  wurde  das  Kanu  entladen  und  Boot  und  Güter  dann 
hinübergeschafft,  während  man  bei  einer  „Discharge"  das  Fahrzeug 
nur  erleichterte  und  ohne  Ladung  oder  mit  einem  Teil  durch  die  Kas- 
kaden oder  Stromschnellen  treidelte.  In  leichteren  Fällen  schoss  man 
auch  durch  die  schäumende  Flut  hinunter,  was  in  Nord -Amerika 
immer  lautlos,  nach  Poeppig's  Erfahrungen  in  Süd- Amerika  mit  grossem 
Geschrei  vor  sich  ging.  Zum  Tragen  der  Kanus  brauchte  man  im 
Norden  1  bis  4  Mann,  in  Süd-Amerika  wurden  vielfach  Rollen  oder 
Walzen  benutzt. 

Die  Trageplätze,  von  denen  natürlich  die  wichtigsten  die  sind, 
welche  zwei  Flusssysteme  über  eine  schmale  Wasserscheide  hin  ver- 
binden, waren  nach  Charakter  und  Länge  sehr  verschieden  und  wechselten 
auch  in  sich  nach  dem  Stande  des  Wassers.  Bei  Hochwasser  konnte 
es  unter  Fortfall  des  Trageplatzes  zu  einer  Bifurkation  kommen,  während 
man  andererseits  sehr  erhebliche  Strecken  mit  Boot  und  Ladung 
zurücklegen  musste.  So  waren  der  Trageplatz  bei  Fort  Stanwix,  heute 
Rome,  der  den  Mohawk  mit  dem  Oneida-See  verbindet,  4,8  bis  8  km 
lang,  der,  welcher  über  Mahoning  und  West  Brauch  of  the  Susque- 
hannah  den  Ohio  mit  der  Chesapeake-Bai  verband,  12,8  km;  der 
Trageplatz  zwischen  Hudson  und  Wood  Creek,  also  zwischen  New 
York  und  Montreal,  war  16  bis  19  km  lang,  während  die  Landver- 
bindung zwischen  Ucayali  und  Madre  de  Dios  sogar  22  km  betrug. 

Es  ist  nicht  möglich,  hier  auch  nur  flüchtig  auf  die  wundervollen 
Wasserverbindungen  der  beiden  Amerikas  einzugehen  oder  auch  nur 
die  wichtigsten  Trageplätze  zu  nennen.  Wer  am  St.  Lawrence  bei 
Anticosti  in  Nord- Amerika  einfuhr,  konnte  auf  verschiedenen  Wegen 
in  der  Hudsons-Bai,  an  der  Mündung  des  Mackenzie,  bei  New  York, 
Baltimore  oder  New  Orleans  mit  seinem  Kanu  wieder  hinausfahren, 
und  wer  an  der  Orinoco-Mündung  die  Flusssysteme  Süd-Amerikas 
betrat,  konnte  sie  bei  Parä  oder  Montevideo  wieder  verlassen.^ 

1  Champlain:  I,  85—86,  622—629;  —  Shea:  p.  335;  —  Sagard:  „Histoire", 
I,  246;  —  „Doc.  Col.  Hist.  St.  N.  Y.",  III,  706;  V,  729;  VI,  837;  VII,  543;  VIII,  121, 


—     94     — 

Besonders  die  Eingeborenen  Süd- Amerikas  östlich  der  Cordilleren 
haben  ihre  Wasser  Verbindungen  gründlich  ausgenutzt.  Landhandel  ist 
vielfach  ausgeschlossen  und  hat  auch  da,  wo  er  möglich  war,  nur  eine 
vergleichsweise  geringe  Bedeutung  gehabt.  Als  Orellana  als  Erster 
den  Amazonas  hinunterfuhr,  bemerkte  er,  dass  aller  Handel  und 
Wandel  auf  dem  Wasser  stattfand ;  Cabeza  de  Yaca  machte  dieselbe  Be- 
obachtung auf  dem  Paraguay  und  seinen  Verbindungen  bis  nach  Brasilien 
hinein.  Ein  wichtiger  Handelsweg  ging  vom  Orinoco  über  den  Guaviare 
und  Nebengewässer  des  Japurä  in  das  Grebiet  des  oberen  Putumayo  und 
Napo ;  Rio  Negro  und  Bio  Branco  verbinden  Venezuela  und  Guayana 
mit  dem  Amazonas-Becken.  Auf  diesen  zuletzt  genannten  drei  Wasser- 
wegen fand  in  späteren  Jahrhunderten  ein  lebhafter  Sklavenhandel 
statt.  ^ 

Während  der  indianische  Handel  auf  den  herrlichen  Wasser- 
verbindungen im  Innern  der  beiden  Kontinente  trotz  der  europäischen 
Kolonisation  im  allgemeinen  keineswegs  abnahm,  sondern  stellenweise 
offenbar  an  Bedeutung  gewann,  nahm  er  eine  ganz  andere  Entwicklung 
auf  der  See.  Auch  hier  waren  die  Canoas,  Piraguas  und  Balsas 
von  ganz  erheblichem  Belang  für  den  Güterverkehr  gewesen,  aber  der 
eingeborene  Handel  verschwand  von  den  Meeren  wenige  Jahrzehnte, 
nachdem  die  europäischen  Schiffe  begonnen  hatten,  die  betreffenden 
Verkehrsstätten  in  grösserer  Zahl  zu  besuchen.  Von  dem  Handel  der 
Insel-Aruaks,  die  ihre  heimatlichen  Gewässer  so  gut  kannten,  von  den 
Unternehmungen  ihrer  Stammesverwandten  in  Paria  und  im  Orinoco- 


and  note;  IX,  77;  —  Thomas:  „Catalogue",  maps;  —  Kane:  „Wanderings",  p.  8, 
note;  p.  443,  pl.;  —  Pouchot:  II,  293;  III,  129  ff.;  155  ff.;  165  ff. ;  —  Le  Beau : 
I,  152—154;  —  Hind:  I,  2;  —  Poeppig:  II,  283—284;  -  Baucke:  p.  90;  —  Gookin: 
p.  153;  —  Chaumonot:  p.  51;  —  Lafitau:  III,  197— 200;  —  Mackenzie:  II,  251;  — 
Catlin :  II,  pl.  239 ;  —  Winsor :  „Mississippi  Basin",  p.  22—32,  260—261 ;  —  Benton : 
„Wabash  Trade  Route",  p.  10,  11 ;  —  „Lettres  Edif.",  IV,  83,  447;  —  „Globus", 
Bd.  LXXI,  p.  36 ;  -  Stöcklein :  II,  52  (num.  48.) ;  II,  71  (num.  51.) ;  IV,  45  (num.  90.) ;  — 
„Noticias  Autenticas",  XXVI,  257—258,  263,  269;  XXX,  195,  209,  219,  383—84; 
XXXII,  132;  XXXIII,  54;  —  Gonsalves  da  Fonseca:  p.  53,  56,  58,  59,  60,  63,  66—69, 
72;  —  Ribeiro  de  Sampaio:  p.  90—91,  98,  101,  110—112;  —  Grillet  et  Bechamel: 
p.  217—218;  —  A.  v.  Humboldt:  „Reise",  IV,  23—24;  V,  13;  —  R.  H.  Schomburgk: 
p.  207,  214—215,  410,  424,  471—472;  —  Richard  Schomburgk :  1,155;  11,296-299, 
372—373,  392—393,  399—401,  429—430,  473;  —  Marcoy:  I,  464,  465,  529—530, 
549;  II,  138-141;  —  Crevaux:  p.  129-131,  132,  155;  —  im  Thum:  pl.  III. 
1  Duro:  „Rios  de  Venezuela",  XXVIII,  p.  159—160;  —  Brett:  p.  479,  note;  — 
Carvajal:  p.  180;  —  Manuel  Rodriguez:  p.  116;  —  Cabeza  de  Vaca:  „Naufr.  y  Comen- 
tarios",  I,  279—281;  —  Pefia:  p.  484. 


—     95     — 

Mündungsgebiet,  die  uns  Oviedo  so  anschaulich  beschrieben  hat,  von  dem 
regen  Geschäftsleben  an  den  Küsten  von  Darien  und  Cartagena  hört  man 
in  späteren  Zeiten  gar  nichts  mehr.  Die  ganze  Ostküste  von  Mittel- 
Amerika,  von  Darien  bis  zu  den  Roatan-Inseln,  wo  es  Columbus  be- 
obachtetC;  und  von  dort  um  Yucatän  herum  bis  Coatzacoalcos,  wo  es 
Cördoba,  Grrijalba  und  Cortes  mit  ihren  Begleitern  feststellen  konnten, 
war  der  Schauplatz  eines  lebhaften  und  regelmässigen  Küstenhandels 
mit  Ausgangspunkt  in  Yucatän.  Hier  bei  den  Mayas  gab  es  Rast- 
und  Grotteshäuser  für  reisende  Kaufleute  und  eine  Kompanie,  die  ihre 
Boote  an  G-eschäftsleute  vercharterte.  Der  Transit- Verkehr  von  dem 
Festlande  nach  den  vorliegenden  kleinen  Inseln  war  sehr  lebhaft.  Die 
mittelamerikanischen  Rohstoffe  und  Erzeugnisse  der  Industrie,  die  auf 
dem  Markt  von  Mexico  feilgeboten  wurden,  legten  einen  erheblichen 
Teil  ihres  Weges  auf  dem  Wasser  zurück.  Dagegen  ist  ein  Handels- 
verkehr über  die  Yucatän-Strasse  hinüber  nach  Cuba  nicht  nach- 
gewiesen. 

Man  hat  gesagt,  dass  das  angeblich  von  Columbus  und  Las  Casas 
auf  Cuba  gefundene  Wachs  nur  auf  dem  Wege  des  Handels  von  dem 
honigreichen  Yucatän  nach  der  Insel  gelangt  sein  könne.  Tatsächlich 
gab  es  auf  Cuba  und  Haiti  keine  gelbes  Wachs  erzeugende  ein- 
heimische Bienen,  aber  der  von  Las  Casas  gefundene  Gegenstand 
war  wahrscheinlich  ein  in  Cuba  Alcyodinido  genanntes  algenartiges 
Meergewächs,  das  einer  Honigwabe  sehr  ähnlich  sieht;  von  dem  an- 
geblichen AVachs  des  Admirals  aber,  welches  er  als  wertvolle  Gabe 
den  Katholischen  Königen  mitbringen  wollte,  hört  man  späterhin  gar 
nichts  mehr.  Wahrscheinlich  war  er  auch  in  einer  Täuschung  be- 
fangen gewesen. 

Im  Stillen  Ozean  war  der  Güterverkehr  im  Chiloe-Archipel,  ferner 
von  Mocha  und  Santa  Maria  nach  der  chilenischen  Küste  und  von  den 
Santa  Barbara-Inseln  nach  dem  gegenüberliegenden  Festlande  nicht 
unbedeutend,  trat  aber  an  Umfang  und  Intensität  merklich  gegen  das 
rege  Handelstreiben  zurück,  welches  an  der  Nordwestküste  Amerikas 
herrschte.  Reisen  von  Hunderten  von  Kilometern  unternahmen  diese 
unverzagten  Seefahrer  und  führten  ihre  Waren  bis  tief  in  die  Buchten, 
Kanäle  und  Fjorde  der  Küste  hinein,  während  auf  dem  Yukon  zeit- 
weise ganze  Flottillen  von  Handelsbooten  fuhren,  um  ihre  Güter  nach 
den  Märkten  im  Innern  zu  bringen.^ 


'  „Vita  di  Cr.  Colombo",  p.  291—293,  293—294,  304,  305—306;  —  Bernäldez: 
p.  274;  —  Munoz:  p.  102;  -  Las  Casas:  I,  353—354;  III,  112, 114—117;  lY,  34;  - 


—     96     — 

Auf  das  Marktwesen  Amerikas  und  die  so  interessanten  Waren- 
listen,  über  die  wir  durchweg  ausgezeichnet  durch  die  damals  mehr 
als  merkantil  gesinnten  Spanier  unterrichtet  sind,  kann  nur  hingewiesen 
werden.  Es  ist  beachtenswert,  dass  nahezu  alle  wichtigen  Märkte  am 
Wasser  lagen:  in  Mexico,  wo  sie  täglich  von  Tausenden  von  Canoas 
besucht  wurden,  in  Urabä,  im  Cauca-Tal,  bei  den  Chibchas  und  den 
Guaycurü.  Federmann  fand  stellenweise  die  Ortschaften  wasserfern, 
aber  die  Märkte  lagen  an  den  Flüssen.  Unter  den  Handelswaren 
scheint  mir  das  Salz  die  interessanteste  zu  sein;  sicherlich  war  es 
stellenweise  die  wichtigste.  Es  gab  zahlreiche  Völker  in  Amerika,  die 
nie  ein  Körnchen  Salz  anrührten,  während  es  für  andere  eine  heiss- 
begehrte  Ware  war.  Die  Onondagas  gingen  um  ihre  später  so  bekannt 
gewordenen  Salzquellen  im  grossen  Bogen  herum,  weil  sie  meinten, 
ein  böser  Geist  sässe  darin  und  mache  das  Wasser  bitter;  nicht  weit 
entfernt  jedoch  von  ihnen  nutzten  die  Shawnees  die  Licks  des  oberen 
Ohio-Beckens  aus.  Die  Tlaxcalteken  betrachteten  es  als  eine  der 
schwersten  Folgen  ihres  permanenten  Kriegszustandes  mit  den  Azteken, 
dass  sie  von  jeglicher  Salzzufuhr  abgeschnitten  waren.  Viele  dem  Golf 
von  Mexico  anwohnende  Stämme  ersetzten  das  fehlende  Salz  durch 
scharfe,  pfefferartige  Gewürze,  andere  wieder,  besonders  in  Guayana 
und  im  Amazonas-Becken,  gewannen  „vegetabilisches  Salz"  durch  Ver- 
brennen von  Pflanzen.  In  Yucatän  und  an  der  Mosquito-Küste 
machte  man  Salz  durch  Eindampfen  des  Meerwassers,  die  Bewohner 
der  Cartagena- Küsten  beuteten  die  Insel  Zamba  aus,  während  die 
Steinsalzlager  der  Maynas-Länder  einen  ausserordentlichen  Zuspruch 
hatten.  Die  Salzpfannen  am  Black  River,  die  Le  Page  du  Pratz 
erwähnt  und  die  wohl  Caddo- Stämmen  zugehörten,  sind  offenbar  die- 
selben, über  die  uns  die  Expedition  de  Soto  Andeutungen  macht. 
De  Soto  und  Orellana,  die  als  Erste  grössere  Teile  von  Nord-  und 
Süd-Amerika  durchquerten,  stiessen  auf  die  Spuren  des  Salzhandels. 
Das  Salz  im  primitiven  Amerika  mit  allen  den  Einzelheiten,  die  uns 
über  seine  Gewinnung  oder  Vernachlässigung,   seine  Verwendung  und 


Juan  Diaz:  p.  293;  —  Cortes :  p.  399,  421;  —  Diaz  del  Castillo:  I,  33,  72,  73; 
II,  306;  —  Oviedo  y  Valdes:  II,  266—268;  III,  1401,  245;  —  Gomara:  „Mexico", 
p.  250a,  257,  262,  265a;  —  Milla:  p.  LIX;  —  Sapper:  „Handelsbeziehungen", 
p.  594—598;  —  Torquemada:  I,  712 II,  713,  —  „Col.  Doc.  Inedit.  Arch.  Indias", 
VIII,  555;  —  Vancouver:  II,  325;  —  Wrangell:  p.  63—65,  115;  —  Whymper: 
p.  199;  —  Krause:  „Tlinkit",  p.  184—187;  —  Niblack:  p.  337,  338;  —  Macfie: 
p.  430;  —  Rosales:  I,  173;  —  Gongora  Marmolejo :  p.  84—85. 


—     97     — 

seinen  Handel  gegeben  sind,  bildet  ein  beachtenswertes  Kapitel  aus 
der  Geschichte  der  Menschheit. 

Es  ist  wohl  denkbar,  dass  der  ganz  primitive,  hilflose  Mensch 
hier  und  da  in  Wasserwohnungen  seine  Zuflucht  suchte,  bevor  er  im 
Besitz  einer  Balsa  oder  eines  Bootes  war ;  Nestwohnungen  und  Pfahl- 
bauten können  aber  erst  zu  einer  gewissen  Entwicklung  gekommen 
sein,  nachdem  es  der  Mensch  gelernt  hatte,  die  Verbindung  zwischen 
seiner  Wohnung  und  dem  festen  Lande  durch  irgendeine  Art  von 
Fahrzeug  herzustellen.  Die  schönsten  Wasserbauten  Amerikas  sahen 
die  Spanier  auf  den  Seen  des  Tals  von  Mexico;  der  Eindruck,  den 
ihr  erster  Anblick  auf  die  Conquistadoren  machte,  ist  uns  wirkungs- 
voll beschrieben.  Da  lagen,  leuchtend  unter  den  Strahlen  der  Tropen- 
sonne mitten  im  AYasser  oder  an  den  Rändern  halb  hineingebaut,  das 
Salzmacher-Pueblo  Iztapalapan,  Mexicalcinco,  Niciaca,  Mizquic,  von 
den  Spaniern  Venezuela  genannt,  Ocholopozco,  heute  Churubusco, 
Xaltocän,  Xuchimilco,  Cuyuacän  und  die  Herrin  Aller,  Teuochtitlän, 
das  alte  Mexico.  Um  einen  festen  Inselkern  streckte  es  sich  nach 
allen  Seiten  in  den  See  hinaus,  eine  Wasserstadt  wie  Venedig.  Die 
Strassen  in  diesen  Stadtteilen  waren  Kanäle,  an  den  Häuserreihen 
entlang  führten  ganz  schmale  Fusssteige,  Zugbrücken  verbanden  Haus 
mit  Haus.  Manche  Häuser  und  Häuserkomplexe  lagen  vollständig 
von  dem  Kern  der  Ansiedlung  getrennt.  Die  kleinen  gondelartigen 
Canoas  mit  hohem  Bug  und  Heck  waren  die  Hauptverkehrsvermittler 
und  trugen  dazu  bei,  den  Spaniern  dieses  Ebenbild  von  Venedig  voll- 
ständig zu  machen.  Die  Chinampas,  die  schwimmenden  Gärten  der 
Azteken,  treten  zu  diesem  Bilde  hinzu,  das  trotz  eines  ständigen  Sinkens 
des  Wasserspiegels  von  1524  an  und  trotz  grossartiger  Erdarbeiten 
der  Spanier  doch  noch  nach  Jahrhunderten  ab  und  zu  den  späteren 
Generationen  wieder  hervorgezaubert  wurde,  wenn  Mexico  infolge  un- 
gewöhnlicher Hochwasser  jahrelang  überschw^emmt  war.  So  wie  das 
alte  Mexico  war,  stellte  es  den  militärisch  stärksten  Platz  im  ganzen 
Amerika  dar,  an  den  vielleicht  nur  die  Quiche-Feste  Atitlän  in 
Guatemala  heranreichte. 

Überschwemmungen  waren  auch  der  Grund  für  die  Nestwohnungen 
mit  teilweisem  Lehmflur  in  Sinaloa  und  für  die  Wasserwohnungen 
der  Huaxteken  am  Rio  Chila,  Pänuco,  die  nur  vermittelst  Canoas  er- 
reichbar waren.  ^ 


'  Cortes:  p.  83-84,  186;  —  Diaz  del  Castülo:  I,  226,  265,  266  y  nota;  p.  267, 
268,  290,  299,  310,  362,  419,  421,  478,  485,  488,  490;  II,  12,  42,  51,  58,  73,  75,  79, 

Studien   und  Forschungen  I.  7 


—     98     — 

Reguläre  Nestwohnungen  traf  auch  Columbus  in  Yeragua  an 
und  Baiboa  in  Urabä,  während  Cortes  auf  seinem  Marsch  nach  Hon- 
duras in  dem  kleinen  Maya-Kazikat  Mazatlän,  nördlich  der  Lacandones, 
auf  eine  Wasser-Festung  stiess.^ 

Auf  der  Lagune  von  Maracaibo  fanden  Hojeda  und  Vespucci 
zuerst  die  Pfahldörfer  der  Onotos  und  Guiriquiris,  die  Kapitän  Pina 
Luduena  um  1600  Aliles  nennt,  und  deren  Nachkommen  oder  wenig- 
stens Sittenverwandte,  die  Goajiros,  noch  heute  teilweise  in  Pfahlbauten 
wohnen.  An  der  Orinoco-Mündung  sassen  zur  Zeit  der  Conquista  und 
auch  noch  später  zweifellos  Warraus,  die  in  Pfahlbauten  und  Nest- 
wohnungen lebten,  während  im  19.  Jahrhundert  auch  im  Innern  unter 
den  Oyampis  am  Oyapok  Pfahlbauten  angetroffen  wurden."^ 

In  Florida  bemerkten  schon  die  Spanier  der  Expedition  de  Soto, 
dass  die  Eingeborenen  der  Überschwemmungen  wegen  ihre  meist  an 
Flüssen  und  Seen  gelegenen  Dörfer  auf  hohen  Mounds  zu  erbauen 
pflegten  oder  doch  wenigstens  die  Hütten  ihrer  Häuptlinge  und  Vor- 
nehmen, etAva  10  bis  20  Gebäude.  Im  19.  Jahrhundert  haben  die  in 
das  Südende  der  Halbinsel  zurückgedrängten  Seminolen  das  Problem 
in  der  Weise  gelöst,  dass  sie  zum  grössten  Teil  in  Pfahlbauten,  soge- 
nannte „Shacks",  gezogen  sind.^ 

Periodische  Überschwemmungen  und  auch  wohl  unsichere  Ver- 
hältnisse hatten  die  Küstenbewohner  der  kolumbischen  Küste  etwa 
zwischen  den  Inseln  Gorgona  und  Gallo  in  Nestwohnungen  getrieben, 
während   im  Innern,    an  den  Grenzen  des  Inkareichs,    der   in   seinem 


108,  125,  126,  151,  158;  —  Kamusio:  fol.  257,  E— F;  fol.  258;  —  Zuazo,  in  „Col. 
Doc.  Hist.  de  Mex.",  I,  366 ;  —  Motolinia :  p.  187 ;  —  Martyr :  „Dec.  Octo",  p.  363—364 ; 
Torquemada :  I,  450;  —  Orozco  y  Berra:  „Historia",  Atlas  mit  Plan  von  Mexico; 
Alegre:  I,  231—232;  —  A.  v.  Humboldt:   „Essai",  II,  185-188,  203,  205,  207 
Tezozomoc:  p.  230,  232;  —  Acosta:  „Historia",  I,  240—241. 

'  „Vita   di  Cr.  Colombo",  p.  312;   —   Herrera:   I,   238—239;   III,  2261; 
Enciso:  fol.  LXIX. 

2  Navarrete:  III,  7,  225—226;  —  Simon:  I,  37;  —  Vespucci:  p.  13—14: 
Enciso:  fol.  LXIIIa;  —  Oviedo  y  Valdes :  II,  300—301;  —  Herrera:  IV,  1011 
Ealegh:  „Discovery",  p.  50;  —  Purchas:  XVI,  408;  —  Gomberville:  p.  25—26; 
Barrere:  p.  147—150;  —  Gumilla:  I,  162—164;  -  Duro:  XXVIIL  173;  —  Richard 
Schomburgk:  I,  162—163;  —  Appun:  II,  541,  Abb;  —  Coudreau,  im  „Globus"  LXI, 
308,  309;  —  Crevaux:  p.  29,  61,  158;  —  s.  auch  Goering's  Zeichnung  eines  Pfahl- 
dorfes der  Goajiros  auf  der  Lagune  von  Maracaibo  bei  Gronau:  „Amerika",  II,  199. 

^  „La  Florida  delinca":  p.  69 — 70;  —  Brinton:  „Floridian  Peninsula",  p.  166, 
172,  174—175,  175,  note;  —  MacCauley:  p.  500,  and  pl. ;  —  Coe:  p.  245-246, 
and  pl. 


—     99     — 

Baum-  oder  Pfahldorf  im  Yaguarcocha-See  sitzende  Kazike  von  Cayambe 
vom  Inka  Huayna  Capac  erst  bezwungen  werden  konnte,  nachdem  er 
für  sein  Belagerungsheer  ein  Flottille  von  Binsen-Balsas  hatte  bauen 
lassen.^ 

Im  Amazonas-Stromgebiet  waren  früher  nach  P.  Joäo  Daniel 
Pfahlbauten  sehr  häufig;  die  ersten  hatte  schon  Aguirre  in  der  Rio 
Negro-Gegend  gefunden  und  noch  heute  werden  sie  ab  und  zu  ange- 
troffen. Die  inselbewohnenden  Omaguas  und  Yurimaguas,  die  jährlich 
von  März  bis  Juni  vollständig  unter  Wasser  gesetzt  waren,  aber  aus 
Furcht  vor  ihren  Feinden,  den  Caumares,  Peras,  Ticunas  und  Mayo- 
runas,  nicht  auf  das  Festland  hinüberzugehen  wagten,  hatten  daher 
auch  eine  Art  von  Pfahlbauhütten,  in  deren  oberen  Stockwerken  sie 
diese  nasse  Zeit  des  Jahres  verlebten.  Unten  hatten  sie  ihre  Yuca- 
und  Mandioca-Vorräte  sorgsam  vergraben,  während  sie  oben  ihren 
Mais  hatten,  der  ihnen  als  Zukost  diente  zu  den  reichlich  durch  den 
täglichen  Fang  eingebrachten  Fischen  und  Schildkröten.^ 

Die  befestigten,  an  Bergabhängen  angelegten  Pfahlbau-Ansied- 
lungen  der  Tlinkit  verdankten  nicht  dem  Wasser,  sondern  den  Ein- 
fällen der  Seeräuber  ihre  Entstehung.^ 

Auf  Balken-Balsas  aufgebaute  schwimmende  Wohnungen  traf  man 
zuweilen  auf  dem  Amazonas  an,  die  von  Cabeza  de  Vaca  auf  dem 
oberen  Paraguay  zur  Hochwasserzeit  beobachteten  Wohn-Canoas  sind 
schon  erwähnt  worden;  die  interessantesten  Wasserwohner  Amerikas 
sind  aber  vielleicht  die  Urus  auf  dem  Titicaca.  Sie  schweiften  in  der 
Hauptsache  im  Desaguadero-Gebiet  auf  ihren  Binsen-Balsas  umher, 
die  sie  nach  Belieben  an  Uferfelsen  dort  festbanden,  wo  sie  gerade  über- 
nachten wollten.  Ein  sporadischer  und  spärlicher  Anbau  von  bitteren 
Kartoffeln  und  Oka  lieferte  ihnen  eine  geringe  Ergänzung  ihrer  Fisch- 
nahrung.* 


1  Navarrete:  III,  445;  —  Cieza  de  Leon,  in  Vedia:  II,  3571,  3781;  — 
Montesinos:  p.  163-166;  —  Gutierrez  de  Santa  Clara:  III,  515. 

2  Simon :  1 ,  289 ;  —  „Noticias  Autenticas",  XXX,  197,  207—208 ;  —  Texeira : 
XIII,  425—426;  —Stöcklein:  II,  68,  (nura.  51.);  —  Daniel,  in  „Revista  Trimensal", 
II,  349;  —  Marcoy:  II,  402,  405;  —  „Globus",  XCI,  p.  227 II;  —  Coudreau:  „Tocan- 
tins-Araguaya"  p.  167. 

3  Vancouver:  III,  289—290;  —  „Globus"  Bd.  LXXI,  S.  300,  Abb. 

*  Sarmiento  de  Gamboa:  „Geschichte",  p.  CXIII;  —  Baiboa:  p.  143;  —  Herrera  : 
V,  73II;  —  Acosta:  „Historia",  I,  133—134;  —  Squier:  p.  309—310;  —  Markham- 
Balliviän:  p.  78. 

7* 


—     100     — 

In  dieser  Gegeod  befanden  sich  auch  die  Balsa-Brücken  der 
Inkas,  die  einzigen  permanenten  Schiffsbrücken,  welche  das  vorkolum- 
bische  Amerika  gekannt  hat.  Für  den  vorübergehenden  Gebrauch 
durch  seine  Truppen  Hess  Inka  Huayna  Capac  eine  Brücke  von  Bal- 
ken-Balsas  über  den  oberen  Maraiion  schlagen. 

Das  Boot  im  Kriege. 

Die  See-Kriegsgeschichte  der  Indianer^  ihre  Räubereien  und  Wan- 
derungen können  nur  in  wenigen  Sätzen  berührt  werden ;  einige  inter- 
essante Punkte  sollen  jedoch  eine  etwas  eingehendere  Beleuchtung 
finden.  Die  Nordwest-Indianer,  von  Peschel  „die  Normannen  der 
Neuen  Welt"  genannt,  lebten,  solange  sie  den  Europäern  bekannt 
sind  und  beobachtet  werden  konnten,  ganz  besonders  in  der  ersten 
Hälfte  des  19.  Jahrhunderts,  in  fortwährenden  Seekriegen  unterein- 
ander. Im  oberen  Mississippi-Becken  waren  die  Dakotas,  besonders 
die  Santees  und  Sissetons,  und  dann  die  Sauks  und  Foxes  wegen  ihrer 
Flussräubereien  berüchtigt,  während  weiter  unterhalb  die  stolzen  Flot- 
tillen der  Arkansas  und  mehr  südlichen  Uferstämme  die  berühmten 
tagelangen  Flussgefechte  gegen  Moscoso  lieferten.  Schon  vorher  war 
Narväez  ausserhalb  des  Mississippi-Deltas  von  einer  Canoa-Flottille 
angegriffen  worden.  Im  Nordosten  sind  die  Micmacs  durch  ihre 
Wanderung  nach  New  Foundland  hinüber  bekannt  geworden.  Die 
Rolle  der  Azteken-Canoas  und  -Piraguas  während  der  Belagerung  von 
Mexico,  ihre  Ausfälle,  Yerproviantierung  der  Stadt  durch  Lebensmittel 
aus  der  Umgegend  und  durch  Wasser  aus  Xuchimilco,  ihre  mutige 
Unterstützung  der  Landtruppen,  ihr  schnelles  Sammeln  durch  Rauch- 
signal und  plötzlicher  Angriff  auf  die  Brigantinen,  denen  sie  einmal 
eine  empfindliche  Schlappe  beibrachten,  ist  eines  der  interessantesten 
Kapitel  aus  der  Geschichte  der  indianischen  Marine.  Wären  die 
spanischen  Brigantinen  nicht  gewesen,  „der  Schlüssel  des  ganzen 
Krieges",  wie  sich  Cortes  ausdrückte,  so  hätte  die  von  ihrer  Kriegs- 
Flottille  verteidigte  Hauptstadt  der  Azteken-Herrschaft  nimmer  ge- 
nommen werden  können.  Die  Maya-Flottillen  von  Campeche  und 
Tabasco  haben  den  spanischen  Entdeckern  stets  eine  kühne  Front 
gezeigt. 

Die  Huaxteken,  welche  zufolge  Sahagün  ihre  neue  Heimat  bei 
Pänuco  durch  eine  Seewanderung  erreichten,  vernichteten  eine  Flottille 
Garay's.    Ebenso  wissen  wir,  dass  die  Chuchures  von  Nombre  de  Dios 


—     101     — 

auf  dem  Isthmus,  da  wo  heute  die  angeblich  Chibcha-verwandten  Cuna 
sitzen,  ihr  Land  durch  Abänderung  zu  Wasser  von  Honduras  her  erreicht 
haben.  Auf  der  Westseite. des  Isthmus  kennen  wir  in  den  Bewohnern 
der  Perlen-Inseln  und  weiter  südlich  in  den  Indianern  von  Birü  ganz 
gefährliche  Seeräuber.  Die  von  Petrus  Martjr  gegebene  Beschreibung 
des  Caraiben- Angriffs  auf  Alonso  Nifio  in  der  Gegend  von  Paria  hat  für 
de  Foe  das  Vorbild  für  seine  Seeschlacht  im  „Robinson  Crusoe"  ge- 
liefert. Als  Orellana  den  Amazonas  hinunterfuhr,  hatte  er  ähnliche 
Flussgefechte  gegen  die  Insel-  und  Uferbewohner  des  Stromes  zu  be- 
stehen, wie  fast  zur  gleichen  Zeit  Moscoso  auf  dem  Mississippi;  auch 
Aguirre  kam  nicht  ohne  Kämpfe  durch.  Die  ganzen  Maynas-Völker 
waren  gefährlichere  Gegner  auf  dem  Wasser  als  auf  dem  Lande,  die 
Gayes,  Cocamas,  Chipeos  und  die  Gualpajos  auf  dem  Bio  Tigre  waren 
ganz  besonders  erfolgreiche  Flussräuber.  Markham  hat  die  Omaguas 
die  „Phönizier",  Jimenez  de  la  Espada  die  „Piraten"  des  Amazonas 
genannt;  Varnhagen  erblickt  in  den  Tupi  die  „Jasons"  der  brasilia- 
nischen Mythologie,  die  „Phönizier"  der  Geschichte  und  die  „Nor- 
mannen" des  Barbaren-Zeitalters  Brasiliens.  Wenn  diese  sich  immer 
wiederholenden  Benennungen  auch  nicht  durchweg  geschmackvoll  und 
zutreffend  sind,  so  kennzeichnen  sie  doch  recht  gut  den  maritimen 
Geist,  der  in  vielen  Indianervölkern  steckte. 

Die  später  von  den  Mundrucü  aufgeriebenen  Muras,  die  Toräs  und 
sogenannten  Canoeiros  machten  jahrelang  den  Amazonas  und  seine  Neben- 
ffüsse  unsicher,  die  Torazes  besonders  den  Madeira.  Die  Crichanas 
waren  die  Pest  der  Grenzlande  zwischen  Venezuela  und  Brasilien, 
während  der  Manäo-Häuptling  Ajuricäba  den  Rio  Negro  mit  seiner 
Canoa-Flottille  beherrschte  und  seine  Ufer  durch  Sklaven-  und  Raub- 
züge in  Schrecken  setzte.  Die  Payaguäs,  „die  Flusspiraten  des  Para- 
guay", waren  nicht  weniger  das  Entsetzen  der  Missionen  als  die 
Mamelukken,  die  sich  zuweilen  blutige  Köpfe  gegen  die  Guarani- 
Flottillen  holten  •,  unter  ihrem  Kaziken  Quati  vernichteten  die  Payaguäs 
eine  portugiesische  Silberflotte. 

Wie  die  Tupi  Brasiliens,  deren  Wanderung  unter  Viraratu  von 
den  Küsten  des  Atlantischen  Ozeans  bis  nach  Moyobamba  am  Huallaga 
hinauf  das  Erstaunen  der  Spanier  erregte,  und  deren  Kriegsflotten  von 
mehr  als  60  Kanus  nicht  selten  europäische  Seeschiffe  zum  Opfer 
fielen,  die  tüchtigsten  Fluss-  und  See-Indianer  Süd- Amerikas  waren, 
so  haben  wir  in  den  mittleren  Teilen  Amerikas  die  Caraiben  als  das 
führende   Seevolk,   während   im  Norden   die  Irokesen   mehr   wie  jede 


—     102     — 

andere  Nation  der  Neuen  Welt  die  wundervollen  Inland- Wasserver- 
bindungen für  ihre  Eroberungszüge  ausgenützt  haben. 

Die  Caraiben-Eroberung  war  noch  ganz  jung,  als  Columbus  an 
jenem  denkwürdigen  12.  Oktober  im  amerikanischen  Mittelmeer  eintraf. 
Noch  hatten  die  Callinago  die  Erinnerung  an  jenen  Häuptling  von 
kleiner  Gestalt  aber  grossem  Mut,  der  wenig  ass  und  noch  weniger 
trank,  und  der  sie  in  jenen  heroischen  Zeiten  ihres  Volkes  aus  ihrer 
Heimat  im  Lande  der  Galibi  hinaus  auf  das  Meer  führte,  von  Insel 
zu  Insel,  von  Sieg  zu  Sieg.  Noch  zeigten  sie  als  Trophäen  aus  jener 
Glanzzeit  die  nackten  Schädel  der  ausgerotteten  Aruaks,  noch  fanden 
sich  in  Höhlen  von  Martinique  die  Götter  der  Besiegten,  die  Schemen 
aus  Baumwolle,  welche  die  Caraiben  aus  abergläubischer  Furcht  nicht 
anzutasten  gewagt  hatten,  und  welche  die  Europäer  nun  hervorholten 
und  „noch  so  schön  fanden,  als  wären  sie  erst  kürzlich  gemacht 
worden".  Auch  die  Verschiedenheit  in  Männer-  und  Weibersprache 
ist  nach  dem  ausdrücklichen  Zeugnis  der  Caraiben  auf  diese  nicht 
weit  zurückliegende  Eroberung  der  Kleinen  Antillen  zurückzuführen: 
die  männliche  Bevölkerung  hatten  sie  vernichtet,  die  Weiber  in  ihren 
Haushalt  aufgenommen.  Die  Verbindung  mit  ihrer  Heimat  im  Norden 
Süd- Amerikas  hatten  sie  nie  verloren;  nützliche  Pflanzen,  Krebse,  eine 
Hühner-  und  eine  fuchsähnliche  Hundeart  hatten  sie  vom  Festlande 
eingeführt,  Ebenholz,  Angelrutenholz,  den  beliebten  Caracoli-Schmuck 
und  Amazonen-Steine  besorgten  sie  sich  in  regelmässigem  Handel  eben- 
daher. In  diese  alte  Heimat  in  Guayana  und  am  Orinoco  sind  sie 
dann  auch  in  den  beiden  folgenden  Jahrhunderten  infolge  des  Druckes 
der  kolonisierenden  Europäer  wieder  zurückgewandert. 

Ein  Kriegszug  wurde  von  den  Caraiben  nicht  ohne  abergläubische 
Zeremonien  und  eingehende  Vorbereitungen  angetreten.  Proviant, 
Hängematten  und  geflochtene  Matten  für  das  Nachtquartier  wurden 
von  den  Frauen  besorgt  und  in  den  Piraguas  in  Körben  verstaut. 
Als  Köchin  und  zum  Kämmen  und  Bemalen  der  Mannschaft  befand 
sich  in  jedem  Boot  ein  Weib.  Es  war  dies  offenbar  keine  Sklavin, 
sondern  eine  Caraibin,  kenntlich  an  den  Binden  unter  den  Knieen 
und  an  den  Knöcheln,  zwischen  denen  die  Waden  hervorquollen, 
kugelrund  und  prall,  „wie  zwei  holländische  Käse".  Die  Bemalung 
mit  Bucü  war  sehr  wichtig,  denn  sie  schützte  den  Matrosen  gegen 
die  Angriffe  der  beissenden  Salzkruste  des  Meerwassers.  Dies  war 
im  übrigen  der  einzige  Schutz  und,  abgesehen  von  einem  kleinen 
Schamtuch,  die  einzige  Bekleidung  der  Caraiben ;  denn  Schilde  besassen 


—     103     — 

sie  im  Gegensatz  zu  Aruak-Stämmen  nicht.  Ein  Staken,  ein  Muschel- 
horn  zum  Signalisieren  und  zuweilen  auch  ein  Sprachrohr  gehörten 
zu  einem  jeden  Boot,  und  wenn  dann  alles  nach  Vorschrift  und  Her- 
kommen erledigt  war,  dann  schoss  die  Piragua  unter  Gleichschlag  der 
Pagajen  beim  Auslaufen  wie  ein  Pfeil  aus  der  Flussmündung  hervor, 
hinaus  auf  die  Balänna,  aufs  weite  Meer.  Rauchsignale  verkündeten 
den  geängstigten  Insel- Aruaks  ihr  Kommen,  der  schreckliche  Name 
„Caribe"  ging  von  Insel  zu  Insel.  Raubzüge  von  280 — 300  km  waren 
etwas  ganz  gewöhnliches,  aber  bis  zu  1800  km  sollen  sie  sie  nach 
Petrus  Martyr  ausgedehnt  haben ,  was  sie  von  Montserrat  nach  Ja- 
maica  gebracht  haben  würde.  Die  Marine  von  Puerto  Rico  hatten  sie 
vom  Meere  weggefegt,  und  zum  mindesten  abenteuernde  Caraiben-Häupt- 
linge  mit  Gefolgschaft  hatten  sich  bereits  auf  Haiti  eingenistet.  Noch 
am  Ende  des  16.  Jahrhunderts  besassen  sie  soviel  Stosskraft,  dass 
sie  noch  gegen  Puerto  Rico  mit  Angriffen  vorgingen,  die  in  Castel- 
lanos  einen  Sänger  gefunden  haben.  Spanier,  Engländer  und  Fran- 
zosen hatten  schwer  unter  diesen  Strand-  und  Seeräubern  zu  leiden. 
Damit  sind  ihre  Erfolge  aber  auch  in  grossen  Zügen  aufgeführt.  Nach 
Florida  sind  sie  nicht  vorgedrungen  und  in  Mittel-Amerika  sind  sie 
nicht  nachgewiesen  worden.  Der  sogenannte  caraibische  Einfluss  auf 
die  Kunst  in  Florida  muss  den  Aruaks  gutgeschrieben  werden,  wäh- 
rend die  caraibischen  Spuren  in  Mittel- Amerika  auf  die  sogenannten 
schwarzen  oder  St.  Vincent-Caraiben  zurückzuführen  sind,  deren  un- 
freiwillige Übersiedelung  in  diese  Gegend  wir  ganz  genau  kennen.  Es 
muss  dies  gesagt  werden  im  Gegensatz  zu  Bollaert,  Oberst  Church 
und  ihrer  Gefolgschaft.  Orozco  j  Berra  will  Caraiben  in  Tabasco 
und  Guatemala  gefunden  haben.  Nach  Church  spielen  die  Caraiben 
im  amerikanischen  Mittelmeer  etwa  die  Rolle ,  die  eine  veraltete  Auf- 
fassung den  Phöniziern  im  europäischen  Mittelmeer  so  lange  zuge- 
schrieben hat.  Überall  sollen  diese  „AYikkinger  des  Westens"  ge- 
wesen sein.  Auf  Süd-Cuba,  an  den  Küsten  von  Yucatän,  Honduras, 
Nicaragua,  Costa  Rica,  Chiriqui  und  durchweg  am  Isthmus  von  Pa- 
nama sollen  Spuren  ihrer  Anwesenheit  zu  finden  sein ;  in  allen  Ländern 
um  das  Caraiben-Meer  und  den  Golf  von  Mexico  herum,  die  mit  ein- 
lauffreien Flussmündungen  versehen  sind,  sollen  sie  verkehrt  haben. 
Worauf  Oberst  Church  diese  Behauptungen  stützt,  ist  nicht  zu  er- 
kennen. Am  schönsten  kann  man  aus  dem  berüchtigten  „Auto  de 
Figueroa"  ersehen,  was  alles  die  Spanier  für  Caraiben  erklärten:  die 
Stämme,  welche  ungefähr  so  lebten,  wie  die  echten  Caraiben  und  im 


—     104     — 

Geruch  standen,  Kannibalen  zu  sein,  waren  „Caribes"  und  wurden 
verdammt  *,  nach  Sprach-  oder  Stammeszugehörigkeit  fragte  kein  Mensch. 
Abgesehen  von  den  „schwarzen"  Caraiben  ist,  soweit  ich  sehe,  kein 
ethnisch  dem  Caraiben-Stamme  zugehöriges  Volk  westlich  der  Moti- 
lones  von  Santa  Marta  festgestellt  worden.^ 

Wie  wir  gesehen  haben,  waren  ihre  unglücklichen  Gegner,  die 
Insel- Aruaks,  von  Hause  aus  keineswegs  zu  verachtende  Seeleute.  Aber 
zu  dem  Alp  der  auf  ihnen  lastenden  Caraiben- Gefahr  kam  jetzt  der 
Druck  der  rücksichtslos  und  brutal  ausbeutenden  Europäer  und  hat 
sie  vollständig  demoralisiert.  Willenlos  starben  sie  dahin,  und  was 
der  Tod  übrig  liess,  suchte  sich,  wenn  möglich,  durch  Auswanderung 
zu  retten.  So  floh  ein  Teil  von  Haiti  nach  Curagao,  andere  entkamen 
um  1510  und  früher  nach  Guba.  Zwischen  den  Bahama-Inseln  und 
dem  benachbarten  Florida  hatte  immer  einige  Verbindung  bestanden; 
jetzt,  um  1520,  wanderte  eine  ganze  Kolonie  Aruaks  von  Cuba  nach 
der  nordamerikanischen  Halbinsel  aus  und  fand  gute  Aufnahme  unter 
den  Calusa.  Die  Aruaks  also  sind  es,  welche  die  Brücke  von  Süd- 
nach  Nord-Amerika  geschlagen  haben,  nicht  die  Caraiben.^ 

Schon  1535  hatte  Cartier  in  Hochelaga  Andeutungen  über  die 
Irokesen  erhalten,  zu  einer  Zeit,  als  wohl  ihr  Bund  in  der  uns  be- 
kannten Form  noch  nicht  befestigt  war.  Dann  traf  Captain  Smith 
an  der  oberen  Chesapeake-Bai  die  vielumstrittenen  Massawömekes, 
die  wohl  dem  Irokesen-Bunde  nahe  standen  und  Streifzüge  den  Susque- 
hannah  hinunter  zu  machen  pflegten.  Zwei  Jahre  später  hatte  dann 
Champlain  bei  Ticonderoga  sein  berühmtes  Gefecht  mit  einer  nach 
Norden  ausfallenden  Bande  dieser  grimmigen  Krieger.  In  jedem  der 
beiden  Fälle  befanden  sich  die  Irokesen  in  ihren  Ulmen-Kriegs-Kanus; 
beide  sind  typisch.  Denn  die  Irokesen  nutzten  die  glückliche  geo- 
graphische Lage  ihrer  Heimat  nach  jeder  Richtung  hin  militärisch  aus. 
Unter  Benutzung  eines  oder  höchstens  zweier  Trageplätze  erreichten 
sie  im  Süden  und  Osten  mit  leichter  Mühe  den  Ohio,  also  den  Mississippi, 
ferner  den  Potomac,  Susquehannah  und  Hudson ;  im  Norden  und  Westen 
den  unteren  St.  Lawrence,  die  grossen  Seen  und  die  obere  Mississippi- 
Gegend.    Weitere  Flussverbindungen  brachten  sie  nach  Maine,   New 


^  Bollaert:  „Antiquarian  Kes."  p.  4 — 5,  33;  —  Church:  „Costa  Rica",  p.  80—81 ; 
—  Orozco  y  Berra:  „Geografia",  p.  165. 

2  Las  Casas:  III,  464,  474;  —  Martyr:  „Dec.  Octo",  p.  466,  499;  —  Gomara, 
in  „Vedia",  I,  178 II;  —  Herrera:  I,  249—250;  —  „Col.  Doc.  Inedit.  Arch.  Indias", 
V,  536—537. 


—     105     — 

Brunswick,  in  die  Gegenden  des  St.  John-Sees,  zu  den  Zuflüssen  der 
Hudsons-Bai  und  bis  nach  Labrador  hinein.  Keine  einzige  dieser  weit- 
verzweigten Verbindungen   ist   von   den  Irokesen  unbenutzt  geblieben. 

Nachdem  in  der  Nähe  den  Neutrais,  den  Eries  und  Susquehan- 
nocks  ein  Ende  gemacht  war,  wandten  sie  sich  gegen  die  Catawbas, 
wobei  sie  längs  der  Einfallsstrasse  den  Manahoac-Bund  vernichteten 
und  die  Stammsitze  der  Saponi  und  Tutelo  entvölkerten.  Die  Cherokees 
blieben  ebensowenig  verschont  als  die  Chickasaws  im  Südwesten.  Die 
Mosopelea  am  Mississippi,  unterhalb  der  Ohio-Mündung,  wurden  fast 
vernichtet.  Nördlich  von  ihnen  bekamen  die  Illinois  und  Foxes  die 
schwere  Hand  der  Irokesen  zu  fühlen,  deren  Streifbanden  die  Küsten 
des  Michigan-Sees  terrorisierten  und  über  Sault  Sainte-Marie  bis  in 
den  Oberen  See  vordrangen.  Das  eine  Wort  „Mohawk"  machte  die 
Hudson-  und  New  England -Indianer  erzittern,  verbreitete  seine 
Schrecken  bis  zu  den  Abenakis  in  Maine  und  eilte  den  kommenden 
Räubern  voraus  bis  zu  den  Atticamegues  am  St.  John  und  bis  nach 
Labrador  hinein.  Pater  Buteux  hatte  dies  für  unmöglich  erklärt.  Un- 
bekümmert um  die  Franzosen  fuhren  Irokesen-Kanus  an  Quebec  vorbei, 
um  30  km  unterhalb  der  Stadt  zu  morden  und  zu  plündern.  Nahezu 
sämtliche  dieser  Ausfälle  wurden  auf  dem  Wasser  unternommen,  die 
meisten  stromabwärts.  Flink  aber  lautlos  glitten  die  Ulmen-Kanus 
dahin,  anfangs  bei  Tage,  später,  in  der  Nähe  des  Feindes,  bei  Nacht. 
Auf  den  Seen  hielt  man  sich  in  der  Nähe  der  Ufer,  um  weniger  leicht 
gesehen  zu  werden  und  um  bei  einem  Zusammentreffen  mit  dem  Gegner 
sofort  landen  zu  können.  Denn  eine  Wasserschlacht  vermieden  die 
Irokesen  in  dem  Gefühl  ihrer  Unterlegenheit  gegenüber  den  leichten 
Birken-Kanus  ihrer  Feinde.  Vorzeichen  wurden  genau  beachtet,  die 
Natur  auf  das  peinlichste  geprüft:  jedes  Geräusch,  jede  Bewegung, 
jede  Erscheinung  auf  diesen  wundervollen  nordischen  Seen,  doppelt 
schön  in  ihrer  Einsamkeit,  sprach  seine  eigene  Sprache  für  den  Mann 
der  Wildnis:  der  Vogelflug,  das  Zwitschern  der  Chicadee  im  Busch,  der 
zitternde  Schrei  der  Lomme.  Das  Nachtlager  wurde  gewöhnlich  durch 
Palissaden  verschanzt.  Kurz  vor  dem  Ziel  wurde  gelandet,  die  Kanus 
versteckte  man,  um  dann  zu  Fuss  zum  Angriff',  zum  Überfall  zu  eilen. 
Denn  der  Irokese  kämpfte  und  siegte  zu  Fuss,  um  dann  zu  Boot  noch 
schneller  zu  verschwinden,  als  er  gekommen  war. 

Die  Beispiele  von  Wasserkämpfen  zwischen  Indianern  und  Euro- 
päern sind  zahllos  in  der  Geschichte  Amerikas;  auch  als  Verbündete 
der  Weissen  oder  in  ihrem  Dienst  haben  die  Indianer  nicht  ohne  Buhm 


—     106     — 

gefochten.  Es  kann  hierauf  nicht  näher  eingegangen  werden.  Da  aber 
einmal  gesagt  worden  ist,  es  seien  keine  Seegefechte  in  Amerika  bekannt, 
in  denen  nicht  Europäer  mitgewirkt  hätten,  so  verlangt  dieser  Punkt 
noch  eine  kurze  Widerlegung.  Bei  den  Nordwest-Indianern  weiss  die 
Geschichte  von  grossen  Kämpfen  und  Seeschlachten  zu  erzählen,  bei  denen 
lediglich  Indianer  gegen  Indianer  wirkten,  die  Überlieferung  spricht  noch 
von  weit  grösseren.  Zu  Champlain's  Zeiten  schlugen  die  Montagnais 
eine  kleine  Irokesen-Flottille,  1637  hatten  Algonquins,  1672  Susque- 
hannocks  ähnliche  Erfolge  auf  dem  Wasser  gegen  dieselben  Gegner 
za  verzeichnen.  Di^  Penobscots  hatten  eine  sehr  deutliche  Überliefe- 
rung von  einem  Wassersiege  ihrer  Väter  über  eingebrochene  Mohawks, 
während  ein  vereinigtes  Geschwader  von  Ottawas,  Huronen  und  Sauks 
eine  Irokesen-Flottille  auf  dem  Erie-See  vernichtete.  Es  muss  bemerkt 
werden,  dass  die  in  jedem  Falle  geschlagenen  Irokesen  auch  jedes 
Mal  erheblich  in  der  Minderzahl  waren.  Chippeways  vernichteten  eine 
Flottille  von  Sauks  und  Foxes  auf  dem  Oberen  See,  während  zur  Zeit 
der  ersten  spanischen  Mission  an  der  südlichen  Georgia-Küste  eine 
Seeschlacht  zwischen  Indianern  stattfand,  in  welcher  die  eine  Partei  nach 
Barcia  die  Yämassee  waren,  und  in  der  auf  jeder  Seite  40  und  mehr 
Canoas  fochten.  Seeschlachten  zwischen  Caraiben  und  Festland- 
Aruaks,  in  denen  auf  jeder  Seite  etwa  30  Canoas  oder  Piraguas  mit 
je  30  bis  40  Mann  beteiligt  waren,  sind  uns  bekannt.  Zahlreich  sind 
die  Beispiele  von  Indianer-Seeschlachten  an  den  Küsten  Brasiliens. 
Die  Tupinambäs,  Tupinakins,  Tamoyos  und  Caites  sind  die  Haupt- 
beteiligten. Auch  während  des  Ursüa-Aguirre-Zuges  konnte  eine  Aktion 
auf  dem  Wasser  zwischen  den  Uferbewohnern  des  Amazonas  beobachtet 
werden.  Während  der  Belagerung  von  Mexico  durch  Cortes  hatten  es 
die  Canoas  und  Piraguas  der  Azteken  nicht  nur  mit  den  spanischen 
Brigantinen  zu  tun,  sondern  sich  auch  gegen  die  Flottillen  der  ab- 
gefallenen See-Pueblos  ihrer  Haut  zu  wehren.  Pachacuti  Inka  Yupanqui 
hatte  in  schweren  Balsa- Schlachten  gegen  die  Guacabilicas  oder 
Huancavilcas  der  Ecuador -Küste  zu  kämpfen.  Die  von  Montesinos 
dem  Inka  Yiracocha  zugeschriebenen  Seekämpfe  gegen  die  Chonos  und 
Inselbewohner  von  Punä  sind  wohl  ebenfalls  auf  Rechnung  von 
Pachacuti  Inka  zu  setzen  und  mögen  dieselben  oder  verwandte  Ereig- 
nisse im  Auge  haben.  Tupac  Inka  Yupanqui's  Balsa-Kämpfe  gegen 
die  Chunchos  oder  Musus  im  oberen  Beni-  oder  Mamore-Becken  sind 
ebenso  wie  Huayna  Capac's  Gefechte  gegen  die  in  ihren  Wasserbauten 
verschanzten  Cayambes  nördlich  von  Quito  in  anderem  Zusammenhang 


—     107     — 

bereits  berührt  worden.  Das  Verhalten  indianischer  Flottillen  beim 
Zusammentreffen  mit  Columbus,  Nino,  Hojeda,  Cördoba,  Grijalba, 
Narvaez,  Moscoso  und  Orellana,  um  nur  einige  zu  nennen,  zeigt  auf 
das  deutlichste,  dass  die  Eingeborenen  Amerikas  an  Seeschlachten 
gewohnt  waren,  bevor  die  Europäer  zu  ihnen  kamen. ^ 

Entsprechend  dem  Charakter  des  Indianers  und  der  in  den  Land- 
kriegen von  ihm  geübten  Praxis  waren  die  Hauptnummern  der  india- 
nischen See-Taktik  —  von  Strategie  kann  nur  selten  die  Rede  sein  — 
der  Versuch,  den  Gegner  unbemerkt  zu  überfallen^  ihn  in  einen  Hinter- 
halt zu  locken  oder  ihn  doch  wenigstens  in  einer  für  ihn  ungünstigen 
Lage  zu  bekämpfen.  Abgeschlagene,  quer  über  die  Anmarschstrasse 
geworfene  Bäume,  angeschlagene  Stämme,  die  man  im  richtigen  Augen- 
blick auf  die  feindlichen  Fahrzeuge  fallen  zu  lassen  versuchte,  waren 
sehr  beliebte  Mittel.  Man  war  daher  auch  vorsichtig  beim  Vormarsch 
in  solchen  Gregenden:  Patrouillen  an  den  Uferrändern  oder  Auf- 
klärungs-Boote gingen  der  Flottille  voraus.  Der  geordnete  Anmarsch 
und  ganz  besonders  der  würdevolle  Rückzug  indianischer  Kriegs- 
Flottillen  sind  von  den  Europäern  oft  bewundert  worden.  Die  Schlacht- 
schiffe des  Altertums,  die  durch  ihre  Gestalt,  durch  das  Verhältnis 
von  Länge  zu  Breite  und  noch  sonst  in  manchen  Dingen  erheblichen 
Anklang  an  die  Boote  der  Naturvölker  zeigen,  hatten  in  der  Haupt- 
sache eine  Gefechts-Taktik  von  dreierlei  Art.  Erstens  versuchten  sie 
zu  rammen,  indem  das  Schiff  durch  Remenkraft  wie  ein  Wurfspiess 
auf  den  Gegner  geschleudert  wurde.  Zweitens  suchten  sie  dem  Feinde 
durch  einen  Schrägstoss  auf  einer  Seite  die  Remen  abzustreifen  und 
ihn  so  manövrier  um  ähig  zu  machen,  und  drittens  strebten  sie  darnach, 
wie  die  Römer  zuerst  bei  Mylae,  durch  Entern  aus  einer  Seeschlacht 
einen  Landkampf  zu  machen.  Die  erste  Art  war  für  die  zerbrech- 
lichen indianischen  Kanus  ausgeschlossen,  für  die  Canoas  von  mindestens 


^  Morton:  „Inquiry",  p.  22;  —  Eells,  in  „Amer.  Antiquarian",  IX,  100—101;  — 
Champlain:  I,  120;  —  „Rel.  d.  Jesuit.",  1637,  p.  84—85;  1672,  p.  241;  —  La 
Potherie:  II,  353—355;—  Thoreau:  p.  299 ;  —  Schoolcraft :  „Information",  II,  142, 
plate;  —  Eastman:  „Chicora",  p.  97—98,  and  plate;  —  Torquemada:  III,  353 II 
bis  3541;  —  Barcia:  „Ensayo",  Dec.  IX,  p.  17in— 1721;  Dec.  XVIII,  p.  287II; 
—  „Col.  Doc.  Inedit.  Arch.  Indias"  XX,  223:  —  Diaz  del  Castillo:  11,  104;  —  Vülagu- 
tierre  Soto-Mayor:  p.  176—177;  —  Federmann  und  Stade:  p.  150—152;  —  Soares 
de  Souza:  p.  38,  307,  308,  346;  —  Varnhagen:  „Historia",  I,  49;  —  Simon:  I,  258 
bis  259;  —  „Eevista  Trimensal" :  I,  192;  —  Sarraiento  de  Gamboa:  „Geschichte", 
p.  90;  —  Garcilaso  de  la  Vega:  „Primera  Parte",  p.  240—241;  —  Montesinos:  p.  147 
bis  149,  163—166. 


—     108     — 

sehr  zweifelhaftem  Wert,  da  man  bei  der  mangelhaften  Kenntnis  der 
Metallbearbeitung  dem  Vorsteven  nur  schwer  die  erforderliche  Wider- 
stands- und  Durchschlagskraft  zu  geben  vermochte.  Immerhin  ist  in 
den  Kämpfen  der  Nordwest-Indianer  zuweilen  durch  Rammen  gewirkt 
worden.  Die  zweite  Art  der  antiken  Schlachtentaktik  fällt  von  selbst 
fort,  da  die  Indianer  keine  Remen  kannten.  Das  Entern  wurde  in 
den  indianischen  Gefechten  vielfach  angestrebt  und  hat  wohl  immer  da 
den  Ausschlag  gegeben,  wo  eine  Flottille  vollkommen  vernichtet  wurde. 
Ein  charakteristisches  und  wohl  das  letzte  grosse  Beispiel  indianischer 
Enter-Energie,  die  sich  bezeichnenderweise  in  der  Hauptsache  bei 
Nacht  betätigte,  haben  die  berühmten  Guarani-Bogabantes  im  Kriege 
der  Triple-Allianz  gegen  Paraguay  geliefert.  In  der  Hauptsache  aber 
hatten  die  Indianer  die  Taktik,  welche  vom  klassischen  Altertum  bereits 
als  minderwertig  aufgegeben  worden  war,  und  die  erst  nach  Erfindung 
und  Vervollkommnung  der  Feuerwaffen  wieder  zu  ihrem  Recht  ge- 
kommen ist,  nämlich  sich  aus  der  Ferne  gegenseitig  zu  beschiessen. 
Um  sich  gegen  dieses  Beschiessen  zu  decken,  wurden,  wie  dargelegt, 
durch  Erhöhung  von  Bug  und  Heck  aus  den  Canoas  Piraguas  ge- 
macht. Zuweilen  hatte  dieser  Plankenaufsatz  Schiessscharten,  während 
einige  Stämme,  wie  Massawömekes  und  Nachbarn,  ihre  leichten 
geflochtenen  Schilde  am  Bug  und  Heck  als  eine  Schutzwehr  auf- 
pflanzten. Denn  hier  war  der  Platz  für  die  Krieger,  während  die 
Pagajer  in  der  Mitte  von  der  Seite  aus  zumeist  ungedeckt  waren. 
Daher  manövrierte  man  denn  auch  so,  dass  immer  möglichst  nur  der 
erhöhte  Bug  oder  das  Heck  dem  schiessenden  Feinde  zugekehrt  war. 
Wurde  dies  geschickt  gemacht,  dann  war  von  der  Besatzung  nichts 
weiter  zu  sehen  als  die  arbeitenden  Hände  der  Pagajer.  Lagen  sich 
Breitseite  und  Breitseite  gegenüber,  dann  drückte  man  durch  ent- 
sprechende Gewichtsverteilung  die  dem  Gegner  zugekehrte  Bordseite 
so  hoch,  dass  sie  Deckung  gegen  Sicht  gewährte.  Dies  war  bei  den 
leicht  kenternden  Fahrzeugen  gar  nicht  so  einfach.  Kamen  schwere 
Schüsse  europäischer  Artillerie,  dann  konnte  man  es  erleben,  dass  die 
ganze  Bemannung  platt  auf  den  Schiffsboden  fiel,  um  sich  wieder  mit 
Triumph-Geheul  zu  erheben,  wenn  niemand  getroffen  war.  Ein  besonderer 
Trick  bei  vorbereiteten  Schlachten  war  im  Norden  das  Schleudern  von 
Feldsteinen,  um  die  dünnen  Birken-Kanus  leck  zu  werfen,  während 
man  es  als  eine  schon  etwas  verfeinerte  Taktik  bezeichnen  muss,  wenn 
in  Guayana  so  manövriert  wurde,  dass  die  Pfeile  immer  mit  dem 
Winde  flogen.    Scheingefechte  und  Manöver  waren  unter  den  Indianern 


—     109     — 

nicht  selten,  können  aber  nichts  an  der  Tatsache  ändern,  dass  die 
See-Taktik  der  Eingeborenen  Amerikas  auf  einer  recht  niedrigen  Stufe 
stand.  ^ 

Das  Boot  in  Freud  und  Leid. 

Gefässe  von  bootförmiger  Gestalt  zum  Zerreiben  von  Mais  und 
Mandioka  finden  sich  mehrfach  in  Amerika,  ohne  dass  hier  ein  Zu- 
sammenhang irgendeiner  Art  mit  den  Booten  der  Indianer  vorläge. 
Dagegen  bestehen  offenbar  vielfach  enge  Beziehungen  zwischen  Trink- 
gefäss  und  Canoa.  In  den  ländlichen  Teilen  von  Cuba  heissen  noch 
heute  ganz  allgemein  die  länglichen  Brunnentröge  canoas,  während  in 
Guayana  und  in  der  Orinoco-Gegend  die  langen  bootähnlichen,  für 
grosse  Festlichkeiten  bestimmten  Trinkgefässe  gleichfalls  canauas  oder 
canoas  genannt  werden.  Ja  man  ging  noch  weiter  und  benutzte  eine 
wirkliche  Canoa  als  Weinbehälter,  wenn  das  für  diesen  Zweck  be- 
stimmte Gefäss  für  die  Zahl  und  den  Durst  der  Festgenossen  zu  klein 
erschien.  Joest  hat  am  Poika  ein  solches  Trinkboot  gemessen  und  ge- 
funden, dass  es  mehr  als  2000  Liter  fasste.  Auch  die  Mosquito-Indianer 
benutzten  Canoas  als  Behälter  für  ihren  Ananas- Wein.  Ganz  derselbe 
Zusammenhang  besteht  im  Chaco ;  auch  hier  dient  die  Iriartea  ventri- 
cosa  gleichzeitig  zum  Bau  von  Booten  und  Weinfässern  und,  wenn 
letztere  ihren  Zweck  nicht  genügend  erfüllen,  dann  tritt  ein  Boot  an 
ihre  Stelle.  Die  Spanier  haben  daher  auch  diesen  Baum  „palo  bo- 
rracho".  Sauf  bäum,  getauft.  Die  Nordwest-Indianer  benutzten  ihre 
Canoas  als  Behälter  bei  der  Bereitung  von  Fischöl,  die  Maynas- Völker 
pressen  in  den  ihrigen  das  Ol  aus  den  Schildkröteneiern. ^ 

Wie  bei  Freude  und  Festlichkeiten,  so  stand  auch  beim  Tode  dem 
Indianer  sein  Boot  nahe.   An  der  ganzen  Nordwestküste  war  die  Sitte 


»  „Vita  di  Cr.  Colombo",  p.  327—328;  —  Vancouver:  III,  276;  —  ßoss  Cox: 
I,  294;  —  Franchöre:  p.  194;  —  Swanton:  „Haida  Texts",  p.  366,  386,  387;  — 
Fidalgo  d'Elvas:  p.  72,  73;  —  Smith  (Arber):  p.  425;  —  Sahagim:  „Conquista", 
p.  41;  —  van  Coli:  p.  456;  —  Cardim:  „Narrativa",  p.  81,  91;  —  „Revista  Tri- 
mensal",  VI,  309;  —  „Noticias  Autenticas"^  XXXI,  47;  —  Stöcklein:  II,  52  (num. 
48);  —  „Lettres  Edifiantes" :  V,  160-161.* 

2  Krause:  „Tlinkit",  p.  177—178,  u.  Abb.;  —  Bachiller  y  Morales:  p.  362 II; 

—  Dampier:  I,  10;  —  Gumüla:  I,  166;  —  ßalegh:  „Discovery",  p.  65,  note;  p.  102 
bis  103,  note;  —  Eobert  H.  Schomburgk:  p.  110;  —  van  Coli:  p.  485;  —  Joest: 
p.  92;  —  Crevaux:  p.  521;  —  Chaffanjon:  p.  97,  99;  —  „Noticias  Autenticas", 
XXVI,  428;  XXVII,  60;  XXVIII,  400;  —  Marcoy:  I,  660— 661;  —  Arenales:  p.  116; 

—  Pelleschi:  „Matacos",  XVIII,  213. 


—     110     — 

weit  verbreitet,  den  Verstorbenen  in  einer  Canoa  beizusetzen.  Aber 
hier,  wo  er  sich  am  häufigsten  findet,  und  an  den  anderen  noch  zu 
nennenden  Stellen  beschränkte  sich  dieser  Gebrauch  wohl  in  der 
Hauptsache  auf  Häuptlinge  und  Grossleute.  Auch  bei  den  nordischen 
Germanen  wurden  ja  nur  die  Seekönige,  wurden  Harald  Hildetand  und 
Sigurd  Ring  in  ihren  Drachen  verbrannt.  Auch  griff  man  wohl  ge- 
legentlich zu  einem  Boot  als  Sarg,  wenn  man  auf  Reisen  war,  anderes 
Material  für  einen  widerstandsfähigen  Totenschutz  nicht  zur  Hand 
hatte  und  wegen  Witterung  oder  grösserer  Entfernung  das  Kanu  nicht 
als  Leichenwagen  benutzen  konnte,  um  die  Gebeine  des  Verstorbenen 
in  seine  Heimat  zurückzuführen.  Das  sporadische  Vorkommen  von 
Boot-Bestattung  bei  Missisaugas  und  Menöminis  mag  auf  diesen  Um- 
stand zurückzuführen  sein.  Sonst  fand  sich  diese  Begräbnisart  bei  den 
Santa  Barbara-Indianern,  an  der  Mosquito-Küste,  wo  man  einen  Pitpan 
in  zwei  Hälften  schnitt,  um  Sarg-Boden  und  -Deckel  zu  haben,  bei 
den  Aruaks  von  Guayana,  bei  den  Chuntaquiros  am  Quillabamba,  bei 
manchen  Maynas-Völkern,  Cocamas  und  Omaguas.  Bei  den  Völkern 
am  Südende  Amerikas  ist  eine  dunkle  Sehnsucht  nach  der  See,  eine 
Erinnerung  an  Zeiten,  wo  man  am  Meeresstrande  lebte,  und  ein  Glaube, 
dass  die  Geschiedenen  dorthin  wieder  zurückkehren  w^ürden,  weit  ver- 
breitet. Man  glaubte,  dass  der  Geist  des  Verstorbenen  eine  weite 
Reise  über  die  See  zu  den  Gefilden  der  Seligen  anzutreten  habe,  und 
hoffte,  ihn  zu  unterstützen,  wenn  man  ihn  in  einer  Canoa  begrub  oder 
wenigstens  der  Seeküste  nahe  brachte.  Die  gänzlich  wasserfremd  ge- 
wordenen Patagonier  versuchten  daher  ihre  Toten  an  den  Meeresstrand 
zu  bringen.  Araukanier  und  Cuncos  begruben  die  ihrigen  in  Canoas, 
mit  dem  Gesicht  nach  der  See  gerichtet,  alles  in  diesem  Glauben  an 
die  Schiffahrt  der  Seele. ^ 


'  Vancouver:  I,  255,  256;  II,  54,  59,  61;  III,  242,  290;  —  La  Perouse:  II,  200 
bis  207;  —  Gass:  p.  204;  —  Gibbs:  p.  200—205;  —  Wükes:  IV,  325;  —  Sproat: 
p.  259;  —  Wheeler:  „Report",  VII,  p.  38—39,  124;   —  Bancroft:   „Native  Races", 

I,  205,  206,  220,  247,  288,  744;  —  Yarrow:   p.  112—113,  171—174;  —  Herrera: 

II,  681;  IV,  19 II;  —  „Bericht  etc.  über  Theile  d.  Mosquitolandes",  p.  148;  —  „The 
Nautical  Magazine",  I,  572;  —  „Rel.  d.  Jesuites",  1687,  p.  1641;  —  Hoffman: 
„Menoraini",  p.  239;  —  Richard  Schomburgk:  II,  458;  —  Bernau:  p.  58;  —  Veigl: 
p.  802—303:  —  Smyth  and  Lowe:  p.  241;  —  Simson:  p.  24;  —  Marcoy:  I,  621 
et  note;  —  Darwin:  p.  169—170;  —  Domeyko:  p.  58;  —  Rengger:  „Reise",  p.  141; 
—  Miers:  II,  467—468;  —  Phüippi:  „Cunco-Indianer",  S.  179;  —  Margry:  VI, 
15—16. 


Verzeichnis  der  benutzten  Quellen. 


Amerika  im  allgemeinen. 

Acosta:  ,.Historia  Natural  y  Moral  de  las  Indias".    2  Bde.     (Madrid  1894.) 
Beuzoni:  „Novae  Novi  Orbis  Historiae"  in  Urbani  Calvetonis  „Historia  Indiae  Occi- 

dentalis"  (1586  [Genevae]  Eust.  Vignon.) 
Castellanos:  „Elegias  de  Varones  ilustres  de  Indias"  terc.  edic.    (Madrid  1874.) 
„Coleccion  de  Documentos  Ineditos  Kelativos  al  Descabrimiento,  Conquista  y  Coloni- 

zacion  de  las  Posesiones  Espanolas  en  America  y  Occeania",  vols,  I — IV,  IX,  X, 

XIV,  XX.     (Madrid  1864—1873.) 
„The  Journal  of  Christopher  Columbus  (During  bis  First  Voyage,   1492 — 93),   and 

Documents  relating  to  the   Voyages   of  John   Cabot  and   Gaspar   Corte  Eeal". 

(London  1893,  Hakluyt  Soc.) 
„Vita  di  Cristoforo   Colombo,   Descritta   da  Ferdinande,   Suo  Figlio,   e  tradotta  da 

Alfonso  Ulloa".    (Londra  1867.) 
„Voyages  de  Fran^ois  Coreal  aux  Indes  Occidentales"  trad.  2  vols.    (Paris  1722.) 
Fernandez  d'Enciso :  „Suma  de  geographia  q  trata  de  todas  las  partidas  y  prouincias 

del  mundo:  en  especial  de  las  indias".   segunda  edic.  emendada.    (Seuilla  1530.) 
Fletcber:  „The  World  Encompassed  by  Sir  Francis  Drake".    (London  1854,  Hakl.  Soc.) 
Galvano :  „The  Discoveries  of  the  New  World".     (London  1862,  Hakl.  Soc.) 
Hakluyt:    „The  Voyages  of  the  English  Nation  to   America  before   the  year  1600" 

edit.  Goldsmid.   4  vols.   (Edinburgh  1889—1890.) 
Hamy:   „Decades  Americanae",  in  „Revue  d'Ethnographie",   III,  51—67,  150—160, 

508-520;  IV,  1—22;  V,  167— 180,  233—240;  VI,  150-160.   (Paris  1885— 1887.) 
„The  Hawkins'  Voyages   during  the  ßeigns   of  Henry  VIII,   Queen  Elizabeth,   and 

James  I."     (London  1878,  Hakluyt  Soc.) 
Herrera:  „Historia  General  de  los  Hechos  de  los  Castellanos,  en  las  Islas,  y  Tierra- 

Firme  de  el  Mar  Occeano"  5  Bde.    (Madrid  1726—1730.) 
A.  V.  Humboldt:   „Kritische  Untersuchungen  über  die  historische  Entwickelung  der 

geographischen  Kenntnisse  von  der  Neuen  Welt",  Ausg.  Ideler,  3  Bde.   (Berlin 

1836—1852.) 
A.  V.   Humboldt:    „Vues   des   Cordilleres   et  Monumens   des  Peuples  Indigenes    de 

l'Amerique".     2  vols.     (Paris  1840.) 
Kottenkamp:    „Der  Unabhängigkeitskampf  der  spanisch-amerikanischen  Colonieen". 

(Stuttgart  1838.) 
de  Laet:     „Nieuwe    Wereldt    ofte    Beschrijvinghe    van   West-Indien".     2'^«  druck. 

(Leyden,  1630;  Elzevier.) 


—     112     — 

V.  Langsdorff:  „Bemerkungen  auf  einer  Reise  um  die  Welt  in  den  Jahren  1803  bis  1807". 

2  Bde.  mit  Atlas.     (Frankfurt  a/M.  1812.) 
Las  Casas:  „Historia  de  las  Indias",  5  vols.     (Madrid  1875—1876.) 
„Lettres  Edifiantes   et  Curieuses,    ecrites   des   Missions  Etrangöres",   vol.  IV  et  V. 

(Lyon  1819.) 
Petrus  Martyr:  „De  Rebvs  Oceanicis  et  Novo  Orbe,  Decades  Tres."   (Coloniae  1574.) 
Petrus  Martyr:  „De  Orbe  Novo  Decades  octo",  edit.    Rieh.  Hakluyt.    (Parisiis  1587.) 
Petrus  Martyr:  „Opus  Epistolarum".     (Amstelodami  1670.) 
Gonzalez  de  Mendoza:  „The  History  of  the  Great  and  Mighty  Kingdom  of  China", 

transl.    (London  1853—54;  Hakl.  Soc.) 
Munoz:  „Historia  del  Nuevo-Mundo",  tomo  I.     (Madrid  1793.) 
Navarrete:  „Coleccion  de  los  Viajes  y  Descubrimientes  que  hieieron  por  mar  los  Es- 

pafioles  desde  iines  del  siglo  XV".    (Madrid:  tomo  I  [1858];  II  [1859] ;  III  [1880] ; 

IV  u.  V  [1837].) 
Neussel:  „Los  Cuatro  Viajes  de  Cristöbal  Colon".     (Madrid  1892.) 
Oviedo  y  Valdes:    „Historia  General  y  Natural  de  las  Indias,   Islas  y  Tierra-Firme 

del  Mar  Oceano",  4  vols.     (Madrid  1851—1855.) 
Purchas:    „Hakluytus    Posthumus    or   Purchas    His  Pilgrimes"    edit.   Hakluyt   Soc. 

vols.  XI— XIX.    (Glasgow  1906.) 
Ramusio:  „Navigationi  et  Viaggi  Raccolte".    (Venetia,  vol.I,  1563;  vol.  II u,  III,  1606.) 
Rocha:  „Tratado  Unico  y  Singular  del  Origen  de  los  Indios",  2  vols.   (Madrid  1891.) 
Stöcklein:    „Der  Neue  Welt-Bott   mit  allerhand  nachrichten  deren  Missionarien  Soc. 

Jesu".    Bd.  I— III  (Augspurg  u.  Grätz  1728-1736.)    B.  IV  (Wien  1748-1755.) 
„A  Voyage  to  South  America,   by  Don  George  Juan,  and  Don  Antonio  de  Ulloa"  in 

Barrow:    „A  CoUection   of  etc.  Voyages  and  Discoveries",  vol.  II,    p.  124—271. 

(London  1765.) 
Vargas  Machuca:  „Milicia  y  Descripcion  de  las  Indias".    2  Bde.    (Madrid  1892.) 
Wilkes :  „Narrative  of  the  United  States  Exploring  Expedition.  During  the  years  1838, 

1839,  1840,  1841,  1842".     5  vols.    (Philadelphia  1845.) 

Indianer  im  allgemeinen. 

„The  American  Anthropologist",  vols.  I— XI  (Washington,  D.  C,  1888—1898).  New 
Series,  vols. I-IV  (New  York  1899—1902),  vols.  V-IX.(LancasterPa.,  1903—1907.) 

Bancroft:  „The  Native  Races  of  the  Pacific  States",  5  vols.  (New  York  1875— 1876.) 

Catlin :  „Letters  and  Notes  on  the  Manners,  Customs ,  and  Conditions  of  the  North 
American  Indians"  2  Bde.    (London  1844.) 

Dodge:  „Our  Wild  Indians".    (Hartford,  Conn.  1882.) 

Eastman :  „Chicöra  and  other  Regions  of  the  Conquerors  and  the  Conquered".  (Phila- 
delphia 1854.) 

Grinnell:  „The  Story  of  the  Indian".    (London  1896.) 

Hoffman:  „Der  indianische  Birkenrindenkanubau"  im  „Globus",  Bd.  LXV.  (Braun- 
schweig 1894.) 

Jenks :  „The  Wild  Rice  Gatherers  of  the  Upper  Lakes",  in  „XIX'^  Ann.  Rep.  Bur. 
Ethnol."  Part  II,  1013-1137.     (Washington  1900.) 

Lafitau:  „Moeurs  des  Sauvages  Ameriquains,  Comparees  aux  Moeurs  des  Premiers 
Temps",  4  vols.    (Paris  1724.) 


—     113     — 

McLean:  „The  Indians,  Their  Manners  and  Customs".     (Toronto  1889.) 
V.  Martins:  „Zur  Ethnographie  Amerika's  zumal  Brasiliens".    (Leipzig  1867.) 
Morice :  „The  Great  Dene  Race",  in  „Anthropos",  vols.  I  u.  II.  (Salzburg  1906  u.  1907.) 
Morton:  „An  Inquiry  into  the  Distinctive  Characteristics  of  the  Aboriginal  Eaee  of 

America",  2"^  edit.    (Philadelphia  1844.) 
Bau:    „Prehistoric  Fishing  in  Europe   and  North  America"  in   „Smiths.  Contrib.  to 

Knowl."  No.  509.     (Washington  1884.) 
Roman  y  Zamora:  „Repnblicas  de  Indias",  2  Bde.     (Madrid  1897.) 
Schoolcraft :  „Historical  and  Statistical  Information  respecting  the  History,  Condition, 

and  Prospects  of  the  Indian  Tribes  of  the  United  States".   6  vols.    (Philadelphia 

1851—1857.) 
Schoolcraft :  „The  Myth  of  Hiawatha,  and  other  oral  Legends".    (Philadelphia  1856.) 
Starr:  „American  Indians".     (Boston  1899.) 

Thomas :  „Catalogue  of  Prehistoric  Works  east  of  the  Rocky  Mountains".   (Washing- 
ton 1891.) 
Yarrow:   „A   Further  Gontribution  to   the  Study   of  the  Mortuary  Customs   of  the 

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ton  1881.) 

Nord- Amerika  im  allgemeinen. 

„The  American  Antiquarian",  vols.  VI,  IX.     (Chicago,  1884  u.  1887.) 

„The  American  Naturalist",  vols.  IV,  VI.  (Salem,  Mass.,  1871—1872.) 

[ßarcia:]  „Ensayo  Cronologico,  para  la  Historia  General  de  la  Florida".    (Madrid  1728.) 

Buschmann :  „Die  Spuren  der  aztekischen  Sprache  im  nördlichen  Mexico  und  höheren 

amerikanischen  Norden".    (Berlin  1859.) 
„La  relacion  que  dio  Aluar  nunez  cabega  de  vaca",  etc.     (Zamora  1542.) 
Charlevoix :  „Histoire  et  Description  Generale  de  la  Nouvelle  France,  avec  le  Journal 

Historique".     6  vols.     (Paris  1744.) 
„Colleccion  de  Varios  Documentos  para  la  Historia  de   la  Florida  y  Tierras  Adya- 

centes",  edic.  B.  Smith.     (Madrid  1857.) 
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America"  etc.,  in  „Int.  Arch.  f.  Ethnogr."  X,  225-245.     (Leiden  1897.) 
Duponceau:  „Memoire  sur  le  Systeme  Grammatical  des  Langues  de  quelques  Nations 

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Earle:  „Home  Life  in  Colonial  Days".     (New  York  1898.) 

„Gass's  Journal  of  the  Lewis  and  Clark  Expedition",  edit.  Hosmer.    (Chicago  1904.) 
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nommen hat".    Übers.,  8  Bde.     (Göttingen  1754—1764.) 
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ten  Kate:  „Reizen  en  Onderzoekingen  in  Noord-Amerika".     (Leiden  1885.) 
„History  of  the  Expedition  under  the  Command  of  Captains  Lewis  and  Clark",  edit. 

McMaster;  8  vols.     (New  York  1904.) 
Margry:   ,,Memoires  et  Documents  pour  servir  ä  l'flistoire   des  Origines  Frangaises 

des  Pays  d'Outre-Mer".     6  vols.     (Paris  1879—1888.) 
Pouchot:   „Memoires   sur  la  Derniere  Guerre  de  l'Amerique  Septentrionale  entre  la 

France  et  l'Angleterre",  3  vols.     (Yverdon  1781.) 

Studien  und  Forschungen  I.  3 


—     114     — 

Eogfers:   „Beschreibung   von   Nordamerica",   in  „Sammlung  der  besten  und  neuesten 

Reisebeschreibungen",  Bd.  XI,  163—299.     (Berlin  1773.) 
Schoolcraft:    „Personal   Memoirs   of  a  Residence   of  Thirty  Years  with   the  Indian 

Tribes  of  the  American  Frontiers".     (Philadelphia  1851.) 
Simpson:  „Narrative  of  a  Journey  Round  the  World  during  the  years  1841  and  1842". 

2  Yols.     (London  1847.) 
Vancouver:    „A.  Voyage  of  Discovery  to   the   North  Pacific  Ocean,   and  Round   the 

World".    3  vols.     (London  1798.) 
Weld:  „Travels  through  the  States  of  North  America,  and  the  Provinces  of  Upper 

and  Lower  Canada,  during  the  years,  1795,  1796,  and  1797".     (London  1800.) 
Wheeler:  „Report  upon  United  States  Geographical  Surveys  west  of  the  One  Hun- 

dredth  Meridian",     vol.  VIL     (Washington  1879.) 
Winsor:  „The  Mississippi  ßasin".     (Boston^and  New  York  1895.) 

Hudsonbai-Länder  und  Labrador. 

Back:   „Narrative  of  the  Arctic  Land  Expedition   to   the  Mouth  of  the  Great  Fish 

River".    (London  1836.) 
Franklin:  „Narrative  of  a  Journey  to  the  Shores  of  the  Polar  Sea,  in  the  yars  1819, 

20,  21,  and  22".     (London  1823.) 
Harmon:   „A  Journal   of  Voyages   and  Travels   in  the  Interior  of  North  America". 

(New  York  1903.) 
Hearne:  „A  Journey  from  Prince  of  Wales's  Fort  in  Hudson's  Bay,  to  the  Northern 

Ocean."     (London  1795.) 
Hind :  „Explorations  in  the  Interior  of  the  Labrador  Peninsula".  2  vols.  (London  1863.) 
Mackenzie :  „Voyages  from  Montreal  through  the  Continent  of  North  America  to  the 

Frozen  and  Pacific  Oceans  in  1789  and  1793".     2  vols.     (New  York  1902.) 
M'Lean:    „Notes  of  a  Twenty-Five  Years'  Service  in  the  Hudson's  Bay  Territory". 

2  Bde.     (London  1849.) 
Petitot:  „Monographie  des  Dene-Dindjie".     (Paris  1876.) 
Petitot:  „Exploration  de  la  Region  du  Grand  Lac  des  Ours".     (Paris  1893.) 
Turner:  „Ethnology  of  the  Ungava  District,  Hudson  Bay  Territory"  in  „XP**  Ann. 

Rep.  Bur.  Ethnol."     (Washington  1894.) 

Nordwestküste  und  Alaska. 

Allen:  „Atuatanas  or  Natives  of  Copper  River".    [Ausschnitt.]    (Quebec  1889.) 
„Des  Capitain  Jacob  Cook's  dritte  Entdeckungs-Reise   in  das  stille  Meer".     Übers. 

Georg  Forster.    2  Bde.    (Berlin  1787—1788.) 
Ross  Cox:   „The  Columbia  River;  or  Scenes  and  Adventures  during  a  Residence  of 

Six  Years  on  the  Western  Side  of  the  Rocky  Mountains".   2  vols.    (London  1832.) 
Eels:    „The  Twana  Indians",  in  „Bull.  ü.  S.  Geolog,  and  Geogr.  Survey",   vol.  III, 

p.  57-114.  (Washington  1877). 
Eells:    „Traditions   of  the  Deluge   among   the  tribes   of  the  North-West",   in  „The 

American  Antiquarian",  I,  70—72.    (Cleveland,  0.  1878.) 
Franchere:   „Relation  d'un  Voyage  a  la  Cöte  du  Nord-Ouest  de  l'Amerique  Septen- 

trionale,  dans  les  Annees  1810,  11,  12,  13,  et  14".    (Montreal  1820.) 


—     115     — 

„Geschichte  der  Reisen,  die  seit  Cook  an  der  Nordwest-  und  Nordost- Küste  von 
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Gibbs :  „Tribes  of  Western  Washington  and  Northwestern  Oregon",  in  „Contr.  North 
Amer.  Ethnol.",  vol.  I.     (Washington  1877.) 

Hardisty:  „The  Loucheux  Indians",  in  „Smiths.  Rep.  for  1866",  p.  311  —  320. 
(Washington  1867.) 

Holmberg:  „Ethnographische  Skizzen  über  die  Völker  des  Russischen  Amerika",  in 
„Akt.  Finnl.  Soziet.  d.  Wissensch."  Abt.  I.     (Helsingsfors  1855.) 

„Capitain  Jacobsen's  Reise  an  der  Nordwestküste  Amerikas  1881 — 1883",  herausg. 
V.  Woldt.     (Leipzig  1884.) 

„The  Adventures  of  John  Jewitt"  edit.  R.  Brown.     (London  1896). 

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parmi  les  Sauvages  de  l'Amerique  Septentrionale",  2  vols.    (Amsterdam  1738.) 
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Milton  and  Cheadle:  „The  North- West  Passage  by  Land".     (London  190L) 
Perrot :  „Memoire  sur  les  Moeurs,  Coustumes  et  Relligion  des  Sauvages  de  l'Amerique 

Septentrionale",  edit.  Taliban.    (Leipzig  et  Paris  1864.) 
Bacqueville  de  La  Potherie :  „Histoire  de  l'Amerique  Septentrionale".   4  vols.    (Paris 

1722.) 
„Relations  des  Jesuites".    3  vols.    (Quebec  1858.) 
„Relations  Inedites  de  la  Nouvelle-France  (1672—1679)",  edit.  Martin,  2  vols.    (Paris 

1861.) 
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Cuoq:  „Lexique  de  la  Langue  Iroquoise".     (Montreal  [1882].) 

„The  Documentary  History  of  the  State  of  New-York".  4  vols.  (Albany  1849—1851.) 
„Documents  Relative   to  the  Colonial  History  of  the  State  of  New-York".    11  vols. 

(Albany,  N.  Y.,  1858—1861);  —  new  series,  vols.  I  u.  II  [XII  u.  XIII  old  series]. 

(Albany,  1877—1881.) 
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Die  Südstaaten  der  Union,  ohne  Südosten. 

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(Philadelphia  1851.) 
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fornia".   (Philadelphia  1854.) 
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„Reports  of  Explorations  and  Surveys,   to  ascertain   the   most  practicable   and  eco- 

nomical  route   for   a  railroad   from   the  Mississippi  River  to  the  Pacific  Ocean", 

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de  Smet :  „Voyages  aux  Montagnes  Rocheuses  et  Sejour  chez  les  Tribus  Indiennea  de 

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Prinz  zu  Wied:  „Reise  in  das  Innere  Nord- America  in   den  Jahren  1832  bis  1834", 

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Baegert:   „An  Account  of  the  Aboriginal  Inhabitants  of  the  California  Peninsula", 

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2  vols.  et  Supplement;  trad.    (Amsterdam  1716.) 

Shelvocke:    „A  Voyage  Round   the  World,   by   the  Way   of  the  Great  South  Sea". 

2'^'^  edit.    (London  1757.) 
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(Washington  1857.) 
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Möllhausen:   „Tagebuch  einer  Reise  vom  Mississippi  nach  den  Küsten  der  Südsee". 

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Möllhausen:   „Wanderungen   durch   die  Prairien  und  Wüsten   des  westlichen  Nord- 
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Möllhausen:  „Reisen  in  die  Felsengebirge  Nord-Amerikas  bis  zum  Hoch-Plateau  von 

Neu-Mexico",  2  Bde.    (Leipzig  1861.) 
Winship:  „The  Coronado  Expedition,  1540—1542",  in  „XIV.  Ann.  Rep.  Bur.  Ethnol." 

part.  I.     (Washington  1896.) 

Mexico. 

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(Mexico  1870.) 
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de  Mexico",  edic.  Icazbalceta,  tomo  I.    (Mexico  1858.) 
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1864.) 
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(Mexico  1880.) 
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Doc.  Inedit.  Historia  Espafia"  LIII,  295—574.     (Madrid  1869.) 
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Sahagun:  „Historia  de  la  Conquista  de  Mexico".     (Mexico  1829.) 
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(Paris  1688.) 
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(Paris  1879.) 
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Breton:  „Dictionaire  Frangais-Caraibe"  reimpr.  Platzmann.    (Leipzig  1900.) 
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bis  1664)".     (Paris  1904.) 
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Labat:  „Nouveau  Voyage  aux  Isles  de  l'Amerique",  2  vols.     (La  Haye  1724.) 


—     123     — 

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tique",  2  vols.    (Paris  1869.) 
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(Paris  1839.) 
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Celodon:   „Gramätica,  Catecismo  i  Vocabulario  de  la  lengua  Goajira".    (Paris  1878.) 
Chaffanjon:  „L'Orenoque  et  le  Caura".     (Paris  1889.) 
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V.  H.  Hauff.    4  Bde.    (Stuttgart  1874.) 
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Tauste :  „Arte  Bocabulario  Doctrina  Christiana  y  Cateeismo  de  la  Lengua  de  Cumana", 

publ.  Platzmann.     (Leipzig  1888.) 
Yangues :  „Principios  y  Reglas  de  la  Lengua  Cumanagota",  publ.  Platzmann.    (Leipzig 

1888.) 

Griiayana. 

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Bernau:  „Missionary  Labours  in  British  Guiana".     (London  1847.) 
Biet:  „Les  Galibis",  edit.  A.  Marre.     (Paris  1896.) 
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(Madrid  1862.) 
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1890—1893.) 
Eder:  „Descriptio  Provinciae  Moxitarum  in  Regno  Peruano",  edit.  Mako.  (Budae  1791.) 
Figueroa:   „Relacion  de  las  Misiones   de  la  Corapaiiia   de  Jesus    en   el  Pais   de   los 

Maynas".    (Madrid  1904.) 
Garcilaso  de  la  Vega:  „Primera  Parte  de  los  Commentarios  Reales".  (Madrid  1723.) 
Garcilaso  de  la  Vega:    „Historia  General  del  Peru"    (Madrid  1722)   [Segunda  Parte 

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Gutierrez  de  Santa  Clara:  „Historia  de  las  Guerras  Civiles  del  Peru  (1544—1548)". 

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Jimenez  de  la  Espada:    „Las  Islas   de  los  Galäpagos  y   otras  mäs  ä  Poniente",   in 

„Bol.  Soc.  Geogr.  Madrid",  tomo  XXXI,  p.  351—402.    (Madrid  1891.) 
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(Paris  1829.) 
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Montesinos:    „Memorias  Antiguas  Historiales  y  Politicas  del  Peru".    (Madrid  1882.) 
Ordinaire:    „Les   Sauvages   du   Perou",   in  „Revue  d'Ethnographie",  VI,   265—322. 

(Paris  1887.) 
Prescott:  „History  of  the  Conquest  of  Peru",  edit.  Kirk.     (London  1892.) 
„Relaciones  Geogräficas  de  Indias",  Peru.   4  vols.   (Madrid  1881—1897.) 
Sarmiento  de  Gamboa:    „Geschichte   des  Inkareiches",   herausg.  v.  Richard  Pietsch- 

mann.     (Berlin  1906.) 
Simson :  „Notes  on  the  Napo  Indians"  in  „The  Journal  Anthrop.  Inst.  Gr.  Brit."  XII, 

21—27.     (London  1883.) 
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Squier:    „Peru.    Incidents  of  Travel   and  Exploration  in  the  Land   of  the  Incas." 

(London  1877.) 
Stevenson :   „A  Historical  and  Descriptive  Narrative  of  Twenty  Years'  Residence  in 

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„Tres  Relaciones  de  Antigüedades  Peruanas",  edic.  Jimenez  de  la  Espada.  (Madrid  1879.) 


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in  Süd-Amerika,  bis  zum  Jahre  1768".     (Nürnberg  1785.) 
Xerez:  „Verdadera  Relacion  de  la  Conquista  del  Peru".     (Madrid  1891.) 
Zärate:   „Historia   del  Descubrimiento  y   Conquista   de   la  Provincia    del  Peru",   in 

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in  Hulsius:    „Die  ein  und  zwantzigste  Schifffahrt".   (Franckfurt  am  Mayn  1629.) 
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Bates:  „The  Naturalist  on  the  River  Amazons".     (London  1864.) 
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graphico  Brasileiro",^  vols.  I— III,   VI,   XIII,   XX,   XXI,   XXIV,    LVII.    (Rio  de 

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of  Pedro  Cieza  de  Leon",  p.  339—351.    (London  1864,  Hakluyt  Soc.) 
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Hakl.  Soc.) 
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von  den  Steinen:  „Unter  den  Naturvölkern  Zentral-Brasiliens".     (Berlin  1894.) 
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Thevet:   „Les  Singularitez   de   la  France  Antarctique",  edit.  Gaffarel.  (Paris  1878.) 
Varnhagen:  „Historia  Geral  do  Brazil",  2  vols.     (Rio  de  Janeiro  1854—1857.) 
Vasconcellos :  „Chronica  da  Companhia  de  Jesu  do  Estado  do  Brasil",  2  vols.    (Lisboa 

1865.) 
Vasconcellos:  „Vida  do  veneravel  padre  Joseph  de  Anchieta  da  Companhia  de  Jesv, 

tavmatvrgo  do  Nouo  Mundo,  na  Prouincia  do  Brasil".     (Lisboa  1672.) 
„Carta  de  Pero  Vaz  de  Caminha  a  El-Rei  D.  Manuel".     (Bahia  1900.) 
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furt a/M.  1820—1821.) 
Yves  d'Evreux:  „Voyage  dans  le  Nord  du  Bresil  fait  durant  les  annees  1613  et  1614", 

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„Pater  Florian  Baucke,  ein  Jesuit  in  Paraguay",  herausg.  v.  Kobler.  (Regensburg  1870.) 
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1895.) 
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Aires  1898.) 
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„Ulrich  Schmidels  Reise   nach  Süd-Amerika  in  den  Jahren  1534  bis  1554",  herausg. 

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„Journal  of  the  Right  Hon.  Sir  Joseph  Banks",  edit  Sir  Joseph  Hooker.  (London  1896.) 
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Flute  l'Etoile",  2  vols.     (Paris  1772.) 
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XIV,  221—241.     (Buenos  Aires  1893.) 
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See-Reisen  und  Entdeckungen  im  Süd-Meer",  Übers.  Bd.  I.     (Berlin  1774.) 
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S.  M.  Santa  Maria  de  la  Cabeza  en  los  anos  de  1785  y  1786".     (Madrid  1788.) 
„Apendice  a  la  Relacion  del  Viage  al  Magallanes  de  la  Fragata  de  Guerra  Santa  Maria 

de  la  Cabeza".     (Madrid  1793.) 
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—     129     — 

Marcel:  „Les  Fu^giens  ä  la  fin  du  XVIP  siecle".    (Paris  1892.) 

Toribio  Medina:  „Los  Aborijeues  de  Chile".    (Santiago  1882.) 

„Viajes  de  Fray  Francisco  Menendez  a  la  Cordillera",  edic.  Fonck.  (Valparaiso  1896.) 

Miers:  „Travels  in  Chile  and  La  Plata",  2  vols.     (London  1826.) 

Molina:  „Saggio  sulla  Storia  Civile  del  Chili".     (Bologna  1787.) 

Philipp! :  „Über  die  Canco-Indianer  und  die  Töpferei  in  Chile"  in  „Verh.  Berl.  Ges. 
f.  Anthrop."  VI,  178—180.     (Berlin  1874.) 

Pineda  y  ßascuiian :  „Cautiverio  Feliz,  y  Kazon  Individual  de  las  Guerras  Dilatadas 
del  Reino  de  Chile".     (Santiago  1863.) 

Popper :  „Apuntes  Geogräficos,  Etnologicos,  Estadisticos  e  Industriales  sobre  la  Tierra 
del  Fuego",  in  „Bol.  Inst.  Geogr.  Argentino",  XII,  131—170.  (Buenos  Aires  1891.) 

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paraiso 1877—1878.) 

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Inst.  Geogr.  Argentino",  XIL  56—82.    (Buenos  Aires  1891.) 

Valdivia:  „Arte  Vocabulario  y  Confesionario  de  la  Lengua  de  Chile",  publ.  Platz- 
mann.    (Leipzig  1887.) 

Wallis  :  „Beschreibung  einer  Reise  um  die  Welt,  in  den  Jahren  1766,  1767  und  1768", 
in  Hawkesworth:  ,, Geschichte  der  See-Reisen  und  Entdeckungen  im  Süd-Meer". 
Übers.  Bd.  L     (Berlin  1774.) 

Weddell:  „A  Voyage  towards  the  South  Pole,  performed  in  the  years  1822 — 24". 
2"'»  edit.     (London  1827.) 

Allgemeine  Yölkerkunde.    YerscMedenes. 

R.  Andree:  „Ethnographische  Parallelen  und  Vergleiche".     (Stuttgart  1878.) 

R.  Andree:  „Die  Flutsagen".     (Braunschweig  1891.) 

R.  Andree :  „Die  Plejaden  im  Mythus  und  in  ihrer  Beziehung  zum  Jahresbeginn  und 

Landbau",  in  „Globus",  Bd.  LXIV,  p.  362-366.     (Braunschweig  1893.) 
Charton:  „Voyageurs  Anciens  et  Modernes",  4  vols.     (Paris  1854 — 1857.) 
Cooper  :  „The  Deerslayer".    (New  York  s.  d.,  Lupton.) 
Cooper:  „The  Prairie"  (New  York  s.  d.,  Lupton). 

A.  V.  Humboldt:  „Kosmos"-,  4  Bde.    (Stuttgart  u.  Tübingen  1845—1858.) 
„Voyages  d'Ibn  Batoutah",  edit.  Defremery  et  Sanguinetti ;  4  vols.  (Paris  1877,  1879, 

1893.) 
Lane  Fox:  „Early  Modes  of  Navigation"  in  „Journ.  Anthrop.  Inst.  Gr.  Britain",  IV, 

399—437.     (London  1875.) 
„Li vre  des  Merveilles  de  l'Inde",  edit.  van   der  Lith  et  Devic.    (Leide  1883—1886.) 
Longfellow:  „The  Song  of  Hiawatha".     (Boston  1855.) 
von  Luschan:    „Über   Boote   aus   Baumrinde,"   in  „Aus   der  Natur",  III,   15—22, 

49—53.     (Leipzig  1907.) 
Man:    „On  the  Aboriginal  Inhabitants  of  the  Andaman  Islands"  in  „Jour.  Anthrop. 

Inst.  Gr.  Britain",  vol.  XIL  p.  69—116,  117—175,  327—434.     (London  1883.) 
V.  Martius:   „Die  Pflanzen  und  Thiere  des  tropischen  America",  m.  Atlas.    (München 

1831.) 

Studien  und  Forschungen  I.  9 


—     130     — 

de  Mortillet:  „Origine  de  la  Navigation  et  de  la  Peche".     (Paris  1867.) 

„The  Nautical  Magazine",  vol.  I.     ([London]  1832.) 

Paris:  ,, Essai  sur  la  Construction  Navale  des  Peuples  Extra-Europeens",  m.  Atlas. 
(Paris  [1841],  Arthus  Bertrand.) 

Peschel:  „Geschichte  des  Zeitalters  der  Entdeckungen".     2.  Aufl.     (Stuttgart  1877.) 

Peschel:  „Völkerkunde",  5.  Aufl.,  herausg.  v.  A.  Kirchhoff.     (Leipzig  1881.) 

Raleigh :  „The  Invention  of  Ships"  in  „Old  South  Leaflets"  No.  166.  (Boston,  Mass.,  s.  d.^ 

Veth:  „Uit  Oost  en  West".     (Arnhem  1889.) 

Voss,  Ranke,  Brunner:  „Zur  Forschung  über  alte  Schiffstypen  auf  den  Binnen- 
gewässern und  an  den  Küsten  Deutschlands  und  der  angrenzenden  Länder",  in 
„Corr.  Bl.  Gesellsch.  Anthrop."  Jahrg.  XXXIII  u.  XXXIV.  (München  1903  u.  1904.) 

Weule:  „Das  Meer  und  die  Naturvölker",  in  „Ratzel-Gedenkschrift",  p.  411—462. 
(Leipzig  1904.) 


Wertvolle  ethnographische  und  geographische  Werke  aus  dem 
Verlage  von  STRECKER  &  SCHRÖDER  in  STUTTGART: 

Grupp,  Dr.  Georg,  Der  deutsche  Volks-  und  Stammes- 

cliarakter    im    Lichte    der  Vergangenheit      Reise-    und 

Kulturbilder. 

Geheftet  M.  2.70,  geb.  M.  3.70. 

Günther,  Prof.  Dr.  S.,  Geographische  Studien. 

Inhalt :  Akustisch-Geographisclie  Probleme :  I.  Der  tönende  Sand ,  II.  Musikalische 
Naturklänge ,  III.  Abrupte  Knalle.  Das  antarktische  Problem  und  die  deutsche 
Südpolarexpedition.  Ein  kulturhistorischer  Beitrag  zur  Erdbebenlehre.  Eduard 
Richter.     Ferdinand  v.  Richthofen. 

Geheftet  M.  4.—. 


Harpf,  Dr.  Adolf,  Morgen-  und  Abendland.    Vergleichende 
Kultur-  und  Reisestudien. 
Geheftet  M.  4.—,  geb.  M.  5.—. 

Krämer,  Prof.  Dr.  Augustin,  Hawaii,  Ostmlkroneslen  und 

Samoa.     Meine    zweite  Südseereise    (1897—1899)    zum 
Studium  der  Atolle  und  ihrer  Bewohner. 
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„Das  vorliegende  Buch  ist  ein  Reisewerk  schönster  Art,  prächtig  ausgestattet  mit 
Skizzen  und  Abbildungen;  voll  anschaulicher,  launiger  Schilderungen,  eng  ver- 
flochten mit  den  wichtigsten  Beobachtungen  und  Forschungsergebnissen;  es  ist  eine 
Popularisierung  ernster  exakter  Wissenschaft  und  auf  vielseitiger  Erfahrung  be- 
gründeter kolonialwirtschaftlicher  Betrachtungen."  Petermanns  Mitteilungen. 

Paul  Güssf  eldt,  Julius  Falkensteln  und  Eduard  Pechuel- 

Loesche,  Die  Lo*angO-Expedltlon.  Ausgesandt  von 
der  Deutschen  Gesellschaft  zur  Erforschung  Äquatorial- 
Afrikas   1873 — 1876.    Ein  Reise  werk  in  drei  Abteilungen 

1.  Abteilung  von  Dr.  Paul  Güssfeld  (1979) 

2.  Abteilung  von  Dr.  J.  Falkenstein  (1879) 

3.  Abteilung  I.  Hälfte  von  Dr.  Ed.  Pechuel-Loesche  (1882) 

Preis  der  ersten  drei  Bände  M.  30.—,  früher  M.  42. — . 

3.  Abteilung  II.  Hälfte  von  Prof.  Dr.  Ed.  Pechuel-Loesche  (1907) 

Geheftet  M.  24.—. 

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Strecker  &  Schröder  In  Stuttgart. 


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Yerlage  von  STRECKER  &  SCHRÖDER  in  STUTTGART : 

Parkinson,  R.    Dreissig  Jahre  in  der  Südsee.   Land  und 

Leute,   Sitten   und   Gebräuche   im  Bismarckarchipel   und 

auf  den  deutschen  Salomoinseln.     Herausgegeben  von  Dr, 

B.  Ankermann,  Direktorial-Assistent  am  Königl.  Museum 

für  Völkerkunde  zu  Berlin. 

Geheftet    M.    14. — ,    geb.  M.    16. — ,    auch    in    28   Lieferungen 
ä  50  Pfg. 

„Es  handelt  sich  hier  in  der  Tat  um  ein  literarisches  Ereignis  ersten  Ranges  auf 
dem  Gebiete  der  Ethnographie."  Globus. 

„R.  Parkinson  ist  ein  Veteran  in  unserem  Kolouialgebiet  in  der  Südsee  — ". 
—  „Prächtige  Lichtbildaufnahmen  unterstützen  die  Schilderung  des  Bandes.  Die 
Lebendigkeit  und  Anschaulichkeit  des  Vortrages  lässt  erkennen,   dass  ein  intimer 

Kenner   des   Landes   spricht."  Norddeutsche  AUgemeine  Zeitung,  Berlin. 

„Es  verdient  übrigens  hervorgehoben  zu  werden,  dass  der  Verfasser  ängstlich 
bemüht  ist,  nicht   das  als  sein  Werk  hinzustellen,  was  andere  Forscher  vor  ihm 

schon  geleistet  haben."  New- Yorker  Staatszeitung. 

Pechiiel-Loesehe 5   Professor   Dr.  Ed.,  Volkskunde  von 

LoangO.     Separatausgabe  von   „Die  Loango-Expedition" 

3.  Abteilung,  IL  Hälfte. 

Geheftet  M.  24.—,  halbfrz.  geb.  M.  27.—. 

SieverSj   Professor   Dr.  Wilhelm,  Südamerika  und   die 

deutsclien    Interessen.      Eine    geographisch -politische 
Betrachtung. 

Geheftet  M.  2.—. 

„Der  rühmlichst  bekannte  rührige  Giessener  Hochschullehrer  bietet  in  dem  vor- 
liegenden Buche  dem  Geographen  wie  dem  Politiker  eine  schätzenswerte  Gabe. 
Auf  knappem  Räume  werden  dem  Leser  die  Grundziige  der  politischen  und  wirt- 
schaftlichen Entfaltung  Südamerikas  und  der  Anteil  der  deutschen  Interessen  daran 
vorgeführt".   —   „Es   sei    daher  —  —  —  —  jedem  Geographen  hiermit   bestens 

empfohlen".  Geographischer  Anzeiger. 

Zu  beziehen  durch  alle  Buchhandlungen  oder  direkt  vom  Yerlage 

Strecker  &  Schröder  in  Stuttgart. 


Von  demselben  Verfasser,  Hauptmann  Dr.  F  r  i  e  d  e  r  i  c  i ,  erschienen : 
=z==z=z  Im  Verlage  von  z===i=======z===zz:l 


Friedrich  Vleweg  &  Sohn,  Braunschweig: 

Indianer  und  Anglo- Amerikaner 

Ein  geschichtlicher  Überblick 
1900.     8°,  147  Seiten.     Preis  M.  2.— 

Aus  den  Urteilen  der  Presse: 

„. .  .  The  work  is  a  distinct  contribution  to  American  history." 

The  American  Historical  Review 

„.  . .  The  anthor  shows  close  familiarity  with  the  literature  of  the  subject, 
and  every  Statement  is  substantiated  by  authoritative  reference." 

The  American  Anthropologist 

„El  autor  de  este  Ubro  es  un  militar,  pero  no  de  los  ,de  misa  y  oUa'  como 
los  que  por  acä  suelen  usarse,  sino  culto  y  trabajador  de  veras.  Con  dicho  libro 
presta ,  una  muy  aceptable  contribuciön  ä  la  vez  ä  la  etnologia  y  ä  la  historia." 

La  Espana  Moderna 

Femer: 

Skalpieren  und  ähnliche  Kriegs- 
gebräuche in  Amerika 

1906.     8^,  172  Seiten  und  eine  farbige  Karte 
Preis  M.  5.— 

Aus  den  Urteilen  der  Presse: 

„Der  verdienstvolle  Verfasser  der  ,Berittenen  Infanterie  in  China',  der 
Hauptmann  a. D.  Friederici,  liefert  in  seiner  Doktordissertation  einen  ausser- 
ordentlich gelehrten,  von  geradezu  erstaunlicher  Belesenheit  zeugenden  Beitrag 
für  die  Entstehung  und  Erklärung  einer  der  seltsamsten  und  grausamsten  mensch- 
lichen Sitten,  des  Skalpierens."  Berliner  Tageblatt 

„Ein  gelehrter  deutscher  Beitrag  zur  Kolonisationsgeschichte  Amerikas". 

New  Yorker  Staatszeitnng 

„This  is  one  of  the  most  important  ethnologic  monographs  that  has  ap- 

peared  in  a  long  time."  The  American  Historical  Review 

„In  this  dissertation  upon  scalping  and  kindred  war  customs,  we  have  for 
the  first  time  a  scholarly  monograph  upon  one  of  the  most  characteristic  practices 

of  OUr  IndianS  "  The  Nation 


Von  demselben  Verfasser,  Hauptmann  Dr.  Friederici,  erschienen ; 


Im  Verlage  von 


Dietrich  Reimer  (Ernst  Vohsen),  Berlin: 

Berittene  Infanterie  in  China 

nnd  andere  Feldzugseriunerungen 

1904.     8°,    355    Seiten.     Mit   70   Abbildungen   und   einer  Karte 

Preis  geb.  M.  6. — 

Aus  den  Urteilen  der  Presse: 

„Es  würde  ein  Irrtum  sein,  sich  durch  den  Haupttitel  des  vorliegenden 
Buches  verleiten  zu  lassen,  demselben  nur  ein  militärisches  Interesse  zuschreiben 
zu  wollen,  dasselbe  enthält  vielmehr  auch  eine  Fülle  sonstiger  anregender  und 
wertvoller  Mitteilungen,  die  dadurch  noch  gewinnen,  dass  der  Verfasser  in  der 
Chinaliteratur,  der  alten  wie  der  neuen,  sehr  belesen  und  bewandert  ist . . ." 

Petermanns  Mitteilungen 


«■■ 


,Durch  sein  Buch  hat  Hauptmann  Friederici  nicht  nur  seiner  braven 
Berittenen  Kompagnie  ein  wohlverdientes,  bleibendes  Denkmal  errichtet,  sondern 
auch  ein  in  militärischer  und  manch  anderer  Beziehung  sehr  beachtenswertes 

Werk  geschaffen."  Streffleurs  österreichische  miUtärische  Zeitschrift 

„This  work  deals  with  the  writer's  experiences  as  captain  of  a  Company 
of  German  mounted  infantry  in  China  during  the  Boxer  uprising  in  1900/01, 
and  is  altogether  one  of  the  mort  interesting  and  instructive  books  on  China 

that  have  appeared  in  a  long  time."  The  American  Anthropologist 


Im  Verlage  von 


Slmmel  &  Co.,  Leipzig: 

Der  Tränengruss  der  Indianer 

1907.     8°,  22  Seiten.     Preis  M.  1.— 


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SEP     ^  1992 


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