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Full text of "Die sämmtlichen Werke"

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4» 



\ 



CiSaiBES UND Paches 



ff 



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V. 



— » 



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O I K 



SÄMMTLICHEN WERKE 



DES HERRN 



EWALD CHRISTIAN VON 



KLEIST. 



II. Theil. 



WIEN 

GEDRUCKT FÜR F. A. SCHBÄmBL 
HEY IGN. ALBERTI. 

MDCCLXXXIX. 



RHAPSODIEElSf- 



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I09=BS 



JLOB DER GOTTHEIT. 



7 AUS BND Sternenheere loben meines 

SchÖpfer^Pracht und Starke ; 
Aller Himmelskreife Welten preifen feiner 

Weisheit Werke ; 
Meere 9 Berge, Wälder, Klüfte, die fein 

Wink hervorgebracht , 
Sind Fofaunen feiner Liebe, findPofannen 

feiner Macht. 



Soll ich denn allein vermummen? foll ich 
ihm kein Loblied bringen? 
Nein« ich will des Geiftes Flügel auch zu 

'feinem Throne fchwingen; 
Und wenn meine Zunge ßammeh , o ! f o 

foUen nur allein • 
Diefer Augen milde Bäche Zeugen meiner 
Ehrfurcht feyn. 



■ ■;■■ '■ HO agaaaa=a ,' 

Ja 9 iie fiammelt ; fieh » o Schöpfer , meines 

Herzens Altar rauchen! 
Könnt' ich gleich den blöden Pinfel in der 

Sonne Flammen tauchen , 
Würde doch von deinem Wefeh noch kein 

Ri& , kein Strich gemacht; 
Dir wird felbft von reinen Geiftern nur ein 

fchwaches Lob gebracht. 

Wer heifst Millionen Sonnen prachtig, 

majefiatifch glänzen? 
Wer beftimmt dem Wunderlaufe zahlenl^« 

Ter Erden Grenzen? 
Wer verbindet &t zufammen ? wer belebet 

jeden Kreis 7 
Deines Mundes fanfter Athem , Herr! dein. 

mächtigftes Geheifs. 

Alles iE durch dich. Die Schaaren ange- 
heurer Sphären liefen. 

Auf den Ton von deinen Lippen, durch die 
ewig leeren Tiefen. 

Fifche , Vögel , zahme Thiere , Wild , das 
F^d und Hain durchftrich. 

Und vernünftige Gefchöpfe fcherzten d'rauf» 
und freuten fich. 



Dtt giebfi den entzückten Blicken » zwi- 

fchen kräuteneichen Auen , 
Wälder, die fich in den Wolken faß ver- 

tieren» anzufchauen. 
Du machfi , dafs darinn durch Blumen fich 

ein helles Nafs ergtefst. 
Das zum Spiegel wird des Waldes , und 

durch Mufcheln riefelnd fliefst. 

• 

Um des Sturmes Macht zu hemmen , und 

zugleich zur Luft der Sinnen, 
Thürmen Berge fich , von ihnen läfieft du 

Gefundheit rinnen ; 
Du tränkft mit der Milch des Regens, und 

mit Thau die dürre Flur, 
Kühlft die Luft durch fanfte Winde , und 

erfreueft die Natur* 



Durch dich fchmückt die Hand des Früh- 

lings mitXapeten unfreGrenzen; 
Durch dich mufs das Gold der Ähren , und 

der Trauben Purpur glänzen ; 
Du erfüUft die Welt mit Freude, wenn die 

Kälte Re befiegt. 
Wenn Blc eingehüllt in Flocken , wie in f 

zarten Windeln , li^gt. 



112 



Durch dich kann des Mcnfchen Seele m 
der Sternen Kreife dringen; 

Durch dich weifs &e das Vergangne , hat 
Begriffe von den Dingen , 

Scheidet der Sachen Ähnlichkeiten vo» den 
Sachen felber ab , 

Urtheilt, fchliefst, begehrt und fchexiet; durcÄ 
dich flieht fift Tod und Grab. 

O l wer kann die Wunderwerke deiner 

Liebe gnug erheben? 
Selbß das Unglück ift uns nützlich, und 

befeligt unfer Leben. 
Zweifler, rührt euch nicht die Liebe, o! ^ 

ftlrchtet feihe Macht ; 
Zittert wie verßcheuchte Sklaven, wenn des 

Herren Grimm erwacht! 



Schaut! der Mittag wird verflnftert ; es er- 
wacht ein Schwärm von Eulen ; 

Schtecken überfilllt die Lüfte; hdri ihr ängfl^- 
lich hohles Heulen f 

Schaut! wie dort der Sturm die KHppen , ais 
zerbrechlich Glas , zerfchmeiGit, 

Gunze Wälder wirbelnd drehet , und wie 
Faden Ee zerrei&t. 



Finftre Wolken , Bergen ühnlich , fioßen 

ungeftüm zufammen ; 
Schaut ! aus ihren fchwarzen Klüften brechen 

Meere wilder Flammen ; 
Wald und Fluren fiehn in Feuer , Ströme 

fcheun und fliehn das Land, 
ICrokodill , und Low' und Tiger bebt , und 

eilt aus Dampf und Brand. 

Wälder fiarker Mafien fiürzen vor der 
Wut der Waflterwogen ; 

Auf zerSüekten Brettern kommen Kriege»- 
beere angeflogen,. 

Die der Sturm , nebft Steu'r und Segeln , zu 
der Wolken Höhe fchwingt , 

Bis fie fchnell der fchwarze Rachen des er- 
grimmten Meers rerfchlingt. 

Sagt» wer donnert in den Wolken? fagt, 

wer braufet in den Stürmen ? 
Zweifler , fprich ! wer wälzt die Fluten , die 

fich wie Gebirge thürmen ! 
Donner » Meer und Stürme rufen dir mit 

hohlem Brüllen zu: 
O yerwägenes Gefchöpfe! diefs ifl Gott! 

was zweifelft du 



Herr h in meinem Munde Tollen deine 
Thaten ewig fcliallen: 

Aber Ia£s dir nur die Schwachheit eines Wur- 
mes Wohlgefallen. 

Du » der du das Innre prüfefl , fieh der See- 
len Regung an. 

Die l^e felber zwar empfinden, aber nicht 
befchreiben kann. 

Werd' ich einft vor deinem Throne mit 

gekröntem Haupte fiehen; 
Dann will ich mit edlern Liedern deine Ma- 

jefiät erhohen. 
O ihr längft erwünfchten Zeiten , eilt mit 

fchnellem Flug* herbey! 
Eilet, dafs ich bald der Freude, fonder 

Wechfel , fähig £ey ! 



"5 



SEHNSUCHT NACH RÜHE. 

»744. 

Rora mihi et rignt pliceaaC in valiibns amneS) 
Flnmina amem filoasqne j ingloxins« 

VIRGIL« 

O SILBERBACH ! der Yormals mich ver- 
gnügt , 
Wann wiril du mir ein fanftes Schaflied 

raufchen? 
Glückfelig » wer an deinen Ufern liegt , 
Wo voller Reiz der Büfche Sänger laufchen! 
Von dir entfernt , mit Noth und Harm erfüllt, 
Ergetzt mich noch dein wolluftreiches Bild. 



Und du 9 6 Hain , o duftend Veilchenthal ! 
O holder Kranz von fernen blauen Hügeln! 
O ftiller See! in dem ich taufendmal 
Auroren fah ihr Rofenantlitz fpiegeln; 
Bethaute Flur, die mich fo oft entzückt» 
Wann wird von mir dein bunter Schmelz 

erblickt? 



Ml " i ll6 

sprich , Wiederhall , der , wann die Laute 

Mang, 
Vom RaTenfitz' in dickbelaubten Linden , 
Mit hellem Ton' in ihre Saiten fang. 
Sprich » Toll ich nie die Buhe wieder finden ? 
Wie oft, wann ich vergnügt im Schatten lag. 
Und : Doris l rief, riedt du mir : Doris ! nach ! 



Itzt fliehet mich die vor empfundae Lud , 
Ich kann nicht mehr dein füfs Gefchwätze 

hören ; 
Du füUteft dort mit Anmuth Ohr und Brufi, 
Hier fliegt der Tod ans taufend ehrnen 

Röhren; 
Dort bot die Flur , der Bach , mir Freude dar» 
Hier wächfi der Schmerz , hier fliefset die 

Gefahr. 



Wie» wenn der Sturm aus Aols Höhle fährt. 
Und heulend Staub in finftre Wirbel drehet. 
Den Hinunel fchwärzt» dem Sonnenfirale 

wehrt. 
Die grüne Flur mit Stein und Kies befäet : 
So tobt der Feind , To wütend füllt fein Heer 
Die Lufk mit Dampf» die Felder mit Gewehr'. 



117 ssssssssssssss^sae 

Die Saaten £nd zerwühlt , der Frucht« 

bäum weinty 
Der Weinfiock fiirbt von mörderirchen 

Streichen » 
Die fchöne Braut fieht ihren jungen Freund, 
Den Blumen gleich , durch kalten Stahl er- 
bleichen ; 
Ein Thrädengufs , indem fie ihn umfchlierst. 
Netzt ihr Geficht 9 wie Thau von Rofen flielst. 

Dort flieht ein Kind. Sein Vater, der es 

führt. 
Fällt fchnell dahin , durchlöchert vom 6e- 

fchütze ; 
Er nennt es noch , eh' er den Geift verliert ; 
Der Knabe wankt und ftürzet ohne Stütze, 
Wie Boreas, wenn er die Schwingen regt. 
Gepfropftes Reis , das fiablos , niederfchlägt. 

Die Felder hat ein Feuermeer erfüllt. 
Das um fich reifst, von keiner Macht ge- 
hemmet. 
Wie, wenn die See aus ihren Ufern fchwillt. 
Durch Dämme fährt , und Länder über- 

fchwemmet : 
DieThiere fiiehn , das Fcur ergreift denWald,' 
Der Stämme hegt, wie feine Mutter, alt. 



ÄFC 



Was Kanft und Witz durch Muh' und 

Schweifs erbaut» 
Korinth und Rom mit fiolzer Pracht gezieret» 
Der St&dte Schmuck wird fchnell entflammt 

gefchaut ; 
Wie mancherThurm, yonMarmor aufgeführet. 
Der fiolz fein Haupt hoch in die Wallten hebt. 
Stürzt yon der Glut! Des Bodens Ve&e bebt. 

Das blaffe Volk , das löfchen will , erftickt ; 
Die Gaffen deckt ein Pflafier fchwarzer 

Leichen ; 
Und dem es noch das Feur zu fliehen glückt. 
Der kann dem Grimm' der Kugeln nicht ent- 
weichen ; 
Statt Waffer trinkt der Pallaft Menfchenblut, 
Das raucht und zifcht auf Steinen roller Glut. 

Wann Fhöbus weicht , weicht doch die 

Klarheit nicht ; 
Die Nacht wird Tag vom Leuchten wilder 

Flammen , 
Den Himmel färbt ein wallend Purpurlicht , 
Von Dächern fchmilzt ein Kupferflufs zu- 

fammen , 
Der Kugeln Saat pfeift , da die Flamme heult : 
Mond und Geflirn erCchrickt , erbla&t und eilt. 



Wie» wenn ein Heer Kometen , aus der Klaft 
Des Äthers , tief in's Chaos niederfiele : 
So zieht die Laft der Bomben durch die Luft, 
Mit Fear befchweift. Vom reifsenden Gewühle 
Flieist hier Gehirn , liegt dort ein Bumpf 

gefireckty 
Hier raucht Gedärm ; fo ift der Grund be- 
deckt. 

Der Erde Bauch , mit Pulver angefüllt. 
Wirft felber oft fein felficht Eingeweide 
Den Wolken zu : die ferne Klippe brüllt» 
Des Himmeb Vefie bebt; Thal, Feld und 

Heide 
Sind um und um mit Leichen überfchnejrt» 
Als wenn Vefuv und Hekla Steine fpeyt. 

So wütet Mars ; und hört fein Wüten an^ 

So drehn wir felbfl das Schwerdt in un&e 

Leiber. 

Ja , Gott des Streits ! hemm' deiner Waf- 
fen Lauf !^ 

Was braucht es Krieg? wir find uns felbet 

Bäuber : 

Uns fchliefst der Stolz in güldne Ketten ein; 

Der Geldgeiz fchmelzt aus Schachten fei- 
ne Fein« 



r 



■'■ s 1 20 =ssss=ss==saie 

' DeA bringt ein Sdhurk um Ehre , Ruh* 

und Glück; 
Denfucbt ein Dieb , ein RicHter , zubetri^en; 
Hier wirkt das Gold ein heilig Bubenfiück ; 
Dort raß ein Freund und tödtet dich mit 

. Lügen. 
Biß du gefchickt , e'ify Kluger hilft dir nicht ; 
Du fragß warum ? — Du trittß ihm vor das 

Licht. 

JXes Nächßen Glück ,. Erfahrung , Fröm- 
migkeit , 
Und Wiflenfchaft und £chte Tugendprobeil 
Sind Fehler , die kein kluger Menfch verzeiht ; 
Ein grolTer Geiß itaofs niemals andre loben. 
Wer köfst, und druckt, und läßert, hat 

Verßand ; 
Wer redlich fpricht , gehöret auf das Land. 

Wenn dich dasGlück mit einemStral' berührt, 
O lieh, wie dann die Freunde zu dir fchleichen ! 
Wenn fich fein Stral in trüben Dunß verliert : 
O! wie dem Froß' alsdann die Schwalben 

weichen ! 
Ein ßummer Schwärm! dem Helden nützt 

er nicht; 
Doch füllet er die Büfan* und das Geficht; 



Und wer auch noch- auf rdne Sitten hült. 
Wird doch zuletzt v(An Haufen hiagerilTen» 
Gleich einem, der in- wilde Fluten föllt: 
£r peitfeht den StiMn mit Händen und mit 

FOffeÜ,. 
Er klimmt hinamH^ dboh endHcWehH^die Kraft^ 
Der Leib erftartt ,. finkt und wird fortgerafft. 

Ja Welt! du bift des wahren Lebens Grab. 

Oft reizet mich ein hei&er Trieb zuc Tugend ; 

Vor Wehmuth rollt eiaBaoh die Wang' hemb ; 

Das Beyfpiel fiegjt, und^du» o Feur der Ju- 
gend! 

ihr trocknet bald die edlenThtftnen ein. — 

£in wahier MenTch muff fern von Men- 

fchen feyn.. 

Pflüget 'denn das Meer bis an der Mohren 

Strand ! 
£iU» Thoren» eilt,, fifcht Peslen aus dem 

Grunde! 
£• fey ein Brett des^ Gdabes Scheidewand';. 
Betäubt den Berg» Bbspg;^ fi^f in feine Wunde, 
Sucht eureti Schat»! üicht eure Sorg* und 

Notiit 
Und > WMin ihx könnt > beftecht damit den. 

Todl 



Führt SchloriTer auf, lafst eine Morgen- 
weh 
An Jeder Wand mit Gold durchwirket fehen«; 
Lafst Trinkgefchirr', aus Indien befiellt , 
Und Diamant deil Werth von euch erhöhen ; 
Schliefift euer Grab mit Marmorfäulen ein: 
Ihr fehet Pracht ; ich Leinwand , Erde, 

Stein. 

Vergiefst das Blut aus falfcher Tapferkeit, 
Tobt kühn herum , wie wilde Hauer toben, 
Damit ihr feyd, auch wann ihr nicht mehr 

feyd. 
Damit euch einft die Todtenliften laben ! 
Wird wohl der Geift durch Schilderey er- 

getzt , 
Wann unfer Aug* ein fchwarzer Staar ver- 

let»t? 

Wie täufcht der Schein ! Ihr feyd Ver- 
liebten gleich , 
Die feueryoll den Gegenftand nicht kennen. 
Macht mich das Glück nicht grofs , berühmt 

und reich ; 
Geringer Gram ! ich will es Fürften gönnen : 
Ein ruhig Herz im Thal', wo Zephjr raufcht, 
Sey nie von mir ^für Flittergold vertaufcht. 



Komm , zeige dich , du leppichgleiche Flur ! 
Da Bach , den Rohr , Gebüfch und Wald 

umfangen : 
Kein güldoer Sand » dein. .Murmeln r^t 

mich nur. 
Und Zweige , die wie grüne Decken hangen; 
Wenn ich im Geift- auf QAch > ihr Berge ! ßeh% 
Iß mir die Welt fo klein , — als ich üe feh*. 

Wie der» der fich von feiner Schonen 

'trenn^» ' 
Untrö ftbair Ü ; . die offnen : Augen kleben . 
An allem ßarr, und feh^n nichts; er rennt. 
Er Teuixet tief, Ifrhafstde!! Städte Xeb«ii; 
Sucht KMt und Waid , : klagt , lingt die 

.•Liebt, feinen GrKiH.». und ittekret f^rn fetit 

Leid : 

So fehn' ich mioh , e grüne Finßernifs 
Im dichte» Hami! ihr H<ckeal ustd ihi Amea, 
Nach eurem ReizM fo Mag' ich , ungewifs, 
JEuch einmal i^ui ,. geCdbweige ß«is ', au 

..fcbdufent;» a?'i .ij.. /. 
O! ruft mich balcL! O Ddris ; drücke du: r 
Mix dort derdnS die Augen mresneiid auii > 



124 



# AND OKI &. 



f 



tniMaj 1744. 



Itzt witrmt der JLenz die flockenfreye Luft^ 
Der Himmel kanaim Back^'ficli wieder fpie- 

geln ; 
Den Sckfifer labt bereits die Blumenduft» 
Sein Wollenviek fpriogt kulbegi afiei» Qugeln ; 
Der Wolkett^aifs gerann jAngfihin zuSchnee i 
lixt ftrait es hell änf Büfoken und am Klee. 

Es drängt der Halm fein Kronenhaupt 

hervor» 
Vad Zephy^r' (bhwimml auf- Saaten» als au£ 

Wellen ; 
DieWiele ftickrihr Kleid» d«is inngeRo^ 
Verbrämt den Randides filberfarbnen Quellen ^ 
Die Liebe focht der Wälder grüne Nacht; 
Und laiftduid Meei' und Eid' und Himmel 

lacht. 



Dort liegt der Hirt beym nsbea W«iEevfaH% 
Vom fanften Ann' der Spliitferinn uinrclilu&- 

In füiTem SchlsePi die holde Nachtigall 
Hat diefes Paar liebreisend eingefungeii^ 
Ach füldt' ich doch , bey allgemeiner Luft, 
Der Freude Reiz nwr auch in die&r Bxuft! 

Kein, neia, £eilidkt! fis ift miariAngft 

entflohn l 
Kein J«en« rermag mein 'OwigXeid jb« »im* 

dera4 
Ich bki der Qual » ich hm des Unglücks 

Sohn; 
JSer T«d alWia kaan meiaeA fiUmMuer lin- 



Weil I>orif naa aaf immer &ch entfeiriit:. 
Durch die ich erH den Werth der Welt ge- 
lernt. 

Als jüngft mein Blut ans tiefen Wunden 

dfsfl^. 
Was bemateft du den Sts^m der Lebensfluten» 
VeAüagnifs? wkiSk xu^maj^tern lebeasjUmg? 
MuGrt' ich darum mich nicht zu Tode bluten. 
Damit ich mich » von CchmeicbelhaltemWahn' 
Und Lieb' entfleifsht » au Tode weinen kann ? 



Uatrenes Glück , das nur die Tiioren 

Ich fuchte dich ; du Haft dreh mir entzogen ; 
Die Liebe hat mir Flügel angefenet; 
Umfonft, dubift noch weiter mit entflogen, 
I^h hol' auf deiner Fluciht dich nimmer ein, 
Und Doris wird' die Meine ntmmer £ey^, • 

Zwar, Doris ,• du verdicnft fein gröfler 

Glück : 
Iph bin nicht gnag, die Tngeüd zu beloli- 

nen ; 
' Dein holder Reiz , der Schöpfung Meifter- 

ßück. 
Dein edler Geift beglückte Köntgskronen ; 
Und Taufende , geziert mit Stern und Band» 
Erwiihken dich, durch dtoineii Blick ent- 

branirt. 

Doch diefes Volk , das Rang und Purpur 

fchmückt , 
Ift niedern Geißs, ift leer an wahrer Liebe ; 
lieh habe nichts , das Aug* und Sin« entzückt. 
. ledoch ein Herz voll eSellnuth'g^r Triebe, 
Ein Herz, das nie der Unbeftatnd verletzt. 
Ein Herz, das dich mehr , als den Erdkreis, 

CehAtzt." 



■ ■ I II BS 127 " ' 

VerhängDils, rprich , ich foll ein Cüfar 

feyn. 
Ja 9 ohne fie , auf beiden Welten thronen; 
Den niedern Stolz mag diefes -Glück er- 
freu a» 
Ich will vergnügt mit ihr in Hütten wohnen^ 
JD-ie Liebe macht der Hütten Armath reich. 
Den Bach zu Wein , und harte Fluren 

weich. 

Wie manchen Hof, wie manche Stadt voll 

Fracht 
Hab' ich gefehn, feit ich dich , Doris> 

kenne! 
Der Schönen Reiz, der andre untreu macht, 
. Macht , dals ich nur in dich noch mehr ent- 
brenne : 
£r weicht , fo bald ich dich mir vorgeßellt ; 
Ich wählte dich allein aus einer Welt. 

O gol4ne Zeit, da noch des Goldes Wuft 
Verachtet ward , was fiohß du von der Erden ? 
Ich ruhete gewiCs an Doris Bruft, 
Könnt'fi du durch Flehn zurückgerufen 

werden. 
Ach komm zurück ! doch gönne mir dabey, 
Dafs neben mix mein Gleim ein Schäfer fey. 



aBaansBSssB&BMBB isSaBsaHSBfissasBBaBSB 

JDu bdrft mich nicht , Verhängnifs! ja , ich 

Toll , 
I«h foll ein Ball des falfchen Glückes bleiben : 
So höce du , o Tod ! nimm deinen Zoll ! 
Soll nur dein Pfeil die^lücklichen entleiben ? 
Hier ift die Bruft, eröffne mir das Herz: 
Ich halteStand , kih fürchte nidit den Schmers 

Dort, wo man «durch die Luft dichinfich 

haucht , 
iBeytGif Abecn, und in fchreokettvollen Gninden , 
Dort , wo der Feinddas Schwerdt in Feinde 

taucht > 
Dort will ich dichyimAFAir du fäumeft, finden : 
SKAOn »fea£B% 4> JDons : loh hab' ihn betrübt ; 
•£r labte APfih* h«tt'^4BUdh Ai«ht ^iebt! 



199 



BIB 



UNZUFRIEDENHEIT DES MENSCHEN. 

AN HBRRN SULZER. 

Ja 9 Freand ! oft trinket der Menfch die Luft 

in Strömen und dürftet : 
Der Glfickliclifte fiirbt unter Wünfchen; ein 

Tropfen Kummers verbittert 
Ihm ganze Meere von Freude. Die Einbil- 
dung rpornt feine Triebe » 
Wie Rofle reifsen fie aus , die Zwang und 

Zügel verachten. 
Und ziehn ihn mit fich zum Abgrund'. Sein 

Stolz zielt immer gen Himmel. 
Bald fchilt er die Vorficht > die ihn im Purpur 

und Reichthum' verabfäumt ; 
Bald dünkt er fich felber zu fchwach und tadelt 

die Weisheit der Schöpfung : 
Das Feuer haucht Plagen für ihn ; ihm blüht 

auf Auen das Unglück » 
Und eilt mit Fluten heran ; die Wind' um- 

wehn ihn mit Schmerzen. 
Wohin? verwägnes Gefchöpfe! Denkft du, 

wie Riefen der Fabel» 



Auf Felfen Felfen zu häufen , und , durch 
den (Jnfinn bewaffnet» 

Den Sitz der Gottheit zu ftürmen? Will ein 
GefälFe von Leimen 

Sich wider den Töpfer empören ? Durch- 
fleuch erft die blauen Gefilde, 

Mit Sonnen und Erden durchfä't» den milch- 
farbnen Gürtel des Himmels, 

Die Luftfphär' jeglichen Sterns, betrachte 
des Ganzen Verbindung , 

Samt allen Federn der Rader und andrer 
Planeten Naturen, 

Die Arten ihrer Bewohner, ihr Thun und • 
Stufengefolge ; 

Ergründ' mit kühnem^Gefieder des dunkeln 
Geiflerreichs Tiefe ; 

Sieh Wefen ohne Geftalten , merk' ihre Ab- 
hang' und Kräfte ; 

Steig auf der Leiter der Dinge felbfi bis zum 
Throne der Gottheit ; 

Dann firafe, woferne du kannfi, die Für- 
ficht und Ordnung der Erde. 

Willft du die Urfach' erforfchen , warum , in 
den Reihen der Wefen , 

Gott nicht zum Seraph dich fchuf? Entdeck* 
erfi , Stolzer ! weswegen 

Et nicht zur Milbe dich fehuf. Soll deiner 
Thorheit zum Vortheil' 



aaaa5== ■ 131 aaasaas 1 11 

1>ie grofse W^tkette brechen, un^ taufend 

Planeten und Sonnen , 
Ans ihren Gleifen gerückt , in Einen Rlnm- 

pen zerfallen? 
Soll bis zum Throne des HÖchßen des Him- 
mels Vorhang zerreifsen ? 
Und endlich die gante N^atu|, erfchutten 

zum Innerßen , fi^ufzen ? 
Diefs willft du , wenn du rerlangft , was mit 

der Welfcordnung fireitet. 
Sey deiner Neigungen H«rr , fo wirft du das 

Unglück beherrfchen ; 
Der Sehopfer ift Liebe und Huld, nur die 

find deine Tyrannen, 
Was baut ihrHaufer auf Wellen, ihr Diebe 

der indifch^n Berge , 
Verdammt euch Jahre lang , nichts , als naflc 

Gräber, zu fehen. 
Und in deik Wolken den Tod? Du, Unter- 

fucher der Gründe, 
Was blickfi du hohnlachelnd abwärts , ge« 

bläht vom Dünkel des Wiflens, 
Im Wahn', vom höhen Olymp' auf Raupen 

der Erde zu Tchauen, 
Dem dennoch Nebel und Dunft das Lieht 

der Seele verdunkelt? 
Uüd ihr, ihr Helden! was eilt ihr in's Un* 
' gewitter des TreSeas , 



«EBBBSSSSSSSSSaaBBB I32 fi&BBBB===sa8SS 

Wo Blitze Blitze bekiUnpfen » und Stüzoie 

Stürme zejfcliellen? 
Um des Genichtes Pofaune mit earen Tha- 

ten'zu füllen? 
£3 lachen euxer die Wefen, die um euch 

imfichtbar fchweben. 
Da 9 Wahrhciitfefsler 1 dünkft ihnen , das 

was dir plaudernde Dolen , 
Du t Held und Geizhals 1 was euch um Spreu 

ficb jagende Würmer. 
Des Lebens Augenblick ifi nicht weith der 

Anlchlage Dauer , 
So vieler Sorgen und Pein. Der^ welchem 

knieende Lander 
Heut' S^hlölTernndFeftungon öffnen » wohnt 

moi;gen in Hohlen des Todes ; 
Dio Hoffnung iH mit ihm TerCcharrt , verfiopft 

der Zugang des Nachruhms. 
Mich deudit , es öffnen ßch mir der Unter- 
welt fchattichte Thaler , 
Ich Ceh' den griechifchen Held« vor deffen 

Klange der Waffen 
Der ganze Erdball erfchrack» der Seen mit 

Menfchenblut färbte. 
Und bis zum Ganges den Off in eine Wüfte 

verkehrte , 
Wie au^geriffene Meere Feld , WM uni 

Städte v«r£chlingen; 



Ich £ek' ihn in bleichen ZyprelTen yetlfJIem 
und tieffinn^ irren» 

£r ringt die Hände, und füUt mit diefen Kla- 
gen die Lüfte: 

y, Son& meines Unfinn^ Vergnügen , itzt mir 
erfchreckliche Bilder, 

„ Ihx^ Leichen voll Wunden und Blut, weicht, 
weiijht aus diefen Revieren I 

„ Kehrt eure Blicke von mir , ihr halb geöff- 
neten Augen! 

„ Veigefst dasStöhnen, ihrGrunde! Weh mir, 
dafs jemals der Herrfchfucht 

„ Sirenenfiimme mich täufchte! Du tolles 
Labfal der Seelen , 

„ Zu kurz för ewige Reu' ! o Lob des finnlo- 
£en Pöbels , 

„ Warum verachtet' ich dich , grofs in mir 
felber , nicht ehe ! 

„Entflogene Zeiten, kommt wieder, wie? 
oder verlafst mich , ihr Leichen ! 

„ Kehrt eure Blicke von mir , ihr halb geöff- 
neten Augen ! " 

Noch wären die Schätze der Welt £amt aller 
Hoheit und WoUuÜ 

Für unfere Seele zu klein , durchlebten wir 
Alter der Sterne ; 

Per Himmel fättigt lie nur , von deffen Flam- 
me fie lodert. 



I I '34 ■ ■ 

Vnd du f o göttlicbeTugend ! durch dich nur 

können wir freudig 
Das Meer des Lebens durch fchiffen. La(st 

diefen Fharus uns leuchten , 
So fehn wir den Hafen des Glücks , trotz Un- 

gewittern des Zufalls , 
Trotz aller Leidenfchäft Sturm', der mir den 

Einlanf befördert : 
So wird die Vorficht uns weife , der Himmel 

uns gnädig bedünken« 



t 
I 



i 



GEMÄLDE 

BTI7ER CROSSSK VBERSCHWEMMUMC. 

Schnell glitten Berge von Schnee die dro- 
henden Klippen herunter , 

Die Quellen empfiengen fie, blähten Geh 
auf; die geborftenen Strome, 

Voll Ichwimmender Infeln , die fich mit hoh- 
lem iretöTe zerfchellten , 

DurchrilTen wühlend den Damm , verfchlan- 
gen ge&ailig ihr Ufer : 

Thal, Wald und Wiefe ward Meer. Kaum 
^fahn die wankenden Wipfel 

Zerfireuter Ulmen herv^or. Gefleckte Tau- 
cher und Enten 

Verfi^wanden , fchoflen herauf, und irretca 
unter den Zweigen , 

Wo Cbnft vor Schmereen der Lieb' im Laube 
die Nachtigall feufzte. 

Der Hlr&h , Ton Wellen verfolgt , ßrich über 
unwirthbare Felfen, 

Die traurig die Flut überfahn. Ergriffne BK- 
ren durch ftfirzten 

D^M anfangs feichte Gewäffer voll Wut: He 
fchüttelten brummtnd 



msBssssassssssssa 1^6 

Die giefsenden Zoten ; bald Tank der falfche 
Boden: fie fchwammen 

Zum nahen Walde mit Schnauben, umklam- 
merten Tannen und Eichen , 

Und hüben fich träufelnd empor. Der Büfche 
verfammelte Sänger 

Betrachteten traurig und ftumm , vom dürrea 
Arme der Linde , 

Das vormals glückliche Thal » allwo üe den 
flehenden Jungen 

Im DornRrauch' Speife yertheilt. Die früh' 
gereifete Lerche, 

Sicfh aufwärts fchwingend , befchaute die 
WalTerwüfte von oben » 

Und kehrete wieder zurük. Es floITen He- 
cken und Hütten, 

Und Dächer und Scheuren umher. Aus Gie- 
beln und gleitenden Kähnen 

Verfah der bekümmerte Hirt £ch einer Sünd- 
flut, die vormals 

pie Welt umrollte , da(s Gei^ifen in fchla- 
genden Wogen verfanken. - - • 



ssBsäsasssssssassa» 137 

FRAGMENT EINES GEDICHTS 

V K DB N 

* 

SCHMERZEN DER LIEBE. 

1 ... I>es Frühlings ▼«rfchwendete 

Gab««, 
Die um uns duften undflie&en, find arm 

d^n Kfan-fcen ih>t Liebe; 
Aurora glühet ihm tödtlich , ihm dünkt die 

Sonne vevfiivfteyt; 
Für ihn ^v^rfendet ^ «liöbt in ihren Stralen 

Vergnügen-; 
Ihm ifi die SdbÖ-j^ung e#fte#ben. Im Schwärm* 

H<Ki jau^aMtden )F«ettiideR 
Ift er yerUiffon und< o« > tam , hört nicht ihr 

«itvfb«ihid ^Geläehteri 
Hört über Felfea und Meer das liebliche 

Flüftern des Abgotts » ' 
Der ihn bezaubert. Sein Geiß irrt zwifchen 

den Liljen ^s BuTens^ 
Und klebt aai Honig'der Lippen. Und täufcht 

ihm Argwü^hn der Untreü% 
Gleich einem Irrlieht', den Sinn, wird ihn» 

fein Schutzbild entriflen: 



■ »3S . 

Dann hebt fein Leiden erß an , dann gleicht 

er vor Stilrnen und Kulte • 
Entfärbten , welkenden Blumen ; dann wan- 
delt ein Todter auf Erden. 

Ihr bunten Wiefen voll Thau! ihr Gänge 
Toll fulrchtfamer Efpeo ! 

Ihr Zephyr'! und die ihr vordem oft unter 
Schirmen von Laube . 

Ihn kühltet auf blühendem Klee , ihr rau- 
chen Tannen ! ihr Bäche , 

Woran er oftmal« entfchlafen , gereizt vom 
heifeip Gemurmel, 

Gehabt in Zukunft euch wohli forthin er- 
weckt ihr' ihm Marter. 

Nur dürre» fand^te Wüften» des Ozeans 
fiürniifch Gefiade» 

Zerfiprte SchlöiTeir , durchnagt vom Zahn* der 
Fäulailsy verfinftert 

Von traurig, drohenden Ulmen , entlegner 
Kirchhofe Schatten 

Sind Paradiefe für ihn , wo ihm fein Elend 
. in Tropfen 

Die bleichen Wangen heirabfliefst , wo er 
den Tag durch herunjirrt « . 

Und. oft mit heulenden Winden aus Grüften 
und Felshöhlen winfelt» 

Undiichzt mit einfamenKauzen. Und kÖmrat 
er abends zur Wohnung , 



Nack langem Watest durch Si^mpfe, b(Hf(H> 

• " ' gen voni höpfeiidcn Irrlicht*, 
So r^utlet er UniBathtind Zähttti ztim ÜWi^ 

• fliefsen inBriefev 
Und ftiiht iiv jegliiBher'Beih^^ wid ,' oder di« 

• traurige -Mtife 
teufst dui^ ihn Todieagefäng«. Sein L>ager 

' -wird ihm wr Falter , 
Er keucht bi» ifüta hblpgn J^orgen rQi» Mifwe- 

' >'-■ ren H^?^*f-BefcFö1lnirs ; 
Der Kummer wälzt ihn umher und klopft in 

jeglichem Pulsfchlag'. 
Befällt ihn endlich der Schlaf, fo lauera 

fcheusliche Bilder 
Rings um die Ruhftatt auf ihn. Bald irrt er in 

nßnBern TJewoIben 
Voll Geifter und Todtcngerippe ; bald fchre- 

cken ihn feurige Hydern. 
Er will entrinneti , allein der Grund geht un- 
ter ihm rückwärts» 
Und reifst ihn mit fich zurück. Izt wird ihm 

die Erde zum Weltmeer', 
Die Fluten treiben ihn fort , er fieht den Ra- 
chen des Abgrunds , 
Klimml ängßlich an WalFergebirgen , und 

fiirbt in ihren Ruinen. 
Itzt ruft aus einer Höhle , vor deren Tiefe 
ihm fchwindelt. 



sassaBaassssasBBBs 140 BBBss&SBSsass^ssssaBs 

Der Liebe Vorwurf ihm zu : fcliaell lä&t er 

fieh fchwebend herunter» 
Und wann er^ nach langenn^uikeii, ihn zu 

erreichen ;fi«h fchmeichelt» 
So finfcet der Boden ä«r Kluft £amt feinem 

Göttearhüd' abwärts. 
Vor Schrecken erwadit er darüber» £äl»rt'foft 

im Wachen zu tf&umeny 
VjonJVn^ twdSchwermuthgefatfeeU, ertort 

von Jirampngteia Fieber. • - - 



DER 

FRÜHLING. 

EIN GEDICHT. 



{ 



f t 



144 



DER FRÜHLING, 
B r M Q B D r c H r . 

£mpfangt mich, heilige Schatten t ihr ho- 
hen belaubten Gewölbe 

Der emften Betrachtung geweiht, empfangt 
mich, und haucht mir ein Lied ein 

Zum Ruhm' der verjüngten Natur ^ — Und 
ihr , o lachende Wiefen , 

Voll labjrrintbifcher Bäche ! bethante bl'u- 
migte Thäler.^ 

Mit eurem Wohlgeruch' will ich Zufrieden- 
heit athmen. Euch will ich 

Befieigen, ihr duftigen Hügel! und wiH' in 
goldene Saiten 

Die Freude fingen , die rund um mich her aus 
der glücklichen Flur lacht : 

Aurora foU meinen Gefang, es folLihn He*^ 
fpesus hören.. 

Auf rofenfarbnem Gewölk' mit jungen 
Blumen umgürtet , 
Sank jüngft der Frühling vom Himmel. D& 
ward Fein göttlicher Odem; 



Durch alle Naturen geFühlt: da rollte der 

Schnee von den Bergen , 
Dem Ufer entfcfawoUen die Ströme , die 

Wolken zergiengen in Regen , 
Die Wiefe fchlug Wellen, der Landmann er- 

fchrack. — Er hauchte noch einmal 
Da flohn die Nabel und gafbeo der Erde den 

lachenden Ath/ei». 
Dep Beden trank wieder die Flut» die Stzd- 

Bue' wälzten fieh wieder 
In ihsen befchilften Geffadea. ZWar ffarente 

der weichende Winter 
Bejr näcMicher Wiederkdlir oft von kr&ftig 

gefchüttelten Schwingen- 
Reii^ Sd^n^6|^fidber und Froft» und rief 

den unbändigen Stürmen : 
Di^ Stümue kmnen mir donnernder Siicnm* 

aus den Höhlen des Nordpols» 
Verheereten heulende Wälder, durchwühK 

ten di» Meere von Grund auf. — • 
£t aber hauchte noch einoialt den allbelc- 

benden Odem: 
Die Luft ward fanfter ; ein Teppich , mit 

wilder Kühnheit aus Stauden 
Und Blumeaund Saaten gewebt , bekleidete 

Thälec und HügeU 
Nun fielen Schatten vom Buchbaum' herab ; 

harmonifche Lieder 



ssaBaoaasssssssssasis 

£xfüllten den damikieTBdeii Hain. Die Son- 
ne befcbaute die Bächej 

Die Bache führeten Funken ; Gerüclie flof- 
fen im Luftraum'; 

Und jeden fchlafenden Nachhall erweckte 
die Flöte der Hirten. 



ihr , deren betrogene Seele , wie wolkich- 

te Nächte des Winters, 
Kein Stral der Freude befucht » rerfeufzet 

.in Zweifel und Sehwermuth 
Die fluchtigen Tage nicht mehr. Es mag die 

fklavifche Ruhmfacht, 
Die glühende Rachgier , der Geiz , und die 

bleiche Mifsgunft fich härmen r 
Ihr feyd zur Freude gefchaffen ; der Sdimerz 

fchimpft Tugend undUnfchuld. 
Trinkt WoUufi ! för euch iftdieWollua! Be 

wallt und tönet in Lüften, 
Und grünt und riefelt im Thal'. — Und ihr, 

Freundinnen des Lenzen, 
Ihr blühenden Schönen! o flieht den athem- 

raubenden Auähanch 
Von goldnen Kerkern der Städte! kommt! 

Echo lacht euch entgegen. 
Und Zejphyr erwartet, fein Spiel mit eulen 

geringelten Locken, 



14^ 

Indem ihr durch Thaler und Haine tanzt, 
oder 9 gelagert am Bache, 

Violen pflücket zum Straub' vom an- den 
unAräflichen Bufen. 



Hier , wo der gelehnete Fels , mit immer- 
grünenden Tannen 

Bewachfen , den bläulichen Strom zur H&lfte 
mit Schatten bedecket. 

Hier will ich in's Grüne mich fetzen. --> O ! 
welch ein Gel&chter der Freude 

Belebt rund um mich das Land! Friedfer- 
tige Dörfer, und Heerden, 

Und Hügel, und Walder! wo foU mein ir- 
rendes Auge fich ausruhn? 

Hier unter der grünenden Saat , die fich in 
fchmälernden Beeten 

Mit bunten Blumen durchwirkt , in weiter 
Ferne verlieret? 

Bort unter den Teichen , bekränzt mit Ro* 
fenhecken und Schleedam? — 

Auf einmal reilset mein Auge der allgewalti- 
ge Belt fort; 

Ein blauer Abgrund voll tanzender Wel- 
len. Die Aralende Sonne 

Wirft einen Himmel voll Sterne darauf. Die 
Rtf fen des Waflers 



■MP 



JDurchtaumelii , aufs neue belebt , die an- 
abfehbare Flache. — 

Sieh , ländliche Mufe , den Anger .voll fin- 
flerer Rofle. Si^ werfen 

Den Nacken empor » und ftampfen qiit freu- 
dig wiehernder Stimme ; 

J>er Fichtenwald wiehert zurück. Gefleckte 
Kähe durchwaten. 

Geführt vom ernßen Stier'» des Mej.erhofii 
bufchigte Sümpfe. 

Ein Gang von Erfpen und Weiden fuhrt zu 
ihm 9 und hinter ihm hebt fich 

Ein Rebengebirg' empor» mit Thyrfasßäben 
bepflanzet : 

Ein Theil ifl mit Schimmer umwebt > in Flohr 
der andre gehüllet ; 

Izt flieKt die Wolke ; der Schimmer eilt flaf- 
felweis über den andern. 

Die Lerche bezeiget die Luf^» fleht unter 
fich felige Thdler» 

Bleibt fchweben und jubiliret. Der Klang 
des wirbelnden JLiedes 

Ergötzt den ackernden Landmann : erhorcht 
gen Himmel ; dann lehnt er 

Sich über den wühlenden Pflug , wirft brau- 
ne Wellen auTs Erdreich» 

Verfolgt von Krähen und Elftem. Der See- 
mann fjphreitet gerne (Ten» 

t 



Giebt goldenen Regen ihm nach. — O ftieii- 
te der fleißige Landwirth 

Für Seh den Samen doch aus ! wenn ihn feia 
Weinfiook doch ti&nkte! 

Ztt feinem Munde die Zweige mit [aftigen 
Früchten fich beugten! 

Allein » der gefiralBge Krieg » vom zihn»- 
bleckenden Hunger 

Und rcfenden Horden begleitet , verheeret 
oft Arbeit und Hoffnung : 

Cleich Hagel, vom Sturme gefchleudert, zer- 
fchl&gt er die nährenden Halmen, 

Reifst Stab uiid Rebe zu Boden » entzün- 
det Dörfer und W&lder 

Zur Luft — Wo bin ich? Es blitzen die fer- 
nen Gebirge von Waffen, 

Es wälzen fich Wolken toU Feuer aus of* 
fenen ehernen Rachen, 

Und donnern und werfen mit Keilen um- 
her. Zerriffene Menfchen 

Erfüllen den fcbrecklichen Sand. Des Hirn* 
mels allfebendes Auge 

Verhüllt fich, die Graufamkeit fcheuend,ia 
blaue Finfternifs.<*- Siehe 

Den blühenden Jüngling! er lehnt fein Haupt 
an feinen Gefährten, 

Und hält das ftrömende Blut und feine flie^ 
hende Seele 



»49 

Noch auf, and hoffet, die Braut noch wie- 
der zu fehen , und zitternd 

Von ihren Lippen den Lohn der langen 
Treue zu emdten. 

Ein Schwetdt zerfpaltetihnitzt. — Sie wird 
in ThrAnen zerrinnen ; 

In ihr wird ein Lehrer der Nachwelt, ein 
heiliger Dichter, erblalTen. 



Ihr , denen unCklaTifche Völker das Heft» 
und die Sch&tze der Erde 

l^'ertsauten , ach ! tödtet ihr fie mit ihren ei- 
genen Waffen? 

Ihr Väter der Menfchen, begehrt ihr noch 
mehr glückfelige Kinder : 

So kauft fie doch ohne das Blut der Erftge- 
borenen«— -Hört mich, 

Ihr Furien , dafs Gott euch höre ! Gebt feine 
Sichel dem Schnitter, 

Dem Pflüger die Roffe zurück. Spannt eure 
Segel dem Oft' auf. 

Und emdtet den Reichthum der Infein im 

Meer'. Pflanzt menfchliche Gärten ; 

Setzt kluge Wüchter hinein. Belohnt mit An- 
fehn und Ehre 

Die, deren nächtliche Lampe den ganzen 
Erdball erleuchtet. 



=sasaa 150 caäaBa= 

Forfcht nach 111 den Hütten, ob nicht, entfernt 
von den Schwellen der Groflen, 

Ein Weiferlich felber dort lebt , und fchenkt 
ihn dem Volke zum Richter : 

Er fchlage das Lafier im Pallaft', und helfe 
der weinenden CJnfchuld. 



- Komm/Mufe ! lafs uns im Thale die Woh- 
nung und häusliche Wirthfchaft 
DesLandmanns betrachten. — Hier fteigt kein 

parifcher Marmor in Säulen 
Empor , und bückt fich in Kämpfern ; hier 

folgt kein fernes GewälTer 
Dem mächtigen Bufe der Kunß ; ein Baum, 

worunter fein Ahnherr 
Drey Alter durchlebte , befchattet ein Haus, 

von Beben umkrochen. 
Durch Dornen und Hecken befchfitzt. Im 

Hofe dehnt fich ein Teich aus, 
Worinn , mit Wolk>en umwälzt , ein zwejrtcr 

Himmel mich aufnimmt. 
Wann jener fich über mir ausfpannt ; ein un^ 

ermefslicher Abgrund! 
Die Henne jammert am Ufer mit firupfig- 

ten Federn , und locket 
Die jfingfi gebrüteten Entcheu; fie fliehn 

der Pflegerina Stimme, * 



DurchplatfcheTn die Flut, und fchnatterii 
im Schilf. Langhilfigte Gänfe 

Verjagen von ihrer Zucht mit hochgefchwun- 
genen Flügeln 

l>en zottigten Hund ; nun beginnen ihr Spiel 
die gelbhaarigten Kinder, 

-Verßecken im WalTer den Kopf, und han- 
gen mit rudernden FüITen 

Im Gleichgewichte« — Bort läuft ein klei- 
nes , gefchaftiges Mädchen , 

Sein buntes Körbchen am Arm', verfolgt von 
weitfchreitenden Hünem. 

Nun fteht es , und täufcht fie leichtfertig mit 
eitelem Wurfe; begiefst fie 

Nun plötzlidt mit Körnern , und fieht fie vom 
Rücken fich eflen und zankenr 

Dort laufcht in dunkeler Höhle das weifse 
Kaninchen, und drehet 

I>ie rothen Augen umher. Aus feinem Ge- 
zelte geht lachend 

Das gelbe Taubchen , und kratzt mit röth- 
lichen Füßen den Nacken, 

Und rupft mit dem Schnabel die Brufi , und 
untergrabet den Flügel, 

Und eilt jEuäh Liebling' aufs Dach. Dereifer« 
(uehtige zürnet. 

Und dreht fich um lieh und fchielt. Bald rührt 
ihn jdie fchmeichelnde Schöne : 



»5« 



Dann tritt er naher und girrt. Viel Küfle 
werden verfchweadet! 

Izt fchwingen &e lachend die Fitigel und 
faufeln über den Garten. 

Ich folge» wohin ihr mich führt, ihr zärt- 
lichen Tauben ! ich folge. 

Wh fchimmert der blühende Garten! wie 
duften die Lauben ! wie gaukelt 

In Wolken iron Blüthen der fröhliche Ze- 
phyr! £r fuhrt Iie gen Himmel» 

Und regnet mit ihnen herab. Hier hat det 
verwegene Schiffer 

Die wilden Gewachfeder Mohren nicht hin» 
gepflanzt; feltene Bifteln 

Durchblicken die Fenfter hier nicht. Das 
nützende Schöne vergnüget 

DenLandmann,undetwannein Kranz.Diels 
lange Gewölbe von NuCiftrauch 

Zeigt oben voll laufender Wolken den Him- 
mel , und hinten Gefilde 

Voll Seen » und büfchichter Thaler » umringt 
mit gefchwollenen Bergen. 

Mein Auge durchirret den Auftritt noch ein« 
mal 9 und muCs ihn verlalTen ; 

Der nähere zieht mich an iich.— *0 Tnlipane! 
wer hat dir 

Mit allen Farben der Sonne den offenen 
Bufen gefüllet? 



^53 = 
Ich püfste dicbFüxfiiim der Blumen, wofein 

nicht die göttliche Rofe 
Die taufendhlüttrige fchöne Gefielt, die 

Faihe der Liehe, 
Pen hohen bedorneten Thron » und den ewi- 
gen Wohlgesttch hätte. 
Hier lacht fie bereits dudi die Kntf fpe mich 

an, die gepriefene Rofe. 
Hier drängt dieMayenUume die Silberglöck- 

chen durch Bliliter; 
Hier reicht mir die Uaiie Jaaunthe dsn Kelch 

roll kühler Geröche ; 
Hier ßro«^ der haben VM» balfamifcher 

AusfluCii hiei Areut 2ie 
Die goldenen Stralen umher. Die Naehtrifole 

läfst immes 
Die ftolzeren Blumen den Dnft verhaachen ; 

&e £rhUe£iel bedächtig 
Ihn ein» und hoffet am Abend' den ganzen 

Tilg ztt heühämmn ; 
Ein BildnUsg^Ofc Gem«ther»dienidil , wie 

die fiufchtfamea Helden, 
Ein Kieis ven BewftQderen fpofnt, die tu- 
gendhaft wegfA der Tugend, 
Im ftilUu Schatten verborge» , Gerüche der 

Gütigkeit auafireun. 
Seht hin , wie brüHet der Pfau fich dort am 

funkelnden Beete l 



*54 

Die braunen Aurikelgerchlechter , befireut 
mit glänzendem Staube» 

Stehn gleich den dicbten Geftirnen : aus Ei- 
ferfucht geht er dameben. 

Und öffnet den grünlichen Kreis voll Regen- 
bogen und wendet 

Den farbewechfelnden Hals. Die Schmetter- 
linge » voll Wollufi, 

Und unentrchloflen im Wählen , umflattern 
die Blumen, und eilen 

Aufbunfffn Flügeln zurück, und Tuchen wie- 
der die Blüthe 

Der Kirfchenreifer, die jfingft der Herr des 
Gartens durchßigten 

Schleeftämmen eingepfropft hatte , die itzt 
fich übör die Kinder, 

Von ihnen gefäuget , Verwundern. — Das 
Bild der Anmuth , die Hausfrau, 

In jener Laube Toll Reben , pflanzt Stauden 
' i^nd Blumen auf Leinwand. 

Die Freude lächelt aus ihr. Ein Kind, der 
Grazien Liebling% 

Verhindert Be fchmeichelnd, am Hälfe mit 
zarten Armen ihr hangend; 

Ein anderes tändelt im Klee , finnt nach« 
und fiammelt Gedanken. 



O dreymal feHges Volk, das k«ine Sorge 

befchweret, 
Keia Neid yerfuchet, kein Stok ! Dein Leben 

flie&et verbergen» 
Wie klare BAche durch Blumen , dahin. La& 

andre dem P5bel, 
Der Deichet und BAume befteigt » in Sieges- 
wagen zur Sohao feyn. 
Gezogen ron Elepkanten ; lafs andre fiek 

lebend in Marmor 
Bewundern , oder in Ktz, won flleenden 

Sklaven umgel>en ; 
Nur der ift «in Liebllfag de^l^Mtmels , der, 
* fetii v6hl'^tüttaükl deiThoren, 
Am Bädi^ bkl^ennm^eHy erwäget jund üngt. 

-^l^^liialerdie Sohne 
Öen Oft mit Purpur, ihm haucht di« ^^fa, 

di^ NVitchtigtlU fingt ihm; 
Ihm folget die' Rette ntoht nach »ni^ht durch 

di>e W«11«ikd0fi'SHaten, 
^idbi>ifti%r dio^^etden im aKhaf^meht^aii 

.1 '' Ma T>aei(hen^eLäadet\ 
MiiA«b«it'w49£t'er'dtoKoR» fein Blut ift 

leicht wie dtor'Äliher, 
Sein Schlaf i^erÜie^t^iifttetDünimrungi; ein 
Movgealüftcheh verweht ihn. — 



t ■ 



ii^69Bamm 



ihr holden G«&lda» 
GeftKeckt i» wankonde Schatten, am Ufet 

ff hwatahai^e« B&die » 
HiufoKt nnr £elbei txk kbea» und Xi0id uad 

ni^rdiige.SwgjMi 
VerlÜbeträufdbeadex Luft ouiß susulbeQea! 

A«h md^hie 
Ikich Dons.di«Ti»lAe»m «uaIi .von di^ev 

Wmgeo TArwifchen, 
Und bald Gfifpr^ohe mit Fveuodea in eocli 

jDteiA Leidet ▼cnrföifen. 
Bald icd w >d< .llodte mick lielu:«!! » bald tieft? 

m^^ dec W^tfk^t 
JOej Gaiies WiOeiif durftaiUen, t |>fMUB.^MMt' 

*, ick Berg« v^ft ]>0mant 
Und goldene Klilfte dem Mogul ; dann mocii- 

(eA kriegrifohe Zwerge 
FeUkoke Bilder .fick. kauen» die 6etn«ni# 

. SUoma vergoffeiii. 
Ick wArde He nimittotbevaidiSnc Q«jQ*filb 

des iaUl^kef , ei Hummel, 
Da Meer der Idlebal ^q ttüakte minb dttok 

dein AiitfliftTs:! Soll günzlich. 
Wie eine Blettie/nMJii Leben, erftickt von 

.. linke««! • verblaken? " 
Nein, du bcfeligft dein Werk. Es lifpeltru- 

hige Hoffnung 



»57 



Mir TioA uad La1ȣftl lum Heraeii : die D&m* 

merttiig ftieirt vor Auroren; 
Die fiafirc Decke det Zuknnft wird au%ezo* 

gen ; icli fthe 
Gana andere Scenen dee Dinge » und unbe* 

kannte Gefilde. 
Ick (ek^ didi » kimmlifiBke Dom l du kommt 

aus Rolengebfifdifin 
In mekte Sokatten » roU Giasa und majefiip> 

tifiskctt Liebreiz'; 
So tritt die Tugend emker, fi» tft die An- 

mntb gefialtet. 
Dn fingft swr Zytker» and Pköbns fcrkfat 

(ibktt^U dwfAt dicke Gewölke , 
JOie StArme Cekweigen» Olytnp m(»rkt ai^ 

das BildaiCi der Lieder 
Tönt fanft in fernen Gebirgen » undZepkjrr 

wekt mir's keräber. 
Und du , mein rediicker Gleim » dn fteigft 

-vom («pfel des Hömus » 
Und lOktii dkt T^ilcken Saiten ¥qU Luft: 

die Tkors des IQmmels 
Gekn auf , Olafen fick CTpris widliuldgöt- 

tinnffli und Amor 
VoU Glaez. ajtf fonkeiftden Wolken Ui 

f kUnea Lüften keoiieder , 
<Uad findeoUebHek darein. DerStemenii^oi- 
' tes Gewölbe 



3BS8SSSSSSSXaBS 158 ^BBSSSSSBBBS 

Erfchallt vom frohen Konzert'. Komm bald 

in meihe RevTere » 
Komm, bring' die Freude zu mir, beblüme 

Triften und' Anger , 
O Paar! duTroft meines Lebens , du milde 

Gabe der Gottheit! 
Doch wie? erwach' ich vom Schlaf? Wo find 

die himmlifchen Bilder? 
Welch ein anmuthiger Traum betrog die wa«» 

chenden Sinnen? 
£r flieht von dannen , ich feufze : Zu viel » 

zu viel vom VerhiLugnifs' 
Tat Durchgang' des Lebens gefedert! Hi«r 

ia, Ratt Wirklichkeit, Hoffnung ! 
Des Wirklichen Schatten beglüdct; r^bft 

wird mich's nimmer erfreuen. 
Allein , was qniUt mich die Zukunft? Weg, 

ihr vergeblichen Sorgen! 
LaCit mich der Wollufi genie&en , die. Hat 

der Himmel mip gönnet, 
Lalst mich das firöhticfae Landvolk in diekb 

Haine vAfolgen, 
Und mit der Nachtigall fiogen, und mich 

bey'nt Cenfzenden GieCsbach' 
An Zephyrs Tonen ergötaen. ihr dichten 

Lauben , von HAaden 
Der Mutter dfer Dinge geflochten t ^ihr dun« 

kein einfamen Ginge, 



'59 ■ 

Die ihr das Denken erhellt , Irrgärten , voller 

Entzückung 
Und Freude , feyd mir gegrüfst i Was für ein 

angenehm Leiden 
Und Ruh' und fanftes Gefiihl durchdringet 

in euch die Seele! 
Durch's hohe Laubdach der Schatten , das 

fireichende LüHe bewegen. 
Worunter ein fichtbares Kühl in grünen 

Wogen fich wälzet. 
Blickt hin und wieder die Sonne , und über» 

güldet die Blätter. 
Die holde Dämmrung durchgleiten Gerüche 

• von Blüthen der Hecken; 
Die Flügel der Weftwinde duften. In überir- 

difcher Höhle, 
Von kraufeii Büfchen gezeugt , fitzt zwifchen 

Blumen der Geishirt , / 
Blaft auf der hellen Schällmey, hält ein , und 

höret die Lieder 
Hier laut in Buchen ertönen , dort fchwach» 

und endlich verloren ; 
Bläft , nhd hält wiederum ein. Tief unter ihm 

' klettern die Ziegen 
An jähen Wänden von Stein , und reifsen an 

bitterm Gefträuche. 
Mit leichten Lauften flireift itzt ein Heer 

gefleckter Hindinnen, 



Und Hirfche mit Äften gekronfc» durch grüiie, 

raufchende Stauden, 
Sezt über Klüfte» Gewäfler und Rohr, Mo* 

r&fie venaiffen 
Die Spur der fliegenden Laft. Gereizt rom 

Frühling' zur Uebe , 
Durchlbeichen muthige Roffe den Wald mit 

flatternden Mahnen; 
Der Boden sittcri und tönt ; e» ftrotien die 

Zweige der Adern ; 
Ihr Schweif empört &ch verwildert ; fic 

fehikauben WoUuft und Hitze , 
Und brechen, Tom Ufer fich flürzend, die 

Flut der Ströme zur Kühlung ; 
Dann flit h«n &9 über da« Thal au^ hohe Fei- 

Ten X uad behauen 
Fern über den niedrigen Hain aufs Feld 

durch regelnde Dünße , 
Und wickln aoa Wolken herab. Itzt eilen 

Stiere vorüber; 
Au« ihren Nafen raucht Brunft ; fie fpaltcn 

mit Hörnern das Erdreich , 
(Ind toben, im Nebel voa Staub ; Yerüchiednii 

taumeln in HöbJhon , 
Und bcfillen dumpfigt heran« ; Torlchiedi^e 

fiüizen Toa Klippen. — 
Au« aMsgehöhltem Gebirgj» f^lt dort mit wil- 
dern Getümmel 



Ein Fluff in's büfebigleXhAl« roiiit mit lieh 

Stücke Ton Felfen , 
DurchrauCcht eDtbiöffiste Wiirseln det anter- 

grabenen Baume »i. 
Die über fließende Hügel roki Scbaom fiidi 

bücken und wanken; 
Die grünen Grotten des Waldes ertönen und 

klagen darüber, 
£• fialzt ob folcbem Getöfe dai WUd > und 

eilet. Ton dannen; 
Sich nahende Vögel verlaffen » im Singen ge- 
hindert, die Gegend, 
Und rochen ruhige Stellen , wo El9 den Gat^ 

ten die Fühlung 
Verliebter SchmerKen entdecken in p/ramid- 

nem Gefträuche, 
Und ftreiten gegen einander mit Liedern, von 

Zweigen der Buchen. 
Dort wiU ich lanfchen und &» fich freun 

und liebkofen hören. 
Fliels^anft, unruhiges FlüGichen! fiiin fich- 

. zende Zephyr' im Laube, 
Schwächt nicht ihr buhlrifohesFliftem! Schlagt 

laut , Bewohner der Wipfel , 
Sdilagt , lehrt mich eoren Gefang! Sie fohla« 

gen ; fymphonifche Töne 
Dnrchfliehn von Eichen und Dom desjstreiten 
_ SchattenCaals Kammern ^ 



■ I II i i i SasaasB— i6a asssasssssaBasssssasaBi 

Die gani^'e Gegend wird Schall. Der Fink, 
der Fothliche Hänfling 

Pfeift kell aus Wipfeln der Erlen. Ein Heer 
von bunten Stieglitzen 

Hüpft hin und wieder au^ Strauch, befchaut 
die blübei»deDiael; 

Ihr Lied hfipft fröhlich wie &e. Der Zeifig 
klaget der Schonen 

Sein Leiden aus Zellen von Laub. Vom 
Ulmbaum* flötet die Am fei 

In hohlen Tönen den Bals. Nur die geflü- 
gelte Stimme » 

Die kleine Nachtigall , weicht aus Ruhm- 
fucht in einfame Gründe, 

Durch dicke Wipfel umwölbt, der Traurig- 
keit ewige Wohnung , 

( Worinn aus Lüften und Feld der Nacht 
verbreitete Schatten 

Sich fcheinen verenget sa haben, als ^c 
Auroren entwichen,) 

Und macht die fchreckbare Wüfie zum Luft- 
gefiide des Waldes. 

Dort tr&ikt ein finflerer Teich rings am fich 
Weidengebüfche ; 

AufÄfien wiegt Ee fich da, lockt laut , und 
fchmettert und wirbelt, 

Da£s Grund und Einöde klingt: fo rafen 
Chöre von Saiten« 



Itzt girrt &e fanfter, und Uuft durch taufend 

Eärtliche Töne; 
Itzt fchlagt fie wieder mit Macht. Oft wenn 

die Gattinn durch Vorwitz 
Sich im belaubten Gebaur des graufamen 

Voglers gefangen» 
Der lern im Lindenbufch* lauert , dann ruhn 

die Lieder voll Freude , 
Dann fliegt &e ängßlich umher, ruft ihrer 

Wonne des Lebens 
Durch Klüfte , Felfen und Wald , feufzt un- 
aufhörlich und jammert. 
Bis &e vor Wehmuth zuletzt halbtodt zur 

Hecken herabfällt , 
Worauf fie gleitet und wankt mit niederfin^ 

kendem Haupte. 
Da klaget um &e der Schatten der todten 

Gattinn, da dünkt ihr 
Sie wund und blutig zu fefan. Bald tönt ihr 

Jammerlied wieder , 
Sie fetzt es Nächte lang fort , und fcheint bey 

jeglichem Seufzer > 
Aus fich ihr Leben zu feufzen. Die nahen « 

firauchichten Hügel, 
HieduTch zum Mitleid bewogen , erheben ein 

zärtlich Gewinfel. 



«asaBsaBSBSBssaBBBBs 164 bbsssssssssssbbsbs 

Alleia , was koUeit und girrt mir htef 

zur Seite vom £ieliftamm% 
Per kalb yermodett und zweiglos Von kei* 

nem Geflägel bewohnt wird 7 
Taufckt mich der Einbildung Spiel? Sieht 

plötzlich flattert ein Täubchen 
Au« einem Aftloch' empor mit wandelbarem 

' Gefieder : 
Diels zeugte den dumpfigten Schall im Bauch* 

der Eichen. Es gleitet 
Mit ausgerpteiteten Flügeln in'sThal, fucht 

nickend im Schatten, 
Und fchattt fich Torfichtig um, mit dfirrea 

Beifern im Munde« 
Wer lehrt die Burger der Zweige roll Kunft 

fich Nefter zu wölben , 
Und fie ßir Vorwitz und Raub, roll fölTeil 

Kummers, zu fiebern? 
Welch ein verborgener Hauch füllt ihre 

Herzen mit Liebe ? 
Durch dich ift alles , was gut ift , unendlick 

wunderbar Wefeo, 
Beherrfcher und Vater der Welt! Dobift fö 

herrlich im Vogel, 
Der hier im Dornfirauch' hupfit , ab in der 

Vefte des Hinunels, 
In einer kriechenden Raupe , wie in deoi 

flammenden Cherub. 



KSBSBBS&BBBBSHSB 1^5 BsaataanssBEBaBBai 

See ibnder Ufer und Grand! aas dir quillt 

alles ; du felber 
Hafi keinen Zufiuls in dich. Die Feaermeere 

der Sterne 
Sind Wieder fcheine von Pfinktchen des Lickts, 

in welchem du leuchtefi. — 
Du drohft den Stürmen» &e fchweigen; be* 

rührft die Berge , ke rauchen ; 
I>as Heulen anfrührifcher Meere , die xwi* 

fchen wäffemen Felljp 
Den Sand des Grundes entblößen» ift deiner 

Herrlichkeit Loblied ; 
Der Donner, mit Flammen beflügelt» res- 

kündigt mit brüllender Stimme 
Die hohen Thaten von dir; vor Ehrfurcht 

zittern die Haine, 
Und wiederhallen dein Lob; in taufend 

harmonifchen Tönen , 
Von dem Verftande gehört » yexbreiten Heere 

Geflirne 
Die GrÖlTe deiner Gewalt und Huld von 

Pole zu Pole. 
Doch wer berechnet die Menge von deinem 

Wandern ? wer fchwingt fich 
Darch deine Tiefen» o Schöpfer? Vertraut 

euch den Flügeln der Winde » 
Ruht auf den Pfeilen des Blitzes p 4arch« 

Jlreitht den glänzenden Abgrund 



Der Gottl)«it, ihr endlichen GetAer» dttrcjh 
taufend Alter des Weltbaus ; 

Ihr werdet dennoch zuletzt kein Punktchen 
näher dem Grunde , 

Als bey dem Aasfluge feyn. Verftummt denn» 
bebende Saiten; 

So preift ihr würd'ger den Herrn. - • - 

Ein Flufs Ton lieblichem Dirft'» den Zephyr 
^ mit rättfelnde» Schwingen 

Von nahgelegener Wiefe herbeyweht , no- 
thigt mich zu ihr. . 

Da will ich an fchwirrendem Bohr' in ihrem 
filumenfchoofs' ruhend , 

Mit Barken Zügen ihn einziehn. Kömmt zu 
mir» Freunde der Weisheit, 

Mein Spalding und Hirzel , durch die jüngft- 
hin der Winter mir grünte. 

Von deren Lippen die Freude zu meinem 
Bufen herabfiromt , 

Kommt y legt euch zu mir , und macht die Ge- 
gend zur himmlifchen Wohnung! 

Lafst uns der Kinder der Flora GeAalt nnd 
Liebe bewundern. 

Und fpotten , mit ihnen gefchmückt , des trä- 
gen Pöbels im Purpur ! 

Befiagt die Schönheit der Tugend; la&t eurea 
Mundes Gefpräche 



Mirfeyn, wie Dufte voaRofen. Hier ißt der 

Grazien LuAptati; 
. Kunftlofe Gärten durchirrt hier die Ruh'; hier 

riefelt Entzuokong 
Mit hellen Bächen heran. Den grünen Kl«e- 

boden rchmüiaken 
Zerflreute Wälder Mon Blumen. Ein Meer 

von^kolden X^reruchen 
Wallt unfichtbar über der Flur in ^ofTen 

taumelnden Wogen , 
Von lauen Winden durchwflhlt. Es ift durch 

taufend Bewohner 
Die bunte Gegend belebt Hochbeinigl watet 

imWalTer 
Dort zwtfchen Kräutern der Storch« und 

«blicht begierig nach Nahrung. 
Dort gaukelt der Kibitz und (chreyt um's 

Haupt des mfiCBgen Knaben, 
Der feinem Nefte fich naht. Itzt trabt er 

vor ihta zum Ufer, 
Als hätt' er das Fliegen . vergeffen , reizt 

ihn durch Hinken zur Folge, 
Und lockt ihn endlich in's Feld. Zerfireute 

Heere von Bienen 
DurchCäufeln.die Lüfte; fie fallen auf Klee 

und blühende StAuden , 
Und hängen glänzend daran , wie Thau von 

Moadichein' vergtildet ; 



Sann eilen fie wieder zur Stadt» die ihneB 
im Winkel de» Angers 

Der Landmann aus Körben erbaut*. Ein Bild- 
nis recktfchaffener Weifen , 

l>ie ficb der Heimatb entziehn » der Menfch- 
beit Gefilde darebfuchen , 

und dann heimkebrea'-aBür >ZeUe' mit läffer 
Beute beladen»« 

Uns Honig der Weisheit zu liefern«- Ein See 
voll fliehender Wellen 

Raufcbt in der Mitte der Au » draus fteigt ein 
Eiland zur Hohe , 

MitBflumeii und* Hecken gekrönt, das »wie 
vom Boden entrilbn » 

Stfheiiit gegen die Fluten zu fehwimmen. In 
einer beiden Verwirrung • 

Prangt drauf HambuttengeEr auch voll feu- 
riger Sternchen» der Quitzbaum» 

Holunder» raucher Wachholder» und fieh 
umarmende Palmen. 

Das Geisblatt üchmiegt £ch an Zweige det 
wilden Rofengebüfche : 

Aus Wolluft küflen einander die jungen 
Biilthen » und hauchen 

Mit luflem Athem ßch an. Der blähend« 
Hagdom am- Ufer 

B&ckt fich btsttber aus Stolz , und fieht vei • 
wuttdemd im Waffer 



3sssss=ass3=ssaaaBs i6p sasaesassssssssssssaas 

Den wei&en und röthlichen Schmuck. O 

Schauplatz , ^er du die Freude 
In's Herzens Innerftes malfi > ach ! dafs die 

Wärme > die annech. 
Seitdem der Winter von uns entflohn , kein 

Regen gemildert , ■ 
Dich Tarnt Gefilden und Gärten » die nach 

ErfriCchung fich fehnen. 
Doch nicht der Zierde beraubte » und feiner 

Hoffnung den Landmann ! 
Erquick' fie , gnädiger Himmel , und über* 

fchütte von oben 
Mit deiner Gfite die Erde : — Er kommt , er 

kömmt in den Wolken, 
Der Segen! dort taumelt er her, und wird 

fich in Strömen ergiefsen. 
Schon ftreicht derWefiwind voran, fchwärmt 

in den Blättern det Bäume 
Und wirbelt die Saaten , wie Strudel. Die 

Sonn' eilt hinter den Vorhang 
Von baumwollähnlichem Dunft*; es ftirbt 

der Schimmer des Himmels 
Gemach , und Schatten und Nacht läuft über 

Thäler und Hügel. 
Gekräufelt durch fi Iberne Zirkel, die, fich 

vergrölfernd , verfchwinden , 
Verrätb die Fläche des Waffers den noch 

nicht iichtbaren Regen. — . 



Itzt fällt er häufiger nieder » fich wie Gewe« 

be clurchkrttuzend. 
Kaum fchützt des Erlenbaums Zelt mich vor 

den raufchenden GüITen. 
Das Volk, das kürzlich aus Wolken die 

Gegend mit Liedern erfüllte » 
Schweigt, und verbirgt lieh inBüfche. Im Lin* 
denthal* drängt fich in Kreifen » 
Vom Dach' der Zweige bedeckt , die Wol- 

lenheerde um Stämme. ^^ 

Feld y Luft und Höhen find öde ; nur Seh waU '• 

ben fchiefsen in Schaaren 
)ni Hegen, die Teiche befchauend. -~ Die 

Augenlieder, die itzo 
Das Auge desWeltkreifes decken, die Dünft* 

erheben fich plötzlich. 
Nun funkelt die Bühne des Himmels, nun 

fieht man hangende Meere 
In hellen Tropfen zerrinnen und aus den 

Lüften verfchwindcn. 
Es lachen die Gründe voll Blumen, und al- 
les freut fich, ob 'fiöIFe 
Der Himmel felber zur Erde* Jedoch fchon 

fchiffen von neuem 
Beladnc Wolken vom Abend', und hemmen 

wieder das Licht; 
Sie Cchütten Seen herab, und fäugen die 
Felder wie Brüße.— 



■ ' ' ' asaassaas i;^i i s 

Auch die vergtelsen fich endlich. Ein güld- 
ner Regen von Stralen 

Füllt itzo wieder die Luft ; der grüne 
Hauptfchnfuck der Felfen, 

Voll von den Saaten der Wolken , fpielt 
blendend gegen der Sonne. 

Ein Regenbogen umgurtet den Himmel , und 
fieht fich im Meere ; 

Verjüngt , voll Schimmer und lächelnd , voll 
lichter Streifen und Kränze 

Sehn die Gefilde mich an. Tauch' in die 
Farben Aurorens, 

Mal' mir die Landfchaft , o du ! aus delTen 
ewige A Liedern 

Der Aare Ufer mir duften und vor dem An- 
gefleht' prangen, 

Der fich die Pfeiler des Himmels , die Al- 
pen , die er befungen. 

Zu Ehrenfäulen gemacht. — Wie blitzt die 
fireifichte Wiefe 

Von demantähnHchen Tropfen ! Wie lieb- 
lich regnen ke feitwärts 

Von farbigten Blumengebüfchen und blü- 
henden Kronen der Sträuche! 

Die Kräuter find wieder erfrifcht , und hau- 
chen üärkre Gerüche; 

Der ganze Himmel ift Duft. Getränkte Hal- 
men erheben 



\p 



aKSSaSSSaSSBS^B8BHI 179 ■S8SS3BSSS=aBS=BB 

Froh ihre Häupter, und fcheinen die Huld 
des Himmels zu preifen. 

Grünt nun , ihr holden Gefilde ! Ihr Wie- 

fen und fchattichte Walder» 
Grünt! Teyd die Freude des Volks; dient 

meiner Uufchuld hinfühso 
Zum Schirm'» wennBosheit nndStolz ausSchlöf- 

fern und Städten mich treiben. 
Mir wehe Zephyr aus euch , durch Blumen ii^ 

und Hecken, noch öft«r 
Ruh' und Erquickung in's Herz. Lafst mich 

den Vater des Weltbau's » 
(Der Segen über euch breitet im Stralen- 

kreife der Sonne» 
Im Thau' und Regen)» noch femer in eurer 

Schönheit verehren » 
Und melden » voll heiligen Grauens » fein . 

Lob antwortenden Sternen ; 
Und wenn » nach feinem Geheifs'» mein Ziel 

des Lebens herannaht» 
Daun fey mir endlich in^ euch die letzte 

Ruhe verfiattct. 



CISSIDES ü»n FACHES, 

f w 

DREY GESANGEN. 



VORBERICHT. 



Ich bilde mir nicht ein , durch die- 
fes Gedicht die Welt mit einem Hel- 
dengedichte zu bereichern. Meine 
Abficht War , einen kleinen kriegeri- 
fchen Roman aufzufetzen; und nach 
diefer Abßcht wird mich der Lefer 
beurtheilen. Den Abfclmitt des Ver- 
fes habe ich nicht immer an diefel- 
be Stelle gefetzt , weil ich beforgte, 
durch den beftändigen Gleichlaut den 
Lefer zu ermüden. 



^75 



CISSIDES UND FACHES- 



ERSTER GESANG. 

ZwiE Y Freunde fing' ich , die roll Edel« 

math 
Sich gegen ein gewaltig Heer Athens 
Mit kleiner Macht beherzt rertheidigten : 
O Kriegesmufe , fey dem Vorfatz' hold ! 
Begeiftre mich ! auf dafs der ehme ^lang 
Der Waffen aus dem Liede wiederfchall' » 
Und mein Gefang der That nicht unwerth fey« 

Als Alexander ftarb, vor deflTen Muth* 
Der Orient gebebt: , erkühnte fich 
Athen , gereizt durch niedem Eigennutz, 
Vom MacedonTchen Reich' Theffalien 
Sich zu zu reifsen , und verfammelte 
Gar bald ein zahlreich Heer. Leofthenes 
War Führer. Wift ein Strom , im frühen Lenz' 
Von RegengüflTen und gefchmolznem Schnee 
GeCchwollen , raufcht und aus den Ufern 

dringt, 



«BSaBBBSSSaBS&^BBaBS ^7^ 

Die Flur zum Meere macht , die Wobnungen 
' JDes Landmanas y Bäum' und Steine mit fich 

rollt, 
DaCs Fels und Wald vom Aufruhr' wiedertönt .^ 
So raufcht di« wild» Schaar Athens daher. 
Verheert und überfchwemmt Theflalien» 

Antipater *) zog aus mit feiner Macht 
Aus Lamia **), dem ftolzea Heer' die Stirn" 
Auf freyer Flur zu bieten. CifSdes , 
Als Haupt Ton wenig Volke , blieb zurück 
In einer kleinen Burg bey Lamia ; 
NAchft ihm fein Streitgefährte Pacjbes , gleich 
Mit ihm an Tagend» gleich an Tapferkeit. 

9, Ihr Macedonier! " fprach CiOides 
Zu feiner Schaar, die ron der Mauer fchon 
Den fernen Feind mit Blicken tödtete « 
9,Ihr Macedonier! niin zeigt» daGi ihr 
;»Es würdig war't » ron Aleacandern einft 
»»Befehle zu empfahn. Sein Heldengeift 
„Sieht vom Olymp' auf alles » was ihr dint. 
»»Pen» der fur's Vaterland den Tod niclit 

fcheot 9 

« 

• /) AUzs9d«rf GSAdül. j 
••) Die Hanptftadt ite TheibUen. 



«■mWWH— 



9f' 



177 ' ■ 

Erwartet dort fein Hitnmel » Kl er fein Ruhm ; 
,;Uhd Sehand' erwartet jeden feigen Mann. 
»ylOie Menge nieht , nur Math macht Hee- 
re fiärky 
„Und nur daroh ihn bezwangt ihr fonft die 

Welt; 
,, Athen ift nicht die Welt : es wird 6eh bald, 
9 ,Bald neigen vor Antipatem und uns ! 
»»Durch uns gefchwächt erliegt Ireofthenes, 
„Ja 9 durch Verluft'Yon feinem halben Heer' 
yyErkattf er unfer SchloCs! Denkt» was ihr 

war't, 
„IhrMacedonier! und feyd es noch! 
,,Und fechtet noch auf Knieen » w«nn ihr 

fallt!" 
So fprach er. Ein Gemurmel, wie zur Zeit 
Des nahen Sturms im regen Meer' entfieht. 
Durchlief dieSch&ar. EinKrieger , der mit Blut 
Den Ganges färben half, dem edler Stolz 
Im oAleUf Angefleht' roll Narben fafs , 
Erhttb die 5limm% und j^raeh zum CilBdes : 
^,Mifstfiiu«n hat das Heer ^ das dir gehorcht, 
„Noch ni« rerdient ; doch deine Rede zeigt 
„Mi&iraaen an. O Feldherr , diefer Geift 
„Der Tapferkeit , der uns in Afien 
„Befeelet hac^ befeelf ans noeh! Es denkt 
„Der Krieger jede Naeht » fo bald ^er Schlaf 



syVon feinem Lager flieht, aa nichts, als Ruhm, 
^»An nichts, als Ehrenwunden ; jeder hat 
„Sein Leben gegen fernes Landes Wohl 
„Und gegen feinen Ruhm verrechnet. Ha! 
„Wie horchen wir nicht a^if , fobald ein Wort 
„Von Helden ans der Griechen Munde £ällt: 
„Denn diefer Name , dünkt uns , zieme nur 
„Den Macedoniem. Mehr Zuverficht! 
„Mehr Zuverficht zu uns, o Ciffidesl 
„Von Schande fptich une nicht, von Feig- 
heit nicht ! 
„Bis auf den letzten Mann wird fich dein Volk 
, , Vertheidigen ; und hat die Schickung mich 
„Zum letzten auserfehn, fo fecht'.ich noch, 
„Bis mit dem Blut' mein Leben von mir 

fleu&U " 

*Der Feldherr fprach: „Mifstrauen .hat 

mich nie, 
„Auch nicht ein Schatten gegen euren Moth, 
„Ihr Brüder, eingenommen; Ich bia fiol^» 
, J>ais folch eifl^ Heer mir anvertrauet ward. 
„Gefahr erhöhet unfern Muth» iind Schmerz 
^,£zhit%et un&e Räch', und unfer Tod . . 
„Verbürgen uns Unfierl{lichkeit: denn bald 
„Wird Dafirei Thaten l^tzt.e das Gerächt. 
,,Aof f^hnelUn Fittigen von einem. ?or , 



^79 
„Zum andern tragen ; enälick wird 
„Nach unferm Namen einGeftim benannt. 
„Wo Tindars Sohne fiinkeln , oder dort, 
^yWo Perfeus and Orion leuchten, dort 
„Wird Alexander, unfer Gott, mit uns 
„Vom Himmel auf die Menfchenkinder fehn/ 

Wenn, vom Orkan' gepeitfcht, des Mee- 
res Flut 
Sich mit den hangenden Gewölken mifcht« 
Und itzt zur Hölle niederfturzt , und itzt 
Sich wieder in den Himmel thürmt, und 

heult 
Und bellt und donnert ; wenn alsdann 

Neptun 
Den mächtigen Trtdent mit fburkem Arm 
Aus WalTerbergen hebt; wie dann der Sturm 
Im feine Höhle flieht, und Meer und Land 
Und Himmel fröhlich lacht: fo legte fich > 
Der kriegerifche Zorn der kleinen Schaar^ 
Sobald der Feldherr fprach , und flöCste Lull 
Und Heiterkeit den Heldenfeelen ein. 

IndelDen nahte fich der ßolze Feind ; 
Und Mann und Rofs trat aus dem Staub* 

herVot. 
Sin unabfehlich Heer, ron Spiefsen fian*. 



ISO 



Gleich einem Ährenfelde , halb bedeckt 
Mit blanken Schilden, Köcher roller Tod 
iVuf feinen Schultern» sog mit gleichem 

Schritt', 
In wpiten Kreifen , rauTchend um das Schlols; 
Und eine weifse Stadt von Zelten ftieg 
Schnell aus der £rd' hervor, den Wellen 

gleich , 
Die das von Winden aufgewühlte Meer, 
In Schaum gekxaufelt , an's Gerade wälzt. 

Mit Pfeilen und Ballifien*) war der Feind 
Nicht zu erreichen ; CilBdes befiehlt , 
Bey Nacht fich ihm zu nahem , und dem 

Schlaf 
In Tod ihm zu vei;vandeln. Und fie (ank 
Vom Hinmael , diefe Nacht. Und Faches nahm 
Zweihundert Krieger aus der dunkeln Burg, 
Und überfiel in Eil' den müden Feind, 
Den itzl ein Schlaf von Bley belaftete. 

Wie ein gewalt'ger Sturm den Hain er- 
greift , 
Auf Eichen Eichen fiürzt , und efiie Bahn 



*) Mtfchinea , mif welchen man Steiat warf. Sieh 
Lipfii P»liorcteicQa iib. III. dial. 3. 



Sich durch die Wohnung der Dryaden macht ; 
So machte Faches Schaar fich eine Bahn 
Buroh's Feindes Lager; tödtete uierft. 
Die feft entfchlafhe Wacht , und eilte dann 
Von Zelt xo Zelt » und ftiefs das Schwerdt» 

und fliefs 
Den Speer den Röchelnden in Hals und Brufi; 
Bis 9 durch der Sterbenden Gefchrey erweckt, 
Ein jeder zu den Waffen taumelte. 
Nun eilt' mit feinen Helden Faches hin. 
Da wo er Ton der Warte feiner Burg 
Die Wagen ausgefpäht , die Klumpen Pech, 
Und Fakeln und geballten Schwefel , Werch 
Und Harz und alle Speife des Vulkans 
Herbeygeführt» ergrifiP mit fchneller Fauß, 
Und jeder mit ihm , eine Fakel , lief 
Zum Wachtfeur und in jedes öde Zelt : 
Die Flamme loderte durch alle Reihn* 
In fchrecklichem Tumult' rifs jeder itzt 
Sein leichtes Haus zu Boden. Faches zog 
Vergnügt und unverfolgt fich in die Burg, 
Sah, felbll erßaunt, am Morgen, was fein 

Schwerdt 
Und die Gewalt des Feuers a^sgefibt. 

Xeofthenes fchnob Rache. Kaum erfchien 
Im Lager der Ballißen drohnde Laß» 



aaeaaasaa igg ' ■ 

Und Katapulte *) » Thiirm' **) und was die . 

Wut 
Zum Untergang' der Menfcben ausgedaeht: 
AU er dem SchloOefiehin Graben ***), und 
Verdecken****) n&herte. Nichts ward ver- 

filumt« 
Was fübig war , es mit Gefahr und Tod 
Zu füllen. Elfen fiel wie Regen d'rein ; 
Und ungeheure Felfen, vom Bailift*' 
Gefohleudert » fauften und durchkreuzten lieh. 
Und den fie trafen , den begraben &e,i 
Und vom Gefchrey' der Stürmenden erklang 



*) Mtfchinen , mit denen man lifenpfeile | Spiefse 
«nd dergleichen warf. 

**) Bewegliche Thiirme 9 welche die Alten oben 
mit Volk beretzten , nnd fic gegen die befetzten Thür- 
me der Mauern gebrauchten; Sieh den Polyblus. 

***) Die Alten machten Lau fgr&ben, die den nnn:i- 
gen fehr ähnlich waren. Sieh St. GcnieArt milit. pm* 
riqu e Tom. I. pag. ag. 

•«••) Eine Art beweglicher H&tten , deren flache , 
aber iarke y Dacher die Belagerer vor den Steinea 
Achertea , und bey den Römern Mnrcnli , Crate», 
Viatae y -etc* hiefsea* S. Upfit Poiiorc. lib. !• dial. 9. 



I I 183 

Des Himmels B&hne iitreit , wie Re erklingt 
Vom taufendÜm'migen Sturmwmde ; wie 
Der Wald in Lybieh ertönt, wenn Low' 
Unii Leopard und Lachs und Tiger brüllt, 
AuF ihrem Raube ftehend. Ciißdes-» 
So ruhig 9 als ein Gott, und als ein Gott - 
So fchrecklich , überfchüttete den Fe'ind 
Mit Sebenfachem Tod'. Ein Wolkenbnich 
Von Steinen £el auf dein erlesnes Heer, 
Leofthenes ! Der mächt'ge Katapult 
Dujwhbohrte Bruftwehr , Fanzerrock und 

Mann 
Mit langen Pfeilen , wie des Blitzes Stral, 
Und Spie&en. Eine Erndt' Erfchlagener 
Lag auf den Feldern ausgefireut. Umfonfta 
Dä&Mauerbohrer.fich, uodThurme fich 
Der Vefie näherten; da& Widder fich 
Der Mauer. Grund zu fturzen rüfleten; 
Umfoaft^ 'dafs fich von Schilden grimmige 
Phalangefa *) thfirmten;da und dort ein 

Schwärm , 



•) ^«Xacy^f ^ma<fiii(ffioQ^ «de» wie «s die 
KSmcr nennten , Teltndo militarls. GefcblolTene Ko- 
lonnen , legten ihre Schilde über die Häupter ; an- 
dere Koionnen iliegen anf dieffs Dach voaSchilden) 
vad von da über die Maver. 



Dnich Hebel hoch gehoben in die Luft » 
Von drohenden Gerflften *) Pfeile fchois : 
Das Ungewitter » das Vom SdilolTe fiel » . 
Zetfchlug und CBhleud^rte zu Gnind den Fbind : 
So fcfahig die wutenden Giganten Zevs, 
Als fie,>den Himmel zu bekriegen, Berg' 
Auf Berg' gethürmt; fein Blitz warf iie hesab ; 
Verbrannt und blutig lag die tolle Schaar- . 
Umher > und maCs der Berge Hdh' rerhehn. — 

Doch blieb auch mancher Held des Ciffides : 
Den tapfem Parraeo **) durchbohrt* ein Pfeil ; 
Auch, dich , Simotes , überall bedeckt 
Mit Narben , grofs in j«der Kriegeskunft. 
Dem unbezwungnen Zelon , der allein ^ 
Ein Heer an Muth und Geifte war , zerfchlug 
Ein Felsftuck beide Bein'. Er lebte lang' 
Ein graufam Leben , und verbifs den. Schmerz 
Voll Grofsmuth. Endlich fand Ceijt Bruder ihn 
Im Kampf mit Schmerz und Xod«.und fchlug, 

erblafst» 
Die Hunde über fich zufammen. Selbft 
Dem Tode vor Entfetzen nah', verband 



*) D«rgleic1ieo die- ToUeBones der Ritmet wtris. 
**) Die hier genannten Mwcdonier wirea akt« €f- 
fhttre des Alexanders. 



II i85 ■ '^ • ' 

Er ihn. — ^.Genug, o Bruder! endigd 
»»Mein bittres Leben nur ! o du » um^ den 
f^Ks mir allein gefiel " fpracfa Zelon. y,Nimm 
9»Mein unnütz Gold mir ab » das du t und nicht 
^,I>er Feind Texdient."— - Allein der Bruder 

weint'. 
Und gieng daron. ,» VerlälTett du raicU auch ? '* 
Bief Zelon: ,tgöün& du mir langCftmen Tod? 
,»Sonfi treufter Freund» gönnft du mir» daCs 

ich noch 
»»Den Schmerlen und der Schwachheit ob* 

terlieg'a 
„Und winfel' und nicht fterbe , wie ein Held? 
»yGraufamer» geh! und rühme dich nur nie, 
»»Dafs du mein Bruder warft." — 0er Bru- 
der kehrt 
Zurück, und füllt auf den Verwundeten, 
Und lieget lang' auf feinen Lippen ftarr » 
Jndefs mit HöUenfchmerzen Zelon ringt. 

« * 

D'rauf fetzt er feinen Bogen auf die Bruft 
Des Flehenden » mit weggewandtem Blick': 
Mitleidig fährt der Pfeil ihm durch das Herz , • 
Und endigt feine Qual. Laut jammernd floh 
Der edle Mörder , der fieundfahAftliche : 
iEur Mauer hin, den Tod fÜr's Vaterland , 
Dem Bruder gleich , zu fterben ^ aber liels , 
Zu grofs zum Eigennutz', der Leieh' ihr Gold. 



^asssssssBssssssssss, iS6 --^^^^3-^ 

r 

2WEYTER GESANG. 

Lbosthbmes Tally dafs die Burg mit Sturm 
Scbwex zu erobern war ; er gab demnach ' 
Befehl , fie in d^pn Btand zu flecken. Schnell 
Warf der Bailift , flatt Steinen » eine Saat 
Von Klumpen griechTchen Feuers *) — Wie, 

wenn Vefuv 
Sein brennend Eingewetd' hoch durch die Luft 
Umher fpeyt , mit erfchrecklichem Geräufch* 
Der Feuerregen in ein Feuermeer- 
Im Thal' zufammenfliefst, und weit das Feld 
Mit laufenden und rothen Wellen deckt » 
Da(s fich dasWaOTer in den Seen fcheut» 
Und von dem Lande flieht , dafs Fels und Meer 
Erfchrickt und jammert : fo flols in der Burg 
Der Feuerregen in ein Feuermeer 
Zufammen ; Tod und Schrecken fchwamm 

darauf. 



*) Le fes grtfgeois i ce fen inextingnible i dont le 
ftcret s*eft perda ddpuis bien desfieclesy dtoitcom- 
por^ de fovfr«y de bitnm«, de gommei de poix et 
de refine , qni lyrftloit jurquei dans l'eav. On leaoAmft 
gtigtois da nom desörecs, qni s*ea fönt ftrvis les 
Premiers. Ray de St. Qeniei Art de U gnerse pra- 
tiqne. T. I. p. ^. 



Bald donnert' in des Schlofles Innerem 
Die Flamme » wie im Bauch' der HöU', und 

fuhr 
Ztt allen Fenfiem und zum Dach' heraus 
In Strudeln : und der ganze Bau ward Glut , 
Fiel in einander , wie ein Fels . vom Blitz' 
Gefpalten , föllt. Die Erde zitterte ; 
I>es Himmels weiter Raum erfcholl umher ; 
Zu löfchen war umfonft. Auch drang der 

Feind 
Stets wütender heran » und dacht* einmal 
Den macedon'fchen Muth zu fchwächen.-* 

Doch , 
Er fchwScht' ihn nicht , und CifEdes hlieh fiets 
Derfelbe ; Faches auch : &e breiteten 
Nacht fiber's Volk Athens » mit Pfeilen » aus , 
Ennulitertea ihr Heer, und wo Gefahr 
Grols war , da waren fie ; begegneten 
Sie fichi Co fahen fie vergnügt fich an; 
Schwieg gleich der Mund, fo fprach ihr 

Auge viel. 
Und fagt': Unfterblichkeit ift unfer Theil ! — 
Doch auch die Freundfchaft fah zum Blick' 

heraus , 
Und es blieb ungewifs, ob Heldenmurh 
Die Freunde mehr beherrfcht', als Zärtlichkeit. 
Sie drückten fich die Hand', iind eilten dann , 



SMHBavssBaBsaaBaBa iS8 soBssoESisssssscsss 

WobiB fie Ehte trieb, und wo ddr Tod 
In Feat und Steia und Pfeilen faufete. — 
Gleich uaeifclirocken blieb ihr kleines Heer : 
Sah jemand feinen Freund getödtet ; floGi 
Vom trüben Aug* ihm eine Thrinenflnt , 

Podh CQhickt er Pfeil' auf Pfeil' dem Feind« xu.— 

» 

Zulezt befiel den Ton dem Streit', rom Brand'» 
Und Noth an Ruh' erhitzlen Ci£Eidea 
Ein heft'ger Dürft. Er kämpfte lange fchon 
Kit Aagft nnd Ohnmacht , weil GetrSnk 

gebrach 
(Des Schlofles Brunnen war rerfchfittet von 
Ruinen.]t— Ach i ich fterbe ! Cagt' er fchwach 
Zum Pachet ; fchon feh' ich den Himmel fchwara ; 
JDurft ift mein Tod , und nicht Leofthenes. -— 
Sein Freund erbla&te mehr , vor Angft , als ^r , 
Und eilte fort , and fiehöpft' in feinen Helm» 
Von eben nur Erfehlagnen , Blut , und bracht'« 
DemCilBdes, nndfagte: Trink! Er trank» 
Und feufzte fcbandernd : Ach ! ihr Götter ! ach ! 
Wo£u bringt ihr die fchwachen Sterblichen! — 
Allein er ward erquickt , und Hetteskeit 
Kam ihm i^i's Antlitx. Nach dem Than' der Nacht 
Erheben Blumen. fo, die fchon die Au 
Befäen wollten mit der BUtter Schmuck', 
Gedrückt Vota Sonnenftral' des Tor'gen T«ags » 



Voll Pracht ihr hangend Haupt, undgl£nzen, wie 
Der helle Morgenfiern, der auf fie Geht.— 
£r ward erquickt , der tap&e Ciffides , 
Und eilte tu der Maur , wo alles noch 
Mit Löwenmuthe Btxitt , obgleich die Zahl 
Der Todten feines Volks fchon größer war , 
AU der noch Lebenden. Er kam nicht hin ! 
£in Pfeil flog über die zerfallne Burg , 
Und fuhr dem Helden — Ach ! erfchreckliehe 
£rinniung 1 MülTen anch des Todes Raub 
Diejenigen feyn, die, zu der Erde Glück'» 
Zu leben ewiglich verdieneten ! •— 
Fuhr in den Rücken ihm nnd durch die Bruft. 
Fr ßel aufs Angefleht. Gefühllos lag 
Er lange fo , — > erholte fich- dennoch , 
Und^ wollte fich erheben» aber Kraft 
Gebrach ihm. -— Faches kam , und fand den 

Freund 
Im Blttte fchwimmend. Ach » wer kann dei^ 

Schmerz 
Des Redlichen befchreibea! Ohne fich 
Zu regen » fiand er. -^ So erfiarrt die Flut 
Im Winter, wenn der rauhe Nordwind ftürmt; 
Sein Athcm rührt BlC an » und &e ift Stein. 
Ach, fagte Ciffides, zieh doch den Pfeil 
JVlir AUS dem Rücken, Freund, und kehi' 

mich um! 



Der Tod für's Vaterland wird mir nicht fchwer ; 
Die Art des Todes nur wird mir^ : wer fo 
Mich findet , kann vermuthen » als hStt' ich 
Die Brufi dem Feinde nicht gezeigt. Lafs nicht 
Mit Schande mich mein Leben endigen» 
Daflets mein Wunfch nur Ehr' und Tugend war! 
Und Faches zog den Pfeil*) zur Wund' heraus 
(Blut fiürzt' dem Eifen nach , wie Wafler aus 
der Quell*), umarmet' und erhub den Freund » 
Mit Thranen in dem Aug', und kehrt' ihn um. 
Hab' Dank ! — Leb' ewig wohl ! — fprach CiIHdes, 
Freund ! — und verfchied. Von taufend Ster> 

benden 
Die Qual zufammen ift kein Theil der Qnal , 
Die Faches fühlt': er glaubt' nur halb zu £eyn , 
Wehklagte laut und irrte wild umher. 
Wie eine Löwinn in derWüfte, wenn 
Man ihr die Jungen raubt. Das Heer erfchrack. 
Und klagte mit. Der Feind erfuhr den Schmerz 
DeflTelbeh durch BalliA und Katapult. 
Von Neuerfchlagnen raucht* umher das Feld $ 
Blut und Gehirn und Leichen deckten es. 



') Die Alten hatten vielerley Pfeile > nad einige 
davon waren mit keinem Wiederhaken verrehen. Die 
es nicht waren, konnten alfo leicht ans einer Wna- 
de herans gezogen wcidca. 8. den Lipfins. 



■ ■''' I - i^imsssssssss==sssipsssss 

DRITTER GESANG. . 

r^ACHDEM der Feind den Cidfides nicht mebc 
Erblickte , der durch einen Fedeibufch 
Am Helm' erkenntlich war, vermuthet' er 
Den Tod deflelben »und dacht' im Triumph' 
Bald in das Schlofs zu fieigen, wenn er'sitzt 
Aufbieten liefs'; «in Herold ward dazu 
Befehliget ; fein RoGs war Holz , wie er ; 
Es fchien , die Erde zu verachten : kaum 
Berührt' es üe mit leichten Füflfen. fchnob 
IJnd wieherte zu der Trompete Klang', 
Und foderte zum Kampf heraus , wie er. 



»•' 



yEuch wenigen," Tagt' er, indeAi er fich 
Der Mauer naht', „euch wenigen , die noch 
,,Die Macht der Waffen des Leofthenes 
9,Bisher yerfchpnet hat , euch bietet er 
„Das Leben an, und feine Gnad', im Fall' 
.,Ihr euch an ihn ergebt. Verwegenheit 
9,Iß eur vermeynter Muth. -— Seht um euch ! 

feht, 
,9 Was für ein zahlreich Volk euch noch um- 

fchliefst ! 
^,,Seht, feine Spiefs' erheben fich umher, 
„Wie Ähren auf -dem Feld'! und Tapferkeit 



■J ' ' "• : 192 xssssss=3=ssssss 

„Wird in den Bufea ite euch tauchen » wenn 
j,Ihr länger kämpft. Lafst eure Wut einmal 
„Gehorchen der Vernunft, und übergebt 
„Die Maur der Öden Burg dem Heere , das 
„Voll Langmuth euch bewundeft und nicht 

fcheot ; 
„Wählt feine Huld , wo nidit, fo wählt den 

Tod ! '' 



9» 



Wir haben längft gewählt , fprach Faches 

( Ernft 
Und Majeftät fahn aus dein AngeGcht' 
Des Helden), „Tod iß unfer Wunfch und 

Glück » 
„Wenn wir dadurch des Vaterlandes Wohl 
, »Erkaufen können; und wir werden es 
„Gewifs dadurch erkaufen! Schande trifft 
,',Den niederii Stolz und Geiz Athens gewifs! 
„Warum bekriegtet ihr uns ehmals nicht» 
„Als Alexander uns heherrfchte ? glaubt 
„Ihr» unfer Muth fey mit ihm eingeCcharrt? 
„Und wenn ihr diefes glaubt ; ifi's edel , dafs 
„Ihr Schwachheit überfallt? — Allein umfonfi! 
„Noch lebt des Helden Geift in feinem Heer% 
»yUnd eure Scheitel wird es fühlen. — Auch 
9»Raubt* uns der Tod des CilBdes nicht Muth ; 
,,Mit ihm liegt unfre Luft» nicht Tapferkeit. 



*93 
Nicht euch» nicht Tod» nur Schande fOich- 

ten wir." 



Der Herold brachte dem Leofihenes 
Die Antwort kaum » als alles um die Burg 
Zum Angriff fich bereitete. Wenn Sturm 
Au« Äols Höhle fällt » wie Waffer aus 
DerSchleuf und drückt den Wald; dann 

neigen £ch ' 
Die fiarken Wipfel zu der £td herab ; 
Tumult herrfcht überall , und jeder Zweig 
Vermehret das Geräufch ; der Klüfte Schlund 
Brüllt dumpfigt; tauber Lärm erfüllet weit 
Des Himmels Baum, d'rinn Wolke Wolke jagt : 
So auch erwacht' im ganzen Heer' Athens 
Schnell Aufruhr :Thtfrm » Bailift und Katapult 
Und Hebel, Bohr und alles regte fich. 
Und nahte fich dem Schlofs', in wildem Lärm'. 

Zwar Faches lieGi an tapfrer Gegenwehr 
Nichts mangeln i Pfeil' und Steine fchlugen den 
Erhitzten Feind, wie Schloffen fchwaches 

Korn» 
Darnieder. Tigef find fo wütend nicht. 
Wenn man zum Zora'fie reizet , wie fein Heer 
Itzt war. Doch die Befatzung war zu fchwach. 
Und atUgemein der Sturm«' Mifslung es hier 



Dem Feinde» To erfiieg er dort die Maii'r. 
Das Schlofs wardüberfehwemmt y and ward 

ein Raub 
Des Todes: fo rerfchlingt die Flut desIVfeers 
Das Ufer nach der Kbb% und was fich ihm 
Genaht: wo Blumen itzt ftolzirten» tobt 
In Waßerwogen das Verderben it£t. — ^ 

Auch Faches ward des Todes Raub , wie fein 
Fuiehtlofes Heer. Leoflhenes fand ihn 
Durchbohrt und hingeftreckt » undkannt'ihn an 
Der Rüfiung; lange fah mitleidig er, 
Nebft Feinem Volk', dafs auf die Spielse fich 
Umher gelehnt, den todten Helden an, 
«Und eineThrJlne flofs ihm von dem Aug'^ 
£r iah noch Edelmuth in Zügen des 
Erblafsten Angefichts. -^D'rauf wänfcht' er, 

- auch 
Den Ciilides zu fehn, doch lang' umfonfi. 
Zuletzt erblickt* er einen Teppich anf 
DerErd', erhob ihn und erfchrack , als ^t\k 
Ein Macedonier aufrichtete. 
Der mit dem Ciffides darunter lag. 
»,W:as liegft du bey dem Todten ?{irug man 

ihn. 
ä,Kr war mein Herr , erwiedert' er ; dooh mehr 
„Mein Vater. Ich war , als erlebt', ihm treu ; 



*1 I ^ aaacag 195 sasssesEBSSESss-sss 

„Sollt' ich vergeOen , es anitzt zu leyn ? 
„Ibr habt ihn mir geraubt ; iraubt mir nur auch 
,,Das Leben , meina Laft ! " -^ Ein Thrä- 

nenguts 
Netzt* ihm das Angeficht. Leoßhenes 
Raubt* ihm das Leben nichts dem redlichen 
Schildträger , fondern pries die feltne Treu% 

' Und trdfiete den immer jammernden« 
. Und fchenkt' ihm riel ; betrachtete nachher. 
Samt dem gerührten Volk', deä Ciffides,' 
Und glaubte , die entwichne Seele noch 
In grofsen Zügen des Gefichts zu fehn ; 
Beweint' ihn , liels die Afche beider Freund' 
In einer Um' bewahren, ihnen auch 

. ' Ein prächtig I>enkmal baun, und zog fich d'^rauf 
Schnell nach Athen zurück: feinüeer war fo 
Gefchwächt, dafser vergafs, in einer Schlacht 
Antipatern zu überwaltigien. 

Und fo ward, durch der beiden Freunde Muth, 
Des Vaterlaiids Verderben abgewandt. 



. 1 



196 



Ihr Kneger! die ihr meiner Helden Grab 
Jn fpäter Zeit nocii fehl , ftreut Rofen d'rauF, 
Und pflanzt von Lorbeem einen Wald umher ! 
Der Tod ffir's Vaterland ift ewiger 
Verehrung werth. — Wie gern fterb' ich ihn 

auchy 
Den edlen Tod» wenn mein Verhängnils ruft ! 
Ich » der ich diefes fang im Lärm' des Kriegs^ 
Als Räuber aller Welt mein Vaterland 
Mit Feur und Schwerdt in eine Wüßeney 
Verwandelten ; als Friedrich felbft die Fahn' 
Mit tapfrer Hand ergriff» und Blitz und Tod^ 
Mit ihr, in Feinde trug» und achtete 
Der theuren Tage nicht für Volk und Land, 
Das in der finfiern Nacht des Elends feufzt.-^ 
Doch es verzagt nicht d'rinn » das treue Land : 
Sein Friedrich lächelt » und der Tag bricht an. 
Der Tag bricht an ! Schon zöge Schwab' und 

Rufs, 
Lappländer und Franzos» ülyrier 
Und Pfälzer, in podirlichem Gemifch', 
Den Helden im Triumph', rerßattet' es 
Deflelben Grofsmuth. Schoq fliegt Himmelan 
Die Ehr' in blitzendem Gewand' und nennt 
Ein Sternenbild nach feinem Namen ! Ruh' 
Und ÜberfluDi beglücken bald fein Reicht 



S E N E K A» 

■ IN., 

TRAUERSPIEL. 



VORBERICHT. 

Ich habe diefe erßen Züge eines 
Trauerfpiels in der Abilcht entwor- 
fen , um nach denfelben ein Trauer- 
fpiel in Verfeii auszuarbeiten. Weil 
ich aber an meinem Vorfatz' gehin- 
dert werde, und meine Freunde mir 
Tagen, dals auch die Anlage nicht 
miüsfalle, fo habe ichfie dem Druck* 
übergeben wollen. 



PERSONEN. 

S £ N £ K A , ehemaliger Bath des Kaife» 

Nero. 
P O M P E J A , des Seneka Gemahlmn. 
P O L Y B I U S, ein Freund des Seneka und 

Vertrauter der Agrippina, der 

Mutter des Nero. 
PISO , ein Freund des Seneka: 
F £ N I U S , ein Freund des Seneka. 
aiv HAUPTMANN des Heerfähzert 

Fabius. 
DIB WACHE. 
BIM BOTE. 

DieScene ift auf dem Landgute des Seneka. 



«feOtOBiaBtfBBttHB tOi * 



■M 



. S E N E I^ A. 

JERSTi^R AUFZUG. 
SENEKA UND P'ölViPEJA. 

' SE N EK A. 

Ja Fompc^a!. ich. habe dxn beträglicfaea 
lUtclith^leMieTi» niid dtsn^patthrliehcn Ehrvn- 
ilellü^o .mit oftehr, Freude etilßigr»; als ht 
iühesAotKBbmn^'NLäm. kfiBfti^BsläilAök.waruii- 
ge'n^iA ^irisi '.ieh, fie^^btoiahm,» .und es. tft 
gel^ils ,'4a. ick mich ihiet entfchättet habe. 
Nun wollen wir uns felber leben ,. mad den 
niedern Stolz und Unfinn des Hofes nicht 
•mehr icMeiM ? Attdenkeiis wfinllgto. 

>• ieh-lioffe-* däfs/wit giücUich leyn wer- 
den ', Sdnekal' und di^ bishei^gen - Wieder- 
wai tigl^siten werdito «ns dienen ^ unfer jet- 
ziges GlAck zu fahlen« Entfchlage dich nur 
alles Kttmmen^ ^dac dich noch zuweilen 



209 mBammamsasgmmm 

quAlt ! Dein Gemath ky fo ruhig, wie die 
Natur» die nun ihre Schätze um uns ver- 
breitet, da es, wie fie, unfehuldig ift. 

Es geht mir zu Zeiten wie denen, die, 
nach überAandeAen fchweren Ungewittem 
auf dem Meere , das Ufer betreten: der fette 
Boden foheinel ihnen zu wanken ; das Bild 
der tobenden Wellen ift ihnen noch immer 
gegenwärtig, und fie furchten fich auf dem 
Lande , von ihnen Verfehlungen %n werden. 
Allein bald wird mir der Boden nicht mehr 
wanken: die Zeit* wird die tranrigen Bilder 
in mir verlöfchep. Auch das Angedenken 
der KnechtCehaft Roms, das- nkioh oft un- 
aus^^rechlieh martert, wird endlich in mir 
' y erlolbhen , da. ich ' ifie ,'* auch ' duscH ■ Vet - 
giefsung meines Bhits , nicht hMbe hindem 
können. 

POKFCJA. 

Freylidi hätteft 4n iie nlekt hindern kdn- 
nen. Dein Tod, det gewifs erfolgt wäre, 
wenn du Rom nicht' .Yerläflen. hätteft -^ 
denn du haft.dem Kailer nils zu kAhn fei- 
• ne JLafter »nd Granlamkeiten vorgewecfsn 
«*r dein Tod wurde ^tur^das. UnglOck dei- 
nes Vatetlaiides, und nicht lein Glück be» 



fördert huben. Der Blutdorft des Tyran- 
nen würde durch die Gewohnheit nocb. im- 
mer heftiger geworden feyn ; und was wa* 
re ihin noch heiiig geblieben , nachdem er 
deiner nicht gefchonet? Sey alfo Ter^^ügt, 
Seneka! dA6 Utigewitter , das fiber unferm 
Haupte fchwebte , hat fich verzogen. Die 
Vorfehang hat dich der Weh gefchenkt, 
ond hat dich mir gefehenkt; denn ach! 
was wäre ich ohne dich? Ve^gils» was 
nicht in deiner Gewalt ift» und dberlafs 
die Strafe des WCttrichs und die Errettung 
deines Vaterlandes dem Wefen 9 das über 
alles wacht 9 das, wie du mich oft geleh- 
ret haft, alles zur Glückreligkeit der 'Welt 
lenkt y und *die Thränen des Tugendhaf- 
ten und des Weifen an feinen Feinden 
rächet* 

SKHBKA« 

Es wird üe rächen» das gütige, das ge- 
rechte Wefen ^' es wird alles zor Glückfe- 
ligkeit der Weh lenken ! Allein wie kannft 
du mir vorwerfen , da(s ich dem Nero fei- 
ne Graufamkeiten zu kühn verwiefea? 
Kann man gegen einen Böfewicht zu* kühn 
feyn ? Und hätte ich mich nicht durch Still- 
fchweigen feiner Frerelthaten theilhaftig ge- 



steaaaaasa ■ 204 sssssssssssssoBsst 

macht ? Wer Laftem wehren kann, und weh- 
ret ihnen nicht , der rerubt fie felber. 

POMTPKJ A. 

Ka ift deiner Denkungsart und deines 
Herzens wfirdig , dafs da dich . des Wut- 
richs Bosheiten widerfezt. H£tteft da aber 
nicht rielleicht durch Sanftmuth 9 und an- 
haltendes Bitten , und Vorßellungen » mehr 
ausgerichtet, als durch Heüigkeit? Doch 
Polybius kommt» er—^ 

ZIVEVTER AUFTRITT. 

POI.YBIUS UND DIB VORIGEN. 

PÖLYBIUS. 

Und* du haft dein Vaterland Terlaflen, 
Seneka » und haft nicht erwogen , dafs da 
esverwaifet hinterliefseft? Seit deiner Ent- 
fernung iß Rom ein gro&es Gefangenhaas, 
das Ton den Klagen der Elenden und Un- 
terdrückten wiederhallet. Welch ein Jam- 
mer, die Tugend ewig mit erblafstem An* 
gefichte • und in Zähren zerfloflen , zu fe- 
hen! Kein Rechtfchaffher Öffnet die Au- 
gen mehr der Freude; ein jeder glaubt, 
dafs ihm ein entblöfstes Schwerdt .fiber der 



' g05 
Scheitel hange 9. und der immer erneuerte 
Gram yetSnStert ihm die Ausficht in -fro- 
here Tage. GeAern— -ach! daGi der fshwap- 
ze Tag ewig aus dem AngedenJie» der Men* 
fchen könnte verlofchen werden ! «* geftern 
hat des Nero grofse und tugendhafte Ge- 
rn ahlinn , auf das Geheifs des Bafbarea , den 
Giftbecher** 

PO MV »JA. ■ 

Wie? Oktavia. ift durch Gift hingerich- 
tet? Oktayia». meine Freundinn? O Him- 
mel y wer wird nunmehr leben wollen ! 
Was hat fie verbrochen? Wie hat £ch 
das Bild der Schönheit , und der Sanft- 
muth, den Hafs des Bdfewichts zuziehen 
können? 

i> t Y B I u s; 

Ja Pompeja , Re ift nicht mehr » die fchö- 
neUnfchttld» die Ehre der Menfchheit! Re 
ift nicht mehrt'; Nach langer Qual hat &e, 
die vergangene Nacht, die grofse 'Seele dem 
Himm«! zugefchickttuHd fie geniefst jetzo 
fchon den Lohn ihrer Tilgend. Ihr Verbie* 
chen war ihre Unfchuld und ^ihre gVofsen 
Eigenfchafteh ; und wehe den Edel n u^d 
Bechtfchaftien , fie werden noch viele Ver- 
brechen begehen ! -^ 



Ift es mSglich , daSk die Bosheit des 
nenfehlieken Hersens fo weit kann getrie- 
ben werden , als Nero Re treibt! dafs die 
Natur fich fo verleugnen und fo tief von 
-ihrer Höhe fallen kann ! Oklaria , die wür- 
dig war , ewig su leben ! Fin&rer Tag , der 
der Welt ihr befies Kleinod raubt > o dafs 
iißh dir die Augen dffiien muCi! Warum 
verz^gre ich » mit dir zu erblaflen » o mei- 
ne Freuadinn , o meine geliebte Freun- 
. dinn ! — 

• «NB KA. 

Erfehrecktiche Nachricht! Nun hat die 
. JMordfitcht des Nero >den hdchften Gipfel 
erftiegen. Die Gefchichten der barbarifch- 
ften Nationen zeigen uns keine Beyfpiele 
ron Ahnlicher Grausamkeit. — Aber'» Pom- 
peja» lais dich diefen Zufall nicht zu fehr 
erfchattern! Oktavia ▼erdiente alle Glöck- 
feligkett, deren Sterbliche* föhig find, und 
ich hätte felbft ««ein Leb?A i^rilligiDiar fie 
. geladen. Allein fie war hinfällig, wie al- 
les Irdifche» und hiUte doch, fterben muf- 
fen. Sie ifi ihrer GlftckfeligkeU entgegen 
gegangen, auf die wir* alle ipjoch warten. 
«Beruhige dein Gemfith» und mifsgönne ihr 



ihr Gluck nUht. Sie ift Jet«o jfeine Zierde 
des. HlmnieU » :tiiid weita nicliU Inehr ▼on 
dem Elende der Sterblichen« ^.^ ..imäras- 
Ipr^chlicber Woime -genie&t &e den Lohn 
Atet Tagenden. 

POLYBIUS. 

Ja» de» ijepielst fie. Sie b8rte mit be- 
vnmdktmwüBäigbt SUndbaltigkeU den Be^ 
-fehl des . IXjpgcapBen an.» und («rie fie <len 
Giftbecher ^^ettunlteif: h$mt^ »: >Yerfitmmeltf . 
fie ihre gegesk#ä^tigen Freunde und Freun- 
dinnen um fich herum » und Tagte : —^ (Ach» 
nimmer werde ich den (liffen Ton vergef- 
ifen '» mit dra :£e diefes auslprach » ' iind 
idmm^r«tfare heitre und himmUrdb hohe Mie- 

• ne!) .>Sie £igte: »»Ich gehe nun^ iii fellge- 
. ,»fie WohAmJigen » in Wohndngen der Freu- 

• »»de; mtd der Ruhe. Gehabt eu«h wohl , m^i- 
.y,ne Ge^ibbteften ! meine Freunde l auch ihr, 

»die ihrjtso nicht gegenw&rtig feyd» aber 
imeineii' Fall '/bedauern werdet.» gehabt 
i'^iBueh.MdlDjewig -wohl! Ihr re3rd das ein- 
: «iäigei. Iw^] ich vnjgerA auf. der Welt an- 

• <•»!«€& Ufle%; >iyiein ei» kleilier Zeitpunkt 

• »»fcheldeit narleuffe-Glückreligkeit von der 
'»»neimgen« .Bald. . windet ihr mir ^ folgen ; 
»»daUft will ieh in ewig heitern Gefildnoi 



m1 



„eucK iiiieh tun mUh faeraiii '^erTaanmeiii« 
9,uiid-aiifrtf ]ßV«Eade witd Alle VoiftcUnng 

■••■'• ' '«POM.pft'J-A"-.''' '• ' ' ; 

Ich werde dir am erfien folgen , o 66tt» 
liehe ! ich werde dir am erfien folgen ! 
B>as lieben Ift mir zur Lafti» unfd'Üer'Tod 
hAt Wblkift'ffi«.^i«lu<Acl|.jf4räfttai bin 'nh 
hey 'deinem lPode«ni6ht:^egatt^rtig giwe- 
£en y o «ib ; 4n« ätüfeftt Stelle dlOrweliiige'gaitx 
^lifeweh^ n^ari Wdna»' hdiw^h dir nicht 
die Augen ^ugedrUcktMcii witre fo mit dir 
ztigieich efblaflet; <:«-i> >— t. EntEet£ticher Ver- 
lüfl ! ^' Unerhörte GmuIaknkeiU Wer Juum 
auftretbn-' dn'dl 0iKtah(^ear nüs dBAoes Fehlers 
hefchaldigen? Bie rdie»nfie)>$iäel«''wi>hBte 
in dem fchdnflen Leibci. Jdii^filfl€kförigfceit 
ihrer 'Freunde, und des j^zem incnfielili- 
chen Gefchiechts, warihse einzige 'Sorge. 
Die Gu^thätigen und Mitiei^geasfohieiien 
ihr fltur«, grofs za(fe3rnv'Uiid>€e^Cite< Ui« 
ren 40itiztgen Werth nor ^n'Mitlbiddn'.and 
Oiifthlttigkeit. ^ Unijr diaki Ml vich^nicht 
mehr Rheni' o meine: ^eliebteift^ ffwmt* 
dhin! Ich fbll' nicht ihehv deine aiffeii'<Ge- 
f^tÜche hdren, und d^ne^^rofHn Gefiji- 
^uiigen bewbnderAy' die ä»ch «Mir Tii^ad 



saaaaaa i i ■ i a 209=S8XBBsa3 

anfeuerten! Ach! unmöglich kann ich nun 
das Leben langer ertragen. — Ich fühle 
fofaon die Schauer des Todes in meinen- 
Adem; — 

fr O L YBI tr s. 

Du mufst leben , Pompeja ! Du mufst dei- 
nem Getnahr und der Wohlfahrt der Welt 
leben. Erheitre dein Gemuth , und lafs es un- 
ter dem Schmerz' nicht erliegen ! — Agrippi- 
na hat mich abgefandt und befchwöret dich» 
Senefca , hey der Heiligkeit der Tugend und 
der Religion» £e und Rom nicht zu rerlaf-^ 
fen , fondem deine Ehrenfiellen , die für dich 
aufgehoben find» wieder anzunehmen. Du 
bifl der einzige , der der Raferej des Kai- 
fers Einhalt thun kann , weil er dein An* 
fehn hey dem Volke fürchtet — 

P OMPB J A. 

Der Wütrlch hat die allgemeine Liebe 
Roms zu Oktavien nicht gefürchtet» und 
wer ift Bürge » daüs er dieferwegen meines 
Gemahls fchonen werde? Erhafletihn» der 
Vorwürfe wegen, die erihmtfchon gemacht» 
mu viel» als dafs et fich die Folgen feiner 
Grausamkeit rorftellen foUte ; uiid neue Vor- 
würfe würden ihn noch mehr erbittern. Nein 
nein » man gönne dem Seneka » nach rie% 



1er überftandner Arbeit und erlittenem Un- 
gemach', die Ruhe, und mich -überhäufe 
man nicht mit Unglück, deffen fchwere 
Laßen ich ohne dem nicht mehr ertragen 
kann. Die Vorfehung wird fohon die Rech- 
te der Tugend behaupten , und die Fefleln 
Roms zerbrechen. 

POLTBIUS. 

. Du haft zu wenig Vertrauen zu Agrippi- 
i^ens und zu meiner Freundfchaft. Wie 
würde Agrippina, die deinen Gemahl ver-. 
ehrt , van ihm etwas verlangen» dabey fein 
{.eben Gefahr liefe ? Und ich , dem es nicht 
Gphwer feyn würde, für meinen Seneka zu 
fierben, -—.dem es nicht fchwer feyn wür- 
de, -* wie könnte ich ihm zu etwas Ge- 
führlichem rathen? Granius Sylvanus, und. 
die grölsten Heerführer haben fi ch wider 
den Nero rerfchworen , ui|d das ganze Heer 
wartet ungeduldig , den Wütrich zu beftra^ 
fen. Seneka Coli das letzte verfuchen , und 
ihm die Folgen feines Blutdurfts und Un-- 
jßnns vorfiellen« Entweder er gehet in fich» 
und wird wieder der Vater feines Volks» 
wie er es ehedem wsr, oder eine ewige 
Gefangenfchaft ift, mit Agrippinens Ein*» 
willigung, der Lohn feiner.Bosheiten.Pifo», 



der , wie ich höre , nebft Feniiu eben bey. 
dir feyn fgll , Pi£6 » derRechtfchaffene , dex* 
ehe fein Leben verlöre» als ein Lafter be- 
gienge , der tugendhaft feyn würde , wenn 
es eine Schmaoh wäre , Tugend auszuüben, - 
wird i^n entweihten Thron beAeigen , Um. 
durch feine Thaten heiligen , und Rom 
Buhe , Sitten und Glückfeligkeit wi<u;c r 
fehenken. «- . 

FO MPBJ A. 

Allein » wer ift Bftxgff » dafs-mein Gemahl 
nicht ein Opfer Ton des l^annen crfiem 
Ausbruche des Zorns wird ? Und ach l ge« 
Hebteiler Seneka! du bleibeft ewig der Welt» 
deinem Vaterlande und mir entriffen , wenn 
man gleich nachher deinen Tod an dem 
Watrioh' mit den graufamflen Martern rä- 
ehece^ • 

S SN E K A. . ' 

' Dn beforgß zu viel » Pompeja ! Du förch- 
teft nur den Verlufi meiner; fürchte mehr 
den Untergang Roms ! Polybius hat Rechte 
man mufs das letzte verfuchenr Ich werde 
es fchon mit Glimpf, lind nicht mehr, wie 
▼ormals » mit Heftigkeit thtin. — Wie glück- 
Uch wollte ich mich fohätzen , wenn ich. 
Rom nicht vom Nero belreyeQ , Condern den 



Kero feinem Volke wieder fchenken könn* 
te! Er, der ehemab meine Luft, und die 
Löß des menfchliclien Gefchlecbts war , ach! 
möchte er es doch wieder werden ! Wie froh 
wollte ich einmal mein graues Haupt zur 
Ruhe legen » wenn ich den Verirrt^ auf 
die Bahn der Tugend zurück bringen könn- 
te! Ich wurde glauben, den Himmel offen 
zu fehen , und die Freude der Unfterblichen. 
zu empfinden! 

nPOLYBiüS. 

Vielleicht biß du fo glücklich, Seneka! 
Wenigßens kann man hoffen 9. dafs die 
t'urcht vor traurigen Folgen » deren Herän- 
näherung man ihm verdeckt zeigen muGi» 
ihn von fernerer GrauCamkeit abhalten wer- 
de. — Ach ! geliebteßer Freund ! Du fchenkll. 
durch deinen Entfchlufs Agrippinen und 
mir das Leben , und Rom feine Wohlfahrt 
wieder. S&ume nicht, dein Verfprechen zu 
erfüllen. Ich will eilen, und Agrippinen die 
frohe Nachricht von deiner baldigen An* 
kunft in Rom überbringen. (Er geht ab,) 

SBNB K A. 

Und wir , Pqmpeja , wollen den Feniu& 
und Pifo auffnchen , und ilmdii entdecken, 
was vorgegangen iß. 



ZWEYTER AUFZUG, 
ERSTER AUFTRITT. 

FOLYfilUS» der zurückkämmt, 

Himmel » was bedeutet diefes ! Das Land- 
gut des Seneka ift jryngsum mit Kriegern 
befetzt. — Ich finde keinen Ausgang, wo- 
hin ich mich wende. — Gewifs ift es um 
des Redlichen Leben gefchehen. Wenn du 
gerecht bift, o Gottheit! wenn du gerecht 
biß 9 fo verßatte diefes Unglück nicht. 

' jSchone der gröfsten menfdi liehen 'Tugend! 

^ Schone den , der auf der Welt dir am Ühn- 
lichfien ifi! Verhänge über mich Schmerz 
und Elend , Verlull der Güter , Gefangen- 
fchaft und Verweifung , und alles Unglück ; 
nur \äXs den Seneka leben ! --<^ Der grofse 
Seneka » das Bild aller memfchlichen Voll- 
kommenheiten, foU Ton der Hand eines Ver- 
fuchten erblalTen; — Welch ein Gedanke 
für michl Wie werde ich des Tages Lacht 
ertragen, können , wenn er nicht mehr feyn 
wird! Gedanke , der mich mit Schrecken 
und Verzweiflung erfüllet, und« — . 



ZWEFTER AUFTRITT. 

EIN HAUPTMANN des fabius, kbbst 
DER WACHE, UND POLYBIUS. 

DER HAUPTMANN. 

Bift du Seneka? 

P O L YBl US. 

{Die erfien Worte, hty Seite.) Er kennt 
mich nicht. •— Ich bin's; ich bin der , dent 
4q fuchfiii • •** 

DER HAUPTMANN. ' 

Der Kaifer> hat- dem' Heerführer Fabms 
Befehl ertheilet, den Tod dir anzukündii 
gen 9 und Fabiüs hat es mir aufgetragen^ 
Du weifst 9 da& icli. dich fuche, du wirft, 
auch dein Verbrechen , die Urfachen dei^ 
ves Todes wilTcn. . 

p o L Y B I u s. 

Die Urfaehen meines Todes weifs ick t 
Nero iß ein Tyrann , und ich habe es Ihm 
gefagt. Meiin Verbrechen weifs ich nicht. Ich 
-fterbe gem. Mein Gewiffen klagt mieh nicht 
an »und der Tod ift mir ertri^icher» als 
die beftündige Furcht des Todes» worinn 
4er Graufame alle Redlichen und Edelge- 
Bnnten von Rom unterhält; erträglicher, aU 



der Schmerz, den ich fchan zu lange fib^r 
die Unterdrückung and das Elend der Recht- 
fcha^nen empfinde. — • Sage dem Nero , dafs 
. er ein Wütrich ift ! Sage ihm , dafs ich mir 
.einen Ruhm daraus mache » auf fein* Ge- 
.heifs zu fterben, da noch kein BöfewichC 
durch ihn das Leben verloren. Glückrelig6s 
Rom» wenn ich der letzte Unfchuldige bin, 
den er hinrichtet! — (key Seite) Ach wäre 
ich der letzte ! Ach ! möchte fich Seneka 
yeibergen » und , nachdem der Hauptmanns 
zum Nero zurückgekehrt » fich mit der Flucht 
retten. — Aber warum hat der Heerfüh- 
rer Fabius mir nicht felbft den Tod afige* 
kündiget? Warum gebraucht er dich zu ei- 
nem fo unbarmherzigen Gefchafte? 

DER HAUPTMANN. 

Ich w^^ifs nicht , warum -er dir den To^ 
nicht felbft angekündiget. Mich aber ge- 
braucht er dazu» weil ihm meine Treue 
gegen den Kaifer bekannt ift. Man ift nicht 
unbarmherzig, wenn man fich gegen Ver- 
brecher gebrauchen lafst. Du haft den Tod 
fchon durch das , was ieh höre , verdient. 

PO L Y BI u s. 

Nichtswürdiger ! Nero hat die Strafe des 
Himmels und den Abfcheu der Welt ver- 



fi l i n t'l if ■T"i a 2l0SSSSSS^=3=ftS^B8& 

dienet, und diejenigen, die ihm in feinen 
Bosheiten treu find, Marter, Verachtung 
und Schande. — Böfewicht ! baue nur dein 
Glück auf den Gehorfam gegen einen Un- 
finnigen ! Er bejiafte dich nüt feiner Gna- 
de, und erfülle dich mit feinen fchwarzen 
Freuden! i\ber wifTe: Hohn und Schande 
wird dir auf dem. FüIFe folgen, und der 
Zorn des HimmeU wird Über dich köm- 
men, wie eine Überfchwemmung. — Und 
Was für eine Todesart hat mir der Graufa- 
rae auferlegt? 

DBR- HAUPTMANK. 

- Verräther ! der Kailer ift nur tu ffnädig ; 
er überläfse üe deiner Wal^l. Ich — 

POLVBIUS. 

Meiner Wahl ? {Er entblößt die Brufi ) 
Hier ift die Bruft ! Erfiich mich , und -eile 
dem Kaifer, dem Mörder, die frohe Nach- 
richt von meinem Tode su überbringen.-^ 
iErftich mich. Feiger! 



DRITTER AUFTRITT. 



" SENEKA UND BiB VORIGEN. 



S B N E K A. 

Welch ein Auftritt ! Was wiUß du , Po- 
lybius? 

po L Y B I US, 

Sterben ! 

DER HAUPTMANN. 

Er will nicht fierben , der feige Seneka ! 
Aber er roufs fierben ! Nero und Fabius ha> 
ben ihre Befehle keinem Schwachen , kei- 
nem Weichlinge anvertraut. — 

s B N K K A. 

Wenn Seneka ßerben foll, fo mufs ich der- 
ben , und nicht Folybius : ich bin Seneka \ 
EI.N &ot,Ti AT HU dem Hauptmanne, . 

Diefer ift Seneka » und nicht der erftere, 
der fich für den Seneka ausgab. Ich kenne 
ihn , und habe ihn oft bey dem Kaifer auf 
dem Kapitor gefehen. 

DER HAUPTMANN. 

Wunderhaie Verwirrung! Schon war ich 
bereit, meinSchwerdt in den Bufen des fal« 
fchen Seneka zu ftolTen. — - Doch es wäre 



gessasa i ' i 218 ■^=as==^aasa' 

nar von dem Blute eines Unrechten gefärbt 
worden • aber nicht ron dem Blute eines 
Unfchuldigen : &e find beide Feinde dgs 
Kaifers. (zum Polybius) Aber was für ein 
Unfinn bewegt dich , den Tod zu Tuchen ? 
durch deine treulofen Gefinnungen gegen 
den Nero wirft du ihn finden » ohne ihn ru 
fuchen. 

p o L r B I u s. 
La(s ihn mich finden, Graufamer! laCs 
ihn mich finden! er ift mir nicht furchtbar; 
Aber furchtbar ift mir der Tod des tugend- 
haften Seneka: fcbone diefen Gerechten, 
diefen Freund des Kaifers » der fein ganzes 
Leben, und feine Glück feligkeit dem Wohl' 
des Nero , und des Vaterlandes aufgeopfert 
hat 9 und es noch thun wird ; fchone ihn, 
wenn du das fanfte Gefühl des Mitleiden» 
und die Pflichten kenneft, womit du der 
Welt und Rom verbunden bift. — Diefe 
einzige edle That wird dich glücklicher ma- 
chen , als alle Ehren und Keichthümer der 
Welt ; das Andenken derfelben wird dich, 
dein ganzes X.eben durch , begleiten , und 
dir ein Schild fe;rn gegen Elend und widri- 
ge Zufälle. 



■^ 219 ■■■! I » 

DER HAUPTMANN. 

Mein Glück hüngt von meinem Gehör* 
fam' ab. Seneka mufs fierben. Ich bin nicht 
befehligt , feine Schuld oder Unfchuld zu un> 
terfuchen ; aber ihm den Tod •^ 

P O L Y B I U S. 

■ Glaube der Stimme Borns, wenn du mir 
nicht glaubfi! Rom kennt feine Unfchul4 
und fodert fein Leben. — Vergeblich , o 
Niederträchtiger 9 machU du dir Hoffnung, 
durch Bosheit grofs zu werden : der baldi- 
ge Fall deines tyrannifchen Abgotts wird 
dich erdrücken »du — 

S B N B K A. 

Entrüfie dich nicht, Pol^^biusf laßs mich 
fterben. Zu was für Ausfchweifungen ver- 
leitet dich deine Freundfchaft gegen mich! 
Wie wäre es mir ergangen, wenn du , ftatt 
meiner , das Leben verloren hätteft ! Ich 
hätte den Tod nicht gemieden , fondern ihn 
zehnfach gefühlt. Ach Freund , ach Redlich- 
Aer unter den Sterblichen! deine Freund- 
rohaft ttt mir zum erflenmale zur Laß, Ich 
kann dir meine Schuld nicht bezahlen , fa 
gern ich es wollte ! Wie viel vergnügter 
würde ich fierben , wenn ich nur deinet- 
wegen fierbea könnte , und nichts weil es 



Nero befiehlt I — r Ach! \aü mich ßerben, 
und erhalte du dein Leben zur Wohlfahrt 
der Welt. Es ift unedel, das Leben, zu yer*> 
achten » fo lange man der Welt Nutzen fchaf- 
fen 9 und glücklich feyn kann. Lafs diejeni<» 
gen es verachten, die Alter und Unglück 
zu Boden drückt , oder die es auf Befehl 
graufamer Regenten hingeben müflen. -— 

DER HAUPTMANN^ 

Verachte es alfo ! du mufst es hingeben. 
Wähle dir eine Todesart nach eigenem Ge* 
fallen. Verachte es -^ 

S E N B K A. 

Ich will deine und deines Kaifers Freude 
nicht verzögern. Erlaube nur, dafs ich von 
meinen anwefendenFreundenAbfchied neh- 
men darf. 

(Sie gehen ai,) 



asi 



DRITTER AUFZUG. 

ERSTER AUFTRITT. 

SENEK A mit verbundenen Adern , POM- 
PEJA, PI30, FENIUS, POLYBIUS» 
DER HAUPTMANN und die WACHE. 

s s N B R A mit fchwucher Stimme. 

4 

Es wird nicht nÖthig feyn, dafs ich mir 
die Adern wieder öffnen laße : Schwachheit 
und Ohnmacht Überfällt mich fchon , und 
ich fühle das Ende meiner Tage li^h nahen. 
O ewiges » unbegreifliches Wefen! auf deflen 
Ruf das Terwirrte Chaos Leben und Gewal- 
ten 9 Schönheit und Ordnung annahm ! das 
auch den denkenden , nnfierblichen Getft 
des Menfchen werden liefs ! ich fürchte mich 
nicht , vor dir zu erfcheinen , ungeachtet du 
mit mächtigem Arme die forchtbare Wage 
hliltft , die die Thaten der Sterblichen richtet. 
Ich bin der Vernunft » die du mir zur Führe- 
rinn gegeben , gefolgt. Nie hat mich Bosheit 
entehrt , nur Schwachheit hat mich zu Feh- 
lern verleitet. — O ! welche Pracht , welche 



Herrlichkeit mufs dichmmgeben , da deiner 
Hände Werk , der Bau der Welt , die Sonne 
und der geftimte Himmel mit fo viel Maje- 
Btät gefchmuckt iß! •» 

- P M P E J A. 

Du bift deiner Giückfeligkeit und dem 
Lohne deiner Tugend nahe, meinSeneka! 
Aber mich und deine Freunde laDefi du zu- 
rück. Ach! wefTen Schmerz ift dem meinigen 
gleich? Wer hilft mir meine Lad tragen? 
Oktaviens Tod hatte ich fchon nicht über- 
leben können , wenn ich dich auch nicht 
zugleich hätte verlieren müflfen. Der Befitz 
deiner , und deine Liebe überwog bey mir 
alle Pein , und fchien mir der fchrecklichften 
Martern werth. Allein itzo erdrückt mich die 
Hand des Unglücks ! Nun ift mir des Tages 
Licht unerträglich! — Gerechter Himmel» 
warum tödtefi du nicht gleich diejenigen , die 
du elend machfi ! Wie leicht iß derTod, aber 
wie entfetzlich find oft feine Urfachen! — 
Doch endlich be&eyt er von aller Qual. Er 
wird mich auch davon befreyen ! Ich will ihn 
fchon finden. £in kurzer Schmerz ift einem 
langen Übel vorzuziehen. Ich will mit dir 
zugleich erblaflen» o du, die befie Hälfte 
iif eines Lebens! 



«23 



■«I 



S B N E K A. 

Der Tod wird mir nicht fchwer, nur der 
Verluft deiner , o Pompeja , iind der Verluft 
eurer, meine Freunde» wird es mir. Doch 
ihr werdet bald bey mir feyn , und ich bin 
glücklich genüg gewefen , dafs ich euch be- 
-Teflen habe. O ihr» vormals mein Wunfch 
und TroA » itzt meine Qual , lebt ewig wohl ! 
£tter Glück fey euem grolTen Verdienften 
gleich. Errettet euer Vaterland von der 
Knechtfchaft » richtet die unterdrückte Tu- 
gend auf» und wiCchet die Thrünen von den 
Augen der Gerechten ! Der fey unter euch 
der Gröfste » der der Willigfte ißt , die Glück- 
feligkelt Roms mit Ketten und Wunden» 
und allem feinem Blute zu erkaufen. — 

p 1 s 0. 
• * Achl erftiibtt der gröfste Römer! erftirbt» 
und verlieret all fein Blut für die Glückfe- 
ligkeit Roms ! Warum verhfingft du feinen 
Tod , o Himmel ! warum verhüngft du » dafs 
ich dabey gegenwilrtig fvyn mufs ! Ich glaub- 
te »duitih meinen Befuch» mehiGemüth zu 
erheitern» und Bilder» fchw&rzer» als die 
Nacht des Todes » erfüllen es » und werden 
•niemals wieder daraus verlöfchen ! Künfti- 
ge » weit entfernte Jahrhunderte werden dei- 



nen Fall bedauern , o Edelfter unter den 
wenigen Edeln d«r Welt! und fie werden 
dem Wütricli' fluchen , der ihn veranlafst. ^ 
Aber beforge nickt , dafs deine Fronde je- 
mals die Gefinnüngen verleugnen werden, 
die &e deinem Umgange und deinem Un* 
terrichte zu danken haben. Du wirft immer 
knitten unter uns feyn ; wir werden glau- 
ben» dafs dein Geift auf unfre Thateitfieht, 
da(s feine Gegenwart uns umgiebt , wie der 
Äther f und bey allen zweifelhaften Fällen 
werden wir uns befragen : wie würde diefes 
Seneka aufnehmen? -* wie würde er hau« 
dein?— 'Kein dir unwürdiger Gedanke foll 
jemals deine Freunde entehren-; und wem 
nur ein Schatten davon vor der Seele vor- 
über geht, den wird Abtcheu und eine edle 
Angft erfüllen, wenn er an dieK gedenkt; 
er wird dein Bildnifs fehen, und ein heilt« 
ger Schauer wird fein Innerftes durchdrin- 
gen. — 

8 B N B K A. 

Denkt nicht su lange an mich und meinen 
Tod , meine Geliebt^ften ! nur eine kurze 
Zeit beweinet euem Freund. — Mein Le- 
bensende ift nahe! -— Die Bruft wird. mir 
zu enge ! — Ich — 




SS=BSSCSSS33SaSSS ""^ ■■■■■■■■ Uli.* 

POLYBIUS. 

Ach ! er fiirbt l er ift erkaltet l — Himmel, 
warum mufs ich ein Zeuge diefes Unglücks 
feyn I Was wird meinen Verluft erfetzen ! 
Nimmer werde ich di^^c^n abfcheulichen 
Tag vergeflen , der mir meinen vortreffli- 
chen Freund, und den; menfchlichen Ge- 
fchlechte feine Zierde raubt. -~ 

P MP B J A. 

Nun* ift es um mich gefchehen ! Mein 
Seneka! mein Seneka! wie erfchrecklioh 
ireugft du mieh ! Sage mir noch einmal , daCs 
du mich liebß! — Erbat feinen Geiß fehon 
zu den Unfierblichen gefandt, — Ach! wer 
errettet mich Yon der Angft , die meine Seele 
überfallt? Unausfprechliche Martern zef- 
reifsen mich! M^ine fch wachen Fülle zit- 
tern und erhalten mich nicht mehr , und die 
Bruft ift — und die Welt ift — mit zu enge — 
Wo bift du, mein Seneka? wo bift du ? Kehre 
zu mir Verlaflenen zurück 1 — • Nattern -^ 
Heere von Nattern eilen auf dich zu , und 
wollen dich tödten. — Seht , wie fie dea 
Ichuppichten Leib krümmen t Hdct wie &e 
zifchen ! -^ Rettet ihn ! o ! rettet meinen Ge- 
liebten ! — Aber — wie ift mir ? unbefchreib- 
liehe Angft zerrüttet meine Natur. Q Todl 



<26 3 



nur du kannft mich Tön meinem Elende 
befreyen. Ö meiil Seneka ! — 

{Sie erßicht Jich,) 
p oxr B I u s. 

Himm«] , was für entfetzlicher Pein bin 
ick aufgehoben ! Unglück folgt auf Unglück 
und Jammer äüf Jammer. O mein Freund» 
o meine FreundtnnI in was für einem Zu« 
flande hinterlafst ihr nitch! wie werde ich 
t»hne euch die Laft des Lebens ertragen! 
Die Ehre Rt>ms und die E^redes menfchli- 
chen Gefchlechts ifl dahin > und Nero und 
ihre Schande lebt^ Wann wirft du deine 
Rechte fchütKen? o Vorfehung! wer wird 
das Werkzeug deiner gewiffen Rache feyn? 
Pifo, Fenibs, ihr E)de1n— 
s B M c K A , derßeh von Her Ohnmacht 

erholt. 

Ach — - Ijft das Ende meiner Qual noch 
hiebt vorhanden ?— Eine Zeitlang hatte mich 
dasOefühlreilaflen, allein nun empört fich 
die Bruft^aufs neue— Himmel, was ifihie^ 
geichehen \ ^— <• Pompeja in ihrem Blute I Ent£> 
ietzlicher Anblidc , der mich mehr beunruhi- 
get, als alles » was ich jemals erlitten habe.-* 
Pempeja! o Allzugetrene ! Verzeuch;, ver*- 
zeuch, bis ich zugleich mit dir erblafieb 



öffnet mir die Binden , dafs alle mein Blut 
^ahin flie&e ! dals meines Elendes eiaEnd« 
werde! — 

[Pompeja wird weggebracht^ 

ZWEYTER AUFTRITT. 

5ENEKA 4JND DIB VORIGEN, 

JDJBR BOTE. 

. )> S R B O T B« 

- £in erichreekltcher Zufall verwüftet deine 
Vorwerke am Geßade des Meers , o Sencka ! 
Ich bin abgefchickt, es dir zu fa^n, Gewalt 
tige Winde erhvben fidi plötzlich , Finfter- 
inifs bedeckte den Himmel « Co , dafs die Vö- 
gel der Nacht erwachten. Flammen fuhren 
. iiiis der Erde ; h^ kradite , alt wenn alle 
JFelfen des Grundes bis zum Mittelpunkte 
^er Eide gefpaltet würden. Die See fchien 
SU klagen » erhub ßch » und rifs aus ihren 
'U£em. Die G^bAude ftfirzten ein vor der 
Macht der Wellen $ und «Schrecken und 
jdingfi erfüllte die ganze Gegend — Allein, 
ihr Götter ! was fehe ich ! Nun weifs ich, 
was diefex fürchterliche Zufall verkündiget 
hat. .*- 



-29$ 



F E N »U S, 

Ja , leider! kahnft du e« kier fehen ! Se* 
neka , dein Herr , der gröfste , ond der tu- 
gendhaftefte Mann unter allen Sterblichen, 
der Freund des Himmels, und die Zierde 
der Natur, flirbt, auf Befehl des elende- 
ften Böfewichts ^ den jemals die Erde ge- 
tragen hat. Nicht nur die Seinigen werden 
den Tod des Edeln beweinen , fondern die 
weite Welt , die er belehret hat , und de- 
ren Glückfeligkeit er fuchte. Der Himmel 
^ kündiget ihr, durch die entfetzliche Mrun- 
derbare Begebenheit , die GrölTe ihres Ver- 
lufies an — - 

DER BOTE. 

Ach ! welch ein Unglücksbote mufs ich 
feyh! Die Wiit der Elemente hat Furcht 
und Schrecken in der Gegend , von der ich 
komme ,' verbreitet ; aber die Nachricht, die 
ich ihr bringen werde, wird alle Bewoh- 
ner derfelben mit Verzweiflung erfüllen* 
Sie werden nun die wehklagende Stimme 
des Sturmes verft^en, und das rufende 
Meer wird ihnen fagen , dafs Seneka , ihre 
Freude und ihre Gläckfeligkeit, ftirbt! Vor 
Schmerz werden &e fich die Bruft fchla- 
geh , und das Haar fich von ihren HÜup* 



sssas= S229 — ■ ■ ■ 

tern reifsen. O gerechte Götter ! o Sene- 
ka ! o mein geliebteftef Herr ! (Er geht ab,) 

DRITTER AUFTRITT. 

SENEKA, PISO, POLYBIUS. 
FENIUS, DER HAUPTMANN 
VMD DIE WACHE. 

S BN BKA. 

Nun nahet fich das Ziel meiner Tage ! 
Atfaemloßgkeit , und kalter Schweifs über- 
fällt mich» und die Gegenftände fchwim- 
men mir fchon vor den Augen. — O We* 
fen aller W-efcn beflügle meinen Ausgang 
aus der Welt! — Gehabt euch wohl, mei- 
ne Freunde ! gehabt euch wohl ! — Ich — 
a«rbe! 

{Der Vorhang fällt zu.) 




PROSAISCHE 



AUFSATZE. 



233aBaBs 



I. 



Ich las -neulich, ehe ich mich fchlafeu 
legte, des Boiieau GefprSch, Pluto ge- 
nannt. Die Bilderdesunterirdifchen Reichs, 
die fich dadurch meinem Gemüth' eznge- 
praget hatten , waren yermuthlich die Ur« 
Cache des nachfolgenden Traums. 

Mich dünkte, dafs ich mich am Ein« 
gange der Unterwelt befünde, wo Mtnos 
auf feinem fürchterlichen Richterfiuhr- über 
die ankommenden Schatten der auf der 
Oberwelt verftorbenen Menfchen Gericht 
hielt; zu feiner Rechten fiand der Hüter 
der elyfäiCßhen Felder, und zu feiner Lin- 
ken der Hüter des Erebus. „Womit haben 
„Sie fich auf Erden befchaftiget , mein arti- 
ger Herr? " fagte Minos zu dem erften Schat- 
ten, der fich ihm näherte. Der junge Herr 
ward über die Frage nicht wenig verwirrt. 
Endlich erholte er fich» und antwortete, 
indem er ein Ballet zu tanzen fchien: „Ich 
„bin niemals muffig gewefen : alle Tage 
„habe. ich meine ungelehrigen Haare,, mit 
„Hülfe eines hei£sea Eifeas, und anderer 



' I I I 234 I " " "' 
9,Kunßgriffe , unterrichtet , in wallenden 
,yLoken za fpielen. Ich gewöhnte mein 
y^Geficht vor dem Spiegel zum Lächeln, 
9»und meine FuflTe zu Reverenzen, die ich 
V,mit groflem Aiiftande glitfchte. Im Pi- 
'9,rouett' , das ich auch vor dem Spiegel 
pizvLT Vollkommenheit brachte , hat es mix 
»«niemand meiner eiferfüchtigen jungen 
,,Zeitverwandteo zuvor gethan. Überdem 
,»las ich galante Schriften, und vergnttgte 
»,mit Ef^ählang der Begabenheiten , die 
„ich darinn fand, die Schönen bey mei- 
'„nen Aufwartungen am Nachttifche. Ich 
«»befuchte Konzerte und B&lle, und fang 
„und pfiff und trillerte." -— Und du haft 
dein Leben nicht mÜffig hingebracht? Tag- 
te Minos : Fort mit dir zu meiner Linken I 
Fort mit dir! Der Cerherus foli dir lauter 
Pirouetten fpritigen , und lauter Triller heu« 
len, damit du nicht aus der Gewohnheit 
kommeft! — Und du? bift du auch ein 
Müflfigg&nger gewefen? rief Minos hier ei- 
nem röthlichen und fetten Schatten mu, 
der auf den jungen Herrn folgte. Du haft 
iehr die Miene davon. — »tDet bin ich 
.»nicht gewefen , antwortete der fette 
„Schatten. Muffiggänger habe ich Immer 



'„ gehafsr. Die obne Verrichtung leben, and 
„alle Tage fpazieren gehn, und Felder und 
„Wälder durch Areicben » find MülBggünger» 
s, wenn &e. gleich vorwenden , dafs &e es 
»fthun, um die Schönheiten der Natur zu 
»»bewundem» oder im Schatten zu lefen. 
»» Ich war Prälat » und hatte meine Verrieh- 
»»tungen. Ich mufste meine Einkünfte be- 
,» rechnen , täglich zwey Kfichenzettel ma* 
)»<;hen » und metner Haushaltung vorfte* 
»•hen» und habe niemals im Schatten ge- 
»»feflen» alai etwa im Schatten von mei- 
,» nem groITen WeinfalTe," — Und . da ge« 
wifs nicht mütHg » verfetzte Minos. In Ely- 
fien ift zu viel Schatten für dich. Man 
bringe ihn nach dem Erebus » zu den Fäf- 
fern der Danaidenl Er hat genug, gezapft» 
er kann auch einmal anfüllen. •— Was haft 
du im Leben gethan? fragte Minos ferner 
eine Matrone» die auf ihn zukam. »»Ich 
»» habe meinem Manne » der Pächter eines 
M Vorwerks war» zwölf Kinder geboren» 
», die ich ihm mit meiner Hände Arbeit er- 
»» nähren half» und forgfältig und fromm 
»» erzog. Meine Mühe hat auch fo gut ge- 
^» fruchtet» dafs mein altefier Sohn einer 
», der beAen Obfigärtner in unferer Gegend 



„ifty auch den Ackerbau; und die Wirth- 



»9 
»9 



Tchaft der Bienen fehr gut verfteht ; und 
meine iütefte Tochter , die bey meinem 
^, Manne geblieben ift, weifs» ohne Ruhm 
»9 zu fagen, mit dem Obfttrocknen fo gut 
«»umzugehen , und ift überhaupt eine fo 
pt gute Wirthinn , als eine im - Lande. " 
Minos lichelte über die Einfalt der guten 
Frau , und Tagte : Hier wird ^e niemand 
heyrathen. Aber , fuhr er fort , dein Mana 
wird hier bald bey dir feyn , und ihr follt 
beide. •— Die ehrliche Frau fiutzte ein 
wenig » und erwiederte : »; Gut ! aber 
lywenn er nur nicht mehr fo viel Tabak 
»»rauchte! "Und Minos empfahl fie dem 
Hüter der elyfAifchen Felder. — Nnn- 
mehro folgte ein kaum fichtbarer Schat- 
ten. Er fchten der Schatten eines Schattens 
zu feyn. Auf die Frage des Minos » wie er 
gelebt habe? antwortete er: „Ich habe ge- 
„ fucht » meine Schuldigkeit zu thnn » und 
„ den Endzweck zu erfüllen » wamm mich 
V, die Götter auf die Erde gefetzt. loh bin 
„aber doch nicht glücklich gewefen. Ich 
»»hatte einen kränklichen Leib, und war 
»» von trauriger Gemüthsart» und habe bey 
„ meiner Unfchuld mehr als Erebos Qualen 



■ ■ ' asa^ga 237 ssbssssssss=sss^ 

„eilitten." Da bift milzruchtijg gewefen, 
(agte Minos. Fftnge mir nur hier nicht aa 
zu klagen. Und was hielteft du für deine 
Schuldigkeit, die du dich befirebt haft zu 
thun? »,Was mir Tugend» meine Vernunfty 
„und die Ehre befahlen , " erwiederte der 
ddrre Schatten ; „denn ich hielt ehrliebend 
„handeln , und der Götter Willen erfüllen, 
„für einerley. — Er war , " fieng der Schat- 
ten feines Nachbarn an , der unmittelbar 
auf ihn folgte , „er war das Glück und 
y,der Troft feiner ganzen Gegend, — O 
„nein ! fagte der Traurende , o nein ! ich 
„habe die ganze Gegend traurig gemacht. 
„Ich — Er hat allen Ärmern von feiner 
„Armuth mitgetheilet , fuhr der Nachbat 
„fort, und ohne ihn hätte ich mein Leben 
in grolTem Elende hingebracht. Er war 
mäffig, keufch, mitleidig, grofsmüthig, 
dankbar, unvermögend zu der geringftexl 
„Bosheit, ganz Ehre und ganz Freund- 
„fchaft; nur feine traurige Gemüthsart , die 
„Yon einer kränklichen Leibesbefchaffen- 
„heit , und von hochmüthigen Böfewichtern 
„vermehret ward , die ihn aus Neid läfter« 
ten, und verfolgten , war Schuld, dafs 
er iiichtf feinea Verdienten nach, glück« 



9» 
9» 



»9 
»9 



gas I 

„lieh war." — „Nein, nein! ieb habe 
„meine Schuldigkeit " — rief der traurige 
Schatten. — - Minos winkte dem Aufleher 
der elyräifchen Felder, die beiden guten 
Schatten in Empfang zu nehmen. Der Nach- 
bar ifi auch ein ehrlicher Mann gewefen, 
fagte Minos; denn es ift fchon eine grolTe 
Tugend , der Tugend Gerechtigkeit wieder- 
fahren zu laOen. — Kaum berührte der 
Hüter Elyiiens den traurigen Schatten , als 
Freude und Entzückung au^ feinen Augen 
fah, und fein ganzes niedergefchlagenes 
Geiicht fich aufheiterte , fo wie eine Blume, 
vom Regen nafs , und von Stürmen ge- 
drückt , der fchnell hervorkommenden Son- 
ne fchimmeind entgegen lacht* — 

Cerberus fieng nun gewaltig an zu heulen. 
Er bewillkommt feine Gafte, fagte Minos. 
Dort kömmt ein ganzer Schwärm betrunkner 
Böfewichler an. Sie haben fich Muth getrun- 
ken , und find in der Schlacht getödtel wor- 
den , die itzt eben auf der Oberwelt gelie- 
fert worden. Ein gräCsliches Gefchrey , von 
dem ich, au&er Tcremtette! bajzom a* lel" 
ket / ftich ! Hund ! tue ! tue I nichts verfiand, 
wirbelte von ihren bärtigen Lippen , fo ^ daGi 



a—aateeai i'i laeaa 33^ ssssssssssssssaar 

das ganze unterirdifche Jleich davon er* 
fcholl , und ich vox Schrecken aus dem 
Schlaf erwachte. 

IL 

MEIN HERR AUFSEHERr 

SiB glauben durch ihre Spöttereyen und 
liiiligen Einfälle die Welt zu beflTern , und 
es ift möglich, daüs Sie etwas Gutes da- 
durch ßiften , ob ich gleich zweifele , dafs 
es viel feyn werde. Die Menfchen denken 
feiten y dafs fie die Urbilder der lächerli- 
chen Abfchilderungen flnd , die man in den 
Schriften der Satirenfchreiber findet ^ und 
machen gern andere dazu ; wodurch fie denn 
eher boshafter » als befler werden. Wäre 
es al£b nicht von gröIFerm Nutzen, wenn 
Sie der Welt Gemälde von edlen Charak- 
tem > tugendhaften und grollen Handlungen 
u. d. gl* vor Augen legten , und . fie auf 
diefe Art zur Nachahmung anfeuerten 7 Bey- 
fpiele von Verachtung der Beichthümer» 
von-Standhaftigkeitim Unglück', von aufser» 
ordentlicher Freundfchaft , feltener Treue 
und Redlichkeit , Mitleiden gegen die Ar> 
meji> Aufopferung feines eigenen Nutzeus 



fiii den Nutten 4^ Welt ; und mit eineift 
Worte 9 B^rpiele von HandUn^en » die 
aus der GröiTe der Seele entfpcangen find» 
Tühren ungemein, reizen zur N^achahmung» 
und beflfern mefai^» sls aller Spott und alle 
Gei&elu der Satire.. Damit ich meine Mey-- 
nung begreiflich mache; fo erlauben Sie, 
d^£s ich ihnen ein Paar Exempel von die-* 
fer Art erzähle, die ich beide aus Luciaai 
Toxaris genommen habe« 

Eudamidas , ^ ein Korinther , hatte zw9y 
Freunde , den Charixenus , einen S^cionier, 
und den Aretheus, einen Korinther. Weil 
er nun arm , feine zwej Freunde aber reich 
waren, machte er fein Teftamen^t folgen* 
dermalTen : „Dem Aretheus vermache ich, 
i,meine Mutter zu ernähren, und ihr in 
„ihrem Alter beyzufiehen ; dem Charixenus, 
f^mekke Tochter zu verheyrathen , und fie, 
^,fo gut, als es nur immer möglieh ift, aus« 

.„zuftatten. In dem Falle aber, dafs einer 
»,von beydea mit Tode abgehen follte : fo 
„fetze ich den noch Lebenden an des Vor- 
^ftorbenfn Stelle ein." Diejenigen,. welche 
diefes Tefiament zu fehen bekamen , fpot- 

<tetei]^ darüber; allein feine £rben nahmen 



.iBSS^BsssEsasasssB 241 BssBssssssssssssaas 

dalTelbe » auf die erhahene Nachricht , mit 
befoiiderm Vergnügen an. Ja » als einer voxx 
ihnen , Charixenus » fünf Tage nachher ge- 
ftorben » und feine Stelle zum Vortheil' des 
Aretheus erledigt worden war ; ernährte die- 
fer die Mutter forgfältig » und gab von den 
fünf Talenten» welche er im Vermögen 
hatte, zwey und ein halbes femer einzigen 
Tochter mit , die andern zwey und ein 
balbes aber der Tochter des Eudamidas, 
welchen ier auch allen beiden an Einem 
Tage die Hochzeit ausrichtete. 

Und nun höjren fie auch die zweyte Ge- 
fichichte. 

Um die Pracht der Pyramiden » die me- 
tallene Bildßlule des IVIemnons, die Toa 
der Morgenfonne erklang, den Nil, und 
andere Wunder der Natur uudKunftzufe* 
ben , 7eifete Demetrius nebft feinem Freun- 
de Antlphilus , die fich beide den WiflTen* 
fehaften gewidmet hatten, aus Griechen- 
land nach Egypten. Kaum waren &e dafelbA 
angekommen, als Antiphilus erkrankte. 
Demetrius liefs ihn in den Händen eines 
Arztes , und eines Bedienten , Sy ras ge- 
nannt , und verfolgte feine Reife den Nil 
belauf. Sytus war indellen ron ungefähr 



■ ' 242 > 

mit Baubern in Bekanutfchaft gerathen , die 
ihm geßolilne güldne und Blbeme Gefäfle 
aus des Anubis Tempel , wie auch' den' 
güldnen Gott felber » in Verwahrung gege- 
ben hatten. Die Sache ward ruchtbar : man 
warf, wegen des Bedienten , Verdacht auf 
den Herrn ; und Antiphilus ward nebft dem 
Syrus und den Raubern in Verhaft ge- 
nommen. Man brachte Re in ein finfieres 
unterirdifches Gefangnifs» und legte fie in 
Ketten. Antiphilus mochte im Verhöre den 
Bichtem Ton feiner Unfchuld fagen, was 
er wollte » er blieb in Ketten und im fin* 
ftern Gefängnifs' in Gefellfchaft derBauber. 
Er überliefs fich hierauf, einige Monate 
lang, dermalfen dem Schmerz', dafs er zu 
letzt keine Speife mehr zu genielsen ver- 
mochte, dafs der Schlaf ihn floh, der ohne- 
dem auf der harten und feuchten Erde nicht, 
fanft feyn konnte, und dafs er beynahe, 
da er kaum genefen war, wieder in eine 
todiliche Krankheit verfallen wäre ; als eben 
pemetrius von feiner Reife zurück kam. So 
b^ld diefer erfahren hatte , was vorgieng, 
eilti^ er zu dem Gefängnifs*, und brachte 
es, ^urch Bitten und Flehen, bey dem 
Kerkcrmeifter fo weit, dafs er zu dem 



«43» ' ' ' 
Antiphilus , von dem Kerkermeifier beglei- 
tet ,- gelaffen wurde. Er erkannte feinen 
Frennd nicht mehr : fo hatte denfelben 
der Schmerz und das Elend verftellt > und 
er mufste ihn mit Namen rufen i um ihn zu 
finden. Mit taufend' Thränen umarmeten 
fich endlich die beiden Getreuen. Demetrius 
rprach dem Antiphilus Muth ein ; und weil 
er fähe, daCs des Antiphilus Kleidung im 
Kerker von Feuchtigkeit zernlTen und ganz 
▼erdorben war » zerfchnitt er gleich feinen 
eignen Mantel in iwey Stücke, und* gab 
dem Gefangenen die eine Hälfte; weil er 
auch 4uf die Reife fäft alle fein Geld ver-^' 
wandt liatte, fo fafste ^er den Entfchlufs; 
duf ch körperliche Arbeit , ob er ^e gleich 
nicht gewohnt War» feinem' Freunde tind 
fich Unterhalt zu verfchaffen , und half, mit 
fchwachem Leibe » den Schiffern Laften in 
die Schiffe tragen. . 

So>tnfihfte er fich und den AntipbUuJf 
•inetiemlidhe Zeit, und fchaffte ihmetWa» 
Bequemlie^ikeit und Linderung feines Un- 
glücks. Alljsin bald darauf ftätb einer, ron 
den 'Räubern, und man mufhmaflete, dafs 
^r Gift eingenommen hjttte. Dem Demetrius- 
watd alfo'^, wie' einem jeden i 'der IZugang 



«u dem Kerker unterbot. In diefen trauv 
rigen Umfianden , die ihm das groGrte Un- 
glück tn feyn fchieaen , waftte er kein ander 
Mittel f zu feinem Freunde zu kommen» 
als lieh für mitfchnldig anzugeben. Er thal 
es, und w^rd zum Antiphilnsgefiihrt. Die« 
fer erftaunte , als er den Demctrius unver- 
muthet, in Ketten » wieder Iah * und zer- 
flofs in Zühren fiber diefe neue Probe feiner 
grofsen Freundfchaft , und feines edlen Ge*. 
mfiths. Sie weinten beide toU Z&rtlichkeit, 
und tr&Eelen fich mit derFfirforge des Him- 
mels» üem iie Yertrauten. *— Lange Zeit 
faifen fie ohne Hoffiaung der Befre3rung , und 
waren wund yon den FeSeln » und abge* 
fallen Ton Gram und Yon der fehlechteA 
Nahrung , die man Urnen reichte ; bis ei- 
ner der RAuber Gelegenh^t fand, durch 
Seheidr^alTer lieh und alle Gefangenen 
Tpn den &^en zu befreien » und ans deaa 
GefangniCi' zu hMlen. Ein jeder der Erldfe- 
len rettete fich tnit der Flucht , fo' gnt er 
konnte » nur Demetrius und Antiphilus blie* 
ben zurück ; und fie meldeten felber dem 
Präfektus» was Torgegangen war. IBefer» 
der nunmehr vdn Ihrer Unfchuld fibeizeugl, 
ward» lobte fie fehr, befcheukle fie,. be- 



«45 , 

fondeis den Demetrius » fo reichlich » da(s 
^e, ihr ganses Lehen- durch t keinen Man- 
gel KU beforg^n hatten, und lieb fie ver« 
^Qgt in ihr Vaterland siirück kehren. 
Ich bin» 

MKIN HBRR AUfSBHBR! 

Ihr Freund und fleiüsigerLefer » v.K« 



Ilt 
CHARON vNO KATILINA. 

» 

BI M QBS PRlcff. 



CHAROK» 

Dbi-n Schatten ficht ja (ehr blutig und cer- 
fetstaus. Du biftgewifs «in Held gewefeo» 
und in einer Schlacht geblieben T 

K An L I M A. 

Du ritheft recht. Ich war ei ^ und bin in 
«iner Schlacht geblieben« 

CHARON. 

Wieheifseft du? 

KATILINA«. 

KatÜina. 



. C H A R O N. 

Ich kenne dich. Viele Römer , die. ich 
über den Flnfs gefahren, haben mir Be* 
fchreibungen von dir gemacht Aber warum 
fuchteft du den Untergang deinies Vaterlan- 
des? Was hatte es gegen dich verbrochen? 

K A T'I L I N A» 

Es war ungerecht, gegen mich , pnd ver- 
Tagte mir Ehrenftellen , die ich verdiente. 
Ich wollte mir alfo das mit Gewalt fchaf- 
fen, was man mir, :weil ich ohne Gewalt 
war 9 verfagte. Ich hatte einerley Abfichten 
mit Cäfam, und war. fojgro.fs als er, nur 
nicht fo glücklich. 

C.H A RO K. 

Du warft alfo wohl ein tugendfaaf^erMann? 

K.A T I L Z N A. 

Um dtefft V'erdienft der Schwachen habe 
ich mich fo wenig bekümmert , als . Cäfar. 
Ich war ein ^olser Feldherr und Staatsver« 
ftändiger^ voller Ehrbegierde und grollen 
Anfchlige. « 

CH ARO N. 

Alfo warft du ein . aufserordentlichec 
Mann» wie alle berühmten RAuber auch 
waren : aber kein großer Mann , denn die- 
fer muls zugleich redlich und tugendhaft 



teyn. Ift es wahr , dafs du der WoUuft Co 
Cehr ergeben gewefen? 

KATILINA. 

Ich habe geglaubt, dafs ich auf der Welt 
w&re , um glücklich zu feyn : daher habe 
ich mir freylich keine Art des Vergnügens 
verfagt. 

CH ARON. 

Das heifst: du haft gefchwelgt» und be- 
trogen um zu fchwelgeH;du hafi alle Nach' 
te mit Tanz und Unzucht hingebracht , und 
den halben Tag verfchnarcht. Um zwölf 
Uhr Mittags lieCseft' du dich aus dem Schlafe 
wecken , es mochte Tag oder Nacht feyn ; 
nicht Wahr?' 

KATILINA. 

Du fcherzefi. Ich war aus Gründen wol- 
lüßig, wie du gehört hafi. Allein meine . 
Neigung zur Wolluft hinderte nicht,, dafs 
ich nicht Kulte und Hitze, Hunger und 
DurU , und alles Elend , trot« jemand , er- 
tragen l^onnte, fo bald es nöthig war. Rom 
hat es etfahren. — Niemals hätte ich einen 
Pofi,ei^, den ich vertheidigte , aus Mangel 
TonGemächlichkeit undLebensmitteln über> 
geben. Ich h&tte meine linke Hand gegelv 
Ten , um mit der rechten noch zu ßrciten; 



C H A R O N. ' 

Ein ganz beronderer Mann! Du hatteft 
den Galgen oder den Thron verdient, Ka- 
tilina! Das Rader wäre eine Begnadignag 
für dich gewefen. — Doch* konim, und lad 
dich begnadigen! Du biß flarkund nerricht, 
greif einmal das doppelte Ruder aA » und 
verfuch' deine Kr&fte! ich will dich mir vom 
Pluto znm Ruderer ausbitten , damit ich AI* 
ter ein wenig beym leichten Steuer ausru* 
hen kann. \ 

IV. 

MEIK HERR AUFSEHER! 

DtB M&he» welche fich Ihre Vorginger , 
der Zufekauer und der alte Aoffeher^ um 
die Verbeffemng der Sitten gegeben» ift 
nicht firuchtlos gewefen. Be fonders hat daa 
Fogenannte fchöne Gefchlecht feitdem feine 
Hälfe und Waden wieder bedeckt , daron 
orftere immer langer wurden » und letztere 
immer mehr zum Vorfchein' kamen» fo 
daCi » wenn die Kleidung ron unten und oben 
noch immer mehr zußimmen gefchrumpft 
w&ffo » die Damen endlich zu dem Feigen- 



«49 "■■^■===^iBi>""B: 

blatte ihrer erfien Mutter zurück gekommen 
wiien. Die ungeheuren Fifchreufen , darinn 
oft ein ungieftalterFirch fteckte, ich meyne, 
die Reifröcket find durch die witzigen Spöt> 
tereyen dtefer Ihrer Vorgänger auch aus der 
Mode gekommen. 

> Aiich die eiferfüchtigften Ehemänner fa- 
hen endlich ein , dafs Pope recht gehabt , 
davon zu Tagen : 

Diefes fieben£iche Bollwerk wid«rfteht nicht 

llets der LiAt 
Ob es gleich durch WallfiCchrippen and durch 

Reifen fbrchtbar ill. 

Sie widerfprachen alfo derDemolirung die- 
Tes Bollwerks nicht mehr, und man fieng- 
an» fich natürlicher zii kleiden. > Die Ama- 
ftonenkleidung 9 die, nebft einigen andern. 
Ceitdem. aufgekommen » fo oüLnnlioh &e auch 
au^fieht ,* fiehl doch nicht buhlerifoh > Ion- 
dem fittfam genug aus«Jndem Ee die Hälfe 
und Beine verkürzt. — Allein, welcher 
Qeift det Frechheit mufs den Schönen ein* 
gegeben hieben, daCi eine jedePerfon, die 
einen I(ut aufhabe, auch reite« muffe! 

3iQ galoppire« i.tzo, traverfiren» und 
iommein ihre Pferde trotz einem KüraiBc- 



rer, und man hört He von Karriere und 
Karakol fprechen , und mit diefen Knnft- 
Wörtern der Reitknnft, gleich einem Stall* 
meifter» in Gefellfchaft um lieh werfen. 
Mann kann von ihnen Tagen, was einer 
untrer Dichter von einem andern Eagt , der 
Befchreibungen von Turnieren u. d. gl. ge- 
macht hatte: 

Wer ift, der fo, wie da, 

Oet Pferde KöpP «od Sitten alle kennet, 
Da Pferdebändigerl— ^ 

Was ift ^in grdflTeyer Beweis, dals nichts 
auf der Welt fo ausfchweifend ift, dazu 
fich die Menfchen nicht verleiten laflen, 
ads diefes, daCi das fchöne Gefchlecht, 
welches fein g^ses Leben durch auf alle 
möglichen Mittel zu gefallen finnt, und 
faft ganz allein darauf finnt , durch nichts 
aber fo fehr gefällt, als durch SittCamkeit, 
da£i diefes Gefchlecht auf Ausfchweifungen 
ger&th, die der Sittfamkeit, und feinem 
Endzwecke zu gefallen , fo fehr entgegen 
find! — St. Evremond glaubte, dab die. 
Gelehrfaikikeit eine Frau ziere, fo wie ein- 
Stutibart &tf zieren würde : (welches doch 



ohne EinfclirJUikiing nicht zugegeben wer> 
den kann) was würde er nicht fagen » wenn 
er itzt auflebte , und eine nnferer Amazo> 
aen einen Springer reiten fahe ! Käme ihm 
zu gleicher Zeit einer von unfern gefchmink- 
ten und mit Schönpfläßerchen fchattirteu 
jungen Herrn vor die Augen : würde er nicht 
des altern Plinius Erzählungen von ver- 
wandelten MAnnern in Frauen «und Frauen 
in Männer » für wahr halten und glauben, 
dafs diefe Art wieder aufgelebt wäre ? 

Doch das mindere Gefallen ift der ge- 
ringfte Schaden y den Jich das fchöne Ge- 
(chlecht durch diefe allzumännlichc Auffüh- 
rung zuziehen kann. In welche Gefahr ge- 
Täth es nicht » wenn fein Blut , durch die 
heftige und ungewohnte Bewegung , in Wal- 
lung gebracht wird ! — Ich habe einen ver« 
buhlten jungen Herrn gekannt, der keiner 
Dame lieber die Aufwartung machte , al< 
wenn &e eben vom Pferde gefiiegen war, 
und er fagte , dafs er niemals glücklicher 
gewefen , als bey folcher Gelegenheit. -*• 

Sie werden der Sache weiter nachden*i 
ken, mein Herr Auffeher, befondets da Sie 
felber eine Schwefter. haben, die gern als 
eine Amazontnn reitet ; und wie ich hoffe'. 



252 



• 

werden Sie der weibliehen Welt Ihre Be- 
trachtttngen darüber nicht mi&gdnnen. Sie 
find diefes dem Nutzen der Hälfte des 
menfchlichen Gefchlechts» allen ehrlichem 
Ehem&nnem , und fieh felber fchuldig. 
Ich bin u. f. w. 

Berlin» den 10. Maj 1759. 

Leberecht Fulsgänger^. 

V. 
Ich habe einen Freund » der ein Engl&n-'' 
der und Dichter und ein befonderer Lieb- 
haber vom • Spazierengehen ift. Neulich» 
als ich ihn des Abends in (einer Behau- 
fung vergeblich gefucht hatte , fand ich ihn 
im Walde auf einem Felshflgel im Gräfe 
ruhen , bey einem Kleinen Bach* , der un« 
ter einer Decke von wilden Rofen hervor 
fchiefst» und, in Waflferftaub und Schaum 
aufgelöft » in's Thal fällt. Das Geräufch des 
Walferfalls verhinderte ihn» meine Ankunft 
zu hören. Ich fchlich mich hinter feinem 
Kopfe heran» und ward gewahr» dafs er 
in feine Schreibtafel» unter lautem Seuf- 
zen » uiid mit VergieCiung einiger Thränem 



die lezten Zeilen einer Poefie fclirieb. — «■ 
Nun wollte er aufftehen , und fah mich. ><*- 
Sind Sie fcbon lange hier ? fagte er etwa« 
«rrethend; ich habe Sie nicht kommen 
^ören» Seitdem Sie fo laut feufzten» bii> 
ich fchon hier» antwortete ich, und al» 
ihnen Zähren auf die Schreibtafel fielen. 
Der (chöne FrOhling und diefer fchöne 
Frühlingsabend, verfetzte er, hat mich in 
•ine fo angenehme Wehmuth gebracht , dafs- 
ich nicht widerftehen konnte , einige mei- 
ner Empfindungen niederzufohreiben , und 
dabey kann ich in Gedanken gefeufzt hal- 
ben. Er tfaeilte mir hierauf feine Arbeit mit, 
mid wird mir rerzeihen, dafs ich i^e in 
•iner fchwachem ptofaifchen Überfetzung 
bekannt maehv. 

,,Wte fanft raufcbt diefer Waflerfall , und 
„hört nicht auf zu raufchen ! Wie zittert 
9,feine Flut im Thal' unter Blumen fort, die 
9»fich Aber feinie Fläche biegen ! Noch ror 
»»kurzem ftürzte er unter einem Bogen tou 
„Elfe hervor; die Erde lag traurig undbe- 
„trftbt , in eine weifse Todtenkleidung ge* 
», hüllt. Büfehe und WAlder waren mit 
»iFlocken befbhleyert^ und von ihtete fin- 



»9 



99 



»Agenden Bewohnern verlafTen. Die fiar* 
,,fcen Leiber der Stiere und der Hirfche 
,,waren mit Reif und Eife begofTen , dafs. 
„ße wie in tönenden Panzern einhergien- 
,',gen. Alle Gefchöpfe fühlten die Laß des 
„Winters. — Wie gnadig ift Gott! wie ver- 
jüngt und erquickt er alles» was. lebet ^ 
Denn Er war es, der mit allmächtiger 
„Hand den Lafien der Weltkörper den er- 
„ften Schwung ertheilte , durch den &e ewij; 
in ihrem Gleife laufen» und die Abwech- 
felung der Jahr^ieiten hervorbringen.— 
Die röthcre Sonne fieht itzo die grüne und 
„blühende Erde im Meer' ihrer Stralen um 
»yfich'fchwimmen. Der Wallfifch ruht auf den 
„wärmern Fluten gleich einer fchwimmen- 
„denlnfel, oder ftürzt fich .in den Abgrund 
„des Meers » und erregt Strudel , indem er 
„fcherzt; und der Nautul ift fich felbfi wie- 
,,der Schiff, Ruder, Segel und Steuermann.. 
,,Unzähl|>are8 Geflügel, das unfere Fluren 
„verlalTen hatte, eilt itzo fröhlich -.über'« 
,,Meer heran, und rei(et gleichfam in Heeren 
„auf den unfichtbaren Wellen der Lpft. Alle. 
Wälder erfchallen von Tönei^ fröhlicher 
Bürger. Der Elephant und alle ungeheuren 
„Thierberge» das mannigfaltige kleine Vieh, 



»9 
9» 



^55 
yyund alles Gewürm» das in derErde, das in 
„den Bäumen der Wülder^das in d^rLuft 
,^und in den Waflernlebt, fühlt denmdch- 
yytigen Hauch des allbelebenden Frühlings. 
„O danket dem Herrn und preiCet feinen 
„Namen, alle die ihr feine Gnade fühlt. 
,tKm allgemeines Konzert Aeige Ton euch 
„zu feinem Throne empor 1 Leiht mir eure 
»»Stimmen » ihr Donner » di^ ihr itzo wie- 
,>der in den Lüften wohnet » das Lob des 
»»Herrn der. Erde zu verkündigen ! --*> Und 
„o ! wie reizend funkelt dort det Abend- 
»»hinmiel in purpurfarbnem und goldnem 
»»Lichte ! Dort gleicht er einer Landfchaft 
„vollWiefen, voll Wäldcf, voll Berge» 
»;voll Seen; und dort einem Meere voll 
„feuriger Wellen. Holde Gerüche verbrei- 
„ten fichyund eine tiefe Stille herrfohtüber- 
»»all » die nur vom Gemurmel des kleinen 
»»Bachs geftöret» und von Zeit zu Zeit von 
„dem melancholifchen Liede der Nach-', 
»»tigall unterbrochen wird» und von einer 
»»ländlichen » feufzenden Flöte. — Sey ru- 
,»hig mein Herz ! fey ruhig wie die Luft ! 
»»und fey es immer! nie empören 0ch ftür- 
^»mifche Leidenfchaften in dir» aufserHafs* 
»»und Zorn gegen Ungerechtigkeit und La* 



95^ 

,»ier! — - Herr'» der du mir den Morgen 
»»und Mittag meines Lebens ertragen haiffi, 
»»laff den Abend deüTelben , der fich mitge- 
»»fchwinden Schritten nahet» ach lafii ihs 
„fchöner» als den Tag, feyn! Lafs mich» 
»»wenn er kommt » Co wie den Werbenden 
»»Tag » Tor Freude glühen » da{s ich deine 
»»Wohnungen» dais ich deine Herrlichkeit 
»»fehen foll. -— Und ihr » meine Freunde » die 
»»ihr mir Glück» Ehre» Reichthum » und al-- 
»»les wäret» die ihr meine Fehler und 
^»Schwachheiten » um meines Herzens wil> 
»»len» überfahet» weint dann einige Thrä« 
»»nen um mich »wann meine fchon halb ge- 
»»brochenen Blicke entzückt um den Hirn- 
„mel taumeln werden.' 



»> 



VI. 



£ s ift ein Glück für das menfchliche 6e- 
fchlecht» dafs» bey den unter ihm eingerif* 
fenenLaftern» die Neigung zur Wolluft viel 
gemeiner ift » als die Ehrfucht und die Nei- 
gung zum Gelde ; fo dafii man wohl hun- 
dert Wollüftige (deren Hauptneigüng die 
WoUuA ift) gegen sehn Ehrgeizige und ge« 



gen Einen Geldgeizigen (deren Hauptlei« 
denfchaft Ehrgeiz und Geldgeiz ift) unter 
ibm antriih. Die Habruchf ia der GefelU 
fchaft and der Harmonie und GlückfeUg*' 
keif des Ganzen fo zuwider , dafs die Men« 
fchen entweder fehr elend feyn würden, 
oder dafs ihr Gefchlecht ganz untergehen 
tttüOstay gefetzt auch, dafs esfich durch die 
Zeugung fortpflanzte , wenn mehrere Geiz^ 
hülfe darunter rorhanden wkren. Neid,Hafs, 
Verleumdung, Verfolgung, Arglifi, Be- 
trug, Diebfiahl» und endlich Mord und 
Blutvergielsen , würden die Welt alsdann 
so einer Mördergrube machen ; und es wäre 
dann erträglicher , in Wüßen , unter lauter 
Schlangen und Skorpionen , Löwen und TU 
gern, als unter Menfchen, zu wohnen. 
Und was der Ehrgeiz für Unglück fiiftet« 
braucht keines Bewetfes. Wem die Gefehich« 
ten der Welt ein wenig bekannt find, fin* 
det, daCsoft der Umfturz gewaltiger Reiche« 
allgemeines Elend , und die Vergiefsung des 
Bluts Ton Millionen Menfchen , durch diefe 
Leidenfchaft iß verurfachet worden. IndeOTen 
iSt ein kleinq^ Übel allemal ein Übel und 
der übertriebene Hang zur WoUilß verleug*> 
net feine Natur eines Lafiers nicht» und ' 



wirkt gleichfalls nicht, wenig Böfes. -Nicht 
zu gedenken , da& es um alle Kunfie Und 
WilTenfchaften übel ausff hen wüide , wenn 
lauter WollüfiUnge die Erdebewohnlen» die 
lieh aus Ha£s gegen die Anftrengung « und 
aus Liebe zur Gemächlichkeit , bald um alle 
Gemächlichkeiten , ja gar um die Nothdürf- 
tigkeiten des Lebens bringen würden ; fo 
frageich nur riß wohl jemand unglücklicher, 
als diejenigen» die nichts , als angenehme 
Empfindungen , die nichts , als die höchße 
Wölluft fuchcn? Denn fo bald ihnen an- 
genehme Empfindungen abgehen » verfallen 
Sie in Traurigkeit und.Schwermuth. Und 
wie folUen he ihnen nicht bald abgehen» 
da gemeiniglich heftige Vergnügungen , die 
die ganze Seele erfchüttem, und gleich- 
fam in jeder Nerve gefühlt werden» ihr 
ganzer WunCch, unfchuldige aber für iie 
zu matt und unfchmackhaft find? Graufa- 
me Kranliheiten » Abnahme der Kräfte des 
Leibes und des Gemüths , VerluR der Ehre, 
des guten Namens und des Vermögens» ja 
oft der Ruin ganzer Familien » find unaus- 
bleibliche Folgen ihrer AusCchweifungen. 
Alsdann gehabt euch wohl» angenehme 
Empfindungen! Unruhe» Angft und Vet* 



7.weifIunghatitzo euren Platz eingenommen» 
. und die Seele des Wolltifilings überfallen, 
der dabey doppelt' unglücklich iß , je we- 
niger.erdtefer Feinde feines Glücks gewohnt 
vrar. — ^Zwar leben die Menfchen zum Ver- 
gnügen ; denn der gütige Schöpfer hat 
uns aus Liebe aus dem Nichts hervorge- 
rufen : allein befiehet diefes Vergnügen in 
der Unzucht? oder darinn, dafs wir un- 
fern Leib zu einem Keller, und unfer Le- 
ben zu einem langen BalTetfpiele machen ? 
Sind keine ünfchuldigern Vergnügungen und 
Freuden möglidi? Der Umgang mit Ter- 
nünftigen Freunden ift ein weit mannigfal- 
tiger Vergnügen » und kann uns , ohne Wein 
und Spiel, mit Freuden überhäufen. Und 
wahre Freunde werden keinem fehlen, der 
fie «tt haben werth , und felbft ein Freund 
SU feyn fühig Ift. Überdem bietet uns das 
greife Reich der Natur und der KÜnfte tau- 
fend eclaubte Ergetzlichkeiten dar : 



• Sieh! sni wifikt die Natnr; Mit Bnaasf^recii- 
lieber Anmnth ' 

. Hattcht fis Zufriedenheit ans. lieh , wie der 
tnbige HimiKel 



WoUcAloi 4orch di« g«f eiligen Zweige der 

Linden henbieht! 
^les iaschzt Freude > nad Udet tnt Lall.« 

. WISLAVO. 



Für ufkB duften die B(ameii; f^ uns raufehc 
der&ch fchUngelnde Bach lukter einem diui- 
kehl Gewölbe von belaubten B&imeh fort» 
daa von dem* Gelange der Vögel etfcballt; 
der- Felder und Auen .beblOnite bunte De'- 
cken prangen für uns ; f&r uns bemalt die 
Sonne den öftltcben Himmel mit Gold and 
Purpurfarbe. Alles , wohin wir die Augen» 
worauf wir die Gedanken richten » alle« 
fallt unfer GemOth mit Freude und EntKü^ 
flkung. Und was gewähren uns die KOa« 
Ae nicht für Vergnügen l was für. ein weit«« 
Feld angenehmer-BefchSftigungen efoffnei^ 
fie yoiM nicht! Wir find |a nicht nnr.snm 
grpben Gefühle der Sinne, {bndera auch 
ti»m Denken und Wirken erfchaffen ; und 
nur durch Arbeitfamkeit und vernünftige 
Handlungen gelangen wir su eine^ wahren 
viid dauerhaften Gemüthsrnhe. Der Wirk-> 
lame» der tugendhafte, kann mil Recht 
lagern, und ts iitEcCÜllung bringen» wa» 



der bekannte Herzog von Orleans» Begent 
Ton Frankreich , gelagt hat : 

Icli will mich jlets bcy jeder kleiae« Oibei 
Die mir 4er Himmel f iebt y erl^esn \ 
Ich will dea Weg> den ich s» lasfea habe« 
Mit Blnmes mir beftrena* 

Folgenden Brief» den lohror einigen Ta-v 
gen erhalten habe » k«nn ich nicht umhin» 
meinen LefeniL bey diefer Gelegenheit mit« 
xutheilen : 

MEIN HEBB» 
D A ich eben font^oh) auf ien Nutzen des 
menfchlichen GercHleolits bedacht bii^» als 
Sie» aber keine Gelegenheit habe» meine 
Abfichten allenthalben bekannt zu macheil ; 
fo erfuche ich Sie , diefes Aatt meinet zu ver- 
richten . - Ich habe feit her durch Verfertigu A|^ 
glitferner Augen »wei&er und rother Schmin- 
ke » einfacher und doppelter Bufen » dem 
menfchlichen Gefchlechte zu dienen gedachte 
«ülein die vielen Pfufcher und- Affen mdlne> 
Kunft haben verurlacht » dafs ich den F^is 
meiner Waaren utn ein merkliches habe 
heruntei fetzen mtÜT^n« I^fzt bin ich auf eiae 



a6g ^— — " I ti 

Erfindung gefallbn , davon ich nicht allein 
der Welt, fondem auch meinem Beutel vie- 
len Vortheil verfpreche. *Ich habe in unfc- 
rer Stadt manche Leute beiderleyGefchlechts 
ohne Nafen herumwandern fehen', und da- 
her eine Art Nafen von leichtem Holze zu 
verfertigen angefangen > die ich mit Drat an 
die Überbleibfei der weiland fleifchernen 
Nafe bcfeftigc, und- ihr derfelben Farbfe ge- 
be , fo dafs man fchwören follte, die alte 
Nafe fey wieder hervorgewachfen.Dafs diefe 
Erfindung von Wichtigkeit und Nutzen fey, 
werden Sie felber einfehen , und daher fo 
gütig feyn , meine Nafenfabrik durch ihre 
vielgeltende Empfehlung in Aufnahme zu 
bringen. Ein je dier wird nun doch wieder 
feine Nafe tragen können , wie es ihm be- 
liebt : welches feither manchem nicht mög- 
lich war ; und niemand wird mehr fo ecket- 
häft ausfehen » als bisher viele. Ein gewif* 
fer Mann , den eine gewiflfe WoUuft'um feine 
Nafe gebracht hatte» ward von eineniWol- 
lüftlinge anderer Art, von einem Säufer, 
dieferwegen fehr verfpottet. Jettt habe ich 
dem Verfpotteten,iim ein billiges , wieder 
zu feiner Ehre geholfen-, und fein Spötter, 
diefe» iing9h«cire Weittfafs mit Armen und 



Beinen, foilte viel darum fchuldig (eyn» 
'nrenn er ihm an gutem Anfehen gleich kä- 
me. Sagen Sie diefes alles doch der Welt, 
und fchaffen Sie meinem Talente dadurch 
feine Belohnung ; welches Sie zu thun fchul- 
dig find , im FaU'Sie das wirklich find, Wofiit 
Sie ficK ausgeben. Sagen Sie ihr auch, dafs 
nicht allein diejenigen , die ihre Nafe Ter* 
loren :hahen , bey mir dergleichen wieder 
kaufen können; fondera dafs auch alle, 
die in Gefahr flehen , Ee künftig zu verlie- 
ren , fehr wohl thun würden , wenn Sie fich 
bey Zeiten damit verforgten. Sie erhalten 
dadurch den Vortheil, dafs ich das.Modell 
nach ihrer jetzigen Nafe nehmen kann , und 
dafs ich nicht , ftatt einer ehemaligen Ha- 
bichtsnafe , eine Stumpfnafe anfetze* Ich bin» 

MEIN HERR» 



Ihr fehr terbundner Diener,. 



Nicolas PoAiche» 
Galanteriofabrikant. 



saBBSBBsasssBsaBB 264 <i 

P, S. Sie wiflen , daFs eine fibele Krank- 
heit Gelegenheit zur Erfindung der Per&keiB 
gegeben; indeflen find fie fo fehr Mode ge- 
worden f dals ich in gewiffen Handelsftadten 
oft zu jemandes Lobe habe Tagen hören: Er 
ift ein artiger Menfch » er trägt eine Peru- 
ke» und alles fleht ihm wohl an. Wenn 
Sie die Sache mit Nachdrock treiben »^fo 
koffe ich, dafs, obgleich eine noch fiblere 
Krankheit mir zu meiner Erfindung Anlals 
gegeben, ei' doch noch mit der Zeit auck 
be^ uns heilsen Toll: Er ift ein artigerMenfch» 
•r trägt eine gefärbte Nafe , und alles Aekf 
ihm wohl an. 

VII. 

Das Publikum ift zuweilen ziemliek un- 
dankbar gegen die Bemühung verdienftrol- 
1er Schriftfteller ; und es fcheint , als wenn 
Be nothwendig erfi todt fe/n millsten , ehe 
die Welt gefleht, dafs 60 fchön geCichrie- 
ben haben. Gewifle eingebildete Kritiker, 
die ihren Gefchmack entweder nach deo»^ 
Gefchmacke einer einzigen Nation, oder 
auch Viach einigen Wenigen Lieblingsfchrif- 
ten ihres eignen Volks gebildet , und 



^BBBsssssssssssssasBB »65 «BaassssssssBas» 

iiig aUgräieinen Verßand haben, tadeln 
. alles , was ihnen fremd ift ; und wie viel 
ift ihnen nicht fremd 1 Ihr zoyerfichtiges üt- 
theil giebt indeflen andern noch kurzfichti- 
gein den Ton » und es ifi nichts feltnes , dafs * 
jnan auf diefe Weife vonMeifte^liücken als 
von etwas Mittelnraffigem fpveehen böit. 
Der VerfaiFer der. vortrefflichen Kriegslie- 
>der» welcher längfi als unfer deutfcherj^na- 
)ireon und KatuU bekannt gewefen, und 
dem es beliebt hat , fich anitzo als einen 
prenCsifchen Gienadiei xu zeigen, hat die» 
fes auch erfahren , fo bald er die leichtere 
Bahn verlaflen. Da er im Namen eines .Gce^ 
nadiers gefchrieben , hat er keine zierliche 
Hoffprache , fondem die Sprache eines Sol- 
daten Cehieiben muffen , und diefes hat die 
galante Welt wider -ihn* au%,ebTa«ht. 

Die galante Welt fey indeflen fo gütig 
und fage was Erhabneres, alit' was der 
Verfaffer von dem Könige, im Lowofitsi- 
fchen Schlachtgelange y fagt: 

. .• 
Frey i wie eia Gott , von Fnccht and «GrauSy 

Volt meaichltch«n GcfdhlSy i 

Steht er tind theilt die AoUeii aiis 
^ Des groffea Trivcrf^icls. ^ . . 



Dort , Cpxkht er , ilehe Reotcrcjr ! 
Hier Fafsvolk! Alles ileht 
la groffer Ordnung y fchreckenfreyy 
Indem die Sonn' anfgebt. 

So Jland , tU Gott der Herr erfchnf, 
Des Heer der Sterne da \ 
GehorAffl itand es feinem RttP 
In groffer Ordnnng da. 



Und wie diefes , im Rolsbaeliirchen SchUelit* 
gefange : 

Vom fieraenvoUeB Himmel fahn 
Schwerin und Winterfeld 
Bewoademd den gemachten Plan» 
Gedankenvoil den Held« 

Gott aber wog, bey Steracnklang» 
Der beiden Heere Krieg $ 
Et wogy nnd preafsens Schale fanky 
Und ÖJtteichs Schale fiieg. 

Und wie riel Hoheit herrfcht nicht in dem 
Gedicht' an die Mufe nach der • Schlacht 
hey Zorndorf! Der feindliche Schwärm zoj 



aE8SSS=SS=S=SSSS 2^7 SBBSSSSSSS 
. . . ^ . . langfam fo daher, 
Wie durch frachtbares Feld in Afrika 
Giftvoller ^oITer Schlangen Heere zieha; 
Da fleht aof beiden Seiten ihres Zugs 
. Erftorbnes Gras , da lieht , fo weit amher, 
Als ihre fiiache kriechen y alles todt : 
Von Memel bis KuUrin fiand Friedrichs Land 
So da, verwüftct, öde , traorig, todt! 

Man ßelle fich hier ein Heer groflfer Schlan- 
gen vor 9 davon eine mit einemmal' einen 
Menfclien verfchtingen kann, dergleichen 
es wirklich in Afrika giebt ; welch ein Bild ! 
welch ein Gleichnifs ! - - - Und wie unver- 
gleichlich iü diefe Stelle , da der grolTe Fried- 
rich in den Afchenhaufen Küftrins Thränen 

fallen läfst : 

* 

...... Bin König weifrtt 

Gieb ihm die Uerrfchaft fiber dich, o Weltf - 
Dieweil er weinen kann. 

Wie fürchterlich ifi diefe Befchreibung: 

Ans einem Strome fchwarzen MSrderblnts 
Trat ich > mit fcheaem Fnfs', aaf einen Berg 
Von Leichen I fthe-rreit nm mich herum u, f. w. 



M I II I 'l aasaaMa 96$ ssatsssssssssssssssa. 

Ich mülste viel abfchreiben , wenn ich alles 
Schöne , GroITe und Rührende anführen 
wallte. Es wäre zu wünfchen , dafs alle un* 
fere Dichter dem VerfaiTer der Kriegslie- 
der an Naivität und Hoheit der Gedanken 
gleich kamen, und das Erhabne in diefem 
Tone und mit fo fimpeln Worten ausdrück- 
ten ; anftatt dafs viele derfelben für eine ge- 
wilTe poesie epithet^e , wie ^e die Franzofen 
»ennen, zu feW eingenommen find, und 
iedes Hauptwort an einem Beyworte, das 
ihm gleichfam zur Krücke dient , dahin 
hinken lalTen. England hat freilich große 
Geifier gezeugt , Griechenland und Roni 
aber gröflere ; und wir würden wohl thuu 
und gröIFeT werden , wenn wir ehe dea 
Griechen und Römern , als dea Englän- 
dern folgten, welche die Bey Wörter, die Me- 
taphern, und überhaupt alle fchimmernden 
Ideen zu fehr häufen» tind der Natur weni- 
ger getreu find. 



^^9 ^ ' ■ 

VIII. 

GEDANKEN ÜBER VERSCHIEDENE 
VORWÜRFE, 

Dbk Schmers macht, daf$ wir die Fread# 
fühlen , fo wie das Höfe macht , dafs wit 
das Gate erkennen. Ift denn für uns ein 
Zuftand von immerwährendem Vezgnfigem 
möglich , den wir immer wünfchen und im- 
mer hoffen ? 

Diejenigen, die abwechfeli^d Schmerz und 
Vergnügen fühlen, find nicht fo glücklich, 
als die , welche wegen rieler GefchAfte , oder 
yermöge ihrer Geroüthsart , beides nicht füh- 
len. Wie glücklich ifi man in der Kindheit^ 
da man fich noch nicht fiihlt! Wie glflcklidi 
ift der Land mann , dem feine Tage über fei- 
ner Arbeit dahinftreichen! 

Wäre kein Schmer« in der Weh , fo würde 
der Tod alles aufreiben : wenn mich eine 
Wunde nicht fcKmerzte , würde ich G^e nicltt 
heilen , und würde daran fierben. 

Unter den Unglücklichen beklagt man die 
am wenigfien , die es durch ihre Schuld ge- 
worden find; Sie find aber am meifien zu 
beklagen : der Troft eines guten Gewijfens 
fehlt ihnen. 



moBBsss SS 2yo stsssssssss 

Oft ertragen wir grofTes Unglück , und 
märSgen uns im heftigen Zorn'; bald darauf 
reifst uns ein kleiner Unglücksfall , eine 
geringe Beleidigung, aus allen Schranken. 
Die Seele ift fchon vorher voll von Seh merz 
gewefen , der» nur ixm ein weniges vermehrt» 
wie ein Strom aus feinen Ufern fehwillt» and 
die Schleufen durchbricht 

Es ift unmöglich » dafs ein Menfch von gu- 
tem Charakter nicht follte vergnügter feyn; 
als ein andrer, von einem fchleehten Cha- 
rakter: Freundfchaft , Liebe und Gutthltijg- 
keit. Mitleiden, Dankbarkeit, GroCimutb^ 
die ein gutes Gemüth wechfelsweife fühlt» 
find viel'zu angenehme Emp^ndungen, als 
dafs fic es traurig lafTen Tollten. 

Woher kommt es doch , dals wir ehe 
eine (iehiefe Seele ungetadelt laiFen , als 
eine fchiefe Verbeugung? 

Das blofle Aufhören des Schmerzens ift 
die gröfste Wolluft. Aller Schmerz ift leich- 
ter zu ertragen, als man es glaubt. Ift er 
zu heftig, fo kann er nicht lange dauern: 
ift er es nicht , fo kann man ihn fchon aus- 
halten , ob er gleich lange datiert. 
• Niemand lebt , der nicht einmal ruhig au 
leyn gedenket. Auch diejenigen , die mit 



der gröfsten Heftigkeit Tag und Nacht ar- 
beiten » ihr Glück zu machen , haben diefen 
V.orfatz. Der Tod übereilt lie aber oft. 

Je mehr Verfiand jemand hat , je beflTer 
wird fein Herz feyn. Was ift ein guter Ge* 
müthscharakter anders , als gute Begriffe von 
Schönheit, Tugend, Gluckfeligkeit ? von 
dem was edel und grofs ift, und die Har- 
monie der Welt befordert ? Übelgefinnt 
tpynt heifst üb«l denken. 

Veränderung ift angenehm und der menfch* 
liehen Natur noth wendig, wenn Ee auch zum 
Schlimmem ift. 

Wolluftige Leute haben gemeiniglich nur 
foiviel Verftand, als fic zu ihrer Wolluft ge» 
brauchet. 

Eine gewiiTe Art Leute , die riel Vernunft 
haben wollen , die &e nicht haben , und die 
Ihrer heftigen Leiden fchaften, und ihrer La- 
fter wegen, unglücklich find, fchiebeh die 
Urfach' ihres U'nglücks immer auf die Ver- 
nunft. Thörichter Selbftbetrug! Macht uns 
nicht dieTugend glücklich? Und iß tugend- 
haft handeln , und vernünftig handeln, nicht 
jeinerley ? 

Ich kenne einen Mann , der lieh viel zu 
£9yn glaubt , ab^r fo wenig ift , daCs ex-Schrit- 



ten» worinn nur etwas gedacht ift, und be- 
fonders Poefien, wenn &e auch leicht lind, 
nicht yerfteht. Diefer Tagte mir einmal, da 
jemand von der Poefie fprach» im Veftrauen 
üi's Ohr: da£s alle Poeten nicht wüCtten, 
was ße fchrieben» and da(s alle diejenigen, 
die vorgaben , dafs Be die Poefien verftan- 
den» Tolches aus Eitelkeit th&ten. So geneigt 
ift man, ehe der ganzen Welt den Verftand 
abzuTprechen , als zuzageb«n, daüs ander« 
paehr find , wie wir. 

Wer verlangt , dafs man ihn Teines Reich- 
tbums wegen verehre, der hat auch Reclt 
zu verlangen, dab man einen Berg verehie, 
der Gold in fich hat. 

Wer fich viel über Undankbarkeit be- 
fchwert» ift ein Taugenichts , der niemals 
aus Menfchlichkeit , fondern aus Eigeonutz, 
andern gedienet hat. Wenn man es für eine 
Schuldigkeit hält , zur Glfiekreligl^eit der 
Menfchen, fo viel man kann, beyzutragen; 
fo wird man fich nicht darum bekümmern, 
was die Gutthaten fQr eine Wirkung auf 
der andern Gemüther, in Abficht unfer, 
hervorbringen. Ein ehrlicher Mann kann 
den bioffen Gedanken nicht leiden , daTs 
jemand gegen ihn undankbac fe/. 



Leute, die bey der erften Bekanntfchaft, 
die man mit ihnen macht , all ihr WiAen 
auskramen , find gemeiniglich fchlechte Ge- 
feit fchafter. An eigenem Witz 'leiden &e ^e-^ 
meiniglich Mangel, und weil &e den frem-« 
den yerfchwendet haben , find üe hernach 
Ftguranten in der Gefellfchaft. 
■ £s ift eine falfche Maxime» dafs man alle 
Verbrechen das erfte Mal gelinde befirafen 
foll. Man beftrafe Be hart» damit die Vor- 
ftellung der Strafe fiärker werde , als die 
Uorfiellung der Luft» die das Verbrechen 
wirkt. Lafier» die zur Gewohnheit gewor- 
den find » Bni nicht auszurotten. Späte 
Strafen find wie fpate Arzeneyen. 

Wer zu riel Ränke macht » macht keine : 
man wird &e gewahr und lacht ihren Ur* 
heber aus. 

Verfiellung ohne Noth ift ein Lafier und 
eine Niederträchtigkeit; in der Noth» wenn 
man fich und andere dadurch erhält » oder 
glücklicher macht » ift Be eine Tugend. 

Ein jeder fcheut natürlicher Weife deu 
Tod. Wenn ihn alfo ein Krieger» oder fonft 
jemand verachtet » muls ihn die Ehre dazu 
treiben. Grofie Merzhaftigkeit heifst groflf« 
Furcht» feine Ehre zu verlieren« 



Junge Leute von übler Gemüthsart fötl- 
tcn fich immer einem Stande widmen , der 
lie nöthiget, tugendhaft zu ^feyn. Rleon ift 
voller Ränke, hochmüthig, eigennützig und. 
ein Menrchenfeind. Wäre er ein Staatsbe- 
dienter geworden , hätte er alles in Verwir- 
rung gefetzet p und taufend Unglückliche ge- 
macht. E^r ift ein Priefier, dient den Men- 
fchen , und verth eidiget die Religion. 

Gelehrte betrügen fich gemeiniglich am 
meiften im (Jrtheilen über Menfchen. Sie 
find mit ihrer Unfterblichkeit befchäfltiget» 
und geben fich nicht die Mühe , das Innere 
-des Menfchen zu untierfuchen« 

Der Charakter der Menfchen ift ihren 
Gefichtern eingeprägct. Alle Leidenfchaften 
verurfachen befondere Züge in dem Gefieb- 
te. äind EiC von langer Dauer, Co werden 
die Züg9 unauslöfchlich. 

Leute von groOen Talenten haben groflen 
Verftand. Sie muffen alle Wiflenfchaften 
und -Künfte überfehen können, um in ei- 
ner glücklich zii feyn , wegen der Verwandt- 
fchaft, worinnen Re mit einander ftehen. 
Man wendet ein, Kajus habe. ein Talent 
zur Mufik , er fey aber von fehreinge- 
fchränktem Verftande. Allein wie gro£i ift 



-.MI ' I 'i assaaeagggs «75 aesasas ■ * 1 ' i' i 

dds Talent des Kajus? fetzt er? und wie 
fetzt er? unterfcheidet er die Leidenfchaf- 
ten genau , eine von der ändern ? drückt er 
fie gehörig aus? rühret er? Er hat fo viel 
Talent» ein .Tonkünftl^r zu feyn« als der 
Affe» ein Menfch zu feyn. 

Nur groIFe Geifter, die den Zufammen- 
hang der Welt» und alle Wiirenfchaften 
überfehen, find zur Freundfchaft vermögend; 
denn nur die können fich hochfchätzen. 

Alles» was möglich iß» tragt fich auf der 
Welt» in der Folge der Zeit» endlich zu. 
Daher entftehen ewige Veränderungen der 
Heiche» der Sitten, der Künfie» der Na-« 
tionen. Wem ron der unendlichen Menge 
pur die wenigen Gefchichten, die uns die 
Zeit gegönnet hat» bekannt find» und wer 
dabey den Vorwurf des Möglichen bedenkt» 
dem wird keine neue Begebenheit , wie felt- 
fam ^e auch ifi» wunderbar fcheinen. 
. Ein j04^r hat von Natur das Maafs des 
Verbandes , das er haben folL Die Erzie- 
hung kann die Verftandeskrilfte » die in der 
Seele find^ entwickeln » aber die nicht hin- 
einlegen» die nicht darinn find. 

Auf übermäfßge Freude mufs nothwen- 
^ig> der menfchlichen Natur nach» Trau- 



rigkeit folgen. Die Fteude macht das Blut 
KU wallend , und diefes rerurfachet eine an* 
Angenehme und fehmerzhafte Empfindung, 
welche Traurigkeit wirken raufs. Wer her> 
ttger Leiden fchaften fähig i& y. wird wiflen, 
dafs er mitten inllarker Freude fchonMift- 
rergnugen gefühlt habe. Eben diefe Be- 
wandtnifs hat es mit allen übrigen heftigen 
Leiden fchaften : ein Beweis , dals Tugend 
allein glücklich macht, die in der Mittel- 
Hrafle befieht. 

Freundfchaft gründet fich auf Hochach- 
tung, folglich auf Eigenfchaften des Gemüths^ 
Liebe aber auf die Eigenfchaften des Kör« 
pers. Man kann gegen eine Perfon> die eine 
Ichöne Seele hat , viele Freundfchaft hegen» 
aber nicht Liebe. Der KuCi , den die KÖni- 
ginn Ma^aretha von Schottland dem gelehr- 
ten , aber übelgeftalteten Alain Chartier gab» 
war nur eine Grimafle. 

Es giebt keine unbiegramem und hartem 
Menfchen , als die immer mit Betrachtung 
Ihres Unglücks befchiftiget find. 

Greife Geifter werden oft durch die Noth 
gezeugt. Die unfruchtbarften Lfinder haben 
die gröfsten Beherrfcher. Ein Beweis ift 
Mofes 9 der Ctaar Peter der erfte » und der 
König von Preufsen. 



ssaasssstsaaaemam 

Aach die gröfslen Männer müflTen Ver* 
Achtung und Spott leiden , befonden roa 
Leuten, die nicht rermdgend find» ihre 
Verdienfie einzufehen , und die andere Be- 
griffe und eine andere Denknngsart habend 
▼on niemand aber werden Ee mehr ver- 
wehtet, als von fi ch felber. 

Je weniger jemand ift,je mehr Stolz wird 
0t haben, und je geneigter wird er feyn, 
an andern l^ehler ,* gute £igenfchaften aber 
nicht, zu bemerken* 

Tugend iR eine Fertigkeit , die Harmonie 
der Welt zu befördern. Sie iß kein leerer 
Käme , fie macht uns allein glucklich , denn 
fie ift allen Ausfeh weifungen entgegen ge- 
fetzt: eine Moral, die in aller Munde ift, 
die aber leider! wenig gefühlt wird! Ein 
Tugendhafter kann durch nichts e^rchüttert 
werden ; alles , w^s aufser ihm ift, hat 
keine Macht über ihn : will das Glück , daCi 
er herrfchen Toll, wird er fich diefes Zn-> 
£alU bedienen , wie er muls; foll er dienen; 
wird er gleidi grofii> und beym Hirtenfiabe 
eben to glücklich, wie bejm Zepter Ceyn« 
Nur Bdlewichter find unglücklich : nur die 
verzweifeln hey widrigen Zufallen des 
Lebens, 



«a(s&s=sssaa8Bsc=s 2/8 ====>39ssssssass=ss^ 

Je tugendhafter jemand ift» defto ange- 
nehmer und leutfeliger wird er im Umgän- 
ge feyn. 

Was unvernünftig ift» kann nicht edel» 
und was vernünftig ift, nicht unedel feyji. 

Die meiften Schriftfteller Cchatzen nie«' 
mand eher hoch» und halten niemand eher 
für ein Genie , bis er in hundert Bogen be- 
wiefen hat » dafs er ein Narr fey. 

Ein Menfch von gutem Temperament'» 
und der ohne heftige Gemüthsbewegungen 
ift, darf fich nur leidend verhalten» nm 
glücklich zu feyn. Die Natur bietet ihm 
taufend Annehmlichkeiten dar, die ihn nicht 
lange mifsvergnügt lauen können. Aber 
wehe dem , der fich heftigen Letdenfichaf* 
ten uberlafst ! er kann nicht glücklich feyn, 
und eine unfehlbare Verxwei feiung ift end- 
lich , über lang oder kurz » das Ende fei- 
nes Unglücks. Die Schönheiten des Gebäu- 
des der Welt find zu fanft für ihn » als 
dafs er ße fühlen foUte ; für ihn rteMa 
keine Bäche» und duften keine Blumen; 
die Sonne färbt ihm keine Wolken ; ftir ihn 
ift die Schöpfung todt. 

Luftige Leute begehen mehr Thorheiten» 
als traurige ; aber traurige begehen gtoi&re. 



Ein Rachgieriger lernt denjenigen bald 
verachten , den er ha (Ten gelernt hat. 

Es ift ein groETer Troft in Widerwlrtig- 
fceiten , wenn man fich immer einige Jahre 
älter denkt: wer die Welt kennet , weifs, 
was einige Jahre für Veränderungen machen. 

Viele haben die Schwachheiten und Feh- 
ler großer Männer nicht an fich ; das macht» 
fie haben den Verftand deifelben gemieden. 

Wer in Gefelirchaft feiner Freunde immer 
Worte wiegt , iß feiten ein wahrer Freund, 
und feiten der Freundfchaft fähig ; er denkt 
nur immer an fich , und Hebt fich zu viel. 
Man mufs grofs genug feyn , fich feinen 
Freunden zu zeigen, wie man iß: verliert 
man Be , um feiner Schwachheit willen , fo 
ifi es ein glücklicher Verluft , fo find fie nie- 
mals Freunde gcwefen. 



VARIANTEN 

NACH DBR BBRLINBRAUSOABB V«M 
JAMRB 1778* 



Seite 3. 
DBR VORSATZ. Ifi beygejttzti Dem Herrn 
Uz zugeeignet. 

S. 3. V. 5 bis 8. 
Ermüde Famens willige Pofaune 
Mit deinen Thaten ; Land und Meer erftaune ; 
Avernens Abgrund wird ron diefen Tönen 
Nicht wiedertönen. 
S. 3. V. 9. 
Und du, o Wuchrer ! magft mit Müh' entdecken 

S. 4. V. 1 bis 4. 

Gekrönter Pöbel , lafs in Marmorzimmem 

Kriftalle leuchten und Metaltc rchtmmern; 

Furcht, Unmuth, Reue find bey deinem Fefie 

GewiflTe Gäfte. 

S. 4. V. 5 bis 8. 
Mir felbft genugfam will ich diefer Rotten 
An hellen Bächen , wie mein Dämon fpotten ; 
Er liebt die Weisheit , liebt die goldnen Sitten 
Der Schaferhütten; 

S. 4. V. 13 bis 16. 
Er fieht von oben Länder Hufen gleichen. 
Und Städte Löchern : fieht in allen Reichen, 
Den heifien Dürft nach Erd'^und Spreu zu 

kühlen, 
Ameifen wühlen. 



VARIANTEN; 

S. 4. V. 18 bis 20. j* 

Was wollt ihr kleinen Herrn der Weh be« 

. ginnen? 
Wölk ihr des Erdballs mannichfAche Zonen 
Allein bewohnen? 

S. 5. V. 1 nnd |. 
Zehntaufend Tode lafst ihr , ichnell zn Regen» 
Iß eurem Hochmuth, bey der Linder Menge, 

S. 5. V. 5 bis g. 
Ihr lafst erhabne Prankgebäude gleilTen, 
Aus eitler Luft , ^e wieder einzureißen ; 
Der Tod wird plötzlich euch auf längre Zeiten 
Ein Haus bereiten. 

S. 5. V. 9 bis i«. 
Voll Muth ergoeift er die gerechte Leyer, 
Beftraft des Lafters mächtig Ungeheuer, 
Erhebt die Tugend , die ftets unbelohnet 
Im Staube wohnet. 

S. 5. V. 13 bis 16. 
Freund, lafs mich deine höhern Töne lernen, 
Lafs meinen Geiflßch von der Erd' entfernen! 
Lafs mich dir nach auf nimmer mfiden 

Schwingen 
Zum Himmel dringen. 
rr j , , ^fymne. S. 7. V, 7. 
Und du, dcsErdbalU Herr, o MenfcKl zerfleals 

Erheb' ihn ! doch zu dcinli Seligkeit. 

vi^^^Z'' ^''''"">'- ^dUr. s! 1 1 . V. 9.1t. 10. 
was üilft s, wenn künftig dein Grab rcr- 

Wenn «*« ^goWte Waffen befchutzetf, 
wenn man aus Marmor dein Bild im furchli 

barn Panzer erhöht? 
Er r.1, * ^* *^- V.l. 

^*^ "*"' A"^» ^oll Blut . fchliei; nur rom 

Himmel bedeckt. 



VARIANTEN. 

OdfiandiepreufslfckeArmee^ S. 13 V. f. 
Derdürre, fcheele Neid treibt niederträcht'ge 

Sch'aarea 
Minladung auf's Land. St itf. V. i^. 
Die fchnelle Jacht. 

S. 15. V. id. 
Und » fem von Neid, n 

Das Landleben, & 21. V. 1. 
O wohl dem Manne , dem nicht Feldpofauaen« 

S. 21. V. 2, 
Der RoITe Stampfen, Donnern der Kartaunen 

S. 21, V. 12. 
Scblaflofes Trauren. 

S. 22. V. 2 bis 4. 
Dem Meer entßeigend, lieblich niederrchauet» 
Flieht er fein Lager, das nurMeyenfchmü- 

cken. 
Mit heitern Blicken. 

S. 22. V. 7 und 8- 
Hört im Gelifpel fanf^ bewegter Äße 
Sein Lob vom Wefie. 
S. 22, V. 9. 
Sieht Regenbogen auf dem Gräfe blitzen 

S. 22. V. 15 und i<^. 
Das itzt verfinket, itztüch wiederfindet» 
Und itzt verfchwindet. 
S. 23. V. 1 bis 4. 
Er fieht den Himmel weifs und woUieht 

prangen» 
Ihn weifs und wollichtin den Fluten hangen» 
Noch eine Sonn' ihn dort mit Feuerfiralen 
Und Purpur malen. 

S. 23. V. 9. und 11, 
Nun pfropft er Bäume, leitet Walfergraben» 
Nun tränkt er Pflanzen» zieht von Rofen- 

ftöcken 



VAHIANTEN. 

S. 23. V. 14. 
Wo bej der Unfehuld Fried' und WoUaft 

wöhnety 
S. 34. V. 2. und 3. 
Denn Freud' und Arbeit wfirzt ihm MilcH 

und Fruchte ; 
K«in bang Gewiflen zeigt ihm Schuld und 

Strafe 

S. 24. V. 7. 

Komm , Dämon *) ruft uns , komm zum Sitz' 

der Freuden 

*) Dimon WUT der ingenommene poetifcheName 
des Herrn L«ngc , Predigers und Inrpektors 
XB .LaublingCü 7 defTeaerüe Gedichte nebftdeu 
Gedichten des Herrn Pyra anter dem Titel: 
Thyrfis nnd Dämons frenndfchaftliche Licdery 
heransgckommen waren. 

Hymne, S. 25. V. 16, 
Den Thron des Herrn verhüllt fein eigner 

Glanz. 

S. 26. V. I. 

O welch ein Gott , der blofs durch einen Ruf 

S. 26. V. 7. 

Sind ganz Gefang und Lob 9 und ftromen 

durch den Himmel 

PfyUii an Danton, 

S. 29. V. 2. . 

Ich fühl'y ich fiihle, was dein Herz empfunden 

S. 29. V. 4. 
Zu gleicher Liebe. 

Trinklied, 
S. 32. V. 1, bis 3. 
Sieh mich an, wie mir I'o fehön 
Mjrrtenlaub und Bofe fiehn. 
Und fo fchnell die Tropfen gleiten 



VARLANTEN, 

■ 

S. 32. Vi 5. 
Zehnmal füllt* ich fcbon mein Glas 

V. 7 oad 8* 

Zehnmal werd' ichs wieder fülleif, 
.Und noch meine Luft nicht Üillen. 

Galathee, 
S. 33. V. 8» und 9. 
Allein ^e zürnet , und entfliehet mir. 
Hier will ich» welch ein Glück! da, wo fie 

lag , mich legen, 
I — — V. 11 und 12. 

Hier tret' ich » welch ein Glück ! auf der be- 
j blümten Flur 

Der fc hauen FülTe Spur. 

Die Heilung, 
S. 34. V. 5. 
Es irrt' in allen Hecken 

Liebeslied an die IVeinflafcke* 
I S. 40. V. i. 

Fiel Adam wohl , der Trauben gnug gegcITen 

V. 3. 

Der Bifs in Frucht , aus der wir Cider prelTen. 

S. 42. 
I DamSt uad Lesb» führt noch die AnfTchrtft : Die 

I ' Verftihnnng» D«s : Nach dem Horaz : Donec gra- 

I tus eram tibi etc. ift hiaweggeUffea. 

V. 2. 

In dir hatt' ich ein irdifch Himmelreich. 

— — V. 3 und 4. 
Du liebteft mich ; mein Kummer floh von 

hinnen ; 
Durch dich war ich beglückter» als Göt* 

tinnen. 
— — V 5 und 6. 
Nun felTelt mich Naiden« holder Blick ; 



"^^^^^ 



»FÖ' 



VARIANTEN, 

In ihr fincT ich mein jüngft verlornes Gluck« 

S. 42. V. 7 und g. 

Nun ftreb* ich nur, Amynten zu gefallen« 
Und bin^aufs neu die feligfte von allen. 

S. 43. V. 1 und 2. 
Wahr ifi'sy da& dir Naid* an Schönheit 

gleicht ; 
Doch weicht ^e dir , wenn mir Amynt nur 

weicht. 

— — V. 3 und 4. 

Du follft von ihm mein Herz auf ewig erben ; 

Dein wunfch' ich nur zu leben, dein za 

fterben. 
Gedanken eines betrunkenen Sternfehers, 
S. 44. V. 6. 
Am Himmel gar zwey Sonnen ! 

Chlor is, 
S. 45, V. 9. 
Zwey faflen in den Augen 

V. 12. 

Zwey andre fchoiTen Pfeile 

Grablied, S. 46. V. 4, 
In rother Tracht, mit goldnem Haar 

Geburtslied, 
S. 48. V. 23. 
Wo fioh ^% Meer im Strudel dreht 

S. 49. V. £.. 
Zu rüttlen fcheint , indem du zürnft 

S. 49. V. 11. 
So fehlt dir Geift , fo fehlt dir Witz. 

S. 50. V. 8. 
Der Birken hangend Haar , du gehft 

V. 10 und 11. 

Voll Ruh' einher , und athmeft Lufi, 
Und fieheft einen Schmetterling 



VABIANTEN. 

S. 50. V. 16. 
-£s werden Wiefen dich eifreun 

S. 51. V. 9. 
.Befelgen » und ein Troll dir feyo. 
Jüilon und Iris» 
S. 64. V. 1. 
'Mit Blüthen und. mit goldnen Veilchen 

fchmückt ; 
S. 6^, V. lg. 
Sie feufzt* und ihre Bruft empörte fich. — ^ 

V. 20. 

Fragt' Iris. Aber fie erröthete 

Amynt, 
S. d6. V. 13 bis 16. 
NurEinen Blick, Ein Wort aus ihrem Mande, 
Und , was mir oft das Leben wieder gab. 
Nur Einen Kufs ! dann fchlage meine Stunde : 
Mit Freuden tret' ich ab. 

Irin, 
S. 63. V. 4 und 5. 
Zu legen, welches rings umher 
l>er nahen Infein Strand -umgab. 

S. d^, V. 19. 
und iu noch fchönern Gegenden 

S. 72. V. 15. 

Auch ihm Ein Frühlingstag zu feyu. 

Emire und Agathokles, *) 

S. yf, V. 1. 

Emire fieng das Licht des Lebens an zu 

haflen 



*) Diefe Enahlnn? ward mit lodern Worten, und 
in Frol'e von d?m Herrn Ramler aafgefetzt, 
der fie feinem Freande zu einer Epifode xa 
dem Frühlinge znfjhickte I (ie in Hexameter 
an briogen y aad an dem Orte eiazalchaUcfti 



VAEIANTES, 

«re Ton einem kleinen Bylande die Rede ilt« 
Mit dergleichen rührenden Erzahlfingen > mit 
wohlgewahlten Bey(^ielen au der Gefchichtc 
der Völker, mit |riiiloi'ophifchen Betrachtun- 
gen« beConders aus derNatargerchichtej-iietli 
er dem Verfaffer, die häufigen Bilder in Tei« 
Bern Prühiinge z« nntermifchen 9 nnd das Ge- 
dicht mannichfaltigerznmvichen. Bs Wäre auch 
gercheben , wenn der Tod die beiden Frenqd* 
micht getrennet hatte. 

Die Freundfchaft, S. 82. V. 1. 
Leander und Selin» zwey Freunde, di« 

S. Z3. V, 1 7. 
Um dich zehnfache Todesaneft gefühlt* 

jiriß, 

S. h5' V. 9. 

Er klagt* aus Ungeduld den Himmel an 

jin die Morgenruthe» 

S. 93. V. 4. 

Dann, Göttinn, lafs es fpater tagen. 

S. 94. . 
l/ber die Statue der Venus , an die ßeh 
jimor Jchmiegt 9 von dem von Papenho" 
ven y in dem Garten Sanssouci vor 
Potsdam, 

Amor im Triumphwageri* 
S. 95. V. 4 und 5. 
Den Neftor mit bereiften Haaren» 
Den Cäfar, den Bourbon fahich wie Skla- 
ven ziebn; 
Matforius. S. 97. V, 5. 
£rfchalt das Lamm, den Hund, den Rre- 

kodill — 
■ Auf die Arria, 
S. 98. V. 4. 
Oab fie den Dolch dem Mann, und fprack: 

Es fchmerzet nicht 



VARIANT£N. 

Der Säufer zu dem Dichter, S. 102. 
.'Berautche dich , mein f reund» aus deiner 

Hippokren, 
BeTauTche dich daraus ! ich will in's Wein- 
haus gehn. 
Petialus, S. 102. V. 2. 
Vom Folard , PuiCegür , von Widdern , 

SpieiTen » Lanzen, 
Lob der GotMeit^ S. 110. V. 8- 
Deines Mundes Eanfter Athem, HERR ! dein 

mächtiges GehetCs. 
S. 111. V. 11. 
Du erfüllfi die Welt .mit Freude , wann die 

Kälte fie b^egt, 

V. 12. 

Wann &e, eingehüllt in Flocken » wie in zar- 
ten Windelnliegt. 
S. 112. V. 12. 
Ganze Wälder wirbelnd drehet, und wie 

Faden üe j^rrelfst. 
Sehnfucht nach Ruhe. S. iig. V. 12. 
J)a5 raufcht nnd zifcht auf Steinen -voUer 

Glut. 
Sw 119. V. 17. 
Uns fchlieljt der Stolz in goldne Ketten ein 

.S. ^23. V. 3. 
Kein goldner Sand ;^-dein Murmeln reizt 

tmoh-nur 
Die Unzufriedenheit des Menfcken, 
S. 130. V. 5. 
Die Lnftfphär' jegliches Steins, betraehtedes 

Ganzen Verbindung 

V. 8. 

'£rgru»de mitJiHbnem Gefieder des dunkeln 

■Geifteireichs Tiefe 



VARIANTEN. 

S. 130. V. 11. 
Dann firafe, wofeme du kannfi, die Vorficht 

und Ordnung der Erde. 

V. 12. 

WillA du die Urfach erfoTfchen, warum in 

den Reichen der Wefen 
S. 131. V. 7. 
Der Schöpfer ift Liebe und Huld : nur jene 

find deine Tyrannen. 

y. 11. 

Was blickfi du hohnlÄchelnd herab, gebläht 

vom Dünkel des WiOens 
S. 132. V. 9. 
Die Hoffnung ift mit verfcharrt, verftopft der 

Zugang des Nachruhms 
S. 133. V. 10. 
Entflogene Zeiten» kommt wieder ; oder ver- 

laTst mich» ihr Leichen. 

V. 13. 

Für unfere Seelen zu klein, durchlebten wir 

Alter der Sterne ; 
Getnälde einer groffen Überfckwemmung, 

S. 136. V. 2. 
Zum nahen Walde mit Schnauben» umklam- 

mertenXannen undFichten 
Fragment eines Gedichts von den Schmer» 

Mif der Liebe. S. 140. V. 5. 
VottAngft und Schwermuth gerüttlet» erftarrt 

von krampfigen Fieber. 
Im Frühlinge, S. 144. V. 4. 
Voll lab/rinthifcher Bäche ! bethaute » blu* 

michte Thäler 

S. 145- V. 4. 
Ihr » deren betrogene Seele » wie wolkige 

Nächte des Winters, 



VARIANTEN. 

. S. 145 V. 10. 
Und grünt, und riefelt im Thal. — Und ihr, 

Freundinnen des Lenzes* 
S. 146. V. 2. 
Zum Kranke Violen und himmelblaue Ver» 

gifsmeinnicht pflücket. 
S. 146. V. 3. 
HieryWO die Lehne des Felfen, mit immer 

grünenden Tannen 
• S. 147. V. 5. 
•Gefuhrt vom ernfien Stier, des Meyerhofs 

büfchige Sümpfe. 
S. 1.50. V. 3. 
Er fchlag' im Palafie den Frevel, und helfe 

der weinenden Unfchuld. 
S. 150. V. 12. 
Die Henne jammert am Ufer mit ßrupfigen 

Federn, und locket 
S. 151. V. 1, 
DurchplÜtfchern die Flut , und fchnattem im 

achilf. Langhälfige Gänfe 
S. 151. V. 3. 
Den zottichten Hund ; nun beginnen ihr Spiel 

die gelbhaarichten Kinder 
S. 154. V. 13. 

*} Bis hieher gehen die letzten VerbeflTeningen, 
die diefes Gedicht erhalten hat; in dem Ge- 
dichte CISSIDBS gehen fie bis an das Ende 
des erften Gefanges. Der Dichter wilre damit 
fortgefahren , wenn ihn der Tod des Heldea 
Nicht übereilet hätte. 

S. 157. V. 8. 
Die Stürme fchweigen , Olymjp merkt auf: 

das Abbild der Lieder 



VARIANTEN. 

S. 159. V. 6. 
Blickt liin und wieder die Soime , und über- 
goldet die Blatter. 
S. 161. V. I. 
EinFlAfs in's bufchichte Thal , reifst mit ficb 

Stücke von Felfen. 
S. 163. V, 4. 
Der fem im Lindenbufch laurte » dann ruhn 

die Lieder YoU Freude, 
S. 164. V. 5. 
Diefs zeugte den dumpfigen Schall im Bau- 
che des Eichbaums. Es gleitet 
S. 164« V. 9. 
Vor Raub und Vorwitz ^e , voll füfles Kum- 
mers, zu fiebern? 
S. 165. V. lOu 
• Allein vom Verftande gehört, verbreiten 

Heere Geftime 
S. 167. V. /. 
Die bunte Gegend belebt. Hochbeinig watet 

im Wafler 
S. 167. V. 14. 
Und hängen glänzend daran, wie Than vom 

Mondfchein' vergoldet ; 
S. 170. V. 11^ 
Es lachen die Grände voll Blumen, und alles 

freut fich , als flöOfe * 
S, 170. V. 13. 
Beladne Wolken vom Abend, und hemmen 

das Licht und ergieCien 
S. 17b. V. 14. 
Sich wieder in Seen und C&ugen die dürfti- 
gen Felder wie Brüfte.—- 
S. 171. V. 3. 
Voll von den Saaten der Wolken , fpielt 

blendend gegen die Sonne 



VARIANTEN. 

S. \7\' V. 5. 
Verjüngt, voll Schimmer, fanft lächelnd, voll 

lichter Streifen und Kränze 
S. 171. V. 12. 
Von farbigen Blumengebüfchen und blühen- 
den Kronen der Sträuche* 
S. 172. V. 5. 
Gr&nt» fejd die Freude des Volks I dient mei- 
ner Unfchuld in Zukunft 
S. 172. V. 6. 
Erquickung und Ruh' in's Herz ; lafst mich 

den Vater des Weltbaus 
Im Ciffides und Packes, S. 175. V. 5. 
BegeiAre mich , damit der ehrne Klang 

— r-V. 11. 
Theflalien vom macedonifchen 

V. 1«. 

Reich abzureiflfen , und verfammelte 

S. 176, V. n. 
Nächft ihm fein Streitgefährte Faches , ihm 

— — -Y. 12. 

An Tugend gleich, und gleich an Tapferkeit. 

S, igo. V. lg» 
Auf Eichen fiiUzt, und eine Bahn 

S. itgi. V. 9. 
Nun drang mit feinen Helden Faches hin 

,V. 23. 

X^eofthenes fchnaubt Rache.. Kaum erfchien 

S. 18«. V. 3. 
Als er dem SchloITe ßch in Graben und 

S. iS4. Y. u. 
Den unbezwungnen Zeloa, der allein 

S. 186. V, va. 
Und von dem Lande flieht , dafs Feld und 

Meer 



VARIANTEN. 

S. 187. V. 2«. 
Sie drückten fich die Hand » und eilten dann 

S. 188. V. 2. 
In Feuer , Steinen » Pfeilen faufete 

V. 16. 

Und eilte fort , und fchöpft' in feinem Helm 

S*. 190. V. 14. 
Die Faches fühlt. £r glaubt nur halb zu feyn. 

V. 15. 

£r wehklagt laut und irret wild umher» 

S. 193. V. 10. 
Brüllt dumpfig ; tauber Lärm erfüllet weit 

V. 19. 

Danieder. Tiger find fo wütend nicht 

S. 194. V. 2i. 

W-as liegft du bej dem Todten? fragt man ihn. 

Im Seneka* S. 203. Zeile 3. 
heftiger worden feyn ; 

S. 204. Z. 4 bis 6. 
Es war deiner Denkungsart .... würdig » daft 
du dich .... widerfetzteft. 

S. 205. Z. 5. 
könnte verlöfcht werden! — 

S. 212. Z. 2. 
Ihn , der ehemals- meine Luft » 

S. 213. Z. 11. 
Schone die gröfste menfchliche Tugend ! 

.S. 214. Z. 20. 
Meine Verbrechen weifs ich nicht. 

S. 215. Z. 7. 
durdi ihn das Leben verloren hat. 

S. 223. Z. id. 
und alle feinem Blute zu erkaufen. — 



VARIANTEN. 

In den projaifchen Auffiitien, 
S. 337. Z. 15. 
Er hat allen Armen von feiner 
S. 237. Z. 22 bis 24. 
die von einer kränklichen Leibesbefchaffen- 
heit herkam, und 

S. 239. Z. 18 and 19. 
Handlongen Tor Augen legten , 

S. 241. Z. 15 und \6, 
Um die Pracht der Pyramiden, und die Bild- 
Giule Memnons 

Z. 22. 

Kaum waren fie dort angekommen 

Z. 26 und 27. 

und verfolcte feine Reife den Nil hinauf. 
Syrus 

S. 243. Z. 13 und 14. 
weil er auf die Reife faft alle fein Geld 

S. 247. Z. 9 bis 12. 
Das heifst : du haft gefchwelgt, und, um zu 
fchwelgen, haft du betrogen ; alle Nächte 
mit Tanz 

S. 249. Z. 23 und 24. 
die einen Hut aufhat, auch reiten muffe? 

S. 250. Z. 12 bis 14. 
dafs nichts in der Welt fo ausfchweifend ift, 
wozu fich 

S. 253. Z. 7 bis 8* 
ja gar um die Nothwendigkeiten des Lebens 

Aorser diefen Veränderungen hit die Rertinerinsgt- 
be iiin Idie gleichfolgende Oefchichte ans dem 
Kriege mehrt als die übrigen Aasgabeo » derea 
Sinrchaltnng anter VIII. derfelbea in den pro- 
fliifehen Aanatseii noch die Namer IX. gtebr. 



VARIANTKN. 

S. 369. 

VIII. 

GESCHICHTE AUS DEM KRIEGE. 

I* u'nphuninirt Tel»ellHx;b« Soldaten folU 
ten zugleich gerichtet, und aa £iui(htmclert 
Bäume au%ehäQgt werden. Die H'auptleute 
ermohntett die fönftaulend gegenwartigen 
Soldaten, den König mit ßufamen Bitten auf 
ihvn Knien um Girade anzuflehen, aber 
nicht allzu nah an feine Per fon zu treten, 
Sie knieten nieder, umfafsten mit einer Hand 
dreErdc, mid riefen fo leife, wie ttögUtk: 
Gnade! gnädigfier König! Gnade! Y^et Kö- 
nig wandte £cli zu ihnen und f^gte : Steht 
auf! Und zu den fünfhundert gebundeileiY^ 
die in fünf Haufen ßanden, rief er : Ihr follt 
leben, wenn der Rädelsführer fieh diefen 
Augenblik felbft angeben will. Nach einer 
kurzen Paufe, und nachdem fie fich einander 
angefehen h«tlon ^ trafr Einer hervor, fiel nie- 
der auf r^in Angeficbt , und (agie : Gnadigfter 
Herr und König ! ich bin es. Ich bitte für mei- 
ne verfährt^n Kan&eraden. Nun Cbllft d« 
auch frey feyn , antwortete der König, und 

Srach zu den Soldaten : Nehrift euren Mit- 
IdateiK diis Bande ab , und gebt ihnen ihre 
Waffen. Als diefies gefchehen war, zog Einer 
unter ihnen fein Sdbwert aus , und erfiach 
fich. Man mufs wiffen , dafs diefer der Rä- 
delsführer gewefen war , und daÜs der erfte 
fich angegeben hatte, weil er (ahe , dals fich 
keiner melden wollte. 



rARIANTEN'. 

S. 269. 
IX. Gedanken Über verfchiedeneGegenßände. 

S. 276. Z. 10. 
die in der MittelftralTe liegt. 

S. 275>l. Z. 9. 
Jie haben den Verftand derfelben nicht. 

Z. K>;und 21. 

Wer in Gefelirchaft feiner Freunde immef 
Worte wägt» iftr feiten ein wahrer Freunde 

Bierea Verbefferungen und ZuHltzen Jinn, welche 
in der Berlineransgabe von I778« enthalten find) 
j^lairbt man , hier noch jene bey einem Minnen wiv 
Herr v. Kleift , immer merkwürdige Anecdotea 

. beyfagen za muffen, welche Dr. Krünitz von nnle- 
rdm Dichter aufbewahret hat. In reinen Anecdoten, 

' den Herrn von Kleift betreffend , fchi'eibt Dr. Kr&« 

. nitz > d« er vom Herrn Profeffor Nikol« {t>ficht : 

»«Diefer edle Mann, der mit gründlicher 
Gelehrfamkcit die feinfte Menfchenliebe ver« 
band, und im eigentlichen Versande auch 
mein Bufenfreund war, nahm den fchwer 
Verwundeten (Herrn von Kleift) in fei- 
ne Behaufung, und liefs ihm die forgfältigße 
Pflege wiederfahren , um wo möglich , fein 
theure» Leben zu retten. Dr. Eberti und ich, 
nebfl den gefchickteften Wundärzten »ka- 
men faß Tag und Nacht nicht von feinem 
Bette, und wandten alle Mittel zu feiner Er- 
haltung an. Es hätte uns auch vielleicht gc* 
glückt , wenn Herr von Kleifl fich die nö- 
tbig gewordene Amputation des Fufles hätte 
gefieillen laffen wollen. Allein , durch alle 
Bitten und Vorfiel lungen war er dazu nicht 
zu bewegen, weil er fich von de? Vergeb- 
lichkeit der Operation überzeugt glaubte. 



VARIANTEN. 

Was er ehedem felbft in feinem Ciffidei 
ond Pa^es gelcbrieben hatte i 

Der Tod ftr's VtcerUad ift ewiger 

VerehroQf werth.— Wienern flcrb' idi ihn lachi 

Dea edle« Ted, wenn mein VerhtagaÜJi ruft ! 

Aefengroffen Gedanken empfand er ttzt. Der 
Tod für das Vaterland war immer» auch 
felbft im Frieden , fein wirmfter Wnnfch. " 
»y Diefer Wunfeh wurde erfüllt. Er be- 
hielt» fein zebntAaiges fchmerzhaftes Lager 
Über» die bewundemswürdigft«« Stärke und 
Gegenwart des Geiftes , und unterhielt die- 
'jenigen »die um ihn waren (worunter fich 
auch beiUndig viele ruflifche Offiziere» die 
den Wetth diefes Kriegsgefangenen kann* 
ten und zu fchAtzen wufsten» befanden) » mit 
den lehrreichften Unterredungen aus allen 
Fächern der Ge1ehrfamkeit.'Al8 ich voraus 
fah » dafs er dem Tode unterliegen mufste» 
erbat ich mir von ihm ein Andenken in mein 
Stammbuch. Er nahm es , traf fogletch auf 
die Seite » worauf der Prinz von Preufsen 

fefchrieben hatte *)» küfste es » und fagte : 
>as ift Balfam für meine Wunden ! O ttfir- 
digfter Thronfolger! Nachher fand er» zu 
folnem gröfsten Vergnügen» berühmte Na- 
men eines Euler, v. Wolf» v. Haller» Emefti, 
LeiTins und vieler andern » und machte theils 
über ihre Perfon » in fo fern fie ihm bekannt 

*) Der Prlaihttte d!e herrlichen Worte avt dem 
Vlrgtl eiagerchriebcat 

— Animo repeeentem etempla meorom 

Bc Piter Aene«! ) et annocvlas exoitit Hector. 



VARIANTEN. 

iN^aren , theiU über ihre Schriften die grfind- 
lichßeii Anmerkungen. Auf die Frage : 9 »Was 
Toll ich armer Kriegsknecht Ihnen denn ein« 
fchreiben? " antwortete ich : „Schreiben Sie 
eine Satire anf die Arzte, denn lefa bin mei« 
ner Kunft nnd allen Anten gram » dafs wit 
Ihnen nicht helfen können.** So werde ich 
Ihnen denn , fagte er , aus dem Seneka fchrei- 
ben : Innumtrabiles morbos nuraris ? Jlfe* 
dieos numera. Vortrefflich ! erwiederte ich. 
Dafs beim Seneka nicht Medicos^ fondern 
Coquos Bünde , mochte ich ihn nicht erin- 
nern» weil ich wirklich vermuthefe» daCi 
lein Gedächtnifs ihn hier verlaflen, und ich 
ihm auch zu diefem launigten Einfall An« 
lafs gegeben hatte. Er federte einen Folian- 
ten » legte ihn im Bette auf das Knie feines 
zerfchmettertenFulfes , legte das Stammbuch 
darauf, und fchrieb , zu meinem gröfstcn 
Erflaunen , das wahre Wort : 

Jnnumerabiies effe morbos nurarisf 

coquös numera*). 

Francoß Htsee Nobiiissimö 

d, 113. Aug. 1759. Domino Pössessöri nu^ 

nibriain sui * eommendat 
E.C.deJaeiß. 



»^ 



»Nach diefem gelehrten Scherze flarb er 
am folgenden Tage mit einer fafl beyfpiel- 
lofen Gegenwart des Geifles und der Ge- 

*) Dq wunderft dich , dafs es To nnzlhlige Krank- 
kciten giebt ? — Zakle die Kdche. 



VARIANTEN. 

laflenheit. Selbft die bey feinem Tode ge- 
genwärtigen feindlichen Offiziere vermi feh- 
len ihre gerechtenXhränen mit den unfrigen." 
y,Um feine Gefichtsbildung uns gegen- 
wärtig zueviialten, machte ich von feinem» 
-aiiehnach dem Tode noch beft&idig freund- 
lich und leutfelig gebliebenen Gefichte » ei- 
nen Gypsabdruck. Die Frau Profenbrinn 
Nikolai « eine Schwefter des berühmten 
Herrn Doktors Zuckert, belegte die Bruft 
im Sarge mit einem breiten fchwarzen feid- 
nen Bande, worinn üieine feiige Gattinn 
die Buchftaben £. C. ▼. K. mit weiflTer Sei- 
4» genühet hatte. Diefes feidne Band hat 
man im Jahre 1777» und alfo nach 18 J^h- 
ten , als man , um Kleifts Grabmai zu ent- 
decken , nachgrub , nebft dem zerfchmet- 
. tertea Schienbeine, im Sarge noch unver* 
wefen wieder angetroffen; und eben aus 
diefem Bande vornehmlich erkannte man 
fein Grab." 

„Herr Nikolai hielt ihm eine Standrede, 
die er aus aller unferer Herzen herlas, und 
welche durch allgemeines Schluchzen und 
lautes Weinen von Freunden und Feinden 
öfter unterbrochen ward." 
. »»Sechs fullifche Staabsoffiziere , einige 
ProfelToren, Magiftratsperfonen , ich und 
ein anfehnlicher Zug von Studenten beglei- 
teten die Leiche zu ihrer Ruheftütte. Als 
acht ruffifche Grenadiere den Sarg auf ihre 
Schultern heben wollten , fragte der edle 
ruffifche Kommandant , Herr Major von 
Haudriiig, der in diefem Augenbliclie nicht 
daran dachte , dats ein auf dem Schlacht- 



f 



VARIANTEN. 

felde nakend ausgezogener feindlicher Of- 
fizier weder Degen noch Schärpe und Ring- 
Kragen mehr befitzen konnte , ob man nicht 
diele Ehrenzeichen auf den Sarg legen wür- 
de. »Wie könüten wir das itzt haben?" 
antwortete Herr Nikolai. Nein ! erwiederte 
der grofsmüthige feindliche Befehlshaber» 
der Leiche eines fo würdigen Offiziers muls 
diefes kriegerifche Ehrenzeichen nicht feh- 
len ! Er zog hiebe/ feinen eigenen Degen 
von der Seite , und diefer ward auf den Sarg 
bcfeftiget. IVIan folgte der Leiche, die auf 
Befehl der Offiziere von der aro Thore be- 
findlichen Wache auf gut ruffifch falutirt 
wurde. Kleifi ward den Augen, aber nicht 
den Herzen entzogen." 



^P OXFORD 



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