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Full text of "Die solonische verfassung in Aristoteles Verfassungsgeschichte Athens"

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http://www.archive.org/details/diesolonischeverO0keil 


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εν. 

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᾿ τ ΧοιοτοϊΙα.. Ὁ, ζα ΟῚ | ς 4 


Die 


n 


solonische Verfassung 


Aristoteles 


Verfassungsgeschichte Athens 


von 


Bruno Keil 


) 


207999 


δι. ες. So 


Berlin 1892 


R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 
Hermann Heyfelder 


SW. Schönebergerstralse 26 


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64 


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und 


Adolf Kiessling 


in Dankbarkeit 


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ἌΡΗΣ ΠΟΥ Ἐν" 


τὸ 


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7, 


Δ) οἱ 


48, 


Die Altertumswissenschaft hat sich bei der Be- 
trachtung und Beurteilung des neuen aristotelischen 
Buches über das Staatswesen der Athener im grofsen 
und ganzen sofort der sogenannten höheren Kritik zu- 
gewendet, für das Einzelverständnis des Buches ist seit 
Kenyons erster Ausgabe wenig geschehen; nur die besseren 
Übersetzungen haben nach dieser Richtung hin ge- 
fördert. Und doch kann das Urteil in weiteren Fragen 
nur dann mit dem Anspruch auf innere Begründung auf- 
treten, wenn das erreichbar höchste Ma/s des Einzel- 
verständnisses alle für die höhere Kritik in Betracht 
kommenden Kriterien geliefert und geklärt hat. Aber 
die Wissenschaft schuldet eine eingehende Erklärung 
nicht allein ihrer Methode, sie schuldet sie auch dem 
Buche selbst. Wie jedes andere Litteraturdenkmal will 
es zunächst aus sich selbst begriffen und erklärt werden. 
Die Einzelerklärung erfordert Zeit; ein einzelner wird 
sie in mahen Tagen nicht geben können, es müssen 
von verschiedenen Seiten Vorarbeiten dazu in Angriff 
genommen werden, welche das Material bereiten helfen. 
Zu ihnen wollen die folgenden Ausführungen gerechnet 
werden. Sie umfassen zunächst nur einen kleinen Ab- 
schnitt des Buches. Aber die Einzelerklärung kann 
nicht ohne steten Rückblick auf das Ganze bestehen ; 


RE 


namentlich der hier behandelte Abschnitt zwang durch 
seine dominierende Stellung in der aristotelischen Ver- 
fassungsgeschichte Athens, anhaltend den Blick auf das 
ganze Buch gerichtet zu halten. So bin ich wider 
Willen durch den Stoff von der Erklärung aus zu den 
Fragen der höheren Kritik ‚gedrängt worden. Das Ge- 
fühl und Bewufstsein von der notwendigen Unzulänglich- 
keit meiner Beobachtungen ist mir dabei ein wenig lieber 
Weggenosse gewesen. 

Die Erklärung mufste sich mit einer Anzahl 
von Fragen abfinden, welche in alle Kapitel des hier 
behandelten Abschnittes eingreifen. Es wäre für mich 
bequemer und manch anderem vielleicht genehmer ge- 
wesen, hätte ich jedesmal bei der ersten Stelle, an welcher 
die betreffende Frage eingriff, sogleich die ganze Frage 
in Angriff genommen und zu Ende geführt. Allein dann 
hätte ich keine Erklärung, sondern eine Reihe von 
Einzeluntersuchungen geliefert. Es gehört mir aber die 
Form der Erklärung mit zum Zwecke des Buches. 80 
ist es mehrfach geschehen, dafs dieselbe Frage an ver- 
schiedenen Orten behandelt werden mufste; man wird 
aber finden, da/s sie an den einzelnen Stellen stets bis zu 
einem Abschlu/s mit bestimmtem Ergebnisse geführt ist, 
auf welchem an der späteren Stelle weiter gebaut wird. 
Es sind verschiedene Fäden zugleich aufgenommen, sie 
laufen durch die ganze Erklärung, um am Schlusse ge- 
schürzt zu werden. 

Die Niederschrift der folgenden Darlegungen habe 
ich nicht mit der Absicht begonnen, ein selbständiges 
Buch zu liefern: einen oder zwei Aufsätze in einer wissen- 
schaftlichen Zeitschrift gedachte ich zu schreiben; allein 
das fertig Ausgearbeitete erzwang sich durch seinen Um- 
fang die Selbständigkeit. Dadurch mufste manches neue 


— VOII — 


Form erhalten: an die ältere Form mag doch wohl noch 
dieses oder jenes gemahnen. 

Die Arbeit ist in den letzten Tagen des April ab- 
geschlossen worden; wie weit bei einer nachträglichen 
Überarbeitung und Erweiterung der seit dem Abschlufs 
des Manuskriptes erschienenen Litteraiur Einflufs auf 
meine Darstellung gewährt werden konnte, ergeben die 
Anmerkungen und der Excurs zum achten Kapitel. Eine 
beschleunigte Drucklegung machte es unmöglich, die nach 
der Mitte des Juni erschienene Litteratur auch nur noch 
bei der Korrektur zu berücksichtigen. 

Zur Bequemlichkeit der Leser ist der Text des hier 
behandelten Abschnittes an erster Stelle abgedruckt. Ich 
habe ihn mit dem Faksimile kollationiert; für einzelne 
Stellen unterstützten mich freundliche Mitteilungen des 
Herrn Prof. Diels und Herrn Kenyon. Ich habe Grund, 
dem Herrn Verleger für sein Entgegenkommen in mehr 
als einer Hinsicht auch an dieser Stelle meinen Dank 
auszusprechen. 


Strafsburg 1. E., 12. Juli 1892. 


ARISTOTELES 
IIOAITEIA AOHNAISN 


Kapitel 5—13. 


Keil, Aristoteles. 1 


L Londoner Papyrus. 

B Berliner Papyrus. 

85 Lesarten aus einer erneuten Prüfung von B; ich ver- 
danke sie der Güte des Herrn Prof. Dr. Diels. 

K! ᾿αϑηναίων πολιτείακ. Aristotle on the constitution of 
Athens edited by F, G. Kenyon. London 1891. 

K?® dasselbe, Third edition 1892. 

K-W Aristotelis Πολιτεία Asyveiov iterum ediderunt 
G. Kaibel et U. de Wilamowitz-Moellendorff. Berlin 
1891. 

H-L De republiea Atheniensium. Aristotelis qui fertur liber 
᾿ϑηναίων πολιτείαβ. Post Kenyonem ediderunt 
H. van Herwerden et J. van Leeuwen J. F. Leyden 
1891. 

[] ergänzte Worte. Wo nichts bemerkt ist, sind die Er- 
gänzungen von Kenyon. 

< %  eingeschobene Worte. 

Die Zeilenzahlen am Rande nach K-W. 

Citate aus aristotelischen Schriften nur nach den Seitenzahlen 

der Akademieausgabe. 


2. Columne L. 
v. Τοιαύτης δὲ τῆς τάξεως οὔσης & τῇ πολιτείᾳ ἘΧ' 
χαὶ τῶν πολλῶν δουλευόντων τοῖς ὀλίγοις, ἀντέστη τοῖς 
γνωρίμοις ὃ δῆμος. ἰσχυρᾶς δὲ τῆς στάσεως οὔσης χαὶ 
πολὺν χρόνον ἀντικαϑημένων ἀλλήλοις εἵλοντο κοινῇ 
διαλλαχτὴν καὶ ἄρχοντα Σόλωνα καὶ [τὴν στολιτείαν ἐττέ- 20 
TesWav αὐτῷ ποιήσαντι τὴν ἐλεγείαν ἧς ἐσεὶν ἀρχὴ 
γινῳῴ[σήχω, καί μοι φρενὸς ἔνδοϑεν ἄλγεα χεῖται, 
πρεσβυτάτην ἐσορῶν γαῖαν ᾿Ιαονίας. 
χαὶ γὰρ j ετελαυνεν καὶ 77005 ἑκατέρους ὑπὲρ ἑχατέρων 
μάχεται καὶ διαμφισβητεῖ καὶ μετὰ ταῦτα κοινῇ πταραι- 25 
vei [χαταἸπαύειν τὴν ἐνεστῶσαν φιλονικίαν. ἦν δ᾽ ὃ Σόλων 
τῇ μὲν [φύ]σει χαὶ τῇ δόξῃ τῶν πρώτων, τῇ δ᾽ οὐσίᾳ 
χαὶ * τοῖς πράγμασι τῶν μέσων, ὡς ἔχ τε τῶν ἄλλων ν. 5. 
ὁμολογεῖται, καὶ [αὐτὸς] ἐν τοῖσδε τοῖς ποιήμασιν μαρτυ- 
gel, “ταραιγνῶν τοῖς πλουσίοις μὴ πλεονεχτεῖν" 
ὑμεῖς δ᾽ ἡσυχάσαντες ἐνὶ φρεσὶ καρτερὸν ἤτορ, 
οἱ πολλῶν ἀγαϑῶν ἐς χόρον [ἠ]λάσατε, 5 


4, 53 γινωι. χω L. 38 zei γὰρ ἐπελαύνει χαὶ K; x.y. πο- 
λι[τικώτατα] K-W; x. γ. ἀπαλλάττει J. B. Mayor, Richards. 
26 gılovıziav, darüber vızı L. 531 [φύ]σεε “the fragment.... 
containing the first letters of this word has been lost in mounting’; 
ergänzt von verschiedenen Seiten. 5, ® [ἠλ]άσατε K?; mehr- 
fach ergänzt nach Tyrt. 10, 11. 

1l: 


Ῥ. 


5 


10 


15 


25 


— 4 — [Kap. 5. 6 


‚ 3 5 2, x c pr 
ἐν μετρίοισι T|gEPEO]FE μέγαν νόον᾽ οὔτε γὰρ ἡμεῖς 
‘ ) YVı? c - ” - ) > 
σεεισόμεϑ', οὐϑ' υμῖν ἄρτια val|vr ] ἔσεται. 
zul ὅλως αἰεὶ τὴν αἰτίαν τῆς στάσεως ἀνάτττει τοῖς 
χελουσίοις᾽ διὸ χαὶ ἐν ἀρχῇ τῆς ἐλεγείας δεδοικέναι φησὶ 


«ς 2 «ς - 
ἱτήν τε @...... σίαν τήν TE ὑπερηφανίαν᾽, wg διὰ ταῦτα 


τῆς ἔχϑρας ἐνεστώσης. 
- ς 

νι. Κύριος δὲ γενόμενος τῶν πτραγμά[τω]ν (0) Σόλων 
τόν τε δῆμον ἠλευϑέρωσε, καὶ ἐν τῷ παρόντι χαὶ εἰς τὸ 
μέλλον, κωλύσας δ[ανε)ίζειν ἐπεὶ τοῖς σώμασιν, καὶ χρεῶν 
Grroroscas ἐποίησε καὶ τῶν ἰδίων καὶ τῶν δημοσίων, 
ἃς σεισάχϑειαν χαλοῦσιν, ὡς ἀποσεισαμένων τὸ βάρος. 
Ἵ δ᾽ - ’ ‘ P} ’ Fi ’ x 
ἐν οἷς πειρῶνταί τινες] διαβάλλειν αὐτὸν" συνέβη γὰρ 
τῷ Σόλωνι μέλλοντι ποιεῖν τὴν σεισάχϑειαν προειπεῖν 

» , 2 «ς “δ « \ 
τισι τῶν [γνω]ρίμων, ἔπειϑ᾽, ὡς μὲν οἱ δημοτικοὶ λέ- 
- m ‚ ς 
γουσι, παραστρατηγηθῆναι διὰ τῶν φίλων, ὡς δ᾽ οἱ 
[βθουλ]όμενοι βλασφημεῖν, καὶ αὑτὸν χοινωνεῖν. δανει- 
σάμενοι γὰρ οὗτοι συνεττρίαντο σπτολλὴν χώραν, [μετὰ δ᾽] 
οὐ scolv τῆς τῶν χρεῶν ἀποχοπῆς γενομένης ἐπτλούτουν᾽ 
ὅϑεν φασὶ γενέσϑαι τοὺς ὕστερον δοχοῦντας εἶναι πα- 
λαιοτελούτους. οὐ μὴν ἀλλὰ πιϑ[ανωώἼτερος ὃ τῶν δη- 
- ’ > x y x , x - „ c 
μοτιχῶν λόγος. οὐ γὰρ ε[ἐ]χ[ὃ]ς ἐν μὲν τοῖς ἄλλοις ovrw 
, ’ % , c > ’ x B} - x 

μέτριον γενέσϑαι χαὶ xoıvolv, ὡσ]τ ἐξὸν αὑτῷ [τ] οὺς 


τ ze[ör’) H-L.; πάντ᾽ K.-W., welchen za und τὰ gleich 
möglich erscheint. 19 Das habelich gelesen im Facsimile; o 
scheint mir vor ἐῶν ausgeschlossen; vg]. z. d. St. φ[ελαργυρ]ίαν 
K. K-W. H-L. 15 (δ) ergänzen K-W. 14 Nach σώμασιν fügt 
L zei νόμους ἔϑηχε ein; von K-W getilgt. 16 ασεισαχϑια, 
mit Hinzufügung eines o über dem ersten σ L; korrigiert 
von K. «mooıo«uevo: L; korrigiert von J.B.Mayor und K-W. 
39 διὰ L: ὑπὸ K-W. “but the MS is clear? K?. 21 [βουλ]όμε- 
vo von vielen ergänzt. 38 yıvouserns L, gebessert bei 
K-W. H-L. 36 [εἰχ᾽᾿ὸς K®, εἰκὸς] K-W. 51 [ὡσ]τ᾽ K®; νωσ 
sind in einem Loch der Hs. ausgefallen; von » und o nur 
Ansatzspuren, [τ]οὺς [νόμ]ους K®, τοὺς [ν]Ἱόμους K-W2. τοὺς 
[ἑτέρ᾽ους Blass nach p. 11, 8; vgl. unten (Register u. Ari- 
stides). Herr Kenyon hat die Stelle freundlichst noch einmal 
im Original für mich eingesehen, aber ohne Ergebnis. 


Kap. 6. 7] —  ὅ — 


[νόμο]υς * ὑποσττοιησάμενον τυραννεῖν τῆς τεόλεως, ἀμφοτέ- ν. 6 
ροις ἀπεχί ϑ]έσϑαι χαὶ περὶ τελείονος [ποι]ήσασϑαι τὸ 
[κα]λὸν χαὶ τὴν τῆς πόλεως σωτηρίαν ἢ τὴν αὑτοῦ ττλε- 
ονεξίαν, ἐν οὕτω δὲ μιχροῖς καὶ ἀν αξίο]ις καταρρυπαί- 
veıv ἑαυτόν. ὕτι δὲ ταύτην ἔσχε τὴν ἐξουσίαν, τά TE 5 
πράγματα νοσοῦντα μαρτυρει.... TO καὶ ἐν τοῖς ποιήμασιν 
αὐτὸς “τολλαχοῦ μέμνηται χαὶ οἱ ἄλλοι συνομολογοῖσι 
πάντες]. ταύτην μὲν οὖν χρὴ νομίζειν wevdn τὴν ai- 
τίαν εἶναι. 

vr. Πολιτείαν δὲ κατέστησε χαὶ νόμους ἔϑηχεν 
ἄλλους, τοῖς δὲ ἀράχοντος ϑεσμοῖς ἐπταίσαντο χρώμενοι τὸ 
πλὴν τῶν φονιχῶν. ἀναγράψαντες δὲ τοὺς νόμους εἰς 
τοὺς κύρβεις ἔστησαν ἐν τῇ στοᾷ τῇ βασιλείῳ καὶ ὦμο- 
σαν χρήσεσϑαι πάντες. οἱ δ᾽ ἐννέα ἄρχοντες ὀμνύντες 
χερὸς τῷ λίϑῳ zareparılor ἀναϑήσειν ἀνδριάντα χρυ- 
σοῦν, ἐάν τινα παραβῶσι τῶν νόμων ὅϑεν ἕτι χαὶ νῦν 15 
οὕτως ὀμνίουσι. χατεχύρωσεν δὲ τοὺς νόμους εἰς ἑχατὸν 
[ξ]τη καὶ διέταξε τὴν ττολιτείαν τόνδε (rov) τρόττο[»]. 

...... τιμήματα διεῖλεν εἰς τέτταρα τέλη, καϑάττερ 
διήρητο χαὶ πρότερον, εἰς τπτενταχοσιομ[ ἐ]διμν[ο]ν [zei 
ἱτετεέα] καὶ ζευγίτην καὶ ϑῆτα. τὰς μ......ες ἀρχὰς 20 
ἀπένειμεν ἄρχειν ἐχ πτενταχοσιομεδίμνων καὶ ἱτετεέων 3: οὶ. 
καὶ ζευγιτῶν, τοὺς ἐννέα ἄρχοντας χαὶ τοὺς ταμίας χαὶ 
τοὺς πωλητ[ ἃς) καὶ τοὺς ἕνδεχα χαὶ τοὺς χωλαχρέτας. 
ἑχάστοις ἀνάλογον τῷ μεγέϑει τοῦ τιμήματ[ο]ς ἀποδι- 
δοὺς τ[ὴν ἀρ]χήν. τοῖς δὲ τὸ ϑητιχὸν τελοῦσιν ἐχχλη- 25 


6, ὅ πόλεως über der Linie hinzugefügt L. οὕτω L, der 
Rest der Vertikalhaste des r und die rechte Schleife des ὦ ist 
zu erkennen; [οὕτ]ω Καὶ 3, * guraureıv über ρου hinzugefügt χαταὰ L. 
6 ueorvoo, darüber & L, von Wessely und Blass (Κ 3) gelesen; 
... To: τοῦτο Sandys, K-W2, ἃ Ἰάσατο Wessely (K?). 1 {τὸν 
von mehreren Seiten ergänzt. 18 Lücke vor τιμήματα nach 
K-W; ‘velut (ro πᾶν πλῆϑος ἔχ) τιμημαάτων᾽: vgl. z. d. St. 
20 So habe ich im Facs. gelesen; vgl. unten (Register u. ἃ. 
St.); μ[ὲν οὐὴν Κα; μὲν o]iv K-W; μὲν οὖν H-L. 38 τὴν war 
mit Compendium geschrieben, man sieht nur noch das τ. 


pP: 7 


10 


20 


—6 — [Kap. 7. 8 


σίας καὶ διχαστηρίων uereöwxe* μόνον. ἔδει δὲ τελεῖν 
’ \ a ὮΝ m - 
χεενταχοσιομέδιμνον μὲν ὃς ἂν ἔχ τῆς οἰκείας ττοιῇ στεν- 
ς ΄ 
ταχόσια μέτρα τὰ συνάμφω ξηρὰ καὶ ὑγρά, ἱτιπάδα δὲ 
m c 
τοὺς τριαχόσια ποιοῦντας, ὡς δ᾽ ἕνιοί φασι τοὺς ἵτεπτο- 
τροφεῖν δυναμένους (σημεῖον δὲ φέρουσι τό τε ὄνομα 
- IN > m G x 
τοῦ τέλους, ὡς ἂν ἀττὸ τοῦ τεράγματος χείμενον, χαὶ τὰ 
m > \ > ’ 
ἀναϑήματα τῶν ἀρχαίων" ἀνάχειται γὰρ Ev ἀχροττόλει, 
DEREN r ΕῚ Ἂν μεν , , B 
εἰχὼν Aupihov, ἐφ᾽ ἢ Errjıyeyoarıraı ade 
Διφίλου Avdeulwv τήνδ᾽ ἀνέϑηκχκε ϑεοῖς, 
9 F - P} x 41, « γδ᾽ > ’ 
ητικοῦ ἀντὶ τέλους ἱτιττάδ᾽ ἀμειψάμενος. 
Ν , ς εἶ « ’ 
καὶ σταρέστηχεν ἵχεττος T εὐχμαρτυρων, ὡς τὴν Irercada 
“- x > 2 - 
τοῦτο σημα[Πνουσαν) ov μὴν ἀλλ᾽ εὐλογώτερον τοῖς 
μέτροις διηρῆσϑαι χαϑάπερ τοὺς πενταχοσιομεδίμνους " 
ζευγίσιον δὲ τελεῖν τοὺς διαχόσια τὰ συνάμφω ποιοῦν- 
U > - > 
τας᾿ τοὺς δ᾽ ahkovg ϑητιχόν, οὐδεμιᾶς μετέχοντας ἀρ- 
χῆς. διὸ καὶ νῦν ἐπειδὰν ἔρηται τὸν μέλλοντα κλη- 
»-» , Sy) 7) - , - >») a) 50 T ΒΥ 
ροῦσϑαί τιν ἀρχήν, πτοῖον τέλος τελεῖ, οὐδ᾽ ἂν εὶς εἴστοι 
ϑητικχόν. 
Ν ) 2 \ γ ’ \ h) , 
VII. τὰς δ᾽ ἀρχὰς ἐποίησε χληρωτὰς ἐκ προχρίτων, 
ὦ ἮΝ - - > 
lo]vs ἐχ[ἀσἼτη προκρίνειε τῶν φυλῶν. προύχρινεν ὃ 
εἰς τοὺς ἐννέα ἄρχοντας ἑκάστη δέχα, χαὶ (Ex) τού- 
᾽ ΄ c 2) ’ -Ὁ- - x ’ὔ 
[των ἐχλ]ήήρουν᾽ οϑεν ἔτι διαμένει ταῖς φυλαῖς τὸ δέχα 
χληροῦν ἑκάστην, εἶτ ἐχ τούτων κυαμεύε[ιν]. σημεῖον 
δ᾽ ὅτι χληρωτὰς ἐποίησεν ἐχ τῶν τιμημάτων ὃ περὲ 
τῶν ταμιῶν νόμος, ᾧ χρώμενοι [διατελο]ῦσιν ἕτι καὶ 


7,5 ὡς ἂν — zeiuevov tilgen H-L. als Glossem; ἂν ver- 
langt der Sinn. 7 χηεφίλου tilgen K-W., vgl. Ζ. ἃ. St. 19 ἐχμαρ- 
τυρῶν L; ich finde kein Zeichen dafür, dafs zu getilgt worden 
seien (K-W); Καὶ 8 bemerkt nichts. Der Raum in Z scheint mir 
etwas zu grols für die Buchstaben gynıer der Ergänzung. 
11. μέτροις K.: μεέτριοις L. 11 τὰς δ᾽ ἀρχὰς Κι: τ᾽ ὃ ἀρχῆς L. 
18 προχρίνειε Gertz: mooxgwwe L. 19 ἐνγέμρχοντας soL. (8x) 
τούϊτων ἐχλ]ήρουν K-W? fragend. χαὶ τούτοις] ἐ[πεκ]λήρουν 
Κϑ: <there is only room for one letter between zov and ε, but 
something has been written above the line and it looks as 
if the seribe had written τοὺς and corrected in rovroes.? 


Kap. 8] — ἡ -- 


- Ν - 

γῦν᾽ χελεύει γὰρ κχληροῦν τοὺς ταμίας ἔχ πενταχοσιο- ν. 7 
, \ 3 ͵ , 

μεδίμνων. Σόλ]ήων μὲν οὖν οὕτως ἐνομοθέτησεν περὶ 25 

- Ἴ , ) ᾿ Ν x > - a DE} B , 
τῶν ἐννέα ἀρχόντων. τὸ γὰρ ἀρχαῖον ἢ ἐν “ς [ἐἰῳ πάγῳ 

x 3 , N ’ x Ν , 
Bov|Ar ἀνακαλεσαμένη χαὶ χρίνασα καϑ' αὐτὴν τὸν Ertı- 

ΓΑ ἜΡΩΣ « [4 - > - ΧΩ y x 
τήδειον EY ἑχαστῃ τῶν ἀρχῶν ἐπε [ἐν]καυτ]ὸν [χκαϑιε- 

- 2 ’ ‘x 3 ’ u , 
στᾶ]σα ἀττιέστελλεν. φυλαὶ ἢ δ᾽ σαν Ö χαϑάπερ πρό- ν. 8 
τερον χαὶ φυλοβασιλεῖς τέτταρες. ἐχ δὲ τῆς) φυ[λῆς 
ἑχ]άστης ἤσαν νενεμημέναι τριττύες μὲν τρεῖς, ναυχρα- 

’ \ , Ἂν (ὦ ,ὔ 3 EN \ - 
ρίαι δὲ δωδεχα χαϑ' ἑχάστην. [ἣν ὃ᾽ ἐπὶ τῶν] ναυχρα- 
ριῶν ἀρχὴ καϑεστηχυῖα ναύχραροι, τεταγμένη ττρός τε 5 

x \ 2 ν x 

τὰς εἰσφορὰς χαὶ τὰς darı|avag] τὰς γινομένας" διὸ χαὶ 
- - In > [2 m 

ἐν τοῖς νόμοις τοῖς Σόλωνος οἷς οὐχέτι χρῶνται τεολλα- 

- ΄ c 5} x 
[χοῦ] γέγραπται “τοὺς ναυχράρους εἰστεράττειν χαὶ ᾿ ἀνα- 
nr > - - 2 DEE) AN > 
λίσχειν ἐχ τοῦ ναυχραριχοῦ agyvoliov. βουλ]ὴν ὃ 
ἐχεοίησε τετραχοσίους, ἑκατὸν ἐξ ἑκάστης φυλῆς, τὴν δὲ τὸ 
τῶν ᾿ρεοπαγιτῶν ἔταξεν ἐ[πεὶ τὸ] νομοφυλαχεῖν, ὥσττερ 
ς - x ΄ γ᾽ , ß 3 - , Ξ 
ὑπῆρχεν χαὶ σιρότερον ἐπίσκοπος οὐσα τῆς πολιτείας 
χαὶ τὰ τε ἄλλα τὰ πλεῖστα χαὶ τὰ μέγιστα τῶν τεολι- 

4 - ὃ ΄ “ x N c A ’ υὕυϑυ Ἶ EN ’ 
τ(ιχ)ῶν διετήρει χαὶ τοὺς ἁμαρτάνοντας ηὐϑυνεν κυρία] 

2 - - - \ I \ \ > ’ 
ovoa [τοῦ ζη]μι[οῦν] καὶ χολάζειν, καὶ τὰς ἐχτίσεις 


38 [ἐγε]α[υτ]ὸν [διατάξα]σα K?. 8, 1 τεσσαρε. 1. ? ἐχ δὲ 
[τῆς φυ]λῆς 1, nach K?. 3 γαυχραιραι L. [ἣν δ᾽ ἐπὶ τῶν] K-W. 
H-L. [ἣν δὲ τῶν] Καὶ 5, welcher gegen die im Texte stehende Les- 
art bemerkt: “t is doubtful whether there is room for this 
supplement’. Die Nachmessung ergiebt Raum für die 7 Buch- 


Α co 
staben 7» δ᾽ emı τ΄. * ναυχραιροι L. ° εντοισολωνομοιστοισ- 
σολωνος L, das erste οὐ über andere Buchstaben geschrieben. 
1 πολλαχ[ οὔ] vgl. p. 6, 6 ἐν rois.... πολλαχοῦ μέμνηται. πολλα- 
xloö] K? nach Wessely, doch seien namentlich «y sehr un- 
sicher. πολλ[άχι]ῖς K-W. 59 reroazooio|us] K!-?, aber re- 
roezo0u° L. 11 ο[ύ]σα K?. 18 πολι(τι)χῶν K-W. H-L. Κα mit 
und nach Anderen. 14 τοῦ ζη]μι[οὔν] K!.K-W. [zei ζη]με[οὔν] 
K® nach Blass mit dem Bemerken gegen die erste Lesung: 
“but a mark of abbreviation seems visible in the MS. Für 
x ist aber der Raum zwischen οὖσα und [ζη]με[ οὖν] zu grofs, 
er reicht für mindestens 2 Buchstaben; der Bruch scheint 
durch das £ von ζημιοῦν zu gehen. 


Ρ. 8 


16. 


20 


25 


p- 9 


--- ὃ — [Καρ. 8. 9 


᾿ ᾽ ΄ 2 ΄ - - 
ἀνέφερεν εἰς πόλιν οὐχ Errıyoayovoa τὴν πρόφασιν τοῦ 
εν νι εσϑαι, καὶ τοὺς ἐπὶ καταλύσει τοῦ δήμου συν[ι]- 

4 2 τ'' ’ [4 > 
σταμένους ἕχρινεν, Σόλωνος ϑέν[τος] νόμον eioa|yy]e- 

\ - c - x 
λ[ίας] περὶ αὐτῶν. ὁρῶν δὲ τὴν μὲν τεόλιν ττολλάχις 
στασιάζουσαν, τῶν δὲ πολιτῶν ἐνίους δ[ιὰ)] τὴν ῥᾳϑυ- 
ulie]v [ἀγαπ]ντας τὸ αὐτόματον, νόμον ἔϑηχε πρὸς 
. N 2 a ὌΝ ’ - , \ 
αὑτοὺς ἰδιον, 05 ἂν στασιαζούσης τῆς στολίε)ως ul 

- Sc x ET, " 5 x 
τι]ϑῆται va ὅπλα μηδὲ μεϑ' ἑτέρων, ἄτιμον εἶναι χαὶ 
τῆς πόλεως μὴ μετέχειν. 

Ix. τὰ μὲν οὖν [περὶ τὰ]ς ἀρχὰς τ[οῦτ)]ον εἶχε 
τὸν τρόττον. δοχεῖ δὲ τῆς Σόλωνος πολιτείας τρία ταῦτ᾽ 
εἶναι τὰ δημοτικώτατα" πρῶτον μὲν καὶ μέγιστον τὸ μὴ 
δανείζειν ἐττὶ τοῖς σώμασιν, ἔπειτα τὸ ἐξεῖναι τῷ βουλο- 

, - c x - 2 , 
μένῳ [ruu]w[oei]v υττὲρ τῶν ἀδιχουμένων, τρίτον δέ, 

ἔς: ΕΗ , ’ > , \ - ἔτ ἂν x 
(w) * ualıora φασιν ἰσχυχέναι τὸ τελῆϑος, 7 εἰς τὸ δι- 

, ὌΝ ς m - 

χ[αστήριον] ἔφ[εσις] κύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος τῆς 
Wnpov χύριος γίνεται τῆς πολιτείας. ἔτι δὲ καὶ διὰ 
x x , N [4 «ς - \ - 
τὸ μὴ yeyloa|pIlaı το]ὺς νόμους ἁπλῶς μηδὲ σαφῶς, 
ἀλλ ὥσπερ ὃ ττερὶ τῶν κλήρων χαὶ ἐπικλήρων, ἀνα[γ]κὴ 
[πολ]λὰς ἀμφισβητήσεις γίνεσϑαι χαὶ ττάντα βραβεύειν 
χαὶ τὰ χοινὰ καὶ τὰ ἴδια τὸ δικασ[ τ]ήρ[ ον]. οἴονται 
μὲν οὖν τινὲς ἐτείτηδες ἀσαφεῖς αὐτὸν ποιῆσαι τοὺς 


16 <yelut εἰσπράττεσϑαι K-W. [εὐδϑύν]εσθαι ΙΧ 3 im Text 
nach Blass; H-L haben #uveo? gelesen; K3 nur &09. Ich 
BETEN OIPODE 22 τὸς ἘΣ σε. . εσϑ, dasoan zweiter Stelle ist 
nicht zu lesen, weil esim Bruche ausgefallen ist. 17 gzo«[yyJe- 
Alias] K® nach Wessely. 1? [ἀγαπ]ῶντας K-W. Kontos; [reoıo- 
ο]ῶντας Bury (K®) ansprechend, nach Thuk. IV. 71, 1 augo- 
τέροις ἐδόχει ἡσυχάσασι τὸ μέλλον περιιδεῖν. 2° Über πρὸς αὐτοὺς 
die Buchstaben zoo0«ev wiederholt in Z. 238 εἶχε Lesung von 
K3. 27x05) H-L<(o ze) K-W. 9,7 τὸ δικα[στ]ήρ[εον]} “the 
MS. is rather doubtfu? K?. ra διχαστηρια lasen K-W und 
emendieren τὸ διχαστήριον. τὰ Ödıxeolz|nolıe]| H-L. Das o in 
ro kann als o und « gelesen werden; aber der Raum zwischen 
no und οἴονται ist für va zu grofs, so dafs ἐὸν gestanden haben 
mufs, wonach sich die Lesung des Artikels reguliert. 


Kap. 9—11] a ee: 


’ [dl x - , c - 3 ’ 
vouovg, O7EwWg regt τῆς χρίσεϊως ὁ δ] [μος ἢ κ]ύριος. ν. 9 

2 x υ [4 2 N \ x 5 3 , 
οὐ μὴν εἰκός, ἄλλα διὰ τὸ μὴ δύνασϑαι χαϑόλου περι- τὸ 
λαβεῖν τὸ βέλτιστον: οὐ γὰρ [δ]ίκ[αιον] ἐκ τῶν νῦν 

᾿, ᾽ “2 Ὕ m 77 ’ « x 

γινομένων αλλ ἐκ τῆς ἄλλης πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν 
ἐχείνου βούλησιν. 

x. ἐν [μὲν οὖν τ]οῖς νόμοις ταῦτα δοχεῖ ϑεῖναι δημο- 

, \ x - - x m m 
Tıxa, 7700 δὲ τῆς νομοϑεσίας womoal[ı] τὴν τῶν χ[ο]εῶ[ν ı5 
αττο]χοττὴν καὶ μετὰ ταῦτα τήν τε τῶν μέτρων χαὶ στα- 

m \ x - 2 ’ 
ϑμῶν zul τὴν τοῦ νομίσματος av&noıw. ἐπὶ ἐχείνου γὰρ 
ἐγένετο χαὶ τὰ μέτρα μείζω τῶν Φειδωνείων, χαὶ ἡ μνᾶ 

᾿ 2 ‚ x 

σιρότερον [ἕλχο]υσα σταρ ὁ λί]γον ἑβδομήκοντα δραχμὰς 

> ΄ - ς , 3 Be - \ ᾿ 
ἀνεττληρύϑη ταῖς ἕχατόν. | ἣν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαρακτὴρ.“ 5]. 

Φ , ᾽ , \ x N x x 
διδράχμου. ἐποίησε δὲ χαὶ σταϑμὰ πρὸς [τὸ] νόμισμα 20 
τ[ρ]εῖς zai.... ἑξξήχοντα μνᾶς τὸ τάλαντον ἀγούσας. 
καὶ ἐπιδιενεμήϑησαν [αἱ] uvai τῷ στατῆρι χαὶ τοῖς ἄλλοις 
σταϑμοῖς. 

χι. Ζιατάξας δὲ τὴν πτολιτείαν ὅνπερ εἴρηται τρό- 
στον, ἐπειδὴ ττροσιόντες αὐτῷ περὶ τῶν νόμων ἐνώχλουν 
τὰ μὲν ἐτειτιμῶντες τὰ δὲ ἀναχρίνοντες, βουλόμενος μήτε 25 


8 ὅπως ἢ τῆς χρίσεως[ ὁ δ)]ηϊμος κ]ύριος K?. ὅπως τι τῆς 
χρίσεως ὁ δῆμος ἢ χύ]οιος. “aut τε delendum aut ὅπως ἢ τῆς 
χρ. ὃ ὃ. κύριος" K-W?. ὕπως τῆς χρίσεως ὁ δῆμος ἡ κύριος “post 
ὅπως videtur zı seriptum esse’ H-L. Ich lese onwg 1; dieser 
Rest des Wortes nach ὅπως kann auf τὸ, ἡ und 7 führen; ich 
fasse ihn als π΄ — περὶ; vgl. zu der Stelle. Bei der Lesung ἢ 
stört das Fehlen des stummen ı. 1° Vor χαϑόλου stand schon 
einmal περιλαβεῖν, durchgestrichen L. !* ποιῆσαι τὴν τῶν χρεῶν 
Lesung von K?. 18 παρὰ [μεχρ]ὸν K-W. [τρεῖς zei] H-L. παρα- 
[πλήσ]ιον K3 “the = (= παρὰ) seems clear, also the o above 
the line for the termination, which is preceded by what may 
be an ἐξ: but there is hardly room in the interval for the letters 
required”. Das . ist ein y; den Rest eines o glaube ich nach 
πὶ zu erkennen; was παρ᾽ ὀ[λίγ]ον ergab. 39 διϑράχμου: δὲ- 
δραχμον L und die Hgb.; vgl. z. ἃ. St. 31: Über die Lücke 
vgl. z. d. St. 


p. 9 
26 


p. 10 


10 


ae [Kap. 11. 12 


m - ‚> > 2 x Ρ] ΄, 
ταῦτα χινεῖν μή ἀπεχϑάνεσϑαι παρὼν ἀποδημίαν 
ἐποιήσατο χαΐ ἐμπορία[ν] ἅμα καὶ ϑεωρίαν εἰς Alyv- 

Ὕ \ « 3 ac ’ } SR - > x 67} 
στον [εἰτε] ὧν ὡς ov[x]nl&]eı δέκα ἐτῶν" οὐ γὰρ οἴεσϑαι 
δίκαιον εἶναι τ[ο]ὺς νόμους ἐξηγεῖσϑαι παρών, ἀλλ 

ur owv, 

x ’ - μ x x ΄ 
ἕχαστον τὰ ἢ γεγραμμένα ποιεῖν. ἀμα δὲ καὶ συνέβαινεν] 
αὐτῷ τῶν τε γνωρίμων διαφόρους γεγενῆσϑαι πολλοὺς 
διὰ τὰς τῶν χρεῶν ἀποχοπαΐϊς), χαὶ τὰς στάσεις ἀμφο- 

, a, 9. ὃ x x N do > - , 
τέρας μεταϑέσϑαι δια τὸ τεταρὰ δόξαν αὑτοῖς γενέσϑαι 
vv ..... τάξιν. ὃ μὲν γὰρ δῆμος ᾧετο sravı ἀνάδαστα 
ποιήσειν αὐτόν, οἱ δὲ γνώριμοι [π]άλιν ἢ τὴν αὐτὴν 

ΨΈ 2 7 ᾽ν ca KR , 
τάξιν ἀποδώσειν ἡσ..... παραλλ.... ὁ δὲ ἀἸμφοτέ- 

> [4 Ἀν #233 > oa - , 2 ΄ 
ροις ἠναντιώϑη, καὶ ἐξὸν αὑτῷ μεϑ' ὁποτέρων ἠβούλετο 
συστάϊντι] τυραννεῖν εἵλετο πρὸς ἀμφοτέρους ἀπεχϑέσ- 
ϑαι σώσας τὴν πατρίδα χαὶ τὰ βέϊλτι στα »ομοθεξησσα 

χπ. ταῦτα δ᾽ ὅτι τοῦτον {τὸν τρόπον εἶχεν οἵ τὶ 
ἄλλοι συμφωνοῦσι πάντες χαὶ αὐτὸς ἐν τῇ ποιήσει μέ- 
μνηται πτερὶ αὐτῶν ἐν τοῖσδε (fr. 5 B)' 

δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον γέρας ὅσσον ἐπαρ(γεῖς, 
m 2) > x „> ’ 

τιμῆς οὐτ ἀφελὼν oVT ἐττορεξαμενος" 

οἱ δ᾽ εἶχον δύναμιν καὶ χρήμασιν ἤσαν ἀγητο[ί], 

26 zuveiv] χείνειν L. 385. Zuerst richtig gelesen bei H-L. 
praef. p. X, von Blass und Wessely (Κ 3): εἰπὼν von Wessely, 
λέγων H-L. Blass; ich habe die Buchstaben im Texte gegeben, 
wie ich sie nach diesen erkenne. 10 1 ποιεῖν wie K-W.: ποιῆσαι 
H-L. K3. 10, 4 χαταστασιν την ουσαν ταξιν L nach K?; ich lese 
nur wieK-W. χα... στασιν und την! Cavrafıv wie K-W., das 
C könnte auch die untere Hälfte eines & sein; χαταστασιν 
Emendation zu dem korrupten Texte. Stand vielleicht τὴν 
νέαν τάξιν ursprünglich? es hätte einen passenden Gegensatz 
in τὴν αὐτὴν τάξιν. 5 eis L: ἢ K-W?; etwa πάλιν «τὴν πολι- 
teiav) εἰς τὴν z1E.? σμιχρὸν παραλλάξίειν K®. H-L., der An- 
laut stilwidrig; ἢ μικρὸν παραλλάξειν K-W., ἢ σχεδὸν ἀἸπαρ- 
ἄλλαϊχτον 9. ἀπεχϑεσϑηναι 1. "!Xrov)K. εἶχεν K-W: ἔσ- 
yev L. ' γέρας L: κράτος Plut. Sol. 14. ἐπαρχεὶ Plut.; und 
so auch L? Das erste Zeichen ist undeutlich, hat aber unten 
eine Spitze und nicht eine von links beginnende Schleife, 


wie sonst ein nicht legiertes «. 1 ἀπορεξάμενος L, ἐπ. Plut. 
16 0% Plut.: ὅσοι L. 


Καρ. 12] — 11 — 


καὶ τοῖς ἐφρασάμην μηδὲν aleılaes ἔχειν. p. 10 
ἔστην δ᾽ ἀμφιβαλὼν κρατερὸν σάκος ἀμφοτέροισι. 
γ[ι]χᾶν δ᾽ οὐχ eiao οὐδετέρους ἀδίκως. 
πάλιν δ᾽ ἀποφαινόμενος τεερὶ τοῦ τελήϑοις, ὡς α[ὑτ] ᾧ 20 
δεῖ χρῆσϑαι (Sol. fr. 6. 8, vgl. Theogn. 159)" 
δῆμος δ᾽ ὧδ᾽ ἂν ἄριστα σὺν ἡγεμόνεσσιν ἕποιτο, 
μήτε λίαν ἀν[ε]ϑεὶς μήτε βιαζόμενος. 
τίχτει γὰρ κόρος ὕβριν, ὅταν πολὺς ὕλβος ἕπτητ[ αι] 
ἀνϑρώποισιν ὅσοις μὴ νόος ἄρτιος ἢ). 25 
χαὶ πάλιν δ᾽ [ἑτέρωθί που λέγει τεερὶ τῶν διανεί- 
μασϑαι τὴν γῆν βουλομένων" 
ἃ δ᾽ &p ἁρπαγαῖσιν ἤλϑον, ἐλτεί [δ᾽ Ei]yov ἀφνεᾶν, p. τι 
xadorovv ἕχαστος αὐτῶν ὄλβον εὑρήσειν πολύν, 
χαί μὲ κωτίλλοντα λείως τραχὺν ἐχφανεῖν νόον. 
χαῦνα μὲν Tot ἐφράσαντο, γῦν δέ μοι χολούμενοι (.84) 
λίοξδ]ν. ὀφϑ[αλμΊοϊσ᾽ ὁρῶσι πάντες ὥστε δήιον᾽ 5 
οὐ χρεών. ἃ μὲν γὰρ εἶπα σὺν ϑεοῖσιν ἤνυσί α], (hr. 35) 
[ἄλλα δ᾽ οὐ ματην ξερδ[ο]ν, οὐδέ μοι τυραννίδος 
ἁνδάνει βίᾳ τι [δέζ]ειν, οὐδὲ στειε[ίρα]ς χϑονὸς 
πατρίδος καχοῖσιν ἐσϑλοὺς ἰσομοιρίαν ἔχειν. 
[πάλιν] δὲ καὶ περὶ τῆς ἀπι[οχ] οττῆς τῆς τῶν χρεῶν καὶ τὸ 
τῶν δουλευόντων μὲν τερότερον ἐλευϑερωϑέντων δὲ δ[ιὰ] 
τὴν σεισάχϑει [αν] (fr. 856)" 
ἐγὼ δὲ τῶν μὲν ovver T αξονηλατον 


23 βιαζόμενος L: πιεζόμενος Plut. compar. Sol. et Popl. 2. 
56. zei tilgen K-W. ἑτέρωθι lasen K-W., andere ergänzen 
anderes. 11, ! <velut οἱ δ᾽ ἐφ᾽ ἁρπαγαῖσιν ἐλπίδ᾽ ἤλιϑ᾽ εἶχον" 
K-W. ὁ Ergänzt aus Plut. Sol. 16. 6. ἃ μὲν γὰρ alle mir be- 
kannten Hschr. des Aristides II. 536 D. 7 ἄλλα] ἅμα Aristid. 
Die Spuren in Z scheinen nicht ganz zu Aristid. zu stimmen. 
ἔερδον] ἔρδον Aristid., erst von jüngeren Händen die Korrektur 
ἕρδον. 1% Lesung von Wessely (K3); τῆς anlooies] τῆς τῶν 
[ὑπόχρε]ων K-W?. 18 <MS. is doubtful; the A might be read 
as σ or γ᾽ K®. εἵνεκ᾽ ἀξονηλατῶν K-W?. οὕνεχα ξυνήγαγον 
Blass, Platt; andere anders. Ich verstehe Ζ. 13. 14 nicht. 
B?, wo dem Raume nach αξονηλατον zu erwarten ist, ξι. 


15 


20 


25 


-- 12 — [Kap. 12 


δῆμόν τι voizwv πρὶν τυχ[εῖ]ν ἐπαυσάμην. 

’ - ) IN Ὕ , ΄ 
συμμαρτυρ[οἰη ταῦτ av ἐν δίχῃ χρόνου (fr. 36) 
μήτηρ μεγίστη δαιμόνω[ν ᾿Ολυ]μπίων 
ἄριστα, Γῆ μέλαινα, τῆς ἐγώ rote 
ὅρους ἀνεῖλον ττολλαχῇ rerenyorals], 
[πρόσ]ϑεν δὲ δουλεύουσα, νῦν ἐλευϑέρα. 
πολλοὺς δ᾽ ᾿4ϑήνας, πατρίδ᾽ εἰς ϑεόχτιτ[ον], 
[ἀνή]γαγον πραϑέντας, ἄλλον ἐχδίχως, 

„ r N 3.553 , RN 
αλλον δικαίως, τοὺς δ᾽ ἀναγχαίης υττὸ 
χρειοῦς φυγόντας, γλῶσσαν οὐκέτ᾽ ᾿4ττιχὴν 
ἱέγγας, ὡς ἂν πολλαχῇ “πλαν[ ὠμένους], 

x > πὸ , 97 2 -“» B > 7 
τοὺς ὃ ἐνθαδ αὑτοῦ δουλίην ἀειχέα 
[ξἐΊχοντας, ἤϑη δεσποτῶν τρομευμένους], 
[ἐλ]ευϑέρους ἔϑηχα. ταῦτα μὲν χράτει 
γόμου, βίαν TE χαὶ δίχην συναρμύσας, 
Ἐ[ἔρεξα] καὶ διῆλϑον ὡς ὑτεεσχόιιην. 
ϑεσμοὺς δ᾽ ὁμοίως τῷ καχῷ TE χἀγαϑῷ, 
εὐθεῖαν εἰς ἕχαστον ἁρμόσας δίκην, 
Ὑ ΄, er? c h) x [2 
ἕγραινα. χέντρον ὃ ἀλλος ὡς ἐγὼ λαβων, 
[χκαχ]οφραδής τε καὶ φιλοχτήμων ἀνήρ, 

> »\ - , x " 
οὐχ, ἂν χατέσχε δῆμον" εἰ γὰρ ἢ[ϑε]λον (fr. 37) 


14 [ἐπαυ]σάμαν B?. 539 ϑεοχτιστ.. L., ebenso im Aristid. 
II. 536 D der Laur. 60, 3 (Arethas-7), in geringeren Hschr. 
öfter korrigiert; Laur. 60, 7 und seine Klasse ϑεόχτιτον. 3} ἐχ- 
δίχως auch Aristid. Laur. 60, 3. 35 δουλίην L. Plut. Sol. 15: 
dovisins Aristid. p. 537. 26 79n LB: ἤδη Aristid. δεσποτῶν 
Aristid. Laur. 60, 3 und andere noch nicht nach dem Fehler 
ἤδη interpolierte (δεσπότας) Hschr. 31 zoareı νόμου Κα. H-L.: χρα- 
τεεινομου L., also entweder χρατέεεν ὁμοῦ oder χρατέει vouov; 
ich fasse βέαν — συναρμόσας als Apposition zu zoareı νόμου. 
x0.rnouov B, κράτη ὁμοῦ Aristid. Laur. 60, 7: χράτει ὁμοῦ 
Aristid. Laur. 60, 3 (jüngere Hschr. der gleichen Klasse öfter 
κράτη aus χράτεν korrigiert) Plut. Sol. 15. K-W. 12, 3 δ᾽ 
Aristid.: re L. ὁμοίως L und eine oft interpolierte Hand- 
schriftenklasse des Aristid. 


Kap. 12. 13] a: ἘΠ 


a - > , a , 
α τοῖς Evavriolıoı]v νδανεν τότε, Ρ. 12 
ΒΕ ἧς «(ἀν » 
αὖϑις δ᾽ ἃ τοῖσιν οὕτεροι φρασαίατο, 
m x - ’ ’ ’ 
χπολλῶν av ἀνδρῶν ἥδ᾽ ἐχηρώϑη πόλις. 
- ’ > x ΄ 
τῶν εἵνεκ ἀλκὴν πάντοϑεν ττοιούμενος 10 
ς x - 
ὡς ἐν χυσὶν ποολλαῖσιν ἐστράφην λύχος. 
x [27 x ' - 
χαὶ πάλιν ὀνειδίζων ττρὸς τὰς ὕστερον αὐ [τ]ῶν μεμιψι- 
μοιρίας ἀμφοτέρων" 
΄ x > > 
δήμῳ μὲν εἰ χρὴ διαφάδην ονειδίσαι, 
[a - 2 P77 > > -ν >\ 
α νῦν ἔχουσιν οὐττοῦ ὀφϑαλμοῖσιν av 15 
εὔδοντες εἶδον. 
cr x ’ x ’ > ’ 
000. δὲ μείζους καὶ βίαν ἀμείνονες 
- > Ν 
αἰνοῖεν ἂν μὲ χαὶ φίλον ποιοίατο᾽ 
ΎὝ ’ 2) ἡ , G - m 77 
εἰ, yao τις ἄλλος, φησί, ταύτης τῆς τιμῆς ἔτυχεν (fr. 36, 
20. 21), 20 
2 IN ’, - > 9} ΕῚ ’ 
οὐκ ἂν κατέσχε δῆμον οὐὃ ἐπαύσατο, 
χερὶν ἀνταράξας πῖαρ ἐξέλῃ yaha. 
a πϑ εἴ 2 , 5. Col. 
ἐγὼ δὲ τούτων ὥσπερ Ev μεταιχμίῳ en 
0005 χατέἕστην. 
\ \ 3 > ‚ Ὕ ᾽ὔ \ ’ 

x. Τὴν μὲν οὺν ἀποδημίαν ἐποιήσατο διὰ ταύτας 25 
τὰς αἰτίας. 

1 ἃ τοῖς B. Aristid.: αὐτοῖς L. 8 αὖτις B?: δ᾽ ἃ τοῖσιν 
Aristid. p. 538, δὲ er..aıw B?: δὲ αὐτοῖσιν L. οὕτεροι K-W. 
Platt: ovreouı oder -g0: (K?) L.: ἁτέροις Aristid. φρασαίατο 
in allen Arist.-Hschr. in δρᾶσαι διὰ korrumpiert. 19. zivex’ K- 
W.: οὕνεκ᾽ L. Aristid. ἀλχὴν L.: ἀρχὴν Aristid., eine Hschr. 
mit yo. ἀρχή. ποιεύμενος Platt K-W. H-L.: χυχεύμενος Aristid. 

14 διαφάδην K-W. Kontos: διαφραδὴν 1. 35 πριν ανταραξας 
L., woraus K® nach Adam πρὶν ἀνταράξας: πρὶν ἢ ταράξας 
K-W2:zoiv ὧν ταράξας Plut. Sol. 16. πῖαρ Plut.: πυαρ L. 


Fünftes Kapitel. 


Mit dem fünften Kapitel beginnt äufserlich be- 
trachtet die Darstellung der solonischen Verfassung in 
der aristotelischen Schrift vom Staatswesen der Athener; 
allein genaueres Zusehen lehrt, dass die drei zunächst 
vorhergehenden Kapitel, welche die sociale Lage des 
athenischen Staates und seine Verfassungsgeschichte 
vor Solon vorführen, eigentlich auch schon zu der Dar- 
stellung der solonischen Verfassung gehören. Zunächst 
bilden sie nach der Absicht des Schriftstellers für den 
Leser die Folie, auf der sich die Schilderung der 
Thätigkeit Solons abhebt. Aristoteles hat selbst im 
zweiten Kapitel mit den Worten χαὶ γὰρ δε δε]μέν[ οἱ] 
τοῖς δ[ανείἼσασιν ἐτεὶ τοῖς σώμασιν ἤσαν μέχρι Σόλωνος " 
οὗτος δὲ πρῶτος ἐγένετο τοῦ δήμου τιροστάτης einen 
Fingerzeig dafür gegeben, dafs von hier ab die Dar- 
stellung auf die solonische Verfassung hinstrebe, und 
nicht ohne Absicht des Schriftstellers weisen die Worte 
des dritten Kapitels ἐπὶ δὲ Σόλωνος ἅπαντες eig τὸ 
ϑεσμοϑετεῖον συνῆλϑον auf das Eintreten der natur- 
gemälsen Vereinigung der höchsten Behörde gerade 
unter Solon hin. Die in Kapitel 2—4 geschilderten 
Zustände sind im ganzen für oligarchische Ver- 


a 


fassungen charakteristisch, und dem Leser wird im 5. Kap. 
Beginn des 2. Kapitels ihre richtige Auffassung mit 
deutlichem Worte an die Hand gegeben: ἦν γὰρ τότε 
ἡ πολιτεία τοῖς τε ἄλλοις ὁλιγαρχικὴ πᾶσι al 
δὴ καὶ ἐδούλευον οἱ “εένητες τοῖς τελουσίοις ; der Schlufs 
knüpft δὴ diesen Gedanken wieder an: χαλεπτώτατον..... 
ἤν τοῖς πολλοῖς τῶν κατὰ τὴν πολιτείαν τὸ δουλεύειν. 
οὐ μὴν ἀλλὰ χαὶ ἐττὶ τοῖς ἄλλοις ἐδυσχέραινον" οὐδενος 
γάρ, ὡς εἰτυεῖν, ἐτύγχανον μετέχοντες. Dieser oligarchi- 
schen Wirtschaft wird nun in der solonischen Ord- 
nung die πολιτεία entgegengesetzt. Um den Gegen- 
satz zwischen dem vorsolonischen Zustande und der 
solonischen Reformation des ganzen inneren Staats- 
lebens scharf zu markieren, wird der Inhalt jener 
Kapitel im Beginne des fünften rekapituliert; die Re- 
kapitulation erfolgt in umgekehrter Reihenfolge, um 
an das zunächst Vorhergehende anzuknüpfen!), zu- 
gleich aber mit fast wörtlicher Wiederholung der in 
den früheren Kapiteln gebrauchten Ausdrücke, um 
eine grölsere Straffheit der Bindung zwischen den auf 
die solonische Partie vorbereitenden Kapiteln und dieser 
selbst zu erzielen: πιχρότατον ἣν τοῖς πολλοῖς... τὸ 
δουλεύειν 5) (Kap. 2) > τῶν πολλῶν δουλευόντων τοῖς 


1) Ich gebe Citate ohne die Klammern der Ergänzungen, wo 
nichts darauf ankommt. Oben und in der folgenden Anmerkung 
habe ich die Herstellung von K-W. χαὶ γὰρ δεδεμένοι faute de 
mieux angenommen. Dafs ich sie nicht für richtig halte, deute 
ich an in der Rec. von H-L., Berl. phil. Wochenschr. 1892, mit 
der Lesung zei γὰρ... da . ., die zu der Ergänzung von K-W. 
nicht stimmt; aber auch Blafs’ χαὶ γὰρ οἱ δανεισμοὶ πᾶσιν ἐπὶ 
χτέ. will mich nicht ganz befriedigen (Litt. Centralbl. 1891, 1834). 

2) Ich halte nach wie vor die Schlufsworte von Kap. 4 
ἐπὶ δὲ τοῖς σώμασιν ἦσαν δεδανεισμένοι, καϑάπερ εἴρηται, καὶ 
ἡ χώρα δι ὀλίγων ἣν für ein Glossem. Dafür, dafs man die 
Kap. 2 geschilderten soeialen Zustände auch während der dra- 


N πὴ: 


5. Kap. πολλοῖς. --- ἦν δ᾽ ἡ τάξις τῆς ἀρχαίας πολιτείας τῆς 
πρὸ Δράχοντος τοιάδε (Kap. 3) > τοιαύτης δὲ τῆς 
τάξεως οὔσης ἐν τῇ ττολιτείᾳ; und ebenso von der 
drakontischen Verfassung 7 δὲ τάξες αὕτη τόνδε τὸν 
τρόπον εἶχε, wobei für die Genauigkeit der Über- 
einstimmung zu beachten ist, dafs das Wort τάξις in 
Verbindung mit zolıreia in dem ganzen Buche aulser 
an diesen Stellen nur noch bei der theseischen Verfassung 

in dem rekapitulierenden 41. Kapitel gebraucht ist!). 


kontischen Periode weiter bestehend denke, ist eben dort mit 
den Worten zei γὰρ δεδεμένοι τοῖς δανείσασιν ἐπὶ τοῖς σώμα- 
σιν ἦσαν μέχρι Σόλωνος hinreichend gesorgt; sie wären 
schon deswegen überflüssig. Sie sind es zweitens wegen der 
gerade acht Worte darauf folgenden Rekapitulation zei τῶν 
πολλῶν δουλευόντων τοῖς ὀλίγοις noch einmal. Sie sind aber 
durch die Nähe der Wiederholung an der letzteren Stelle 
nicht blofs lästig, sondern auch unschön; unschön ist ihre 
Ankleeksung an die Darstellung der drakontischen Verfassung 
in hohem Mafse. Vor allem aber trifft der Ausdruck dieses 
Satzes nicht den Kern der Sache. Ein Zustand soll geschildert 
werden. Der Zustand ist das δουλεύειν ; deshalb setzt Aristoteles 
dieses Wort in den Anfang von Kap. 2 und wieder an das Ende. 
Das δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασι ist der Grund für diesen Zu- 
stand; so wird es im 2. Kapitel gefafst, und im 6. Kapitel sagt 
Aristoteles nicht ἐχώλυσε δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασιν, Sondern 
im Gegensatz zu dem Zustand des δουλεύειν ganz konsequent 
ἠλευϑέρωσε, wofür als Grund χωλύσας δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασιν 
hinzugefügt wird. Die Rekapitulation Kap. 5 δουλευόντων τῶν 
πολλῶν entspricht also genau der Auffassung im 2. und 6. Ka- 
pitel. Der Satz am Schlufs des 4. Kapitels giebt den Grund 
für einen Zustand an, wo der sociale Zustand selbst im An- 
schlufs an einen politischen Zustand gebracht werden mufste. 
Der Satz ist ein aus Kap.2 entlehntes Glossem zu den Worten 
τῶν πολλῶν δουλευόντων, das eine Zeile zu hoch in den Text 
geraten ist, 

1) Im übrigen heifst es von Solon selbst (p. 6, 9) πολετείαν 
κατέστησε: der innere Ausbau der Verfassung wird mit διέταξε 
(p. 6, 16) und διατάξας (p. 9, 23) bezeichnet; mit Bedeutungs- 


2 ὁ ἘΠ ΜΈΣΟΣ 


Die Rekapitulation abgerechnet, zerfällt das fünfte 
Kapitel in zwei leicht zu scheidende Teile; der erste 
erzählt die Wahl Solons und die Begründung dazu; 
der zweite bestimmt die politische Stellung Solons. 

Die Teile sind vollkommen symmetrisch gebaut: in 
beiden bildet ein Citat aus Solons Gedichten die Mitte; 
je ein Satz führt zu ihr hinauf, je eine Periode führt 
von ihr herab. Die letzteren sind an Umfang an- 
nähernd gleich, der erste Satz ist auch in sich völlig 
symmetrisch gebaut: ἰσχυρᾶς ὦ. οὔσης (a), καὶ «5 ἀλλή- 
λων (Ὁ) εἵλοντο m Σόλωνα (c) καὶ “«» αὐτῷ (b), ποιή- 
σαντι nm ἐλεγείαν (a), also fünf Kola mit Changement der 
Korrespondenz (ab, c, ba). Dafs kunstvolle Periodik 
in unserem Buche sich findet, fällt ja jedem Leser auf; 
nur um auf ein paar Beispiele zu verweisen, nenne ich 
die Sätze p. 19, 4 fi. 26 ἢ: 28, 18 ff.; einzelnes 
kommt noch später zur Besprechung. Rhetorischen 
Satzbau darf man natürlich in einem Buche, wie dem 
vorliegenden, nicht erwarten; es gehört nicht der 
rhetorischen Litteratur an. Der Satzbau entspricht 
im allgemeinen jedoch der Forderung des Aristoteles 
(Rhet. 1409 a 34) an die εἰρομένη λέξις κατεστραμμένη 


3 G 


ἐν σιεριόδοις: λέγω δὲ περίοδον λέξιν ἔχουσαν ἀρχὴν 


nuance p. ὃ, 10 vom Areopag ἔταξεν ἐπὶ τὸ νομοφυλαχεῖν. 
χαταστῆσαι τὴν ἐπὶ τῶν τετραχοσίων πολιτείαν p. 32, 11 und ἡ 
ὀλιγαρχία κατέστη p. 36, 10, vom inneren Ausbau διέταξαν 
p- 33, 13. Vom Lysander χαταστῆσαι τοὺς τριάχοντα p. 38, 4 
und bei der Neuordnung der Bule durch Kleisthenes, der 
Einführung einer neuen Form, τὴν βουλὴν κατέστησεν p. 23, 3, 
wofür bei Solon ἐποίησε (p. 8, 9), weil nur eine geringe Um- 
gestaltung des drakontischen Rates vorgenommen wurde. τάττειν 
τὴν πολιτείαν heilst es nie. Im der πολ. 49nr. ist also die Aus- 
drucksweise dieser Gedankensphäre geregelt nach der aristo- 
telischen Definition (Polit. 1274 Ὁ 38) ἡ δὲ πολιτεία τῶν τὴν 
πόλιν οἰκούντων ἐστὶ τάξις τις; vgl. 1289a 15. 
Keil, Aristoteles. 2 


5. Kap. 
Periodik, 


5. Kap. χαὶ τελευτὴν αὐτὴν χαϑ' αὑτὴν καὶ μέγεϑος εὐσύνοπτον. 
Bar ἡδεῖα δὲ ἡ τοιαύτη χαὶ εὐμαϑής. Es werden wohl 
manchmal lästige Parenthesen eingeschoben, wie p. 2, 
27; 7, 6 fi; 30, 4 f., allein die Deutlichkeit leidet 
nicht darunter. Dagegen ist der Satzbau ungleich- 
mälsig; trefflich periodisierte Stellen, wie die eben an- 
geführten, stehen neben solchen mit rein agglutinieren- 
der Satzfügung. Der Grund dafür ist der unfertige 
Zustand des Buches; der letzten Feilung, welche die 
πολ. A$nyv. eben nie erhalten hat, war die Durch- 
führung der Gleichmäfsigkeit des Satzbaues vorbehalten. 
Rhythmik Aristoteles behandelt die Periodik im Anschlufs an 
die Rhythmik. Steht diese in der στολ. Ar. ebenso 
mit seiner Theorie im Einklange? Eine Untersuchung 
der Rhythmik der πολ. 49nyv. kann m. Εἰ. sich nicht 
auf das ganze Buch erstrecken. Im zweiten Teile 
mulsten die vielen technischen Ausdrücke die Ab- 
sicht, rhythmisch zu schreiben, oft unmöglich machen. 
Im ersten fallen für eine solche Untersuchung die 
Kapitel fort, welche Aktenmaterial reproduzieren. 
Das fast im Rohmaterial vorliegende 22. Kapitel kann 
auch kaum in Betracht kommen. Dagegen gehört 
zum DBeobachtungsmaterial das Anfangskapitel des 
zweiten Teiles über die Ephebie, welches vielleicht 
das bestausgearbeitete des Buches ist und nur in den 
Partieen über Solon, die Peisistratiden und die Dema- 
gogen (Kap. 28) annähernd gleich gute Parallelen hat. 
Auch der Beginn des 45. Kapitels darf herangezogen wer- 
den. Es ist nicht meine Absicht, aus diesen Abschnitten 
eine vollständige Sammlung der Klauseln und Satz- 
oder Kolenanfänge zu geben; ich habe soviel Material 
gesammelt, wie mir zur Charakteristik nötig schien. 
Im einzelnen wird man rechten können, weshalb diese 
oder jene Stelle auch aus dem ersten Teile nicht heran- 


ἘΣ Ὁ ΠΕ 


gezogen ist. Ich halte aber dafür, dafs bei einer Unter- 
suchung über ein künstlerisches Stilelement der 
Untersuchende in einem Buche wie dem vorliegenden 
sich bei jeder Stelle fragen mufs, ob ihr Charakter 
derart ist, dafs man in ihr beabsichtigtes Hineintragen 
künstlerischer Elemente seitens des Schriftstellers vor- 
aussetzen darf. Über diese Vorfrage muls man sich also 
zuerst entscheiden ; aber ihre Entscheidung hängt so sehr 
von subjektivem Urteil und Empfinden ab, dals man 
in vielen Fällen immer wird rechten können und 
müssen. Vor allem aber ist, und zwar mehr als bei 
jeder anderen Untersuchung, hier im Auge zu be- 
halten, dass die 7204. 4919. die letzte Feile nicht mehr 
erhalten hat. — Für die Quantitätsmessungen bemerke 
ich, dafs ich geschlossene kurze Silben vor der Pause 
als lang rechne, dagegen offene als kurze behandle. Die 
Pause, welche Hiate entschuldigt, längt durch ihre 
Mora auch die konsonantisch auslautende kurzvoka- 
lische Endung. Im übrigen werden bei den Zusammen- 
stellungen die Fälle, in denen nicht vokal- oder po- 
sitionslanger Schlufs vorliegt, durch Einklammerung 
der Zahlen des Citates angezeigt. 
1) Die Klauseln von Kola und Perioden. 
----16=7 (4 9): -wv. ἀλλήλοις. 4, 19. 27; 6, 
17-18); 5, 21. 22. (27); (9, 12); 10,2. (5); (15, 4. 
24); 16, 5; (19, 20); 28, 6; (46, 11: 47, 12). 
u---20= 17 (+ 3): ἀπεχϑέσϑαι 10, 9; 4,16; 
042 Ὁ, Ὅν 10. 7. 009}: (15. Ds: 15,44 @.): 16; 
28, 4. Das Metrum wiederholt 1, 16 τῶν-δου- 
Aeveıv) — ὅ, 10 (ὡς-ἐνεσξώσης) In ὦ ὦ ὦ ---- -- - 
steht der Päon im Kontrast zum Epitrit ἐγένετο 
ἣ πολιτεία 23, 27; päonisch ebenfalls ovver- 
δότας ἐμήνυεν 19, 26; (2, 21). Die Verbindung 
-uu---, wie choriambisch mit schwerer 
ΟΣ 


5. Kap. 
Rhythmik 


Klauseln 


5. Kap. 
Klauseln 


- u=-—o 


ἘΠ 1 ae 


Klausel, τῆς στάσεως οὔσης 4, 18; 8, 18-9; 
19, 15; anapästisch - u u - vu --- τρῶν ὀμό- 
σαντες ἀριστίνδην 1, 1, vgl. Zveßißaoev εἰς τὰς 
ναῦς 25, 29. 

25 —= 15 (+ 10): ἐστὶν ἀρχὴ 4, 21; (6, 4); 9, 
5; 10, 7. (12); 31, 10; 47, 7. Mit päonischem 
Motiv (U) u u u - u - - Ἡ γενομένης ἐπλούτουν 
5, 23; (6, 7). Das epitritische Metrum ganz 
deutlich in der Wiederholung (μέλ)λοντα vAn- 
oovol$ai τιν᾽ ἀρχήν 7, 15; (19, 12); andere 
Epitrite vorher (13, 23; 20, 2). Der Rhyth- 
mus setzt sich über den Periodenschlufs im 
Eingang des nächsten Kolons fort UL u--| 
- u = = | - u - - ἐπιμελεῖσϑαι τῶν ἐφήβων. ἐκ 
δὲ τούτων 46, 16. Bei vorhergehendem Tro- 
chäus wirkt der Schlufs trochäisch τῶν νόμων 
ἐνώχλουν 9, 24; (1, 17-8; 4,11; 9,1); 31, 18- 
9; 19, 24-5, wo der Rhythmus durch das vor- 
hergehende τοὺς ἀναιτίους besonders hervor- 
tritt; noch mehr 6, 9 καὶ νόμους ἔϑηχεν ἄλλους. 
Rein logaödisch wirkt - u u - u - - - [ἀϑά- 
ver’ "Agoodira): -av ἐπέτρεψαν αὐτῷ 4, 20; 
ebenso 5, 20; (καὲ ovveß.) 10, 1; (26, 18-9). 
21:==16 (+5): 8&080107 16,5: 4, 15::9, 125 
9, 29; 12, 26; 22, 26; 28, 27-8; das Vers- 
mals wiederholt αὐτὸν ron σαι τοὺς νόμους 
9, 8. (23 -αν. .. τρόττον.) Der zweite Epitrit 
geht vorher - u - - | - - u - 08 eyes Tolg 
πλουσίοις 1, 8; 5, 8-9; (7, 16); derselbe zwei- 
mal vorher -ovo« πάντας | τοὺς ἀχοσμοῦν τας 
χυρίως 8, 13, so dafs die Schwere des Rhyth- 
mus sehr fühlbar ist. Erleichtert bei dieser 
Klausel erscheint er, indem er kretisches Ge- 
präge durch voraufgehenden Trochäus erhält 


EEE ὐξ 


[δῆμος 7 χύ]οριος 9, 8-9. -εχϑάνεσϑαι “ταρών 
9, 26; 5, 2. Mit päonischem Rhythmus > 
Lu u - - u - τῶν παρανομούντων xgloıw (2, 
22; 9,7). Logaödisch in der Verbindung - ὦ 
- —- u - 5, 19, also wie der Vers bei Hephä- 
stion Ser. metr. e.9 (p. 30, 13 W.) Ἱστοπτόνοι 


μείραχες: -Eiv τισι τῶν γνωρίμων, ebenso 
(8, 26); noch stärker das logaödische Element 
. > 

in Ξε ἘΣ Ξιδ u=-=u> Augporeoovg ‚ drrepunsı 


καλῶς 17, 20-1, vgl. den Eingang δημοτικώ- 
τατος εἶναι δοχῶν 13, 25. 

80 --Ξ 2] (- 9). Diese Klausel giebt, je nachdem 
ihr eine Kürze oder Länge vorhergeht, der 
Diction päonisches oder logaödisches Gepräge. 
() vv - ται πρὸς Eavrovg 13, 9; (1, 12); 2, 
7; 15, 18-9 (19, 21-2; 31, 21); doppelter Päon: 
dıazelovow Fr nal viv 7, 23. (ἡ uvuluu 
- - 10,10; 8, 3; (81, 18). Übrigens ist zu be- 
rücksichtigen, dafs Theophrast (s. u. S. 31) diese 
Klauseln als päonisch falste, wie sein Beispiel 
φιλοσοφούντων zeigt (vgl. Jacoby, der orator. 
Numerus bei Isokr. und Demosth. Diss. Zürich 
1887. 5. 39 f.) — Der logaödische Ausgang 
ist sehr häufig. Veranlasst durch Wieder- 
holung des Metrums 10, 8 -zo συστᾶν τι τυραν- 
νεῖν. Weiteres un σελεονεχτεῖν 5, 3; 15, 22; 50, 
3; 50, 3 und (27, 18, vorhergeht „Lu uvuu). 
Rein pherekrateisch ist der Schlufs - = - u u 
- > (E)ruyyavov μετέχοντες (1, 18; 10, 11; 
27, 26),°15, 135; .30,:,16;..32;.2..-4; 42, 9. 
Der logaödische Charakter verstärkt - = - u 
- - (eio)ayyehkiag περὶ αὐτῶν 8, 11: 7, 21; 
9, 6; 9, 29-10, 1. Noch ein Daktylus davor: 
σώμασιν. .. Σόλωνος (1, 14); vgl. 4, 20; so- 


5. Kap. 
Klauseln 


5. Kap. 
Klauseln 


UV 


ῳ 


BR 2,2 


gar ein Hexameter, wenn auch von der Art, 
welche des Horaz non quivis videt in\modulata 
poemata iudex persifliert, ist herausgekommen : 
ὡς ὑπὸ τῶν ἀντιϊστασιωτῶν ταῦτα πεπονθώς 
14, 1-2. 

17 = 11 (+ 6) λίαν ἁπλῶς 14, 24; (1, 6: 31, 
16-7; 46, 8.) Der jarbisehe Blykımns 
uniewrölttikiöh tar NVA VEN re 
vero τελεῖον ἢ (ἐ)νιαύσιος (2, 23). Ein richtiges 
μέτρον Εὐριτείδειον, wie Hephaistion und andere 
es nennen, bildet die katalektische trochäische 
Tetrapodie: μᾶλλον 7 τυραννιχῶς 14, 17; doch 
ist zu beobachten, dafs dem Schriftsteller der 
Rhythmus so stark klang, dafs er 16, 9 die- 
selben Worte umstellte: μᾶλλον πολιτικῶς ἢ 
τυραννιχῶς. — Wieder logaödischen Versaus- 
gang ‚giebt {τ 0 Ὁ ) SV VE VE rare 
διοι)γχεῖν κατὰ τοὺς νόμους 17, 13, fast wie 
aus einem choriambisch-logaödischen System ; 
(5, 25-6); 13, 13. Tritt ein Spondäus oder Tro- 
chäus davor, so istder Glykoneus fertig: χαὶ τοῖς 
πράγμασι τῶν μέσων 5, 1. (-ϑῆν᾽ ὑπὸ) 20; 4, 
26; 6, 8: diese Klausel ist nicht selten. Noch 
verstärkt ist das daktylische Element in -- τ ὦ, 
= u u=-u- τῆς πόλεως Teragayusvng 12, 26. 
Endlich auch in Verbindung mit den logaödisch 
wirkenden Choriamben Kong ἐπὶ τούτοις ἐκά- 
Inloe τὴν πόλιν (1, 4); nur um einen Choriamb 
länger ist Anakreons vnsrAvrov εἴλυμα χακῆς 
ἀσπίδος ἀρτοτετώλισιν (frg. 21, 6 Bt). Päo- 
nischer Rhythmus „u u u [ὦ - u - YEyove κατὰ 
τοὺς νόμους 46, 4. 

22 = 18 (+ 4): ἀμφοτέρων 12, 13; 5, 12 
(mit (ö), K-W.). 16; 6,1; 10, 27; (17, 15-16); 


DE ae 


22, 6.11; 25, 9 (28, 12). Das Versmals wieder- 
holt τῆς πόλεως | μὴ μετέχειν 8, 22, ebenso 8, 20, 
s. unten S. 37 f. Bei vorhergehenden drei 
Kürzen gewinnt der Rhythmus päonische Wir- 
kung: σερὸς Meyageag ττολέμῳ 13, 26, wozu man 
1, 3 ἔφυγεν ἀειφυγίαν vergleiche; treten nur 
zwei Kürzen davor, ist der anapästische Rhyth- 
mus fertig ἀπὸ τοῦ | τυπανοῦ 50, 5; noch 
stärker vu - = | - u u - Amooeı σαμένων | 
to βάρος (5, 17), vgl. 5,15-6; (τὰς) δαπάνας τὰς 
γινομένας 8, 5; falls richtig ergänzt [ἀγα- 
χε]ῶν τας ταὐτόματον (8, 20). Infolge der ana- 
pästischen letzten drei Silben ist auch der 
Rhythmus in (29) - 2-25. + (δου)λευόντων 
τοῖς ὀλίγοις 4, 17 anapästisch; ebenso ὡς οὐχ 
ἥξει δέχ᾽ ἐτῶν 9, 28, falls richtig ergänzt ist; 
ἐχ τῶν | νῦν γινομένων 9, 11. 

18 = 7 (+ 11) αὐξανομένη 2ὅ, 19; 3, 16-7; 
10, 3; 21, 4; 33, 21 (16, 2; 24, 14; 28, 22; 
31, 15-6; 32, 6; 37, 12; 41, 6-7; 45, 27). Ganz 
stark, vielleicht am stärksten im ganzen Buche 
tritt der päonische Rhythmus 13, 12 in drei 
aufeinander folgenden Päonen auf, und das 
Hastige ist noch durch zwei dem ersten Päon 
voraufgehende Kürzen verstärkt δεὰ τὸ ueya- 
λην γεγονέναι μεταβολήν. Häufungen von Kür- 
zen vor päonischem Ausgang öfter: τότε ra- 
oaxaAaw 14,16; (30,13); „u vuuuvs (16, 2 
λόγον £rr.). Wie (30, 13) ist (22, 20) gebaut, 
nur dafs hier der päonische Eindruck bis zur 
Häfslichkeit dadurch verstärkt wird, dafs die 
Jagd über die mit nicht naturlanger Klausel 
schliefsende Periode hinaus und in der nächsten 
Periode weitergeht (στολ)λὰ διετέλεσαν. ἔτι δὲ 
σπρότείρον τῶν). 


5. Kap. 
Klauseln 


u. EA 


5. Kap. Die Klauseln gehen also im den angeführten 

Klauseln 169 Fällen auf eine lange Silbe aus, und zwar 112 
davon auf vokalisch lange Silben, 57 auf geschlossene 
kurzvokalische. Das Verhältnis ist wie 2:1. 

Bei der Behandlung der auf einen offenen kurzen 
Vokal ausgehenden Klauseln scheide ich diejenigen 
Fälle aus, wo der Sinn ergiebt, dals der Schrift- 
steller das Deutlichkeitsprinecip und kein ästhetisches 
Interesse verfolgt hat, d. h. in Fällen wie τόνδε τοιάδε 
was sw tz hB:u 1320517, 7% 10,118, 79 1 Pe 
35, 10; 38, 4; 42, 11. Fort fallen natürlich die 
Fälle, welche den Dekreten von Kap. 29 ab an- 
gehören. Auch die Fälle setze ich nicht in Anrechnung, 
in welchen durch Anfügung des euphonischen » der 
volle Schlufs herbeigefürht.wird; denn ich meine, dals 
gegen die Autorität der Handschrift von diesem Mittel 
Gebrauch zu machen ist, wenn dadurch ein kurz- 
vokalischer ungedeckter Auslaut an Kolon- und Perio- 
denschlufs vermieden werden kann; also z. B. πᾶσιν 1, 
7: 26, 22; εἶχεν 3, 19, ὀμνύουσιν 6, 15, εἴχοσιν 18, 2, 
δέδωχεν 19, 30, πράγμασιν 25, 23, ἐστιν 32, 1, ueradı- 
δόασιν 39, 28, ἱχυπεῦσιν 41, 16; vgl. ferner 25, 25; 
26, 23. 24; 31, 10; 39, 27; 43, 20; 47, 2. Endlich rechne 
ich nicht den durch Supplierung geschaffenen Fall 
ἐπιτιϑέμενον τυραννίδι) 14, 10; ErrızıdEuevov τυραν- 
[veiv] vermeidet den offenen kurzen Klauselschlufs. 

Ich habe nun die Fälle von vokalisch kurz- 
schliefsenden Klauseln nicht wie jene obigen 167 Fälle 
in einer nur für die Charakteristik genügenden Anzahl 
ausgelesen, sondern habe, sobald ich das Verhältnis über- 
schaute, den ersten Teil und die oben bezeichneten Ab- 
schnitte des zweiten ganz auf diese Art der Klauseln 
an den Schlüssen der Kola durchgesehen. Ich habe im 
Ganzen 47 Fälle offenen kurzvokalischen Ausganges 


ὝΕΣ ΤΕ Εν πὶ 


konstatiert. Allein von ihnen kommen noch einige in 
Fortfall, an welchen der Verfasser ein Wort zu dessen 
besonderer Hervorhebung mit Hintenansetzung der 
ästhetischen Stilgesetze an den Schlufs stellt; dieser 
Fall ist wesensähnlich mit dem vorher bezeichneten bei 
τόνδε u.8s.w. Er liegt vor bei δέχα, 7, 19; 13, 4 und 
23, 25; ebenso bei den Zahlen 21, 19. 20; 24, 8; 38, 
22. 23 und bei ἄστυ 23, 10. In der Aufzählung des 
athenischen Beamtenheeres steht zrevrnxovre am Schlufs, 
parallel mit den anderen Zahlwörtern; dieser ganze 
Abschnitt kommt nicht in Betracht. So bleiben im 
Ganzen 37 Fälle. Von ihnen fallen innerhalb der 
Periodean Kolen schlüsse, also nicht an die markantere 
Stelle des Satzschlusses Σόλωνα 4, 20, ὑγρὰ 7, 3, 
νόμισμα 9, 20, ὅτιλα 15, 18, ἐλέγετο 17, 7, τεροσήγετο 
17, 20, ϑυγατέρα 18, 3, ὄντα 19, 2, διεσφάλλοντο 
20, 15, ἐπίϑετα 27, 4, περιείλετο 29, 15, μέτρια 29, 29, 
ἡπτᾶτο 30, 6; ἐλοιδορήσατο 31, 9, τριάκοντα 40, 14, 
Aorsdaiuova 40, 26, ἀφείλετο 50, 1, ἔϑετο 50, 6. 
Ferner zwei Fälle, wo ich den Grund der Wortstellung 
noch zu erkennen glaube. 28, 21 die Worte πρὸς τὴν 
σεόλιν OWE πιροσελϑοντα᾽ πρὸς δὲ τούτους hätten nur 
zu ode τπιροσελϑόντα τερὸς τὴν πόλιν πρὸς δὲ τ. 
umgestellt werden können; man sieht, der Schriftsteller 
vermied die Traufe und ging in den Regen. 36, 7 
Θαργηλιῶνος ἐπὶ δέχα zur Vermeidung der Identität 
mit dem Ausgange des nächsten Kolons, in welchem 
Ocoynkıovog am Satzschluls hervorgehoben ist, weil 
es im Gegensatz zu Sxıgopogıwvog (36, 10) steht. 

Es bleiben vor den stärkeren Pausen folgende 
17 Fälle [Die S. 24 aufgeführten vor schwächeren 
Pausen in Klammern]: 
-- - - „ [αὐξη]ϑεῖσα 2, 19. (ζευγίγτην καὶ ϑῆτα 6, 20 

[15, 18; 20, 15; 30, 6). 


5. Kap: 
Klauseln 


5. Kap. 
Klauseln 


τὰ τ: 


u- - u μεϑίσταντο 24, 29; χαϑίσταντο 8, 14, μετε- 
σεέμιψαντο 22, 17, Παναϑήναια 47, 18 [28, 21; 
40, 14]. 


- u = γὰρ τὰ λοιπὰ 18, 3; πραότητι 24, 20. 
- — u u eionynoaro 27, 2. 
u u - u [(μαλ)ακὸν ὄντα 19, 2. 4, 24; 9, 20). 
πίω ὦ ἐγίνετο 27, 15; τυραννίδα 20, 4; δημοτιχώτατα 
8, 25 [17,20; 29, 15; 31, 9; 40, 26; 50, 1]. 
= vv u Önuorına 9, 14. 
uvuu[ezig]jere 2, 18); τὰ margin 23, 23; &ye- - 
vero 44, 25; (τινα δι)εδίδοτο 31, 13. [7, 3; 
17,7; 18, 13;:27, 245 29, 20; 36,'7;:50,.6]. 
Diese 37 Fälle verteilen sich so auf die acht 
Metra, dafs von einer Vorliebe für eine bestimmte 
Klausel nicht die Rede sein kann; die letzte ist am 
stärksten mit 11 Fällen vertreten. Mir hat nun eine 
Zählung der Periodenanfänge ergeben, dafs in dem 
ganzen ersten Teil des Buches mit Ausnahme der 
Dekrete und in den herangezogenen Partieen des 
zweiten Teiles rund — es sind einige mehr — 370 Pe- 
rioden oder einfachere selbständige Satzgebilde enthalten 
sind. Vorher stellten wir als das Verhältnis zwischen 
langvokalischer und kurzvokalisch-geschlossener Klausel 
fest 2:1. Auf ca. 370 Fälle gehen, da wir hier nur 
von den selbständigen Sätzen sprechen, 17 Fälle offenen 
kurzvokalischen Schlusses ab, es bleiben ca. 355. 
Das Verhältnis zwischen langvokalischer Klausel, 
kurzvokalischer geschlossener Klausel und kurzvoka- 
lischer offener gestaltet sich also rund wie c. 240 : 
120 :15=16 : 8 : 1 oder in Prozenten 64 °/o, 32 570 
und 4 °/o. Was sich aus diesen Zahlen ergiebt, be- 
stätigt eine genauere Betrachtung der Schrift. Man be- 
merke, dafs von den in einer historischen Schrift 
nothwendigerweise zahlreichen medialen Präterital- 


N SE 


endungen auf -zo nur sechs am Periodenschlufs stehen, 
im gesamt nur 15 vor der Pause ihren Platz haben, 
und das auf ca. 1200 Druckzeilen. Darin liegt doch 
eine Absicht ausgesprochen. Dies tritt noch klarer in 
einzelnen Fällen hervor. 19, 12 τὴν δ᾽ ὅλην ἐλυμήναντο 
πρᾶξιν ist so gestellt, um πρᾶξιν ἐλυμήναντο zu ver- 
meiden, ebenso 12, 25 ἐποιήσατο διὰ ταύτας τὰς αἰτίας; 
besonders lehrreich ist 15, 8 ἐδέχοντο ϑαυμάζοντες, wo 
der kurzvokalisch geschlossene Auslaut vorgezogen ist, 
um den nicht geschlossenen zu vermeiden, trotzdem doch 
ϑαυμαζόντες ἐδέχοντο einen päonischen Rhythmus (8. u.) 
zum Schlusse gebracht haben würde. In einem ähn- 
lichen Falle hat der Schriftsteller mit der Entfernung 
einer Form auf -ro die Einführung päonischer 
Klausel wirklich verbunden: statt τὴν πολιτείαν ὃ δῆ- 
μος ταχέως ἀφείλετο 37, 11 heilst es ἀφείλετο τὴν 
πολιτείαν ὃ δῆμος διὰ τάχους, wobei zu bemerken, 
dafs Aristoteles nach Bonitz Ind. Arist. p. 749a sonst 
ταχέως, nicht διὰ τάχους gebraucht; das letztere ist 
mehr rhetorisch, darum auch nicht in den rein philo- 
sophischen Schriften. Vgl. hierfür noch die Wortstellun- 
gen 18, 29-30 und 20,13. Im übrigen beweist diese Beob- 
achtung, dafs das vermutete τοῦ ἀξιώματος 25, 26 auch 
aus rhythmischem Grunde besser ist als das nicht zu 
konstruierende τῷ ἀξιώματι. Ich sehe in dem Prozent- 
satz von 4°/o gegenüber dem von 32°/o und 64/0 zu- 
gleich den Beweis für die Richtigkeit meiner Annahme, 
dafs geschlossene kurzvokalische Endsilben vor der 
Pause für das Gehör als lang zu rechnen seien; das 
Beispiel ἐδέχοντο ϑαυμάζοντες ist die Illustration dazu. 
Wenn die Beispiele, welche Aristoteles und Theophrast 
in ihren Lehrbüchern anführten, nicht dazu stimmen, 
indem sie vokalisch langen Ausgang bieten, so ist da- 
gegen zu halten, dafs man zu Musterbeispielen eben 


5. Kap. 
Klauseln 


5. Kap. 


RE νιν... 


nur das absolut Regelrechte verwendet, und dafs die 


Rhythmus Antike, wie übrigens selbst Theophrasts Beispiel, ferner 


Perioden- 
eingänge 


Dionysios’ rhythmische Erörterungen und was der 
Verfasser περὶ ὕψους in dieser Hinsicht anmerkt, deut- 
lich beweisen, den Rhythmus nicht mit dem Mafsstab 
des metrischen Lang-kurz ausrechnete; das beruht 
darauf, dafs man hörte und nicht las, dafs die Sprache 
mit dem, wofür sie da ist, gemessen wurde, mit dem 
Ohr und nicht mit dem Auge. Und das Ohr hört in 
der Pause, was das Auge den stummen Buchstaben 
nicht absehen kann. 
2) Der Eingang bestimmt den Rhythmus weniger 
als die Klausel; die folgenden Beispiele sollen zunächst 
nur die verschiedenen Arten des Eingangsrhythmus 
charakterisieren. 
= = Ξ σρῶτον μὲν, xcı 8; 255 9, 11; 10, 124 15, 8, 
25:51. 11: 

ey nord, 1. 16218 το; 20: TI 
9:.10,:.95- 15,16. 

ar nal τὴν ziolulteiav) A, 20.27 ;,5,.15:6, 85,9, 
10; 14, 18; 10, 3 χαὲ τὰς στάσεις ἀμφοτέρους 
μὸτοϑεσί(, θαι). Ξε Ξε Ξε 
τούτων μὲν οὖν ἀμφοτέρων ϑανατὸν, logaödisch. 
Das Metrum wiederholt 13, 24, wo der ganze 
Satz logaödisch klingt, und mit fühlbarer Kata- 
lexe u a Ἐπ 5Ξ. I EEE Ze 1, VE = 
εἶχον δ᾽ ἕχαστοι Tag Errwvvulag ἀτὸ τῶν τόττων 
ἐν οἷς ἐγεώργουν. Jambisch wirkt der Ein- 
gang 5, 27 ὥστ᾽ ἐξὸν αὐτῷ [τοὺς νόμ]ους. 

= 82 = ϑουμασαντῶν 98.,.8.:..ὅ., δ. 10; -8: 125235; 
4 14.5.51. 18:::.82...21.8.. .40᾽.10.18:: 55,2% 
Trochäische Dipodie οὐ γὰρ οἴεσϑαι δίκαιον 
9, 28. 


Eule 


- - ὦ 00 χρησαμε(νοι) 37, 24; 9, 4; 17, 5; 23, 26. 5. Kap. 
Dieser Eingang gehört zu den selteneren. ae 

0 u Önkorixo(zearoc) 18, 2556, 105.925; 27, 28; 
46, 9; 50, ὃ. — Bei folgender Kürze logaö- 
discher Klang — „ J - [ὦ 4, 25; 5, 10. Doppel- 
ter Choriamb τῶν δὲ πολιτῶν ἐνίους 8, 19; 
über die ganze Stelle unten (S. 37 ἢ). 

bl = τοὺ γὰρι διχύς ἃ 0: οὐ 0. 10) 1-25,65 36,8: 
Der trochäische Rhythmus stark fühlbar 9, 2 
χύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος; parallel steht 35, 10 
ἐν δὲ τῷ παρόντι χαιρῷ τήνδε: 5, 12 χύριος 
δὲ γενόμενος τῶν πραγμάτων ist ein regel- 
rechter trochäischer katalektischer Trimeter. 
εὐδιαφϑορώτεροι γὰρ < oiyoAlyoı 45, 15 ist nicht 
sicher. Der Eingang 12, 25 τὴν μὲν οὖν ἀπο- 
δημίαν bildet einen Glykoneus, ebenso 39, 21. 

N. ἘΠ εἵλετο 77005-10,29,31 17/125 18 ; ΤΟΥ ΘΙ ΟΝ, 78; 
31, 11; 42, 3; doppelt ὥστε ovv& Baıwev ἐπι(κυ- 
ρωϑέντων) mit kontrastierendem Dispondeus 
ABSEITS NR ebense 
0 ΠΣ να ὩΣ 

ἐν" οἷο πειρῶνζεαι) 5, 17; 6, 9: 10, 5; 28, 17; 
32,1. 

deal ἐπειϑ ὡς μὲν 5,19: 2456, 3-45 9) 247 19 90: 
45, 27; 46, 4, 

Bars Ξ δρῦν de τὴν δ δ. ΠΤ Ὁ: 19.915. 32: . Der 
jambische Rhythmus stark δοχεῖ δὲ τῆς Σό- 
λωνος 8, 24. 26 (τὸ ἐξ.): 46, 8. 

u u - - diarakag 9,23; 5, 9. 18; 7, 14-5; 14, 25; 45, 25. 

πε διὸ θεν γε A) 715 13,851, 20: 19:2: 
40, 12. 

u u - u χαλεπώτατον 1, 15: 6, ὅ (τά τε περ.): 16, 1; 28, 4. 
Natürlich ergiebt sich bei folgendem Iambus 
anapästischer Rhythmus: χατατραυϊματίσας 


5. Kap. 
Perioden- 
eingänge 


nn ἘΞ 


14, 1; 5, 22; 14, 7. - ὃ de δῆ μος ἀφείλετο τῆς 
βουλῆς 50, 5, wo vor der Pause schon der- 
selbe Rhythmus (s. oben S. 23). 

Vu - ὅτε δὲ παυ(φιν)ν 6,458: 0 Δ ΟΝ 51.9.1: 19; 
21, 21: 23, 22; 41, 28; 43, 10; 44, 8. Zweimal 
das Metrum ἔτι δὲ καὶ διὰ τὴ um 9, 3 und 
46, 9, sogar dreimal μετὰ δὲ ταῦτα συνέβη, 
στασιάσαι 1, 5. 

vv vu El μὲν En) 12, 27; 3, 6; 25, 19-20. 

vv vu u ὅτι δὲ πρότε(οον τῶν) 22, 20; 4, 6. 

vv vu vu ὦ ἀπεδέδοτο uev(n) 3, 20. 

vv vu vu Oder Er dıauslver) 7, 20; 23, 6. 

Die Betrachtung der Eingänge hat den Haupt- 
accent nicht sowohl auf die einzelnen Metra, als viel- 
mehr auf die ersten zwei Silben zu legen; sie geben 
dem Eingange das Gepräge des fallenden oder steigen- 
den Rhythmus. Mir hat eine Nachzählung der selb- 
ständigen Satzgebilde ergeben, dafs von den schon 
erwähnten 370 in Betracht kommenden Sätzen rund 
200 mit langer, 170 mit kurzer Silbe anlauten, und 
von diesen rund 70,mit einer, 100 mit zwei kurzen 
Silben. Nun kann man ja bei einer historischen Dar- 
stellung wie der vorliegenden diejenigen Fälle milder 
beurteilen, welche durch den sprachlichen Ausdruck 
für die einfache Anreihung der Thatsachen aneinander 
gleichsam bedingt sind; dazu rechne ich ἔπειτα, ἔτει, 
ὅτι δὲ, ὅτι, μετὰ δὲ ταῦτα und bei Aristoteles’ Dar- 
stellungsart διὸ und ὅϑεν; aber auch so bleiben noch 
ca. 120 kurzsilbige Eingänge, d. h. 60 auf 100 mit 
langem Einsatz. Doch wenn man die Häufigkeit des 
steigenden Rhythmus auf diese Weise auch begreiflich 
machen kann, wegzubringen sind jene 50 aus der 
Litteraturgattung des Buches verständlichen Eingänge 
(ἔπειτα u. 5. w.) für den rhythmischen Eindruck nicht. 


2 ἘΚΟ Β γπΣ 


Es bleibt bei den Zahlen 200 und 170; der lange Ein- 
satz und der fallende Rhythmus verhalten sich also 
zu dem kurzen Einsatz und steigenden Rhythmus wie 
54 : 46. 

Es ist ja bekannt, dals Aristoteles (Rhet. 1409 a 3) 
den ersten Päon für den Eingang, den vierten für 
den Schlufs der Perioden empfiehlt mit der Bemerkung, 
dals die Praxis der Beredsamkeit jene wenigstens 
theilweise richtig verwende. Man sieht auf den ersten 
Blick, dafs der Rhythmus der Periodeneingänge und 
-schlüsse in der 7204. 49». dieser stilistischen Regel 
stracks zuwiderläuft. — Theophrasts Theorie, der auch 
am Eingang und Schluss den Päon verlangt, liegt bei 
Demetr. σύ. &gu. ὃ 41 (p. 24 Walz) vor; er stellte als 
Deismiplart 22 N SEHE ran er 
περὶ τὰ μηδενὸς ἄξια φιλοσοφούντων. Man erkennt, 
. dafs Demetrios recht hat, wenn er Theophrasts Theorie 
dahin erläutert, dafs nach ihr nicht direkt Päon, 
sondern nur langer Einsatz und lange Schlufssilbe 
des Kolons gefordert werde; οὐ γὰρ 2x σπαιώνων 
ἀχριβῶς ἀλλὰ παιωνιχόν τί ἐστι" παραλαβωμέν τοι τὸν 
σαίωνα εἰς τοὺς λόγους, ἐπειδὴ μιχτός εἰς ἐστι χαὶ 
ἀσφαλέστερος, τὸ μεγαλοπρεπὲς μὲν ἐχ τῆς μαχρᾶς λαμ- 
Bavov, τὸ λογικὸν δὲ ἐχ τῶν βραχειῶν. Quinctilian 
(instit. IX. 4, 87 ff.) ziehe ich hier nicht gerne heran, 
da seine Darstellung, wie die darin enthaltene Polemik 
beweist, nicht auf blofser Wiedergabe älterer grie- 
chischer Techniker beruht, sondern eigenes Urteil, 
d. h. das eines Römers, in den Vordergrund drängt. 
Aber auch er sagt optime incipitur a longis, recte aliguando 
a brevibus ($ 92). Allein alle diese Regeln gelten für 
rhetorische Litteraturdenkmäler; auf ein Buch wie die 
πολ. 49 nv. können sie ohne weiteres nicht Anwendung 
finden. Gleichwohl stimmt der Gebrauch wenigstens 


5. Kap. 
Rhythmik 


a 


5. Kap. in den Klauseln durchaus mit der von Theophrast 
Rhythmik „ufoestellten Forderung überein, sie sollten mit einer 
Länge schliefsen: die Klauseln gehen bis auf einen 
sehr geringen Prozentsatz auf langvokalische oder ge- 
schlossene kurzvokalische Silben aus; aber läfst man 
auch die letzteren aulser Rechnung, so genügen doch 
selbst strengster Anforderung immer noch die fast vollen 
zwei Drittel der Klauseln langvokalischer Endsilbe. 
Und das ist der Thatbestand in einem noch nicht ge- 
feilten Werke. Er beweist, dafs unser Buch in seiner 
Vollendung zur kunstmälsigen Litteratur gehören sollte 
und gehört haben würde. Mit diesen vollen Ab- 
schlüssen und der zum Satzende, wie oben aufgezeigt, 
vielfach deutlich auftretenden Rhythmik genügt es 
schon in seinem unfertigen Zustande im grofsen und 
ganzen der Anforderung, welche Aristoteles im all- 
gemeinen, nicht blofs für rhetorische Stücke, aufstellt _ 
(Rhet. 1409a 19): dei δὲ τῇ μακρᾷ ἀποκχόπτεσϑαι 
χαὶ δήλην εἶναι τὴν τελευτὴν μὴ διὰ τὸν γραφέα μηδὲ 

διὰ τὴν παραγραφήν, ἀλλὰ διὰ ῥυϑμόν. 
nicht im Von den Klauseln und Periodenanfängen ist die 
Satzimmern Tntersuchung ausgegangen; denn an diesen Stellen der 
Rede zeigt sich der Rhythmus am deutlichsten, und 
für sie hat Aristoteles ausdrücklich das Hervortreten 
eines Rhythmus nicht blos anerkannt, sondern gefordert. 
Anders steht es mit dem Satzinnern. Aristo- 
teles sagt, die Rede solle weder Zuueroog noch ἄρρυϑ- 
μος sein (Rhet. 1418 b 21); seine Ausführung dieses 
Satzes ist zwar nicht ganz klar, aber es hat den An- 
schein, als ob er Rhythmik im wesentlichen nur gegen 
das Satzende hin gelten lassen will. Es galt also eine 
Probe. Ergab sie, dafs das Satzinnere rhythmisch ge- 
gliedert war, so war damit zugleich eine Illustration 
der Worte der Rhetorik gegeben ; im entgegengesetzten 


Fa PERL 


Falle blieb die Mittelstralse zwischen &uuergog und 5. Kap. 
ἄρρυϑμος so klar oder unklar wie vordem, aber für "rtwus 
den rhythmischen Charakter der πολ. 491. war das 
Resultat von Wichtigkeit. Die Untersuchung der Klau- 
seln ist deshalb mit Absicht vielfach auch auf das 
Satzinnere ausgedehnt worden. Dabei stellte sich her- 
aus, dals das Metrum der Worte zum Kolenschlufs 
hin sich mehrfach dem metrischen Gepräge der Klau- 
seln annähert. Das ist nur natürlich. Das musika- 
lische Prinzip kann nicht unvermittelt in den letzten 
vier bis fünf Silben zum Durchbruch kommen, ein 
allmählicher Übergang ist nötig. Aus diesem That- 
bestande ergab sich also kein Beweis für das Vor- 
handensein einer das Satzinnere mehr oder minder be- 
herrschenden Rhythmik. Auch auf anderem Wege 
kommt man zu dem gleichen negativen Resultate. 
Das Tempo der Sprache unseres Buches ist im 
ganzen ein schnelles. Die Häufigkeit der Ein- 
gänge mit steigendem Rhythmus — fast die Hälfte 
aller gröfseren Perioden leiten sie ein — trägt viel 
dazu bei. Im Innern herrscht dieselbe Lebhaftigkeit, 
denn auch das Innere ist vielfach rhythmisch ge- 
gliedert. Es finden sich viele päonische Stellen: 


p- 19, 26 44 BD: = u u αν are eo 
19; Ba ende VDE 
N Le RE IE NENNE 


na eur st u, talle,diese 
Stellen auf einer Seite, auf welcher auch noch zahl- 


reicherDakiylen spa2Bs23. nu == vol = ugu5 
Ρ. 91, 8 Er RE LO UL ZEIGE TO II als 27 
SEE IE ZIIGEENUUINGRUE—E — τῷ die ganze 31. Seite wim- 


melt von Päonen und Daktylen, und sie gehört gerade 

zu den selbständigsten Ausführungen des Aristoteles 

in der σολ. ᾿4ϑην. (über die Demagogen); vgl. 
Keil, Aristoteles. 3 


5. Kap. 
Rhythmus 


a 


auch p. 13, 8 ff. Dafs zahlreiche daktylische oder, 
wenn man so will, anapästische Stellen, welche ebenfalls 
Lebhaftigkeit geben, namentlich zum Periodenschlufs 
hin sich finden, dafür sind oben bei den Klauseln 
genügend Belege gegeben. Ein besonders starkes Bei- 
N ἘῈΡ ich τ noch hinzu δ 
-.ἀὠὡ- Φωυωυκνυυ «“ ὃ δ᾽ ᾿Ισαγόρας ἐπιλειτεόμενος 
τῇ δυνάμει ττάλιν ἐτειχαλεσάμενος (τὸν) 22, 3. Doch 
wird das Tempo auch oft durch eine Reihe langer 
Silben gehemmt, p. 46, 5 ἡγῶνται βελτίστους εἶναι, 
8 Längen; anderes ist oben ebenfalls angeführt worden. 
Die Menge der schwer ausklingenden Klauseln wirkt 
nicht zum wenigsten retardierend; endlich mischt sich 
auch der ruhige Takt der Jamben und Trochäen ein, 
nicht sehr oft, aber doch mehrfach und fühlbar; ich 
führe noch an 46, 6 οἱ δὲ δημόται κατηγόρους αἱροῦν- 
ται; und wie dem Schriftsteller ein Hexameter ent- 
schlüpft ist, so auch ein richtiger iambischer Trimeter 
λαβὼν δὲ τοὺς χορυνηφόρους χαλουμένους 14, 4, wobei 
für den Rhythmus des Buches der Anapaest im dritten 
Fufse nach Art der Komiker bezeichnend ist. Die 
Daktylen, welche selbst für die Rhetorik als σεμνὰ 
χαὶ λεχτιχῆς ἁρμονίας δεόμενα von Aristoteles ver- 
worfen werden, sind durch die Vermischung mit 
Pausen und schweren Satzschlüssen in ihrer Wirkung 
auf den Gesamtcharakter der Art gemildert, dafs ihr 
μεγαλοτερεττές nicht empfunden wird. Retardierende 
Elemente sind eben überall in schnelles Tempo ge- 
mischt. Der Schlufs des Abschnittes über die De- 
magogen, der so viele Kürzen enthält, kann als be- 
sonders charakteristisch hierfür sowie für den Rhyth- 
mus des Buches überhaupt gelten: - „u u-u-vvu 
πον. δήπου Ὁ νυ Ξε ΘΕ 


-- -- - - ω- νυν - Wir erhalten beim Lesen des 


Ir ὉΣΣ 


Buches im ganzen den Eindruck einer lebhaften, vor- 
schreitenden Rede. Aber diese Bezeichnung ist eine 
äulserliche. Die Untersuchung des Rhythmus sucht 
den Eindruck innerlich zu erklären; sie thut es, indem 
sie nachweist, dafs dieser Eindruck zunächst auf dem 
musikalischen Gepräge der einzelnen Redeteile beruht; 
sie hat zur Bezeichnung dieses die feststehenden musi- 
kalischen Bezeichnungen der Metra. Aber die einzelnen 
Redeteile wirken nicht allein und nicht zumeist, ihre 
Komposition ist für das musikalische Gepräge des 
Ganzen entscheidend ; man hat also für die Bezeichnung 
des Charakters der Rede eine musikalische Benennung 
zu wählen, damit diese Benennung auch die Begrün- 
dung des Eindruckes enthält, welcher sich äufserlich 
einfach als ein lebhafter darstellt. Die Benennung 
würde naturgemäfs von dem Metrum zu entlehnen sein, 
welches besonders vorwiegt. Allein welches thut dies? 
Die zahlreichen Epitriten der Klauseln nicht, nicht 
Jamben und Trochäen, aber auch nicht die Päone und 
Daktylen; keines von allen. Von einem einzelnen 
Metrum kann man die Benennung nicht hernehmen. 
Wie soll man den Rhythmus bezeichnen? Bei der Be- 
trachtung der Klauseln habe ich das Urteil, das aus 
dem Ganzen sich ergiebt, schon am Einzelnen vor- 
bereitet: den Rhythmus nenne ich — ich weils keine 
andere Bezeichnung dafür — logaödisch. Mit diesem 
Resultate ist die Existenz eines beabsichtigten Rhythmus 
im Satzinnern unverträglich. L.ogaödische Reihen kann 
man fast in allen Schriftstellern von Lysias bis Chori- 
kios und noch weiter hinab nachweisen; sie sind das 
natürliche rhythmische Gepräge jeder Kunstsprache). 


1) Bei der Korrektur dieses Bogens konnte ich schon die 
Blafs’sche Ausgabe der 0). ’4$nv. benutzen. Einer Polemik 
3* 


5. Kap. 
Rhythmus 


5. Kap. Mich befriedigt das Resultat; es stimmt zu dem 

Ehytbmus Onarakter eines Buches, welches ein literarisches Kunst- 

werk und eine wissenschaftliche Arbeit sein soll. Der 

zum Periodenschlufs nach künstlerischem Stilgefühl ge- 

regelte Satzbau genügt dem Kunstwerke, die starke 

Einschränkung des pathetisch-rhetorischen langsilbigen 

Satzbeginnes, der bewegte Rhythmus im Innern steht 

im Einklang zu der Einfachheit wissenschaftlicher Dik- 

tion, aber auch mit der Lebhaftigkeit wissenschaftlicher 

Reflexion: λαμβάνει τὰς βραχείας ἐκ τοῦ λογικοῦ, um die 

oben angeführten Worte des Demetrios umzukehren. 

Mich befriedigt das Resultat auch nach einer anderen 

Richtung hin; es stimmt zu dem Eindruck, den andere 

besser ausgearbeitete aristotelische Werke in rhyth- 

mischer Hinsicht machen; davon kann sich jeder leicht 

beim Lesen z. B. der Ethik oder der Rhetorik über- 
zeugen. 

Wenn man die Existenz eines bestimmten, beab- 

sichtigten Rhythmus einzelner Perioden in der πολ. 

’4$rv. leugnen muls, so kann man andererseits doch 


gegen seine Aufstellungen über den Rhythmus unseres Buches, 
in der praef.p. XVIsqg., und gegen den Gebrauch, welchen er von 
diesem für die Textkritik macht, überheben mich meine vor- 
stehenden Ausführungen. Ich habe in ihnen mit Rücksicht auf 
Blafs einzelnes nachträglich anders und schärfer gefalst, um 
meinen gegensätzlichen Standpunkt deutlicher erkennen zu 
lassen. Die Unfertigkeit des aristotelischen Buches läfst eine 
Rhythmik in dem Umfange, wie Blafs sie annimmt, m.E. über- 
haupt gar nicht suchen. Die Spuren von Rhythmik, welche 
Blafs zu sehen glaubt, kann ich in vielen Fällen nicht an- 
erkennen; doch ist hier nicht der Raum, die Qualität der zum 
Beweise angeführten Einzelstellen zu prüfen. — Im übrigen 
ist die sonst so verdienstvolle Ausgabe die letzte litterarische 
Erscheinung, welche ich bei der Korrektur noch berücksichtigen 
konnte. 


a ΤΕΣ 


nicht verkennen, dafs gewisse Strecken ein gleich- 
artiges rhythmisches Gepräge haben. Dieses ist aber 
nicht als etwas Gewolltes zu betrachten, es ist vielmehr 
die natürliche Wiederspiegelung der Stimmung, in 
welcher sich der Schriftsteller bei der Niederschrift 
jener Teile befand, oder in welche ihn sein Stoff ver- 
setzte. Man kann auch bei unseren Klassikern be- 
obachten, wie ein gewisser Tonfall seitenlang vor- 
herrscht, um später einem anderen Platz zu machen 
oder auch ohne Ersatz zu bleiben. Bei einem stil- 
gewandten Schriftsteller wird die musikalische Gliede- 
rung der Form, der Sprache, mit der logischen Gliede- 
rung des Inhaltes, des Gedankens, harmonieren. Hier- 
auf beruht das Wesen der Klausel, hierauf auch die 
häufige Erscheinung, dafs inhaltlich parallelstehende 
Sätze oder Satzglieder ähnlichen Umfang und ähn- 
lichen Tonfall haben. Das ist nichts Erkünsteltes, son- 
dern ergiebt sich dem Schriftsteller unmittelbar, mit 
innerer Notwendigkeit aus seinem Schönheitsgefühl. 
Man kann diese Erscheinung daher bei allen kunst- 
mälsig schreibenden Prosaikern finden, selbst bei 
solchen, bei denen niemand daran denken wird, eine 
durch gekünstelten Rhythmus gegliederte Periodik zu 
suchen. Derartiger Periodenbau findet sich denn auch 
in der πολ. 49w. Ich wähle zwei Beispiele aus der 
hier besprochenen Solonpartie. 
Pe Su 156 ΠῈ 
a) öoaw de aıv uev mol mol- L-U--U--U-1U--0 
λάκις στασιάζουσαν 


zo BE Ἰπο λιν Βγίοῦο La τὴ». τ θῶ] 
ς 2 -" 2 
ῥὁᾳϑυμίαν ἀγαπῶντας ταὺτό- a. LEE 
uarov 


’ 2 \ P} Ἁ „ --ς 
vouov ἔϑηχε ττρος αὑτοὺς ἴδιον, συυ-πυυππ- 


5. Kap. 
Rhythmus 


Be 3“ 


b) ὃς ἂν στασιαζούσης τῆς ττό- RUN RE ΜΡΗΣ 
λεως 

μὴ τιϑῖται τὠπλα μηδὲ μεϑ' a ΩΝ ΒΟΥ͂Ά 
ἑτέρων 

arLuov εἶναι χαλ τῆς σπολε Var eher 


μὴ μετέχειν 
Diese Zeilen sind aus Kretikern und besonders 
Choriamben zusammengesetzt; von jenen zählt man 
fünf reine Metra, von diesen neun. Das Tempo ist 
auch in den nicht rein kretisch-choriambischen Par. 
tieen gewahrt; denn für jenes. ist v u - - == uw. 
(0: Kolon)aundn82. 9. 27 21,30. 7ERlamE 
die Längen sind so verteilt, dafs zwischen den vielen 
Kürzen Ruhepunkte eintreten. Der Schlufs von a und 
b ist ganz gleich gebaut - „u --uvu-, so dals das 
rhythmische Leitmotiv klar zutage tritt. 
Das zweite Beispiel bildet der Satz, von welchem 
wir ausgingen: ὶ 
a) ioxveäg dE zig σταήείως --- u=uu--- 
οὔσης 
b) χαὲὶ πολὺν χρόνον ἂντι- -οωὠ- υὐυ-υὐ-ὦ--- 
χαϑημένων ἀλλήλοις 
8) eilovso κοινῇ δεαλλακτὴν. --u--u----- vuu-u 
καὶ ἄρχοντα Σόλωνα 
b) nei τὴν moAıseiav ἐπέ. τὰ, Ξξς Ξ Σ- 
τρεψαν αὑτῷ 
a) zoımoavsı τὴν ἐλεγείαν -ΞΞ ΞΟ Ξ 
Die Schlufsworte ἧς ἐστὶν ἀρχὴ gehören nicht mehr 
zur Periode, sie sind ein logisches Anhängsel. Läflst 
man sie also fort, so erkennt man, dals das erste und 
fünfte Kolon völlig gleiche Messung haben und das 
letztere dem ersteren gegenüber die Katalexe durch 
Verkürzung um eine Silbe. Das 2. und 4. Kolon sehen 
so aus, wenn man die Abweichungen voneinander ein- 


Be ΕΡ 


klammert (-Ἰ-- ὠπ σοπύυπω---(--). Das spätere Kolon 
wieder dem früheren gegenüber katalektisch, Der 
Hauptgedanke des Satzes steht in dem längsten von 
den vier korrespondierenden Kolen eingefalsten Kolon 
εἵλοντο κοινῇ διαλλαχτὴν καὶ ἄρχοντα Σόλωνα. der 
Name, auf den alles ankommt, ist an die significanteste 
Stelle des durch seinen Inhalt wie durch seine Mittel- 
stellung hervorgehobenen Kolons gesetzt. Der korre- 
spondierende Satz ἦν δ᾽ ὁ Σόλων — πλεονεχτεῖν hat 
ungeheuer schweren Rhythmus. Den Schlufs des 
ersten Teiles der Periode (ἦν δ᾽ ὃ ὦν μέσων) bildet die 
logaödische Klausel - , u - u - πράγμασι τῶν μέσων. 
Der Rhythmus bleibt im zweiten Teil (wg ἐχ  srAsove- 
xteiv) schwer; der Schlufs klingt aber wie beim ersten 
logaödisch aus: - „u -- μὴ seheovexreiv, und be- 
merkenswerterweise wieder katalektisch gegenüber 
dem früheren Schlusse. 

Man wird in diesem Kapitel die Kunst des Schrift- 
stellers im Periodenbau anerkennen; auch scheint mir 
die Knappheit und Klarheit besonders rühmenswert, 
mit welcher er in wenigen Worten den Inhalt der an 
erster Stelle citierten Elegie skizziert!). Um so befremd- 


1 Die Worte dieser Elegie πρεσβυτάτην ἐσορῶν γαῖαν 
αονίας sind übrigens eine recht erhebliche Instanz gegen die 
Annahme, dafs die Athener erst im 5. Jahrh. infolge des Bundes- 
reiches die ionische Dodekapolis als ἀποικία Athens beansprucht 
hätten (Busolt, Griech. Gesch. I. 213 £... So alt wie die μη- 
τρόπολις kann keine ἀποιχία sein; sie ist die πρεσβυτάτη. Die 
Kodrosinschrift (CIA. IV 2 p. 66 n. 53 a) mufste das schon 
lehren; denn die Stiftung des Kodros-Neleus-Basile-Heiligtums 
ist alt, und Neleus hat nur als Führer des Kolonisationszuges 
Platz in der athenischen Tradition erhalten. Der Schiedsspruch 
über Salamis, .das den Athenern zuerkannt wird, weil die 
Pythia Teoviav τὴν Σαλαμῖνα προσηγόρευσε (Plut. Sol. 8), wird 
jetzt historisch. 


5. Kap. 
Rhythmus 


5. Kap. 


und 
Plut.- Sol. 
14. 


Pr Ως 55 


licher wirkt der Lakonismus der Worte τὴν πολιτείαν 
ἐπέτρειψμαν αὐτῷ ποιήσαντι τὴν Eheyelav;, denn er ent- 
hält etwas Schiefes und Unklares. Nicht weil Solon 
so gedichtet hatte, sondern wegen seiner politischen 
Stellung, welche in dieser Elegie beredten Ausdruck 
gefunden und durch sie Beglaubigung gewonnen hatte, 
wurde er gewählt. Selbst eine Ausdrucksweise wie τὴν 
πολιτείαν ἐπτέτρειμαν αὐτῷ ἀμφότεροι γὰρ Erriotevov τῷ 
Σόλωνι τοῖς τ᾽ ἄλλοις πτᾶσιν αὑτοῦ τὴν μετριότητα ἐνδεί- 
ξαντι χαὶ δὴ χαὶ τεοιήσαντι τὴν ἐλεγείαν würdeman sachlich 
ohne Befremden hinnehmen. Dafs hier der Text nicht 
in Ordnung sei, daran ist wegen der Responsion mit 
dem ersten Satze des zweiten Teiles des Kapitels nicht 
zu denken. Der Ausdruck ist schief, weil zu kurz. 
Und diese Kürze, selbst ist innerhalb einer vollent- 
falteten Periodik wie an unserer Stelle eine Härte, 
Es bleibt nichts anderes übrig, als die befremdliche 
Thatsache zu registrieren, dafs inmitten eines sonst 
kunstvoll gebauten Abschnittes ein solcher Anstofs 
sich finden kann. 

Den stets zur Vergleichung mit Aristoteles’ Dar- 
stellung heranzuziehenden Parallelbericht über die 
solonische Verfassung bietet Plutarchs Leben des Solon. 
Hauptquelle für Plutarch ist, wie allgemein anerkannt, 
des Hermippos Bericht über Solon in dessen Βίέοι ge- 
wesen!). Mit dem Beginne der aristotelischen Dar- 
stellung beginnt die Parallele und zugleich auch die 
Differenz. Aristoteles berichtet kurz εἵλοντο χοινῇ 
διαλλαχτὴν χαὶ ἄρχοντα Σόλωνα χαὶ τὴν πολιτείαν 
ἐπτέτρειιαν αὐτῷ; darauf folgt die Motivierung dieser 
Wahl aus der politischen Stellung des Mannes (bis 


1) Die Resultate der Quellenuntersuchungen und die Litte- 
ratur darüber zusammenfassend Busolt, Griech. Gesch. I. 369 £. 


ἘΠ Ξε 


Ρ. 4, 26 KW), welche selbst wieder aus seiner Auen 
socialen Stellung erklärt wird. Kap. 6 nimmt mit χύρεος soı. 14. 16. 
δὲ γενόμενος τῶν πραγμάτων unmittelbar das τὴν στολι- 
τείαν ἐπέτρειναν αὐτῷ auf, und die nun folgende Dar- 
stellung von Solons Thätigkeit lälst keinen Zweifel 
darüber, dals Aristoteles sich den Solon sowohl in 
Sachen der Seisachtheia wie der Verfassungsordnung 
als aus ein und demselben Auftrag, eben aus dem, 
für den er gewählt worden war, handelnd dachte. Bei 
Plutarch heifst es c. 14 ἠἡρέϑη δὲ ἄρχων μετὰ Φιλόμ- 
Bootov ὁμοῦ χαὶ διαλλαχτὴς χαὶ νομοϑέτης. Als solcher 
führt Solon die Seisachtheia durch; aber er erntet da- 
mit zunächst nur Feindschaft; bald jedoch sieht man 
den Nutzen der Mafsregel ein, tadelt ihn nicht mehr 
χαὶ τὸν Σόλωνα τῆς πολιτείας διορϑωτὴν καὶ νομοϑέ- 
τὴν ἀπτέδειξαν, οὐ τὰ μέν, τὰ δ᾽ οὐχί, πάντα δ᾽ ὁμαλῶς 
ἐσειτρέψαντες ἀρχὰς ἐχχλησίας δικαστήρια βουλὰς χαὶ 
τίμημα τούτων ἑχάστου χτὲ. (ec. 16). Obwohl also in diesen 
letzten Worten der Ausdruck sich mit Aristoteles be- 
rührt und die ganze Stelle eigentlich nur eine Para- 
phrase des knappen τὴν “τολιτείαν ἐπέτρειμαν αὐτῷ ist, 
liegt doch der fundamentale Unterschied gegen Aristo- 
teles vor, dafs Solon bei Plutarch die Verfassungs- 
ordnung nicht auf Grund desselben Auftrages wie die 
Seisachtheia, sondern auf Grund eines zweiten, späteren 
Auftrages durchführt. Diese Differenz hat ihre Folge 
für einen späteren Teil der beiden Darstellungen. 
Bei Aristoteles, Kap. 11, erscheint unter den Gründen, 
welche den Solon zur Reise bewegen, auch die Un- 
zufriedenheit über die einschneidende Mafsregel der 
Seisachtheia; bei Plutarch Kap. 25 ist die Reise nur 
durch die Unzufriedenheit über die Verfassungsordnung 
veranlafst. Ich verfolge diesen Unterschied für jetzt nicht 


ΓΙ . ΒΡ. 
und Plut. 
Sol. 14. 


BE 1, ne 


weiter; seine Erklärung erfolgt von anderer Seite aus. 
Ein zweiter bietet sich noch in demselben 5. Kapitel. 

Aristoteles führt in ihm zwei Elegieen des Solon 
an; die erste liefs in Solon den Mann, der über den 
politischen Parteiungen steht, erkennen; die zweite 
zeigte ihn als Gegner der Reichen!): χαὶ ὅλως αἰεὶ τὴν 
αἰτίαν τῆς στάσεως ἀνάπτει τοῖς τελουσίοις᾽" διὸ χαὶ ἐν 
ἀρχῇ τῆς ἐλεγείας δεδοικέναι φησὶ ἱτήν τε φ...... σίαν 
τήν τε ὑπερηφανίαν ὡς διὰ ταῦτα τῆς ἔχϑρας ἐνεστώσης. 
Das Wort, welches in der Lücke gestanden hat, finde 
ich nicht; sicher war es ein Synonym von φιλοχρηματία. 
Das verlangt die vorauszusetzende Übereinstimmung 
mit der Anführung desselben Verses in der sogleich 
heranzuziehenden Plutarchstelle und vor allem der Zu- 
sammenhang bei Aristoteles selbst. Denn der Vers 
konnte nur dann als Beleg dafür dienen, dafs Solon 
den Reichen die Hauptschuld beimafs, wenn beide 


Substantive sich auf die Reichen beziehen liefsen ?). 


1 Es ist wohl die Vermutung erlaubt, dafs aus dieser 
Elegie auch Solon ΕὟΡ. 15 (PLG II* 46) stammt: πολλοὶ γὰρ 
πλουτεῦσι κακοί, πολλοὶ δὲ πένονται, ἀλλ᾽ ἡμεῖς αὐτοῖς οὐ 
διαμειψόμεϑα, welches Plut. Sol. 3 als Beleg dafür angeführt 
wird, dafs Solon sich eher zu den πένητες als zu den πλούσιοι 
rechnete. Die Tendenz ist dieselbe und der Ton der gleiche: 
οὔτε γὰρ ἡμεῖς πεισόμεϑα. 

5) Blafs hat τὴν re @.... «riav gelesen und darnach 
τήν te ἀϊχρημ]ατίαν hergestellt. Ich halte an dem ᾧ im Ein- 
gange fest; daher kann ich diese Herstellung, wenn ich auch 
die Möglichkeit, aber nicht die Notwendigkeit, zıev statt σιαν 
zu lesen, anerkenne, aus paläographischem Grunde nicht für 
richtig halten. Mindestens bedenklich ist ἀχρηματίαν auch aus 
metrischen Rücksichten. In den solonischen Versen, von denen 
hier e. 130 in Frage kommen, verlängert die sog. positio de- 
bilis an unbetonter Versstelle niemals den vorhergehenden 
kurzen Vokal; diese Position wird so schwach gehört, dafs sie 
nur unter dem Hochton des Verses die Verlängerung des 


ἘΦ ΡΞ 


Das thut φιλοχρηματία und ὑπερηφανία. Ich halte den 
Sinn des fehlenden Wortes also mit dem ersteren für 
sicher gegeben. Plut. c. 14 sagt: Φανίας ὃ Adoßıog 
αὐτὸν ἱστορεῖ τὸν Σόλωνα χρησάμενον ἀττάτῃ πρὸς 
ἀμφοτέρους (ἃ. h. πλουσίους und πένητας) ἐπὶ σωτης- 
gie τῆς πόλεως ὑττοσχέσϑαι χρίφα τοῖς μὲν ἀπόροις 
τὴν νέμησιν, τοῖς δὲ χρηματιχοῖς βεβαίωσιν τῶν συμι- 
βολαίων- ἀλλ αὐτὸς ὃ Σόλων ὀχνῶν φησὶ τὸ πρῶτον 
ἄνψασϑαι τῆς πολιτείας χαὶ δεδοικὼς τῶν μὲν τὴν 


kurzen Vokals erwirkt. Bei den anderen hierher gehörigen 
Dichtern ist es ebenso oder ähnlich. Tyrtaios hat nur ἔτρεψε 
12, 21, Mimnermos nichts. Xenophanes hat οὐχ ὕβρις 1, 17; 
zon δὲ πρῶτον, im Versanfang 1, 13; die Fälle mit du und yu 
rechnen natürlich nicht. Bei dem theogonideischen Korpus ist 
die bunte Zusammensetzung zu berücksichtigen. Auszuscheiden 
ist die Position du, yu und auch βλ (323); ferner längt #u 
stets στᾶϑμός 543. 945; 805; 1250, 6usuos 964; ebenso die 
epische Form re9vnoros 1205. Der Eigenname Ζ]ημόκλεις 923 
fällt aus mehr als einem Grunde fort. we χρὴ 806 ist Konjektur 
Bergks. Durch pointierte Diktion ist die Längung des & in 
ἔπρηξα und ἔδρησα 953. 954 veranlafst. Es bleiben auf fast 
1400 Verse folgende 10 Fälle: ἀλλὰ yon 717, im Versanfang; 
μέτρον 498. 475, wo die Überlieferung aber unsicher ist; πα- 
zowıov 521. πέτρῃ 1361. μαχρὴν 72; χεχρυμμένα 681; ἀχρημο- 
σύνην 156. σαπροῦ 1362. ἄτλητα 1029. Ich halte uns also 
nicht für berechtigt, die Messung ἀχρηματίαν an unbetonter 
Versstelle durch Konjektur einzuführen. Gerade für Solon 
hat die πολ. ᾿ϑην. die Probe gebracht. Er mifst μέτρον 13, 52; 
16, 2 an betonter Stelle; πολ. 49nv. e. 5 an unbetonter Stelle 
ἐν μἕτρίοισι.: Es ist also an dieser Stelle μέτροισι (K-W.) 
nicht möglich. ἀχρήμων an betonter Stelle Sol. 13,41. Völlig 
unmöglich ist ἀχρηματία dem Sinne nach, wie oben im Texte 
gezeigt. Hätte dieser Begriff in dem Verse gestanden, wäre 
der letztere für Aristoteles’ Beweisführung unbrauchbar ge- 
wesen. Stünde nicht re bei Aristoteles, würde ich, da ich, wie 
gesagt, τ auch für möglich halte, mit H-L. τὴν φιλοχρηματίαν 
für das Richtige halten. 


5. Kap. 
und Plut, 
Sol. 14. 


ἘΞ De 


5. Kap. φιλοχρηματίαν, τῶν δὲ τὴν ὑπερηφανίαν. Hier sind die 
beiden Worte nicht auf ein und dieselbe Partei bezogen, 
sondern φιλοχρηματίαν geht auf die Armen, vrreo- 
paviav auf die Reichen. Aus Aristoteles kann der 
Schriftsteller, dem Plutarch folgte, Hermippos'), hier 
nicht geschöpft haben, denn die Worte jenes lassen 
auf eine Deutung, wie die bei Plutarch vorliegende, 
gar nicht kommen. Hinzu tritt, dafs Hermippos die 
dem erhaltenen Pentameter vorangehenden Worte oder 
Verse kannte, wie aus αὐτὸς ὃ Σόλων ὀχνῶν φησὶ τὸ 
σιρῶτον ἅννασϑαι τῆς πολιτείας καὶ δεδοικὼς are. folgt. 
Sie waren nicht aus Aristoteles zu entnehmen. Nimmt 
man hinzu, dafs Plut. Sol. 3?) die zu der Partei der 
zr&vyveg hinneigende politische Stellung mit anderen 
Versen belegt als Aristoteles, so mufs man schliefsen, 
dals Aristoteles weder von Hermippos noch von Plutarch 
an dieser Stelle benutzt ist. Hermipp-Plutarch geben 
in einem Falle mehr (bei τήν ve φιλαργυρίαν xrE.), geben 
in einem zweiten anderes (Plut. Sol. 3), und drittens 
interpretieren sie im ersten anders als Aristoteles. Für 
das Verhältnis von Hermippos zu Aristoteles folgt aus 
diesem Thatbestande nichts. 


Sechstes Kapitel. 


Das sechste Kapitel ist das erste in der Dar- 
stellung der solonischen Thätigkeit. Die ihrer Be- 


!) Begemann, Quaestiones Soloneae. Speeim. I (Diss. Göttin- 
gen 1875) p. 15 f£. 
2) S. 42 Anm. 1. 


er EWR 


deutung (vgl. Kap. 9) wie der Zeit nach (vgl. Kap. 10) 
erste That, die Befreiung des Volkes aus dem Ab- 
hängigkeitsverhältnis gegenüber den Reichen, wird an 
erster Stelle behandelt. Die Befreiung ist das Ziel und 
das Ergebnis der Mafsregeln Solons, wie er selbst es 
rühmt (γῆ) πρόσϑεν (δὲ) δουλεύουσα, νῦν ἐλευϑέρα und 
τοὺς .. . δουλίην ἀεικέα ἔχοντας... ἐλευϑέρους ἔϑηχα. 
Aristoteles stellt im Einklange damit das τὸν δῆμον 
ἠλευϑέρωσε in den Eingang. Plut. Sol. 15 berichtet: 
τοῦτο γὰρ ἐποιήσατο τιρῶτον πολίτευμα yodılag τὰ μὲν 
ὑσεάρχοντα τῶν χρεῶν ἀνεῖσϑαι, πρὸς δὲ τὸ λοιπὸν 
ἐπὶ τοῖς σώμασι μηδένα δανείζειν; dies ist die natur- 
gemäfse Reihenfolge der solonischen Mafsregeln: erst 
Tilgung der alten Schulden und dann zur Verhütung 
neuer, unabtragbarer Schulden das Verbot des auf den 
Leibborgens. Aristoteles löst die natürliche Reihenfolge 
auf und stellt das, was eigentlich die sociale Frage 
löste, jenes Verbot, voran; die Seisachtheia erscheint 
bei ihm als Annex oder notwendige Konsequenz des 
Verbotes, wie sie es ja auch nur ist. Der klar und 
planvoll disponierende Schriftsteller tritt schon hier 
hervor, mehr noch in den kurzen Worten über die Sei- 
sachtheia. — Nachdem Plutarch die Seisachtheia ebenso 
wie Aristoteles bestimmt hat, fährt er mit den bekannten 
Worten (Kap. 15) fort: “Einige Schriftsteller jedoch — 
und zu ihnen gehört Androtion — haben berichtet, 
dafs die ärmeren Klassen sich zufrieden gegeben hätten 
mit einer Erleichterung, welche nicht in der völligen 
Schuldaufhebung, sondern in einer Ermäfsigung der 
Zinsen bestanden habe; Seisachtheia habe diese mil- 
dernde Mafsregel sowie die damit zugleich vorgenommene 
Vergröfserung der Mafse und Neuwertung des ge- 
münzten Geldes geheilsen.” Aristoteles bekämpft mit 
keinem Worte diese Auffassung, sagt nicht einmal, 


6. Kap, 
und Plut. 
Sol. 15. 


Aristot. 
und 
Androtion 


τοῦ τ  ς-- 


8. Καρ. dals er sie kennt, und doch polemisiert er gegen sie. 
Unmittelbar nach den Worten χρεῶν arroxosrag ἐποίησε 
χαὶ τῶν ἰδίων χαὶ τῶν δημοσίων fügt er, damit ein 
anderer Gedanke überhaupt nicht erst aufkommt, die 
Worte an ἃς σεισάχϑειαν καλοῦσι “und das nennt man 
Schuldenaufhebung. Damit ferner die Mafs- und 
Münzreform gar nicht in einem Zusammenhange mit 
der Seisachtheia erscheine, wird sie von dieser durch 
die Darstellung der ganzen Verfassungsordnung ge- 
trennt und erst in einem Excurse, K.10, behandelt; end- 
jich wird auch hier im Gegensatz zu Androtion, der 
die Münzreform als ἅμα γενομένην im Verhältnis zur 
Seisachtheia bezeichnet hatte, gesagt 00 δὲ τῆς vouo- 
ϑεσίας ποιήσας τὴν τῶν χρεῶν ἀποχοπὴν χαὶ μετὰ 
ταῦτα τήν τε τιῦν μέτρων χαὶ σταϑμῶν χτξ., d.h. es 
wird nicht blofs der innere Zusammenhang, sondern 
auch die äufsere zeitliche Koincidenz geleugnet. Das 
ist die Polemik, wie wir sie bei einem kunstgemäls 
schreibenden Schriftsteller des 4. Jahrhunderts erwarten 
müssen. Denn ein solcher ist Aristoteles in dieser 
Schrift; gerade an unserer Stelle beweist er es. Die 
Holländer haben ὡς ἀποσεισαμένων τὸ ἄχϑος gegeben; 
schon Hesychs παρὰ τὸ ἀποσείσασϑαι τὰ βάρη τῶν 
δανείων hätte sie warnen können; warnen mulste sie 
aber das Sprachgefühl, welchem βάρος prosaisch und 
ἄχϑος poetisch ist. Der Stilist Aristoteles wählte das 
prosaische Wort auch um den Preis, dafs ἀποσεισα- 
μένων τὸ βάρος nicht so klar die Etymologie erkennen 
lielse wie das poetische ἀστοσεισαμένων τὸ ἄχϑος. 

Quelle des Dem Berichte von der Seisachtheia ist bei Aristo- 

Aristot- teles und bei Plutarch die Geschichte angehängt, dafs 
Solon aus der Seisachtheia gehässige Nachrede ent- 

standen sei. Die Verschiedenheiten in den beiden Er- 
zählungen sind sehr charakteristisch. Aristoteles be- 


Fe‘, 2 Φ 


richtet, Solon habe, als er die Seisachtheia ins Werk 6. Kap. 
zu setzen sich eben anschicken wollte, einigen von den 
Adligen (τισι τῶν |yvwJoiuwv) seine Absicht mitgeteilt; 
Plutarch dagegen sagt ἐχοινώσατο τῶν φίλων οἷς μά- 
λεστα τειστεύων χαὶ χρώμενος ἐτύγχανε, τοῖς περὶ Κόνωνα 
χαὶ Κλεινίαν χαὶ ᾿Ιπττόνιχον, ὅτι γὴν μὲν οὐ μέλλει χινεῖν, 
χρεῶν δὲ ποιεῖν ἀττοχοπὰς ἔγνωχεν. Aristoteles berich- 
tet weiter von zwei Versionen, einer demokratischen, 
nach welcher die Parteigenossen Solons ohne dessen 
Vorwissen die Gelegenheit sich zu bereichern ergriffen 
hätten, und einer aristokratischen 1), nach welcher Solon 
selbst diese Gelegenheit zu unlauterem Gewinn benutzt 
hätte. Bei Plutarch ist von einer zwiefachen Version 
nicht die Rede: jene φίλοι borgen und kaufen mit 
dem Geborgten, durch ihr Vorgehen kommt Solon 
selbst in Verdacht. Es liegt also hier eine Vermischung 
der beiden bei Aristoteles gesondert auftretenden Ver- 
sionen vor; die Entstehung der aristokratischen Version 
wird durch die demokratische zu erklären versucht: 
weil die φίλοι Solons es gewesen waren, geriet er 
selbst in Verdacht. Aber wer waren denn jene Freunde, 
die auch Aristoteles in den Worten σσαραστρατηγηϑῆναι 
διὰ τῶν φίλων bezeichnet? Plutarch nannte Kleinias, 
Hipponikos, Konon und ihre Kreise. Allein die Freunde 
des Solon können doch nur μέσοι gewesen sein: Klei- 
nias, Hipponikos, Konon gehören dagegen zu den 
adligsten attischen Namen des 5. und 4. Jahrhunderts, 
und ihnen gebührte vielmehr der Name γνώριμοι, 
welchen Aristoteles denen erteilt, denen Solon zuerst 
von der Seisachtheia spricht. Hier ist also eine 


ἢ Teilweise Charakterisierung der Quellen auch in der 
Harmodioserzählung (p. 19, 22): ὡς μὲν of δημοτικοί φασιν — 
ὡς δ᾽ ἔνιοι λέγουσιν. 


Bi θυ E 


6. Kap. Schwierigkeit. Aristoteles beantwortet die Frage nach 
den φίλοι mit den Worten ὅϑεν φασὶ γενέσϑαι τοὺς 
ὕστερον δοχοῦντας εἶναι παλαιοττλούτους. Zu diesen 
ὕστερον δοκοῦντες gehören aber wieder ohne jeden 
Zweifel die Familien, in denen die Namen Hippias, 
Hipponikos, Konon traditionell waren, So enthielte denn 
diese Version eine Verleumdung jener adligen Familien. 
Nun ist diese Version nicht etwa die demokratische, 
sondern die aristokratische. Also wieder eine Schwierig- 
keit; aber sie hilft auch die erste lösen. Wenn die 
aristokratische Version die Familien des Hippias etc. 
diskreditierte, so ist sie böswillig und im Parteiinteresse 
erfunden von Aristokraten, welche gegen Mitglieder 
dieser Familien kämpften, indem sie die Quelle des 
Ansehens der Familien als unlauter darzustellen ver- 
suchten. Die aristokratische Quelle, welcher Aristoteles 
folgte, ist also eine Tendenzschrift aus den aristokra- 
tischen Kreisen, welche um das Ende des 5. Jahr- 
hunderts in politischer Opposition gegen die Familien- 
mitglieder jener Geschlechter standen. Man denkt zu- 
nächst an Alkibiades als den bekämpften, dann wären 
ja die Gegner und Erfinder der aristokratischen Ver- 
sion in den leitenden oligarchischen Kreisen leicht ge- 
funden. Der oligarchische Charakter dieser Version 
ergiebt sich ferner aus der ausdrücklichen Angabe des 
Aristoteles οἱ βουλόμενοι βλασφημεῖν: sie ging auch 
gegen den vermeintlichen Begründer der demokratischen 
Verfassung Athens. Mehr läfst sich m. E. nicht 
sagen. Denn so sicher die Tendenz der Version ist, 
so unsicher bleiben alle mehr individualisierenden Ver- 
mutungen. Nur einen charakteristischen Zug dieser 
parteiischen Darstellung der solonischen Verfassung 
können wir noch, glaube ich, wiedergewinnen. Dem 


Hermippos!) lag, wie die Nennung des Konon, Hippo- 6. Kap. 
nikos, Kleinias beweist, welche bei Aristoteles fehlt, 
die oligarchische Version noch rein oder ziemlich rein 
vor; aus ihr muls der Name χρεωχοτείδαι für die Ahn- 
herrn der ὕστερον δοχοῦντες παλαιότιλουτοι εἶναι 
stammen (τοὺς μὲν φίλους αὐτοῦ χρεωκοτείδας χα- 
λοῦντες διετέλεσαν), denn er ist ein Schimpfname, recht 
maliziös mit der gentilicischen Endung -idaı gebildet 
wie Κρωπίδαι, Kexgoridaı u. 5. w. Der Witz ist 
beifsend, dafs die Evsrargidaı, das Geschlecht des 
Hippias und Hipponikos, einst χρεωχοσίδαι im Volks- 
munde geheifsen hätten, und pafst in eine politische 
Tendenzschrift des ausgehenden 5. Jahrhunderts. Noch 
mehr Satire würde in dem Namen liegen, wenn die 
Tendenzschrift sicher auf Alkibiades zu beziehen wäre, 
denn dann dürfte man auch an eine Anspielung auf 
“Ἑρμοχοτείδαι denken; doch ist das zu unsicher. Dafs 
übrigens in den politischen Kämpfen des ausgehenden 
5. Jahrhunderts auf die solonische Zeit zurückgegriffen 
wurde, beweist des Aristoteles Zeugnis in der Rhe- 
torik (1375 b 31), wonach Kleophon die ἀσέλγεια im 
Hause des Kritias mit Hinweis auf den solonischen 
Vers eisrelv μοι Κριτίᾳ πυρρότριχι :τατρὸς ἀχούειν 
(Frg. 16) als erblich zu erweisen suchte. 

Fassen wir zusammen, was die Analyse des 6. Ka- Aristot. 
pitels bisher ergeben hat. Aristoteles kennt und be 
kämpft den Androtion, des weiteren verarbeitet er eine 
oligarchische Darstellung der solonischen Verfassung 
neben einer demokratischen. Hermippos kennt eben- 
falls Androtion, und bekämpft ihn, wie es scheint, 
gleichfalls; wenigstens liegt kein Grund vor, die Worte 
Plutarchs οἱ δὲ πλεῖστοι τεάντων ὁμοῦ φασὶ τῶν συμ- 


1 Begemann a. ἃ. Ὁ. p. 16 ἢ 
Keil, Aristoteles. 4 


6. Kap. 


πολ. 48ϑην. 
unfertig. 


Ἐπ ΒΩ, ΣῈ 


βολαίων ἀναίρεσιν γενέσϑαι τὴν σεισάχϑειαν nicht auch 
auf Hermippos zurückzuführen. Hermippos kennt die 
oligarchische und die demokratische Version des Ver- 
haltens des Solon bei der Seisachtheia, denn er arbeitet, 
wie gezeigt, beide ineinander. Ist nun Hermippos 
abhängig von Aristoteles? nein. Sein Bericht über die 
Seisachtheia nach Androtion ist, wie sich zeigen wird, 
richtiger als der des Aristoteles, seine Angaben über 
jene beiden Versionen enthalten nicht weniger, sondern 
mehr als die des Aristoteles; in keinem von beiden 
Fällen kann er also aus Aristoteles geschöpft haben. 
Die Berichte beider Schriftsteller sind aber einander 
doch sehr ähnlich. Haben also beide etwa dieselbe 
Quelle oder dieselben Quellen benutzt? Dafs Aristoteles 
den Androtion selbst zur Hand hatte, folgt nicht blofs 
aus dieser Stelle der 7.04. 49v. und ist allgemein 
anerkannt; dafs für Hermippos das Gleiche gilt, liegt kein 
Grund vor zu bezweifeln. Dafs aber Hermippos die 
aristokratisch-oligarchische Tendenzschrift noch selbst 
einsah, ist so unwahrscheinlich, dafs man vielmehr ge- 
neigt sein wird, ihn sich als aus einer Atthis schöpfend 
zu denken, in welcher die beiden Versionen schon zu- 
sammengetragen waren. Der Verfasser dieser Atthis, 
der, weil er mehr gab als unsere πολ. “429ην., hier nicht 
aus Aristoteles geschöpft haben kann, mufs dann in 
ganz ähnlicher Weise wie Aristoteles gearbeitet haben. 
Mir erscheint diese Ähnlichkeit so grofs, dafs ich nicht 
umhin kann, wenigstens die Frage aufzuwerfen, ob 
nicht Aristoteles schon dieselbe Atthis wie Hermippos 
benutzte, d. h. selbst also aus zweiter Hand seine 
Nachrichten hat. 

Bei der Annahme, dafs Aristoteles hier nicht 
selbständig zwei Quellen verarbeitet, sondern einer 
einzigen folgt, erklärt sich mir auch ein stilistischer 


a re 


Mangel, den der betreffende Passus enthält. Man 6. Kap. 


lese die Worte ἐν οἷς πειρῶνταί τινες διαβάλλειν 
αὐτόν συνέβη γὰρ τῷ Σόλωνι μέλλοντι ποιεῖν τὴν σει- 
σάχϑειαν προειπεῖν τισι τῶν γνωρίμων, ἔπειϑ᾽ ὡς μιὲν 
οἱ δημοτιχοὶ λέγουσι, παραστρατηγηθϑῆναι διὰ τῶν 
φίλων, ὡς δ᾽ οἱ βουλόμενοι βλασφημεῖν, χαὶ αὐτὸν χοι- 
voveiv: sind hierin die Worte σεταραστρατηγηϑῆναι und 
χοινωνεῖν etwa verständlich? Doch nur, wenn man vor- 
her weils, was bei Aristoteles nachhinkt δανεισάμενοι 
γὰρ οὗτοι xr&. Ich erkläre mir diesen Mangel ebenso 
wie das Fehlen des Subjekts in Kapitel20 (p. 22, 7) — 
infolgedessen der betreffende Satz so unverständlich 
wird, dafs K-W. jetzt das Fehlende aus Herodot in den 
Text eingefügt haben —, ebenso auch die lückenhafte und 
springende Darstellung vom Sturze des Areopag durch 
Themistokles und Ephialtes (Kap. 25): Aristoteles kürzte 
seine Quelle; bei der Kürzerarbeit sind ihm solche 
Versehen untergelaufen, die er bei einer Endredaktion 
des Buches zum Zwecke der Veröffentlichung beseitigt 
haben würde. Ein Stück, wie das 22. Kapitel über 
die Zeit zwischen Kleisthenes und Salamis, ist kaum 
über das Stadium einer ziemlich primitiven Material- 
sammlung hinausgediehen. So gering ist, was Aristo- 
teles hier erst an Arbeit auf das ihm in den Atthiden 
überlieferte Material verwendet hat, dafs in seinem 
Buche noch die trockene, unkünstlerische, registrierende 
Darstellungsweise dieser seiner Quellen greifbar vor 
Augen liegt. Nissen (Rh. Mus. 1892, 202, 1) hat in 
der verworrenen Chronologie der Peisistratidenzeit 
einen Beweis für die Schnelligkeit gesehen, mit der 
das Buch gearbeitet ist: Aristoteles habe die sich 
widersprechenden Daten der von ihm benutzten Atthis 
und des Herodot nicht miteinander ausgeglichen. Ich 
kann mir diese Auffassung im ganzen aneignen; nur 
4* 


6. Kap. trifft für mich der darin liegende Vorwurf nicht ein 
fertiges Buch, sondern eine noch nicht zur Veröffent- 
lichung bestimmte Bearbeitung, und für sie wird er 
hinfällig. Eine letzte Feilung würde die Widersprüche 
zweifelsohne beseitigt haben. Eine die Unfertigkeit 
des Buches bezeugende Ungleichmäfsigkeit hat man 
auch in der Nennung des Archestratos als Genossen 
des Ephialtes beim Sturze des Areopags (p. 38, 27) 
zu sehen; in der eigentlichen Darstellung dieses 
Vorganges, Kap. 25, ist er nicht erwähnt. Un- 
vorbereitet durch die vorhergehende Darstellung ist 
auch die Nennung der Eetioneia p. 40, 17 sowie 
manche andere geringfügigere Bemerkung. Eine 
Endredaktion hätte diese Mängel nicht stehen lassen 
können. Man betrachte ferner in Kap. 59 die von 
K-W. athetierten Sätze χαὶ ἐπιχληροῦσι — τὰ δημόσια 
und τοὺς δὲ dinaorag — ἕχαστος, welche durch Kap. 63 
überflüssig werden, in diesem Zusammenhange, und 
man wird geneigt sein, sie für echt zu halten. Bei 
einer letzten Überarbeitung hätten die anstöfsigen 
Wiederholungen bemerkt und beseitigt werden müssen. 
Auch die Bemerkung über die Epicheirotonie der 
Strategen in Kap. 61 liest man nach dem 43. Kapitel 
nicht ohne Befremden. Die Worte in dem Abschnitte 
über die Vierzigmänner πρὸς οὖς τὰς ἄλλας δίχας λαγ- 
χάνουσιν (p. 57, 10) sind an dieser Stelle irreführend, 
ja falsch; denn vorher sind nur die ἔμμηνοι δίκαι der 
Eisagogeis und Apodekten genannt, während die ganzen 
Privatprozesse, welche vor das Forum der Archonten 
gehören, erst folgen. Eine letzte Durcharbeitung würde 
mit einem zrAsiorag oder σχεδὸν πάσας statt ἄλλας 
oder wie sonst den Anstofs beseitigt haben. 

Bleibt jener stilistische Mangel, dessen Erklärung 
die vorstehenden Erörterungen veranlafste, auch an sich 


ih EN ἘΝῚ 


bestehen, so übersieht man ihn doch gern, wenn man die 7. Kap. 
folgende Widerlegung der oligarchischen Version liestund 
mit Hermippos vergleicht. Dieser operiert mit einer 
elenden Fabelei!), Aristoteles widerlegt den Klatsch 
durch den Hinweis auf das ganze Thun und Wesen des 
Solon; so hoch steht der Meister über dem Nachfahren. 
Die Widerlegung endigt mit p. 6, 4 χαταρρυπαίνειν 
&avröv, woran Kap. 7 mit den Worten ταύτην μὲν οὖν χρὴ 
γομίζειν Wevdn τὴν αἰτίαν εἶναι sich unmittelbar an- 
schliefst. Die dazwischen stehenden Worte ὅτε δὲ ταύ- 
τὴν ἔσχε τὴν ἐξουσίαν — πάντες, würde ein Neuerer 
in eine Anmerkung, welche die Belege für das im 
Texte Behauptete enthält, setzen. Die Belege sind 
dieselben wie c.5 p. 5, 1: & re τῶν ἄλλων ὁμολογεῖ- 
ται rn τά τὲ πράγματα voooivra (vgl. p. 13, 9 dusze- 
hovv νοσοῦντες τὰ 790g ξαυτούς) μαρτυρει... To — 
χαὶ οἱ ἄλλοι συνομολογοῦσι zravreg; p. 5, 2 χαὶ αἰτὸς ἐν 
τοῖςδε τοῖς ποιήμιασι μαρτυρεῖ nr χαὶ ἐν τοῖς πστοιή- 
μασιν αὐτὸς πολλαχοῦ μέμνηται, nur dafs hier die 
Verse selbst nicht folgen. Es wird sich später zeigen, 
weshalb Aristoteles hier nicht citierte. 


Siebentes Kapitel. 


Das siebente, achte und neunte Kapitel enthalten 
die Darstellung der solonischen Verfassung. Die Dis- 
position — Einführung der Verfassung und Verteilung 
des Bürgerrechtes (7), Ämterordnung (8), Volksgerichte 


1) Plut. Sol. 15 a. E. ἀλλὰ τοῦτο μὲν εὐθὺς ἐλύϑη τὸ &y- 
χλημα τοῖς πέντε ταλάντοις τοσαῦτα γὰρ εὑρέϑη δανείζων, zei 
ταῦτα πρῶτος ἀφῆκε χατὰ τὸν νόμον. Ἔνιοι δὲ πεντεχαίδεχα 
λέγουσιν «τὲ. vgl. Diog. La. I. 45 und Begemann p. 17. 


7. Kap. 


γόμοι- 
ϑεσμοί 


N ὙῈ 


(9) — ist klar und bedarf keiner Erörterung. Die Ein- 
gangsworte στολιτείαν χατέστησε χαὶ νόμους ἔϑηχεν 
ἄλλους werden bedeutsamer durch Heranziehung von 
Polit. 1273 b 32 οὐ μὲν ἐγένοντο δημιουργοὶ νόμων, 
οἱ δὲ καὶ πολιτείας, οἷον nal “υκχοῖργος χαὶ Σόλων" 
οὗτοι γὰρ καὶ νόμους χαὶ ττολιτείας κατέστησαν. — 
Zu ἄλλους bringt der Zusatz τοῖς δὲ “ράχοντος 9ε- 
σμοῖς ἐπαύσαντο χρώμενοι πλὴν τῶν φονικῶν die wich- 
tige Erläuterung, dafs die drakontischen Gesetze annulliert 
wurden. Dabei ist der stilistische Ausdruck bemerkens- 
wert. Solons Gesetze heilsen »duoı, die älteren dra- 
kontischen ϑεσμοί; aber Aristoteles gebraucht so auch 
von den solonischen Gesetzen ϑεσμοί, wo ihnen jüngere 
Gesetze gegenübergestellt werden. Kap. 35: τούς τ᾽ 
᾿Εφιάλτου χαὶ "Agysorodrov 1) νόμους τοὺς regi τῶν “2ρεο- 
srayırav χαϑεῖλον ἐξ Agsiov σπτάγου χαὶ τῶν Σόλωνος 
ϑεσμῶν 0001 διαμφισβητήσεις εἶχον. Das relative Alter 
bestimmt den Ausdruck ; im übrigen ist dieser nicht fest: 
p. 3, 18 ϑεσμοί beim Drakon, bei demselben p. 4, 11 
γόμοι; νόμος nennt Aristoteles p. 17, 24 das zur 
Peisistratidenzeit geltende Gesetz über die Tyrannis, 
das Gesetz selbst beginnt “ϑέσμια τάδε ᾿4ϑηναίων". Für 
die m. E. noch nicht abgeschlossene Kritik des Wort- 
lautes dieses Gesetzes dürfte vielleicht der Wortlaut 


1) Sollte dieser Archestratos, der dem Areopag die Gerichts- 
barkeit mit Ephialtes zusammen entreifst und dem Volke giebt, 
nicht derselbe sein wie der, welcher im chalkidischen Psephisma 
das Schlufsamendement gestellt hat? Es heilst in diesem, CIA. 
IV 1 p. 12 n. 27 a, τὸ ff. Hoxeorgarols]| eine’ τὰ μὲν ἄλλα 
χαϑάπερ (Δ)ντικλῆς" τὰς [δ]ὲ εὐθύνας Xarzıdeilo], χκατ[ίὰ σφῶν 
αὐτῶν εἶναι ἐν Χαλκίδι χαϑάπερ ᾿Αϑ)ήνησιν ᾿4ϑηναίοις, πλὴν 
φυγῆς καὶ ϑανάτ|ου καὶ arıulas. περὶ δὲ τούτων ἔφεσιν 
eivajı Adnvale ἐς τὴν ἡλιαίαν τῶν ϑεσμοϑ)]ετῶν κατὰ τὸ 
ψήφισμα τοῦ δήμου. Die Tendenz dieses Antrages stimmt zu 
der Politik des Bundesgenossen des Ephialtes. 


BB) 


des Eisangeliegesetzes bei Hyper. Euxen. col. XXL. 
XXIII (p. 36. 37 Bl.?) heranzuziehen sein. 


Die Worte ἀναγράιϊμαντες δὲ τοὺς νόμους — ὀμνύουσι 


haben bei Plut. Sol. 25 die Parallele. 


Den Schwur der 


Archonten wiederholt Aristoteles Kap. 55 a. E. selbst 


noch einmal. 
nebeneinander: 


Aristot. Ὁ: 55: 

βαδίζουσι 7ro0g 
τὸν λίϑον ὑφ᾽ ᾧ 
τὰ τόμι᾽ ἐστίν, 
ἐφ᾽ οὗ χαὶ οἱ 
διαιτηταὶ ὀμό- 
σαντες ἀποφαί- 
γονται τὰς διαί- 
τας χαὶ οἱ μαρ- 
τυρες ἐξόμνυνται 
τὰς μαρτυρίας. 
ἀναβάντες δ᾽ ἐπὶ 
τοῦτον ὀμνύουσιν 
δικαίως ἄρξειν 
χατὰ τοὺς 
νόμους, καὶ δῶρα 
μὴ λήψεσϑαι τῆς 
ἀρχῆς ἕνεχα, χἂν 
τι λάβωσι, ἀνδρι- 
ἄντα ἀναϑήσειν 
χρυσοῦν. 


x 
Aal 


Aristot. ec. 7: 
c ) γ ᾽, " 
οἱ ὃ ἐννέα 00- 
2 
χοντες ὀμνύντες 
x - ’ 
zroogs τῷ λίϑῳ 
κατεφάτιζον ἀνα- 
ϑήσειν ἀνδριάν- 
Ta χρυσοῦν, ἐάν 
σαραβῶσι 
- ,ὔ c 
τῶν νομων" οϑὲν 
ἔτι χαὶ νῦν οὕτως 


τινα 


2 ’ 
ομνύουσι. 


Ich stelle die drei Fassungen desselben 


Plut. Sol. 25. 
(wuvver) ἕκαστος 
τῶν ϑεσμοϑετῶν 
ἐν ἀγορᾷ τιρὸς τῷ 
λίϑῳ κχαταφατί- 
ζων, εἴ τι παρα- 
βαίη τῶν ϑεσμῶν, 
ἀνδριάντα χρυ- 
σοῦν ἰσομέτρητον 
ἀναϑήσειν ἐνΖίελ- 
φοῖς. 


Die Fassung im 7. Kapitel ist die kürzeste; die 


Worte πρὸς τῷ λίϑῳ sind so, wie sie dort ohne Er- 
klärung stehen, unverständlich. Man sage nicht, dafs 
Aristoteles mit ὅϑεν ἔτι χαὶ νῦν are. eben als auf etwas 
Bekanntes hinweist; er schliefst diese Entschuldigung 


7. Kap. 


und 
Plut. Sol. 
25. 


BER 5 9. 


7. Kap. selbstdurch seine lange nähere Bestimmung jenes Steines 
ΕΣ in Kap. 55 aus. Auch Plutarch hat die Erklärung ἐν 


25. 


ἀγορᾷ für nötig befunden. Dafs hier eine durch Kürzer- 
arbeit entstandene Undeutlichkeit vorliegt, schliefse ich 
in Konsequenz zu dem ὃ. 51 über Kap. 25 Bemerkten: 
eine Kürzung hat hier, wie der Vergleich mit der Schwur- 
formel in Kap. 55 und bei Plutarch ergiebt, statt- 
gefunden. Aber diese Kürzung ist nicht an der zweiten 
aristotelischen Fassung der Worte erfolgt, sondern, wie 
der Wortlaut lehrt, an der Fassung bei Plutarch: 
χατεφάτιζον n χαταφατίζων; ἐάν τινα τπτιαραβῶσι τῶν 
γόμων ὦν εἴ τι παραβαίη τῶν ϑεσμῶν. Nun ist es aus- 
geschlossen, dafs Plutarch hier allein aus Aristoteles 
schöpfte, weil er mehr hat. Was er mehr hat, ist gut: 
Plat. Phaedr. 235 d worreo οἱ ἐννέα ἄρχοντες, ὑπεισχνοῦ- 
μαι εἰχόνα ἰσομέτρητον εἰς Jehpovg ἀναϑήσειν; er 
könnte also nur eine andere gute, zu Aristoteles 
stimmende Quelle mit Aristoteles verquickt haben. 
Aber die vorhergehenden Worte χοιγὸν μὲν οὖν ὥμνυεν 
ὅρχον ἡ βουλὴ τοὶς Σόλωνος νόμους ἐμπεδώσειν, ἴδιον 
δ᾽ ἕχαστος τῶν ϑεσμοϑετῶν χτὲ. zeigen, dals Plutarch 
hier einer Quelle folgt, die mit Aristoteles in sach- 
lichem Widerspruch steht: wuooav χρήσεσϑαι πάντες, 
nicht blofs die Bule; weiter vindiciert der nicht zu 
häufige Gebrauch von ϑεσμοϑέται statt ἄρχοντες, das 
officielle Zurredwosıv (z. B. im Schwur des athenischen 
Rates und der Richter des chalkidischen Psephisma 
CIA. IV 1 p. 10 Z. 14 ταῦτα δὲ Eunedwow Xal- 
χιδεῦσιν), das alte χαταφατίζειν und τῶν ϑεσμῶν (für 
τῶν νόμων bei Aristoteles), der ganzen Stelle einen so 
einheitlichen Charakter, dafs man den Gedanken an 
eine Kompilation für ausgeschlossen erachten muls. 
Wenn die Stelle keine Kompilation ist, andererseits 
aber von Aristoteles abweicht, so ist sie nicht aus dem 


a 


letzteren abzuleiten. Dafs Plutarch hier mit fremdem 7. Kap. 
Kalbe pflügt, bedarf keines Beweises. Die Schlufs- et 
folgerungen gelten also für seine Quelle. Da nun die 55. 
Quelle Plutarchs hier den Aristoteles nicht benutzt 
hat, ihr Wortlaut aber mit dem des letzteren so über- 
einstimmt, dals eine Verwandtschaft bestehen muls, so 
folgt, dals Aristoteles hier von derselben Überlieferung 
abhängig ist, aus welcher auch die Quelle Plutarchs 
schöpfte. Mit der Annahme, dafs Aristoteles hier einer 
schriftlichen Quelle, deren Wortlaut er kürzte, gefolgt 

ist, erklärt sich auch die nicht zu übersehende Differenz, 
welche in der Wiedergabe des Archonteneides zwischen 
Kap. 7 und 55 besteht. Bei der ersten Niederschrift des 
Buches hielt Aristoteles sich zunächst an seine jedes- 
malige Quelle; wäre er über den ersten Entwurf hinaus- 
gekommen, würde vermutlich sowohl die an sich be- 
fremdliche Wiederholung des Schwures in dem kurzen 
Büchlein wie auch die Differenz zwischen den beiden 
Stellen verschwunden sein. Nach diesem Ergebnis wird 

man nicht anstehen, auch die weiteren zwei Angaben, 
welche bei Plutarch und Aristoteles sich decken zazezv- 
ρωσεν δὲ τοὺς νόμοις εἰς ἑχατὸν ἔτη w Plut. 25 ἐσχὺὶν δὲ 

τοῖς νόμοις στᾶσιν εἰς ἑχατὸν ἐνιαυτοὺς ἔδωχε, und τοῖς 

δὲ Aoarovros ϑεσμοῖς χτὲ. w Plut. 17 τοὺς Agazovrog 
γόμους ἀνεῖλε πελὴν τῶν φονικῶν ἄτταντας auf dieselbe 
gemeinsame Überlieferung zurückzuführen. 

Ich habe die Untersuchung ohne Rücksicht darauf 
‚geführt, dafs Plutarch (25) unmittelbar vor dem Satz 
über den Beamtenschwur für die Benennung der Ge- 
setzestafeln als χύρβεις unsere Aristotelesstelle citiert: 
χαὶ χατεγράφησαν εἰς ξυλίνους ἄξονας ἐν πλαισίοις 
στεριέχουσι στρεφομένους. ὧν ἔτι χαϑ᾽ ἡμᾶς ἐν Πρυτα- 
γείῳ λείψανα μιχρὰ διεσώζετο᾽ χαὶ προσηγορεύϑησαν. 


7. Kap. 


κύρβεις- 
ἄξονες 


> πολ  ἐος 


ὡς ᾿“4ριστοτέλης φησὶ, κύρβεις 1). χαὶ Κρατῖνος ὃ κωμι- 


1 Die antike und moderne Litteratur über die χύρβεις 
und ἄξονες hat Busolt Griech. Gesch. I. 539, 1 zusammengestellt. 
Es ist festzuhalten, dafs die solonischen Gesetzestafeln in der 
älteren Litteratur des 5. und 4. Jahrh. allein χκύρβεις heilsen: 
Kratin. Frg. 274 (I. 94 K.). Aristoph. Nub. 448. Av. 1354. Lysias 
XXX 17. 18.20. Plat. Politikos 298 ἃ. Aristotel. πολ. ’A9nv. 7 
und selbst noch beim Verfasser περὶ χόσμου 400 Ὁ 28 νόμος μὲν 
γὰρ ἰσοχλινὴς ὁ ϑεὸς οὐδεμίαν ἐπιδεχόμενος διόρϑωσιν ἢ μετά- 
ϑέσιν, χρείττων δέ, οἶμαι, καὶ βεβαιότερος τῶν ἐν ταῖς κύο- 
βεσιν ἀναγεγραμμένων, archaisierend, wie nach Lysias τῶν ἐν 
ταῖς κύρβεσι γεγραμμένων. Das Wort war in der Alexandriner- 
zeit Glosse; deshalb gebrauchen es Apoll. Rhod. IV 280 und 
andere Spätere. Die alexandrinischen Grammatiker haben schon 
nichts mehr damit anzufangen gewulst. Wie aus dem 
Kratinosfragment folgen soll, dafs die χύρβεις aus Holz waren, 
ist mir unverständlich. Apollodors Erklärung (FHG. I 432 frg. 
26, Suidas 5. v.) ὡς ἀπὸ τῆς στάσεως στήλας χαλεῖσϑαι, ἀπὸ δὲ 
τῆς Eis ὕψος παρατάσεως, διὰ τὸ χεχορυφῶσϑαι, χκύρβεις" ὥσπερ 
χαὶ χυρβασίαν τὴν ἐπὶ τῆς χεφαλῆς τεϑειμένην beruht augen- 
scheinlich auf spitzfindiger Erklärung von Stellen wie Lys. 
XXX 17 τὰς ϑυσίας τὰς ἐκ τῶν κύρβεων χαὶ τῶν στηλῶν und 
Plat. Politikos 298 d γράψαντας ἐν κύρβεσί τισι καὶ στήλαις, WO 
χύρβεις auf die solonischen Gesetze, στῆλαι auf andere Stein- 
urkunden geht. Kvoßes ist der ältere volkstümliche Name, 
das officielle, jüngere Wort ist ἄξων; deshalb ist dieses in 
dem Gesetze CIA. I 61 gebraucht. Wir wissen jetzt durch 
Kumanudis, wie die χύρβεις aussahen: "Ey. ἀρχαιολ. 1885, 282; 
der vorsichtige Kirchhoff hat ihm beigestimmt (ΟἿΆ. IV 2 
p- 125 n. 559). Die χύρβεις waren steinerne ἄξονες. Die Worte 
verhalten sich ähnlich zu einander wie ϑεσμός und νόμος. Das 
Wort bedeutet etwas Drehbares. Hesych. κυρβειάσων" «7700z10- 
τῶν (vgl. χυρβιάσαι" Oxıorav) und Κύρβαντες" Κορύβαντες, wel- 
ches auch in dieser Form in dem bekannten Vertrag zwischen 
Hierapytna und seinen Kleruchen vorkommt (CIG. II 2555, 
14 —= Cauer Delectus? 116); vgl. Schmidt zu Hesych. ἀπο- 
χοιρίασεν (Ip. 258). Zu Grunde liegt hier die Vorstellung der 
wırbelnden Tanzdrehung. Ἀορύβαντες mit Metathesis und 
Vokalentfaltuug gebildet. Dieselbe Wurzel im lat. cur-vus? 


κὸς εἴρηκέ που (frg. 274 K.)... ἔνιοι δέ φασιν ἰδίως ἐν 
οἷς ἱερὰ χαὶ ϑυσίαι ττεριέχονται κύρβεις, ἄξονας δὲ 
τοὺς ἄλλους ὠνομάσϑαι: denn das ist klar, dafs Plutarch 
hier eine Einlage macht: erstens aus persönlichem Wissen 
und zweitens, wie längst erkannt ist, aus Didymos; 
das Aristotelescitat stammt aus dem letzteren, nicht 
etwa von Plutarch selbst. 

Man hat aber auch noch die eben schon be- 
sprochenen Worte ἰσχὺν δὲ τοῖς νόμοις — ἔδωχε und 


Αὐρβις gehört zu den alten attischen Worten, welche in der 
durch die Litteratur nivellierten Sprache des 5. Jahrh. ver- 
loren gingen. Als technischer Name und in Verbindung mit 
den solonischen Gesetzen hat das Wort sich länger gehalten 
als andere. Wie grofs der Unterschied zwischen der Sprache 
des 6. Jahrh. und der des fünften war, können wir nicht be- 
urteilen, allein, dafs er ein sehr grofser war, lehrt aufser 
Aischylos’ Sprache, welche noch im 6. Jahrh. wurzelt, Lysias’ 
10. Rede mit rodozazzn, ἀπέλλειν, δρασχάζειν und was sonst an 
authentischen Resten solonischer Gesetze Seine endlich jetzt 
urkundlich die Hekatompedosinschrift (CIA. IV 3 p. 138) mit 
ἱερουργοῦντες, ζάχορος, ὄνϑος, ἱπνεύεσϑαι, dessen Bedeutung nicht 
feststeht, und wc», dem neuen Verb, zu welchem ein auf 
älterer Vorlage bearbeitetes Gesetz, CIA. I 57 die Parallele 
in dem dichterischen ϑωὰν ἐπιβάλλειν neben τοῦ δήμου τοῦ 
᾿ϑηναίων πληϑύοντος liefert, während die spätere Sprache den 
Stamm nur in «90os festhielt. Hierher auch διχομηνία statt 
νουμηνία CIA. I 1, ἀπόπαξ 1 286. 288, οὐδ᾽ ἔπει οὐδὲ ἔργῳ 
IV 1, 27 a und ἐπιώψατο, ἐπιοφϑέντες (CIA. II 948 ἢ, wozu 
Koehler), welche, wie viele derartige Wörter, die Zähigkeit 
religiöser Überlieferung in jüngere und jüngste Zeit mit hin- 
übernahm. χύοβεις gehört mit diesen Wörtern in dieselbe Sprach- 
epoche; am Ende des 5. Jahrh. ist es in Athen schon obsolet. 
Auf Amorgos hat es sich länger im Gebrauche gehalten: Ἐφ. 
ἀρχαιολ. 1862, 77 (= Recueil des inser. jurid. gr. p. 116 n. 64) 
ὅρος χωρίων. .. καὶ τῶν ἐπεκυρβίων ἐνεχύρων ὑποχειμένων; 
das bisher übersehene Adj. bedeutet hier “auf einer Urkunde 
verzeichnet’, so dafs χύρβις auf Amorgos die spätere, weitere 
Bedeutung gehabt zu haben scheint. 


’k Fa 
und 
Plut. Sol, 
25. 


1. 


u A έλὼ 


vor allem χοινὸν μὲν οὖν ὥμνυεν ὅρκον ἣ βουλὴ — ἐν 


Γῆ. ἮΝ “Ιελφοῖς für Didymos in Anspruch genommen und für 


25. 


p- 6, 18 


Didymos Aristoteles als Quelle in Ansatz gebracht. Dafs 
Didymos’ Bericht dem des Aristoteles folgen würde, 
versteht sich. Da aber, wie wir jetzt sehen können, 
diese dem Didymos vindizierten Worte in sachlichem 
Widerspruche (βουλὴ : πάντες) zu Aristoteles stehen, 
und da überdies die Benutzung des letzteren durch den 
Grammatiker nur unter der Annahme denkbar ist, dals 
Didymos die Worte des Aristoteles in einer Weise aus 
anderen Quellen erweitert hätte, welche jede Spur der 
Kompilation verwischte (s. ο. S. 56), so kann keine Rede 
mehr davon sein, dafs Didymos dem Aristoteles hier 
folgte. Mufs man aber Aristoteles als Quelle für diese 
Stelle fallen lassen, so fällt damit das Band, welches sie 
an die sicher didymeischen Worte knüpfte. Da der 
Satz χοινὸν μὲν οὖν ὥμνυεν xrE. zu Aristoteles’ Worten 
genau in demselben Verhältnis steht, wie sonst sich 
sicher hermippeisches Gut zur πολ. Av. verhält, so 
wird man auch hier Hermippos als Quelle Plutarchs 
ansetzen. Der erste Satz ’Ioyvv μὲν οὖν — ἔδωχε steht 
bei Aristoteles mit dem Schwur zusammen; man wird 
also auch ihn dem Parallelberichte des Hermippos vin- 
dizieren. Übrigens scheinen Plutarchs Worte selbst 
anzudeuten, dafs der Schriftsteller mit Κοινὸν μὲν οὖν 
zu einer neuen Quelle überging. Denn mit μὲν οὖν 
wird gegen das Vorhergehende abgeschlossen und die 
Verbindung zum Folgenden συνιδὼν δὲ hergestellt; das 
Folgende ist aber sicher nicht aus Didymos. 

Der Eingang der eigentlichen Darstellung der Ver- 
fassung ist verstümmelt. K-W., welche die Lücke 
erkannten, beziehen die Hesychglosse &x τιμημάτων 
hierher und bemerken “welut {τὸ “τᾶν τελῆϑος Er) τιμη- 
μάτων. Ich möchte die Glosse, wenn sie wirklich, was 


τέως Το ὦ ἀὐλαι 


mir nicht sicher scheint, auch mit ihrem Lemma auf 
unser Buch geht, lieber auf p. 7, 22 ἐχ τῶν τιμημάτων 
beziehen und erwarte mit Wahrung des überlieferten 
τιμήματα zunächst etwa<(zarayzıumuare. Es läge nun 
am nächsten, die Parallelstelle bei der Kleisthenischen 
Verfassung heranzuziehen p. 22, 28 πρῶτον μὲν οὖν 
{συνένειμεν πάντας εἰς δέχα φυλάς, aber sie palst aus 
zwei Gründen nicht. Die folgenden Singularia revre«- 
χοσιομέδιμνον bis ϑῆτα vertragen sich mit dem vor- 
geschlagenen r&v τελῆϑος, aber schlecht mit πάντες. Fer- 
ner ist das σχερῶτον μὲν οὖν für unsere Stelle nicht zu ge- 
brauchen, denn es folgt kein äreıra wie p. 23, 3. Die 
Parallelstellen zu τόνδε τὸν τρόττον und ähnliche sind 
heranzuziehen: p. 1, 19 ἦν δ᾽ + τάξις... τοιάδε. τὰς 
μὲν ἀρχὰς: 3, 19 ἡ δὲ τάξις .. τόνδε τὸν τρόπον εἶχε. 
ἀπεεδέδοτο μὲν ἢ πολιτεία; p. 33, 13 διέταξαν τόνδε 
τὸν τρόπον" τὰ μὲν χρήματα; p. 45, 24 ἔχει... τόνδε 
τὸν τρύπον. μετέχουσιν μὲν τῆς πολιτείας: in allen 
diesen Fällen entspricht dem μὲν ein de; wo dieses 
fehlt, wie an der Stelle p. 40, 12 διαφϑεῖραι τόνδε 
τὸν τρόπον᾽ νόμους εἰσήνεγκαν, fehlt auch das μὲν. An 
unserer Stelle steht das δέ im Anfang des 8. Kapitels: 
τὰς 0° ἀρχὰς Ercolnoe. Aber ein {τὸ μὲν srav τελῆϑος 
χατὰΣ τιμήματα genügt weder im Ausdrucke noch dem 
Gedanken nach. Es fehlt die Hauptsache in dem über- 
lieferten Texte, dals nämlich die πολιτεία nicht nur 
die ὅσελα παρεχόμενοι hatten. Es mulste erst gesagt 
worden sein, dafs Solon allen Athenern das Bürger- 
recht gab, und dann konnte konsequenterweise erst 
von der Art gesprochen werden, wie dieses Bürgerrecht 
nach den τιμήματα abgestuft war. Hierfür den even- 
tuellen aristotelischen Ausdruck zu finden, ermöglicht 
Kap. 29 τὴν δ᾽ ἄλλην πολιτείαν ἐπιτρέψαι πᾶσαν Ayı)- 
γαίοις τοῖς δυνατωτάτοις χτὲ. Vielleicht darf man also, 


7. Kap. 


Ῥ. 6, 20 


IE 


falls nicht noch mehr ausgefallen ist, vermuten : {ττᾶσιν 
\ > 7 x ᾿ > ΄, x x m 

μὲν Asyvaloıg τὴν πολιτείαν ἑπέτρειμεν χαὶ τὸ ττλῖϑος 
αὐτῶν χατὰν τιμήματα διεῖλεν εἰς τέτταρα τέλη. Der 
von mehreren geforderte Artikel vor τιμήματα ist durch 
das folgende χαϑάπερ διΐρητο unnötig gemacht. 

Mit prägnantem !) sprachlichem Ausdrucke wird die 
Organisation des Bürgertums gegeben, wobei wir eine 


1!) p. 6, 20 ἀπένειμεν, 24 ἀποδιδούς bei den Klassen, 
denen für ihre Leistungen die betreffenden Rechte gebühren, 
25 μετέδωχεν bei den Theten, die beim Mangel einer Gegen- 
leistung eigentlich kein Recht auf Recht haben. — In diesem 
Satze läfst der oben gegebene Text eine Lücke p. 6, 20: 
Ba hen, es. [Blafs hat ve... . ας gelesen und με[γίστ]ας 
ergänzt, zugleich aber dieses Wort als unpassend getilgt mit 
der Bemerkung aut μεγίστας (quod legi posse concedit K.) de- 
lendum, aut in sequentibus complura delenda. An und für sich 
wird man eine Ergänzung ablehnen müssen, welche sich so 
wenig mit dem überlieferten Texte verträgt, dafs ihr Urheber 
sie sogleich einklammern mufs. Ich kann aber auch nicht zu- 
geben, dafs der Buchstabe vor dem Schlufs-s ein « ist, und 
halte am & fest] Nach dem « glaube ich in der Lücke ein & 
zu sehen, darauf zwei Vertikalhasten, die oben verbunden sind, 
also auf 7,, ı7, γι, ıy oder π᾿ führen. Das letztere erschien 
mir beim Lesen das wahrscheinlichste. Darnach hatte ich 
uses... Das u muls als μ΄ —= μὲν gelesen werden, wie der 
Gegensatz mit δὲ Z. 24 lehrt. Indem mir der Gegensatz, in 
welehen dadurch die eigentlichen Ämter zu den διχασταί und 
ἐχχλησιασταί treten, bedeutsam erschien, fiel mir die Stelle Polit. 
1275 a ein: τῶν δ᾽ ἀρχῶν αἱ μέν εἶσι διῃρημέναν χατὰ χρόνον, 
ὥστ᾽ ἐνίας μὲν ὅλως δὶς τὸν αὐτὸν οὐκ ἔξεστιν ἄρχειν, ἢ διὰ 
τινῶν ὡρισμένων χρόνων" ὃ δ᾽ ἀέριστος, οἷον ὁ διχαστὴς χαὶ 
ἐχχλησιαστής; vgl. b 14. Mit Rückblick hierauf suchte ich den 
Ausdruck für einen χρόνος ὡρισμένος in den Resten em... ἔς. 
Ich fand kein überliefertes Wort, aber fragen möchte ich, ob 
nicht ἐπ᾿ [ἐτ]ές gestanden haben könnte. Sollte man das nicht 
ebensogut wie ἐπὶ δίετες und ἐπὶ τρίετες gesagt haben? Und 
wenn man dem die Komposition entgegenhält, so halte ich 
τῆτες (σῆτες) dazu. 


Δ θθν τυ 


Anzahl der damals in Athen existierenden Ämter 
kennen lernen. Dafs die genannten fünf Beamten- 
klassen, Archonten, Tamiai, Poleten, die Elfmänner 
und Kolakreten, die einzigen damals dort existierenden 
Beamten waren, sagt Aristoteles nicht, sondern hat nur 
Reinach!) behauptet; das Richtige hätte ihn Aristo- 
teles’ Polit. 1321b 1—1322a 30 incl. lehren können. 
Von der damaligen Amtsbefugnis derselben hat Ari- 
stoteles vermutlich selbst nichts gewulst. Dals sie 
existierten, ist nicht zu bezweifeln. Für die ταμίαι 
haben wir jetzt das direkte Zeugnis aus der ersten 
Hälfte des 6. Jahrh. CIA. IV 3 p. 199 n. 373288 (N). 
Wie viel ihrer waren, steht nicht fest; die Zehnzahl 
kann erst seit Kleisthenes bestehen, die Inschrift hat 
auch nicht Raum für soviel Namen. Übrigens, dals 
Aristoteles sie einfach ταμίαι nennt, braucht nicht eine 
Folge laxen Ausdrucks zu sein; denn das Distinktiv 
τῆς .ϑηνᾶς wird erst nötig, seit die Centralisation der 
Schätze der übrigen Götter erfolgte. Damals mufs 
überhaupt eine Umwandlung des Amtes vor sich ge- 
gangen sein. Aus der Hekatompedosinschrift (CIA. 
IV 3 p. 138) folgt, dafs sie vor 480 nicht so sehr Kassen- 
beamte waren wie Verwaltungsbehörde, als welche sie 
die Polizeiaufsicht auf der Burg hatten, und in dieser 
Eigenschaft Polizeistrafen bis zu 3 Obolen verhängen 
konnten. Als sie wesentlich Kassenbeamte der be- 
deutendsten Kasse des Landes wurden, mulsten sie für 
diese Mehrbelastung nach anderer Seite hin Erleichte- 
rung erfahren; man befreite sie, wenn auch nur teil- 
weise, von ihrer Polizeipflicht: aus CIA. IV 3 p. 140 
n. 26a, welche Urkunde bald nach 447 fällt, erfahren wir, 
dals ein Wachtlokal für eine Polizeiwache von 3 Toxo- 


ἢ Revue des &tud. Grecques 1891 p. 145, 2. 


7. Kap. 


ταμίαι 


a ἘΉΡΡΙΣ 


7. Kap. ten!) auf der Burg erbaut wurde; den Abschlufs der 
Wandlung des Amtes indiziert das erste Jahr der Publi- 


kation der Übergabeurkunden, 434/3, 

Der Bericht über die Normierung der verschie- 
denen Schatzungsklassen bietet nichts Neues, teils hat 
Pollux VIII 130 dasselbe, wenn auch aus anderer 
Quelle und mit Fremdartigem fortlaufend durchsetzt 3), 


1) Hermes 1891, 51 ft. 
Pollux und 2) Nur von einer Stelle des historischen Teiles der πολ. 
N. läfst sich vielleicht annehmen, dafs Pollux sie benutzt hat: 
p- 7, 23 — 8,9 = Pollux VIII 108 ναυχραρία — ἀναλώματα ; alle 
anderen Ähnlichkeiten, wie z. B. Pollux a. a. Ὁ. δήμαρχοι --- ναυ- 
χραρίαι X p. 23, 17 ff. können nicht als sicher gelten. Sämtliche 
sonstigen Testimonia aus Pollux gehören dem systematischen 
Teile an. Das hat zunächst seinen natürlichen Grund in der 
Materie. Aber ganz reicht sie zur Erklärung dieser Erscheinung 
nicht aus, denn es steht in dem ersten Teil doch manches, was 
Pollux auch sonst berührt. Woher seine Zurücksetzung? Pollux 
mulste für seine Art der Schriftstellerei natürlich die aus- 
giebigsten Quellen benutzen. Für die athenische Verfassung 
der vollendeten Demokratie gab es nichts Ausführlicheres als 
Aristoteles’ Buch; daher benutzt er es hier. Es war ihm meist 
sogar zu ausführlich und mufste gekürzt werden. Die Anti- 
quaria in dem ersten Teile sind dagegen so kurz gehalten, 
dafs er sich nach vollständigeren Nachrichten umsah. So ist 
Poll. VIII 111, über die erste Verfassung, sicher nicht aus 
Aristoteles entnommen, denn der Eingang bis βουχολεῖον 
widerspricht dem p. 2, 25 Berichteten. Der Satz χαὶ οἱ uere- 
χοντες τοῦ γένους γεννῆται καὶ ὁμογάλακτες" γένει μὲν οὐ προσ- 
ἥκοντες, ἐκ δὲ τῆς συνόδου οὕτω προσαγορευόμενοι widerspricht 
Aristoteles’ Auffassung der ὁμογάλαχτες in der Politik (1252 b 16) 
ἔοικε κατὰ φύσεν ἡ κώμη ἀποικία olzlas εἶναι. οὕς καλοῦσί τινες 
ὁμογάλαχτας, παῖδάς τε χαὶ παίδων παῖδας, welche Apposition 
zu streichen gar kein Grund vorliegt; vgl. auch Töpffer, Attische 
Genealog. p. 9 ff. Dazwischen steht der Satz ὅτε μέντοι — τρια- 
zades. Das könnte man für aristotelisch halten, wenn man er- 
kannt hat, was in dem Lex. Patm. v. Γεννῆται (Frg. 3855 R®., 
K-W. p. 88) aristotelisch ist. Der Unsinn dieses Artikels geht 


ma 0 = 


teils ist unsere Stelle von dem Lexikographen des fünften 1. Kap. 
Seguerianums fast wörtlich excerpiert worden, was ich 


schon mit λέγων οὕτως an. Diese Worte können doch nach 
ὡς ἱστορεῖ. .. . ᾿Δριστοτέλης nur bedeuten, dafs nach dem 
vorhergehenden Excerpte aus dem Schriftsteller nun dessen 
eigene Worte zum Belege folgen. Aber der Unsinn des wört- 
lichen Citates pafst auf den knappen, präcisen und verständigen 
Bericht wie Ptolemaios Chennos zu Aristoteles, womit ich jedoch 
jenen gar nicht hier in Fiage bringen will; diesen aber, denn 
der erste Teil sieht genau so sehr nach Aristoteles aus, wie 
es der zweite nicht thut. Und seit wann eitiert denn, was ein 
ordentlicher griechischer Lexikograph ist, so, dafs er erst einen 
Auszug aus dem Citat giebt und dann das Citat wörtlich folgen 
läfst, und noch dazu eines, das gar nicht palst? Ich halte dafür, 
dafs der erste Teil des Artikels aristotelisch ist und nach 
"Agıoror&ins Worte fehlen, in welchen der Name des zweiten Autors 
stand, der sich freuen mag, dafs ihm sein Unsinn nun nicht 
mehr in Anrechnung gebracht werden kann. Für die Zu- 
weisung des ersten Teiles an Aristoteles spricht auch, dafs in 
ihm die ἑἱερωσύναι mit den Geschlechtern zusammen dargestellt 
werden, wie das p. 23, 22 geschieht τὰ δὲ γένη καὶ τὰς φρα- 
τρίας χαὶ τὰς ἱερωσύνας εἴασεν ἔχειν Exaotovg χατὰ τὰ πάτρια. 
Mit dem mir als aristotelisch geltenden deckt sich der Satz des 
Poll. öre — τριαχάδες inhaltlich. Aber dieser Inhalt ist so wohl, 
feil, dafs er nicht aus Aristoteles zu stammen braucht; auch sind 
die Worte ἃ ἐχαλεῖτο τριαχάδες nicht aristotelisch. Die letzten 
Worte τρία... δημιουργοί sind ebenfalls wohlfeile Weisheit. Als 
dritte Stelle bleibt nur noch Pollux VIII 130, die für Aristo- 
teles Kap. 7 verhängnisvoll sein soll. An der eben besprochenen 
Stelle hat Pollux einen anderen Autor herangezogen, da ihm 
Aristoteles nicht genug gab; und ebenso hier. Aus Aristoteles 
kann die Stelle gar nicht abgeleitet sem, weil in ihr über die 
Benennung der ἱππεῖς gerade das berichtet wird, was Aristo- 
teles bekämpft (ἐκ μὲν τοῦ δύνασϑαι τρέφειν ἵππους κεκλῆσϑαι). 
Das Plus gegenüber Aristoteles, d. h. hier der Unsinn, den 
die Einschübe mit ἀνάλεσχον bringen, war das Empfehlende; 
denn dafs Pollux selbst den Atthidenbericht, auf den sich 
Aristoteles polemisch bezieht, und der in letzter Instanz bei 
Pollux zu Grunde liegt, mit einem anderen kompiliert habe, 
Keil, Aristoteles. 5 


re )Ε: 


7. καρ. allerdings nicht bemerkt finde. Zu p.7, 2: Bekk. An. 

298, 20; p. 7, 3: ib. 267, 13; p. 7, 13: ib. 260, 33 und 

261, 15, welche beide Stellen zusammengenommen 

Fränkel vor der Bemerkung zu Boeckh Staatsh. II 

* 116 n. 805 hätten schützen müssen, dals ζευγήσιον die 

richtige, weil richtig von ζεῦγος abgeleitete Form sei. 

Wie vom Stamme Levyeo- richtig ζευγήσιος abgeleitet 

werden kann, ist mir nicht verständlich. Natürlich ist 

das Adj. von ζευγίτης abgeleitet und Levyiorog nicht 
anders als πλούσιος, ἐνιαύσιος u. 5. w. gebildet. 

BR 7: Die irrrras veranlafst Aristoteles zu einer polemischen 

Anthemion A nmerkung, welche einen schweren Überlieferungsfehler 

enthält, vermutlich durch Ausfall von Worten entstanden, 

wie der Vergleich mit Poll. a. a. ©. lehrt. Einen zwei- 

ten Fehler, entstanden durch Einschub, anzuerkennen, 

verhindert mich folgendes. Kaibels Sammlung hat ge- 

lehrt, dafs ein Distichon von Pentametern im 6. Jahrh. 

v. Chr., in welches das betreffende, von Aristoteles 

citierte Verspaar fallen mülste, eine epigrammatische 

Unmöglichkeit ist. Entweder mufs man also den ersten 

Vers ändern — dagegen spricht die übereinstimmende 

Überlieferung bei Pollux und Aristoteles —, oder aber 

man hat anzuerkennen, dafs Aristoteles, richtiger sein 

Gewährsmann, den er hier nach seinen eigenen Worten 

(Evioi φασι — σημεῖον δὲ ἐττιφέρουσι) ausschreibt, aus 

dem Dedikationsepigramm nur die für den Beweis 

nötigen Verse ausschrieb; da die beweisenden Worte 

gerade in den Pentametern standen, setzte er diese 

beiden allein hin. Wie diese Annahme über eine 

Änderung des ersten Verses forthilft, so auch über die 


glaube ich nicht. Das hatte ihm gewifs schon Didymos be- 
sorgt. Die Übereinstimmung zwischen Pollux und Aristoteles 
beruht hier auf der Gleichartigkeit der Atthidentradition. 


Tr: na 


Tilgung von Sıyihov nach eixwv; denn wenn ein Hexa- 7. Kap. 


meter vorausging — natürlich folgte ein zweiter — 
sind wir nicht mehr gezwungen zu verstehen “Anthe- 
mion, der Sohn des Diphilos’, welche Interpretation die 
Tilgung nötig erscheinen läfst, sondern können über- 
setzen: “Anthemion weihte dieses Bild des Diphilos ; 
man denke sich, dals Anthemion z. B. durch Antritt 
der Erbschaft des Diphilos in die höhere Schatzungs- 
klasse kam!). Ich ziehe diese Interpretation deshalb 
einer Textesänderung, wie sie die Streichung von 
“Ιιφίλου ist, vor, weil es mir der sicherere Weg er- 
scheint, von den an sich nicht zu beanstandenden 
Worten ἀνάχειται γὰρ ἐν ἀχροπόλει εἰχὼν Jupikov die 
kritisch unsicheren Verse — mag diese Unsicherheit 
nun auf Textesverderbnis oder auf der lückenhaften 
Citierweise des Autors beruhen — zu erklären, statt 
von der Stelle unsicheren Verständnisses aus eine ae 
klaren Wortverstandes zu präjudizieren. 

Im übrigen möchte ich darauf aufmerksam machen, 
dafs wir von dem in Rede stehenden Bilde inschrift- 
liche Nachricht haben. CIA. II 742 (Catalogi signo- 
rum ex aere factorum) aus dem Anfang der zweiten 
Hälfte des 4. Jahrh.: 4. v. 12 ἀνάϑημα Avdeui- 
[og .... 13 χυνῆν ἔχει καὶ λό[γχην νοΐ λόφον". 
. Damit ist Rühls ἀνϑέμιον (a. a. Ο. 682) gerichtet. Die 
Inschrift stimmt zu unserer Erklärung: Anthemion 
weiht; dafs er seine eigene Statue weiht, ist nicht an- 
zunehmen; er weiht die des Diphilos. Also ἀνάϑημα 
᾿Ανϑεμίωνος, εἰκών “ιφίλου. 

Die Schlufsworte des 7. Kapitels διὸ zai νῦν ἐστει- 


!) Litteratur über diesen Passus jetzt bei Rühl, Der Staat 
der Athener und kein Ende (Jahrb. f. kl. Phil. Suppl. XVII) 
p- 681 f. Vgl. übrigens Böckh, Staatsh., 13 580 £.— Vgl. auch 
Preger, Inser. Graec. metr. τι. 74. 
5*+ 


ΘΠ 


πα 9 Ὁ ΕΣ 


7. Kap. δὰν ἔρηται τὸν μέλλοντα κληροῦσϑαί τιν ἀρχήν, ττοῖον 

Ρ. 1, 18 ΠΝ, oc τελεῖ, οὐδ᾽ ἂν εἷς εἴττοι ϑητικόν zusammen- 

gehalten mit dem Passus über die ταμίαι τῆς “ϑηνᾶς 

Kapitel 47 κληροῦται δ᾽ εἷς ἐκ τῆς φυλῆς, ἔχ πενταχοσιο- 

μεδίμνων κατὰ τὸν Ξόλωνος νόμον (ἔτι γὰρ ὃ νόμος 

χύριός ἐστιν), ἄρχει δ᾽ ὃ λαχὼν χἂν ᾽τάνυ πένης ἢ ent- 

halten eine Schwierigkeit für das Verständnis. Gehört 

der πάνυ πένης denn nicht in das ϑητικόν ὃ kann ein 
Pentakosiomedimne ein sravv zrevng sein? 

Beton. Wie Aristoteles berichtet und wie er, danach zu 

Census 

Geldcensusschliefsen, selbst es geglaubt hat, wären vor Solon an 

den Grundbesitz allein die staatsbürgerlichen Rechte 

geknüpft worden; denn die Klassen werden als nach 

dem Bodenerträgnis normiert dargestellt. Nun aber 

berichtet Aristoteles selbst Kap. 13 εἰτ ἔδοξεν αὐτοῖς 

διὰ τὸ στασιάζειν ἄρχοντας ἑλέσϑαι δέχα, πέντε μὲν 

εὐπατριδῶν, τρεῖς δὲ ἀ[γρο]οίχων, δύο δὲ δημιουργῶν" χαὶ 

οὗτοι τὸν μετὰ Jauaoiav ἦρξαν ἐνιαυτόν (581/80). Da 

die Demiurgen, die nicht zu den grundbesitzenden 

Klassen gehören, schon 12 Jahre nach Solon nicht 

blofs überhaupt Staatsrechte haben, sondern sogar das 

höchste Amt erreichen können, eine Änderung der 

Verfassung in dieser Richtung aber nicht blofs nicht 

berichtet, sondern bei der Kürze der Frist an sich 

auch unwahrscheinlich ist, so folgt, dals die Klassen- . 

einteilung von Solon nicht nach dem Ertrag des Bodens 

normiert worden ist, sondern dafs das ganze Vermögen 

oder richtiger der Nutzwert des Vermögens der Ein- 

teilung zu Grunde gelegt war. Das ging auch gar 

nicht anders. In einem Lande, welches Kolonialpolitik 

treibt, wie Athen es seit dem Ende des 7. Jahrh. that, 

kann der Kaufmannsstand nicht der Rechte des Staats- 

bürgers entbehren. Kolonialpolitik indiziert den Über- 

gang von der Bodenwirtschaft zur Geldwirtschaft. Und 


ID 


wenn erst in späterer Zeit die Umwandlung des Census- 7. Kap. 
tarifes aus Produkten- zu Geldsätzen erfolgt wäre, P"" 
sollte die Überlieferung wirklich keine Spur von dieser 
einschneidenden, demokratischen Maflsnahme bewahrt 
haben? — Waren die solonischen Sätze für die ver-PDie athen. 
schiedenen Klassen nun von vornherein nach dem Geld- μον. 
wert bestimmt, so verstehtman den Namen πτενταχοσιομέ- Solon 
διμνοι nur, wenn dieser Name aus einer früheren Zeit 

der Bodenwirtschaft stammte. Wenn ferner die erste 
Klasse zrevrazoorou &dıuvoı hiels, so war der Census 

für sie nicht, wie Aristoteles für Solon berichtet, nach 

den ξηρὰ χαὲ ὑγρά, sondern allein nach den ξηρά be- 
rechnet, denn die flüssigen Malse wurden nach Metreten 
gemessen. Dieser Schlufs gewinnt dadurch an Sicher- 

heit, dafs er eimen Zug liefert, der durchaus in das 

Bild der Latifundienwirtschaft der Oligarchie pafst; 

der Census für die höchst berechtigte Klasse war, wenn 

nur die Trockenfrucht in Rechnung kam, ein so hoher, 

dafs die höchsten Ämter in der That nur in wenigen Fami- 

lien umgehen konnten. Wie hier der Name für den Census 

dieser Klasse zeugte, so auch der der Hippeis und Zeu- 
giten; wir müssen aus diesen Benennungen schlielsen, 

dafs zu der Zeit, als sie zu den Namen der Schatzungs- 
klassen wurden, in der That für die zweite Klasse die 
Stellung des Ritterpferdes, für die dritte der Besitz 
eines Gespannes der Census war!). Wenn der Abr 


!) Ich berühre mich hier mit Gomperz, Die Schrift vom 
Staatswesen der Athener und ihr neuester Beurteller (Wien 1891) 
p- 42 ff. und Busolt, Philologus 1891 (L), 393 Ε΄. welcher Aufsatz 
mir erst nach Abschlufs meiner Arbeit bekannt wurde. Böckh, 
Staatsh. 13 579 sah den Zwiespalt, aber versuchte eine har- 
monistische Lösung, statt die Konsequenzen aus der Diserepanz 
zwischen der Sache und dem Namen zu ziehen. Die Polemik 
des Aristoteles in der Anmerkung p.7, 4—11 löst sieh bei der 


δοὺς == 


7. Καρ. stand zwischen der ersten Klasse und den beiden 

pP. 18 #- fojgenden als ein sehr hoher erscheint, so stimmt das 

zu dem Charakter einer starren Oligarchie. Wann 

diesem Zustande ein Ende gemacht wurde, ist natürlich 

nicht zu sagen; aber vor Solon mufs es schon ge- 

schehen sein. Denn da Solon, wie wir vorher aus 

den Verhältnissen des Jahres 581/80 schliefsen mulsten, 

schon die Klassen nach dem Geld- und nicht nach dem 

Bodenertrage einteilte, so mufs zwischen dem ersten 

Stadium, während dessen Pentakosiomedimnen, Hippeis 

und Zeugiten noch ihren Namen mit Recht führten, 

und dem durch Solon herbeigeführten Zustande eine 

Epoche liegen, in welcher der Census nach dem Boden- 

ertrage für alle drei Klassen normiert war. Dabei 

bleibe die Frage offen, ob damals zugleich der Ertrag 

der ξηρὰ καὶ ὑγρά in Anrechnung gebracht wurde, 

oder ob Solon diese Änderung vornahm, welche den 

demokratischen Charakter an der Stirn trägt. Aber 

wenn Solon diese Änderung auch nicht verdankt wird, 

was er für die Entwicklung der Demokratie durch die 

Umrechnung des Bodenertrages in Geld absichtlich, 

und was er mit der Einführung des timokratischen 

Principes unabsichtlich geleistet hat, ist doch von weit- 
tragendster Bedeutung gewesen. 

er Ich mufs hier auf die Münzreform kommen. Es 

reform ist von U. Köhler und Head hervorgehoben, dafs die 

Einführung des euböischen Fulses statt des äginäischen 

zunächst dem Kaufmanne Solon verdankt wird, der 

seiner Vaterstadt die Münze geben wollte, welche im 

Osten und Westen am weitesten kursierte und der 


geschichtlichen Betrachtung. Er wie sein Gegner haben recht, 
jeder für seine Epoche, nur, dafs beide es nicht für die solo- 
nische haben. 


N Ne 


Kolonialpolitik Athens förderlich sein mufste. Weiter 7. Kap: 
war diese Mafsregel, wie bekannt, ein Schlag nach?» 15 # 
aulsen gegen Megara und den Peloponnes überhaupt; 
man sollte sich von ihm emaneipieren. Damit wurde 
zugleich auch nach innen gewirkt, denn die Oligarchen 
hielten den Blick immer noch über den saronischen 
Golf hin gerichtet. Allein dies war vielleicht die ge- 
ringste Bedeutung der Einführung des neuen Fulses 
für die innere Politik; wichtiger war, dafs sie zugleich 
auch den ärmeren Klassen zu gute kam, welche die 
Hochebene und Küste am östlichen Meere bebauten. 
Sie mufsten den Ertrag des ihnen verpachteten Landes 
wesentlich nach den grofsen Emporien Euboias ab- 
führen, denn noch benahmen Megara und Aigina Athen 
die belebende Seeluft. Dort erhielten sie aber leichtes 
euböisches Geld, welches überhaupt bei der dominie- 
renden politischen und merkantilen Stellung von Chalkis 
auf der gegenüber liegenden Festlandsküste und auch 
im Osten Attikas stark kursiert haben muls. In Athen 
aber mulsten die armen Pächter nach dem schweren 
äginäischen Gelde zinsen. Natürlich mufs eine Um- 
rechnung stattgefunden haben; doch bei jedem solchen 
Geldwechselgeschäft findet ein Verlust auf einer Seite 
statt, und wer den Verlust hier zu tragen hatte, kann 
nicht zweifelhaft sein. Von noch gröfserer Bedeutung 
als nach dieser Seite hin war die Einführung des 
euböischen Fulses für die Organisation des Bürgertums 
durch Solon. Indem er die Censussätze nach dem 
Bodenertrage in Geld umrechnete und bei der Um. 
rechnung das um ein starkes Viertel leichtere neue 
Geld in Ansatz brachte, wurden die Censussätze sämt- 
lich um ein Viertel niedriger, als sie es nach der alten 
Währung geworden wären, d. h. eine bedeutende An- 
zahl von Bürgern kam nun noch in die Zeugitenklasse, 


7. Kap. 


Ῥ- ἢ, 15 ἢ, 


Die solon. 
Steuer- 


klassen in 


späterer 
Zeit 


BB; pe 


welche nach der Rechnung alten Stiles zu den Theten 
gehört haben würde; dasselbe Verhältnis trat bei den 
Grenzen zwischen den Zeugiten und Hippeis und 
Pentakosiomedimnen ein. Nur die Höchstbegüterten 
hatten keinen Vorteil. So war die Einführung des 
leichten Geldes in Anwendung auf die Normierung des 
Census nach Geldeinkommen ein wichtiger Hebel zur 
Stärkung der Demokratie, und ich zweifele nicht, dafs 
diese Mafsregeln von Solon mit dem vollen Bewufst- 
sein ihrer Bedeutung getroffen worden sind. Die Be- 
deutung der solonischen Reform auf diesem Gebiete 
besteht nicht in der Schaffung eines neuen Steuer- 
klassensystems, sondern in der Benutzung des bestehen- 
den Klassensteuersystems zur Abstufung der bürger- 
lichen Rechte; die Oligarchie hatte wohl die Steuer- 
klassen zum Zwecke der Besteuerung, aber der Ge- 
nuls der bürgerlichen Rechte war nicht durch sie, 
sondern durch das ὅσελα τταρέχεσϑαι bedingt. Die de- 
mokratische Tendenz der solonischen Mafsregel wurde 
verstärkt durch die Umrechnung der früheren Census- 
beträge aus Viktualien in Geld und weiter dadurch, 
dafs die Umrechnung nicht in das alte schwere, sondern 
in das neue leichte erfolgte. 

Die Einführung des timokratischen Prineips in 
dieser Weise mag damals etwas Befreiendes gehabt 
haben, aber es ist zum Fluch für die Entwicklung des 
athenischen Staates geworden, allerdings nicht durch 
Solons Schuld, denn er war kein Hellseher, so dafs er 
die Unvernunft der Politiker des 5. und 4. Jahr- 
hunderts hätte vorausschauen können. Es kam näm- 
lich so. Durch die ruhige Arbeit der Peisistratiden- 
herrschaft wuchs im 6. Jahrhundert das National- 
vermögen; infolge der Centralisationskraft des atheni- 
schen Bundesstaates flols im 5. Jahrhundert das Gold 
aus den gehorchenden Staaten nach der regierenden 


Ber ae 


Stelle zusammen; zu der führenden Stadt im Reiche 7. Kap. 
der Künste und Wissenschaften strömten im 4. Jahr-" " ## 
hundert die Fremden von allen Gegenden der grie- 
chischen Welt und liefsen dort Reichtümer. Mit der 
Menge der Ware sinkt der Preis. Grofse Vermögen 
wurden erworben, das Geld verlor an Wert. Wie 
die Lebensmittelpreise vom Ende des 5. bis zum Ende 
des 4. Jahrhunderts stiegen, lehren die athenischen 
Rechnungsurkunden; noch stärker ist der Unterschied 
zwischen den Preisen der aristotelischen Zeit und denen 
des 6. Jahrhunderts, soviel davon bekannt ist. Solon 
hatte den Medimnos Getreide aufeine Drachme normiert 
(Plut. Sol. 23); also gehörte man mit 5 Minen Ein- 
kommen zur begütertsten Klasse der Bürgerschaft. 
Um das Jahr 400 war, wie Böckh (Staatsh. 1? 144) 
nachgerechnet hat. ein Einkommen von 5 Minen ein 
geringes, und zur Zeit Alexanders des Grofsen konnte 
der Sprecher der Rede gegen Phainippos (ὃ 22) über 
ein Einkommen von 5 Minen und 40 Dr. sagen: ἀφ᾽ 
ns ζῆν ou ῥᾷάδιόν ἐστι. Es hatte sich also der Geldwert 
innerhalb eines Zeitraumes von zwei und einem halben 
Jahrhundert so verringert, dals man zu Solons Zeit zu 
den Wohlhabendsten mit einem jährlichen Einkommen 
von 5 Minen, mit 5 Minen jährlichen Einkommens zu 
Demosthenes’ Tagen zu den Unbemitteltsten in dem- 
selben Staate gehörte. 

Böckh (a. a. O. 18 548, 542 ff.) hatte schon aus 
den Schriftstellern erschlossen, dafs die alten Census- 
klassen bis ins 4. Jahrhundert herab in Geltung ge- 
blieben waren. Es traten dann die Urkunde über die 
Kolonisierung von Brea (CIA. 1 31; c. ol. 80) und 
die Inschrift CIA. I 14 hinzu, in welchen die Zeu- 
giten, Theten und Pentakosiomedimnen genannt waren. 
Jetzt bezeugt Aristoteles das Bestehen der Klassen für 
das Jahr 457/6 (p. 28, 29) und für seine eigene Zeit 


I ν αΞ Ξ 
1. Kap. (p. 7, 16. 24; 61, 14). Es braucht für das Athen des 


Ῥ 1, 18. 5 und 4. Jahrhunderts nicht bewiesen zu werden, dals 
diese Institution damals ohne Zusammenhang mit der 
Besteuerung der Bürger weiter existierte; sie war da- 
mals allein das Regulativ für die verschiedenen Stufen 
des Staatsbürgerrechtes.. Man darf nicht annehmen, 
dafs zu diesem Zwecke von dem Staate oder der 
Kommune (Demos) Listen über die Bürger geführt 
wurden; vielmehr mulste jeder, der ein Amt antreten 
wollte, bei der Prüfung nachweisen, dafs er ein Ein- 
kommen hatte, welches ihn zur Führung dieses Amtes 
qualificierte, daher in der Prüfung der Archonten auch 
auf den Vermögensnachweis die Aufforderung geht: 
xahsı τούτων τοὺς μάρτυρας (p. 61, 16). Die Census- 
sätze für die einzelnen Klassen waren im 4. Jahr- 
hundert nach Ausweis des Gesetzes über die Erbtöchter 
aus dem Thetenstande in der Macartatea ($ 54), deren 
Urkunden Wachholz 1) als echt erwiesen hat, die gleichen 
wie in solonischer Zeit; denn die Zahlen von 500 Dr., 
300 Dr., 150 Dr., welche für die 1., 2., 3. Klasse als 
Aussteuer festgesetzt werden, stehen, wie man auch 
die kleine Abweichung für die Zeugiten beurteilen mag, 
in unverkennbarem Zusammenhange mit den Üensus- 
summen. 

Man erkennt, welches Mifsverhältnis sich daraus 
ergeben mulste, dafs das Geld im Werte sank, die 
alten Censussätze aber bestehen blieben. Die Preise 
der Lebensmittel und der Arbeit stiegen, es mulste 
mehr verdient werden; die Einkommen steigerten sich 
von Jahr zu Jahr, und von Jahr zu Jahr traten, da 
der Census nicht mit der Steigerung des Einkommens 
in die Höhe ging, mehr Leute aus den Theten in die 


!) De litis instrumentis in Demosthenis quae fertur oratione 
in Macartatum. Diss. Kiel 1878. 


Ba NEE: 


Zeugitenklasse über. Seit 457/6 eröffnete schon der 
Zeugitencensus den Zutritt zum höchsten Amte; den 
bedenklichsten Elementen stand jetzt der Weg dahin 
frei. Der Staat zahlte am Ende des 4. Jahrhunderts 
als Invaliditäts- und Armenunterstützung täglich 
2 Obolen!), d. h. im Jahre 1 M. 20 Dr.: also nur 


1) Aus Harpokr. s. v. ἀδύνατοι, wo es heilst, β΄ ὀβολοὶς τῆς 
ἑχάστης ἡμέρας ἢ ὀβολόν, ws φησιν ᾿Δριστοτέλης ἐν. A. π. hat man 
Bedenken gegen die Echtheit unserer Schrift, vgl. p. 54, 28, er- 
hoben, das heifst doch den Texteszustand dieses Lexikographen 
verkennen und Bekk. An. 345, 15 und Harpokration ignorieren. 
Zudem mufste die Epitome mit οὗ μέν φασιν ἑχάστης ἡμέρας 
ὀβολοὺς δύο, οἱ δὲ ὀβολὸν schon allein darauf führen, dafs 
der ursprüngliche Harpokrationtext anders als der überlieferte 
lautete. Die Angabe Bekk. An. 345, 21 ὡς δὲ «Φιλόχορος πέντε 
mufs verderbt sein, denn dann hätte die Unterstützung im 
Jahre 3 Minen betragen, also den Census der Ritterklasse er- 
reicht. Aber die von Boeckh (Staatsh. 135 310 d) befürwortete 
Vermutung, dafs πέντε aus ε΄ δραχμὰς χατὰ μῆνα entstanden sei, 
ist auch unmöglich, da das die Unterstützung wieder auf 1 Obol 
täglich reduzieren würde. Dagegen trägt Harpokrations ὡς 
φΦιλόχορός φησιν, $ δραχμὰς κατὰ μῆνα die Bedingungen der 
Richtigkeit in sich. Da bei der Finanzlage des Staates gespart 
werden mulste, so trat eine Reduktion ein, welche den ein- 
zelnen nicht eben hart traf, für den Staat aber bei der Menge 
der Unterstützungen sich als Erleichterung geltend machen 
mufste. 9 Drach. monatlich gegen 2 Ob. täglich ergeben eine 
jährliche Ersparnis von 12 Dr. pro Kopf. Setzt man mit Boeckh 
(a. a. Ο. 311) die Zahl der Unterstützungen auf rund 500 an, 
so bedeutet das eine jährliche Ersparnis von einem Talente, 
und die merkte die Finanzverwaltung damals. Aber die An- 
gabe des Harpokr. mufs auf den ersten Blick doch befremden. 
Er sagt χατὰ μῆνα. Der Verwaltungsperioden des athenischen 
Staates sind aber nicht Tage, Monate und Jahre, sondern Tage, 
Prytanien und Jahre, und alle Zahlungen wurden, wie die 
Inschriften und die πολ. 49nv. lehren, nach Prytanien geleistet. 
Doch die Schwierigkeit löst sich, wenn man sich besinnt, dafs 
es zu Philochoros’ späterer Zeit 12 Prytanien gab, also die 
Prytanien den Monaten gleich waren. Sein Ausdruck ist nur 
ungenau. 


7. Kap. 
pP. 7,13 ΤῈ 


7.Kap. 80 Dr. mehr, als der Staat δὴ Armengeld gewährte, 
Ῥ- ἴ, 1 MT Sguchte ein legitimer Athener im Jahre zu verzehren 
zu haben, um zur Bekleidung der höchsten Staats- 
ämter berechtigt zu sen. Das ist in Wahrheit die 
Demokratie ἐν 7, πάντες πάντων μετέχουσιν. In diesen 
Mifsverhältnissen liegt der Schlüssel zum Verständnis 
der völligen Verwilderung der athenischen Demokratie. 
So ist die solonische Verfassung ohne Wollen ihres 
Urhebers in der That das Fundament, auf dem die 
athenische Demokratie sich ausbaute, geworden; dafs 
sie es wurde, ist die Folge der historischen Entwicklung 
gewesen. Die Unvernunft oder, um mit Platon zu reden, 
die Lakaiennatur (χολαχεία) der führenden Politiker 
des 5. und 4. Jahrhunderts, welche den veränderten 
Verhältnissen nicht Rechnung tragen wollten oder 
Rechnung zu tragen nicht wagten, trifft der feine Hohn 
in Aristoteles’ Worten, welche man jetzt verstehen wird: 
χαὶ ἄρχει ὁ λαχὼν χἂν πάνυ πένης ἡ. Jetzt wird man 
auch zugeben, dafs Aristoteles mit an den athenischen 
Staat dachte, als er in der Politik schrieb (1308 ἃ 95): 
πρὸς δὲ τὴν διὰ τὰ τιμήματα γινομένην μεταβολὴν ἐξ 
ὀλιγαρχίας χαὶ πολιτείας, ὅταν συμβαίνῃ τοῦτο μενόν- 
των μὲν τῶν αὐτῶν τιμημάτων εὐπορίας δὲ 
νομίσματος γινομένης, συμφέρει. τοῦ τιμήματος, 
ἐπεισχοτεεῖν τοῦ καινοῦ τὸ πλῆϑος πρὸς τὸ παρελϑόν, 
ἐν ὅσαις μὲν πόλεσι τιμῶνται κατ ἐνιαυτόν, χατὰ 
τοῦτον τὸν χρόνον, ἐν δὲ ταῖς μείζοσι διὰ τριετηρίδος 
ἢ πενταετηρίδος, κἂν ἡ πολλαπλάσιον ἢ πολλοστημόριον 
τοῦ πρότερον, ἐν ᾧ αἱ τιμήσεις κατέστησαν τῆς zrakt- 
τϑίας, νόμον εἶναι χαὶ τὰ κιμήματα ἐτειτείνειν ἢ ἀνιέναι, 
ἐὰν μὲν ὑτεερβάλλῃ, ἐπιτείνοντας κατὰ τὴν πολλατελα- 
σίωσιν, ἐὰν δ᾽ ἐλλείτεῃ, ἀνιέντας καὶ ἐλάττω ποιοῦντας 
τὴν τίμησιν. ἔν μὲν γὰρ ταῖς ὀλιγαρχίαις χαὶ ταῖς 
πολιτείαις μὴ ποιοίντων μὲν οὕτως ἔνϑα μὲν ὀλιγαρ- 
χίαν ἔνϑα δὲ δυναστείαν γίνεσϑαι συμβαίνει, 


ΠΣ 


ἐχείνως δὲ ἐκ μὲν πολιτείας δημοχρατίαν, ἐχ 7.Kap. 
δ᾽ ὀλιγαρχίας πολιτείαν ἢ δῆμον. Derselbe Gedanke?" "*- 
steht in derselben Schrift schon an früherer Stelle 
(1306 b 9) πολλάκις..τὸ ταχϑὲν πρῶτον τίμημα 

πρὸς τοὺς παρόντας καιροὺς (ὥστε μετέχειν ἐν μὲν τῇ 
ὀλιγαρχίᾳ ὀλίγους ἐν δὲ τῇ πολιτείᾳ τοὺς μέσους) εὐε- 
τηρίας γινομένης δι᾿ εἰρήνην ἢ δι᾿ ἀλλην τινὰ 
εὐτυχίαν συμβαίνει («πολλοστὸν γίνεσϑαι 

διὰ To) πολλαπλασίου γίνεσθαι τιμήματος 
ἀξίας τὰς αὐτὰς χτήσεις, ὥὡστεπάντων μετέ- 
χειν, ÖTE μὲν ἐχ προαγωγῆς χαὶ κατὰ μιχρὸν γι- 
νομένης τῆς μεταβολῆς καὶ λανϑανοίσης, 

ὑτὲ δὲ χαὶ ϑᾶττον. 


Achtes Kapitel. 


Den Inhalt des achten Kapitels fassen die Eingangs- 
worte des neunten in den Satz zusammen: τὰ... περὶ 
τὰς ἀρχὰς τοῦτον εἶχε τὸν τρόπον. Es zerfällt in 
zwei sehr verschieden lange Abschnitte. Den ersten 
bildet der erste Satz, welcher die allgemeine Norm für 
die Beamtenbestellung giebt: τὰς δ᾽ ἀρχὰς ἐποίησε χλη- 
ρωτὰς ἐχ προχρίτων οὖς ἑκάστη προχρίνειε τῶν φυλῶν. 
Der zweite Abschnitt füllt das ganze übrige Kapitel; 
er enthält die Einzelbesprechung folgender Ämter: 
a) der Archonten (bis p. 7, 28); b) der mit der Landes- 
einteilung in Verbindung stehenden Phylobasileis und 
Naukraren (bis p. 8, 9); ce) der beiden Körper- 
schaften, der Bule und des Areopag. Dieses Grund- 
schema ist erweitert oder ausgeführt; ina) durch einen 
doppelten Beleg (Indizienbeweis) für die Angabe, dals 
Solon für die Archonten einen doppelten Wahlakt ein- 


8. Kap. 


Hol. Adv. 
und Isokr. 
Areopag 


Br A 


führte, und durch die Anfügung einer Anmerkung über 
die Ämterbesetzung in dem ersten Stadium der athe- 
nischen Verfassungsgeschichte; in b) durch den Beleg 
für die Verwaltungsthätigkeit der Naukraren; in 
c) durch die Anführung eines Gesetzes, welches zugleich 
mit der gesetzlichen Befugnis des Areopags τοὺς ἐπὲὴ 
τῇ καταλύσει τοῦ δήμου συνισταμένους χρίνειν die Ver- 
fassung zu stützen bestimmt war. 

Der Wahlmodus war ein doppelter für die Archonten: 
srooxgiveıv und χληροῦν. Das will Aristoteles beweisen. 
Für den doppelten Wahlgang führt er die noch 
bestehende doppelte Losung an; dafür, dafs überhaupt 
eine Erlosung der Ämter aus den Schatzungsklassen 
in der solonischen Verfassung vorgesehen war, was, 
wie sich sogleich zeigen wird, in der Antike nicht all- 
gemein so dargestellt wurde, wird das noch in Kraft 
stehende Tamiaigesetz des Solon eitiert. Damit hat 
Aristoteles gesagt, was er über die Wahl der Archonten 
nach Solons Satzungen sagen will: Σόλων μὲν οὖν ov- 
τως ἐνομοϑέτησεν περὶ τῶν ἀρχόντων. Es schliefst sich 
hieran nun der auf den ersten Blick befremdende Satz 
τὸ γὰρ ἀρχαῖον ἡ ἐν Aoeiw ττάγῳ βουλὴ ἀνακαλεσαμένη 
nal χρίνασα nad” αὑτὴν τὸν ἐπιτήδειον ἐφ᾽ ἑκάστῃ τῶν 
ἀρχῶν Ert’ [ἐν)ια[υτ]ὸν [καϑιστᾶ]σα ἀτπτέστελλεν. Dieser 
Satz ist gerichtet gegen diejenigen, welche die Erlosung 
aus Schatzungsklassen nicht für eine solonische Insti- 
tution hielten. Es gilt zu bestimmen, nach welcher Rich- 
tung hin die aristotelische Polemik gewendet war. 

Isokrates stellt als Thema seines Areopagitikos !) 


1) F. Dümmler, Chronologische Beiträge zu einigen plato- 
nischen Dialogen aus den Reden des Isokrates (Basel 1890) falst 
Isokrates’ Antidosis, Friedensrede (Symmachikos) und Areopa- 
gitikos als eine Trilogie zusammen, deren drei Teile sämtlich 
durch die Gegnerschaft der platonischen Schule und der 


ΤΕ ΣΙΩΝ Ἢ τὶ 


. ς ΄ ,, IN 
hin ($ 16): Εὐρίσχω γὰρ ταίτην μόνην ἂν γενομένην 8. Kap. 
- ar G > x x m , 
χαὶ τῶν μελλόντων χινδύνων ἀττοτροττὴν χαὶ τῶν πεαρόν- 


scharfen, von Platon an Isokrates’ Wesen, Lehre und politischer 
Stellung geübten Kritik hervorgerufen seien; ebenso sucht er 
die kyprische Trilogie genetisch zu erklären. Ich bedauere, 
eben weil ich viel von ihm gelernt habe, es lebhaft, ihm hierin 
nicht folgen zu können. Die Antidosis ist für mich die Konse- 
quenz des Areopagitikos und Symmachikos. In ihnen hatte 
er an der demokratischen Verfassung eine Kritik geübt, die 
sich durchaus in den Geleisen der von der Akademie geübten 
hielt. Die Folge war, dafs man jetzt den Lobredner der De- 
mokratie — obgleich er sich im Areopagitikos ausdrücklich gegen 
ähnliche Unterstellungen verwahrt hatte ($ 57 f.) und nicht um- 
sonst sowohl zu den Namen des Solon und Kleisthenes jene Zu- 
sätze gemacht (s. den Text) hatte, wie er eben dieselben noch ein- 
mal als δημοτιχώτατοι ($ 59) gelobt haben wollte — für einen 
Überläufer in das feindliche Lager ansah. Er weist daher aus 
seinen Reden nach, dafs er stets eine loyale Gesinnung gegen die 
Demokratie in seinen Schriften bekundet habe, und zweitens 
zieht er durch die polemisch gehaltene Darlegung seiner An- 
sicht über Philosophie und philosophischen Unterricht eine 
Scheidewand zwischen der Akademie und sich. Die demokra- 
tisch gesinnten Väter brauchten also keine Sorge zu tragen, 
ihm ihre Söhne zur Erziehung zu geben. Diesen rein persön- 
lichen Charakter trägt m. E. nur die Antidosis. Areopagitikos 
und Symmachikos sind für mich zunächst rein politische Flug- 
schriften. Dafür, dafs Isokrates in ihnen eine Palinodie des 
Panegyrikos anstimmt, sehe ich den Grund in der Lehre, die 
ihm die Geschichte seiner Vaterstadt in den letzten zwanzig 
Jahren gegeben hatte. Er wurde dadurch in die Bahnen der 
akademischen Kritik getrieben und lernte jetzt beim Platon. 
Anleihen bei diesem sind daher jetzt natürlich und machen die 
gleichzeitig geübte Polemik nicht zu einer illoyalen. Auf die 
Bestreitung der Auffassung, dafs diese Schriften zunächst po- 
litische Zweckpublikationen sein sollten und durch die politische 
Misere hervorgerufen waren, mufs ich mit Aristoteles’ Worten 
antworten δίκαιον... 2x τῆς ἄλλης πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν ἐχεί- 
γου βούλησιν. Isokrates hat Zeit seines Lebens als Politiker 
wirken wollen; das bezeugt er selbst des öfteren, und seine 


τ AR 


- > 7 ὟΝ ας ’ τ} , x 
8. Kap. των χαχῶν ἀπαλλαγήν, ἣν ἐϑελήσωμεν ἐχείνην τὴν Önuo- 
- N \ c 
χρατίαν ἀναλαβεῖν, ἣν Σόλων μὲν ὃ δημοτικώτατος γενό- 


Lehre, deren Endzweck die Praxis ist, bestätigt seine Worte. 
Wenn sich Schriften von ihm als politische Fluglitteratur 
geben, so liegt kein Grund vor, den deutlichen Augenschein 
für Maske zu halten. Die Polemik gegen Platon ist für mich 
ein Acecedens, aber nicht das Regens in ihnen. Einer isokra- 
tischen Rede, weil sie eine isokratische Rede war, im 4. Jahrh. 
politischen Wert und Wirksamkeit in Athen oder aufser Athen 
abzusprechen, verhindert mich die Bedeutung des Mannes, 
welche für jene Zeit von keinem Schriftsteller mehr anerkannt 
wird als von Platon. Die Heftigkeit und teilweise Illoyalität 
seiner Kritik findet ihre Erklärung in der bedeutenden Stellung 
des Gegners. Die athenische Verfassung von damals zu be- 
kämpfen hatte Platon aufgegeben, dem bedeutendsten litterari- 
schen Vertreter der demokratischen Rhetorik und ihrer ober- 
flächlichen Bildung, dem Lobredner des athenischen Staates, 
gilt der Kampf ebensosehr wie dem Quasi-Philosophen Isokrates. 
Feig aber war es, dafs Isokrates in der Antidosis den Rückzug 
wieder antrat; allein den Mut der Überzeugung habe ich ihm 
nie zugetraut (Hermes 23, 373). Ich leugne auch nicht, dafs 
Isokrates mit dem politischen Zwecke des Areopagitikos einen 
persönlichen zu verbinden gesucht hat. Der Passus über die 
Verwilderung der Jugend unter der bestehenden Demokratie 
im Gegensatze zu der Erziehung, welche der Areopag in der 
alten Verfassung den Bürgern angedeihen liefs, führt zu dem 
Schlusse: man soll dem Manne die Söhne zur Erziehung geben, 
welcher diese gute alte Zeit befürwortet; denn bei ihm werden 
die Jungen ja nach den Grundsätzen dieser Zeit erzogen werden. 
Das Gefühl der Verwaisung klingt gewils aus den Worten 8 55 
ἀπήλλαξεν (die alte Verfassung) . .. τοὺς πρεσβυτέρους τῶν 
ἀϑυμιῶν ταῖς τιμαῖς ταῖς πολιτικαῖς καὶ ταῖς παρὰ τῶν νεωτέρων 
ϑεραπείαις. Aber kann man den Panegyrikos wegen seines 
Einganges und Schlusses auch allein als eine Schrift für seine 
Rhetorik halten? Er spricht darin, wenn auch nicht so viel, 
so doch viel deutlicher pro domo als an irgend einem Punkte 
des Areopagitikos. Wie er im Panegyrikos neben dem poli- 
tischen Hauptzwecke seinem persönlichen Nebenzwecke nach- 
ging, so, denke ich, auch im Areopagitikos. 


Be Τν ἘΞ 


μενος ἐνομοθέτησεν, Κλεισϑένης δ᾽ 6 τοὺς τυράννους 8. Kap. 
Ξ Ka ER “Ἐν 7,26 ff. 
ἐχβαλὼν zal τὸν ÖTuov χαταγαγὼν πάλιν ἐξ ἀρχῆς zare-" " 
στησεν. Isokrates identifiziert also die solonische und 
kleisthenische Verfassung und denkt sich diese bis 
nach den Perserkriegen in Kraft bestehend. Das Bild 
dieser Verfassung malt er von $ 20 ab aus. Dalfs er 
hier die solonische Verfassung zumeist im Auge hat, 
folgt nicht blofs aus der mitgeteilten Prothesis, sondern 
auch aus seiner Darstellung selbst. Er suchte sich zu 
dieser die Farben zunächst aus den historischen Be- 
richten über die Zeit vor Solon und aus Solons Ge- 
dichten selbst mehrfach so zusammen, dals er die vor 
Solon bestehenden und von diesem bekämpften Schäden 
des athenischen Staates in die entgegengesetzten Vor- 
züge umkehrte und diese der von ihm geschilderten, 
nach Solons Gesetzen geleiteten Epoche zuschrieb. 
Dazu nahm er auch noch Züge aus der Tradition über 
die auf Solon zunächst folgende Zeit. Eine derartige 
Technik ist roh, so roh, dals man manchmal eine 
Parodie zu lesen glaubt; aber sie ist nicht zu bezweifeln. 
Man lese (ὃ 31): οἵ τε yagrreveoreooı τῶν wokı- 
TOVvTooovütov@nsiyovroügpdoveivroismleiw 
χεχτημένοις, WOI ὁμοίως ἐχήδοντο τῶν οἴχων τῶν 
μεγάλων ὥσπερ τῶν σφετέρων αὐτῶν... οἵ τε γὰρ οὐσίας 
ἔχοντες οὐχ ὕπως ὑτεερδώρων τοὺς χαταδεέστε- 
ρον πράττοντας, alk ὑπολαμβάνοντες αἰσχύνην 
αὑτοῖς εἶναι τὴν τῶν πολιτῶν ἀττορίαν ἐπτήμυνον 
ταῖς ἐνδείαις, τοῖς μὲν γεωργίας ἐτεὶ μετρίαις 
μισϑώσεσι παραδιδόντες, τοὺς δὲ κατ ἐμτεορίαν 
ἐχπέμποντες, τοῖς δ᾽ εἰς τὰς ἄλλας ἐργασίας 
ἀφορμὴν παρέχοντες" οὐ γὰρ ἐδεδίεσαν, ur δυοῖν 
ϑάτερον :τάϑοιεν, ἢ ττάντων στερηϑεῖεν ἢ πολλὰ 
πράγματα σχόντες μέρος τι χομίσαιντο τῶν τεροεϑέν- 
των. In der ersten Hälfte dieser Ausführungen kehrt 
Keil, Aristoteles. 6 


8. Kap. 
Ρ. 7, 26. δ΄. 


BR ne 


er also die vorsolonischen Zustände ins Gegenteil um, 
im Schlufs ebenso die Seisachtheia; so vgl. ar’ &urro- 
olav zu Sol. frg. 4, 23 τῶν δὲ πεδνιχρῶν Ἱχνοῖνται σεολλοὶ 
γαῖαν ἐς ἀλλοδαττὴν πραϑέντες und aus den Iamben 
πολλοὺς δ᾽ Adrvas .. . ἀνήγαγον πραϑέντας. Die 
Worte εἰς τὰς ἄλλας ἐργασίας are. klingen direkt an 
das an, was Aristoteles (p. 16, 11) von Peisistratos be- 
richtet: τοῖς ἀπόροις προεδάνειζε χρήματα πρὸς 
τὰς ἐργασίας, ὥστε διατρέφεσϑαι γεωργοῦντας. 
Hierzu stelle man sogleich noch 7,dıov ἑώρων τοὺς δα- 
γειζομένους ἢ τοὺς ἀποδιδόντας" ἀμφότερα γὰρ av- 
τοῖς συνέβαινεν .... ἅμα γὰρ τούς τὲ πολίτας 
ὠφέλουν (sind sie nicht selbst auch πολῖται) καὶ τὰ 
σφέτερ᾽ αὐτῶν ἐνεργὰ καϑίστασαν. χεφάλαιον δὲ 
τοῦ καλῶς ἀλλήλοις ὁμιλεῖν" αἱ μὲν γὰρ (a) χτή- 
σεις ἀσφαλεῖς ἦσαν οἷσπερ κατὰ τὸ δίκαιον ὑπτῆρχον, ai 
δὲ (0) χρήσεις κοιναὶ πᾶσι τοῖς δεομένοις 
τῶν πολιτῶν (ὃ 35). Wenn die zweite Hälfte dieses 
Satzes nicht einfach die folgenden Worte des aristote- 
lischen Berichtes über Peisistratos paraphrasisch auf 
den Demos übertragen zeigt, dann weifs ich nicht, wie 
das Verhältnils zwischen den beiden Darstellungen zu 
fassen ist: ἐβούλοντο γὰρ (a) καὶ τῶν γνωρίμων (Ὁ) καὶ 
τῶν δημοτιχῶν rohkoi‘ τοὺς μὲν γὰρ ταῖς ὁμιλίαις, 
τοὺς δὲ ταῖς εἰς τὰ ἴδια βοηϑείαις προσήγετο, 
καὶ πρὸς ἀμφοτέρους ἐπεφύκει καλῶς (p. 17, 18). 
Und dasselbe Verhältnis besteht zwischen der ersten 
Hälfte jenes Satzes und dem Berichte bei Aristoteles 
über Peisistratos (p. 18, 13 ff.): τοῦτο δ᾽ ἐποίει δυοῖν 
χάριν ἵναμήτ᾽ ἐν τῷ ἄστει διατρίβωσιν ἀλλὰ dıe- 
σπαρμένοι χατὰ χώραν, Aal ὅτεως εὐττοροῦντες τῶν 
μετρίων (τ Isokr. τοὺς ττολίτας ὠφέλουν) μήτ ἔτει - 
ϑυμῶσι μήτε σχολάζωσι ἐπιμελεῖσθαι τῶν 
χοινῶν᾽ ἅμα δὲ συνέβαινεν αὐτῷ Aal τὰς προσόδους 


-- 8 — 


γενέσθαι μείζους ἐξεργαζομένης τῆς χώρας"). 8. Kap. 


Die Worte, welche hierin der Parallele aus jenem” 


Isokratessatze noch entbehren, finden sie ὃ 25: οὕτω 
δ᾽ ἀπείχοντο σφόδρα τῶν τῆς πόλεως, ὥστε χαλετεώτερον 
ἦν ἐν ἐχείνοις τοῖς χρόνοις εὑρεῖν τοὺς βουλομένους 
ἄρχειν ἢ νῦν τοὺς μηδὲν δεομένους. In der Darstellung 
des Isokrates ist man oft im Unklaren, wen der Schrift- 
steller sich eigentlich als Wohlthäter oder als zroAlzng 
denkt, denn er redet von den ganzen Generationen, 
von dem ganzen Volke, zu dem doch sowohl die Wohl- 
thäter wie die Unterstützten gehören. Die Unklarheit 


1) Was P. Meyer, Des Aristoteles Politik und die A9nv. πολ. 
(Bonn 1891) S. 49 hier als Parallelstellen aus der Politik anführt 
(1313b 23, vgl. 1305 a 19), ist höchst problematischer Natur, 
Die wirklichen Parallelen sind 1318 b 11, διὰ... τὸ un πολλὴν 
οὐσίαν ἔχειν ἄσχολος, ὥστε un πολ λάχις ἐχκλησιάζειν" διὰ δὲ To 
ἔχειν τἀναγχαῖα πρὸς τοῖς ἔργοις διατρίβουσι καὶ τῶν ἀλλοτρίων 
οὐκ ἐπιϑυμιοῦσιν, ἀλλ᾽ ἥδιον αὐτοῖς τὸ ἐργάζεσϑαι τοῦ πολιτεύε- 
σϑαι χαὶ ἄρχειν, ὅπου ἂν μὴ ἢ λήμματα μεγάλᾳ ἀπὸ τῶν ἀρχῶν 
(vgl. Isoer. VII 25 οὐδ᾽... ἐσκόπουν... εἴ τι λῆμμα παρα- 
λελοίπιασιν οἱ πρότερον ἄρχοντες) und 1519. 28 διὰ τὸ περὶ τὴν 
ἀγορὰν χαὶ τὸ ἄστυ κυλίεσϑαι (vgl. den Text oben) πᾶν τὸ 
τοιοῦτον γένος ὡς εἰπεῖν δᾳδίως ἐχκλησιάζει" οἱ δὲ γεωργοῦντες 
διὰ τὸ διεσπάρϑαι κατὰ τὴν χώραν οὔτ᾽ ἀπαντῶσιν οὔϑ᾽ 
ἱμοίως δέονται τῆς συνόδου τοιαύτης. Übrigens gehört 1305 a 7 
ἐπὶ δὲ τῶν ἀρχαίων, ὅτε γένοιτο ὁ αὐτὸς δημαγωγὸς καὶ 
στρατηγός, εἰς τυραννίδα μετέβαλλον np. 24, 14 ὁ γὰρ 
Πεισίστρατος δημαγωγὸς χαὶ στρατηγὸς ὧν τύραννος 
χατέστη, welches Meyer auch angeführt hat, mit zu den 
charakteristischsten Partien für das Verhältnis unseres Buches 
zur Politik. — Wichtig wäre die Anführung von 1304b 8 x- 
γοῦσι δὲ τὰς πολιτείας ὁτὲ μὲν διὰ βίας, ὁτὲ δὲ de’ ἀπάτης, διὰ 
βίας μὲν ἢ εὐθὺς ἐξ ἀρχῆς ἢ ὕστερον ἀναγκάζοντες. χαὶ γὰρ 
ἡ ἀπάτη διττή gewesen, da sie die Richtigkeit der von Blafs 
zuerst gegebenen Herstellung p. 15, 12 ἑνδεχάτῳ πάλιν ἔτει 
τό(τε) πρῶτον ἀναχτήσασϑαι βίᾳ τὴν ἀρχὴν beweist; zweimal 
geschah es ἀπάτῃ. 

6* 


1, 26 δ, 


8. Kap. 
p. 7, 26 ff. 


a res 


erklärt sich daraus, dafs der Sophist für seine Dar- 
stellung einer demokratischen Verwaltung die Züge 
von der Tyrannis des Peisistratos nach einer ihm vor- 
liegenden Quelle entnahm; auf diesen palst alles. Bei 
einem so tollen Mifsbrauch, wie ihn Isokrates hier mit 
der Überlieferung treibt, mufste natürlich Schiefheit 
und Unklarheit im einzelnen wie im ganzen eintreten; 
und die Übertreibungen, von denen seine Darstellung 
wimmelt, machen die Sache nur noch schlimmer, Doch 
weiter (ὃ 33): ξώρων γὰρ τοὺς περὶ τῶν συμβολαίων 
χρίνοντας οὐ ταῖς Errueineiaug χρωμένους ἀλλὰ τοῖς νό- 
μοις τεδιϑομένους: vgl. Sol. frg. 4, 14 οὐδὲ φυ- 
λάσσονται σεμνὰ ϑέμεϑλα Δίκης und in den Iamben 
ϑεσμοὺς δ᾽ ὁμοίως — ἔγραινα (p. 12, 2); von Peisi- 
stratos heilst es: προῃρεῖτο sravıa διοιχεῖν Kara τοὺς 
vouovg, οὐδεμίαν ξαυτῷ πλεονεξίαν διδοίς, worauf die 
Geschichte von seinem Erscheinen vor dem Areopag 
folgt (p. 17, 12). So auch Areop. ὃ 24 μεμαϑηχότες 
ἦσαν... um τῶν μὲν οἰκείων ἀμελεῖν, τοῖς δ᾽ ἀλλο- 
τρίοις Errıßovkevew, μηδ᾽ ἐκ τῶν δημοσίων τὰ σφέ- 
τερ αὐτῶν διοιχεῖν .... μηδ᾽ ἀχριβέστερον εἰδέναι 
τὰς ἐκ τῶν ἀρχείων προσόδους ἢ... οὕτω δ᾽ ἀπείχοντο 
σφόδρα τῶν τῆς πόλεως χτὲ., vgl. Sol. frg. 4, 11 
πλουτοῦσι δ᾽ ἀδίκοις ἔργμασι πειϑόμενοι, 008 
ἱερῶν χτεάνων οὔτε τι δημοσίων φειδόμενοι κλέπτου- 
σιν Ep ἁρτταγῇ ἄλλοϑεν ἄλλος. Und bei dieser Art von 
Arbeit kommt Isokrates sich noch fast wie der Dichter 
der Evvouia selbst vor. Solons: ταῦτα διδάξαι ϑυμὸς 


> ἣν - 
᾿“1ϑηναίους μὲ χελεύει, ὡς καχὰ τελεῖστα πόλει δυσνομία 


παρέχει, εὐνομία δ᾽ εὔχοσμα καὶ ἄρτια τιάντ᾽ ἀποφαίνει 
“re. würde man das Motto zum Areopagitikos nennen 
können, wenn es nicht zu schade dafür wäre. Isokrates 
stellt die εὐκοσμία, welche Solon durch die abschreckende 
Schilderung der δυσνομία erstrebte, als durch Solon wirk- 


TEE 


lich herbeigeführt dar; Solon hatte der dvovouia eine 8. Kap. 
kurze Schlufsschilderung der εὐγομία entgegengesetzt, P- "6 δ. 
Isokrates schiebt durch fortwährende Antithesen das Bild 
der dvovouia als Relief unter das der εὐχοσμία. Diese 
($ 82 ὑπὸ μὲν ἐχείνης τῖς εὐταξίας οἴτως ἐπαιδεύ- 
ϑησαν... πρὸς ἀρετήν; 70 ἐμαυτὸν ἐτειδεῖξαι βουλόμενος 
διχαίας χαὶ 200 ulag ἐττιϑυμοῦντα ττολιτείας) sieht er in 
der Zeit von Solon bis nach den Perserkriegen in Athen 
herrschend. In dem Bilde dieser von Solon inaugu- 
rierten und von Kleisthenes wieder aufgenommenen 
Verfassung heiflst es nun (δ 21): δυοῖν ἰσοτήτοιν νομι- 
ζομέναιν εἶναι, χαὶ τῆς μὲν ταὐτὸν ἅττασιν ἀττονεμούσης 
τῆς δὲ τὸ ττροσῆχον ἑἕχάστοις, οὐχ ἠγνόουν τὴν χρησι- 
μωτέραν (vgl. ὃ 61), ἀλλὰ τὴν μὲν τῶν αὐτῶν ἀξιοῦσαν 
τοὺς χρηστοὺς χαὶ τοὺς πονηροὺς ἀπεδοχίμαζον ὡς οὐ 
διχαίαν οὖσαν, τὴν δὲ κατὰ τὴν ἀξίαν ἕχαστον τιμῶσαν 
χαὶ χολάζουσαν προηροῦντο, χαὶ διὰ ταύτης ᾧχουν τὴν 
πόλιν, οὐκ ἐξ ἁπάντων τὰς ἀρχὰς χληροῦντες, 
ἀλλὰ τοὺς βελτίστους καὶ τοὺς ixavwrarovg 
ἐφ᾽ ἕκαστον τῶν ἔργων προχρίνοντες .. 
ἔπειτα χαὶ δημοτιχωτέραν ἐνόμιζον εἶναι ταύτην τὴν 
κατάστασιν ἢ τὴν διὰ τοῦ λαγχάνειν γιγνομένην. ἐν μὲν 
γὰρ τῇ χληρώσει τὴν τύχην βραβείσειν.. .. ἐν δὲ τῷ 
προχρίνειν τοὺς ἐπιειχεστάτους τὸν δῆμον ἔσεσϑαι χύριον 
ἑλέσϑαι #re. Isokrates also sagt, dafs die Athener der 
solonischen Verfassung gemäls die Ämter nicht 
durch -das λαγχάνειν bestellt hätten, sondern durch das 
προχρίνειν τοὺς βελτίστους χαὶ τοὺς ἱχανωτάτους ἐφ᾽ 
ἕχαστον τῶν ἔργων. Aristoteles sagt, dafs die Athener 
der solonischen Verfassung gemäfs die Ämter durch 
das χληροῦν &4 τῶν τιμημάτων bestellt hätten; denn 
nur in der ganz alten Zeit sei es gewesen, wo die 
areopagitische Bule ἀναχαλεσαμένη χαὶ χρίνασα 
ἐφ᾽ ἑἕχάστῃ τῶν ἀρχῶν Err' ἐνιαυτὸν χαϑιστᾶσα ἀπέ- 


8. Kap. 
p: 7, 26 fi. 


πολ. 49ϑην. 

und Isokr. 
Panath. 
130 X. 


Fi αι 


στελλεν. Es könnte hiernach den Anschein haben, als 
ob Aristoteles die hier von Isokrates vertretene Ansicht 
bekämpfe, indem er den Bericht über eine Auswahl 
der Beamten nach Befähigung auf Grund der solo- 
nischen Verfassung dahin richtig stellt, dafs eine 
solche Auswahl einmal durch den Areopag und zwei- 
tens in der ältesten Verfassungsperiode statt- 
gefunden habe. Allein noch sind wir nicht am Ziele. 

Aristoteles’ Polemik enthält zwei Wörtchen, welche 
in Isokrates’ Areopagitikös einen direkten Gegensatz 
nicht haben: ἐχ τιμημάτων. Isokrates hatte nichts 
Bestimmtes über die Modalität des προχρίνειν gesagt. 
Vielleicht gewinnen jene Worte auf folgendem Wege eine 
klarere Beziehung. Es ist eine für jeden Leser not- 
wendige Beobachtung, dafs Isokrates im Panathenaikos 
die ältere athenische Geschichte fast im Gegensatz zu 
seinen früheren Darstellungen behandelt (ὃ 123 ff.). 
Theseus ist in der Helena (ὃ 35 ff.) der Monarch, der 
auf Verlangen des Volkes die Herrschaft, die er nieder- 
legen wollte, bis ans Lebensende führt, τῇ τῶν ττολιτῶν 
εὐνοίᾳ δορυφορούμενος, wie Peisistratos bei Aristoteles 
τῇ μὲν ἐξουσίᾳ τυραννῶν, ταῖς δ᾽ εὐεργεσίαις δημαγωγῶν: 
im Panathenaikos legt er die Herrschaft nieder, widmet 
sich dem Heile der ganzen Menschheit. Euripides’ 
Herakliden sind hier fühlbar: $ 170 von der Unter- 
stützung der Herakliden sagt er 6 δῆμος ἔπεμιῃε 
πρεσβείαν eis Θήβας; das ist die ἐλευϑέρα ττόλις" δῆμος 
δ᾽ ἀνάσσει. Isokrates wehrt $ 127. 172 ein Vorrücken 
der älteren Darstellung ausdrücklich ab. Der wichtigste 
Unterschied ist der, dafs er die staatlichen und sozialen 
Zustände, welche erim Areopagitikosder von Solon aus- 
gehenden Verfassungsepoche zugeschrieben hatte, jetzt 
der Zeit bis Solon vindiziert (δ 148): ταύτῃ... χρώμενος 
οὐχ ἐλάττω χιλίων ἐτῶν, ἀλλ᾽ ἐμμείνας, ἀφ᾽ οὗπερ ἔλαβε, 


a 0 πνς τὸν 


μέχρι τῆς Σόλωνος μὲν ἡλικίας, Πεισιστράτου δὲ δυνα- 8. Kap. 
στείας. Klar ist der Ausdruck nicht ganz, aber die? »* ᾿ 
solonische Epoche wird noch zu der jetzt von ihm 
für gut erklärten Zeit gerechnet, welche genau mit 
denselben Farben gezeichnet wird wie im Areopagiti- 
kos die von Solon heraufgeführte Periode bis zu 
den Perserkriegen, was nebenbei bemerkt eine un- 
verächtliche Instanz für die Richtigkeit der oben ge- 
gebenen Auffassung ist, dals Isokrates die im Areo- 
pagitikos geschilderten Verfassungszustände wirklich auf 
Solon bezogen wissen wollte, und somit der Satz τὸ γὰρ 
ἀρχαῖον χτὲ. bei Aristoteles zunächst richtig interpretiert 
war. Woher nun diese andere Auffassung? ὃ 145 σεερὶ 
τοὶς αὐτοὺς χρόνους χαϑίστασαν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς τοὺς 
πιροχριϑέντας ὑπὸ τῶν φυλετῶν χαὶ δημοτῶν. Man 
sieht, eine Retractation seiner Worte im Areopagitikos: 
nicht von Solon eingerichtet, sondern schon vor Solon 
bestehend und von ihm nur belassen ist die Institution 
des προχρίνειν ; nicht mehr unklar bleibt, wer das 7ερο- 
χρίνειν besorgt: ὑστὸ τῶν φυλετῶν καὶ δημοτῶν heilst es 
ausdrücklich; unklar bleibt aber auch hier zunächst, ob 
die Wahl aus dem ganzen Volke erfolgte. Allein diese 
Unklarheit wird durch die etwas später folgenden Worte 
aufgehoben ($ 147):... μηδέποτ᾽ av γενέσϑαι δημο- 
χρατίαν ἀληϑεστέραν unde βεβαιοτέραν μηδὲ μᾶλλον τῷ 
σελήϑει συμφέρουσαν τῆς τῶν μὲν τοιούτων τεραγμα- 
τειῶν (ἃ. h. Ämterbekleidung) ἀτέλειαν τῷ δήμῳ 
διδούσης, τοῦ δὲ τὰς ἀρχὰς χαταστῆσαι χαὶ λαβεῖν δίχην 
"παρὰ τῶν ἐξαμαρτόντων χύριον ποιούσης, ἅπερ ἱπάρ- 
χει χαὶ τῶν τυράννων τοῖς εὐδαιμονεστάτοις. Also 
die Wahlen finden nicht aus dem σλῆϑος oder δῆμος 
statt. Etwa aus den γνώριμοι, um mit Aristoteles zu 
reden? oder aus den τιμήματα Die Antwort giebt 
Isokrates wieder an einer anderen Stelle (ὃ 131): χατε- 


8. Kap. 
Pp- 7, 26 ff. 


SE ΘΕ ΕΣ 


στήσαντο.. δημοχρατίαν ... ἀριστοχρατίᾳ (δὲ) χρωμέ- 
γην" ἣν οἱ μὲν πολλοὶ χρησιμωτάτην οὖσαν ὥσπερ τὴν 
ἀπὸ τῶν τιμημάτων ἐν ταῖς πολιτείαις ἀριϑ- 
μοῦσιν, οὐ δι᾿ ἀμαϑίαν ἀγνοοῦντες, ἀλλὰ διὰ τὸ μηδὲν 
πώποτ᾽ αὐτοῖς μελῆσαι τῶν δεόντων. ἐγὼ δὲ φημὶ τὰς 
μὲν ἰδέας τῶν πολιτειῶν τρεῖς εἶναι μόνας, ὀλιγαρχίαν 
δημοχρατίαν μοναρχίαν, τῶν δ᾽ ἐν ταύταις οἰχούντων 
ὅσοι μὲν εἰώϑασιν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς καϑιστάναι 
χαὶ τὰς ἄλλας πράξεις τοὺὶς ἱχανωτάτους τῶν πολι- 
τῶν....., τούτους μὲν ἐν ἁπάσαις ταῖς πσεολιτείαις 
καλῶς οἰχήσειν. Wer aber, heilst es weiter, umgekehrt 
für die Ämterbesetzung sorgt, dem geht es schlecht, 
wie es uns jetzt eben schlecht geht (gegen Demo- 
sthenes u. s. w.). Das thaten die Alten nicht, sie 
nahmen die βελτίστους χαὶ φρονιμωτάτους χαὶ ἄριστα 
βεβιωκότας (8 143). Das war die Zeit, — so wird 
der Anschlufs nach oben gewonnen — wo sie χαϑί- 
στασαν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς τοὺς προχριϑέντας ὑττὸ τῶν 
φυλετῶν χαὶ δημοτῶν. Jetzt haben wir eine klare 
Vorstellung. Isokrates berichtet: in der Zeit bis auf 
Solon bestellte man die Ämter, indem man von den 
Phylen und Demen die geeignetsten und besten Männer 
dafür auswählen (σεροχρίνει») lies; das Wählen «zo 
τιμημάτων wird dabei ausdrücklich zurückgewiesen. 
Die übrige Polemik, die ja an sich klar liegt, ist des 
öfteren behandelt worden; sie ist für uns hier dadurch 
interessant, dafs sie sich gegen die Akademie richtet. 

Die Darstellung im Panathenaikos ist im Vergleich 
mit dem Areopagitikos ein Rückzug auf der ganzen 
Linie, nicht blofs im einzelnen, was die Ämterbesetzung 
betrifft. Denn Isokrates setzt jetzt, d. h. nach etwa 
15 Jahren, vor Solon, was er früher nach Solon an- 
gesetzt hatte. Gegenüber dem aristokratischen Zug, 
der den Charakter der Darstellung im Areopagitikos 


Ἐπ 7 ΞΞ 


bestimmt, ist die Tendenz im Panathenaikos eine 8. Kap. 
demokratische A outrance: seit Theseus die Demokratie, Ὁ " © # 
diese Demokratie kennt schon die Phylen- und Demen. 
einteilung, Peisistratos der tyrannische Wüterich. Die 
Opposition gegen die λαχωνίζοντες der Akademie hat ihn 
zu dieser Utrierung getrieben. Er thut mehrfach über- 
legen, um zu verschleiern, dafs die Kritik dieser Schule 
auf seine historische Darstellung von Einfluls gewesen 
ist; sie hat die Retractation im ganzen wie im einzelnen 
veranlafst. Man kann noch erkennen, wie sauer dem 
Isokrates der Rückzug geworden ist; auf drei Stellen 
verteilt er seine Angaben über die Ämterbesetzung, 
um nicht auf einmal zuviel-zurücknehmen zu müssen, 
und an der ersten Stelle maskiert er den Rückzug 
durch eine die Gegner meistern sollende Polemik über 
die verschiedenen Staatsformen. Aus den Kreisen der 
Akademie stammte die Kritik seines Areopagitikos; 
Aristoteles gehörte damals auch nach dem Urteile 
der Gegner Platons noch zur Akademie, und ich 
zweifle nicht, dafs er mit seiner überlegenen historischen 
Kenntnis unter Hinweis auf widersprechende Indizien 
die historischen Angaben im Areopagitikos für falsch 
erklärt hat. Doch ob Aristoteles der Kritiker war 
oder nicht, ein Hinweis wie der angedeutete hat statt- 
gefunden, denn Isokrates repliziert auf ihn in direktem 
Zusammenhange mit seiner historischen Darstellung 
($ 149 £.): τάχ᾽ οὖν ἂν τινες ἄτοπον εἶναί μὲ φή- 
σειαν. . «- ὅτι τολμῶ λέγειν ὡς ἀχριβῶς εἰδὼς περὶ 
σιραγμάτων, οἷς οὐ παρὴν πραττομένοις. ἐγὼ δ᾽ οὐδὲν 
τούτων ἄλογον οἶμαι ποιεῖν" εἰ μὲν γὰρ μόνος ἐπί- 
στευον τοῖς τὲ λεγομένοις περὶ τῶν παλαιῶν 
χαὶ τοῖς γράμμασι τοῖς ἐξ ἐκείνου τοῦ χρό- 
νου παραδεδομένοις ἡμῖν, εἰκότως ἂν ἐπιτιμῴ- 
μην. viv δὲ πολλοὶ καὶ νοῦν ἔχοντες ταὐτὸν ἐμοὶ φανεῖεν 


N 7, 1: 


8. Καρ. ἂν πεπονϑότες ... ἀλλὰ γὰρ οὔτ᾽ ἀμελεῖν χαλῶς ἔχει 

PH ρῶν τοιούτων ὑττολήιψψεων, τυχὸν γὰρ μηδενὸς ἀντειττόν- 
τος λυμήναιντ᾽ ἂν τὴν ἀλήϑειαν wre. Isokrates beruft 
sich gegenüber der akademischen Kritik auf die schrift- 
liche und mündliche Tradition. — Also auf die von Iso- 
krates im Jahre 339 so retractierte Darstellung: ‘bis auf 
Solon und unter Solon wurden die Ämter besetzt durch 
ein σπεροχρίνειν, welches die φυλέται und δημόται aus den 
ἱχανώτατοι für die einzelnen Ämter vornahmen’ ant- 
wortet Aristoteles zwischen 329—325: τὸ ἀρχαῖον n ἐν 
Aosiy “τάγῳ βουλὴ ἀναχαλεσαμένη καὶ χρίνασα χαϑ'᾽ 
αὑτὴν ἐφ᾽ ἑκάστῃ τῶν ἀρχῶν ἐπ᾽ ἐνιαυτὸν καϑιστᾶσα 
ἀπέστελλεν. Auf die Berufung des Isokrates auf die 
Tradition antwortet er mit dem Indizien beweis: 
ὅϑεν ἔτι διαμένει ταῖς φυλαῖς xre. und σημεῖον δ᾽ ὅτι 
χληρωτὰς ἐποίησεν ἐκ τιμημάτων κτεξ. 

So ist der Satz τὸ γὰρ ἀρχαῖον «re, die Richtig- 
stellung eines gegnerischen Berichtes. Aristoteles fügt 
ihn seiner eigenen Darstellung hintenan; wir würden 
in diesem Falle eine Anmerkung daraus machen. Der 
polemische Charakter dieses Satzes erklärt nun auch 
die befremdliche Thatsache, dafs hier auf die drakon- 
tische Ämterbesetzung gar nicht Rücksicht genommen 
wird. Aristoteles sagt eben nur soviel, wie er zur Be- 
richtigung der gerade hier widersprechenden Auf- 
stellung des Isokrates für notwendig erachtete; auf 
einen Gegensatz zwischen Solons Institution und den 
früheren Modalitäten der Ämterbesetzung überhaupt 
kam es an dieser Stelle gar nicht an. 

Eine kleine Schwierigkeit bleibt noch, ehe die 
Interpretation weiter gehen kann, zu erörtern. Die 
Ähnlichkeit zwischen einzelnen Stellen in Isokrates’ 
Areopagitikos und Aristoteles’ Darstellung der Herr- 
schaft des Peisistratos ist so grols, dals ein Abhängig- 


A ee 


keitsverhältnis auf Grund eines dritten Schriftstellers s. Kap. 
sicher ist; denn direkt können sie nicht voneinander? » ®# 
abhängen. Man kann aber als gemeinsame Quelle doch 
nur eine Atthis!) ansetzen. Nin beruft sich Isokrates 
für seine Darstellung im Panathenaikos auf die Tra- 
dition, mündliche und schriftliche; diese kann doch 
nur in einer Atthis enthalten gewesen sein. Aber die 
Darstellung in der jüngeren Rede ist grundverschieden 
von der in der älteren. Hat er also für jene eine 
andere Atthis als für diese benutzt? Denkbar wäre es 
ja, denn seines Schülers Androtion Atthis konnte in- 
zwischen erschienen sein; allein betrachtet man die 
beiden Darstellungen des Isokrates auf den Unterschied 
an thatsächlichen Angaben, so sieht man bald, dafs 
nur die Angaben über die Ämterbesetzung geändert 
sind, was überhaupt fast das einzige Thatsächliche in 
der ganzen Darstellung ist, alles andere ist mehr oder 
weniger ein allgemeines Herumgerede; und um dieses 
in ein demokratisches Licht zu setzen, dazu bedurfte es 
keinerneuen Quelle; für die Verlegung seiner Darstellung 
in die ältere Zeit ebensowenig. Denn was er im Areopa- 
gitikos auftischt von einem unveränderten Zustande von 
Solon über Peisistratos und Kleisthenes bis zu Salamis, 
kann so in keiner Chronik gestanden haben; er brauchte 
jetzt nur seine alte Quelle in anderer Weise verfälscht 
wieder zu geben. Damals hat er gelogen, indem er 
wissentlich die Geschichte fälschte, im grolsen durch 


1 Ich bemerke ein für allemal, dafs ich “Atthis’ nicht in 
dem von v. Wilamowitz gebrauchten Sinne der ‘Stadtchronik 
Athens?’ verwende, sondern auch da, wo ich von ‘der Atthis’ 
scheinbar allgemein spreche, immer eine bestimmte Atthis 
welches Autors auch immer meine, nämlich die dem betreffen- 
den Schriftsteller an der betreffenden Stelle gerade vorliegende 
Atthis. 


8. Καρ. die Ignorierung der Tyrannis und der kleisthenischen 
Ρ. 7, 26 #. Reform, im einzelnen bei dem Bericht über die Ämter- 
besetzung und mit der Übertragung der Züge der 
Tyrannis auf die Demokratie. Jetzt zwingt ihn die 
Kritik der Akademie, die Wahrheit zu sagen; nur halb 
thut er es und auch dabei noch sehr gewunden, und 
nun beruft er sich stolz auf seine Quellen, die er da- 
mals weislich verschwieg. Dafs er jetzt andere hatte 
als damals, ist trotz seiner Versicherung dem Panathenai- 
kos nicht zu entnehmen. Die Übereinstimmungen im 
Areopagitikos und der πολ. AIyv. auf eine gemein- 
same dritte Quelle, die Atthis, zurückzuführen, hindert 
also nichts. Die Akademie oder Aristoteles war ihm 
ferner beim Areopagitikos schon auf seine Schliche ge- 
kommen; dafs er die Übertragung der Thätigkeit des 
Peisistratos auf die Demokratie vorgenommen hatte, 
war ihm vorgerückt worden. Beweis: im Panathe- 
naikos fehlen bei der Idealisierung der alten Verfassung 
alle die Stellen, welche eigentlich auf Peisistratos gehen ; 
nur um den Schein des Rechtens zu wahren, heifst es 
vom Peisistratos: δημαγωγὸς γενόμενος χαὶ πολλὰ τὴν 
σεόλιν λυμηνάμενος χαὶ τοὺς βελτίστους τῶν ττολιτῶν 
ὡς ὀλιγαρχιχοὺς ὄντας ἐχβαλὼν (Lykurgos und Me- 
gakles) τελευτῶν τόν τε δῆμον κατέλυσε χαὶ τύραννον 
αὑτὸν χατέστησε, womit er sagt: ich habe die Über- 
tragung jener Züge nicht vorgenommen, denn solch 
ein Mensch war der Peisistratos — woher bei ihm die 
Züge, die ich an der alten Demokratie wieder fand? 
Er lügt wieder, nachdem er den Ansatz gemacht hatte, 
die Wahrheit zu sagen. Ein klägliches Bild, besonders 
kläglich im Gegensatz zu der wissenschaftlichen Ruhe, 
mit welcher Aristoteles in der στολ. 49». die Antwort 
giebt. 
Polemik enthalten auch die nächstfolgenden Sätze; 


BT 


öb sie gegen Isokrates direkt gerichtet ist, ist mir 8. Kap. 
zweifelhaft, jedenfalls gegen die Überlieferung, die er Ὁ ἢ = 
vertritt. Nach dieser bestand zu Solors Zeit schon 
die Phylen- und Demeneinteilung (s. ο. ὃ. 87). Aristo- 
teles setzt dem sein φυλαὶ δ᾽ ἦσαν τέτταρες χαϑάπερ 
πιρότερον entgegen. Mit den 10 Phylen waren die 
Demen verbunden, mit den vieren nicht; er wehrtmit den 
Worten φυλαὶ τέτταρες die ganze andere Darstellung ab. 
Der Zusatz χαϑαάττερ πιρότερον wird für das Folgende 
durch die Verbalformen ἦσαν veveunusvaı und ἦν xa- 
ϑεστηχυῖα im Bewulstsein des Lesers lebendig gehalten, 
und besonders klar kommt es dem Leser zum Bewulst- 
sein, dafs hier von Institutionen die Rede ist, welche 
Solon nicht einsetzte, sondern recipierte, wenn er nach 
dieser unpersönlichen Darstellungsweise zu den persön- 
lich gehaltenen Worten βουλὴν δ᾽ ἐποίησε kommt: 
hier setzt Solons Thätigkeit ein. Die Demarchen hatten 
die Kassenangelegenheiten unter sich; hätten sie schon 
zu Solons Zeit bestanden, wie die bei Isokrates zu 
Grunde liegende Version annimmt, so müfsten sie in 
den Gesetzen Solons vorkommen. Allein — wieder ein 
Indizienbeweis — in den solonischen Gesetzen werden 
für die späteren Demarchen die Naukraren oft genannt. 
Die Überlieferung ist wieder gerichtet. 

Aristoteles setzt also die Institution der Naukraren Naukraren 
schon vor Solon. Dafls wir über die sonstige gewils 
nicht geringe Stellung der Naukraren — sie waren 
Kassenbeamte — in dem Staatswesen im Unklaren 
bleiben, schadet nicht soviel, wie es nützt, dafs 
Aristoteles den Bericht des Herodot bestätigt, nach 
welchem die Naukraren schon um 640 v. Chr. bestehen. 
Bestand die Institution aber schon in der Mitte des 
7. Jahrhunderts, dann sehe ich nicht, wie man sich 


ἘΠ 7 


8. καρ. bei der Meyer’schen Etymologie!) des Wortes vav- 
Ρ. 8, 18. „oagos von ναῦς und dem Stamme κἄρ-, χρᾶ beruhigen 
kann, wie es jetzt allgemein zu geschehen scheint. Ich 
vermag wenigstens nicht einzusehen, wie ein Amt 
seinen Namen von der Sorge für die Flotte tragen 
soll in einem Staate, der zu der Zeit, wo dieses 
Amt eine bedeutende Stelle in der Verwaltung ein- 
nahm, gar keine Flotte hatte, noch auch eine haben 
konnte. Ja, man kann nicht einmal auf eine Kolonial- 
politik hinweisen, denn um 650 v. Chr. gab es eine 
solche für Athen noch nicht. Es scheint mir, dafs 
diese Ableitung aus demselben Grunde unmöglich ist 
wie z. B. der ernstliche Baunacksche Versuch, 497 
und 4rrırn etymologisch zusammenzubringen ; dieser 
Grund ist dieGeschichte. Athene wird erst durch Athen 
Herrin von Attika, vorher herrschen andere Gott- 
heiten; der Name 41915 — ᾿ΑἈττική ist älter als die 
Herrschaft der Göttin über das Land, das seinen 
Namen von ihr tragen soll. Der Name ναύχραρος 
soll von der Sorge für die Flotte, natürlich der des 
Staates, da es sich um den Namen eines Staats- 
beamten handelt, herkommen; aber der Name ist älter 
als die Epoche, da der athenische Kaufmann seine 
Schiffe baute, und viel älter als der Zeitpunkt, da der 
Staat selbst zum Bau einer Flotte kam. Ich mufs mich 
mit diesem negativen Schlusse vorläufig zufrieden geben. 
Denn die Möglichkeit, dafs Name und Amt aus einer 
anderen Zeit oder aus einem anderen Staate herüber- 
genommen seien, kann nicht in Betracht kommen, So 
lange das Wort nur in Athen nachweisbar ist, mufs 
es als in Athen für die Funktionen des Amtes, dessen 
Wesen es bezeichnete, geprägt gelten; wer aber in 


1) Curtius Stud. VII 175 ff. 


FOR SE 


Athen nach einer Periode suchen will, da ein solches s. Kap. 
Seeamt eingesetzt worden wäre, der mülste sich die 
Frage gefallen lassen: ἀρ᾽ ἤδη καὶ τὰ ἔτυμα οὐκ ἄνευ 

γε Θησέως 1); 

Wenig sagt Aristoteles über die Neuordnung.der Bule, p. 8, 9 
aber gerade soviel, wie genügt, um den Fortschritt gegen 
Drakon zu markieren. Nach dieses Verfassung wird 
die Bule, wie andere Ämter, aus der ganzen mit Staats- 
rechten bedachten Bürgerschaft zusammengesetzt ohne 
Rücksicht auf die Phyleneinteilung. Solon läfst das 
demokratische ἴσον eintreten; jede Phyle stellt gleich- 
viel Buleuten; damit hängt die Veränderung der Zahl 
zusammen: βουλὴν δ᾽ ἐποίησε τετρακοσίους, ἑχατὸν ἐξ 
ἑχάστης φυλῆς. Zugleich enthält die Darstellung dieses 
Kapitels im Zusammenhang mit dem dritten und vierten 
eine Ablehnung der herodoteischen Angabe, dafs zur 


1) In einer Anmerkung will ich wenigstens die Über- 
zeugung aussprechen, dafs mir die sprachliche Gegeninstanz 
gegen die Ableitung des Wortes von vaF'os nicht soviel be- 
weist wie die historische Thatsache, dafs die Naukraren in der 
solonischen Verfassung Distriktsverwalter waren. Wie die 
ταμίαι aus Tempelbeamten in späterer Zeit zu Kassenbeamten 
wurden, so könnte es auch mit den vevxo«eo, ergangen sein; 
sie erscheinen wesentlich als solche. Im Heiligtum ruhte die 
Kasse am sichersten, und der gentilieische Charakter der alten 
Verfassung macht die Entwicklung der Naukraren aus Kult- 
beamten besonders erklärlich. Die Hauptheiligtümer der von 
den verschiedenen grolsen Geschlechtsgemeinschaften verehrten 
Gottheiten waren natürliche Mittelpunkte für gröfsere Distrikte. 
Für diese mu/sten die Tempelbehörden besonders auch in 
finanzieller Hinsicht eine administrative Thätigkeit entwickeln. 
Der Staat hatte nur in feste Form zu fassen, was der Kult 
historisch hatte werden lassen, und das war leicht, da Staat 
und Kirche nicht auseinander fielen. — Die Bemerkungen von 
A. Schäfer, Jahrb. f. kl. Phil. 1871 (CIID), 54 beweisen nichts für 
Athen. 


8. Kap. 


Prytanen 


= TO 


Zeit des Kylonischen Frevels die Prytanen der Nau- 
kraren die Hauptverwaltungsbehörde in Athen waren 
(V 71). Der Areopag war dies für Aristoteles in der 
Zeit vor Drakon. Prytanen hängen für AristoteleX in 
Athen mit der Bule zusammen, daher treten sie in der 
Verfasspng zuerst auf, welche die Bule zuerst bringt, 
in der drakontischen. Dafls sie eine bedeutende Stelle 
im Staate hatten, ergiebt der Zusammenhang des 4. Ka- 
pitels, aber bedeutender ist der Areopag. An der 
von Drakon bestimmten Stellung der Bule ändert Solon 
nichts; also bleibt die Stellung der Prytanen dieselbe 


wie unter Drakon, die des Areopags wird noch ge- 


steigert. Hätte Aristoteles unter Prytanen im 4. Kapitel 
andere als die der Bule verstanden, d. h. bei der 
Darstellung einer Zeit, wo die Bule schon existierte, 
wo also jeder bei Prytanen an die Bule denken muls, 
so hätte er das gesagt. Die Naukraren blieben nach 
Solon, was sie vor ihm waren, wie er es ausdrücklich 
sagt, im wesentlichen Distriktsverwalter. So ergiebt 
des Aristoteles Darstellung, dafs von Drakon ab die 
Prytanen nicht die der Naukraren, sondern die der 
Bule waren. In der Zeit vor Drakon sind für ihn die 
9 Archonten und der Rat auf dem Areopag, nament- 
lich der letztere, die leitenden Behörden, was die Ar- 
chonten betrifft ganz in Übereinstimmung mit Thuky- 
dides (I 123). Die Prytanen der Naukraren werden 
auch hier abgelehnt. — Im übrigen ist der Lakonismus 
in der Angabe über die solonische Ordnung der Bule 
für mich allein schon genügender Beweis für die Echt- 
heit des 4. Kapitels. Mag der Darstellung der dra- 
kontischen Verfassung welche Parteischrift auch immer 
zu Grunde liegen, sie enthält viele sehr alte Züge. 
Dazu gehört die Zahl 401 für die Bule; sie stellt sich 


zu den ungeraden Zahlen 9 der Archonten, 51 der 


ΞΕ ΟΥ̓ ἘΞ 


Epheten, 11 der ἕνδεχα, geht also in älteste Zeiten 8. Kap. 
hinauf. Ebenso ist der Satz dig τὸν αὐτὸν μὴ ἄρχειν 
πρὸ τοῦ scavrag διελϑεῖν 1) ein Zeugnis für das Alter, 
denn er setzt einen kleinen Staat voraus. Ebenso be- 
weisen die Echtheit die hohen Strafsummen für Fehlen 
in der Volksversammlung: das ist eben drakontisch ?), 
Mit dem χληροῦν und αἱρεῖσϑαι ist nicht viel zu machen, 
denn vor ἐλάττους p. 3, 23 ist eine Lücke, deren Um- 
fang ungewils ist, und deren richtige Supplierung die 
Schwierigkeiten heben könnte. Warum hat man nicht 
auch an παῖδας ἐχ γαμετῆς γνησίους Anstols genommen ὃ 

Für den nun folgenden Bericht über die solonische ». 8, 10 #. 
Organisation des Areopags bedient sich Aristoteles fast 
derselben Ausdrücke, welche er in den beiden früheren 
Abschnitten über diese Körperschaft gebraucht hatte. 


1) Kenyon®? bemerkt, dafs für [διε]ξελϑεῖν K-W? nicht 
Raum ist; vgl. Pol. 1300 a 26 ἕως ἂν διέλϑη διὰ πάντων τῶν 
πολιτῶν vom Verlosen der Ämter; aber auch ἕως ἂν διεεξέλϑη 
διὰ πάντων 1298a 17 von dem Umgehen der Ämter; hier 
schwankt jedoch die Überlieferung zwischen διεξ-, dı- und 
ἐξέλϑη. 

2) Die Ochsengeldstrafe aus Drakons Gesetzen bei Pollux 
(IX 61) hat man für einen Beweis der Unechtheit des 4. Kap. 
nur ansehen können, weil man nach dem Syllogismus schlofs: 
Cäsar hatte eine Habichtsnase, alle grofsen Männer haben eine 
Habichtsnase, Lucius hat eine Stumpfnase, also ist Lucius kein 
grofser Mann. — Die Parallelstellen Pol. 1297 a 14 ff. 1298 Ὁ 17 
vgl. 1294a 37, welche schon mehrfach in die Diskussion ge- 
zogen wurden, sind doch ziemlich irrelevant für die Echtheits- 
frage; sie beweisen nur, dafs die drakontische Verfassung nach 
Aristoteles’ Ansicht eine oligarchische war, was πολ. As. 
p- 1, 7 ausdrücklich steht. Bei dem ausgesprochenen Charakter 
dieser Verfassung, die nie anders hat beurteilt werden können, 
beweist aber die Gleichheit der Beurteilung wenig mehr als 
nichts. Im übrigen habe ich absichtlich oben die Stelle Pol. 
1274a 1 über die Bule, obgleich ich sie für echt halte, nicht 
herangezogen; die Worte des 8. Kap. beweisen ja an sich. 

Keil, Aristoteles. 7 


8. Kap. 
p- 8, 10 ff. 


Kapp. 3. 

ἡ δὲ τῶν “4ρεο- 
παγιτῶν βουλὴ 
τὴν μὲν τάξιν 

εἶχε τοῦ διατηρεῖν 
τοὺς νόμους, διῴ- 
χει δὲ τὰ πλεῖ- 
στα καὶ τὰ μέ- 
yıora τῶν ἐν τῇ 
σόλει, καὶ κολα- 
ζουσα χαὶ ζημι- 
οὔσα πάντας τοὺς 
ἀχοσμοῦντας χυ- 
ρίως. 


98 


--- — 


41). 

n δὲ βουλὴ ἡ ἐξ 
᾿Αρείου πάγου 
φύλαξ ἣν τῶν νό- 
μων χαὶ διετήρει 
τὰς ἀρχάς, ὅπως 
χατὰ τοὺς νόμους 
ἄρχωσιν. 


8. 
τὴν δὲ τῶν Ag80- 
zraeyırov (sc. βου- 
λὴν) ἔταξεν ἐϊπὸὶ 
τὸ] νομοφυλα- 
χεῖν, ὥσπερ ὑττῇρ- 
χεν χαὶ πρότερον 
ἐπίσκοττος οὖσα 
τῆς πολιτείας, καὶ 
τά τε ἄλλα χαὶ τὰ 
μέγιστα τῶν πο- 
λιτζικῶνν διε- 
τήρει, καὶ τοὺς 
ἁμαρτάνοντας 
ηὕϑυνεν χυρία 
οὖσα [χαὶ ζη)μι- 
[οὖν] καὶ κολάζειν 
χτέ. 


Die Ähnlichkeit aller drei Stellen ist bedacht, aber 


ebenso bedacht sind die Differenzen, deren Bedeut- 
samkeit man über der sonstigen Ähnlichkeit nur zu 
leicht übersieht. Die Interpretation geht wieder aus 


1) Auf die Athetesen des 4. Kap. nehme ich keine Rück- 
sicht. Sie sachlich zu widerlegen, wäre in den meisten Punk- 
ten nicht schwer, die Methode in ihnen, namentlich in Reinachs 
Kritik, zu charakterisieren, unterlasse ich: diffieile est satiram 
non scribere. Die im Text gegebenen Ausführungen zeigen, 
dafs die Angaben des 4. Kapitels sich nicht nur vertragen mit 
der Anschauung, die Aristoteles von der Entwicklung der Ver- 
fassung bis auf Solon hat, sondern dafs ohne sie sich Lücken 
in der aristotelischen Darstellung finden würden. — Neben- 
bei die Parallele: ἐγγυητὰς δ᾽ ἐκ τοῦ αὐτοῦ τέλους δεχομένους 
(p- 3, 28 f.), im Buleuteneid οὐδὲ δήσω ᾿41ϑηναίων οὐδένα, ὃς 
ἄν ἐγγυητὰς τρεῖς χαϑιστῇ τὸ αὐτὸ τέλος τελοῦντας Demosth. 
XXIV 144. 


von dem Parallelbericht des Plutarch (ec. 19): Συστη- 8. Kap. 
σάμενος δὲ τὴν ἐν ᾿Ζρείῳ πάγῳ βουλὴν ἐκ. τῶν κατ᾽ Ῥ' τς 
ἐνιαυτὸν ἀρχόντων... . .. τὴν δὲ ἄνω βουλὴν ἐπίσχο- Sol. 19. 
στον πάντων χαὶ φύλαχα τῶν νόμων ἐχάϑισεν. .. Οἱ 
μὲν οὖν τιλεῖστοι τὴν ἐξ ᾿Τρείου πάγου βουλήν, ὥσττερ 
εἴρηται, Σόλωνα συστήσασϑαί φασι" καὶ μαρτυρεῖν αὖ- 
τοῖς dozei μάλιστα τὸ μηδαμοῦ τὸν Agarovra λέγειν 
μηδ᾽ ὀνομάζειν Agsonayitag, ἀλλὰ τοῖς ἐφέταις ἀεὶ 
διαλέγεσθαι περὶ τῶν φονικῶν. Im Folgenden führt er 
dann selbst den 13. Axon des Solon für das frühere 
Bestehen des Areopags an. Es ist an sich klar und 
wird ausdrücklich durch das ὥσπερ εἴρηται bestätigt, 
dafs Plutarch mit οἱ μὲν οὖν τελεΐστοι ein eigenes Rai- 
sonnement beginnt, und dafs nur die vorhergehenden 
Worte seiner Quelle entstammen. Diese Quelle behaup- 
tete nun gerade das Gegenteil von dem, was Aristoteles 
sagt, kann also nicht aus diesem geschöpft haben. 
Plutarch sucht selbst erst das, was bei Aristoteles schon 
stand, zu beweisen; hätte er die 7204. 49». bei der 
Niederschrift dieses Kapitels zur Hand gehabt, würde er 
die Autorität des Aristoteles anzuführen nicht unterlassen 
haben. Dies ist nur ein Schlufs ex silentio, aber die 
Autorität des Aristoteles macht ihn in diesem Falle 
beweisend. So hat also Plutarch hier den Aristoteles 
nicht benutzt; nicht einmal indirekt kann das Kapitel 
aus Aristoteles geflossen sein!,,. Nun decken sich 


!) Das konnte natürlich Begemann a. a. Ὁ. p. 20 noch 
behaupten; als Mittelquelle nimmt er Didymos an. Auch dies 
erledigt sich im folgenden. Dafs Plutarch das Amnestiegesetz 
aus Didymos hat, bezweifle ich nicht; aber gerade, dafs er 
dieses in einer selbständigen Beweisführung verarbeitet, beweist, 
dafs Didymos nicht für den ganzen Rest des Kapitels zu 
Grunde liegt. Die Selbständigkeit der Beweisführung ist durch 

ΠΣ 


8. Kap. 
p- 8, 10 ff. 


Isoer. VII 


37 


-- 10 — 


aber die Ausdrücke ἐπίσκοπον zrayıwv καὶ φύλακα 
τῶν νόμων in einer solehen Weise mit Aristoteles’ _ 
Worten, dafs hier ein Zusammenhang existieren muls. 
Da Plutarch Aristoteles hier nicht zur Hand hatte, die 
Worte also schon aus seiner Quelle stammen müssen, 
und da andererseits auch diese hier dem Aristoteles 
nicht folgt, so bleibt nur die Annahme übrig, dals 
Aristoteles und diese Quelle auf ein gleichartiges 
Quellenmaterial zurückgehen. Dieses Quellenmaterial 
enthielt aber, wie aus Plutarchs Bericht folgt, diejenige 
Überlieferung, welche von Aristoteles bestritten wird, 
nämlich dafs erst Solon den Areopag eingesetzt habe. 
Isokrates im Areopagitikos sagt von der solonischen 
Verfassung: οὕτω γὰρ ἡμῶν οἱ πρόγονοι σφόδρα 7regi 
τὴν σωφροσύνην ἐσπούδαζον, ὥστε τὴν ἐξ ᾿“ρείου πά- 
yov βουλὴν ἐπέστησαν ἐπιμελεῖσϑαι τῆς ev- 
χοσμίαξ (8 37).... “ai τοῦς “᾿ἀλουμοῦντας 
ἀνῆγον εἰς τὴν βουλήν" ἡ δὲ τοὺς μὲν ἐνουθέτει, τοῖς δ᾽ 
ἡπείλει, τοὺς δ᾽ ὡς προσῆκεν ἐκόλαζεν (8 40). 
Über die Bedeutung von &rr&ornoav kann man streiten; 
es kann darin liegen, dafs der Areopag damals erst ein- 
gesetzt wurde, es braucht dies aber nicht damit gesagt 
zu sein. Dafs dennoch jenes ἐπέστησαν die Bedeutung 
von ‘sie setzten ein’ hat, beweist der Vergleich der 
beiden Darstellungen der älteren athenischen Geschichte 
im Areopagitikos und Panathenaikos. Dort, wo er die 
Zeit von Solon ab behandelt, ist der Areopag die Seele 
des Staates, hier, wo er die frühere Zeit bis Solon 
schildert, fehlt jede Erwähnung dieser Körperschaft. 
Isokrates denkt sich also den Areopag erst durch 
Solon eingesetzt, d.h. am Schlusse der Epoche, welche 


das non liquet des Schlusses (ταῦτα μὲν οὖν καὶ αὐτὸς ἐπισχόπει) 
sicher indiziert. 


-- 11 — 


erim Panathenaikos schildert; esistganz folgerichtig, dafs 8. Kap. 
er von dem Wirken jener Körperschaft in der späteren P Ὁ I ® 
Darstellung nichts sagt. Seine Auffassung stimmt also 
mit der von Plutarch berichteten im Princip überein, 
und auch im Ausdruck finden sich Gleichheiten (ἀχο- 
σμοῖντας, ἐχόλαζεν). Isokrates folgte aber einer Atthis; 
eine solche liegt auch Plutarchs Bericht zu Grunde. War 
dies die Darstellung der Atthiden, dann ist Plutarchs 
Angabe, dals die meisten Autoren Solon die Einsetzung 
des Areopags zuschrieben, besonders erklärlich. Und 
dafs die Atthis dem Solon diese wichtige Institution 
gegen die Wahrheit zuschrieb, liegt in der ganzen 
solonfreundlichen Färbung dieser demokratischen Über- 
lieferung begründet. Der Vergleich — um dies hier 
gleich zu sagen — mit den früher behandelten Stellen, 
an welchen dasselbe Verhältnis wie hier zwischen der 
Quelle Plutarchs und der 7204. ’4$yr. vorlag, ergiebt, 
dafs, wenn an jenen Stellen Hermippos die Quelle 
Plutarchs war, dieser auch hier dessen Berichte zu 
Grunde liegt. 

Aristoteles bekämpft die Überlieferung der Atthis, Areopag 
deshalb setzt er an unserer Stelle ausdrücklich hinzu 
ὥσπερ ὑπῆρχεν καὶ πρότερον, gerade wie er oben in 
der Polemik gegen die Hinaufrückung der Demen- 
verfassung in die Zeit vor Kleisthenes χαϑάτστερ 7700- 
τερον gesagt hatte, und wie er mit χαϑάπερ διήρητο 
καὶ πρότερον (p. 6, 18) ausdrücklich den Atthisbericht 
bestritt, welcher Solon die erstmalige Volksteilung nach 
vier τέλη zuschrieb. Dieses ὥστσεερ ὑπῆρχεν καὶ τερότερον 
rechtfertigt zugleich die fast häfslich typische Ausdrucks- 
weise an den drei auf den Areopag bezüglichen Stellen 
einigermalsen. Im übrigen liegt gerade in der drei- 
fachen Wiederholung derselben Termini ein gutes Stück 
Polemik; so schärft man seine Ansicht ein. Aber bei 


-- 12 — 


8. Kap. aller Gleichheit treten doch die Verschiedenheiten 
P-8, 10 δ deutlich hervor. Sie kommen am klarsten zum Be- 
wufstsein, wenn man hintereinander erzählt, was Aristo- 
teles zerreilst. In ältester Zeit gab es drei Beamte, 
den Basileus, Polemarchos und Archon; sie walteten 
zuerst auf Lebenszeit, dann auf 10 Jahre, endlich nur 
ein Jahr. Zur Zeit, da sie auf sein-Jahr bestellt 
wurden, hatte der Areopag die Bestellung, indem 
er nach eigenem Ermessen die Männer für die Ämter 
aussuchte (p. 7, 26). Dann kommt die Periode, wo 
die Beamten gewählt wurden; in sie fällt die Ein- 
setzung der Thesmotheten: sie wurden immer nur für 
ein Jahr gewählt (p. 2, 19 £.). Die Beamten hatten 
die Privatprozesse (rag δίχας) zu endgültiger Entschei- 
dung abzuurteilen. Zu dieser Zeit hatte der Areopag 
nach der verfassungsmäfsigen Ordnung (τὴν 
μὲν τάξιν εἶχε) nur die Stellung eines Aufsichtsrates 
für die gesetzliche Ordnung im Staatswesen; in Wirk- 
lichkeit (διῴχει δὲ) leitete er fast alles und das Be- 
deutendste, was die Staatsverwaltung brachte, und dazu 
hatte er die Machtbefugnis, als einzige Instanz (χυρίως) 
Korrektions- und Pönalstrafen!) über alle zu ver- 
hängen, welche sich gegen. die bestehende Ordnung?) 


1) Die Definition von xo/«leıw und τιμωρεῖν bei Aristot, 
Ἐμοί, 1369 b 12 (διαφέρει δὲ τιμωρία χαὶ κόλασις" ἡ μὲν γὰρ x0- 
λασις τοῦ πάσχοντος ἕνεχά ἔστιν, ἡ δὲ τιμωρία τοῦ ποιοῦντος͵ 
ἵνα ἀποπληρωϑὴ) giebt für χολάζειν die Definition, welche wir 
auch hier gebrauchen. ζημιοῦν wird ja meist von Geldstrafen 
gebraucht; dafs es auch einen weiteren Begriff hatte, versteht 
sich, und lehrt Pollux VIII 2 zudem ausdrücklich: οὐ χρὴ δ᾽ 
ἀγνοεῖν ὅτι ζημίαν οὐ τὴν εἷς χρήματα μόνον ἐχάλουν, ἀλλὰ zei 
τὴν εἷς τὸ σῶμα. Diese Bedeutung mu/s es hier haben. Die 
gewöhnliche hat ζημιοῦν und ἐπιζημίωσις p. 50, 7. ὃ: eine Zeile 
vorher scharf: χρήμασι ζημιοῦν. 

9) τοὺς ἀκοσμοῦντας: so auch vom Areopag Isokr. Areop. 46 
τοὺς ἀκοσμοῦντας ἀνῆγον εἷς τὴν βουλήν; und wie Aristot. p. 8, 13 


--Ῥ 18 — 


vergingen. Die Archonten wurden damals gewählt, aus 
dem Geburts- und Geldadel, und aus ihnen setzte der 
Areopag sich zusammen. Drakon: die Archonten 
werden nach einem bestimmten Census gewählt; die 
Zahl der Beamten wächst; die Gesetze sind jetzt kodi- 
fiziert (p. 44, 23), nach ihnen haben die Beamten zu 
walten. Es ist natürlich, dafs der Rat, welcher φύλαξ τῶν 
γόμων war, jetzt die Aufsicht über die Beamten er- 


τοὺς ἐξαμαρτάνοντας sagt an Stelle des in der früheren Parallel- 
stelle sich findenden ἀχοσμοῦντας, so verbindet Isokr. a.a. O.42in 
einer Antithese: οὐ τοῦτο πρῶτον ἐσχόπουν. di’ ὧν χολάσουσι 
τοὺς ἀχοσμοῦντας, ἀλλ᾽ ἐξ ὧν παρασχευάσουσι μηδὲν αὐτοὺς 
ἄξιον ζημίας ἐξαμαρτάνειν. Beim Areopag wird mit Recht 
von einem χολάζειν τοὺς ἀχοσμοῦντας gesprochen, weil er die 
πολιτεία wahren soll; diese ist aber ein χέσμος. So setzt 
Aristoteles Polit. 1307 b 4 ff. χόσμος einfach für πολιτεία ein: 
ἕως ἄν πάντα χινήσωσι τὸν χόσμον und Isokr. a. a. Ὁ. ὃ 37 sagt 
τὴν ἐξ ᾿ἀρείου πάγου βουλὴν ἐπέστησαν ἐπιμελεῖσθαι τῆς εὐχκο- 
σμίας. Der χόσμος wird durch das χολάζειν und Inuwoov er- 
halten; vgl. Plat. Gorg. δ08 ἃ τὸ ὅλον τοῦτο (Das Weltall)... 
χόσμον χαλοῦσιν . .. οὐχ ἀχοσμίαν οὐδὲ ἀκολασίαν. Da χόσμος 
und τάξις für die staatliche Ordnung identisch sind, so ist, wo 
ἀχολασία, auch ἀταξία : daher Platon, Kriton53 d, ἐχεῖ (Thessalien) 
πλείστη ἀταξία zei ἀχολασία verbindet; vgl. in der Inschrift 
CIA. II 809 b 10 ff. τὴν δὲ βουλὴν τοὺς πενταχοσίους ἐπιμε- 
λεῖσϑαι τοῦ ἀποστόλου χολάζουσαν τοὺς ἀτακτοῦντας τῶν τριηράρ- 
χων χατὰ τοὺς νόμους. ἀχοσμεῖν und ἀταχτεῖν unterscheiden 
sich von παρανομεῖν. Nach Mommsen, Röm. Staatsrecht 1? 
140 kann man so definieren: «zooueiv und ἀταχτεῖν sind die 
etwas unbestimmten Bezeichnungen einer sittlich-politischen 
Kontravention; παρανομεῖν bezeichnet eine bestimmte, definierte, 
gesetzwidrige Handlung. Mommsen stellt a. a. Ὁ. Anm. 6 Cie. 
de leg. III 3, 6 nec oboedientem et noxium civem in Parallele 
zu Dionys. A. R. X 50 τοὺς ἀχοσμοῦντας ἢ παρανομοῦντας εἰς 
τὴν ἑαυτῶν (Beamten) ἐξουσίαν. Das ἀχοσμεῖν untersteht einer 
censorischen Coöreition, das παρανομεῖν einer magistratlichen 
oder richterlichen Judikation. Man erkennt, wie falsch die 
Holländer p. 2, 22 τὴν τῶν [ἀχοσμούντων χρίσιν ergänzt haben. 


8. Kap. 
Ρ. 8, 10 ff, 


-- 104 “-- 


8. Καρ. hielt, damit diese nach den Gesetzen walteten; eine 
P- 8, 109. Konsequenz dieser Stellung des Areopags ist es, dafs 
gegen einen Beamten die Meldeklage bei der Aufsichts- 
behörde eingereicht werden konnte, unter Angabe des 
Gesetzes, gegen welches von dem Beamten ein Verstofs 
begangen sein sollte. Die erhöhte Stellung des Areo- 
pags gegenüber den Beamten ist also die Folge der 
Gesetzeskodification und der Vermehrung der Beamten. 
Auch der Bürger weils jetzt, was Rechtens ist, nicht 
allein der Beamte; gegen den Beamten, der seine jetzt 
gesetzlich festgestellten Befugnisse überschreitet, muls 
es eine Instanz geben, die in der “Wächterin des Ge- 
setzes’ sich von selbst ergab. In Solons Verfassung 
wäre eine Beschränkung der Machtbefugnisse des Areo- 
pags natürlich gewesen, allein Solon wies ihm die 
Stellung im Staate wieder an, die er vor ihm hatte; 
das νομοφυλαχεῖν behält die areopagitische Bule, ἐσεί- 
σχοστος οἷσα τῆς πολιτείας. Es wird in den Ausdrücken 
auf die Zeit vor Solon zurückgegriffen: sie leitete fast 
alles und das Bedeutendste, was die Staatsverwaltung 
brachte; sie hatte die Machtbefugnis, Korrektions- und 
Pönalstrafen über die zu verhängen, welche sich gegen 
die Staatsordnung — denn diese untersteht der Auf- 
sicht der areopagitischen Bule — vergingen. Ihre ab- 
solut unverantwortliche Stellung als richtende Behörde 
in ihrem Kreise geht besonders daraus hervor, dals 
sie die eingetriebenen Strafgelder, ohne ihre Provenienz 
nachzuweisen, also in unkontrolierbarer Weise, an die 
Staatskasse abführte. So hatte der Areopag das rvouo- 
φυλαχεῖν, ὥστπτερ τιρότερον: die Sätze χαὶ ra te ἄλλα 
— διετήρει und καὶ τοὺς ἁμαρτάνοντας ζ[εἰστιράττ]ε- 
σϑαι sind die Ausführung zu der vorhergehenden all- 
gemeinen Angabe. Aber der Areopag behielt unter 
Solon nicht nur seine alte Stellung, seine Kompetenz 


-- 15 -- 


wurde sogar von Solon erweitert: ihm wurden 8. Kap. 
entsprechend seiner Stellung als &rriozorrog τῆς στολι- uk 
τείας die Meldeklagen über Versuche auf Umsturz 
der demokratischen στολιτεία zur Aburteilung über- 
wiesen. So suchte Solon die Verfassung gegen 
oligarchisch-tyrannische Revolutionen zu schützen; um 
aber auch im Falle neuer politischer Konflikte die 
Zeit des Zwistes abzukürzen und somit das Übel 
wenigstens zu beschränken, gab er das bekannte 
Gesetz gegen den politischen Indifferentismus!). Die 
μέσοι sind die Indifferenten im Staate, um mit 
Aristoteles zu reden; sie geben den Ausschlag in der 
στάσις"). Man erkennt, dals Aristoteles mit Bedacht 
diese beiden Gesetze an das Ende seiner Darstellung 
der solonischen Verfassung stellte: er will angeben, 
wodurch Solon seiner Verfassung die Zukunft zu sichern 


gedachte. 


ἢ P. 8, 18. Bei Plut. Sol. 20 kürzer ἅτεμον εἶναι τὸν ἐν 
στάσει μηδετέρας μερίδος γενόμενον. Gell. II 12, breit und, 
wie die einleitenden Worte beweisen, nicht aus Aristoteles selbst: 
In legibus Solonis illis antiquissimis, quae Athenis awibus Tigneis 
ineisae sunt quasque latas ab eo Athenienses, ut sempiternae ma- 
nerent, poenis et religionibus sanzerunt, legem esse Aristoteles re- 
fert scriptam ad hanc sententiam: Si ob discordiam q. s. Ein- 
leitung sowohl wie Fassung des Gesetzes bei Gellius mit ihrem 
rhetorischen Charakter zeigen, dafs dieser hier aus einem 
Redner schöpft. Übrigens vgl. Herodot 1 99 ὁρκίοισι γὰρ 
μεγάλοισι κατείχοντο δέχα ἔτεα χρήσεσϑαι νόμοισι, τοὺς ἄν σφι 
“Σόλων ϑῆται. 

9 Die μέσοι sind an den extremen Interessen von reich 
und arm nicht beteiligt, Polit. 1295b 1 ff, also zum Indiffe- 
rentismus geneigt; ebenda 36: die Städte wurden am besten 
verwaltet, ἐν αἰς δὴ πολὺ τὸ μέσον χαὶ χρεῖττον μάλιστα μὲν 
ἀμφοῖν, εἰ δὲ un, ϑατέρου μέρους" προστιϑέμενον γὰρ ποιεῖ 
δοπὴν καὶ κωλύει γίνεσθαι τὰς ἐναντίας ὑπερβολάς und 


1296 a 7 ft. 


8. Kap. 
Ρ. 8, 16 f. 


Epheten 


— 106 — 


Der Zusatz, dafs Solon dem Areopag die Eisangelien 
über Verfassungsumsturz zur Aburteilung überwies, ist 
bedeutsamer, als er in seiner Einfachheit aussieht. Die 
politischen Prozesse gehörten vor Solon vor ein 
anderes Forum, vor die Richter am Prytaneion. Das 
lehrt das solonische Amnestiegesetz (Plut. Sol. 19), 
über das viel geschrieben ist. Ich lasse mich auf eine 
Polemik nicht ein, sondern will nur darstellen; wo und 
was ich von andern dabei gelernt habe, wird, wer die 
Litteratur kennt, leicht sehen; es hatte für meinen 
Zweck keinen Sinn, die Unzahl von Citaten aus der 
modernen Litteratur zu geben!). — Was man unter 
Epheten mindestens bis zum Jahre 409/8 sich zu denken 
hat, kann nicht fraglich sein. Der Stein ΟἿΑ. 1 61 und 
die in ihrem Ursprunge vorzügliche. Glosse eines alten 
Lexikographen, welche in mehreren Brechungen bei 
Photios, Suidas und im Etym. Mag. vorliegt?), lassen 
keinen Zweifel, dafs es ein Richterkollegium war von 
51 Mitgliedern, welche über 50 Jahre alt und unbe- 
scholtenen Lebenswandels sein mulfsten. Aus Isokrates 
(XVII, 54) ?) lernen wir, dafs in einem Ephetenprozels, 


1) Litteratur, moderne und antike, bei Philippi, Der Areo- 
pag und die Epheten, S. 217 ff. Busolt, Gr. Gesch., I 407 ft. 

?) Phot. ἐφέται 2. Suid. ἐφέται 2. Et. Mag. 402, 1: av- 
does ὑπὲρ ν΄ ἔτη γεγονότες χαὶ ἄριστα βεβιωκέναι ὑπόληψιν ἔχον- 
τες, οἱ χαὶ τὰς φονικὰς δίχας ἔχρινον. ἐχαλεῖτο δ᾽ αὐτῶν τὰ 
δικαστήρια ἐφετῶν. Die Güte dieser Glosse besteht in dem 
negativen Vorzug, dafs der Unsinn über das Richten der 
Epheten an 5 Gerichtsstätten fehlt, und in dem positiven, d. h. 
der Angabe ὑπὲρ ν΄ ἔτη; über diese Altersangabe vgl. Krech, 
de Orateri ψηφισμάτων συναγωγῇ (Diss. Berol., Greifswald 1888) 
p. 36 ann. 48, doch läfst sich das Material noch vermehren. 

3) (Λλαγχάνουσιν αὐτῷ φόνου δίκην ἐπὶ Παλλαδίῳ ὃ 52).... 
ἑπταχοσίων μὲν δικαζόντων, τεττάρων δὲ καὶ δέχα μαρτυρησάν- 
των ἅπερ οὗτος, οὐδεμίαν ψῆφον μετέλαβεν. 


— 17 -- 


der nicht lange vor 399 gefallen sein wird, 700 Richter 8. Kap. 
am Palladion urteilten; mithin war hier die alte Zahl ἢ ® 16 * 
zwischen 409/83 und 399 aufgegeben; die Mitglieder des 
Gerichtshofes am Palladion hielsen weiter Epheten, aber 
die Richter wurden nach Analogie der heliastischen 
Richterabteilungen bestimmt. Aus demosthenischer Zeit 
ist ein bestätigendes Zeugnis erhalten). Aristoteles 
belehrt uns nun, dafs zu seiner Zeit am Palladion, 
Delphinion und beim Phreatos erloste Richter richteten. 
Der Name der Richter ist leider gerade nicht erhalten; 
aber Harp. v. ἐστὶ Παλλαδίῳ), wo unser Buch aus- 
drücklich genannt ist, ergiebt, dafs schon vom ersten 
Herausgeber die Lücke richtig mit ἐφέται ausgefüllt 
ist. Diese Stelle darf nur unverwendbar finden, wer 
selbst die Worte eines Schriftstellers, wo er diesen mit 
Namen nennt, stets wörtlich eitiert; wer das nicht thut 
und leugnet die Verwendbarkeit der Harpokration- 
stelle für die Textesrekonstruktion, verlangt von den 
alten Lexikographen, was er von sich selbst nicht ver- 
langt; im übrigen enthält ein bisher nicht herange- 
zogenes Aischinesscholion ?) ein wörtlich zu nennendes 
Citat, wenn auch ohne Berufung auf die πολ. Ayıy., 


πολ. Αϑην. 
p. 65, 13 


1) [Demosth.] in Neaer. 10. Diese Stellen zuerst bei 
Forchhammer, De Areopago, p. 35 (Kiliae 1828) und Schömann, 
Antiquitt. iur. publ. Att. p. 29, 5 gewürdigt; daraus die anderen. 

?) ἐπὶ Παλλαδίῳ Anuoosevns ἐν τῷ zart’ ᾿Δριστοχράτους 
(8 11): δικαστήριόν ἔστιν οὕτω καλούμενον, ὡς χαὶ ᾿Δριστοτέλης 
ἐν ᾿4ϑηναίων πολιτείᾳ, ἐν ᾧ δικάζουσιν ἀχουσίου φόνου kei 
βουλεύσεως οἱ ἐφέται. 

3) Schol. Aeschin. II 87 ἐπὶ Παλλαδίῳ" ἐπὶ τούτῳ ἐχρίγοντο 
οἱ ἀχούσιοι φόνοι. οἱ δὲ ἐν τούτῳ τῷ δικαστηρίῳ διχάζοντες 
ἐχαλοῦντο ἐφέται" ἐδίχαζον δὲ ἀχοισίου φόνου καὶ βουλεύσεως, 
χαὶ οἰχέτην ἢ μέτοιχον ἢ ξένον ἀποχτείναντι; wozu Aristot. 
πολ. Adv. p. 65, 4 τῶν δ᾽ axovoiwv χαὶ βουλεύσεως, ἂν οἰχέτην 
ἀποχτείνῃ τις ἢ μέτοιχον ἢ ξένον, οἱ ἐπὶ] Πα[λλ]αϑέῳ. 


-- 18 -- 


8. Kap. und die ἐφέται erscheinen auch hier. Es war an 
P. 8,16 Ὁ „Jen drei Richtstellen die Besetzung nach heliastischem 
Muster durchgeführt, aber von einer Verdrängung 
des Namens der Epheten durch den der Heliasten kann 
nicht die Rede sein. Diese Gerichtshöfe waren mit der 
Religion verbunden ; ihr Name konnte nicht ohne Asebie 
aufgehoben werden!). Durch Aristoteles sind wir jetzt 
auch ganz sicher, dafs die alten Formalitäten gewahrt 
waren: unter freiem Himmel, im Temenos also, drei 
Tage?) hintereinander richtete man, und der Basileus 
nimmt den Beamtenkranz ab. Äufserlich ist an der 
Institution der Epheten in Namen und Formalitäten 
nichts geändert worden, aber man hat sie innerlich 
nach dem Muster der demokratischen Heliastengerichte 
umgeformt; wahrscheinlich doch um das Epochenjahr 
404/3. 
Bent am Am Prytaneion haben nie Epheten gerichtet. 
Prytaneion ἢ ες < R . 
Aus dem solonischen Amnestiegesetz?) ergiebt sich 
mit Sicherheit, dafs am Prytaneion in vorsolonischer 
Zeit Epheten nicht gerichtet haben. Wer richtete, 
erfahren wir nicht. Nun lernen wir aus der πολ. 
ἡάϑην., dafs um das Jahr 330 dort die Phylobasileis 
richteten). Diese Beamten sind als zu dieser Zeit 


1) Der Name hängt an der Gerichtsstätte; dem Wesen 
nach waren die späteren Epheten gewöhnliche Richter. 

2)So nach J. Lipsius’ mir sehr plausibler Supplierung 
(Berichte der k. sächs. Gesellsch. d. W. 1891, 52): διχαζουσι[ν 
τριτ]αῖ[ο]. zei ὑπαίϑριοι. Κα ὁ giebt nach dem » ausdrücklich 
eine Lücke von 4 Buchstaben. 

8) ἀτίμων ὅσοι ἄτιμοι ἦσαν, πρὶν ἢ Σόλωνα ἄρξαι, ἐπι- 
τίμους εἶναι πλὴν 0001 ἐξ Agelov πάγου ἢ ὕσοι ἐκ τῶν ἐφετῶν 
ἢ ἐκ πρυτανείου καταδιχασϑέντες ὑπὸ τῶν βασιλέων ἐπὶ φόνῳ 
ἢ σφαγαῖσιν ἢ ἐπὶ τυραννίδι ἔφευγον, ὅτε ὁ ϑεσμὸς ἐφάνη ὅδε 
Plut. Sol. 19. 

4) Πολ. ᾿άϑην. p. 65, 20 δικάζει δ᾽ ὁ βασιλεὺς καὶ οἱ φυλο- 
βασιλεῖς. Der Archon König präsidierte, α16 Phylenkönige bildeten 


τὸ ϊ9.- 


existierend inschriftlich bezeugt!); ihnen lag, wie s. Kap. 
die betreffende Inschrift lehrt und zu erwarten P- 8: 16 f. 
war, der Kult der Phyleneponyme ob. Sonst ist das 
Amt in der Zeit der Demokratie völlig aus der Ver- 
waltung des Staates verdrängt, eine Erinnerung an 
eine frühere Verfassungsperirde. Wenn nun dieses 
Amt um das Jahr 330 trotz seiner staatsrechtlichen 
Nullität noch richterliche Funktionen ausübt, so kann 
man diese Kompetenz nur historisch erklären; sie ist 
den Phylobasileis aus älterer Zeit geblieben. Die 
Demokratie überträgt successive alle Gerichtsbarkeit 
dem Demos. Die wichtigere Gerichtsbarkeit der Epheten 
hat sie in ihrem Sinne umgestaltet oder in Beschlag 
genommen. Die Gerichtsbarkeit am Prytaneion hat 
sie sich auch angeeignet; aber hier führte sie nicht 
neue Kollegien ein, sondern nahm dem Gerichtshofe 
alle wichtigen Kompetenzen, so dafs nur das Schein- 
gericht übrig blieb. Dieses mochten die Phylobasileis 
unbeschadet der Souveränität des Demos weiterführen. 
Die Destruction der alten Gerichtsbehörden beginnt 
mit der Einführung der Volksgerichte; sie ist etwa mit 
dem Jahre 404/3, wo die Ephetengerichte umgestaltet 
wurden, vollendet; jetzt beginnt der Abbau der Ge- 
richtsbarkeit der Ekklesie und Bule. In diese Ent- 
wicklung ist auch das Gericht am Prytaneion mit ver- 
wickelt. Wenn denn also die Scheingerichtsbarkeit der 
Phylobasileis am Prytaneion nur der traurige Rest 
früherer grölserer Machtstellung ist, und wenn wir aus 


das Kollegium; Jızaleıv wie in dem ganzen Kapitel in weiterem 
Sinne. Pollux VIII 120 προειστήκεσαν δὲ τούτου τοῦ διχαστη- 
olov φυλοβασιλεῖς, οὃς ἔδει τὸ ἐμπεσὸν ἄψυχον ὑπερορίσαι ist 
konfus. 

') CIA. I 84 ἐκ τῶν φυλοβασιλιχῶν φ[υἹλο[ βα]σιλ[ εῦσιν]; 
vgl. H. Droysen, Hermes XIV 587. 


8. Kap. 
D..8, 101 


Andok. 
en? 


— 0 — 


dem Amnestiegesetz Richter kennen lernen, welche eine 
grölsere Gerichtsbarkeit am Prytaneion hatten, so 
sehe ich es als die natürlichste Annahme an, dals 
diese Richter am Prytaneion die Phylobasileis waren; 
sie richteten, wie das ihrer Stellung im Staate be- 
sonders entspricht, über Fälle von Verfassungsumsturz. 
Solon hätte in Anlehnung an die bestehende Ver- 
teilung der Gerichtsbarkeit seine Eisangelie ἐχεὶ 
χαταλίσει τοῦ δήμου dem Gerichte am Prytaneion 
übertragen müssen; er giebt sie dem Areopag. 
Nicht dem aus so wenigen Mitgliedern bestehenden 
Gerichtshofe, wo oligarchische Einflüsse sich leicht 
geltend machen konnten, wollte er den Schutz der 
Verfassung anvertrauen. Es ist dies eine mittelbare 
Beschränkung der Kompetenzen des Gerichtes am 
Prytaneion. Genommen hat er diesem die Fälle ἐτχεὶ 
τυραννίδι nicht, denn noch in der ersten Hälfte von 
ol. 93, 4 (405) ist ihre Gerichtsbarkeit durch das Pse- 
phisma des Patrokleides (Andok. I, 77 ff.)!) bezeugt. 
Die Worte, welche darin dem solonischen Amnestie- 
gesetz entlehnt sind, haben sich viel gefallen lassen 
müssen: ἢ 2£_4gelov srayov ἢ τῶν ἐφετῶν ἢ ἐκ Πρυ- 
τανείου ἢ Jehyıviov ἐδιχάσϑη ἢ ὑττὸ τῶν βασιλέων. 
Dals das letzte ἢ falsch ist, ergiebt die genaue An- 
lehnung an die Wortstellung des älteren Gesetzes 
χαταδικασϑέντες ὑπὸ τῶν βασιλέων; es ist zu tilgen, 
wie schon seit langer Zeit erkannt ist?). Zu erklären 
bleibt JeAgıriov. Zur Zeit des Atimiegesetzes war 


1) πλὴν ὁπόσα ἐν στήλαις γέγραπται τῶν μὴ ἐνθάδε μει- 
γάντων, ἢ ἐξ Aoelov πάγου ἢ τῶν ἐφετῶν n ἐχ Πρυτανείου ἢ 
“Ἰελφινίου ἐδικάσϑη ἢ ὑπὸ τῶν βασιλέων, ἢ ἐπὶ φόνῳ τίς ἔστι 
φυγὴ ἢ ϑάνατος χκατεγνώσϑη, ἢ σφαγεῦσιν ἢ τυράννοις. 

5) Vgl. Sluiteri Leett. Andoc. ed. Schiller (Leipzig 1834) 
p- 36 564. 


— 11 — 


das Gericht am Delphinion noch wesensgleich mit den 
anderen Ephetengerichten, darum fällt es mit unter 
τῶν ἐφετῶν. Wenn es jetzt besonders genannt wird, so 
hat eine Veränderung stattgefunden, welche es von den 
Epheten am Palladion und beim Phreatos unterscheidet; 
welche das war, kann nicht zweifelhaft sein. Die 
lysianische Rede über Eratosthenes’ Tötung hat schon 
längst den Verdacht erregt, dafs sie nicht vor den alten 
Epheten, sondern vor heliastischen Richtern gesprochen 
sei!). Ich sehe daher in jener Sonderung des Delphi- 
nion das erste Zeugnis für die Besetzung des Epheten- 
gerichtshofes nach heliastischem Muster. Wer über das 
vor Jekgıviov fehlende &x nicht hinfortkommt, muls 
schon vor τῶν ἐφετῶν, wo die Präposition auch fehlt, 
stehen bleiben. Wenn der Antragsteller hier das demo- 
kratisch reformierte Gericht am Delphinion nicht mit 
unter den Namen der Epheten begreift, so beweist das 
nicht gegen meine vorher aufgestellte Ansicht, dafs die 
Epheten den alten Namen unter verändertem Wesen bei- 
behalten hätten. Der Antragsteller scheidet nach der Be- 
setzung der Gerichtshöfe ; dakonnte erden Namen, dessen 
Weiterleben Demosthenes (Aristokr. 38) und Aristoteles 
bezeugen, nicht gebrauchen, denn unter ἐφέται begriff 
man schon zwei verschiedene Arten von Gerichtshöfen. 
So sondert das Psephisma Areopagiten, 51 Epheten, 
Phylobasileis am Prytaneion, heliastische Richter am 
Delphinion. Im folgenden ist aufser in der verständ- 
lichen Zweiteilung ἢ ἐπὶ φόνῳ τίς ἐστι φυγὴ ἢ 9ϑά- 
νατος κατεγνώσϑη, welche dem einzigen ἐστὶ φόνῳ im 
Amnestiegesetz entsprechen, trotz des vorhergehenden 
Zusatzes von ἢ Jehpıviov — σφαγεῦσιν und τυράννοις 
haben ihr Korrelat— nichts hinzugesetzt. Damitist keine 


ἢ Meier-Schömann-Lipsius, Att. Proc., ὃ. 174 f. Blafs, 
Att. Bereds., 15 572, 3. Philippi, Der Areopag etc., ὃ. 318 ft. 


8. Kap. 
p. 8, 16 £. 


8. Kap. 
ἘΠ 16 f. 


— 12 — 


Responsion aufgegeben, denn auch das Amnestiegesetz 
enthält keine, wenigstens nicht eine solche, wie man 
sie gefordert hat. Dort sind auch die Gerichtshöfe 
nach der Verschiedenheit der Besetzung aufgeführt, 
aber die Vergehen nicht nach den Gerichtshöfen, son- 
dern nach ihrer Qualität. φόνος und σφαγαί ge- 
hören dem Kriminalprozels, die τυραννίς dem Staats- 
prozels an; daher £rı φόνῳ ἢ σφαγαῖσιν ἢ ἐπὶ 
τυραννίδι, nicht ἐττὶ φόνῳ ἢ ἐτεὶ σφαγ.- Ἰ) ἐπὶ τυρ. Die 
sachliche Einteilung entspricht hier der Abfolge der 
Gerichtshöfe; dals man so φόνος, ogyeyal, τυραννίς 
ordnete, wo es ging, ist verständlich, aber es ist ein 
Zufall, dafs es möglich war; denn sonst zerreifst die 
athenische Gerichtsbarkeit die rechtlich gleichartige 
Materie doch nur zu oft. Wenn also Patrokleides 
r, Jekgıviov anflickt, so erwuchs für ihn daraus keine 
Nötigung, auch im Folgenden zu ändern. Um zusammen- 
zufassen: die Phylobasileis hatten am Prytaneion poli- 
tische Gerichtsbarkeit vor Solon; Solon läfst sie ihnen, 
soweit wie sie sie haben, aber er giebt dem Areopag, 
was ihnen nach alter Ordnung gebührt hätte, die Eis- 
angelie ἐπεὶ χαταλίσει τοῦ δήμου. Noch im Jahre 405 
sind sie im Besitze dieser Gerichtsbarkeit, während 
am Delphinion schon eine demokratische Umgestaltung 
vorgenommen ist. Unmittelbar darauf haben auch die 
Gerichtshöfe am Palladion (vor 399) und beim Phreatos 
sich zu quasi-ephetischen umwandeln lassen müssen. 
Vielleicht zu gleicher Zeit wird den Phylobasileis ihre 
Gerichtsbarkeit bis auf ein Scheingericht beschränkt. 
Im 4. Jahrhundert ist die Klage ἐπεὶ τυραννίδι in das 
Eisangeliegesetz aufgenommen, gehört also vor die 
Ekklesie und in zweiter Linie nach dem gewöhnlichen 
Geschäftsgange vor die Heliasten unter dem Präsidium 
der Thesmotheten. 


— 115 — 


Die Mafsregel Solons gewinnt in diesem Zusammen- 8. Kap. 
hange Bedeutung. Solon wahrt nach Aristoteles, wie? ® 10 #- 
gezeigt, nicht blofs die Rechte des Areopags, er er- 
weitert ihm auch bedeutsam die Kompetenz, indem er 
ihm einen Prozels überträgt, der eigentlich einem älteren 
Forum hätte zufallen sollen, der aber mit der Stellung 
des Areopags als ἐπίσχοττος τῆς ττολιτείας im Einklang 
steht. Die Angaben des Aristoteles über den Areopag 
bis zur solonischen Gesetzgebung sind also nicht iden- 
tisch, sondern geben eine den Verfassungsperioden ent- 
sprechende Entwicklung seiner Kompetenzen zu er- 
kennen. Wenn in den mit epischer Formelhaftigkeit 
wiederkehrenden Angaben Polemik lag, so liegt in der 
Andeutung einer Entwicklung der Gerechtsame dieser 
Körperschaft ein Beweis für die Richtigkeit der contro- 
versen Behauptung, dals die areopagitische Bule vor 
Solon existierte. Denn nur an Bestehendem ist Ent- 
wicklung möglich. 

Allein wir können unseren Satz noch nicht ver- Beamten- 
lassen. Ich habe die Untersuchung absichtlich bisher hunde 
über einen Punkt hinweg gleiten lassen, welcher der 
gegebenen Auffassung, dals Solon die Kompetenzen des 
ÄAreopags nach Aristoteles nicht blofs wahrt, sondern 
sogar vermehrt, zu widersprechen scheinen könnte. 
Drakon gab dem Areopag die εὔϑυνα: liefs sie ihm 
Solon nach Aristoteles? gab er sie nicht vielmehr dem 
Volke? Aristoteles erzählt, dafs es eine Periode der 
athenischen Verfassung gab, in welcher der Areopag 
die Ämter auf ein Jahr ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην be- 
stellte (Kap. 5)'); das war die Periode, welche un- 


1) Das ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνϑδην schliefst natürlich das 
χρένειν ... τὸν ἐπιτήδειον ἐφ᾽ ἑχάστῃη τῶν ἀρχῶν are. 6. ὃ 
nicht aus. 

Keil, Aristoteles. 


[0 0) 


ἃ 


-- 114 -- 


8. Καρ. mittelbar auf die 10jährige Amtsbefristung folgte. Nun 
P- δ, 10 0. Kommt die Epoche, wo der Areopag nicht mehr be- 
stellt, sondern wo die Ämter durch Wahl ἀριστίνδην 
χαὶ πλουτίνδην besetzt wurden. Wer wählte? Wer 
hatte die Beamtenkontrolle? Es folgt die drakontische 
Verfassungsperiode: die Ämter werden nicht mehr 
durch eine Wahl ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην besetzt, 
sondern durch eine Wahl oder Erlosung aus der o- 
λιτεία, welche durch einen bestimmten Census ab- 
gegrenzt war (τὸ Orcha παρέχεσϑαι):; für höhere Ämter 
gehörte innerhalb der zoAırei« ein bestimmter Census 
zur Qualification. Wer wählt? Wer nimmt die εὔϑυνα 
ab? Die letztere Frage findet eine Antwort; der 
Areopag achtet darauf, dals die Beamten xara τοὺς 
vouovg walten, also wird man sich die bei den Hippar- 
chen genannten εὔϑυναι vor dieser Körperschaft denken. 
Solon vereinigt die beiden bei Drakon nebeneinander 
stehenden Prineipe der Ämterbesetzung, das oligar- 
chische Wählen und das demokratische Losen: τὰς δ᾽ 
ἀρχὰς ἐποίησεν χληρωτὰς Ex ττροχρίτων. Wer wählt 
oder vielmehr προχρίνδι ὃ Die φυλέται. Wer nimmt die 
εὔϑυνα ab? Schweigen? Zunächst liegt es auf der 
Hand, dafs der Ämterbesetzung eine natürliche oder 
richtiger vielleicht eine logische Weiterentwicklung 
gegeben ist: χαϑιστάναι ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην, 
αἱρεῖσϑαι ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην, αἱρεῖσϑαι und 
χληροῦν &x τῶν Orcha παρεχομένων, προχρίνειν und χλη- 
ροῦν ἐχ τῆς πολιτείας. Mit dieser Entwicklung steht 
im Einklang die aristotelische Theorie: τὸ δὲ τινὰς ἐχ 
τινῶν (alo&osı) ολιγαρχιχον, χαὶ τὸ τινὰς ἐχ τινῶν 
χλήρῳ, μὴ γενόμενον δ᾽ ὁμοίως '), χαὶ τὸ τινὰς ἐχ τινῶν 


1 Diese Worte sind beanstandet worden; sie erhalten 
aber durch das Kapitel über Drakon ihre Bestätigung; die 


-- 115 -- 


ἀμφοῖν" τὸ δὲ τινὰς ἐξ ἁπάντων τό τε ἐκ τινῶν αἱρέσει 8. Kap. 
P-8, ἸΟῊΣ 


τινὲς der Oligarchie sind nicht gleichmäfsig vom Gesetz ge- 
stellt; es existiert noch eine timokratische Bestimmung für das 
Losen, welche nur Wohlhabenderen gewisse Ämter eröffnet. 
Allerdings steht das nicht so handgreiflich im Texte des 
4. Kapitels. Es ist klar, dafs die Worte χληροῦσϑαε δὲ χαὶ p. 3, 38 
ταύτην zei τὰς ἄλλας ἀρχὰς τοὺς χτὲ. im Widerspruch mit dem 
ersten Teile des Kapitels stehen, wo nur vom α͵ρεῖσϑαι die 
Rede ist. Weiter müssen die ἄλλαν ἀρχαί doch zu den gerin- 
geren gehören, da die bedeutenden schon genannt sind. Sie 
können also nur mit den ἄλλαι ἀρχαὶ . . . ἐλάττους identisch 
sein. In diesem Falle fehlt also ein dem ἡροῦντο p. 3, 20 
entgegenstehendes ἐχλήρουν im Texte. Wo es einzufügen ist, 
kann nicht zweifelhaft sein. Die einfache Wortkritik hat schon 
p- 3, 23 einen Wortausfall konstatieren müssen; er ist durch 
den Übergang von der ersten zur zweiten Kolumne verursacht. 
Ich vermute, dafs aufser dem vermifsten Artikel dabei noch 
zwei Worte verloren gingen, und möchte so schreiben: ἡροῦντο 
δὲ τοὺς μὲν ἐννέα ἄρχοντας καὶ τοὺς ταμίας οὐσίαν χεχτημένους 
οὐκ ἔλαττον ἢ δέχα μνῶν ἐλευϑέραν, τὰς δ᾽ ἄλλας ἀρχὰς | {ἐκλή- 
ρουν, τὰς μὲν) ἐλάττους ἐχ τῶν ὅπλα παρεχομένων, στρατηγοὺς 
δὲ χαὶ ἱππάρχους οὐσίαν ἀποφαίνοντας οὐκ ἔλαττον ἢ xre. So 
ist der Widerspruch mit p. 4, 3 f. gehoben. Mir ist mündlich 
gegen diese Supplierung eingewendet worden, sie bringe eine 
sachliche Unmöglichkeit hinein: die Strategen seien nie erlost 
worden. Ich glaube, der Gegengrund hält nicht Stich. Zunächst 
waren Strategen und Hipparchen damals sicher untere Beamte, 
denn der Polemarch führt noch um das Jahr 490 das Heer, 
und 501/0 wurden zum erstenmale 10 Strategen aus jeder 
Phyle gewählt; hier beginnt erst die Entwicklung der Strategie; 
noch im 5. Jahrh. hat ja der Polemarch mehr Bedeutung als 
im 4. Jahrh. Wir haben also nicht das Recht, einen Wahl- 
modus, der einem Amte zur Zeit seiner höchsten Bedeutung 
zukommt, für dieses Amt zu fordern zu einer Zeit, wo es noch 
keine solehe Bedeutung hatte. Und dafs die Strategie und die 
Hipparchie zu den niederen Ämtern in der drakontischen Ver- 
fassung des Aristoteles gehörten, ist nicht zu leugnen; die Ab- 
folge der Angaben des Aristoteles rubriziert sie unter die 
ἐλάττους. Aber man leugne immerhin: wer giebt uns das 
8* 


8. Kap. 
p- 8, 10 #. 


— 16 — 


sravrag ἀριστοχρατιχόν (Polit. 1300 b1 ff.)!) und ἐὰν δ᾽. 
ἐνίων μὲν αἱρετοὶ ἐνίων δὲ χληρωτοί, καὶ χληρωτοὶ 
ἢ ἁπλῶς ἢ ἐκ τεροχρίτων, 7 κοινῇ αἱρετοὶ χαὶ χληρωτοί, 
τὰ μὲν :τολιτείας ἀριστοχρατικῆς ἐστι τούτων, τὰ δὲ 
πολιτείας αὐτῆς (Polit. 1298 b 8 84). Diese Ent- 
wickelung der Modalitäten der Stellenbesetzung und 
ihre Übereinstimmung mit der Theorie läfst zweierlei 
erschliefsen: einmal, dafs das vierte Kapitel echt ist, 
da es ein notwendiges Glied in der Darstellung jener 
Entwicklung bildet, und zweitens, dals Aristoteles die 
vorher anscheinend teilweise unbeantwortet gebliebenen 
Fragen nach .dem Wahlmodus und der Rechenschafts- 
legung in Wirklichkeit beantwortet haben will; denn 
wer eine solche Entwicklung statuiert, kann über Fak- 
toren, welche die einzelnen Glieder der Entwickelung 
sehr wesentlich bestimmen, nicht in Unklarheit ge- 
wesen sein und seine Leser nicht haben im Unklaren 
lassen wollen. In der drakontischen Verfassung giebt 
es eine Bule und eine Ekklesie, und für jene giebt es 
Prytanen?); es kommt schon das Losen zur Anwen- 


Recht, den Mafsstab der historischen Notwendigkeit an einen 
Bericht zu legen, der in seinen Einzelheiten auf seine histo- 
rische Glaubwürdigkeit nicht mehr kontrollierbar ist? Aristo- 
teles hat den Bericht übernommen, weil er ihn für den rich- 
tigen hielt. Aicht der Name des Aristoteles jede Angabe in 
der πολ. A9nv.? weshalb ich das nicht denke, führe ich weiter 
unten aus. Wenn die Supplierung den Widerspruch mit der 
zweiten Hälfte des Kapitels beseitigt, die Satzfügung nicht 
blofs nicht stört, sondern noch schärfer gliedert, wenn sıe 
einen aus dem Gesamtcharakter des ganzen Kapitels nicht zu 
beanstandenden Sinn bringt, wie können äufsere Gründe ein 
Veto einlegen? 

1) Polit. 1300a 37 τὸ δὲ ἀμφοῖν λέγω τὰς μὲν χλήρῳ Tas 
δ᾽ αἱρέσει. 

2) Die Darstellung der drakontischen Verfassung, welche 


— 17 -- 


dung. Die Bule wird aus der ganzen στολιτεία erlost; 8. Kap. 
die Antwort, wer wählt, kann also nicht zweifelhaft P- ® 10 δ. 
sein. Die Männer, welche an der πολιτεία Anteil 
haben, die Orrka παρεχόμενοι, wählen ihre Beamten. 
Hier ist die anscheinend fehlende Antwort in der 
ganzen Darstellung der Verfassung gegeben. Aber 
diese Verfassung gewährt nicht den Wählern der Be- 
amten auch die εὔϑυνα:; weil man dies erwarten mülste, 
wird das Gegenteil ausdrücklich angegeben. Das 
Wählen ist eine Ausübung eines verfassungsmälsigen 


Aristoteles giebt, enthält die wesentlichen Elemente der spä- 
teren demokratischen Staatsordnung. Wenn in ihr neben 
Ekklesie und Bule Prytanen ohne jeden weiteren Zusatz ge- 
nannt werden, so ist diese Behörde nach Art der späteren 
Prytanen zu erklären als Ausschufs der Bule (s. 0.). Die Prytanen 
der Naukraren des Herodot mit diesen Prytanen zusammen- 
zubringen, hat man nicht blofs nicht die Pflicht, sondern nicht 
einmal das Recht. Sie sind, falls die Angabe des Herodot 
richtig ist (V 71 οἱ πρυτάνιες τῶν ναυχράρων, οἵπερ ἔνεμον τότε 
τὰς ᾿4“ϑήνας), eine vordrakontische Behörde; die arist. Darstellung 
der drakontischen Verfassung zeigt aber einen solchen Abstand 
gegen die der vordrakontischen, dafs wir kein Recht haben, 
etwaige Institutionen dieser Verfassung auf die jüngere zu 
übertragen, selbst wenn diese Institutionen beim Aristoteles 
selbst berichtet würden. Aber Aristoteles sagt nichts vom 
Naukrarenrat, nichts von ihren Prytanen; die Prytanen treten 
erst mit der Bule und der sonstigen halbdemokratisch aus- 
gestatteten Verfassung auf. — Ebensowenig wie die Prytanen 
der Naukraren mit den Prytanen der drakontischen Ver- 
fassung nach Aristoteles zusammenzuhalten sind, sind sie es 
auch mit dem Gerichtshof der Phylobasileis. Die Naukraren 
und ihre Prytanen könnten nur eine Verwaltungsbehörde unter 
dem Vorsitze des Basileus gewesen sein, die Phylobasileis 
bildeten einen Gerichtshof unter dem Vorsitze des Basileus. 
Die Institutionen werden ihrer Thätigkeit und ihrer Zusammen- 
setzung nach verschiedene gewesen sein; sie hatten nur den 
Vorsitzenden und vielleicht das Sitzungslokal gemeinsam. 


— 118 — 


8. Kap. Rechtes; nur wer an der πολιτεία einer Verfassung teil 
P 8, 10#. hat, kann wählen. Wo von einem Wählen in einer 
Verfassung gesprochen wird, wählen also die μετέχον- 
τὲς τῆς πολιτείας. Wenn vom Wählen in der vor- 
drakontischen Periode die Rede ist, so wählen, wie 
auch ohne einen besonderen Zusatz verständlich ist, 
die Mitglieder der Geburts- und Geldaristokratie; sie 
wählen aus ihren Kreisen, denn nur diese haben die 
rolıreia. Das wäre ansich schon sicher zu erschlielsen ; 
aber Aristoteles giebt es auch selbst ausdrücklich an: 
ἡ γὰρ αἵρεσις τῶν ἀρχόντων ἀριστίνδην χαὶ τιλου- 
τίνδην ἦν. Er giebt nur die Kreise an, aus denen ge- 
wählt wurde; da diese aber allein die πολιτεία in der 
Aristokratie hatten, so überläfst er dem denkenden 
Leser den notwendigen Schlufs auf die Wähler. Man 
kann eine εὔϑυνα in solcher Verfassung gar nicht er- 
warten; fragt jemand aber doch danach, so ist in den 
Worten über den Areopag die Antwort gegeben. 
Also Aristoteles lehrt: die Wahl der Beamten war 
ein Princip, welches schon die πολιτεία der ältesten 
Zeit kannte; Drakon übernahm es und fügte das χλης- 
ροῦν hinzu. Was hat Solon also Neues gegeben? 
Wählen kann jeder, der an der πολιτεία Anteil hat. 
Mit der Ausdehnung der staatsbürgerlichen Rechte auf 
die Orria sragsyousvoı ging das aktive Wahlrecht auf 
alle, die diesen Census hatten, über; mit der Ausdehnung 
dieser Rechte auf alle Athener erhalten das aktive 
Wahlrecht eben alle Athener. Solon hat, indem er 
dem Volke die Wahl der Beamten gab, nichts anderes 
gethan, als was in der veränderten Verfassung lag. 
Das ist keine besondere Fürsorge für das Volk ge- 
wesen: es war die Konsequenz der neuen srolıreia. 
So lehrt Aristoteles im Gegensatz zu der Tradition der 
Atthis, welche Aufhebens davon machte, dafs Solon 
dem Volke das aktive Wahlrecht gegeben habe. Und 


— 119 -- 


die εὔϑυνα Ὁ Es galt als Grundsatz der demokratischen 
Staatsauffassung, dafs wer wählt auch Rechenschaft 
von dem Gewählten zu verlangen hat. In ältester Zeit 
wählte der Geld- und Geburtsadel: wenn die εὔϑυνα 
abgenommen wurde, so geschah dies, nach Aristoteles, 
nicht von den damaligen Wählern, sondern vom Areo- 
pag. Unter der drakontischen Verfassung wählten 
die Orrha srageyousvoı, aber die εὔϑυνα wurde vor dem 
ÄAreopag abgelegt. Also es galt nicht immer in Athen 
jener Grundsatz οὗ τὸ αἱρεῖσϑαι, τούτου καὶ τὸ εὐϑύ- 
veıv. Solon gab dem Volke die πολιτεία und damit 
das aktive Wahlrecht: gab er ihm auch die εὔϑυνα ὃ 
Antwort: τὴν δὲ τῶν Ageorrayırav (βουλὴν) ἔταξεν 
ἐπὶ τὸ νομοφυιλαχεῖν, ὥσπερ ὑπῆρχεν χαὶ τερότερον 
ἐπίσχοποος οὖσα τῆς πολιτείας, χαὶ τά τε ἄλλα τὰ 
χλεῖστα χαὶ τὰ μέγιστα τῶν πολιτιχῶν διετήρει καὶ τοὺς 
ἁμαρτάνοντας ηὔϑυνεν χυρία οὖσα τοῦ ζημιοῦν χαὶ 
χολάζειν. Das soll an φύλαξ ἣν τῶν νόμων in der dra- 
kontischen Verfassung, soll an das dıwası de τὰ πλεῖστα 
χαὶ Ta μέγιστα τῶν ἐν τῇ πόλει χαὶ κολάζουσα χαὶ ζη- 
μιοῦσα scavrag τοὺς ἀκοσμοῦντας κυρίως schon im Wort- 
laut erinnern. Und in Drakons Verfassung hatte der 
Areopag die Beamtencensur, in der ältesten Verfassung, 
falls die εὔϑυνα bestand, auch. Was soll man anderes 
schliefsen, als dafs der Areopag die εὔϑυνα auch nach 
Solons Satzungen gehabt habe? Und nun fällt das 
Wort εὐθύνειν selbst. Das kann ja weitere Bedeutung 
haben, aber in diesem Zusammenhange, der auf die 
εὐϑυνα nach Drakon schon hinweist, wie kann man es 
anders fassen als auch im technischen Sinne der εὔϑυνα Ὁ 
Ich kann nicht anders, ich muls schliefsen, dafs Aristo- 
teles dem Areopag und nicht dem Volke die εὔϑυνα 
in der solonischen Verfassung vindicierte. Mit der- 
selben Absichtlichkeit, mit der in der drakontischen 


8. Kap. 
p- 8, 10 ff. 


Ρ. 8, 13 


-- 120 — 


8. Kap. Verfassung die Beamtenkontrolle durch den Areopag 
P-8,12 perichtet wurde, wird hier das technische εὐθύνειν ge- 
setzt; also gerade der Mann, welcher die Volks- 
gerichte einsetzte, gab ihnen die εὔϑυνα nicht. Wieder 
steht Aristoteles im Gegensatz zur Atthis. Aber nicht 
“nur zu dieser; was viel bedeutsamer und bedenklicher 

ist, er widerspricht sich selbst). 


Reto! Es sind zwei oft eitierte Stellen der Politik, die 
Polit. und 


704.491». der Darstellung in der πολ. 49nv. Gegenpart halten: 
Ertei Σόλων γε ἔοικε τὴν ἀναγκαιοτάτην ἀποδιδόναι τῷ 

\ - x ΄ 
δήμῳ δύναμιν, τὸ τὰς ἀρχὰς αἱρεῖσϑαι χαὶ εὐϑύνειν 


1) Zwischen den Berichten über den Sturz des Areopags 
in der Politik 1274a 7 und πολ. ’49nv. besteht kein Wider- 
spruch. In dieser ist Ephialtes derjenige, der ihn ‘stürzt, 
Themistokles nur ovrefrıos, Kap. 25: ἔπραξε δὲ ταῦτα (Ἐφιάλ- 
της) συναιτίου γενομένου Θεμιστοχλέους. Kap. 27 (Περικλῆς) τῶν 
Aogsoneyırov ἔνια περιείλετο .. . ἐποίησε δὲ χαὶ τὰ δικαστήρια 
μισϑοφόρα Περικλῆς πρῶτος. Dem entspricht genau in der 
Politik: τὴν μὲν ἐν Aoeiw πάγῳ βουλὴν ᾿Εφιάλτης ἐχόλουσε καὶ 
Περικλῆς, τὰ δὲ δικαστήρια μισϑοφόρα κατέστησε Περικλῆς. The- 
mistokles hat als συναίτιος keinen Platz, wo nur die Männer 
der Initiative genannt werden. Im übrigen ist es m. E. nicht 
richtig, aus der bedenklichen Hereinziehung des Themistokles 
in diese Affaire die ganze Darstellung des Aristoteles zu ver- 
dächtigen. An sich ist es wahrscheinlich, dafs die Beschrän- 
kung der Kompetenzen des Areopags nicht durch einen Akt 
vollzogen wurde, sondern im Laufe eines längeren politischen 
Kampfes erfolgte. Wenn Perikles zu wirklicher Bedeutung 
erst zu der Zeit gelangte, welche Aristoteles andeutet — und 
ich sehe keinen Grund gegen die Richtigkeit dieser Chronologie, 
nur manchen dafür —, dann ist es sehr wahrscheinlich, dafs 
er nicht mit, sondern nach Ephialtes gegen den Areopag 
gekämpft hat. Ich glaube, dafs Aristoteles recht hat, wenn 
er Ephialtes’ und Perikles’ Thätigkeit in dieser Beziehung 
zeitlich sondert, und dafs die Recepta, verleitet durch die Gleich- 
heit der Tendenz und der Erfolge beider Männer, hier fälsch- 
licherweise eine Coineidenz geschaffen hat. 


— 221 — 


(1274 a 15) und τὸ μὲν γὰρ μετέχειν αὐτοὺς (d.h. die 8. Kap. 
Menge) τῶν ἀρχῶν τῶν μεγίστων οὐχ ἀσφαλές... τὸ Pr" 
δὲ μὴ μεταδιδόναι μηδὲ μετέχειν αὐτούς... διόττερ καὶ 
Σόλων χαὶ τῶν ἄλλων τινὲς νομοϑετῶν ταττουσιν Ertl TE 
τὰς ἀρχαιρεσίας χαὶ τὰς εὐθύνας τῶν ἀρχόντων, ἄρχειν 
δὲ κατὰ μόνας οὐκ ἐῶσιν (1281 b 25 ff.). Nun könnte 
ich mir die Sache mit der ersten Stelle sehr leicht 
machen; ich brauchte mich nur denen anzuschlielsen, 
‚welche das ganze Kapitel, dem sie angehört, athetieren. 
Allein dieses Kapitel enthält so viele handgreifliche 
Übereinstimmungen im einzelnen wie im ganzen Ge- 
dankeninhalt mit der 7704. 49v., deckt sich an unserer 
Stelle so vollkommen mit dem zweiten Zeugnis aus 
der Politik, dafs ich mit dem Pater Hardouin zu riva- 
lisieren glauben würde, wollte ich an seiner Echtheit 
zweifeln. Ich könnte mir auch bei der zweiten Stelle 
helfen, nachdem ich die erste athetiert hätte, aber 
nicht durch Athetese, sondern durch Interpretation. 
Die Worte Polit. 1319 b 19 ἐτε δὲ χαὶ τὰ τοιαῦτα χατα- 
σχευάσματα χρήσιμα πρὸς τὴν δημοχρατίαν.... οἷς Κλει- 
σϑένης τε ,1ϑήνησιν ἐχρήσατο... χαὶ ττερὶ Κυρήνην οἱ 
τὸν δῆμον χαϑιστάντες. φυλαί τε γὰρ ἕτεραι ποιητέαι 
χυλείους χαὶ φρατρίαι, χαὶ τὰ τῶν ἰδίων ἱερῶν συνα- 
χτέον εἰς ὀλίγα χαὶ κοινά, zal πάντα σοφιστέον, ὅττως 
ἂν ὅτι μάλιστα ἀναμιχϑῶσι ἀλλήλοις πάντες (p. 23, 8 
ἀναμίσγεσϑαι τὸ τιλῆϑος) hat man bisher so verstanden, 
dafs auch das von den Heiligtümern Gesagte auf Klei- 
sthenes zu beziehen sei; jetzt ersehen wir aus der 
roh. Adyv. (23, 24 τὰς ἱερωσύνας εἴασεν ἔχειν ἑχάστους 
χατὰ τὰ πάτρια), dals die Beziehung zu weit war. 
Könnten nicht ebenso oben p. 1281 Ὁ 25 die ἀρχαιρεσίαι 
nur auf Solon, die eu$uvar auf τῶν ἄλλων τινὲς vouo- 
ϑετῶν gehen? Die erste Stelle athetieren, die zweite 
durch eine gar nicht zu beanstandende Interpretation 


x 


-- 12 — 


3 er erledigen, und der Widerspruch mit der zr04. AInv. 

ΡΝ ΤΣ existierte nicht mehr. Allein ich halte beide Stellen 
für aristotelisch, ich halte auch die πολ. Ar. für 
aristotelisch und nehme einen Widerspruch zwischen der 
Politik und der Politeia hin. Er ist zu erklären, aber 
nicht er allein. Es existieren ja noch andere Diffe- 
renzen zwischen den beiden Werken des Aristoteles, 
so die Berechnung der Regierungszeit der Peisistra- 
tiden (πολ. A9nv. p. 18, 1 ἢ, 21, 19 ἢ Polit. 1315 b 
30 ff.) und das vollständige Ignorieren des Kritias neben 
Charikles in der Politik (1305 b 25) gegenüber der 
Bedeutung, welche Kritias in der 04. Av. ein- 
geräumt wird. 

Ab- Aristoteleshat an der Politik noch nach dem Sommer 
nesun&s 336 gearbeitet, denn die Ermordung Philipps wird er- 
Politik wähnt (Polit. 1311 b2)!). Susemihl hält für möglich, 

dals die Schrift selbst im Jahre 333 noch nicht ab- 
geschlossen war?), denn die Worte 1272b 20 vewori 
(τε) σπτόλεμος ξενιχὸς διαβέβηχεν eig τὴν νῆσον (Kreta), ὃς 
γεδητοίηκε φανερὰν τὴν ἀσϑένειαν τῶν ἐχεῖ νόμων könnten 
sowohl auf den Abzug des Phalaikos mit seinen Söld- 
nern nach Kreta im Jahre 346 wie auf den Feldzug 
des Agis mit einem Söldnerheere gegen Kreta im 
Jahre 333 gehen. Allein die letztere Beziehung ver- 
bietet sich durch den Ausdruck der aristotelischen 
Worte von selbst. Erstens war der Feldzug des Agis 
kein £evınög στόλεμος, denn ein König führte ihn; 
zweitens besagt διαβέβηκεν, dals der Söldnerkrieg aus 
einem anderen Lande nach Kreta hinübergetragen 
wurde, drittens rechtfertigt, was wir über die Erfolge 
des Agis wissen, in keiner Weise den Inhalt des 


1) Oncken, Staatslehre des Aristoteles II 241. 
2) Susemihl, Aristoteles’ Politik, griech. und deutsch (Leip- 
zig 1879) II 94 Anm. 375. 


— 128 — 


aristotelischen Schlufswortes'). Die Worte gehen allein 8. Kap. 


auf den Söldnerführer Phalaikos, der von Phokis nach 
Kreta abzog und dort an den inneren Wirren teilnahm. 
Man hat bisher keinen terminus ante quem für die 
Politik gefunden; ich glaube aber, es giebt einen. 
Aristoteles sagt (1321 a 26) τὴν δὲ μετάδοσιν γίνεσθαι 
τῷ πλήϑει τοῦ πολιτεύματος ἤτοι, χαϑάπερ εἴρηται 
σερότερον, τοῖς τὸ τίμημα χτωμένοις, ἢ χαϑάπερ Θη- 
βαίοις, ἀττοσχομένοις χρόνον τινὰ τῶν βαναύσων ἔργων, 
ἢ χαϑάπερ ἐν Maooahig ze. So kann von Theben, 
namentlich neben dem noch bestehenden Massalia, ohne 
Restringierung nur gesprochen werden vor dem Sommer 
des Jahres 335; nach dieser Zeit muls es heilsen Θη- 
Batoıg ποτέ, denn es gab kein Theben mehr; die In- 
stitution wird aber als eine noch bestehende dargestellt. 
Ich halte also dafür, dafs zwischen den Sommern von 
336 und 335 der Abschlufs der Politik oder vielmehr 
der verschiedenen Entwürfe und Überarbeitungen der 
Politik erfolgt ist; mich bestärkt darin die Beobach- 
tung, dals vom Perserreich immer so gesprochen ist, 
dafs nirgends ein Zweifel an seinem Bestehen auf- 
steigen kann. Es führt nichts über das Jahr 335 hin- 


1 Hauptbericht bei Curtius IV 1, 39: magnitudo belli .. . 
(rraeciae quoque et Cretae arma commoverat. Agis Lacedaemonio- 
rum vex, octo milibus Graecorum, qui ex Cilicia profugi domos 
repetierant, contractis bellum Antipatro Macedoniae praefeceto moli- 
ebatur. Üretenses has aut illas partes secuti nunc Spartanorum 
nunc Mucedonum praesidis occupabantur. Sed leviora inter 
illos fuere discrimina, unum certamen, ex quo cetera pende- 
bant, intuente fortuna. — Arrian. Anab. II 13, 6 hat nichts 
und verwechselt Agis mit Agesilaos. — Schäfer, Demosthenes 
und seine Zeit? IL 362, 1 und Droysen, Hellenismus? I 1, 389, 1, 
letzterer in ausgesprochenem Gegensatz gegen Niebuhr, Vor- 
lesungen II 474, halten die Beziehung der aristotelischen Worte 
auf Phalaikos auch für allein zulässig. 


Ρ. 8, 13 


— 124 -- 


8. Kap. aus. Umgekehrt führen fast alle sonstigen datierbaren 
P-8& 18 Anspielungen in frühere Zeit, vor die Mitte der vier- 
ziger Jahre. Phalaikos’ Zug ist oben besprochen. 
Hinzu kommt 1312b 10 Εἰ: (φϑείρεται δὲ τυραννὶς 
ἕνα μὲν τρόπον .. .) Eva δ᾽ ἐξ αὑτῆς, ὅταν οἱ μετέ- 
χοντὲες στασιάζωσιν, ὥσπερ n τῶν περὶ Γέλωνα χαὶ 
νῦν ἡ τῶν περὶ Διονύσιον. ... Διονύσιον δὲ Δίων 
στρατεύσας... ἐχεῖνον ἐχβαλὼν διερϑάρη. Die Ver- 
treibung des jüngeren Dionysios fällt in die zweite 
Hälfte des Jahres 356; Dion stirbt im Anfang 353. 
Das νῦν rückt die Zeit der Niederschrift dieses Teiles 
der Politik in die Nähe des letzten Datums. Am 
Schlusse der Ethik spielt Aristoteles deutlich auf die 
Politik als auf ein demnächst von ihm zu erwartendes 
Werk an. Die Arbeitsart des Aristoteles lälst mit 
Sicherheit annehmen, dafs er damals schon das Buch in 
Angriff genommen hatte. Nun enthält dieser Schlufs der 
Ethik zugleich eine Polemik gegen Isokrates’ Antidosis 
(s. u. S. 146) von solcher Heftigkeit, dafs die isokrateische 
Schrift vor nicht allzu langer Zeit erst erschienen sein 
kann. Die Antidosis ist aber 353 herausgekommen ; 
der Schlufs der Ethik, welcher den Beginn der Arbeit 
an der Politik bezeugt, ist also in derselben Zeit ge- 
schrieben wie jener Passus über Dionysios.. Mithin 
arbeitet Aristoteles um 350 an diesem Buche; der ter- 
minus ante quem war 335. Fünfzehn Jahre sind eine 
so lange Arbeitszeit, dafs kein innerer Grund vorliegt, 
die Herausgabe noch weiter hinauszuschieben, wenn 
ein äufserer sie vor die Mitte des Jahres 335 verweist. 
Die Politik ist nicht in Athen vollendet, sondern in 
Kleinasien und Makedonien wesentlich wol auf Grund 
der Materialien, welche Aristoteles bis zum Jahre 347 
in Athen gesammelt hatte. Die πολ. 49. ist zwischen 
329 und 325, also in Athen geschrieben. Es ist nicht 


— lad m 


zu bezweifeln, dafs Aristoteles von den athenischen 8. Kap. 


litterarischen Erscheinungen auch während seiner Ab- 
wesenheit von Athen Kenntnis nahm; dafs er aber so 
folgen konnte, wie wenn er in Athen gewesen wäre, 
ist unwahrscheinlich. Konnten die zwanzig Jahre, 
von 350 bis c. 330, nicht Darstellungen der solonischen 
Verfassung gebracht haben mit einem Material, welches 
ihm bei der Niederschrift der Politik nicht bekannt 
war? Doch wir brauchen diese Möglichkeit gar nicht. 
Zwischen ce. 335 und ce. 329 liegt schon Zeit genug für das 
Auftauchen neuen Materials; und wenn es andere dem 
Aristoteles nicht geliefert hatten, konnte er es nicht 
selbst sich verschafft haben ? In dem Frühjahr nach dem 
zweiten Frieden des Demades, als das Meer wieder offen 
war, wird Aristoteles nach Athen, in das Quellgebiet 
für die πολ. 29ην., zurückgekehrt sein. Sollte der fer- 
tige Mann mit 50 Jahren nicht anders haben sehen und 
suchen können als der junge Akademiker im Anfang 
der dreifsiger? Ich denke, der Zeitunterschied erklärt 
die Differenz. Seine wissenschaftlichen Ansichten zu 
ändern, sei es durch eine andere Auffassung älterer 
Kenntnisse, sei es durch Hinzugewinnen neuen Wissens, 
kann dem Aristoteles so wenig zum Vorwurf ange- 
rechnet werden, wie es heutzutage jemandem vorgerückt 
werden sollte. Leider ist einem heutigen Gelehrten in 
der neuesten Litteratur über die πολ. A9nv. die 
Tugend des Umlernens vom Gegner ironisiert worden; 
wir aber wollen Menschen sein und am Aristoteles die 
Wahrheit des alten solonischen Spruches vom Altern 
und Zulernen nicht zum Gespötte machen. Der Chrono- 
logie der Peisistratiden hat Aristoteles in der πολ. 
ἡΖϑην. eine andere Bearbeitung der Atthis zu Grunde 
gelegt als der in der Politik gegebenen, sei es, weil 
diese Bearbeitung während der Niederschrift der Politik 


Ρ. 8, 13 


8. Kap. 
Ῥ. 8, 13 


p. 8, 18 ft. 


— 16 — 


noch nicht existierte, sei es, weil der Forscher im 
Jahre 327 eine andere Chronologie für richtiger hielt 
als im Jahre 347. Ebenso erklärt sich die Differenz 
in der Auffassung der Geschichte der Dreifsig und die 
Differenz betreffs der Zuteilung der εὔϑυνα in der 
solonischen Verfassung. Was er von der solonischen 
Verfassung wufste, und wie er über sie dachte, als 
er die Politik schrieb, kann nicht zum Mafsstab ge- 
nommen werden für spätere Schriften. Wie steht’s doch 
mit dem Staat und den Gesetzen des Platon? und sie 
liegen doch auch höchstens fünfzehn Jahre auseinander. 
Aber die erwähnten Unterschiede zwischen der 7204. 
43. und der Politik sind Einzelheiten; die Gesamt- 
auffassung der solonischen Verfassung ist in beiden 
Werken genau dieselbe. Nur fügen sich die Angaben 
des jüngeren Werkes dem Gesamtbilde von Solons 
Thätigkeit als der eines μέσος besser als die des älteren: 
die Änderung ist mit Absicht vorgenommen. Doch 
davon später im Zusammenhange mit anderen Beob- 
achtungen. Ich kehre zum Texte des Kapitels zurück. 

Der letzte Satz ist hinsichtlich seiner inneren Zu- 
gehörigkeit zum Vorhergehenden schon erörtert (5. 105). 
Das in ihm enthaltene Gesetz gegen den politischen In- 
differentismus wird auch von Plutarch (ce. 20) eitiert 
mit einer Bemerkung, die äulserlich merkwürdig im Aus- 
druck an Aristoteles’ νόμον ἔϑηχε πρὸς αὐτοὺς ἴδιον 
erinnert: τῶν δ᾽ ἄλλων αἰτοῦ νόμων ἴδιος μὲν μά- 
λιστα χαὶ παράδοξος: allein die Übereinstimmung be- 
weist nichts, da ἴδιος bei Aristoteles peculiaris, bei 
Plutarch singularis bedeutet. Plutarch erwähnt das 
Gesetz im Zusammenhange mit anderen Gesetzen des 
Solon!), welche bei ihm fünf Kapitel füllen (20—25), 


1) Begemann a. a. Ὁ. p. 20 macht darauf aufmerksam, 
dafs das in ἴδιος und παράδοξος enthaltene Urteil auch bei 


-- 127 -- 


Aristoteles erwähnt sonst kein solonisches Gesetz aus 
den Axones. Das stimmt zu der von ihm in der 
Politik ausgesprochenen Grundanschauung, welche 
R. Schöll so glänzend als echt griechisch illustriert 
hat: πολιτεία μὲν γάρ ἐστι τάξις ταῖς πόλεσιν ἢ 
περὶ τὰς ἀρχάς, τίνα τρόπον νενέμηνται χαὶ τί τὸ χύ- 
ριον τῆς στολιτείας καὶ τί τὸ τέλος ἑχάστοις τῆς χοινω- 
γίας ἐστίν: νόμοι δὲ κεχωρισμένοι τῶν δὴη- 
λούντων τὴν πολιτείαν, χαϑ᾽ οὖς δεῖ τοὺς 00- 
χοντας ἄρχειν χαὶ φυλάττειν τοὺς τταραβαίνοντας αὐτοὺς 1). 
Darum fehlen die Nomoi des Solon in der 704. 49m. 
Eine einzige solche Übereinstimmung wiegt mehr als 
ein ganzer Haufe vermeintlicher Differenzen in den 
Citaten zwei- bis dreimal verwässerter Lexikographen- 


artikel. 


* * 
* 


Exeurs. 


Ein Teil der Darlegungen des vorstehenden Ka- 
pitels (S. 124 f.) steht im Widerspruche mit der von 
Nissen im Rhein. Mus. 1892, 161 fi. vorgetragenen 
Hypothese, dafs die aristotelischen στολιτεῖαι als eine 
Vorarbeit zu einer Reichsgesetzgebung für die Alexander- 
monarchie und weiterhin als eine Sammlung von Hand- 
büchern für den praktischen Gebrauch der makedoni- 
schen Diplomaten zu betrachten seien. Eine Polemik 


anderen Gesetzen des Solon von Plutarch gefällt wird: ἔδεοι 
auch Kap. 24, ἄτοποι 20. 23, γελοῖοι 20. Ob diese Urteile 
schon auf Didymos zurückgehen, wie Begemann will, ist mir 
aber fraglich. 

!) Es liegt hier der Ansatz zu einer Teilung nach Rechts- 
materien vor; das Staatsrecht ist geschieden. Weiter haben 
es die Griechen nicht gebracht; Inder und Germanen ja auch 
nicht oder noch nicht einmal soweit. 


8. Kap. 
p- 8, 18 ff. 


Excurs 


meinen Ausführungen selbst einzufügen, war ich aus 
äufseren Gründen nicht mehr imstande; andererseits 
schien es mir bei der Autorität, welche dieser Hypo- 
these aus dem Namen ihres Urhebers erwächst, und 
bei der glänzenden Art, mit der sie vorgetragen ist, 
in Rücksicht auf meine eigene hier vorzutragende 
völlig abweichende Ansicht über das aristotelische Buch 
unerläfslich, zu begründen, weshalb ich mir die Nissen- 
schen Ausführungen weder im ganzen noch im ein- 
zelnen aneignen kann. Ich habe daher die Form eines 
Excurses wählen müssen. Nur Nissens Aufsatz habe 
ich begegnen zu müssen geglaubt; über Rühls Hypo- 
these (Der Staat der Athener und kein Ende, Jahrb. f. kl. 
Ph. XVII 701 ff.), die 7204. 49nv. gehöre dem Hera- 
kleides, wird man erst verhandeln können, wenn sie 
mit Gründen begründet sein wird. 


Ps.-Aristot. Nissen geht bei dem eigentlichen Beweise aus von 


περὶ 
βασιλείας 


dem durch Lippert !) jüngst publizierten arabisch erhalte- 
nen Briefe regi βασιλείας, welchen die Überlieferung 
dem Aristoteles zuschreibt. Der Herausgeber hat das 
Sehriftstück durch den Titel als unecht erklärt; Nissen 
hält es für echt. Beweist er die Echtheit? Ich finde 
nichts, womit er es thäte; denn dafs sich einige Pa- 
rallelstellen aus der Politik zu einer Schrift σεερὶ βα- 
σιλείας auftreiben lassen, ist durchaus natürlich. Solche 
Parallelstellen in geringer Anzahl beweisen nach keiner 
Seite hin — das ist eine alte Lehre der wissenschaft- 
lichen Forschung —, und herzlich wenig sind nur vor- 
gebracht. Die beweisendste hat schon Lippert an- 
geführt ὃ 10 regnum autem in hiberos homines prae- 
stantius est regno in servos — Polit. 1254 a 25 ἀεὶ βελ- 


1) De epistula pseudaristotelica περὶ βασιλείας commentatio. 
Diss. Hall. Sax. 1891. 


Bee 


τίων ἡ ἀρχὴ ἢ τῶν βελτιόνων ἀρχομένων 1); nur schade, Exeurs 
dafs Lippert und auch Nissen das griechische Citat "ne 
hier endigen lassen: hätten sie die vier nächsten Worte erwiesen 
οἷον ἀνθρώπου ἢ ϑηρίου hinzugezogen, würde 
ihnen nicht entgangen sein, dafs der nächste Satz des 
Briefes eine Paraphrase dieser aristotelischen Worte 
bildet: talis igitur tyrannus eiusmodi est, ut malıt pe- 
cora pascere quam regere homines. Glaubt man, dals 
Aristoteles sich selbst so paraphrasiere? und in welches 
Licht rückt damit jene fast wörtliche Entlehnung? — 
Das Eingangsmotiv, dafs für den Frieden Gesetze not- 
wendiger seien als für Kriegszeiten ($ 2.3), wird aller- 
dings auch von Aristoteles Pol. 1333 a 30 ff. ausgeführt; 
man vergleiche aber selbst das Gerede in dem Briefe 
mit der philosophischen Darlegung der sicher echten 
Schrift. Im übrigen ist der Grundgedanke nicht blofs 
aristotelisch — das allein wäre doch nur wirklich be- 
weisend —, schon Thuk. III 39, 4 sagt χαὶ xaxoroa- 
yiav ὡς εἰπεῖν δᾷον ἀττωθοῦνται ἢ εὐδαιμονίαν 
διασῴζονται 5). — ‘Dals der König Gesetzgeber sein 
müsse’, lesen wir allerdings in der Politik 1286 ἃ ὃ ff, 
aber nicht in dem Sinne wie in der Briefstelle, zu der 
Nissen diesen Passus der Politik eitiert. Die Stelle 
ist, wie der erste Blick lehrt, in Anlehnung an Platons 


1) Vgl. auch 1333b 27 τοῦ γὰρ δεσποτικῶς ἄρχειν ἡ τῶν 
ἐλευϑέρων ἀρχὴ χαλλίων χαὶ μᾶλλον μετ᾽ ἀρετῆς. 

2) Mir fällt gerade eine Anwendung diesesGedankens in der 
Praxis in die Hände. Cod. Gregor. XIV 4 De malefieis et Mani- 
chaeis (p.44 Hänel): Impp. Maximianus Diocletianus et Maximinus 
Nobilissimi A. A. A. Juliano Proconsuli Africae. Otia mazxima 
interdum homines in commumionem (ἢ in communi omnem Hänel) 
conditionis naturae humanae modum esxcedere hortantur et quae- 
dam genera inanissima ac turpissima doctrinae superstitionis 
inducere suadent, ut sui erroris arbitrio pertrahere et alios videan- 
tur q. s. Undatiert, nach Hänel vermutlich aus dem J. 287. 

Keil, Aristoteles. 9 


Do are 


— 130 — 


Exeurs Politikos geschrieben — selbst die ägyptischen Ärzte 
stehen da —, also der Briefschreiber mufs nicht 
Aristoteles sein. Aber wie falst doch Aristoteles an 
der herangezogenen Stelle den König als Gesetzgeber ? 
Er will ihn für richtendes Entscheiden über die Sachen, 
welche das Gesetz nicht bestimmen kann, haben; also 
so allgemein ist das νομοϑέτης nicht gefalst, wie es 
für eine Parallelisierung mit dem Briefe notwendig 
wäre. Doch Aristoteles fährt in seiner Deduktion fort: 
ὅσα δὲ μὴ δυνατὸν τὸν νόμον χρίνειν ἢ ὕλως ἢ εὖ, τεό- 
τερον ἕνα τὸν ἄριστον δεῖ ἄρχειν ἢ sravrag; die Ant. 
wort ist ja bekannt: zoiveı ἄμεινον ὄχλος πολλὰ ἢ εἷς 
ὁστισοῦν. Die aristotelische Stelle behandelt eben das 
oft traktierte Problem der ἄγραφοι νόμοι. Nur wenn 
man die Worte ὅτε μὲν τοίνυν ἀνάγχη νομοϑέτην αὐτὸν 
εἶναι δῆλον aus ihrem Zusammenhange reilst und die 
drei Wörtchen, welche zu demselben Satze gehören, 
χαὶ κεῖσθαι νόμους, übersieht, kann man sie für den 
Brief vergleichen, der sagt, Alexander solle “vacare 
contemplationi . . . imprimis ferendarum legum’. Es 
ist hier von einem ganz anderen vouos&rng die Rede. 
— “Das entsprechende Urteil über Lykurg VII 13 
(14), 1 f> kann ich nicht finden, verstehe überhaupt 
nicht, weshalb Nissen hier Lykurg betont; denn die 
Worte “nam haud ignoras quid sit assecutus Lycurgus ὦ 
institutione legum suae civitatis® begründen den Satz, 
dafs man durch gesetzgeberische Thätigkeit berühmt wird. 
Es trifft sich recht unglücklich für die Heranziehung 
dieser Aristotelesstelle zu dem Paragraphen des Briefes, 
welcher unmittelbar aufdas Lob des Lykurgos folgt, dafs 
sie dem Anfange eines Abschnittes mit den folgenden 
Eingangsworten angehört: οἱ δὲ νῦν ἄριστα doxoüvreg 
πολιτεύεσϑαι τῶν “Ἑλλήνων χαὶ τῶν νομοϑετῶν οἱ ταύ- 
τας καταστήσαντες τὰς πολιτείας οὔτε πρὸς τὸ βέλτιστον 


-- Bl -- 


τέλος φαίνονται συντάξαντες τὰ περὶ τὰς ττολιτείας οὔτε Exeurs 
πρὸς πάσας τὰς ἀρετὰς τοὺς νόμους χαὶ τὴν παιδείαν 
χτέ., woran sich eine recht abfällige Kritik der Ten- 
denz der spartanischen Verfassung schliefst. Mit dieser 
Parallele ist es also nichts. $ 5 ferner, der besagt, dafs 
das Königtum sich auf Liebe und Bewunderung der 
Unterthanen stützen müsse, wird durch Hinweis auf 
Pol. HI 9 (14), 7; 10, 7 nicht als aristotelisch er- 
wiesen; das könnte ebensogut aus der kyprischen Tri- 
logie des Isokrates stammen. — Lehrreich ist für die 
Beweisführung durch Parallelen, was zu $ 4 bemerkt 
wird. Ich gehe von der dazu eitierten Stelle Polit. 
VII6 (7) aus. Aristoteles setzt 1327 b23 ff. auseinander, 
dafs die Bewohner des nördlichen, aulsergriechischen 
Europa — Εὐρώπη in dem besonders im 5. Jahrh. ge- 
bräuchlichen Sinne — wohl Energie, aber nicht ge- 
nügende geistige Fähigkeiten besälsen, um zu herr- 
schen ; umgekehrt bei den Asiaten; sie besälsen diese, 
esfehle aber jene. “Das Volk des eigentlichen Griechen- 
land dagegen (τὸ δὲ τῶν Ἑλλήνων γένος) hat, wie es ört- 
lich zwischen beiden angesessen ist, so an beider Eigen- 
schaften Anteil. Denn es besitzt Energie und geistige 
Fähigkeiten. Daher hat es sich bis auf den heutigen 
Tag seine Freiheit bewahrt, seine vorzüglichen Staats- 
verfassungen und die Fähigkeit, über alle zu herrschen, 
wenn es zur Bildung eines (Gesamt-)Staates gelangte.’ 
Nissen zu ἃ 4: „nach Nöldeke ganz wörtlich: ‘so ist 
unentbehrlich ein zusammenfassender Leiter, der die 
Regierung (oder ‘die Sache’) des Volkes, das wie 
diese (hi) ist, zusammenfafst, besonders in Hellas und 
dessen Staaten (σεόλεις): denn sie sind (jetzt) alle zu 
einem Staate (πόλις) verbunden’; vgl. Pol, VII 6 (7) 
τὸ δὲ τῶν Ἑλλήνων γένος... μιᾶς τυγχάνον :τολιτείας." 
Wer diese acht eitierten griechischen Worte in ihrem Zu- 
9* 


a « 


-- 12 --- 


Excurs sammenhange verstanden hat, mufs sich fragen, ob 


man in unglücklicherer Weise parallelisieren kann. Die 
Politik spricht von der eimheitlichen Ordnung des 
Griechenvolkes als der Bedingung, unter welcher es 
herrschen könne, der Schreiber des Briefes will eine 
einheitliche Ordnung, damit es nicht im weichlichen 
Frieden unter der Herrschaft Alexanders verkomme. 
Welcher Gedanke aristotelisch ist, wird sich jeder 
selbst beantworten. — Aus ὃ 3 wird ausgehoben: “der 
Fürst darf nicht Tyrann sein, sondern vermag nur 
durch gute Gesetze und Zucht seiner Herrschaft Dauer 
zu verleihen, vgl. Pol.V 8 (10). Im Zusammenhange 
stellt sich die Sache so. Der Verfasser geht $ 3 davon 
aus, dafs die Menschen nach Gesetzen nur leben, wenn 
sie ein “legitimer’!) Herrscher, ἃ. ἢ. ein Herrscher, 
<der solcher nicht durch Bürgerzwist oder durch Ty- 
rannis wurde’, dazu hinführt. Der Verfasser fällt 
danach sofort in den Gedanken von ὃ 2 zurück, dals 
für den Frieden Gesetze weit notwendiger seien als 
für Kriegszeit. Zum Schlusse heifst es: ohne Gesetze 
geben die Menschen sich vanis rebus hin, und das re- 
gnum zerfällt, also mufs es zunächst gute Gesetze und 
zweitens einen Herrscher geben, der die schlechten 
Elemente per timorem, die guten per pudorem zu guten 
Sitten führt (ad bonos mores adducat). Mit welchem 
Nutzen man hierzu jenes Kapitel aus der Politik 
vergleichen soll, ist nicht abzusehen. Ich komme so- 
gleich noch einmal darauf zurück. Es sind alle Par- 
allelstellen geprüft, die Nissen anführt, bis aufeine. Die 
Worte des Schlufsparagraphen ‘sciasque in eas civitates 


1) is cwius principatus est legitimus, non discordia civilis vel 
iniusta tyrannis. Vgl. ὃ 4 opus est principe legitimo. Wie un- 
klar die Vorstellungen des Verfassers sind, folgt aus $ 5 legi- 
time occupat imperium, worüber u. 8. 140. 


won 


Ben 


quas intraverit fragilitas et corruptio, hasce pervenisse Exeurs 
principum et rectorum pravitate, quippe qui arreptionem 
commodorum praetulerint curae reipublicae et ordinationi 
legum civitatum et curas converterint in accelerandis 
voluptatibus libidinibusque et civitatis regimen negle- 
xerint, cuius vestigia manent in terra per omne aevum’ 
sollen dem Gedanken, welcher in dem historischen Teil 
des Staates der Athener ausgesprochen wird, ent- 
sprechen. Die Sache sieht im Zusammenhange so aus. 
Die Worte des Schlusses greifen zurück auf $ 4, in 
welchem das Thema gestellt wird. Neque venit civita- 
tum bona conditio nisi a bona conditione principum et 
rectorum, sicut vidimus in wurbibus Lacedaemone et 
Athenis: Regnabant enim in altera reges (lyrannı) et 
instituebant leges, praetores (ἄρχοντες) in altera. Ita 
aedificatae hae urbes amplamque famam nactae sunt. 
Ex altera vero parte discordia ‚quoque et nequitia et 
corruptio, quae in civitates ingruerunt, principum et 
reciorum pravo regimine orta sunt, cum ei in vanis libi- 
dinibus curas consumpserint neglexerintque civitatis 
gubernationem, ex qua gloria paritur, quae manet in 
terra usque in aeternitatem. Ich denke, die Identität 
der in ἃ 4 und ὃ 13 gekennzeichneten principes und 
rectores ist klar; sie ruinieren den Staat. Den Gegen- 
satz bilden Athen und Sparta, welche durch die guten 
Leiter zu hohem Ruhme gelangt sind. Es ist nicht 
von Gesetzgebern die Rede, sondern . von ἄρχοντες, 
also leitenden Staatsmännern; was gesagt ist, bezieht 
sich auf die athenische Geschichte überhaupt. Athen 
wird hier gerade von dem Grundgedanken des histo- 
rischen Teiles der πολ. 49yv. ausgenommen. Und 
das soll Aristoteles geschrieben haben; die Stelle beweist 
gerade das Gegenteil von dem, was sie beweisen sollte. 
Es ist merkwürdig, dafs Nissens Parallelen so un- 


Excurs 
Ps.- 
Aristot. 


7. βασιλ. 


aus 
Aristot. 


— 14 — 


glücklich gewählt sind, während es doch viel treffendere 
gab. Warum ist σὰ ὃ 1 cum institutio legum sit 
salus populi (et perpetuitas incolumitatis et concordia 
subditorum) nicht eitiert Rhet. 1360 a 19 εἰς δ᾽ ἀσφά- 
ειαν ἅπαντα μὲν ταῦτα ἀναγχαῖον δύνασϑαι -Hewoeiv, 
οὐχ ἐλάχιστον δὲ ττερὶ νομοϑεσίας ἐπαΐειν" ἐν γὰρ 
τοῖς νόμοις ἐστὶν ἡ σωτηρία τῆς πόλεως Ὁ Ich 
denke, diese Parallele ist nicht schlechter als die einzig 
treffende, welche bisher angeführt ist. Warum fehlt 
zu den Worten ὃ 4 Oportet vero hunc virum esse in- 
telligentem et probum, qui non solum strenuitate et 
tustitia et virtutibus excellat, verum etiam potentia 
et belli apparatu, ut coercere populum et ad 
leges adducere possit der Hinweis auf die Stelle 
der Polit. 1286 Ὁ 27 ff., wo erörtert wird, πότερον ἔχειν 
δεῖ τὸν μέλλοντα βασιλεύειν ἰσχύν τινα περὶ αὑτόν, 7 
δυνήσεται βιάζεσϑαι τοὺς μὴ βουλομένους πειϑαρχεῖν, 
ἢ πῶς ἐνδέχεται τὴν ἀρχὴν διοικεῖν; ; und der Schlufs 
lautet ἀνὰ γκαῖον ὑπάρχειν αὐτῷ δύναμιν 7, 
φυλάξει τοὺς νόμους Eine Hauptstelle haben 
ferner Lippert und Nissen übersehen: Ethik VIII 
p. 1160 b 1 — 1161 b 10. Daraus folgende Coinci- 
denzen: r μὲν γὰρ πατρὸς πρὸς υἱεῖς χοινωνία βασι- 
λείας ἔχει σχημα  (ν zu: πατρί κῇ γὰρ ἀρχὴ βούλε- 
ται n βασιλεία ee: ἐν Πέρσαις δ᾽ ἡ τοῦ 
πατρὸς τυραννιχή (χρῶνται γὰρ ὡς δούλοις 
τοῖς υἱέσι), τυραννικὴ δὲ καὶ ἡ δεσπότου 
πρὸς δούλους --εο.10 Nihil enim a regimine (= βασι- 
λείᾳ) remotius est quam tyrannis, quia tyrannus in con- 
ditione domini est, rex vero in conditione patris. Sie rex 
Persarum unumquemque appellabat servum et incipiebat 
a filiis. Auch in diesem Passus der Ethik der in der 
Politik sich ja ebenfalls findende Gedanke: ὁ μὲν γὰρ 
τύραννος τὸ ἑαυτῷ συμφέρον σχοπεῖ, ὃ δὲ βασιλεὺς τὸ 


— I — 


τῶν ἀρχομένων ,..n δὲ τυραννὶς ... . τὸ γὰρ ξαυτῷ Excurs 
᾿ἀγαϑὸν διώχει, wozu: ὃ ὅ incidunt .. in magnum odium 
et contemptionem, quippe qui velint ut sibi solis vindı- 
cent commoda solique utantur bona vitae conditione q. 5. 
δ 10 Plerique .. qui ante hoc tempus regnabant, id 
tantum agebant, ut commodis principatus et imperü 
fruerentur. ὃ 13 qui arreptionem commodorum q. 5. 
(s. δ. 133). ἃ 11 ist ganz aus dem Gedankenkreise 
des zweiten Teiles der angeführten Ethikpartie (Kap.11) 
geschrieben; er steht in dem Abschnitte, in welchem 
der Verfasser über die Liebe der Unterthanen handelt 
und Gerechtigkeit und Nachsicht @ustus et clemens 
d. h. δίκαιος καὶ ἐτειειχής) vom Fürsten verlangt: χαϑ'᾽ 
ἑχάστην δὲ τῶν πολιτειῶν φιλία φαίνεται, ἐφ᾽ ὅσον 
χαὶ τὸ δίχαιον. Vgl. ferner: Non vero decet principem 
viros claros et obscuros uno eodemque modo tractare, sed 
reddere quod cuique conveniat mit den Worten, welche 
auf die βασιλιχὴ — πατριχή gehen: χαὶ τὸ δίχαιον δὴ 
ἐν τούτοις οὐ ταὐτὸ ἀλλὰ τὸ κατ᾽ ἀξίαν. Der Gedanke 
der Ethik ἐν δὲ ταῖς πταρεχβάσεσιν, ὥστεερ καὶ τὸ δί- 
χαιον ἐπὶ μιχρόν ἐστιν, οὕτω χαὶ ἡ φιλία ἐστί, χαὶ 
ἥκιστα ἐν τῇ χειρίστῃ" ἐν τυραννίδι γὰρ οὐδὲν T μιχρὸν 
φιλίας kehrt in konkreterer Fassung so wieder: rex 
enim si non iustus est, non rex est immo Wwisus (ἃ. ἢ. 
ἄνευ φιλίας) tyrannus. Der Abschnitt des ὃ 11 über 
die clementia ist eine nicht ganz klare Reminiscenz an 
die Ausführung in der Ethik V 1137 a 31, wo von der 
ἐπειξίχδια und dem ἐχειδικές im Verhältnis zu der dıxauo- 
σύνη und dem δίκαιον gehandelt wird; schon die Zu- 
sammenstellung des δίκαιον und Errıeıxes in dem Briefe 
ist aristotelisch (Eth. 1137 b 10 ff.; vgl. Rhet. 1374 a 
26 τὸ γὰρ ἐπιεικὲς δοχεῖ δίκαιον εἶναι, ἔστι δὲ ἐπιει- 
χὲς τὸ παρὰ τὸν γεγραμμένον νόμον δίχαιον). In diesem 
Sinne wird das horazische iacentem lenis in hostem, das 


δι ἀν μῆς ων ΝΥ ΝΥ, eh Ὡὐλλυώμνια 


-- 1866 -- 


Exeurs ἐχειδιχές, hier im Anschlufs an das δίκαιον behandelt 
(contra si rebellionem repressisti ... .. . violentiae loco 
misericordem, asperitatis loco clementem adversus eos te 
praebeas). 

Gründe Ich stelle diese Parallelen, welche wohl etwas be- 

gegen die . 1: 

Echtheit weisender als die bisher angebrachten wären, denen für 
ihre Beweisführung zur Verfügung, welche den Brief 
für echt halten: echt ist er darum doch nicht. Um 
mit einer Einzelheit anzufangen: ὃ 11 Sceias porro nobsles 
dignitatis iniuriam aegrius ferre quam opum οἱ cor- 
porum iacturam; libenter enim et bona sua et corpora 
largiuntur, dummodo dignitatis et auctoritatis iniuria ne 
affıciantur. Aristoteles sagt Polit. 1312 a 30 von den 
διὰ φιλοτιμίαν gegen die Tyrannis Vorgehenden: ot 
μὴν ἐλάχιστοί γε τὸν ἀριϑμόν εἰσιν οἱ διὰ ταύτην τὴν 
αἰτίαν δρμῶντες" ὑτεοχεῖσϑαι γὰρ δεῖ τὸ τοῦ σωϑῆναι 
μηδὲν φροντίζειν, ἐὰν μὴ μέλλῃ κατασχήσειν τὴν πρᾶξιν 
und etwas später, 1315a 14, ἔτι δὲ πτιάσης μὲν ὕβρεως 
εἴργεσϑαι, τταρὰ τεάσας δὲ δυεῖν, τῆς τε εἰς τὸ σῶμα 
[κολάσεως] χαὶ τῆς εἰς τὴν ἡλικίαν. μάλιστα δὲ ταύτην 
στοιητέον τὴν εὐλάβειαν περὶ τοὺς φιλοτίμους" τὴν μὲν 
γὰρ εἰς τὰ χρήματα ὀλιγωρίαν οἱ φιλοχρήματοι φέρουσι 
βαρέως, τὴν δ᾽ [εἰ] ἀτιμίαν οἵ ve φιλότιμοι 
χαὶ ol ἐπιεικεῖς τῶν ἀνϑρώπω ν. 

Doch was will solche Einzelheit? Man mutet 
dem Aristoteles den Gedanken zu: Justitia enim est 
laudata et magni aestimata non solum apud sapientes 
universos verum etiam apud stultos (ὃ 12). Man 
glaubt, dals Aristoteles habe schreiben können, dafs die 
Staaten von Hellas “jetzt alle zu einem Staat ver- 
bunden seien, und das in dem Augenblicke, wo er 
über hundert hellenischer Politieen monographisch be- 
handelt. Aristoteles konnte die thörichte Auffassung 
der späteren Zeit gar nicht teilen, dafs Philipps und 


-- 17 -- 


Alexanders Regierung einen Einschnitt in der inneren Exeurs 
Entwicklung der hellenischen Politieen gemacht habe, 
denn er lebte in ihnen. Die Diadochen und Römer 
haben gethan, was athenische und hellenistische Rhetorik 
den Folgen von Chaironeia in späterer Zeit zuschrieb. — 
Aristoteles, dem die Menschheit immer in Hellenen und 
Barbaren zerfiel, soll ein einheitliches Recht verlangt 
haben für die Völker von der Donau und dem Kau- 
kasus bis zu den Nilkatarakten, vom Ambrakischen 
Golfe und den Syrten bis Alexandreia eschate und den 
Indusmündungen ? Aristoteles, der die ἀρίστη molızeia 
in der Politik geschildert hat, soll den Satz haben 
‘schreiben können: δε sicut nullo modo fieri potest, ut 
tradant (patres) bona sua pueris, ita fieri minime po- 
test, ut tradatur ciwvitatis regimen populo, cum sint ρο- 
puli mores similes puerorum moribus, quorum utrumque 
genus desiderat custodes et rectores (ὃ 3)? 

Doch betrachten wir einmal den Brief als Ganzes. Disposition 
Was soll er? Der Verfasser geht von der ihm zu- ;e 
gekommenen Nachricht aus, dafs Alexander nach den z. βασιλ. 
Kriegszügen anderen wichtigen Reichsangelegenheiten 
sich widmen wolle. Wenn er das wolle, solle er vor 
allem der Gesetzgebung seine Aufmerksamkeit zu- 
wenden; denn das bringe Ruhm, wie das Beispiel des 
Lykurgos beweise ($ 1). Gerade nach dem Kriege 
sei eine Gesetzgebung nötig, denn der Frieden berge 
Gefahren für die innere Wohlfahrt (ὃ 2). Aber Ge- 
setz sei Gesetz nur dadurch, dafs danach gelebt werde; 
es werde danach gelebt, wenn ein Fürst, dessen prin- 
cipatus ein legitimus ist, die Völker wie Kinder dazu 
anhalte (8 3). Dieser Fürst mufs Macht haben, die 
Widerstrebenden zum Gehorsam zu bringen, er selbst 
muls aber ein Mann unsträflicher Gesinnung sein; 
denn wie der Fürst, so das Volk. Die Blüte Athens 


— 188 -- 


Excurss und Spartas resultiere aus der Trefflichkeit der Leiter; 
schlechte Leiter haben dagegen ihre Staaten zu Grunde 
gerichtet‘ ($ 4). Der Fürst soll sich die Bewunderung 
und die Liebe der Unterthanen durch seine Eigen- 
schaften erwerben. Der Verfasser führt nun zunächst 
aus, wie der Fürst sich benehmen müsse, damit er die 
Bewunderung gewinne: ὃ 5-7. In$ 8 erfolgt schein- 
bar ein Excurs, in welchem Alexander wegen seines 
energischen Vorgehens gegen die rebellischen Perser (?) 
belobt wird; innerer Friede sei notwendig, er werde 
aber nur erreicht durch längere Gewöhnung an Zucht 
und Ordnung, pulchra civitatum conditione instituenda. 
Dadurch werde erreicht, worauf alles Staatswohl (salıs 
et recta conditio civitatum) beruhe: die pulchritudo 
status et integritas vitae (— εὐταξία καὶ ἀσφάλεια βίου). 
Man sieht, der erste Eindruck, welchen $ 8 macht, 
täuscht. Wir haben keinen Excurs in ihm, sondern 
eine Ausführung, welche sich an ὃ 1 anschliefst: die 
Gesetzgebung wird verlangt. Auch $ 9 gehört in 
diesen Zusammenhang; der Verfasser erklärt, Alexander 
habe nun genug erworben, jetzt solle er das Erworbene 
geniefsen und ordnen (comparatio — usurpatio: χτῆσις 
— χρῆσις): KRestat ergo tibi altera, usurpatio rerum 
earum quas consecutus es rectaque earum institutio. — 
Mit ὃ 10 setzt der Teil ein, welcher die Eigenschaften 
vom Alexander verlangt, durch welche er sich die 
Liebe der Unterthanen erwerben könne: er solle ein 
König, kein Tyrann sein, über Freie und Gute, nicht 
über Sklaven herrschen wollen ($ 10); dazu müsse er 
gerecht und milde sein (ὃ 11) und auf falsche Rat- 
geber nicht hören, welche ihn seinem Volke entfrem- 
deten und bei ihren Beratungen nicht die Billigkeit, 
sondern den eigenen Vorteil im Auge hätten (gu mi- 
scent apud te negotia teque adversus populum incitant. 


-- 139 — 


Non enim aequitatem efferunt inter hancremq.s.) Schlufs Exeurs 
δ 12: Darum erwirb dir Bewunderung (?d quod homines 
admirantur) und Liebe (ne igitur abstinueris ab 
amore populi, ut ἰδὲ ipsi amor et honor ab 118 con- 
tingat); denke daran, dals, wie der Fürst ist, so das 
Volk. Strebe danach, dafs dein Name durch die 
Liebe des Volkes unsterblich und deine Regierung 
segensreich werde. 

So dispositionslos also, wie er auf den ersten Blick 
erscheint, ist der Brief nicht; es lassen‘sich gröfsere 
unter sich zusammenhängende Teile nachweisen; in 
diesen Teilen selbst könnte ja manches geordneter sein, 
im ganzen bildet aber auch in ihnen der jedesmalige 
Grundgedanke das leitende Motiv. Der Inhalt der 
grölseren Teile lehrt nun, dafs dem Verfasser zwei 
Themata durcheinander gingen: ‘“Gieb Gesetze, denn 
sie sind für den Staat notwendig’ und ‘Sei selbst ein 
guter Fürst’. Es ist wohl ein Ansatz dazu vorhanden, 
die beiden Gedanken in inneren Zusammenhang zu 
setzen, aber es ist bei dem Ansatze geblieben. Der 
Brief beginnt mit dem Satze: ‘gieb Gesetze, damit du 
unsterblich wirst’, und endigt mit der Aufforderung: 
<erwirb dir die Liebe deiner Unterthanen, damit du 
unsterblich wirst”. Die beiden Motive zu dem Ge- 
danken zu vereinigen: “erwirb dir die Liebe der Unter- 
thanen durch eine weise Gesetzgebung und persönliche 
Trefflichkeit, damit du unsterblich wirst’, war doch 
wahrlich nicht schwer; und ein Aristoteles wäre nicht 
imstande gewesen, eine derartige inhaltliche Einheit 
zu schaffen? Diese Unfähigkeit wetteifert nur mit der 
Exilität des Hirnes, welchem es unmöglich war, über 
die trivialsten Gedanken — denn andere enthält der 
Brief nicht — hinauszukommen. --- Weiter: Aristoteles 
soll dem Alexander des Jahres 324 in dieser Weise 


u EA rt idee Dan Kan χων. 
Ε « 


—- 140 — 


Exeurs zu raten gewagt haben, πῶς δεῖ βασιλεύειν Ὁ Es heifst 
ὃ 5: hisce (Liebe und Bewunderung) legitime occupat 
et imperium et eius dignitatem, ut regi se ab eo patiatur 
populus et libenter oboediat... spero autem tibi praesto 
esse hasce ambas virtutes q.s. Das dem Despoten in 
Babylon, der kraft seines Schwertes herrschte? soll 
man denn den Philosophen absolut für unzurechnungs- 
fähig halten? Gedacht mag Aristoteles sich manches bei 
dem haben, was er vom Hofe hörte, aber wie er sich zur 
Praxis stellte, beweist seine Kritik des Verhaltens des 
Kallisthenes. Und was soll Alexander dazu antreiben, 
die Gesetze zu geben und recht brav zu sein? Die 
Hoffnung auf Unsterblichkeit; in 88 1. 4. ὃ. 10. 13 
ist sie das Stimulans; daneben tritt durch die Art der 
Betonung ein anderes, die diuturnitas regni, welche die 
Gesetzgebung gewährleiste, zurück: ὃ8 2. 3. 7. 11, 
entsprechend dem Verhältnisse, in welchem die beiden 
Themata des Schriftstückes zu einander stehen. Das 
Hervortreten der aeternitas gloriae erinnert nun an die 
oft eitierte Stelle aus Cie. ad Att. XIII 28 quae sunt ad 
Alexandrum hominum eloquentium et doctorum swasiones 
(d.h. συμβουλευτικοί) vides quibus in rebus versentur : ado- 
lescentem incensum cupiditate verissimae gloriae cupientem 
sibi aliquid consili dari, quod ad laudem sempiter- 
nam valeret, cohortantur. Unser Brief ist, wenn er 
auch nicht die Form der Rede hat, im Grunde solch 
eine suasio. Die Fiktion der Verhältnisse, unter denen 
er geschrieben ist, läfst natürlich den adolescens nicht 
zu; der Kriegsheld hat schon Ruhm: den schöneren, 
unsterblichen soll der Friedensfürst Alexander er- 
werben. 

Wir haben in dem Briefe ein Rhetorenstück vor 
uns, welches das seit Isokrates übliche Thema von den 
Eigenschaften des guten, für die Unterthanen vor- 


— 11 — 


bildlichen Herrschers in der gleichfalls überkommenen Exeurs 
Form des beratenden Briefes behandelt. Dies alte 
Thema ist zu variieren versucht durch Einführung eines 
neuen Motivs, der Aufforderung zur Gesetzgebung; aber 
mit Ungeschick. Im einzelnen sind Gedanken und 
Wendungen in Gestalt von Reminiscenzen, Anregungen 
und direkten Entlehnungen aus der aristotelischen 
Politik und Ethik geflossen. — Wann das Machwerk 
entstanden ist, weils ich nicht; ich möchte aber darauf 
aufmerksam machen, dafs seine früheste Erwähnung, 
was Lippert nicht angemerkt hat, im Fihrist des Mu- 
hammed ibn Ishäq, um 1000 n. Chr., sich findet, und 
zwar in dem “Berichte über Aristoteles® des von 
A. Müller!) herausgegebenen Abschnittes über die 
griechischen Philosophen. Es werden hierin zwei Stellen 
aus dem erhaltenen Briefe citiert, welche dann auch 
Ibn Abi Oseibia (c. 1300) hat (Lippert p. 27). — Dieser 
“Bericht über Aristoteles’ zerfällt in Vita und Schriften- 
katalog. Die Vita ist aus Ptolemaeus ‘dem Fremden’, d.i. 
Ptolemaios Chennos?), geflossen. Zwar wird er gerade 
vor und nach den Citaten aus unserem Briefe genannt; 
es wäre also denkbar, dafs auch die Citate selbst aus 
ihm entlehnt seien, womit wir den terminus ante quem 
hätten. Allein aufser den zwei Citaten, welchein unserem 
Texte enthalten sind, findet sich daselbst ein drittes, 
welches seiner Diktion nach nie griechisch gewesen 
sein kann (Müller a. a. O. p. 46 n. 20; Lippert p. 26). 
Wenn dieses Citat nicht aus Ptolemaios stammen kann, 


1) Die griechischen Philosophen in der arabischen Über- 
lieferung (Halle 1873) 5. 9 ft. 

2) Littig, Andronikos von Rhodos (München 1890) S. 19 
A. 4 nach Christs Vermutung, die von keinem von beiden mit 
inneren Gründen bewiesen ist, obwohl es sehr leicht und kurz 
hätte geschehen können. 


--Ῥ 142 -- 


Excurs wird man über die zunächst zu vermutende Provenienz 
der beiden anderen wieder zweifelhaft. — Dafs der über- 
lieferte Brief selbst aus dem Griechischen (direkt oder 
indirekt über das Syrische) übersetzt ist, beweisen die 
aristotelischen Entlehnungen und Anlehnungen, und 
wird niemand bezweifeln, der einmal die übrigens 
recht schwierige und aussichts- wie zwecklose Rück- 
übersetzung versucht hat. 

Den Brief kann man also nicht zum Ausgangs- 
punkte und zum ersten Beweisgliede in der Begründung 
einer Hypothese über den Zweck einer echten aristo- 
telischen Schrift nehmen. Aber gesetzt auch, der Brief 
wäre echt, was bewiese er weiter, als dafs Aristoteles 
zu einer Reichsgesetzgebung riet? Istdenn das Wollen 
Alexanders identisch mit dem Rat des Aristoteles? 
Also selbst der echte Brief bewiese die thatsächlich 
intendierte Reichsgesetzgebung nicht. — Es folgen nun 
historische Erörterungen bei Nissen, welche darthun, 
dafs ein Reichsgesetz in Rücksicht auf die Admini- 
stration und Rechtspflege des grofsen Reiches nützlich 
gewesen wäre. Wie nützlich den Athenern der Friedens- 
schlufs nach der Arginusenschlacht gewesen wäre, mag 
man mit schönen Erörterungen darthun, dazu entschlossen 
haben sich die Athener darum doch damals nicht. ‚Aber 
Nissen zieht nun (S.183) den Schluls der Ethik heran, um 
aus einem Passus desselben zu folgern — und so seine 
Hypothese durch däs Zeugnis des Aristoteles selbst zu 
belegen —, dafs Aristoteles in ihm wie in jenem Briefe 
den Alexander beschwöre, ein Reichsgesetz zu geben, 
und zugleich erkläre, “dafs die Politik die allgemeinen 
Prineipien für die Reichsgesetzgebung entwickelt, wäh- 
rend die Sammlung der Gesetze und Verfassungen für 
die Behandlung der einzelnen Fälle dienen sollen’. Da 
der Schlufs der Ethik von Nissen an einer späteren 


- 148 — 


Stelle noch einmal herangezogen wird, verspare ich ein 
Eingehen auf die Nissensche Interpretation der Worte 
der Ethik auf nachher (u. S. 146, vgl. o. S. 124). — Weiter: 
obwohl die συναγωγὴ τῶν νόμων unter Theophrasts Namen 
geht, ist sie, wie von Usener schon bemerkt, auf Initiative 
und unter Mitwirkung des Aristoteles entstanden. Da 
Aristoteles also an der συναγωγὴ τῶν νόμων Anteil hat, 
so sind wir zu der Annahme ‘genötigt’, dafs diese 
συναγωγή die Sammlung der 158 πολιτεῖαι zur Vor- 
aussetzung habe. Wo ist auch nur eine Spur von 
einer solehen “Nötigung? vorhanden ? — “Ferner ist klar, 
dals Aristoteles die Veröffentlichung der Politieen erlebt 
hat, aber vor der Herausgabe der Gesetze gestorben 
ist’; die gemeinsame Arbeit trage den Namen des 
wirklichen Herausgebers. Ich kann in diesen letzten 
Sätzen nur eine Kette von Behauptungen ohne jeden 
Beweis sehen, wie ich bis zu diesem Punkte der Aus- 
führungen Nissens überhaupt keinen wirklichen Beweis 
für seine Hypothese gefunden habe. Aber mit Ver- 
mutungen und Behauptungen allein wird doch nicht 
argumentiert, 

Ein neues Argument haben wir in der Ver- 
mutung zu sehen, dals Aristoteles das Material zu 
den szolıreiaı sich nicht habe selbst beschaffen können, 
namentlich nicht für die fast 100 zählenden “Duodezstaa- 
ten’, für die es schwerlich Aufzeichnungen gegeben habe. 
Das makedonische Archiv sei hier helfend eingetreten, 


und wo dieses im Stiche liefs, würden die makedoni-, 


schen Agenten oder die Stadtregierungen selbst an- 
gehalten worden sein, die nötigen Angaben zu liefern. 
Kann die genialste Vermutung ohne die Stütze anderer 
sicherer, zuerst beweisender Argumente für sich allein 
beweisen ? Was rechtfertigt die Annahme, dafs Aristo- 
teles sich das Material nicht habe selbst beschaffen 


Exeurs 


— 14 — 


Exeurss können? Können wir auch nur annähernd bestimmen, 
welches Material für die rrolıreiaı damals die χείσεις, 
ἱστορίαι, πτεριηγήσεις, zregischor, περίοδοι), die Ge- 
schichtswerke und die eigentliche politische Litteratur 
boten? Haben wir auch nur eine Vorstellung von der 
bei dieser Frage nicht belanglosen Masse der in Be- 
tracht kommenden Werke? Und wer sagt uns, dals in 
den anderen Politieen dasselbe Verhältnis zwischen dem 
historischen und systematischen Teil bestanden habe, 
wie es die πολ. 4Iyv. zeigt? Der von Nissen selbst 
angeführte Thatbestand, dafs von den 118 von Rose 
den übrigen πολιτεῖαι zugewiesenen Fragmenten 99 
den historischen Teilen der Bücher angehört haben 
müssen, giebt doch, wenn er überhaupt etwas in dieser 
Richtung zu folgern erlaubt, zunächst den Schluls an 
die Hand, dafs eben in diesen Politieen je der histo- 
rische Teil den systematischen überwog. Die von 
Nissen herangezogene Plutarchstelle ?), in welcher xzioeıg 
χαὶ πολιτεῖαι ““ριστοτέλους genannt werden, wird man 
schwerlich geneigt sein, mit ihm dahin zu erklären, 
dafs Plutarch mit diesen beiden Worten die beiden 
Teile der πολιτεῖαι, den historischen und systemati- 


!) Vgl. Rhet. 1360a 858... δῆλον ὅτε πρὸς μὲν τὴν vouo- 
ϑεσίαν αἱ τῆς γῆς περίοδοι χρήσιμοι" ἐντεῦϑεν γὰρ λαβεῖν ἔστιν 
τοὺς τῶν ἐϑνῶν νόμους, πρὸς δὲ τὰς πολιτικὰς συμβουλὰς τὰς 
τῶν περὶ τὰς πράξεις γραφόντων ἱστορίας" ἅπαντα δὲ ταῦτα πο- 
λιτικῆς ἀλλ᾽ οὐ ῥητορικῆς ἔργον ἐστίν; gegen Isokr. vgl. u. S. 146. 

2) Plut. Non posse suaviter vivi ec. 10 ὅταν δὲ μηδὲν ἔχουσα 
λυπηρὸν ἢ βλαβερὸν ἱστορία χαὶ διήγησις ἐπὶ πράξεσι χαλαῖς καὶ 
μεγάλαις προσλάβῃ λόγον ἔχοντα δύναμιν χαὶ χάριν, ὡς τὸν 
Ἡροδότου τὰ Ἑλληνικὰ καὶ (Ta?) Περσικὰ τὸν Ξενοφῶντος, 
ὅσσα δὲ Ὅμηρος ἐϑέσπισε ϑέσχελα εἰδώς, ἢ γῆς περιόδους Εὔδο- 
Eos, ἢ χτίσεις χαὶ πολιτείας ᾿Δριστοτέλης, ἢ βίους ἀνδρῶν ᾽4ρι- 
στόξενος ἔγραψεν, οὐ μόνον μέγα καὶ πολὺ τὸ εὐφραῖνον ἀλλὰ 
χαὶ χαϑαρὸν καὶ ἀμεταμέλητόν ἐστιν. 


“ΠΡ 


schen, habe bezeiehnen wollen. Plutarch führt doch 
hier nur ganze Buchtitel an. Wenn beide Worte auf 
die πολιτεῖαι gehen, was ich für nichts weniger als 
sicher halte, so folgte daraus, dafs in einigen Politieen 
der historische Teil so sehr überwog, dafs sie Plutarch 
mit den Namen zrioeız bezeichnen konnte. Das würde 
zu dem Verhältnis von 118 : 99 stimmen. Aber für 
Nissens Hypothese müssen die zweiten Teile be- 
deutend gewesen sein. Da die aus den Fragmenten 
zu entnehmende Beobachtung diesem Erfordernis ent- 
gegensteht, behauptet Nissen, von diesen Politieen seien 
im Altertum nur die historischen Teile gelesen worden. 
Wie man sich das zu denken hat bei 157 πολιτεῖαι, d.h. 
157 μονόβιβλοι, wird bei dieser Behauptung nicht gesagt. 
Näher lag m. E. der Gedanke, dafs die Verfassung 
von solchen “Duodezstaaten’ natürlicherweise später kein 
Interesse mehr fand, die sie darstellenden Teile also weni- 
ger excerpiert wurden, während jenes den historischen 
Teilen begreiflicherweise länger bewahrt blieb. — Und 
nun das Hauptargument über den Zweck der πολιτεῖαι ; 
es steht an jener Stelle der Ethik (X 1181 ἃ 13 — b 12; 
5.0. 5. 142): ἴσως οὖν καὶ τῶν νόμων χαὶ τῶν ττολιτειῶν 
ai συναγωγαὶ τοῖς μὲν δυναμένοις ϑεωρῆσαι χαὶ χρῖναι 
τί καλῶς ἢ τοὐναντίον ἢ ποῖα ποίοις ἁρμόττει εὐχρηστ᾽ 
ἂν εἴη" τοῖς δ᾽ ἄνευ ἕξεως τα τοιαῦτα διεξιοῦσιν τὸ μὲν 
χρίνειν χαλῶς οὐχ ἂν ὑπάρχοι, εἰ μὴ ἄρα αὐτόματον, 
εὐσυνετώτεροι δ᾽ εἰς ταῦτα τάχ᾽ ἂν γένοιντο. Nissen: 
“Also dient die Sammlung zum Gebrauch praktischer 
Staatsmänner, weiterhin zur Heranbildung solcher. 
Wie willkommen, wie notwendig mulste ein derartiges 
Handbuch für die von allen hellenischen Parteien be- 
stürmte Reichsregierung sein.” “Also? Ich begreife 
das ‘Also’ nicht, nicht wenn ich die Worte hier aufser 


Zusammenhang betrachte, nicht wenn ich sie in ihrem 
Keil, Aristoteles. 10 


Exeurs 


Aristot, 
Nik, Eth, 
Schluss 


— ΠΗ͂Σ 95 Ξ 


Excurs Zusammenhange nachlese. Aristoteles sagt am Schlufs 
der Ethik: Die Ethik muls ins Praktische umgesetzt wer- 
den. Die Menschen bestehen aber nicht blofs aus Geist, 
sondern auch aus Fleisch und Bein; diejenigen werden 
also die Menschen nie zur Tugend bringen, welche 
glauben, man solle sie auffordern, τοῦ καλοῦ χάριν nach 
den Gesetzen der Moral zu leben, anderenfalls sie be- 
strafen oder Landes verweisen. Die Menschen müssen 
zur Tugend erzogen werden; der Staat erzieht durch 
Gesetze, Gesetze giebt der πολιτιχός. Wie wird man 
nun ein zroAırızög? Durch Zurreigie. τῶν δὲ σοφι- 
στῶν οἱ ἐπαγγελλόμενοι λίαν φαίνονται rrogew εἶναι 
τοῦ διδάξαι" ὅλως γὰρ οὐδὲ ποῖόν τι ἐστιν 7 περὶ 
ποῖα ἴσασιν οὐ γὰρ ἂν τὴν αὐτὴν τῇ ῥητορικῇ 
οὐδὲ χείρω ἐτίϑεσαν, οὐδ᾽ ἂν ᾧοντο ῥᾷδιον 
εἶναι τὸ νομοϑετῆσαι συναγαγόντι τοὺς εὐδοκι- 
μοῦντας τῶν νόμων" ἐχλέξασϑαι γὰρ εἶναι τοὺς 
ἀρίστους, ὥσπερ οὐδὲ τὴν ἐκλογὴν οὖσαν συνέσεως καὶ 
To χρῖναι ὀρϑῶς μέγιστον, ὥσττερ ἐν τοῖς κατὰ μουσι- 
χήν. Nissen S. 183: “Scharfe Worte werden hier gegen 
die unwissenden Sophisten, d. h. gegen die 
Nebenbuhler um die königliche Gunst ge- 
schleudert, welche die Kunst der Gesetzgebung wie 
die Rhetorik zu lehren versprechen,’ Ich war sehr 
erstaunt, diese Interpretation der Worte der Ethik zu 
lesen, wo schon vor mehr als 50 Jahren die Aristoteles- 
stelle von Spengel als Replik auf Isokrates’ Antidosis 
81 fi. erkannt war (Comment. ad Arist. art. rhet. p. 48) 
und oft in Sachen der litterarischen Fehden des 
4. Jahrhunderts citiert ist; mir sind gerade Blafs, 
Att. Bereds. II 61, 1 [?65, 3], Dümmler, Rh. Mus. 
1837, 179 und Chronolog. Beiträge p. 15 zur Hand. 
Isokrates sagt a. a. O., es sei schwerer, Redner als 
Gesetzgeber zu sein ($ 83): τοῖς μὲν τοὺς νόμους τι- 


— 4 — 


ϑέναι προαιρουμένοις προύργου γέγονε τὸ πιλῆϑος τῶν Excurs 
κειμένων, οὐδὲν γὰρ αὐτοὺς δεῖ ζητεῖν ἑτέρους, ἀλλὰ 
τοὺς παρὰ τοῖς ἄλλοις εὐδοκιμοῦντας πειρα- 
ϑῆναι συναγαγεῖν, ὃ ῥᾳδίως ὅστις ἂν οὖν βουληϑεὶς 
ποιήσειε. Man sieht, die unwissenden Sophisten, die 
Nebenbuhler in der königlichen Gunst, entpuppen sich 
als Isokrates, der 338 im August gestorben ist. Auch 
die Worte οὐ γὰρ ἂν τὴν αὐτὴν τῇ ῥητορικῇ χείρω sind 
gegen Isokrates’ Antidosis gerichtet; denn sie treffen 
den Kern der $$ 254 f. und 256 ff. Die Beziehung von 
δ8 70. 88 auf den platonischen Staat ist ja ohne wei- 
teres klar; da Aristoteles die Πολιτιχά schreiben wollte, 
ist es leicht begreiflich, warum er die Gelegenheit er- 
greift, die Bemerkung, welche man dann auch gegen 
ihn wenden konnte, abzufertigen. “Wie wird man ein 
σεολιτιχός Ὁ Durch Zurzeigia. Aber die Sophisten, wie 
Isokrates, glauben ja die vouoserızn durch das λέγειν 
lehren zu können. Sie können das nicht. Sie wissen 
ja nicht einmal, was die γομοϑετιχή ist, und halten 
Gesetzgeben für leichte Auslesearbeit aus anerkannt 
guten Verfassungen. Aber zu diesem Auslesen gehört 
Urteil, welches auch wieder nur die £urreiıgia geben 
kann. Und selbst die Benutzung von συναγωγαὶ τῶν 
vouwv καὶ πολιτειῶν erfordert Urteil; wer dies hat, 
für den mögen sie nützlich sein, wem es fehlt, der 
kann bei der Benutzung der Sammlungen ein richtiges 
Urteil nicht — oder höchstens durch Zufall — haben; 
nur an Verständnis für diese Fragen könnte er viel- 
leicht gewinnen.’ Im diesem Abschnitte, in diesem 
Zusammenhange hat Nissen die Hauptbeweisstellen für 
seine Hypothesen zu finden gewulst, dafs die aristote- 
lischen σεολετεῖαι im Zusammenhange mitden Vorarbeiten 
zu einer Reichsgesetzgebung stünden und als “eine 
10 * 


-- 148 — 


Exeurs Sammlung zum Gebrauch praktischer Staatsmänner, 
weiterhin zur Heranbildung solcher’ dienten. 

Ich will nicht davon reden, dafs im Handumdrehen 
aus der Vorarbeit für die Politik und weiterhin für 
die Reichsgesetzgebung eine Sammlung mit selb- 
ständigem Zwecke wird; nur bemerken möchte ich, 
dafs die σολιτεία A9nvaiwv jedenfalls nur zum Ge- 
brauche unpraktischer Staatsmänner bestimmt gewesen 
sein kann. Wer konnte sich denn aus diesem Buche 
über athenische Verhältnisse, wie sie die Diplomatie 
zu behandeln hat, orientieren? Gerade was ein Staats- 
mann der Alexanderzeit darin zunächst suchen mulste, 
fehlt: die äufseren politischen Beziehungen Athens, und 
zwar die des 4. Jahrhunderts. Nur die innere Ge- 
schichte ist behandelt und das 4. Jahrhundert gänz- 
lich ausgeschlossen. Und für welchen praktischen 
Staatsmann waren denn die 'wissenschaftlichen Aus- 
einandersetzungen des Verfassers mit Herodot, Thuky- 
dides, Androtion bestimmt? 

ee Endlich hat Nissen auch die Schrift anders, als 
H04. 49». bisher geschehen, zu datieren versucht (S. 197 £.); 
er setzt sie in die Zeit vom Oktober 324 bis Juli 323. 
Er statuiert: die Athener haben nur. probeweise im 
Jahre 325/4 sieben Penteren hergestellt (CIA. II 2, 
809 d 90), denn dafs die Herstellung nicht fortgesetzt 
wurde, weil das Kaliber keinen dauernden Beifall ge- 
funden habe, beweise Diod. XVIII 10. Die Stelle wird 
nicht ausgeschrieben; es ist aber gut zu wissen, dafs 
Diodor hier. nicht eine Angabe über den Bestand des 
athenischen Marinearsenals im Jahre 323/2 macht, 
sondern erzählt, dafs die Athener in den letzten See- 
krieg 40 Tetreren und 200 Trieren hinausschickten, 
Dürfte ein Historiker der Zukunft schliefsen: zum 
Armeebestand Preufsens gehörten nach amtlicher Quelle 


-- 14 -- 


1868 die Gardes du Corps; in keiner Schlacht des deutsch- Exeurs 
französischen Feldzuges wird die Truppe erwähnt, also 
ist sie 1870 abgeschafft gewesen? — Es ‘wird die 
Paralia und zwar als Tetrere erwähnt 326/5, 323/2; 
die Salaminia dagegen ist als Triere vor 325/4 zu 
Grunde gegangen und begegnet 322/1 wie ihr Schwester- 
schiff als Tetrere'. Zunächst liegt hier ein Versehen 
vor, wodurch die ganze Schlufsfolgerung hinfällig wird. 
Das Staatsschiff heifst nicht Paralia, sondern Paralos; 
so bei Thukydides, Aristophanes, Aristoteles, Philo- 
choros; zweitens ist das Schiff eine Triere. Also ist 
die Identifikation der Tetrere Paralia mit der Triere 
Paralos eine methodische Unmöglichkeit. Die Sala- 
minia heifst bei Aristoteles um das Jahr 325 Ammonias, 
Ammonias heifst sie um 305 bei Philochoros. Wie 
kann man nun diese Überlieferung folgendermafsen ver- 
werten? Aristoteles und Philochoros geben allerdings den 
Namen der Ammonias statt den der Salaminia, auch war 
das Schiff sonst eine Triere, aber in den Seeurkunden 
kommt 322/1 eine Tetrere Salaminia vor: diese Teetrere 
Salaminia ist mit der sonst in diesem Zeitraum Ammo- 
nias genannten Triere identisch. Das ist eine blofse 
Behauptung. Und welche anderen Behauptungen sind 
für sie notwendig? Erstens der Name des Schiffes hat 
zwischen 325 und 305 wieder gewechselt, und zweitens 
das Schiff ist als Triere untergegangen und taucht als 
Tetrere wieder auf, zwei Behauptungen, die nicht blofs 
nicht bewiesen, sondern auch unwahrscheinlich sind. 
Die erste Identifikation, die der Paralos, ist unbeweis- 
bar, die zweite unbewiesen, die Diodorstelle nicht be- 
weisend. Thatsächlichen Halt hat Nissens Datierung 
nicht. Denn in dem Syllogismus, welcher die Datie- 
rung schliefst, dafs nämlich die Salaminia erst nach 
dem Aufrücken des Ammon zum Vater Alexanders den 


--Ῥ 10 — 


Excurs Namen Ammonias hätte empfangen können, in Wirk- 
lichkeit diese Umtaufe wegen des Verhältnisses der 
Athener zu Alexander nicht vor der Zeit möglich war 
und nur während der Zeit Bestand hatte, wo die 
Athener dem Könige göttliche Ehren erwiesen, mithin 
die Salaminia nur zwischen dem Oktober 324 und Juli 
323 Ammonias geheifsen haben könne — in diesem 
Syllogismus, sage ich, enthielte der Untersatz eine 
treffende Beobachtung, wenn sie nicht durch den Ober- 
satz an Halt verlöre. Denn wo ist der Beweis für den 
Obersatz? Auf die Geschichte des Namens der Salaminia- 
Ammonias, welche Nissen konstruiert, brauche ich hier- 
nach nicht mehr einzugehen. 


Neuntes Kapitel. 


Das neunte Kapitel ist eines der wichtigsten für 
die Charakteristik ‘der 204. 49nv. Was sein eigent- 
liches Thema sein soll, ist klar: die Einführung der 
Volksgerichte. Man hätte demnach zunächst die An- 
gabe der einfachen Thatsache zu erwarten, dafs Solon 
die Volksgerichte und die Berufung an sie einsetzte. 
Allein Aristoteles fand diese Institution im Urteil der 
Athener mit der Ansicht verbunden vor, dafs sie die 
volkstümlichste Mafsregel Solons sei, weil im 4. Jahr- 
hundert die Souveränität des Volkes in der Recht- 
sprechung zum deutlichsten Ausdruck kam. Das hielt 
er für unrichtig, dagegen galt es zu kämpfen. Und 
so stark ist der polemische Trieb, dafs er den Schrift- 
steller die einfachen thatsächlichen Angaben gar nicht 
erst machen läfst; vielmehr, ehe er ihn überhaupt zu 


— 151 -- 


den das Thema des Kapitels enthaltenden Worten 9. Kap. 
kommen, ehe er das Streitobjekt ihn nennen läfst, 
zwingt er ihm schon Kampfesworte in die Feder und 
läfst ihn die eigene abweichende Ansicht in den Vorder- 
grund stellen: πρῶτον μὲν χαὶ μέγιστον τὸ μὴ 
δανείζειν ἐπεὶ τοῖς σώμασιν, ein Urteil, welches im An- 
fang des 6. Kapitels begründet war. Einfach registriert 
wird τὸ ἐξεῖναι τῷ βουλομένῳ τιμωρεῖν ὑπὲρ τῶν adı- 
χουμένων, und nun erst die bekämpfte Ansicht τρίτον 
δὲ (w) μάλιστά φασιν ἰσχυχέναι τὸ τελῆϑος, m εἰς τὸ 
διχαστήριον ἔφεσις, aber auch hier noch nicht ohne 
einen Zusatz, der der Polemik Ausdruck verleiht; denn 
der Relativsatz weist mit der Bemerkung, dafs diese 
Institution nach allgemeiner Ansicht die demokratischste 
aller solonischen sei, ausdrücklich auf des Verfassers in 
den Anfang gestellte abweichende Auffassung hin. 
Nun würdigt er die Gründe der Gegner ohne jede 
Polemik, soweit sie Thatsachen betreffen; aber die un. 
historische Auslegung der Thatsachen bekämpft er: 
οὐ γὰρ δίχαιον ἐκ τῶν νῦν γινομένων ἀλλ᾽ ἐχ τῆς ἄλλης 
πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν ἐκείνου βούλησιν, wozu ja die 
Parallele aus der Politik (1274 ἃ 11) bekannt ist: φαί- 
νεται δὲ οὐ κατὰ τὴν Σόλωνος γενέσϑαι τοῦτο προαί- 
ρεσιν (die Überhandnahme des Demos), ἀλλὰ μᾶλλον 
ἀπὸ συμπτώματος . . ἐπεὶ Σόλων γε ἔοιχε τὴν ἀναγ- 
χαιοτάτην ἀποδιδόναι τῷ δήμῳ δύναμιν χτὲ, (5. oben 
S. 120). 

Und woher gerade hier die Stärke des polemischen 
Triebes? Solon ist für Aristoteles, worauf ich weiter 
unten genauer eingehe, ein μέσος, seine Verfassung ist 
die eines μέσος, der stets die ueoorrg wahrt, von Ex- 
tremen sich fernhält. Gab aber Solon dem Volke die 
Gerichtsbarkeit, welche die demokratische Tradition 
ihm zuschrieb, dann war er kein μέσος. Die ganze 


-- 162 -- 


9. Kap. solonische Verfassung hatte Aristoteles als die eines 
μέσος dargestellt. Bei der Seisachtheia giebt Solon 
dem kommunistischen Begehren des Volkes nicht durch 
Aufteilung des Landes nach, in der Verteilung der 
Staatsrechte enttäuscht er das herrschsüchtige Ver- 
langen der Adligen durch die timokratische Ordnung 
der Dinge. Er läfst dem Adel Vorrechte, aber giebt 
auch dem Volke Rechte. Die Ämterbesetzung gestaltet 
Solon nicht aristokratisch-oligarchisch durch das reine 
Wahlprineip, auch nicht demokratisch durch blofses 
Losen: die Mitte hält er, indem er eine Besetzungs- 
art festsetzt, welche Wahl und Los vereinigt. Mit 
dem προχρίνειν und dem Losen war die Ämterbesetzung, 
wenn auch mit Mafsen, so doch immerhin nach demo- 
kratischem Principe ausgestaltet; aber die εὔϑυνα, 
welche nach Aristoteles der Areopag hatte, brachte in 
das Beamtentum das aristokratische Gegengewicht 
hinein. Die demokratische Wahl konnte die Beamten 
nicht zu allzu demokratischer Amtsführung bewegen, 
denn die εὔϑυνα auf dem Areopag stand ihnen immer 
bevor. Aus diesem Zusammenhange erklärt sich die 
merkwürdige Angabe, dafs die εὔϑυνα nach der Ord- 
nung Solons vor den Areopag gehört habe. Aber alles 
dieses sind doch im Grunde Einzelheiten, bei denen 
nur ein Mehr oder Weniger an demokratischer Ten- 
denz in den gegensätzlichen Darstellungen des Aristo- 
teles und der Atthis in Rechnung kommt. Hier, bei der _ 
Erteilung einer Gerichtsbarkeit, welche nach der Ansicht 
der Demokraten die extreme Demokratie hatte fördern 
sollen, handelt es sich um die Gesammtauffassung von 
Solons Gesetzgebung. Entweder gab Solon die Ge- 
richtsverfassung in dieser Absicht, dann war Aristo- 
teles’ Auffassung von dem Manne und dem Werke des 
Mannes falsch, oder er gab sie nicht mit dieser Ab- 


— 13 — 


sicht, und die demokratische Tradition ist gerichtet. 9. Kap. 
Dafs er aber diese Absicht nicht gehabt haben könne, 
ergiebt, so sagt Aristoteles, ein Blick auf die ganze 
Verfassung. Man sieht, auf die Darstellung der solo- 
nischen Verfassung, wie sie in den ersten Kapiteln 
gegeben ist, weist Aristoteles hier zum Beweise ein- 
fach hin. Er hat im einzelnen vorgebaut, damit, wo 
der Kampf ums Ganze geht, er nur auf das Einzelne 
zu verweisen braucht. Überlegen ist zwar die Ab- 
fertigung der gegnerischen Ansicht, aber dafs hier 
alles auf dem Spiele steht, verrät sich an der Stärke 
der Polemik im Eingang und auch im Ausgang. Man 
beachte, wie mild und vorsichtig seine ausgesprochene 
Polemik in fast stereotypem Ausdrucke da ist, wo es 
sich um Differenzen handelt, welche dem blolsen Ur- 
teile unterliegen und Ansichtssache sind; so sagt er 
(p. 5, 25) οὐ μὴν ἀλλὰ πιϑανώτερος ὃ τῶν δημοτιχῶν 
λόγος und (p. 7, 11) οὐ μὴν ἀλλὰ εὐλογώτερον zre. Um 
die Achtung vor der Meinung des Anderen, welche 
sich in dieser Mäfsigung ausdrückt, richtig zu würdigen, 
vergleiche man, welchen Ton er anschlägt, wo es sich 
nicht um Ansichten, sondern um beweisbare That- 
sachen handelt: p. 19, 18 ὃ λεγόμενος λόγος . . . 00% 
ἀληϑής ἐστιν᾽ οὐ γὰρ ἔπεμπον τόζτε) μεϑ'᾽ ὕτελων 
und gar 18, 3 διὸ χαὶ φανερῶς ληροῦῖσιν (οἱ) φά- 
σχοντες ἐρώμενον εἶναι Πεισίστρατον Σόλωνος, denn da 
brauchte man nur die Archontenliste nachzuschlagen. 
Auch an unserer Stelle handelt es sich um eine An- 
sichtssache, daher Aristoteles wieder ruhig οὐ μὴν 
εἰχός sagt; aber die polemische Erregtheit, welche das 
ganze Kapitel charakterisiert, tritt an der Begründung 
οὐ γὰρ δίκαιον zu Tage; das ist bei allem Ethos, 
welches darin liegt, hart gesprochen. Und indem 
Aristoteles die Einsetzung der Volksgerichte seitens 


-- 184 -- 


9. Kap: Solons mit ausgesprochener demokratischer Tendenz 
leugnet, widerspricht er der allgemein geltenden Ansicht, 
dafs Solon mit den Gerichten der demokratischen Ord- 
nung die bedeutendste Stütze habe geben wollen. Am 
Schlusse des 8. Kapitels hatte er die Mafsregeln an- 
geführt, durch welche Solon die neue Verfassung nach 
seiner — des Aristoteles — Meinung zu festigen suchte, 
die Eisangelie ἐπὶ καταλύσει τοῦ δήμου an den Areopag 
und das Gesetz gegen den politischen Indifferentismus. 
Das ist sein positiver Nachweis; den negativen, dafs 
nämlich die Ansicht, nach welcher Solon mit der Volks- 
gerichtsbarkeit seine Verfassung hätte festigen wollen, 
falsch sei, erbringt er in diesem Kapitel, indem er 
überhaupt das Vorhandensein der Tendenz in dem 
Gesetzgeber leugnet, welche allein zu dem Versuch 
einer Stützung der Verfassung durch so demokratische 
Institutionen hätte führen können. So legt das 9. Ka- 
pitel negativ dasselbe dar wie der Schlufs des achten 
positiv; dieses bereitet jenes vor. Wie sich also die 
Kapitel 6—8 im ganzen zum 9. Kapitel verhalten, so 
verhält sich im besonderen der Schlufs des 8. Kapitels 
zu dem folgenden. Auf diese Weise wird zugleich der 
innere Zusammenhang festgehalten. Es ist eben alles 
Absicht, alles Beweis in diesem Abschnitte. Die ganze 
Darstellung der: solonischen Verfassung ist ein grofses 
Nein, nicht gegenüber der Überlieferung der einzelnen 
Thatsachen der solonischen Verfassung, sondern gegen- 
über der allgemein geltenden demokratischen Auf- 
fassung des Mannes und seines Werkes. Aristoteles 
rühmt den Solon nicht weniger als die Demokraten, 
aber er sucht und sieht die Bedeutung seiner Gesetz- 
gebung in etwas Anderem als diese. Er erblickt in 
demselben Manne, in welchem jene den Archegetes der 
extrem demokratischen Anschauung des 4. und 5. Jahr- 


-- 15 — 


hunderts sahen, den Feind alles Extremen; er macht 
den Begründer und Helfer der extremen Demokratie 
zu ihrem Feinde. Durch die ganze Darstellung der 
solonischen Verfassung zieht sich dieser Gegensatz, und 
das neunte Kapitel steht im Brennpunkte des Streites. 
So ist es das wichtigste aller Kapitel, welche wir hier 
betrachten, ja es ist vielleicht eines der wichtigsten 
der ganzen σπτολιτεία AInvaiwv überhaupt. 

Aristoteles führt die Gründe der Gegner für die 
wachsende Macht der Gerichte an; sie finden sich 
auch bei Plutarch (Kap. 18): ὃ (sc. τὸ δικάζειν) κατ᾽ 
ἀρχὰς μὲν οὐδὲν, Toregov δὲ παμμέγεϑες ἐφάνη" τὰ 
γὰρ πλεῖστα τῶν διαφόρων ἐνέπιπτεν εἰς τοὺς διχα- 
στάς. Die Thatsache, ἀδίβ zu Solons Zeit die Ge- 
richtsbarkeit des Volkes noch keinen bedeutenden Ein- 
flufs im Staatsleben ausübte, ist auch hier anerkannt; 
aber das ganze Plutarchkapitel zeigt, dafs sein Ver- 
fasser oder dessen Quelle die spätere Entwicklung der 
Volksgerichte sich als von Solon beabsichtigt dachten; es 
fehlt also gerade das wesentlich Aristotelische, der Satz, 
dals diese Entwicklung infolge historischer Zufällig- 
keiten sich so, wie sie es gethan, gestaltet habe. Mit- 
hin kann Aristoteles hier nicht vorliegen. Das wird 
sich auch aus dem Folgenden ergeben. — Plutarch: 
καὶ γὰρ ὅσα ταῖς ἀρχαῖς ἔταξε χρίνειν, ὁμοίως καὶ 
περὶ ἐχείνων εἰς τὸ διχαστήριον ἐφέσεις ἔδωχε τοῖς 
βουλομένοις : philosophischer bei Aristoteles: χύρεος γὰρ 
ὧν ὃ δῆμος τῆς ψήφου κύριος γίνεται τῆς πολιτείας. 
Es folgt nun auch bei Plutarch der Topos über die be- 
absichtigte Unklarheit der solonischen Gesetze. Dafür 
der Beleg: ᾿Επισημαίνεται δ᾽ αὐτὸς αὑτῷ τὴν ἀξίωσιν 
οὕτως" Δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον χράτος ὅσσον ἐπταρ- 
κεῖ χτὲ. Ἔτι μέντοι καὶ μᾶλλον οἰόμενος δεῖν Errag- 
χεῖν τῇ τῶν πολλῶν ἀσϑενείᾳ, παντὶ λαβεῖν δίκην 


9. Kap. 


und Plut, 
Sol. 18. 


— 16 — 


9. Kap. ὑπτὲρ τοῦ χαχῶς rercovdöorog ἔδωχε. Aristoteles führt 
die Verse “ήμῳ μὲν γὰρ «re. ebenfalls an, aber nicht 
als Beleg für die Bevorzugung des Volkes durch Solon, 
sondern dafür, dafs Solon, wie er sagt, ἀμφοτέροις 
ἠναντιώϑη Aal... εἵλετο 77008 ἀμφοτέρους ἀπεχϑέ- 
σϑαι. Und niemand wird leugnen, dafs Aristoteles 
die Verse richtig verstanden und gebraucht hat, Mifs- 
brauch mit ihnen bei Plutarch getrieben ist. Allein 
wie konnte der Mifsbrauch möglich sein? Weil man 
den ersten Vers anders las, als wir ihn im Aristoteles 
jesen. Dieser giebt δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωκα τόσον γέρας 
ὅσσον Erragfrei), Plut. δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον 
χράτος ὅσσον ἑπαρχεῖ. Er will dabei, wie das sich 
daran anschliefsende ἔτι μᾶλλον οἰόμενος δεῖν Errag- 
xelv τῇ τῶν πολλῶν ἀσϑενείᾳ zeigt, ἐπταρχεῖ als “helfen, 
schützen’ verstanden wissen; da er nun statt γέρας das 
starke zoarog liest, so ergiebt sich der Sinn für die 
erste Zeile: “dem Volke habe ich eine solche Macht 
gegeben, dals sie es schützt.’ Wem nun die übrigen 
Verse gleichgiltig waren, der konnte die 3 Distichen in 
der That als Beleg in der Weise verwenden, wie es 
bei Plutarch geschehen ist. Das wichtigste Ergebnis 
dieser Beobachtung ist, dafs Hermippos, den man ja hier 
gerade einfach für Plutarch einsetzen darf!), an dieser 
Stelle nicht die sr04. AYrv. benutzt haben kann; das 
beweist die verschiedene Verwendung des Epigrammes 
und vor allem der Umstand, dafs diese verschiedene 
Verwendung auf einem verschiedenen Texte beruht. 
Nun besteht aber zwischen Aristoteles und Hermippos 
an dieser Stelle zugleich eine mehr als zufällige Über- 
einstimmung; andererseits können Aristoteles und Her- 
mippos die Solonverse nicht aus derselben Quelle 


1) Begemann a. a. Ὁ. S. 20. 


— Bi — 


haben. Aristoteles schöpfte aus den Gedichten selbst, 
auch Hermippos wird sie selbst benutzt haben; aber 
auch in der ihnen beiden gemeinsamen Quelle, der 
Atthis, sind sie vorauszusetzen. Da Hermippos die 
Verse im Sinne einer demokratischen Auffassung ver- 
wendet, wird man annehmen, dals er, wie das auch 
zu erwarten ist, die Quelle genauer ausschrieb, Aristo- 
teles diese Quelle berücksichtigte, zum Teil ihre 
Worte gebrauchte, aber sein eigenes Urteil sowohl den 
Thatsachen wie den Belegen gegenüber sich wahrte, 

Ich möchte noch, wie auch vorher, um den Gegen- 
satz zwischen den von Hermippos benutzten Quellen 
und Aristoteles zu illustrieren, Isokrates’ Areopagitikos 
heranziehen. Es heilst darin: ($ 39) τὴν δὴ τοιαύτην 
(se, βουλήν, Areopag) . .. . zuglav ἐποίησαν E£rruuekei- 
σϑαι τῆς εὐταξίας, ἢ (sc. βουλὴ) τοὺς μὲν olouevors 
ἐνταῦϑα (44) βελτίστους ἄνδρας γίγνεσθαι, rag οἷς 
(wo?) οἱ νόμοι μετὰ πλείστης ἀκριβείας χείμενοι 
τυγχάνουσιν, ἀγνοεῖν (“desipere’) ἐνόμιζεν... (δ 40) ἐπεὶ 
τά γε τιλήϑη χαὶ τὰς ἀχριβείας τῶν νόμων σημεῖον εἶναι 
τοῦ χαχῶς οἰκεῖσϑαι τὴν πόλιν ταύτην... (δ 41) τοὺς δὲ 
χαλῶς πεπαιδευμένους χαὶ τοῖς ἁπλῶς χειμένοις 
ἐθελήσειν ἐμμένειν. Diese Worte, welche auf die ver- 
meintliche solonische Verfassung gehen, werden jetzt 
klar in ihrer Tendenz verstanden. Die darin stehende 
Behauptung, dals die ἀχρίβεια τῶν νόμων, welche eben 
den solonischen Gesetzen fehlte, nicht nötig sei, ergiebt 
sich als eine Verteidigung des demokratischen Satzes 
ἐτείτη δες ἀσαφεῖς αὐτὸν ποιῆσαι τοὺς νόμους, aller- 
dings eine Verteidigung des ἐσείτη δες in anderem Sinne 
als dem der Demokraten. Die Thatsache der ἀσάφεια 
der solonischen Gesetze war allgemein anerkannt und 
fiel für den Philosophen unter das allgemeine 


9, Kap. 


und 
Isokr, 
VII 39 ft. 


9. Kap. 
Ἐς9. 1.4; 


— WW -- 


Axiom'!), dals ein Gesetz überhaupt nicht für alles Bestim- 
mungen treffen könne. Von allgemeinerem Gesichtspunkt 
aus erklärt also Aristoteles die Mängel der solonischen 
Gesetze: Solon war es unmöglich, alles genau durch 
Gesetze zu regeln, weil dies überhaupt unmöglich ist. 
Die Atthis kehrte jene Mängel zur Glorie des demo- 
kratischen Heros: die ἀσάφεια war beabsichtigt von 
Solon, örrwg zregi τῆς χρίσεωϊς 6 δῆμος ἢ κ]ύριος ), 
wozu der Satz κύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος τῆς ψήφου κύ- 
ριος γίνεται τῆς σπτολιτείας den Syllogismus schliefst. 
Und Isokrates? Auch nach ihm lag die ἀσάφεια in 
der Absicht des Gesetzgebers, und auch die auf Solon 
folgenden Generationen hiefsen diese ἀσάφεια gut. 
Aber der Solon des Isokrates und die Geschlechter, 
welche nach der Darstellung des Redners gleichen 
Geistes mit dem alten Gesetzgeber waren, konnten bei 
der Zulassung und Belassung der ἀσάφεια unmöglich 
die Absicht gehabt haben, welche die demokratische 


1) Z.B. PlatoPolitikos 1294 a ὅτε νόμος οὐκ ἄν ποτε δύναιτο 
τό TE ἄριστοι: χαὶ τὸ δικαιότατον ἀκριβῶς πᾶσιν ἅμα περιλα- 
βὼν τὸ βέλτιστον ἐπιτάττειν (vgl. πολ. ᾿4ϑην. p. 9, 9 διὰ 
τὸ μὴ δύνασϑαε χαϑόλου περιλαβεῖν τὸ βέλτιστον). ei 
γὰρ ἀνομοιότητες τῶν τε ἀνϑρώπων χαὶ τῶν πράξεων χαὶ τὸ μη- 
δέχοτε μηδὲν ὡς ἔπος εἰπεῖν ἡσυχίαν ἄγειν τῶν ἀνϑρωπίνων 
οὐδὲν ἐῶσιν ἁπλοῦν ἐν οὐδενὶ περὶ ἁπάντων χαὶ ἐπὶ πάντα τὸν 
χοόνον ἀποφαίνεσϑαι τέχνην οὐδ᾽ ἡντινοῦν. Aristoteles selbst 
Polit. 1282 Ὁ 4, wo von den Beamten die Rede ist: περὶ τούτων 
εἶναι χυρίους περὶ ὅσων ἐξαδυνατοῦσεν οὗ νόμοι λέγειν 
ἀκριβῶς διὰ τὸ μὴ ὅάδιον εἶναι χαϑόλου διορίσαι περὶ πάν- 
των vgl. 1287 b 17: die Beamten müssen das χρένειν haben, περὶ 
ὧν ὃ νόμος ἀδυνατεῖ διορίζειν x... τὰ μὲν ἐνδέχεται περι- 
ληφϑῆναι τοῖς νόμοις, τὰ δὲ ἀδύνατα κτέ. vgl. 1286 ἃ 24, Ethik 
1157} 27 ΞΕ, Rhet. 1374 a 28 ff. 

2) Das Paläographische zu der Lesung 8. ὁ. S. 9 z. ἃ. St.; 
für den Ausdruck vgl. die in der vorhergehenden Anm. eitierte 
Stelle: περὶ τούτων εἶναι κυρίους (Pol. 1282 b 4). 


-- 19 -- 


Auffassung der ἀσάφεια unterschob; denn damit würde 
sich der Zweck der ganzen Schrift nicht vertragen. 
Sein Solon kann dem Volke nicht die Macht gegeben 
haben, welche zu der Verwilderung führte, die gerade 
im Areopagitikos bekämpft und der die solonische Ver- 
fassung als wieder zu erstrebendes Paradies vorgehalten 
wird. Er konnte aber auch die aristotelische, philo- 
sophische Auffassung nicht annehmen, weil er damit 
dem Urheber der gepriesenen Verfassung einen Mangel 
hätte anhängen müssen, den seine idealisierende Dar- 
stellung nicht vertrug, und welche in. seine Beweis- 
führung nicht pafste. So durfte die ἀσάφεια nicht ab- 
sichtslos sein, sie durfte aber auch nicht mit der Ab- 
sicht belassen sein, welche die demokratische Tradition 
annahm. Wie hilft er sich? Er greift zu dem so häu- 
figen Mittel sophistischer Beweisführung, zum utopisti- 
schen Ethos, und erklärt den Mangel der Schärfe der 
solonischen Gesetze mit dem Gemeinplatz, dafs nach 
der Auffassung der Altvorderen die in Stein ge- 
schriebenen Gesetze keinen Wert gehabt hätten; das 
Volk sollte nach dem Willen der Vorfahren zur σω- 
φροσύνη erzogen werden, so dafs die Gesetze in seinem 
Herzen geschrieben stünden: die Erziehung des Volkes 
aber gaben sie — und hier liegt der Kern der Schrift!) — 
dem Areopag in die Hände: οὐχ 24 τούτων (den Ge- 


1) Dümmler ἃ. ἃ. Ὁ. (s. ο. $. 78, Anm. 1) 5. 16 hat gemeint, 
dies sei der richtigste Gedanke des Areopagitikos, und den 
habe Isokrates auch noch aus Platons Staat gestohlen (IV 425, 
namentlich b οὔτε γάρ που γίγνεται οὔτ᾽ ἄν μείνειεν, λόγῳ τε 
χαὶ γράμμασι τομοϑετηϑέντα; Gegensatz ist ἐκ παιδείας). Ob 
der Gedanke der richtigste ist, darüber will ich hier nicht 
rechten; aber dafs er nicht aus Platons Staat stammt, das 
verdient betont zu werden. Isokrates hat ihn schon im Pane- 
gyrikos ($ 78) in anderer Wendung τοὺς νόμους ἐσχόπουν, ὅπως 


9. Kap. 
p. 9, 7 % 


᾽ 


-- 160 -- 


9. Kap. setzen) τὴν ἐπίδοσιν εἶναι τῆς ἀρετῆς ἀλλ᾽ ἐχ τῶν χαϑ᾽ 
θν 9. 71 


ἀχριβῶς καὶ καλῶς ἕξουσιν, οὐχ οὕτω τοὺς περὶ τῶν ᾿δέων 
συμβολαίων ὡς τοὺς περὶ τῶν za# ἑκάστην τὴν ἡμέ- 
ραν ἐπιτηδευμάτων" ἠπίσταντο γάρ, ὅτε τοῖς καλοῖς κάἀ- 
γαϑοῖς τῶν ἀνθρώπων οὐδὲν δεήσει πολλῶν γραμμά- 
των, ἀλλ᾽ ἀπ᾽ ὀλίγων συνϑημάτων δᾳδέως καὶ περὶ τῶν ἰδίων 
χαὶ περὶ τῶν χοινῶν ὁμονοήσουσιν; ebenso kehrt er in der Parallel- 
darstellung des Panathenaikos (s. o. S. 86 ff.) zum Areopagi- 
tikos wieder, $ 144. Vgl. Platoa. a. 0.425 e τί δέ... τὰ ayo- 
ραῖα ξυμβολαίων TE πέρι zar’ ἀγορὰν ἕχαστοι ἃ πρὸς ἀλλή- 
λόυς Euußailovow ..... τούτων τολμήσομέν τι νομοϑετεῖν. 
ἀλλ᾽ οὐκ ἄξιον... ἀνδράσι χαλοῖς κἀγαϑοῖς ἐπιτάττειν; 
τὰ πολλὰ γὰρ αὐτῶν, ὅσα δεῖ νομοϑετήσασϑαι, δᾳ δίως που εὑ- 
ρήσουσιν. Die Übereinstimmung ist so grofs, dafs man, falls 
der Panegyrikos spät genug fiele, in der That auf Abhängig- 
keit des Isokrates schliefsen würde. So bleibt nichts übrig, 
als anzunehmen, dafs der Gedanke, wie ich ihn im Texte auch 
bezeichnet habe, ein philosophischer Topos war. Denn von 
Isokrates selbst stammt er sicher nicht. Woher dieser ihn 
aber hat, ist mir nicht klar. Isokrates pflügt auch im Ausdrucke 
mit fremdem Kalbe: die Gesetze ἐμφράγματα τῶν ἁμαρτημάτων 
zu nennen, ging über sein Können oder wenigstens gegen seine 
zimperliche Ausdrucksweise. Dasselbe Bild Lyk. Leokr. 124: ἁπά- 
σας τὰς ὁδοὺς τῶν ἀδικημάτων ἐνέφραξαν, was in Bezug aufdas 
Psephisma des Demophantos gesagt ist. Der Ausdruck ist lange 
nicht so kühn wie derbeilsokrates. Andirekte Nachahmung des 
Areopag. seitens des Lykurgos vermag ich nicht zu glauben; das 
Bild wird älterer Prägung sein. Der Ausdruck klingt fast an die 
Tragödie an; doch giebt es noch eine andere Möglichkeit. Bei 
Stob. Flor. 43, 95 (11 103M.) steht ein Fragment aus der Schrift 
περὶ ὁσιότητος des sonst nicht bekannten Diotogenes (Zeller, 
Phi. ἃ. Gr., II 2°, 100, Anm. No. 12), welches beginnt: zws 
δὲ νόμως οὐκ ἐν οἰκήμασι καὶ ϑυρώμασεν ἐνῆμεν dei, 
ἀλλ᾽ ἐν τοῖς ἠἡϑέεσι τῶν πολιτευομένων. τίς ὧν ἀρχὰ πολι- 
τείας ἁπάσας; νέων τροφά. Ebenda 43, 134 heifst es aus einer 
dem Archytas fälschlich beigelegten Schrift (Zeller a. a. ©. S. 106) 
περὶ νόμου χαὶ διχαιοσύνης (II 139, 21 M.): iv νόμον ὧν ἐν 
τοῖς ἄϑεσι (ich belasse den Dialekt, wie er bei Meineke steht, 
denn für die künstliche Doris fehlt mir das Regulativ) χαὶ 
τοῖς ἐπιταδεύμασι τῶν πολιτὰν ἐγχρῴζεσθαι δεῖ und direkt im 
Wortlaut mit Diotogenes übereinstimmend (II 138, 19 ff.), so 


Te 


« , β, ᾿ ς , > ὃ ΄ 2 x x Ai x 
EAAOTIV τὴν ἡμέραν EITITNOEUURTWV' τοὺς γὰρ 7rokkovg 


dafs auf einer Seite ein Plagiat vorliegt, dei τὸν νόμον... 
μὴ ἐν οἰχήμασι χαὶ ϑυρώμασιν ἐνῆμεν ἀλλ᾽ ἐν τοῖς ἄϑεσι τῶν πολι- 
τευομένων. οὐδὲ γὰρ ἐν “αχεδαίμονε τῷ εὐνομωτάτᾳ πλάϑει 
γραμμάτων & πόλις διοικεῖται, πολὺ δὲ μᾶλλον τοῖς τρόποις τῶν 
πολιτευομένων. Die Stelle erinnert stark an Isokrates’ τὰ 
πλήϑη... τῶν νόμων τὰς στοὰς ἐμπιμπλάνειν γραμμάτων ..- 
τοῖς ψηφίσμασιν ἀλλὰ τοῖς ἤϑεσιν χαλῶς οἰκεῖσθαι χτέὲ., 5. ἃ. Text. 
Dafs die Pythagoreer am Ende der christlichen Zeitrechnung 
den Areopagitikos nicht ausgeschrieben haben, wird man ohne 
weiteres zugeben. Nun ist dieser Gemeinplatz bei den Py- 
thagoreern und bei Platon mit der Jugenderziehung verknüpft; 
bei Isokrates erscheint er zunächst nicht bei der Erziehung 
der Jugend, sondern der der ganzen Bürgerschaft zur owgpoo- 
σύνη, unmittelbar darauf aber geht auch Isokrates auf die 
Jugenderziehung über, so dafs man deutlich sieht, er hat den 
Gedanken in demselben Zusammenhange vorgefunden, wie er 
bei Platon und Diotogenes erscheint. Gerade so Aristoteles, 
wie sich das versteht, am Schlusse der Ethik (X 1179b 31): ἐκ 
νέου δ᾽ ἀγωγῆς ὀρϑὴς τυχεῖν πρὸς ἀρετὴν χαλεπὸν un ὑπὸ τοιού- 
τοις τραφέντα νόμοις... διὸ νόμοις δεῖ τετάχϑαι τὴν τροφὴν 
zei τὰ ἐπιτηδεύματα... καὶ ἀνδρωϑέντας δεῖ ἐπιτηδεύειν αὐτὰ 
καὶ ἐθίζεσθαι... εἰ δ᾽ οὖν... τὸν ἐσόμενον ἀγαϑὸν τραφῆναι 
χαλῶς δεῖ χαὶ ἐϑισϑῆναι, εἶϑ'᾽ οὕτως ἐν ἐπιτηδεύμασιν ἐπιεικέσι 
ζῆν χαὶ μήτ᾽ ἄκοντα un ἑχόντα πράττειν τὰ φαῦλα, ταῦτα δὲ 
γίνοιτ᾽ ἂν βιουμένοις χατά τινα νοῦν χαὶ τάξιν ὀρϑήν, ἔχουσαν 
ἰσχύν... ἐν μόνῃ δὲ τῇ Auzedaıuoviov πόλει μετ᾽ ὀλίγων ὁ 
νομοθέτης ἐπιμέλειαν δοχεῖ πετοιῆσϑαι τροφῆς TE χαὶ ἐπυτη- 
δευμάτων. Im Folgenden führt Aristoteles noch aus, dafs die 
so erziehenden Gesetze γεγραμμένοι oder ἄγραφοι sein könnten; 
darauf käme es nicht an (ἃ. h. ἐν ἤϑεσιν). Es ist erklärlich, 
aber auch bemerkenswert, dafs wie bei Pseudo-Archytas so 
hier die Gesetzgebung des Lykurgos als Beispiel angeführt 
wird. In dem 8. 130 f. berührten Abschnitt der Politik heifst es 
im Zusammenhang mit der Verfassung des Lykurgos von dem 
Gesetzgeber zov(re) νομοϑέτην ἐμποιεῖν δεῖ ταῦτα ταῖς ψυ- 
χαῖς τῶν ἀνθρώπων (1333 b 37). Namentlich an der Aristoteles- 
stelle erkennt man, dafs auch Xenophon, memor. IV 4, 15, in 
K eil, Aristoteles. 11 


9. Kap. 


44 > EFT A» ὙΥ 


— 12 — 


9. Kap. ὁμοίους τοῖς ἤϑεσιν Arroßaiveıv, ἐν οἷς ἂν ἕχαστοι sraı- 
δευϑῶσιν. ἐπεὶ τά γε ττλήϑη χαὶ τὰς ἀχριβείας τῶν 
νόμων σημεῖον Eivaı τοῦ χαχῶς οἰχεῖσϑαι τὴν πόλιν 
ταύτην... δεῖν δὲ τοὺς ὀρϑῶς πολιτευομένους οὐ τὰς 
στοὰς ἐμπιμτλάναι γραμμάτων, ἀλλ᾽ ἐν ταῖς ψυχαῖς 
ἔχειν τὸ δίχαιον" οὐ γὰρ τοῖς ψηφίσμασιν ἀλλὰ τοῖς 
ἴϑεσιν χαλῶς οἰχεῖσϑαι τὰς πόλεις, καὶ τοὺς μὲν χα- 


diesen Zusammenhang gehören : “Ζυχοῦργον δὲ τὸν Aazedaıuo- 
viov . . . χαταμεμάϑηχας, ὅτε οὐδὲν ἂν διάφορον τῶν ἄλλων 
πόλεων τὴν Σπάρτην ἐποίησεν, εἰ μὴ τὸ πείϑεσϑαι τοῖς νόμοις 
μάλιστα ἐνειργάσατο αὐτῆ. Was er ἐνειργάσατο, ist ἐν ἤϑεσιν. 
Um den Kreis zu vollenden, mufs ich noch eine Stelle aus- 
schreiben. Plut. Lyk. 13: νύμους δὲ γεγραμμένους ὁ Avxoüg- 
γος οὐκ ἔϑηχεν, ἀλλὰ μία τῶν χαλουμένων ῥητρῶν ἐστὶν αὕτη. 
τὰ μὲν γὰρ χυριώτατα χαὶ μέγιστα πρὸς εὐδαιμονίαν πόλεως 
χαὶ ἀρετὴν ἐν τοῖς ἤϑεσιεν ᾧετο zwi ταῖς ἀγωγαῖς τῶν πολιτῶν 
ἐγκατεστοιχειωμένα μένειν ἀκίνητα καὶ βέβαια. ἔχοντα τὴν 
προαίρεσιν δεσμὸν ἰσχυρότερον τῆς ἀνάγκης, ἣν ἡ παέδευσις 
ἐμποιεῖ τοὶς νέοες νομοϑέτου διάϑεσιν ἀπεργαζομένη περὶ 
ἕχαστον αὐτῶν. τὰ δὲ μιχρὰ χαὶ χρηματιχὰ συμβόλαεα zei 
μεταπίπτοντα ταῖς χρείαις ἄλλοτε ἄλλως βέλτιον nv μὴ χατα- 
λαμβάνειν ἐγγράφοις ἀνύγκαις μηδὲ ἀχινήτοις ἔϑεσιν, 
ἀλλ᾽ ἐὰν ἐπὶ τῶν καιρῶν προσϑέσεις λαμβάνοντα καὶ ἄφραι- 
ρέσεις, as ἂν οἵ πεπαιδευμένοι δοχιμάσωσι (vgl. Isokr. IV 78). 
τὸ γὰρ ὅλον χαὶ πᾶν τῆς νομοϑεσίας ἔργον εἰς τὴν παιδείαν 
ἀνῆψε. Es ist mir aus dem Zusammenhange aller dieser Stellen 
sicher, dafs der von Isokrates benutzte Gedanke aus social- 
politischen Erörterungen — mündlichen wie schriftlichen — 
stammt, welche um das Jahr 400 oder früher die Philosophie 
oder Sophistik über die Erziehung zum Staatsbürger anstellte; 
in ihnen war die spartanische Verfassung typisches Beispiel. 
Es ist bezeichnend für den Rhetor Isokrates, wie er aus diesem 
antiathenischen Gedankenkreise das Motiv der Erziehung durch 
und für den Staat auf die athenischen Verhältnisse überträgt. 
Manche Merkwürdigkeit seiner Ausführungen, namentlich die 
Unklarheit, wie er sich die Erziehung denkt, wird hierdurch 
verständlich. 


— 18 — 


χῶς τεϑραμμένους χαὶ τοὺς ἀχριβῶς τῶν νόμων avaye- 9. Kap. 
γραμμένους τολμήσειν sragaßaiveıv, τοὺς δὲ καλῶς πε- 
παιδευμένους χαὶ τοῖς ἁπλῶς χειμένοις ἐθελήσειν ἐμμέ- 

veıv ($ 40 ff.),. Man sieht, es ist das ein Versuch, sich 

mit der Thatsache der ἀσάφεια der solonischen Ge- 

setze abzufinden. So machen der Philosoph und der 
Rhetor, jeder von seinem Standpunkte aus, Front 
gegen die demokratische Tradition der Atthiden. 


Zehntes Kapitel. 


Mit den Worten διατάξας δὲ τὴν :τολιτείαν Ὅνττερ 
εἴρηται τρόπον schliefst sich das 11. Kapitel unmittel- 
bar an p. 6, 16 διέταξε τὴν “τολιτείαν τόνδε {τὸνν 
τρότστον an, so dals man anzunehmen geneigt sein könnte, 
das zehnte Kapitel gehöre auch noch zur Darstellung 
der πολιτεία: allein der Schein trügt. Zwei Aufgaben 
hat Solon nach Aristoteles, die Hebung des socialen 
Notstandes und die Einführung einer neuen Verfassung; 
dafs und wie diese beiden Aufgaben gelöst wurden, 
ist in den vorhergehenden Kapiteln erzählt; was Solon 
sonst noch that, kann nur als sr&geeyov berichtet werden. 
Dem entspricht der Inhalt des zehnten Kapitels. Er be- 
steht aus einer nachträglichen chronologischen Bemer- 
kung über die Abfolge der solonischen Mafsregeln mit der 
schon besprochenen (ὃ. 45 f.) Pointe gegen des Androtion 
Auffassung der Seisachtheia als einer Zinsermälsigung 
nebst Münzreform. Die hierbei nötige Erwähnung 
der solonischen Münz- und Malsreform veranlafst den 
Schriftsteller, eine kurze erläuternde Bemerkung über 
diese Reform anhangsweise beizugeben (ἐσ ἐχείνου γὰρ 

11* 


10. Kap. 


und Plut. 


Sol. 15. 


164 


ἐγένετο). Die Form der nebensächlichen Behandlung 
der solonischen Münz- und Mafsordnung ist an sich 
eine Polemik gegen die Bedeutung, welche Androtion 
ihr in seiner Darstellung der solonischen Verfassung 
eingeräumt hatte. Aristoteles hält sie für keine poli- 
tische Mafsnahme, gesteht ihr keinen Zusammenhang 
mit der σεολιτδία zu. Dafs sie keinen gehabt habe, 
will er durch die Angaben über sie selbst darlegen. 
Um dies zu verstehen, müssen wir den Parallelbericht 
des Plutarch heranziehen, welcher, wie ausdrücklich 
von diesem bezeugt wird, aus Androtion geflossen ist. 


Aristot. Kap. 10. 
ποιήσας. .. τήν TE τῶν 
μέτρων χαὶ σταϑμῶν 
καὶ τὴν τοῦ νομίσμα - 
τος αὔξησιν. ἐπ᾽ ἐκεί- 
γου γὰρ ἐγένετο καὶ τὰ 
μέτρα μείζω τῶν Φειδω- 
velwv, χαὶ ἢ μνᾷ πρότερον 
[ξλχο]υσα παρ᾽ ἐ[λί]γον 
ἑβδομήκοντα δραχμὰς ἀνε- 
πληρώϑη ταῖς ἑχατόν. ἣν 
δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ δί- 
δραχμον. Ercoinoe δὲ καὶ 
σταϑμὰ πρὸς τ[ὸ ν]όμισμα 
τ[ο]εῖς χαὶ ξξήχοντα μνᾶς 
τὸ τάλαντον ἀγούίσας, χαὶ 
ἐπτειδιενεμήϑησαν [αἱ] μναῖ 
τῷ στατῆρι χαὶ τοῖς ἄλλοις 
σταϑμοῖς. 


Plut. Sol. 15. 

. . τὴν ἅμα τούτῳ γενομέ- 
νην τῶν τὲ μέτρων ἐπ- 
αὐξησιν χαὶ τοῦ νομί- 
σματος τιμήν. Ἕκχα- 
τὸν γὰρ ἐποίησε δραχ- 
μῶν τὴν μνᾶν πρότε- 
ρον ἑβδομήχοντα καὶ 
τριῶν οὖσαν, ὥστ᾽ 
ἀριϑμῷ μὲν ἴσον, δυνάμει 
δ᾽ ἔλαττον ἀποδιδόντων, 
ὠφελεῖσϑαι μὲν τοὺς ἐχτί- 
γοντας μεγάλα, μηδὲν δὲ 
βλάτττεσϑαι τοὺς χομιζο- 
μένους. 


Die Verwandtschaft beider Berichte ist so in die 
Augen springend, dals sie keiner weiteren Erörterung 


bedarf; die Differenzen erfordern sie-um so mehr. 


Der 


--- 1605 -- 


wichtigste Unterschied ist der, dafs Androtion nur von 10. Kap. 
μέτρα und νόμισμα spricht, Aristoteles von σταϑμά, 
μέτρα und νόμισμα, und dafs hierbei Androtion für 
die μέτρα eine ἐπαύξησις berichtet, für das νόμισμα 
eine τιμή, Aristoteles dagegen für alle drei gleichmäfsig 
eine αὔξησις. Die weiteren Ausführungen beider 
Autoren stehen mit dieser generellen Angabe in Über- 
einstimmung. Androtion läfst die μέτρα beiseite, weil 
es ihm für seine Würdigung der Seisachtheia allein 
auf die Münze ankommt; wie er die ἐπαΐίξησις τῶν 
μέτρων verstand, bleibt also dahingestellt. Sein Aus- 
druck “rıuy? ist sehr korrekt. Solon führte eine andere 
“Wertung? ein, die in der Reduktion des Fufses be- 
stand, was wieder gut mit den Worten ἀριϑμῷ μὲν 
ἴσον, δυνάμει δ᾽ ἔλαττον ausgedrückt ist. Aristoteles 
läfst die αὔξησις auch des Geldes eintreten und be- 
richtet konsequenterweise: ‘die Mine, welche früher mit 
Aufserachtlassung einer kleinen Differenz 70 Drachmen 
wog, wurde durch die jetzt übliche Zahl (ταῖς) von 
100 Drachmen voll gemacht.” Aristoteles also denkt 
sich die Mine um ca. 30°/o vergröfsert. Natürlich kann 
seine Meinung nicht die gewesen sein, dafs einmal die 
Mine ca. 70 Drachmen gehabt habe; er glaubte viel- 
mehr, dafs 100 alte Drachmen ca. 70 Drachmen des 
neuen Kurses entsprachen. Er berichtet also just das 
Gegenteil vom Androtion. Ich nehme gleich seine An- p. 9, 20 £. 
gaben über die Veränderung der Gewichte hinzu. 
ἐποίησε δὲ χαὶ (ra) σταϑμὰ πρὸς τὸ v]ouıoue, 
d.h.in demselben Verhältnis wie 445 6 6143), 


!) Diese für das Verständnis der Zahlenangaben des Ari- 
stoteles wichtigsten Worte werden von den Erklärern der Stelle 
mit Stillsechweigen übergangen. Da die Deutungen hierdurch 
irrig werden mufsten, halte ich mich einer Polemik für über- 
hoben. 


Ρ. 


9, 


of. 


— 16 — 


10. Kayı wurde das Gewicht umgestaltet; den Artikel (za@) halte 


ich wegen Z. 16 für nötig. Geht man nun von der 
von Aristoteles selbst gegebenen Voraussetzung aus, 
dals Geld und Gewicht in das gleiche Verhältnis zu 
einander gesetzt wurden, so bleiben die folgenden 
Worte (ἐποίησε)... τ[ο]εῖς καὶ ξξήχοντα μνᾶς τὸ τά- 
λαντον ἀγοΐίσας unverständlich; denn an sich sind sie 
kaum zu konstruieren; giebt man ihnen aber supplie- 


b . . . 2 
rend einen Sinn, so kann man nur eine αὔξησις des 


alten Talentes auf 63 Minen verstehen; d. h. das alte 
Talent stand zum neuen wie 60:63; beim Gelde aber 
war das Verhältnis wie c. 70 : 100: wo bleibt da die 
Übereinstimmung mit der Angabe ἐποίησε δὲ χαὶ (τὰν 
σταϑμὰ πρὸς τὸ νόμισμα Es liegt also hier eine 
Textesverderbnis vor. An den überlieferten Worten 
herumzukurieren ist aussichtslos; ich stelle die Dia- 
gnose auf Wortausfall.e. Axiom mufs die Gleichheit der 
Behandlung des Geld- und Gewichtsfufses sein. Das 
neue Talent hat 60 Minen; also ergiebt sich die Glei- 
chung 100: 70=60:x —= 42. Nun ist das Ver- 
hältnis 100 : 70 ein ungenaues (παρ᾽ ὀλίγον), und ist, 
da Aristoteles’ Angabe sich zu der des Androtion ein- 
fach umgekehrt verhält, zu vergröfsern. Man rechne: 
100 2,71 =! 60. εἷς 42,65. 200 STB ee 
x — 43, 2. Ich vermute nun, dals die Worte τρεῖς 
χαὶ in Verbindung mit diesem letzten Verhältnis zu 
bringen und der Rest oder richtiger der Anfang der 
Zahl τρεῖς καὶ {τετταράχοντα δ sind. Dann erhält man 
die Gleichung 100 : x = 60 : 43; x—171, 66. Die 
Differenz von 1, 66 ist unter dem παρ᾽ ὀλίγον zu ver- 
stehen. Ich halte also eine Herstellung des Satzes wie 
ἐποίησε δὲ χαὶ (τὰ) σταϑμὰ πρὸς T[o] νόμισμα, ı[o]eis 
καὶ {τετταράχοντα ἐπταυξήσας εἰς Tag) ξξήχοντα μνᾶς 


— 197 — 


τὸ τάλαντον @yovoag sachlich für nicht unwahrschein- 
lich; für sicher halte ich, dals hier eine Lücke im 
Texte ist!), und dafs diese Lücke durch die Gleich- 
förmigkeit zweier nahe bei einander stehender Zahl- 
wörter herbeigeführt wurde. — Zu dem Gebrauche 
von χαραχτήρ in den Worten ἦν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ 
δίδραχμον vgl. Polit. 1257 ἃ 8ὅ πρὸς τὰς ἀλλαγὰς τοι- 
οὗτόν τι συνέϑεντο πρὸς σφᾶς αὐτοὺς διδόναι χαὶ λαμ- 
βάνειν, ὃ τῶν χρησίμων αὐτὸ ὃν εἶχε τὴν χρείαν εὐμε- 
ταχείριστον τιρὸς τὸ ζῆν... τὸ μὲν πρῶτον ἁτελῶς ögL- 
σϑὲν μεγέϑει καὶ σταϑμῷ, τὸ δὲ τελευταῖον χαὶ χαρα- 
χτῆρα ἐτειβαλόντων, ἵν᾿ ἀπολύσῃ τῆς μετρήσεως αὐτούς" 
ὃ γὰρ χαραχτὴρ ἐτέϑη τοῦ ποσοῦ σημεῖον. Ob man sagen 
kann ὁ χαραχτήρ ἐστι dideay uov,istmirfraglich; Sprache 
und Gedanke verlangen ἦν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ διδράχ- 
μου. Auch gewinnt für mich die Stelle dann in ihrer 
polemischen Natur an Deutlichkeit; denn sie soll die 
von Pollux IX 60 überlieferte Tradition τὸ παλαιὸν 
δὲ τοῦτ᾽ ἦν (sc. δίδραχμον) .41ϑηναίοις νόμισμα, καὶ 
ἐχαλεῖτο βοῦς, ὅτι βοῦν εἶχεν ἐντετυτεωμέν ον τἱοῖ- 
tig stellen. Aristoteles führt, wie fast nirgends, auch 
hier nicht die bestrittene Ansicht an; er sagt nicht: 
‘das Gepräge war nicht das Rind, sondern das des 
(noch üblichen) Didrachmon’; er sagt einfach: “das 
Gepräge war das des Didrachmon’; mit diesem Lako- 
nismus war zugleich auch der Wert bestimmt. Man 


1 Die Worte τρεῖς zei sind von H-L. getilgt worden mit 
derselben Gewaltsamkeit, welche ihre Textkritik besonders 
hier durehgehends zeigt. Hultsch’s Aufsatz, Jahrb. für klass. 
Phil. 1891 (CXLIIN), 263 lasse ich ganz beiseite, weil er auf 
methodisch unsicherer Grundlage, einem sich selbst wider- 
sprechenden Texte, Hypothesen errichtet. — Vgl. noch Rid- 
geway, Class. Rev. V 108. 


10. Kap. 
p- 9, 20 ff. 


ΤΌ. Kap. 


Autorität 
des 
Aristot. 


— 168 — 


kann also Aristoteles an dieser Stelle nicht aus Pollux 
supplieren. 

Wie soll man sich nun diese Gleichartigkeit und 
Verschiedenheit erklären? Soviel scheint mir aus dem 
ganzen Charakter des Abschnittes über Solon hervor- 
zugehen, dafs Aristoteles die bei Androtion gegebene 
Darstellung der Münz- und Gewichtsreform korrigieren 
will, so gut wie er ihre Zusammengehörigkeit mit der 
Seisachtheia abgelehnt hatte. Aristoteles bestritt oben 
diese Zusammenstellung; er entreifst hier dem Gegner 
auch die Möglichkeit dazu, indem er der Reform den 
Charakter abspricht, der die Einreihung in die Sei- 
sachtheia überhaupt möglich machte. Nur unter der 
Annahme, dafs eine Reduktion des Fufses unter Solon 
stattfand, war die Münzreform als eine Erleichterung 
für die unteren Schichten zu betrachten und zu einem 
Teil der Seisachtheia zu machen. Aristoteles leugnet 
die Reduktion des Fulses; mehr noch, er behauptet, 
dals eine Erhöhung desselben stattgefunden habe. 
Damit ist eine Verbindung von Münzreform und Seisach- 
theia, welche beide schon als zeitlich auseinanderfallend 
dargestellt wurden, auch aus einem inneren Grunde 
abgelehnt. Aristoteles hat seine Trennung der beiden 
Mafsregeln bewiesen. 

Ob er recht hat? Mit:der Münzreform ist er sicher 
im Unrecht; das beweist die Numismatik. Aber darf 
uns das Wunder nehmen ? Aristoteles ist keine ab- 
solute Autorität in der Darstellung der älteren atheni- 
schen Geschichte; er hat sie auch nur aus schrift- 
lichen Quellen geschöpft, und seine Angaben sind genau 
soviel wert, wie seine Quellen es waren. Er ist nur 
Mittelsmann wie andere Historiker auch. Allerdings 
den Vorzug wird man ihm bereitwillig zugestehen, 
dafs er seine Quellen nicht wie andere blindlings nahm 


— 169 — 


und blindlings ausschrieb, sondern mit verständigem 10. Käp. 
Urteil wählte und sichtend die Berichte weiter gab. 
Allein auch in diesem liegt eine Gefahr für den Philo- 
sophen als Historiker; es ist nicht ausgemacht, dafs 
sein Standpunkt beim Urteil über die Quellen und 
Thatsachen immer der richtige war. Doch davon 
später. Hier ein zweiter Punkt, welcher eine absolute 
Autorität des Aristoteles nicht gelten läfst. Aristoteles 
begründet die Realforschung auf dem Gebiete der 
älteren griechischen Geschichte im Gegensatze zu der 
die Thatsachen oft entstellenden oder vergewaltigenden 
sophistischen und rhetorischen Behandlung der historisch- 
antiquarischen Überlieferung!). Er weist der Methode 
den Weg, indem er zugleich Quellen für historisches 
Wissen kennen und aufsuchen lehrt, welche bis dahin 
nicht herangezogen waren. Er lehrt aus bestehenden 
Verhältnissen mit historischer Methode gewesene Ver- 
hältnisse erschliefsen, die Überlieferung nach ihrer 
inneren Wahrscheinlichkeit und nach äufseren Indizien 
prüfen, die Überlieferung ferner in ihren verschiedenen 
Brechungen heranziehen und die als die echteste er- 
scheinende auswählen. Er hat den Weg gezeigt und mit 
intuitivem Blicke das Ziel geschaut, aber erreichen 
konnte er das Ziel selbst nicht. Er mulste sich zuerst 
die Überlieferung zusammensuchen; war Athen als 
Centrale des Buchhandels auch der geeignetste Ort 
dazu, und hatte er selbst auch eine Bibliothek, deren 
Gröfse die spätere Zeit noch rühmte: solche Schätze 
von Überlieferung, wie die alexandrinische und die 
pergamenische Bibliothek nach ihm vereinigt haben, 


!) Thukydides, mit welchem Bauer den Aristoteles hin- 
sichtlich der Methode in eine sehr berechtigte Parallele ge- 
setzt hat, ist ohne Nachfolge geblieben. 


--ἰ 10 -- 


10. Kap. hatte er nicht zur Verfügung. Ein einzelner kann 
nicht alles sehen; nach ihm sahen viele Augen, die 
in reicherem Material suchen konnten. Reicheres 
Material wirkt aber zurück auf die Methode. Mit der 
Vermehrung jenes geht eine Verbesserung dieser not- 
wendig Hand in Hand. Aristophanes von Byzanz 
und .Didymos arbeiteten methodischer, als Aristoteles 
es konnte. Der Fortschritt der Methode tritt im Alter- 
tum am deutlichsten in den exakten Wissenschaften 
hervor; ich denke an die Fortschritte, welche Astro- 
nomie und Erdkunde in Alexandreia gemacht haben, 
als königliche Munificenz neues Beobachtungsmaterial 
ermöglichte. Mir hat hierfür das von Philologen oft 
geschmähte Buch von Lewes die Augen geöffnet mit 
seiner Grundidee, dals Aristoteles auf naturwissen- 
schaftlichem Gebiete methodische Forschung in moder- 
nem Sinn nicht geübt hat und wegen der Mangelhaftig- 
keit des Beobachtungsmaterials und der durch das 
Fehlen der Instrumente bedingten Mangelhaftigkeit 
der Beobachtungen selbst nicht hat üben können. Ich 
mache davon weiter unten auf seine Geschichts- 
schreibung Anwendung. Die spätere Zeit hat also 
auch auf antiquarischem Gebiete vieles besser wissen 
können und müssen; Aristoteles gehört noch in das 
4. Jahrhundert, er ist seiner Forschung nach noch 
kein Alexandriner. Der Zustand der antiquarischen 
Forschung von heute im Vergleich zu dem der Zeit, 
welche die Inschriften noch nicht heranziehen konnte 
oder heranzuziehen erst begann, bietet eine Parallele; 
besser, weil wir damit in der Antike selbst bleiben, 
ist vielleicht der Hinweis auf die Entwicklung der 
antiquarischen Forschung in Rom. Der Unterschied 
zwischen Attius und Varro — wobei ich den älteren 
nicht mit Aristoteles auf eine Stufe stellen will— und 


--Ῥ 11 -- 


wieder der zwischen Varro und Sueton lehrt, wie die 10. Kap. 
Forschung durch erweitertes Material von Lächerlich- 
keiten zu wissenschaftlichen Ergebnissen sich durch- 
arbeitet. Aristoteles’ Angaben sind keine Offenbarun- 
gen: da nicht, wo die spätere Wissenschaft des Alter- 
tums ihnen nicht entgegengetreten ist, und besonders 
da nicht, wo diese zu anderen Resultaten gelangt ist. 
Aristoteles ist der erste Forscher des griechischen 
Altertums gewesen, dem die Numismatik Interesse er- 
weckt hat, und er ist fast der einzige geblieben. Was 
er darüber sagt, verdient Beachtung; aber wenn das, 
was er sagt, vor unseren von den Münzen selbst ab- 
geleiteten Kenntnissen nicht Stich hält, so hat es nur 
historischen Wert. So steht es mit seinen Angaben 
über die solonische Münzreform. Aristoteles verliert 
darum so wenig an Autorität, wie Böckh verliert, wenn 
eine neue Inschrift Aufstellungen der Staatshaushaltung 
als falsch erweist; denn wir verstehen, warum er nur 
so urteilen konnte und darum so urteilen mulste. 
Wir können also den Beweis, den Aristoteles aus 
der Erhöhung des Münzfulses gegen Androtion ent- 
nimmt, immerhin für falsch halten, es verbleibt doch 
der Beobachtung das zur Würdigung, was ihr vor, 
nicht neben dem antiquarischen Inhalte das Wichtigste 
sein muls, die Art der aristotelischen Beweisführung. 
Ich halte die Abfertigung des Gegners — natürlich 
unter der Voraussetzung der Richtigkeit der numis- 
matischen Angaben — für eine vollkommene. Die 
Polemik über die Auffassung der Seisachtheia ist einer 
der charakteristischsten und einer der glänzendsten 
Abschnitte des ganzen Buches. Ob die Atthiden eine 
feste Überlieferung über die Art der Münzreform hatten,, 
steht nicht fest; ob also Aristoteles oder Androtion in 
diesem Punkte der Recepta folgten, muls dahingestellt 


— 12 -- 


10. Kap. bleiben; aber wol steht aus Plutarch fest, was die 
Atthiden!) über die Seisachtheia im ganzen, wozu die 
Münzreform nur als Teil gehörte, überlieferten: sie 
fafsten sie, wie Aristoteles sie darstellt; das ist also das 
"Charakteristische an der Polemik über die Seisachtheia, 
dafs Aristoteles hier die Atthidenüberlieferung gegen 
Androtion vertritt. Nicht überall, nicht aus Prineip, 
ist er ein Gegner der Recepta; von Fall zu Fall fällt 
er das Urteil. 

en. Doch neben den Folgerungen für das Buch des 

Hermipp. Aristoteles selbst bleiben noch die für sein Verhältnis 
zu Plutarch-Hermipp. Plutarch schreibt Hermippos 
aus. Hermippos hält des Androtion Auffassung von 
der Seisachtheia nicht für richtig, weil der eonsensus 
omnium dagegen sei; in der Ablehnung jener Auf- 
fassung stimmt er also mit Aristoteles überein; allein 
diese Übereinstimmung beweist nichts, da Aristoteles 
hier die Recepta vertritt. Dagegen giebt Hermippos 
des Androtion Bericht über die Münzreform, ohne einen 
Widerspruch zu erheben; hier hatte aber Aristoteles 
widersprochen, und davon ist in dem Bericht des 
Plutarch-Hermipp keine Spur. Ferner mufs Hermippos 
den Androtion — selbst oder über Istros — verwendet 
haben; denn aus Aristoteles war des Androtion An- 
sicht nicht zu entnehmen. In dem Punkte also, in 
welchem eine Kontrolle möglich ist, ergiebt sich, dals 
Hermippos die πολ. 49rv. nicht benutzt hat; was 
für Hermippos gilt, gilt in diesem Falle für Plutarch. 
Das Verhältnis zwischen Aristoteles und Hermippos 
gestaltet sich also folgendermafsen. Jenem wie diesem 
lag die Recepta und des Androtion abweichende Dar- 


1) Das liegt in οἱ δὲ πλεῖστοι (1 170, 1 Sint.); die Atthiden 
hatten naturgemäfs die meisten Abnehmer. 


--Ῥ 13 — 


stellung vor. Jener bekämpft die letztere chronologisch 10. Kap. 
und besonders sachlich in der Kritik der Münzreform ; 

dieser bekämpft ebendieselbe mit Hinweis auf den 
consensus omnium, recipiert aber die Münzreform vom 
Gegner. Es ist klar, dafs hier Aristoteles und Her- 
mippos, jeder für sich, und der letztere ohne Rück- 

sicht auf den ersteren, geschrieben haben. 


Elftes Kapitel. 
Das οἱ ἔξ Kapitel bildet den Schlufs des Ab- 


schnittes über Solon: Solon krönt sein Werk, indem er 
um der Durchführung der neuen Ordnung willen ent- 
sagungsvoll sein Vaterland verlälst, welches er durch 
seine Mäfsigung aus den Parteikämpfen gerettet, und 
welchem er in seiner Mälsigung die besten Gesetze 
gegeben hatte. 


Aristot. Kap. 11. Plut. Sol. 25 f£. 


διατάξας δὲ τὴν τεολιτείαν 
ὅντερ εἴρηται τρόπον, 
ἐπειδὴ ττροσιόντες αὐτῷ 
στερὶ τῶν νόμων 

ἐνώχλουν τὰ μὲν ἐπιτι- 
μῶντες 


\ εν 1. , 
τὰ δὲ ἀναχρίνοντες 


ἐγγσεὶ δὲ τῶν νόμων εἰσε- 
νεχϑέντων ἔνιοι τῷ “Σόλωνι 
χαϑ' προσήε- 
σαν ἡμέραν 

ἐπαινοῦντες Κα ψέγοντες 
ἢ συμβουλεύοντες ἐμβάλλειν 

ξ ο ; 

τοῖς γεγραμμένοις ὃ τι τύ- 
χοιεν ἢ ἀφαιρεῖν, 


c ’ 
ἑχαστὴν 


- .}) 3 « 
σελεῖστο, δ᾽ ἤσαν οἱ 
συνϑανόμενοι χαὶ ἀἄνα- 


χρίνοντες χαὶ χελεύοντες 
2 , r 
αὐτὸν ὅπως ἕχαστον ἔχξι 
\ \ α - ’ 
χαὶ πρὸς ἣν χεῖται διάνοιαν 


βουλόμενος μήτε ταῦτα 
κινεῖν μήτε ἀπεχϑάνε- 
σϑαι παρὼν 


2 ’ 3 ’ 

ἀποδημίαν ἐποιήσατο 
3 ς 

κατ᾽ ἐμπορίαν ἅμα 


χαὶ ϑεωρίαν εἰς Alyv- 

Ύ x c Ρ] c 
στον [εἰπτὼ]ν ὡς οὐχ ἢ ξ]ει 
δέχα ἐτῶν 


174 


ἐπεχδιδάσχειν χαὶ σαφη- 
γίζειν, 

ὁρῶν ὅτι ταῦτα χαὶ τὸ 
πράττειν ἄτοπον χαὶ τὸ 
μὴ πράττειν ἐτπείφϑονον, 
ὅλως δὲ ταῖς ἀπορίαις 
ὑπεεχστῆναι βουλόμενος 
χαὶ διαφυγεῖν τὸ δυσά- 
0E0T0v zat φιλαίτιον 
τῶν πολιτῶν, 

πρόσχημα τῆς πλάνης τὴν 
γαυχληρίαν ποιησᾶά- 
μενος ἐξέπλευσε 
δεχαετῆ παρὰ τῶν .41ϑη- 
γαίων ἀποδημίαν αἰτη- 
σάμενος... 26 πρῶτον μὲν 


οὖν εἰς Αἴγυπτον ἀφί- 
χετοὸ χαὶ διέτριψεν 
χρόνον δέ τινα χαὶ τοῖς 
στερὶ Ψένωφιν .. . ., λο- 
γιωτάτοις οὖσι τῶν ἱερέων, 
συνεφιλοσόφησε (ἃ h. 
χατὰ ϑεωρίαν). 

Man wird auf den ersten Blick die Darstellung 
des Plutarch einfach als eine Paraphrase des Aristoteles 
anzusehen geneigt sein, und an sich könnte man da- 
gegen nichts einwenden; es mülste denn sein, dafs man 
für Plutarch gleich Hermippos setzen wollte. Doch 
es ist, bevor man über den ersten Teil urteilt, auch 

p. 10, 1-7der zweite Teil des Kapitels mit Plutarch zu kon- 
frontieren. Aristoteles’ Worte sind in ihm richtig 
nur mit einiger Aufmerksamkeit zu verstehen. Er 
unterscheidet zwei Gegnerschaften, eine von reichen 
Privatleuten und eine von seiten .der politischen 
Parteien als solchen. Der Grund der Unzufrieden- 


-- 15 — 


heit ist beidemal als Glied dem ganzen Satze angefügt, 


11. Kap. 


« _p. 10, 1-7 


der der Unzufriedenheit der Parteien aufserdem in 
einem selbständigen Satze weiter ausgeführt. Also 
gliedert sich dem Inhalte nach die Stelle so: 
ἅμα δὲ καὶ συνέβαινεν αὐτῷ 
τῶν τε γνωρίμων διαφόρους γεγενῆσϑαι πολλοὺς (8) 
διὰ τὰς τῶν χρεῶν ἀποχοπάς, (b) 
χαὶ τὰς στάσεις ἀμφοτέρας μεταϑέσϑαι (a!) 
᾿ διὰ τὸ παρὰ δέξαν αὐτοῖς γενέσϑαι τὴν [νέαν] 
τάξιν" (Ὁ ἢ) 
ὃ μὲν γὰρ δῆμος ᾧετο av ἀνάδαστα ποιή- 
σειν αὐτόν, (c) 
οἱ δὲ γνώριμοι πάλιν ἢ τὴν αἰτὴν τάξιν ἀττο- 
δώσειν n σχεδὸν ἀἹπαραλλα[χτον] (c}). 
Ich habe die Worte so nach Kolen ausgeschrieben, 
weil dadurch die Sinnteilung— woneben übrigens auch der 
gleichmäfsige Aufbau der Periode Beachtung verdient — 
klarer hervortritt. Denn sie ist einem Übersehen da- 
durch leichter ausgesetzt, dafs die erste Gruppe der 
Unzufriedenen, die reichen Privatleute, im wesentlichen 
mit der zweiten Partie der zweiten Hauptgruppe iden- 
tisch und infolge des vom Schriftsteller an beiden Stellen 
gleichmäfsig gebrauchten Wortes yrwgruoı etwas undeut- 
lich bezeichnet ist. Deutlicher würde der Ausdruck ge- 
wesen sein, wenn an erster Stelle rAovoiw» statt γνωρίμων 
gesagt wäre. Diese Sinnteilung ist aber festzuhalten, 
wenn man die Plutarchparallele vergleichen will; sie lau- 
tet (Kap. 16): ἤρεσε δ᾽ οὐδετέροις, ἀλλ᾽ ἐλύπησε χαὶ τοὺς 
πλουσίους ἀνελὼν τὰ συμβόλαια (— Aristot. δεὰ τὰς τῶν 
χρεῶν ἀποχοττάς) χαὶ μᾶλλον ἔτι τοὺς πένητας, ὅτι γῆς 
ἀναδασμὸν οὐχ ἐπτοίησεν ἐλτείσασιν αὐτοῖς, οὐδὲ :ταντά- 
πασιν, ὥσπερ ὃ “υχοῦργος, ὁμαλοὺς τοὺς βίους χαὶ 
ἴσους κατέστησεν. Um die letzten Worte οὐδὲ παντά- 
πασιν χτὲ. gleich abzuthun, so stehen sie im Gegen- 


und Plut, 
Sol. 16 


11. Kap. 
p- 10, 1—7 


RE 


satz zu Aristoteles’ Ansicht von der Tendenz der da- 
maligen Volkspartei; sie drücken Unzufriedenheit über 
eine unerreichte politische Gleichstellung mit dem 
Adel aus. Aristoteles läfst die Volkspartei nur über das 
Scheitern ihrer kommunistischen Hoffnungen erbittert 
sein und befindet sich dabei im Einklange mit Solons 
eigener Angabe, dafs das Volk an politischen Rechten 
mehr, als es sich hätte träumen lassen, erhalten habe: 
ἃ νῦν ἔχουσιν οὔττοτ᾽ ὀφϑαλμοῖσιν ἂν εὕδοντες εἶδον. 
Die Schlulsworte des plutarchischen Satzes können also 
nicht einmal die rhetorische Erweiterung eines aristo- 
telischen Gedankens sein. Sie gehören dem Sinne nach 
schon zu dem folgenden Satze, zu welchem sie über- 
leiten. Dieser Satz aber ist, wie Begemann durch 
Vergleich mit der Lycurgvita des Plutarch nach- 
gewiesen hat, aus Hermippos geflossen ἢ). Wie wenig 
sie der Anschauung des Aristoteles entsprechen, be- 
weist Polit. 1296 b 20, wo Lykurgos in Parallele zu 
Solon gestellt wird als μέσος mit dem Zusatze οὐ γὰρ 
ἦν ßaoıkeig?). Hermippos macht ihn zu einem ße- 
βασιλευχὼς ἔτη ττολλά. Für Anleihe beim Aristoteles 
könnten nur die vorhergehenden Satzteile gelten. Aber 
die Sache hat ihre Schwierigkeiten. Hermippos oder 
Plutarch mülste das ganze erste aristotelische Glied 
(a Ὁ) mit einem Teile des zweiten (ec) kompiliert haben; 
er mülste die Nachricht von der Unzufriedenheit beider 
Parteien und die Gründe dafür, welche er an die 
Seisachtheia knüpft, kompiliert haben aus dem 
ganz anderen Zusammenhange bei Aristoteles, wo sie 
mittelbar an die Reise Solons geknüpft sind. Und 


1) A.a. Ο. p.17. Das entscheidende Citat mit Hermippos’ 
Namen Plut. Lyk. 5. 

3) Ich weils, dafs die Worte οὐ γὰρ ἦν βασιλεύς von Con- 
greve athetiert worden sind, 


-- 11 — 


» diese mir an sich höchst unwahrscheinlich dünkende 11. Kap. 
Fliekarbeit wird dadurch noch unwahrscheinlicher, dafs" '" '”" 
hier auch der oben (ὃ. 41) berührte fundamentale Unter- 
schied zwischen der Darstellung des Aristoteles und des 
Plutarch mit hineinspielt, von denen dieser dem Solon 
für Seisachtheia und Gesetzgebung zwei zeitlich ge- 
sonderte Aufträge, jener ihm für beides nur einen 
Auftrag werden lälst. Dadurch wird für den Kompi- 
lator das Intervall bei der Umsetzung des aristotelischen 
Gutes, welche er behufs Verwendung desselben voll- 
zogen haben mülste, erheblich vergröfsert und die 
Wahrscheinlichkeit der Kompilation in gleichem Mafse 
verringert. Wenn endlich Aristoteles im 16. Kapitel 
des Plutarch ausgeschrieben wäre, so mülste auch das 
vorher mit Aristoteles konfrontierte 25. Kapitel des 
Plutarch nur eine Paraphrase des Aristoteles sein. 
Und ein Kompilator sollte sich zu den anderen Um- 
ständen, die er sich damit schon gemacht haben 
mülste, auch noch den aufgebürdet haben, dals er von 
den beiden Hälften des elften Kapitels der σεολ. ψ4ϑην., 
d. h. von den beiden getrennt erscheinenden Teilen 
der Motivierung von Solons Reise, die eine fast wörtlich 
als Motivierung zu demselben Zwecke, welchen dieser 
Abschnitt bei Aristoteles hat, herübernahm, die andere 
aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange herausrifs und 
durch Excerpierung für den Bericht über die Aufnahme 
der Seisachtheia, also für einen ganz anderen Zweck und 
für einen viel früheren Teil seines Buches, erst zurecht 
stutzte? Das scheint mir ganz unannehmbar; Her- 
mippos hat die Worte: des 16. Plutarchkapitels nicht 
aus Aristoteles. 

Doch ich habe um der Darlegung willen bisher 
eine Voraussetzung gemacht, welche ich in Wirklichkeit 


nicht zugestehe: gehört die ganze zweite Hälfte 
Keil, Aristoteles. 12 


11. Kap. 
p- 10, 1—7. 


Antike 
An- 
merkun- 
gen 


— 118 — 


des 11. Kapitels der πολ. 749rv. wirklich zur Moti- 
vierung der solonischen Reise? Der Schlufssatz muls 
Zweifel erregen, während die Anknüpfung mit ἅμα δὲ 
χαὶ συνέβαινεν αὐτῷ darauf führt. 

Eine der am meisten in die Augen springenden 
Eigentümlichkeiten der zr0X. AI. ist das stete Be- 
streben des Schriftstellers, den Gang der Erzählung 
als gleichmäfsig fortlaufend erscheinen zu lassen. 
Regelmäfsig rekapituliertt er den Inhalt des letzten 
Abschnittes mit kurzen Worten, um daran die weitere 
Erzählung anzuknüpfen. Wieder und wieder kehrt 
das stereotype μὲν οὖν der Rekapitulation und das δέ der 
Weiterführung mit einer ermüdenden, unkünstlerischen 
Gleichförmigkeit. Dem Streben nach Deutlichkeit 
ordnet der scharf Denkende die Rücksicht auf die 
sonst doch oft befolgten ästhetischen Gesetze der Schön- 
heit des Stiles unter. So wird auch nach längeren 
Unterbrechungen die fortschreitende Erzählung 
wieder aufgenommen, und wenn hierbei der Aus- 
druck auch nicht von einer durch sich selbst sprechenden 
Stereotypie ist, so wird die Sache doch stets so klar ange- 
deutet, dals man nicht im Zweifel darüber sein kann, 
wo eine Einlage beginnt, und wo sie endet. Mit 
p. 6, 8 ταύτην μὲν οὖν χρὴ νομίζειν ψευδῆ τὴν αἰτίαν 
εἶναι erweist Aristoteles die Zeilen 4--7, wie schon 
bemerkt (oben S. 53), als eine Anmerkung, welche 
die Erzählung unterbricht; sie dient der Begründung 
des vorhergehenden Gedankens. Anders ist die Form 
im 10. Kap., wo die erklärende Anmerkung mit γάρ 
an die generelle Angabe von der Münz- und Gewichts- 
reform geknüpft ist, und die Erzählung in Kap. 11 mit 
δέ fortgesetzt wird. Ebenfalls mit γάρ ist die Einlage 
Ῥ. 16, 23—17, 4 eingeführt, welche den Beleg für 
das p. 16, 17—23 Gesagte enthält; die Einlage grenzt 


-- 19 -- 


sich hier durch das Ende der Anekdote selbst ab, und τι. Kap. 
die Erzählung geht einfach mit δέ weiter. Recht lehr- 1% 1=" 
reich ist der Passus über Kimons Freigebigkeit 
p- 29, 25-30,2. Kimon hatte besonders durch sein fürst- 
liches Vermögen Einfluls, seine Liturgieen waren glän- 
zend, und seinen engeren Landsleuten gab er zu leben; 
folgt die Anmerkung ἐξῆν γὰρ... ἀπολαύειν. Die 
Anmerkung ist zu Ende; die Erzählung knüpft mit 
πρὸς δὴ ταύτην τὴν χορηγίαν wieder an das Vorher- 
gehende an. Die Form der Eingänge dieser Anmer- 
kungen ist natürlich durch den jedesmaligen Gedanken- 
zusammenhang bestimmt. Die Form einer Folgerung hat 
der Eingang 18, 3 δεὸ zai φανερῶς χτὲ., worauf die Er- 
zählung mit Rekapitulation (τελευτήσαντος δὲ Πεισι- 
στράτου) fortgesetzt wird. Polemischer Natur ist die 
Einfügung der Bemerkung τὸ γὰρ ἀρχαῖον 7, 26, wie 
oben (8.78.90) bemerkt; der Fortgang der Darstellung 
wird mit μὲν οὖν — δέ scharf markiert. Ebenfalls bei 
Polemik mit gleichem Eingang 19, 17 οὐ γὰρ ἐδύναντο 
σπαραχρῖμα λαβεῖν οὐδὲν ἴχνος, welche Anmerkung sich 
bis 19, 22 erstreckt; den Faden der Erzählung nimmt 
χατηγόρει δὲ auf, welches zum Rückblick auf zarnyo- 
onoev de Z.15 zwingt. Es ist mir eine geläufige An- 
schauung, aber ich weils nicht, wem ich sie verdanke, 
dafs die griechischen und römischen Autoren deshalb 
so häufig gröfsere und kleinere Abschweifungen vom 
geraden Wege der Darstellung machen müssen, weil 
die Antike die unkünstlerische Anmerkung moderner 
wissenschaftlicher Darstellung nicht kennt. Auch die 
Renaissance und die ältere Barockzeit ist ohne An- 
merkungen ausgekommen ; erst dem jedes künstlerischen 
Empfindens baaren Zeitalter des greisenden Ludwig XIV. 
war es vorbehalten, diese Sicherheitsventile modernen 


stilistischen Unvermögens zu erfinden. Es hängt das 
12* 


11. Kap. 
p.-10, 1-7. 


— 10 — 


allerdings mit der Entwicklung der Wissenschaft selbst 
zusammen. Die Wissenschaft verpflichtet heutzutage 
den Autor, ein reicheres Material heranzuziehen, als 
es der Antike und Renaissance zu Gebote stand, und 
genauer, als man es in jenen Zeiten forderte, zu citieren, 
In einer wissenschaftlichen Untersuchung wird man 
die Anmerkung heute nicht mehr gut entbehren können, 
für eine wissenschaftliche Darstellung ist die stil- 
gewaltige Antike, welche die Anmerkung nicht kennt, 
auch heute noch Muster. Da nun die Antike beim 
Fehlen des Institutes der Anmerkungen oft durch 
gröfsere Einschaltungen den gleichmälsigen Fortgang 
der Gedankenentwicklung unterbrechen mufste, so 
konnten die Darstellungen leicht unschön und unklar 
werden. Man suchte und fand das Mittel, diese Män- 
gel zu vermeiden, in der Anwendung des für die an- 
tike Kunstschriftstellerei so charakteristischen Schatzes 
an halbstereotypen Übergangsformeln und Perioden- 
verbindungen. Es ist mir nicht zweifelhaft, dafs, wenn 
auch zunächst einfach das Strebennach klarer und leichtzu 
überschauender Darstellung jenen Formalismus schuf, 
doch die Entwicklung dieser stilistischen Stereo- 
typie auch durch die Zwangslage wesentlich gefördert 
wurde, in welcher man sich oftmals befand, wenn man 
mehr oder weniger Heterogenes dem geraden Gedanken- 
wege einflechten wollte. Doch ich kehre zu Aristoteles 
selbst zurück. Gerade an ihm bestätigt sich, was ich 
soeben über den Unterschied bei der Behandlung der 
Anmerkungen in Untersuchungen und Darstellungen 
sagte. In der Metaphysik, der Physik, der Psycho- 
logie, der Politik ist der Satzbau unzähligemal durch 
Einschübe von gröfseren und kleineren Partieen zer- 
rissen, vergewaltigt, für ästhetischen Genuls stellenweis 
völlig unbrauchbar gemacht. Hier führt Aristoteles 


— 181 — 


grofse Abschnitte ein, um etwas nur kurz Angedeutetes 11. Kap. 
auszuführen, dort, um innere, der fortlaufenden Dar-P '% 177. 
stellung selbst nicht einzuverleibende Motivierungen 
dem Leser für das richtige Verständnis zu geben, 
anderwärts wieder, um gegenteilige, mit der vor- 
getragenen Auffassung streitende Meinungen zu wider- 
legen oder zu berichtigen. Der Faden der Darstellung 
wird ja in der Regel festgehalten, aber nicht immer, 
und recht oft vermag der Leser ihn selbst bei öfterem 
Zusehen kaum zu erfassen. Den Gegensatz bietet die 
7c0..49yv. Die Zahl der Einschübe nach Art der 
Anmerkungen ist eine mälsige, und es ist deutlich das 
Streben des Schriftstellers zu erkennen, die Erzählung 
so ununterbrochen wie möglich fortzuführen.. Jene 
Schriften haben im ganzen einen Charakter, welcher 
sie den modernen wissenschaftlichen Untersuchungen 
nähert, die 7204. “4ϑην. ist eine wissenschaftliche Dar- 
stellung. In jenen. ist die Komposition zum Teil in- 
folge der geringen stilistischen Verarbeitung der An- 
merkungen nur. wenig künstlerisch; diese sollte die 
Kunstperiodik erhalten und hat dieselbe, wo. der Schrift- 
steller die Worte schon gefeilt hat. Im der Mitte 
stehen eine ganze Reihe von Schriften, vor allem das 
goldene Buch von der Rednerkunst, dem zu ‘seinen 
anderen Vorzügen allen auch dieser sich gesellt, dafs 
es in wirklich bewundernswerter Weise das Wesen 
wissenschaftlicher Untersuchung mit. der Form fast stil- 
vollendeter Darstellung verbindet. 

Eine Einlage nach Art unserer Anmerkungen ist πολ. As. 
das ganze 12. Kapitel der od. :499.; es enthält die * 
Belege für etwas in der zweiten Hälfte des vorher- 
gehenden Kapitels Gesagtes. Der Eingang lautet genau 
wie in der oben ($. 178) zuerst angeführten Stelle 
p. 6, 4: ταῦτα δ᾽ ὅτι τοῦτον τὸν» τρόπον εἶχεν; 


11. Kap. 
p: 10, 1—7. 


— 12 — 


das Ende ergeben die Worte im Eingang des 13. Ka- 
pitels: τὴν μὲν οὖν ἀποδημίαν ἐττοιήσατο διὰ ταύτας τὰς 
αἰτίας. Diese Worte beweisen zugleich, dafs der Schluls 
des 11. Kapitels nach Aristoteles’ Absicht zur Motivie- 
rung der Reise des Solon gehören sollte. Wie schon 
gesagt, führen auch die Eingangsworte ἅμα δὲ χαὶ 
συνέβαινεν αὐτῷ darauf. Aber belegt denn der Inhalt 
des 12. Kapitels die Motivierung der Abreise Solons, 
welche Aristoteles gegeben hatte? Keineswegs. Was 
belegt er also? Dazu muls man die zweite Hälfte des 
11. Kapitels dem Inhalte nach mit der ersten ver- 
gleichen. Sie enthält zunächst, wie auch der Eingang 
anzeigt, jene Motivierung und zwar bis [ἀἸπαράλλ[αχτουν]. 
Die Probe ergiebt der Versuch, den Satz der ersten 
Hälfte einzuschieben; etwa so: διατάξαντι δὲ τὴν πο- 
λιτείαν Ovrreg εἴρηται τρόπον συνέβαινεν αὐτῷ τῶν TE 
γνωρίμων... ἀπαράλλαχτον" ἐπειδὴ δὲ καὶ τεροσιόντες 
αὐτῷ περὶ τῶν νόμων Evwykovv . . . βουλόμενος μήτε 
ταῖτα χινεῖν μήτ᾽ ἀπεχϑάνεσϑαι παρὼν ἀποδημίαν 
ἐποιήσατο χατ᾽ ἐμπορίαν ἅμα χαὶ ϑεωρίαν 1) εἰς Al- 
γυτῖτον . .. τὰ γεγραμμένα ττοιεῖν. Man würde dann 
leicht die Worte βουλόμενος... μήτ᾽ ἀπεχϑάνεσϑαι 
παρὼν aus dem Satze συνέβαινεν αὐτῷ — ἀπαράλλα- 
χτον verstehen. Also die Worte bis ἀπαράλλαχτον 
werden dem Zwecke einer Motivierung der Reise 
Solons gerecht. Aber nun lese man weiter: ὃ δὲ ἀμφο- 
τέροις ἠναντιώϑη... σώσας τὴν πατρίδα χαὶ vouo- 
ϑετήσας τὰ βέλτιστα. Das gehört nicht mit zu den 
Motiven der Abreise, sondern ist ein Gesamturteil über 
die Thätigkeit des Solon. Dieses, nicht die Motive zu 
jener Reise belegt das 12. Kapitel. 


.!) Vgl. Isokr. XVII 4 ἐξέπεμψεν ἅμα χαὶ κατ᾽ ἐμπορίαν 
zei κατὰ Jewolev; einiges hierzu gesammelt von Kontos, Bull. 
de corr. hellen. III 286 ἢ, 


-- 18 — 


Äufserlich nur hat Aristoteles den Schlufssatz 11. Kap. 
des 11. Kapitels dem Vorhergehenden angeheftet; 
innerlich gehört er nicht dazu. Dieser Schlulssatz 
stammt nicht aus einer Atthis, sondern ist ganz des 
Aristoteles eigenes Gut; denn er enthält des Aristo- 
teles eigenstes Urteil über Solon. Die Atthis. hatte 
diesen zum fast extremen Demokraten gemacht, Aristo- 
teles charakterisiert ihn hier als μέσος. Die Er- 
zählung dagegen, welche vorhergeht, ist aus einer litte- 
rarıschen Quelle entnommen. Wenn man nun den 
Umstand im Auge behält, dals hier Tradition und 
aristotelisches Raisonnement aneinander gesetztsind, und 
dals dieses Raisonnement äufserlich als Teil der Moti- 
vierung der Reise Solons erscheint und erscheinen soll, 
so erklären sich einige Eigentümlichkeiten der Diktion 
in unserem Kapitel. Man erkennt nämlich jetzt, dafs 
Aristoteles im ersten Teile des Kapitels bereits der 
Einfügung seines allgemein gehaltenen Endurteils vor- 
baut: er sagt nicht einfach βουλόμενος. . . μήτ᾽ 
ἀττεχϑάνεσϑαι, sondern arreydaveodaı παρ ὦν, so dals 
dem Leser auch am Ende des Kapitels der Schluls 
überlassen bleibt: Solon zog es vor, die Gunst seiner Mit- 
bürger (durch die Mittelstellung zu verscherzen; da er 
aber unter ihrer Ungunst nicht leben (@rrey$avsosaı 
zrapu.v) wollte, so reiste er ab. Aber diese Art des Vor- 
bauens ist ganz ungenügend; so schreiben heifst Rätsel ° 
aufgeben. Wenn dem Leser der Zusammenhang des 
Schlulssatzes mit dem Hauptinhalte des ganzen Ka- 
pitels klar gemacht werden sollte, so wäre eine Dar- 
stellung am Platze gewesen wie etwa: &ilero μὲν ττρὸς 
ἀμφοτέρους ἀπεχϑέσϑαι" ἅμα δὲ χαὶ τὸ ἔχϑος διαφυ- 
γεῖν βουλόμενος ἀποδημεῖν ἠξίου, σώσας τὴν πατρίδα 
χαὶ τὰ βέλτιστα νομοϑετήσας. Aber Aristoteles hätte 
auch die Wiederholung eines ἀστεοδημεῖν am Schlusse 


11: Kap. 
PRO 1.1: 


-- 184 — 


nicht nötig gehabt, hätte er den zweiten Teil, was er 
eigentlich ist, als Exegese zu dem ἀπεχϑέσϑαι des 
ersten erscheinen lassen. Denn der ganze Satz wäre 
sofort als Interpretation dieses Wortes erschienen, so- 
bald die Anknüpfung nicht mit ἃ μα. δὲ χαὶ συνέβαινεν 
αὐτῷ, sondern mit συνέβαινεν γὰρ αὐτῷ gemacht 
worden wäre. So aber 'hat Aristoteles den zweiten 
Teil dem ersten logisch nicht subjungiert, sondern co- 
ordiniert, und dadurch ist die Unklarheit, d. h. die 
Beziehungslosigkeit des Gesamturteils auf die Reise- 
motive, hineingekommen. Aristoteles hat den mangel- 
haften Zusammenhang wohl gefühlt und baut, um den 
Schlufs noch deutlicher in dem Lichte der Abreise er- 
scheinen zu lassen, ein zweites zrag«v vor: οὗ. γὰρ 
οἴεσϑαι δίχαιον εἶναι τοὺς νόμους ἐξηγεῖσθαι τ αρών. 
Hier ist παρών eigentlich gänzlich überflüssig; demn 
der Gegensatz ist einfach ἐξηγεῖσϑαι und zroıeiv, und 
von einem ἐξηγεῖσϑαι ἀτεών kann füglich nicht die 
Rede sein. Der Ausdruck ist auch hier unglücklich ; 
aber er ist nicht durch eine Athetese des sragwv, wie 
ich sie mir leider habe zu Schulden kommen lassen, 
zu ändern. Aristoteles hat die Unverträglichkeit des 
allgemein gehaltenen Schlusses: mit der. Begründung 
der Reise -Solons wohl gefühlt; wenn er trotzdem den 
Kapitelausgang nicht so gestaltet hat, dafs dieser sich 
ohne weiteres in den übrigen Inhalt des Kapitels fügte, 
so mufs dem eine bestimmte Absicht zu Grunde gelegen 
haben. Welche war diese? Er wollte für den Ab- 
schnitt über Solon einen Abschlufs. gewinnen, in wel- 
chem er sein Gesamturteil allgemein, ohne Beziehung 
auf. ein einzelnes Ereignis, dem Leser einprägen konnte. 
Indem er dies erstrebte, zugleich aber den Zusammen- 
hang mit dem Vorhergehenden nicht aufgeben wollte, 
setzte er sich in ein Dilemma, welches die erörterten 


-- 15 -- 


Eigentümlichkeiten der Diktion an dieser‘ Stelle zur 11. Kap. 
Folge hatte. Baal 

Aristoteles hatte von vornherein beabsichtigt, ein 
Endurteil über Solon und seine Verfassung zu geben- 
Das folgt aus dem Schlusse des 6. Kapitels. Es finden 
sich dort wörtliche Übereinstimmungen mit unserem 
Abschnitte und .dem Eingange des 12. Kapitels: οὐ 
γὰρ εἰχὸς ἐν μὲν τοῖς ἄλλοις οὕτω μέτριον γενέσϑαι χαὶ 
χοινόν, wor ἐξὸν αὐτῷ τοὺς νόμους ὑπτοττοιησάμενον 
τυραννεῖν τῆς πόλεως, ἀμφοτέροις ἀπεχϑέσϑαι 
καὶ τεερὶ ττλείονος ττοιήσασϑαι τὸ καλὸν χαὶ τὴν τῆς 
στόλεως σωτηρίαν .-. -. ὅτι δὲ ταύτην ἔσχε τὴν ἐξ- 
ουσίαν, τά τε πράγματα νοσοῦντα μαρτυρει.... καὶ ἐντοῖς 
ποιήμασιν αὐτὸς ττολλαχοῦ μέμνηται χαὶ οἱ ἄλλοι 
συνομολογοῦσι πάντες. Hier widerlegt Aristo- 
teles aus der Gesamtthätigkeit und dem ganzen Cha- 
rakter des Solon den ihm bei der Seisachtheia an- 
gehefteten Klatsch; er führt hier aber für dieses Ge- 
samturteil keine Belege an; hätte er es gethan, so 
würden es gröfstenteils dieselben haben sein müssen, 
wie die im 12. Kapitel zur Begründung des Schlusses 
des elften angeführten. Aristoteles giebt im 6. Kapitel 
keine Belege, weil er ‘sich nicht wiederholen will. 
Hierin liegt ausgesprochen, dafs das Endurteil im 
11. Kapitel von vornherein von Aristoteles beabsich- 
tigt war. 

Nach diesen Erörterungen wird das Verhältnis 
zwischen Hermippos und Aristoteles in unserem Kapitel 
noch deutlicher erkannt als vorher (ὃ. 177). Das il. Ka- 
pitel setzt sich aus drei verschiedenen Bestandteilen 
zusammen: dem reinen Atthidenbericht über die Mo- 
tive zur Abreise Solons (erste Hälfte des Kapitels), 
dem Atthidenbericht über die Aufnahme der Seisach- 
theia seitens der Bürger vermischt mit aristotelischen 


-- 186 — 


11. Kap. Zusätzen (erste Hälfte des zweiten Teiles) und dem 
rein aristotelischen Endurteil über Solon und sein 
Werk (Schlufs). Dals ein Kompilator dies erkannt 
und darum den Aristoteles gerade nur bis zum Schlusse 
der eigentlichen Erzählung von der Reise ausgebeutet, 
dann aber aus dem sich daran anschliefsenden, schon 
halb aristotelischen Teile einige Züge excerpiert, anders 
gruppiert und an anderer Stelle zu. anderem Zwecke 
verwendet, endlich das rein aristotelische Gut ganz 
beiseite gelassen habe, ist für mich eine an Unmög- 
lichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit. Das müfste 
aber Hermippos gethan haben, wenn man annimmt, 
dals sowohl das 25. wie 16. Kapitel des Plutarch von 
unserem Buche abhängig seien, wohl gemerkt jedoch, 
nicht gleichartig abhängig, sondern so, dafs das 
25. Kapitel die paraphrastische Erweiterung der 
ersten Hälfte, das 16. Kapitel die excerptenmäfsige Zu - 
sammenziehung der zweiten Hälfte wäre. Hermipp- 
Plutarch ist eben auch hier nicht von Aristoteles ab- 
hängig; vielmehr folgt aus diesem allen, dafs bei Her- 
mippos die Züge der Atthis treuer gewahrt sind, und 
dafs Aristoteles, wie er Gesetzgebung und Seisachtheia 
überhaupt zusammenfalste, so auch den Bericht über 
ihre Aufnahme. Aristoteles entnahm daraus Gedanken 
für sein Raisonnement, aber formte sie nach seiner 
Auffassung der Dinge und verwendete sie seinen 
Zwecken entsprechend. - Es ist das natürliche Ver- 
hältnis, dafs Hermippos an der Quelle hängt, Aristoteles 
frei über sie schaltet. 


Hermippos An keiner der Parallelstellen bei Aristoteles 
Su und Plutarch — und der entscheidenden Stellen sind 


fast ein Dutzend gewesen — hat sich ein Anzeichen dafür 
ergeben, dafs Hermippos die πολ. 491». bei der Ab- 
fassung seiner Biographie des Solon verwendet habe. 
Die aufserhalb der Solonpartie sich findenden Parallelen 


-- 187 -- 


unseres Buches zu PlutarChs Bericht enthalten, soweit 11. Kap. 
sie überhaupt eine Entscheidung zulassen, keine In- 
stanzen gegen dieses Resultat. 

Πολ. 491. e. 17 (p. 18, 3) bestreitet Aristoteles, 
dals Solon der ἐραστής des Peisistratos war, dagegen 
wird dieser Klatsch Plut. Sol. 1, ohne eine Andeutung 
davon, dals Aristoteles ihn durch die Chronologie 
widerlegt hatte, breit getreten. Die Übereinstimmung 
des Restes der aristotelischen Darstellung des kyloni- 
schen Frevels mit Plut. Sol. 12 beweist bei dem Fehlen 
signifikanter Angaben nichts. Dagegen fällt sehr die 
Angabe des’ Plutarch (c. 13) auf, dals schon vor Solon 
die drei Parteien der Paraler, Diakrier und Pediaier 
bestanden hätten, welche Aristoteles erst nach Solon 
nennt; durch diese Differenz verliert die Übereinstim- 
mung der πολ. 43rv. ο. 13 mit Plut. Sol. 29 in den 
Angaben über diese drei Parteien und ihre Führer 
nach der. solonischen Verfassung an Wert. An der 
Angabe des Plutarch (c. 17) über die drakontische 
Verfassung, von der er nur ‘die mit Blut geschriebenen 
Gesetze’ kennt, tritt besonders klar hervor, dafs der 
Quelle des Plutarch und natürlich ihm selbst auch bei 
der Abfassung der Solonvita die 7204. 497v. nicht vor- 
lag. Denn auf die Ausrede lasse ich mich nicht mehr 
ein, dafs das 4. Kapitel eben jungen Ursprungs sei 
und zur Zeit des Hermippos noch nicht in der πολ. 
ἡζΖϑην. gestanden habe; die vorhergehenden Unter- 
suchungen haben es als einen notwendigen organischen 
Bestandteil der aristotelischen Darstellung aufgewiesen. 
Nach keiner Seite hin beweist die Geschichte vom 
Peisistratos als Angeklagten vor dem Areopag, welche 
πολ. “ϑην. e. 16 (p. 17, 14) und Plut. Sol. 31 gleich 
erzählt wird, denn sie gehört in die Rubrik der Anek- 
doten, in welchen typischer Ausdruck eine ebenso ge- 


-- 188° — 


11. Kap. wöhnliche Erscheinung ist, wie er bei Apophthegmen 
um der Erhaltung der Pointen willen geradezu als 
eine Forderung gilt; halb in die Anekdoten und halb 
in die Apophthegmen gehört.die Geschichte von Solons 
Widerstand ‘gegen die Bewilligung der χορυνηφόροι 
(004. A9nv. c. 14 = Plut. Sol. 30), so dafs hier selbst 
Identität des Ausdruckes nichts beweist. 

Ich halte also aufGrund der Betrachtung der einzelnen 
Stellen — und ihrer waren, wie gesagt, etwa ein Dutzend 
— dafür, dafs Hermippos bei der Abfassung seiner Bio- 
graphie des Solon die aristotelische Schrift vom Staate 
der Athener nicht als Quelle benutzt hat. Das ist 
sehr erklärlich. Der Bericht des Aristoteles ist ein 
viel zu knapper, viel zu wenig anekdotenhafter, ent- 
behrt gar zu sehr jeder Piquanterie, als dafs er für 
einen Schriftsteller von Hermippos’ Schlage hätte brauch- 
bar sein können. Da gab’s denn doch reichlichere 
und gewürztere Berichte über Solon. Zudem war die 
Tendenz der aristotelischen Darstellung des solonischen 
Werkes eine direkt antidemokratische und stand im 
Widerspruche’zu der allgemein geltenden Auffassung; 
dieser hat sich aber Hermippos in seiner Biographie 
des Solon angeschlossen. Dafs Hermippos auch Peri- 
patetiker heilst, beweist doch nicht, dafs er darum 
Aristoteles bei jeder denkbaren Gelegenheit habe heran- 
ziehen müssen. Wir müssen es wohl thun, aber dar- 
aus folgt nichts für Hermippos; denn Forschungsart 
und Schriftstellerei sind ja glücklicherweise nicht zu 
allen Zeiten dieselben gewesen, und des Aristoteles’ 
Name hatte in jenen Tagen schwerlich schon die Au- 
torität, welche die spätere Philosophie ihren Arche- 
geten zu errühmen pflegte, mochten diese sie, ‚wie 
Aristoteles, verdienen oder nicht verdienen. - 

en Aber zu Plutarchs Zeit war Aristoteles. eine 


und die 
πολ. 4$yv. Autorität, mit deren Bericht man sich im Wider- 


-- 189 -- 


spruchsfalle auseinander setzen mulste; hätte Plu- 11. Kap. 
tarch die πολ. /43yv. bei der Niederschrift der 
Biographie Solons zur Hand gehabt, dann müfsten 
sich Zeichen davon finden. Er citiert den Namen 
des Aristoteles im Solon dreimal: Kap. 11 bei 
der Πυϑιονιχῶν ἀναγραφή, Kap. 25 zu den χύρβεις, 
welches Citat aber, wie bemerkt (S. 59), aus Didymos 
stammt, endlich ganz am Schlusse, Kap. 32, mit einer 
Bemerkung, welche zugleich beweist, dafs ich für Plu- 
tarch mit Recht das argumentum ex silentio angesichts 
der Autorität des Aristoteles in Anwendung gebracht 
habe: 7 δὲ διασττορὰ καταχαυϑέντος αὐτοῦ τῆς τέφρας 
περὶ τὴν Σαλαμινίων νῆσον ἔστι μὲν διὰ τὴν ἀτοτείαν 
ἀπίϑανος παντάπασι χαὶ μυϑώδης, ἀναγέγραπται δ᾽ 
ὑπό τε ἄλλων ἀνδρῶν ἀξιολόγων καὶ Agıorork- 
λους τοῦ φιλοσόφου. Da auch diese Nachricht nicht 
aus der 04. Ay. stammt, so lälst sich aus den di- 
rekten Citaten eine Benutzung dieses Buches in Plu- 
tarchs Solon nicht nachweisen; von einer Benutzung 
ohne namentliche Nennung findet sich keine Spur- 
Die Darstellung Plutarchs — und das ist vielleicht 
der beachtenswerteste Grund — feiert Solon als de- 
mokratischen Helden; es ist aber kein Zweifel, dafs 
nach Plutarchs eigener philosophischer Anschauung der 
Solon des Aristoteles vor dem der Demokratie den 
Vorzug verdient hätte. Wenn Plutarch den Solon nun 
doch mehr nach dem demokratischen Ideal schildert, so 
beweist das eben, dals er die 204. A9rv. hier ebenso- 
wenig herangezogen hat, wie er sie in den Biogra- 
phieen des Aristeides, Themistokles und Perikles!) be- 
nutzt hat. 


1) Für Themistokles und Perikles beweist das zur Genüge 


die Darstellung vom Sturze des Areopags, für Aristeides die 


-- 1% — 


11. Kap. Die Ähnlichkeit zwischen Aristoteles und Her- 
Aristofeles Mippos beruht also auf gleichartigem Quellenmaterial 


Androtionund an einzelnen Stellen auf der Benutzung einer und 
derselben Quelle. Eine von diesen Stellen ist der 
Bericht über die Münzreform; die Ähnlichkeit des 
Ausdruckes in der Motivierung der Abreise Solons ist 
eine so grolse, dafs auch hier eine und dieselbe Quelle 
vorliegen muls. In jenem Falle ist es Androtion ge- 
wesen, der beiden, Aristoteles und Hermippos, zur 
Hand war. Dafs Androtion auch sonst vom Aristoteles 
benutzt ist, hat man längst erkannt; besonders Kap. 22 
(p. 24, 11) liegt er klar vor, wo sogar im Ausdrucke 
Übereinstimmung herrscht 1). Weitere Übereinstimmun- 


abweichende Charakteristik in der πολ. 49nv. und die Angabe 
p. 28, 29 ff., dafs 457/6 zuerst den Zeugiten das Archontat zugäng- 
lich wurde, was mit Plut. Aristid. 22 im Widerspruch steht, 
wo ein Psephisma des Aristeides erwähnt wird, welches allen 
Athenern das Recht zur Archontenwahl gab. Vgl. Susemihl, 
Alex. Litterat. Il 678 (Nachträge). — Ich freue mich, dafs ich 
in diesem Resultate mit Rühl, Der Staat der Athener u. s. w. S. 693, 
annähernd zusammentreffe. Wright, Harvard Studies III (1892) 
25, 3 nimmt an, dafs Plutarch nicht aus der πολ. ’49nv. selbst, 
sondern aus einer Quelle geschöpft habe, in welcher die πολ. 
4$nv. in verkürzter Form enthalten war. Die auf diese Weise 
benutzte πολ. ᾿4ϑην. habe Plutarch durch fremdartige Zusätze 
erweitert. 

1 ϑαοροῦντος ἤδη τοῦ δήμου τότε πρῶτον ἐχρήσαντο τῷ 
γόμῳ τῷ περὶ τοῦ ὀστραχισμοῦ, ὃς ἐτέϑη διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν 
ἐν ταῖς δυνάμεσιν" ὁ γὰρ Πεισίστρατος δημαγωγὸς χαὶ στρατη- 
γὸς ὧν τύραννος χατέστη. χαὶ πρῶτος ὠστρακίσϑη τῶν ἐχείνου 
συγγενῶν Ἵππαρχος Χάρμου Κολλυτεύς = Harpoer. v. Ἵππαρ- 
χος . .. περὶ δὲ τούτου ᾿Ανδροτίων ἐν τῇ δευτέρᾳ φησίν, ὅτι 
συγγενὴς μὲν ἣν Πεισιστράτου τοῦ τυράννου χαὶ πρῶτος ἐξωστρα- 
χίσϑη, τοῦ περὶ τὸν ὀστραχισμὸν νόμου τότε πρῶτον τεϑέντος 
(der falsche Ausdruck kommt auf Rechnung des Epitomators) 
διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν περὶ Πεισίστρατον, ὅτε δημαγωγὸς ὧν χαὶ 
στρατηγὸς ἐτυράννησεν (FHG. 1 371 fr. 5 M.). 


-- 191] — 


gen finden sich zwischen Androtion Fr. 10. 42. 43 und 1. Kap. 
col. Adnv. c. 29 (p. 32, 18 ff.), 15 (p. 15, 17), 28 
(p. 31, 4). Ich glaube, dafs Aristoteles noch viel mehr, 
als wir nachweisen können, der Atthis des Androtion 
verdankt. Androtion hat nach dem Jahre 346 seine 
Atthis herausgegeben; das ist längst ausgesprochen !); 
aber es ist für meine folgende Darlegung gut, wenn 
ich die Gründe dafür, zumal sie sich noch etwas prä- 
ciser fassen lassen, als bisher geschehen, hier vorführe. 
Im 6. Buche war vermutlich Philomelos’ Tod (Ende 354), 
im 7. Buche Onomarchos’ letzter Zug nach Boiotien (An- 
fang 352) erwähnt; im 12. Buche ist von Amphipolis 
die Rede gewesen (Frg. 27); bringt man bei der auf 
das Jahr 352 folgenden Zeit denselben Zeitumfang für 
die nächsten Bücher in Anrechnung, so kommt man mit 
dem 12. Buche gerade in das Jahr 346, wo Amphi- 
polis an Philipp abgetreten wurde, also eine Erwähnung 
dieser Stadt besonders begreiflich ist. Im dasselbe 
Jahr, aber schon in die nächste Olympiade (108, 3), 
gehört die von Androtion erwähnte διαιμήφισις unter 
dem Archon Archias (Philochoros Fr. 133, FH@G. 
I 406). In diesem Jahre war Androtion noch in 
Athen; denn zur Zeit der 8. Prytanie ol. 108, 2 (Ar- 
chon Themistokles) beantragt er noch den Volks- 
beschluls zu Ehren der Söhne Leukons (Dittenberger 
Syll. 101). Nach Plutarch de exilio 14 (p. 605) hat 
Androtion seine Atthis aber in Megara geschrieben; 
also, da er noch 346 in Athen ist, nach diesem Jahre. 
So stimmt das aus der Zusammenstellung der Inschrift 
mit Plutarchs Angabe entnommene Ergebnis mit den 


!) Schäfer, Demosthenes und seine Zeit 1? 390 vgl. II 29, 1. 
Blafs, Att. Bereds. 11 20, 1 [320,2]. Ich nehme natürlich die alte 
von Jonsius vollzogene Identifikation des Historikers und 
Rhetors Androtion an. 


1, Kap: beiden Zeugnissen der Fragmente überein: die Atthis 
des Androtion ist erst nach dem Jahre 346 vollendet 
und herausgegeben. "Andererseits beweist die Be- 
kämpfung der androtioneischen Darstellung der Sei- 
sachtheia in der 704. 49yv., dafs das Buch .vor dem 
Jahre 325 erschienen war. Das Buch war also ein 
neues, ‚als Aristoteles seine 7204. ϑην. schrieb. Es 
mulste auch Autorität haben. Nicht blofs der Name 
des im öffentlichen Leben sehr bekannten Mannes gab 
sie ihm, sondern auch der Umstand, dafs Androtion 
aus der Schule des Isokrates, der grofsen Schule der 
Historiker des 4. Jahrhunderts, hervorgegangen war. 
Aber wir haben nicht nötig, die Bedeutung der Atthis 
des Androtion für seine Zeit zu vermuten: Philochoros 
bezeugt sie direkt durch .die vielen Entlehnungen ἢ), 
welche er gerade bei Androtion genommen hat; das 
Buch mufs viel neues Material, namentlich über die 
älteren Institutionen, gebracht haben, wie noch aus 
den Fragmenten zu entnehmen ist (Androt. Frg.4, vgl. 
πολ. “4ϑην. p. 8, 7: 8: 5; 10; 40; 51; 44a, FHG. IV 
645, vgl. v. Wilamowitz, de Rhesi scholiisp. 13; Philochor. 
Frg. 59; 133)?). Die Neuheit des Buches und seine aus 
der Persönlichkeit des Verfassers wie aus dem Inhalte 
resultierende Bedeutsamkeit machen es erklärlich, 
warum Aristoteles dagegen lebhaft polemisiert und 
doch auch aus dem neuen darin gebotenen Materiale 


1 Müller, ΣῊΜ. I praef. LXXXIV; vgl. Schäfer a. a. Ὁ. 
I 390; Busolt, Griech. Gesch. I 365. 366, 1, wo die Bemerkung 
«diese Übereinstimmung ist um so bemerkenswerter, als sonst 
die Atthidographen in vielen Punkten untereinander diffe- 
rierten. Vgl. Strabo IX 392° wohl etwas zu allgemein spricht; 
die hauptsächlichen Differenzen werden in den mythischen Par- 
tieen gelegen haben, wohin ja auch die Strabostelle gehört- 
Will man dies bestreiten, so erhöht man nur die Autorität des 
Androtion. [Wright, Amerie. Journ. of Philol. XIL 311.] 


-- 19 — 


schöpfen muls. Dieses Buch mit dem bedeutenden 11. Kap. 
Inhalte kann nun frühestens am Ende der vierziger 
Jahre erschienen sein, d. h. zu einer Zeit, als Aristo- 
teles schon einen grolsen Teil der Politik ausgearbeitet 
hatte, in Kleinasien oder in Makedonien war und 
wesentlich mit den in Athen gesammelten Materialien 
arbeitete. Zwischen der Arbeit an der Politik und 
der πολ. 491v. liegt das Erscheinen der Atthis des 
Androtion. Sie ist eines von jenen Werken (s. o. 
S. 124 ff.) und vielleicht das bedeutendste von ihnen, 
durch welche Aristoteles veranlalst wurde, Angaben 
der Politik in der πολ. 497. abzuändern, da sie Ma- 
terial brachte, welches ihm bei der Niederschrift des 
älteren Werkes noch nicht bekannt war. Und es scheint 
mir recht bemerkenswert, dafs gerade in zwei Fällen 
Aristoteles’ Änderungen in Angaben bestehen, welche 
bestimmt sind, dieMacht des Areopags grölser erscheinen 
zu lassen, als sie in der Politik geschildert war. Andro- 
tion war Schüler des Mannes, der den Areopagitikos 
geschrieben hatte, und Isokrates bezeugt selbst in 
diesem Werke, dals er seine Auffassung von der 
Machtstellung des Areopags in seinen Kreisen schon 
früher vorgetragen hatte ($ 56 ἤδη δέ τινες ἀκούσαντές 
μου ταῦτα διεξιόντος) : sollte der Schüler nicht etwas 
unter dem Einflusse des Lehrers gestanden haben ? 
Eine Darstellung, in welcher der Areopag hervortrat, 
mulste Aristoteles willkommen sein. Andererseits würde 
die Polemik des Aristoteles in Bezug auf das Alter 
des Areopags sich gut erklären, wenn Androtion ihn 
eine Institution Solons sein liefs; Androtion folgte 
dann auch hier seines Lehrers Auffassung. Doch dies 
ist nur ein mehr oder minder zweifelhaftes Corollar; 
das Hauptergebnis steht mir fest, dals wir in Andro- 


tions Buch ein Werk haben, welches uns die Diffe- 
Keil, Aristoteles. 13 


-- 1964 -- 


11. Kap. renzen zwischen der Politik und der στολ. 491v. be- 
greiflich machen kann. 

Doch die Untersuchung ist bereits in eine Darlegung 
hinüber geglitten, welche mit mehr Recht dem folgenden 
Schlulsabschnitte angehören würde. In ihm will ich zu- 
sammenfassen, zu welcher Auffassung ich von der Kom- 
positionsweise des Schriftstellers, der Komposition und 
dem Zwecke der Schrift vom Staatswesen der Athener 
gekommen bin, indem ich bei der Einzelinterpretation 
des Abschnittes über die solonische Verfassung stets 
das Ganze im Auge zu behalten versuchte. Dafs fast 
sämtliche hier berührte Fragen noch einer Beantwortung 
auf Grund der Interpretation des ganzen Buches harren, 
ist mir bei keiner aus dem Bewufstsein gekommen. 
Ich habe sie aber, obwohl ich nur von einer Einzel- 
partie ausgegangen bin, aufgenommen und, soweit es 
mit meinem Material, Wissen und Vermögen anging, 
zu lösen versucht, um zu zeigen, dals man von der 
Interpretation aus zu andern Ergebnissen gedrängt 
wird, als die bisherige historische oder litterarhisto- 
rische Betrachtung des Buches geliefert hat. 


Schlufs. 


Äussere Nach der Vollendung der Politik ging Aristoteles 
Geschichte un die monographische Ausarbeitung des für die ein- 
πολ. A9nv. zelnen Staaten gesammelten Materials!.. 158 Mono- 


graphieen hat er entworfen und mehr oder weniger 


!) Dieses sachliche und zeitliche Verhältnis ergiebt sich 
aus dem S. 120 ff. und 148 ff. Beigebrachten, da so die zuerst von 
Torr, Athenaeum 3302 S. 185 gegebene Datierung bestehen bleibt. 


‚ausgearbeitet. Zu ihnen gehört die πολιτεία ““ϑηναίων. Schlufs 
Während der Jahre 329—325 wurde sie in Athen 
niedergeschrieben. Sie war zur Veröffentlichung be- 
‚stimmt. Das wird durch die stilistische Durcharbeitung 
einzelner Teile, durch die Rücksichtnahme auf kunst- 
gemälsen Periodenschlufs, durch die Beobachtung des 
Hiatgesetzes!), durch die Tendenz, den Plan und den 
Aufbau des ganzen Buches, worüber im Folgenden ge- 
sprochen wird, zur Evidenz gebracht. Das Treffende der 
Darstellungs- und Ausdrucksweise, den leichten Flufs der 
Sprache und den reichen Inhalt hat ein älterer alexan- 
drinischer Gelehrter bekanntlich an den Werken des 
Aristoteles gerühmt; ich glaube, es ist nicht zu günstig 
über die πολ. ᾿ϑην. geurteilt, wenn man jenes Urteil 
als durch sie bestätigt erachtet. Darf ein subjektives 
Empfinden hier Ausdruck erhalten, so möchte ich es 
aussprechen, dafs mir die Lektüre der πολ. AI. 
wiederholt den Charakter der hyperideischen Diktion 
in Erinnerung gerufen hat; ich habe den Eindruck, 
als ob das Buch die Sprache des Hypereides in einer 
für geschichtliche Darstellung gemälsigten, herab- 
gestimmten Form und Ausdrucksweise redete. Wenn 
nun die eben angeführten Erscheinungen auch er- 
kennen lassen, dafs das Buch nach der Absicht des 


1 Vgl. Headlam, Class. Rev. 1891, 270 ff. und Blafs, praef. 
p. XV sq. Für eine’noch nicht völlig durchgearbeitete Schrift 
enthält die πολ. ’49nv. ungemein wenig Hiate; man wird in 
ihrer Beseitigung sehr vorsichtig sein müssen. Um den Grad 
der Durcharbeitung auf die Hiate zu würdigen, mufs man De- 
mosthenes’ Timocratea heranziehen, deren Betrachtung auf 
diesen Punkt hin übrigens besonders diejenigen anstellen 
sollten, welche etwa die jüngst vorgetragene Ansicht billigen, 
dafs die Meidung des Hiates kein ‚Element gewollter kunst- 
mälsiger Schriftstellerei sei. Vor fast genau fünfzig Jahren 
ist das Buch ‘de hiatu? erschienen. 


15* 


πὲ τ ΝΕ; ἜΣ 


Schlufs Verfassers zu den Denkmälern der kunstmälsigen Litte- 
ratur gehören sollte, so finden sich daneben Anstöfse 
verschiedenster Art, mit welchen ein Autor ein Werk 
höheren Stiles nicht in die Öffentlichkeit hinausschickt: 
das Buch entbehrt der letzten Feile (s. ο. S. 50 ff.). 
Der Verfasser hat es selbst nicht mehr veröffentlicht; 
es ist, wie andere aristotelische Schriften, mit den 
übrigen Monographieen derselben Art von dem Peri- 
patos nach dem Tode des Aristoteles herausgegeben, 
so wie es im Manuskripte vorlag. 

Noch im ersten Jahrhundert nach seinem Er- 
scheinen hat es Einbulse an seinem Inhalte erlitten; 
denn die grofse von Kaibel-Wilamowitz aufgewiesene 
Lücke zwischen dem 60. und 61. Kapitel, in welcher 
nach Ausweis des 43. Kapitels die Abschnitte über die 
χειροτονητοί — den ταμίας στρατιωτικῶν, die Behörde 
ἐπὶ τὸ ϑεωριχόν und den ἐπιμελητὴς τῶν κρηνῶν — ge- 
standen haben, mufs vor der Zeit der grolsen alexan- 
drinischen Lexikographie, vor Aristophanes von Byzanz 
und der Entstehung der Aristophanesscholien, in den 
Text hineingekommen sein, weil wir kein einziges Citat 
aus dem Altertume, weder bei Lexikographen noch in 
den Scholien, aus jenen Abschnitten überliefert er- 
halten haben). Das Buch ist in den uns erhaltenen 
Partieen während der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts 
n. Chr. mehrfach benutzt worden, von Pollux, Harpo- 
kration und Aelius Aristides?); nach dieser Zeit ist 


1) Nachträglich ist mir der Gedanke gekommen, ob die 
Lücke bei ihrem hohen Alter nicht schon gar auf die erste 
Herausgabe selbst zurückgeht. Die betreffenden Blätter könnten 
unter dem Nachlasse des Aristoteles nicht gefunden worden 
sein. Dafs Aristoteles den jetzt fehlenden Abschnitt geschrie- 
ben hatte, beweist das χαὶ hinter χειροτονοῦσι δὲ p. 68, 12. 

?) Aristides XLVI p. 360 Dd., welche Stelle jetzt auch 


-- 197 -- 


bisher keine sichere Spur selbständiger Benutzung 
seitens der Antike nachgewiesen worden. Seine Exi- 


Kenyon (3. Aufl.) anmerkt, schreibt unser Buch um 170 n. Chr. 
— denn in diese Zeit fällt die Schrift ὑπὲρ τῶν τεττάρων --- 
fast wörtlich aus (vgl. πολ. ’49nv. p. 10, 7 66): ἐκεῖνος (Solon).. πα- 
ρὸν αὐτῷ στασιαζούσης τῆς πόλεως ὁποτέρων βούλοιτο προστάντι 
τυραννεῖν, ἀπεχϑάνεσθαι μᾶλλον ἀμφοτέροις εἵλετο ὑπὲρ τοῦ δὲ- 
χαίου" καὶ τῶν μὲν πλουσίων ὅσον χαλῶς εἶχεν ἀφεῖλεν, τῷ δήμῳ 
δ᾽ οὐχ ἔδωχεν ὅσον ἐβούλετο, ἔστη δ᾽ ἐν μεθορίῳ πάντων ἀν- 
δρειότατα χαὶ δικαιότατα, ὥσπερ τινὰς ὡς ἀληϑῶς ἐχ γεωμετρίας 
περιγραπτοὺς φυλάττων ὅρους. Die Worte paraphrasieren zugleich 
den Eingang und den Schlufs von πολ. ᾿ἤϑην. ce. 12: δήμῳ 
μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον γέρας ὅσσον ἐπαρί zei) und ἐγὼ δὲ τούτων 
ὥσπερ ἐν μεταιχμίῳ ὅρος κατέστην. Die Geometrie bei Aristides 
ist eine Spitze gegen Platon, welche etwa ein dutzendmal in 
der Schrift wiederkehrt und auf Gorg. 508a geht λέληϑέ σε 
ὅτε ἡ ἰσότης ἡ γεωμετριχὴ χαὶ ἐν ϑεοῖς χαὶ ἐν ἀνθρώποις μέγα 
δύναται" σὺ δὲ πλεονεξίαν οἴει δεῖν ἀσχεῖν" γεωμετρίας γὰρ ἀμε- 
λεῖς. In der Schrift περὶ τοῦ παραφϑέγματος (KLIX), welche 
einige, aber nur wenige Jahre älter als die für die Viermänner ist, 
hat Aristides nur Verse, welche auch in der πολ. 49nv. stehen; 
sie sind also nicht aus Solon, sondern aus dieser geschöpft. 
Übrigens ist die Konstruktion der Aristidesstelle (παρὸν αὐτῷ 
εν τυραννεῖν, εἵλετο) nicht aus πολ. Asnv. c. 11, sondern aus 
der Parallelstelle e. 6 entnommen: ὥστε, ἐξὸν αὐτῷ τοὺς νόμους 
ὑποποιησάμενον τυραννεῖν τῆς πόλεως, ἀμφοτέροις ἀπεχϑέσϑαι 
zei περὶ πλείονος ποιήσασϑαι τὸ χαλὸν ... ἢ τὴν αὑτοῦ πλεο- 
γεξίαν: die letztere Stelle hat Aristides in derselben Schrift 
p- 161 noch einmal verarbeitet: οὐδαμοῦ (Perikles)... τὴν πλεο- 
νεξίαν ἀντὶ τῶν νόμων ἠγάπησεν, οὐδ᾽ ὅπως μείζων τῆς τά- 
ξεως ἔσται προυνοήϑη, παρὸν αὐτῷ μᾶλλον παντὸς Πεισιστράτου" 
ἀλλ᾿ ἣν παραπλήσιος χατέχοντι τὴν ἀχρόπολιν ἐπὶ τῷ σῴζειν τοὺς νό- 
μους (vgl. πολ. 4ϑην. p. 14, 5 χατέσχε τὴν ἀκρόπολιν; 
17, 12 ἔν τε γὰρ τοῖς ἄλλοις προηρεῖτο πάντα διοιχεῖν κατα 
τοὺς νόμους, οὐδεμίαν ἑαυτῷ πλεονεξίαν διδούς) καὶ τῷ 
πάντας εὖ ποιεῖν ἐκ μέσου. χαίτοι εἰ τὸν Aoy£haov χαχίζεις.. «. .» 
ᾧ γε ἐξὸν ἐκείνῳ ὑμοίως τυραννεῖν, εἴπερ ἐβούλετο, οὐ 
ταῦτα ἔδοξεν, ἀλλὰ τοὺς νόμους χαὶ τὸ δίχαιον πλείονος 
ἄξια τοῦ χέρδους ἐποιήσατο, πῶς οὐ τούτῳ συγχαίρειν εἰχὸς ἣν ; 


Schluls 


Ael. 
Aristid. 
und die 

πολ. Adv. 


— 19 “-- 


Schlufs stenz im 8. Jahrhundert bezeugt ein altes Bibliotheks- 
verzeichnis (Rhein. Mus. 1866, 432)'!). Aus den uns 


Hier ist die Anlehnung wieder fast wörtlich; die Wiederholung, 
welche in ἀντὶ τῶν νόμων (neben πλεονεξίαν) und τοὺς νόμους 
(neben πλείονος ἄξια ποιήσασϑαι) liegt, beweist, dafs p. ὅ, 21 τοὺς 
νόμους das Richtige ist. — Möglich ist, dafs Aristid. p. 317, 14 ft. 
Dd. δοχοῦσι γάρ μοι τὰς συμφορὰς ἐνθυμούμενοι τὰς ἐπὶ τῶν 
Πεισιστρατιδῶν γενομένας ἑαυτοῖς μηδένα βούλεσϑαι μεῖ- 
ζον ἐᾶν τῶν πολλῶν φρονεῖν, ἀλλ᾽ ἐξ ἴσου εἰς δύνα μεν εἶναν 
aus πολ. Asnv. p. 24, 13 ὃς ἐτέϑη διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν ἐν ταῖς 
δυνάμεσιν" ὁ γὰρ Πεισίστρατος κτὲ. (vgl. 24, 29 εἔτις δοκοίη 
μείξων εἶναι) stammt. — Aristid. p. 250 f. Dd. (Flottengesetz 
des Themistokles) stammt aus Plut. Them. 4 (vgl. Haas, qui- 
bus fontibus Ael. Aristid. in or. pro IV viris q. s. p. 39, diss. 
Gryph. 1884), ebenso p. 315 (Tod des Theseus und Übertragung 
seiner Gebeine nach Athen) aus Plut. Kimon 8, welcher selbst 
wieder hier sicher aus Ion schöpft. Dessen Glaubwürdigkeit 
ist in diesen Dichtergeschichten, zumal wenn sie in maiorem 
Sophoclis gloriam gehen, so elend, dafs sie gegen die Chronik- 
angabe bei Plut. Thes. 36 gar nicht in Betracht kommt. Die 
10 Strategen als Richter richten die ganze Fabelei, richteten 
aber nie über eine Tragödie. Das Archontat des Phaidon (476/5) 
ist das sichere Datum, an dem gar nicht mehr herumzunörgeln 
ist, seit wir aus der πολ. 49nv. c.23 wissen, dafs der Seebund 
schon 478/7 zu Stande gekommen ist. Die Kompromifskritik, 
welche auch Bauer (Litter. und histor. Forschungen zu Aristot. 
πολ. A9nv. 8. 102) noch befolgt, indem er nach Holzapfel 
(Darst. d. griech. Gesch. δ. 85) im Plut. Thes. 36 Sardwros in 
Aegiwvos ἄρχοντος Ändern will, bereitet sich hier wie überall 
selbst Schwierigkeiten durch die Stellung der Fragen und 
durch die Lösung, die sie suchen mufs. 

!) Die Hypoth. zu Isokr. VIL, in welcher der Sturz des 
Äreopags nach der πολ. 49nv. berichtet. wird, gehört in der 
jetzigen Fassung in das 5. Jahrh. n. Chr., aber das ganze Hy- 
pothesenkorpus ist nach älterem Material, und zwar solchem, 
der Alexandrinerzeit, gearbeitet, wie die Citate beweisen. Ge- 
naueres führt hier zu weit. Ich halte es nicht für aus- 
geschlossen, dafs das Citat auf Hermippos zurückgeht, der 
auch Hypoth. V mit Namen als Quelle genannt wird. 


--Ῥ 19 --- 


nicht erhaltenen Partieen fliefsen die Citate äufserst Sehlufs 
spärlich; im ganzen sind ihrer vier erhalten. Davon 
gehört eines der lexikographischen Tradition an (n. 3 
K-W; 385 R®: Lex. Patmic. Bull. de corr. hellen. 
1877, 152; s. o. S. 64,2), fällt also für die Frage, wie lange 
der erste Teil des Buches gelesen wurde, fort. Ein anderes 
steht Plut. Thes, ο. 25 (n.2K-W ; 984 Η ὅ), d.h. in einem 
Kapitel, dessen‘ sonstiger Inhalt sicher unaristotelisch 
ist; der auf die Worte ὅτε δὲ πρῶτος ἀπέχλινε πρὸς 
τὸν Gykov, ὡς Agıororeing φησί folgende Zusatz zaı 
ἀφῆχε τὸ μοναρχεῖν zeigt, dals Plutarch hier die στολ. 
ἡώϑην. ebensowenig wie in seinem Solon, Themistokles, 
Perikles und Aristeides eingesehen hat. Das dritte 
Citat (n. 4 K-W.) steht im Scholion zu Euripid. Hipp. 
11 (ed. Schwartz II p. 6), ist also für die Zeitfrage eben- 
falls unbrauchbar. Nur das bei Harpokration s. v. 
᾿“πόλλων ττατρῷος stehende (n. 1 K-W., 381 R°?) könnte, 
da Harpokration die πολ. 49nv. sonst benutzt hat, 
die Existenz des Einganges während des 2. Jahrh. 
n. Chr. beweisen. Ich muis mich aber als Skeptiker 
bekennen. Sollte es wirklich ein Zufall sein, dafs 
den Schriftstellern des 2. Jahrh. n. Chr. fast jede 
Kenntnis der Abschnitte der πολ. Ay. über die 
Königszeit abgeht, und dals in unserem schwerlich vor 
dem Anfange des 2. Jahrh. n. Chr. geschriebenen Pa- 
pyrus auch gerade der Abschnitt über die Königszeit 
fehlt? Man wird sagen, der abrupte Anfang beweise, 
dafs hier zufällige Verstümmelung vorliege. Gewils. 
Aber diese Verstümmelung ist, wie der vor der ersten 
Kolumne freigelassene Raum beweist, schon aus der 
Vorlage herübergenommen; sie reicht also in das 
1. Jahrh. n. Chr. hinein. Sollten im 2. Jahrh. n. Chr. 
vielleicht im wesentlichen nur noch Exemplare mit 
dem fehlenden Eingange zu haben gewesen sein? Wie 


Schlufs 


Die 
Quellen 
und 
Quellen- 
benutzung 


— 200 — 


das Fehlen der Citate über jene drei durch Cheiro- 
tonie gewählten Beamten sich aus einem frühzeitig ent- 
standenen Defekte der Überlieferung erklärte, so würde 
das Fehlen direkter Citate aus dem Eingange sich 
ebenfalls gut aus einem frühzeitig eingetretenen Ver- 
lust des Einganges des Buches begreifen. Dafs der 
Eingang im 2. Jahrh. vor Chr. noch erhalten war, 
bezeugen die Excerpte des Herakleides Lembos. — Von 
den kleineren Lücken sind p. 6, 18; 22, 28; 26, 29; 
28, 12; 40, 25; 49, 24; 65, 20. 21 "augenscheinlich 
erheblicherer Art, die übrigen laufen auf Ausfall we- 
niger Worte hinaus. Glosseme sachlicher Art sind sehr 
gering an Zahl; dafs die von K-W. im 59. Kapitel da- 
für erklärten Stellen richtig beurteilt sind, habe ich oben 
(S. 52) in Frage stellen müssen. Das Buch ist uns 
von den erwähnten Schäden abgesehen — die üblichen 
Handschriftenfehler rechnen hier nicht — in der Form 
erhalten, welche es bei der Veröffentlichung aus dem 
Nachlasse des Aristoteles hatte. 

Zu Grunde liegt der aristotelischen Darstellung 
der solonischen Verfassung die Atthidenüberlieferung 
und zwar in mehreren Brechungen. In dem Atthiden- 
bericht macht er aus anderweitiger, ihm zugänglicher 
Litteratur, z. B. auch, wie die Erörterung des 6. 
Kapitels ergab, aus politischer Litteratur, Einlagen. 
In dem Abschnitte über Solon hat er Herodot völlig 
beiseite gelassen. Dals er ihn sonst benutzte, sagt er selbst 
(p. 14, 27), und lehrt die Lektüre. Ebenso hat er Thuky- 


dides herangezogen und vielleicht auch Xenophon!). Wo 


') Die Übereinstimmung zwischen Hell. II 3, 19 und πολ. 
᾿ϑην. c. 36 p. 39, 23 ff. scheint mir eine so grolse, dafs ich 
hier direkte Abhängigkeit des letzteren Buches für das wahr- 
scheinlichste halte. Ausgeschlossen wäre die Benutzung einer 
gemeinsamen Quelle allerdings nicht. Weshalb ich die Nach- 


Aristoteles einer Quelle ganz folgt, kürzt er, der Natur Sehluts 
des vorliegenden Buches entsprechend, stark, hält sich 
aber doch nach Möglichkeit an den Wortlaut der Vor- 
lage; Beweis dafür ist sein Verhältnis zu Hermippos 
und, da hier die Probe ganz sicher ist, vor allem der 
Abschnitt über die Peisistratiden und die Antagonie 
zwischen Isagoras und Kleisthenes, in welchem selbst 
die Diktion stellenweis noch herodoteische Färbung 
zeigt. Wo ihm aktenmäfsiges Material zur Verfügung 
steht, teilt er es mit; mehr als er giebt, hatte er 
schwerlich. Seine Darstellung beruht in erster Linie auf 
litterarischen Quellen; aus dem Metroon hat er nicht 
geschöpft, sonst mülsten sich davon Spuren finden. 
Jene Quellen boten natürlich wenig urkundliches Ma- 
terial. Die Schrift, der er in der Geschichte von 411 
bis 403 folgte, mufs eine aufsergewöhnlich kritische 
Leistung der Geschichtschreibung gewesen sein. Sie 
wird schwerlich weit vom Jahre 400 abliegen. Da die 
Kompromilsakte vom Jahre 403 (Kap. 39) darin ent- 
halten war, welche man doch derselben Quelle wie die 
übrigen Urkunden zuschreiben muls, so ist der terminus 
post quem für diese Quelle gesichert. 

Mit der Masse der überlieferten Thatsachen operiert 
er frei. Er läfst einfach fort, was er nicht für richtig oder 
nicht für wichtig hält; oft liegt so Polemik in seinem 
Schweigen. Die Richtigkeit der litterarischen Über- 
lieferung prüft er an Indiecienbeweisen verschiedenster 
Art; sie sind die Waffe im Kampfe gegen die unglaubwür- 
dige Tradition. Darum baut sich seine ganze Darstellung 
der ältesten Verfassungsperiode, mit Ausnahme eines 


richt über die Zurückweisung des von Sparta nach der Schlacht 
bei den Arginusen angebotenen Friedens nicht mehr als Er- 
gänzung zu Xenophon fassen kann, ist $.224 gesagt. [Über die 
sonstigen Quellen vgl. Macan, Journ. of. hell. stud. XII 35 ff.] 


-- 202 “-- 


Schlufs kurzen Abschnittes (p. 9, 2---9), auf Indieienbeweisen auf; 
darum die Häufigkeit der Indicienbeweise in der Solon- 
partie: er geht an gegen die demokratische Auffassung 
dieses Mannes in der Tradition. Scharf sticht dagegen 
der Bericht über die drakontische Verfassung ab, denn 
in ihm fehlt jeder Indicienbeweis. Daraus folgt aber 
nichts gegen seine Echtheit. Das Andenken an die 
Gesetze Drakons lebte in den Athenern des 4. Jahr- 
hunderts, aber ein Grausen überkam den freien Mann, 
wenn er ihrer gedachte: sie troffen ihm von Blut; das 
hörte er von der Tribüne schreien. Hiergegen hätte 
Aristoteles etwas sagen müssen, gehörten die νόμοι für 
ihn zur πολιτεία. Da sie es nicht thun, hat er keine 
Veranlassung zur Polemik. Das Andenken an die Ver- 
fassung Drakons lebte dagegen nicht im Athen des 
4. Jahrhunderts; auch die Atthiden hatten nichts über 
sie, wie unsere von den Atthiden grölstenteils abhängige 
Überlieferung mit ihrem Schweigen über diese Ver- 
fassung unumstöfslich beweist. Gegen wen sollte Ari- 
stoteles polemisieren? gegen welche Tradition die 
Sprache der Indicien wecken? So stellte er einfach 
dar, froh vielleicht, in seiner Zeit von der drakon- 
tischen Verfassung überhaupt noch eine Nachricht ge- 
funden zu haben, welche ihn einfach darstellen liels. — 
Die Polemik ist stets malsvoll; wo er sie nicht blofs an- 
deutet, sondern offen ausspricht, beruhigt er sich meist 
nicht bei der Negative, sondern weils aus der Negative 
positive Züge für seine Darstellung zu gewinnen. Die 
ganze Schrift zeigt einen Schriftsteller, der nirgend 
gedankenlos die Tradition tradiert, sondern nur giebt, 
was durch sein Urteil hindurchgegangen ist. Dieses 
Urteil mischt er in die Darstellung der Thatsachen 
und in die Charakteristik von Persönlichkeiten mehr- 
fach kurz andeutend, oft mit fühlbarer Betonung und 


-- 208. — 


stets mit besonderer Absicht. Zwecklos ist wie in Sehluls 


dem ganzen Buche, so in dem Abschnitte über Solon 
kein Satz. Alles ist in diesem Abschnitte nach einem 
Gesichtspunkte abgewogen, alles dient nach Aristoteles’ 
Absicht dem einen Zwecke, seinen Solon zu zeichnen, 
der nicht der der Tradition war. Und woher hatte 
er sein Bild vom Solon? Aus den Gedichten dieses 
Mannes, aus der letzten Quelle, die es dafür geben 
konnte. Indem nun Aristoteles ein in sich geschlossenes 
Bild von Solon gewinnen will, geben ihm bei der Ar- 
beit, wenn der consensus omnium auch etwas gilt 
(p. 5, 1; 6, 7; 10, 12), diese Gedichte den eigentlichen 
Prüfstein für jede Überlieferung ab. Aristoteles läfst 
selbst erkennen, dals er die Gedichte als letzte Kenntnis- 
quelle über Solon gefalst hat. Um dem Leser von 
vornherein eine auf die Gedichte sich stützende Ansicht 
von dem Charakter des Mannes zu geben und ihn 
für die folgende Darstellung empfänglich zu machen, 
stehen im ersten Kapitel der Solonpartie zwei Citate; 
dann folgt die ganze Darstellung von Solons Thätig- 
keit, ohne dafs ein Vers angeführt wird; am Schlusse 
aber sind die Belege so wuchtig gehäuft und in so 
unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endurteil über 
Solon gebracht, dafs man fühlt, wie der Schriftsteller 
sagen will: mein Solon ist der, der gewesen zu sein 
er selbst bezeugt). 

Aristoteles will nicht blofs den Staatsmann Solon 
darstellen, er will gerade auch den Menschen richtig 
fassen und würdigen lehren. Darum fügt er bei der 
Usurpation des Peisistratos die Anekdote von Solons 


!) Ganz deutlich sind die Gedichte als Quelle in der 
Polit. 1296 a 19 genannt: Σόλων re γὰρ nv τούτων (ἃ. h. τῶν 
μέσων) — δηλοῖ δ᾽ ἐκ τῆς ποιήσεως. 


-- 264 — 


Schluts Widerstand ein: sie soll den Mann auch unter schwie- 
rigen Verhältnissen als Vorkämpfer für sein Werk 
zeigen'); darum wird der Klatsch über das Liebes- 
verhältnis des Solon zu Peisistratos ausdrücklich und 
mit hartem Worte (8. ο. ὃ. 153) zurückgewiesen; diese 
Leidenschaft stimmt nicht zu dem Bilde des aristo- 
telischen mafsvollen Solon. Es kommt Aristoteles eben 
nicht weniger auf den Menschen als auf den Staats- 
mann Solon an. Aber was soll das Individuum in 
einer Geschichte staatlicher Institutionen ? 

Die aristo- Es ist des Aristoteles staatsphilosophisches Axiom, 
nn dals der μέσος der beste Bürger sei?). Der Grund- 
satz, dals die staatsbürgerliche μεσότης das Erhaltende 

ist), dals alles Extreme zerstört*) und, um mit Aristo- 

teles’ eigenen Worten zu reden, ὅτι ἢ χοινωνία ἡ ττο- 

λιτιχὴ ἀρίστη ἡ διὰ τῶν μέσων (Polit. 1295 b 35), 

dieser Grundsatz hat bei jedem in unserem Buche sich 
vorhanden Hundenden Urteile über einzelne Staatsmänner wie über 
in ganze Verfassungsperioden als Kriterium gedient. Solon 
Individuen rind gelobt; denn nach dem Zeugnis seiner eigenen 
Gedichte konnte er fast als eine Verkörperung der 
staatsbürgerlichen μεσότης gelten. Im unserem Buche 
schliefst Aristoteles das Gesamturteil über ihn mit den 
Worten νομοϑετήσας τὰ βέλτιστα, und in der Politik 

(1296 b 19) hatte er gesagt: τὸ τοὺς βελτίστους vouo- 

ϑέτας εἶναι τῶν μέσων" Σόλων . . γὰρ ἦν τούτων (δη- 

λοῖ δ᾽ ἐχ τῆς ποιήσεως). Von diesem Standpunkte aus 

ist das lobende Urteil gefällt über Nikias und Thuky- 


1) Hoi. A9nv. p. 14, 13 αὐτὸς μὲν ἔφη βεβοηϑηχέναι τῇ 
πατρίδι; vgl. p. 10, 9 σώσας τὴν πατρίδα. 

53) Die Hauptstelle Politik 1295 ἃ 84 — 1296 b 2, wozu die 
Erklärer die übrigen Stellen geben. 

3) Polit. 1296 b 38 ff., vgl. 1308 b 30. 

4 Polit. 1309b 18—35. 


— 205 “-- 


dides, des Melesias Sohn (Kap. 28), im Gegensatz zu Schluls 
den extremen Demokraten ihrer Zeit, ebenso das über 
Peisistratos, weil er, obwohl Tyrann, doch nach den 
Satzungen Solons (χατὰ τοὺς νόμους p. 17, 13) regierte, 
und auch das über Archinos, weil er, wenn auch mit 
ungesetzlichem Mittel (πείσας ἄχριτον ἀποχτεῖναι 
Ῥ. 49, 23), eine gemälsigte 1) Demokratie nach den Tagen 
der Dreifsig durchführte und die Bürgerschaft zur 
Achtung der bestehenden Ordnung zwang. Besondere 
Gnade hat aber Theramenes, neben welchem die Olig- 
archen Peisandros und Antiphon mit Lob genannt 
werden (p. 36, 13), vor seinen Augen gefunden. Ari- 
stoteles nimmt sich des Vielgeschmähten in auffälligster 
Weise an und sucht zu beweisen, dafs das allgemein 
geltende Urteil über diesen Mann infolge der ver- 
wickelten politischen Verhältnisse jener Zeit in die 
Irre gegangen sei. Der Grund für diese Apologie 
liegt auch hier in dem Umstande, dals Aristoteles bei 
genauer Betrachtung in der politischen Thätigkeit des 
Mannes die Charakteristika für einen μέσος sehen zu 
müssen glaubte: δοχεῖ μέντοι un rag&oyws ἀττοφαινο- 
μένοις ) οὐχ ὥσπερ αὐτὸν διαβάλλουσι πάσας Tag ττο- 
λιτείας καταλύειν, ἀλλὰ πάσας προάγειν ἕως μηδὲν 
σεαραγομοῖεν, ὡς δυνάμενος πολιτεύεσϑαι χατὰ πάσας, 
ὅπερ ἐστὶν ἀγαϑοῦ πολίτου ἔργον, πιαρανομούσαις δὲ οὐ 


1) Das liegt ausgedrückt in dem Auftreten des Archinos 
gegen Thrasybulos’ Psephisma, ἐν ᾧ μετεδίδου τῆς πολιτείας 
πᾶσι τοῖς ἐκ Πειραιέως συγχατελθοῦσιν, ὧν ἔνιοι φανερῶς ἦσαν 
δοῦλοι p. 49, 19 ff. 

3) Dieser Ausdruck beweist mir, dafs Aristoteles sein Ur- 
teil über Theramenes nicht durch eine für diesen Politiker 
parteiische Quelle hat bestimmen lassen, sondern dafs er selbst 
sich sein Urteil aus der Geschichte gebildet hat. 


-- 206 — 


Schluls συγχωρῶν ἀλλ᾽ ἀπεχϑανόμενος (Kap. 28 a.E.). Die Ge- 


in Ver- 
fassungs- 
perioden 


schichte der Jahre 411—404 kehrt bei Aristoteles 
immer wieder auf Theramenes zurück. Zum Teil liegt 
der Grund dafür in der bedeutenden politischen Thätig- 
keit des Mannes selbst, aber ganz wird man hieraus 
doch nicht den Umstand erklären können, dafs die 
Ereignisse jener Jahre mit so besonderer Rücksicht auf 
Theramenes’ Schicksal dargestellt werden; es ist, als 
ob die Darstellung zeigen sollte, wie der gute Bürger 
im Ringen mit den alles Recht und Gesetz vergewalti- 
genden Regierungen seiner Überzeugung zum Opfer 
fällt. 

Die solonische Verfassung war eine zroAıreia, ihre 
ruinöse παρέχβασις also die Önuoxoerie. Mithin ver- 
fällt, was auf eine Entwicklung von der solonischen 
Verfassung hinweg und hin zu der extremen Demo- 
kratie des 4. Jahrhunderts geführt hat, dem verdammen- 
den Urteile des Schriftstellers; dagegen verdiente, was 
diese Entwicklung aufhielt oder hinderte, seine An- 
erkennung. Die Verfassungsperiode, welche der solo- 
nischen am nächsten kommt, ist natürlich die, in 
welcher der Areopag die Prärogative der älteren Zeit 
annähernd wieder gewonnen hatte, die siebzehn Jahre 
nach der Schlacht bei Salamis. Damals hatte der 
Areopag die ἐπέϑετα δι᾿ ὧν ἣν ἡ τῆς τιολιτείας φυλαχή, 
wie es (p. 27, 24) mit deutlicher Rückbeziehung auf 
die drakontische (φύλαξ ἣν τῶν νόμων p. 4, 10) und 
solonische (γομοφυλαχεῖν --- ἐπείσχοττος οὖσα τῆς ττολι- 
τείας p. 8, 10) Ordnung heilst. Daher das Urteil zei 
ἐγεολιτεύϑησαν Aynvaloı χαλῶς καὶ κατὰ τούτους τοὺς 
χαιροὺς (p. 25, 27). Athen befand sich, wie in alten 
Tagen, so auch zu dieser Zeit in einer glücklichen Peri- 
ode des politischen Lebens. Denn gerade zu dieser 


-- 207 -- 


Zeit!) war es, wo die Athener das Kriegshandwerk Schlufs 
übten, wo sie eine solche Politik trieben, dafs sie sich 
des besten Leumundes bei den anderen Griechen er- 
freuten, und wo sie so stark waren, dals sie trotz des 
Widerstandes von Sparta (ἀκόντων τῶν “αχεδαιμονίων 
p. 26, 4) die Herrschaft zur See gewannen. Es kommt 
Aristoteles, wie auch die prägnante Stellung der eben 
eitierten Worte am Schlusse der Periode beweist, 
bei der Erwähnung der Seehegemonie nicht auf diese 
selbst, sondern allein auf den Nachweis der Stärke 
des damaligen Athens an. Diese Stärke ist ein Lob 
für die in Rede stehende Periode, ihr Lob ist nicht 
die Herrschaft zur See, welche nur der Erfolg dieser 
Kraft, aber nach Aristoteles’ Urteil ein wenig er- 
wünschter ist. Nicht der Areopag hat zur See hin- 
getrieben, der Demokrat Aristeides that es. Was Pei- 
sistratos, der selbst als Tyrann sich unter die Gerichts- 
barkeit des Areopags stellte, weislich zu verhindern 
gesucht hatte, dazu wurde von den Demokraten 
gegen die konservativen Tendenzen des Areopags jetzt 
aufgefordert: χαταβάντας Ex τῶν ἀγρῶν οἰχεῖν ἐν τῷ 
ἄστει (ρ. 26, 21.) Die ἀρχή, welche sich nur zu bald aus 
der ἡγεμονία entwickelte, erforderte die Arbeitskraft 
auch der grofsen Menge; der Staat bedurfte der σεολλοί, 
des δῆμος (p. 27,1. 15); jetzt müssen sich also demo- 
kratische Tendenzen geltend machen. Eigentlich wäre 
dem Aristoteles damit ein Grund gegeben gewesen, 
diese Periode zu tadeln; allein der Anspruch auf die 
ἀρχή wurde nicht in ihrem Beginne, sondern in den 
späteren Jahren derselben, als der Bürgerschaft der 


!) Ich halte also sowohl χαὶ (p. 25, 27) vor χατὰ τούτους 
τοὺς χαιρούς als auch xar« τὸν yoovov τοῦτον (p. 26, 1) für 
echt. 


-- 208 -- 


Sehlufs Kamm schon geschwollen war (ϑαρροίσης ἤδη τῆς 700- 
λεως), erhoben. So besteht das im Anfang gegebene 
günstige Gesamturteil über die letzte areopagitische 
Ara zu recht, und nur der Schluls dieser Periode ver- 
dient die Einschränkung, in welcher es von dieser 7τ0- 
λιτεία heist: ὑπτοφερομένη zara μιχρόν (p. 27, 17). — 
Unter den folgenden Verfassungen wird der an die 
Oligarchie der Vierhundert sich anschliefsende Zustand 
gelobt. Die πολιτεία hatten die Orrka rrageyousvoı, 
und das war in einer Kriegszeit vernünftig (p. 37, 
8-10). Aristoteles äufsert in der Politik: δεῖ de τὴν 
γεολιτείαν εἶναι μὲν ἐχ τῶν Ta ὕτπτλα ἐχόντων μόνων 
(1297 b 1); sein lobendes Urteil steht unter dem Ein- 
flusse dieses allgemeinen Grundsatzes und im Einklange 
mit ihm. Eine solche Verfassung ist ein Schritt ab von 
der alles ausgleichenden Demokratie, sie kann also ge- 
lobt werden. Über die Oligarchie der Vierhundert selbst 
enthält sich Aristoteles jeglichen Urteils; er giebt nur 
die Aktenstücke und teilt die Thatsachen trocken mit, 
welche den Antritt der Bule der Vierhundert begleiteten, 
und welche ihren Sturz herbeiführten. Er kann die 
Männer nicht tadeln, denn im Grunde muls er ihre 
antidemokratische Tendenz billigen; er kann sie aber 
auch nicht loben, weil sie verfassungswidrig die ὅτελα 
ἔχοντες von der Regierung ausschlossen. — Noch eine 
Periode hat des Aristoteles Anerkennung gefunden, 
die unmittelbar auf die Restauration von 403 folgenden 
Jahre (Kap. 40): doxotoıw κάλλιστα δὴ καὶ ττολιτικώτατα 
ἁπάντων χαὶ ἰδίᾳ χαὶ κοινῇ χρήσασϑαι ταῖς προγεγενη- 
μέναις συμφοραῖς, denn es wurde nicht nur eine allgemeine 
Amnestie durchgeführt, sondern der Demos zahlte auch 
die Kriegsschulden der Besiegten, obwohl er durch 
die Verträge ausdrücklich davon entbunden war: &v.. 
ταῖς ἄλλαις πόλεσιν οὐχ οἷον ἐπιπροστιϑέασιν τῶν οἱ- 


τὸ 1a 


χείων οἱ δῆμοι χρατήσαντες, ἀλλὰ καὶ τὴν χώραν ἀνά- 
δαστον ποιοῦσιν (Kap. 40 a. ἘΜ). Die weise politische 
Mäfsigung, die μεσότης, welche sich in diesen Mals- 
regeln ausspricht, hat auch hier das Lob veranlalst. 
Dasselbe philosophische Axiom, welches diese 
lobenden Urteile dem Schriftsteller eingab, hat auch 
seinen Tadel bestimmt. Sein Urteil über Kleisthenes 
ist eisig. Er ging zur Volkspartei über, weil er im 
Kampfe mit Isagoras unterlegen war. Das Volk ver- 
traute ihm später, weil er selbst wie sein ganzes Ge- 
schlecht — daher hier Kedon (p. 22, 21), der zum 
Beleg für die Parteistellung des Geschlechtes in früherer 
Zeit genannt wird — gegen die Tyrannis gekämpft 
hatte: χατασχόντος δὲ τοῦ δήμου ra πράγματα Κλει- 
σϑένης ἡγεμὼν ἣν καὶ τοῦ δήμου τιροστάτης (ρ. 22,17); 
als ein προεστηκὼς τοῦ πλήϑους (p. 22, 26) mulste er 
eine Verfassung geben, von welcher es Ποιίβε: δημοτι- 
χωτέρα πολὺ τῆς Σόλωνος ἐγένετο ἢ molıreia'). Das 
ἀναμίσγεσϑαι τὸ πλῆϑος (p. 28, 8) wird hervorgehoben 
und das gesetzgeberische Verfahren des Kleisthenes als 
eines στοχαζόμενος τοῦ πλήϑους (p. 24, 2) gebrand- 
markt. Diesem harten Urteil verfällt auch die In- 
stitution des Ostrakismos, da ihre Erwähnung unmittel- 
bar an die zuletzt ausgehobenen Worte geknüpft ist?); 
ebenso hat Aristoteles in der Politik den Ostrakismos 


‚ 2 - 
verworfen: βέλτιον... τὸν νομοϑέτην ἐξ ἀρχῆς οὕτω 
συστῆσαι τὴν πολιτείαν, ὥστε μὴ δεῖσϑαι τοιαύτης 
ἰατρείας). — Die Verfassung von 508—480, welche 


1 Anfang von Kap. 22; vgl. p. 4, 27 ἡ Κλεισθένους, δη- 
μοτικωτέρα Σόλωνος. 

35)... χαινοὺς δ᾽ ἄλλους (sc. νόμους) ϑεῖναι τὸν Κλεισϑένη 
στοχαζόμενον τοῦ πλήϑους, ἐν οἷς ἐτέϑη χαὶ ὁ περὶ τοῦ ὄστρα- 
χισμοῦ γνέμος. 

8) Polit. 1284 Ὁ 17; vgl. 1802 Ὁ 18... ἐνιαχοῦ εἰώϑασιν 

Keil, Aristoteles. 14 


Schlufs 


Die 
μεούτης 
vermifst 
bei Klei- 
sthenes 


Schluls 


Perikles 


— 20 — 


sich ganz in Kleisthenes’ Formen hält, kann natürlich 
des Aristoteles Wohlgefallen nicht erregt haben. Dies 
ist nicht ohne Folgen für ein weiteres Urteil über sie 
geblieben. Aristoteles erklärte die areopagitische Ära, 
welche auf Salamis folgte, für gut, und dementsprechend 
liefs er auch die äufseren Erfolge dieser Zeit be- 
deutende sein. Der Glanz, den Aristoteles ihr ver- 
leiht, ist dazu bestimmt, die vorhergehende kleisthe- 
nische, demokratische Periode und, um das hier gleich 
zu sagen, auch die folgende, ebenfalls demokratische 
Periode des Perikles in den Schatten zu stellen. Die 
kleisthenische Verfassungsepoche war im ganzen nicht 
gut, also sind die äulseren Erfolge dieser Demokratie 
auch nur geringe, wie es im Gegensatze zu denen der 
areopagitischen Ära heifst: τότε μὲν οὖν μέχρι τούτου 
τροῆλϑεν ἡ πόλις ἅμα τῇ δημοχρατίᾳ κατὰ μιχρὸν 
αὐξανομένη (p. 25, 18). Die Schlaffheit der demokra- 
tischen Heerführer zeigte sich vor Salamis, wo sie den 
Kopf verloren; der alte Areopag ward der Hort des 
Staates). 

Die Beurteilung des Perikles ist merkwürdig ge- 
wunden ausgefallen. Perikles gehört zu den Errıeızeig; 
deshalb kann er nicht ganz verurteilt werden. Aber 
absolutes Lob verdient er nicht; es kehrt bei ihm das 


ὀστρακίζευν, οἷον ἐν Ἄργει χαὶ ᾿ϑήνησιν᾽ καίτοι βέλτιον ἐξ ἀρ- 
χῆς ὁρῶν ὅπως μὴ ἐνέσονται τοσοῦτον ὑπερέχοντες, ἢ ἐάσαντες 
γενέσϑαι ἴᾶσϑαι ὕστερον. 

1) Vgl. Lyk. Leokr. 52 von der Zeit nach Chaironeia: ἡ μὲν 
γὰρ ἐν ᾿ἀρείῳ πάγῳ βουλὴ (καὶ μηδείς μον ϑορυβήσῃ" ταύτην γὰρ 
ὑπολαμβάνω μεγίστην τότε γενέσϑαι τῇ πόλει σωτηρίαν) τοὺς 
φεύγοντας τὴν πατρίδα καὶ ἐγκαταλείποντας τότε τοῖς πολεμίοις 
λαβοῦσα ἀπέχτεινε. Die Worte χαὶ μηδεὶς χτὲ. zeigen deutlich, 
dafs der Areopag damals seine Befugnisse überschritten hatte; 
in der Zeit der Not liefs der Demos es sich gefallen, später 
mifsbilligte er es. ι 


— 2ll — 


Scheltwort gegen Kleisthenes wörtlich und mit fühl- Sehiuts 
barer Verschärfung wieder: δημοτιχωτέραν ἔτι συνέβη 
γενέσϑαι τὴν πολιτείαν (p. 29, 14), und absichtliche 
Härte liegt augenscheinlich in dem Ausdrucke πρὸς τὸ 
δημαγωγεῖν ἐλϑόντος Περιχλέους . . . δημοτιχωτέραν 
ἔτι χτὲ., nicht so sehr durch das Wort δημαγωγεῖν, 
wie durch den Gegensatz, in welchen Perikles hier 
zu den früheren mafsvollen προστάται τοῦ δήμου 
gesetzt wird. So muls denn das Urteil über die pe- 
rikleische Periode beim Vergleich mit der vorher- 
gehenden ein Tadel sein; nur relativ erhält sie ein Lob, 
nämlich im Vergleich mit den folgenden extrem demo- 
kratischen Zeiten (c. 28): ἕως μὲν οὖν Περιχλῆς προ- 
ειστήχει τοῦ δήμου βελτίω τὰ κατὰ τὴν πτολιτείαν ἦν, 
τελευτήσαντος δὲ Περιχλέους πολὺ χείρω. Die Βε- 
gründung des δημοτιχωτέραν besteht aus drei Punkten: 
Perikles nahm dem Areopag einige Vorrechte, drängte 
besonders zur Seepolitik und gewährte zuerst den 
Richtersold. Wie Aristoteles über die letztere Mafs- 
regel denkt, hat er in der Politik 1320a 17 ff. aus- 
gesprochen. Er meint, der Sold sei in volkreichen 
Staaten für die unbemittelten Klassen notwendig; nur 
verurteilt er die übliche unterschiedslose Zahlung und 
bringt sie in Kausalnexus mit den bestehenden Finanz- 
schwierigkeiten der Staaten, in welchen der Richter- 
sold unterschiedslos gezahlt wird. Seine Worte gehen, 
wie er selbst sagt, auf die τελευταῖαι δημοχρατίαι: 
Perikles’ Mafsregel wird daher in der 7704. 4$yv. als 
ein Faktor für die Steigerung des demokratischen Cha- 
rakters der athenischen Verfassung aufgeführt. Auch 
werden die Nebenumstände bei ihrer Einführung und 
die Folgen in schlechtes Licht gerückt. Perikles hat 
den Sold aus rein politischer Rancüne eingeführt, nicht 
etwa aus der Erkenntnis der Notwendigkeit einer sol- 
14* 


--ἨἭ 212 - 


Schluts chen Mafsregel für einen volkreichen Staat, und hat 
ihn eingeführt auf den Rat eines Menschen, der später 
durch Ostrakismos verbannt wurde. Die Folge davon, 
dafs der Richter um Geld Recht sprach, war des wei- 
teren eine Zugänglichkeit der Richter für Bestechungs- 
versuche. Aristoteles giebt diesen Zusammenhang in der 
ihm eigenen Weise durch die einfache Anfügung des Auf- 
tretens der Richterbestechungen an den Bericht über die 
Einführung des Richtersoldes deutlich zu verstehen. Da- 
zwischen (p. 30,7 ff.) steht nur ein kurzer Satz: ἀφ᾽ ὧν 
αἰτιῶνταί τινὲς χείρους γενέσϑαι, χληρουμένων ἐπιμελῶς 
ἀεὶ μᾶλλον τῶν τυχόντων ἢ τῶν ἐπιεικῶν ἀνθρώπων. 
Aristoteles referiert hier; er scheint selbst dem Be- 
richteten nicht ganz zu glauben!), aber doch kann 


1) Warum er sich so reserviert verhält, vermag ich nicht 
abzusehen; ich entsinne mich keiner Stelle der Politik, die hier 
erklärend einträte. Vielleicht fand er durch das χληροῦσϑαι 
selbst die Möglichkeit einer absichtlichen Steigerung des nie- 
deren Elementes in den Gerichten ausgeschlossen. Kaibel- 
Kiefsling werden m. E. an dieser Stelle. dem Wortsinne nicht 
ganz gerecht, wenn sieübersetzen: “da die übrigen sich eifriger zur 
Losurne drängten als der behäbige Bürgersmann’. Das ἐπε- 
μελῶς κληροῦσϑαι bezeichnet eine absichtliche Beugung des 
Rechtes beim Losen selbst; aber in einem stärkeren Zuströmen 
von Krethi und Plethi statt der besseren Elemente (2rısızeis) 
kann doch nichts Beabsichtigtes liegen. Von der Absicht des 
Gesetzgebers ist hier nicht die Rede, sondern allein von der 
thatsächliehen Folge. Aristoteles führt hier die Ansicht älterer an; 
vielleicht war ihre Auffassung aus der Art der-Richtererlosung 
seiner Zeit nicht mehr erklärlich, wohl aber ausder einer früheren. 
Ich glaube, diese Stelle hat Bedeutung für die Zahl 6000 im 
5. Jahrh. und die Richterqualifikation im 4. Jahrh. Es läfst 
sich eine Möglichkeit denken, unter welcher bei einer Be- 
schränkung der jährlichen Richterzahl im 5. Jahrh. ein ἐπε- 
μιελῶς κληοοῦσϑαι stattfinden konnte. Andererseitsistes nichtaus- 
gemacht, dafs jene Beschränkung auch im 4. Jahrh. fortbestand, 
und damit fiel dann das Verständnis für das ἐπεμελῶς κληροῦ- 


— 415 — 


er es, um sein Urteil über die perikleische Malsregel 
zu begründen, nicht unterlassen anzuführen, dals von 
anderen ähnlich wie von ihm selbst geurteilt sei. Es 
erinnert das etwas an das calumniare audacter. 
Generellere Bedeutung für das Anwachsen der 
Demokratie als das eben besprochene Moment haben 
die beiden an erster Stelle genannten, die Einschrän- 
kung der Kompetenzen des Areopags und die Seemacht- 
politik. Jene ist von Ephialtes unter Beihilfe des 
Themistokles begonnen worden. Wie die Einführung 
des Richtersoldes schon durch das Motiv, welches den 
Urheber dieser Malsregel leitete, diskreditiert wurde, 
so wird auch der Beginn des Sturzes des Areopags 
mit _unlauteren Motiven eines der demokratischen 
Führer in Verbindung gesetzt: Themistokles will der 
Anklage auf Landesverrat entgehen. Eine Neuerung, 
die auf solchem Wege herbeigeführt ist, kann nur 
schlechte Folgen haben: συνέβαινεν ἀνίεσϑαι μᾶλλον τὴν 
σεολιτείαν διὰ τοὺς προϑύμως δημαγωγοῦντας (ρΡ. 28, 17): 
denn diese können jetzt, wo der Areopag nicht mehr 
die ἐπιμέλεια für den Staat hat, aufkommen. Viel- 
leicht ist auch nicht ohne Grund in unmittelbarem 
Anschlufs daran die Einführung des passiven Wahl- 
rechtes für die Zeugiten (p. 28, 29) erzählt. Auch 
hier also wird, wie bei dem Richtersold, in den Folgen 
der Neuerung die Kritik der Neuerung angedeutet. 
Schärfer noch kommt die Kritik zum Ausdruck in 
der an den Sturz des Areopags angeschlossenen Nach- 
richt über die bald darauf erfolgte Ermordung des 
Ephialtes. Sie hat in. dieser knappen Verfassungs- 


σϑαι am Ende des 4. Jahrh. fort. Die Zahl von 6000 Richtern 
ist aus der früheren Zeit für gewisse Fälle beibehalten, ob- 
gleich sie nicht mehr sämtliche Richter repräsentierte. Doch 
führt das hier zu weit ab. 


Schluls 


The- 
mistokles 
und 
Ephialtes 


--ὄ 214 — 


Schlufs geschichte eigentlich keinen Raum; wenn der Schrift- 
steller ihr ihn docli gewährt, so hat er eine Absicht 
dabei; es ist die, zu zeigen, wie die üble That ihren 
rechten Lohn findet. Es scheint mir von diesem Ge- 
sichtspunkte aus so gut wie sicher, dafs auch der kläg- 
liche Ausgang des Themistokles hier berichtet ge- 
wesen sein mufls, und die Texteskritik tritt bestätigend 
hinzu. Kaibel-Wilamowitz haben m. E. p. 28, 12 mit 
Recht in den Worten xai (6 μὲν Θεμιστοχλῆς...... ) 
ἀνῃρέϑη δὲ καὶ ὃ ᾿Εφιάλτης eine Lücke konstatiert. 
Um die Kritik, welche Aristoteles hiermit an den de- 
mokratischen Helden übt, recht zu würdigen, beachte 
man, dafs er vom Ephialtes sagt: δοκῶν ἀδωροδόχητος 
εἶναι χαὶ δίκαιος τερὸς τὴν ττολιτείαν (ρ. 27,20). Das Urteil 
der Athener, welches er durch δοχῶν als solches kenn- 
zeichnet, wird durch die Geschehnisse und ihre Folgen 
widerlegt. Das Volk wufste eben nicht, was ihm 

Aristeides frommte, Genau so heifst es vom Aristeides und The- 

und The- E ς \ \ \ = CHR ὧν \ 

mistokles mistokles: ὁ μὲν va πολεμιχὰ δοχῶν, ὁ δὲ τὰ srohırına 
δεινὸς εἶναι χαὶ δικαιοσύνῃ τῶν χαϑ'᾽ ξαυτὸν διαφέρειν 
(p. 20, 6). Dafs diese Volksmeinung über Aristeides falsch 
war, wird gezeigt. Denn die Folgen der Seemacht- 
politik des Aristeides werden sofort als verderblich ge- 
schildert: der grofse Staat gebraucht viele Menschen, 
sie werden dem Lande entzogen und suchen nun beim 
Staate ihr Brot. Das ist nicht zoAırızag nach Ari- 
stoteles (5. 0. 8. 83, 1). War es auch dıxauoovvn, dals 
Aristeides die Athener dazu trieb, die Hegemonie zu er- 
streben? Das “τοῖς συμμάχοις δεσποτικωτέρως XoyoFaı? 
(p. 26, 25) giebtdie Antwort darauf. Das war die Folge des 
Rates des Aristeides, der selbst die Eide nicht Unterthanen, 
sondern Bundesgenossen Athens, so feierlich, wie es nur 
möglich war (τοὺς μύδρους ἐν τῷ srehaysı καϑεῖσαν p. 26, 
18 : die Φωχαέων ἀραὶ, beschworen hatte. Esliegt Methode 


-- 25 — 


in der Art, wie Aristoteles seine Kritik der demokra- Schlufs 
tischen Führer begründet. Die Kritik selbst aber ist 
wieder bestimmt von dem Grundsatze, dals zu ver- 
urteilen ist, wer von der Herrschaft des Areopags und 
dadurch von der solonischen Verfassung abführte; 
denn diese Herrschaft des Areopags war ein teilweises 
Zurückgehen auf die solonische Verfassung gewesen. 
Aristeides führt zur Seehegemonie, Themistokles und 
Ephialtes arbeiten an der Entthronung des Areopags, 
Perikles steigert jene, arbeitet an dieser weiter und 
fügt noch den Richtersold hinzu. Kein Wort des Ta- 
dels über den letzten dieser demokratischen Helden, 
ja an einer Stelle ein relatives Lob, und doch absolute 
Verurteilung durch Verurteilung des Gesamtzieles seiner 
Politik. und der Mittel, mit welchen er es erstrebte. 

Doch Aristoteles steht nicht allein in dieser Be- Philo- 
urteilung der Politiker und der Politik des 5. Jahr- ee 
hunderts. Für den Areopag und gegen die Seehe- Seemacht- 

3 ne - politik 
gemonie: Isokrates’ Areopagitikos und Friedensrede. 
So geht der sophistische Redner und der philosophische 
Historiker zusammen; sie einigen sich in einer grölseren 
litterarischen Bewegung. Ihre Bücher sind nur ein- 
zelne Erscheinungen in dem Kampfe, welchen die 
Theorie in der politisch-philosophischen Litteratur über 
das Wesen der Staatsgemeinschaften allzeit gegen die 
Praxis des Staates geführt hat, unter dessen Schutze 
sie gedieh, und an dessen Institutionen vor allem sie 
zu denken gelernthat. Mit dem “οὐχ ἐπεαινῶ" der alten 
Schrift vom Staate der Athener, deren Interpretation 
Rudolf Schöll!) verdankt wird, und vorher schon in 


!) Die Anfänge einer politischen Litteratur bei den Griechen 
(München 1890). Allerdings für eine so rein akademische — 
modern gesproehen — Abhandlung, wie Schöll es thut, kann 
ich sie nicht halten. Den Boden, auf dem diese zo). Adnv. 


— 210 — 


Schlufs den Erörterungen und Schriften, deren Niederschlag 
in der Tragödie Ferdinand Dümmler jüngst mit Er- 
folg nachgegangen ist!), beginnt die Opposition. Sie 
richtet sich von Anfang an auch gegen die destruierend 
wirkende Seemachtpolitik, welche gleichfalls Thuky- 
dides’ abwägendes Denken beschäftigte. Platons Kritik 
im Gorgias (519 a) “ἄνευ γὰρ σωφροσύνης χαὶ διχαιοσύ- 
νης λιμένων χαὶ νεωρίων χαὶ τειχῶν χαὶ φόρων χαὶ 
τοιούτων φλυαριῶν ἐμπειελήκασι τὴν τειόλιν" 
schliefst sich zeitlich unmittelbar an?); mit der gleichen 
Kritik im Anfang des 4. Buches der Gesetze kommen 
wir in die Zeit der genannten isokrateischen Schriften 
herab. Aristoteles bezeugt in der Politik (1327 a 10), 
wie lebhaft die Frage erörtert worden ist: zregi de 
τῆς πρὸς τὴν ϑάλατταν χοινωνίας, τεότερον ὠφέλιμος 
ταῖς εὐνομουμέναις πόλεσιν ἢ βλαβερά, πολλοὶ τυγχά- 
γουσιν ἀμφισβητοῦντες: sein eigenes Urteil falst er in 
die Worte (Pol. 1327 a 40 — Ὁ 9) zusammen: περὶ δὲ 
τῆς vavrırnng δυνάμεως, ὅτι μὲν βέλτιστον ὑπάρχειν 
μέχρι τινὸς τελήϑους, οὐχ ἄδηλον. .. περὶ δὲ τελήϑους 
ἤδη χαὶ μεγέϑους τῆς δυνάμεως ταύτης πρὸς τὸν βίον 
ἀπτοσχεπτέον τῆς πόλεως. εἰ μὲν γὰρ ἡγεμονικὸν 
χαὶ τεολιτιχὸν ζήσεται βίον, ἀναγκαῖον χαὶ ταύτην 


erwachsen ist, hat Schöll gewils richtig bezeichnet. Aber 
wenn ihr Verfasser auch zu den. Kreisen gehörte, in welchen 
die theoretischen Erörterungeh über Politik gepflogen wurden, 
so schliefst das doch namentlich im 5. Jahrh. nicht aus, dafs 
er zugleich mit der Praxis persönliche Fühlung hatte. Sein 
Nachweis, dafs von den ἄτεμοι nichts für eine Revolutions- 
partei zu hoffen sei, und sein Zorn gegen die Kryptooligarchen 
in der Demokratie sind für mich im Rahmen einer akade- 
mischen Abhandlung unverständlich. 

1) Prolegomena zu Platons Staat etc. (Basel 1891). Ich habe 
absichtlich ‘Erörterungen’ vor ‘Schriften? gesetzt. 

2) Dümmler, C'hronolog. Beiträge (s. ο. S. 78 Anm. 1)p. 44 ff. 


-- 217 -- 


τὴν δίναμιν ὑπάρχειν πρὸς τὰς πράξεις σύμμετρον. Schluls 
τὴν δὲ πολυανϑρωτείαν τὴν γινομένην περὶ τὸν 
γαυτιχὸν Oyhov οὐχ ἀναγχαῖον ὑτεάρχειν ταῖς πόλεσιν. 
οὐδὲν γὰρ αὐτοὺς μέρος εἶναι δεῖ τῆς πό- 
λεως. Und wie die Anwendung auf den athenischen 
Staat? Die Stellen (1274a 12) τῆς ναυαρχίας γὰρ ἐν 
τοῖς Mndıroig ὃ δῆμος αἴτιος γενόμενος ἐφρονηματίσϑη 
χαὶ δημαγωγοὺς ἔλαβε φαύλους ἀντιττολιτευομένων τῶν 
ἐπιεικῶν und (1304 a 20) ἡ ἐν ᾿“ρείῳ ττάγῳ βουλὴ 
εὐδοχιμήσασα ἐν τοῖς ἸΠηδιχοῖς ἔδοξε συντονωτέραν 
σποιῖσαι τὴν πολιτείαν, καὶ πάλιν ὃ ναυτικὸς ὄχλος 
γενόμενος αἴτιος τῆς τεερὶ Σαλαμῖνα νίχης καὶ διὰ ταύ- 
της τῆς ἡγεμονίας διὰ τὴν χατὰ ϑάλατταν δύναμιν τὴν 
δημοχρατίαν ἰσχυροτέραν ἐττοίησεν sind schon mehrfach 
für unser Buch herangezogen worden. Die Worte der 
σολ. Adv. (p. 29, 15) über Perikles: μάλιστα πρού- 
τρειψεν τὴν πόλιν ἐπὶ τὴν ναυτιχὴν δύναμιν, ἐξ ἧς 
συνέβη ϑαρρήσαντας τοὺς πολλοὺς απτασαν τὴν πολι- 
τεΐαν μᾶλλον ἄγειν εἰς αὑτοὺς sprechen deutlich die- 
selbe Sprache. 

Neben der Seemachtpolitik ist der Sturz des der demo- 
Areopags ein Verderben des Staates geworden, und ne 
zwar deshalb, weil — wie schon hervorgehoben — 
ohne die Aufsicht des Areopags das Demagogentum 
überhaupt sich erst breit machen und zur Leitung 
des Staates gelangen konnte. Seemachtpolitik und De- 
magogentum arbeiten am Ruine des Staates; darum 
heifst es in dem zusammenfassenden 41. Kapitel von der 
durch den Sturz des Areopags inaugurierten Epoche: 
scheiora συνέβη τὴν πόλιν διὰ τοὺς δγμαγωγοὺς ἁμαρ- 
τάνειν {χαὶ διὰ τὴν τῆς ϑαλάττης ἀρχήν (p. 45, 4 f.) 1). 
Mit dieser Kritik befinden wir unsin dem Gedankenkreise 


1) Das zei auch von H-L. eingeschoben. 


— 21 — 


Sehlufs von Platons ‘“Gorgias’, von Antisthenes’ “Archelaos’ !) 
und des zweiten Teiles der isokrateischen Friedensrede. 
Was Meister und Schüler und beider Gegner eint, ist 
wieder die hauptsächlich durch die Akademie vertretene 
politisch-philosophische Theorie des 4. Jahrhunderts, 
welche nicht in der “Jetztzeit’, sondern im 5. Jahrhundert 
den Grund der politischen Misere suchte?). Es finden 
sich aber Differenzen bei der grundsätzlich gleichen 
Anschauungsweise der drei Schriftsteller, und diese 
Differenzen sind sehr charakteristisch. Platon verurteilt 
als χόλαχες in erster Linie Perikles, dann Kimon, 
Miltiades, Themistokles. Isokrates nennt (ὃ 75) Ari- 
steides, Themistokles und Miltiades mit Lob; Hyper- 


1) Dümmler, Antisthenica (Bonn, diss. 1882) p. 7—11. 

2) Eine Ausnahme machen zwei Sokratiker, weil sie mit dem 
praktischen Leben mehr als dieübrigen Fühlung hatten, Xenophon 
(sympos. 8, 39; memor. II 6, 13 für Themistokles und Perikles) 
und Aischines, des Lysanias Sohn, wie die Fragmente seiner 
Dialoge “Miltiades’ und “Alkibiades’ beweisen: C. F. Hermann, 
disput. de Aesch. Socr. rell. 10 ff. 21 ff. Hermann hat für den 
letzteren Dialog Ael. Aristides nicht genügend ausgenützt. 
Dieser lehrt uns eine Scene in ihm kennen, welche der ὑπό- 
χρίσις. eines Platon würdig ist: ἀναγκάζει (Sokrates) κλάειν 
ϑέντα (den Alkibiades) τὴν χεφαλὴν ἐπὶ ra γόνατα ἀϑυ- 
μήσαντα͵ ὡς οὐδ᾽ ἐγγὺς ὄντα τῷ Θεμιστοχλεὶ τὴν παρασχευήνγ 
(II 369 Dd.). Man kann nur die Scenerie im ‘Protagoras’ und 
«Symposion? oder die reizende Sceneim ‘Lysis’ vergleichen. Auch 
ein wörtliches für den Sokratiker charakteristisches Fragment 
hat Hermann übersehen, weil in den Ausgaben die Worte als 
aristideisch gedruckt sind, II 20 Ddf. Denn den Satz ᾿Εγὼ δ᾽ εἰ 
μέν τινι... ϑαυμάσαν nahmen bei Aischines die Worte (Z. 9) 
πολλοὶ γὰρ καὶ τῶν χαμόντων ὑγιεῖς γίγτονται . . . .-ÖNMCTE συν- 
οίσειν ἔμελλε πονῆσαι auf. Dafs sie aus Aischines stammen, 
beweist nicht blofs der Zusammenhang bei Aristides, sondern 
auch die beiden Hiate ἐπειϑυμία αὐτοὺς ἄγει ἐπὶ τὸ ὀνῆσον. 
Aischines vermeidet den Hiat nicht, wohl aber Aristides in 
dieser Schrift. 


— 219 — 


bolos und Kleophon sind ihm die Repräsentanten der Schluis 
schlimmen Demagogie. Aristoteles hat Miltiades’" 1. Sor& 
(p- 31, 1) und Kimon ausdrücklich aus der Reihe der 104. 491». 
Demokraten ausgenommen; dafür treten bei ihm 
Ephialtes und, was bedeutungsvoll ist, Aristeides ein, 
um die Zahl der Viermänner zu vervollständigen. 
Aristoteles’ abfälliges Urteil über den letzten, welches 
deutlich durch die Verurteilung der von ihm inaugu- 
rierten Seehegemonie zu erkennen gegeben ist, steht 
in striktem Gegensatz zu Platons Urteil im “Gorgias’, 
wo Aristeides der einzige athenische Staatsmann ist, 
der gelobt wird (526 b). Ichkannnicht umhin, in diesem 
Gegensatze beabsichtigte Polemik gegen die im ‘Gor- 
gias’ vorgetragene Ansicht zu sehen. Aristoteles führt 
wie Platon vier Männer des 5. Jahrhunderts auf, 
welche die Demokratie förderten; zwei der bei Platon 
genannten streicht er, den dort allein gelobten setzt 
er auf die schwarze Liste, und den am schlimmsten 
verklagten, Perikles, behandelt er immerhin glimpflich. 
Noch deutlicher tritt die Polemik in einem zweiten 
Punkte zu Tage. Es heifst von den vier Männern 
bei Platon (Gorg. 517 b): ἀλλά μοι δοχοῖσι τῶν γε νῦν 
διαχονιχώτεροι γεγονέναι χαὶ μᾶλλον οἷοί τε ἐχπορίζειν 
τῇ πόλει ὧν ἐπεθύμει; die Staatsmänner “von heut’ 
(οἱ νῦν) sind die unmittelbaren oder mittelbaren Nach- 
folger des Perikles, wie die scenische Zeit des ‘Gor- 
gias’ beweist. Und Aristoteles? Er sagt gerade, dafs 
die Männer der Demokratie bis Perikles besser waren; 
erst nach ihm kamen die alles verderbenden Dema- 
gogen. Man wird zugeben, dafs die in den aristote- 
lischen Worten: οἱ μάλιστα βουλόμενοι ϑρασύνεσϑαι 
χαὶ χαρίζεσϑαι τοῖς ττολλοῖς, πρὸς τὰ sragavriza βλέ- 
σοντες (p. 31, 20) enthaltene Charakteristik vom Platon 
für Perikles, Miltiades, Kimon und Themistokles ge- 


Schluls 


Isokrates 
und 
Aristot. 


— 20 — 


schrieben sein könnte, bei Aristoteles geht sie auf 
Kleophon, Kallikrates und ihres gleichen. In diesem 
Punkte stimmt Aristoteles also mit Isokrates überein, 
dessen “lästerliches Gerede’ wir nicht zu verzeihen 
brauchen, sondern in der Gesellschaft eines Platon und 
Aristoteles verstehen 1). 


1 Hier die weitere Übereinstimmung in der Kritik der 
demokratischen ?oorns: Isoer. Areop. 21 δυοῖν ἰσοτήτοιν νομεζο- 
μέναιν εἶναι zre., ebenso Plat. Legg. VI 757b (vergl. Resp. 
VIII 558 c) δυοῖν γὰρ loornrow οὔσαιν χτέ. und Aristoteles oft, 
Hauptstelle Polit. 1318a 3 ff. Übrigens hat die Philosophie 
recht; im 5. Jahrh. wird das demokratische ἔσον häufiger be- 
tont als das oligarchische: Dümmler, J’rolegom. ὃ. 41. Die 
Lendemainstimmung, welche das ganze 4. Jahrh. beherrscht, 
machte weitere Kreise für die Moralpredigt der Philosophie 
empfänglich. Nur urteilt die Philosophie einseitig, indem sie 
den Politikern allein den Niedergang zur Last legt. Die 
Philosophie des 5. Jahrh. ist selbst ein wesentlicher zersetzen- 
der Faktor gewesen. Hinzu kommt die internationale Stellung 
Athens seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrh.; ihre Folge war 
das Eindringen von Elementen, welche diejenigen nationalen 
Kräfte auflösten, auf denen die Machtentwicklung des alten 
Staates beruht hatte. Diese politische Stellung und die Philo- 
sophie haben die sittlichen Grundanschauungen des athenischen 
Staatslebens, den wahren Grund der Gröfse Athens, zerfressen. 
Begünstigt wurde der Auflösungsprozefs durch die natürliche 
Ersetzung der alten leitenden Familien durch neue Familien 
im Laufe der Zeit. Damit wurde die Tradition, welche in den 
Familien forterbte, durchbrochen. Es kam frisches, aber un- 
gesundes Blut in das Staatsleben; die athenische Gesellschaft 
wurde eine andere. Die Philosophie schiebt der Kriegspolitik 
diesen natürlichen Proze[s zu, bei dem vielleicht auch schon 
der Beginn der physischen Sterilität des Griechenvolkes in 
Betracht kommt, welche aus den epidaurischen Heilurkunden 
und der Inschrift von Larissa grell hervortritt. Isokr. VIII 88 
τὰ γὰρ γένη τῶν ἀνδρῶν τῶν ὀνομαστοτάτων zul τοὺς οἴχους 
τοὺς μεγίστους, οἱ χαὶ τὰς τυραννιχὰς στάσεις χαὶ τὸν Περσικὸν 
πόλεμον διέφυγον, εὑρήσομεν ἐπὶ τῆς ἀρχῆς, ἧς ἐπιϑυμοῦμεν 


-- 22] -- 


Und was bestimmte Aristoteles zu seiner von Sehlufs 


Plato abweichenden Auffassung, wo er doch grund- Be 
(Seehegemonie), ἀναστάτους γεγενημένους. = Πολ. Adv. p. 28, 22 
τῆς γὰρ στρατείας γινομένης ἐν τοῖς τότε χρόνοις ἐχ χαταλόγου 
προ τος αἰεὶ συνέβαινεν τῶν ἐξιόντων ἀνὰ δισχιλίους ἢ τρισχι- 
λίους ἀπόλλυσθαι, ὥστε ἀναλίσχεσϑαι τοὺς ἐπιεικεῖς χαὶ τοῦ 
δήμου zei τῶν εὐπόρων; vgl. auch Thuk. I 23, 2. Um noch 
ein paar Übereinstimmungen zwischen Aristoteles und Isokrates 
anzuführen, vgl. Isoer. VIII 54 f. ἐχεῖνοι μὲν τοὺς αὐτοὺς προστά- 
Tas TE τῆς πόλεως ἐποιοῦντο χαὶ στρατηγοὺς ἡροῦντο, νομίζοντες 
τὸν ἐπὶ τοῦ βήματος τὰ βέλτιστα συμβουλεῦσαι δυνάμενον. τὸν 
αὐτὸν τοῦτον agıor’ ἂν βουλεύσασϑαι καὶ χαϑ᾽ αὑτὸν γενόμενον, 
ἡμεῖς δὲ τοὐναντίον τούτων ποιοῦμεν zr&., und mit persönlicher 
Spitze (gegen Demosthenes und seinen Kreis, Brand, de Isocr. 
Panathenaico p. 46) Panath. 143 τοὺς αὐτοὺς τούτους στρατηγοὺς 
ἡροῦντο καὶ πρέσβεις zre.: Polit. 1305 a 10 (in etwas anderem Zu- 
sammenhange) τότε μὲν of δημαγωγοὶ ἦσαν ἐκ τῶν στρατηγούντων 
(οὐ γάρ πω δεινοὶ ἦσαν λέγειν), νῦν δὲ τῆς δητορικῆς ηὐξημένης 
οἱ δυνάμενοι λέγειν δημαγωγοῦσει μέν, δι᾿ ἀπειρίαν δὲ τῶν πολε- 
μιχῶν οὐκ ἐπιτίϑενται, πλὴν εἴ τί που βραχὺ γέγονε τοιοῦτον. 
Die Panathenaikosstelle, zu welcher die angeführten Worte 
gehören, ist schon oben S. 86 ff. im Verhältnis zur πολ. 4yv. 
besprochen. Ich bemerke hier, dafs sie in irgend einem Ver- 
hältnis auch zur Politik stehen mus. Den Ausführungen des 
Isokrates $ 131 ff. liegt der Gedanke Polit. 1317 ἃ 40 ff. ὑπόϑεσις 
. τῆς δημοχρατιχῆς πολιτείας ἐλευϑερία zu Grunde; der war 
ja allerdings gäng und gäbe in Athen, allein die Ausführung 
des Isokrates richtet sich weiterhin gegen eben die beiden 
Punkte, in welchen nach Aristoteles diese ἐλευϑερία begriffen 
ist: ἐλευϑερίας δὲ ἕν μὲν τὸ ἐν μέρει ἄρχεσϑαι καὶ ἄρχειν (dagegen 
Panath. 8 132 £. 139 ff.) und ἕν δὲ τὸ ζῆν ὡς βούλεταί τις “ὃ 131 
τὴν μὲν ἀκολασίαν ἐλευϑερίαν εἶναι, τὴν δ᾽ ἐξουσίαν ὅ τι βούλε- 
ταί τις ποιεῖν εὐδαιμονίαν: ich kenne die Beziehung, welche diesen 
Worten von Henkel, Stud. z. Gesch. d. griech. Lehre v. Staate S. 46, 
auf die Ethik gegeben worden ist; dagegen mit Recht Oncken, 
Staatslehre d. Arist. II 160 mit Anm. 2 und Brand a. a. Ὁ. p. 31, 
obwohl ich ihnen sonst nicht folgen kann; vgl. übrigens Dümnler, 
Chron. Beitr. S.15f. Wegen dieser Beziehungen zu Aristoteles bin 
ich oben a. a. Ὁ. nicht auf die von Teichmüller, Litt. Fehden I 


-- 222 — 


Schlufs sätzlich mit ihm übereinstimmte? Die Worte σερῶτον 
γὰρ τότε (ἃ. h. Περιχλέους τελευτήσαντος) reoorarıv 


278 gegebene Parallele Panath. 145 ων Plat. Legg. 715a ein- 
gegangen. — Es ist mir schon hin und wieder der Gedanke 
aufgestiegen, ob nicht eine Fassung der ‘Politik’ schon vor 
339 herausgegeben wurde, so dafs sie Isokrates bei der Nieder- 
schrift seines letzten Werkes benutzen konnte. Unmöglich 
macht das die Erwähnung der Ermordung Philipps nicht; sie 
könnte in einer späteren Fassung hinzugesetzt sein, und sonst 
sprechen die Daten in der “Politik? (s. o. S. 122 ff.) doch eher für 
eine solche, frühere Herausgabe. Nicht beeinflufst aber ist Iso- 
krates in seiner abfälligen Kritik der spartanischen Verfassung 
dureh Polit. 1333 b 5 fl. Der Schlufs des Panathenaikos ist 
sein eigenstes Gut; er ist die Palinodie des Archidamos, wie 
von anderer Seite schon bemerkt, und gleichsam eine Fort- 
setzung der Antidosis, welche Areopagitikos und Symmachikos 
zurücknehmen sollte. Neben diesem Zwecke geht in beiden 
der Kampf gegen die Akademie einher; in jener weist Isokrates 
die antidemokratischen Tendenzen der Platoniker von sich, 
in dieser ihre Lakonomanie durch Lob von Athens Thaten und 
seiner guten alten Verfassung einerseits und andererseits durch 
Verkleinerung von Spartas Thaten und seiner Verfassungs- 
einrichtungen. Der fast hundertjährige Greis, welcher das 
Lebensende nahen sieht, will in dem Ruhme des einzigen 
wahren Lobredners Athens sterben, dem Ruhme, den ihm sein 
bestes Werk, der Panegyrikos, gegeben hatte.‘ Er weist alles 
von sich, was einem φιλαϑήναιος nicht ansteht. Andererseits 
will er sich auch wieder vor böser Nachrede in Sparta sichern; 
in dieser Absicht ist der Spartanerfreund eingeführt, welcher 
in dem Tadel des Isokrates die Lakedaimonier durch die Er- 
wähnung ihrer Thaten gelobt findet und ihre milsgünstige 
Beurteilung auf des Verfassers (patriotische) Gesinnung zurück- 
führt ($ 251). Der Panathenaikos ist des Isokrates Testament 
an die hellenische Welt, für welche er zeitlebens geschrieben 
hatte; er will mit der öffentlichen Meinung der beiden Haupt- 
staaten versöhnt scheiden. Von dem Spartanerfreunde, dem 
Freunde der Feinde, läfst er sich versichern, dafs er dies er- 
reichen werde, und ihm legt er sein non omnis moriar in den Mund 
($ 260): δοκεῖς γάρ μοι ζῶν μὲν λήψεσθαι δόξαν οὐ μείζω ειὲν ἧς 


— mr 


ἔλαβεν ὃ δῆμος οὐχ. εὐδοχιμοῦντα παρὰ τοῖς ἐπιειχέ- 
σιν ἐν δὲ τοῖς πρότερον χρόνοις ἀεὶ διετέλουν οἱ ἐπιι- 
ειχεῖς δημαγωγοῦντες, diese Worte sowie das ganze 
Kapitel (28), aus dem sie stammen, geben die Antwort. 
Der Staatsmann ist vom Menschen nicht zu trennen; 
denn die ethischen Tugenden bedingen nach Aristoteles’ 
wie Platons Lehre die staatsbürgerlichen Tugenden 
nicht blols, sie sind dieselben. Der ἐπιξδιχής wird, 
auch wo er verwerfliche demokratische Tendenzen 
verfolgt, nie so schädlich wirken wie ein οὐχ εὐδοχιμῶν 
παρὰ τοῖς ἐτειειχέσι. Gemein ist der Politiker, weil 
der Mensch gemein ist. Die Demagogen dieses Schlages 
wissen nicht einmal äufsere Würde und äulseren An- 
stand zu wahren: Kleon brüllt und schimpft auf der 
Tribüne und tritt mit dem Abzeichen seines Gewerbes 
vor das Volk. Natürlich, diese Sorte von Menschen 
spekuliert auf die niedrigsten Gelüste: ein anderer 
halber Banause, Kleophon, verschafft den Richtern 
zwei Obolen!), und Kallikrates wollte noch mehr geben. 


ἄξιος εἰ χαλεπὸν γάρ —, παρὰ πλείοσι δὲ χαὶ μᾶλλον Öuo- 
λογουμένην τῆς νῦν ὑπαρχούσης, τελευτήσας δὲ τὸν βίον μετ έ- 
ξειν ἀϑανασίας, οὐ τῆς τοῖς ϑεοῖς παρούσης ἀλλὰ τῆς τοῖς 
ἐπιγιγνομένοις περὶ τῶν διενεγκόντων ἐπί τινε τῶν καλῶν ἔργων 
μνήμην ἐμποιούσης. καὶ δικαίως τεύξει τούτων" ἐπήνεχας γὰρ 
τὰς πόλεις ἀμφοτέρας χαλῶς zei προσηχόντως χτὲ. Diese Worte 
widern fast an in einer Schrift, in weleher sich die innere 
Haltlosigkeit des Mannes von Abschnitt zu Abschnitt in Halb- 
wahrheiten und unaufrichtigem Lavieren verrät. 

. ἢ Die διωβελέα bietet der Interpretation Schwierigkeiten; 
vgl. Kenyon? z. d. St. S.98. Ich bin der alten Erklärung ge- 
folgt, welche uns vorliegt. Aristot. Frg. 461 R® ist von Kenyon 
auf Kap. 62 (p. 69, 26) bezogen worden; die Holländer thun 
es zweifelnd. Bei K-W. finde ich das Frg. nicht unter den 
“Testimonia”. Schol. Aristoph. Vesp. 684 τοὺς τρεῖς ὀβολούς" 
τὸν φόρον λέγει, ἀφ᾽ ὧν (Ὁ) ἐδίδοτο τὸ τριώβολον. τοῦτο δὲ 
ἄλλοτε ἄλλως ἐδίδοτο, τῶν δημαγωγῶν τὰ πλήϑη κολαχευ- 


Schlufs 


-- 224 — 


Schlats Man sieht ja, wie sie wirken: als nach der Arginusen- 
schlacht Athen einen günstigen Frieden hätte schlielsen 
können, da tritt Kleophon betrunken und gepanzert 
auf und bramarbasiert. Die Athener folgten ihm, aber 
μετ᾽ οὐ πολὺν χρόνον ἔγνωσαν τὴν ἁμαρτίαν (p. 37, 25). 
Das Schreckensjahr 404 hatten sie ihm zu verdanken, 
Doch der Mensch hat seinen Lohn dahin, wie ihn alle 
seines Schlages verdienen. Kleophon und Kallikrates 
sind zum Tode verurteilt worden: εἴωθεν γὰρ av 
ἐξαπιατηϑῖ, τὸ τιλῆϑος ὕστερον μισεῖν τούς τι περοαγα- 
γόντας ποιεῖν αὐτοὺς τῶν μὴ καλῶς ἐχόντων (ρ. 81, 17) ἢ). 
Der Mensch bedingt den Politiker: das Individuum 
also oder eine Anzahl gleicher Individuen haben, so- 
weit sie durch ihre Individualität dem Staatsleben 
förderliche oder schädliche Impulse geben, ihren Platz 
in einer Verfassungsgeschichte. Die Männer, welche 
die Auflösung des athenischen Staates verursachten, 
erhalten ihre Charakteristik, damit man versteht, wes- 
halb sie als Politiker so wirken mulsten, wie sie ge- 


ὄντων, ws φησιν ᾿Αριστοτέλης ἐν Πολιτείαις; die Parallelstellen 
bei Rose? a. a. Ὁ. Die Notiz geht auf Kap. 28, wie die her- 
vorgehobenen Worte beweisen; sie sind die Pharaphrase der 
Worte p. 31, 21 χαρίζεσθαι τοῖς πολλοῖς; ebenso falst ἐδέδοτο 
ἄλλοτε ἄλλως den Inhalt von p. 31, 12—16 zusammen. Der 
Alexandriner hat also die δεωβελία vom Richtersolde verstanden; 
auch bei Zenob. VI 29 liegt dieselbe Interpretation vor. Dafs 
sie mit Aristophanes im Widerspruch steht, hindert nicht, dafs 
auch Aristoteles mit der διωβελία den Richtersold gemeint hat. 
Wenn die Angabe um des Aristophanes willen falsch .sein 
mülste, so ist sie eben charakteristisch für Aristoteles’ Quelle 
und seine Darstellungsweise. 

ἡ Vgl. dasselbe Urteil bei Platon in Bezug auf die von 
ihm verurteilten Männer, Gorg. 519 c: προστάτης γὰρ πόλεως 
οὐδ᾽ ἂν εἰς ποτε ἀδίκως ἀπόλοιτο ὑπ᾽ αὐτῆς τῆς πόλεως ἧς 
προστατεῖ. Allerdings verträgt sich dies Urteil nicht ganz mit 
dem Apolog. 3le Gesagten. 


-- 225 “-- 


wirkt haben. Und nun kehre ich zu Solon zu- Schlufs 


rück. 

Solon wird auchals Mensch charakterisiert und ge- 
würdigt, damit man erkenne, dals das Werk des Men- 
schen, in dem sich die bürgerliche Tugend der ueoo- 
τῆς gleichsam verkörperte, ein gutes sein mulste. 
Aristoteles stellt den Menschen Solon, wie er ihn er- 
falst hatte, vor Augen, um sein Endurteil über das 
Werk dieses Menschen als innerlich begründet zu er- 
weisen. Die Stelle der Politik, in welcher Solon als 
μέσος zu den besten Gesetzgebern gerechnet wird, ist 
schon (S. 204) angeführt; gleich darauf, wo von der 
reinen zrolıreia die Rede ist, steht der in seiner Art 
einzige Lobspruch, der, wie längst vermutet!), auf 
Solon geht: εἷς γὰρ ἀνὴρ συνεπείσϑη μόνος τῶν πρό- 
τερον ἐφ᾽ ἡγεμονίᾳ γενομένων ταύτην ἀτιοδοῦναι τὴν 
τάξιν (1296 a 38). Dafs die Stelle richtig auf Solon 
bezogen ist, bezeugt das Endurteil über diesen Gesetz- 
geber in unserem Buche: keiner von beiden Parteien 
ergab er sich, zwischen ihnen stand er, “und dadurch 
ist er der Retter seines Vaterlandes geworden und hat 
die beste Verfassung gegeben’. 

Die Antwort auf die Frage, was das Individuum 
in einer Geschichte von Institutionen solle, ist gegeben. 
Wir hätten auf kürzerem Wege dazu kommen können. 
Aber ich führte nicht die ebene Landstralse, welche 
den Blick unbefriedigt lälst; der Weg über die Höhe 
sollte weiter schauen und mehr sehen lassen. Wir 
wissen jetzt, dals des Philosophen Aristoteles Axiom 
von der μεσότης als höchster staatsbürgerlicher Tugend 
das Urteil des Historikers über Verfassungsperioden 
wie Staatsmänner geleitet hat; es ist klar geworden, 


1 Von Schlosser; vgl. Susemihl, Aristot. Polit. gr.-d. II 
286 Anm. 1303. 
Keil, Aristoteles. 15 


-- 226 -- 


Schluls dafs Aristoteles mit seiner Beurteilung der das athe- 
nische Staatsleben zersetzenden Faktoren, der Seemacht- 
politik und dem Demagogentum, in der Theorie der 
über Politik spekulierenden Philosophie seiner Zeit 
steht; es ist aufgezeigt, wie Aristoteles seinen philo- 
sophischen Grundsatz von der Identität der ethi- 
schen und politischen Tugenden auf die Darstellung 
und Charakterisierung der Staatsmänner hat wirken 
lassen; mit einem Worte, wir haben gesehen, dafs 
Aristoteles als Philosoph den historischen Stoff er- 
fafst, durchdrungen und geformt hat. 

Das soll auch von der Quellenkritik und Quellen- 
Be . benutzung seitens des Aristoteles gesagt sein; denn es 
ist nur natürlich, dafs die Durchführung der philo- 
sophischen Ideen an dem historischen Stoff Einflufs 
auf die Heranziehung und Verarbeitung desselben 
haben mulste. Wenn Aristoteles sich aus den Ge- 
dichten des Solon ein Bild von dem Wesen und Wirken 
des Mannes, das Idealbild eines μέσος, gemacht hatte, 
und wenn er dieses Bild, weil es ihm auf sicherster 
Grundlage, dem Zeugnis des Solon selbst, zu beruhen 
schien, notwendig für das allein richtige halten mufste, 
so war er berechtigt, die übrige Überlieferung danach 
zu beurteilen, ob und wie weit sie sich mit dem Ideal- 
bild des μέσος vertrug. Wenn sie irgendwo oder wann 
den Solon anders charakterisierte, so konnte sie in 
den betreffenden Fällen nicht richtig sein: die den De- 
mokraten Solon zeichnende Atthidenüberlieferung mufste 
oft bestritten werden. Wenn Aristoteles in der soloni- 
schen Verfassung die beste Verfassung für Athen erkannt 
hatte, so war es natürlich, dals er sie an alle folgenden 
Verfassungsphasen als Malsstab legte; zeigte sich nun, 
dals es von Solon bergab zur extremen Demokratie ging, 
so war der philosophische Gedanke gegeben, der die 


-- 227 — 


aristotelische Darstellung der Entwicklung der atheni- Sehlufs 
schen Verfassung von Solon ab beherrscht. Nachrichten, 
welche dem zu widersprechen scheinen, können nicht 
richtig sein: in der Glanzzeit des Perikles konnte Athen 
nicht viel mehr als ein fauler Körper in glänzendem Ge- 
wande sein; die Griechen haben für diesen Zustand den 
Ausdruck ἵπουλος, und Platon gebraucht ihn gerade von 
Athen (Gorg.518e): ὅτε δὲ οἰδεῖ (ἡ πόλις) χαὶ ὑπουλός 
ἐστι δι᾿ ἐχείνους τοὺς πταλαιούς, οὐχ αἰσϑάνονται. Aristo- 
teles wird geradezu ungerecht in der Darstellung dieser 
Zeit. Er hat kein Wort für die äufsere Machtentfaltung 
des Staates, für die Blüte von Handel, Kunst und Wissen- 
schaft; das schweigt er tot, umnur die Zügezu bringen, 
welche zu seiner Theorie sich fügen. Es ist dies eine 
Quellenbenutzung, welche man verurteilen mufs, auch 
wenn man sie aus dem Sinne des Aristoteles verständ- 
lich finden mag. Ich bin überzeugt, dafs Aristoteles 
die Überlieferung kannte, nach welcher Perikles und 
Ephialtes gemeinsame Sache gegen den Areopag mach- 
ten; er wählt aber eine andere Überlieferung, in welcher 
statt des Perikles, der sonst schon genug diskreditiert war, 
Themistokles als Genosse des Epbialtes genannt wurde. 
Aristoteles hatte diesem Demokraten eigentlich noch 
nichts angehängt, was zu einer Verurteilung berechtigt 
hätte; die Nachricht, nach welcher Themistokles am 
Sturz des Areopags und zwar aus selbstsüchtigen Ab- 
sichten mitwirkte, konnte er gerade gut zur Be- 
gründung seines allgemeinen Urteils über die Demo- 
kraten auch am Themistokles gebrauchen, und so 
folgt er dieser Nachricht. Es ist hier nicht mehr der 
Raum, auszuführen, in wie berechneter Weise Aristo- 
teles, was er an Atthidennachrichten aus der Zeit von 
508 bis 450 giebt, für den Beweis seiner Auffassung 
von der inneren Entwicklung des athenischen Staates 
15* 


—_— 228 — 


Schlufs ausgewählt hat, ausgewählt aus einer im allgemeinen 
treuen Überlieferung. Was soll man nun bei diesem 
Thatbestande über den Historiker Aristoteles urteilen ? 
Um gerecht zu sein, mufs man sich gegenwärtig halten, 
dals der antike Historiker seine Quellen anders be- 
nutzt als der moderne, und Aristoteles ist ein antiker 
Historiker. Der moderne würdigt eine Quelle als 
ganzes und reguliert danach ihre Benutzung auch 
im einzelnen. Jener pflegte, wenn er verständig wie 
Aristoteles arbeitete, die einzelne Nachricht auf ihre 
Gewähr hin zu prüfen. Die innere Wahrscheinlichkeit 
der Nachricht, ihr Verhältnis zu äufseren Indizien oder 
anderweitiger Überlieferung gaben die Kriterien ab, 
besonders aber die Vorstellung, welche der Schrift- 
steller von dem Gegenstande seiner Darstellung hatte, 
und der Grundgedanke, welchen er bei seiner Schrift 
durchführen wollte. Diese Durchführung eines Grund- 
gedankens bedarf einer Entschuldigung vom  histo- 
rischen Standpunkte nicht; ihn mufs jeder wirkliche 
Historiker haben, denn er ist die Seele seiner Dar- 
stellung; anderenfalls ist der Schriftsteller nur ein 
Annalist. Rechten mufs man aber über das Mafs des 
Einflusses, den der Historiker seiner Tendenz auf die 
Darstellung und Mitteilung von Thatsachen einräumen 
darf; und hierin scheint mir Aristoteles entschieden 
zu weit gegangen zu sein. Die Objektivität, die der 
Historiker vor den subjektiven Elementen seiner Grund- 
anschauung immer wahren mufs, um gerecht in seinen 
Urteilen zu bleiben, vermifst man bei ihm an mehr 
als einer Stelle. Man hat aber kein Recht über den 
Historiker Aristoteles nach der einen uns zufällig vor- 
liegenden Schrift den Stab zu brechen. Im übrigen 
ist es nur zu erklärlich, dafs der Historiker mit dem 
Philosophen Aristoteles den Vergleich nicht aushält. 


— 29 -- 


Gerade was dieses Stärke ist, war dazu angethan, die Schlufs 
Schwäche jenes hervorzurufen. Dieser Umstand stellt 
sich zu den früher (S. 168 ff.) angedeuteten Gründen, 
aus welchen die Autorität der Angaben des Aristoteles 
da in Zweifel gezogen werden kann, wo er selbst 
historisch überliefertes Material verarbeitet. Des Ari- 
stoteles Urteil bindet uns nicht, besonders nicht seine 
Beurteilung der solonischen Verfassung und ihrer 
Stellung in der Verfassungsgeschichte Athens. Er 
steht unter dem Eindrucke der von Selbstschätzung 
getränkten solonischen Poesie; er folgt im ganzen der 
solonfreundlichen Atthidenüberlieferung, wenn er sie 
auch oft mäfsigend korrigiert, und beiden glaubte er 
gern, weil ihm den Glauben die Theorie erleichterte, 
nach welcher er selbst ethische und politische Dinge zu 
betrachten und zu beurteilen pflegte. Man kann die 
aristotelische Auffassung der solonischen Verfassung für 
falsch halten — und ich bekenne, es auch jetzt noch 
zu thun —, aber das hindert nicht, diese Auffassung 
und die Art und Weise, in welcher sie vorgetragen 
und begründet wird, zu würdigen. 

Wenn der PRIBSARh Aristoteles in so bedeutender ®konomig 
Weise für und mit dem Historiker Aristoteles an der πολ. I 
inneren Gestaltung des Stoffes arbeitete, so kann es 
nicht Wunder nehmen, wenn er in gewisser Beziehung 
auch an der äufseren Gestaltung Anteil hat. Ganz Per syste- 
deutlich liegt das in der Disposition des systematischen Bo. 
Teiles der πολ. “4ϑην. vor Augen. Aristoteles erkennt 
bekanntlich drei jede Verfassung charakterisierende 
Faktoren an: die beratenden Körperschaften, die aus- 
führenden Beamten und die Zuteilung wie Ausübung 


der Rechtspflege!). So umfalst Kap. 43—49 die Bule 


ἢ Polit. 1297 b 36 ἔστε δὴ τρία μόρια τῶν πολιτειῶν πα: 


ri 


= Bu 


Schlufs mit der Ekklesie, Kap. 50—62 die Beamten; mit 
Kap. 63 begann das διχάζον, welches für uns z. t. 
verloren gegangen ist. Besonders scharf ist der Ab- 
schluls des zweiten Abschnittes markiert durch das 
die allgemeinen Bestimmungen für die Beamten zu- 
sammenfassende 62. Kapitel. Auch der erste Abschnitt 
wird durch die Eingangsworte von Kap. 50 deutlich 
abgeschlossen !), allein der Verfasser hat aus Rücksicht 
auf ein leichteres Verständnis des Zusammenwirkens 
der staatlichen Organe schon einige Ämter im ersten 
Abschnitte behandelt, welche doch dem zweiten an- 
gehörten. Ob diese Inconsequenz stehen geblieben 
"wäre, wenn Aristoteles das Buch vollendet hätte, ist 
mir zweifelhaft. In der Überlieferung?) erkennt man 


σῶν ... ἔστι δὲ τῶν τριῶν τούτων ἕν μὲν τί To βουλευόμενον 
περὶ τῶν κοινῶν, δεύτερον δὲ τὸ περὶ τὰς ἀρχάς... τρίτον δὲ 
τὸ δικάζον. 

1) τὰ μὲν οὖν ὑπὸ τῆς βουλῆς διοικούμενα ταῦτ᾽ ἐστίν. 

2) Die naturgemäfse Reihenfolge wäre Kap. 45. 49 (bis 
p. 54, 28), dann 46. 47. 48. 49 p. 55, 2—3. 50. So schlösse sich 
δοκιμάζει pP. 53, 22, ἔχρινεν p. 54, 19, δοχεμάζει pP. 54, 24 an χρένει 
p. 50, 11, δοχιμάζει Ρ. 50, 17 und ἐξετάζει p. 51,2 an. Mit 
Kap. 46 erfolgt der Ubergang von der Thätigkeit der Bule, 
in welcher sie ohne Hilfe der Beamten wirkt, zu der, in wel- 
cher sie mit diesen zusammenarbeitet; daher Kap. 47 ourdioı- 
χεῖ δὲ χαὶ ταῖς ἄλλαις ἀρχαῖς τὰ πλεῖστα. Der Teil schlofs 
mit den in der vorhergehenden Anmerkung ausgeschriebenen 
Worten. Die gleichen Worte im Eingang von Kap. 47 (p. 51, 5) 
und am Schlusse von Kap. 49 (p. 55, 2) verraten noch deutlich 
die Stelle, an welcher abgeschnitten und eingeschoben wurde. 
Der Übergang συνδιοικεῖ ist an der ersten, der ursprünglichen 
Stelle noch stehen geblieben. Die Schedenarbeit verrät auch 
die Notiz zei ταμίας ἐστὴν αὐτοῖς χληρωτὸς sowohl durch ihre 
Zusammenhangslosigkeit wie durch den Plural αὐτοῖς; von der 
βουλή ist in den durchgearbeiteten Partieen immer nur im 
Singular die Rede; sonst steht ausdrücklich βουλευταί (p. 54, 16). 


--: 291] — 


noch das Schwanken des Verfassers, ob er die syste- Schluls 
matische Disposition zu Gunsten des leichteren Ver- 
ständnisses seitens des Lesers durchbrechen sollte. 

Aber der Anteil des Philosophen an der äulseren 
Gestaltung des Buches reicht noch weiter. 

Philosophische Betrachtung sucht den Ursprung der a 
Erscheinungen, die philosophische Betrachtung der De- τοι: 
struktion des athenischen Staates also die Veranlassung, _ der 

Α 5; Ε' 2 Schlufs 
die αἴτια der Decadenz. Hat sie diese gefunden, so 
bietet ihr die davon ausgehende Entwicklung keine 
wesentlich neuen Punkte; denn diese ist nur die Kon- 
sequenz des erkannten, weiter wirkenden Urübels. Dieses 
Urübel hat Aristoteles im Einklange mit anderen in 
der Seemachtpolitik und dem Demagogentum der 
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts gefunden. Die 
Entwicklung der Dinge des 4. Jahrhunderts ist ihm 
also bedingt durch die Richtung, in die das athenische 
Staatsleben am Ende des vorhergehenden Jahrhunderts 
gelenkt worden ist; es geht nur je länger desto mehr 
bergab!). Thatsachen brachte der Zeitraum von 400 


!) Kap. 41 p. 45, 9 διαγεγένηται μέχρι τῆς νῦν ἀεὶ προσ- 
ἐπιλαμβάνουσα τῷ πλήϑει τὴν ἐξουσίαν. Den Beweis dafür, 
wenigstens für den Satz zei ai τῆς βουλῆς χρίσεις εἷς τὸν δῆμον 
ἐληλύϑασιν, erbringt der zweite Teil, Kap. 45 p. 49, 23 ff.; 50, 
18 ff. Kap. 49 p. 54, 20. Im übrigen ist die Angabe in dieser 
Allgemeinheit falsch. Falsch ist auch die allgemeine Angabe, 
p- 50, 6, dafs der Bule das δεῖν genommen sei; sie steht im 
Widerspruch sogar mit den Worten der 0). ’A9nv. selbst: 
p- 52, 24 zei δῆσαι κυρία χατὰ τοὺς νόμους ἐστίν. Man sieht, 
hier hat Aristoteles zunächst seine historische Quelle ausge- 
schrieben und dann durch die — aus eigenem Wissen oder nach 
einer anderen Quelle gegebene — systematische Darstellung einen 
Widerspruch mit dem aus der ersteren Quelle Geschöpften in 
seinen Bericht über die Kompetenzen der Bule hineingebracht. 
Der zweite Teil zeigt nämlich m. E. Benutzung schriftlicher 
Quellen so gut wie der erste. Ich kann mir wenigstens folgendes 


-- 282 — 


Sehlufs bis 330 genug, welche die einzelnen Entwicklungs- 
phasen in dieser Epoche abgrenzten und dasselbe Recht, 
wenn nicht besseres, auf Erwähnung gehabt hätten 
wie die z. B. im 22. und 26. Kapitel erwähnten Ver- 


nur unter dieser Bedingung erklären. Die ἔμμηνον δέκαι zählt 
Aristoteles auf und weist sie ausdrücklich den Eisagogeis zu 
(p. 56, 24 ff); nur die Apodekten leiten noch sehr begreiflicher- 
weise gegen die Zollpächter den beschleunigten Rechtsgang. 
Unter den Zuunvos sind die ἐμποριχαί nicht mit aufgezählt; 
diese stehen bei den Thesmotheten (p. 67, 5), welche nach Ari- 
stoteles keine Zuunvo: führen. Also behauptet Aristoteles an 
zwei Stellen, dafs die ἐμποριχαί zu seiner Zeit nicht zu den 
Zuunvo: gehören. Das ist aber falsch, denn Hegesipp. =. ‘Aior. 
12 nennt sie im Jahre 342 ausdrücklich als solche (χατὰ μῆνα). 
Nun könnte man sagen, dafs Aristoteles’ Worte nicht in der 
Weise zu pressen seien, dafs die δίκαι, welche er bei den 
Zuunvo: fortläfst, auch nicht als solche anzusehen seien. Allein 
dann hätten wir — ganz abgesehen davon, dafs die beiden 
Aristotelesstellen sich gegenseitig stützen — ein so sonder- 
bares Zusammentreffen mit‘ Aristoteles’ Angabe und einem 
früheren Rechtszustande zu konstatieren, wie ich es dem Zu- 
fall nieht zuschreiben kann. Die ἐμποριχαί waren. nämlich 
im Anfang des 4. Jahrh., wie aus Lys. XVII 5. 8 (aus dem 
J. 397: Blafs, Att. Bereds. I? 616) folgt, nicht Zuunro:, und 
sie gehörten vor die damals noch existierenden Nautodiken. 
Als diese Behörde aufgehoben wurde, überwies man diese Pro- 
zesse den Thesmotheten. Dafs damit ihre Verwandlung in 
Zuunvo, zusammenhängt (Meier-Schömann-Lipsius A. P. S. 97), 
ist durch nichts zu beweisen, ja nach dem Charakter und dem 
Umfang der Thätigkeit der Thesmotheten unwahrscheinlich. 
Des Aristoteles Angabe stellt einen Zustand der Behandlung 
der Zunogızai vor dem Jahre 342 dar, wie er sich naturgemäfs 
aus dem Anfange des 4. Jahrhunderts, wo die ἐμπορεχαί noch 
nicht &uunvo: waren, entwickelte. Also war die von ihm an 
dieser Stelle benutzte Quelle vor 342 geschrieben. Dafs Aristo- 
teles sich auch für den 2. Teil aus Büchern Rat holte, wird 
im Prineip ja wohl zugeben, wer das angeführte Beispiel auch 
nicht anerkennen sollte. Auch die o. $. 52 besprochenen Stellen 
des systematischen Teiles führen z. T. auf die vorstehende 
Annahme. 


-- 288 — 


fassungsänderungen. Aber das wissenschaftliche und 
pathologische Interesse, welches dem Philosophen die 
Ursachen der Entstehung und Ausbildurg der Krank- 
heit des athenischen Staatslebens erregen mufsten, er- 
lischt, wo, wie es mit dem Beginn des 4. Jahrhunderts 
geschah, die notwendigen Konsequenzen der Krankheit 
eintreten. Aristoteles schliefst daher den historischen 
Teil seines Buches mit dem Schlusse des 5. Jahr- 
hunderts. So hat ihm die philosophische Betrachtung 
des Verlaufes der Dinge den Abschlufs des historischen 
Teiles der πολ. 491». an die Hand gegeben. 

Die Entwicklung des athenischen Staatslebens von 
Solon ab hat nach Aristoteles’ Darstellung zunächst 
eine gewisse Stabilität. Die Tyrannis kann noch ge- 
lobt werden; Kleisthenes rüttelt zwar etwas an dem 
Stande der Dinge, doch die Reaktion nach den Perser- 
kriegen führt wieder nach oben; Athen ist auch zu 
dieser Zeit gut geleitet. Allein schon hat eine Krank- 
heit den Staatskörper erfalst, die Seemachtpolitik; sie 
zerstört ihn zwar noch nicht, disponiert ihn aber für 
eine schlimmere, das Demagogentum. Diese kann sich 
nicht entwickeln, so lange die “Gemeinen’ noch von 
der Leitung des Staates fern bleiben. Mit Perikles’ 
Tode erfalst die schlimmere Krankheit den schon in- 
ficierten Staatskörper; jetzt geht es mit ihm bergab. 
An diesen Schnittpunkt ist das Kapitel gesetzt, in 
welchem die leitenden athenischen Staatsmänner von 
Solon bis auf Theramenes einer Kritik unterzogen 
werden (Kap. 28). Wie Aristoteles da, wo die Krank- 
heit den Körper so erfalst hat, dafs der Collapsus ein- 
tritt, mit der historischen Darstellung ab bricht, so 
unterbricht er sie da, wo die Krankheit, welche zum 
Ende führt, beginnt, um hier die Diagnose zu stellen: die 
erhaltende μεσότης der Errıeızeig herrscht nicht mehr im 


Schlufs 


die Mitte 


Sehluls 


der 
Anfang 


-- 284 — 


Staatskörper, ein zerstörendes Extrem gewann in ihm 
die Oberhand, das Demagogertum. Und nun charakte- 
risiert er die Krankheitserreger selbst, die Demagogen, 
als Feinde der μεσότης. Der Philosoph hat an der 
Fixierung der Krise seinen Anteil. 

Wie grols der Verlust am Anfang der ro). In. 
ist, kann nicht ausgemacht werden; denn wenn man 
auch wissen und vermuten kann, was darin gestanden 
hat oder gestanden haben mag, so bleibt doch der uns 
unbekannte Grad der Ausführlichkeit der Darstellung 
der incommensurable Faktor bei der Berechnung. 
Jedenfalls wenig ist im Anfange nicht verloren; aber 
trotz seines mutmafslich bedeutenderen Umfanges scheint 
der Eingang. nichts über die Staatsverfassung zur 
Königszeit enthalten zu haben aulser den Angaben über 
die Einteilung nach Phylen, Phratrieen, Geschlecht rn 
und den theseischen Synoikismos. Das waren Angaben, 
welche bei der von Aristoteles gewählten Periodisierung 
der athenischen Verfassungsgeschichte nicht zu ver- 
meiden waren. Aber sonst enthält der auf uns ge- 
kommene Teil des Buches das, was Aristoteles über 
die Verfassung, d. h. die Beamten und ihre Kom- 
petenzen in der Königszeit als Thatsachen berichten 
wollte. Warum bringt er die Schilderung der socialen 
Zustände der älteren Zeit erst nach der Erzählung 
des kylonischen Attentates, wo sie doch in frühere 
Tage hineinreichen? Warum hatte er von der Ein- 
setzung des Polemarchen nicht in der Königsgeschichte 
gesprochen? Weshalb erzählt er die Einsetzung des 
Archonten nicht in dem Bericht über die Kodriden 
(p. 2, 7), von denen in der verlorenen Geschichte nach 
Ausweis des Herakleidesexcerptes (δ 3) sicher die Rede 
war? Was bewog ihn endlich, die Schilderung der 
socialen Lage sowie die des älteren Verfassungs- 


-- 285 -- 


zustandes und der drakontischen Konstitution auf ein Schluts 
paar Columnen vor der Darstellung der solonischen - 
Verfassung zusammenzudrängen ? Die grolse Masse der 
Athener hat wohl zur Zeit des Aristoteles geglaubt, 
dals der Verfassungszustand, unter welchem sie lebten, 
im wesentlichen der von Solon gegebene sei. Aristo- 
teles war als Philosoph gewöhnt, die Dinge als im 
Flusse befindlich zu betrachten. Er konnte die Ver- 
fassung Athens seiner Zeit nicht für etwas seit Solon 
annähernd Stabiles halten; sie war ihm, wie jedes 
andere, ein historisch Gewordenes. Der historische 
Teil seines Buches zeigt, wie aus der solonischen Ord- 
nung die Verfassung vom Ende des 4. Jahrhunderts 
sich entwickelte; er giebt nach des Aristoteles Absicht 
die genetische Erklärung für den systematischen!). Wer 
in diesem Sinne eine srolıreia ᾿ϑηναίων schrieb, 
konnte nur die Entwicklung der Verfassung darstellen, 
welche als die eigentlich athenische galt, der Demo- 
kratie. Diese knüpfte die Auffassung der Antike an 
Solon; die “τάτριος πολιτεία Asnvalov war die solo- 
nische. Von ihr beginnt also in Wahrheit erst die 
Geschichte der eigentlichen πολιτεία AInvalov. Hier- 
mit war der Anfang der historischen Darstellung ge- 
geben. 

Aber auch die solonische Verfassung konnte 
für den Philosophen und philosophisch denkenden 
Historiker keine Offenbarung sein, auch sie war 
etwas historisch Gewordenes. ° Die gröfstenteils my- 
thische Königsgeschichte liefs eine genetische Dar- 
stellung nicht zu. Wenn es galt, die Entstehung 


1 Dafs aufser dieser inneren Zusammengehörigkeit der 
beiden Teile auch eine mehr äufsere Ineinanderfügung besteht, 
zeigt das im Anfang der vorhergehenden Anm. Beobachtete. 


-- -286 — 


Schluts der πάτριος πολιτεία der Athener zu erklären, so 
konnte es fast nur so geschehen, wie Aristoteles es 
gethan hat. Ich habe im Eingang gesagt, die Kapitel 
2—4 bildeten zunächst die Folie, auf der sich die 
Darstellung der solonischen Verfassung abhübe; jetzt 
mufs es heilsen, sie sollen die Zustände socialer und 
politischer Art vor Solon zusammenfassen, um zu er- 
kennen zu geben, aus welchen inneren Ursachen die 
Verfassung, deren Geschichte der eigentliche Gegen- 
stand des Buches ist, entsprang. Sie bezeichnen die 
Aufgaben, welche Solon gestellt waren, und die er ge- 
löst hat. Der Eingang des ersten Kapitels über Solon 
rekapituliert die vorhergehende Einzeldarstellung scharf; 
der Schriftsteller spannt förmlich: wer ist der Heiland 
aus diesem Elend? ‘So war das Staatswesen geordnet, 
und dazu frohndete die grofse Menge den wenigen 
Reichen: das trieb das Volk zur Empörung gegen die 
Vornehmen. Der Kampf war hartnäckig, und lange 
kam es zu keiner Einigung; endlich fand man sich, 
und beide Parteien wählten zum Schiedsrichter und 
Archonten Solon und legten das Staatswesen in seine 
Hände.’ Wird Solon nun den Staat vor dem Unter- 
gange im Bürgerzwist retten? und wie wird er eine 
Ordnung der Dinge finden, welche die Wiederkehr 
der früheren Zustände verhindert? Diese Fragen, die 
der Eingangssatz des Abschnittes über Solon stellt, 
beantwortet der Schlulssatz. “Er ergab sich keiner 
von beiden ‚Parteien, sondern widersetzte sich beiden. 
So verfeindete sich der Mann, der doch, gestützt auf 
welche Partei er wollte, Alleinherrscher hätte werden 
können, lieber mit beiden Parteien: dadurch ist er der 
Retter seines Vaterlandes geworden und hat die beste 
Verfassung gegeben.’ 

So hat Aristoteles die solonische Verfassung in 


— Bu 


den Anfang der eigentlichen Geschichte der athenischen Sehluis 
Verfassung gerückt, und was vorherging, erscheint wie 
eine vorbereitende Einleitung. Indem er ihr diese 
Stellung giebt, stellt sich ihm das ganze athenische 
Staatsleben in einer einzigen grofsen Entwicklung dar. 
Der Philosoph und Historiker ist befriedigt: mit 
einem Blicke, von einem Standpunkte aus über- 
schaut er die Geschichte von fast drei Jahrhunderten. 

War aber das Buch, welches der Gelehrte — in Prak- 
ihm einigen sich der Philosoph und Historiker ee 
schrieb, auch wieder nur für Gelehrte und für die πολ. 
Wissenschaft geschrieben, oder hat der Gelehrte Ari- οὐ 
stoteles einem anderen Aristoteles, der auf weitere 
Kreise wirken wollte, den Stoff für einen praktischen 
Zweck bereitet? Das Buch war zur Veröffentlichung 
bestimmt. Die Frage nach seiner Tendenz war natür- 
licherweise eine der ersten, die man aufwarf. Sie ist 
bekanntlich sehr verschieden beantwortet worden; Ma- 
kedonien und des Aristoteles’ Verhältnis zu Alexander 
spielen fast durchgängig in den Lösungen eine Rolle. 

Ich kann nicht die geringste Spur davon in dem Buche 
tinden, dafs Aristoteles, der Mak&done und Lehrer Alexan- 
ders, sein Verfasser ist. Der Verfasser der πολ. 499. 
steht ganz auf dem Standpunkte der aristotelischen 
Staatsphilosophie, und alle seine Urteile sind von ihr 
aus verständlich ; sie aber ist selbst wieder ein dem Gan- 
zen wesensgleicher Teil der seitdem Ende des5.Jahrhun- 
dertsin Athen gewordenen und das folgende Jahrhundert 
durchlebenden theoretischen Betrachtung des griechi- 
schen Staatslebens. Die Beurteilung, welche Aristoteles 
den Ursachen des Niederganges des athenischen Staates 
zuteilwerden lälst, deckt sich mit der Kritik, welche Platon 
im “Gorgias’ und in den “Gesetzen? geübt hat, und mit 
dem, was Isokratesim “Areopagitikos’ und ‘Symmachikos’ 


-- 288 -- 


Schlufs geschrieben hat, um das verseuchte, hinsiechende poli- 
tische Leben seines Vaterlandes zu retten. Wenn denn 
Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Abfassung 
der πολ. 491v. verfolgt haben soll, so kann ich keinen 
anderen sehen als den, der Isokrates vorschwebte; 
denn mit der inneren Gleichartigkeit, mit der Gleich- 
artigkeit des Urteils im ganzen wie im einzelnen ist 
die Gleichartigkeit der Tendenz gegeben. Wenn denn 
Aristoteles einen praktischen Zweck hatte, dann wollte 
er den Athenern seiner Zeit zeigen, dafs der Ent- 
wicklungsgang ihres Staatslebens der Weg zum Ende 
war, dafs ihr Staat schon über dem Abgrund schwebe, 
und wollte ihnen weisen, wo die Rettung lag: in der 
Rückkehr zu der Verfassung, welche sie selbst die 
πάτριος ττολιτεία hiefsen. Dann hat er ihnen zeigen 
wollen, wo der Ursprung des Übels lag, hat sie durch 
sein Urteil über die Seemachtpolitik und das Demagogen- 
tum zum Vergleich mahnen wollen mit der eigenen 
Zeit, welche Theorikengesetz, Flottenreform, Arsenal- 
bauten und die Männer alle der Tribüne von Demo- 
sthenes herab bis auf Demades sah, auf dafs sie ein- 
sähen und lernten, dafs’ eine Rettung nimmer möglich 
sei, wenn sie nicht auf anderem Grunde die Macht 
des Staates bauen und anderen Leitern folgen wollten. 
Dann hat er ihnen zeigen wollen, dafs das socialistische 
Ideal dieser extremen Demokratie das falsche sei, weil 
es den Begriff der bürgerlichen Gleichheit gefälscht 
habe: es ist nicht wahr, dafs der Staat der beste ist, 
in welchem absolute Gleichheit herrscht. Die wahre 
Gleichheit ist eine andere, und sie liegt nicht bei den 
Extremen: “wenn denn der Staat aus gleichen und mög- 
lichst ähnlichen Elementen bestehen will, so findet er 
solche vor allem bei den μέσοι" (Polit. 1295 b 25). Und 
Solon, der Schöpfer ihrer Verfassung, hatte es gesagt, 


-- 2895 — 


dafs es falsch sei χαχοῖσιν ἐσϑλοὺς ἰσομοιρίαν ἔχειν. Schlufs 
Kurz, dann riefe er ihnen zu: “hr glaubt es und thut 
so, als ob ihr noch in der von Solon geschaffenen Ver- 
fassung lebt. Seht selbst, was eures Solon Verfassung 
war, was daraus bis zu dieser Zeit geworden und wo- 
durch es so geworden ist. Das einzige Heil, welches 
es noch giebt, liegt in der Verfassung, deren Zer- 
störung zu dem Elend von heute geführt hat’. Dann 
würde er eben sprechen wie Isokrates im “Areopagitikos’. 
Dafs er sich nicht ganz mit diesem deckt, sondern 
auch da, wo er mit schwarzen Farben malt, ein Wort 
der Anerkennung findet, wenn er von einer Institution 
zu sprechen hat, welche zu seinen philosophischen An- 
schauungen stimmt!), kann nicht verwundern. Er ist 
kein Rhetor, dem die Farbe nie grell genug ist, wenn 
sie darum auch unwahr wird; er ist auch kein Athener. 
Man mag wohl annehmen, dafs dem Schüler des Platon 
und dem Menschen, der die schönen Jahre des Lernens 
im Angesichte der Akropolis verbrachte, etwas mehr 
für Athen im Herzen schlug als anderen Fremdlingen auf 
attischem Boden: wie ein Athener den Schmerz um das 
unrettbare Vaterland fühlen, das konnte ein Fremdling 
doch nicht. Solche Töne des Unmutes, wie sie Isokrates 
entströmen, ein Zorn, wie der des jungen Platon, eine 
schmerzliche Resignation, wie die des gealterten, stehen 
ihm nicht zu. Das Herz dieses Menschen ist nie so 


!) Ich denke an die von Cauer so mifsbrauchte Stelle 
p- 45, 14 zei τοῦτο δοχοῦσιν ποιεῖν ὀρϑῶς zre.: Polit. 1281 a 
99 Β΄; 1286a 31f. Es möchte in diesem Zusammenhange auch 
zu bemerken sein, dafs Aristoteles von der Haltlosigkeit der 
übrigen, namentlich der akademischen Philosophie frei ist, 
welche aus der abfälligen Kritik der athenischen Verfassung 
sofort in das entgegengesetzte Extrem, die Lakonomanie, ge- 
trieben ward. 


--Ἠ 240 -- 


Sehluis sehr beteiligt, dafs der Verstand des Philosophen nicht 
klar bliebe. Das würde dem Aristoteles gut anstehen, 
denn es ist wirklich sein eigenes Wesen. Wenn denn 
also Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Ab- 
fassung der Schrift vom Staatswesen der Athener ge- 
habt hätte, so könnte er nur als φιλαϑήναιος und nicht 
als φιλαλέξανδρος geschrieben haben, und der leiden- 
schaftslose Ton des Buches würde nicht gegen diesen 
Zweck sprechen. 

Aber was die Athener Platon und Isokrates wagen 
durften, durfte das der Fremdling, dem sich die sonst 
so gastfreien Thore Athens nur wieder öffneten, als 
sein Beschützer sie erbrochen hatte, und wieder schlossen, 
als man den Mächtigen nicht mehr fürchtete? Und 
gesetzt, er hätte es gedurft: darf man es dem Fremd- 
linge zutrauen, dafs er zur Rettung des Gemeinwesens 
hat mithelfen wollen, dessen Verfassungsgeschichte 
ihm als Philosophen und Gelehrten wohl Interesse, 
Achtung, ja Bewunderung abgezwungen hatte, in dessen 
Mitte er aber das Drückende einer erzwungenen Gast- 
freundschaft empfinden mulste? Doch lassen wir diese 
äufseren Überlegungen: wie soll man sich denken, dals 
dieses Buch mit seiner fortlaufenden Polemik gegen 
Thukydides, Herodot, Androtion und andere Atthido- 
graphen, gegen Platon und Isokrates zu einem poli- 
tischen Zwecke gleich dem ‘Areopagitikos’ bestimmt 
gewesen wäre? Und wenn Aristoteles trotz alledem 
die Verfassungsgeschichte Athens zu solchem Zwecke 
geschrieben haben soll, wie steht dann die Darstellung 
der athenischen Verfassung in der Reihe der Dar- 
stellungen der übrigen griechischen Staatsverfassungen, 
als deren Glied, wenn auch gewils als das vornehmste, 
wir sie doch zunächst betrachten müssen? Hat die σο- 
λιτεία AImvalov nicht doch nur der Gelehrte im 


— Mi — 


Dienste der Wissenschaft geschrieben? Und wie kennen Schluss 
wir Aristoteles, welcher ist der echte: Aristoteles der 
athenische Publieist oder Aristoteles der Mann der 
Wissenschaft? 

Es ist schade, dafs ich mit einer Frage schliefsen 
mulste, welche eigentlich keine ist. Mir wär’s lieber 
gewesen, es wäre eine wirkliche Frage, eine solche 
gewesen, an deren Beantwortung man auf je ver- 
zweifeln zu sollen glaubt; denn so käme, mag ich 
auch hier und da eine Lösung sehen zu können meinen, 
mein Standpunkt dem neuen Buche gegenüber zu 
richtigerem Ausdrucke. Ich glaube und hoffe, dals es 
bei anderen ebenso bestellt ist: je genauer man das 
Buch kennen lernt, je mehr man Verständnis und Er- 
kennen ihm abzuringen sich müht, desto mehr Zweifel 
und Fragen steigen von allen Seiten auf. Das ist 
der Segen, den es gebracht hat. 


Keil, Aristoteles. 16 


Register. 


Aischines, derSokratiker, neues 
Fragment 218, 2. 

Ammonias, Schiff, 149. 

Ämterbesetzung in Athen nach 
Aristoteles 113 ft. 

Andokides I 77 ft. 110 £. 

Androtion: Atthis 191 f. und 
Πολ. ’A9nv. 45 f. 49 f. 164 ff. 
168. 171 £. 190 ff. 

Anmerkungen, antike, 178 ft. 

Anthemion 67. 

Archestratos 54, 1. 

Areopag: bei Isokrates 100 ἢ, 
in der Πολ. 49nv. 101 ff., 
Sturz des A. 120, 1. 

Aristeides, Staatsmann, 214.219 

Aristides, Aelius, 
or.XLV p.20 Dd. 218, 2 

XLVI p. 161 197 Anm. 
p. 317 198 Anm. 
p. 360 196f.Anm. 

XLIX p. 536 ff. 197 Anm. 

Aristoteles 

Πολιτεία A9nveiov: Quellen 
200 f. Oligarchische Quelle 
48. Schriftliche Quellen 
des 2. Teiles 231, 1; vgl. 
Androtion, Atthidenüber- 


lieferung, Herodot, Iso- 
krates, Plutarch, Thuky- 
dides, Xenophon. — Quel- 
lenkritik und Quellenbe- 
nutzung des Aristot. 51. 
186. 205, 2. 227. — For- 
schungsart und Autorität 
des A. 168 ff. 201f. 228 £. 
— Philosophischer Stand- 
punkt des Verf. 204 ff. 215 
ff. 226; vgl. Solon. Ten- 
denz 237 ff. 

Ökonomie des Stoffes 
229 ff. Der verlorene Ein- 
gang 234, seit wann ver- 
loren 196 ἢ. — Der 1. im 
Verhältnis zum 2. Teil 
235. Der 1. und 2. Teil 
gefugt 231, 1. Dispo- 
sition des 2. Teiles 229 f. 
Der 2. Teil ungeordnet 
231, 1. — Mo}. 49nv. un- 
fertig 50 ff. 196. 230, 2. 
231, 1. — Zur Datierung 
148 ff. — Bis wann gelesen 
196 ff. 

Sprache 195. Ausdruck 
der Polemik 153. Stilisti- 


-- 248 


sches 61. 153. 181. Periodik 
17 £. — Hiate 19, 1. — 
Rhythmik 18 Ε΄: Klauseln 
19—28, mit langen End- 
silben 19 ff., mit kurzen 
Endsilben 24 ff. Perioden- 
eingänge 28—32. Rhyth- 
mik nicht im Satzinnern 
32 ff., überhaupt nicht ge- 
wollt 35. Paeone 33. He- 
xameter 22. Iambischer 
Trimeter 34. 

Textgeschichtliches 196 
ft. 200. 


3 p. 2,22 “105 Anm 
p- 3, 10 102 
e. 4 echt 96 £. 98,1. 
202. 
p- 3, 23 115 Anm. 
Ὁ 9; 2878; 1 
p- 4, 5 | 
p:4, 131. 15,2 
ο. ὃ 256 
Ρ.4, 18ff. 38 
p-5, 10 4 2.d.St.; 
42, 2 
6: 6»: 5, 17 “40 
Ῥ. 5, 277  197£.Anm. 
e.7p.6, 11—17 55 ft. 


p- 6, 18: 60 £. 
D.6, 20 702,1 


p- 9, 20 167 
ὭΣ 9212 168 
ce. 11 p. 10,4 10z.d. St. 
p. 10,6 102.d.8t. 
na 181 ff. 
p- 112 27° 122.0. St. 
c. 14 p. 14, 10 24 
c.415 p. 15, 18788, 1 
ce. 16 82 f. 
c.18p.19, 17. . 179 
c. 20 9.22, 7: 51 
p- 22, 21 209 
c. 22 61. 209 £. 
6. 23 206 f. 214 
p. 25, 27 206 £. 
p.26, 1 206 £. 
c. 24 206 ἢ. 
c. 25 51. 213 £. 
c. 27 211 ft. 
c. 28 205f. 2288. 
ce. 29—39 201 
e. 99 pP. 37, 8 ff. 208 
c. 40 208 £. 
Ὁ: 41 p. 45,5 217 
e. 45:P. 50,6. 291: 1 
e. 47 p. 51,9 68—76 
c. 52 p. 56, 24 232 Anm. 
c. 58 p. 57, 10 52 
e.55 p.61, 258. 55 fl. 
c. 57 p. 65, 13 107 
c. 59 p.67,5 232 Anm. 
p-67,6f. 52 
p- 67, 10ff. 52 
c.63p.68,23ff. 52 
Frg. 3855 R®_ 64, 2 
461 223, 1 


Vgl. Aristides, Isokrates, 


DET 66 ἢ. 
Ρ. 5,14 68-76 
2.87.45, 268 78 ΤῈ 
PH 8.1 3378: 
e.,9p% 37 8,2.d:8t. 
p: 9,8 8 z. d. St. 
158 
10/99, 182.9 τ ΠΕ: 
p. 9, 20 166 


Platon, Pollux. 


Politika: Abfassungszeit 122 


ff. Herausgabe 222 A. Po- 
16* 


-- 24 --- 


lit. und 7704. ᾿49ϑην. 16,1. 
120 f. 127. 


p- 1272 b 20 122 
p. 1296 a 38 225 
p. 1300 Ὁ 3 114, 1 
p- 1306 b 9 77 
p. 1308 a 35 76 
p- 1327 Ὁ 3 131 
Eth. Nikom. 
p. 1160b 1 ff. 134 ft. 
p. 1181a 13 ff. 145 ft. 


Athen Metropolis von Ionien 

St 

Atthidenüberlieferung und die 
Πολ. :4$nv. 93. 154. 172. 185. 
200. 


Bekk(eri) An(eedota) 345, 21 
75, 1 


Ciorpus) Inseriptionum) A(tti- 


carum) 
I 742 67 
ΤΥ 38. 54,1 


Delphinion, Gerichtshof, um- 
gestaltet 111. 

Demagogentum im Urteile der 
Philosophie 217 ft. 

Didymos 59 f£. 

Diotogenes, Pythagoreer, 160 
Anm. 

Drakontische Verfassung 96 f. 
114, 1. 116. Überlieferung 
202. 


’Ey(nusois) AoyleıoAoyızn) 1862, 
77 59 Anm. 

Ephetengerichte 106 ff.; ihr 
Name 108, 

Ephialtes 213 ἢ 


Euthyna in Athen nach Aristot. 
118 ff. 152. 


Harpokration v. ἀδύνατος 75, 1. 
Hermippos 44. 49 f. 60. 99. 

101. 172 f. 177. 185 ff. 198, 1. 
Herodot V 71 96. 117 Anm, 
Hiat 5. Aristoteles 770). A9nv. 


Invaliden- und Armengeld in 
Athen 75, 1 

Ion von Chios 198 Anm. 

Isokrates und Aristoteles 89 ff., 
und Platon 78, 1 


or. IV 78 159 f, Anm. 
VII 78, 1 
81 ft. 
u. XO 88 f. 
u. 1701.49. 78 ff. 
Hypoth. 198, 1. 
37 100 £. 
39 ft. 157 ff. 
40 160 Anm. 
VIII 78, 1 
54 f. 221 Anm. 
88 220, 1 
XI 222 Anm. 
130 ft. 86. ff. 221 
Anm. 
XV 78, 1 
81 ff. 124. 146 f£. 
254 ft. 147 
Kedon 209. 


Kimon 219. 
Kleisthenes 209 ἢ, 


Lex(ieon) Patm(ieum, Bull. de 
corr. hell. 1 152) v. γεννῆται 
64, 2. 

Lykurgos: Gesetzgebung 160 ff. 
Anm. Bei Hermippos und 
Aristoteles 176. 


Lykurgos g. Leokrates 124. 
160 Anm. 


Miltiades 219 
Naukraren 93 f. 
Ostrakismos bei Aristoteles 209. 


Paralos — Paralia, Schiff, 149. 
Peisistratiden,Chronologie,51f. 
Perikles 210 ft. 

Philochoros 75, 1. 192. 

Phylobasileis 108 ft. 

Platon und die Mol. Ay. 
158, 1. 188 £. 218 £.; "Gorgias’ 
und 770). Asyv. e. 28 219. 
Vgl. Isokrates. 

Plutarch und die 7Zo4. 49nv.: 
Solon e. 1 187 


3 44 
10 39, 1 
12 18 
13,181 
14 40 ft. 


15 45 ff. 164 ff. 
16 41. 175 ft. 
18 155 ff. 

19 ΠῚ 

20 10ὅ, 1. 126 
25 55 ff. 173 ft. 


29 181 
30 188 
31: 187 


Vgl. Hermippos. 
Theseus ce. 25 199 
36 198 Anm. 
Kimon 8 198 Anm. 
Non posse suaviter vivi ce. 10. 
144 ἢ. 
Pollux und die 770. 49nv.64, 2. 


#5) a 
VIII 111 64, 2 
130 64 
IX 60 16 


Positio debilis 42, 1. 

Prytaneion, Gerichtshof, 109 ff. 

Prytanen: in der drakontischen 
Verfassung 96. Pr. der Nau- 
kraren 96. 117 Anm. 

Pseudo-Archytas (bei Stob. flor. 
43, 134) 160 Anm. 

Pseudo-Aristoteles περὶ βασε- 
λείας 128 Ε΄, unecht 136 ft. 
Alter 141. Thema 133. Dis- 
position 137 ἔς und Aristot, 
Eth. Nik. p. 1137 a 31. 1160 
bie 14£ 


Rhythmik s. Aristoteles 770). 
Ad. 

Richterqualifikation 212, 1. 

Riehtersold 211 f£. 


Salaminia, Schiff, 149. 

Schatzungsklassen in 
68 ft. 

Scholia in Aesch. II 87 107, 3. 

Scholia in Aristoph. Vesp. 684 
223, 1. 

Seehegemonie im Urteile der 
Philosophie 215 f. 

Seisachtheia 45. 164 ft. 

Skyros, Datum der Einnahme, 
198 Anm. 

Solon bei Aristoteles 203 Εἰ, 
"als μέσος 151 ff. 204. 225. 
Seine Verfassung im Urteile 
des Aristoteles 229 ἀσάφεια 
seiner Gesetze 157 ff. Seine 
Schatzungsklassen 68 und 
Münzreform 70 ff. 164 ff. 
Fragmente 42, 1. 197 Anm.; 


Athen 


-- 246 — 


Frg. 15 und 70}. ᾽άϑην. p. 
5,4 fl. 42, 1. 

Strategen in der drakontischen 
Verfassung 115 Anm. 


Themistokles 214. 

Theognis’° Verwendung der 
positio debilis 43 Anm. 

Theramenes 205. 

Thukydides I 126 96. 

Tyrtaios’ Verwendung der po- 
sitio debilis 43 Anm. 

Die Vierhundert des Jahres 

411 208. 


Wortschatz des attischen Dia- 
lektes im 6. Jhd. 59 Anm. 


Xenophanes’ Verwendung der 

- positio debilis 43 Anm. 

Xenophon und die 770). Aönr. 
200, 1. 

[Xenophon] Πολιτεία ᾿ϑηναίων 
215, 1. 


᾿41ϑήνη -4ττιχός 94. 

ἀχοσμεῖν, ἀχοσμία 103 Anm. 

ἀτακχτεῖν - ἀταξία 103 Anm, 

διατάττειν 16, 1. 

διελθεῖν, διεξελϑεῖν 91, 1. 

δίχαι ἔμμηνοι und ἐμπορικαί 
232 Anm. 

ἔμφραγμα, ἐμᾳφράττειν bildlich 
160 Anm. 

ἐπ᾿ ἐτές (Ὁ) 62, 1. 

ἐπιχύρβιος 59 Anm. 

ζευγίσιος 66. 

ζημιοῦν 102, 1. 

ϑεσμοί-νόμοι 54. 

χαϑιστάναι πολιτείαν 17 Anm. 

zer ἐμπορίαν καὶ ϑεωρίαν 132,1. 

χολάζειν 102, 1. 

χύρβεις- ἄξονες 58, 1. 

ν ἐφελκυστιχόν 24. 

γαύχραρος 9. 

ὁμογάλακτες 64, 2. 

παρανομεῖν 103 Anm. 

ταμίαι 65. 

τάξις 16. 

χοεωκοπίδαι 49. 


Inhaltsverzeichnis. 


Aristoteles’ Πολιτεία A9$nvalwv Kap. 5--13. 
Text 

Fünftes Kapitel : 
Rhythmik: Klauseln 19 Bea 98 a 
inneres 32. Plut. Sol. e. 14 und 16 40. 

Sechstes Kapitel . 
Plut. Sol. ο. 15 (Androtion) 45. ee Quelle 46. 
Hermippos 49. Πολ. ’A9nv. unfertig 50. 

Siebentes Kapitel I EN ER 
Plut. Sol. e. 25 55. ταμίαν 63. Pollux und die πολ. 
᾿άϑην. 64, 2. Die solonischen Steuerklassen 68. 

Achtes Kapitel . 
Isokrates’ Areopagitikos 78 (ad τ Ἐν 78, 9) 
Isokrates’ Panathenaikos 130 ff. 86. Naukraren 9. 
Prytanen 96. Plut. Sol. e. 19 99. Areopag bei Ari- 
stoteles 101. Epheten 106. Gericht am Prytaneion 
108. Beamtenwahl und Euthyna 113. Aristot. Politik 
und πολ. A$nv. 120. Abfassungszeit der Politik 122. 
Eysurs .Vrin. ΠΕ a 
Ps.-Aristot. περὶ ee "Echtheit unerwiesen 128 
und Aristoteles 134. Gründe gegen die Echtheit 136. 
Disposition 137. Arist. Ethik Schluss 145. Datierung 
der πολ. "A9nv. 148. 

Neuntes Kapitel . Re u 
Geschworenengerichte 152. Plut. Sol. e. 18 155. Die 
ἀσάφεια der solonischen Gesetze 157. 


Seite 


14 


59 


17 


127 


-- 248 --- 


Seite 
Zehntes Kapitel... . By. - 165 
Seisachtheia und Mäntrefuege: Pak ἔοι, ο. 15 (An- 
drotion) 164. Autorität des Aristoteles als wissen- 
schaftlichen Forschers 168. Hermippos 172. 
ΕΠ 66 8. BRapiel ... . .; 173 
Plut. Sol. e. 25 und 16 173. ᾿ξ ER 118. 
Πολ. ᾿άϑην. ce. 12 181. 1704. A9nv. und Hermippos 
186 und Plutarch 183 und Androtion 190. 
Dechlufs4, ΠΣ F 194 
Äufsere Gesch de SE 245. 194 (Ael. Ariskid, 
und die πολ. ᾿ἄϑην. 196, 2). Quellen und Quellen- 
benutzung 200. Die aristotelische μεσότης 204: Richter- 
sold 211 Seehegemonie 215 Demagogentum 217. 
Aristoteles als Historiker 226. Ökonomie der πολ. 
Asnv. 229. Tendenz der πολ. Asnv. 237. 
ie A ἀν  χώτυνι ..01 


S. 22 2. 22 lies (-ϑῆναι διὰ). 24 Z. 15 1. herbeigeführt. 
28 2.23 1. Savarov. 33 Z. 22 f. gegliedert 7. durchsetzt. 39 
Ζ. ὃ v. u. 1. (Plut. Sol. 10), 68 Z.11:.vor Solon I. von Solon. 
75 Anm. Z.5 Harpokration !.Hesych. 82 Z. 201. paraphrastisch. 
96 Z. 26 1. (1 126). 102 Anm. Ζ. 7 1. Pollux VIII 21. 116 Anm. 
Zu. koniroliigeken: 127 Z. 101. αὐτούς. 133 Z. 5 voluptatibus 
libidinibusque 1. voluptatibus temporalibus. Jenes ist der 
Text bei Lippert, dieses der bei Nissen S. 179, welchem ich 
zunächst nicht folgte, weil die Abweichung von Lippert nicht 
ausdrücklich begründet ist. Herr Prof. Nöldeke belehrt mich 
freundlichst, dafs der Nissensche Text der richtige ist; an 
meinen Ausführungen ändert das nichts. 136 Z. 14 f. I. οὐ 
μὴν ἀλλ᾽ ἐλάχιστοί γε. 158 Anm. Z. 1 1. Politikos 2948. 230 
Z 12 1. Inkonsequenz. Während des Druckes abgesprungene 
Aeccente und Interpunktionszeichen sind nicht aufgeführt. 


Pierer’sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg. 


2. ... 
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Dir Do ψὸ 
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