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᾿ τ ΧοιοτοϊΙα.. Ὁ, ζα ΟῚ | ς 4
Die
n
solonische Verfassung
Aristoteles
Verfassungsgeschichte Athens
von
Bruno Keil
)
207999
δι. ες. So
Berlin 1892
R. Gaertners Verlagsbuchhandlung
Hermann Heyfelder
SW. Schönebergerstralse 26
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64
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und
Adolf Kiessling
in Dankbarkeit
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ἌΡΗΣ ΠΟΥ Ἐν"
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Δ) οἱ
48,
Die Altertumswissenschaft hat sich bei der Be-
trachtung und Beurteilung des neuen aristotelischen
Buches über das Staatswesen der Athener im grofsen
und ganzen sofort der sogenannten höheren Kritik zu-
gewendet, für das Einzelverständnis des Buches ist seit
Kenyons erster Ausgabe wenig geschehen; nur die besseren
Übersetzungen haben nach dieser Richtung hin ge-
fördert. Und doch kann das Urteil in weiteren Fragen
nur dann mit dem Anspruch auf innere Begründung auf-
treten, wenn das erreichbar höchste Ma/s des Einzel-
verständnisses alle für die höhere Kritik in Betracht
kommenden Kriterien geliefert und geklärt hat. Aber
die Wissenschaft schuldet eine eingehende Erklärung
nicht allein ihrer Methode, sie schuldet sie auch dem
Buche selbst. Wie jedes andere Litteraturdenkmal will
es zunächst aus sich selbst begriffen und erklärt werden.
Die Einzelerklärung erfordert Zeit; ein einzelner wird
sie in mahen Tagen nicht geben können, es müssen
von verschiedenen Seiten Vorarbeiten dazu in Angriff
genommen werden, welche das Material bereiten helfen.
Zu ihnen wollen die folgenden Ausführungen gerechnet
werden. Sie umfassen zunächst nur einen kleinen Ab-
schnitt des Buches. Aber die Einzelerklärung kann
nicht ohne steten Rückblick auf das Ganze bestehen ;
RE
namentlich der hier behandelte Abschnitt zwang durch
seine dominierende Stellung in der aristotelischen Ver-
fassungsgeschichte Athens, anhaltend den Blick auf das
ganze Buch gerichtet zu halten. So bin ich wider
Willen durch den Stoff von der Erklärung aus zu den
Fragen der höheren Kritik ‚gedrängt worden. Das Ge-
fühl und Bewufstsein von der notwendigen Unzulänglich-
keit meiner Beobachtungen ist mir dabei ein wenig lieber
Weggenosse gewesen.
Die Erklärung mufste sich mit einer Anzahl
von Fragen abfinden, welche in alle Kapitel des hier
behandelten Abschnittes eingreifen. Es wäre für mich
bequemer und manch anderem vielleicht genehmer ge-
wesen, hätte ich jedesmal bei der ersten Stelle, an welcher
die betreffende Frage eingriff, sogleich die ganze Frage
in Angriff genommen und zu Ende geführt. Allein dann
hätte ich keine Erklärung, sondern eine Reihe von
Einzeluntersuchungen geliefert. Es gehört mir aber die
Form der Erklärung mit zum Zwecke des Buches. 80
ist es mehrfach geschehen, dafs dieselbe Frage an ver-
schiedenen Orten behandelt werden mufste; man wird
aber finden, da/s sie an den einzelnen Stellen stets bis zu
einem Abschlu/s mit bestimmtem Ergebnisse geführt ist,
auf welchem an der späteren Stelle weiter gebaut wird.
Es sind verschiedene Fäden zugleich aufgenommen, sie
laufen durch die ganze Erklärung, um am Schlusse ge-
schürzt zu werden.
Die Niederschrift der folgenden Darlegungen habe
ich nicht mit der Absicht begonnen, ein selbständiges
Buch zu liefern: einen oder zwei Aufsätze in einer wissen-
schaftlichen Zeitschrift gedachte ich zu schreiben; allein
das fertig Ausgearbeitete erzwang sich durch seinen Um-
fang die Selbständigkeit. Dadurch mufste manches neue
— VOII —
Form erhalten: an die ältere Form mag doch wohl noch
dieses oder jenes gemahnen.
Die Arbeit ist in den letzten Tagen des April ab-
geschlossen worden; wie weit bei einer nachträglichen
Überarbeitung und Erweiterung der seit dem Abschlufs
des Manuskriptes erschienenen Litteraiur Einflufs auf
meine Darstellung gewährt werden konnte, ergeben die
Anmerkungen und der Excurs zum achten Kapitel. Eine
beschleunigte Drucklegung machte es unmöglich, die nach
der Mitte des Juni erschienene Litteratur auch nur noch
bei der Korrektur zu berücksichtigen.
Zur Bequemlichkeit der Leser ist der Text des hier
behandelten Abschnittes an erster Stelle abgedruckt. Ich
habe ihn mit dem Faksimile kollationiert; für einzelne
Stellen unterstützten mich freundliche Mitteilungen des
Herrn Prof. Diels und Herrn Kenyon. Ich habe Grund,
dem Herrn Verleger für sein Entgegenkommen in mehr
als einer Hinsicht auch an dieser Stelle meinen Dank
auszusprechen.
Strafsburg 1. E., 12. Juli 1892.
ARISTOTELES
IIOAITEIA AOHNAISN
Kapitel 5—13.
Keil, Aristoteles. 1
L Londoner Papyrus.
B Berliner Papyrus.
85 Lesarten aus einer erneuten Prüfung von B; ich ver-
danke sie der Güte des Herrn Prof. Dr. Diels.
K! ᾿αϑηναίων πολιτείακ. Aristotle on the constitution of
Athens edited by F, G. Kenyon. London 1891.
K?® dasselbe, Third edition 1892.
K-W Aristotelis Πολιτεία Asyveiov iterum ediderunt
G. Kaibel et U. de Wilamowitz-Moellendorff. Berlin
1891.
H-L De republiea Atheniensium. Aristotelis qui fertur liber
᾿ϑηναίων πολιτείαβ. Post Kenyonem ediderunt
H. van Herwerden et J. van Leeuwen J. F. Leyden
1891.
[] ergänzte Worte. Wo nichts bemerkt ist, sind die Er-
gänzungen von Kenyon.
< % eingeschobene Worte.
Die Zeilenzahlen am Rande nach K-W.
Citate aus aristotelischen Schriften nur nach den Seitenzahlen
der Akademieausgabe.
2. Columne L.
v. Τοιαύτης δὲ τῆς τάξεως οὔσης & τῇ πολιτείᾳ ἘΧ'
χαὶ τῶν πολλῶν δουλευόντων τοῖς ὀλίγοις, ἀντέστη τοῖς
γνωρίμοις ὃ δῆμος. ἰσχυρᾶς δὲ τῆς στάσεως οὔσης χαὶ
πολὺν χρόνον ἀντικαϑημένων ἀλλήλοις εἵλοντο κοινῇ
διαλλαχτὴν καὶ ἄρχοντα Σόλωνα καὶ [τὴν στολιτείαν ἐττέ- 20
TesWav αὐτῷ ποιήσαντι τὴν ἐλεγείαν ἧς ἐσεὶν ἀρχὴ
γινῳῴ[σήχω, καί μοι φρενὸς ἔνδοϑεν ἄλγεα χεῖται,
πρεσβυτάτην ἐσορῶν γαῖαν ᾿Ιαονίας.
χαὶ γὰρ j ετελαυνεν καὶ 77005 ἑκατέρους ὑπὲρ ἑχατέρων
μάχεται καὶ διαμφισβητεῖ καὶ μετὰ ταῦτα κοινῇ πταραι- 25
vei [χαταἸπαύειν τὴν ἐνεστῶσαν φιλονικίαν. ἦν δ᾽ ὃ Σόλων
τῇ μὲν [φύ]σει χαὶ τῇ δόξῃ τῶν πρώτων, τῇ δ᾽ οὐσίᾳ
χαὶ * τοῖς πράγμασι τῶν μέσων, ὡς ἔχ τε τῶν ἄλλων ν. 5.
ὁμολογεῖται, καὶ [αὐτὸς] ἐν τοῖσδε τοῖς ποιήμασιν μαρτυ-
gel, “ταραιγνῶν τοῖς πλουσίοις μὴ πλεονεχτεῖν"
ὑμεῖς δ᾽ ἡσυχάσαντες ἐνὶ φρεσὶ καρτερὸν ἤτορ,
οἱ πολλῶν ἀγαϑῶν ἐς χόρον [ἠ]λάσατε, 5
4, 53 γινωι. χω L. 38 zei γὰρ ἐπελαύνει χαὶ K; x.y. πο-
λι[τικώτατα] K-W; x. γ. ἀπαλλάττει J. B. Mayor, Richards.
26 gılovıziav, darüber vızı L. 531 [φύ]σεε “the fragment....
containing the first letters of this word has been lost in mounting’;
ergänzt von verschiedenen Seiten. 5, ® [ἠλ]άσατε K?; mehr-
fach ergänzt nach Tyrt. 10, 11.
1l:
Ῥ.
5
10
15
25
— 4 — [Kap. 5. 6
‚ 3 5 2, x c pr
ἐν μετρίοισι T|gEPEO]FE μέγαν νόον᾽ οὔτε γὰρ ἡμεῖς
‘ ) YVı? c - ” - ) >
σεεισόμεϑ', οὐϑ' υμῖν ἄρτια val|vr ] ἔσεται.
zul ὅλως αἰεὶ τὴν αἰτίαν τῆς στάσεως ἀνάτττει τοῖς
χελουσίοις᾽ διὸ χαὶ ἐν ἀρχῇ τῆς ἐλεγείας δεδοικέναι φησὶ
«ς 2 «ς -
ἱτήν τε @...... σίαν τήν TE ὑπερηφανίαν᾽, wg διὰ ταῦτα
τῆς ἔχϑρας ἐνεστώσης.
- ς
νι. Κύριος δὲ γενόμενος τῶν πτραγμά[τω]ν (0) Σόλων
τόν τε δῆμον ἠλευϑέρωσε, καὶ ἐν τῷ παρόντι χαὶ εἰς τὸ
μέλλον, κωλύσας δ[ανε)ίζειν ἐπεὶ τοῖς σώμασιν, καὶ χρεῶν
Grroroscas ἐποίησε καὶ τῶν ἰδίων καὶ τῶν δημοσίων,
ἃς σεισάχϑειαν χαλοῦσιν, ὡς ἀποσεισαμένων τὸ βάρος.
Ἵ δ᾽ - ’ ‘ P} ’ Fi ’ x
ἐν οἷς πειρῶνταί τινες] διαβάλλειν αὐτὸν" συνέβη γὰρ
τῷ Σόλωνι μέλλοντι ποιεῖν τὴν σεισάχϑειαν προειπεῖν
» , 2 «ς “δ « \
τισι τῶν [γνω]ρίμων, ἔπειϑ᾽, ὡς μὲν οἱ δημοτικοὶ λέ-
- m ‚ ς
γουσι, παραστρατηγηθῆναι διὰ τῶν φίλων, ὡς δ᾽ οἱ
[βθουλ]όμενοι βλασφημεῖν, καὶ αὑτὸν χοινωνεῖν. δανει-
σάμενοι γὰρ οὗτοι συνεττρίαντο σπτολλὴν χώραν, [μετὰ δ᾽]
οὐ scolv τῆς τῶν χρεῶν ἀποχοπῆς γενομένης ἐπτλούτουν᾽
ὅϑεν φασὶ γενέσϑαι τοὺς ὕστερον δοχοῦντας εἶναι πα-
λαιοτελούτους. οὐ μὴν ἀλλὰ πιϑ[ανωώἼτερος ὃ τῶν δη-
- ’ > x y x , x - „ c
μοτιχῶν λόγος. οὐ γὰρ ε[ἐ]χ[ὃ]ς ἐν μὲν τοῖς ἄλλοις ovrw
, ’ % , c > ’ x B} - x
μέτριον γενέσϑαι χαὶ xoıvolv, ὡσ]τ ἐξὸν αὑτῷ [τ] οὺς
τ ze[ör’) H-L.; πάντ᾽ K.-W., welchen za und τὰ gleich
möglich erscheint. 19 Das habelich gelesen im Facsimile; o
scheint mir vor ἐῶν ausgeschlossen; vg]. z. d. St. φ[ελαργυρ]ίαν
K. K-W. H-L. 15 (δ) ergänzen K-W. 14 Nach σώμασιν fügt
L zei νόμους ἔϑηχε ein; von K-W getilgt. 16 ασεισαχϑια,
mit Hinzufügung eines o über dem ersten σ L; korrigiert
von K. «mooıo«uevo: L; korrigiert von J.B.Mayor und K-W.
39 διὰ L: ὑπὸ K-W. “but the MS is clear? K?. 21 [βουλ]όμε-
vo von vielen ergänzt. 38 yıvouserns L, gebessert bei
K-W. H-L. 36 [εἰχ᾽᾿ὸς K®, εἰκὸς] K-W. 51 [ὡσ]τ᾽ K®; νωσ
sind in einem Loch der Hs. ausgefallen; von » und o nur
Ansatzspuren, [τ]οὺς [νόμ]ους K®, τοὺς [ν]Ἱόμους K-W2. τοὺς
[ἑτέρ᾽ους Blass nach p. 11, 8; vgl. unten (Register u. Ari-
stides). Herr Kenyon hat die Stelle freundlichst noch einmal
im Original für mich eingesehen, aber ohne Ergebnis.
Kap. 6. 7] — ὅ —
[νόμο]υς * ὑποσττοιησάμενον τυραννεῖν τῆς τεόλεως, ἀμφοτέ- ν. 6
ροις ἀπεχί ϑ]έσϑαι χαὶ περὶ τελείονος [ποι]ήσασϑαι τὸ
[κα]λὸν χαὶ τὴν τῆς πόλεως σωτηρίαν ἢ τὴν αὑτοῦ ττλε-
ονεξίαν, ἐν οὕτω δὲ μιχροῖς καὶ ἀν αξίο]ις καταρρυπαί-
veıv ἑαυτόν. ὕτι δὲ ταύτην ἔσχε τὴν ἐξουσίαν, τά TE 5
πράγματα νοσοῦντα μαρτυρει.... TO καὶ ἐν τοῖς ποιήμασιν
αὐτὸς “τολλαχοῦ μέμνηται χαὶ οἱ ἄλλοι συνομολογοῖσι
πάντες]. ταύτην μὲν οὖν χρὴ νομίζειν wevdn τὴν ai-
τίαν εἶναι.
vr. Πολιτείαν δὲ κατέστησε χαὶ νόμους ἔϑηχεν
ἄλλους, τοῖς δὲ ἀράχοντος ϑεσμοῖς ἐπταίσαντο χρώμενοι τὸ
πλὴν τῶν φονιχῶν. ἀναγράψαντες δὲ τοὺς νόμους εἰς
τοὺς κύρβεις ἔστησαν ἐν τῇ στοᾷ τῇ βασιλείῳ καὶ ὦμο-
σαν χρήσεσϑαι πάντες. οἱ δ᾽ ἐννέα ἄρχοντες ὀμνύντες
χερὸς τῷ λίϑῳ zareparılor ἀναϑήσειν ἀνδριάντα χρυ-
σοῦν, ἐάν τινα παραβῶσι τῶν νόμων ὅϑεν ἕτι χαὶ νῦν 15
οὕτως ὀμνίουσι. χατεχύρωσεν δὲ τοὺς νόμους εἰς ἑχατὸν
[ξ]τη καὶ διέταξε τὴν ττολιτείαν τόνδε (rov) τρόττο[»].
...... τιμήματα διεῖλεν εἰς τέτταρα τέλη, καϑάττερ
διήρητο χαὶ πρότερον, εἰς τπτενταχοσιομ[ ἐ]διμν[ο]ν [zei
ἱτετεέα] καὶ ζευγίτην καὶ ϑῆτα. τὰς μ......ες ἀρχὰς 20
ἀπένειμεν ἄρχειν ἐχ πτενταχοσιομεδίμνων καὶ ἱτετεέων 3: οὶ.
καὶ ζευγιτῶν, τοὺς ἐννέα ἄρχοντας χαὶ τοὺς ταμίας χαὶ
τοὺς πωλητ[ ἃς) καὶ τοὺς ἕνδεχα χαὶ τοὺς χωλαχρέτας.
ἑχάστοις ἀνάλογον τῷ μεγέϑει τοῦ τιμήματ[ο]ς ἀποδι-
δοὺς τ[ὴν ἀρ]χήν. τοῖς δὲ τὸ ϑητιχὸν τελοῦσιν ἐχχλη- 25
6, ὅ πόλεως über der Linie hinzugefügt L. οὕτω L, der
Rest der Vertikalhaste des r und die rechte Schleife des ὦ ist
zu erkennen; [οὕτ]ω Καὶ 3, * guraureıv über ρου hinzugefügt χαταὰ L.
6 ueorvoo, darüber & L, von Wessely und Blass (Κ 3) gelesen;
... To: τοῦτο Sandys, K-W2, ἃ Ἰάσατο Wessely (K?). 1 {τὸν
von mehreren Seiten ergänzt. 18 Lücke vor τιμήματα nach
K-W; ‘velut (ro πᾶν πλῆϑος ἔχ) τιμημαάτων᾽: vgl. z. d. St.
20 So habe ich im Facs. gelesen; vgl. unten (Register u. ἃ.
St.); μ[ὲν οὐὴν Κα; μὲν o]iv K-W; μὲν οὖν H-L. 38 τὴν war
mit Compendium geschrieben, man sieht nur noch das τ.
pP: 7
10
20
—6 — [Kap. 7. 8
σίας καὶ διχαστηρίων uereöwxe* μόνον. ἔδει δὲ τελεῖν
’ \ a ὮΝ m -
χεενταχοσιομέδιμνον μὲν ὃς ἂν ἔχ τῆς οἰκείας ττοιῇ στεν-
ς ΄
ταχόσια μέτρα τὰ συνάμφω ξηρὰ καὶ ὑγρά, ἱτιπάδα δὲ
m c
τοὺς τριαχόσια ποιοῦντας, ὡς δ᾽ ἕνιοί φασι τοὺς ἵτεπτο-
τροφεῖν δυναμένους (σημεῖον δὲ φέρουσι τό τε ὄνομα
- IN > m G x
τοῦ τέλους, ὡς ἂν ἀττὸ τοῦ τεράγματος χείμενον, χαὶ τὰ
m > \ > ’
ἀναϑήματα τῶν ἀρχαίων" ἀνάχειται γὰρ Ev ἀχροττόλει,
DEREN r ΕῚ Ἂν μεν , , B
εἰχὼν Aupihov, ἐφ᾽ ἢ Errjıyeyoarıraı ade
Διφίλου Avdeulwv τήνδ᾽ ἀνέϑηκχκε ϑεοῖς,
9 F - P} x 41, « γδ᾽ > ’
ητικοῦ ἀντὶ τέλους ἱτιττάδ᾽ ἀμειψάμενος.
Ν , ς εἶ « ’
καὶ σταρέστηχεν ἵχεττος T εὐχμαρτυρων, ὡς τὴν Irercada
“- x > 2 -
τοῦτο σημα[Πνουσαν) ov μὴν ἀλλ᾽ εὐλογώτερον τοῖς
μέτροις διηρῆσϑαι χαϑάπερ τοὺς πενταχοσιομεδίμνους "
ζευγίσιον δὲ τελεῖν τοὺς διαχόσια τὰ συνάμφω ποιοῦν-
U > - >
τας᾿ τοὺς δ᾽ ahkovg ϑητιχόν, οὐδεμιᾶς μετέχοντας ἀρ-
χῆς. διὸ καὶ νῦν ἐπειδὰν ἔρηται τὸν μέλλοντα κλη-
»-» , Sy) 7) - , - >») a) 50 T ΒΥ
ροῦσϑαί τιν ἀρχήν, πτοῖον τέλος τελεῖ, οὐδ᾽ ἂν εὶς εἴστοι
ϑητικχόν.
Ν ) 2 \ γ ’ \ h) ,
VII. τὰς δ᾽ ἀρχὰς ἐποίησε χληρωτὰς ἐκ προχρίτων,
ὦ ἮΝ - - >
lo]vs ἐχ[ἀσἼτη προκρίνειε τῶν φυλῶν. προύχρινεν ὃ
εἰς τοὺς ἐννέα ἄρχοντας ἑκάστη δέχα, χαὶ (Ex) τού-
᾽ ΄ c 2) ’ -Ὁ- - x ’ὔ
[των ἐχλ]ήήρουν᾽ οϑεν ἔτι διαμένει ταῖς φυλαῖς τὸ δέχα
χληροῦν ἑκάστην, εἶτ ἐχ τούτων κυαμεύε[ιν]. σημεῖον
δ᾽ ὅτι χληρωτὰς ἐποίησεν ἐχ τῶν τιμημάτων ὃ περὲ
τῶν ταμιῶν νόμος, ᾧ χρώμενοι [διατελο]ῦσιν ἕτι καὶ
7,5 ὡς ἂν — zeiuevov tilgen H-L. als Glossem; ἂν ver-
langt der Sinn. 7 χηεφίλου tilgen K-W., vgl. Ζ. ἃ. St. 19 ἐχμαρ-
τυρῶν L; ich finde kein Zeichen dafür, dafs zu getilgt worden
seien (K-W); Καὶ 8 bemerkt nichts. Der Raum in Z scheint mir
etwas zu grols für die Buchstaben gynıer der Ergänzung.
11. μέτροις K.: μεέτριοις L. 11 τὰς δ᾽ ἀρχὰς Κι: τ᾽ ὃ ἀρχῆς L.
18 προχρίνειε Gertz: mooxgwwe L. 19 ἐνγέμρχοντας soL. (8x)
τούϊτων ἐχλ]ήρουν K-W? fragend. χαὶ τούτοις] ἐ[πεκ]λήρουν
Κϑ: <there is only room for one letter between zov and ε, but
something has been written above the line and it looks as
if the seribe had written τοὺς and corrected in rovroes.?
Kap. 8] — ἡ --
- Ν -
γῦν᾽ χελεύει γὰρ κχληροῦν τοὺς ταμίας ἔχ πενταχοσιο- ν. 7
, \ 3 ͵ ,
μεδίμνων. Σόλ]ήων μὲν οὖν οὕτως ἐνομοθέτησεν περὶ 25
- Ἴ , ) ᾿ Ν x > - a DE} B ,
τῶν ἐννέα ἀρχόντων. τὸ γὰρ ἀρχαῖον ἢ ἐν “ς [ἐἰῳ πάγῳ
x 3 , N ’ x Ν ,
Bov|Ar ἀνακαλεσαμένη χαὶ χρίνασα καϑ' αὐτὴν τὸν Ertı-
ΓΑ ἜΡΩΣ « [4 - > - ΧΩ y x
τήδειον EY ἑχαστῃ τῶν ἀρχῶν ἐπε [ἐν]καυτ]ὸν [χκαϑιε-
- 2 ’ ‘x 3 ’ u ,
στᾶ]σα ἀττιέστελλεν. φυλαὶ ἢ δ᾽ σαν Ö χαϑάπερ πρό- ν. 8
τερον χαὶ φυλοβασιλεῖς τέτταρες. ἐχ δὲ τῆς) φυ[λῆς
ἑχ]άστης ἤσαν νενεμημέναι τριττύες μὲν τρεῖς, ναυχρα-
’ \ , Ἂν (ὦ ,ὔ 3 EN \ -
ρίαι δὲ δωδεχα χαϑ' ἑχάστην. [ἣν ὃ᾽ ἐπὶ τῶν] ναυχρα-
ριῶν ἀρχὴ καϑεστηχυῖα ναύχραροι, τεταγμένη ττρός τε 5
x \ 2 ν x
τὰς εἰσφορὰς χαὶ τὰς darı|avag] τὰς γινομένας" διὸ χαὶ
- - In > [2 m
ἐν τοῖς νόμοις τοῖς Σόλωνος οἷς οὐχέτι χρῶνται τεολλα-
- ΄ c 5} x
[χοῦ] γέγραπται “τοὺς ναυχράρους εἰστεράττειν χαὶ ᾿ ἀνα-
nr > - - 2 DEE) AN >
λίσχειν ἐχ τοῦ ναυχραριχοῦ agyvoliov. βουλ]ὴν ὃ
ἐχεοίησε τετραχοσίους, ἑκατὸν ἐξ ἑκάστης φυλῆς, τὴν δὲ τὸ
τῶν ᾿ρεοπαγιτῶν ἔταξεν ἐ[πεὶ τὸ] νομοφυλαχεῖν, ὥσττερ
ς - x ΄ γ᾽ , ß 3 - , Ξ
ὑπῆρχεν χαὶ σιρότερον ἐπίσκοπος οὐσα τῆς πολιτείας
χαὶ τὰ τε ἄλλα τὰ πλεῖστα χαὶ τὰ μέγιστα τῶν τεολι-
4 - ὃ ΄ “ x N c A ’ υὕυϑυ Ἶ EN ’
τ(ιχ)ῶν διετήρει χαὶ τοὺς ἁμαρτάνοντας ηὐϑυνεν κυρία]
2 - - - \ I \ \ > ’
ovoa [τοῦ ζη]μι[οῦν] καὶ χολάζειν, καὶ τὰς ἐχτίσεις
38 [ἐγε]α[υτ]ὸν [διατάξα]σα K?. 8, 1 τεσσαρε. 1. ? ἐχ δὲ
[τῆς φυ]λῆς 1, nach K?. 3 γαυχραιραι L. [ἣν δ᾽ ἐπὶ τῶν] K-W.
H-L. [ἣν δὲ τῶν] Καὶ 5, welcher gegen die im Texte stehende Les-
art bemerkt: “t is doubtful whether there is room for this
supplement’. Die Nachmessung ergiebt Raum für die 7 Buch-
Α co
staben 7» δ᾽ emı τ΄. * ναυχραιροι L. ° εντοισολωνομοιστοισ-
σολωνος L, das erste οὐ über andere Buchstaben geschrieben.
1 πολλαχ[ οὔ] vgl. p. 6, 6 ἐν rois.... πολλαχοῦ μέμνηται. πολλα-
xloö] K? nach Wessely, doch seien namentlich «y sehr un-
sicher. πολλ[άχι]ῖς K-W. 59 reroazooio|us] K!-?, aber re-
roezo0u° L. 11 ο[ύ]σα K?. 18 πολι(τι)χῶν K-W. H-L. Κα mit
und nach Anderen. 14 τοῦ ζη]μι[οὔν] K!.K-W. [zei ζη]με[οὔν]
K® nach Blass mit dem Bemerken gegen die erste Lesung:
“but a mark of abbreviation seems visible in the MS. Für
x ist aber der Raum zwischen οὖσα und [ζη]με[ οὖν] zu grofs,
er reicht für mindestens 2 Buchstaben; der Bruch scheint
durch das £ von ζημιοῦν zu gehen.
Ρ. 8
16.
20
25
p- 9
--- ὃ — [Καρ. 8. 9
᾿ ᾽ ΄ 2 ΄ - -
ἀνέφερεν εἰς πόλιν οὐχ Errıyoayovoa τὴν πρόφασιν τοῦ
εν νι εσϑαι, καὶ τοὺς ἐπὶ καταλύσει τοῦ δήμου συν[ι]-
4 2 τ'' ’ [4 >
σταμένους ἕχρινεν, Σόλωνος ϑέν[τος] νόμον eioa|yy]e-
\ - c - x
λ[ίας] περὶ αὐτῶν. ὁρῶν δὲ τὴν μὲν τεόλιν ττολλάχις
στασιάζουσαν, τῶν δὲ πολιτῶν ἐνίους δ[ιὰ)] τὴν ῥᾳϑυ-
ulie]v [ἀγαπ]ντας τὸ αὐτόματον, νόμον ἔϑηχε πρὸς
. N 2 a ὌΝ ’ - , \
αὑτοὺς ἰδιον, 05 ἂν στασιαζούσης τῆς στολίε)ως ul
- Sc x ET, " 5 x
τι]ϑῆται va ὅπλα μηδὲ μεϑ' ἑτέρων, ἄτιμον εἶναι χαὶ
τῆς πόλεως μὴ μετέχειν.
Ix. τὰ μὲν οὖν [περὶ τὰ]ς ἀρχὰς τ[οῦτ)]ον εἶχε
τὸν τρόττον. δοχεῖ δὲ τῆς Σόλωνος πολιτείας τρία ταῦτ᾽
εἶναι τὰ δημοτικώτατα" πρῶτον μὲν καὶ μέγιστον τὸ μὴ
δανείζειν ἐττὶ τοῖς σώμασιν, ἔπειτα τὸ ἐξεῖναι τῷ βουλο-
, - c x - 2 ,
μένῳ [ruu]w[oei]v υττὲρ τῶν ἀδιχουμένων, τρίτον δέ,
ἔς: ΕΗ , ’ > , \ - ἔτ ἂν x
(w) * ualıora φασιν ἰσχυχέναι τὸ τελῆϑος, 7 εἰς τὸ δι-
, ὌΝ ς m -
χ[αστήριον] ἔφ[εσις] κύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος τῆς
Wnpov χύριος γίνεται τῆς πολιτείας. ἔτι δὲ καὶ διὰ
x x , N [4 «ς - \ -
τὸ μὴ yeyloa|pIlaı το]ὺς νόμους ἁπλῶς μηδὲ σαφῶς,
ἀλλ ὥσπερ ὃ ττερὶ τῶν κλήρων χαὶ ἐπικλήρων, ἀνα[γ]κὴ
[πολ]λὰς ἀμφισβητήσεις γίνεσϑαι χαὶ ττάντα βραβεύειν
χαὶ τὰ χοινὰ καὶ τὰ ἴδια τὸ δικασ[ τ]ήρ[ ον]. οἴονται
μὲν οὖν τινὲς ἐτείτηδες ἀσαφεῖς αὐτὸν ποιῆσαι τοὺς
16 <yelut εἰσπράττεσϑαι K-W. [εὐδϑύν]εσθαι ΙΧ 3 im Text
nach Blass; H-L haben #uveo? gelesen; K3 nur &09. Ich
BETEN OIPODE 22 τὸς ἘΣ σε. . εσϑ, dasoan zweiter Stelle ist
nicht zu lesen, weil esim Bruche ausgefallen ist. 17 gzo«[yyJe-
Alias] K® nach Wessely. 1? [ἀγαπ]ῶντας K-W. Kontos; [reoıo-
ο]ῶντας Bury (K®) ansprechend, nach Thuk. IV. 71, 1 augo-
τέροις ἐδόχει ἡσυχάσασι τὸ μέλλον περιιδεῖν. 2° Über πρὸς αὐτοὺς
die Buchstaben zoo0«ev wiederholt in Z. 238 εἶχε Lesung von
K3. 27x05) H-L<(o ze) K-W. 9,7 τὸ δικα[στ]ήρ[εον]} “the
MS. is rather doubtfu? K?. ra διχαστηρια lasen K-W und
emendieren τὸ διχαστήριον. τὰ Ödıxeolz|nolıe]| H-L. Das o in
ro kann als o und « gelesen werden; aber der Raum zwischen
no und οἴονται ist für va zu grofs, so dafs ἐὸν gestanden haben
mufs, wonach sich die Lesung des Artikels reguliert.
Kap. 9—11] a ee:
’ [dl x - , c - 3 ’
vouovg, O7EwWg regt τῆς χρίσεϊως ὁ δ] [μος ἢ κ]ύριος. ν. 9
2 x υ [4 2 N \ x 5 3 ,
οὐ μὴν εἰκός, ἄλλα διὰ τὸ μὴ δύνασϑαι χαϑόλου περι- τὸ
λαβεῖν τὸ βέλτιστον: οὐ γὰρ [δ]ίκ[αιον] ἐκ τῶν νῦν
᾿, ᾽ “2 Ὕ m 77 ’ « x
γινομένων αλλ ἐκ τῆς ἄλλης πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν
ἐχείνου βούλησιν.
x. ἐν [μὲν οὖν τ]οῖς νόμοις ταῦτα δοχεῖ ϑεῖναι δημο-
, \ x - - x m m
Tıxa, 7700 δὲ τῆς νομοϑεσίας womoal[ı] τὴν τῶν χ[ο]εῶ[ν ı5
αττο]χοττὴν καὶ μετὰ ταῦτα τήν τε τῶν μέτρων χαὶ στα-
m \ x - 2 ’
ϑμῶν zul τὴν τοῦ νομίσματος av&noıw. ἐπὶ ἐχείνου γὰρ
ἐγένετο χαὶ τὰ μέτρα μείζω τῶν Φειδωνείων, χαὶ ἡ μνᾶ
᾿ 2 ‚ x
σιρότερον [ἕλχο]υσα σταρ ὁ λί]γον ἑβδομήκοντα δραχμὰς
> ΄ - ς , 3 Be - \ ᾿
ἀνεττληρύϑη ταῖς ἕχατόν. | ἣν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαρακτὴρ.“ 5].
Φ , ᾽ , \ x N x x
διδράχμου. ἐποίησε δὲ χαὶ σταϑμὰ πρὸς [τὸ] νόμισμα 20
τ[ρ]εῖς zai.... ἑξξήχοντα μνᾶς τὸ τάλαντον ἀγούσας.
καὶ ἐπιδιενεμήϑησαν [αἱ] uvai τῷ στατῆρι χαὶ τοῖς ἄλλοις
σταϑμοῖς.
χι. Ζιατάξας δὲ τὴν πτολιτείαν ὅνπερ εἴρηται τρό-
στον, ἐπειδὴ ττροσιόντες αὐτῷ περὶ τῶν νόμων ἐνώχλουν
τὰ μὲν ἐτειτιμῶντες τὰ δὲ ἀναχρίνοντες, βουλόμενος μήτε 25
8 ὅπως ἢ τῆς χρίσεως[ ὁ δ)]ηϊμος κ]ύριος K?. ὅπως τι τῆς
χρίσεως ὁ δῆμος ἢ χύ]οιος. “aut τε delendum aut ὅπως ἢ τῆς
χρ. ὃ ὃ. κύριος" K-W?. ὕπως τῆς χρίσεως ὁ δῆμος ἡ κύριος “post
ὅπως videtur zı seriptum esse’ H-L. Ich lese onwg 1; dieser
Rest des Wortes nach ὅπως kann auf τὸ, ἡ und 7 führen; ich
fasse ihn als π΄ — περὶ; vgl. zu der Stelle. Bei der Lesung ἢ
stört das Fehlen des stummen ı. 1° Vor χαϑόλου stand schon
einmal περιλαβεῖν, durchgestrichen L. !* ποιῆσαι τὴν τῶν χρεῶν
Lesung von K?. 18 παρὰ [μεχρ]ὸν K-W. [τρεῖς zei] H-L. παρα-
[πλήσ]ιον K3 “the = (= παρὰ) seems clear, also the o above
the line for the termination, which is preceded by what may
be an ἐξ: but there is hardly room in the interval for the letters
required”. Das . ist ein y; den Rest eines o glaube ich nach
πὶ zu erkennen; was παρ᾽ ὀ[λίγ]ον ergab. 39 διϑράχμου: δὲ-
δραχμον L und die Hgb.; vgl. z. ἃ. St. 31: Über die Lücke
vgl. z. d. St.
p. 9
26
p. 10
10
ae [Kap. 11. 12
m - ‚> > 2 x Ρ] ΄,
ταῦτα χινεῖν μή ἀπεχϑάνεσϑαι παρὼν ἀποδημίαν
ἐποιήσατο χαΐ ἐμπορία[ν] ἅμα καὶ ϑεωρίαν εἰς Alyv-
Ὕ \ « 3 ac ’ } SR - > x 67}
στον [εἰτε] ὧν ὡς ov[x]nl&]eı δέκα ἐτῶν" οὐ γὰρ οἴεσϑαι
δίκαιον εἶναι τ[ο]ὺς νόμους ἐξηγεῖσϑαι παρών, ἀλλ
ur owv,
x ’ - μ x x ΄
ἕχαστον τὰ ἢ γεγραμμένα ποιεῖν. ἀμα δὲ καὶ συνέβαινεν]
αὐτῷ τῶν τε γνωρίμων διαφόρους γεγενῆσϑαι πολλοὺς
διὰ τὰς τῶν χρεῶν ἀποχοπαΐϊς), χαὶ τὰς στάσεις ἀμφο-
, a, 9. ὃ x x N do > - ,
τέρας μεταϑέσϑαι δια τὸ τεταρὰ δόξαν αὑτοῖς γενέσϑαι
vv ..... τάξιν. ὃ μὲν γὰρ δῆμος ᾧετο sravı ἀνάδαστα
ποιήσειν αὐτόν, οἱ δὲ γνώριμοι [π]άλιν ἢ τὴν αὐτὴν
ΨΈ 2 7 ᾽ν ca KR ,
τάξιν ἀποδώσειν ἡσ..... παραλλ.... ὁ δὲ ἀἸμφοτέ-
> [4 Ἀν #233 > oa - , 2 ΄
ροις ἠναντιώϑη, καὶ ἐξὸν αὑτῷ μεϑ' ὁποτέρων ἠβούλετο
συστάϊντι] τυραννεῖν εἵλετο πρὸς ἀμφοτέρους ἀπεχϑέσ-
ϑαι σώσας τὴν πατρίδα χαὶ τὰ βέϊλτι στα »ομοθεξησσα
χπ. ταῦτα δ᾽ ὅτι τοῦτον {τὸν τρόπον εἶχεν οἵ τὶ
ἄλλοι συμφωνοῦσι πάντες χαὶ αὐτὸς ἐν τῇ ποιήσει μέ-
μνηται πτερὶ αὐτῶν ἐν τοῖσδε (fr. 5 B)'
δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον γέρας ὅσσον ἐπαρ(γεῖς,
m 2) > x „> ’
τιμῆς οὐτ ἀφελὼν oVT ἐττορεξαμενος"
οἱ δ᾽ εἶχον δύναμιν καὶ χρήμασιν ἤσαν ἀγητο[ί],
26 zuveiv] χείνειν L. 385. Zuerst richtig gelesen bei H-L.
praef. p. X, von Blass und Wessely (Κ 3): εἰπὼν von Wessely,
λέγων H-L. Blass; ich habe die Buchstaben im Texte gegeben,
wie ich sie nach diesen erkenne. 10 1 ποιεῖν wie K-W.: ποιῆσαι
H-L. K3. 10, 4 χαταστασιν την ουσαν ταξιν L nach K?; ich lese
nur wieK-W. χα... στασιν und την! Cavrafıv wie K-W., das
C könnte auch die untere Hälfte eines & sein; χαταστασιν
Emendation zu dem korrupten Texte. Stand vielleicht τὴν
νέαν τάξιν ursprünglich? es hätte einen passenden Gegensatz
in τὴν αὐτὴν τάξιν. 5 eis L: ἢ K-W?; etwa πάλιν «τὴν πολι-
teiav) εἰς τὴν z1E.? σμιχρὸν παραλλάξίειν K®. H-L., der An-
laut stilwidrig; ἢ μικρὸν παραλλάξειν K-W., ἢ σχεδὸν ἀἸπαρ-
ἄλλαϊχτον 9. ἀπεχϑεσϑηναι 1. "!Xrov)K. εἶχεν K-W: ἔσ-
yev L. ' γέρας L: κράτος Plut. Sol. 14. ἐπαρχεὶ Plut.; und
so auch L? Das erste Zeichen ist undeutlich, hat aber unten
eine Spitze und nicht eine von links beginnende Schleife,
wie sonst ein nicht legiertes «. 1 ἀπορεξάμενος L, ἐπ. Plut.
16 0% Plut.: ὅσοι L.
Καρ. 12] — 11 —
καὶ τοῖς ἐφρασάμην μηδὲν aleılaes ἔχειν. p. 10
ἔστην δ᾽ ἀμφιβαλὼν κρατερὸν σάκος ἀμφοτέροισι.
γ[ι]χᾶν δ᾽ οὐχ eiao οὐδετέρους ἀδίκως.
πάλιν δ᾽ ἀποφαινόμενος τεερὶ τοῦ τελήϑοις, ὡς α[ὑτ] ᾧ 20
δεῖ χρῆσϑαι (Sol. fr. 6. 8, vgl. Theogn. 159)"
δῆμος δ᾽ ὧδ᾽ ἂν ἄριστα σὺν ἡγεμόνεσσιν ἕποιτο,
μήτε λίαν ἀν[ε]ϑεὶς μήτε βιαζόμενος.
τίχτει γὰρ κόρος ὕβριν, ὅταν πολὺς ὕλβος ἕπτητ[ αι]
ἀνϑρώποισιν ὅσοις μὴ νόος ἄρτιος ἢ). 25
χαὶ πάλιν δ᾽ [ἑτέρωθί που λέγει τεερὶ τῶν διανεί-
μασϑαι τὴν γῆν βουλομένων"
ἃ δ᾽ &p ἁρπαγαῖσιν ἤλϑον, ἐλτεί [δ᾽ Ei]yov ἀφνεᾶν, p. τι
xadorovv ἕχαστος αὐτῶν ὄλβον εὑρήσειν πολύν,
χαί μὲ κωτίλλοντα λείως τραχὺν ἐχφανεῖν νόον.
χαῦνα μὲν Tot ἐφράσαντο, γῦν δέ μοι χολούμενοι (.84)
λίοξδ]ν. ὀφϑ[αλμΊοϊσ᾽ ὁρῶσι πάντες ὥστε δήιον᾽ 5
οὐ χρεών. ἃ μὲν γὰρ εἶπα σὺν ϑεοῖσιν ἤνυσί α], (hr. 35)
[ἄλλα δ᾽ οὐ ματην ξερδ[ο]ν, οὐδέ μοι τυραννίδος
ἁνδάνει βίᾳ τι [δέζ]ειν, οὐδὲ στειε[ίρα]ς χϑονὸς
πατρίδος καχοῖσιν ἐσϑλοὺς ἰσομοιρίαν ἔχειν.
[πάλιν] δὲ καὶ περὶ τῆς ἀπι[οχ] οττῆς τῆς τῶν χρεῶν καὶ τὸ
τῶν δουλευόντων μὲν τερότερον ἐλευϑερωϑέντων δὲ δ[ιὰ]
τὴν σεισάχϑει [αν] (fr. 856)"
ἐγὼ δὲ τῶν μὲν ovver T αξονηλατον
23 βιαζόμενος L: πιεζόμενος Plut. compar. Sol. et Popl. 2.
56. zei tilgen K-W. ἑτέρωθι lasen K-W., andere ergänzen
anderes. 11, ! <velut οἱ δ᾽ ἐφ᾽ ἁρπαγαῖσιν ἐλπίδ᾽ ἤλιϑ᾽ εἶχον"
K-W. ὁ Ergänzt aus Plut. Sol. 16. 6. ἃ μὲν γὰρ alle mir be-
kannten Hschr. des Aristides II. 536 D. 7 ἄλλα] ἅμα Aristid.
Die Spuren in Z scheinen nicht ganz zu Aristid. zu stimmen.
ἔερδον] ἔρδον Aristid., erst von jüngeren Händen die Korrektur
ἕρδον. 1% Lesung von Wessely (K3); τῆς anlooies] τῆς τῶν
[ὑπόχρε]ων K-W?. 18 <MS. is doubtful; the A might be read
as σ or γ᾽ K®. εἵνεκ᾽ ἀξονηλατῶν K-W?. οὕνεχα ξυνήγαγον
Blass, Platt; andere anders. Ich verstehe Ζ. 13. 14 nicht.
B?, wo dem Raume nach αξονηλατον zu erwarten ist, ξι.
15
20
25
-- 12 — [Kap. 12
δῆμόν τι voizwv πρὶν τυχ[εῖ]ν ἐπαυσάμην.
’ - ) IN Ὕ , ΄
συμμαρτυρ[οἰη ταῦτ av ἐν δίχῃ χρόνου (fr. 36)
μήτηρ μεγίστη δαιμόνω[ν ᾿Ολυ]μπίων
ἄριστα, Γῆ μέλαινα, τῆς ἐγώ rote
ὅρους ἀνεῖλον ττολλαχῇ rerenyorals],
[πρόσ]ϑεν δὲ δουλεύουσα, νῦν ἐλευϑέρα.
πολλοὺς δ᾽ ᾿4ϑήνας, πατρίδ᾽ εἰς ϑεόχτιτ[ον],
[ἀνή]γαγον πραϑέντας, ἄλλον ἐχδίχως,
„ r N 3.553 , RN
αλλον δικαίως, τοὺς δ᾽ ἀναγχαίης υττὸ
χρειοῦς φυγόντας, γλῶσσαν οὐκέτ᾽ ᾿4ττιχὴν
ἱέγγας, ὡς ἂν πολλαχῇ “πλαν[ ὠμένους],
x > πὸ , 97 2 -“» B > 7
τοὺς ὃ ἐνθαδ αὑτοῦ δουλίην ἀειχέα
[ξἐΊχοντας, ἤϑη δεσποτῶν τρομευμένους],
[ἐλ]ευϑέρους ἔϑηχα. ταῦτα μὲν χράτει
γόμου, βίαν TE χαὶ δίχην συναρμύσας,
Ἐ[ἔρεξα] καὶ διῆλϑον ὡς ὑτεεσχόιιην.
ϑεσμοὺς δ᾽ ὁμοίως τῷ καχῷ TE χἀγαϑῷ,
εὐθεῖαν εἰς ἕχαστον ἁρμόσας δίκην,
Ὑ ΄, er? c h) x [2
ἕγραινα. χέντρον ὃ ἀλλος ὡς ἐγὼ λαβων,
[χκαχ]οφραδής τε καὶ φιλοχτήμων ἀνήρ,
> »\ - , x "
οὐχ, ἂν χατέσχε δῆμον" εἰ γὰρ ἢ[ϑε]λον (fr. 37)
14 [ἐπαυ]σάμαν B?. 539 ϑεοχτιστ.. L., ebenso im Aristid.
II. 536 D der Laur. 60, 3 (Arethas-7), in geringeren Hschr.
öfter korrigiert; Laur. 60, 7 und seine Klasse ϑεόχτιτον. 3} ἐχ-
δίχως auch Aristid. Laur. 60, 3. 35 δουλίην L. Plut. Sol. 15:
dovisins Aristid. p. 537. 26 79n LB: ἤδη Aristid. δεσποτῶν
Aristid. Laur. 60, 3 und andere noch nicht nach dem Fehler
ἤδη interpolierte (δεσπότας) Hschr. 31 zoareı νόμου Κα. H-L.: χρα-
τεεινομου L., also entweder χρατέεεν ὁμοῦ oder χρατέει vouov;
ich fasse βέαν — συναρμόσας als Apposition zu zoareı νόμου.
x0.rnouov B, κράτη ὁμοῦ Aristid. Laur. 60, 7: χράτει ὁμοῦ
Aristid. Laur. 60, 3 (jüngere Hschr. der gleichen Klasse öfter
κράτη aus χράτεν korrigiert) Plut. Sol. 15. K-W. 12, 3 δ᾽
Aristid.: re L. ὁμοίως L und eine oft interpolierte Hand-
schriftenklasse des Aristid.
Kap. 12. 13] a: ἘΠ
a - > , a ,
α τοῖς Evavriolıoı]v νδανεν τότε, Ρ. 12
ΒΕ ἧς «(ἀν »
αὖϑις δ᾽ ἃ τοῖσιν οὕτεροι φρασαίατο,
m x - ’ ’ ’
χπολλῶν av ἀνδρῶν ἥδ᾽ ἐχηρώϑη πόλις.
- ’ > x ΄
τῶν εἵνεκ ἀλκὴν πάντοϑεν ττοιούμενος 10
ς x -
ὡς ἐν χυσὶν ποολλαῖσιν ἐστράφην λύχος.
x [27 x ' -
χαὶ πάλιν ὀνειδίζων ττρὸς τὰς ὕστερον αὐ [τ]ῶν μεμιψι-
μοιρίας ἀμφοτέρων"
΄ x > >
δήμῳ μὲν εἰ χρὴ διαφάδην ονειδίσαι,
[a - 2 P77 > > -ν >\
α νῦν ἔχουσιν οὐττοῦ ὀφϑαλμοῖσιν av 15
εὔδοντες εἶδον.
cr x ’ x ’ > ’
000. δὲ μείζους καὶ βίαν ἀμείνονες
- > Ν
αἰνοῖεν ἂν μὲ χαὶ φίλον ποιοίατο᾽
ΎὝ ’ 2) ἡ , G - m 77
εἰ, yao τις ἄλλος, φησί, ταύτης τῆς τιμῆς ἔτυχεν (fr. 36,
20. 21), 20
2 IN ’, - > 9} ΕῚ ’
οὐκ ἂν κατέσχε δῆμον οὐὃ ἐπαύσατο,
χερὶν ἀνταράξας πῖαρ ἐξέλῃ yaha.
a πϑ εἴ 2 , 5. Col.
ἐγὼ δὲ τούτων ὥσπερ Ev μεταιχμίῳ en
0005 χατέἕστην.
\ \ 3 > ‚ Ὕ ᾽ὔ \ ’
x. Τὴν μὲν οὺν ἀποδημίαν ἐποιήσατο διὰ ταύτας 25
τὰς αἰτίας.
1 ἃ τοῖς B. Aristid.: αὐτοῖς L. 8 αὖτις B?: δ᾽ ἃ τοῖσιν
Aristid. p. 538, δὲ er..aıw B?: δὲ αὐτοῖσιν L. οὕτεροι K-W.
Platt: ovreouı oder -g0: (K?) L.: ἁτέροις Aristid. φρασαίατο
in allen Arist.-Hschr. in δρᾶσαι διὰ korrumpiert. 19. zivex’ K-
W.: οὕνεκ᾽ L. Aristid. ἀλχὴν L.: ἀρχὴν Aristid., eine Hschr.
mit yo. ἀρχή. ποιεύμενος Platt K-W. H-L.: χυχεύμενος Aristid.
14 διαφάδην K-W. Kontos: διαφραδὴν 1. 35 πριν ανταραξας
L., woraus K® nach Adam πρὶν ἀνταράξας: πρὶν ἢ ταράξας
K-W2:zoiv ὧν ταράξας Plut. Sol. 16. πῖαρ Plut.: πυαρ L.
Fünftes Kapitel.
Mit dem fünften Kapitel beginnt äufserlich be-
trachtet die Darstellung der solonischen Verfassung in
der aristotelischen Schrift vom Staatswesen der Athener;
allein genaueres Zusehen lehrt, dass die drei zunächst
vorhergehenden Kapitel, welche die sociale Lage des
athenischen Staates und seine Verfassungsgeschichte
vor Solon vorführen, eigentlich auch schon zu der Dar-
stellung der solonischen Verfassung gehören. Zunächst
bilden sie nach der Absicht des Schriftstellers für den
Leser die Folie, auf der sich die Schilderung der
Thätigkeit Solons abhebt. Aristoteles hat selbst im
zweiten Kapitel mit den Worten χαὶ γὰρ δε δε]μέν[ οἱ]
τοῖς δ[ανείἼσασιν ἐτεὶ τοῖς σώμασιν ἤσαν μέχρι Σόλωνος "
οὗτος δὲ πρῶτος ἐγένετο τοῦ δήμου τιροστάτης einen
Fingerzeig dafür gegeben, dafs von hier ab die Dar-
stellung auf die solonische Verfassung hinstrebe, und
nicht ohne Absicht des Schriftstellers weisen die Worte
des dritten Kapitels ἐπὶ δὲ Σόλωνος ἅπαντες eig τὸ
ϑεσμοϑετεῖον συνῆλϑον auf das Eintreten der natur-
gemälsen Vereinigung der höchsten Behörde gerade
unter Solon hin. Die in Kapitel 2—4 geschilderten
Zustände sind im ganzen für oligarchische Ver-
a
fassungen charakteristisch, und dem Leser wird im 5. Kap.
Beginn des 2. Kapitels ihre richtige Auffassung mit
deutlichem Worte an die Hand gegeben: ἦν γὰρ τότε
ἡ πολιτεία τοῖς τε ἄλλοις ὁλιγαρχικὴ πᾶσι al
δὴ καὶ ἐδούλευον οἱ “εένητες τοῖς τελουσίοις ; der Schlufs
knüpft δὴ diesen Gedanken wieder an: χαλεπτώτατον.....
ἤν τοῖς πολλοῖς τῶν κατὰ τὴν πολιτείαν τὸ δουλεύειν.
οὐ μὴν ἀλλὰ χαὶ ἐττὶ τοῖς ἄλλοις ἐδυσχέραινον" οὐδενος
γάρ, ὡς εἰτυεῖν, ἐτύγχανον μετέχοντες. Dieser oligarchi-
schen Wirtschaft wird nun in der solonischen Ord-
nung die πολιτεία entgegengesetzt. Um den Gegen-
satz zwischen dem vorsolonischen Zustande und der
solonischen Reformation des ganzen inneren Staats-
lebens scharf zu markieren, wird der Inhalt jener
Kapitel im Beginne des fünften rekapituliert; die Re-
kapitulation erfolgt in umgekehrter Reihenfolge, um
an das zunächst Vorhergehende anzuknüpfen!), zu-
gleich aber mit fast wörtlicher Wiederholung der in
den früheren Kapiteln gebrauchten Ausdrücke, um
eine grölsere Straffheit der Bindung zwischen den auf
die solonische Partie vorbereitenden Kapiteln und dieser
selbst zu erzielen: πιχρότατον ἣν τοῖς πολλοῖς... τὸ
δουλεύειν 5) (Kap. 2) > τῶν πολλῶν δουλευόντων τοῖς
1) Ich gebe Citate ohne die Klammern der Ergänzungen, wo
nichts darauf ankommt. Oben und in der folgenden Anmerkung
habe ich die Herstellung von K-W. χαὶ γὰρ δεδεμένοι faute de
mieux angenommen. Dafs ich sie nicht für richtig halte, deute
ich an in der Rec. von H-L., Berl. phil. Wochenschr. 1892, mit
der Lesung zei γὰρ... da . ., die zu der Ergänzung von K-W.
nicht stimmt; aber auch Blafs’ χαὶ γὰρ οἱ δανεισμοὶ πᾶσιν ἐπὶ
χτέ. will mich nicht ganz befriedigen (Litt. Centralbl. 1891, 1834).
2) Ich halte nach wie vor die Schlufsworte von Kap. 4
ἐπὶ δὲ τοῖς σώμασιν ἦσαν δεδανεισμένοι, καϑάπερ εἴρηται, καὶ
ἡ χώρα δι ὀλίγων ἣν für ein Glossem. Dafür, dafs man die
Kap. 2 geschilderten soeialen Zustände auch während der dra-
N πὴ:
5. Kap. πολλοῖς. --- ἦν δ᾽ ἡ τάξις τῆς ἀρχαίας πολιτείας τῆς
πρὸ Δράχοντος τοιάδε (Kap. 3) > τοιαύτης δὲ τῆς
τάξεως οὔσης ἐν τῇ ττολιτείᾳ; und ebenso von der
drakontischen Verfassung 7 δὲ τάξες αὕτη τόνδε τὸν
τρόπον εἶχε, wobei für die Genauigkeit der Über-
einstimmung zu beachten ist, dafs das Wort τάξις in
Verbindung mit zolıreia in dem ganzen Buche aulser
an diesen Stellen nur noch bei der theseischen Verfassung
in dem rekapitulierenden 41. Kapitel gebraucht ist!).
kontischen Periode weiter bestehend denke, ist eben dort mit
den Worten zei γὰρ δεδεμένοι τοῖς δανείσασιν ἐπὶ τοῖς σώμα-
σιν ἦσαν μέχρι Σόλωνος hinreichend gesorgt; sie wären
schon deswegen überflüssig. Sie sind es zweitens wegen der
gerade acht Worte darauf folgenden Rekapitulation zei τῶν
πολλῶν δουλευόντων τοῖς ὀλίγοις noch einmal. Sie sind aber
durch die Nähe der Wiederholung an der letzteren Stelle
nicht blofs lästig, sondern auch unschön; unschön ist ihre
Ankleeksung an die Darstellung der drakontischen Verfassung
in hohem Mafse. Vor allem aber trifft der Ausdruck dieses
Satzes nicht den Kern der Sache. Ein Zustand soll geschildert
werden. Der Zustand ist das δουλεύειν ; deshalb setzt Aristoteles
dieses Wort in den Anfang von Kap. 2 und wieder an das Ende.
Das δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασι ist der Grund für diesen Zu-
stand; so wird es im 2. Kapitel gefafst, und im 6. Kapitel sagt
Aristoteles nicht ἐχώλυσε δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασιν, Sondern
im Gegensatz zu dem Zustand des δουλεύειν ganz konsequent
ἠλευϑέρωσε, wofür als Grund χωλύσας δανείζειν ἐπὶ τοῖς σώμασιν
hinzugefügt wird. Die Rekapitulation Kap. 5 δουλευόντων τῶν
πολλῶν entspricht also genau der Auffassung im 2. und 6. Ka-
pitel. Der Satz am Schlufs des 4. Kapitels giebt den Grund
für einen Zustand an, wo der sociale Zustand selbst im An-
schlufs an einen politischen Zustand gebracht werden mufste.
Der Satz ist ein aus Kap.2 entlehntes Glossem zu den Worten
τῶν πολλῶν δουλευόντων, das eine Zeile zu hoch in den Text
geraten ist,
1) Im übrigen heifst es von Solon selbst (p. 6, 9) πολετείαν
κατέστησε: der innere Ausbau der Verfassung wird mit διέταξε
(p. 6, 16) und διατάξας (p. 9, 23) bezeichnet; mit Bedeutungs-
2 ὁ ἘΠ ΜΈΣΟΣ
Die Rekapitulation abgerechnet, zerfällt das fünfte
Kapitel in zwei leicht zu scheidende Teile; der erste
erzählt die Wahl Solons und die Begründung dazu;
der zweite bestimmt die politische Stellung Solons.
Die Teile sind vollkommen symmetrisch gebaut: in
beiden bildet ein Citat aus Solons Gedichten die Mitte;
je ein Satz führt zu ihr hinauf, je eine Periode führt
von ihr herab. Die letzteren sind an Umfang an-
nähernd gleich, der erste Satz ist auch in sich völlig
symmetrisch gebaut: ἰσχυρᾶς ὦ. οὔσης (a), καὶ «5 ἀλλή-
λων (Ὁ) εἵλοντο m Σόλωνα (c) καὶ “«» αὐτῷ (b), ποιή-
σαντι nm ἐλεγείαν (a), also fünf Kola mit Changement der
Korrespondenz (ab, c, ba). Dafs kunstvolle Periodik
in unserem Buche sich findet, fällt ja jedem Leser auf;
nur um auf ein paar Beispiele zu verweisen, nenne ich
die Sätze p. 19, 4 fi. 26 ἢ: 28, 18 ff.; einzelnes
kommt noch später zur Besprechung. Rhetorischen
Satzbau darf man natürlich in einem Buche, wie dem
vorliegenden, nicht erwarten; es gehört nicht der
rhetorischen Litteratur an. Der Satzbau entspricht
im allgemeinen jedoch der Forderung des Aristoteles
(Rhet. 1409 a 34) an die εἰρομένη λέξις κατεστραμμένη
3 G
ἐν σιεριόδοις: λέγω δὲ περίοδον λέξιν ἔχουσαν ἀρχὴν
nuance p. ὃ, 10 vom Areopag ἔταξεν ἐπὶ τὸ νομοφυλαχεῖν.
χαταστῆσαι τὴν ἐπὶ τῶν τετραχοσίων πολιτείαν p. 32, 11 und ἡ
ὀλιγαρχία κατέστη p. 36, 10, vom inneren Ausbau διέταξαν
p- 33, 13. Vom Lysander χαταστῆσαι τοὺς τριάχοντα p. 38, 4
und bei der Neuordnung der Bule durch Kleisthenes, der
Einführung einer neuen Form, τὴν βουλὴν κατέστησεν p. 23, 3,
wofür bei Solon ἐποίησε (p. 8, 9), weil nur eine geringe Um-
gestaltung des drakontischen Rates vorgenommen wurde. τάττειν
τὴν πολιτείαν heilst es nie. Im der πολ. 49nr. ist also die Aus-
drucksweise dieser Gedankensphäre geregelt nach der aristo-
telischen Definition (Polit. 1274 Ὁ 38) ἡ δὲ πολιτεία τῶν τὴν
πόλιν οἰκούντων ἐστὶ τάξις τις; vgl. 1289a 15.
Keil, Aristoteles. 2
5. Kap.
Periodik,
5. Kap. χαὶ τελευτὴν αὐτὴν χαϑ' αὑτὴν καὶ μέγεϑος εὐσύνοπτον.
Bar ἡδεῖα δὲ ἡ τοιαύτη χαὶ εὐμαϑής. Es werden wohl
manchmal lästige Parenthesen eingeschoben, wie p. 2,
27; 7, 6 fi; 30, 4 f., allein die Deutlichkeit leidet
nicht darunter. Dagegen ist der Satzbau ungleich-
mälsig; trefflich periodisierte Stellen, wie die eben an-
geführten, stehen neben solchen mit rein agglutinieren-
der Satzfügung. Der Grund dafür ist der unfertige
Zustand des Buches; der letzten Feilung, welche die
πολ. A$nyv. eben nie erhalten hat, war die Durch-
führung der Gleichmäfsigkeit des Satzbaues vorbehalten.
Rhythmik Aristoteles behandelt die Periodik im Anschlufs an
die Rhythmik. Steht diese in der στολ. Ar. ebenso
mit seiner Theorie im Einklange? Eine Untersuchung
der Rhythmik der πολ. 49nyv. kann m. Εἰ. sich nicht
auf das ganze Buch erstrecken. Im zweiten Teile
mulsten die vielen technischen Ausdrücke die Ab-
sicht, rhythmisch zu schreiben, oft unmöglich machen.
Im ersten fallen für eine solche Untersuchung die
Kapitel fort, welche Aktenmaterial reproduzieren.
Das fast im Rohmaterial vorliegende 22. Kapitel kann
auch kaum in Betracht kommen. Dagegen gehört
zum DBeobachtungsmaterial das Anfangskapitel des
zweiten Teiles über die Ephebie, welches vielleicht
das bestausgearbeitete des Buches ist und nur in den
Partieen über Solon, die Peisistratiden und die Dema-
gogen (Kap. 28) annähernd gleich gute Parallelen hat.
Auch der Beginn des 45. Kapitels darf herangezogen wer-
den. Es ist nicht meine Absicht, aus diesen Abschnitten
eine vollständige Sammlung der Klauseln und Satz-
oder Kolenanfänge zu geben; ich habe soviel Material
gesammelt, wie mir zur Charakteristik nötig schien.
Im einzelnen wird man rechten können, weshalb diese
oder jene Stelle auch aus dem ersten Teile nicht heran-
ἘΣ Ὁ ΠΕ
gezogen ist. Ich halte aber dafür, dafs bei einer Unter-
suchung über ein künstlerisches Stilelement der
Untersuchende in einem Buche wie dem vorliegenden
sich bei jeder Stelle fragen mufs, ob ihr Charakter
derart ist, dafs man in ihr beabsichtigtes Hineintragen
künstlerischer Elemente seitens des Schriftstellers vor-
aussetzen darf. Über diese Vorfrage muls man sich also
zuerst entscheiden ; aber ihre Entscheidung hängt so sehr
von subjektivem Urteil und Empfinden ab, dals man
in vielen Fällen immer wird rechten können und
müssen. Vor allem aber ist, und zwar mehr als bei
jeder anderen Untersuchung, hier im Auge zu be-
halten, dass die 7204. 4919. die letzte Feile nicht mehr
erhalten hat. — Für die Quantitätsmessungen bemerke
ich, dafs ich geschlossene kurze Silben vor der Pause
als lang rechne, dagegen offene als kurze behandle. Die
Pause, welche Hiate entschuldigt, längt durch ihre
Mora auch die konsonantisch auslautende kurzvoka-
lische Endung. Im übrigen werden bei den Zusammen-
stellungen die Fälle, in denen nicht vokal- oder po-
sitionslanger Schlufs vorliegt, durch Einklammerung
der Zahlen des Citates angezeigt.
1) Die Klauseln von Kola und Perioden.
----16=7 (4 9): -wv. ἀλλήλοις. 4, 19. 27; 6,
17-18); 5, 21. 22. (27); (9, 12); 10,2. (5); (15, 4.
24); 16, 5; (19, 20); 28, 6; (46, 11: 47, 12).
u---20= 17 (+ 3): ἀπεχϑέσϑαι 10, 9; 4,16;
042 Ὁ, Ὅν 10. 7. 009}: (15. Ds: 15,44 @.): 16;
28, 4. Das Metrum wiederholt 1, 16 τῶν-δου-
Aeveıv) — ὅ, 10 (ὡς-ἐνεσξώσης) In ὦ ὦ ὦ ---- -- -
steht der Päon im Kontrast zum Epitrit ἐγένετο
ἣ πολιτεία 23, 27; päonisch ebenfalls ovver-
δότας ἐμήνυεν 19, 26; (2, 21). Die Verbindung
-uu---, wie choriambisch mit schwerer
ΟΣ
5. Kap.
Rhythmik
Klauseln
5. Kap.
Klauseln
- u=-—o
ἘΠ 1 ae
Klausel, τῆς στάσεως οὔσης 4, 18; 8, 18-9;
19, 15; anapästisch - u u - vu --- τρῶν ὀμό-
σαντες ἀριστίνδην 1, 1, vgl. Zveßißaoev εἰς τὰς
ναῦς 25, 29.
25 —= 15 (+ 10): ἐστὶν ἀρχὴ 4, 21; (6, 4); 9,
5; 10, 7. (12); 31, 10; 47, 7. Mit päonischem
Motiv (U) u u u - u - - Ἡ γενομένης ἐπλούτουν
5, 23; (6, 7). Das epitritische Metrum ganz
deutlich in der Wiederholung (μέλ)λοντα vAn-
oovol$ai τιν᾽ ἀρχήν 7, 15; (19, 12); andere
Epitrite vorher (13, 23; 20, 2). Der Rhyth-
mus setzt sich über den Periodenschlufs im
Eingang des nächsten Kolons fort UL u--|
- u = = | - u - - ἐπιμελεῖσϑαι τῶν ἐφήβων. ἐκ
δὲ τούτων 46, 16. Bei vorhergehendem Tro-
chäus wirkt der Schlufs trochäisch τῶν νόμων
ἐνώχλουν 9, 24; (1, 17-8; 4,11; 9,1); 31, 18-
9; 19, 24-5, wo der Rhythmus durch das vor-
hergehende τοὺς ἀναιτίους besonders hervor-
tritt; noch mehr 6, 9 καὶ νόμους ἔϑηχεν ἄλλους.
Rein logaödisch wirkt - u u - u - - - [ἀϑά-
ver’ "Agoodira): -av ἐπέτρεψαν αὐτῷ 4, 20;
ebenso 5, 20; (καὲ ovveß.) 10, 1; (26, 18-9).
21:==16 (+5): 8&080107 16,5: 4, 15::9, 125
9, 29; 12, 26; 22, 26; 28, 27-8; das Vers-
mals wiederholt αὐτὸν ron σαι τοὺς νόμους
9, 8. (23 -αν. .. τρόττον.) Der zweite Epitrit
geht vorher - u - - | - - u - 08 eyes Tolg
πλουσίοις 1, 8; 5, 8-9; (7, 16); derselbe zwei-
mal vorher -ovo« πάντας | τοὺς ἀχοσμοῦν τας
χυρίως 8, 13, so dafs die Schwere des Rhyth-
mus sehr fühlbar ist. Erleichtert bei dieser
Klausel erscheint er, indem er kretisches Ge-
präge durch voraufgehenden Trochäus erhält
EEE ὐξ
[δῆμος 7 χύ]οριος 9, 8-9. -εχϑάνεσϑαι “ταρών
9, 26; 5, 2. Mit päonischem Rhythmus >
Lu u - - u - τῶν παρανομούντων xgloıw (2,
22; 9,7). Logaödisch in der Verbindung - ὦ
- —- u - 5, 19, also wie der Vers bei Hephä-
stion Ser. metr. e.9 (p. 30, 13 W.) Ἱστοπτόνοι
μείραχες: -Eiv τισι τῶν γνωρίμων, ebenso
(8, 26); noch stärker das logaödische Element
. >
in Ξε ἘΣ Ξιδ u=-=u> Augporeoovg ‚ drrepunsı
καλῶς 17, 20-1, vgl. den Eingang δημοτικώ-
τατος εἶναι δοχῶν 13, 25.
80 --Ξ 2] (- 9). Diese Klausel giebt, je nachdem
ihr eine Kürze oder Länge vorhergeht, der
Diction päonisches oder logaödisches Gepräge.
() vv - ται πρὸς Eavrovg 13, 9; (1, 12); 2,
7; 15, 18-9 (19, 21-2; 31, 21); doppelter Päon:
dıazelovow Fr nal viv 7, 23. (ἡ uvuluu
- - 10,10; 8, 3; (81, 18). Übrigens ist zu be-
rücksichtigen, dafs Theophrast (s. u. S. 31) diese
Klauseln als päonisch falste, wie sein Beispiel
φιλοσοφούντων zeigt (vgl. Jacoby, der orator.
Numerus bei Isokr. und Demosth. Diss. Zürich
1887. 5. 39 f.) — Der logaödische Ausgang
ist sehr häufig. Veranlasst durch Wieder-
holung des Metrums 10, 8 -zo συστᾶν τι τυραν-
νεῖν. Weiteres un σελεονεχτεῖν 5, 3; 15, 22; 50,
3; 50, 3 und (27, 18, vorhergeht „Lu uvuu).
Rein pherekrateisch ist der Schlufs - = - u u
- > (E)ruyyavov μετέχοντες (1, 18; 10, 11;
27, 26),°15, 135; .30,:,16;..32;.2..-4; 42, 9.
Der logaödische Charakter verstärkt - = - u
- - (eio)ayyehkiag περὶ αὐτῶν 8, 11: 7, 21;
9, 6; 9, 29-10, 1. Noch ein Daktylus davor:
σώμασιν. .. Σόλωνος (1, 14); vgl. 4, 20; so-
5. Kap.
Klauseln
5. Kap.
Klauseln
UV
ῳ
BR 2,2
gar ein Hexameter, wenn auch von der Art,
welche des Horaz non quivis videt in\modulata
poemata iudex persifliert, ist herausgekommen :
ὡς ὑπὸ τῶν ἀντιϊστασιωτῶν ταῦτα πεπονθώς
14, 1-2.
17 = 11 (+ 6) λίαν ἁπλῶς 14, 24; (1, 6: 31,
16-7; 46, 8.) Der jarbisehe Blykımns
uniewrölttikiöh tar NVA VEN re
vero τελεῖον ἢ (ἐ)νιαύσιος (2, 23). Ein richtiges
μέτρον Εὐριτείδειον, wie Hephaistion und andere
es nennen, bildet die katalektische trochäische
Tetrapodie: μᾶλλον 7 τυραννιχῶς 14, 17; doch
ist zu beobachten, dafs dem Schriftsteller der
Rhythmus so stark klang, dafs er 16, 9 die-
selben Worte umstellte: μᾶλλον πολιτικῶς ἢ
τυραννιχῶς. — Wieder logaödischen Versaus-
gang ‚giebt {τ 0 Ὁ ) SV VE VE rare
διοι)γχεῖν κατὰ τοὺς νόμους 17, 13, fast wie
aus einem choriambisch-logaödischen System ;
(5, 25-6); 13, 13. Tritt ein Spondäus oder Tro-
chäus davor, so istder Glykoneus fertig: χαὶ τοῖς
πράγμασι τῶν μέσων 5, 1. (-ϑῆν᾽ ὑπὸ) 20; 4,
26; 6, 8: diese Klausel ist nicht selten. Noch
verstärkt ist das daktylische Element in -- τ ὦ,
= u u=-u- τῆς πόλεως Teragayusvng 12, 26.
Endlich auch in Verbindung mit den logaödisch
wirkenden Choriamben Kong ἐπὶ τούτοις ἐκά-
Inloe τὴν πόλιν (1, 4); nur um einen Choriamb
länger ist Anakreons vnsrAvrov εἴλυμα χακῆς
ἀσπίδος ἀρτοτετώλισιν (frg. 21, 6 Bt). Päo-
nischer Rhythmus „u u u [ὦ - u - YEyove κατὰ
τοὺς νόμους 46, 4.
22 = 18 (+ 4): ἀμφοτέρων 12, 13; 5, 12
(mit (ö), K-W.). 16; 6,1; 10, 27; (17, 15-16);
DE ae
22, 6.11; 25, 9 (28, 12). Das Versmals wieder-
holt τῆς πόλεως | μὴ μετέχειν 8, 22, ebenso 8, 20,
s. unten S. 37 f. Bei vorhergehenden drei
Kürzen gewinnt der Rhythmus päonische Wir-
kung: σερὸς Meyageag ττολέμῳ 13, 26, wozu man
1, 3 ἔφυγεν ἀειφυγίαν vergleiche; treten nur
zwei Kürzen davor, ist der anapästische Rhyth-
mus fertig ἀπὸ τοῦ | τυπανοῦ 50, 5; noch
stärker vu - = | - u u - Amooeı σαμένων |
to βάρος (5, 17), vgl. 5,15-6; (τὰς) δαπάνας τὰς
γινομένας 8, 5; falls richtig ergänzt [ἀγα-
χε]ῶν τας ταὐτόματον (8, 20). Infolge der ana-
pästischen letzten drei Silben ist auch der
Rhythmus in (29) - 2-25. + (δου)λευόντων
τοῖς ὀλίγοις 4, 17 anapästisch; ebenso ὡς οὐχ
ἥξει δέχ᾽ ἐτῶν 9, 28, falls richtig ergänzt ist;
ἐχ τῶν | νῦν γινομένων 9, 11.
18 = 7 (+ 11) αὐξανομένη 2ὅ, 19; 3, 16-7;
10, 3; 21, 4; 33, 21 (16, 2; 24, 14; 28, 22;
31, 15-6; 32, 6; 37, 12; 41, 6-7; 45, 27). Ganz
stark, vielleicht am stärksten im ganzen Buche
tritt der päonische Rhythmus 13, 12 in drei
aufeinander folgenden Päonen auf, und das
Hastige ist noch durch zwei dem ersten Päon
voraufgehende Kürzen verstärkt δεὰ τὸ ueya-
λην γεγονέναι μεταβολήν. Häufungen von Kür-
zen vor päonischem Ausgang öfter: τότε ra-
oaxaAaw 14,16; (30,13); „u vuuuvs (16, 2
λόγον £rr.). Wie (30, 13) ist (22, 20) gebaut,
nur dafs hier der päonische Eindruck bis zur
Häfslichkeit dadurch verstärkt wird, dafs die
Jagd über die mit nicht naturlanger Klausel
schliefsende Periode hinaus und in der nächsten
Periode weitergeht (στολ)λὰ διετέλεσαν. ἔτι δὲ
σπρότείρον τῶν).
5. Kap.
Klauseln
u. EA
5. Kap. Die Klauseln gehen also im den angeführten
Klauseln 169 Fällen auf eine lange Silbe aus, und zwar 112
davon auf vokalisch lange Silben, 57 auf geschlossene
kurzvokalische. Das Verhältnis ist wie 2:1.
Bei der Behandlung der auf einen offenen kurzen
Vokal ausgehenden Klauseln scheide ich diejenigen
Fälle aus, wo der Sinn ergiebt, dals der Schrift-
steller das Deutlichkeitsprinecip und kein ästhetisches
Interesse verfolgt hat, d. h. in Fällen wie τόνδε τοιάδε
was sw tz hB:u 1320517, 7% 10,118, 79 1 Pe
35, 10; 38, 4; 42, 11. Fort fallen natürlich die
Fälle, welche den Dekreten von Kap. 29 ab an-
gehören. Auch die Fälle setze ich nicht in Anrechnung,
in welchen durch Anfügung des euphonischen » der
volle Schlufs herbeigefürht.wird; denn ich meine, dals
gegen die Autorität der Handschrift von diesem Mittel
Gebrauch zu machen ist, wenn dadurch ein kurz-
vokalischer ungedeckter Auslaut an Kolon- und Perio-
denschlufs vermieden werden kann; also z. B. πᾶσιν 1,
7: 26, 22; εἶχεν 3, 19, ὀμνύουσιν 6, 15, εἴχοσιν 18, 2,
δέδωχεν 19, 30, πράγμασιν 25, 23, ἐστιν 32, 1, ueradı-
δόασιν 39, 28, ἱχυπεῦσιν 41, 16; vgl. ferner 25, 25;
26, 23. 24; 31, 10; 39, 27; 43, 20; 47, 2. Endlich rechne
ich nicht den durch Supplierung geschaffenen Fall
ἐπιτιϑέμενον τυραννίδι) 14, 10; ErrızıdEuevov τυραν-
[veiv] vermeidet den offenen kurzen Klauselschlufs.
Ich habe nun die Fälle von vokalisch kurz-
schliefsenden Klauseln nicht wie jene obigen 167 Fälle
in einer nur für die Charakteristik genügenden Anzahl
ausgelesen, sondern habe, sobald ich das Verhältnis über-
schaute, den ersten Teil und die oben bezeichneten Ab-
schnitte des zweiten ganz auf diese Art der Klauseln
an den Schlüssen der Kola durchgesehen. Ich habe im
Ganzen 47 Fälle offenen kurzvokalischen Ausganges
ὝΕΣ ΤΕ Εν πὶ
konstatiert. Allein von ihnen kommen noch einige in
Fortfall, an welchen der Verfasser ein Wort zu dessen
besonderer Hervorhebung mit Hintenansetzung der
ästhetischen Stilgesetze an den Schlufs stellt; dieser
Fall ist wesensähnlich mit dem vorher bezeichneten bei
τόνδε u.8s.w. Er liegt vor bei δέχα, 7, 19; 13, 4 und
23, 25; ebenso bei den Zahlen 21, 19. 20; 24, 8; 38,
22. 23 und bei ἄστυ 23, 10. In der Aufzählung des
athenischen Beamtenheeres steht zrevrnxovre am Schlufs,
parallel mit den anderen Zahlwörtern; dieser ganze
Abschnitt kommt nicht in Betracht. So bleiben im
Ganzen 37 Fälle. Von ihnen fallen innerhalb der
Periodean Kolen schlüsse, also nicht an die markantere
Stelle des Satzschlusses Σόλωνα 4, 20, ὑγρὰ 7, 3,
νόμισμα 9, 20, ὅτιλα 15, 18, ἐλέγετο 17, 7, τεροσήγετο
17, 20, ϑυγατέρα 18, 3, ὄντα 19, 2, διεσφάλλοντο
20, 15, ἐπίϑετα 27, 4, περιείλετο 29, 15, μέτρια 29, 29,
ἡπτᾶτο 30, 6; ἐλοιδορήσατο 31, 9, τριάκοντα 40, 14,
Aorsdaiuova 40, 26, ἀφείλετο 50, 1, ἔϑετο 50, 6.
Ferner zwei Fälle, wo ich den Grund der Wortstellung
noch zu erkennen glaube. 28, 21 die Worte πρὸς τὴν
σεόλιν OWE πιροσελϑοντα᾽ πρὸς δὲ τούτους hätten nur
zu ode τπιροσελϑόντα τερὸς τὴν πόλιν πρὸς δὲ τ.
umgestellt werden können; man sieht, der Schriftsteller
vermied die Traufe und ging in den Regen. 36, 7
Θαργηλιῶνος ἐπὶ δέχα zur Vermeidung der Identität
mit dem Ausgange des nächsten Kolons, in welchem
Ocoynkıovog am Satzschluls hervorgehoben ist, weil
es im Gegensatz zu Sxıgopogıwvog (36, 10) steht.
Es bleiben vor den stärkeren Pausen folgende
17 Fälle [Die S. 24 aufgeführten vor schwächeren
Pausen in Klammern]:
-- - - „ [αὐξη]ϑεῖσα 2, 19. (ζευγίγτην καὶ ϑῆτα 6, 20
[15, 18; 20, 15; 30, 6).
5. Kap:
Klauseln
5. Kap.
Klauseln
τὰ τ:
u- - u μεϑίσταντο 24, 29; χαϑίσταντο 8, 14, μετε-
σεέμιψαντο 22, 17, Παναϑήναια 47, 18 [28, 21;
40, 14].
- u = γὰρ τὰ λοιπὰ 18, 3; πραότητι 24, 20.
- — u u eionynoaro 27, 2.
u u - u [(μαλ)ακὸν ὄντα 19, 2. 4, 24; 9, 20).
πίω ὦ ἐγίνετο 27, 15; τυραννίδα 20, 4; δημοτιχώτατα
8, 25 [17,20; 29, 15; 31, 9; 40, 26; 50, 1].
= vv u Önuorına 9, 14.
uvuu[ezig]jere 2, 18); τὰ margin 23, 23; &ye- -
vero 44, 25; (τινα δι)εδίδοτο 31, 13. [7, 3;
17,7; 18, 13;:27, 245 29, 20; 36,'7;:50,.6].
Diese 37 Fälle verteilen sich so auf die acht
Metra, dafs von einer Vorliebe für eine bestimmte
Klausel nicht die Rede sein kann; die letzte ist am
stärksten mit 11 Fällen vertreten. Mir hat nun eine
Zählung der Periodenanfänge ergeben, dafs in dem
ganzen ersten Teil des Buches mit Ausnahme der
Dekrete und in den herangezogenen Partieen des
zweiten Teiles rund — es sind einige mehr — 370 Pe-
rioden oder einfachere selbständige Satzgebilde enthalten
sind. Vorher stellten wir als das Verhältnis zwischen
langvokalischer und kurzvokalisch-geschlossener Klausel
fest 2:1. Auf ca. 370 Fälle gehen, da wir hier nur
von den selbständigen Sätzen sprechen, 17 Fälle offenen
kurzvokalischen Schlusses ab, es bleiben ca. 355.
Das Verhältnis zwischen langvokalischer Klausel,
kurzvokalischer geschlossener Klausel und kurzvoka-
lischer offener gestaltet sich also rund wie c. 240 :
120 :15=16 : 8 : 1 oder in Prozenten 64 °/o, 32 570
und 4 °/o. Was sich aus diesen Zahlen ergiebt, be-
stätigt eine genauere Betrachtung der Schrift. Man be-
merke, dafs von den in einer historischen Schrift
nothwendigerweise zahlreichen medialen Präterital-
N SE
endungen auf -zo nur sechs am Periodenschlufs stehen,
im gesamt nur 15 vor der Pause ihren Platz haben,
und das auf ca. 1200 Druckzeilen. Darin liegt doch
eine Absicht ausgesprochen. Dies tritt noch klarer in
einzelnen Fällen hervor. 19, 12 τὴν δ᾽ ὅλην ἐλυμήναντο
πρᾶξιν ist so gestellt, um πρᾶξιν ἐλυμήναντο zu ver-
meiden, ebenso 12, 25 ἐποιήσατο διὰ ταύτας τὰς αἰτίας;
besonders lehrreich ist 15, 8 ἐδέχοντο ϑαυμάζοντες, wo
der kurzvokalisch geschlossene Auslaut vorgezogen ist,
um den nicht geschlossenen zu vermeiden, trotzdem doch
ϑαυμαζόντες ἐδέχοντο einen päonischen Rhythmus (8. u.)
zum Schlusse gebracht haben würde. In einem ähn-
lichen Falle hat der Schriftsteller mit der Entfernung
einer Form auf -ro die Einführung päonischer
Klausel wirklich verbunden: statt τὴν πολιτείαν ὃ δῆ-
μος ταχέως ἀφείλετο 37, 11 heilst es ἀφείλετο τὴν
πολιτείαν ὃ δῆμος διὰ τάχους, wobei zu bemerken,
dafs Aristoteles nach Bonitz Ind. Arist. p. 749a sonst
ταχέως, nicht διὰ τάχους gebraucht; das letztere ist
mehr rhetorisch, darum auch nicht in den rein philo-
sophischen Schriften. Vgl. hierfür noch die Wortstellun-
gen 18, 29-30 und 20,13. Im übrigen beweist diese Beob-
achtung, dafs das vermutete τοῦ ἀξιώματος 25, 26 auch
aus rhythmischem Grunde besser ist als das nicht zu
konstruierende τῷ ἀξιώματι. Ich sehe in dem Prozent-
satz von 4°/o gegenüber dem von 32°/o und 64/0 zu-
gleich den Beweis für die Richtigkeit meiner Annahme,
dafs geschlossene kurzvokalische Endsilben vor der
Pause für das Gehör als lang zu rechnen seien; das
Beispiel ἐδέχοντο ϑαυμάζοντες ist die Illustration dazu.
Wenn die Beispiele, welche Aristoteles und Theophrast
in ihren Lehrbüchern anführten, nicht dazu stimmen,
indem sie vokalisch langen Ausgang bieten, so ist da-
gegen zu halten, dafs man zu Musterbeispielen eben
5. Kap.
Klauseln
5. Kap.
RE νιν...
nur das absolut Regelrechte verwendet, und dafs die
Rhythmus Antike, wie übrigens selbst Theophrasts Beispiel, ferner
Perioden-
eingänge
Dionysios’ rhythmische Erörterungen und was der
Verfasser περὶ ὕψους in dieser Hinsicht anmerkt, deut-
lich beweisen, den Rhythmus nicht mit dem Mafsstab
des metrischen Lang-kurz ausrechnete; das beruht
darauf, dafs man hörte und nicht las, dafs die Sprache
mit dem, wofür sie da ist, gemessen wurde, mit dem
Ohr und nicht mit dem Auge. Und das Ohr hört in
der Pause, was das Auge den stummen Buchstaben
nicht absehen kann.
2) Der Eingang bestimmt den Rhythmus weniger
als die Klausel; die folgenden Beispiele sollen zunächst
nur die verschiedenen Arten des Eingangsrhythmus
charakterisieren.
= = Ξ σρῶτον μὲν, xcı 8; 255 9, 11; 10, 124 15, 8,
25:51. 11:
ey nord, 1. 16218 το; 20: TI
9:.10,:.95- 15,16.
ar nal τὴν ziolulteiav) A, 20.27 ;,5,.15:6, 85,9,
10; 14, 18; 10, 3 χαὲ τὰς στάσεις ἀμφοτέρους
μὸτοϑεσί(, θαι). Ξε Ξε Ξε
τούτων μὲν οὖν ἀμφοτέρων ϑανατὸν, logaödisch.
Das Metrum wiederholt 13, 24, wo der ganze
Satz logaödisch klingt, und mit fühlbarer Kata-
lexe u a Ἐπ 5Ξ. I EEE Ze 1, VE =
εἶχον δ᾽ ἕχαστοι Tag Errwvvulag ἀτὸ τῶν τόττων
ἐν οἷς ἐγεώργουν. Jambisch wirkt der Ein-
gang 5, 27 ὥστ᾽ ἐξὸν αὐτῷ [τοὺς νόμ]ους.
= 82 = ϑουμασαντῶν 98.,.8.:..ὅ., δ. 10; -8: 125235;
4 14.5.51. 18:::.82...21.8.. .40᾽.10.18:: 55,2%
Trochäische Dipodie οὐ γὰρ οἴεσϑαι δίκαιον
9, 28.
Eule
- - ὦ 00 χρησαμε(νοι) 37, 24; 9, 4; 17, 5; 23, 26. 5. Kap.
Dieser Eingang gehört zu den selteneren. ae
0 u Önkorixo(zearoc) 18, 2556, 105.925; 27, 28;
46, 9; 50, ὃ. — Bei folgender Kürze logaö-
discher Klang — „ J - [ὦ 4, 25; 5, 10. Doppel-
ter Choriamb τῶν δὲ πολιτῶν ἐνίους 8, 19;
über die ganze Stelle unten (S. 37 ἢ).
bl = τοὺ γὰρι διχύς ἃ 0: οὐ 0. 10) 1-25,65 36,8:
Der trochäische Rhythmus stark fühlbar 9, 2
χύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος; parallel steht 35, 10
ἐν δὲ τῷ παρόντι χαιρῷ τήνδε: 5, 12 χύριος
δὲ γενόμενος τῶν πραγμάτων ist ein regel-
rechter trochäischer katalektischer Trimeter.
εὐδιαφϑορώτεροι γὰρ < oiyoAlyoı 45, 15 ist nicht
sicher. Der Eingang 12, 25 τὴν μὲν οὖν ἀπο-
δημίαν bildet einen Glykoneus, ebenso 39, 21.
N. ἘΠ εἵλετο 77005-10,29,31 17/125 18 ; ΤΟΥ ΘΙ ΟΝ, 78;
31, 11; 42, 3; doppelt ὥστε ovv& Baıwev ἐπι(κυ-
ρωϑέντων) mit kontrastierendem Dispondeus
ABSEITS NR ebense
0 ΠΣ να ὩΣ
ἐν" οἷο πειρῶνζεαι) 5, 17; 6, 9: 10, 5; 28, 17;
32,1.
deal ἐπειϑ ὡς μὲν 5,19: 2456, 3-45 9) 247 19 90:
45, 27; 46, 4,
Bars Ξ δρῦν de τὴν δ δ. ΠΤ Ὁ: 19.915. 32: . Der
jambische Rhythmus stark δοχεῖ δὲ τῆς Σό-
λωνος 8, 24. 26 (τὸ ἐξ.): 46, 8.
u u - - diarakag 9,23; 5, 9. 18; 7, 14-5; 14, 25; 45, 25.
πε διὸ θεν γε A) 715 13,851, 20: 19:2:
40, 12.
u u - u χαλεπώτατον 1, 15: 6, ὅ (τά τε περ.): 16, 1; 28, 4.
Natürlich ergiebt sich bei folgendem Iambus
anapästischer Rhythmus: χατατραυϊματίσας
5. Kap.
Perioden-
eingänge
nn ἘΞ
14, 1; 5, 22; 14, 7. - ὃ de δῆ μος ἀφείλετο τῆς
βουλῆς 50, 5, wo vor der Pause schon der-
selbe Rhythmus (s. oben S. 23).
Vu - ὅτε δὲ παυ(φιν)ν 6,458: 0 Δ ΟΝ 51.9.1: 19;
21, 21: 23, 22; 41, 28; 43, 10; 44, 8. Zweimal
das Metrum ἔτι δὲ καὶ διὰ τὴ um 9, 3 und
46, 9, sogar dreimal μετὰ δὲ ταῦτα συνέβη,
στασιάσαι 1, 5.
vv vu El μὲν En) 12, 27; 3, 6; 25, 19-20.
vv vu u ὅτι δὲ πρότε(οον τῶν) 22, 20; 4, 6.
vv vu vu ὦ ἀπεδέδοτο uev(n) 3, 20.
vv vu vu Oder Er dıauslver) 7, 20; 23, 6.
Die Betrachtung der Eingänge hat den Haupt-
accent nicht sowohl auf die einzelnen Metra, als viel-
mehr auf die ersten zwei Silben zu legen; sie geben
dem Eingange das Gepräge des fallenden oder steigen-
den Rhythmus. Mir hat eine Nachzählung der selb-
ständigen Satzgebilde ergeben, dafs von den schon
erwähnten 370 in Betracht kommenden Sätzen rund
200 mit langer, 170 mit kurzer Silbe anlauten, und
von diesen rund 70,mit einer, 100 mit zwei kurzen
Silben. Nun kann man ja bei einer historischen Dar-
stellung wie der vorliegenden diejenigen Fälle milder
beurteilen, welche durch den sprachlichen Ausdruck
für die einfache Anreihung der Thatsachen aneinander
gleichsam bedingt sind; dazu rechne ich ἔπειτα, ἔτει,
ὅτι δὲ, ὅτι, μετὰ δὲ ταῦτα und bei Aristoteles’ Dar-
stellungsart διὸ und ὅϑεν; aber auch so bleiben noch
ca. 120 kurzsilbige Eingänge, d. h. 60 auf 100 mit
langem Einsatz. Doch wenn man die Häufigkeit des
steigenden Rhythmus auf diese Weise auch begreiflich
machen kann, wegzubringen sind jene 50 aus der
Litteraturgattung des Buches verständlichen Eingänge
(ἔπειτα u. 5. w.) für den rhythmischen Eindruck nicht.
2 ἘΚΟ Β γπΣ
Es bleibt bei den Zahlen 200 und 170; der lange Ein-
satz und der fallende Rhythmus verhalten sich also
zu dem kurzen Einsatz und steigenden Rhythmus wie
54 : 46.
Es ist ja bekannt, dals Aristoteles (Rhet. 1409 a 3)
den ersten Päon für den Eingang, den vierten für
den Schlufs der Perioden empfiehlt mit der Bemerkung,
dals die Praxis der Beredsamkeit jene wenigstens
theilweise richtig verwende. Man sieht auf den ersten
Blick, dafs der Rhythmus der Periodeneingänge und
-schlüsse in der 7204. 49». dieser stilistischen Regel
stracks zuwiderläuft. — Theophrasts Theorie, der auch
am Eingang und Schluss den Päon verlangt, liegt bei
Demetr. σύ. &gu. ὃ 41 (p. 24 Walz) vor; er stellte als
Deismiplart 22 N SEHE ran er
περὶ τὰ μηδενὸς ἄξια φιλοσοφούντων. Man erkennt,
. dafs Demetrios recht hat, wenn er Theophrasts Theorie
dahin erläutert, dafs nach ihr nicht direkt Päon,
sondern nur langer Einsatz und lange Schlufssilbe
des Kolons gefordert werde; οὐ γὰρ 2x σπαιώνων
ἀχριβῶς ἀλλὰ παιωνιχόν τί ἐστι" παραλαβωμέν τοι τὸν
σαίωνα εἰς τοὺς λόγους, ἐπειδὴ μιχτός εἰς ἐστι χαὶ
ἀσφαλέστερος, τὸ μεγαλοπρεπὲς μὲν ἐχ τῆς μαχρᾶς λαμ-
Bavov, τὸ λογικὸν δὲ ἐχ τῶν βραχειῶν. Quinctilian
(instit. IX. 4, 87 ff.) ziehe ich hier nicht gerne heran,
da seine Darstellung, wie die darin enthaltene Polemik
beweist, nicht auf blofser Wiedergabe älterer grie-
chischer Techniker beruht, sondern eigenes Urteil,
d. h. das eines Römers, in den Vordergrund drängt.
Aber auch er sagt optime incipitur a longis, recte aliguando
a brevibus ($ 92). Allein alle diese Regeln gelten für
rhetorische Litteraturdenkmäler; auf ein Buch wie die
πολ. 49 nv. können sie ohne weiteres nicht Anwendung
finden. Gleichwohl stimmt der Gebrauch wenigstens
5. Kap.
Rhythmik
a
5. Kap. in den Klauseln durchaus mit der von Theophrast
Rhythmik „ufoestellten Forderung überein, sie sollten mit einer
Länge schliefsen: die Klauseln gehen bis auf einen
sehr geringen Prozentsatz auf langvokalische oder ge-
schlossene kurzvokalische Silben aus; aber läfst man
auch die letzteren aulser Rechnung, so genügen doch
selbst strengster Anforderung immer noch die fast vollen
zwei Drittel der Klauseln langvokalischer Endsilbe.
Und das ist der Thatbestand in einem noch nicht ge-
feilten Werke. Er beweist, dafs unser Buch in seiner
Vollendung zur kunstmälsigen Litteratur gehören sollte
und gehört haben würde. Mit diesen vollen Ab-
schlüssen und der zum Satzende, wie oben aufgezeigt,
vielfach deutlich auftretenden Rhythmik genügt es
schon in seinem unfertigen Zustande im grofsen und
ganzen der Anforderung, welche Aristoteles im all-
gemeinen, nicht blofs für rhetorische Stücke, aufstellt _
(Rhet. 1409a 19): dei δὲ τῇ μακρᾷ ἀποκχόπτεσϑαι
χαὶ δήλην εἶναι τὴν τελευτὴν μὴ διὰ τὸν γραφέα μηδὲ
διὰ τὴν παραγραφήν, ἀλλὰ διὰ ῥυϑμόν.
nicht im Von den Klauseln und Periodenanfängen ist die
Satzimmern Tntersuchung ausgegangen; denn an diesen Stellen der
Rede zeigt sich der Rhythmus am deutlichsten, und
für sie hat Aristoteles ausdrücklich das Hervortreten
eines Rhythmus nicht blos anerkannt, sondern gefordert.
Anders steht es mit dem Satzinnern. Aristo-
teles sagt, die Rede solle weder Zuueroog noch ἄρρυϑ-
μος sein (Rhet. 1418 b 21); seine Ausführung dieses
Satzes ist zwar nicht ganz klar, aber es hat den An-
schein, als ob er Rhythmik im wesentlichen nur gegen
das Satzende hin gelten lassen will. Es galt also eine
Probe. Ergab sie, dafs das Satzinnere rhythmisch ge-
gliedert war, so war damit zugleich eine Illustration
der Worte der Rhetorik gegeben ; im entgegengesetzten
Fa PERL
Falle blieb die Mittelstralse zwischen &uuergog und 5. Kap.
ἄρρυϑμος so klar oder unklar wie vordem, aber für "rtwus
den rhythmischen Charakter der πολ. 491. war das
Resultat von Wichtigkeit. Die Untersuchung der Klau-
seln ist deshalb mit Absicht vielfach auch auf das
Satzinnere ausgedehnt worden. Dabei stellte sich her-
aus, dals das Metrum der Worte zum Kolenschlufs
hin sich mehrfach dem metrischen Gepräge der Klau-
seln annähert. Das ist nur natürlich. Das musika-
lische Prinzip kann nicht unvermittelt in den letzten
vier bis fünf Silben zum Durchbruch kommen, ein
allmählicher Übergang ist nötig. Aus diesem That-
bestande ergab sich also kein Beweis für das Vor-
handensein einer das Satzinnere mehr oder minder be-
herrschenden Rhythmik. Auch auf anderem Wege
kommt man zu dem gleichen negativen Resultate.
Das Tempo der Sprache unseres Buches ist im
ganzen ein schnelles. Die Häufigkeit der Ein-
gänge mit steigendem Rhythmus — fast die Hälfte
aller gröfseren Perioden leiten sie ein — trägt viel
dazu bei. Im Innern herrscht dieselbe Lebhaftigkeit,
denn auch das Innere ist vielfach rhythmisch ge-
gliedert. Es finden sich viele päonische Stellen:
p- 19, 26 44 BD: = u u αν are eo
19; Ba ende VDE
N Le RE IE NENNE
na eur st u, talle,diese
Stellen auf einer Seite, auf welcher auch noch zahl-
reicherDakiylen spa2Bs23. nu == vol = ugu5
Ρ. 91, 8 Er RE LO UL ZEIGE TO II als 27
SEE IE ZIIGEENUUINGRUE—E — τῷ die ganze 31. Seite wim-
melt von Päonen und Daktylen, und sie gehört gerade
zu den selbständigsten Ausführungen des Aristoteles
in der σολ. ᾿4ϑην. (über die Demagogen); vgl.
Keil, Aristoteles. 3
5. Kap.
Rhythmus
a
auch p. 13, 8 ff. Dafs zahlreiche daktylische oder,
wenn man so will, anapästische Stellen, welche ebenfalls
Lebhaftigkeit geben, namentlich zum Periodenschlufs
hin sich finden, dafür sind oben bei den Klauseln
genügend Belege gegeben. Ein besonders starkes Bei-
N ἘῈΡ ich τ noch hinzu δ
-.ἀὠὡ- Φωυωυκνυυ «“ ὃ δ᾽ ᾿Ισαγόρας ἐπιλειτεόμενος
τῇ δυνάμει ττάλιν ἐτειχαλεσάμενος (τὸν) 22, 3. Doch
wird das Tempo auch oft durch eine Reihe langer
Silben gehemmt, p. 46, 5 ἡγῶνται βελτίστους εἶναι,
8 Längen; anderes ist oben ebenfalls angeführt worden.
Die Menge der schwer ausklingenden Klauseln wirkt
nicht zum wenigsten retardierend; endlich mischt sich
auch der ruhige Takt der Jamben und Trochäen ein,
nicht sehr oft, aber doch mehrfach und fühlbar; ich
führe noch an 46, 6 οἱ δὲ δημόται κατηγόρους αἱροῦν-
ται; und wie dem Schriftsteller ein Hexameter ent-
schlüpft ist, so auch ein richtiger iambischer Trimeter
λαβὼν δὲ τοὺς χορυνηφόρους χαλουμένους 14, 4, wobei
für den Rhythmus des Buches der Anapaest im dritten
Fufse nach Art der Komiker bezeichnend ist. Die
Daktylen, welche selbst für die Rhetorik als σεμνὰ
χαὶ λεχτιχῆς ἁρμονίας δεόμενα von Aristoteles ver-
worfen werden, sind durch die Vermischung mit
Pausen und schweren Satzschlüssen in ihrer Wirkung
auf den Gesamtcharakter der Art gemildert, dafs ihr
μεγαλοτερεττές nicht empfunden wird. Retardierende
Elemente sind eben überall in schnelles Tempo ge-
mischt. Der Schlufs des Abschnittes über die De-
magogen, der so viele Kürzen enthält, kann als be-
sonders charakteristisch hierfür sowie für den Rhyth-
mus des Buches überhaupt gelten: - „u u-u-vvu
πον. δήπου Ὁ νυ Ξε ΘΕ
-- -- - - ω- νυν - Wir erhalten beim Lesen des
Ir ὉΣΣ
Buches im ganzen den Eindruck einer lebhaften, vor-
schreitenden Rede. Aber diese Bezeichnung ist eine
äulserliche. Die Untersuchung des Rhythmus sucht
den Eindruck innerlich zu erklären; sie thut es, indem
sie nachweist, dafs dieser Eindruck zunächst auf dem
musikalischen Gepräge der einzelnen Redeteile beruht;
sie hat zur Bezeichnung dieses die feststehenden musi-
kalischen Bezeichnungen der Metra. Aber die einzelnen
Redeteile wirken nicht allein und nicht zumeist, ihre
Komposition ist für das musikalische Gepräge des
Ganzen entscheidend ; man hat also für die Bezeichnung
des Charakters der Rede eine musikalische Benennung
zu wählen, damit diese Benennung auch die Begrün-
dung des Eindruckes enthält, welcher sich äufserlich
einfach als ein lebhafter darstellt. Die Benennung
würde naturgemäfs von dem Metrum zu entlehnen sein,
welches besonders vorwiegt. Allein welches thut dies?
Die zahlreichen Epitriten der Klauseln nicht, nicht
Jamben und Trochäen, aber auch nicht die Päone und
Daktylen; keines von allen. Von einem einzelnen
Metrum kann man die Benennung nicht hernehmen.
Wie soll man den Rhythmus bezeichnen? Bei der Be-
trachtung der Klauseln habe ich das Urteil, das aus
dem Ganzen sich ergiebt, schon am Einzelnen vor-
bereitet: den Rhythmus nenne ich — ich weils keine
andere Bezeichnung dafür — logaödisch. Mit diesem
Resultate ist die Existenz eines beabsichtigten Rhythmus
im Satzinnern unverträglich. L.ogaödische Reihen kann
man fast in allen Schriftstellern von Lysias bis Chori-
kios und noch weiter hinab nachweisen; sie sind das
natürliche rhythmische Gepräge jeder Kunstsprache).
1) Bei der Korrektur dieses Bogens konnte ich schon die
Blafs’sche Ausgabe der 0). ’4$nv. benutzen. Einer Polemik
3*
5. Kap.
Rhythmus
5. Kap. Mich befriedigt das Resultat; es stimmt zu dem
Ehytbmus Onarakter eines Buches, welches ein literarisches Kunst-
werk und eine wissenschaftliche Arbeit sein soll. Der
zum Periodenschlufs nach künstlerischem Stilgefühl ge-
regelte Satzbau genügt dem Kunstwerke, die starke
Einschränkung des pathetisch-rhetorischen langsilbigen
Satzbeginnes, der bewegte Rhythmus im Innern steht
im Einklang zu der Einfachheit wissenschaftlicher Dik-
tion, aber auch mit der Lebhaftigkeit wissenschaftlicher
Reflexion: λαμβάνει τὰς βραχείας ἐκ τοῦ λογικοῦ, um die
oben angeführten Worte des Demetrios umzukehren.
Mich befriedigt das Resultat auch nach einer anderen
Richtung hin; es stimmt zu dem Eindruck, den andere
besser ausgearbeitete aristotelische Werke in rhyth-
mischer Hinsicht machen; davon kann sich jeder leicht
beim Lesen z. B. der Ethik oder der Rhetorik über-
zeugen.
Wenn man die Existenz eines bestimmten, beab-
sichtigten Rhythmus einzelner Perioden in der πολ.
’4$rv. leugnen muls, so kann man andererseits doch
gegen seine Aufstellungen über den Rhythmus unseres Buches,
in der praef.p. XVIsqg., und gegen den Gebrauch, welchen er von
diesem für die Textkritik macht, überheben mich meine vor-
stehenden Ausführungen. Ich habe in ihnen mit Rücksicht auf
Blafs einzelnes nachträglich anders und schärfer gefalst, um
meinen gegensätzlichen Standpunkt deutlicher erkennen zu
lassen. Die Unfertigkeit des aristotelischen Buches läfst eine
Rhythmik in dem Umfange, wie Blafs sie annimmt, m.E. über-
haupt gar nicht suchen. Die Spuren von Rhythmik, welche
Blafs zu sehen glaubt, kann ich in vielen Fällen nicht an-
erkennen; doch ist hier nicht der Raum, die Qualität der zum
Beweise angeführten Einzelstellen zu prüfen. — Im übrigen
ist die sonst so verdienstvolle Ausgabe die letzte litterarische
Erscheinung, welche ich bei der Korrektur noch berücksichtigen
konnte.
a ΤΕΣ
nicht verkennen, dafs gewisse Strecken ein gleich-
artiges rhythmisches Gepräge haben. Dieses ist aber
nicht als etwas Gewolltes zu betrachten, es ist vielmehr
die natürliche Wiederspiegelung der Stimmung, in
welcher sich der Schriftsteller bei der Niederschrift
jener Teile befand, oder in welche ihn sein Stoff ver-
setzte. Man kann auch bei unseren Klassikern be-
obachten, wie ein gewisser Tonfall seitenlang vor-
herrscht, um später einem anderen Platz zu machen
oder auch ohne Ersatz zu bleiben. Bei einem stil-
gewandten Schriftsteller wird die musikalische Gliede-
rung der Form, der Sprache, mit der logischen Gliede-
rung des Inhaltes, des Gedankens, harmonieren. Hier-
auf beruht das Wesen der Klausel, hierauf auch die
häufige Erscheinung, dafs inhaltlich parallelstehende
Sätze oder Satzglieder ähnlichen Umfang und ähn-
lichen Tonfall haben. Das ist nichts Erkünsteltes, son-
dern ergiebt sich dem Schriftsteller unmittelbar, mit
innerer Notwendigkeit aus seinem Schönheitsgefühl.
Man kann diese Erscheinung daher bei allen kunst-
mälsig schreibenden Prosaikern finden, selbst bei
solchen, bei denen niemand daran denken wird, eine
durch gekünstelten Rhythmus gegliederte Periodik zu
suchen. Derartiger Periodenbau findet sich denn auch
in der πολ. 49w. Ich wähle zwei Beispiele aus der
hier besprochenen Solonpartie.
Pe Su 156 ΠῈ
a) öoaw de aıv uev mol mol- L-U--U--U-1U--0
λάκις στασιάζουσαν
zo BE Ἰπο λιν Βγίοῦο La τὴ». τ θῶ]
ς 2 -" 2
ῥὁᾳϑυμίαν ἀγαπῶντας ταὺτό- a. LEE
uarov
’ 2 \ P} Ἁ „ --ς
vouov ἔϑηχε ττρος αὑτοὺς ἴδιον, συυ-πυυππ-
5. Kap.
Rhythmus
Be 3“
b) ὃς ἂν στασιαζούσης τῆς ττό- RUN RE ΜΡΗΣ
λεως
μὴ τιϑῖται τὠπλα μηδὲ μεϑ' a ΩΝ ΒΟΥ͂Ά
ἑτέρων
arLuov εἶναι χαλ τῆς σπολε Var eher
μὴ μετέχειν
Diese Zeilen sind aus Kretikern und besonders
Choriamben zusammengesetzt; von jenen zählt man
fünf reine Metra, von diesen neun. Das Tempo ist
auch in den nicht rein kretisch-choriambischen Par.
tieen gewahrt; denn für jenes. ist v u - - == uw.
(0: Kolon)aundn82. 9. 27 21,30. 7ERlamE
die Längen sind so verteilt, dafs zwischen den vielen
Kürzen Ruhepunkte eintreten. Der Schlufs von a und
b ist ganz gleich gebaut - „u --uvu-, so dals das
rhythmische Leitmotiv klar zutage tritt.
Das zweite Beispiel bildet der Satz, von welchem
wir ausgingen: ὶ
a) ioxveäg dE zig σταήείως --- u=uu---
οὔσης
b) χαὲὶ πολὺν χρόνον ἂντι- -οωὠ- υὐυ-υὐ-ὦ---
χαϑημένων ἀλλήλοις
8) eilovso κοινῇ δεαλλακτὴν. --u--u----- vuu-u
καὶ ἄρχοντα Σόλωνα
b) nei τὴν moAıseiav ἐπέ. τὰ, Ξξς Ξ Σ-
τρεψαν αὑτῷ
a) zoımoavsı τὴν ἐλεγείαν -ΞΞ ΞΟ Ξ
Die Schlufsworte ἧς ἐστὶν ἀρχὴ gehören nicht mehr
zur Periode, sie sind ein logisches Anhängsel. Läflst
man sie also fort, so erkennt man, dals das erste und
fünfte Kolon völlig gleiche Messung haben und das
letztere dem ersteren gegenüber die Katalexe durch
Verkürzung um eine Silbe. Das 2. und 4. Kolon sehen
so aus, wenn man die Abweichungen voneinander ein-
Be ΕΡ
klammert (-Ἰ-- ὠπ σοπύυπω---(--). Das spätere Kolon
wieder dem früheren gegenüber katalektisch, Der
Hauptgedanke des Satzes steht in dem längsten von
den vier korrespondierenden Kolen eingefalsten Kolon
εἵλοντο κοινῇ διαλλαχτὴν καὶ ἄρχοντα Σόλωνα. der
Name, auf den alles ankommt, ist an die significanteste
Stelle des durch seinen Inhalt wie durch seine Mittel-
stellung hervorgehobenen Kolons gesetzt. Der korre-
spondierende Satz ἦν δ᾽ ὁ Σόλων — πλεονεχτεῖν hat
ungeheuer schweren Rhythmus. Den Schlufs des
ersten Teiles der Periode (ἦν δ᾽ ὃ ὦν μέσων) bildet die
logaödische Klausel - , u - u - πράγμασι τῶν μέσων.
Der Rhythmus bleibt im zweiten Teil (wg ἐχ srAsove-
xteiv) schwer; der Schlufs klingt aber wie beim ersten
logaödisch aus: - „u -- μὴ seheovexreiv, und be-
merkenswerterweise wieder katalektisch gegenüber
dem früheren Schlusse.
Man wird in diesem Kapitel die Kunst des Schrift-
stellers im Periodenbau anerkennen; auch scheint mir
die Knappheit und Klarheit besonders rühmenswert,
mit welcher er in wenigen Worten den Inhalt der an
erster Stelle citierten Elegie skizziert!). Um so befremd-
1 Die Worte dieser Elegie πρεσβυτάτην ἐσορῶν γαῖαν
αονίας sind übrigens eine recht erhebliche Instanz gegen die
Annahme, dafs die Athener erst im 5. Jahrh. infolge des Bundes-
reiches die ionische Dodekapolis als ἀποικία Athens beansprucht
hätten (Busolt, Griech. Gesch. I. 213 £... So alt wie die μη-
τρόπολις kann keine ἀποιχία sein; sie ist die πρεσβυτάτη. Die
Kodrosinschrift (CIA. IV 2 p. 66 n. 53 a) mufste das schon
lehren; denn die Stiftung des Kodros-Neleus-Basile-Heiligtums
ist alt, und Neleus hat nur als Führer des Kolonisationszuges
Platz in der athenischen Tradition erhalten. Der Schiedsspruch
über Salamis, .das den Athenern zuerkannt wird, weil die
Pythia Teoviav τὴν Σαλαμῖνα προσηγόρευσε (Plut. Sol. 8), wird
jetzt historisch.
5. Kap.
Rhythmus
5. Kap.
und
Plut.- Sol.
14.
Pr Ως 55
licher wirkt der Lakonismus der Worte τὴν πολιτείαν
ἐπέτρειψμαν αὐτῷ ποιήσαντι τὴν Eheyelav;, denn er ent-
hält etwas Schiefes und Unklares. Nicht weil Solon
so gedichtet hatte, sondern wegen seiner politischen
Stellung, welche in dieser Elegie beredten Ausdruck
gefunden und durch sie Beglaubigung gewonnen hatte,
wurde er gewählt. Selbst eine Ausdrucksweise wie τὴν
πολιτείαν ἐπτέτρειμαν αὐτῷ ἀμφότεροι γὰρ Erriotevov τῷ
Σόλωνι τοῖς τ᾽ ἄλλοις πτᾶσιν αὑτοῦ τὴν μετριότητα ἐνδεί-
ξαντι χαὶ δὴ χαὶ τεοιήσαντι τὴν ἐλεγείαν würdeman sachlich
ohne Befremden hinnehmen. Dafs hier der Text nicht
in Ordnung sei, daran ist wegen der Responsion mit
dem ersten Satze des zweiten Teiles des Kapitels nicht
zu denken. Der Ausdruck ist schief, weil zu kurz.
Und diese Kürze, selbst ist innerhalb einer vollent-
falteten Periodik wie an unserer Stelle eine Härte,
Es bleibt nichts anderes übrig, als die befremdliche
Thatsache zu registrieren, dafs inmitten eines sonst
kunstvoll gebauten Abschnittes ein solcher Anstofs
sich finden kann.
Den stets zur Vergleichung mit Aristoteles’ Dar-
stellung heranzuziehenden Parallelbericht über die
solonische Verfassung bietet Plutarchs Leben des Solon.
Hauptquelle für Plutarch ist, wie allgemein anerkannt,
des Hermippos Bericht über Solon in dessen Βίέοι ge-
wesen!). Mit dem Beginne der aristotelischen Dar-
stellung beginnt die Parallele und zugleich auch die
Differenz. Aristoteles berichtet kurz εἵλοντο χοινῇ
διαλλαχτὴν χαὶ ἄρχοντα Σόλωνα χαὶ τὴν πολιτείαν
ἐπτέτρειιαν αὐτῷ; darauf folgt die Motivierung dieser
Wahl aus der politischen Stellung des Mannes (bis
1) Die Resultate der Quellenuntersuchungen und die Litte-
ratur darüber zusammenfassend Busolt, Griech. Gesch. I. 369 £.
ἘΠ Ξε
Ρ. 4, 26 KW), welche selbst wieder aus seiner Auen
socialen Stellung erklärt wird. Kap. 6 nimmt mit χύρεος soı. 14. 16.
δὲ γενόμενος τῶν πραγμάτων unmittelbar das τὴν στολι-
τείαν ἐπέτρειναν αὐτῷ auf, und die nun folgende Dar-
stellung von Solons Thätigkeit lälst keinen Zweifel
darüber, dals Aristoteles sich den Solon sowohl in
Sachen der Seisachtheia wie der Verfassungsordnung
als aus ein und demselben Auftrag, eben aus dem,
für den er gewählt worden war, handelnd dachte. Bei
Plutarch heifst es c. 14 ἠἡρέϑη δὲ ἄρχων μετὰ Φιλόμ-
Bootov ὁμοῦ χαὶ διαλλαχτὴς χαὶ νομοϑέτης. Als solcher
führt Solon die Seisachtheia durch; aber er erntet da-
mit zunächst nur Feindschaft; bald jedoch sieht man
den Nutzen der Mafsregel ein, tadelt ihn nicht mehr
χαὶ τὸν Σόλωνα τῆς πολιτείας διορϑωτὴν καὶ νομοϑέ-
τὴν ἀπτέδειξαν, οὐ τὰ μέν, τὰ δ᾽ οὐχί, πάντα δ᾽ ὁμαλῶς
ἐσειτρέψαντες ἀρχὰς ἐχχλησίας δικαστήρια βουλὰς χαὶ
τίμημα τούτων ἑχάστου χτὲ. (ec. 16). Obwohl also in diesen
letzten Worten der Ausdruck sich mit Aristoteles be-
rührt und die ganze Stelle eigentlich nur eine Para-
phrase des knappen τὴν “τολιτείαν ἐπέτρειμαν αὐτῷ ist,
liegt doch der fundamentale Unterschied gegen Aristo-
teles vor, dafs Solon bei Plutarch die Verfassungs-
ordnung nicht auf Grund desselben Auftrages wie die
Seisachtheia, sondern auf Grund eines zweiten, späteren
Auftrages durchführt. Diese Differenz hat ihre Folge
für einen späteren Teil der beiden Darstellungen.
Bei Aristoteles, Kap. 11, erscheint unter den Gründen,
welche den Solon zur Reise bewegen, auch die Un-
zufriedenheit über die einschneidende Mafsregel der
Seisachtheia; bei Plutarch Kap. 25 ist die Reise nur
durch die Unzufriedenheit über die Verfassungsordnung
veranlafst. Ich verfolge diesen Unterschied für jetzt nicht
ΓΙ . ΒΡ.
und Plut.
Sol. 14.
BE 1, ne
weiter; seine Erklärung erfolgt von anderer Seite aus.
Ein zweiter bietet sich noch in demselben 5. Kapitel.
Aristoteles führt in ihm zwei Elegieen des Solon
an; die erste liefs in Solon den Mann, der über den
politischen Parteiungen steht, erkennen; die zweite
zeigte ihn als Gegner der Reichen!): χαὶ ὅλως αἰεὶ τὴν
αἰτίαν τῆς στάσεως ἀνάπτει τοῖς τελουσίοις᾽" διὸ χαὶ ἐν
ἀρχῇ τῆς ἐλεγείας δεδοικέναι φησὶ ἱτήν τε φ...... σίαν
τήν τε ὑπερηφανίαν ὡς διὰ ταῦτα τῆς ἔχϑρας ἐνεστώσης.
Das Wort, welches in der Lücke gestanden hat, finde
ich nicht; sicher war es ein Synonym von φιλοχρηματία.
Das verlangt die vorauszusetzende Übereinstimmung
mit der Anführung desselben Verses in der sogleich
heranzuziehenden Plutarchstelle und vor allem der Zu-
sammenhang bei Aristoteles selbst. Denn der Vers
konnte nur dann als Beleg dafür dienen, dafs Solon
den Reichen die Hauptschuld beimafs, wenn beide
Substantive sich auf die Reichen beziehen liefsen ?).
1 Es ist wohl die Vermutung erlaubt, dafs aus dieser
Elegie auch Solon ΕὟΡ. 15 (PLG II* 46) stammt: πολλοὶ γὰρ
πλουτεῦσι κακοί, πολλοὶ δὲ πένονται, ἀλλ᾽ ἡμεῖς αὐτοῖς οὐ
διαμειψόμεϑα, welches Plut. Sol. 3 als Beleg dafür angeführt
wird, dafs Solon sich eher zu den πένητες als zu den πλούσιοι
rechnete. Die Tendenz ist dieselbe und der Ton der gleiche:
οὔτε γὰρ ἡμεῖς πεισόμεϑα.
5) Blafs hat τὴν re @.... «riav gelesen und darnach
τήν te ἀϊχρημ]ατίαν hergestellt. Ich halte an dem ᾧ im Ein-
gange fest; daher kann ich diese Herstellung, wenn ich auch
die Möglichkeit, aber nicht die Notwendigkeit, zıev statt σιαν
zu lesen, anerkenne, aus paläographischem Grunde nicht für
richtig halten. Mindestens bedenklich ist ἀχρηματίαν auch aus
metrischen Rücksichten. In den solonischen Versen, von denen
hier e. 130 in Frage kommen, verlängert die sog. positio de-
bilis an unbetonter Versstelle niemals den vorhergehenden
kurzen Vokal; diese Position wird so schwach gehört, dafs sie
nur unter dem Hochton des Verses die Verlängerung des
ἘΦ ΡΞ
Das thut φιλοχρηματία und ὑπερηφανία. Ich halte den
Sinn des fehlenden Wortes also mit dem ersteren für
sicher gegeben. Plut. c. 14 sagt: Φανίας ὃ Adoßıog
αὐτὸν ἱστορεῖ τὸν Σόλωνα χρησάμενον ἀττάτῃ πρὸς
ἀμφοτέρους (ἃ. h. πλουσίους und πένητας) ἐπὶ σωτης-
gie τῆς πόλεως ὑττοσχέσϑαι χρίφα τοῖς μὲν ἀπόροις
τὴν νέμησιν, τοῖς δὲ χρηματιχοῖς βεβαίωσιν τῶν συμι-
βολαίων- ἀλλ αὐτὸς ὃ Σόλων ὀχνῶν φησὶ τὸ πρῶτον
ἄνψασϑαι τῆς πολιτείας χαὶ δεδοικὼς τῶν μὲν τὴν
kurzen Vokals erwirkt. Bei den anderen hierher gehörigen
Dichtern ist es ebenso oder ähnlich. Tyrtaios hat nur ἔτρεψε
12, 21, Mimnermos nichts. Xenophanes hat οὐχ ὕβρις 1, 17;
zon δὲ πρῶτον, im Versanfang 1, 13; die Fälle mit du und yu
rechnen natürlich nicht. Bei dem theogonideischen Korpus ist
die bunte Zusammensetzung zu berücksichtigen. Auszuscheiden
ist die Position du, yu und auch βλ (323); ferner längt #u
stets στᾶϑμός 543. 945; 805; 1250, 6usuos 964; ebenso die
epische Form re9vnoros 1205. Der Eigenname Ζ]ημόκλεις 923
fällt aus mehr als einem Grunde fort. we χρὴ 806 ist Konjektur
Bergks. Durch pointierte Diktion ist die Längung des & in
ἔπρηξα und ἔδρησα 953. 954 veranlafst. Es bleiben auf fast
1400 Verse folgende 10 Fälle: ἀλλὰ yon 717, im Versanfang;
μέτρον 498. 475, wo die Überlieferung aber unsicher ist; πα-
zowıov 521. πέτρῃ 1361. μαχρὴν 72; χεχρυμμένα 681; ἀχρημο-
σύνην 156. σαπροῦ 1362. ἄτλητα 1029. Ich halte uns also
nicht für berechtigt, die Messung ἀχρηματίαν an unbetonter
Versstelle durch Konjektur einzuführen. Gerade für Solon
hat die πολ. ᾿ϑην. die Probe gebracht. Er mifst μέτρον 13, 52;
16, 2 an betonter Stelle; πολ. 49nv. e. 5 an unbetonter Stelle
ἐν μἕτρίοισι.: Es ist also an dieser Stelle μέτροισι (K-W.)
nicht möglich. ἀχρήμων an betonter Stelle Sol. 13,41. Völlig
unmöglich ist ἀχρηματία dem Sinne nach, wie oben im Texte
gezeigt. Hätte dieser Begriff in dem Verse gestanden, wäre
der letztere für Aristoteles’ Beweisführung unbrauchbar ge-
wesen. Stünde nicht re bei Aristoteles, würde ich, da ich, wie
gesagt, τ auch für möglich halte, mit H-L. τὴν φιλοχρηματίαν
für das Richtige halten.
5. Kap.
und Plut,
Sol. 14.
ἘΞ De
5. Kap. φιλοχρηματίαν, τῶν δὲ τὴν ὑπερηφανίαν. Hier sind die
beiden Worte nicht auf ein und dieselbe Partei bezogen,
sondern φιλοχρηματίαν geht auf die Armen, vrreo-
paviav auf die Reichen. Aus Aristoteles kann der
Schriftsteller, dem Plutarch folgte, Hermippos'), hier
nicht geschöpft haben, denn die Worte jenes lassen
auf eine Deutung, wie die bei Plutarch vorliegende,
gar nicht kommen. Hinzu tritt, dafs Hermippos die
dem erhaltenen Pentameter vorangehenden Worte oder
Verse kannte, wie aus αὐτὸς ὃ Σόλων ὀχνῶν φησὶ τὸ
σιρῶτον ἅννασϑαι τῆς πολιτείας καὶ δεδοικὼς are. folgt.
Sie waren nicht aus Aristoteles zu entnehmen. Nimmt
man hinzu, dafs Plut. Sol. 3?) die zu der Partei der
zr&vyveg hinneigende politische Stellung mit anderen
Versen belegt als Aristoteles, so mufs man schliefsen,
dals Aristoteles weder von Hermippos noch von Plutarch
an dieser Stelle benutzt ist. Hermipp-Plutarch geben
in einem Falle mehr (bei τήν ve φιλαργυρίαν xrE.), geben
in einem zweiten anderes (Plut. Sol. 3), und drittens
interpretieren sie im ersten anders als Aristoteles. Für
das Verhältnis von Hermippos zu Aristoteles folgt aus
diesem Thatbestande nichts.
Sechstes Kapitel.
Das sechste Kapitel ist das erste in der Dar-
stellung der solonischen Thätigkeit. Die ihrer Be-
!) Begemann, Quaestiones Soloneae. Speeim. I (Diss. Göttin-
gen 1875) p. 15 f£.
2) S. 42 Anm. 1.
er EWR
deutung (vgl. Kap. 9) wie der Zeit nach (vgl. Kap. 10)
erste That, die Befreiung des Volkes aus dem Ab-
hängigkeitsverhältnis gegenüber den Reichen, wird an
erster Stelle behandelt. Die Befreiung ist das Ziel und
das Ergebnis der Mafsregeln Solons, wie er selbst es
rühmt (γῆ) πρόσϑεν (δὲ) δουλεύουσα, νῦν ἐλευϑέρα und
τοὺς .. . δουλίην ἀεικέα ἔχοντας... ἐλευϑέρους ἔϑηχα.
Aristoteles stellt im Einklange damit das τὸν δῆμον
ἠλευϑέρωσε in den Eingang. Plut. Sol. 15 berichtet:
τοῦτο γὰρ ἐποιήσατο τιρῶτον πολίτευμα yodılag τὰ μὲν
ὑσεάρχοντα τῶν χρεῶν ἀνεῖσϑαι, πρὸς δὲ τὸ λοιπὸν
ἐπὶ τοῖς σώμασι μηδένα δανείζειν; dies ist die natur-
gemäfse Reihenfolge der solonischen Mafsregeln: erst
Tilgung der alten Schulden und dann zur Verhütung
neuer, unabtragbarer Schulden das Verbot des auf den
Leibborgens. Aristoteles löst die natürliche Reihenfolge
auf und stellt das, was eigentlich die sociale Frage
löste, jenes Verbot, voran; die Seisachtheia erscheint
bei ihm als Annex oder notwendige Konsequenz des
Verbotes, wie sie es ja auch nur ist. Der klar und
planvoll disponierende Schriftsteller tritt schon hier
hervor, mehr noch in den kurzen Worten über die Sei-
sachtheia. — Nachdem Plutarch die Seisachtheia ebenso
wie Aristoteles bestimmt hat, fährt er mit den bekannten
Worten (Kap. 15) fort: “Einige Schriftsteller jedoch —
und zu ihnen gehört Androtion — haben berichtet,
dafs die ärmeren Klassen sich zufrieden gegeben hätten
mit einer Erleichterung, welche nicht in der völligen
Schuldaufhebung, sondern in einer Ermäfsigung der
Zinsen bestanden habe; Seisachtheia habe diese mil-
dernde Mafsregel sowie die damit zugleich vorgenommene
Vergröfserung der Mafse und Neuwertung des ge-
münzten Geldes geheilsen.” Aristoteles bekämpft mit
keinem Worte diese Auffassung, sagt nicht einmal,
6. Kap,
und Plut.
Sol. 15.
Aristot.
und
Androtion
τοῦ τ ς--
8. Καρ. dals er sie kennt, und doch polemisiert er gegen sie.
Unmittelbar nach den Worten χρεῶν arroxosrag ἐποίησε
χαὶ τῶν ἰδίων χαὶ τῶν δημοσίων fügt er, damit ein
anderer Gedanke überhaupt nicht erst aufkommt, die
Worte an ἃς σεισάχϑειαν καλοῦσι “und das nennt man
Schuldenaufhebung. Damit ferner die Mafs- und
Münzreform gar nicht in einem Zusammenhange mit
der Seisachtheia erscheine, wird sie von dieser durch
die Darstellung der ganzen Verfassungsordnung ge-
trennt und erst in einem Excurse, K.10, behandelt; end-
jich wird auch hier im Gegensatz zu Androtion, der
die Münzreform als ἅμα γενομένην im Verhältnis zur
Seisachtheia bezeichnet hatte, gesagt 00 δὲ τῆς vouo-
ϑεσίας ποιήσας τὴν τῶν χρεῶν ἀποχοπὴν χαὶ μετὰ
ταῦτα τήν τε τιῦν μέτρων χαὶ σταϑμῶν χτξ., d.h. es
wird nicht blofs der innere Zusammenhang, sondern
auch die äufsere zeitliche Koincidenz geleugnet. Das
ist die Polemik, wie wir sie bei einem kunstgemäls
schreibenden Schriftsteller des 4. Jahrhunderts erwarten
müssen. Denn ein solcher ist Aristoteles in dieser
Schrift; gerade an unserer Stelle beweist er es. Die
Holländer haben ὡς ἀποσεισαμένων τὸ ἄχϑος gegeben;
schon Hesychs παρὰ τὸ ἀποσείσασϑαι τὰ βάρη τῶν
δανείων hätte sie warnen können; warnen mulste sie
aber das Sprachgefühl, welchem βάρος prosaisch und
ἄχϑος poetisch ist. Der Stilist Aristoteles wählte das
prosaische Wort auch um den Preis, dafs ἀποσεισα-
μένων τὸ βάρος nicht so klar die Etymologie erkennen
lielse wie das poetische ἀστοσεισαμένων τὸ ἄχϑος.
Quelle des Dem Berichte von der Seisachtheia ist bei Aristo-
Aristot- teles und bei Plutarch die Geschichte angehängt, dafs
Solon aus der Seisachtheia gehässige Nachrede ent-
standen sei. Die Verschiedenheiten in den beiden Er-
zählungen sind sehr charakteristisch. Aristoteles be-
Fe‘, 2 Φ
richtet, Solon habe, als er die Seisachtheia ins Werk 6. Kap.
zu setzen sich eben anschicken wollte, einigen von den
Adligen (τισι τῶν |yvwJoiuwv) seine Absicht mitgeteilt;
Plutarch dagegen sagt ἐχοινώσατο τῶν φίλων οἷς μά-
λεστα τειστεύων χαὶ χρώμενος ἐτύγχανε, τοῖς περὶ Κόνωνα
χαὶ Κλεινίαν χαὶ ᾿Ιπττόνιχον, ὅτι γὴν μὲν οὐ μέλλει χινεῖν,
χρεῶν δὲ ποιεῖν ἀττοχοπὰς ἔγνωχεν. Aristoteles berich-
tet weiter von zwei Versionen, einer demokratischen,
nach welcher die Parteigenossen Solons ohne dessen
Vorwissen die Gelegenheit sich zu bereichern ergriffen
hätten, und einer aristokratischen 1), nach welcher Solon
selbst diese Gelegenheit zu unlauterem Gewinn benutzt
hätte. Bei Plutarch ist von einer zwiefachen Version
nicht die Rede: jene φίλοι borgen und kaufen mit
dem Geborgten, durch ihr Vorgehen kommt Solon
selbst in Verdacht. Es liegt also hier eine Vermischung
der beiden bei Aristoteles gesondert auftretenden Ver-
sionen vor; die Entstehung der aristokratischen Version
wird durch die demokratische zu erklären versucht:
weil die φίλοι Solons es gewesen waren, geriet er
selbst in Verdacht. Aber wer waren denn jene Freunde,
die auch Aristoteles in den Worten σσαραστρατηγηϑῆναι
διὰ τῶν φίλων bezeichnet? Plutarch nannte Kleinias,
Hipponikos, Konon und ihre Kreise. Allein die Freunde
des Solon können doch nur μέσοι gewesen sein: Klei-
nias, Hipponikos, Konon gehören dagegen zu den
adligsten attischen Namen des 5. und 4. Jahrhunderts,
und ihnen gebührte vielmehr der Name γνώριμοι,
welchen Aristoteles denen erteilt, denen Solon zuerst
von der Seisachtheia spricht. Hier ist also eine
ἢ Teilweise Charakterisierung der Quellen auch in der
Harmodioserzählung (p. 19, 22): ὡς μὲν of δημοτικοί φασιν —
ὡς δ᾽ ἔνιοι λέγουσιν.
Bi θυ E
6. Kap. Schwierigkeit. Aristoteles beantwortet die Frage nach
den φίλοι mit den Worten ὅϑεν φασὶ γενέσϑαι τοὺς
ὕστερον δοχοῦντας εἶναι παλαιοττλούτους. Zu diesen
ὕστερον δοκοῦντες gehören aber wieder ohne jeden
Zweifel die Familien, in denen die Namen Hippias,
Hipponikos, Konon traditionell waren, So enthielte denn
diese Version eine Verleumdung jener adligen Familien.
Nun ist diese Version nicht etwa die demokratische,
sondern die aristokratische. Also wieder eine Schwierig-
keit; aber sie hilft auch die erste lösen. Wenn die
aristokratische Version die Familien des Hippias etc.
diskreditierte, so ist sie böswillig und im Parteiinteresse
erfunden von Aristokraten, welche gegen Mitglieder
dieser Familien kämpften, indem sie die Quelle des
Ansehens der Familien als unlauter darzustellen ver-
suchten. Die aristokratische Quelle, welcher Aristoteles
folgte, ist also eine Tendenzschrift aus den aristokra-
tischen Kreisen, welche um das Ende des 5. Jahr-
hunderts in politischer Opposition gegen die Familien-
mitglieder jener Geschlechter standen. Man denkt zu-
nächst an Alkibiades als den bekämpften, dann wären
ja die Gegner und Erfinder der aristokratischen Ver-
sion in den leitenden oligarchischen Kreisen leicht ge-
funden. Der oligarchische Charakter dieser Version
ergiebt sich ferner aus der ausdrücklichen Angabe des
Aristoteles οἱ βουλόμενοι βλασφημεῖν: sie ging auch
gegen den vermeintlichen Begründer der demokratischen
Verfassung Athens. Mehr läfst sich m. E. nicht
sagen. Denn so sicher die Tendenz der Version ist,
so unsicher bleiben alle mehr individualisierenden Ver-
mutungen. Nur einen charakteristischen Zug dieser
parteiischen Darstellung der solonischen Verfassung
können wir noch, glaube ich, wiedergewinnen. Dem
Hermippos!) lag, wie die Nennung des Konon, Hippo- 6. Kap.
nikos, Kleinias beweist, welche bei Aristoteles fehlt,
die oligarchische Version noch rein oder ziemlich rein
vor; aus ihr muls der Name χρεωχοτείδαι für die Ahn-
herrn der ὕστερον δοχοῦντες παλαιότιλουτοι εἶναι
stammen (τοὺς μὲν φίλους αὐτοῦ χρεωκοτείδας χα-
λοῦντες διετέλεσαν), denn er ist ein Schimpfname, recht
maliziös mit der gentilicischen Endung -idaı gebildet
wie Κρωπίδαι, Kexgoridaı u. 5. w. Der Witz ist
beifsend, dafs die Evsrargidaı, das Geschlecht des
Hippias und Hipponikos, einst χρεωχοσίδαι im Volks-
munde geheifsen hätten, und pafst in eine politische
Tendenzschrift des ausgehenden 5. Jahrhunderts. Noch
mehr Satire würde in dem Namen liegen, wenn die
Tendenzschrift sicher auf Alkibiades zu beziehen wäre,
denn dann dürfte man auch an eine Anspielung auf
“Ἑρμοχοτείδαι denken; doch ist das zu unsicher. Dafs
übrigens in den politischen Kämpfen des ausgehenden
5. Jahrhunderts auf die solonische Zeit zurückgegriffen
wurde, beweist des Aristoteles Zeugnis in der Rhe-
torik (1375 b 31), wonach Kleophon die ἀσέλγεια im
Hause des Kritias mit Hinweis auf den solonischen
Vers eisrelv μοι Κριτίᾳ πυρρότριχι :τατρὸς ἀχούειν
(Frg. 16) als erblich zu erweisen suchte.
Fassen wir zusammen, was die Analyse des 6. Ka- Aristot.
pitels bisher ergeben hat. Aristoteles kennt und be
kämpft den Androtion, des weiteren verarbeitet er eine
oligarchische Darstellung der solonischen Verfassung
neben einer demokratischen. Hermippos kennt eben-
falls Androtion, und bekämpft ihn, wie es scheint,
gleichfalls; wenigstens liegt kein Grund vor, die Worte
Plutarchs οἱ δὲ πλεῖστοι τεάντων ὁμοῦ φασὶ τῶν συμ-
1 Begemann a. ἃ. Ὁ. p. 16 ἢ
Keil, Aristoteles. 4
6. Kap.
πολ. 48ϑην.
unfertig.
Ἐπ ΒΩ, ΣῈ
βολαίων ἀναίρεσιν γενέσϑαι τὴν σεισάχϑειαν nicht auch
auf Hermippos zurückzuführen. Hermippos kennt die
oligarchische und die demokratische Version des Ver-
haltens des Solon bei der Seisachtheia, denn er arbeitet,
wie gezeigt, beide ineinander. Ist nun Hermippos
abhängig von Aristoteles? nein. Sein Bericht über die
Seisachtheia nach Androtion ist, wie sich zeigen wird,
richtiger als der des Aristoteles, seine Angaben über
jene beiden Versionen enthalten nicht weniger, sondern
mehr als die des Aristoteles; in keinem von beiden
Fällen kann er also aus Aristoteles geschöpft haben.
Die Berichte beider Schriftsteller sind aber einander
doch sehr ähnlich. Haben also beide etwa dieselbe
Quelle oder dieselben Quellen benutzt? Dafs Aristoteles
den Androtion selbst zur Hand hatte, folgt nicht blofs
aus dieser Stelle der 7.04. 49v. und ist allgemein
anerkannt; dafs für Hermippos das Gleiche gilt, liegt kein
Grund vor zu bezweifeln. Dafs aber Hermippos die
aristokratisch-oligarchische Tendenzschrift noch selbst
einsah, ist so unwahrscheinlich, dafs man vielmehr ge-
neigt sein wird, ihn sich als aus einer Atthis schöpfend
zu denken, in welcher die beiden Versionen schon zu-
sammengetragen waren. Der Verfasser dieser Atthis,
der, weil er mehr gab als unsere πολ. “429ην., hier nicht
aus Aristoteles geschöpft haben kann, mufs dann in
ganz ähnlicher Weise wie Aristoteles gearbeitet haben.
Mir erscheint diese Ähnlichkeit so grofs, dafs ich nicht
umhin kann, wenigstens die Frage aufzuwerfen, ob
nicht Aristoteles schon dieselbe Atthis wie Hermippos
benutzte, d. h. selbst also aus zweiter Hand seine
Nachrichten hat.
Bei der Annahme, dafs Aristoteles hier nicht
selbständig zwei Quellen verarbeitet, sondern einer
einzigen folgt, erklärt sich mir auch ein stilistischer
a re
Mangel, den der betreffende Passus enthält. Man 6. Kap.
lese die Worte ἐν οἷς πειρῶνταί τινες διαβάλλειν
αὐτόν συνέβη γὰρ τῷ Σόλωνι μέλλοντι ποιεῖν τὴν σει-
σάχϑειαν προειπεῖν τισι τῶν γνωρίμων, ἔπειϑ᾽ ὡς μιὲν
οἱ δημοτιχοὶ λέγουσι, παραστρατηγηθϑῆναι διὰ τῶν
φίλων, ὡς δ᾽ οἱ βουλόμενοι βλασφημεῖν, χαὶ αὐτὸν χοι-
voveiv: sind hierin die Worte σεταραστρατηγηϑῆναι und
χοινωνεῖν etwa verständlich? Doch nur, wenn man vor-
her weils, was bei Aristoteles nachhinkt δανεισάμενοι
γὰρ οὗτοι xr&. Ich erkläre mir diesen Mangel ebenso
wie das Fehlen des Subjekts in Kapitel20 (p. 22, 7) —
infolgedessen der betreffende Satz so unverständlich
wird, dafs K-W. jetzt das Fehlende aus Herodot in den
Text eingefügt haben —, ebenso auch die lückenhafte und
springende Darstellung vom Sturze des Areopag durch
Themistokles und Ephialtes (Kap. 25): Aristoteles kürzte
seine Quelle; bei der Kürzerarbeit sind ihm solche
Versehen untergelaufen, die er bei einer Endredaktion
des Buches zum Zwecke der Veröffentlichung beseitigt
haben würde. Ein Stück, wie das 22. Kapitel über
die Zeit zwischen Kleisthenes und Salamis, ist kaum
über das Stadium einer ziemlich primitiven Material-
sammlung hinausgediehen. So gering ist, was Aristo-
teles hier erst an Arbeit auf das ihm in den Atthiden
überlieferte Material verwendet hat, dafs in seinem
Buche noch die trockene, unkünstlerische, registrierende
Darstellungsweise dieser seiner Quellen greifbar vor
Augen liegt. Nissen (Rh. Mus. 1892, 202, 1) hat in
der verworrenen Chronologie der Peisistratidenzeit
einen Beweis für die Schnelligkeit gesehen, mit der
das Buch gearbeitet ist: Aristoteles habe die sich
widersprechenden Daten der von ihm benutzten Atthis
und des Herodot nicht miteinander ausgeglichen. Ich
kann mir diese Auffassung im ganzen aneignen; nur
4*
6. Kap. trifft für mich der darin liegende Vorwurf nicht ein
fertiges Buch, sondern eine noch nicht zur Veröffent-
lichung bestimmte Bearbeitung, und für sie wird er
hinfällig. Eine letzte Feilung würde die Widersprüche
zweifelsohne beseitigt haben. Eine die Unfertigkeit
des Buches bezeugende Ungleichmäfsigkeit hat man
auch in der Nennung des Archestratos als Genossen
des Ephialtes beim Sturze des Areopags (p. 38, 27)
zu sehen; in der eigentlichen Darstellung dieses
Vorganges, Kap. 25, ist er nicht erwähnt. Un-
vorbereitet durch die vorhergehende Darstellung ist
auch die Nennung der Eetioneia p. 40, 17 sowie
manche andere geringfügigere Bemerkung. Eine
Endredaktion hätte diese Mängel nicht stehen lassen
können. Man betrachte ferner in Kap. 59 die von
K-W. athetierten Sätze χαὶ ἐπιχληροῦσι — τὰ δημόσια
und τοὺς δὲ dinaorag — ἕχαστος, welche durch Kap. 63
überflüssig werden, in diesem Zusammenhange, und
man wird geneigt sein, sie für echt zu halten. Bei
einer letzten Überarbeitung hätten die anstöfsigen
Wiederholungen bemerkt und beseitigt werden müssen.
Auch die Bemerkung über die Epicheirotonie der
Strategen in Kap. 61 liest man nach dem 43. Kapitel
nicht ohne Befremden. Die Worte in dem Abschnitte
über die Vierzigmänner πρὸς οὖς τὰς ἄλλας δίχας λαγ-
χάνουσιν (p. 57, 10) sind an dieser Stelle irreführend,
ja falsch; denn vorher sind nur die ἔμμηνοι δίκαι der
Eisagogeis und Apodekten genannt, während die ganzen
Privatprozesse, welche vor das Forum der Archonten
gehören, erst folgen. Eine letzte Durcharbeitung würde
mit einem zrAsiorag oder σχεδὸν πάσας statt ἄλλας
oder wie sonst den Anstofs beseitigt haben.
Bleibt jener stilistische Mangel, dessen Erklärung
die vorstehenden Erörterungen veranlafste, auch an sich
ih EN ἘΝῚ
bestehen, so übersieht man ihn doch gern, wenn man die 7. Kap.
folgende Widerlegung der oligarchischen Version liestund
mit Hermippos vergleicht. Dieser operiert mit einer
elenden Fabelei!), Aristoteles widerlegt den Klatsch
durch den Hinweis auf das ganze Thun und Wesen des
Solon; so hoch steht der Meister über dem Nachfahren.
Die Widerlegung endigt mit p. 6, 4 χαταρρυπαίνειν
&avröv, woran Kap. 7 mit den Worten ταύτην μὲν οὖν χρὴ
γομίζειν Wevdn τὴν αἰτίαν εἶναι sich unmittelbar an-
schliefst. Die dazwischen stehenden Worte ὅτε δὲ ταύ-
τὴν ἔσχε τὴν ἐξουσίαν — πάντες, würde ein Neuerer
in eine Anmerkung, welche die Belege für das im
Texte Behauptete enthält, setzen. Die Belege sind
dieselben wie c.5 p. 5, 1: & re τῶν ἄλλων ὁμολογεῖ-
ται rn τά τὲ πράγματα voooivra (vgl. p. 13, 9 dusze-
hovv νοσοῦντες τὰ 790g ξαυτούς) μαρτυρει... To —
χαὶ οἱ ἄλλοι συνομολογοῦσι zravreg; p. 5, 2 χαὶ αἰτὸς ἐν
τοῖςδε τοῖς ποιήμιασι μαρτυρεῖ nr χαὶ ἐν τοῖς πστοιή-
μασιν αὐτὸς πολλαχοῦ μέμνηται, nur dafs hier die
Verse selbst nicht folgen. Es wird sich später zeigen,
weshalb Aristoteles hier nicht citierte.
Siebentes Kapitel.
Das siebente, achte und neunte Kapitel enthalten
die Darstellung der solonischen Verfassung. Die Dis-
position — Einführung der Verfassung und Verteilung
des Bürgerrechtes (7), Ämterordnung (8), Volksgerichte
1) Plut. Sol. 15 a. E. ἀλλὰ τοῦτο μὲν εὐθὺς ἐλύϑη τὸ &y-
χλημα τοῖς πέντε ταλάντοις τοσαῦτα γὰρ εὑρέϑη δανείζων, zei
ταῦτα πρῶτος ἀφῆκε χατὰ τὸν νόμον. Ἔνιοι δὲ πεντεχαίδεχα
λέγουσιν «τὲ. vgl. Diog. La. I. 45 und Begemann p. 17.
7. Kap.
γόμοι-
ϑεσμοί
N ὙῈ
(9) — ist klar und bedarf keiner Erörterung. Die Ein-
gangsworte στολιτείαν χατέστησε χαὶ νόμους ἔϑηχεν
ἄλλους werden bedeutsamer durch Heranziehung von
Polit. 1273 b 32 οὐ μὲν ἐγένοντο δημιουργοὶ νόμων,
οἱ δὲ καὶ πολιτείας, οἷον nal “υκχοῖργος χαὶ Σόλων"
οὗτοι γὰρ καὶ νόμους χαὶ ττολιτείας κατέστησαν. —
Zu ἄλλους bringt der Zusatz τοῖς δὲ “ράχοντος 9ε-
σμοῖς ἐπαύσαντο χρώμενοι πλὴν τῶν φονικῶν die wich-
tige Erläuterung, dafs die drakontischen Gesetze annulliert
wurden. Dabei ist der stilistische Ausdruck bemerkens-
wert. Solons Gesetze heilsen »duoı, die älteren dra-
kontischen ϑεσμοί; aber Aristoteles gebraucht so auch
von den solonischen Gesetzen ϑεσμοί, wo ihnen jüngere
Gesetze gegenübergestellt werden. Kap. 35: τούς τ᾽
᾿Εφιάλτου χαὶ "Agysorodrov 1) νόμους τοὺς regi τῶν “2ρεο-
srayırav χαϑεῖλον ἐξ Agsiov σπτάγου χαὶ τῶν Σόλωνος
ϑεσμῶν 0001 διαμφισβητήσεις εἶχον. Das relative Alter
bestimmt den Ausdruck ; im übrigen ist dieser nicht fest:
p. 3, 18 ϑεσμοί beim Drakon, bei demselben p. 4, 11
γόμοι; νόμος nennt Aristoteles p. 17, 24 das zur
Peisistratidenzeit geltende Gesetz über die Tyrannis,
das Gesetz selbst beginnt “ϑέσμια τάδε ᾿4ϑηναίων". Für
die m. E. noch nicht abgeschlossene Kritik des Wort-
lautes dieses Gesetzes dürfte vielleicht der Wortlaut
1) Sollte dieser Archestratos, der dem Areopag die Gerichts-
barkeit mit Ephialtes zusammen entreifst und dem Volke giebt,
nicht derselbe sein wie der, welcher im chalkidischen Psephisma
das Schlufsamendement gestellt hat? Es heilst in diesem, CIA.
IV 1 p. 12 n. 27 a, τὸ ff. Hoxeorgarols]| eine’ τὰ μὲν ἄλλα
χαϑάπερ (Δ)ντικλῆς" τὰς [δ]ὲ εὐθύνας Xarzıdeilo], χκατ[ίὰ σφῶν
αὐτῶν εἶναι ἐν Χαλκίδι χαϑάπερ ᾿Αϑ)ήνησιν ᾿4ϑηναίοις, πλὴν
φυγῆς καὶ ϑανάτ|ου καὶ arıulas. περὶ δὲ τούτων ἔφεσιν
eivajı Adnvale ἐς τὴν ἡλιαίαν τῶν ϑεσμοϑ)]ετῶν κατὰ τὸ
ψήφισμα τοῦ δήμου. Die Tendenz dieses Antrages stimmt zu
der Politik des Bundesgenossen des Ephialtes.
BB)
des Eisangeliegesetzes bei Hyper. Euxen. col. XXL.
XXIII (p. 36. 37 Bl.?) heranzuziehen sein.
Die Worte ἀναγράιϊμαντες δὲ τοὺς νόμους — ὀμνύουσι
haben bei Plut. Sol. 25 die Parallele.
Den Schwur der
Archonten wiederholt Aristoteles Kap. 55 a. E. selbst
noch einmal.
nebeneinander:
Aristot. Ὁ: 55:
βαδίζουσι 7ro0g
τὸν λίϑον ὑφ᾽ ᾧ
τὰ τόμι᾽ ἐστίν,
ἐφ᾽ οὗ χαὶ οἱ
διαιτηταὶ ὀμό-
σαντες ἀποφαί-
γονται τὰς διαί-
τας χαὶ οἱ μαρ-
τυρες ἐξόμνυνται
τὰς μαρτυρίας.
ἀναβάντες δ᾽ ἐπὶ
τοῦτον ὀμνύουσιν
δικαίως ἄρξειν
χατὰ τοὺς
νόμους, καὶ δῶρα
μὴ λήψεσϑαι τῆς
ἀρχῆς ἕνεχα, χἂν
τι λάβωσι, ἀνδρι-
ἄντα ἀναϑήσειν
χρυσοῦν.
x
Aal
Aristot. ec. 7:
c ) γ ᾽, "
οἱ ὃ ἐννέα 00-
2
χοντες ὀμνύντες
x - ’
zroogs τῷ λίϑῳ
κατεφάτιζον ἀνα-
ϑήσειν ἀνδριάν-
Ta χρυσοῦν, ἐάν
σαραβῶσι
- ,ὔ c
τῶν νομων" οϑὲν
ἔτι χαὶ νῦν οὕτως
τινα
2 ’
ομνύουσι.
Ich stelle die drei Fassungen desselben
Plut. Sol. 25.
(wuvver) ἕκαστος
τῶν ϑεσμοϑετῶν
ἐν ἀγορᾷ τιρὸς τῷ
λίϑῳ κχαταφατί-
ζων, εἴ τι παρα-
βαίη τῶν ϑεσμῶν,
ἀνδριάντα χρυ-
σοῦν ἰσομέτρητον
ἀναϑήσειν ἐνΖίελ-
φοῖς.
Die Fassung im 7. Kapitel ist die kürzeste; die
Worte πρὸς τῷ λίϑῳ sind so, wie sie dort ohne Er-
klärung stehen, unverständlich. Man sage nicht, dafs
Aristoteles mit ὅϑεν ἔτι χαὶ νῦν are. eben als auf etwas
Bekanntes hinweist; er schliefst diese Entschuldigung
7. Kap.
und
Plut. Sol.
25.
BER 5 9.
7. Kap. selbstdurch seine lange nähere Bestimmung jenes Steines
ΕΣ in Kap. 55 aus. Auch Plutarch hat die Erklärung ἐν
25.
ἀγορᾷ für nötig befunden. Dafs hier eine durch Kürzer-
arbeit entstandene Undeutlichkeit vorliegt, schliefse ich
in Konsequenz zu dem ὃ. 51 über Kap. 25 Bemerkten:
eine Kürzung hat hier, wie der Vergleich mit der Schwur-
formel in Kap. 55 und bei Plutarch ergiebt, statt-
gefunden. Aber diese Kürzung ist nicht an der zweiten
aristotelischen Fassung der Worte erfolgt, sondern, wie
der Wortlaut lehrt, an der Fassung bei Plutarch:
χατεφάτιζον n χαταφατίζων; ἐάν τινα τπτιαραβῶσι τῶν
γόμων ὦν εἴ τι παραβαίη τῶν ϑεσμῶν. Nun ist es aus-
geschlossen, dafs Plutarch hier allein aus Aristoteles
schöpfte, weil er mehr hat. Was er mehr hat, ist gut:
Plat. Phaedr. 235 d worreo οἱ ἐννέα ἄρχοντες, ὑπεισχνοῦ-
μαι εἰχόνα ἰσομέτρητον εἰς Jehpovg ἀναϑήσειν; er
könnte also nur eine andere gute, zu Aristoteles
stimmende Quelle mit Aristoteles verquickt haben.
Aber die vorhergehenden Worte χοιγὸν μὲν οὖν ὥμνυεν
ὅρχον ἡ βουλὴ τοὶς Σόλωνος νόμους ἐμπεδώσειν, ἴδιον
δ᾽ ἕχαστος τῶν ϑεσμοϑετῶν χτὲ. zeigen, dals Plutarch
hier einer Quelle folgt, die mit Aristoteles in sach-
lichem Widerspruch steht: wuooav χρήσεσϑαι πάντες,
nicht blofs die Bule; weiter vindiciert der nicht zu
häufige Gebrauch von ϑεσμοϑέται statt ἄρχοντες, das
officielle Zurredwosıv (z. B. im Schwur des athenischen
Rates und der Richter des chalkidischen Psephisma
CIA. IV 1 p. 10 Z. 14 ταῦτα δὲ Eunedwow Xal-
χιδεῦσιν), das alte χαταφατίζειν und τῶν ϑεσμῶν (für
τῶν νόμων bei Aristoteles), der ganzen Stelle einen so
einheitlichen Charakter, dafs man den Gedanken an
eine Kompilation für ausgeschlossen erachten muls.
Wenn die Stelle keine Kompilation ist, andererseits
aber von Aristoteles abweicht, so ist sie nicht aus dem
a
letzteren abzuleiten. Dafs Plutarch hier mit fremdem 7. Kap.
Kalbe pflügt, bedarf keines Beweises. Die Schlufs- et
folgerungen gelten also für seine Quelle. Da nun die 55.
Quelle Plutarchs hier den Aristoteles nicht benutzt
hat, ihr Wortlaut aber mit dem des letzteren so über-
einstimmt, dals eine Verwandtschaft bestehen muls, so
folgt, dals Aristoteles hier von derselben Überlieferung
abhängig ist, aus welcher auch die Quelle Plutarchs
schöpfte. Mit der Annahme, dafs Aristoteles hier einer
schriftlichen Quelle, deren Wortlaut er kürzte, gefolgt
ist, erklärt sich auch die nicht zu übersehende Differenz,
welche in der Wiedergabe des Archonteneides zwischen
Kap. 7 und 55 besteht. Bei der ersten Niederschrift des
Buches hielt Aristoteles sich zunächst an seine jedes-
malige Quelle; wäre er über den ersten Entwurf hinaus-
gekommen, würde vermutlich sowohl die an sich be-
fremdliche Wiederholung des Schwures in dem kurzen
Büchlein wie auch die Differenz zwischen den beiden
Stellen verschwunden sein. Nach diesem Ergebnis wird
man nicht anstehen, auch die weiteren zwei Angaben,
welche bei Plutarch und Aristoteles sich decken zazezv-
ρωσεν δὲ τοὺς νόμοις εἰς ἑχατὸν ἔτη w Plut. 25 ἐσχὺὶν δὲ
τοῖς νόμοις στᾶσιν εἰς ἑχατὸν ἐνιαυτοὺς ἔδωχε, und τοῖς
δὲ Aoarovros ϑεσμοῖς χτὲ. w Plut. 17 τοὺς Agazovrog
γόμους ἀνεῖλε πελὴν τῶν φονικῶν ἄτταντας auf dieselbe
gemeinsame Überlieferung zurückzuführen.
Ich habe die Untersuchung ohne Rücksicht darauf
‚geführt, dafs Plutarch (25) unmittelbar vor dem Satz
über den Beamtenschwur für die Benennung der Ge-
setzestafeln als χύρβεις unsere Aristotelesstelle citiert:
χαὶ χατεγράφησαν εἰς ξυλίνους ἄξονας ἐν πλαισίοις
στεριέχουσι στρεφομένους. ὧν ἔτι χαϑ᾽ ἡμᾶς ἐν Πρυτα-
γείῳ λείψανα μιχρὰ διεσώζετο᾽ χαὶ προσηγορεύϑησαν.
7. Kap.
κύρβεις-
ἄξονες
> πολ ἐος
ὡς ᾿“4ριστοτέλης φησὶ, κύρβεις 1). χαὶ Κρατῖνος ὃ κωμι-
1 Die antike und moderne Litteratur über die χύρβεις
und ἄξονες hat Busolt Griech. Gesch. I. 539, 1 zusammengestellt.
Es ist festzuhalten, dafs die solonischen Gesetzestafeln in der
älteren Litteratur des 5. und 4. Jahrh. allein χκύρβεις heilsen:
Kratin. Frg. 274 (I. 94 K.). Aristoph. Nub. 448. Av. 1354. Lysias
XXX 17. 18.20. Plat. Politikos 298 ἃ. Aristotel. πολ. ’A9nv. 7
und selbst noch beim Verfasser περὶ χόσμου 400 Ὁ 28 νόμος μὲν
γὰρ ἰσοχλινὴς ὁ ϑεὸς οὐδεμίαν ἐπιδεχόμενος διόρϑωσιν ἢ μετά-
ϑέσιν, χρείττων δέ, οἶμαι, καὶ βεβαιότερος τῶν ἐν ταῖς κύο-
βεσιν ἀναγεγραμμένων, archaisierend, wie nach Lysias τῶν ἐν
ταῖς κύρβεσι γεγραμμένων. Das Wort war in der Alexandriner-
zeit Glosse; deshalb gebrauchen es Apoll. Rhod. IV 280 und
andere Spätere. Die alexandrinischen Grammatiker haben schon
nichts mehr damit anzufangen gewulst. Wie aus dem
Kratinosfragment folgen soll, dafs die χύρβεις aus Holz waren,
ist mir unverständlich. Apollodors Erklärung (FHG. I 432 frg.
26, Suidas 5. v.) ὡς ἀπὸ τῆς στάσεως στήλας χαλεῖσϑαι, ἀπὸ δὲ
τῆς Eis ὕψος παρατάσεως, διὰ τὸ χεχορυφῶσϑαι, χκύρβεις" ὥσπερ
χαὶ χυρβασίαν τὴν ἐπὶ τῆς χεφαλῆς τεϑειμένην beruht augen-
scheinlich auf spitzfindiger Erklärung von Stellen wie Lys.
XXX 17 τὰς ϑυσίας τὰς ἐκ τῶν κύρβεων χαὶ τῶν στηλῶν und
Plat. Politikos 298 d γράψαντας ἐν κύρβεσί τισι καὶ στήλαις, WO
χύρβεις auf die solonischen Gesetze, στῆλαι auf andere Stein-
urkunden geht. Kvoßes ist der ältere volkstümliche Name,
das officielle, jüngere Wort ist ἄξων; deshalb ist dieses in
dem Gesetze CIA. I 61 gebraucht. Wir wissen jetzt durch
Kumanudis, wie die χύρβεις aussahen: "Ey. ἀρχαιολ. 1885, 282;
der vorsichtige Kirchhoff hat ihm beigestimmt (ΟἿΆ. IV 2
p- 125 n. 559). Die χύρβεις waren steinerne ἄξονες. Die Worte
verhalten sich ähnlich zu einander wie ϑεσμός und νόμος. Das
Wort bedeutet etwas Drehbares. Hesych. κυρβειάσων" «7700z10-
τῶν (vgl. χυρβιάσαι" Oxıorav) und Κύρβαντες" Κορύβαντες, wel-
ches auch in dieser Form in dem bekannten Vertrag zwischen
Hierapytna und seinen Kleruchen vorkommt (CIG. II 2555,
14 —= Cauer Delectus? 116); vgl. Schmidt zu Hesych. ἀπο-
χοιρίασεν (Ip. 258). Zu Grunde liegt hier die Vorstellung der
wırbelnden Tanzdrehung. Ἀορύβαντες mit Metathesis und
Vokalentfaltuug gebildet. Dieselbe Wurzel im lat. cur-vus?
κὸς εἴρηκέ που (frg. 274 K.)... ἔνιοι δέ φασιν ἰδίως ἐν
οἷς ἱερὰ χαὶ ϑυσίαι ττεριέχονται κύρβεις, ἄξονας δὲ
τοὺς ἄλλους ὠνομάσϑαι: denn das ist klar, dafs Plutarch
hier eine Einlage macht: erstens aus persönlichem Wissen
und zweitens, wie längst erkannt ist, aus Didymos;
das Aristotelescitat stammt aus dem letzteren, nicht
etwa von Plutarch selbst.
Man hat aber auch noch die eben schon be-
sprochenen Worte ἰσχὺν δὲ τοῖς νόμοις — ἔδωχε und
Αὐρβις gehört zu den alten attischen Worten, welche in der
durch die Litteratur nivellierten Sprache des 5. Jahrh. ver-
loren gingen. Als technischer Name und in Verbindung mit
den solonischen Gesetzen hat das Wort sich länger gehalten
als andere. Wie grofs der Unterschied zwischen der Sprache
des 6. Jahrh. und der des fünften war, können wir nicht be-
urteilen, allein, dafs er ein sehr grofser war, lehrt aufser
Aischylos’ Sprache, welche noch im 6. Jahrh. wurzelt, Lysias’
10. Rede mit rodozazzn, ἀπέλλειν, δρασχάζειν und was sonst an
authentischen Resten solonischer Gesetze Seine endlich jetzt
urkundlich die Hekatompedosinschrift (CIA. IV 3 p. 138) mit
ἱερουργοῦντες, ζάχορος, ὄνϑος, ἱπνεύεσϑαι, dessen Bedeutung nicht
feststeht, und wc», dem neuen Verb, zu welchem ein auf
älterer Vorlage bearbeitetes Gesetz, CIA. I 57 die Parallele
in dem dichterischen ϑωὰν ἐπιβάλλειν neben τοῦ δήμου τοῦ
᾿ϑηναίων πληϑύοντος liefert, während die spätere Sprache den
Stamm nur in «90os festhielt. Hierher auch διχομηνία statt
νουμηνία CIA. I 1, ἀπόπαξ 1 286. 288, οὐδ᾽ ἔπει οὐδὲ ἔργῳ
IV 1, 27 a und ἐπιώψατο, ἐπιοφϑέντες (CIA. II 948 ἢ, wozu
Koehler), welche, wie viele derartige Wörter, die Zähigkeit
religiöser Überlieferung in jüngere und jüngste Zeit mit hin-
übernahm. χύοβεις gehört mit diesen Wörtern in dieselbe Sprach-
epoche; am Ende des 5. Jahrh. ist es in Athen schon obsolet.
Auf Amorgos hat es sich länger im Gebrauche gehalten: Ἐφ.
ἀρχαιολ. 1862, 77 (= Recueil des inser. jurid. gr. p. 116 n. 64)
ὅρος χωρίων. .. καὶ τῶν ἐπεκυρβίων ἐνεχύρων ὑποχειμένων;
das bisher übersehene Adj. bedeutet hier “auf einer Urkunde
verzeichnet’, so dafs χύρβις auf Amorgos die spätere, weitere
Bedeutung gehabt zu haben scheint.
’k Fa
und
Plut. Sol,
25.
1.
u A έλὼ
vor allem χοινὸν μὲν οὖν ὥμνυεν ὅρκον ἣ βουλὴ — ἐν
Γῆ. ἮΝ “Ιελφοῖς für Didymos in Anspruch genommen und für
25.
p- 6, 18
Didymos Aristoteles als Quelle in Ansatz gebracht. Dafs
Didymos’ Bericht dem des Aristoteles folgen würde,
versteht sich. Da aber, wie wir jetzt sehen können,
diese dem Didymos vindizierten Worte in sachlichem
Widerspruche (βουλὴ : πάντες) zu Aristoteles stehen,
und da überdies die Benutzung des letzteren durch den
Grammatiker nur unter der Annahme denkbar ist, dals
Didymos die Worte des Aristoteles in einer Weise aus
anderen Quellen erweitert hätte, welche jede Spur der
Kompilation verwischte (s. ο. S. 56), so kann keine Rede
mehr davon sein, dafs Didymos dem Aristoteles hier
folgte. Mufs man aber Aristoteles als Quelle für diese
Stelle fallen lassen, so fällt damit das Band, welches sie
an die sicher didymeischen Worte knüpfte. Da der
Satz χοινὸν μὲν οὖν ὥμνυεν xrE. zu Aristoteles’ Worten
genau in demselben Verhältnis steht, wie sonst sich
sicher hermippeisches Gut zur πολ. Av. verhält, so
wird man auch hier Hermippos als Quelle Plutarchs
ansetzen. Der erste Satz ’Ioyvv μὲν οὖν — ἔδωχε steht
bei Aristoteles mit dem Schwur zusammen; man wird
also auch ihn dem Parallelberichte des Hermippos vin-
dizieren. Übrigens scheinen Plutarchs Worte selbst
anzudeuten, dafs der Schriftsteller mit Κοινὸν μὲν οὖν
zu einer neuen Quelle überging. Denn mit μὲν οὖν
wird gegen das Vorhergehende abgeschlossen und die
Verbindung zum Folgenden συνιδὼν δὲ hergestellt; das
Folgende ist aber sicher nicht aus Didymos.
Der Eingang der eigentlichen Darstellung der Ver-
fassung ist verstümmelt. K-W., welche die Lücke
erkannten, beziehen die Hesychglosse &x τιμημάτων
hierher und bemerken “welut {τὸ “τᾶν τελῆϑος Er) τιμη-
μάτων. Ich möchte die Glosse, wenn sie wirklich, was
τέως Το ὦ ἀὐλαι
mir nicht sicher scheint, auch mit ihrem Lemma auf
unser Buch geht, lieber auf p. 7, 22 ἐχ τῶν τιμημάτων
beziehen und erwarte mit Wahrung des überlieferten
τιμήματα zunächst etwa<(zarayzıumuare. Es läge nun
am nächsten, die Parallelstelle bei der Kleisthenischen
Verfassung heranzuziehen p. 22, 28 πρῶτον μὲν οὖν
{συνένειμεν πάντας εἰς δέχα φυλάς, aber sie palst aus
zwei Gründen nicht. Die folgenden Singularia revre«-
χοσιομέδιμνον bis ϑῆτα vertragen sich mit dem vor-
geschlagenen r&v τελῆϑος, aber schlecht mit πάντες. Fer-
ner ist das σχερῶτον μὲν οὖν für unsere Stelle nicht zu ge-
brauchen, denn es folgt kein äreıra wie p. 23, 3. Die
Parallelstellen zu τόνδε τὸν τρόττον und ähnliche sind
heranzuziehen: p. 1, 19 ἦν δ᾽ + τάξις... τοιάδε. τὰς
μὲν ἀρχὰς: 3, 19 ἡ δὲ τάξις .. τόνδε τὸν τρόπον εἶχε.
ἀπεεδέδοτο μὲν ἢ πολιτεία; p. 33, 13 διέταξαν τόνδε
τὸν τρόπον" τὰ μὲν χρήματα; p. 45, 24 ἔχει... τόνδε
τὸν τρύπον. μετέχουσιν μὲν τῆς πολιτείας: in allen
diesen Fällen entspricht dem μὲν ein de; wo dieses
fehlt, wie an der Stelle p. 40, 12 διαφϑεῖραι τόνδε
τὸν τρόπον᾽ νόμους εἰσήνεγκαν, fehlt auch das μὲν. An
unserer Stelle steht das δέ im Anfang des 8. Kapitels:
τὰς 0° ἀρχὰς Ercolnoe. Aber ein {τὸ μὲν srav τελῆϑος
χατὰΣ τιμήματα genügt weder im Ausdrucke noch dem
Gedanken nach. Es fehlt die Hauptsache in dem über-
lieferten Texte, dals nämlich die πολιτεία nicht nur
die ὅσελα παρεχόμενοι hatten. Es mulste erst gesagt
worden sein, dafs Solon allen Athenern das Bürger-
recht gab, und dann konnte konsequenterweise erst
von der Art gesprochen werden, wie dieses Bürgerrecht
nach den τιμήματα abgestuft war. Hierfür den even-
tuellen aristotelischen Ausdruck zu finden, ermöglicht
Kap. 29 τὴν δ᾽ ἄλλην πολιτείαν ἐπιτρέψαι πᾶσαν Ayı)-
γαίοις τοῖς δυνατωτάτοις χτὲ. Vielleicht darf man also,
7. Kap.
Ῥ. 6, 20
IE
falls nicht noch mehr ausgefallen ist, vermuten : {ττᾶσιν
\ > 7 x ᾿ > ΄, x x m
μὲν Asyvaloıg τὴν πολιτείαν ἑπέτρειμεν χαὶ τὸ ττλῖϑος
αὐτῶν χατὰν τιμήματα διεῖλεν εἰς τέτταρα τέλη. Der
von mehreren geforderte Artikel vor τιμήματα ist durch
das folgende χαϑάπερ διΐρητο unnötig gemacht.
Mit prägnantem !) sprachlichem Ausdrucke wird die
Organisation des Bürgertums gegeben, wobei wir eine
1!) p. 6, 20 ἀπένειμεν, 24 ἀποδιδούς bei den Klassen,
denen für ihre Leistungen die betreffenden Rechte gebühren,
25 μετέδωχεν bei den Theten, die beim Mangel einer Gegen-
leistung eigentlich kein Recht auf Recht haben. — In diesem
Satze läfst der oben gegebene Text eine Lücke p. 6, 20:
Ba hen, es. [Blafs hat ve... . ας gelesen und με[γίστ]ας
ergänzt, zugleich aber dieses Wort als unpassend getilgt mit
der Bemerkung aut μεγίστας (quod legi posse concedit K.) de-
lendum, aut in sequentibus complura delenda. An und für sich
wird man eine Ergänzung ablehnen müssen, welche sich so
wenig mit dem überlieferten Texte verträgt, dafs ihr Urheber
sie sogleich einklammern mufs. Ich kann aber auch nicht zu-
geben, dafs der Buchstabe vor dem Schlufs-s ein « ist, und
halte am & fest] Nach dem « glaube ich in der Lücke ein &
zu sehen, darauf zwei Vertikalhasten, die oben verbunden sind,
also auf 7,, ı7, γι, ıy oder π᾿ führen. Das letztere erschien
mir beim Lesen das wahrscheinlichste. Darnach hatte ich
uses... Das u muls als μ΄ —= μὲν gelesen werden, wie der
Gegensatz mit δὲ Z. 24 lehrt. Indem mir der Gegensatz, in
welehen dadurch die eigentlichen Ämter zu den διχασταί und
ἐχχλησιασταί treten, bedeutsam erschien, fiel mir die Stelle Polit.
1275 a ein: τῶν δ᾽ ἀρχῶν αἱ μέν εἶσι διῃρημέναν χατὰ χρόνον,
ὥστ᾽ ἐνίας μὲν ὅλως δὶς τὸν αὐτὸν οὐκ ἔξεστιν ἄρχειν, ἢ διὰ
τινῶν ὡρισμένων χρόνων" ὃ δ᾽ ἀέριστος, οἷον ὁ διχαστὴς χαὶ
ἐχχλησιαστής; vgl. b 14. Mit Rückblick hierauf suchte ich den
Ausdruck für einen χρόνος ὡρισμένος in den Resten em... ἔς.
Ich fand kein überliefertes Wort, aber fragen möchte ich, ob
nicht ἐπ᾿ [ἐτ]ές gestanden haben könnte. Sollte man das nicht
ebensogut wie ἐπὶ δίετες und ἐπὶ τρίετες gesagt haben? Und
wenn man dem die Komposition entgegenhält, so halte ich
τῆτες (σῆτες) dazu.
Δ θθν τυ
Anzahl der damals in Athen existierenden Ämter
kennen lernen. Dafs die genannten fünf Beamten-
klassen, Archonten, Tamiai, Poleten, die Elfmänner
und Kolakreten, die einzigen damals dort existierenden
Beamten waren, sagt Aristoteles nicht, sondern hat nur
Reinach!) behauptet; das Richtige hätte ihn Aristo-
teles’ Polit. 1321b 1—1322a 30 incl. lehren können.
Von der damaligen Amtsbefugnis derselben hat Ari-
stoteles vermutlich selbst nichts gewulst. Dals sie
existierten, ist nicht zu bezweifeln. Für die ταμίαι
haben wir jetzt das direkte Zeugnis aus der ersten
Hälfte des 6. Jahrh. CIA. IV 3 p. 199 n. 373288 (N).
Wie viel ihrer waren, steht nicht fest; die Zehnzahl
kann erst seit Kleisthenes bestehen, die Inschrift hat
auch nicht Raum für soviel Namen. Übrigens, dals
Aristoteles sie einfach ταμίαι nennt, braucht nicht eine
Folge laxen Ausdrucks zu sein; denn das Distinktiv
τῆς .ϑηνᾶς wird erst nötig, seit die Centralisation der
Schätze der übrigen Götter erfolgte. Damals mufs
überhaupt eine Umwandlung des Amtes vor sich ge-
gangen sein. Aus der Hekatompedosinschrift (CIA.
IV 3 p. 138) folgt, dafs sie vor 480 nicht so sehr Kassen-
beamte waren wie Verwaltungsbehörde, als welche sie
die Polizeiaufsicht auf der Burg hatten, und in dieser
Eigenschaft Polizeistrafen bis zu 3 Obolen verhängen
konnten. Als sie wesentlich Kassenbeamte der be-
deutendsten Kasse des Landes wurden, mulsten sie für
diese Mehrbelastung nach anderer Seite hin Erleichte-
rung erfahren; man befreite sie, wenn auch nur teil-
weise, von ihrer Polizeipflicht: aus CIA. IV 3 p. 140
n. 26a, welche Urkunde bald nach 447 fällt, erfahren wir,
dals ein Wachtlokal für eine Polizeiwache von 3 Toxo-
ἢ Revue des &tud. Grecques 1891 p. 145, 2.
7. Kap.
ταμίαι
a ἘΉΡΡΙΣ
7. Kap. ten!) auf der Burg erbaut wurde; den Abschlufs der
Wandlung des Amtes indiziert das erste Jahr der Publi-
kation der Übergabeurkunden, 434/3,
Der Bericht über die Normierung der verschie-
denen Schatzungsklassen bietet nichts Neues, teils hat
Pollux VIII 130 dasselbe, wenn auch aus anderer
Quelle und mit Fremdartigem fortlaufend durchsetzt 3),
1) Hermes 1891, 51 ft.
Pollux und 2) Nur von einer Stelle des historischen Teiles der πολ.
N. läfst sich vielleicht annehmen, dafs Pollux sie benutzt hat:
p- 7, 23 — 8,9 = Pollux VIII 108 ναυχραρία — ἀναλώματα ; alle
anderen Ähnlichkeiten, wie z. B. Pollux a. a. Ὁ. δήμαρχοι --- ναυ-
χραρίαι X p. 23, 17 ff. können nicht als sicher gelten. Sämtliche
sonstigen Testimonia aus Pollux gehören dem systematischen
Teile an. Das hat zunächst seinen natürlichen Grund in der
Materie. Aber ganz reicht sie zur Erklärung dieser Erscheinung
nicht aus, denn es steht in dem ersten Teil doch manches, was
Pollux auch sonst berührt. Woher seine Zurücksetzung? Pollux
mulste für seine Art der Schriftstellerei natürlich die aus-
giebigsten Quellen benutzen. Für die athenische Verfassung
der vollendeten Demokratie gab es nichts Ausführlicheres als
Aristoteles’ Buch; daher benutzt er es hier. Es war ihm meist
sogar zu ausführlich und mufste gekürzt werden. Die Anti-
quaria in dem ersten Teile sind dagegen so kurz gehalten,
dafs er sich nach vollständigeren Nachrichten umsah. So ist
Poll. VIII 111, über die erste Verfassung, sicher nicht aus
Aristoteles entnommen, denn der Eingang bis βουχολεῖον
widerspricht dem p. 2, 25 Berichteten. Der Satz χαὶ οἱ uere-
χοντες τοῦ γένους γεννῆται καὶ ὁμογάλακτες" γένει μὲν οὐ προσ-
ἥκοντες, ἐκ δὲ τῆς συνόδου οὕτω προσαγορευόμενοι widerspricht
Aristoteles’ Auffassung der ὁμογάλαχτες in der Politik (1252 b 16)
ἔοικε κατὰ φύσεν ἡ κώμη ἀποικία olzlas εἶναι. οὕς καλοῦσί τινες
ὁμογάλαχτας, παῖδάς τε χαὶ παίδων παῖδας, welche Apposition
zu streichen gar kein Grund vorliegt; vgl. auch Töpffer, Attische
Genealog. p. 9 ff. Dazwischen steht der Satz ὅτε μέντοι — τρια-
zades. Das könnte man für aristotelisch halten, wenn man er-
kannt hat, was in dem Lex. Patm. v. Γεννῆται (Frg. 3855 R®.,
K-W. p. 88) aristotelisch ist. Der Unsinn dieses Artikels geht
ma 0 =
teils ist unsere Stelle von dem Lexikographen des fünften 1. Kap.
Seguerianums fast wörtlich excerpiert worden, was ich
schon mit λέγων οὕτως an. Diese Worte können doch nach
ὡς ἱστορεῖ. .. . ᾿Δριστοτέλης nur bedeuten, dafs nach dem
vorhergehenden Excerpte aus dem Schriftsteller nun dessen
eigene Worte zum Belege folgen. Aber der Unsinn des wört-
lichen Citates pafst auf den knappen, präcisen und verständigen
Bericht wie Ptolemaios Chennos zu Aristoteles, womit ich jedoch
jenen gar nicht hier in Fiage bringen will; diesen aber, denn
der erste Teil sieht genau so sehr nach Aristoteles aus, wie
es der zweite nicht thut. Und seit wann eitiert denn, was ein
ordentlicher griechischer Lexikograph ist, so, dafs er erst einen
Auszug aus dem Citat giebt und dann das Citat wörtlich folgen
läfst, und noch dazu eines, das gar nicht palst? Ich halte dafür,
dafs der erste Teil des Artikels aristotelisch ist und nach
"Agıoror&ins Worte fehlen, in welchen der Name des zweiten Autors
stand, der sich freuen mag, dafs ihm sein Unsinn nun nicht
mehr in Anrechnung gebracht werden kann. Für die Zu-
weisung des ersten Teiles an Aristoteles spricht auch, dafs in
ihm die ἑἱερωσύναι mit den Geschlechtern zusammen dargestellt
werden, wie das p. 23, 22 geschieht τὰ δὲ γένη καὶ τὰς φρα-
τρίας χαὶ τὰς ἱερωσύνας εἴασεν ἔχειν Exaotovg χατὰ τὰ πάτρια.
Mit dem mir als aristotelisch geltenden deckt sich der Satz des
Poll. öre — τριαχάδες inhaltlich. Aber dieser Inhalt ist so wohl,
feil, dafs er nicht aus Aristoteles zu stammen braucht; auch sind
die Worte ἃ ἐχαλεῖτο τριαχάδες nicht aristotelisch. Die letzten
Worte τρία... δημιουργοί sind ebenfalls wohlfeile Weisheit. Als
dritte Stelle bleibt nur noch Pollux VIII 130, die für Aristo-
teles Kap. 7 verhängnisvoll sein soll. An der eben besprochenen
Stelle hat Pollux einen anderen Autor herangezogen, da ihm
Aristoteles nicht genug gab; und ebenso hier. Aus Aristoteles
kann die Stelle gar nicht abgeleitet sem, weil in ihr über die
Benennung der ἱππεῖς gerade das berichtet wird, was Aristo-
teles bekämpft (ἐκ μὲν τοῦ δύνασϑαι τρέφειν ἵππους κεκλῆσϑαι).
Das Plus gegenüber Aristoteles, d. h. hier der Unsinn, den
die Einschübe mit ἀνάλεσχον bringen, war das Empfehlende;
denn dafs Pollux selbst den Atthidenbericht, auf den sich
Aristoteles polemisch bezieht, und der in letzter Instanz bei
Pollux zu Grunde liegt, mit einem anderen kompiliert habe,
Keil, Aristoteles. 5
re )Ε:
7. καρ. allerdings nicht bemerkt finde. Zu p.7, 2: Bekk. An.
298, 20; p. 7, 3: ib. 267, 13; p. 7, 13: ib. 260, 33 und
261, 15, welche beide Stellen zusammengenommen
Fränkel vor der Bemerkung zu Boeckh Staatsh. II
* 116 n. 805 hätten schützen müssen, dals ζευγήσιον die
richtige, weil richtig von ζεῦγος abgeleitete Form sei.
Wie vom Stamme Levyeo- richtig ζευγήσιος abgeleitet
werden kann, ist mir nicht verständlich. Natürlich ist
das Adj. von ζευγίτης abgeleitet und Levyiorog nicht
anders als πλούσιος, ἐνιαύσιος u. 5. w. gebildet.
BR 7: Die irrrras veranlafst Aristoteles zu einer polemischen
Anthemion A nmerkung, welche einen schweren Überlieferungsfehler
enthält, vermutlich durch Ausfall von Worten entstanden,
wie der Vergleich mit Poll. a. a. ©. lehrt. Einen zwei-
ten Fehler, entstanden durch Einschub, anzuerkennen,
verhindert mich folgendes. Kaibels Sammlung hat ge-
lehrt, dafs ein Distichon von Pentametern im 6. Jahrh.
v. Chr., in welches das betreffende, von Aristoteles
citierte Verspaar fallen mülste, eine epigrammatische
Unmöglichkeit ist. Entweder mufs man also den ersten
Vers ändern — dagegen spricht die übereinstimmende
Überlieferung bei Pollux und Aristoteles —, oder aber
man hat anzuerkennen, dafs Aristoteles, richtiger sein
Gewährsmann, den er hier nach seinen eigenen Worten
(Evioi φασι — σημεῖον δὲ ἐττιφέρουσι) ausschreibt, aus
dem Dedikationsepigramm nur die für den Beweis
nötigen Verse ausschrieb; da die beweisenden Worte
gerade in den Pentametern standen, setzte er diese
beiden allein hin. Wie diese Annahme über eine
Änderung des ersten Verses forthilft, so auch über die
glaube ich nicht. Das hatte ihm gewifs schon Didymos be-
sorgt. Die Übereinstimmung zwischen Pollux und Aristoteles
beruht hier auf der Gleichartigkeit der Atthidentradition.
Tr: na
Tilgung von Sıyihov nach eixwv; denn wenn ein Hexa- 7. Kap.
meter vorausging — natürlich folgte ein zweiter —
sind wir nicht mehr gezwungen zu verstehen “Anthe-
mion, der Sohn des Diphilos’, welche Interpretation die
Tilgung nötig erscheinen läfst, sondern können über-
setzen: “Anthemion weihte dieses Bild des Diphilos ;
man denke sich, dals Anthemion z. B. durch Antritt
der Erbschaft des Diphilos in die höhere Schatzungs-
klasse kam!). Ich ziehe diese Interpretation deshalb
einer Textesänderung, wie sie die Streichung von
“Ιιφίλου ist, vor, weil es mir der sicherere Weg er-
scheint, von den an sich nicht zu beanstandenden
Worten ἀνάχειται γὰρ ἐν ἀχροπόλει εἰχὼν Jupikov die
kritisch unsicheren Verse — mag diese Unsicherheit
nun auf Textesverderbnis oder auf der lückenhaften
Citierweise des Autors beruhen — zu erklären, statt
von der Stelle unsicheren Verständnisses aus eine ae
klaren Wortverstandes zu präjudizieren.
Im übrigen möchte ich darauf aufmerksam machen,
dafs wir von dem in Rede stehenden Bilde inschrift-
liche Nachricht haben. CIA. II 742 (Catalogi signo-
rum ex aere factorum) aus dem Anfang der zweiten
Hälfte des 4. Jahrh.: 4. v. 12 ἀνάϑημα Avdeui-
[og .... 13 χυνῆν ἔχει καὶ λό[γχην νοΐ λόφον".
. Damit ist Rühls ἀνϑέμιον (a. a. Ο. 682) gerichtet. Die
Inschrift stimmt zu unserer Erklärung: Anthemion
weiht; dafs er seine eigene Statue weiht, ist nicht an-
zunehmen; er weiht die des Diphilos. Also ἀνάϑημα
᾿Ανϑεμίωνος, εἰκών “ιφίλου.
Die Schlufsworte des 7. Kapitels διὸ zai νῦν ἐστει-
!) Litteratur über diesen Passus jetzt bei Rühl, Der Staat
der Athener und kein Ende (Jahrb. f. kl. Phil. Suppl. XVII)
p- 681 f. Vgl. übrigens Böckh, Staatsh., 13 580 £.— Vgl. auch
Preger, Inser. Graec. metr. τι. 74.
5*+
ΘΠ
πα 9 Ὁ ΕΣ
7. Kap. δὰν ἔρηται τὸν μέλλοντα κληροῦσϑαί τιν ἀρχήν, ττοῖον
Ρ. 1, 18 ΠΝ, oc τελεῖ, οὐδ᾽ ἂν εἷς εἴττοι ϑητικόν zusammen-
gehalten mit dem Passus über die ταμίαι τῆς “ϑηνᾶς
Kapitel 47 κληροῦται δ᾽ εἷς ἐκ τῆς φυλῆς, ἔχ πενταχοσιο-
μεδίμνων κατὰ τὸν Ξόλωνος νόμον (ἔτι γὰρ ὃ νόμος
χύριός ἐστιν), ἄρχει δ᾽ ὃ λαχὼν χἂν ᾽τάνυ πένης ἢ ent-
halten eine Schwierigkeit für das Verständnis. Gehört
der πάνυ πένης denn nicht in das ϑητικόν ὃ kann ein
Pentakosiomedimne ein sravv zrevng sein?
Beton. Wie Aristoteles berichtet und wie er, danach zu
Census
Geldcensusschliefsen, selbst es geglaubt hat, wären vor Solon an
den Grundbesitz allein die staatsbürgerlichen Rechte
geknüpft worden; denn die Klassen werden als nach
dem Bodenerträgnis normiert dargestellt. Nun aber
berichtet Aristoteles selbst Kap. 13 εἰτ ἔδοξεν αὐτοῖς
διὰ τὸ στασιάζειν ἄρχοντας ἑλέσϑαι δέχα, πέντε μὲν
εὐπατριδῶν, τρεῖς δὲ ἀ[γρο]οίχων, δύο δὲ δημιουργῶν" χαὶ
οὗτοι τὸν μετὰ Jauaoiav ἦρξαν ἐνιαυτόν (581/80). Da
die Demiurgen, die nicht zu den grundbesitzenden
Klassen gehören, schon 12 Jahre nach Solon nicht
blofs überhaupt Staatsrechte haben, sondern sogar das
höchste Amt erreichen können, eine Änderung der
Verfassung in dieser Richtung aber nicht blofs nicht
berichtet, sondern bei der Kürze der Frist an sich
auch unwahrscheinlich ist, so folgt, dals die Klassen- .
einteilung von Solon nicht nach dem Ertrag des Bodens
normiert worden ist, sondern dafs das ganze Vermögen
oder richtiger der Nutzwert des Vermögens der Ein-
teilung zu Grunde gelegt war. Das ging auch gar
nicht anders. In einem Lande, welches Kolonialpolitik
treibt, wie Athen es seit dem Ende des 7. Jahrh. that,
kann der Kaufmannsstand nicht der Rechte des Staats-
bürgers entbehren. Kolonialpolitik indiziert den Über-
gang von der Bodenwirtschaft zur Geldwirtschaft. Und
ID
wenn erst in späterer Zeit die Umwandlung des Census- 7. Kap.
tarifes aus Produkten- zu Geldsätzen erfolgt wäre, P""
sollte die Überlieferung wirklich keine Spur von dieser
einschneidenden, demokratischen Maflsnahme bewahrt
haben? — Waren die solonischen Sätze für die ver-PDie athen.
schiedenen Klassen nun von vornherein nach dem Geld- μον.
wert bestimmt, so verstehtman den Namen πτενταχοσιομέ- Solon
διμνοι nur, wenn dieser Name aus einer früheren Zeit
der Bodenwirtschaft stammte. Wenn ferner die erste
Klasse zrevrazoorou &dıuvoı hiels, so war der Census
für sie nicht, wie Aristoteles für Solon berichtet, nach
den ξηρὰ χαὲ ὑγρά, sondern allein nach den ξηρά be-
rechnet, denn die flüssigen Malse wurden nach Metreten
gemessen. Dieser Schlufs gewinnt dadurch an Sicher-
heit, dafs er eimen Zug liefert, der durchaus in das
Bild der Latifundienwirtschaft der Oligarchie pafst;
der Census für die höchst berechtigte Klasse war, wenn
nur die Trockenfrucht in Rechnung kam, ein so hoher,
dafs die höchsten Ämter in der That nur in wenigen Fami-
lien umgehen konnten. Wie hier der Name für den Census
dieser Klasse zeugte, so auch der der Hippeis und Zeu-
giten; wir müssen aus diesen Benennungen schlielsen,
dafs zu der Zeit, als sie zu den Namen der Schatzungs-
klassen wurden, in der That für die zweite Klasse die
Stellung des Ritterpferdes, für die dritte der Besitz
eines Gespannes der Census war!). Wenn der Abr
!) Ich berühre mich hier mit Gomperz, Die Schrift vom
Staatswesen der Athener und ihr neuester Beurteller (Wien 1891)
p- 42 ff. und Busolt, Philologus 1891 (L), 393 Ε΄. welcher Aufsatz
mir erst nach Abschlufs meiner Arbeit bekannt wurde. Böckh,
Staatsh. 13 579 sah den Zwiespalt, aber versuchte eine har-
monistische Lösung, statt die Konsequenzen aus der Diserepanz
zwischen der Sache und dem Namen zu ziehen. Die Polemik
des Aristoteles in der Anmerkung p.7, 4—11 löst sieh bei der
δοὺς ==
7. Καρ. stand zwischen der ersten Klasse und den beiden
pP. 18 #- fojgenden als ein sehr hoher erscheint, so stimmt das
zu dem Charakter einer starren Oligarchie. Wann
diesem Zustande ein Ende gemacht wurde, ist natürlich
nicht zu sagen; aber vor Solon mufs es schon ge-
schehen sein. Denn da Solon, wie wir vorher aus
den Verhältnissen des Jahres 581/80 schliefsen mulsten,
schon die Klassen nach dem Geld- und nicht nach dem
Bodenertrage einteilte, so mufs zwischen dem ersten
Stadium, während dessen Pentakosiomedimnen, Hippeis
und Zeugiten noch ihren Namen mit Recht führten,
und dem durch Solon herbeigeführten Zustande eine
Epoche liegen, in welcher der Census nach dem Boden-
ertrage für alle drei Klassen normiert war. Dabei
bleibe die Frage offen, ob damals zugleich der Ertrag
der ξηρὰ καὶ ὑγρά in Anrechnung gebracht wurde,
oder ob Solon diese Änderung vornahm, welche den
demokratischen Charakter an der Stirn trägt. Aber
wenn Solon diese Änderung auch nicht verdankt wird,
was er für die Entwicklung der Demokratie durch die
Umrechnung des Bodenertrages in Geld absichtlich,
und was er mit der Einführung des timokratischen
Principes unabsichtlich geleistet hat, ist doch von weit-
tragendster Bedeutung gewesen.
er Ich mufs hier auf die Münzreform kommen. Es
reform ist von U. Köhler und Head hervorgehoben, dafs die
Einführung des euböischen Fulses statt des äginäischen
zunächst dem Kaufmanne Solon verdankt wird, der
seiner Vaterstadt die Münze geben wollte, welche im
Osten und Westen am weitesten kursierte und der
geschichtlichen Betrachtung. Er wie sein Gegner haben recht,
jeder für seine Epoche, nur, dafs beide es nicht für die solo-
nische haben.
N Ne
Kolonialpolitik Athens förderlich sein mufste. Weiter 7. Kap:
war diese Mafsregel, wie bekannt, ein Schlag nach?» 15 #
aulsen gegen Megara und den Peloponnes überhaupt;
man sollte sich von ihm emaneipieren. Damit wurde
zugleich auch nach innen gewirkt, denn die Oligarchen
hielten den Blick immer noch über den saronischen
Golf hin gerichtet. Allein dies war vielleicht die ge-
ringste Bedeutung der Einführung des neuen Fulses
für die innere Politik; wichtiger war, dafs sie zugleich
auch den ärmeren Klassen zu gute kam, welche die
Hochebene und Küste am östlichen Meere bebauten.
Sie mufsten den Ertrag des ihnen verpachteten Landes
wesentlich nach den grofsen Emporien Euboias ab-
führen, denn noch benahmen Megara und Aigina Athen
die belebende Seeluft. Dort erhielten sie aber leichtes
euböisches Geld, welches überhaupt bei der dominie-
renden politischen und merkantilen Stellung von Chalkis
auf der gegenüber liegenden Festlandsküste und auch
im Osten Attikas stark kursiert haben muls. In Athen
aber mulsten die armen Pächter nach dem schweren
äginäischen Gelde zinsen. Natürlich mufs eine Um-
rechnung stattgefunden haben; doch bei jedem solchen
Geldwechselgeschäft findet ein Verlust auf einer Seite
statt, und wer den Verlust hier zu tragen hatte, kann
nicht zweifelhaft sein. Von noch gröfserer Bedeutung
als nach dieser Seite hin war die Einführung des
euböischen Fulses für die Organisation des Bürgertums
durch Solon. Indem er die Censussätze nach dem
Bodenertrage in Geld umrechnete und bei der Um.
rechnung das um ein starkes Viertel leichtere neue
Geld in Ansatz brachte, wurden die Censussätze sämt-
lich um ein Viertel niedriger, als sie es nach der alten
Währung geworden wären, d. h. eine bedeutende An-
zahl von Bürgern kam nun noch in die Zeugitenklasse,
7. Kap.
Ῥ- ἢ, 15 ἢ,
Die solon.
Steuer-
klassen in
späterer
Zeit
BB; pe
welche nach der Rechnung alten Stiles zu den Theten
gehört haben würde; dasselbe Verhältnis trat bei den
Grenzen zwischen den Zeugiten und Hippeis und
Pentakosiomedimnen ein. Nur die Höchstbegüterten
hatten keinen Vorteil. So war die Einführung des
leichten Geldes in Anwendung auf die Normierung des
Census nach Geldeinkommen ein wichtiger Hebel zur
Stärkung der Demokratie, und ich zweifele nicht, dafs
diese Mafsregeln von Solon mit dem vollen Bewufst-
sein ihrer Bedeutung getroffen worden sind. Die Be-
deutung der solonischen Reform auf diesem Gebiete
besteht nicht in der Schaffung eines neuen Steuer-
klassensystems, sondern in der Benutzung des bestehen-
den Klassensteuersystems zur Abstufung der bürger-
lichen Rechte; die Oligarchie hatte wohl die Steuer-
klassen zum Zwecke der Besteuerung, aber der Ge-
nuls der bürgerlichen Rechte war nicht durch sie,
sondern durch das ὅσελα τταρέχεσϑαι bedingt. Die de-
mokratische Tendenz der solonischen Mafsregel wurde
verstärkt durch die Umrechnung der früheren Census-
beträge aus Viktualien in Geld und weiter dadurch,
dafs die Umrechnung nicht in das alte schwere, sondern
in das neue leichte erfolgte.
Die Einführung des timokratischen Prineips in
dieser Weise mag damals etwas Befreiendes gehabt
haben, aber es ist zum Fluch für die Entwicklung des
athenischen Staates geworden, allerdings nicht durch
Solons Schuld, denn er war kein Hellseher, so dafs er
die Unvernunft der Politiker des 5. und 4. Jahr-
hunderts hätte vorausschauen können. Es kam näm-
lich so. Durch die ruhige Arbeit der Peisistratiden-
herrschaft wuchs im 6. Jahrhundert das National-
vermögen; infolge der Centralisationskraft des atheni-
schen Bundesstaates flols im 5. Jahrhundert das Gold
aus den gehorchenden Staaten nach der regierenden
Ber ae
Stelle zusammen; zu der führenden Stadt im Reiche 7. Kap.
der Künste und Wissenschaften strömten im 4. Jahr-" " ##
hundert die Fremden von allen Gegenden der grie-
chischen Welt und liefsen dort Reichtümer. Mit der
Menge der Ware sinkt der Preis. Grofse Vermögen
wurden erworben, das Geld verlor an Wert. Wie
die Lebensmittelpreise vom Ende des 5. bis zum Ende
des 4. Jahrhunderts stiegen, lehren die athenischen
Rechnungsurkunden; noch stärker ist der Unterschied
zwischen den Preisen der aristotelischen Zeit und denen
des 6. Jahrhunderts, soviel davon bekannt ist. Solon
hatte den Medimnos Getreide aufeine Drachme normiert
(Plut. Sol. 23); also gehörte man mit 5 Minen Ein-
kommen zur begütertsten Klasse der Bürgerschaft.
Um das Jahr 400 war, wie Böckh (Staatsh. 1? 144)
nachgerechnet hat. ein Einkommen von 5 Minen ein
geringes, und zur Zeit Alexanders des Grofsen konnte
der Sprecher der Rede gegen Phainippos (ὃ 22) über
ein Einkommen von 5 Minen und 40 Dr. sagen: ἀφ᾽
ns ζῆν ou ῥᾷάδιόν ἐστι. Es hatte sich also der Geldwert
innerhalb eines Zeitraumes von zwei und einem halben
Jahrhundert so verringert, dals man zu Solons Zeit zu
den Wohlhabendsten mit einem jährlichen Einkommen
von 5 Minen, mit 5 Minen jährlichen Einkommens zu
Demosthenes’ Tagen zu den Unbemitteltsten in dem-
selben Staate gehörte.
Böckh (a. a. O. 18 548, 542 ff.) hatte schon aus
den Schriftstellern erschlossen, dafs die alten Census-
klassen bis ins 4. Jahrhundert herab in Geltung ge-
blieben waren. Es traten dann die Urkunde über die
Kolonisierung von Brea (CIA. 1 31; c. ol. 80) und
die Inschrift CIA. I 14 hinzu, in welchen die Zeu-
giten, Theten und Pentakosiomedimnen genannt waren.
Jetzt bezeugt Aristoteles das Bestehen der Klassen für
das Jahr 457/6 (p. 28, 29) und für seine eigene Zeit
I ν αΞ Ξ
1. Kap. (p. 7, 16. 24; 61, 14). Es braucht für das Athen des
Ῥ 1, 18. 5 und 4. Jahrhunderts nicht bewiesen zu werden, dals
diese Institution damals ohne Zusammenhang mit der
Besteuerung der Bürger weiter existierte; sie war da-
mals allein das Regulativ für die verschiedenen Stufen
des Staatsbürgerrechtes.. Man darf nicht annehmen,
dafs zu diesem Zwecke von dem Staate oder der
Kommune (Demos) Listen über die Bürger geführt
wurden; vielmehr mulste jeder, der ein Amt antreten
wollte, bei der Prüfung nachweisen, dafs er ein Ein-
kommen hatte, welches ihn zur Führung dieses Amtes
qualificierte, daher in der Prüfung der Archonten auch
auf den Vermögensnachweis die Aufforderung geht:
xahsı τούτων τοὺς μάρτυρας (p. 61, 16). Die Census-
sätze für die einzelnen Klassen waren im 4. Jahr-
hundert nach Ausweis des Gesetzes über die Erbtöchter
aus dem Thetenstande in der Macartatea ($ 54), deren
Urkunden Wachholz 1) als echt erwiesen hat, die gleichen
wie in solonischer Zeit; denn die Zahlen von 500 Dr.,
300 Dr., 150 Dr., welche für die 1., 2., 3. Klasse als
Aussteuer festgesetzt werden, stehen, wie man auch
die kleine Abweichung für die Zeugiten beurteilen mag,
in unverkennbarem Zusammenhange mit den Üensus-
summen.
Man erkennt, welches Mifsverhältnis sich daraus
ergeben mulste, dafs das Geld im Werte sank, die
alten Censussätze aber bestehen blieben. Die Preise
der Lebensmittel und der Arbeit stiegen, es mulste
mehr verdient werden; die Einkommen steigerten sich
von Jahr zu Jahr, und von Jahr zu Jahr traten, da
der Census nicht mit der Steigerung des Einkommens
in die Höhe ging, mehr Leute aus den Theten in die
!) De litis instrumentis in Demosthenis quae fertur oratione
in Macartatum. Diss. Kiel 1878.
Ba NEE:
Zeugitenklasse über. Seit 457/6 eröffnete schon der
Zeugitencensus den Zutritt zum höchsten Amte; den
bedenklichsten Elementen stand jetzt der Weg dahin
frei. Der Staat zahlte am Ende des 4. Jahrhunderts
als Invaliditäts- und Armenunterstützung täglich
2 Obolen!), d. h. im Jahre 1 M. 20 Dr.: also nur
1) Aus Harpokr. s. v. ἀδύνατοι, wo es heilst, β΄ ὀβολοὶς τῆς
ἑχάστης ἡμέρας ἢ ὀβολόν, ws φησιν ᾿Δριστοτέλης ἐν. A. π. hat man
Bedenken gegen die Echtheit unserer Schrift, vgl. p. 54, 28, er-
hoben, das heifst doch den Texteszustand dieses Lexikographen
verkennen und Bekk. An. 345, 15 und Harpokration ignorieren.
Zudem mufste die Epitome mit οὗ μέν φασιν ἑχάστης ἡμέρας
ὀβολοὺς δύο, οἱ δὲ ὀβολὸν schon allein darauf führen, dafs
der ursprüngliche Harpokrationtext anders als der überlieferte
lautete. Die Angabe Bekk. An. 345, 21 ὡς δὲ «Φιλόχορος πέντε
mufs verderbt sein, denn dann hätte die Unterstützung im
Jahre 3 Minen betragen, also den Census der Ritterklasse er-
reicht. Aber die von Boeckh (Staatsh. 135 310 d) befürwortete
Vermutung, dafs πέντε aus ε΄ δραχμὰς χατὰ μῆνα entstanden sei,
ist auch unmöglich, da das die Unterstützung wieder auf 1 Obol
täglich reduzieren würde. Dagegen trägt Harpokrations ὡς
φΦιλόχορός φησιν, $ δραχμὰς κατὰ μῆνα die Bedingungen der
Richtigkeit in sich. Da bei der Finanzlage des Staates gespart
werden mulste, so trat eine Reduktion ein, welche den ein-
zelnen nicht eben hart traf, für den Staat aber bei der Menge
der Unterstützungen sich als Erleichterung geltend machen
mufste. 9 Drach. monatlich gegen 2 Ob. täglich ergeben eine
jährliche Ersparnis von 12 Dr. pro Kopf. Setzt man mit Boeckh
(a. a. Ο. 311) die Zahl der Unterstützungen auf rund 500 an,
so bedeutet das eine jährliche Ersparnis von einem Talente,
und die merkte die Finanzverwaltung damals. Aber die An-
gabe des Harpokr. mufs auf den ersten Blick doch befremden.
Er sagt χατὰ μῆνα. Der Verwaltungsperioden des athenischen
Staates sind aber nicht Tage, Monate und Jahre, sondern Tage,
Prytanien und Jahre, und alle Zahlungen wurden, wie die
Inschriften und die πολ. 49nv. lehren, nach Prytanien geleistet.
Doch die Schwierigkeit löst sich, wenn man sich besinnt, dafs
es zu Philochoros’ späterer Zeit 12 Prytanien gab, also die
Prytanien den Monaten gleich waren. Sein Ausdruck ist nur
ungenau.
7. Kap.
pP. 7,13 ΤῈ
7.Kap. 80 Dr. mehr, als der Staat δὴ Armengeld gewährte,
Ῥ- ἴ, 1 MT Sguchte ein legitimer Athener im Jahre zu verzehren
zu haben, um zur Bekleidung der höchsten Staats-
ämter berechtigt zu sen. Das ist in Wahrheit die
Demokratie ἐν 7, πάντες πάντων μετέχουσιν. In diesen
Mifsverhältnissen liegt der Schlüssel zum Verständnis
der völligen Verwilderung der athenischen Demokratie.
So ist die solonische Verfassung ohne Wollen ihres
Urhebers in der That das Fundament, auf dem die
athenische Demokratie sich ausbaute, geworden; dafs
sie es wurde, ist die Folge der historischen Entwicklung
gewesen. Die Unvernunft oder, um mit Platon zu reden,
die Lakaiennatur (χολαχεία) der führenden Politiker
des 5. und 4. Jahrhunderts, welche den veränderten
Verhältnissen nicht Rechnung tragen wollten oder
Rechnung zu tragen nicht wagten, trifft der feine Hohn
in Aristoteles’ Worten, welche man jetzt verstehen wird:
χαὶ ἄρχει ὁ λαχὼν χἂν πάνυ πένης ἡ. Jetzt wird man
auch zugeben, dafs Aristoteles mit an den athenischen
Staat dachte, als er in der Politik schrieb (1308 ἃ 95):
πρὸς δὲ τὴν διὰ τὰ τιμήματα γινομένην μεταβολὴν ἐξ
ὀλιγαρχίας χαὶ πολιτείας, ὅταν συμβαίνῃ τοῦτο μενόν-
των μὲν τῶν αὐτῶν τιμημάτων εὐπορίας δὲ
νομίσματος γινομένης, συμφέρει. τοῦ τιμήματος,
ἐπεισχοτεεῖν τοῦ καινοῦ τὸ πλῆϑος πρὸς τὸ παρελϑόν,
ἐν ὅσαις μὲν πόλεσι τιμῶνται κατ ἐνιαυτόν, χατὰ
τοῦτον τὸν χρόνον, ἐν δὲ ταῖς μείζοσι διὰ τριετηρίδος
ἢ πενταετηρίδος, κἂν ἡ πολλαπλάσιον ἢ πολλοστημόριον
τοῦ πρότερον, ἐν ᾧ αἱ τιμήσεις κατέστησαν τῆς zrakt-
τϑίας, νόμον εἶναι χαὶ τὰ κιμήματα ἐτειτείνειν ἢ ἀνιέναι,
ἐὰν μὲν ὑτεερβάλλῃ, ἐπιτείνοντας κατὰ τὴν πολλατελα-
σίωσιν, ἐὰν δ᾽ ἐλλείτεῃ, ἀνιέντας καὶ ἐλάττω ποιοῦντας
τὴν τίμησιν. ἔν μὲν γὰρ ταῖς ὀλιγαρχίαις χαὶ ταῖς
πολιτείαις μὴ ποιοίντων μὲν οὕτως ἔνϑα μὲν ὀλιγαρ-
χίαν ἔνϑα δὲ δυναστείαν γίνεσϑαι συμβαίνει,
ΠΣ
ἐχείνως δὲ ἐκ μὲν πολιτείας δημοχρατίαν, ἐχ 7.Kap.
δ᾽ ὀλιγαρχίας πολιτείαν ἢ δῆμον. Derselbe Gedanke?" "*-
steht in derselben Schrift schon an früherer Stelle
(1306 b 9) πολλάκις..τὸ ταχϑὲν πρῶτον τίμημα
πρὸς τοὺς παρόντας καιροὺς (ὥστε μετέχειν ἐν μὲν τῇ
ὀλιγαρχίᾳ ὀλίγους ἐν δὲ τῇ πολιτείᾳ τοὺς μέσους) εὐε-
τηρίας γινομένης δι᾿ εἰρήνην ἢ δι᾿ ἀλλην τινὰ
εὐτυχίαν συμβαίνει («πολλοστὸν γίνεσϑαι
διὰ To) πολλαπλασίου γίνεσθαι τιμήματος
ἀξίας τὰς αὐτὰς χτήσεις, ὥὡστεπάντων μετέ-
χειν, ÖTE μὲν ἐχ προαγωγῆς χαὶ κατὰ μιχρὸν γι-
νομένης τῆς μεταβολῆς καὶ λανϑανοίσης,
ὑτὲ δὲ χαὶ ϑᾶττον.
Achtes Kapitel.
Den Inhalt des achten Kapitels fassen die Eingangs-
worte des neunten in den Satz zusammen: τὰ... περὶ
τὰς ἀρχὰς τοῦτον εἶχε τὸν τρόπον. Es zerfällt in
zwei sehr verschieden lange Abschnitte. Den ersten
bildet der erste Satz, welcher die allgemeine Norm für
die Beamtenbestellung giebt: τὰς δ᾽ ἀρχὰς ἐποίησε χλη-
ρωτὰς ἐχ προχρίτων οὖς ἑκάστη προχρίνειε τῶν φυλῶν.
Der zweite Abschnitt füllt das ganze übrige Kapitel;
er enthält die Einzelbesprechung folgender Ämter:
a) der Archonten (bis p. 7, 28); b) der mit der Landes-
einteilung in Verbindung stehenden Phylobasileis und
Naukraren (bis p. 8, 9); ce) der beiden Körper-
schaften, der Bule und des Areopag. Dieses Grund-
schema ist erweitert oder ausgeführt; ina) durch einen
doppelten Beleg (Indizienbeweis) für die Angabe, dals
Solon für die Archonten einen doppelten Wahlakt ein-
8. Kap.
Hol. Adv.
und Isokr.
Areopag
Br A
führte, und durch die Anfügung einer Anmerkung über
die Ämterbesetzung in dem ersten Stadium der athe-
nischen Verfassungsgeschichte; in b) durch den Beleg
für die Verwaltungsthätigkeit der Naukraren; in
c) durch die Anführung eines Gesetzes, welches zugleich
mit der gesetzlichen Befugnis des Areopags τοὺς ἐπὲὴ
τῇ καταλύσει τοῦ δήμου συνισταμένους χρίνειν die Ver-
fassung zu stützen bestimmt war.
Der Wahlmodus war ein doppelter für die Archonten:
srooxgiveıv und χληροῦν. Das will Aristoteles beweisen.
Für den doppelten Wahlgang führt er die noch
bestehende doppelte Losung an; dafür, dafs überhaupt
eine Erlosung der Ämter aus den Schatzungsklassen
in der solonischen Verfassung vorgesehen war, was,
wie sich sogleich zeigen wird, in der Antike nicht all-
gemein so dargestellt wurde, wird das noch in Kraft
stehende Tamiaigesetz des Solon eitiert. Damit hat
Aristoteles gesagt, was er über die Wahl der Archonten
nach Solons Satzungen sagen will: Σόλων μὲν οὖν ov-
τως ἐνομοϑέτησεν περὶ τῶν ἀρχόντων. Es schliefst sich
hieran nun der auf den ersten Blick befremdende Satz
τὸ γὰρ ἀρχαῖον ἡ ἐν Aoeiw ττάγῳ βουλὴ ἀνακαλεσαμένη
nal χρίνασα nad” αὑτὴν τὸν ἐπιτήδειον ἐφ᾽ ἑκάστῃ τῶν
ἀρχῶν Ert’ [ἐν)ια[υτ]ὸν [καϑιστᾶ]σα ἀτπτέστελλεν. Dieser
Satz ist gerichtet gegen diejenigen, welche die Erlosung
aus Schatzungsklassen nicht für eine solonische Insti-
tution hielten. Es gilt zu bestimmen, nach welcher Rich-
tung hin die aristotelische Polemik gewendet war.
Isokrates stellt als Thema seines Areopagitikos !)
1) F. Dümmler, Chronologische Beiträge zu einigen plato-
nischen Dialogen aus den Reden des Isokrates (Basel 1890) falst
Isokrates’ Antidosis, Friedensrede (Symmachikos) und Areopa-
gitikos als eine Trilogie zusammen, deren drei Teile sämtlich
durch die Gegnerschaft der platonischen Schule und der
ΤΕ ΣΙΩΝ Ἢ τὶ
. ς ΄ ,, IN
hin ($ 16): Εὐρίσχω γὰρ ταίτην μόνην ἂν γενομένην 8. Kap.
- ar G > x x m ,
χαὶ τῶν μελλόντων χινδύνων ἀττοτροττὴν χαὶ τῶν πεαρόν-
scharfen, von Platon an Isokrates’ Wesen, Lehre und politischer
Stellung geübten Kritik hervorgerufen seien; ebenso sucht er
die kyprische Trilogie genetisch zu erklären. Ich bedauere,
eben weil ich viel von ihm gelernt habe, es lebhaft, ihm hierin
nicht folgen zu können. Die Antidosis ist für mich die Konse-
quenz des Areopagitikos und Symmachikos. In ihnen hatte
er an der demokratischen Verfassung eine Kritik geübt, die
sich durchaus in den Geleisen der von der Akademie geübten
hielt. Die Folge war, dafs man jetzt den Lobredner der De-
mokratie — obgleich er sich im Areopagitikos ausdrücklich gegen
ähnliche Unterstellungen verwahrt hatte ($ 57 f.) und nicht um-
sonst sowohl zu den Namen des Solon und Kleisthenes jene Zu-
sätze gemacht (s. den Text) hatte, wie er eben dieselben noch ein-
mal als δημοτιχώτατοι ($ 59) gelobt haben wollte — für einen
Überläufer in das feindliche Lager ansah. Er weist daher aus
seinen Reden nach, dafs er stets eine loyale Gesinnung gegen die
Demokratie in seinen Schriften bekundet habe, und zweitens
zieht er durch die polemisch gehaltene Darlegung seiner An-
sicht über Philosophie und philosophischen Unterricht eine
Scheidewand zwischen der Akademie und sich. Die demokra-
tisch gesinnten Väter brauchten also keine Sorge zu tragen,
ihm ihre Söhne zur Erziehung zu geben. Diesen rein persön-
lichen Charakter trägt m. E. nur die Antidosis. Areopagitikos
und Symmachikos sind für mich zunächst rein politische Flug-
schriften. Dafür, dafs Isokrates in ihnen eine Palinodie des
Panegyrikos anstimmt, sehe ich den Grund in der Lehre, die
ihm die Geschichte seiner Vaterstadt in den letzten zwanzig
Jahren gegeben hatte. Er wurde dadurch in die Bahnen der
akademischen Kritik getrieben und lernte jetzt beim Platon.
Anleihen bei diesem sind daher jetzt natürlich und machen die
gleichzeitig geübte Polemik nicht zu einer illoyalen. Auf die
Bestreitung der Auffassung, dafs diese Schriften zunächst po-
litische Zweckpublikationen sein sollten und durch die politische
Misere hervorgerufen waren, mufs ich mit Aristoteles’ Worten
antworten δίκαιον... 2x τῆς ἄλλης πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν ἐχεί-
γου βούλησιν. Isokrates hat Zeit seines Lebens als Politiker
wirken wollen; das bezeugt er selbst des öfteren, und seine
τ AR
- > 7 ὟΝ ας ’ τ} , x
8. Kap. των χαχῶν ἀπαλλαγήν, ἣν ἐϑελήσωμεν ἐχείνην τὴν Önuo-
- N \ c
χρατίαν ἀναλαβεῖν, ἣν Σόλων μὲν ὃ δημοτικώτατος γενό-
Lehre, deren Endzweck die Praxis ist, bestätigt seine Worte.
Wenn sich Schriften von ihm als politische Fluglitteratur
geben, so liegt kein Grund vor, den deutlichen Augenschein
für Maske zu halten. Die Polemik gegen Platon ist für mich
ein Acecedens, aber nicht das Regens in ihnen. Einer isokra-
tischen Rede, weil sie eine isokratische Rede war, im 4. Jahrh.
politischen Wert und Wirksamkeit in Athen oder aufser Athen
abzusprechen, verhindert mich die Bedeutung des Mannes,
welche für jene Zeit von keinem Schriftsteller mehr anerkannt
wird als von Platon. Die Heftigkeit und teilweise Illoyalität
seiner Kritik findet ihre Erklärung in der bedeutenden Stellung
des Gegners. Die athenische Verfassung von damals zu be-
kämpfen hatte Platon aufgegeben, dem bedeutendsten litterari-
schen Vertreter der demokratischen Rhetorik und ihrer ober-
flächlichen Bildung, dem Lobredner des athenischen Staates,
gilt der Kampf ebensosehr wie dem Quasi-Philosophen Isokrates.
Feig aber war es, dafs Isokrates in der Antidosis den Rückzug
wieder antrat; allein den Mut der Überzeugung habe ich ihm
nie zugetraut (Hermes 23, 373). Ich leugne auch nicht, dafs
Isokrates mit dem politischen Zwecke des Areopagitikos einen
persönlichen zu verbinden gesucht hat. Der Passus über die
Verwilderung der Jugend unter der bestehenden Demokratie
im Gegensatze zu der Erziehung, welche der Areopag in der
alten Verfassung den Bürgern angedeihen liefs, führt zu dem
Schlusse: man soll dem Manne die Söhne zur Erziehung geben,
welcher diese gute alte Zeit befürwortet; denn bei ihm werden
die Jungen ja nach den Grundsätzen dieser Zeit erzogen werden.
Das Gefühl der Verwaisung klingt gewils aus den Worten 8 55
ἀπήλλαξεν (die alte Verfassung) . .. τοὺς πρεσβυτέρους τῶν
ἀϑυμιῶν ταῖς τιμαῖς ταῖς πολιτικαῖς καὶ ταῖς παρὰ τῶν νεωτέρων
ϑεραπείαις. Aber kann man den Panegyrikos wegen seines
Einganges und Schlusses auch allein als eine Schrift für seine
Rhetorik halten? Er spricht darin, wenn auch nicht so viel,
so doch viel deutlicher pro domo als an irgend einem Punkte
des Areopagitikos. Wie er im Panegyrikos neben dem poli-
tischen Hauptzwecke seinem persönlichen Nebenzwecke nach-
ging, so, denke ich, auch im Areopagitikos.
Be Τν ἘΞ
μενος ἐνομοθέτησεν, Κλεισϑένης δ᾽ 6 τοὺς τυράννους 8. Kap.
Ξ Ka ER “Ἐν 7,26 ff.
ἐχβαλὼν zal τὸν ÖTuov χαταγαγὼν πάλιν ἐξ ἀρχῆς zare-" "
στησεν. Isokrates identifiziert also die solonische und
kleisthenische Verfassung und denkt sich diese bis
nach den Perserkriegen in Kraft bestehend. Das Bild
dieser Verfassung malt er von $ 20 ab aus. Dalfs er
hier die solonische Verfassung zumeist im Auge hat,
folgt nicht blofs aus der mitgeteilten Prothesis, sondern
auch aus seiner Darstellung selbst. Er suchte sich zu
dieser die Farben zunächst aus den historischen Be-
richten über die Zeit vor Solon und aus Solons Ge-
dichten selbst mehrfach so zusammen, dals er die vor
Solon bestehenden und von diesem bekämpften Schäden
des athenischen Staates in die entgegengesetzten Vor-
züge umkehrte und diese der von ihm geschilderten,
nach Solons Gesetzen geleiteten Epoche zuschrieb.
Dazu nahm er auch noch Züge aus der Tradition über
die auf Solon zunächst folgende Zeit. Eine derartige
Technik ist roh, so roh, dals man manchmal eine
Parodie zu lesen glaubt; aber sie ist nicht zu bezweifeln.
Man lese (ὃ 31): οἵ τε yagrreveoreooı τῶν wokı-
TOVvTooovütov@nsiyovroügpdoveivroismleiw
χεχτημένοις, WOI ὁμοίως ἐχήδοντο τῶν οἴχων τῶν
μεγάλων ὥσπερ τῶν σφετέρων αὐτῶν... οἵ τε γὰρ οὐσίας
ἔχοντες οὐχ ὕπως ὑτεερδώρων τοὺς χαταδεέστε-
ρον πράττοντας, alk ὑπολαμβάνοντες αἰσχύνην
αὑτοῖς εἶναι τὴν τῶν πολιτῶν ἀττορίαν ἐπτήμυνον
ταῖς ἐνδείαις, τοῖς μὲν γεωργίας ἐτεὶ μετρίαις
μισϑώσεσι παραδιδόντες, τοὺς δὲ κατ ἐμτεορίαν
ἐχπέμποντες, τοῖς δ᾽ εἰς τὰς ἄλλας ἐργασίας
ἀφορμὴν παρέχοντες" οὐ γὰρ ἐδεδίεσαν, ur δυοῖν
ϑάτερον :τάϑοιεν, ἢ ττάντων στερηϑεῖεν ἢ πολλὰ
πράγματα σχόντες μέρος τι χομίσαιντο τῶν τεροεϑέν-
των. In der ersten Hälfte dieser Ausführungen kehrt
Keil, Aristoteles. 6
8. Kap.
Ρ. 7, 26. δ΄.
BR ne
er also die vorsolonischen Zustände ins Gegenteil um,
im Schlufs ebenso die Seisachtheia; so vgl. ar’ &urro-
olav zu Sol. frg. 4, 23 τῶν δὲ πεδνιχρῶν Ἱχνοῖνται σεολλοὶ
γαῖαν ἐς ἀλλοδαττὴν πραϑέντες und aus den Iamben
πολλοὺς δ᾽ Adrvas .. . ἀνήγαγον πραϑέντας. Die
Worte εἰς τὰς ἄλλας ἐργασίας are. klingen direkt an
das an, was Aristoteles (p. 16, 11) von Peisistratos be-
richtet: τοῖς ἀπόροις προεδάνειζε χρήματα πρὸς
τὰς ἐργασίας, ὥστε διατρέφεσϑαι γεωργοῦντας.
Hierzu stelle man sogleich noch 7,dıov ἑώρων τοὺς δα-
γειζομένους ἢ τοὺς ἀποδιδόντας" ἀμφότερα γὰρ av-
τοῖς συνέβαινεν .... ἅμα γὰρ τούς τὲ πολίτας
ὠφέλουν (sind sie nicht selbst auch πολῖται) καὶ τὰ
σφέτερ᾽ αὐτῶν ἐνεργὰ καϑίστασαν. χεφάλαιον δὲ
τοῦ καλῶς ἀλλήλοις ὁμιλεῖν" αἱ μὲν γὰρ (a) χτή-
σεις ἀσφαλεῖς ἦσαν οἷσπερ κατὰ τὸ δίκαιον ὑπτῆρχον, ai
δὲ (0) χρήσεις κοιναὶ πᾶσι τοῖς δεομένοις
τῶν πολιτῶν (ὃ 35). Wenn die zweite Hälfte dieses
Satzes nicht einfach die folgenden Worte des aristote-
lischen Berichtes über Peisistratos paraphrasisch auf
den Demos übertragen zeigt, dann weifs ich nicht, wie
das Verhältnils zwischen den beiden Darstellungen zu
fassen ist: ἐβούλοντο γὰρ (a) καὶ τῶν γνωρίμων (Ὁ) καὶ
τῶν δημοτιχῶν rohkoi‘ τοὺς μὲν γὰρ ταῖς ὁμιλίαις,
τοὺς δὲ ταῖς εἰς τὰ ἴδια βοηϑείαις προσήγετο,
καὶ πρὸς ἀμφοτέρους ἐπεφύκει καλῶς (p. 17, 18).
Und dasselbe Verhältnis besteht zwischen der ersten
Hälfte jenes Satzes und dem Berichte bei Aristoteles
über Peisistratos (p. 18, 13 ff.): τοῦτο δ᾽ ἐποίει δυοῖν
χάριν ἵναμήτ᾽ ἐν τῷ ἄστει διατρίβωσιν ἀλλὰ dıe-
σπαρμένοι χατὰ χώραν, Aal ὅτεως εὐττοροῦντες τῶν
μετρίων (τ Isokr. τοὺς ττολίτας ὠφέλουν) μήτ ἔτει -
ϑυμῶσι μήτε σχολάζωσι ἐπιμελεῖσθαι τῶν
χοινῶν᾽ ἅμα δὲ συνέβαινεν αὐτῷ Aal τὰς προσόδους
-- 8 —
γενέσθαι μείζους ἐξεργαζομένης τῆς χώρας"). 8. Kap.
Die Worte, welche hierin der Parallele aus jenem”
Isokratessatze noch entbehren, finden sie ὃ 25: οὕτω
δ᾽ ἀπείχοντο σφόδρα τῶν τῆς πόλεως, ὥστε χαλετεώτερον
ἦν ἐν ἐχείνοις τοῖς χρόνοις εὑρεῖν τοὺς βουλομένους
ἄρχειν ἢ νῦν τοὺς μηδὲν δεομένους. In der Darstellung
des Isokrates ist man oft im Unklaren, wen der Schrift-
steller sich eigentlich als Wohlthäter oder als zroAlzng
denkt, denn er redet von den ganzen Generationen,
von dem ganzen Volke, zu dem doch sowohl die Wohl-
thäter wie die Unterstützten gehören. Die Unklarheit
1) Was P. Meyer, Des Aristoteles Politik und die A9nv. πολ.
(Bonn 1891) S. 49 hier als Parallelstellen aus der Politik anführt
(1313b 23, vgl. 1305 a 19), ist höchst problematischer Natur,
Die wirklichen Parallelen sind 1318 b 11, διὰ... τὸ un πολλὴν
οὐσίαν ἔχειν ἄσχολος, ὥστε un πολ λάχις ἐχκλησιάζειν" διὰ δὲ To
ἔχειν τἀναγχαῖα πρὸς τοῖς ἔργοις διατρίβουσι καὶ τῶν ἀλλοτρίων
οὐκ ἐπιϑυμιοῦσιν, ἀλλ᾽ ἥδιον αὐτοῖς τὸ ἐργάζεσϑαι τοῦ πολιτεύε-
σϑαι χαὶ ἄρχειν, ὅπου ἂν μὴ ἢ λήμματα μεγάλᾳ ἀπὸ τῶν ἀρχῶν
(vgl. Isoer. VII 25 οὐδ᾽... ἐσκόπουν... εἴ τι λῆμμα παρα-
λελοίπιασιν οἱ πρότερον ἄρχοντες) und 1519. 28 διὰ τὸ περὶ τὴν
ἀγορὰν χαὶ τὸ ἄστυ κυλίεσϑαι (vgl. den Text oben) πᾶν τὸ
τοιοῦτον γένος ὡς εἰπεῖν δᾳδίως ἐχκλησιάζει" οἱ δὲ γεωργοῦντες
διὰ τὸ διεσπάρϑαι κατὰ τὴν χώραν οὔτ᾽ ἀπαντῶσιν οὔϑ᾽
ἱμοίως δέονται τῆς συνόδου τοιαύτης. Übrigens gehört 1305 a 7
ἐπὶ δὲ τῶν ἀρχαίων, ὅτε γένοιτο ὁ αὐτὸς δημαγωγὸς καὶ
στρατηγός, εἰς τυραννίδα μετέβαλλον np. 24, 14 ὁ γὰρ
Πεισίστρατος δημαγωγὸς χαὶ στρατηγὸς ὧν τύραννος
χατέστη, welches Meyer auch angeführt hat, mit zu den
charakteristischsten Partien für das Verhältnis unseres Buches
zur Politik. — Wichtig wäre die Anführung von 1304b 8 x-
γοῦσι δὲ τὰς πολιτείας ὁτὲ μὲν διὰ βίας, ὁτὲ δὲ de’ ἀπάτης, διὰ
βίας μὲν ἢ εὐθὺς ἐξ ἀρχῆς ἢ ὕστερον ἀναγκάζοντες. χαὶ γὰρ
ἡ ἀπάτη διττή gewesen, da sie die Richtigkeit der von Blafs
zuerst gegebenen Herstellung p. 15, 12 ἑνδεχάτῳ πάλιν ἔτει
τό(τε) πρῶτον ἀναχτήσασϑαι βίᾳ τὴν ἀρχὴν beweist; zweimal
geschah es ἀπάτῃ.
6*
1, 26 δ,
8. Kap.
p. 7, 26 ff.
a res
erklärt sich daraus, dafs der Sophist für seine Dar-
stellung einer demokratischen Verwaltung die Züge
von der Tyrannis des Peisistratos nach einer ihm vor-
liegenden Quelle entnahm; auf diesen palst alles. Bei
einem so tollen Mifsbrauch, wie ihn Isokrates hier mit
der Überlieferung treibt, mufste natürlich Schiefheit
und Unklarheit im einzelnen wie im ganzen eintreten;
und die Übertreibungen, von denen seine Darstellung
wimmelt, machen die Sache nur noch schlimmer, Doch
weiter (ὃ 33): ξώρων γὰρ τοὺς περὶ τῶν συμβολαίων
χρίνοντας οὐ ταῖς Errueineiaug χρωμένους ἀλλὰ τοῖς νό-
μοις τεδιϑομένους: vgl. Sol. frg. 4, 14 οὐδὲ φυ-
λάσσονται σεμνὰ ϑέμεϑλα Δίκης und in den Iamben
ϑεσμοὺς δ᾽ ὁμοίως — ἔγραινα (p. 12, 2); von Peisi-
stratos heilst es: προῃρεῖτο sravıa διοιχεῖν Kara τοὺς
vouovg, οὐδεμίαν ξαυτῷ πλεονεξίαν διδοίς, worauf die
Geschichte von seinem Erscheinen vor dem Areopag
folgt (p. 17, 12). So auch Areop. ὃ 24 μεμαϑηχότες
ἦσαν... um τῶν μὲν οἰκείων ἀμελεῖν, τοῖς δ᾽ ἀλλο-
τρίοις Errıßovkevew, μηδ᾽ ἐκ τῶν δημοσίων τὰ σφέ-
τερ αὐτῶν διοιχεῖν .... μηδ᾽ ἀχριβέστερον εἰδέναι
τὰς ἐκ τῶν ἀρχείων προσόδους ἢ... οὕτω δ᾽ ἀπείχοντο
σφόδρα τῶν τῆς πόλεως χτὲ., vgl. Sol. frg. 4, 11
πλουτοῦσι δ᾽ ἀδίκοις ἔργμασι πειϑόμενοι, 008
ἱερῶν χτεάνων οὔτε τι δημοσίων φειδόμενοι κλέπτου-
σιν Ep ἁρτταγῇ ἄλλοϑεν ἄλλος. Und bei dieser Art von
Arbeit kommt Isokrates sich noch fast wie der Dichter
der Evvouia selbst vor. Solons: ταῦτα διδάξαι ϑυμὸς
> ἣν -
᾿“1ϑηναίους μὲ χελεύει, ὡς καχὰ τελεῖστα πόλει δυσνομία
παρέχει, εὐνομία δ᾽ εὔχοσμα καὶ ἄρτια τιάντ᾽ ἀποφαίνει
“re. würde man das Motto zum Areopagitikos nennen
können, wenn es nicht zu schade dafür wäre. Isokrates
stellt die εὐκοσμία, welche Solon durch die abschreckende
Schilderung der δυσνομία erstrebte, als durch Solon wirk-
TEE
lich herbeigeführt dar; Solon hatte der dvovouia eine 8. Kap.
kurze Schlufsschilderung der εὐγομία entgegengesetzt, P- "6 δ.
Isokrates schiebt durch fortwährende Antithesen das Bild
der dvovouia als Relief unter das der εὐχοσμία. Diese
($ 82 ὑπὸ μὲν ἐχείνης τῖς εὐταξίας οἴτως ἐπαιδεύ-
ϑησαν... πρὸς ἀρετήν; 70 ἐμαυτὸν ἐτειδεῖξαι βουλόμενος
διχαίας χαὶ 200 ulag ἐττιϑυμοῦντα ττολιτείας) sieht er in
der Zeit von Solon bis nach den Perserkriegen in Athen
herrschend. In dem Bilde dieser von Solon inaugu-
rierten und von Kleisthenes wieder aufgenommenen
Verfassung heiflst es nun (δ 21): δυοῖν ἰσοτήτοιν νομι-
ζομέναιν εἶναι, χαὶ τῆς μὲν ταὐτὸν ἅττασιν ἀττονεμούσης
τῆς δὲ τὸ ττροσῆχον ἑἕχάστοις, οὐχ ἠγνόουν τὴν χρησι-
μωτέραν (vgl. ὃ 61), ἀλλὰ τὴν μὲν τῶν αὐτῶν ἀξιοῦσαν
τοὺς χρηστοὺς χαὶ τοὺς πονηροὺς ἀπεδοχίμαζον ὡς οὐ
διχαίαν οὖσαν, τὴν δὲ κατὰ τὴν ἀξίαν ἕχαστον τιμῶσαν
χαὶ χολάζουσαν προηροῦντο, χαὶ διὰ ταύτης ᾧχουν τὴν
πόλιν, οὐκ ἐξ ἁπάντων τὰς ἀρχὰς χληροῦντες,
ἀλλὰ τοὺς βελτίστους καὶ τοὺς ixavwrarovg
ἐφ᾽ ἕκαστον τῶν ἔργων προχρίνοντες ..
ἔπειτα χαὶ δημοτιχωτέραν ἐνόμιζον εἶναι ταύτην τὴν
κατάστασιν ἢ τὴν διὰ τοῦ λαγχάνειν γιγνομένην. ἐν μὲν
γὰρ τῇ χληρώσει τὴν τύχην βραβείσειν.. .. ἐν δὲ τῷ
προχρίνειν τοὺς ἐπιειχεστάτους τὸν δῆμον ἔσεσϑαι χύριον
ἑλέσϑαι #re. Isokrates also sagt, dafs die Athener der
solonischen Verfassung gemäls die Ämter nicht
durch -das λαγχάνειν bestellt hätten, sondern durch das
προχρίνειν τοὺς βελτίστους χαὶ τοὺς ἱχανωτάτους ἐφ᾽
ἕχαστον τῶν ἔργων. Aristoteles sagt, dafs die Athener
der solonischen Verfassung gemäfs die Ämter durch
das χληροῦν &4 τῶν τιμημάτων bestellt hätten; denn
nur in der ganz alten Zeit sei es gewesen, wo die
areopagitische Bule ἀναχαλεσαμένη χαὶ χρίνασα
ἐφ᾽ ἑἕχάστῃ τῶν ἀρχῶν Err' ἐνιαυτὸν χαϑιστᾶσα ἀπέ-
8. Kap.
p: 7, 26 fi.
πολ. 49ϑην.
und Isokr.
Panath.
130 X.
Fi αι
στελλεν. Es könnte hiernach den Anschein haben, als
ob Aristoteles die hier von Isokrates vertretene Ansicht
bekämpfe, indem er den Bericht über eine Auswahl
der Beamten nach Befähigung auf Grund der solo-
nischen Verfassung dahin richtig stellt, dafs eine
solche Auswahl einmal durch den Areopag und zwei-
tens in der ältesten Verfassungsperiode statt-
gefunden habe. Allein noch sind wir nicht am Ziele.
Aristoteles’ Polemik enthält zwei Wörtchen, welche
in Isokrates’ Areopagitikös einen direkten Gegensatz
nicht haben: ἐχ τιμημάτων. Isokrates hatte nichts
Bestimmtes über die Modalität des προχρίνειν gesagt.
Vielleicht gewinnen jene Worte auf folgendem Wege eine
klarere Beziehung. Es ist eine für jeden Leser not-
wendige Beobachtung, dafs Isokrates im Panathenaikos
die ältere athenische Geschichte fast im Gegensatz zu
seinen früheren Darstellungen behandelt (ὃ 123 ff.).
Theseus ist in der Helena (ὃ 35 ff.) der Monarch, der
auf Verlangen des Volkes die Herrschaft, die er nieder-
legen wollte, bis ans Lebensende führt, τῇ τῶν ττολιτῶν
εὐνοίᾳ δορυφορούμενος, wie Peisistratos bei Aristoteles
τῇ μὲν ἐξουσίᾳ τυραννῶν, ταῖς δ᾽ εὐεργεσίαις δημαγωγῶν:
im Panathenaikos legt er die Herrschaft nieder, widmet
sich dem Heile der ganzen Menschheit. Euripides’
Herakliden sind hier fühlbar: $ 170 von der Unter-
stützung der Herakliden sagt er 6 δῆμος ἔπεμιῃε
πρεσβείαν eis Θήβας; das ist die ἐλευϑέρα ττόλις" δῆμος
δ᾽ ἀνάσσει. Isokrates wehrt $ 127. 172 ein Vorrücken
der älteren Darstellung ausdrücklich ab. Der wichtigste
Unterschied ist der, dafs er die staatlichen und sozialen
Zustände, welche erim Areopagitikosder von Solon aus-
gehenden Verfassungsepoche zugeschrieben hatte, jetzt
der Zeit bis Solon vindiziert (δ 148): ταύτῃ... χρώμενος
οὐχ ἐλάττω χιλίων ἐτῶν, ἀλλ᾽ ἐμμείνας, ἀφ᾽ οὗπερ ἔλαβε,
a 0 πνς τὸν
μέχρι τῆς Σόλωνος μὲν ἡλικίας, Πεισιστράτου δὲ δυνα- 8. Kap.
στείας. Klar ist der Ausdruck nicht ganz, aber die? »* ᾿
solonische Epoche wird noch zu der jetzt von ihm
für gut erklärten Zeit gerechnet, welche genau mit
denselben Farben gezeichnet wird wie im Areopagiti-
kos die von Solon heraufgeführte Periode bis zu
den Perserkriegen, was nebenbei bemerkt eine un-
verächtliche Instanz für die Richtigkeit der oben ge-
gebenen Auffassung ist, dals Isokrates die im Areo-
pagitikos geschilderten Verfassungszustände wirklich auf
Solon bezogen wissen wollte, und somit der Satz τὸ γὰρ
ἀρχαῖον χτὲ. bei Aristoteles zunächst richtig interpretiert
war. Woher nun diese andere Auffassung? ὃ 145 σεερὶ
τοὶς αὐτοὺς χρόνους χαϑίστασαν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς τοὺς
πιροχριϑέντας ὑπὸ τῶν φυλετῶν χαὶ δημοτῶν. Man
sieht, eine Retractation seiner Worte im Areopagitikos:
nicht von Solon eingerichtet, sondern schon vor Solon
bestehend und von ihm nur belassen ist die Institution
des προχρίνειν ; nicht mehr unklar bleibt, wer das 7ερο-
χρίνειν besorgt: ὑστὸ τῶν φυλετῶν καὶ δημοτῶν heilst es
ausdrücklich; unklar bleibt aber auch hier zunächst, ob
die Wahl aus dem ganzen Volke erfolgte. Allein diese
Unklarheit wird durch die etwas später folgenden Worte
aufgehoben ($ 147):... μηδέποτ᾽ av γενέσϑαι δημο-
χρατίαν ἀληϑεστέραν unde βεβαιοτέραν μηδὲ μᾶλλον τῷ
σελήϑει συμφέρουσαν τῆς τῶν μὲν τοιούτων τεραγμα-
τειῶν (ἃ. h. Ämterbekleidung) ἀτέλειαν τῷ δήμῳ
διδούσης, τοῦ δὲ τὰς ἀρχὰς χαταστῆσαι χαὶ λαβεῖν δίχην
"παρὰ τῶν ἐξαμαρτόντων χύριον ποιούσης, ἅπερ ἱπάρ-
χει χαὶ τῶν τυράννων τοῖς εὐδαιμονεστάτοις. Also
die Wahlen finden nicht aus dem σλῆϑος oder δῆμος
statt. Etwa aus den γνώριμοι, um mit Aristoteles zu
reden? oder aus den τιμήματα Die Antwort giebt
Isokrates wieder an einer anderen Stelle (ὃ 131): χατε-
8. Kap.
Pp- 7, 26 ff.
SE ΘΕ ΕΣ
στήσαντο.. δημοχρατίαν ... ἀριστοχρατίᾳ (δὲ) χρωμέ-
γην" ἣν οἱ μὲν πολλοὶ χρησιμωτάτην οὖσαν ὥσπερ τὴν
ἀπὸ τῶν τιμημάτων ἐν ταῖς πολιτείαις ἀριϑ-
μοῦσιν, οὐ δι᾿ ἀμαϑίαν ἀγνοοῦντες, ἀλλὰ διὰ τὸ μηδὲν
πώποτ᾽ αὐτοῖς μελῆσαι τῶν δεόντων. ἐγὼ δὲ φημὶ τὰς
μὲν ἰδέας τῶν πολιτειῶν τρεῖς εἶναι μόνας, ὀλιγαρχίαν
δημοχρατίαν μοναρχίαν, τῶν δ᾽ ἐν ταύταις οἰχούντων
ὅσοι μὲν εἰώϑασιν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς καϑιστάναι
χαὶ τὰς ἄλλας πράξεις τοὺὶς ἱχανωτάτους τῶν πολι-
τῶν....., τούτους μὲν ἐν ἁπάσαις ταῖς πσεολιτείαις
καλῶς οἰχήσειν. Wer aber, heilst es weiter, umgekehrt
für die Ämterbesetzung sorgt, dem geht es schlecht,
wie es uns jetzt eben schlecht geht (gegen Demo-
sthenes u. s. w.). Das thaten die Alten nicht, sie
nahmen die βελτίστους χαὶ φρονιμωτάτους χαὶ ἄριστα
βεβιωκότας (8 143). Das war die Zeit, — so wird
der Anschlufs nach oben gewonnen — wo sie χαϑί-
στασαν ἐπὶ τὰς ἀρχὰς τοὺς προχριϑέντας ὑττὸ τῶν
φυλετῶν χαὶ δημοτῶν. Jetzt haben wir eine klare
Vorstellung. Isokrates berichtet: in der Zeit bis auf
Solon bestellte man die Ämter, indem man von den
Phylen und Demen die geeignetsten und besten Männer
dafür auswählen (σεροχρίνει») lies; das Wählen «zo
τιμημάτων wird dabei ausdrücklich zurückgewiesen.
Die übrige Polemik, die ja an sich klar liegt, ist des
öfteren behandelt worden; sie ist für uns hier dadurch
interessant, dafs sie sich gegen die Akademie richtet.
Die Darstellung im Panathenaikos ist im Vergleich
mit dem Areopagitikos ein Rückzug auf der ganzen
Linie, nicht blofs im einzelnen, was die Ämterbesetzung
betrifft. Denn Isokrates setzt jetzt, d. h. nach etwa
15 Jahren, vor Solon, was er früher nach Solon an-
gesetzt hatte. Gegenüber dem aristokratischen Zug,
der den Charakter der Darstellung im Areopagitikos
Ἐπ 7 ΞΞ
bestimmt, ist die Tendenz im Panathenaikos eine 8. Kap.
demokratische A outrance: seit Theseus die Demokratie, Ὁ " © #
diese Demokratie kennt schon die Phylen- und Demen.
einteilung, Peisistratos der tyrannische Wüterich. Die
Opposition gegen die λαχωνίζοντες der Akademie hat ihn
zu dieser Utrierung getrieben. Er thut mehrfach über-
legen, um zu verschleiern, dafs die Kritik dieser Schule
auf seine historische Darstellung von Einfluls gewesen
ist; sie hat die Retractation im ganzen wie im einzelnen
veranlafst. Man kann noch erkennen, wie sauer dem
Isokrates der Rückzug geworden ist; auf drei Stellen
verteilt er seine Angaben über die Ämterbesetzung,
um nicht auf einmal zuviel-zurücknehmen zu müssen,
und an der ersten Stelle maskiert er den Rückzug
durch eine die Gegner meistern sollende Polemik über
die verschiedenen Staatsformen. Aus den Kreisen der
Akademie stammte die Kritik seines Areopagitikos;
Aristoteles gehörte damals auch nach dem Urteile
der Gegner Platons noch zur Akademie, und ich
zweifle nicht, dafs er mit seiner überlegenen historischen
Kenntnis unter Hinweis auf widersprechende Indizien
die historischen Angaben im Areopagitikos für falsch
erklärt hat. Doch ob Aristoteles der Kritiker war
oder nicht, ein Hinweis wie der angedeutete hat statt-
gefunden, denn Isokrates repliziert auf ihn in direktem
Zusammenhange mit seiner historischen Darstellung
($ 149 £.): τάχ᾽ οὖν ἂν τινες ἄτοπον εἶναί μὲ φή-
σειαν. . «- ὅτι τολμῶ λέγειν ὡς ἀχριβῶς εἰδὼς περὶ
σιραγμάτων, οἷς οὐ παρὴν πραττομένοις. ἐγὼ δ᾽ οὐδὲν
τούτων ἄλογον οἶμαι ποιεῖν" εἰ μὲν γὰρ μόνος ἐπί-
στευον τοῖς τὲ λεγομένοις περὶ τῶν παλαιῶν
χαὶ τοῖς γράμμασι τοῖς ἐξ ἐκείνου τοῦ χρό-
νου παραδεδομένοις ἡμῖν, εἰκότως ἂν ἐπιτιμῴ-
μην. viv δὲ πολλοὶ καὶ νοῦν ἔχοντες ταὐτὸν ἐμοὶ φανεῖεν
N 7, 1:
8. Καρ. ἂν πεπονϑότες ... ἀλλὰ γὰρ οὔτ᾽ ἀμελεῖν χαλῶς ἔχει
PH ρῶν τοιούτων ὑττολήιψψεων, τυχὸν γὰρ μηδενὸς ἀντειττόν-
τος λυμήναιντ᾽ ἂν τὴν ἀλήϑειαν wre. Isokrates beruft
sich gegenüber der akademischen Kritik auf die schrift-
liche und mündliche Tradition. — Also auf die von Iso-
krates im Jahre 339 so retractierte Darstellung: ‘bis auf
Solon und unter Solon wurden die Ämter besetzt durch
ein σπεροχρίνειν, welches die φυλέται und δημόται aus den
ἱχανώτατοι für die einzelnen Ämter vornahmen’ ant-
wortet Aristoteles zwischen 329—325: τὸ ἀρχαῖον n ἐν
Aosiy “τάγῳ βουλὴ ἀναχαλεσαμένη καὶ χρίνασα χαϑ'᾽
αὑτὴν ἐφ᾽ ἑκάστῃ τῶν ἀρχῶν ἐπ᾽ ἐνιαυτὸν καϑιστᾶσα
ἀπέστελλεν. Auf die Berufung des Isokrates auf die
Tradition antwortet er mit dem Indizien beweis:
ὅϑεν ἔτι διαμένει ταῖς φυλαῖς xre. und σημεῖον δ᾽ ὅτι
χληρωτὰς ἐποίησεν ἐκ τιμημάτων κτεξ.
So ist der Satz τὸ γὰρ ἀρχαῖον «re, die Richtig-
stellung eines gegnerischen Berichtes. Aristoteles fügt
ihn seiner eigenen Darstellung hintenan; wir würden
in diesem Falle eine Anmerkung daraus machen. Der
polemische Charakter dieses Satzes erklärt nun auch
die befremdliche Thatsache, dafs hier auf die drakon-
tische Ämterbesetzung gar nicht Rücksicht genommen
wird. Aristoteles sagt eben nur soviel, wie er zur Be-
richtigung der gerade hier widersprechenden Auf-
stellung des Isokrates für notwendig erachtete; auf
einen Gegensatz zwischen Solons Institution und den
früheren Modalitäten der Ämterbesetzung überhaupt
kam es an dieser Stelle gar nicht an.
Eine kleine Schwierigkeit bleibt noch, ehe die
Interpretation weiter gehen kann, zu erörtern. Die
Ähnlichkeit zwischen einzelnen Stellen in Isokrates’
Areopagitikos und Aristoteles’ Darstellung der Herr-
schaft des Peisistratos ist so grols, dals ein Abhängig-
A ee
keitsverhältnis auf Grund eines dritten Schriftstellers s. Kap.
sicher ist; denn direkt können sie nicht voneinander? » ®#
abhängen. Man kann aber als gemeinsame Quelle doch
nur eine Atthis!) ansetzen. Nin beruft sich Isokrates
für seine Darstellung im Panathenaikos auf die Tra-
dition, mündliche und schriftliche; diese kann doch
nur in einer Atthis enthalten gewesen sein. Aber die
Darstellung in der jüngeren Rede ist grundverschieden
von der in der älteren. Hat er also für jene eine
andere Atthis als für diese benutzt? Denkbar wäre es
ja, denn seines Schülers Androtion Atthis konnte in-
zwischen erschienen sein; allein betrachtet man die
beiden Darstellungen des Isokrates auf den Unterschied
an thatsächlichen Angaben, so sieht man bald, dafs
nur die Angaben über die Ämterbesetzung geändert
sind, was überhaupt fast das einzige Thatsächliche in
der ganzen Darstellung ist, alles andere ist mehr oder
weniger ein allgemeines Herumgerede; und um dieses
in ein demokratisches Licht zu setzen, dazu bedurfte es
keinerneuen Quelle; für die Verlegung seiner Darstellung
in die ältere Zeit ebensowenig. Denn was er im Areopa-
gitikos auftischt von einem unveränderten Zustande von
Solon über Peisistratos und Kleisthenes bis zu Salamis,
kann so in keiner Chronik gestanden haben; er brauchte
jetzt nur seine alte Quelle in anderer Weise verfälscht
wieder zu geben. Damals hat er gelogen, indem er
wissentlich die Geschichte fälschte, im grolsen durch
1 Ich bemerke ein für allemal, dafs ich “Atthis’ nicht in
dem von v. Wilamowitz gebrauchten Sinne der ‘Stadtchronik
Athens?’ verwende, sondern auch da, wo ich von ‘der Atthis’
scheinbar allgemein spreche, immer eine bestimmte Atthis
welches Autors auch immer meine, nämlich die dem betreffen-
den Schriftsteller an der betreffenden Stelle gerade vorliegende
Atthis.
8. Καρ. die Ignorierung der Tyrannis und der kleisthenischen
Ρ. 7, 26 #. Reform, im einzelnen bei dem Bericht über die Ämter-
besetzung und mit der Übertragung der Züge der
Tyrannis auf die Demokratie. Jetzt zwingt ihn die
Kritik der Akademie, die Wahrheit zu sagen; nur halb
thut er es und auch dabei noch sehr gewunden, und
nun beruft er sich stolz auf seine Quellen, die er da-
mals weislich verschwieg. Dafs er jetzt andere hatte
als damals, ist trotz seiner Versicherung dem Panathenai-
kos nicht zu entnehmen. Die Übereinstimmungen im
Areopagitikos und der πολ. AIyv. auf eine gemein-
same dritte Quelle, die Atthis, zurückzuführen, hindert
also nichts. Die Akademie oder Aristoteles war ihm
ferner beim Areopagitikos schon auf seine Schliche ge-
kommen; dafs er die Übertragung der Thätigkeit des
Peisistratos auf die Demokratie vorgenommen hatte,
war ihm vorgerückt worden. Beweis: im Panathe-
naikos fehlen bei der Idealisierung der alten Verfassung
alle die Stellen, welche eigentlich auf Peisistratos gehen ;
nur um den Schein des Rechtens zu wahren, heifst es
vom Peisistratos: δημαγωγὸς γενόμενος χαὶ πολλὰ τὴν
σεόλιν λυμηνάμενος χαὶ τοὺς βελτίστους τῶν ττολιτῶν
ὡς ὀλιγαρχιχοὺς ὄντας ἐχβαλὼν (Lykurgos und Me-
gakles) τελευτῶν τόν τε δῆμον κατέλυσε χαὶ τύραννον
αὑτὸν χατέστησε, womit er sagt: ich habe die Über-
tragung jener Züge nicht vorgenommen, denn solch
ein Mensch war der Peisistratos — woher bei ihm die
Züge, die ich an der alten Demokratie wieder fand?
Er lügt wieder, nachdem er den Ansatz gemacht hatte,
die Wahrheit zu sagen. Ein klägliches Bild, besonders
kläglich im Gegensatz zu der wissenschaftlichen Ruhe,
mit welcher Aristoteles in der στολ. 49». die Antwort
giebt.
Polemik enthalten auch die nächstfolgenden Sätze;
BT
öb sie gegen Isokrates direkt gerichtet ist, ist mir 8. Kap.
zweifelhaft, jedenfalls gegen die Überlieferung, die er Ὁ ἢ =
vertritt. Nach dieser bestand zu Solors Zeit schon
die Phylen- und Demeneinteilung (s. ο. ὃ. 87). Aristo-
teles setzt dem sein φυλαὶ δ᾽ ἦσαν τέτταρες χαϑάπερ
πιρότερον entgegen. Mit den 10 Phylen waren die
Demen verbunden, mit den vieren nicht; er wehrtmit den
Worten φυλαὶ τέτταρες die ganze andere Darstellung ab.
Der Zusatz χαϑαάττερ πιρότερον wird für das Folgende
durch die Verbalformen ἦσαν veveunusvaı und ἦν xa-
ϑεστηχυῖα im Bewulstsein des Lesers lebendig gehalten,
und besonders klar kommt es dem Leser zum Bewulst-
sein, dafs hier von Institutionen die Rede ist, welche
Solon nicht einsetzte, sondern recipierte, wenn er nach
dieser unpersönlichen Darstellungsweise zu den persön-
lich gehaltenen Worten βουλὴν δ᾽ ἐποίησε kommt:
hier setzt Solons Thätigkeit ein. Die Demarchen hatten
die Kassenangelegenheiten unter sich; hätten sie schon
zu Solons Zeit bestanden, wie die bei Isokrates zu
Grunde liegende Version annimmt, so müfsten sie in
den Gesetzen Solons vorkommen. Allein — wieder ein
Indizienbeweis — in den solonischen Gesetzen werden
für die späteren Demarchen die Naukraren oft genannt.
Die Überlieferung ist wieder gerichtet.
Aristoteles setzt also die Institution der Naukraren Naukraren
schon vor Solon. Dafls wir über die sonstige gewils
nicht geringe Stellung der Naukraren — sie waren
Kassenbeamte — in dem Staatswesen im Unklaren
bleiben, schadet nicht soviel, wie es nützt, dafs
Aristoteles den Bericht des Herodot bestätigt, nach
welchem die Naukraren schon um 640 v. Chr. bestehen.
Bestand die Institution aber schon in der Mitte des
7. Jahrhunderts, dann sehe ich nicht, wie man sich
ἘΠ 7
8. καρ. bei der Meyer’schen Etymologie!) des Wortes vav-
Ρ. 8, 18. „oagos von ναῦς und dem Stamme κἄρ-, χρᾶ beruhigen
kann, wie es jetzt allgemein zu geschehen scheint. Ich
vermag wenigstens nicht einzusehen, wie ein Amt
seinen Namen von der Sorge für die Flotte tragen
soll in einem Staate, der zu der Zeit, wo dieses
Amt eine bedeutende Stelle in der Verwaltung ein-
nahm, gar keine Flotte hatte, noch auch eine haben
konnte. Ja, man kann nicht einmal auf eine Kolonial-
politik hinweisen, denn um 650 v. Chr. gab es eine
solche für Athen noch nicht. Es scheint mir, dafs
diese Ableitung aus demselben Grunde unmöglich ist
wie z. B. der ernstliche Baunacksche Versuch, 497
und 4rrırn etymologisch zusammenzubringen ; dieser
Grund ist dieGeschichte. Athene wird erst durch Athen
Herrin von Attika, vorher herrschen andere Gott-
heiten; der Name 41915 — ᾿ΑἈττική ist älter als die
Herrschaft der Göttin über das Land, das seinen
Namen von ihr tragen soll. Der Name ναύχραρος
soll von der Sorge für die Flotte, natürlich der des
Staates, da es sich um den Namen eines Staats-
beamten handelt, herkommen; aber der Name ist älter
als die Epoche, da der athenische Kaufmann seine
Schiffe baute, und viel älter als der Zeitpunkt, da der
Staat selbst zum Bau einer Flotte kam. Ich mufs mich
mit diesem negativen Schlusse vorläufig zufrieden geben.
Denn die Möglichkeit, dafs Name und Amt aus einer
anderen Zeit oder aus einem anderen Staate herüber-
genommen seien, kann nicht in Betracht kommen, So
lange das Wort nur in Athen nachweisbar ist, mufs
es als in Athen für die Funktionen des Amtes, dessen
Wesen es bezeichnete, geprägt gelten; wer aber in
1) Curtius Stud. VII 175 ff.
FOR SE
Athen nach einer Periode suchen will, da ein solches s. Kap.
Seeamt eingesetzt worden wäre, der mülste sich die
Frage gefallen lassen: ἀρ᾽ ἤδη καὶ τὰ ἔτυμα οὐκ ἄνευ
γε Θησέως 1);
Wenig sagt Aristoteles über die Neuordnung.der Bule, p. 8, 9
aber gerade soviel, wie genügt, um den Fortschritt gegen
Drakon zu markieren. Nach dieses Verfassung wird
die Bule, wie andere Ämter, aus der ganzen mit Staats-
rechten bedachten Bürgerschaft zusammengesetzt ohne
Rücksicht auf die Phyleneinteilung. Solon läfst das
demokratische ἴσον eintreten; jede Phyle stellt gleich-
viel Buleuten; damit hängt die Veränderung der Zahl
zusammen: βουλὴν δ᾽ ἐποίησε τετρακοσίους, ἑχατὸν ἐξ
ἑχάστης φυλῆς. Zugleich enthält die Darstellung dieses
Kapitels im Zusammenhang mit dem dritten und vierten
eine Ablehnung der herodoteischen Angabe, dafs zur
1) In einer Anmerkung will ich wenigstens die Über-
zeugung aussprechen, dafs mir die sprachliche Gegeninstanz
gegen die Ableitung des Wortes von vaF'os nicht soviel be-
weist wie die historische Thatsache, dafs die Naukraren in der
solonischen Verfassung Distriktsverwalter waren. Wie die
ταμίαι aus Tempelbeamten in späterer Zeit zu Kassenbeamten
wurden, so könnte es auch mit den vevxo«eo, ergangen sein;
sie erscheinen wesentlich als solche. Im Heiligtum ruhte die
Kasse am sichersten, und der gentilieische Charakter der alten
Verfassung macht die Entwicklung der Naukraren aus Kult-
beamten besonders erklärlich. Die Hauptheiligtümer der von
den verschiedenen grolsen Geschlechtsgemeinschaften verehrten
Gottheiten waren natürliche Mittelpunkte für gröfsere Distrikte.
Für diese mu/sten die Tempelbehörden besonders auch in
finanzieller Hinsicht eine administrative Thätigkeit entwickeln.
Der Staat hatte nur in feste Form zu fassen, was der Kult
historisch hatte werden lassen, und das war leicht, da Staat
und Kirche nicht auseinander fielen. — Die Bemerkungen von
A. Schäfer, Jahrb. f. kl. Phil. 1871 (CIID), 54 beweisen nichts für
Athen.
8. Kap.
Prytanen
= TO
Zeit des Kylonischen Frevels die Prytanen der Nau-
kraren die Hauptverwaltungsbehörde in Athen waren
(V 71). Der Areopag war dies für Aristoteles in der
Zeit vor Drakon. Prytanen hängen für AristoteleX in
Athen mit der Bule zusammen, daher treten sie in der
Verfasspng zuerst auf, welche die Bule zuerst bringt,
in der drakontischen. Dafls sie eine bedeutende Stelle
im Staate hatten, ergiebt der Zusammenhang des 4. Ka-
pitels, aber bedeutender ist der Areopag. An der
von Drakon bestimmten Stellung der Bule ändert Solon
nichts; also bleibt die Stellung der Prytanen dieselbe
wie unter Drakon, die des Areopags wird noch ge-
steigert. Hätte Aristoteles unter Prytanen im 4. Kapitel
andere als die der Bule verstanden, d. h. bei der
Darstellung einer Zeit, wo die Bule schon existierte,
wo also jeder bei Prytanen an die Bule denken muls,
so hätte er das gesagt. Die Naukraren blieben nach
Solon, was sie vor ihm waren, wie er es ausdrücklich
sagt, im wesentlichen Distriktsverwalter. So ergiebt
des Aristoteles Darstellung, dafs von Drakon ab die
Prytanen nicht die der Naukraren, sondern die der
Bule waren. In der Zeit vor Drakon sind für ihn die
9 Archonten und der Rat auf dem Areopag, nament-
lich der letztere, die leitenden Behörden, was die Ar-
chonten betrifft ganz in Übereinstimmung mit Thuky-
dides (I 123). Die Prytanen der Naukraren werden
auch hier abgelehnt. — Im übrigen ist der Lakonismus
in der Angabe über die solonische Ordnung der Bule
für mich allein schon genügender Beweis für die Echt-
heit des 4. Kapitels. Mag der Darstellung der dra-
kontischen Verfassung welche Parteischrift auch immer
zu Grunde liegen, sie enthält viele sehr alte Züge.
Dazu gehört die Zahl 401 für die Bule; sie stellt sich
zu den ungeraden Zahlen 9 der Archonten, 51 der
ΞΕ ΟΥ̓ ἘΞ
Epheten, 11 der ἕνδεχα, geht also in älteste Zeiten 8. Kap.
hinauf. Ebenso ist der Satz dig τὸν αὐτὸν μὴ ἄρχειν
πρὸ τοῦ scavrag διελϑεῖν 1) ein Zeugnis für das Alter,
denn er setzt einen kleinen Staat voraus. Ebenso be-
weisen die Echtheit die hohen Strafsummen für Fehlen
in der Volksversammlung: das ist eben drakontisch ?),
Mit dem χληροῦν und αἱρεῖσϑαι ist nicht viel zu machen,
denn vor ἐλάττους p. 3, 23 ist eine Lücke, deren Um-
fang ungewils ist, und deren richtige Supplierung die
Schwierigkeiten heben könnte. Warum hat man nicht
auch an παῖδας ἐχ γαμετῆς γνησίους Anstols genommen ὃ
Für den nun folgenden Bericht über die solonische ». 8, 10 #.
Organisation des Areopags bedient sich Aristoteles fast
derselben Ausdrücke, welche er in den beiden früheren
Abschnitten über diese Körperschaft gebraucht hatte.
1) Kenyon®? bemerkt, dafs für [διε]ξελϑεῖν K-W? nicht
Raum ist; vgl. Pol. 1300 a 26 ἕως ἂν διέλϑη διὰ πάντων τῶν
πολιτῶν vom Verlosen der Ämter; aber auch ἕως ἂν διεεξέλϑη
διὰ πάντων 1298a 17 von dem Umgehen der Ämter; hier
schwankt jedoch die Überlieferung zwischen διεξ-, dı- und
ἐξέλϑη.
2) Die Ochsengeldstrafe aus Drakons Gesetzen bei Pollux
(IX 61) hat man für einen Beweis der Unechtheit des 4. Kap.
nur ansehen können, weil man nach dem Syllogismus schlofs:
Cäsar hatte eine Habichtsnase, alle grofsen Männer haben eine
Habichtsnase, Lucius hat eine Stumpfnase, also ist Lucius kein
grofser Mann. — Die Parallelstellen Pol. 1297 a 14 ff. 1298 Ὁ 17
vgl. 1294a 37, welche schon mehrfach in die Diskussion ge-
zogen wurden, sind doch ziemlich irrelevant für die Echtheits-
frage; sie beweisen nur, dafs die drakontische Verfassung nach
Aristoteles’ Ansicht eine oligarchische war, was πολ. As.
p- 1, 7 ausdrücklich steht. Bei dem ausgesprochenen Charakter
dieser Verfassung, die nie anders hat beurteilt werden können,
beweist aber die Gleichheit der Beurteilung wenig mehr als
nichts. Im übrigen habe ich absichtlich oben die Stelle Pol.
1274a 1 über die Bule, obgleich ich sie für echt halte, nicht
herangezogen; die Worte des 8. Kap. beweisen ja an sich.
Keil, Aristoteles. 7
8. Kap.
p- 8, 10 ff.
Kapp. 3.
ἡ δὲ τῶν “4ρεο-
παγιτῶν βουλὴ
τὴν μὲν τάξιν
εἶχε τοῦ διατηρεῖν
τοὺς νόμους, διῴ-
χει δὲ τὰ πλεῖ-
στα καὶ τὰ μέ-
yıora τῶν ἐν τῇ
σόλει, καὶ κολα-
ζουσα χαὶ ζημι-
οὔσα πάντας τοὺς
ἀχοσμοῦντας χυ-
ρίως.
98
--- —
41).
n δὲ βουλὴ ἡ ἐξ
᾿Αρείου πάγου
φύλαξ ἣν τῶν νό-
μων χαὶ διετήρει
τὰς ἀρχάς, ὅπως
χατὰ τοὺς νόμους
ἄρχωσιν.
8.
τὴν δὲ τῶν Ag80-
zraeyırov (sc. βου-
λὴν) ἔταξεν ἐϊπὸὶ
τὸ] νομοφυλα-
χεῖν, ὥσπερ ὑττῇρ-
χεν χαὶ πρότερον
ἐπίσκοττος οὖσα
τῆς πολιτείας, καὶ
τά τε ἄλλα χαὶ τὰ
μέγιστα τῶν πο-
λιτζικῶνν διε-
τήρει, καὶ τοὺς
ἁμαρτάνοντας
ηὕϑυνεν χυρία
οὖσα [χαὶ ζη)μι-
[οὖν] καὶ κολάζειν
χτέ.
Die Ähnlichkeit aller drei Stellen ist bedacht, aber
ebenso bedacht sind die Differenzen, deren Bedeut-
samkeit man über der sonstigen Ähnlichkeit nur zu
leicht übersieht. Die Interpretation geht wieder aus
1) Auf die Athetesen des 4. Kap. nehme ich keine Rück-
sicht. Sie sachlich zu widerlegen, wäre in den meisten Punk-
ten nicht schwer, die Methode in ihnen, namentlich in Reinachs
Kritik, zu charakterisieren, unterlasse ich: diffieile est satiram
non scribere. Die im Text gegebenen Ausführungen zeigen,
dafs die Angaben des 4. Kapitels sich nicht nur vertragen mit
der Anschauung, die Aristoteles von der Entwicklung der Ver-
fassung bis auf Solon hat, sondern dafs ohne sie sich Lücken
in der aristotelischen Darstellung finden würden. — Neben-
bei die Parallele: ἐγγυητὰς δ᾽ ἐκ τοῦ αὐτοῦ τέλους δεχομένους
(p- 3, 28 f.), im Buleuteneid οὐδὲ δήσω ᾿41ϑηναίων οὐδένα, ὃς
ἄν ἐγγυητὰς τρεῖς χαϑιστῇ τὸ αὐτὸ τέλος τελοῦντας Demosth.
XXIV 144.
von dem Parallelbericht des Plutarch (ec. 19): Συστη- 8. Kap.
σάμενος δὲ τὴν ἐν ᾿Ζρείῳ πάγῳ βουλὴν ἐκ. τῶν κατ᾽ Ῥ' τς
ἐνιαυτὸν ἀρχόντων... . .. τὴν δὲ ἄνω βουλὴν ἐπίσχο- Sol. 19.
στον πάντων χαὶ φύλαχα τῶν νόμων ἐχάϑισεν. .. Οἱ
μὲν οὖν τιλεῖστοι τὴν ἐξ ᾿Τρείου πάγου βουλήν, ὥσττερ
εἴρηται, Σόλωνα συστήσασϑαί φασι" καὶ μαρτυρεῖν αὖ-
τοῖς dozei μάλιστα τὸ μηδαμοῦ τὸν Agarovra λέγειν
μηδ᾽ ὀνομάζειν Agsonayitag, ἀλλὰ τοῖς ἐφέταις ἀεὶ
διαλέγεσθαι περὶ τῶν φονικῶν. Im Folgenden führt er
dann selbst den 13. Axon des Solon für das frühere
Bestehen des Areopags an. Es ist an sich klar und
wird ausdrücklich durch das ὥσπερ εἴρηται bestätigt,
dafs Plutarch mit οἱ μὲν οὖν τελεΐστοι ein eigenes Rai-
sonnement beginnt, und dafs nur die vorhergehenden
Worte seiner Quelle entstammen. Diese Quelle behaup-
tete nun gerade das Gegenteil von dem, was Aristoteles
sagt, kann also nicht aus diesem geschöpft haben.
Plutarch sucht selbst erst das, was bei Aristoteles schon
stand, zu beweisen; hätte er die 7204. 49». bei der
Niederschrift dieses Kapitels zur Hand gehabt, würde er
die Autorität des Aristoteles anzuführen nicht unterlassen
haben. Dies ist nur ein Schlufs ex silentio, aber die
Autorität des Aristoteles macht ihn in diesem Falle
beweisend. So hat also Plutarch hier den Aristoteles
nicht benutzt; nicht einmal indirekt kann das Kapitel
aus Aristoteles geflossen sein!,,. Nun decken sich
!) Das konnte natürlich Begemann a. a. Ὁ. p. 20 noch
behaupten; als Mittelquelle nimmt er Didymos an. Auch dies
erledigt sich im folgenden. Dafs Plutarch das Amnestiegesetz
aus Didymos hat, bezweifle ich nicht; aber gerade, dafs er
dieses in einer selbständigen Beweisführung verarbeitet, beweist,
dafs Didymos nicht für den ganzen Rest des Kapitels zu
Grunde liegt. Die Selbständigkeit der Beweisführung ist durch
ΠΣ
8. Kap.
p- 8, 10 ff.
Isoer. VII
37
-- 10 —
aber die Ausdrücke ἐπίσκοπον zrayıwv καὶ φύλακα
τῶν νόμων in einer solehen Weise mit Aristoteles’ _
Worten, dafs hier ein Zusammenhang existieren muls.
Da Plutarch Aristoteles hier nicht zur Hand hatte, die
Worte also schon aus seiner Quelle stammen müssen,
und da andererseits auch diese hier dem Aristoteles
nicht folgt, so bleibt nur die Annahme übrig, dals
Aristoteles und diese Quelle auf ein gleichartiges
Quellenmaterial zurückgehen. Dieses Quellenmaterial
enthielt aber, wie aus Plutarchs Bericht folgt, diejenige
Überlieferung, welche von Aristoteles bestritten wird,
nämlich dafs erst Solon den Areopag eingesetzt habe.
Isokrates im Areopagitikos sagt von der solonischen
Verfassung: οὕτω γὰρ ἡμῶν οἱ πρόγονοι σφόδρα 7regi
τὴν σωφροσύνην ἐσπούδαζον, ὥστε τὴν ἐξ ᾿“ρείου πά-
yov βουλὴν ἐπέστησαν ἐπιμελεῖσϑαι τῆς ev-
χοσμίαξ (8 37).... “ai τοῦς “᾿ἀλουμοῦντας
ἀνῆγον εἰς τὴν βουλήν" ἡ δὲ τοὺς μὲν ἐνουθέτει, τοῖς δ᾽
ἡπείλει, τοὺς δ᾽ ὡς προσῆκεν ἐκόλαζεν (8 40).
Über die Bedeutung von &rr&ornoav kann man streiten;
es kann darin liegen, dafs der Areopag damals erst ein-
gesetzt wurde, es braucht dies aber nicht damit gesagt
zu sein. Dafs dennoch jenes ἐπέστησαν die Bedeutung
von ‘sie setzten ein’ hat, beweist der Vergleich der
beiden Darstellungen der älteren athenischen Geschichte
im Areopagitikos und Panathenaikos. Dort, wo er die
Zeit von Solon ab behandelt, ist der Areopag die Seele
des Staates, hier, wo er die frühere Zeit bis Solon
schildert, fehlt jede Erwähnung dieser Körperschaft.
Isokrates denkt sich also den Areopag erst durch
Solon eingesetzt, d.h. am Schlusse der Epoche, welche
das non liquet des Schlusses (ταῦτα μὲν οὖν καὶ αὐτὸς ἐπισχόπει)
sicher indiziert.
-- 11 —
erim Panathenaikos schildert; esistganz folgerichtig, dafs 8. Kap.
er von dem Wirken jener Körperschaft in der späteren P Ὁ I ®
Darstellung nichts sagt. Seine Auffassung stimmt also
mit der von Plutarch berichteten im Princip überein,
und auch im Ausdruck finden sich Gleichheiten (ἀχο-
σμοῖντας, ἐχόλαζεν). Isokrates folgte aber einer Atthis;
eine solche liegt auch Plutarchs Bericht zu Grunde. War
dies die Darstellung der Atthiden, dann ist Plutarchs
Angabe, dals die meisten Autoren Solon die Einsetzung
des Areopags zuschrieben, besonders erklärlich. Und
dafs die Atthis dem Solon diese wichtige Institution
gegen die Wahrheit zuschrieb, liegt in der ganzen
solonfreundlichen Färbung dieser demokratischen Über-
lieferung begründet. Der Vergleich — um dies hier
gleich zu sagen — mit den früher behandelten Stellen,
an welchen dasselbe Verhältnis wie hier zwischen der
Quelle Plutarchs und der 7204. ’4$yr. vorlag, ergiebt,
dafs, wenn an jenen Stellen Hermippos die Quelle
Plutarchs war, dieser auch hier dessen Berichte zu
Grunde liegt.
Aristoteles bekämpft die Überlieferung der Atthis, Areopag
deshalb setzt er an unserer Stelle ausdrücklich hinzu
ὥσπερ ὑπῆρχεν καὶ πρότερον, gerade wie er oben in
der Polemik gegen die Hinaufrückung der Demen-
verfassung in die Zeit vor Kleisthenes χαϑάτστερ 7700-
τερον gesagt hatte, und wie er mit χαϑάπερ διήρητο
καὶ πρότερον (p. 6, 18) ausdrücklich den Atthisbericht
bestritt, welcher Solon die erstmalige Volksteilung nach
vier τέλη zuschrieb. Dieses ὥστσεερ ὑπῆρχεν καὶ τερότερον
rechtfertigt zugleich die fast häfslich typische Ausdrucks-
weise an den drei auf den Areopag bezüglichen Stellen
einigermalsen. Im übrigen liegt gerade in der drei-
fachen Wiederholung derselben Termini ein gutes Stück
Polemik; so schärft man seine Ansicht ein. Aber bei
-- 12 —
8. Kap. aller Gleichheit treten doch die Verschiedenheiten
P-8, 10 δ deutlich hervor. Sie kommen am klarsten zum Be-
wufstsein, wenn man hintereinander erzählt, was Aristo-
teles zerreilst. In ältester Zeit gab es drei Beamte,
den Basileus, Polemarchos und Archon; sie walteten
zuerst auf Lebenszeit, dann auf 10 Jahre, endlich nur
ein Jahr. Zur Zeit, da sie auf sein-Jahr bestellt
wurden, hatte der Areopag die Bestellung, indem
er nach eigenem Ermessen die Männer für die Ämter
aussuchte (p. 7, 26). Dann kommt die Periode, wo
die Beamten gewählt wurden; in sie fällt die Ein-
setzung der Thesmotheten: sie wurden immer nur für
ein Jahr gewählt (p. 2, 19 £.). Die Beamten hatten
die Privatprozesse (rag δίχας) zu endgültiger Entschei-
dung abzuurteilen. Zu dieser Zeit hatte der Areopag
nach der verfassungsmäfsigen Ordnung (τὴν
μὲν τάξιν εἶχε) nur die Stellung eines Aufsichtsrates
für die gesetzliche Ordnung im Staatswesen; in Wirk-
lichkeit (διῴχει δὲ) leitete er fast alles und das Be-
deutendste, was die Staatsverwaltung brachte, und dazu
hatte er die Machtbefugnis, als einzige Instanz (χυρίως)
Korrektions- und Pönalstrafen!) über alle zu ver-
hängen, welche sich gegen. die bestehende Ordnung?)
1) Die Definition von xo/«leıw und τιμωρεῖν bei Aristot,
Ἐμοί, 1369 b 12 (διαφέρει δὲ τιμωρία χαὶ κόλασις" ἡ μὲν γὰρ x0-
λασις τοῦ πάσχοντος ἕνεχά ἔστιν, ἡ δὲ τιμωρία τοῦ ποιοῦντος͵
ἵνα ἀποπληρωϑὴ) giebt für χολάζειν die Definition, welche wir
auch hier gebrauchen. ζημιοῦν wird ja meist von Geldstrafen
gebraucht; dafs es auch einen weiteren Begriff hatte, versteht
sich, und lehrt Pollux VIII 2 zudem ausdrücklich: οὐ χρὴ δ᾽
ἀγνοεῖν ὅτι ζημίαν οὐ τὴν εἷς χρήματα μόνον ἐχάλουν, ἀλλὰ zei
τὴν εἷς τὸ σῶμα. Diese Bedeutung mu/s es hier haben. Die
gewöhnliche hat ζημιοῦν und ἐπιζημίωσις p. 50, 7. ὃ: eine Zeile
vorher scharf: χρήμασι ζημιοῦν.
9) τοὺς ἀκοσμοῦντας: so auch vom Areopag Isokr. Areop. 46
τοὺς ἀκοσμοῦντας ἀνῆγον εἷς τὴν βουλήν; und wie Aristot. p. 8, 13
--Ῥ 18 —
vergingen. Die Archonten wurden damals gewählt, aus
dem Geburts- und Geldadel, und aus ihnen setzte der
Areopag sich zusammen. Drakon: die Archonten
werden nach einem bestimmten Census gewählt; die
Zahl der Beamten wächst; die Gesetze sind jetzt kodi-
fiziert (p. 44, 23), nach ihnen haben die Beamten zu
walten. Es ist natürlich, dafs der Rat, welcher φύλαξ τῶν
γόμων war, jetzt die Aufsicht über die Beamten er-
τοὺς ἐξαμαρτάνοντας sagt an Stelle des in der früheren Parallel-
stelle sich findenden ἀχοσμοῦντας, so verbindet Isokr. a.a. O.42in
einer Antithese: οὐ τοῦτο πρῶτον ἐσχόπουν. di’ ὧν χολάσουσι
τοὺς ἀχοσμοῦντας, ἀλλ᾽ ἐξ ὧν παρασχευάσουσι μηδὲν αὐτοὺς
ἄξιον ζημίας ἐξαμαρτάνειν. Beim Areopag wird mit Recht
von einem χολάζειν τοὺς ἀχοσμοῦντας gesprochen, weil er die
πολιτεία wahren soll; diese ist aber ein χέσμος. So setzt
Aristoteles Polit. 1307 b 4 ff. χόσμος einfach für πολιτεία ein:
ἕως ἄν πάντα χινήσωσι τὸν χόσμον und Isokr. a. a. Ὁ. ὃ 37 sagt
τὴν ἐξ ᾿ἀρείου πάγου βουλὴν ἐπέστησαν ἐπιμελεῖσθαι τῆς εὐχκο-
σμίας. Der χόσμος wird durch das χολάζειν und Inuwoov er-
halten; vgl. Plat. Gorg. δ08 ἃ τὸ ὅλον τοῦτο (Das Weltall)...
χόσμον χαλοῦσιν . .. οὐχ ἀχοσμίαν οὐδὲ ἀκολασίαν. Da χόσμος
und τάξις für die staatliche Ordnung identisch sind, so ist, wo
ἀχολασία, auch ἀταξία : daher Platon, Kriton53 d, ἐχεῖ (Thessalien)
πλείστη ἀταξία zei ἀχολασία verbindet; vgl. in der Inschrift
CIA. II 809 b 10 ff. τὴν δὲ βουλὴν τοὺς πενταχοσίους ἐπιμε-
λεῖσϑαι τοῦ ἀποστόλου χολάζουσαν τοὺς ἀτακτοῦντας τῶν τριηράρ-
χων χατὰ τοὺς νόμους. ἀχοσμεῖν und ἀταχτεῖν unterscheiden
sich von παρανομεῖν. Nach Mommsen, Röm. Staatsrecht 1?
140 kann man so definieren: «zooueiv und ἀταχτεῖν sind die
etwas unbestimmten Bezeichnungen einer sittlich-politischen
Kontravention; παρανομεῖν bezeichnet eine bestimmte, definierte,
gesetzwidrige Handlung. Mommsen stellt a. a. Ὁ. Anm. 6 Cie.
de leg. III 3, 6 nec oboedientem et noxium civem in Parallele
zu Dionys. A. R. X 50 τοὺς ἀχοσμοῦντας ἢ παρανομοῦντας εἰς
τὴν ἑαυτῶν (Beamten) ἐξουσίαν. Das ἀχοσμεῖν untersteht einer
censorischen Coöreition, das παρανομεῖν einer magistratlichen
oder richterlichen Judikation. Man erkennt, wie falsch die
Holländer p. 2, 22 τὴν τῶν [ἀχοσμούντων χρίσιν ergänzt haben.
8. Kap.
Ρ. 8, 10 ff,
-- 104 “--
8. Καρ. hielt, damit diese nach den Gesetzen walteten; eine
P- 8, 109. Konsequenz dieser Stellung des Areopags ist es, dafs
gegen einen Beamten die Meldeklage bei der Aufsichts-
behörde eingereicht werden konnte, unter Angabe des
Gesetzes, gegen welches von dem Beamten ein Verstofs
begangen sein sollte. Die erhöhte Stellung des Areo-
pags gegenüber den Beamten ist also die Folge der
Gesetzeskodification und der Vermehrung der Beamten.
Auch der Bürger weils jetzt, was Rechtens ist, nicht
allein der Beamte; gegen den Beamten, der seine jetzt
gesetzlich festgestellten Befugnisse überschreitet, muls
es eine Instanz geben, die in der “Wächterin des Ge-
setzes’ sich von selbst ergab. In Solons Verfassung
wäre eine Beschränkung der Machtbefugnisse des Areo-
pags natürlich gewesen, allein Solon wies ihm die
Stellung im Staate wieder an, die er vor ihm hatte;
das νομοφυλαχεῖν behält die areopagitische Bule, ἐσεί-
σχοστος οἷσα τῆς πολιτείας. Es wird in den Ausdrücken
auf die Zeit vor Solon zurückgegriffen: sie leitete fast
alles und das Bedeutendste, was die Staatsverwaltung
brachte; sie hatte die Machtbefugnis, Korrektions- und
Pönalstrafen über die zu verhängen, welche sich gegen
die Staatsordnung — denn diese untersteht der Auf-
sicht der areopagitischen Bule — vergingen. Ihre ab-
solut unverantwortliche Stellung als richtende Behörde
in ihrem Kreise geht besonders daraus hervor, dals
sie die eingetriebenen Strafgelder, ohne ihre Provenienz
nachzuweisen, also in unkontrolierbarer Weise, an die
Staatskasse abführte. So hatte der Areopag das rvouo-
φυλαχεῖν, ὥστπτερ τιρότερον: die Sätze χαὶ ra te ἄλλα
— διετήρει und καὶ τοὺς ἁμαρτάνοντας ζ[εἰστιράττ]ε-
σϑαι sind die Ausführung zu der vorhergehenden all-
gemeinen Angabe. Aber der Areopag behielt unter
Solon nicht nur seine alte Stellung, seine Kompetenz
-- 15 --
wurde sogar von Solon erweitert: ihm wurden 8. Kap.
entsprechend seiner Stellung als &rriozorrog τῆς στολι- uk
τείας die Meldeklagen über Versuche auf Umsturz
der demokratischen στολιτεία zur Aburteilung über-
wiesen. So suchte Solon die Verfassung gegen
oligarchisch-tyrannische Revolutionen zu schützen; um
aber auch im Falle neuer politischer Konflikte die
Zeit des Zwistes abzukürzen und somit das Übel
wenigstens zu beschränken, gab er das bekannte
Gesetz gegen den politischen Indifferentismus!). Die
μέσοι sind die Indifferenten im Staate, um mit
Aristoteles zu reden; sie geben den Ausschlag in der
στάσις"). Man erkennt, dals Aristoteles mit Bedacht
diese beiden Gesetze an das Ende seiner Darstellung
der solonischen Verfassung stellte: er will angeben,
wodurch Solon seiner Verfassung die Zukunft zu sichern
gedachte.
ἢ P. 8, 18. Bei Plut. Sol. 20 kürzer ἅτεμον εἶναι τὸν ἐν
στάσει μηδετέρας μερίδος γενόμενον. Gell. II 12, breit und,
wie die einleitenden Worte beweisen, nicht aus Aristoteles selbst:
In legibus Solonis illis antiquissimis, quae Athenis awibus Tigneis
ineisae sunt quasque latas ab eo Athenienses, ut sempiternae ma-
nerent, poenis et religionibus sanzerunt, legem esse Aristoteles re-
fert scriptam ad hanc sententiam: Si ob discordiam q. s. Ein-
leitung sowohl wie Fassung des Gesetzes bei Gellius mit ihrem
rhetorischen Charakter zeigen, dafs dieser hier aus einem
Redner schöpft. Übrigens vgl. Herodot 1 99 ὁρκίοισι γὰρ
μεγάλοισι κατείχοντο δέχα ἔτεα χρήσεσϑαι νόμοισι, τοὺς ἄν σφι
“Σόλων ϑῆται.
9 Die μέσοι sind an den extremen Interessen von reich
und arm nicht beteiligt, Polit. 1295b 1 ff, also zum Indiffe-
rentismus geneigt; ebenda 36: die Städte wurden am besten
verwaltet, ἐν αἰς δὴ πολὺ τὸ μέσον χαὶ χρεῖττον μάλιστα μὲν
ἀμφοῖν, εἰ δὲ un, ϑατέρου μέρους" προστιϑέμενον γὰρ ποιεῖ
δοπὴν καὶ κωλύει γίνεσθαι τὰς ἐναντίας ὑπερβολάς und
1296 a 7 ft.
8. Kap.
Ρ. 8, 16 f.
Epheten
— 106 —
Der Zusatz, dafs Solon dem Areopag die Eisangelien
über Verfassungsumsturz zur Aburteilung überwies, ist
bedeutsamer, als er in seiner Einfachheit aussieht. Die
politischen Prozesse gehörten vor Solon vor ein
anderes Forum, vor die Richter am Prytaneion. Das
lehrt das solonische Amnestiegesetz (Plut. Sol. 19),
über das viel geschrieben ist. Ich lasse mich auf eine
Polemik nicht ein, sondern will nur darstellen; wo und
was ich von andern dabei gelernt habe, wird, wer die
Litteratur kennt, leicht sehen; es hatte für meinen
Zweck keinen Sinn, die Unzahl von Citaten aus der
modernen Litteratur zu geben!). — Was man unter
Epheten mindestens bis zum Jahre 409/8 sich zu denken
hat, kann nicht fraglich sein. Der Stein ΟἿΑ. 1 61 und
die in ihrem Ursprunge vorzügliche. Glosse eines alten
Lexikographen, welche in mehreren Brechungen bei
Photios, Suidas und im Etym. Mag. vorliegt?), lassen
keinen Zweifel, dafs es ein Richterkollegium war von
51 Mitgliedern, welche über 50 Jahre alt und unbe-
scholtenen Lebenswandels sein mulfsten. Aus Isokrates
(XVII, 54) ?) lernen wir, dafs in einem Ephetenprozels,
1) Litteratur, moderne und antike, bei Philippi, Der Areo-
pag und die Epheten, S. 217 ff. Busolt, Gr. Gesch., I 407 ft.
?) Phot. ἐφέται 2. Suid. ἐφέται 2. Et. Mag. 402, 1: av-
does ὑπὲρ ν΄ ἔτη γεγονότες χαὶ ἄριστα βεβιωκέναι ὑπόληψιν ἔχον-
τες, οἱ χαὶ τὰς φονικὰς δίχας ἔχρινον. ἐχαλεῖτο δ᾽ αὐτῶν τὰ
δικαστήρια ἐφετῶν. Die Güte dieser Glosse besteht in dem
negativen Vorzug, dafs der Unsinn über das Richten der
Epheten an 5 Gerichtsstätten fehlt, und in dem positiven, d. h.
der Angabe ὑπὲρ ν΄ ἔτη; über diese Altersangabe vgl. Krech,
de Orateri ψηφισμάτων συναγωγῇ (Diss. Berol., Greifswald 1888)
p. 36 ann. 48, doch läfst sich das Material noch vermehren.
3) (Λλαγχάνουσιν αὐτῷ φόνου δίκην ἐπὶ Παλλαδίῳ ὃ 52)....
ἑπταχοσίων μὲν δικαζόντων, τεττάρων δὲ καὶ δέχα μαρτυρησάν-
των ἅπερ οὗτος, οὐδεμίαν ψῆφον μετέλαβεν.
— 17 --
der nicht lange vor 399 gefallen sein wird, 700 Richter 8. Kap.
am Palladion urteilten; mithin war hier die alte Zahl ἢ ® 16 *
zwischen 409/83 und 399 aufgegeben; die Mitglieder des
Gerichtshofes am Palladion hielsen weiter Epheten, aber
die Richter wurden nach Analogie der heliastischen
Richterabteilungen bestimmt. Aus demosthenischer Zeit
ist ein bestätigendes Zeugnis erhalten). Aristoteles
belehrt uns nun, dafs zu seiner Zeit am Palladion,
Delphinion und beim Phreatos erloste Richter richteten.
Der Name der Richter ist leider gerade nicht erhalten;
aber Harp. v. ἐστὶ Παλλαδίῳ), wo unser Buch aus-
drücklich genannt ist, ergiebt, dafs schon vom ersten
Herausgeber die Lücke richtig mit ἐφέται ausgefüllt
ist. Diese Stelle darf nur unverwendbar finden, wer
selbst die Worte eines Schriftstellers, wo er diesen mit
Namen nennt, stets wörtlich eitiert; wer das nicht thut
und leugnet die Verwendbarkeit der Harpokration-
stelle für die Textesrekonstruktion, verlangt von den
alten Lexikographen, was er von sich selbst nicht ver-
langt; im übrigen enthält ein bisher nicht herange-
zogenes Aischinesscholion ?) ein wörtlich zu nennendes
Citat, wenn auch ohne Berufung auf die πολ. Ayıy.,
πολ. Αϑην.
p. 65, 13
1) [Demosth.] in Neaer. 10. Diese Stellen zuerst bei
Forchhammer, De Areopago, p. 35 (Kiliae 1828) und Schömann,
Antiquitt. iur. publ. Att. p. 29, 5 gewürdigt; daraus die anderen.
?) ἐπὶ Παλλαδίῳ Anuoosevns ἐν τῷ zart’ ᾿Δριστοχράτους
(8 11): δικαστήριόν ἔστιν οὕτω καλούμενον, ὡς χαὶ ᾿Δριστοτέλης
ἐν ᾿4ϑηναίων πολιτείᾳ, ἐν ᾧ δικάζουσιν ἀχουσίου φόνου kei
βουλεύσεως οἱ ἐφέται.
3) Schol. Aeschin. II 87 ἐπὶ Παλλαδίῳ" ἐπὶ τούτῳ ἐχρίγοντο
οἱ ἀχούσιοι φόνοι. οἱ δὲ ἐν τούτῳ τῷ δικαστηρίῳ διχάζοντες
ἐχαλοῦντο ἐφέται" ἐδίχαζον δὲ ἀχοισίου φόνου καὶ βουλεύσεως,
χαὶ οἰχέτην ἢ μέτοιχον ἢ ξένον ἀποχτείναντι; wozu Aristot.
πολ. Adv. p. 65, 4 τῶν δ᾽ axovoiwv χαὶ βουλεύσεως, ἂν οἰχέτην
ἀποχτείνῃ τις ἢ μέτοιχον ἢ ξένον, οἱ ἐπὶ] Πα[λλ]αϑέῳ.
-- 18 --
8. Kap. und die ἐφέται erscheinen auch hier. Es war an
P. 8,16 Ὁ „Jen drei Richtstellen die Besetzung nach heliastischem
Muster durchgeführt, aber von einer Verdrängung
des Namens der Epheten durch den der Heliasten kann
nicht die Rede sein. Diese Gerichtshöfe waren mit der
Religion verbunden ; ihr Name konnte nicht ohne Asebie
aufgehoben werden!). Durch Aristoteles sind wir jetzt
auch ganz sicher, dafs die alten Formalitäten gewahrt
waren: unter freiem Himmel, im Temenos also, drei
Tage?) hintereinander richtete man, und der Basileus
nimmt den Beamtenkranz ab. Äufserlich ist an der
Institution der Epheten in Namen und Formalitäten
nichts geändert worden, aber man hat sie innerlich
nach dem Muster der demokratischen Heliastengerichte
umgeformt; wahrscheinlich doch um das Epochenjahr
404/3.
Bent am Am Prytaneion haben nie Epheten gerichtet.
Prytaneion ἢ ες < R .
Aus dem solonischen Amnestiegesetz?) ergiebt sich
mit Sicherheit, dafs am Prytaneion in vorsolonischer
Zeit Epheten nicht gerichtet haben. Wer richtete,
erfahren wir nicht. Nun lernen wir aus der πολ.
ἡάϑην., dafs um das Jahr 330 dort die Phylobasileis
richteten). Diese Beamten sind als zu dieser Zeit
1) Der Name hängt an der Gerichtsstätte; dem Wesen
nach waren die späteren Epheten gewöhnliche Richter.
2)So nach J. Lipsius’ mir sehr plausibler Supplierung
(Berichte der k. sächs. Gesellsch. d. W. 1891, 52): διχαζουσι[ν
τριτ]αῖ[ο]. zei ὑπαίϑριοι. Κα ὁ giebt nach dem » ausdrücklich
eine Lücke von 4 Buchstaben.
8) ἀτίμων ὅσοι ἄτιμοι ἦσαν, πρὶν ἢ Σόλωνα ἄρξαι, ἐπι-
τίμους εἶναι πλὴν 0001 ἐξ Agelov πάγου ἢ ὕσοι ἐκ τῶν ἐφετῶν
ἢ ἐκ πρυτανείου καταδιχασϑέντες ὑπὸ τῶν βασιλέων ἐπὶ φόνῳ
ἢ σφαγαῖσιν ἢ ἐπὶ τυραννίδι ἔφευγον, ὅτε ὁ ϑεσμὸς ἐφάνη ὅδε
Plut. Sol. 19.
4) Πολ. ᾿άϑην. p. 65, 20 δικάζει δ᾽ ὁ βασιλεὺς καὶ οἱ φυλο-
βασιλεῖς. Der Archon König präsidierte, α16 Phylenkönige bildeten
τὸ ϊ9.-
existierend inschriftlich bezeugt!); ihnen lag, wie s. Kap.
die betreffende Inschrift lehrt und zu erwarten P- 8: 16 f.
war, der Kult der Phyleneponyme ob. Sonst ist das
Amt in der Zeit der Demokratie völlig aus der Ver-
waltung des Staates verdrängt, eine Erinnerung an
eine frühere Verfassungsperirde. Wenn nun dieses
Amt um das Jahr 330 trotz seiner staatsrechtlichen
Nullität noch richterliche Funktionen ausübt, so kann
man diese Kompetenz nur historisch erklären; sie ist
den Phylobasileis aus älterer Zeit geblieben. Die
Demokratie überträgt successive alle Gerichtsbarkeit
dem Demos. Die wichtigere Gerichtsbarkeit der Epheten
hat sie in ihrem Sinne umgestaltet oder in Beschlag
genommen. Die Gerichtsbarkeit am Prytaneion hat
sie sich auch angeeignet; aber hier führte sie nicht
neue Kollegien ein, sondern nahm dem Gerichtshofe
alle wichtigen Kompetenzen, so dafs nur das Schein-
gericht übrig blieb. Dieses mochten die Phylobasileis
unbeschadet der Souveränität des Demos weiterführen.
Die Destruction der alten Gerichtsbehörden beginnt
mit der Einführung der Volksgerichte; sie ist etwa mit
dem Jahre 404/3, wo die Ephetengerichte umgestaltet
wurden, vollendet; jetzt beginnt der Abbau der Ge-
richtsbarkeit der Ekklesie und Bule. In diese Ent-
wicklung ist auch das Gericht am Prytaneion mit ver-
wickelt. Wenn denn also die Scheingerichtsbarkeit der
Phylobasileis am Prytaneion nur der traurige Rest
früherer grölserer Machtstellung ist, und wenn wir aus
das Kollegium; Jızaleıv wie in dem ganzen Kapitel in weiterem
Sinne. Pollux VIII 120 προειστήκεσαν δὲ τούτου τοῦ διχαστη-
olov φυλοβασιλεῖς, οὃς ἔδει τὸ ἐμπεσὸν ἄψυχον ὑπερορίσαι ist
konfus.
') CIA. I 84 ἐκ τῶν φυλοβασιλιχῶν φ[υἹλο[ βα]σιλ[ εῦσιν];
vgl. H. Droysen, Hermes XIV 587.
8. Kap.
D..8, 101
Andok.
en?
— 0 —
dem Amnestiegesetz Richter kennen lernen, welche eine
grölsere Gerichtsbarkeit am Prytaneion hatten, so
sehe ich es als die natürlichste Annahme an, dals
diese Richter am Prytaneion die Phylobasileis waren;
sie richteten, wie das ihrer Stellung im Staate be-
sonders entspricht, über Fälle von Verfassungsumsturz.
Solon hätte in Anlehnung an die bestehende Ver-
teilung der Gerichtsbarkeit seine Eisangelie ἐχεὶ
χαταλίσει τοῦ δήμου dem Gerichte am Prytaneion
übertragen müssen; er giebt sie dem Areopag.
Nicht dem aus so wenigen Mitgliedern bestehenden
Gerichtshofe, wo oligarchische Einflüsse sich leicht
geltend machen konnten, wollte er den Schutz der
Verfassung anvertrauen. Es ist dies eine mittelbare
Beschränkung der Kompetenzen des Gerichtes am
Prytaneion. Genommen hat er diesem die Fälle ἐτχεὶ
τυραννίδι nicht, denn noch in der ersten Hälfte von
ol. 93, 4 (405) ist ihre Gerichtsbarkeit durch das Pse-
phisma des Patrokleides (Andok. I, 77 ff.)!) bezeugt.
Die Worte, welche darin dem solonischen Amnestie-
gesetz entlehnt sind, haben sich viel gefallen lassen
müssen: ἢ 2£_4gelov srayov ἢ τῶν ἐφετῶν ἢ ἐκ Πρυ-
τανείου ἢ Jehyıviov ἐδιχάσϑη ἢ ὑττὸ τῶν βασιλέων.
Dals das letzte ἢ falsch ist, ergiebt die genaue An-
lehnung an die Wortstellung des älteren Gesetzes
χαταδικασϑέντες ὑπὸ τῶν βασιλέων; es ist zu tilgen,
wie schon seit langer Zeit erkannt ist?). Zu erklären
bleibt JeAgıriov. Zur Zeit des Atimiegesetzes war
1) πλὴν ὁπόσα ἐν στήλαις γέγραπται τῶν μὴ ἐνθάδε μει-
γάντων, ἢ ἐξ Aoelov πάγου ἢ τῶν ἐφετῶν n ἐχ Πρυτανείου ἢ
“Ἰελφινίου ἐδικάσϑη ἢ ὑπὸ τῶν βασιλέων, ἢ ἐπὶ φόνῳ τίς ἔστι
φυγὴ ἢ ϑάνατος χκατεγνώσϑη, ἢ σφαγεῦσιν ἢ τυράννοις.
5) Vgl. Sluiteri Leett. Andoc. ed. Schiller (Leipzig 1834)
p- 36 564.
— 11 —
das Gericht am Delphinion noch wesensgleich mit den
anderen Ephetengerichten, darum fällt es mit unter
τῶν ἐφετῶν. Wenn es jetzt besonders genannt wird, so
hat eine Veränderung stattgefunden, welche es von den
Epheten am Palladion und beim Phreatos unterscheidet;
welche das war, kann nicht zweifelhaft sein. Die
lysianische Rede über Eratosthenes’ Tötung hat schon
längst den Verdacht erregt, dafs sie nicht vor den alten
Epheten, sondern vor heliastischen Richtern gesprochen
sei!). Ich sehe daher in jener Sonderung des Delphi-
nion das erste Zeugnis für die Besetzung des Epheten-
gerichtshofes nach heliastischem Muster. Wer über das
vor Jekgıviov fehlende &x nicht hinfortkommt, muls
schon vor τῶν ἐφετῶν, wo die Präposition auch fehlt,
stehen bleiben. Wenn der Antragsteller hier das demo-
kratisch reformierte Gericht am Delphinion nicht mit
unter den Namen der Epheten begreift, so beweist das
nicht gegen meine vorher aufgestellte Ansicht, dafs die
Epheten den alten Namen unter verändertem Wesen bei-
behalten hätten. Der Antragsteller scheidet nach der Be-
setzung der Gerichtshöfe ; dakonnte erden Namen, dessen
Weiterleben Demosthenes (Aristokr. 38) und Aristoteles
bezeugen, nicht gebrauchen, denn unter ἐφέται begriff
man schon zwei verschiedene Arten von Gerichtshöfen.
So sondert das Psephisma Areopagiten, 51 Epheten,
Phylobasileis am Prytaneion, heliastische Richter am
Delphinion. Im folgenden ist aufser in der verständ-
lichen Zweiteilung ἢ ἐπὶ φόνῳ τίς ἐστι φυγὴ ἢ 9ϑά-
νατος κατεγνώσϑη, welche dem einzigen ἐστὶ φόνῳ im
Amnestiegesetz entsprechen, trotz des vorhergehenden
Zusatzes von ἢ Jehpıviov — σφαγεῦσιν und τυράννοις
haben ihr Korrelat— nichts hinzugesetzt. Damitist keine
ἢ Meier-Schömann-Lipsius, Att. Proc., ὃ. 174 f. Blafs,
Att. Bereds., 15 572, 3. Philippi, Der Areopag etc., ὃ. 318 ft.
8. Kap.
p. 8, 16 £.
8. Kap.
ἘΠ 16 f.
— 12 —
Responsion aufgegeben, denn auch das Amnestiegesetz
enthält keine, wenigstens nicht eine solche, wie man
sie gefordert hat. Dort sind auch die Gerichtshöfe
nach der Verschiedenheit der Besetzung aufgeführt,
aber die Vergehen nicht nach den Gerichtshöfen, son-
dern nach ihrer Qualität. φόνος und σφαγαί ge-
hören dem Kriminalprozels, die τυραννίς dem Staats-
prozels an; daher £rı φόνῳ ἢ σφαγαῖσιν ἢ ἐπὶ
τυραννίδι, nicht ἐττὶ φόνῳ ἢ ἐτεὶ σφαγ.- Ἰ) ἐπὶ τυρ. Die
sachliche Einteilung entspricht hier der Abfolge der
Gerichtshöfe; dals man so φόνος, ogyeyal, τυραννίς
ordnete, wo es ging, ist verständlich, aber es ist ein
Zufall, dafs es möglich war; denn sonst zerreifst die
athenische Gerichtsbarkeit die rechtlich gleichartige
Materie doch nur zu oft. Wenn also Patrokleides
r, Jekgıviov anflickt, so erwuchs für ihn daraus keine
Nötigung, auch im Folgenden zu ändern. Um zusammen-
zufassen: die Phylobasileis hatten am Prytaneion poli-
tische Gerichtsbarkeit vor Solon; Solon läfst sie ihnen,
soweit wie sie sie haben, aber er giebt dem Areopag,
was ihnen nach alter Ordnung gebührt hätte, die Eis-
angelie ἐπεὶ χαταλίσει τοῦ δήμου. Noch im Jahre 405
sind sie im Besitze dieser Gerichtsbarkeit, während
am Delphinion schon eine demokratische Umgestaltung
vorgenommen ist. Unmittelbar darauf haben auch die
Gerichtshöfe am Palladion (vor 399) und beim Phreatos
sich zu quasi-ephetischen umwandeln lassen müssen.
Vielleicht zu gleicher Zeit wird den Phylobasileis ihre
Gerichtsbarkeit bis auf ein Scheingericht beschränkt.
Im 4. Jahrhundert ist die Klage ἐπεὶ τυραννίδι in das
Eisangeliegesetz aufgenommen, gehört also vor die
Ekklesie und in zweiter Linie nach dem gewöhnlichen
Geschäftsgange vor die Heliasten unter dem Präsidium
der Thesmotheten.
— 115 —
Die Mafsregel Solons gewinnt in diesem Zusammen- 8. Kap.
hange Bedeutung. Solon wahrt nach Aristoteles, wie? ® 10 #-
gezeigt, nicht blofs die Rechte des Areopags, er er-
weitert ihm auch bedeutsam die Kompetenz, indem er
ihm einen Prozels überträgt, der eigentlich einem älteren
Forum hätte zufallen sollen, der aber mit der Stellung
des Areopags als ἐπίσχοττος τῆς ττολιτείας im Einklang
steht. Die Angaben des Aristoteles über den Areopag
bis zur solonischen Gesetzgebung sind also nicht iden-
tisch, sondern geben eine den Verfassungsperioden ent-
sprechende Entwicklung seiner Kompetenzen zu er-
kennen. Wenn in den mit epischer Formelhaftigkeit
wiederkehrenden Angaben Polemik lag, so liegt in der
Andeutung einer Entwicklung der Gerechtsame dieser
Körperschaft ein Beweis für die Richtigkeit der contro-
versen Behauptung, dals die areopagitische Bule vor
Solon existierte. Denn nur an Bestehendem ist Ent-
wicklung möglich.
Allein wir können unseren Satz noch nicht ver- Beamten-
lassen. Ich habe die Untersuchung absichtlich bisher hunde
über einen Punkt hinweg gleiten lassen, welcher der
gegebenen Auffassung, dals Solon die Kompetenzen des
ÄAreopags nach Aristoteles nicht blofs wahrt, sondern
sogar vermehrt, zu widersprechen scheinen könnte.
Drakon gab dem Areopag die εὔϑυνα: liefs sie ihm
Solon nach Aristoteles? gab er sie nicht vielmehr dem
Volke? Aristoteles erzählt, dafs es eine Periode der
athenischen Verfassung gab, in welcher der Areopag
die Ämter auf ein Jahr ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην be-
stellte (Kap. 5)'); das war die Periode, welche un-
1) Das ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνϑδην schliefst natürlich das
χρένειν ... τὸν ἐπιτήδειον ἐφ᾽ ἑχάστῃη τῶν ἀρχῶν are. 6. ὃ
nicht aus.
Keil, Aristoteles.
[0 0)
ἃ
-- 114 --
8. Καρ. mittelbar auf die 10jährige Amtsbefristung folgte. Nun
P- δ, 10 0. Kommt die Epoche, wo der Areopag nicht mehr be-
stellt, sondern wo die Ämter durch Wahl ἀριστίνδην
χαὶ πλουτίνδην besetzt wurden. Wer wählte? Wer
hatte die Beamtenkontrolle? Es folgt die drakontische
Verfassungsperiode: die Ämter werden nicht mehr
durch eine Wahl ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην besetzt,
sondern durch eine Wahl oder Erlosung aus der o-
λιτεία, welche durch einen bestimmten Census ab-
gegrenzt war (τὸ Orcha παρέχεσϑαι):; für höhere Ämter
gehörte innerhalb der zoAırei« ein bestimmter Census
zur Qualification. Wer wählt? Wer nimmt die εὔϑυνα
ab? Die letztere Frage findet eine Antwort; der
Areopag achtet darauf, dals die Beamten xara τοὺς
vouovg walten, also wird man sich die bei den Hippar-
chen genannten εὔϑυναι vor dieser Körperschaft denken.
Solon vereinigt die beiden bei Drakon nebeneinander
stehenden Prineipe der Ämterbesetzung, das oligar-
chische Wählen und das demokratische Losen: τὰς δ᾽
ἀρχὰς ἐποίησεν χληρωτὰς Ex ττροχρίτων. Wer wählt
oder vielmehr προχρίνδι ὃ Die φυλέται. Wer nimmt die
εὔϑυνα ab? Schweigen? Zunächst liegt es auf der
Hand, dafs der Ämterbesetzung eine natürliche oder
richtiger vielleicht eine logische Weiterentwicklung
gegeben ist: χαϑιστάναι ἀριστίνδην χαὶ πλουτίνδην,
αἱρεῖσϑαι ἀριστίνδην καὶ πλουτίνδην, αἱρεῖσϑαι und
χληροῦν &x τῶν Orcha παρεχομένων, προχρίνειν und χλη-
ροῦν ἐχ τῆς πολιτείας. Mit dieser Entwicklung steht
im Einklang die aristotelische Theorie: τὸ δὲ τινὰς ἐχ
τινῶν (alo&osı) ολιγαρχιχον, χαὶ τὸ τινὰς ἐχ τινῶν
χλήρῳ, μὴ γενόμενον δ᾽ ὁμοίως '), χαὶ τὸ τινὰς ἐχ τινῶν
1 Diese Worte sind beanstandet worden; sie erhalten
aber durch das Kapitel über Drakon ihre Bestätigung; die
-- 115 --
ἀμφοῖν" τὸ δὲ τινὰς ἐξ ἁπάντων τό τε ἐκ τινῶν αἱρέσει 8. Kap.
P-8, ἸΟῊΣ
τινὲς der Oligarchie sind nicht gleichmäfsig vom Gesetz ge-
stellt; es existiert noch eine timokratische Bestimmung für das
Losen, welche nur Wohlhabenderen gewisse Ämter eröffnet.
Allerdings steht das nicht so handgreiflich im Texte des
4. Kapitels. Es ist klar, dafs die Worte χληροῦσϑαε δὲ χαὶ p. 3, 38
ταύτην zei τὰς ἄλλας ἀρχὰς τοὺς χτὲ. im Widerspruch mit dem
ersten Teile des Kapitels stehen, wo nur vom α͵ρεῖσϑαι die
Rede ist. Weiter müssen die ἄλλαν ἀρχαί doch zu den gerin-
geren gehören, da die bedeutenden schon genannt sind. Sie
können also nur mit den ἄλλαι ἀρχαὶ . . . ἐλάττους identisch
sein. In diesem Falle fehlt also ein dem ἡροῦντο p. 3, 20
entgegenstehendes ἐχλήρουν im Texte. Wo es einzufügen ist,
kann nicht zweifelhaft sein. Die einfache Wortkritik hat schon
p- 3, 23 einen Wortausfall konstatieren müssen; er ist durch
den Übergang von der ersten zur zweiten Kolumne verursacht.
Ich vermute, dafs aufser dem vermifsten Artikel dabei noch
zwei Worte verloren gingen, und möchte so schreiben: ἡροῦντο
δὲ τοὺς μὲν ἐννέα ἄρχοντας καὶ τοὺς ταμίας οὐσίαν χεχτημένους
οὐκ ἔλαττον ἢ δέχα μνῶν ἐλευϑέραν, τὰς δ᾽ ἄλλας ἀρχὰς | {ἐκλή-
ρουν, τὰς μὲν) ἐλάττους ἐχ τῶν ὅπλα παρεχομένων, στρατηγοὺς
δὲ χαὶ ἱππάρχους οὐσίαν ἀποφαίνοντας οὐκ ἔλαττον ἢ xre. So
ist der Widerspruch mit p. 4, 3 f. gehoben. Mir ist mündlich
gegen diese Supplierung eingewendet worden, sie bringe eine
sachliche Unmöglichkeit hinein: die Strategen seien nie erlost
worden. Ich glaube, der Gegengrund hält nicht Stich. Zunächst
waren Strategen und Hipparchen damals sicher untere Beamte,
denn der Polemarch führt noch um das Jahr 490 das Heer,
und 501/0 wurden zum erstenmale 10 Strategen aus jeder
Phyle gewählt; hier beginnt erst die Entwicklung der Strategie;
noch im 5. Jahrh. hat ja der Polemarch mehr Bedeutung als
im 4. Jahrh. Wir haben also nicht das Recht, einen Wahl-
modus, der einem Amte zur Zeit seiner höchsten Bedeutung
zukommt, für dieses Amt zu fordern zu einer Zeit, wo es noch
keine solehe Bedeutung hatte. Und dafs die Strategie und die
Hipparchie zu den niederen Ämtern in der drakontischen Ver-
fassung des Aristoteles gehörten, ist nicht zu leugnen; die Ab-
folge der Angaben des Aristoteles rubriziert sie unter die
ἐλάττους. Aber man leugne immerhin: wer giebt uns das
8*
8. Kap.
p- 8, 10 #.
— 16 —
sravrag ἀριστοχρατιχόν (Polit. 1300 b1 ff.)!) und ἐὰν δ᾽.
ἐνίων μὲν αἱρετοὶ ἐνίων δὲ χληρωτοί, καὶ χληρωτοὶ
ἢ ἁπλῶς ἢ ἐκ τεροχρίτων, 7 κοινῇ αἱρετοὶ χαὶ χληρωτοί,
τὰ μὲν :τολιτείας ἀριστοχρατικῆς ἐστι τούτων, τὰ δὲ
πολιτείας αὐτῆς (Polit. 1298 b 8 84). Diese Ent-
wickelung der Modalitäten der Stellenbesetzung und
ihre Übereinstimmung mit der Theorie läfst zweierlei
erschliefsen: einmal, dafs das vierte Kapitel echt ist,
da es ein notwendiges Glied in der Darstellung jener
Entwicklung bildet, und zweitens, dals Aristoteles die
vorher anscheinend teilweise unbeantwortet gebliebenen
Fragen nach .dem Wahlmodus und der Rechenschafts-
legung in Wirklichkeit beantwortet haben will; denn
wer eine solche Entwicklung statuiert, kann über Fak-
toren, welche die einzelnen Glieder der Entwickelung
sehr wesentlich bestimmen, nicht in Unklarheit ge-
wesen sein und seine Leser nicht haben im Unklaren
lassen wollen. In der drakontischen Verfassung giebt
es eine Bule und eine Ekklesie, und für jene giebt es
Prytanen?); es kommt schon das Losen zur Anwen-
Recht, den Mafsstab der historischen Notwendigkeit an einen
Bericht zu legen, der in seinen Einzelheiten auf seine histo-
rische Glaubwürdigkeit nicht mehr kontrollierbar ist? Aristo-
teles hat den Bericht übernommen, weil er ihn für den rich-
tigen hielt. Aicht der Name des Aristoteles jede Angabe in
der πολ. A9nv.? weshalb ich das nicht denke, führe ich weiter
unten aus. Wenn die Supplierung den Widerspruch mit der
zweiten Hälfte des Kapitels beseitigt, die Satzfügung nicht
blofs nicht stört, sondern noch schärfer gliedert, wenn sıe
einen aus dem Gesamtcharakter des ganzen Kapitels nicht zu
beanstandenden Sinn bringt, wie können äufsere Gründe ein
Veto einlegen?
1) Polit. 1300a 37 τὸ δὲ ἀμφοῖν λέγω τὰς μὲν χλήρῳ Tas
δ᾽ αἱρέσει.
2) Die Darstellung der drakontischen Verfassung, welche
— 17 --
dung. Die Bule wird aus der ganzen στολιτεία erlost; 8. Kap.
die Antwort, wer wählt, kann also nicht zweifelhaft P- ® 10 δ.
sein. Die Männer, welche an der πολιτεία Anteil
haben, die Orrka παρεχόμενοι, wählen ihre Beamten.
Hier ist die anscheinend fehlende Antwort in der
ganzen Darstellung der Verfassung gegeben. Aber
diese Verfassung gewährt nicht den Wählern der Be-
amten auch die εὔϑυνα:; weil man dies erwarten mülste,
wird das Gegenteil ausdrücklich angegeben. Das
Wählen ist eine Ausübung eines verfassungsmälsigen
Aristoteles giebt, enthält die wesentlichen Elemente der spä-
teren demokratischen Staatsordnung. Wenn in ihr neben
Ekklesie und Bule Prytanen ohne jeden weiteren Zusatz ge-
nannt werden, so ist diese Behörde nach Art der späteren
Prytanen zu erklären als Ausschufs der Bule (s. 0.). Die Prytanen
der Naukraren des Herodot mit diesen Prytanen zusammen-
zubringen, hat man nicht blofs nicht die Pflicht, sondern nicht
einmal das Recht. Sie sind, falls die Angabe des Herodot
richtig ist (V 71 οἱ πρυτάνιες τῶν ναυχράρων, οἵπερ ἔνεμον τότε
τὰς ᾿4“ϑήνας), eine vordrakontische Behörde; die arist. Darstellung
der drakontischen Verfassung zeigt aber einen solchen Abstand
gegen die der vordrakontischen, dafs wir kein Recht haben,
etwaige Institutionen dieser Verfassung auf die jüngere zu
übertragen, selbst wenn diese Institutionen beim Aristoteles
selbst berichtet würden. Aber Aristoteles sagt nichts vom
Naukrarenrat, nichts von ihren Prytanen; die Prytanen treten
erst mit der Bule und der sonstigen halbdemokratisch aus-
gestatteten Verfassung auf. — Ebensowenig wie die Prytanen
der Naukraren mit den Prytanen der drakontischen Ver-
fassung nach Aristoteles zusammenzuhalten sind, sind sie es
auch mit dem Gerichtshof der Phylobasileis. Die Naukraren
und ihre Prytanen könnten nur eine Verwaltungsbehörde unter
dem Vorsitze des Basileus gewesen sein, die Phylobasileis
bildeten einen Gerichtshof unter dem Vorsitze des Basileus.
Die Institutionen werden ihrer Thätigkeit und ihrer Zusammen-
setzung nach verschiedene gewesen sein; sie hatten nur den
Vorsitzenden und vielleicht das Sitzungslokal gemeinsam.
— 118 —
8. Kap. Rechtes; nur wer an der πολιτεία einer Verfassung teil
P 8, 10#. hat, kann wählen. Wo von einem Wählen in einer
Verfassung gesprochen wird, wählen also die μετέχον-
τὲς τῆς πολιτείας. Wenn vom Wählen in der vor-
drakontischen Periode die Rede ist, so wählen, wie
auch ohne einen besonderen Zusatz verständlich ist,
die Mitglieder der Geburts- und Geldaristokratie; sie
wählen aus ihren Kreisen, denn nur diese haben die
rolıreia. Das wäre ansich schon sicher zu erschlielsen ;
aber Aristoteles giebt es auch selbst ausdrücklich an:
ἡ γὰρ αἵρεσις τῶν ἀρχόντων ἀριστίνδην χαὶ τιλου-
τίνδην ἦν. Er giebt nur die Kreise an, aus denen ge-
wählt wurde; da diese aber allein die πολιτεία in der
Aristokratie hatten, so überläfst er dem denkenden
Leser den notwendigen Schlufs auf die Wähler. Man
kann eine εὔϑυνα in solcher Verfassung gar nicht er-
warten; fragt jemand aber doch danach, so ist in den
Worten über den Areopag die Antwort gegeben.
Also Aristoteles lehrt: die Wahl der Beamten war
ein Princip, welches schon die πολιτεία der ältesten
Zeit kannte; Drakon übernahm es und fügte das χλης-
ροῦν hinzu. Was hat Solon also Neues gegeben?
Wählen kann jeder, der an der πολιτεία Anteil hat.
Mit der Ausdehnung der staatsbürgerlichen Rechte auf
die Orria sragsyousvoı ging das aktive Wahlrecht auf
alle, die diesen Census hatten, über; mit der Ausdehnung
dieser Rechte auf alle Athener erhalten das aktive
Wahlrecht eben alle Athener. Solon hat, indem er
dem Volke die Wahl der Beamten gab, nichts anderes
gethan, als was in der veränderten Verfassung lag.
Das ist keine besondere Fürsorge für das Volk ge-
wesen: es war die Konsequenz der neuen srolıreia.
So lehrt Aristoteles im Gegensatz zu der Tradition der
Atthis, welche Aufhebens davon machte, dafs Solon
dem Volke das aktive Wahlrecht gegeben habe. Und
— 119 --
die εὔϑυνα Ὁ Es galt als Grundsatz der demokratischen
Staatsauffassung, dafs wer wählt auch Rechenschaft
von dem Gewählten zu verlangen hat. In ältester Zeit
wählte der Geld- und Geburtsadel: wenn die εὔϑυνα
abgenommen wurde, so geschah dies, nach Aristoteles,
nicht von den damaligen Wählern, sondern vom Areo-
pag. Unter der drakontischen Verfassung wählten
die Orrha srageyousvoı, aber die εὔϑυνα wurde vor dem
ÄAreopag abgelegt. Also es galt nicht immer in Athen
jener Grundsatz οὗ τὸ αἱρεῖσϑαι, τούτου καὶ τὸ εὐϑύ-
veıv. Solon gab dem Volke die πολιτεία und damit
das aktive Wahlrecht: gab er ihm auch die εὔϑυνα ὃ
Antwort: τὴν δὲ τῶν Ageorrayırav (βουλὴν) ἔταξεν
ἐπὶ τὸ νομοφυιλαχεῖν, ὥσπερ ὑπῆρχεν χαὶ τερότερον
ἐπίσχοποος οὖσα τῆς πολιτείας, χαὶ τά τε ἄλλα τὰ
χλεῖστα χαὶ τὰ μέγιστα τῶν πολιτιχῶν διετήρει καὶ τοὺς
ἁμαρτάνοντας ηὔϑυνεν χυρία οὖσα τοῦ ζημιοῦν χαὶ
χολάζειν. Das soll an φύλαξ ἣν τῶν νόμων in der dra-
kontischen Verfassung, soll an das dıwası de τὰ πλεῖστα
χαὶ Ta μέγιστα τῶν ἐν τῇ πόλει χαὶ κολάζουσα χαὶ ζη-
μιοῦσα scavrag τοὺς ἀκοσμοῦντας κυρίως schon im Wort-
laut erinnern. Und in Drakons Verfassung hatte der
Areopag die Beamtencensur, in der ältesten Verfassung,
falls die εὔϑυνα bestand, auch. Was soll man anderes
schliefsen, als dafs der Areopag die εὔϑυνα auch nach
Solons Satzungen gehabt habe? Und nun fällt das
Wort εὐθύνειν selbst. Das kann ja weitere Bedeutung
haben, aber in diesem Zusammenhange, der auf die
εὐϑυνα nach Drakon schon hinweist, wie kann man es
anders fassen als auch im technischen Sinne der εὔϑυνα Ὁ
Ich kann nicht anders, ich muls schliefsen, dafs Aristo-
teles dem Areopag und nicht dem Volke die εὔϑυνα
in der solonischen Verfassung vindicierte. Mit der-
selben Absichtlichkeit, mit der in der drakontischen
8. Kap.
p- 8, 10 ff.
Ρ. 8, 13
-- 120 —
8. Kap. Verfassung die Beamtenkontrolle durch den Areopag
P-8,12 perichtet wurde, wird hier das technische εὐθύνειν ge-
setzt; also gerade der Mann, welcher die Volks-
gerichte einsetzte, gab ihnen die εὔϑυνα nicht. Wieder
steht Aristoteles im Gegensatz zur Atthis. Aber nicht
“nur zu dieser; was viel bedeutsamer und bedenklicher
ist, er widerspricht sich selbst).
Reto! Es sind zwei oft eitierte Stellen der Politik, die
Polit. und
704.491». der Darstellung in der πολ. 49nv. Gegenpart halten:
Ertei Σόλων γε ἔοικε τὴν ἀναγκαιοτάτην ἀποδιδόναι τῷ
\ - x ΄
δήμῳ δύναμιν, τὸ τὰς ἀρχὰς αἱρεῖσϑαι χαὶ εὐϑύνειν
1) Zwischen den Berichten über den Sturz des Areopags
in der Politik 1274a 7 und πολ. ’49nv. besteht kein Wider-
spruch. In dieser ist Ephialtes derjenige, der ihn ‘stürzt,
Themistokles nur ovrefrıos, Kap. 25: ἔπραξε δὲ ταῦτα (Ἐφιάλ-
της) συναιτίου γενομένου Θεμιστοχλέους. Kap. 27 (Περικλῆς) τῶν
Aogsoneyırov ἔνια περιείλετο .. . ἐποίησε δὲ χαὶ τὰ δικαστήρια
μισϑοφόρα Περικλῆς πρῶτος. Dem entspricht genau in der
Politik: τὴν μὲν ἐν Aoeiw πάγῳ βουλὴν ᾿Εφιάλτης ἐχόλουσε καὶ
Περικλῆς, τὰ δὲ δικαστήρια μισϑοφόρα κατέστησε Περικλῆς. The-
mistokles hat als συναίτιος keinen Platz, wo nur die Männer
der Initiative genannt werden. Im übrigen ist es m. E. nicht
richtig, aus der bedenklichen Hereinziehung des Themistokles
in diese Affaire die ganze Darstellung des Aristoteles zu ver-
dächtigen. An sich ist es wahrscheinlich, dafs die Beschrän-
kung der Kompetenzen des Areopags nicht durch einen Akt
vollzogen wurde, sondern im Laufe eines längeren politischen
Kampfes erfolgte. Wenn Perikles zu wirklicher Bedeutung
erst zu der Zeit gelangte, welche Aristoteles andeutet — und
ich sehe keinen Grund gegen die Richtigkeit dieser Chronologie,
nur manchen dafür —, dann ist es sehr wahrscheinlich, dafs
er nicht mit, sondern nach Ephialtes gegen den Areopag
gekämpft hat. Ich glaube, dafs Aristoteles recht hat, wenn
er Ephialtes’ und Perikles’ Thätigkeit in dieser Beziehung
zeitlich sondert, und dafs die Recepta, verleitet durch die Gleich-
heit der Tendenz und der Erfolge beider Männer, hier fälsch-
licherweise eine Coineidenz geschaffen hat.
— 221 —
(1274 a 15) und τὸ μὲν γὰρ μετέχειν αὐτοὺς (d.h. die 8. Kap.
Menge) τῶν ἀρχῶν τῶν μεγίστων οὐχ ἀσφαλές... τὸ Pr"
δὲ μὴ μεταδιδόναι μηδὲ μετέχειν αὐτούς... διόττερ καὶ
Σόλων χαὶ τῶν ἄλλων τινὲς νομοϑετῶν ταττουσιν Ertl TE
τὰς ἀρχαιρεσίας χαὶ τὰς εὐθύνας τῶν ἀρχόντων, ἄρχειν
δὲ κατὰ μόνας οὐκ ἐῶσιν (1281 b 25 ff.). Nun könnte
ich mir die Sache mit der ersten Stelle sehr leicht
machen; ich brauchte mich nur denen anzuschlielsen,
‚welche das ganze Kapitel, dem sie angehört, athetieren.
Allein dieses Kapitel enthält so viele handgreifliche
Übereinstimmungen im einzelnen wie im ganzen Ge-
dankeninhalt mit der 7704. 49v., deckt sich an unserer
Stelle so vollkommen mit dem zweiten Zeugnis aus
der Politik, dafs ich mit dem Pater Hardouin zu riva-
lisieren glauben würde, wollte ich an seiner Echtheit
zweifeln. Ich könnte mir auch bei der zweiten Stelle
helfen, nachdem ich die erste athetiert hätte, aber
nicht durch Athetese, sondern durch Interpretation.
Die Worte Polit. 1319 b 19 ἐτε δὲ χαὶ τὰ τοιαῦτα χατα-
σχευάσματα χρήσιμα πρὸς τὴν δημοχρατίαν.... οἷς Κλει-
σϑένης τε ,1ϑήνησιν ἐχρήσατο... χαὶ ττερὶ Κυρήνην οἱ
τὸν δῆμον χαϑιστάντες. φυλαί τε γὰρ ἕτεραι ποιητέαι
χυλείους χαὶ φρατρίαι, χαὶ τὰ τῶν ἰδίων ἱερῶν συνα-
χτέον εἰς ὀλίγα χαὶ κοινά, zal πάντα σοφιστέον, ὅττως
ἂν ὅτι μάλιστα ἀναμιχϑῶσι ἀλλήλοις πάντες (p. 23, 8
ἀναμίσγεσϑαι τὸ τιλῆϑος) hat man bisher so verstanden,
dafs auch das von den Heiligtümern Gesagte auf Klei-
sthenes zu beziehen sei; jetzt ersehen wir aus der
roh. Adyv. (23, 24 τὰς ἱερωσύνας εἴασεν ἔχειν ἑχάστους
χατὰ τὰ πάτρια), dals die Beziehung zu weit war.
Könnten nicht ebenso oben p. 1281 Ὁ 25 die ἀρχαιρεσίαι
nur auf Solon, die eu$uvar auf τῶν ἄλλων τινὲς vouo-
ϑετῶν gehen? Die erste Stelle athetieren, die zweite
durch eine gar nicht zu beanstandende Interpretation
x
-- 12 —
3 er erledigen, und der Widerspruch mit der zr04. AInv.
ΡΝ ΤΣ existierte nicht mehr. Allein ich halte beide Stellen
für aristotelisch, ich halte auch die πολ. Ar. für
aristotelisch und nehme einen Widerspruch zwischen der
Politik und der Politeia hin. Er ist zu erklären, aber
nicht er allein. Es existieren ja noch andere Diffe-
renzen zwischen den beiden Werken des Aristoteles,
so die Berechnung der Regierungszeit der Peisistra-
tiden (πολ. A9nv. p. 18, 1 ἢ, 21, 19 ἢ Polit. 1315 b
30 ff.) und das vollständige Ignorieren des Kritias neben
Charikles in der Politik (1305 b 25) gegenüber der
Bedeutung, welche Kritias in der 04. Av. ein-
geräumt wird.
Ab- Aristoteleshat an der Politik noch nach dem Sommer
nesun&s 336 gearbeitet, denn die Ermordung Philipps wird er-
Politik wähnt (Polit. 1311 b2)!). Susemihl hält für möglich,
dals die Schrift selbst im Jahre 333 noch nicht ab-
geschlossen war?), denn die Worte 1272b 20 vewori
(τε) σπτόλεμος ξενιχὸς διαβέβηχεν eig τὴν νῆσον (Kreta), ὃς
γεδητοίηκε φανερὰν τὴν ἀσϑένειαν τῶν ἐχεῖ νόμων könnten
sowohl auf den Abzug des Phalaikos mit seinen Söld-
nern nach Kreta im Jahre 346 wie auf den Feldzug
des Agis mit einem Söldnerheere gegen Kreta im
Jahre 333 gehen. Allein die letztere Beziehung ver-
bietet sich durch den Ausdruck der aristotelischen
Worte von selbst. Erstens war der Feldzug des Agis
kein £evınög στόλεμος, denn ein König führte ihn;
zweitens besagt διαβέβηκεν, dals der Söldnerkrieg aus
einem anderen Lande nach Kreta hinübergetragen
wurde, drittens rechtfertigt, was wir über die Erfolge
des Agis wissen, in keiner Weise den Inhalt des
1) Oncken, Staatslehre des Aristoteles II 241.
2) Susemihl, Aristoteles’ Politik, griech. und deutsch (Leip-
zig 1879) II 94 Anm. 375.
— 128 —
aristotelischen Schlufswortes'). Die Worte gehen allein 8. Kap.
auf den Söldnerführer Phalaikos, der von Phokis nach
Kreta abzog und dort an den inneren Wirren teilnahm.
Man hat bisher keinen terminus ante quem für die
Politik gefunden; ich glaube aber, es giebt einen.
Aristoteles sagt (1321 a 26) τὴν δὲ μετάδοσιν γίνεσθαι
τῷ πλήϑει τοῦ πολιτεύματος ἤτοι, χαϑάπερ εἴρηται
σερότερον, τοῖς τὸ τίμημα χτωμένοις, ἢ χαϑάπερ Θη-
βαίοις, ἀττοσχομένοις χρόνον τινὰ τῶν βαναύσων ἔργων,
ἢ χαϑάπερ ἐν Maooahig ze. So kann von Theben,
namentlich neben dem noch bestehenden Massalia, ohne
Restringierung nur gesprochen werden vor dem Sommer
des Jahres 335; nach dieser Zeit muls es heilsen Θη-
Batoıg ποτέ, denn es gab kein Theben mehr; die In-
stitution wird aber als eine noch bestehende dargestellt.
Ich halte also dafür, dafs zwischen den Sommern von
336 und 335 der Abschlufs der Politik oder vielmehr
der verschiedenen Entwürfe und Überarbeitungen der
Politik erfolgt ist; mich bestärkt darin die Beobach-
tung, dals vom Perserreich immer so gesprochen ist,
dafs nirgends ein Zweifel an seinem Bestehen auf-
steigen kann. Es führt nichts über das Jahr 335 hin-
1 Hauptbericht bei Curtius IV 1, 39: magnitudo belli .. .
(rraeciae quoque et Cretae arma commoverat. Agis Lacedaemonio-
rum vex, octo milibus Graecorum, qui ex Cilicia profugi domos
repetierant, contractis bellum Antipatro Macedoniae praefeceto moli-
ebatur. Üretenses has aut illas partes secuti nunc Spartanorum
nunc Mucedonum praesidis occupabantur. Sed leviora inter
illos fuere discrimina, unum certamen, ex quo cetera pende-
bant, intuente fortuna. — Arrian. Anab. II 13, 6 hat nichts
und verwechselt Agis mit Agesilaos. — Schäfer, Demosthenes
und seine Zeit? IL 362, 1 und Droysen, Hellenismus? I 1, 389, 1,
letzterer in ausgesprochenem Gegensatz gegen Niebuhr, Vor-
lesungen II 474, halten die Beziehung der aristotelischen Worte
auf Phalaikos auch für allein zulässig.
Ρ. 8, 13
— 124 --
8. Kap. aus. Umgekehrt führen fast alle sonstigen datierbaren
P-8& 18 Anspielungen in frühere Zeit, vor die Mitte der vier-
ziger Jahre. Phalaikos’ Zug ist oben besprochen.
Hinzu kommt 1312b 10 Εἰ: (φϑείρεται δὲ τυραννὶς
ἕνα μὲν τρόπον .. .) Eva δ᾽ ἐξ αὑτῆς, ὅταν οἱ μετέ-
χοντὲες στασιάζωσιν, ὥσπερ n τῶν περὶ Γέλωνα χαὶ
νῦν ἡ τῶν περὶ Διονύσιον. ... Διονύσιον δὲ Δίων
στρατεύσας... ἐχεῖνον ἐχβαλὼν διερϑάρη. Die Ver-
treibung des jüngeren Dionysios fällt in die zweite
Hälfte des Jahres 356; Dion stirbt im Anfang 353.
Das νῦν rückt die Zeit der Niederschrift dieses Teiles
der Politik in die Nähe des letzten Datums. Am
Schlusse der Ethik spielt Aristoteles deutlich auf die
Politik als auf ein demnächst von ihm zu erwartendes
Werk an. Die Arbeitsart des Aristoteles lälst mit
Sicherheit annehmen, dafs er damals schon das Buch in
Angriff genommen hatte. Nun enthält dieser Schlufs der
Ethik zugleich eine Polemik gegen Isokrates’ Antidosis
(s. u. S. 146) von solcher Heftigkeit, dafs die isokrateische
Schrift vor nicht allzu langer Zeit erst erschienen sein
kann. Die Antidosis ist aber 353 herausgekommen ;
der Schlufs der Ethik, welcher den Beginn der Arbeit
an der Politik bezeugt, ist also in derselben Zeit ge-
schrieben wie jener Passus über Dionysios.. Mithin
arbeitet Aristoteles um 350 an diesem Buche; der ter-
minus ante quem war 335. Fünfzehn Jahre sind eine
so lange Arbeitszeit, dafs kein innerer Grund vorliegt,
die Herausgabe noch weiter hinauszuschieben, wenn
ein äufserer sie vor die Mitte des Jahres 335 verweist.
Die Politik ist nicht in Athen vollendet, sondern in
Kleinasien und Makedonien wesentlich wol auf Grund
der Materialien, welche Aristoteles bis zum Jahre 347
in Athen gesammelt hatte. Die πολ. 49. ist zwischen
329 und 325, also in Athen geschrieben. Es ist nicht
— lad m
zu bezweifeln, dafs Aristoteles von den athenischen 8. Kap.
litterarischen Erscheinungen auch während seiner Ab-
wesenheit von Athen Kenntnis nahm; dafs er aber so
folgen konnte, wie wenn er in Athen gewesen wäre,
ist unwahrscheinlich. Konnten die zwanzig Jahre,
von 350 bis c. 330, nicht Darstellungen der solonischen
Verfassung gebracht haben mit einem Material, welches
ihm bei der Niederschrift der Politik nicht bekannt
war? Doch wir brauchen diese Möglichkeit gar nicht.
Zwischen ce. 335 und ce. 329 liegt schon Zeit genug für das
Auftauchen neuen Materials; und wenn es andere dem
Aristoteles nicht geliefert hatten, konnte er es nicht
selbst sich verschafft haben ? In dem Frühjahr nach dem
zweiten Frieden des Demades, als das Meer wieder offen
war, wird Aristoteles nach Athen, in das Quellgebiet
für die πολ. 29ην., zurückgekehrt sein. Sollte der fer-
tige Mann mit 50 Jahren nicht anders haben sehen und
suchen können als der junge Akademiker im Anfang
der dreifsiger? Ich denke, der Zeitunterschied erklärt
die Differenz. Seine wissenschaftlichen Ansichten zu
ändern, sei es durch eine andere Auffassung älterer
Kenntnisse, sei es durch Hinzugewinnen neuen Wissens,
kann dem Aristoteles so wenig zum Vorwurf ange-
rechnet werden, wie es heutzutage jemandem vorgerückt
werden sollte. Leider ist einem heutigen Gelehrten in
der neuesten Litteratur über die πολ. A9nv. die
Tugend des Umlernens vom Gegner ironisiert worden;
wir aber wollen Menschen sein und am Aristoteles die
Wahrheit des alten solonischen Spruches vom Altern
und Zulernen nicht zum Gespötte machen. Der Chrono-
logie der Peisistratiden hat Aristoteles in der πολ.
ἡΖϑην. eine andere Bearbeitung der Atthis zu Grunde
gelegt als der in der Politik gegebenen, sei es, weil
diese Bearbeitung während der Niederschrift der Politik
Ρ. 8, 13
8. Kap.
Ῥ. 8, 13
p. 8, 18 ft.
— 16 —
noch nicht existierte, sei es, weil der Forscher im
Jahre 327 eine andere Chronologie für richtiger hielt
als im Jahre 347. Ebenso erklärt sich die Differenz
in der Auffassung der Geschichte der Dreifsig und die
Differenz betreffs der Zuteilung der εὔϑυνα in der
solonischen Verfassung. Was er von der solonischen
Verfassung wufste, und wie er über sie dachte, als
er die Politik schrieb, kann nicht zum Mafsstab ge-
nommen werden für spätere Schriften. Wie steht’s doch
mit dem Staat und den Gesetzen des Platon? und sie
liegen doch auch höchstens fünfzehn Jahre auseinander.
Aber die erwähnten Unterschiede zwischen der 7204.
43. und der Politik sind Einzelheiten; die Gesamt-
auffassung der solonischen Verfassung ist in beiden
Werken genau dieselbe. Nur fügen sich die Angaben
des jüngeren Werkes dem Gesamtbilde von Solons
Thätigkeit als der eines μέσος besser als die des älteren:
die Änderung ist mit Absicht vorgenommen. Doch
davon später im Zusammenhange mit anderen Beob-
achtungen. Ich kehre zum Texte des Kapitels zurück.
Der letzte Satz ist hinsichtlich seiner inneren Zu-
gehörigkeit zum Vorhergehenden schon erörtert (5. 105).
Das in ihm enthaltene Gesetz gegen den politischen In-
differentismus wird auch von Plutarch (ce. 20) eitiert
mit einer Bemerkung, die äulserlich merkwürdig im Aus-
druck an Aristoteles’ νόμον ἔϑηχε πρὸς αὐτοὺς ἴδιον
erinnert: τῶν δ᾽ ἄλλων αἰτοῦ νόμων ἴδιος μὲν μά-
λιστα χαὶ παράδοξος: allein die Übereinstimmung be-
weist nichts, da ἴδιος bei Aristoteles peculiaris, bei
Plutarch singularis bedeutet. Plutarch erwähnt das
Gesetz im Zusammenhange mit anderen Gesetzen des
Solon!), welche bei ihm fünf Kapitel füllen (20—25),
1) Begemann a. a. Ὁ. p. 20 macht darauf aufmerksam,
dafs das in ἴδιος und παράδοξος enthaltene Urteil auch bei
-- 127 --
Aristoteles erwähnt sonst kein solonisches Gesetz aus
den Axones. Das stimmt zu der von ihm in der
Politik ausgesprochenen Grundanschauung, welche
R. Schöll so glänzend als echt griechisch illustriert
hat: πολιτεία μὲν γάρ ἐστι τάξις ταῖς πόλεσιν ἢ
περὶ τὰς ἀρχάς, τίνα τρόπον νενέμηνται χαὶ τί τὸ χύ-
ριον τῆς στολιτείας καὶ τί τὸ τέλος ἑχάστοις τῆς χοινω-
γίας ἐστίν: νόμοι δὲ κεχωρισμένοι τῶν δὴη-
λούντων τὴν πολιτείαν, χαϑ᾽ οὖς δεῖ τοὺς 00-
χοντας ἄρχειν χαὶ φυλάττειν τοὺς τταραβαίνοντας αὐτοὺς 1).
Darum fehlen die Nomoi des Solon in der 704. 49m.
Eine einzige solche Übereinstimmung wiegt mehr als
ein ganzer Haufe vermeintlicher Differenzen in den
Citaten zwei- bis dreimal verwässerter Lexikographen-
artikel.
* *
*
Exeurs.
Ein Teil der Darlegungen des vorstehenden Ka-
pitels (S. 124 f.) steht im Widerspruche mit der von
Nissen im Rhein. Mus. 1892, 161 fi. vorgetragenen
Hypothese, dafs die aristotelischen στολιτεῖαι als eine
Vorarbeit zu einer Reichsgesetzgebung für die Alexander-
monarchie und weiterhin als eine Sammlung von Hand-
büchern für den praktischen Gebrauch der makedoni-
schen Diplomaten zu betrachten seien. Eine Polemik
anderen Gesetzen des Solon von Plutarch gefällt wird: ἔδεοι
auch Kap. 24, ἄτοποι 20. 23, γελοῖοι 20. Ob diese Urteile
schon auf Didymos zurückgehen, wie Begemann will, ist mir
aber fraglich.
!) Es liegt hier der Ansatz zu einer Teilung nach Rechts-
materien vor; das Staatsrecht ist geschieden. Weiter haben
es die Griechen nicht gebracht; Inder und Germanen ja auch
nicht oder noch nicht einmal soweit.
8. Kap.
p- 8, 18 ff.
Excurs
meinen Ausführungen selbst einzufügen, war ich aus
äufseren Gründen nicht mehr imstande; andererseits
schien es mir bei der Autorität, welche dieser Hypo-
these aus dem Namen ihres Urhebers erwächst, und
bei der glänzenden Art, mit der sie vorgetragen ist,
in Rücksicht auf meine eigene hier vorzutragende
völlig abweichende Ansicht über das aristotelische Buch
unerläfslich, zu begründen, weshalb ich mir die Nissen-
schen Ausführungen weder im ganzen noch im ein-
zelnen aneignen kann. Ich habe daher die Form eines
Excurses wählen müssen. Nur Nissens Aufsatz habe
ich begegnen zu müssen geglaubt; über Rühls Hypo-
these (Der Staat der Athener und kein Ende, Jahrb. f. kl.
Ph. XVII 701 ff.), die 7204. 49nv. gehöre dem Hera-
kleides, wird man erst verhandeln können, wenn sie
mit Gründen begründet sein wird.
Ps.-Aristot. Nissen geht bei dem eigentlichen Beweise aus von
περὶ
βασιλείας
dem durch Lippert !) jüngst publizierten arabisch erhalte-
nen Briefe regi βασιλείας, welchen die Überlieferung
dem Aristoteles zuschreibt. Der Herausgeber hat das
Sehriftstück durch den Titel als unecht erklärt; Nissen
hält es für echt. Beweist er die Echtheit? Ich finde
nichts, womit er es thäte; denn dafs sich einige Pa-
rallelstellen aus der Politik zu einer Schrift σεερὶ βα-
σιλείας auftreiben lassen, ist durchaus natürlich. Solche
Parallelstellen in geringer Anzahl beweisen nach keiner
Seite hin — das ist eine alte Lehre der wissenschaft-
lichen Forschung —, und herzlich wenig sind nur vor-
gebracht. Die beweisendste hat schon Lippert an-
geführt ὃ 10 regnum autem in hiberos homines prae-
stantius est regno in servos — Polit. 1254 a 25 ἀεὶ βελ-
1) De epistula pseudaristotelica περὶ βασιλείας commentatio.
Diss. Hall. Sax. 1891.
Bee
τίων ἡ ἀρχὴ ἢ τῶν βελτιόνων ἀρχομένων 1); nur schade, Exeurs
dafs Lippert und auch Nissen das griechische Citat "ne
hier endigen lassen: hätten sie die vier nächsten Worte erwiesen
οἷον ἀνθρώπου ἢ ϑηρίου hinzugezogen, würde
ihnen nicht entgangen sein, dafs der nächste Satz des
Briefes eine Paraphrase dieser aristotelischen Worte
bildet: talis igitur tyrannus eiusmodi est, ut malıt pe-
cora pascere quam regere homines. Glaubt man, dals
Aristoteles sich selbst so paraphrasiere? und in welches
Licht rückt damit jene fast wörtliche Entlehnung? —
Das Eingangsmotiv, dafs für den Frieden Gesetze not-
wendiger seien als für Kriegszeiten ($ 2.3), wird aller-
dings auch von Aristoteles Pol. 1333 a 30 ff. ausgeführt;
man vergleiche aber selbst das Gerede in dem Briefe
mit der philosophischen Darlegung der sicher echten
Schrift. Im übrigen ist der Grundgedanke nicht blofs
aristotelisch — das allein wäre doch nur wirklich be-
weisend —, schon Thuk. III 39, 4 sagt χαὶ xaxoroa-
yiav ὡς εἰπεῖν δᾷον ἀττωθοῦνται ἢ εὐδαιμονίαν
διασῴζονται 5). — ‘Dals der König Gesetzgeber sein
müsse’, lesen wir allerdings in der Politik 1286 ἃ ὃ ff,
aber nicht in dem Sinne wie in der Briefstelle, zu der
Nissen diesen Passus der Politik eitiert. Die Stelle
ist, wie der erste Blick lehrt, in Anlehnung an Platons
1) Vgl. auch 1333b 27 τοῦ γὰρ δεσποτικῶς ἄρχειν ἡ τῶν
ἐλευϑέρων ἀρχὴ χαλλίων χαὶ μᾶλλον μετ᾽ ἀρετῆς.
2) Mir fällt gerade eine Anwendung diesesGedankens in der
Praxis in die Hände. Cod. Gregor. XIV 4 De malefieis et Mani-
chaeis (p.44 Hänel): Impp. Maximianus Diocletianus et Maximinus
Nobilissimi A. A. A. Juliano Proconsuli Africae. Otia mazxima
interdum homines in commumionem (ἢ in communi omnem Hänel)
conditionis naturae humanae modum esxcedere hortantur et quae-
dam genera inanissima ac turpissima doctrinae superstitionis
inducere suadent, ut sui erroris arbitrio pertrahere et alios videan-
tur q. s. Undatiert, nach Hänel vermutlich aus dem J. 287.
Keil, Aristoteles. 9
Do are
— 130 —
Exeurs Politikos geschrieben — selbst die ägyptischen Ärzte
stehen da —, also der Briefschreiber mufs nicht
Aristoteles sein. Aber wie falst doch Aristoteles an
der herangezogenen Stelle den König als Gesetzgeber ?
Er will ihn für richtendes Entscheiden über die Sachen,
welche das Gesetz nicht bestimmen kann, haben; also
so allgemein ist das νομοϑέτης nicht gefalst, wie es
für eine Parallelisierung mit dem Briefe notwendig
wäre. Doch Aristoteles fährt in seiner Deduktion fort:
ὅσα δὲ μὴ δυνατὸν τὸν νόμον χρίνειν ἢ ὕλως ἢ εὖ, τεό-
τερον ἕνα τὸν ἄριστον δεῖ ἄρχειν ἢ sravrag; die Ant.
wort ist ja bekannt: zoiveı ἄμεινον ὄχλος πολλὰ ἢ εἷς
ὁστισοῦν. Die aristotelische Stelle behandelt eben das
oft traktierte Problem der ἄγραφοι νόμοι. Nur wenn
man die Worte ὅτε μὲν τοίνυν ἀνάγχη νομοϑέτην αὐτὸν
εἶναι δῆλον aus ihrem Zusammenhange reilst und die
drei Wörtchen, welche zu demselben Satze gehören,
χαὶ κεῖσθαι νόμους, übersieht, kann man sie für den
Brief vergleichen, der sagt, Alexander solle “vacare
contemplationi . . . imprimis ferendarum legum’. Es
ist hier von einem ganz anderen vouos&rng die Rede.
— “Das entsprechende Urteil über Lykurg VII 13
(14), 1 f> kann ich nicht finden, verstehe überhaupt
nicht, weshalb Nissen hier Lykurg betont; denn die
Worte “nam haud ignoras quid sit assecutus Lycurgus ὦ
institutione legum suae civitatis® begründen den Satz,
dafs man durch gesetzgeberische Thätigkeit berühmt wird.
Es trifft sich recht unglücklich für die Heranziehung
dieser Aristotelesstelle zu dem Paragraphen des Briefes,
welcher unmittelbar aufdas Lob des Lykurgos folgt, dafs
sie dem Anfange eines Abschnittes mit den folgenden
Eingangsworten angehört: οἱ δὲ νῦν ἄριστα doxoüvreg
πολιτεύεσϑαι τῶν “Ἑλλήνων χαὶ τῶν νομοϑετῶν οἱ ταύ-
τας καταστήσαντες τὰς πολιτείας οὔτε πρὸς τὸ βέλτιστον
-- Bl --
τέλος φαίνονται συντάξαντες τὰ περὶ τὰς ττολιτείας οὔτε Exeurs
πρὸς πάσας τὰς ἀρετὰς τοὺς νόμους χαὶ τὴν παιδείαν
χτέ., woran sich eine recht abfällige Kritik der Ten-
denz der spartanischen Verfassung schliefst. Mit dieser
Parallele ist es also nichts. $ 5 ferner, der besagt, dafs
das Königtum sich auf Liebe und Bewunderung der
Unterthanen stützen müsse, wird durch Hinweis auf
Pol. HI 9 (14), 7; 10, 7 nicht als aristotelisch er-
wiesen; das könnte ebensogut aus der kyprischen Tri-
logie des Isokrates stammen. — Lehrreich ist für die
Beweisführung durch Parallelen, was zu $ 4 bemerkt
wird. Ich gehe von der dazu eitierten Stelle Polit.
VII6 (7) aus. Aristoteles setzt 1327 b23 ff. auseinander,
dafs die Bewohner des nördlichen, aulsergriechischen
Europa — Εὐρώπη in dem besonders im 5. Jahrh. ge-
bräuchlichen Sinne — wohl Energie, aber nicht ge-
nügende geistige Fähigkeiten besälsen, um zu herr-
schen ; umgekehrt bei den Asiaten; sie besälsen diese,
esfehle aber jene. “Das Volk des eigentlichen Griechen-
land dagegen (τὸ δὲ τῶν Ἑλλήνων γένος) hat, wie es ört-
lich zwischen beiden angesessen ist, so an beider Eigen-
schaften Anteil. Denn es besitzt Energie und geistige
Fähigkeiten. Daher hat es sich bis auf den heutigen
Tag seine Freiheit bewahrt, seine vorzüglichen Staats-
verfassungen und die Fähigkeit, über alle zu herrschen,
wenn es zur Bildung eines (Gesamt-)Staates gelangte.’
Nissen zu ἃ 4: „nach Nöldeke ganz wörtlich: ‘so ist
unentbehrlich ein zusammenfassender Leiter, der die
Regierung (oder ‘die Sache’) des Volkes, das wie
diese (hi) ist, zusammenfafst, besonders in Hellas und
dessen Staaten (σεόλεις): denn sie sind (jetzt) alle zu
einem Staate (πόλις) verbunden’; vgl. Pol, VII 6 (7)
τὸ δὲ τῶν Ἑλλήνων γένος... μιᾶς τυγχάνον :τολιτείας."
Wer diese acht eitierten griechischen Worte in ihrem Zu-
9*
a «
-- 12 ---
Excurs sammenhange verstanden hat, mufs sich fragen, ob
man in unglücklicherer Weise parallelisieren kann. Die
Politik spricht von der eimheitlichen Ordnung des
Griechenvolkes als der Bedingung, unter welcher es
herrschen könne, der Schreiber des Briefes will eine
einheitliche Ordnung, damit es nicht im weichlichen
Frieden unter der Herrschaft Alexanders verkomme.
Welcher Gedanke aristotelisch ist, wird sich jeder
selbst beantworten. — Aus ὃ 3 wird ausgehoben: “der
Fürst darf nicht Tyrann sein, sondern vermag nur
durch gute Gesetze und Zucht seiner Herrschaft Dauer
zu verleihen, vgl. Pol.V 8 (10). Im Zusammenhange
stellt sich die Sache so. Der Verfasser geht $ 3 davon
aus, dafs die Menschen nach Gesetzen nur leben, wenn
sie ein “legitimer’!) Herrscher, ἃ. ἢ. ein Herrscher,
<der solcher nicht durch Bürgerzwist oder durch Ty-
rannis wurde’, dazu hinführt. Der Verfasser fällt
danach sofort in den Gedanken von ὃ 2 zurück, dals
für den Frieden Gesetze weit notwendiger seien als
für Kriegszeit. Zum Schlusse heifst es: ohne Gesetze
geben die Menschen sich vanis rebus hin, und das re-
gnum zerfällt, also mufs es zunächst gute Gesetze und
zweitens einen Herrscher geben, der die schlechten
Elemente per timorem, die guten per pudorem zu guten
Sitten führt (ad bonos mores adducat). Mit welchem
Nutzen man hierzu jenes Kapitel aus der Politik
vergleichen soll, ist nicht abzusehen. Ich komme so-
gleich noch einmal darauf zurück. Es sind alle Par-
allelstellen geprüft, die Nissen anführt, bis aufeine. Die
Worte des Schlufsparagraphen ‘sciasque in eas civitates
1) is cwius principatus est legitimus, non discordia civilis vel
iniusta tyrannis. Vgl. ὃ 4 opus est principe legitimo. Wie un-
klar die Vorstellungen des Verfassers sind, folgt aus $ 5 legi-
time occupat imperium, worüber u. 8. 140.
won
Ben
quas intraverit fragilitas et corruptio, hasce pervenisse Exeurs
principum et rectorum pravitate, quippe qui arreptionem
commodorum praetulerint curae reipublicae et ordinationi
legum civitatum et curas converterint in accelerandis
voluptatibus libidinibusque et civitatis regimen negle-
xerint, cuius vestigia manent in terra per omne aevum’
sollen dem Gedanken, welcher in dem historischen Teil
des Staates der Athener ausgesprochen wird, ent-
sprechen. Die Sache sieht im Zusammenhange so aus.
Die Worte des Schlusses greifen zurück auf $ 4, in
welchem das Thema gestellt wird. Neque venit civita-
tum bona conditio nisi a bona conditione principum et
rectorum, sicut vidimus in wurbibus Lacedaemone et
Athenis: Regnabant enim in altera reges (lyrannı) et
instituebant leges, praetores (ἄρχοντες) in altera. Ita
aedificatae hae urbes amplamque famam nactae sunt.
Ex altera vero parte discordia ‚quoque et nequitia et
corruptio, quae in civitates ingruerunt, principum et
reciorum pravo regimine orta sunt, cum ei in vanis libi-
dinibus curas consumpserint neglexerintque civitatis
gubernationem, ex qua gloria paritur, quae manet in
terra usque in aeternitatem. Ich denke, die Identität
der in ἃ 4 und ὃ 13 gekennzeichneten principes und
rectores ist klar; sie ruinieren den Staat. Den Gegen-
satz bilden Athen und Sparta, welche durch die guten
Leiter zu hohem Ruhme gelangt sind. Es ist nicht
von Gesetzgebern die Rede, sondern . von ἄρχοντες,
also leitenden Staatsmännern; was gesagt ist, bezieht
sich auf die athenische Geschichte überhaupt. Athen
wird hier gerade von dem Grundgedanken des histo-
rischen Teiles der πολ. 49yv. ausgenommen. Und
das soll Aristoteles geschrieben haben; die Stelle beweist
gerade das Gegenteil von dem, was sie beweisen sollte.
Es ist merkwürdig, dafs Nissens Parallelen so un-
Excurs
Ps.-
Aristot.
7. βασιλ.
aus
Aristot.
— 14 —
glücklich gewählt sind, während es doch viel treffendere
gab. Warum ist σὰ ὃ 1 cum institutio legum sit
salus populi (et perpetuitas incolumitatis et concordia
subditorum) nicht eitiert Rhet. 1360 a 19 εἰς δ᾽ ἀσφά-
ειαν ἅπαντα μὲν ταῦτα ἀναγχαῖον δύνασϑαι -Hewoeiv,
οὐχ ἐλάχιστον δὲ ττερὶ νομοϑεσίας ἐπαΐειν" ἐν γὰρ
τοῖς νόμοις ἐστὶν ἡ σωτηρία τῆς πόλεως Ὁ Ich
denke, diese Parallele ist nicht schlechter als die einzig
treffende, welche bisher angeführt ist. Warum fehlt
zu den Worten ὃ 4 Oportet vero hunc virum esse in-
telligentem et probum, qui non solum strenuitate et
tustitia et virtutibus excellat, verum etiam potentia
et belli apparatu, ut coercere populum et ad
leges adducere possit der Hinweis auf die Stelle
der Polit. 1286 Ὁ 27 ff., wo erörtert wird, πότερον ἔχειν
δεῖ τὸν μέλλοντα βασιλεύειν ἰσχύν τινα περὶ αὑτόν, 7
δυνήσεται βιάζεσϑαι τοὺς μὴ βουλομένους πειϑαρχεῖν,
ἢ πῶς ἐνδέχεται τὴν ἀρχὴν διοικεῖν; ; und der Schlufs
lautet ἀνὰ γκαῖον ὑπάρχειν αὐτῷ δύναμιν 7,
φυλάξει τοὺς νόμους Eine Hauptstelle haben
ferner Lippert und Nissen übersehen: Ethik VIII
p. 1160 b 1 — 1161 b 10. Daraus folgende Coinci-
denzen: r μὲν γὰρ πατρὸς πρὸς υἱεῖς χοινωνία βασι-
λείας ἔχει σχημα (ν zu: πατρί κῇ γὰρ ἀρχὴ βούλε-
ται n βασιλεία ee: ἐν Πέρσαις δ᾽ ἡ τοῦ
πατρὸς τυραννιχή (χρῶνται γὰρ ὡς δούλοις
τοῖς υἱέσι), τυραννικὴ δὲ καὶ ἡ δεσπότου
πρὸς δούλους --εο.10 Nihil enim a regimine (= βασι-
λείᾳ) remotius est quam tyrannis, quia tyrannus in con-
ditione domini est, rex vero in conditione patris. Sie rex
Persarum unumquemque appellabat servum et incipiebat
a filiis. Auch in diesem Passus der Ethik der in der
Politik sich ja ebenfalls findende Gedanke: ὁ μὲν γὰρ
τύραννος τὸ ἑαυτῷ συμφέρον σχοπεῖ, ὃ δὲ βασιλεὺς τὸ
— I —
τῶν ἀρχομένων ,..n δὲ τυραννὶς ... . τὸ γὰρ ξαυτῷ Excurs
᾿ἀγαϑὸν διώχει, wozu: ὃ ὅ incidunt .. in magnum odium
et contemptionem, quippe qui velint ut sibi solis vindı-
cent commoda solique utantur bona vitae conditione q. 5.
δ 10 Plerique .. qui ante hoc tempus regnabant, id
tantum agebant, ut commodis principatus et imperü
fruerentur. ὃ 13 qui arreptionem commodorum q. 5.
(s. δ. 133). ἃ 11 ist ganz aus dem Gedankenkreise
des zweiten Teiles der angeführten Ethikpartie (Kap.11)
geschrieben; er steht in dem Abschnitte, in welchem
der Verfasser über die Liebe der Unterthanen handelt
und Gerechtigkeit und Nachsicht @ustus et clemens
d. h. δίκαιος καὶ ἐτειειχής) vom Fürsten verlangt: χαϑ'᾽
ἑχάστην δὲ τῶν πολιτειῶν φιλία φαίνεται, ἐφ᾽ ὅσον
χαὶ τὸ δίχαιον. Vgl. ferner: Non vero decet principem
viros claros et obscuros uno eodemque modo tractare, sed
reddere quod cuique conveniat mit den Worten, welche
auf die βασιλιχὴ — πατριχή gehen: χαὶ τὸ δίχαιον δὴ
ἐν τούτοις οὐ ταὐτὸ ἀλλὰ τὸ κατ᾽ ἀξίαν. Der Gedanke
der Ethik ἐν δὲ ταῖς πταρεχβάσεσιν, ὥστεερ καὶ τὸ δί-
χαιον ἐπὶ μιχρόν ἐστιν, οὕτω χαὶ ἡ φιλία ἐστί, χαὶ
ἥκιστα ἐν τῇ χειρίστῃ" ἐν τυραννίδι γὰρ οὐδὲν T μιχρὸν
φιλίας kehrt in konkreterer Fassung so wieder: rex
enim si non iustus est, non rex est immo Wwisus (ἃ. ἢ.
ἄνευ φιλίας) tyrannus. Der Abschnitt des ὃ 11 über
die clementia ist eine nicht ganz klare Reminiscenz an
die Ausführung in der Ethik V 1137 a 31, wo von der
ἐπειξίχδια und dem ἐχειδικές im Verhältnis zu der dıxauo-
σύνη und dem δίκαιον gehandelt wird; schon die Zu-
sammenstellung des δίκαιον und Errıeıxes in dem Briefe
ist aristotelisch (Eth. 1137 b 10 ff.; vgl. Rhet. 1374 a
26 τὸ γὰρ ἐπιεικὲς δοχεῖ δίκαιον εἶναι, ἔστι δὲ ἐπιει-
χὲς τὸ παρὰ τὸν γεγραμμένον νόμον δίχαιον). In diesem
Sinne wird das horazische iacentem lenis in hostem, das
δι ἀν μῆς ων ΝΥ ΝΥ, eh Ὡὐλλυώμνια
-- 1866 --
Exeurs ἐχειδιχές, hier im Anschlufs an das δίκαιον behandelt
(contra si rebellionem repressisti ... .. . violentiae loco
misericordem, asperitatis loco clementem adversus eos te
praebeas).
Gründe Ich stelle diese Parallelen, welche wohl etwas be-
gegen die . 1:
Echtheit weisender als die bisher angebrachten wären, denen für
ihre Beweisführung zur Verfügung, welche den Brief
für echt halten: echt ist er darum doch nicht. Um
mit einer Einzelheit anzufangen: ὃ 11 Sceias porro nobsles
dignitatis iniuriam aegrius ferre quam opum οἱ cor-
porum iacturam; libenter enim et bona sua et corpora
largiuntur, dummodo dignitatis et auctoritatis iniuria ne
affıciantur. Aristoteles sagt Polit. 1312 a 30 von den
διὰ φιλοτιμίαν gegen die Tyrannis Vorgehenden: ot
μὴν ἐλάχιστοί γε τὸν ἀριϑμόν εἰσιν οἱ διὰ ταύτην τὴν
αἰτίαν δρμῶντες" ὑτεοχεῖσϑαι γὰρ δεῖ τὸ τοῦ σωϑῆναι
μηδὲν φροντίζειν, ἐὰν μὴ μέλλῃ κατασχήσειν τὴν πρᾶξιν
und etwas später, 1315a 14, ἔτι δὲ πτιάσης μὲν ὕβρεως
εἴργεσϑαι, τταρὰ τεάσας δὲ δυεῖν, τῆς τε εἰς τὸ σῶμα
[κολάσεως] χαὶ τῆς εἰς τὴν ἡλικίαν. μάλιστα δὲ ταύτην
στοιητέον τὴν εὐλάβειαν περὶ τοὺς φιλοτίμους" τὴν μὲν
γὰρ εἰς τὰ χρήματα ὀλιγωρίαν οἱ φιλοχρήματοι φέρουσι
βαρέως, τὴν δ᾽ [εἰ] ἀτιμίαν οἵ ve φιλότιμοι
χαὶ ol ἐπιεικεῖς τῶν ἀνϑρώπω ν.
Doch was will solche Einzelheit? Man mutet
dem Aristoteles den Gedanken zu: Justitia enim est
laudata et magni aestimata non solum apud sapientes
universos verum etiam apud stultos (ὃ 12). Man
glaubt, dals Aristoteles habe schreiben können, dafs die
Staaten von Hellas “jetzt alle zu einem Staat ver-
bunden seien, und das in dem Augenblicke, wo er
über hundert hellenischer Politieen monographisch be-
handelt. Aristoteles konnte die thörichte Auffassung
der späteren Zeit gar nicht teilen, dafs Philipps und
-- 17 --
Alexanders Regierung einen Einschnitt in der inneren Exeurs
Entwicklung der hellenischen Politieen gemacht habe,
denn er lebte in ihnen. Die Diadochen und Römer
haben gethan, was athenische und hellenistische Rhetorik
den Folgen von Chaironeia in späterer Zeit zuschrieb. —
Aristoteles, dem die Menschheit immer in Hellenen und
Barbaren zerfiel, soll ein einheitliches Recht verlangt
haben für die Völker von der Donau und dem Kau-
kasus bis zu den Nilkatarakten, vom Ambrakischen
Golfe und den Syrten bis Alexandreia eschate und den
Indusmündungen ? Aristoteles, der die ἀρίστη molızeia
in der Politik geschildert hat, soll den Satz haben
‘schreiben können: δε sicut nullo modo fieri potest, ut
tradant (patres) bona sua pueris, ita fieri minime po-
test, ut tradatur ciwvitatis regimen populo, cum sint ρο-
puli mores similes puerorum moribus, quorum utrumque
genus desiderat custodes et rectores (ὃ 3)?
Doch betrachten wir einmal den Brief als Ganzes. Disposition
Was soll er? Der Verfasser geht von der ihm zu- ;e
gekommenen Nachricht aus, dafs Alexander nach den z. βασιλ.
Kriegszügen anderen wichtigen Reichsangelegenheiten
sich widmen wolle. Wenn er das wolle, solle er vor
allem der Gesetzgebung seine Aufmerksamkeit zu-
wenden; denn das bringe Ruhm, wie das Beispiel des
Lykurgos beweise ($ 1). Gerade nach dem Kriege
sei eine Gesetzgebung nötig, denn der Frieden berge
Gefahren für die innere Wohlfahrt (ὃ 2). Aber Ge-
setz sei Gesetz nur dadurch, dafs danach gelebt werde;
es werde danach gelebt, wenn ein Fürst, dessen prin-
cipatus ein legitimus ist, die Völker wie Kinder dazu
anhalte (8 3). Dieser Fürst mufs Macht haben, die
Widerstrebenden zum Gehorsam zu bringen, er selbst
muls aber ein Mann unsträflicher Gesinnung sein;
denn wie der Fürst, so das Volk. Die Blüte Athens
— 188 --
Excurss und Spartas resultiere aus der Trefflichkeit der Leiter;
schlechte Leiter haben dagegen ihre Staaten zu Grunde
gerichtet‘ ($ 4). Der Fürst soll sich die Bewunderung
und die Liebe der Unterthanen durch seine Eigen-
schaften erwerben. Der Verfasser führt nun zunächst
aus, wie der Fürst sich benehmen müsse, damit er die
Bewunderung gewinne: ὃ 5-7. In$ 8 erfolgt schein-
bar ein Excurs, in welchem Alexander wegen seines
energischen Vorgehens gegen die rebellischen Perser (?)
belobt wird; innerer Friede sei notwendig, er werde
aber nur erreicht durch längere Gewöhnung an Zucht
und Ordnung, pulchra civitatum conditione instituenda.
Dadurch werde erreicht, worauf alles Staatswohl (salıs
et recta conditio civitatum) beruhe: die pulchritudo
status et integritas vitae (— εὐταξία καὶ ἀσφάλεια βίου).
Man sieht, der erste Eindruck, welchen $ 8 macht,
täuscht. Wir haben keinen Excurs in ihm, sondern
eine Ausführung, welche sich an ὃ 1 anschliefst: die
Gesetzgebung wird verlangt. Auch $ 9 gehört in
diesen Zusammenhang; der Verfasser erklärt, Alexander
habe nun genug erworben, jetzt solle er das Erworbene
geniefsen und ordnen (comparatio — usurpatio: χτῆσις
— χρῆσις): KRestat ergo tibi altera, usurpatio rerum
earum quas consecutus es rectaque earum institutio. —
Mit ὃ 10 setzt der Teil ein, welcher die Eigenschaften
vom Alexander verlangt, durch welche er sich die
Liebe der Unterthanen erwerben könne: er solle ein
König, kein Tyrann sein, über Freie und Gute, nicht
über Sklaven herrschen wollen ($ 10); dazu müsse er
gerecht und milde sein (ὃ 11) und auf falsche Rat-
geber nicht hören, welche ihn seinem Volke entfrem-
deten und bei ihren Beratungen nicht die Billigkeit,
sondern den eigenen Vorteil im Auge hätten (gu mi-
scent apud te negotia teque adversus populum incitant.
-- 139 —
Non enim aequitatem efferunt inter hancremq.s.) Schlufs Exeurs
δ 12: Darum erwirb dir Bewunderung (?d quod homines
admirantur) und Liebe (ne igitur abstinueris ab
amore populi, ut ἰδὲ ipsi amor et honor ab 118 con-
tingat); denke daran, dals, wie der Fürst ist, so das
Volk. Strebe danach, dafs dein Name durch die
Liebe des Volkes unsterblich und deine Regierung
segensreich werde.
So dispositionslos also, wie er auf den ersten Blick
erscheint, ist der Brief nicht; es lassen‘sich gröfsere
unter sich zusammenhängende Teile nachweisen; in
diesen Teilen selbst könnte ja manches geordneter sein,
im ganzen bildet aber auch in ihnen der jedesmalige
Grundgedanke das leitende Motiv. Der Inhalt der
grölseren Teile lehrt nun, dafs dem Verfasser zwei
Themata durcheinander gingen: ‘“Gieb Gesetze, denn
sie sind für den Staat notwendig’ und ‘Sei selbst ein
guter Fürst’. Es ist wohl ein Ansatz dazu vorhanden,
die beiden Gedanken in inneren Zusammenhang zu
setzen, aber es ist bei dem Ansatze geblieben. Der
Brief beginnt mit dem Satze: ‘gieb Gesetze, damit du
unsterblich wirst’, und endigt mit der Aufforderung:
<erwirb dir die Liebe deiner Unterthanen, damit du
unsterblich wirst”. Die beiden Motive zu dem Ge-
danken zu vereinigen: “erwirb dir die Liebe der Unter-
thanen durch eine weise Gesetzgebung und persönliche
Trefflichkeit, damit du unsterblich wirst’, war doch
wahrlich nicht schwer; und ein Aristoteles wäre nicht
imstande gewesen, eine derartige inhaltliche Einheit
zu schaffen? Diese Unfähigkeit wetteifert nur mit der
Exilität des Hirnes, welchem es unmöglich war, über
die trivialsten Gedanken — denn andere enthält der
Brief nicht — hinauszukommen. --- Weiter: Aristoteles
soll dem Alexander des Jahres 324 in dieser Weise
u EA rt idee Dan Kan χων.
Ε «
—- 140 —
Exeurs zu raten gewagt haben, πῶς δεῖ βασιλεύειν Ὁ Es heifst
ὃ 5: hisce (Liebe und Bewunderung) legitime occupat
et imperium et eius dignitatem, ut regi se ab eo patiatur
populus et libenter oboediat... spero autem tibi praesto
esse hasce ambas virtutes q.s. Das dem Despoten in
Babylon, der kraft seines Schwertes herrschte? soll
man denn den Philosophen absolut für unzurechnungs-
fähig halten? Gedacht mag Aristoteles sich manches bei
dem haben, was er vom Hofe hörte, aber wie er sich zur
Praxis stellte, beweist seine Kritik des Verhaltens des
Kallisthenes. Und was soll Alexander dazu antreiben,
die Gesetze zu geben und recht brav zu sein? Die
Hoffnung auf Unsterblichkeit; in 88 1. 4. ὃ. 10. 13
ist sie das Stimulans; daneben tritt durch die Art der
Betonung ein anderes, die diuturnitas regni, welche die
Gesetzgebung gewährleiste, zurück: ὃ8 2. 3. 7. 11,
entsprechend dem Verhältnisse, in welchem die beiden
Themata des Schriftstückes zu einander stehen. Das
Hervortreten der aeternitas gloriae erinnert nun an die
oft eitierte Stelle aus Cie. ad Att. XIII 28 quae sunt ad
Alexandrum hominum eloquentium et doctorum swasiones
(d.h. συμβουλευτικοί) vides quibus in rebus versentur : ado-
lescentem incensum cupiditate verissimae gloriae cupientem
sibi aliquid consili dari, quod ad laudem sempiter-
nam valeret, cohortantur. Unser Brief ist, wenn er
auch nicht die Form der Rede hat, im Grunde solch
eine suasio. Die Fiktion der Verhältnisse, unter denen
er geschrieben ist, läfst natürlich den adolescens nicht
zu; der Kriegsheld hat schon Ruhm: den schöneren,
unsterblichen soll der Friedensfürst Alexander er-
werben.
Wir haben in dem Briefe ein Rhetorenstück vor
uns, welches das seit Isokrates übliche Thema von den
Eigenschaften des guten, für die Unterthanen vor-
— 11 —
bildlichen Herrschers in der gleichfalls überkommenen Exeurs
Form des beratenden Briefes behandelt. Dies alte
Thema ist zu variieren versucht durch Einführung eines
neuen Motivs, der Aufforderung zur Gesetzgebung; aber
mit Ungeschick. Im einzelnen sind Gedanken und
Wendungen in Gestalt von Reminiscenzen, Anregungen
und direkten Entlehnungen aus der aristotelischen
Politik und Ethik geflossen. — Wann das Machwerk
entstanden ist, weils ich nicht; ich möchte aber darauf
aufmerksam machen, dafs seine früheste Erwähnung,
was Lippert nicht angemerkt hat, im Fihrist des Mu-
hammed ibn Ishäq, um 1000 n. Chr., sich findet, und
zwar in dem “Berichte über Aristoteles® des von
A. Müller!) herausgegebenen Abschnittes über die
griechischen Philosophen. Es werden hierin zwei Stellen
aus dem erhaltenen Briefe citiert, welche dann auch
Ibn Abi Oseibia (c. 1300) hat (Lippert p. 27). — Dieser
“Bericht über Aristoteles’ zerfällt in Vita und Schriften-
katalog. Die Vita ist aus Ptolemaeus ‘dem Fremden’, d.i.
Ptolemaios Chennos?), geflossen. Zwar wird er gerade
vor und nach den Citaten aus unserem Briefe genannt;
es wäre also denkbar, dafs auch die Citate selbst aus
ihm entlehnt seien, womit wir den terminus ante quem
hätten. Allein aufser den zwei Citaten, welchein unserem
Texte enthalten sind, findet sich daselbst ein drittes,
welches seiner Diktion nach nie griechisch gewesen
sein kann (Müller a. a. O. p. 46 n. 20; Lippert p. 26).
Wenn dieses Citat nicht aus Ptolemaios stammen kann,
1) Die griechischen Philosophen in der arabischen Über-
lieferung (Halle 1873) 5. 9 ft.
2) Littig, Andronikos von Rhodos (München 1890) S. 19
A. 4 nach Christs Vermutung, die von keinem von beiden mit
inneren Gründen bewiesen ist, obwohl es sehr leicht und kurz
hätte geschehen können.
--Ῥ 142 --
Excurs wird man über die zunächst zu vermutende Provenienz
der beiden anderen wieder zweifelhaft. — Dafs der über-
lieferte Brief selbst aus dem Griechischen (direkt oder
indirekt über das Syrische) übersetzt ist, beweisen die
aristotelischen Entlehnungen und Anlehnungen, und
wird niemand bezweifeln, der einmal die übrigens
recht schwierige und aussichts- wie zwecklose Rück-
übersetzung versucht hat.
Den Brief kann man also nicht zum Ausgangs-
punkte und zum ersten Beweisgliede in der Begründung
einer Hypothese über den Zweck einer echten aristo-
telischen Schrift nehmen. Aber gesetzt auch, der Brief
wäre echt, was bewiese er weiter, als dafs Aristoteles
zu einer Reichsgesetzgebung riet? Istdenn das Wollen
Alexanders identisch mit dem Rat des Aristoteles?
Also selbst der echte Brief bewiese die thatsächlich
intendierte Reichsgesetzgebung nicht. — Es folgen nun
historische Erörterungen bei Nissen, welche darthun,
dafs ein Reichsgesetz in Rücksicht auf die Admini-
stration und Rechtspflege des grofsen Reiches nützlich
gewesen wäre. Wie nützlich den Athenern der Friedens-
schlufs nach der Arginusenschlacht gewesen wäre, mag
man mit schönen Erörterungen darthun, dazu entschlossen
haben sich die Athener darum doch damals nicht. ‚Aber
Nissen zieht nun (S.183) den Schluls der Ethik heran, um
aus einem Passus desselben zu folgern — und so seine
Hypothese durch däs Zeugnis des Aristoteles selbst zu
belegen —, dafs Aristoteles in ihm wie in jenem Briefe
den Alexander beschwöre, ein Reichsgesetz zu geben,
und zugleich erkläre, “dafs die Politik die allgemeinen
Prineipien für die Reichsgesetzgebung entwickelt, wäh-
rend die Sammlung der Gesetze und Verfassungen für
die Behandlung der einzelnen Fälle dienen sollen’. Da
der Schlufs der Ethik von Nissen an einer späteren
- 148 —
Stelle noch einmal herangezogen wird, verspare ich ein
Eingehen auf die Nissensche Interpretation der Worte
der Ethik auf nachher (u. S. 146, vgl. o. S. 124). — Weiter:
obwohl die συναγωγὴ τῶν νόμων unter Theophrasts Namen
geht, ist sie, wie von Usener schon bemerkt, auf Initiative
und unter Mitwirkung des Aristoteles entstanden. Da
Aristoteles also an der συναγωγὴ τῶν νόμων Anteil hat,
so sind wir zu der Annahme ‘genötigt’, dafs diese
συναγωγή die Sammlung der 158 πολιτεῖαι zur Vor-
aussetzung habe. Wo ist auch nur eine Spur von
einer solehen “Nötigung? vorhanden ? — “Ferner ist klar,
dals Aristoteles die Veröffentlichung der Politieen erlebt
hat, aber vor der Herausgabe der Gesetze gestorben
ist’; die gemeinsame Arbeit trage den Namen des
wirklichen Herausgebers. Ich kann in diesen letzten
Sätzen nur eine Kette von Behauptungen ohne jeden
Beweis sehen, wie ich bis zu diesem Punkte der Aus-
führungen Nissens überhaupt keinen wirklichen Beweis
für seine Hypothese gefunden habe. Aber mit Ver-
mutungen und Behauptungen allein wird doch nicht
argumentiert,
Ein neues Argument haben wir in der Ver-
mutung zu sehen, dals Aristoteles das Material zu
den szolıreiaı sich nicht habe selbst beschaffen können,
namentlich nicht für die fast 100 zählenden “Duodezstaa-
ten’, für die es schwerlich Aufzeichnungen gegeben habe.
Das makedonische Archiv sei hier helfend eingetreten,
und wo dieses im Stiche liefs, würden die makedoni-,
schen Agenten oder die Stadtregierungen selbst an-
gehalten worden sein, die nötigen Angaben zu liefern.
Kann die genialste Vermutung ohne die Stütze anderer
sicherer, zuerst beweisender Argumente für sich allein
beweisen ? Was rechtfertigt die Annahme, dafs Aristo-
teles sich das Material nicht habe selbst beschaffen
Exeurs
— 14 —
Exeurss können? Können wir auch nur annähernd bestimmen,
welches Material für die rrolıreiaı damals die χείσεις,
ἱστορίαι, πτεριηγήσεις, zregischor, περίοδοι), die Ge-
schichtswerke und die eigentliche politische Litteratur
boten? Haben wir auch nur eine Vorstellung von der
bei dieser Frage nicht belanglosen Masse der in Be-
tracht kommenden Werke? Und wer sagt uns, dals in
den anderen Politieen dasselbe Verhältnis zwischen dem
historischen und systematischen Teil bestanden habe,
wie es die πολ. 4Iyv. zeigt? Der von Nissen selbst
angeführte Thatbestand, dafs von den 118 von Rose
den übrigen πολιτεῖαι zugewiesenen Fragmenten 99
den historischen Teilen der Bücher angehört haben
müssen, giebt doch, wenn er überhaupt etwas in dieser
Richtung zu folgern erlaubt, zunächst den Schluls an
die Hand, dafs eben in diesen Politieen je der histo-
rische Teil den systematischen überwog. Die von
Nissen herangezogene Plutarchstelle ?), in welcher xzioeıg
χαὶ πολιτεῖαι ““ριστοτέλους genannt werden, wird man
schwerlich geneigt sein, mit ihm dahin zu erklären,
dafs Plutarch mit diesen beiden Worten die beiden
Teile der πολιτεῖαι, den historischen und systemati-
!) Vgl. Rhet. 1360a 858... δῆλον ὅτε πρὸς μὲν τὴν vouo-
ϑεσίαν αἱ τῆς γῆς περίοδοι χρήσιμοι" ἐντεῦϑεν γὰρ λαβεῖν ἔστιν
τοὺς τῶν ἐϑνῶν νόμους, πρὸς δὲ τὰς πολιτικὰς συμβουλὰς τὰς
τῶν περὶ τὰς πράξεις γραφόντων ἱστορίας" ἅπαντα δὲ ταῦτα πο-
λιτικῆς ἀλλ᾽ οὐ ῥητορικῆς ἔργον ἐστίν; gegen Isokr. vgl. u. S. 146.
2) Plut. Non posse suaviter vivi ec. 10 ὅταν δὲ μηδὲν ἔχουσα
λυπηρὸν ἢ βλαβερὸν ἱστορία χαὶ διήγησις ἐπὶ πράξεσι χαλαῖς καὶ
μεγάλαις προσλάβῃ λόγον ἔχοντα δύναμιν χαὶ χάριν, ὡς τὸν
Ἡροδότου τὰ Ἑλληνικὰ καὶ (Ta?) Περσικὰ τὸν Ξενοφῶντος,
ὅσσα δὲ Ὅμηρος ἐϑέσπισε ϑέσχελα εἰδώς, ἢ γῆς περιόδους Εὔδο-
Eos, ἢ χτίσεις χαὶ πολιτείας ᾿Δριστοτέλης, ἢ βίους ἀνδρῶν ᾽4ρι-
στόξενος ἔγραψεν, οὐ μόνον μέγα καὶ πολὺ τὸ εὐφραῖνον ἀλλὰ
χαὶ χαϑαρὸν καὶ ἀμεταμέλητόν ἐστιν.
“ΠΡ
schen, habe bezeiehnen wollen. Plutarch führt doch
hier nur ganze Buchtitel an. Wenn beide Worte auf
die πολιτεῖαι gehen, was ich für nichts weniger als
sicher halte, so folgte daraus, dafs in einigen Politieen
der historische Teil so sehr überwog, dafs sie Plutarch
mit den Namen zrioeız bezeichnen konnte. Das würde
zu dem Verhältnis von 118 : 99 stimmen. Aber für
Nissens Hypothese müssen die zweiten Teile be-
deutend gewesen sein. Da die aus den Fragmenten
zu entnehmende Beobachtung diesem Erfordernis ent-
gegensteht, behauptet Nissen, von diesen Politieen seien
im Altertum nur die historischen Teile gelesen worden.
Wie man sich das zu denken hat bei 157 πολιτεῖαι, d.h.
157 μονόβιβλοι, wird bei dieser Behauptung nicht gesagt.
Näher lag m. E. der Gedanke, dafs die Verfassung
von solchen “Duodezstaaten’ natürlicherweise später kein
Interesse mehr fand, die sie darstellenden Teile also weni-
ger excerpiert wurden, während jenes den historischen
Teilen begreiflicherweise länger bewahrt blieb. — Und
nun das Hauptargument über den Zweck der πολιτεῖαι ;
es steht an jener Stelle der Ethik (X 1181 ἃ 13 — b 12;
5.0. 5. 142): ἴσως οὖν καὶ τῶν νόμων χαὶ τῶν ττολιτειῶν
ai συναγωγαὶ τοῖς μὲν δυναμένοις ϑεωρῆσαι χαὶ χρῖναι
τί καλῶς ἢ τοὐναντίον ἢ ποῖα ποίοις ἁρμόττει εὐχρηστ᾽
ἂν εἴη" τοῖς δ᾽ ἄνευ ἕξεως τα τοιαῦτα διεξιοῦσιν τὸ μὲν
χρίνειν χαλῶς οὐχ ἂν ὑπάρχοι, εἰ μὴ ἄρα αὐτόματον,
εὐσυνετώτεροι δ᾽ εἰς ταῦτα τάχ᾽ ἂν γένοιντο. Nissen:
“Also dient die Sammlung zum Gebrauch praktischer
Staatsmänner, weiterhin zur Heranbildung solcher.
Wie willkommen, wie notwendig mulste ein derartiges
Handbuch für die von allen hellenischen Parteien be-
stürmte Reichsregierung sein.” “Also? Ich begreife
das ‘Also’ nicht, nicht wenn ich die Worte hier aufser
Zusammenhang betrachte, nicht wenn ich sie in ihrem
Keil, Aristoteles. 10
Exeurs
Aristot,
Nik, Eth,
Schluss
— ΠΗ͂Σ 95 Ξ
Excurs Zusammenhange nachlese. Aristoteles sagt am Schlufs
der Ethik: Die Ethik muls ins Praktische umgesetzt wer-
den. Die Menschen bestehen aber nicht blofs aus Geist,
sondern auch aus Fleisch und Bein; diejenigen werden
also die Menschen nie zur Tugend bringen, welche
glauben, man solle sie auffordern, τοῦ καλοῦ χάριν nach
den Gesetzen der Moral zu leben, anderenfalls sie be-
strafen oder Landes verweisen. Die Menschen müssen
zur Tugend erzogen werden; der Staat erzieht durch
Gesetze, Gesetze giebt der πολιτιχός. Wie wird man
nun ein zroAırızög? Durch Zurreigie. τῶν δὲ σοφι-
στῶν οἱ ἐπαγγελλόμενοι λίαν φαίνονται rrogew εἶναι
τοῦ διδάξαι" ὅλως γὰρ οὐδὲ ποῖόν τι ἐστιν 7 περὶ
ποῖα ἴσασιν οὐ γὰρ ἂν τὴν αὐτὴν τῇ ῥητορικῇ
οὐδὲ χείρω ἐτίϑεσαν, οὐδ᾽ ἂν ᾧοντο ῥᾷδιον
εἶναι τὸ νομοϑετῆσαι συναγαγόντι τοὺς εὐδοκι-
μοῦντας τῶν νόμων" ἐχλέξασϑαι γὰρ εἶναι τοὺς
ἀρίστους, ὥσπερ οὐδὲ τὴν ἐκλογὴν οὖσαν συνέσεως καὶ
To χρῖναι ὀρϑῶς μέγιστον, ὥσττερ ἐν τοῖς κατὰ μουσι-
χήν. Nissen S. 183: “Scharfe Worte werden hier gegen
die unwissenden Sophisten, d. h. gegen die
Nebenbuhler um die königliche Gunst ge-
schleudert, welche die Kunst der Gesetzgebung wie
die Rhetorik zu lehren versprechen,’ Ich war sehr
erstaunt, diese Interpretation der Worte der Ethik zu
lesen, wo schon vor mehr als 50 Jahren die Aristoteles-
stelle von Spengel als Replik auf Isokrates’ Antidosis
81 fi. erkannt war (Comment. ad Arist. art. rhet. p. 48)
und oft in Sachen der litterarischen Fehden des
4. Jahrhunderts citiert ist; mir sind gerade Blafs,
Att. Bereds. II 61, 1 [?65, 3], Dümmler, Rh. Mus.
1837, 179 und Chronolog. Beiträge p. 15 zur Hand.
Isokrates sagt a. a. O., es sei schwerer, Redner als
Gesetzgeber zu sein ($ 83): τοῖς μὲν τοὺς νόμους τι-
— 4 —
ϑέναι προαιρουμένοις προύργου γέγονε τὸ πιλῆϑος τῶν Excurs
κειμένων, οὐδὲν γὰρ αὐτοὺς δεῖ ζητεῖν ἑτέρους, ἀλλὰ
τοὺς παρὰ τοῖς ἄλλοις εὐδοκιμοῦντας πειρα-
ϑῆναι συναγαγεῖν, ὃ ῥᾳδίως ὅστις ἂν οὖν βουληϑεὶς
ποιήσειε. Man sieht, die unwissenden Sophisten, die
Nebenbuhler in der königlichen Gunst, entpuppen sich
als Isokrates, der 338 im August gestorben ist. Auch
die Worte οὐ γὰρ ἂν τὴν αὐτὴν τῇ ῥητορικῇ χείρω sind
gegen Isokrates’ Antidosis gerichtet; denn sie treffen
den Kern der $$ 254 f. und 256 ff. Die Beziehung von
δ8 70. 88 auf den platonischen Staat ist ja ohne wei-
teres klar; da Aristoteles die Πολιτιχά schreiben wollte,
ist es leicht begreiflich, warum er die Gelegenheit er-
greift, die Bemerkung, welche man dann auch gegen
ihn wenden konnte, abzufertigen. “Wie wird man ein
σεολιτιχός Ὁ Durch Zurzeigia. Aber die Sophisten, wie
Isokrates, glauben ja die vouoserızn durch das λέγειν
lehren zu können. Sie können das nicht. Sie wissen
ja nicht einmal, was die γομοϑετιχή ist, und halten
Gesetzgeben für leichte Auslesearbeit aus anerkannt
guten Verfassungen. Aber zu diesem Auslesen gehört
Urteil, welches auch wieder nur die £urreiıgia geben
kann. Und selbst die Benutzung von συναγωγαὶ τῶν
vouwv καὶ πολιτειῶν erfordert Urteil; wer dies hat,
für den mögen sie nützlich sein, wem es fehlt, der
kann bei der Benutzung der Sammlungen ein richtiges
Urteil nicht — oder höchstens durch Zufall — haben;
nur an Verständnis für diese Fragen könnte er viel-
leicht gewinnen.’ Im diesem Abschnitte, in diesem
Zusammenhange hat Nissen die Hauptbeweisstellen für
seine Hypothesen zu finden gewulst, dafs die aristote-
lischen σεολετεῖαι im Zusammenhange mitden Vorarbeiten
zu einer Reichsgesetzgebung stünden und als “eine
10 *
-- 148 —
Exeurs Sammlung zum Gebrauch praktischer Staatsmänner,
weiterhin zur Heranbildung solcher’ dienten.
Ich will nicht davon reden, dafs im Handumdrehen
aus der Vorarbeit für die Politik und weiterhin für
die Reichsgesetzgebung eine Sammlung mit selb-
ständigem Zwecke wird; nur bemerken möchte ich,
dafs die σολιτεία A9nvaiwv jedenfalls nur zum Ge-
brauche unpraktischer Staatsmänner bestimmt gewesen
sein kann. Wer konnte sich denn aus diesem Buche
über athenische Verhältnisse, wie sie die Diplomatie
zu behandeln hat, orientieren? Gerade was ein Staats-
mann der Alexanderzeit darin zunächst suchen mulste,
fehlt: die äufseren politischen Beziehungen Athens, und
zwar die des 4. Jahrhunderts. Nur die innere Ge-
schichte ist behandelt und das 4. Jahrhundert gänz-
lich ausgeschlossen. Und für welchen praktischen
Staatsmann waren denn die 'wissenschaftlichen Aus-
einandersetzungen des Verfassers mit Herodot, Thuky-
dides, Androtion bestimmt?
ee Endlich hat Nissen auch die Schrift anders, als
H04. 49». bisher geschehen, zu datieren versucht (S. 197 £.);
er setzt sie in die Zeit vom Oktober 324 bis Juli 323.
Er statuiert: die Athener haben nur. probeweise im
Jahre 325/4 sieben Penteren hergestellt (CIA. II 2,
809 d 90), denn dafs die Herstellung nicht fortgesetzt
wurde, weil das Kaliber keinen dauernden Beifall ge-
funden habe, beweise Diod. XVIII 10. Die Stelle wird
nicht ausgeschrieben; es ist aber gut zu wissen, dafs
Diodor hier. nicht eine Angabe über den Bestand des
athenischen Marinearsenals im Jahre 323/2 macht,
sondern erzählt, dafs die Athener in den letzten See-
krieg 40 Tetreren und 200 Trieren hinausschickten,
Dürfte ein Historiker der Zukunft schliefsen: zum
Armeebestand Preufsens gehörten nach amtlicher Quelle
-- 14 --
1868 die Gardes du Corps; in keiner Schlacht des deutsch- Exeurs
französischen Feldzuges wird die Truppe erwähnt, also
ist sie 1870 abgeschafft gewesen? — Es ‘wird die
Paralia und zwar als Tetrere erwähnt 326/5, 323/2;
die Salaminia dagegen ist als Triere vor 325/4 zu
Grunde gegangen und begegnet 322/1 wie ihr Schwester-
schiff als Tetrere'. Zunächst liegt hier ein Versehen
vor, wodurch die ganze Schlufsfolgerung hinfällig wird.
Das Staatsschiff heifst nicht Paralia, sondern Paralos;
so bei Thukydides, Aristophanes, Aristoteles, Philo-
choros; zweitens ist das Schiff eine Triere. Also ist
die Identifikation der Tetrere Paralia mit der Triere
Paralos eine methodische Unmöglichkeit. Die Sala-
minia heifst bei Aristoteles um das Jahr 325 Ammonias,
Ammonias heifst sie um 305 bei Philochoros. Wie
kann man nun diese Überlieferung folgendermafsen ver-
werten? Aristoteles und Philochoros geben allerdings den
Namen der Ammonias statt den der Salaminia, auch war
das Schiff sonst eine Triere, aber in den Seeurkunden
kommt 322/1 eine Tetrere Salaminia vor: diese Teetrere
Salaminia ist mit der sonst in diesem Zeitraum Ammo-
nias genannten Triere identisch. Das ist eine blofse
Behauptung. Und welche anderen Behauptungen sind
für sie notwendig? Erstens der Name des Schiffes hat
zwischen 325 und 305 wieder gewechselt, und zweitens
das Schiff ist als Triere untergegangen und taucht als
Tetrere wieder auf, zwei Behauptungen, die nicht blofs
nicht bewiesen, sondern auch unwahrscheinlich sind.
Die erste Identifikation, die der Paralos, ist unbeweis-
bar, die zweite unbewiesen, die Diodorstelle nicht be-
weisend. Thatsächlichen Halt hat Nissens Datierung
nicht. Denn in dem Syllogismus, welcher die Datie-
rung schliefst, dafs nämlich die Salaminia erst nach
dem Aufrücken des Ammon zum Vater Alexanders den
--Ῥ 10 —
Excurs Namen Ammonias hätte empfangen können, in Wirk-
lichkeit diese Umtaufe wegen des Verhältnisses der
Athener zu Alexander nicht vor der Zeit möglich war
und nur während der Zeit Bestand hatte, wo die
Athener dem Könige göttliche Ehren erwiesen, mithin
die Salaminia nur zwischen dem Oktober 324 und Juli
323 Ammonias geheifsen haben könne — in diesem
Syllogismus, sage ich, enthielte der Untersatz eine
treffende Beobachtung, wenn sie nicht durch den Ober-
satz an Halt verlöre. Denn wo ist der Beweis für den
Obersatz? Auf die Geschichte des Namens der Salaminia-
Ammonias, welche Nissen konstruiert, brauche ich hier-
nach nicht mehr einzugehen.
Neuntes Kapitel.
Das neunte Kapitel ist eines der wichtigsten für
die Charakteristik ‘der 204. 49nv. Was sein eigent-
liches Thema sein soll, ist klar: die Einführung der
Volksgerichte. Man hätte demnach zunächst die An-
gabe der einfachen Thatsache zu erwarten, dafs Solon
die Volksgerichte und die Berufung an sie einsetzte.
Allein Aristoteles fand diese Institution im Urteil der
Athener mit der Ansicht verbunden vor, dafs sie die
volkstümlichste Mafsregel Solons sei, weil im 4. Jahr-
hundert die Souveränität des Volkes in der Recht-
sprechung zum deutlichsten Ausdruck kam. Das hielt
er für unrichtig, dagegen galt es zu kämpfen. Und
so stark ist der polemische Trieb, dafs er den Schrift-
steller die einfachen thatsächlichen Angaben gar nicht
erst machen läfst; vielmehr, ehe er ihn überhaupt zu
— 151 --
den das Thema des Kapitels enthaltenden Worten 9. Kap.
kommen, ehe er das Streitobjekt ihn nennen läfst,
zwingt er ihm schon Kampfesworte in die Feder und
läfst ihn die eigene abweichende Ansicht in den Vorder-
grund stellen: πρῶτον μὲν χαὶ μέγιστον τὸ μὴ
δανείζειν ἐπεὶ τοῖς σώμασιν, ein Urteil, welches im An-
fang des 6. Kapitels begründet war. Einfach registriert
wird τὸ ἐξεῖναι τῷ βουλομένῳ τιμωρεῖν ὑπὲρ τῶν adı-
χουμένων, und nun erst die bekämpfte Ansicht τρίτον
δὲ (w) μάλιστά φασιν ἰσχυχέναι τὸ τελῆϑος, m εἰς τὸ
διχαστήριον ἔφεσις, aber auch hier noch nicht ohne
einen Zusatz, der der Polemik Ausdruck verleiht; denn
der Relativsatz weist mit der Bemerkung, dafs diese
Institution nach allgemeiner Ansicht die demokratischste
aller solonischen sei, ausdrücklich auf des Verfassers in
den Anfang gestellte abweichende Auffassung hin.
Nun würdigt er die Gründe der Gegner ohne jede
Polemik, soweit sie Thatsachen betreffen; aber die un.
historische Auslegung der Thatsachen bekämpft er:
οὐ γὰρ δίχαιον ἐκ τῶν νῦν γινομένων ἀλλ᾽ ἐχ τῆς ἄλλης
πολιτείας ϑεωρεῖν τὴν ἐκείνου βούλησιν, wozu ja die
Parallele aus der Politik (1274 ἃ 11) bekannt ist: φαί-
νεται δὲ οὐ κατὰ τὴν Σόλωνος γενέσϑαι τοῦτο προαί-
ρεσιν (die Überhandnahme des Demos), ἀλλὰ μᾶλλον
ἀπὸ συμπτώματος . . ἐπεὶ Σόλων γε ἔοιχε τὴν ἀναγ-
χαιοτάτην ἀποδιδόναι τῷ δήμῳ δύναμιν χτὲ, (5. oben
S. 120).
Und woher gerade hier die Stärke des polemischen
Triebes? Solon ist für Aristoteles, worauf ich weiter
unten genauer eingehe, ein μέσος, seine Verfassung ist
die eines μέσος, der stets die ueoorrg wahrt, von Ex-
tremen sich fernhält. Gab aber Solon dem Volke die
Gerichtsbarkeit, welche die demokratische Tradition
ihm zuschrieb, dann war er kein μέσος. Die ganze
-- 162 --
9. Kap. solonische Verfassung hatte Aristoteles als die eines
μέσος dargestellt. Bei der Seisachtheia giebt Solon
dem kommunistischen Begehren des Volkes nicht durch
Aufteilung des Landes nach, in der Verteilung der
Staatsrechte enttäuscht er das herrschsüchtige Ver-
langen der Adligen durch die timokratische Ordnung
der Dinge. Er läfst dem Adel Vorrechte, aber giebt
auch dem Volke Rechte. Die Ämterbesetzung gestaltet
Solon nicht aristokratisch-oligarchisch durch das reine
Wahlprineip, auch nicht demokratisch durch blofses
Losen: die Mitte hält er, indem er eine Besetzungs-
art festsetzt, welche Wahl und Los vereinigt. Mit
dem προχρίνειν und dem Losen war die Ämterbesetzung,
wenn auch mit Mafsen, so doch immerhin nach demo-
kratischem Principe ausgestaltet; aber die εὔϑυνα,
welche nach Aristoteles der Areopag hatte, brachte in
das Beamtentum das aristokratische Gegengewicht
hinein. Die demokratische Wahl konnte die Beamten
nicht zu allzu demokratischer Amtsführung bewegen,
denn die εὔϑυνα auf dem Areopag stand ihnen immer
bevor. Aus diesem Zusammenhange erklärt sich die
merkwürdige Angabe, dafs die εὔϑυνα nach der Ord-
nung Solons vor den Areopag gehört habe. Aber alles
dieses sind doch im Grunde Einzelheiten, bei denen
nur ein Mehr oder Weniger an demokratischer Ten-
denz in den gegensätzlichen Darstellungen des Aristo-
teles und der Atthis in Rechnung kommt. Hier, bei der _
Erteilung einer Gerichtsbarkeit, welche nach der Ansicht
der Demokraten die extreme Demokratie hatte fördern
sollen, handelt es sich um die Gesammtauffassung von
Solons Gesetzgebung. Entweder gab Solon die Ge-
richtsverfassung in dieser Absicht, dann war Aristo-
teles’ Auffassung von dem Manne und dem Werke des
Mannes falsch, oder er gab sie nicht mit dieser Ab-
— 13 —
sicht, und die demokratische Tradition ist gerichtet. 9. Kap.
Dafs er aber diese Absicht nicht gehabt haben könne,
ergiebt, so sagt Aristoteles, ein Blick auf die ganze
Verfassung. Man sieht, auf die Darstellung der solo-
nischen Verfassung, wie sie in den ersten Kapiteln
gegeben ist, weist Aristoteles hier zum Beweise ein-
fach hin. Er hat im einzelnen vorgebaut, damit, wo
der Kampf ums Ganze geht, er nur auf das Einzelne
zu verweisen braucht. Überlegen ist zwar die Ab-
fertigung der gegnerischen Ansicht, aber dafs hier
alles auf dem Spiele steht, verrät sich an der Stärke
der Polemik im Eingang und auch im Ausgang. Man
beachte, wie mild und vorsichtig seine ausgesprochene
Polemik in fast stereotypem Ausdrucke da ist, wo es
sich um Differenzen handelt, welche dem blolsen Ur-
teile unterliegen und Ansichtssache sind; so sagt er
(p. 5, 25) οὐ μὴν ἀλλὰ πιϑανώτερος ὃ τῶν δημοτιχῶν
λόγος und (p. 7, 11) οὐ μὴν ἀλλὰ εὐλογώτερον zre. Um
die Achtung vor der Meinung des Anderen, welche
sich in dieser Mäfsigung ausdrückt, richtig zu würdigen,
vergleiche man, welchen Ton er anschlägt, wo es sich
nicht um Ansichten, sondern um beweisbare That-
sachen handelt: p. 19, 18 ὃ λεγόμενος λόγος . . . 00%
ἀληϑής ἐστιν᾽ οὐ γὰρ ἔπεμπον τόζτε) μεϑ'᾽ ὕτελων
und gar 18, 3 διὸ χαὶ φανερῶς ληροῦῖσιν (οἱ) φά-
σχοντες ἐρώμενον εἶναι Πεισίστρατον Σόλωνος, denn da
brauchte man nur die Archontenliste nachzuschlagen.
Auch an unserer Stelle handelt es sich um eine An-
sichtssache, daher Aristoteles wieder ruhig οὐ μὴν
εἰχός sagt; aber die polemische Erregtheit, welche das
ganze Kapitel charakterisiert, tritt an der Begründung
οὐ γὰρ δίκαιον zu Tage; das ist bei allem Ethos,
welches darin liegt, hart gesprochen. Und indem
Aristoteles die Einsetzung der Volksgerichte seitens
-- 184 --
9. Kap: Solons mit ausgesprochener demokratischer Tendenz
leugnet, widerspricht er der allgemein geltenden Ansicht,
dafs Solon mit den Gerichten der demokratischen Ord-
nung die bedeutendste Stütze habe geben wollen. Am
Schlusse des 8. Kapitels hatte er die Mafsregeln an-
geführt, durch welche Solon die neue Verfassung nach
seiner — des Aristoteles — Meinung zu festigen suchte,
die Eisangelie ἐπὶ καταλύσει τοῦ δήμου an den Areopag
und das Gesetz gegen den politischen Indifferentismus.
Das ist sein positiver Nachweis; den negativen, dafs
nämlich die Ansicht, nach welcher Solon mit der Volks-
gerichtsbarkeit seine Verfassung hätte festigen wollen,
falsch sei, erbringt er in diesem Kapitel, indem er
überhaupt das Vorhandensein der Tendenz in dem
Gesetzgeber leugnet, welche allein zu dem Versuch
einer Stützung der Verfassung durch so demokratische
Institutionen hätte führen können. So legt das 9. Ka-
pitel negativ dasselbe dar wie der Schlufs des achten
positiv; dieses bereitet jenes vor. Wie sich also die
Kapitel 6—8 im ganzen zum 9. Kapitel verhalten, so
verhält sich im besonderen der Schlufs des 8. Kapitels
zu dem folgenden. Auf diese Weise wird zugleich der
innere Zusammenhang festgehalten. Es ist eben alles
Absicht, alles Beweis in diesem Abschnitte. Die ganze
Darstellung der: solonischen Verfassung ist ein grofses
Nein, nicht gegenüber der Überlieferung der einzelnen
Thatsachen der solonischen Verfassung, sondern gegen-
über der allgemein geltenden demokratischen Auf-
fassung des Mannes und seines Werkes. Aristoteles
rühmt den Solon nicht weniger als die Demokraten,
aber er sucht und sieht die Bedeutung seiner Gesetz-
gebung in etwas Anderem als diese. Er erblickt in
demselben Manne, in welchem jene den Archegetes der
extrem demokratischen Anschauung des 4. und 5. Jahr-
-- 15 —
hunderts sahen, den Feind alles Extremen; er macht
den Begründer und Helfer der extremen Demokratie
zu ihrem Feinde. Durch die ganze Darstellung der
solonischen Verfassung zieht sich dieser Gegensatz, und
das neunte Kapitel steht im Brennpunkte des Streites.
So ist es das wichtigste aller Kapitel, welche wir hier
betrachten, ja es ist vielleicht eines der wichtigsten
der ganzen σπτολιτεία AInvaiwv überhaupt.
Aristoteles führt die Gründe der Gegner für die
wachsende Macht der Gerichte an; sie finden sich
auch bei Plutarch (Kap. 18): ὃ (sc. τὸ δικάζειν) κατ᾽
ἀρχὰς μὲν οὐδὲν, Toregov δὲ παμμέγεϑες ἐφάνη" τὰ
γὰρ πλεῖστα τῶν διαφόρων ἐνέπιπτεν εἰς τοὺς διχα-
στάς. Die Thatsache, ἀδίβ zu Solons Zeit die Ge-
richtsbarkeit des Volkes noch keinen bedeutenden Ein-
flufs im Staatsleben ausübte, ist auch hier anerkannt;
aber das ganze Plutarchkapitel zeigt, dafs sein Ver-
fasser oder dessen Quelle die spätere Entwicklung der
Volksgerichte sich als von Solon beabsichtigt dachten; es
fehlt also gerade das wesentlich Aristotelische, der Satz,
dals diese Entwicklung infolge historischer Zufällig-
keiten sich so, wie sie es gethan, gestaltet habe. Mit-
hin kann Aristoteles hier nicht vorliegen. Das wird
sich auch aus dem Folgenden ergeben. — Plutarch:
καὶ γὰρ ὅσα ταῖς ἀρχαῖς ἔταξε χρίνειν, ὁμοίως καὶ
περὶ ἐχείνων εἰς τὸ διχαστήριον ἐφέσεις ἔδωχε τοῖς
βουλομένοις : philosophischer bei Aristoteles: χύρεος γὰρ
ὧν ὃ δῆμος τῆς ψήφου κύριος γίνεται τῆς πολιτείας.
Es folgt nun auch bei Plutarch der Topos über die be-
absichtigte Unklarheit der solonischen Gesetze. Dafür
der Beleg: ᾿Επισημαίνεται δ᾽ αὐτὸς αὑτῷ τὴν ἀξίωσιν
οὕτως" Δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον χράτος ὅσσον ἐπταρ-
κεῖ χτὲ. Ἔτι μέντοι καὶ μᾶλλον οἰόμενος δεῖν Errag-
χεῖν τῇ τῶν πολλῶν ἀσϑενείᾳ, παντὶ λαβεῖν δίκην
9. Kap.
und Plut,
Sol. 18.
— 16 —
9. Kap. ὑπτὲρ τοῦ χαχῶς rercovdöorog ἔδωχε. Aristoteles führt
die Verse “ήμῳ μὲν γὰρ «re. ebenfalls an, aber nicht
als Beleg für die Bevorzugung des Volkes durch Solon,
sondern dafür, dafs Solon, wie er sagt, ἀμφοτέροις
ἠναντιώϑη Aal... εἵλετο 77008 ἀμφοτέρους ἀπεχϑέ-
σϑαι. Und niemand wird leugnen, dafs Aristoteles
die Verse richtig verstanden und gebraucht hat, Mifs-
brauch mit ihnen bei Plutarch getrieben ist. Allein
wie konnte der Mifsbrauch möglich sein? Weil man
den ersten Vers anders las, als wir ihn im Aristoteles
jesen. Dieser giebt δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωκα τόσον γέρας
ὅσσον Erragfrei), Plut. δήμῳ μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον
χράτος ὅσσον ἑπαρχεῖ. Er will dabei, wie das sich
daran anschliefsende ἔτι μᾶλλον οἰόμενος δεῖν Errag-
xelv τῇ τῶν πολλῶν ἀσϑενείᾳ zeigt, ἐπταρχεῖ als “helfen,
schützen’ verstanden wissen; da er nun statt γέρας das
starke zoarog liest, so ergiebt sich der Sinn für die
erste Zeile: “dem Volke habe ich eine solche Macht
gegeben, dals sie es schützt.’ Wem nun die übrigen
Verse gleichgiltig waren, der konnte die 3 Distichen in
der That als Beleg in der Weise verwenden, wie es
bei Plutarch geschehen ist. Das wichtigste Ergebnis
dieser Beobachtung ist, dafs Hermippos, den man ja hier
gerade einfach für Plutarch einsetzen darf!), an dieser
Stelle nicht die sr04. AYrv. benutzt haben kann; das
beweist die verschiedene Verwendung des Epigrammes
und vor allem der Umstand, dafs diese verschiedene
Verwendung auf einem verschiedenen Texte beruht.
Nun besteht aber zwischen Aristoteles und Hermippos
an dieser Stelle zugleich eine mehr als zufällige Über-
einstimmung; andererseits können Aristoteles und Her-
mippos die Solonverse nicht aus derselben Quelle
1) Begemann a. a. Ὁ. S. 20.
— Bi —
haben. Aristoteles schöpfte aus den Gedichten selbst,
auch Hermippos wird sie selbst benutzt haben; aber
auch in der ihnen beiden gemeinsamen Quelle, der
Atthis, sind sie vorauszusetzen. Da Hermippos die
Verse im Sinne einer demokratischen Auffassung ver-
wendet, wird man annehmen, dals er, wie das auch
zu erwarten ist, die Quelle genauer ausschrieb, Aristo-
teles diese Quelle berücksichtigte, zum Teil ihre
Worte gebrauchte, aber sein eigenes Urteil sowohl den
Thatsachen wie den Belegen gegenüber sich wahrte,
Ich möchte noch, wie auch vorher, um den Gegen-
satz zwischen den von Hermippos benutzten Quellen
und Aristoteles zu illustrieren, Isokrates’ Areopagitikos
heranziehen. Es heilst darin: ($ 39) τὴν δὴ τοιαύτην
(se, βουλήν, Areopag) . .. . zuglav ἐποίησαν E£rruuekei-
σϑαι τῆς εὐταξίας, ἢ (sc. βουλὴ) τοὺς μὲν olouevors
ἐνταῦϑα (44) βελτίστους ἄνδρας γίγνεσθαι, rag οἷς
(wo?) οἱ νόμοι μετὰ πλείστης ἀκριβείας χείμενοι
τυγχάνουσιν, ἀγνοεῖν (“desipere’) ἐνόμιζεν... (δ 40) ἐπεὶ
τά γε τιλήϑη χαὶ τὰς ἀχριβείας τῶν νόμων σημεῖον εἶναι
τοῦ χαχῶς οἰκεῖσϑαι τὴν πόλιν ταύτην... (δ 41) τοὺς δὲ
χαλῶς πεπαιδευμένους χαὶ τοῖς ἁπλῶς χειμένοις
ἐθελήσειν ἐμμένειν. Diese Worte, welche auf die ver-
meintliche solonische Verfassung gehen, werden jetzt
klar in ihrer Tendenz verstanden. Die darin stehende
Behauptung, dals die ἀχρίβεια τῶν νόμων, welche eben
den solonischen Gesetzen fehlte, nicht nötig sei, ergiebt
sich als eine Verteidigung des demokratischen Satzes
ἐτείτη δες ἀσαφεῖς αὐτὸν ποιῆσαι τοὺς νόμους, aller-
dings eine Verteidigung des ἐσείτη δες in anderem Sinne
als dem der Demokraten. Die Thatsache der ἀσάφεια
der solonischen Gesetze war allgemein anerkannt und
fiel für den Philosophen unter das allgemeine
9, Kap.
und
Isokr,
VII 39 ft.
9. Kap.
Ἐς9. 1.4;
— WW --
Axiom'!), dals ein Gesetz überhaupt nicht für alles Bestim-
mungen treffen könne. Von allgemeinerem Gesichtspunkt
aus erklärt also Aristoteles die Mängel der solonischen
Gesetze: Solon war es unmöglich, alles genau durch
Gesetze zu regeln, weil dies überhaupt unmöglich ist.
Die Atthis kehrte jene Mängel zur Glorie des demo-
kratischen Heros: die ἀσάφεια war beabsichtigt von
Solon, örrwg zregi τῆς χρίσεωϊς 6 δῆμος ἢ κ]ύριος ),
wozu der Satz κύριος γὰρ ὧν ὃ δῆμος τῆς ψήφου κύ-
ριος γίνεται τῆς σπτολιτείας den Syllogismus schliefst.
Und Isokrates? Auch nach ihm lag die ἀσάφεια in
der Absicht des Gesetzgebers, und auch die auf Solon
folgenden Generationen hiefsen diese ἀσάφεια gut.
Aber der Solon des Isokrates und die Geschlechter,
welche nach der Darstellung des Redners gleichen
Geistes mit dem alten Gesetzgeber waren, konnten bei
der Zulassung und Belassung der ἀσάφεια unmöglich
die Absicht gehabt haben, welche die demokratische
1) Z.B. PlatoPolitikos 1294 a ὅτε νόμος οὐκ ἄν ποτε δύναιτο
τό TE ἄριστοι: χαὶ τὸ δικαιότατον ἀκριβῶς πᾶσιν ἅμα περιλα-
βὼν τὸ βέλτιστον ἐπιτάττειν (vgl. πολ. ᾿4ϑην. p. 9, 9 διὰ
τὸ μὴ δύνασϑαε χαϑόλου περιλαβεῖν τὸ βέλτιστον). ei
γὰρ ἀνομοιότητες τῶν τε ἀνϑρώπων χαὶ τῶν πράξεων χαὶ τὸ μη-
δέχοτε μηδὲν ὡς ἔπος εἰπεῖν ἡσυχίαν ἄγειν τῶν ἀνϑρωπίνων
οὐδὲν ἐῶσιν ἁπλοῦν ἐν οὐδενὶ περὶ ἁπάντων χαὶ ἐπὶ πάντα τὸν
χοόνον ἀποφαίνεσϑαι τέχνην οὐδ᾽ ἡντινοῦν. Aristoteles selbst
Polit. 1282 Ὁ 4, wo von den Beamten die Rede ist: περὶ τούτων
εἶναι χυρίους περὶ ὅσων ἐξαδυνατοῦσεν οὗ νόμοι λέγειν
ἀκριβῶς διὰ τὸ μὴ ὅάδιον εἶναι χαϑόλου διορίσαι περὶ πάν-
των vgl. 1287 b 17: die Beamten müssen das χρένειν haben, περὶ
ὧν ὃ νόμος ἀδυνατεῖ διορίζειν x... τὰ μὲν ἐνδέχεται περι-
ληφϑῆναι τοῖς νόμοις, τὰ δὲ ἀδύνατα κτέ. vgl. 1286 ἃ 24, Ethik
1157} 27 ΞΕ, Rhet. 1374 a 28 ff.
2) Das Paläographische zu der Lesung 8. ὁ. S. 9 z. ἃ. St.;
für den Ausdruck vgl. die in der vorhergehenden Anm. eitierte
Stelle: περὶ τούτων εἶναι κυρίους (Pol. 1282 b 4).
-- 19 --
Auffassung der ἀσάφεια unterschob; denn damit würde
sich der Zweck der ganzen Schrift nicht vertragen.
Sein Solon kann dem Volke nicht die Macht gegeben
haben, welche zu der Verwilderung führte, die gerade
im Areopagitikos bekämpft und der die solonische Ver-
fassung als wieder zu erstrebendes Paradies vorgehalten
wird. Er konnte aber auch die aristotelische, philo-
sophische Auffassung nicht annehmen, weil er damit
dem Urheber der gepriesenen Verfassung einen Mangel
hätte anhängen müssen, den seine idealisierende Dar-
stellung nicht vertrug, und welche in. seine Beweis-
führung nicht pafste. So durfte die ἀσάφεια nicht ab-
sichtslos sein, sie durfte aber auch nicht mit der Ab-
sicht belassen sein, welche die demokratische Tradition
annahm. Wie hilft er sich? Er greift zu dem so häu-
figen Mittel sophistischer Beweisführung, zum utopisti-
schen Ethos, und erklärt den Mangel der Schärfe der
solonischen Gesetze mit dem Gemeinplatz, dafs nach
der Auffassung der Altvorderen die in Stein ge-
schriebenen Gesetze keinen Wert gehabt hätten; das
Volk sollte nach dem Willen der Vorfahren zur σω-
φροσύνη erzogen werden, so dafs die Gesetze in seinem
Herzen geschrieben stünden: die Erziehung des Volkes
aber gaben sie — und hier liegt der Kern der Schrift!) —
dem Areopag in die Hände: οὐχ 24 τούτων (den Ge-
1) Dümmler ἃ. ἃ. Ὁ. (s. ο. $. 78, Anm. 1) 5. 16 hat gemeint,
dies sei der richtigste Gedanke des Areopagitikos, und den
habe Isokrates auch noch aus Platons Staat gestohlen (IV 425,
namentlich b οὔτε γάρ που γίγνεται οὔτ᾽ ἄν μείνειεν, λόγῳ τε
χαὶ γράμμασι τομοϑετηϑέντα; Gegensatz ist ἐκ παιδείας). Ob
der Gedanke der richtigste ist, darüber will ich hier nicht
rechten; aber dafs er nicht aus Platons Staat stammt, das
verdient betont zu werden. Isokrates hat ihn schon im Pane-
gyrikos ($ 78) in anderer Wendung τοὺς νόμους ἐσχόπουν, ὅπως
9. Kap.
p. 9, 7 %
᾽
-- 160 --
9. Kap. setzen) τὴν ἐπίδοσιν εἶναι τῆς ἀρετῆς ἀλλ᾽ ἐχ τῶν χαϑ᾽
θν 9. 71
ἀχριβῶς καὶ καλῶς ἕξουσιν, οὐχ οὕτω τοὺς περὶ τῶν ᾿δέων
συμβολαίων ὡς τοὺς περὶ τῶν za# ἑκάστην τὴν ἡμέ-
ραν ἐπιτηδευμάτων" ἠπίσταντο γάρ, ὅτε τοῖς καλοῖς κάἀ-
γαϑοῖς τῶν ἀνθρώπων οὐδὲν δεήσει πολλῶν γραμμά-
των, ἀλλ᾽ ἀπ᾽ ὀλίγων συνϑημάτων δᾳδέως καὶ περὶ τῶν ἰδίων
χαὶ περὶ τῶν χοινῶν ὁμονοήσουσιν; ebenso kehrt er in der Parallel-
darstellung des Panathenaikos (s. o. S. 86 ff.) zum Areopagi-
tikos wieder, $ 144. Vgl. Platoa. a. 0.425 e τί δέ... τὰ ayo-
ραῖα ξυμβολαίων TE πέρι zar’ ἀγορὰν ἕχαστοι ἃ πρὸς ἀλλή-
λόυς Euußailovow ..... τούτων τολμήσομέν τι νομοϑετεῖν.
ἀλλ᾽ οὐκ ἄξιον... ἀνδράσι χαλοῖς κἀγαϑοῖς ἐπιτάττειν;
τὰ πολλὰ γὰρ αὐτῶν, ὅσα δεῖ νομοϑετήσασϑαι, δᾳ δίως που εὑ-
ρήσουσιν. Die Übereinstimmung ist so grofs, dafs man, falls
der Panegyrikos spät genug fiele, in der That auf Abhängig-
keit des Isokrates schliefsen würde. So bleibt nichts übrig,
als anzunehmen, dafs der Gedanke, wie ich ihn im Texte auch
bezeichnet habe, ein philosophischer Topos war. Denn von
Isokrates selbst stammt er sicher nicht. Woher dieser ihn
aber hat, ist mir nicht klar. Isokrates pflügt auch im Ausdrucke
mit fremdem Kalbe: die Gesetze ἐμφράγματα τῶν ἁμαρτημάτων
zu nennen, ging über sein Können oder wenigstens gegen seine
zimperliche Ausdrucksweise. Dasselbe Bild Lyk. Leokr. 124: ἁπά-
σας τὰς ὁδοὺς τῶν ἀδικημάτων ἐνέφραξαν, was in Bezug aufdas
Psephisma des Demophantos gesagt ist. Der Ausdruck ist lange
nicht so kühn wie derbeilsokrates. Andirekte Nachahmung des
Areopag. seitens des Lykurgos vermag ich nicht zu glauben; das
Bild wird älterer Prägung sein. Der Ausdruck klingt fast an die
Tragödie an; doch giebt es noch eine andere Möglichkeit. Bei
Stob. Flor. 43, 95 (11 103M.) steht ein Fragment aus der Schrift
περὶ ὁσιότητος des sonst nicht bekannten Diotogenes (Zeller,
Phi. ἃ. Gr., II 2°, 100, Anm. No. 12), welches beginnt: zws
δὲ νόμως οὐκ ἐν οἰκήμασι καὶ ϑυρώμασεν ἐνῆμεν dei,
ἀλλ᾽ ἐν τοῖς ἠἡϑέεσι τῶν πολιτευομένων. τίς ὧν ἀρχὰ πολι-
τείας ἁπάσας; νέων τροφά. Ebenda 43, 134 heifst es aus einer
dem Archytas fälschlich beigelegten Schrift (Zeller a. a. ©. S. 106)
περὶ νόμου χαὶ διχαιοσύνης (II 139, 21 M.): iv νόμον ὧν ἐν
τοῖς ἄϑεσι (ich belasse den Dialekt, wie er bei Meineke steht,
denn für die künstliche Doris fehlt mir das Regulativ) χαὶ
τοῖς ἐπιταδεύμασι τῶν πολιτὰν ἐγχρῴζεσθαι δεῖ und direkt im
Wortlaut mit Diotogenes übereinstimmend (II 138, 19 ff.), so
Te
« , β, ᾿ ς , > ὃ ΄ 2 x x Ai x
EAAOTIV τὴν ἡμέραν EITITNOEUURTWV' τοὺς γὰρ 7rokkovg
dafs auf einer Seite ein Plagiat vorliegt, dei τὸν νόμον...
μὴ ἐν οἰχήμασι χαὶ ϑυρώμασιν ἐνῆμεν ἀλλ᾽ ἐν τοῖς ἄϑεσι τῶν πολι-
τευομένων. οὐδὲ γὰρ ἐν “αχεδαίμονε τῷ εὐνομωτάτᾳ πλάϑει
γραμμάτων & πόλις διοικεῖται, πολὺ δὲ μᾶλλον τοῖς τρόποις τῶν
πολιτευομένων. Die Stelle erinnert stark an Isokrates’ τὰ
πλήϑη... τῶν νόμων τὰς στοὰς ἐμπιμπλάνειν γραμμάτων ..-
τοῖς ψηφίσμασιν ἀλλὰ τοῖς ἤϑεσιν χαλῶς οἰκεῖσθαι χτέὲ., 5. ἃ. Text.
Dafs die Pythagoreer am Ende der christlichen Zeitrechnung
den Areopagitikos nicht ausgeschrieben haben, wird man ohne
weiteres zugeben. Nun ist dieser Gemeinplatz bei den Py-
thagoreern und bei Platon mit der Jugenderziehung verknüpft;
bei Isokrates erscheint er zunächst nicht bei der Erziehung
der Jugend, sondern der der ganzen Bürgerschaft zur owgpoo-
σύνη, unmittelbar darauf aber geht auch Isokrates auf die
Jugenderziehung über, so dafs man deutlich sieht, er hat den
Gedanken in demselben Zusammenhange vorgefunden, wie er
bei Platon und Diotogenes erscheint. Gerade so Aristoteles,
wie sich das versteht, am Schlusse der Ethik (X 1179b 31): ἐκ
νέου δ᾽ ἀγωγῆς ὀρϑὴς τυχεῖν πρὸς ἀρετὴν χαλεπὸν un ὑπὸ τοιού-
τοις τραφέντα νόμοις... διὸ νόμοις δεῖ τετάχϑαι τὴν τροφὴν
zei τὰ ἐπιτηδεύματα... καὶ ἀνδρωϑέντας δεῖ ἐπιτηδεύειν αὐτὰ
καὶ ἐθίζεσθαι... εἰ δ᾽ οὖν... τὸν ἐσόμενον ἀγαϑὸν τραφῆναι
χαλῶς δεῖ χαὶ ἐϑισϑῆναι, εἶϑ'᾽ οὕτως ἐν ἐπιτηδεύμασιν ἐπιεικέσι
ζῆν χαὶ μήτ᾽ ἄκοντα un ἑχόντα πράττειν τὰ φαῦλα, ταῦτα δὲ
γίνοιτ᾽ ἂν βιουμένοις χατά τινα νοῦν χαὶ τάξιν ὀρϑήν, ἔχουσαν
ἰσχύν... ἐν μόνῃ δὲ τῇ Auzedaıuoviov πόλει μετ᾽ ὀλίγων ὁ
νομοθέτης ἐπιμέλειαν δοχεῖ πετοιῆσϑαι τροφῆς TE χαὶ ἐπυτη-
δευμάτων. Im Folgenden führt Aristoteles noch aus, dafs die
so erziehenden Gesetze γεγραμμένοι oder ἄγραφοι sein könnten;
darauf käme es nicht an (ἃ. h. ἐν ἤϑεσιν). Es ist erklärlich,
aber auch bemerkenswert, dafs wie bei Pseudo-Archytas so
hier die Gesetzgebung des Lykurgos als Beispiel angeführt
wird. In dem 8. 130 f. berührten Abschnitt der Politik heifst es
im Zusammenhang mit der Verfassung des Lykurgos von dem
Gesetzgeber zov(re) νομοϑέτην ἐμποιεῖν δεῖ ταῦτα ταῖς ψυ-
χαῖς τῶν ἀνθρώπων (1333 b 37). Namentlich an der Aristoteles-
stelle erkennt man, dafs auch Xenophon, memor. IV 4, 15, in
K eil, Aristoteles. 11
9. Kap.
44 > EFT A» ὙΥ
— 12 —
9. Kap. ὁμοίους τοῖς ἤϑεσιν Arroßaiveıv, ἐν οἷς ἂν ἕχαστοι sraı-
δευϑῶσιν. ἐπεὶ τά γε ττλήϑη χαὶ τὰς ἀχριβείας τῶν
νόμων σημεῖον Eivaı τοῦ χαχῶς οἰχεῖσϑαι τὴν πόλιν
ταύτην... δεῖν δὲ τοὺς ὀρϑῶς πολιτευομένους οὐ τὰς
στοὰς ἐμπιμτλάναι γραμμάτων, ἀλλ᾽ ἐν ταῖς ψυχαῖς
ἔχειν τὸ δίχαιον" οὐ γὰρ τοῖς ψηφίσμασιν ἀλλὰ τοῖς
ἴϑεσιν χαλῶς οἰχεῖσϑαι τὰς πόλεις, καὶ τοὺς μὲν χα-
diesen Zusammenhang gehören : “Ζυχοῦργον δὲ τὸν Aazedaıuo-
viov . . . χαταμεμάϑηχας, ὅτε οὐδὲν ἂν διάφορον τῶν ἄλλων
πόλεων τὴν Σπάρτην ἐποίησεν, εἰ μὴ τὸ πείϑεσϑαι τοῖς νόμοις
μάλιστα ἐνειργάσατο αὐτῆ. Was er ἐνειργάσατο, ist ἐν ἤϑεσιν.
Um den Kreis zu vollenden, mufs ich noch eine Stelle aus-
schreiben. Plut. Lyk. 13: νύμους δὲ γεγραμμένους ὁ Avxoüg-
γος οὐκ ἔϑηχεν, ἀλλὰ μία τῶν χαλουμένων ῥητρῶν ἐστὶν αὕτη.
τὰ μὲν γὰρ χυριώτατα χαὶ μέγιστα πρὸς εὐδαιμονίαν πόλεως
χαὶ ἀρετὴν ἐν τοῖς ἤϑεσιεν ᾧετο zwi ταῖς ἀγωγαῖς τῶν πολιτῶν
ἐγκατεστοιχειωμένα μένειν ἀκίνητα καὶ βέβαια. ἔχοντα τὴν
προαίρεσιν δεσμὸν ἰσχυρότερον τῆς ἀνάγκης, ἣν ἡ παέδευσις
ἐμποιεῖ τοὶς νέοες νομοϑέτου διάϑεσιν ἀπεργαζομένη περὶ
ἕχαστον αὐτῶν. τὰ δὲ μιχρὰ χαὶ χρηματιχὰ συμβόλαεα zei
μεταπίπτοντα ταῖς χρείαις ἄλλοτε ἄλλως βέλτιον nv μὴ χατα-
λαμβάνειν ἐγγράφοις ἀνύγκαις μηδὲ ἀχινήτοις ἔϑεσιν,
ἀλλ᾽ ἐὰν ἐπὶ τῶν καιρῶν προσϑέσεις λαμβάνοντα καὶ ἄφραι-
ρέσεις, as ἂν οἵ πεπαιδευμένοι δοχιμάσωσι (vgl. Isokr. IV 78).
τὸ γὰρ ὅλον χαὶ πᾶν τῆς νομοϑεσίας ἔργον εἰς τὴν παιδείαν
ἀνῆψε. Es ist mir aus dem Zusammenhange aller dieser Stellen
sicher, dafs der von Isokrates benutzte Gedanke aus social-
politischen Erörterungen — mündlichen wie schriftlichen —
stammt, welche um das Jahr 400 oder früher die Philosophie
oder Sophistik über die Erziehung zum Staatsbürger anstellte;
in ihnen war die spartanische Verfassung typisches Beispiel.
Es ist bezeichnend für den Rhetor Isokrates, wie er aus diesem
antiathenischen Gedankenkreise das Motiv der Erziehung durch
und für den Staat auf die athenischen Verhältnisse überträgt.
Manche Merkwürdigkeit seiner Ausführungen, namentlich die
Unklarheit, wie er sich die Erziehung denkt, wird hierdurch
verständlich.
— 18 —
χῶς τεϑραμμένους χαὶ τοὺς ἀχριβῶς τῶν νόμων avaye- 9. Kap.
γραμμένους τολμήσειν sragaßaiveıv, τοὺς δὲ καλῶς πε-
παιδευμένους χαὶ τοῖς ἁπλῶς χειμένοις ἐθελήσειν ἐμμέ-
veıv ($ 40 ff.),. Man sieht, es ist das ein Versuch, sich
mit der Thatsache der ἀσάφεια der solonischen Ge-
setze abzufinden. So machen der Philosoph und der
Rhetor, jeder von seinem Standpunkte aus, Front
gegen die demokratische Tradition der Atthiden.
Zehntes Kapitel.
Mit den Worten διατάξας δὲ τὴν :τολιτείαν Ὅνττερ
εἴρηται τρόπον schliefst sich das 11. Kapitel unmittel-
bar an p. 6, 16 διέταξε τὴν “τολιτείαν τόνδε {τὸνν
τρότστον an, so dals man anzunehmen geneigt sein könnte,
das zehnte Kapitel gehöre auch noch zur Darstellung
der πολιτεία: allein der Schein trügt. Zwei Aufgaben
hat Solon nach Aristoteles, die Hebung des socialen
Notstandes und die Einführung einer neuen Verfassung;
dafs und wie diese beiden Aufgaben gelöst wurden,
ist in den vorhergehenden Kapiteln erzählt; was Solon
sonst noch that, kann nur als sr&geeyov berichtet werden.
Dem entspricht der Inhalt des zehnten Kapitels. Er be-
steht aus einer nachträglichen chronologischen Bemer-
kung über die Abfolge der solonischen Mafsregeln mit der
schon besprochenen (ὃ. 45 f.) Pointe gegen des Androtion
Auffassung der Seisachtheia als einer Zinsermälsigung
nebst Münzreform. Die hierbei nötige Erwähnung
der solonischen Münz- und Malsreform veranlafst den
Schriftsteller, eine kurze erläuternde Bemerkung über
diese Reform anhangsweise beizugeben (ἐσ ἐχείνου γὰρ
11*
10. Kap.
und Plut.
Sol. 15.
164
ἐγένετο). Die Form der nebensächlichen Behandlung
der solonischen Münz- und Mafsordnung ist an sich
eine Polemik gegen die Bedeutung, welche Androtion
ihr in seiner Darstellung der solonischen Verfassung
eingeräumt hatte. Aristoteles hält sie für keine poli-
tische Mafsnahme, gesteht ihr keinen Zusammenhang
mit der σεολιτδία zu. Dafs sie keinen gehabt habe,
will er durch die Angaben über sie selbst darlegen.
Um dies zu verstehen, müssen wir den Parallelbericht
des Plutarch heranziehen, welcher, wie ausdrücklich
von diesem bezeugt wird, aus Androtion geflossen ist.
Aristot. Kap. 10.
ποιήσας. .. τήν TE τῶν
μέτρων χαὶ σταϑμῶν
καὶ τὴν τοῦ νομίσμα -
τος αὔξησιν. ἐπ᾽ ἐκεί-
γου γὰρ ἐγένετο καὶ τὰ
μέτρα μείζω τῶν Φειδω-
velwv, χαὶ ἢ μνᾷ πρότερον
[ξλχο]υσα παρ᾽ ἐ[λί]γον
ἑβδομήκοντα δραχμὰς ἀνε-
πληρώϑη ταῖς ἑχατόν. ἣν
δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ δί-
δραχμον. Ercoinoe δὲ καὶ
σταϑμὰ πρὸς τ[ὸ ν]όμισμα
τ[ο]εῖς χαὶ ξξήχοντα μνᾶς
τὸ τάλαντον ἀγούίσας, χαὶ
ἐπτειδιενεμήϑησαν [αἱ] μναῖ
τῷ στατῆρι χαὶ τοῖς ἄλλοις
σταϑμοῖς.
Plut. Sol. 15.
. . τὴν ἅμα τούτῳ γενομέ-
νην τῶν τὲ μέτρων ἐπ-
αὐξησιν χαὶ τοῦ νομί-
σματος τιμήν. Ἕκχα-
τὸν γὰρ ἐποίησε δραχ-
μῶν τὴν μνᾶν πρότε-
ρον ἑβδομήχοντα καὶ
τριῶν οὖσαν, ὥστ᾽
ἀριϑμῷ μὲν ἴσον, δυνάμει
δ᾽ ἔλαττον ἀποδιδόντων,
ὠφελεῖσϑαι μὲν τοὺς ἐχτί-
γοντας μεγάλα, μηδὲν δὲ
βλάτττεσϑαι τοὺς χομιζο-
μένους.
Die Verwandtschaft beider Berichte ist so in die
Augen springend, dals sie keiner weiteren Erörterung
bedarf; die Differenzen erfordern sie-um so mehr.
Der
--- 1605 --
wichtigste Unterschied ist der, dafs Androtion nur von 10. Kap.
μέτρα und νόμισμα spricht, Aristoteles von σταϑμά,
μέτρα und νόμισμα, und dafs hierbei Androtion für
die μέτρα eine ἐπαύξησις berichtet, für das νόμισμα
eine τιμή, Aristoteles dagegen für alle drei gleichmäfsig
eine αὔξησις. Die weiteren Ausführungen beider
Autoren stehen mit dieser generellen Angabe in Über-
einstimmung. Androtion läfst die μέτρα beiseite, weil
es ihm für seine Würdigung der Seisachtheia allein
auf die Münze ankommt; wie er die ἐπαΐίξησις τῶν
μέτρων verstand, bleibt also dahingestellt. Sein Aus-
druck “rıuy? ist sehr korrekt. Solon führte eine andere
“Wertung? ein, die in der Reduktion des Fufses be-
stand, was wieder gut mit den Worten ἀριϑμῷ μὲν
ἴσον, δυνάμει δ᾽ ἔλαττον ausgedrückt ist. Aristoteles
läfst die αὔξησις auch des Geldes eintreten und be-
richtet konsequenterweise: ‘die Mine, welche früher mit
Aufserachtlassung einer kleinen Differenz 70 Drachmen
wog, wurde durch die jetzt übliche Zahl (ταῖς) von
100 Drachmen voll gemacht.” Aristoteles also denkt
sich die Mine um ca. 30°/o vergröfsert. Natürlich kann
seine Meinung nicht die gewesen sein, dafs einmal die
Mine ca. 70 Drachmen gehabt habe; er glaubte viel-
mehr, dafs 100 alte Drachmen ca. 70 Drachmen des
neuen Kurses entsprachen. Er berichtet also just das
Gegenteil vom Androtion. Ich nehme gleich seine An- p. 9, 20 £.
gaben über die Veränderung der Gewichte hinzu.
ἐποίησε δὲ χαὶ (ra) σταϑμὰ πρὸς τὸ v]ouıoue,
d.h.in demselben Verhältnis wie 445 6 6143),
!) Diese für das Verständnis der Zahlenangaben des Ari-
stoteles wichtigsten Worte werden von den Erklärern der Stelle
mit Stillsechweigen übergangen. Da die Deutungen hierdurch
irrig werden mufsten, halte ich mich einer Polemik für über-
hoben.
Ρ.
9,
of.
— 16 —
10. Kayı wurde das Gewicht umgestaltet; den Artikel (za@) halte
ich wegen Z. 16 für nötig. Geht man nun von der
von Aristoteles selbst gegebenen Voraussetzung aus,
dals Geld und Gewicht in das gleiche Verhältnis zu
einander gesetzt wurden, so bleiben die folgenden
Worte (ἐποίησε)... τ[ο]εῖς καὶ ξξήχοντα μνᾶς τὸ τά-
λαντον ἀγοΐίσας unverständlich; denn an sich sind sie
kaum zu konstruieren; giebt man ihnen aber supplie-
b . . . 2
rend einen Sinn, so kann man nur eine αὔξησις des
alten Talentes auf 63 Minen verstehen; d. h. das alte
Talent stand zum neuen wie 60:63; beim Gelde aber
war das Verhältnis wie c. 70 : 100: wo bleibt da die
Übereinstimmung mit der Angabe ἐποίησε δὲ χαὶ (τὰν
σταϑμὰ πρὸς τὸ νόμισμα Es liegt also hier eine
Textesverderbnis vor. An den überlieferten Worten
herumzukurieren ist aussichtslos; ich stelle die Dia-
gnose auf Wortausfall.e. Axiom mufs die Gleichheit der
Behandlung des Geld- und Gewichtsfufses sein. Das
neue Talent hat 60 Minen; also ergiebt sich die Glei-
chung 100: 70=60:x —= 42. Nun ist das Ver-
hältnis 100 : 70 ein ungenaues (παρ᾽ ὀλίγον), und ist,
da Aristoteles’ Angabe sich zu der des Androtion ein-
fach umgekehrt verhält, zu vergröfsern. Man rechne:
100 2,71 =! 60. εἷς 42,65. 200 STB ee
x — 43, 2. Ich vermute nun, dals die Worte τρεῖς
χαὶ in Verbindung mit diesem letzten Verhältnis zu
bringen und der Rest oder richtiger der Anfang der
Zahl τρεῖς καὶ {τετταράχοντα δ sind. Dann erhält man
die Gleichung 100 : x = 60 : 43; x—171, 66. Die
Differenz von 1, 66 ist unter dem παρ᾽ ὀλίγον zu ver-
stehen. Ich halte also eine Herstellung des Satzes wie
ἐποίησε δὲ χαὶ (τὰ) σταϑμὰ πρὸς T[o] νόμισμα, ı[o]eis
καὶ {τετταράχοντα ἐπταυξήσας εἰς Tag) ξξήχοντα μνᾶς
— 197 —
τὸ τάλαντον @yovoag sachlich für nicht unwahrschein-
lich; für sicher halte ich, dals hier eine Lücke im
Texte ist!), und dafs diese Lücke durch die Gleich-
förmigkeit zweier nahe bei einander stehender Zahl-
wörter herbeigeführt wurde. — Zu dem Gebrauche
von χαραχτήρ in den Worten ἦν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ
δίδραχμον vgl. Polit. 1257 ἃ 8ὅ πρὸς τὰς ἀλλαγὰς τοι-
οὗτόν τι συνέϑεντο πρὸς σφᾶς αὐτοὺς διδόναι χαὶ λαμ-
βάνειν, ὃ τῶν χρησίμων αὐτὸ ὃν εἶχε τὴν χρείαν εὐμε-
ταχείριστον τιρὸς τὸ ζῆν... τὸ μὲν πρῶτον ἁτελῶς ögL-
σϑὲν μεγέϑει καὶ σταϑμῷ, τὸ δὲ τελευταῖον χαὶ χαρα-
χτῆρα ἐτειβαλόντων, ἵν᾿ ἀπολύσῃ τῆς μετρήσεως αὐτούς"
ὃ γὰρ χαραχτὴρ ἐτέϑη τοῦ ποσοῦ σημεῖον. Ob man sagen
kann ὁ χαραχτήρ ἐστι dideay uov,istmirfraglich; Sprache
und Gedanke verlangen ἦν δ᾽ ὃ ἀρχαῖος χαραχτὴρ διδράχ-
μου. Auch gewinnt für mich die Stelle dann in ihrer
polemischen Natur an Deutlichkeit; denn sie soll die
von Pollux IX 60 überlieferte Tradition τὸ παλαιὸν
δὲ τοῦτ᾽ ἦν (sc. δίδραχμον) .41ϑηναίοις νόμισμα, καὶ
ἐχαλεῖτο βοῦς, ὅτι βοῦν εἶχεν ἐντετυτεωμέν ον τἱοῖ-
tig stellen. Aristoteles führt, wie fast nirgends, auch
hier nicht die bestrittene Ansicht an; er sagt nicht:
‘das Gepräge war nicht das Rind, sondern das des
(noch üblichen) Didrachmon’; er sagt einfach: “das
Gepräge war das des Didrachmon’; mit diesem Lako-
nismus war zugleich auch der Wert bestimmt. Man
1 Die Worte τρεῖς zei sind von H-L. getilgt worden mit
derselben Gewaltsamkeit, welche ihre Textkritik besonders
hier durehgehends zeigt. Hultsch’s Aufsatz, Jahrb. für klass.
Phil. 1891 (CXLIIN), 263 lasse ich ganz beiseite, weil er auf
methodisch unsicherer Grundlage, einem sich selbst wider-
sprechenden Texte, Hypothesen errichtet. — Vgl. noch Rid-
geway, Class. Rev. V 108.
10. Kap.
p- 9, 20 ff.
ΤΌ. Kap.
Autorität
des
Aristot.
— 168 —
kann also Aristoteles an dieser Stelle nicht aus Pollux
supplieren.
Wie soll man sich nun diese Gleichartigkeit und
Verschiedenheit erklären? Soviel scheint mir aus dem
ganzen Charakter des Abschnittes über Solon hervor-
zugehen, dafs Aristoteles die bei Androtion gegebene
Darstellung der Münz- und Gewichtsreform korrigieren
will, so gut wie er ihre Zusammengehörigkeit mit der
Seisachtheia abgelehnt hatte. Aristoteles bestritt oben
diese Zusammenstellung; er entreifst hier dem Gegner
auch die Möglichkeit dazu, indem er der Reform den
Charakter abspricht, der die Einreihung in die Sei-
sachtheia überhaupt möglich machte. Nur unter der
Annahme, dafs eine Reduktion des Fufses unter Solon
stattfand, war die Münzreform als eine Erleichterung
für die unteren Schichten zu betrachten und zu einem
Teil der Seisachtheia zu machen. Aristoteles leugnet
die Reduktion des Fulses; mehr noch, er behauptet,
dals eine Erhöhung desselben stattgefunden habe.
Damit ist eine Verbindung von Münzreform und Seisach-
theia, welche beide schon als zeitlich auseinanderfallend
dargestellt wurden, auch aus einem inneren Grunde
abgelehnt. Aristoteles hat seine Trennung der beiden
Mafsregeln bewiesen.
Ob er recht hat? Mit:der Münzreform ist er sicher
im Unrecht; das beweist die Numismatik. Aber darf
uns das Wunder nehmen ? Aristoteles ist keine ab-
solute Autorität in der Darstellung der älteren atheni-
schen Geschichte; er hat sie auch nur aus schrift-
lichen Quellen geschöpft, und seine Angaben sind genau
soviel wert, wie seine Quellen es waren. Er ist nur
Mittelsmann wie andere Historiker auch. Allerdings
den Vorzug wird man ihm bereitwillig zugestehen,
dafs er seine Quellen nicht wie andere blindlings nahm
— 169 —
und blindlings ausschrieb, sondern mit verständigem 10. Käp.
Urteil wählte und sichtend die Berichte weiter gab.
Allein auch in diesem liegt eine Gefahr für den Philo-
sophen als Historiker; es ist nicht ausgemacht, dafs
sein Standpunkt beim Urteil über die Quellen und
Thatsachen immer der richtige war. Doch davon
später. Hier ein zweiter Punkt, welcher eine absolute
Autorität des Aristoteles nicht gelten läfst. Aristoteles
begründet die Realforschung auf dem Gebiete der
älteren griechischen Geschichte im Gegensatze zu der
die Thatsachen oft entstellenden oder vergewaltigenden
sophistischen und rhetorischen Behandlung der historisch-
antiquarischen Überlieferung!). Er weist der Methode
den Weg, indem er zugleich Quellen für historisches
Wissen kennen und aufsuchen lehrt, welche bis dahin
nicht herangezogen waren. Er lehrt aus bestehenden
Verhältnissen mit historischer Methode gewesene Ver-
hältnisse erschliefsen, die Überlieferung nach ihrer
inneren Wahrscheinlichkeit und nach äufseren Indizien
prüfen, die Überlieferung ferner in ihren verschiedenen
Brechungen heranziehen und die als die echteste er-
scheinende auswählen. Er hat den Weg gezeigt und mit
intuitivem Blicke das Ziel geschaut, aber erreichen
konnte er das Ziel selbst nicht. Er mulste sich zuerst
die Überlieferung zusammensuchen; war Athen als
Centrale des Buchhandels auch der geeignetste Ort
dazu, und hatte er selbst auch eine Bibliothek, deren
Gröfse die spätere Zeit noch rühmte: solche Schätze
von Überlieferung, wie die alexandrinische und die
pergamenische Bibliothek nach ihm vereinigt haben,
!) Thukydides, mit welchem Bauer den Aristoteles hin-
sichtlich der Methode in eine sehr berechtigte Parallele ge-
setzt hat, ist ohne Nachfolge geblieben.
--ἰ 10 --
10. Kap. hatte er nicht zur Verfügung. Ein einzelner kann
nicht alles sehen; nach ihm sahen viele Augen, die
in reicherem Material suchen konnten. Reicheres
Material wirkt aber zurück auf die Methode. Mit der
Vermehrung jenes geht eine Verbesserung dieser not-
wendig Hand in Hand. Aristophanes von Byzanz
und .Didymos arbeiteten methodischer, als Aristoteles
es konnte. Der Fortschritt der Methode tritt im Alter-
tum am deutlichsten in den exakten Wissenschaften
hervor; ich denke an die Fortschritte, welche Astro-
nomie und Erdkunde in Alexandreia gemacht haben,
als königliche Munificenz neues Beobachtungsmaterial
ermöglichte. Mir hat hierfür das von Philologen oft
geschmähte Buch von Lewes die Augen geöffnet mit
seiner Grundidee, dals Aristoteles auf naturwissen-
schaftlichem Gebiete methodische Forschung in moder-
nem Sinn nicht geübt hat und wegen der Mangelhaftig-
keit des Beobachtungsmaterials und der durch das
Fehlen der Instrumente bedingten Mangelhaftigkeit
der Beobachtungen selbst nicht hat üben können. Ich
mache davon weiter unten auf seine Geschichts-
schreibung Anwendung. Die spätere Zeit hat also
auch auf antiquarischem Gebiete vieles besser wissen
können und müssen; Aristoteles gehört noch in das
4. Jahrhundert, er ist seiner Forschung nach noch
kein Alexandriner. Der Zustand der antiquarischen
Forschung von heute im Vergleich zu dem der Zeit,
welche die Inschriften noch nicht heranziehen konnte
oder heranzuziehen erst begann, bietet eine Parallele;
besser, weil wir damit in der Antike selbst bleiben,
ist vielleicht der Hinweis auf die Entwicklung der
antiquarischen Forschung in Rom. Der Unterschied
zwischen Attius und Varro — wobei ich den älteren
nicht mit Aristoteles auf eine Stufe stellen will— und
--Ῥ 11 --
wieder der zwischen Varro und Sueton lehrt, wie die 10. Kap.
Forschung durch erweitertes Material von Lächerlich-
keiten zu wissenschaftlichen Ergebnissen sich durch-
arbeitet. Aristoteles’ Angaben sind keine Offenbarun-
gen: da nicht, wo die spätere Wissenschaft des Alter-
tums ihnen nicht entgegengetreten ist, und besonders
da nicht, wo diese zu anderen Resultaten gelangt ist.
Aristoteles ist der erste Forscher des griechischen
Altertums gewesen, dem die Numismatik Interesse er-
weckt hat, und er ist fast der einzige geblieben. Was
er darüber sagt, verdient Beachtung; aber wenn das,
was er sagt, vor unseren von den Münzen selbst ab-
geleiteten Kenntnissen nicht Stich hält, so hat es nur
historischen Wert. So steht es mit seinen Angaben
über die solonische Münzreform. Aristoteles verliert
darum so wenig an Autorität, wie Böckh verliert, wenn
eine neue Inschrift Aufstellungen der Staatshaushaltung
als falsch erweist; denn wir verstehen, warum er nur
so urteilen konnte und darum so urteilen mulste.
Wir können also den Beweis, den Aristoteles aus
der Erhöhung des Münzfulses gegen Androtion ent-
nimmt, immerhin für falsch halten, es verbleibt doch
der Beobachtung das zur Würdigung, was ihr vor,
nicht neben dem antiquarischen Inhalte das Wichtigste
sein muls, die Art der aristotelischen Beweisführung.
Ich halte die Abfertigung des Gegners — natürlich
unter der Voraussetzung der Richtigkeit der numis-
matischen Angaben — für eine vollkommene. Die
Polemik über die Auffassung der Seisachtheia ist einer
der charakteristischsten und einer der glänzendsten
Abschnitte des ganzen Buches. Ob die Atthiden eine
feste Überlieferung über die Art der Münzreform hatten,,
steht nicht fest; ob also Aristoteles oder Androtion in
diesem Punkte der Recepta folgten, muls dahingestellt
— 12 --
10. Kap. bleiben; aber wol steht aus Plutarch fest, was die
Atthiden!) über die Seisachtheia im ganzen, wozu die
Münzreform nur als Teil gehörte, überlieferten: sie
fafsten sie, wie Aristoteles sie darstellt; das ist also das
"Charakteristische an der Polemik über die Seisachtheia,
dafs Aristoteles hier die Atthidenüberlieferung gegen
Androtion vertritt. Nicht überall, nicht aus Prineip,
ist er ein Gegner der Recepta; von Fall zu Fall fällt
er das Urteil.
en. Doch neben den Folgerungen für das Buch des
Hermipp. Aristoteles selbst bleiben noch die für sein Verhältnis
zu Plutarch-Hermipp. Plutarch schreibt Hermippos
aus. Hermippos hält des Androtion Auffassung von
der Seisachtheia nicht für richtig, weil der eonsensus
omnium dagegen sei; in der Ablehnung jener Auf-
fassung stimmt er also mit Aristoteles überein; allein
diese Übereinstimmung beweist nichts, da Aristoteles
hier die Recepta vertritt. Dagegen giebt Hermippos
des Androtion Bericht über die Münzreform, ohne einen
Widerspruch zu erheben; hier hatte aber Aristoteles
widersprochen, und davon ist in dem Bericht des
Plutarch-Hermipp keine Spur. Ferner mufs Hermippos
den Androtion — selbst oder über Istros — verwendet
haben; denn aus Aristoteles war des Androtion An-
sicht nicht zu entnehmen. In dem Punkte also, in
welchem eine Kontrolle möglich ist, ergiebt sich, dals
Hermippos die πολ. 49rv. nicht benutzt hat; was
für Hermippos gilt, gilt in diesem Falle für Plutarch.
Das Verhältnis zwischen Aristoteles und Hermippos
gestaltet sich also folgendermafsen. Jenem wie diesem
lag die Recepta und des Androtion abweichende Dar-
1) Das liegt in οἱ δὲ πλεῖστοι (1 170, 1 Sint.); die Atthiden
hatten naturgemäfs die meisten Abnehmer.
--Ῥ 13 —
stellung vor. Jener bekämpft die letztere chronologisch 10. Kap.
und besonders sachlich in der Kritik der Münzreform ;
dieser bekämpft ebendieselbe mit Hinweis auf den
consensus omnium, recipiert aber die Münzreform vom
Gegner. Es ist klar, dafs hier Aristoteles und Her-
mippos, jeder für sich, und der letztere ohne Rück-
sicht auf den ersteren, geschrieben haben.
Elftes Kapitel.
Das οἱ ἔξ Kapitel bildet den Schlufs des Ab-
schnittes über Solon: Solon krönt sein Werk, indem er
um der Durchführung der neuen Ordnung willen ent-
sagungsvoll sein Vaterland verlälst, welches er durch
seine Mäfsigung aus den Parteikämpfen gerettet, und
welchem er in seiner Mälsigung die besten Gesetze
gegeben hatte.
Aristot. Kap. 11. Plut. Sol. 25 f£.
διατάξας δὲ τὴν τεολιτείαν
ὅντερ εἴρηται τρόπον,
ἐπειδὴ ττροσιόντες αὐτῷ
στερὶ τῶν νόμων
ἐνώχλουν τὰ μὲν ἐπιτι-
μῶντες
\ εν 1. ,
τὰ δὲ ἀναχρίνοντες
ἐγγσεὶ δὲ τῶν νόμων εἰσε-
νεχϑέντων ἔνιοι τῷ “Σόλωνι
χαϑ' προσήε-
σαν ἡμέραν
ἐπαινοῦντες Κα ψέγοντες
ἢ συμβουλεύοντες ἐμβάλλειν
ξ ο ;
τοῖς γεγραμμένοις ὃ τι τύ-
χοιεν ἢ ἀφαιρεῖν,
c ’
ἑχαστὴν
- .}) 3 «
σελεῖστο, δ᾽ ἤσαν οἱ
συνϑανόμενοι χαὶ ἀἄνα-
χρίνοντες χαὶ χελεύοντες
2 , r
αὐτὸν ὅπως ἕχαστον ἔχξι
\ \ α - ’
χαὶ πρὸς ἣν χεῖται διάνοιαν
βουλόμενος μήτε ταῦτα
κινεῖν μήτε ἀπεχϑάνε-
σϑαι παρὼν
2 ’ 3 ’
ἀποδημίαν ἐποιήσατο
3 ς
κατ᾽ ἐμπορίαν ἅμα
χαὶ ϑεωρίαν εἰς Alyv-
Ύ x c Ρ] c
στον [εἰπτὼ]ν ὡς οὐχ ἢ ξ]ει
δέχα ἐτῶν
174
ἐπεχδιδάσχειν χαὶ σαφη-
γίζειν,
ὁρῶν ὅτι ταῦτα χαὶ τὸ
πράττειν ἄτοπον χαὶ τὸ
μὴ πράττειν ἐτπείφϑονον,
ὅλως δὲ ταῖς ἀπορίαις
ὑπεεχστῆναι βουλόμενος
χαὶ διαφυγεῖν τὸ δυσά-
0E0T0v zat φιλαίτιον
τῶν πολιτῶν,
πρόσχημα τῆς πλάνης τὴν
γαυχληρίαν ποιησᾶά-
μενος ἐξέπλευσε
δεχαετῆ παρὰ τῶν .41ϑη-
γαίων ἀποδημίαν αἰτη-
σάμενος... 26 πρῶτον μὲν
οὖν εἰς Αἴγυπτον ἀφί-
χετοὸ χαὶ διέτριψεν
χρόνον δέ τινα χαὶ τοῖς
στερὶ Ψένωφιν .. . ., λο-
γιωτάτοις οὖσι τῶν ἱερέων,
συνεφιλοσόφησε (ἃ h.
χατὰ ϑεωρίαν).
Man wird auf den ersten Blick die Darstellung
des Plutarch einfach als eine Paraphrase des Aristoteles
anzusehen geneigt sein, und an sich könnte man da-
gegen nichts einwenden; es mülste denn sein, dafs man
für Plutarch gleich Hermippos setzen wollte. Doch
es ist, bevor man über den ersten Teil urteilt, auch
p. 10, 1-7der zweite Teil des Kapitels mit Plutarch zu kon-
frontieren. Aristoteles’ Worte sind in ihm richtig
nur mit einiger Aufmerksamkeit zu verstehen. Er
unterscheidet zwei Gegnerschaften, eine von reichen
Privatleuten und eine von seiten .der politischen
Parteien als solchen. Der Grund der Unzufrieden-
-- 15 —
heit ist beidemal als Glied dem ganzen Satze angefügt,
11. Kap.
« _p. 10, 1-7
der der Unzufriedenheit der Parteien aufserdem in
einem selbständigen Satze weiter ausgeführt. Also
gliedert sich dem Inhalte nach die Stelle so:
ἅμα δὲ καὶ συνέβαινεν αὐτῷ
τῶν τε γνωρίμων διαφόρους γεγενῆσϑαι πολλοὺς (8)
διὰ τὰς τῶν χρεῶν ἀποχοπάς, (b)
χαὶ τὰς στάσεις ἀμφοτέρας μεταϑέσϑαι (a!)
᾿ διὰ τὸ παρὰ δέξαν αὐτοῖς γενέσϑαι τὴν [νέαν]
τάξιν" (Ὁ ἢ)
ὃ μὲν γὰρ δῆμος ᾧετο av ἀνάδαστα ποιή-
σειν αὐτόν, (c)
οἱ δὲ γνώριμοι πάλιν ἢ τὴν αἰτὴν τάξιν ἀττο-
δώσειν n σχεδὸν ἀἹπαραλλα[χτον] (c}).
Ich habe die Worte so nach Kolen ausgeschrieben,
weil dadurch die Sinnteilung— woneben übrigens auch der
gleichmäfsige Aufbau der Periode Beachtung verdient —
klarer hervortritt. Denn sie ist einem Übersehen da-
durch leichter ausgesetzt, dafs die erste Gruppe der
Unzufriedenen, die reichen Privatleute, im wesentlichen
mit der zweiten Partie der zweiten Hauptgruppe iden-
tisch und infolge des vom Schriftsteller an beiden Stellen
gleichmäfsig gebrauchten Wortes yrwgruoı etwas undeut-
lich bezeichnet ist. Deutlicher würde der Ausdruck ge-
wesen sein, wenn an erster Stelle rAovoiw» statt γνωρίμων
gesagt wäre. Diese Sinnteilung ist aber festzuhalten,
wenn man die Plutarchparallele vergleichen will; sie lau-
tet (Kap. 16): ἤρεσε δ᾽ οὐδετέροις, ἀλλ᾽ ἐλύπησε χαὶ τοὺς
πλουσίους ἀνελὼν τὰ συμβόλαια (— Aristot. δεὰ τὰς τῶν
χρεῶν ἀποχοττάς) χαὶ μᾶλλον ἔτι τοὺς πένητας, ὅτι γῆς
ἀναδασμὸν οὐχ ἐπτοίησεν ἐλτείσασιν αὐτοῖς, οὐδὲ :ταντά-
πασιν, ὥσπερ ὃ “υχοῦργος, ὁμαλοὺς τοὺς βίους χαὶ
ἴσους κατέστησεν. Um die letzten Worte οὐδὲ παντά-
πασιν χτὲ. gleich abzuthun, so stehen sie im Gegen-
und Plut,
Sol. 16
11. Kap.
p- 10, 1—7
RE
satz zu Aristoteles’ Ansicht von der Tendenz der da-
maligen Volkspartei; sie drücken Unzufriedenheit über
eine unerreichte politische Gleichstellung mit dem
Adel aus. Aristoteles läfst die Volkspartei nur über das
Scheitern ihrer kommunistischen Hoffnungen erbittert
sein und befindet sich dabei im Einklange mit Solons
eigener Angabe, dafs das Volk an politischen Rechten
mehr, als es sich hätte träumen lassen, erhalten habe:
ἃ νῦν ἔχουσιν οὔττοτ᾽ ὀφϑαλμοῖσιν ἂν εὕδοντες εἶδον.
Die Schlulsworte des plutarchischen Satzes können also
nicht einmal die rhetorische Erweiterung eines aristo-
telischen Gedankens sein. Sie gehören dem Sinne nach
schon zu dem folgenden Satze, zu welchem sie über-
leiten. Dieser Satz aber ist, wie Begemann durch
Vergleich mit der Lycurgvita des Plutarch nach-
gewiesen hat, aus Hermippos geflossen ἢ). Wie wenig
sie der Anschauung des Aristoteles entsprechen, be-
weist Polit. 1296 b 20, wo Lykurgos in Parallele zu
Solon gestellt wird als μέσος mit dem Zusatze οὐ γὰρ
ἦν ßaoıkeig?). Hermippos macht ihn zu einem ße-
βασιλευχὼς ἔτη ττολλά. Für Anleihe beim Aristoteles
könnten nur die vorhergehenden Satzteile gelten. Aber
die Sache hat ihre Schwierigkeiten. Hermippos oder
Plutarch mülste das ganze erste aristotelische Glied
(a Ὁ) mit einem Teile des zweiten (ec) kompiliert haben;
er mülste die Nachricht von der Unzufriedenheit beider
Parteien und die Gründe dafür, welche er an die
Seisachtheia knüpft, kompiliert haben aus dem
ganz anderen Zusammenhange bei Aristoteles, wo sie
mittelbar an die Reise Solons geknüpft sind. Und
1) A.a. Ο. p.17. Das entscheidende Citat mit Hermippos’
Namen Plut. Lyk. 5.
3) Ich weils, dafs die Worte οὐ γὰρ ἦν βασιλεύς von Con-
greve athetiert worden sind,
-- 11 —
» diese mir an sich höchst unwahrscheinlich dünkende 11. Kap.
Fliekarbeit wird dadurch noch unwahrscheinlicher, dafs" '" '”"
hier auch der oben (ὃ. 41) berührte fundamentale Unter-
schied zwischen der Darstellung des Aristoteles und des
Plutarch mit hineinspielt, von denen dieser dem Solon
für Seisachtheia und Gesetzgebung zwei zeitlich ge-
sonderte Aufträge, jener ihm für beides nur einen
Auftrag werden lälst. Dadurch wird für den Kompi-
lator das Intervall bei der Umsetzung des aristotelischen
Gutes, welche er behufs Verwendung desselben voll-
zogen haben mülste, erheblich vergröfsert und die
Wahrscheinlichkeit der Kompilation in gleichem Mafse
verringert. Wenn endlich Aristoteles im 16. Kapitel
des Plutarch ausgeschrieben wäre, so mülste auch das
vorher mit Aristoteles konfrontierte 25. Kapitel des
Plutarch nur eine Paraphrase des Aristoteles sein.
Und ein Kompilator sollte sich zu den anderen Um-
ständen, die er sich damit schon gemacht haben
mülste, auch noch den aufgebürdet haben, dals er von
den beiden Hälften des elften Kapitels der σεολ. ψ4ϑην.,
d. h. von den beiden getrennt erscheinenden Teilen
der Motivierung von Solons Reise, die eine fast wörtlich
als Motivierung zu demselben Zwecke, welchen dieser
Abschnitt bei Aristoteles hat, herübernahm, die andere
aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange herausrifs und
durch Excerpierung für den Bericht über die Aufnahme
der Seisachtheia, also für einen ganz anderen Zweck und
für einen viel früheren Teil seines Buches, erst zurecht
stutzte? Das scheint mir ganz unannehmbar; Her-
mippos hat die Worte: des 16. Plutarchkapitels nicht
aus Aristoteles.
Doch ich habe um der Darlegung willen bisher
eine Voraussetzung gemacht, welche ich in Wirklichkeit
nicht zugestehe: gehört die ganze zweite Hälfte
Keil, Aristoteles. 12
11. Kap.
p- 10, 1—7.
Antike
An-
merkun-
gen
— 118 —
des 11. Kapitels der πολ. 749rv. wirklich zur Moti-
vierung der solonischen Reise? Der Schlufssatz muls
Zweifel erregen, während die Anknüpfung mit ἅμα δὲ
χαὶ συνέβαινεν αὐτῷ darauf führt.
Eine der am meisten in die Augen springenden
Eigentümlichkeiten der zr0X. AI. ist das stete Be-
streben des Schriftstellers, den Gang der Erzählung
als gleichmäfsig fortlaufend erscheinen zu lassen.
Regelmäfsig rekapituliertt er den Inhalt des letzten
Abschnittes mit kurzen Worten, um daran die weitere
Erzählung anzuknüpfen. Wieder und wieder kehrt
das stereotype μὲν οὖν der Rekapitulation und das δέ der
Weiterführung mit einer ermüdenden, unkünstlerischen
Gleichförmigkeit. Dem Streben nach Deutlichkeit
ordnet der scharf Denkende die Rücksicht auf die
sonst doch oft befolgten ästhetischen Gesetze der Schön-
heit des Stiles unter. So wird auch nach längeren
Unterbrechungen die fortschreitende Erzählung
wieder aufgenommen, und wenn hierbei der Aus-
druck auch nicht von einer durch sich selbst sprechenden
Stereotypie ist, so wird die Sache doch stets so klar ange-
deutet, dals man nicht im Zweifel darüber sein kann,
wo eine Einlage beginnt, und wo sie endet. Mit
p. 6, 8 ταύτην μὲν οὖν χρὴ νομίζειν ψευδῆ τὴν αἰτίαν
εἶναι erweist Aristoteles die Zeilen 4--7, wie schon
bemerkt (oben S. 53), als eine Anmerkung, welche
die Erzählung unterbricht; sie dient der Begründung
des vorhergehenden Gedankens. Anders ist die Form
im 10. Kap., wo die erklärende Anmerkung mit γάρ
an die generelle Angabe von der Münz- und Gewichts-
reform geknüpft ist, und die Erzählung in Kap. 11 mit
δέ fortgesetzt wird. Ebenfalls mit γάρ ist die Einlage
Ῥ. 16, 23—17, 4 eingeführt, welche den Beleg für
das p. 16, 17—23 Gesagte enthält; die Einlage grenzt
-- 19 --
sich hier durch das Ende der Anekdote selbst ab, und τι. Kap.
die Erzählung geht einfach mit δέ weiter. Recht lehr- 1% 1="
reich ist der Passus über Kimons Freigebigkeit
p- 29, 25-30,2. Kimon hatte besonders durch sein fürst-
liches Vermögen Einfluls, seine Liturgieen waren glän-
zend, und seinen engeren Landsleuten gab er zu leben;
folgt die Anmerkung ἐξῆν γὰρ... ἀπολαύειν. Die
Anmerkung ist zu Ende; die Erzählung knüpft mit
πρὸς δὴ ταύτην τὴν χορηγίαν wieder an das Vorher-
gehende an. Die Form der Eingänge dieser Anmer-
kungen ist natürlich durch den jedesmaligen Gedanken-
zusammenhang bestimmt. Die Form einer Folgerung hat
der Eingang 18, 3 δεὸ zai φανερῶς χτὲ., worauf die Er-
zählung mit Rekapitulation (τελευτήσαντος δὲ Πεισι-
στράτου) fortgesetzt wird. Polemischer Natur ist die
Einfügung der Bemerkung τὸ γὰρ ἀρχαῖον 7, 26, wie
oben (8.78.90) bemerkt; der Fortgang der Darstellung
wird mit μὲν οὖν — δέ scharf markiert. Ebenfalls bei
Polemik mit gleichem Eingang 19, 17 οὐ γὰρ ἐδύναντο
σπαραχρῖμα λαβεῖν οὐδὲν ἴχνος, welche Anmerkung sich
bis 19, 22 erstreckt; den Faden der Erzählung nimmt
χατηγόρει δὲ auf, welches zum Rückblick auf zarnyo-
onoev de Z.15 zwingt. Es ist mir eine geläufige An-
schauung, aber ich weils nicht, wem ich sie verdanke,
dafs die griechischen und römischen Autoren deshalb
so häufig gröfsere und kleinere Abschweifungen vom
geraden Wege der Darstellung machen müssen, weil
die Antike die unkünstlerische Anmerkung moderner
wissenschaftlicher Darstellung nicht kennt. Auch die
Renaissance und die ältere Barockzeit ist ohne An-
merkungen ausgekommen ; erst dem jedes künstlerischen
Empfindens baaren Zeitalter des greisenden Ludwig XIV.
war es vorbehalten, diese Sicherheitsventile modernen
stilistischen Unvermögens zu erfinden. Es hängt das
12*
11. Kap.
p.-10, 1-7.
— 10 —
allerdings mit der Entwicklung der Wissenschaft selbst
zusammen. Die Wissenschaft verpflichtet heutzutage
den Autor, ein reicheres Material heranzuziehen, als
es der Antike und Renaissance zu Gebote stand, und
genauer, als man es in jenen Zeiten forderte, zu citieren,
In einer wissenschaftlichen Untersuchung wird man
die Anmerkung heute nicht mehr gut entbehren können,
für eine wissenschaftliche Darstellung ist die stil-
gewaltige Antike, welche die Anmerkung nicht kennt,
auch heute noch Muster. Da nun die Antike beim
Fehlen des Institutes der Anmerkungen oft durch
gröfsere Einschaltungen den gleichmälsigen Fortgang
der Gedankenentwicklung unterbrechen mufste, so
konnten die Darstellungen leicht unschön und unklar
werden. Man suchte und fand das Mittel, diese Män-
gel zu vermeiden, in der Anwendung des für die an-
tike Kunstschriftstellerei so charakteristischen Schatzes
an halbstereotypen Übergangsformeln und Perioden-
verbindungen. Es ist mir nicht zweifelhaft, dafs, wenn
auch zunächst einfach das Strebennach klarer und leichtzu
überschauender Darstellung jenen Formalismus schuf,
doch die Entwicklung dieser stilistischen Stereo-
typie auch durch die Zwangslage wesentlich gefördert
wurde, in welcher man sich oftmals befand, wenn man
mehr oder weniger Heterogenes dem geraden Gedanken-
wege einflechten wollte. Doch ich kehre zu Aristoteles
selbst zurück. Gerade an ihm bestätigt sich, was ich
soeben über den Unterschied bei der Behandlung der
Anmerkungen in Untersuchungen und Darstellungen
sagte. In der Metaphysik, der Physik, der Psycho-
logie, der Politik ist der Satzbau unzähligemal durch
Einschübe von gröfseren und kleineren Partieen zer-
rissen, vergewaltigt, für ästhetischen Genuls stellenweis
völlig unbrauchbar gemacht. Hier führt Aristoteles
— 181 —
grofse Abschnitte ein, um etwas nur kurz Angedeutetes 11. Kap.
auszuführen, dort, um innere, der fortlaufenden Dar-P '% 177.
stellung selbst nicht einzuverleibende Motivierungen
dem Leser für das richtige Verständnis zu geben,
anderwärts wieder, um gegenteilige, mit der vor-
getragenen Auffassung streitende Meinungen zu wider-
legen oder zu berichtigen. Der Faden der Darstellung
wird ja in der Regel festgehalten, aber nicht immer,
und recht oft vermag der Leser ihn selbst bei öfterem
Zusehen kaum zu erfassen. Den Gegensatz bietet die
7c0..49yv. Die Zahl der Einschübe nach Art der
Anmerkungen ist eine mälsige, und es ist deutlich das
Streben des Schriftstellers zu erkennen, die Erzählung
so ununterbrochen wie möglich fortzuführen.. Jene
Schriften haben im ganzen einen Charakter, welcher
sie den modernen wissenschaftlichen Untersuchungen
nähert, die 7204. “4ϑην. ist eine wissenschaftliche Dar-
stellung. In jenen. ist die Komposition zum Teil in-
folge der geringen stilistischen Verarbeitung der An-
merkungen nur. wenig künstlerisch; diese sollte die
Kunstperiodik erhalten und hat dieselbe, wo. der Schrift-
steller die Worte schon gefeilt hat. Im der Mitte
stehen eine ganze Reihe von Schriften, vor allem das
goldene Buch von der Rednerkunst, dem zu ‘seinen
anderen Vorzügen allen auch dieser sich gesellt, dafs
es in wirklich bewundernswerter Weise das Wesen
wissenschaftlicher Untersuchung mit. der Form fast stil-
vollendeter Darstellung verbindet.
Eine Einlage nach Art unserer Anmerkungen ist πολ. As.
das ganze 12. Kapitel der od. :499.; es enthält die *
Belege für etwas in der zweiten Hälfte des vorher-
gehenden Kapitels Gesagtes. Der Eingang lautet genau
wie in der oben ($. 178) zuerst angeführten Stelle
p. 6, 4: ταῦτα δ᾽ ὅτι τοῦτον τὸν» τρόπον εἶχεν;
11. Kap.
p: 10, 1—7.
— 12 —
das Ende ergeben die Worte im Eingang des 13. Ka-
pitels: τὴν μὲν οὖν ἀποδημίαν ἐττοιήσατο διὰ ταύτας τὰς
αἰτίας. Diese Worte beweisen zugleich, dafs der Schluls
des 11. Kapitels nach Aristoteles’ Absicht zur Motivie-
rung der Reise des Solon gehören sollte. Wie schon
gesagt, führen auch die Eingangsworte ἅμα δὲ χαὶ
συνέβαινεν αὐτῷ darauf. Aber belegt denn der Inhalt
des 12. Kapitels die Motivierung der Abreise Solons,
welche Aristoteles gegeben hatte? Keineswegs. Was
belegt er also? Dazu muls man die zweite Hälfte des
11. Kapitels dem Inhalte nach mit der ersten ver-
gleichen. Sie enthält zunächst, wie auch der Eingang
anzeigt, jene Motivierung und zwar bis [ἀἸπαράλλ[αχτουν].
Die Probe ergiebt der Versuch, den Satz der ersten
Hälfte einzuschieben; etwa so: διατάξαντι δὲ τὴν πο-
λιτείαν Ovrreg εἴρηται τρόπον συνέβαινεν αὐτῷ τῶν TE
γνωρίμων... ἀπαράλλαχτον" ἐπειδὴ δὲ καὶ τεροσιόντες
αὐτῷ περὶ τῶν νόμων Evwykovv . . . βουλόμενος μήτε
ταῖτα χινεῖν μήτ᾽ ἀπεχϑάνεσϑαι παρὼν ἀποδημίαν
ἐποιήσατο χατ᾽ ἐμπορίαν ἅμα χαὶ ϑεωρίαν 1) εἰς Al-
γυτῖτον . .. τὰ γεγραμμένα ττοιεῖν. Man würde dann
leicht die Worte βουλόμενος... μήτ᾽ ἀπεχϑάνεσϑαι
παρὼν aus dem Satze συνέβαινεν αὐτῷ — ἀπαράλλα-
χτον verstehen. Also die Worte bis ἀπαράλλαχτον
werden dem Zwecke einer Motivierung der Reise
Solons gerecht. Aber nun lese man weiter: ὃ δὲ ἀμφο-
τέροις ἠναντιώϑη... σώσας τὴν πατρίδα χαὶ vouo-
ϑετήσας τὰ βέλτιστα. Das gehört nicht mit zu den
Motiven der Abreise, sondern ist ein Gesamturteil über
die Thätigkeit des Solon. Dieses, nicht die Motive zu
jener Reise belegt das 12. Kapitel.
.!) Vgl. Isokr. XVII 4 ἐξέπεμψεν ἅμα χαὶ κατ᾽ ἐμπορίαν
zei κατὰ Jewolev; einiges hierzu gesammelt von Kontos, Bull.
de corr. hellen. III 286 ἢ,
-- 18 —
Äufserlich nur hat Aristoteles den Schlufssatz 11. Kap.
des 11. Kapitels dem Vorhergehenden angeheftet;
innerlich gehört er nicht dazu. Dieser Schlulssatz
stammt nicht aus einer Atthis, sondern ist ganz des
Aristoteles eigenes Gut; denn er enthält des Aristo-
teles eigenstes Urteil über Solon. Die Atthis. hatte
diesen zum fast extremen Demokraten gemacht, Aristo-
teles charakterisiert ihn hier als μέσος. Die Er-
zählung dagegen, welche vorhergeht, ist aus einer litte-
rarıschen Quelle entnommen. Wenn man nun den
Umstand im Auge behält, dals hier Tradition und
aristotelisches Raisonnement aneinander gesetztsind, und
dals dieses Raisonnement äufserlich als Teil der Moti-
vierung der Reise Solons erscheint und erscheinen soll,
so erklären sich einige Eigentümlichkeiten der Diktion
in unserem Kapitel. Man erkennt nämlich jetzt, dafs
Aristoteles im ersten Teile des Kapitels bereits der
Einfügung seines allgemein gehaltenen Endurteils vor-
baut: er sagt nicht einfach βουλόμενος. . . μήτ᾽
ἀττεχϑάνεσϑαι, sondern arreydaveodaı παρ ὦν, so dals
dem Leser auch am Ende des Kapitels der Schluls
überlassen bleibt: Solon zog es vor, die Gunst seiner Mit-
bürger (durch die Mittelstellung zu verscherzen; da er
aber unter ihrer Ungunst nicht leben (@rrey$avsosaı
zrapu.v) wollte, so reiste er ab. Aber diese Art des Vor-
bauens ist ganz ungenügend; so schreiben heifst Rätsel °
aufgeben. Wenn dem Leser der Zusammenhang des
Schlulssatzes mit dem Hauptinhalte des ganzen Ka-
pitels klar gemacht werden sollte, so wäre eine Dar-
stellung am Platze gewesen wie etwa: &ilero μὲν ττρὸς
ἀμφοτέρους ἀπεχϑέσϑαι" ἅμα δὲ χαὶ τὸ ἔχϑος διαφυ-
γεῖν βουλόμενος ἀποδημεῖν ἠξίου, σώσας τὴν πατρίδα
χαὶ τὰ βέλτιστα νομοϑετήσας. Aber Aristoteles hätte
auch die Wiederholung eines ἀστεοδημεῖν am Schlusse
11: Kap.
PRO 1.1:
-- 184 —
nicht nötig gehabt, hätte er den zweiten Teil, was er
eigentlich ist, als Exegese zu dem ἀπεχϑέσϑαι des
ersten erscheinen lassen. Denn der ganze Satz wäre
sofort als Interpretation dieses Wortes erschienen, so-
bald die Anknüpfung nicht mit ἃ μα. δὲ χαὶ συνέβαινεν
αὐτῷ, sondern mit συνέβαινεν γὰρ αὐτῷ gemacht
worden wäre. So aber 'hat Aristoteles den zweiten
Teil dem ersten logisch nicht subjungiert, sondern co-
ordiniert, und dadurch ist die Unklarheit, d. h. die
Beziehungslosigkeit des Gesamturteils auf die Reise-
motive, hineingekommen. Aristoteles hat den mangel-
haften Zusammenhang wohl gefühlt und baut, um den
Schlufs noch deutlicher in dem Lichte der Abreise er-
scheinen zu lassen, ein zweites zrag«v vor: οὗ. γὰρ
οἴεσϑαι δίχαιον εἶναι τοὺς νόμους ἐξηγεῖσθαι τ αρών.
Hier ist παρών eigentlich gänzlich überflüssig; demn
der Gegensatz ist einfach ἐξηγεῖσϑαι und zroıeiv, und
von einem ἐξηγεῖσϑαι ἀτεών kann füglich nicht die
Rede sein. Der Ausdruck ist auch hier unglücklich ;
aber er ist nicht durch eine Athetese des sragwv, wie
ich sie mir leider habe zu Schulden kommen lassen,
zu ändern. Aristoteles hat die Unverträglichkeit des
allgemein gehaltenen Schlusses: mit der. Begründung
der Reise -Solons wohl gefühlt; wenn er trotzdem den
Kapitelausgang nicht so gestaltet hat, dafs dieser sich
ohne weiteres in den übrigen Inhalt des Kapitels fügte,
so mufs dem eine bestimmte Absicht zu Grunde gelegen
haben. Welche war diese? Er wollte für den Ab-
schnitt über Solon einen Abschlufs. gewinnen, in wel-
chem er sein Gesamturteil allgemein, ohne Beziehung
auf. ein einzelnes Ereignis, dem Leser einprägen konnte.
Indem er dies erstrebte, zugleich aber den Zusammen-
hang mit dem Vorhergehenden nicht aufgeben wollte,
setzte er sich in ein Dilemma, welches die erörterten
-- 15 --
Eigentümlichkeiten der Diktion an dieser‘ Stelle zur 11. Kap.
Folge hatte. Baal
Aristoteles hatte von vornherein beabsichtigt, ein
Endurteil über Solon und seine Verfassung zu geben-
Das folgt aus dem Schlusse des 6. Kapitels. Es finden
sich dort wörtliche Übereinstimmungen mit unserem
Abschnitte und .dem Eingange des 12. Kapitels: οὐ
γὰρ εἰχὸς ἐν μὲν τοῖς ἄλλοις οὕτω μέτριον γενέσϑαι χαὶ
χοινόν, wor ἐξὸν αὐτῷ τοὺς νόμους ὑπτοττοιησάμενον
τυραννεῖν τῆς πόλεως, ἀμφοτέροις ἀπεχϑέσϑαι
καὶ τεερὶ ττλείονος ττοιήσασϑαι τὸ καλὸν χαὶ τὴν τῆς
στόλεως σωτηρίαν .-. -. ὅτι δὲ ταύτην ἔσχε τὴν ἐξ-
ουσίαν, τά τε πράγματα νοσοῦντα μαρτυρει.... καὶ ἐντοῖς
ποιήμασιν αὐτὸς ττολλαχοῦ μέμνηται χαὶ οἱ ἄλλοι
συνομολογοῦσι πάντες. Hier widerlegt Aristo-
teles aus der Gesamtthätigkeit und dem ganzen Cha-
rakter des Solon den ihm bei der Seisachtheia an-
gehefteten Klatsch; er führt hier aber für dieses Ge-
samturteil keine Belege an; hätte er es gethan, so
würden es gröfstenteils dieselben haben sein müssen,
wie die im 12. Kapitel zur Begründung des Schlusses
des elften angeführten. Aristoteles giebt im 6. Kapitel
keine Belege, weil er ‘sich nicht wiederholen will.
Hierin liegt ausgesprochen, dafs das Endurteil im
11. Kapitel von vornherein von Aristoteles beabsich-
tigt war.
Nach diesen Erörterungen wird das Verhältnis
zwischen Hermippos und Aristoteles in unserem Kapitel
noch deutlicher erkannt als vorher (ὃ. 177). Das il. Ka-
pitel setzt sich aus drei verschiedenen Bestandteilen
zusammen: dem reinen Atthidenbericht über die Mo-
tive zur Abreise Solons (erste Hälfte des Kapitels),
dem Atthidenbericht über die Aufnahme der Seisach-
theia seitens der Bürger vermischt mit aristotelischen
-- 186 —
11. Kap. Zusätzen (erste Hälfte des zweiten Teiles) und dem
rein aristotelischen Endurteil über Solon und sein
Werk (Schlufs). Dals ein Kompilator dies erkannt
und darum den Aristoteles gerade nur bis zum Schlusse
der eigentlichen Erzählung von der Reise ausgebeutet,
dann aber aus dem sich daran anschliefsenden, schon
halb aristotelischen Teile einige Züge excerpiert, anders
gruppiert und an anderer Stelle zu. anderem Zwecke
verwendet, endlich das rein aristotelische Gut ganz
beiseite gelassen habe, ist für mich eine an Unmög-
lichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit. Das müfste
aber Hermippos gethan haben, wenn man annimmt,
dals sowohl das 25. wie 16. Kapitel des Plutarch von
unserem Buche abhängig seien, wohl gemerkt jedoch,
nicht gleichartig abhängig, sondern so, dafs das
25. Kapitel die paraphrastische Erweiterung der
ersten Hälfte, das 16. Kapitel die excerptenmäfsige Zu -
sammenziehung der zweiten Hälfte wäre. Hermipp-
Plutarch ist eben auch hier nicht von Aristoteles ab-
hängig; vielmehr folgt aus diesem allen, dafs bei Her-
mippos die Züge der Atthis treuer gewahrt sind, und
dafs Aristoteles, wie er Gesetzgebung und Seisachtheia
überhaupt zusammenfalste, so auch den Bericht über
ihre Aufnahme. Aristoteles entnahm daraus Gedanken
für sein Raisonnement, aber formte sie nach seiner
Auffassung der Dinge und verwendete sie seinen
Zwecken entsprechend. - Es ist das natürliche Ver-
hältnis, dafs Hermippos an der Quelle hängt, Aristoteles
frei über sie schaltet.
Hermippos An keiner der Parallelstellen bei Aristoteles
Su und Plutarch — und der entscheidenden Stellen sind
fast ein Dutzend gewesen — hat sich ein Anzeichen dafür
ergeben, dafs Hermippos die πολ. 491». bei der Ab-
fassung seiner Biographie des Solon verwendet habe.
Die aufserhalb der Solonpartie sich findenden Parallelen
-- 187 --
unseres Buches zu PlutarChs Bericht enthalten, soweit 11. Kap.
sie überhaupt eine Entscheidung zulassen, keine In-
stanzen gegen dieses Resultat.
Πολ. 491. e. 17 (p. 18, 3) bestreitet Aristoteles,
dals Solon der ἐραστής des Peisistratos war, dagegen
wird dieser Klatsch Plut. Sol. 1, ohne eine Andeutung
davon, dals Aristoteles ihn durch die Chronologie
widerlegt hatte, breit getreten. Die Übereinstimmung
des Restes der aristotelischen Darstellung des kyloni-
schen Frevels mit Plut. Sol. 12 beweist bei dem Fehlen
signifikanter Angaben nichts. Dagegen fällt sehr die
Angabe des’ Plutarch (c. 13) auf, dals schon vor Solon
die drei Parteien der Paraler, Diakrier und Pediaier
bestanden hätten, welche Aristoteles erst nach Solon
nennt; durch diese Differenz verliert die Übereinstim-
mung der πολ. 43rv. ο. 13 mit Plut. Sol. 29 in den
Angaben über diese drei Parteien und ihre Führer
nach der. solonischen Verfassung an Wert. An der
Angabe des Plutarch (c. 17) über die drakontische
Verfassung, von der er nur ‘die mit Blut geschriebenen
Gesetze’ kennt, tritt besonders klar hervor, dafs der
Quelle des Plutarch und natürlich ihm selbst auch bei
der Abfassung der Solonvita die 7204. 497v. nicht vor-
lag. Denn auf die Ausrede lasse ich mich nicht mehr
ein, dafs das 4. Kapitel eben jungen Ursprungs sei
und zur Zeit des Hermippos noch nicht in der πολ.
ἡζΖϑην. gestanden habe; die vorhergehenden Unter-
suchungen haben es als einen notwendigen organischen
Bestandteil der aristotelischen Darstellung aufgewiesen.
Nach keiner Seite hin beweist die Geschichte vom
Peisistratos als Angeklagten vor dem Areopag, welche
πολ. “ϑην. e. 16 (p. 17, 14) und Plut. Sol. 31 gleich
erzählt wird, denn sie gehört in die Rubrik der Anek-
doten, in welchen typischer Ausdruck eine ebenso ge-
-- 188° —
11. Kap. wöhnliche Erscheinung ist, wie er bei Apophthegmen
um der Erhaltung der Pointen willen geradezu als
eine Forderung gilt; halb in die Anekdoten und halb
in die Apophthegmen gehört.die Geschichte von Solons
Widerstand ‘gegen die Bewilligung der χορυνηφόροι
(004. A9nv. c. 14 = Plut. Sol. 30), so dafs hier selbst
Identität des Ausdruckes nichts beweist.
Ich halte also aufGrund der Betrachtung der einzelnen
Stellen — und ihrer waren, wie gesagt, etwa ein Dutzend
— dafür, dafs Hermippos bei der Abfassung seiner Bio-
graphie des Solon die aristotelische Schrift vom Staate
der Athener nicht als Quelle benutzt hat. Das ist
sehr erklärlich. Der Bericht des Aristoteles ist ein
viel zu knapper, viel zu wenig anekdotenhafter, ent-
behrt gar zu sehr jeder Piquanterie, als dafs er für
einen Schriftsteller von Hermippos’ Schlage hätte brauch-
bar sein können. Da gab’s denn doch reichlichere
und gewürztere Berichte über Solon. Zudem war die
Tendenz der aristotelischen Darstellung des solonischen
Werkes eine direkt antidemokratische und stand im
Widerspruche’zu der allgemein geltenden Auffassung;
dieser hat sich aber Hermippos in seiner Biographie
des Solon angeschlossen. Dafs Hermippos auch Peri-
patetiker heilst, beweist doch nicht, dafs er darum
Aristoteles bei jeder denkbaren Gelegenheit habe heran-
ziehen müssen. Wir müssen es wohl thun, aber dar-
aus folgt nichts für Hermippos; denn Forschungsart
und Schriftstellerei sind ja glücklicherweise nicht zu
allen Zeiten dieselben gewesen, und des Aristoteles’
Name hatte in jenen Tagen schwerlich schon die Au-
torität, welche die spätere Philosophie ihren Arche-
geten zu errühmen pflegte, mochten diese sie, ‚wie
Aristoteles, verdienen oder nicht verdienen. -
en Aber zu Plutarchs Zeit war Aristoteles. eine
und die
πολ. 4$yv. Autorität, mit deren Bericht man sich im Wider-
-- 189 --
spruchsfalle auseinander setzen mulste; hätte Plu- 11. Kap.
tarch die πολ. /43yv. bei der Niederschrift der
Biographie Solons zur Hand gehabt, dann müfsten
sich Zeichen davon finden. Er citiert den Namen
des Aristoteles im Solon dreimal: Kap. 11 bei
der Πυϑιονιχῶν ἀναγραφή, Kap. 25 zu den χύρβεις,
welches Citat aber, wie bemerkt (S. 59), aus Didymos
stammt, endlich ganz am Schlusse, Kap. 32, mit einer
Bemerkung, welche zugleich beweist, dafs ich für Plu-
tarch mit Recht das argumentum ex silentio angesichts
der Autorität des Aristoteles in Anwendung gebracht
habe: 7 δὲ διασττορὰ καταχαυϑέντος αὐτοῦ τῆς τέφρας
περὶ τὴν Σαλαμινίων νῆσον ἔστι μὲν διὰ τὴν ἀτοτείαν
ἀπίϑανος παντάπασι χαὶ μυϑώδης, ἀναγέγραπται δ᾽
ὑπό τε ἄλλων ἀνδρῶν ἀξιολόγων καὶ Agıorork-
λους τοῦ φιλοσόφου. Da auch diese Nachricht nicht
aus der 04. Ay. stammt, so lälst sich aus den di-
rekten Citaten eine Benutzung dieses Buches in Plu-
tarchs Solon nicht nachweisen; von einer Benutzung
ohne namentliche Nennung findet sich keine Spur-
Die Darstellung Plutarchs — und das ist vielleicht
der beachtenswerteste Grund — feiert Solon als de-
mokratischen Helden; es ist aber kein Zweifel, dafs
nach Plutarchs eigener philosophischer Anschauung der
Solon des Aristoteles vor dem der Demokratie den
Vorzug verdient hätte. Wenn Plutarch den Solon nun
doch mehr nach dem demokratischen Ideal schildert, so
beweist das eben, dals er die 204. A9rv. hier ebenso-
wenig herangezogen hat, wie er sie in den Biogra-
phieen des Aristeides, Themistokles und Perikles!) be-
nutzt hat.
1) Für Themistokles und Perikles beweist das zur Genüge
die Darstellung vom Sturze des Areopags, für Aristeides die
-- 1% —
11. Kap. Die Ähnlichkeit zwischen Aristoteles und Her-
Aristofeles Mippos beruht also auf gleichartigem Quellenmaterial
Androtionund an einzelnen Stellen auf der Benutzung einer und
derselben Quelle. Eine von diesen Stellen ist der
Bericht über die Münzreform; die Ähnlichkeit des
Ausdruckes in der Motivierung der Abreise Solons ist
eine so grolse, dafs auch hier eine und dieselbe Quelle
vorliegen muls. In jenem Falle ist es Androtion ge-
wesen, der beiden, Aristoteles und Hermippos, zur
Hand war. Dafs Androtion auch sonst vom Aristoteles
benutzt ist, hat man längst erkannt; besonders Kap. 22
(p. 24, 11) liegt er klar vor, wo sogar im Ausdrucke
Übereinstimmung herrscht 1). Weitere Übereinstimmun-
abweichende Charakteristik in der πολ. 49nv. und die Angabe
p. 28, 29 ff., dafs 457/6 zuerst den Zeugiten das Archontat zugäng-
lich wurde, was mit Plut. Aristid. 22 im Widerspruch steht,
wo ein Psephisma des Aristeides erwähnt wird, welches allen
Athenern das Recht zur Archontenwahl gab. Vgl. Susemihl,
Alex. Litterat. Il 678 (Nachträge). — Ich freue mich, dafs ich
in diesem Resultate mit Rühl, Der Staat der Athener u. s. w. S. 693,
annähernd zusammentreffe. Wright, Harvard Studies III (1892)
25, 3 nimmt an, dafs Plutarch nicht aus der πολ. ’49nv. selbst,
sondern aus einer Quelle geschöpft habe, in welcher die πολ.
4$nv. in verkürzter Form enthalten war. Die auf diese Weise
benutzte πολ. ᾿4ϑην. habe Plutarch durch fremdartige Zusätze
erweitert.
1 ϑαοροῦντος ἤδη τοῦ δήμου τότε πρῶτον ἐχρήσαντο τῷ
γόμῳ τῷ περὶ τοῦ ὀστραχισμοῦ, ὃς ἐτέϑη διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν
ἐν ταῖς δυνάμεσιν" ὁ γὰρ Πεισίστρατος δημαγωγὸς χαὶ στρατη-
γὸς ὧν τύραννος χατέστη. χαὶ πρῶτος ὠστρακίσϑη τῶν ἐχείνου
συγγενῶν Ἵππαρχος Χάρμου Κολλυτεύς = Harpoer. v. Ἵππαρ-
χος . .. περὶ δὲ τούτου ᾿Ανδροτίων ἐν τῇ δευτέρᾳ φησίν, ὅτι
συγγενὴς μὲν ἣν Πεισιστράτου τοῦ τυράννου χαὶ πρῶτος ἐξωστρα-
χίσϑη, τοῦ περὶ τὸν ὀστραχισμὸν νόμου τότε πρῶτον τεϑέντος
(der falsche Ausdruck kommt auf Rechnung des Epitomators)
διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν περὶ Πεισίστρατον, ὅτε δημαγωγὸς ὧν χαὶ
στρατηγὸς ἐτυράννησεν (FHG. 1 371 fr. 5 M.).
-- 191] —
gen finden sich zwischen Androtion Fr. 10. 42. 43 und 1. Kap.
col. Adnv. c. 29 (p. 32, 18 ff.), 15 (p. 15, 17), 28
(p. 31, 4). Ich glaube, dafs Aristoteles noch viel mehr,
als wir nachweisen können, der Atthis des Androtion
verdankt. Androtion hat nach dem Jahre 346 seine
Atthis herausgegeben; das ist längst ausgesprochen !);
aber es ist für meine folgende Darlegung gut, wenn
ich die Gründe dafür, zumal sie sich noch etwas prä-
ciser fassen lassen, als bisher geschehen, hier vorführe.
Im 6. Buche war vermutlich Philomelos’ Tod (Ende 354),
im 7. Buche Onomarchos’ letzter Zug nach Boiotien (An-
fang 352) erwähnt; im 12. Buche ist von Amphipolis
die Rede gewesen (Frg. 27); bringt man bei der auf
das Jahr 352 folgenden Zeit denselben Zeitumfang für
die nächsten Bücher in Anrechnung, so kommt man mit
dem 12. Buche gerade in das Jahr 346, wo Amphi-
polis an Philipp abgetreten wurde, also eine Erwähnung
dieser Stadt besonders begreiflich ist. Im dasselbe
Jahr, aber schon in die nächste Olympiade (108, 3),
gehört die von Androtion erwähnte διαιμήφισις unter
dem Archon Archias (Philochoros Fr. 133, FH@G.
I 406). In diesem Jahre war Androtion noch in
Athen; denn zur Zeit der 8. Prytanie ol. 108, 2 (Ar-
chon Themistokles) beantragt er noch den Volks-
beschluls zu Ehren der Söhne Leukons (Dittenberger
Syll. 101). Nach Plutarch de exilio 14 (p. 605) hat
Androtion seine Atthis aber in Megara geschrieben;
also, da er noch 346 in Athen ist, nach diesem Jahre.
So stimmt das aus der Zusammenstellung der Inschrift
mit Plutarchs Angabe entnommene Ergebnis mit den
!) Schäfer, Demosthenes und seine Zeit 1? 390 vgl. II 29, 1.
Blafs, Att. Bereds. 11 20, 1 [320,2]. Ich nehme natürlich die alte
von Jonsius vollzogene Identifikation des Historikers und
Rhetors Androtion an.
1, Kap: beiden Zeugnissen der Fragmente überein: die Atthis
des Androtion ist erst nach dem Jahre 346 vollendet
und herausgegeben. "Andererseits beweist die Be-
kämpfung der androtioneischen Darstellung der Sei-
sachtheia in der 704. 49yv., dafs das Buch .vor dem
Jahre 325 erschienen war. Das Buch war also ein
neues, ‚als Aristoteles seine 7204. ϑην. schrieb. Es
mulste auch Autorität haben. Nicht blofs der Name
des im öffentlichen Leben sehr bekannten Mannes gab
sie ihm, sondern auch der Umstand, dafs Androtion
aus der Schule des Isokrates, der grofsen Schule der
Historiker des 4. Jahrhunderts, hervorgegangen war.
Aber wir haben nicht nötig, die Bedeutung der Atthis
des Androtion für seine Zeit zu vermuten: Philochoros
bezeugt sie direkt durch .die vielen Entlehnungen ἢ),
welche er gerade bei Androtion genommen hat; das
Buch mufs viel neues Material, namentlich über die
älteren Institutionen, gebracht haben, wie noch aus
den Fragmenten zu entnehmen ist (Androt. Frg.4, vgl.
πολ. “4ϑην. p. 8, 7: 8: 5; 10; 40; 51; 44a, FHG. IV
645, vgl. v. Wilamowitz, de Rhesi scholiisp. 13; Philochor.
Frg. 59; 133)?). Die Neuheit des Buches und seine aus
der Persönlichkeit des Verfassers wie aus dem Inhalte
resultierende Bedeutsamkeit machen es erklärlich,
warum Aristoteles dagegen lebhaft polemisiert und
doch auch aus dem neuen darin gebotenen Materiale
1 Müller, ΣῊΜ. I praef. LXXXIV; vgl. Schäfer a. a. Ὁ.
I 390; Busolt, Griech. Gesch. I 365. 366, 1, wo die Bemerkung
«diese Übereinstimmung ist um so bemerkenswerter, als sonst
die Atthidographen in vielen Punkten untereinander diffe-
rierten. Vgl. Strabo IX 392° wohl etwas zu allgemein spricht;
die hauptsächlichen Differenzen werden in den mythischen Par-
tieen gelegen haben, wohin ja auch die Strabostelle gehört-
Will man dies bestreiten, so erhöht man nur die Autorität des
Androtion. [Wright, Amerie. Journ. of Philol. XIL 311.]
-- 19 —
schöpfen muls. Dieses Buch mit dem bedeutenden 11. Kap.
Inhalte kann nun frühestens am Ende der vierziger
Jahre erschienen sein, d. h. zu einer Zeit, als Aristo-
teles schon einen grolsen Teil der Politik ausgearbeitet
hatte, in Kleinasien oder in Makedonien war und
wesentlich mit den in Athen gesammelten Materialien
arbeitete. Zwischen der Arbeit an der Politik und
der πολ. 491v. liegt das Erscheinen der Atthis des
Androtion. Sie ist eines von jenen Werken (s. o.
S. 124 ff.) und vielleicht das bedeutendste von ihnen,
durch welche Aristoteles veranlalst wurde, Angaben
der Politik in der πολ. 497. abzuändern, da sie Ma-
terial brachte, welches ihm bei der Niederschrift des
älteren Werkes noch nicht bekannt war. Und es scheint
mir recht bemerkenswert, dafs gerade in zwei Fällen
Aristoteles’ Änderungen in Angaben bestehen, welche
bestimmt sind, dieMacht des Areopags grölser erscheinen
zu lassen, als sie in der Politik geschildert war. Andro-
tion war Schüler des Mannes, der den Areopagitikos
geschrieben hatte, und Isokrates bezeugt selbst in
diesem Werke, dals er seine Auffassung von der
Machtstellung des Areopags in seinen Kreisen schon
früher vorgetragen hatte ($ 56 ἤδη δέ τινες ἀκούσαντές
μου ταῦτα διεξιόντος) : sollte der Schüler nicht etwas
unter dem Einflusse des Lehrers gestanden haben ?
Eine Darstellung, in welcher der Areopag hervortrat,
mulste Aristoteles willkommen sein. Andererseits würde
die Polemik des Aristoteles in Bezug auf das Alter
des Areopags sich gut erklären, wenn Androtion ihn
eine Institution Solons sein liefs; Androtion folgte
dann auch hier seines Lehrers Auffassung. Doch dies
ist nur ein mehr oder minder zweifelhaftes Corollar;
das Hauptergebnis steht mir fest, dals wir in Andro-
tions Buch ein Werk haben, welches uns die Diffe-
Keil, Aristoteles. 13
-- 1964 --
11. Kap. renzen zwischen der Politik und der στολ. 491v. be-
greiflich machen kann.
Doch die Untersuchung ist bereits in eine Darlegung
hinüber geglitten, welche mit mehr Recht dem folgenden
Schlulsabschnitte angehören würde. In ihm will ich zu-
sammenfassen, zu welcher Auffassung ich von der Kom-
positionsweise des Schriftstellers, der Komposition und
dem Zwecke der Schrift vom Staatswesen der Athener
gekommen bin, indem ich bei der Einzelinterpretation
des Abschnittes über die solonische Verfassung stets
das Ganze im Auge zu behalten versuchte. Dafs fast
sämtliche hier berührte Fragen noch einer Beantwortung
auf Grund der Interpretation des ganzen Buches harren,
ist mir bei keiner aus dem Bewufstsein gekommen.
Ich habe sie aber, obwohl ich nur von einer Einzel-
partie ausgegangen bin, aufgenommen und, soweit es
mit meinem Material, Wissen und Vermögen anging,
zu lösen versucht, um zu zeigen, dals man von der
Interpretation aus zu andern Ergebnissen gedrängt
wird, als die bisherige historische oder litterarhisto-
rische Betrachtung des Buches geliefert hat.
Schlufs.
Äussere Nach der Vollendung der Politik ging Aristoteles
Geschichte un die monographische Ausarbeitung des für die ein-
πολ. A9nv. zelnen Staaten gesammelten Materials!.. 158 Mono-
graphieen hat er entworfen und mehr oder weniger
!) Dieses sachliche und zeitliche Verhältnis ergiebt sich
aus dem S. 120 ff. und 148 ff. Beigebrachten, da so die zuerst von
Torr, Athenaeum 3302 S. 185 gegebene Datierung bestehen bleibt.
‚ausgearbeitet. Zu ihnen gehört die πολιτεία ““ϑηναίων. Schlufs
Während der Jahre 329—325 wurde sie in Athen
niedergeschrieben. Sie war zur Veröffentlichung be-
‚stimmt. Das wird durch die stilistische Durcharbeitung
einzelner Teile, durch die Rücksichtnahme auf kunst-
gemälsen Periodenschlufs, durch die Beobachtung des
Hiatgesetzes!), durch die Tendenz, den Plan und den
Aufbau des ganzen Buches, worüber im Folgenden ge-
sprochen wird, zur Evidenz gebracht. Das Treffende der
Darstellungs- und Ausdrucksweise, den leichten Flufs der
Sprache und den reichen Inhalt hat ein älterer alexan-
drinischer Gelehrter bekanntlich an den Werken des
Aristoteles gerühmt; ich glaube, es ist nicht zu günstig
über die πολ. ᾿ϑην. geurteilt, wenn man jenes Urteil
als durch sie bestätigt erachtet. Darf ein subjektives
Empfinden hier Ausdruck erhalten, so möchte ich es
aussprechen, dafs mir die Lektüre der πολ. AI.
wiederholt den Charakter der hyperideischen Diktion
in Erinnerung gerufen hat; ich habe den Eindruck,
als ob das Buch die Sprache des Hypereides in einer
für geschichtliche Darstellung gemälsigten, herab-
gestimmten Form und Ausdrucksweise redete. Wenn
nun die eben angeführten Erscheinungen auch er-
kennen lassen, dafs das Buch nach der Absicht des
1 Vgl. Headlam, Class. Rev. 1891, 270 ff. und Blafs, praef.
p. XV sq. Für eine’noch nicht völlig durchgearbeitete Schrift
enthält die πολ. ’49nv. ungemein wenig Hiate; man wird in
ihrer Beseitigung sehr vorsichtig sein müssen. Um den Grad
der Durcharbeitung auf die Hiate zu würdigen, mufs man De-
mosthenes’ Timocratea heranziehen, deren Betrachtung auf
diesen Punkt hin übrigens besonders diejenigen anstellen
sollten, welche etwa die jüngst vorgetragene Ansicht billigen,
dafs die Meidung des Hiates kein ‚Element gewollter kunst-
mälsiger Schriftstellerei sei. Vor fast genau fünfzig Jahren
ist das Buch ‘de hiatu? erschienen.
15*
πὲ τ ΝΕ; ἜΣ
Schlufs Verfassers zu den Denkmälern der kunstmälsigen Litte-
ratur gehören sollte, so finden sich daneben Anstöfse
verschiedenster Art, mit welchen ein Autor ein Werk
höheren Stiles nicht in die Öffentlichkeit hinausschickt:
das Buch entbehrt der letzten Feile (s. ο. S. 50 ff.).
Der Verfasser hat es selbst nicht mehr veröffentlicht;
es ist, wie andere aristotelische Schriften, mit den
übrigen Monographieen derselben Art von dem Peri-
patos nach dem Tode des Aristoteles herausgegeben,
so wie es im Manuskripte vorlag.
Noch im ersten Jahrhundert nach seinem Er-
scheinen hat es Einbulse an seinem Inhalte erlitten;
denn die grofse von Kaibel-Wilamowitz aufgewiesene
Lücke zwischen dem 60. und 61. Kapitel, in welcher
nach Ausweis des 43. Kapitels die Abschnitte über die
χειροτονητοί — den ταμίας στρατιωτικῶν, die Behörde
ἐπὶ τὸ ϑεωριχόν und den ἐπιμελητὴς τῶν κρηνῶν — ge-
standen haben, mufs vor der Zeit der grolsen alexan-
drinischen Lexikographie, vor Aristophanes von Byzanz
und der Entstehung der Aristophanesscholien, in den
Text hineingekommen sein, weil wir kein einziges Citat
aus dem Altertume, weder bei Lexikographen noch in
den Scholien, aus jenen Abschnitten überliefert er-
halten haben). Das Buch ist in den uns erhaltenen
Partieen während der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts
n. Chr. mehrfach benutzt worden, von Pollux, Harpo-
kration und Aelius Aristides?); nach dieser Zeit ist
1) Nachträglich ist mir der Gedanke gekommen, ob die
Lücke bei ihrem hohen Alter nicht schon gar auf die erste
Herausgabe selbst zurückgeht. Die betreffenden Blätter könnten
unter dem Nachlasse des Aristoteles nicht gefunden worden
sein. Dafs Aristoteles den jetzt fehlenden Abschnitt geschrie-
ben hatte, beweist das χαὶ hinter χειροτονοῦσι δὲ p. 68, 12.
?) Aristides XLVI p. 360 Dd., welche Stelle jetzt auch
-- 197 --
bisher keine sichere Spur selbständiger Benutzung
seitens der Antike nachgewiesen worden. Seine Exi-
Kenyon (3. Aufl.) anmerkt, schreibt unser Buch um 170 n. Chr.
— denn in diese Zeit fällt die Schrift ὑπὲρ τῶν τεττάρων ---
fast wörtlich aus (vgl. πολ. ’49nv. p. 10, 7 66): ἐκεῖνος (Solon).. πα-
ρὸν αὐτῷ στασιαζούσης τῆς πόλεως ὁποτέρων βούλοιτο προστάντι
τυραννεῖν, ἀπεχϑάνεσθαι μᾶλλον ἀμφοτέροις εἵλετο ὑπὲρ τοῦ δὲ-
χαίου" καὶ τῶν μὲν πλουσίων ὅσον χαλῶς εἶχεν ἀφεῖλεν, τῷ δήμῳ
δ᾽ οὐχ ἔδωχεν ὅσον ἐβούλετο, ἔστη δ᾽ ἐν μεθορίῳ πάντων ἀν-
δρειότατα χαὶ δικαιότατα, ὥσπερ τινὰς ὡς ἀληϑῶς ἐχ γεωμετρίας
περιγραπτοὺς φυλάττων ὅρους. Die Worte paraphrasieren zugleich
den Eingang und den Schlufs von πολ. ᾿ἤϑην. ce. 12: δήμῳ
μὲν γὰρ ἔδωχα τόσον γέρας ὅσσον ἐπαρί zei) und ἐγὼ δὲ τούτων
ὥσπερ ἐν μεταιχμίῳ ὅρος κατέστην. Die Geometrie bei Aristides
ist eine Spitze gegen Platon, welche etwa ein dutzendmal in
der Schrift wiederkehrt und auf Gorg. 508a geht λέληϑέ σε
ὅτε ἡ ἰσότης ἡ γεωμετριχὴ χαὶ ἐν ϑεοῖς χαὶ ἐν ἀνθρώποις μέγα
δύναται" σὺ δὲ πλεονεξίαν οἴει δεῖν ἀσχεῖν" γεωμετρίας γὰρ ἀμε-
λεῖς. In der Schrift περὶ τοῦ παραφϑέγματος (KLIX), welche
einige, aber nur wenige Jahre älter als die für die Viermänner ist,
hat Aristides nur Verse, welche auch in der πολ. 49nv. stehen;
sie sind also nicht aus Solon, sondern aus dieser geschöpft.
Übrigens ist die Konstruktion der Aristidesstelle (παρὸν αὐτῷ
εν τυραννεῖν, εἵλετο) nicht aus πολ. Asnv. c. 11, sondern aus
der Parallelstelle e. 6 entnommen: ὥστε, ἐξὸν αὐτῷ τοὺς νόμους
ὑποποιησάμενον τυραννεῖν τῆς πόλεως, ἀμφοτέροις ἀπεχϑέσϑαι
zei περὶ πλείονος ποιήσασϑαι τὸ χαλὸν ... ἢ τὴν αὑτοῦ πλεο-
γεξίαν: die letztere Stelle hat Aristides in derselben Schrift
p- 161 noch einmal verarbeitet: οὐδαμοῦ (Perikles)... τὴν πλεο-
νεξίαν ἀντὶ τῶν νόμων ἠγάπησεν, οὐδ᾽ ὅπως μείζων τῆς τά-
ξεως ἔσται προυνοήϑη, παρὸν αὐτῷ μᾶλλον παντὸς Πεισιστράτου"
ἀλλ᾿ ἣν παραπλήσιος χατέχοντι τὴν ἀχρόπολιν ἐπὶ τῷ σῴζειν τοὺς νό-
μους (vgl. πολ. 4ϑην. p. 14, 5 χατέσχε τὴν ἀκρόπολιν;
17, 12 ἔν τε γὰρ τοῖς ἄλλοις προηρεῖτο πάντα διοιχεῖν κατα
τοὺς νόμους, οὐδεμίαν ἑαυτῷ πλεονεξίαν διδούς) καὶ τῷ
πάντας εὖ ποιεῖν ἐκ μέσου. χαίτοι εἰ τὸν Aoy£haov χαχίζεις.. «. .»
ᾧ γε ἐξὸν ἐκείνῳ ὑμοίως τυραννεῖν, εἴπερ ἐβούλετο, οὐ
ταῦτα ἔδοξεν, ἀλλὰ τοὺς νόμους χαὶ τὸ δίχαιον πλείονος
ἄξια τοῦ χέρδους ἐποιήσατο, πῶς οὐ τούτῳ συγχαίρειν εἰχὸς ἣν ;
Schluls
Ael.
Aristid.
und die
πολ. Adv.
— 19 “--
Schlufs stenz im 8. Jahrhundert bezeugt ein altes Bibliotheks-
verzeichnis (Rhein. Mus. 1866, 432)'!). Aus den uns
Hier ist die Anlehnung wieder fast wörtlich; die Wiederholung,
welche in ἀντὶ τῶν νόμων (neben πλεονεξίαν) und τοὺς νόμους
(neben πλείονος ἄξια ποιήσασϑαι) liegt, beweist, dafs p. ὅ, 21 τοὺς
νόμους das Richtige ist. — Möglich ist, dafs Aristid. p. 317, 14 ft.
Dd. δοχοῦσι γάρ μοι τὰς συμφορὰς ἐνθυμούμενοι τὰς ἐπὶ τῶν
Πεισιστρατιδῶν γενομένας ἑαυτοῖς μηδένα βούλεσϑαι μεῖ-
ζον ἐᾶν τῶν πολλῶν φρονεῖν, ἀλλ᾽ ἐξ ἴσου εἰς δύνα μεν εἶναν
aus πολ. Asnv. p. 24, 13 ὃς ἐτέϑη διὰ τὴν ὑποψίαν τῶν ἐν ταῖς
δυνάμεσιν" ὁ γὰρ Πεισίστρατος κτὲ. (vgl. 24, 29 εἔτις δοκοίη
μείξων εἶναι) stammt. — Aristid. p. 250 f. Dd. (Flottengesetz
des Themistokles) stammt aus Plut. Them. 4 (vgl. Haas, qui-
bus fontibus Ael. Aristid. in or. pro IV viris q. s. p. 39, diss.
Gryph. 1884), ebenso p. 315 (Tod des Theseus und Übertragung
seiner Gebeine nach Athen) aus Plut. Kimon 8, welcher selbst
wieder hier sicher aus Ion schöpft. Dessen Glaubwürdigkeit
ist in diesen Dichtergeschichten, zumal wenn sie in maiorem
Sophoclis gloriam gehen, so elend, dafs sie gegen die Chronik-
angabe bei Plut. Thes. 36 gar nicht in Betracht kommt. Die
10 Strategen als Richter richten die ganze Fabelei, richteten
aber nie über eine Tragödie. Das Archontat des Phaidon (476/5)
ist das sichere Datum, an dem gar nicht mehr herumzunörgeln
ist, seit wir aus der πολ. 49nv. c.23 wissen, dafs der Seebund
schon 478/7 zu Stande gekommen ist. Die Kompromifskritik,
welche auch Bauer (Litter. und histor. Forschungen zu Aristot.
πολ. A9nv. 8. 102) noch befolgt, indem er nach Holzapfel
(Darst. d. griech. Gesch. δ. 85) im Plut. Thes. 36 Sardwros in
Aegiwvos ἄρχοντος Ändern will, bereitet sich hier wie überall
selbst Schwierigkeiten durch die Stellung der Fragen und
durch die Lösung, die sie suchen mufs.
!) Die Hypoth. zu Isokr. VIL, in welcher der Sturz des
Äreopags nach der πολ. 49nv. berichtet. wird, gehört in der
jetzigen Fassung in das 5. Jahrh. n. Chr., aber das ganze Hy-
pothesenkorpus ist nach älterem Material, und zwar solchem,
der Alexandrinerzeit, gearbeitet, wie die Citate beweisen. Ge-
naueres führt hier zu weit. Ich halte es nicht für aus-
geschlossen, dafs das Citat auf Hermippos zurückgeht, der
auch Hypoth. V mit Namen als Quelle genannt wird.
--Ῥ 19 ---
nicht erhaltenen Partieen fliefsen die Citate äufserst Sehlufs
spärlich; im ganzen sind ihrer vier erhalten. Davon
gehört eines der lexikographischen Tradition an (n. 3
K-W; 385 R®: Lex. Patmic. Bull. de corr. hellen.
1877, 152; s. o. S. 64,2), fällt also für die Frage, wie lange
der erste Teil des Buches gelesen wurde, fort. Ein anderes
steht Plut. Thes, ο. 25 (n.2K-W ; 984 Η ὅ), d.h. in einem
Kapitel, dessen‘ sonstiger Inhalt sicher unaristotelisch
ist; der auf die Worte ὅτε δὲ πρῶτος ἀπέχλινε πρὸς
τὸν Gykov, ὡς Agıororeing φησί folgende Zusatz zaı
ἀφῆχε τὸ μοναρχεῖν zeigt, dals Plutarch hier die στολ.
ἡώϑην. ebensowenig wie in seinem Solon, Themistokles,
Perikles und Aristeides eingesehen hat. Das dritte
Citat (n. 4 K-W.) steht im Scholion zu Euripid. Hipp.
11 (ed. Schwartz II p. 6), ist also für die Zeitfrage eben-
falls unbrauchbar. Nur das bei Harpokration s. v.
᾿“πόλλων ττατρῷος stehende (n. 1 K-W., 381 R°?) könnte,
da Harpokration die πολ. 49nv. sonst benutzt hat,
die Existenz des Einganges während des 2. Jahrh.
n. Chr. beweisen. Ich muis mich aber als Skeptiker
bekennen. Sollte es wirklich ein Zufall sein, dafs
den Schriftstellern des 2. Jahrh. n. Chr. fast jede
Kenntnis der Abschnitte der πολ. Ay. über die
Königszeit abgeht, und dals in unserem schwerlich vor
dem Anfange des 2. Jahrh. n. Chr. geschriebenen Pa-
pyrus auch gerade der Abschnitt über die Königszeit
fehlt? Man wird sagen, der abrupte Anfang beweise,
dafs hier zufällige Verstümmelung vorliege. Gewils.
Aber diese Verstümmelung ist, wie der vor der ersten
Kolumne freigelassene Raum beweist, schon aus der
Vorlage herübergenommen; sie reicht also in das
1. Jahrh. n. Chr. hinein. Sollten im 2. Jahrh. n. Chr.
vielleicht im wesentlichen nur noch Exemplare mit
dem fehlenden Eingange zu haben gewesen sein? Wie
Schlufs
Die
Quellen
und
Quellen-
benutzung
— 200 —
das Fehlen der Citate über jene drei durch Cheiro-
tonie gewählten Beamten sich aus einem frühzeitig ent-
standenen Defekte der Überlieferung erklärte, so würde
das Fehlen direkter Citate aus dem Eingange sich
ebenfalls gut aus einem frühzeitig eingetretenen Ver-
lust des Einganges des Buches begreifen. Dafs der
Eingang im 2. Jahrh. vor Chr. noch erhalten war,
bezeugen die Excerpte des Herakleides Lembos. — Von
den kleineren Lücken sind p. 6, 18; 22, 28; 26, 29;
28, 12; 40, 25; 49, 24; 65, 20. 21 "augenscheinlich
erheblicherer Art, die übrigen laufen auf Ausfall we-
niger Worte hinaus. Glosseme sachlicher Art sind sehr
gering an Zahl; dafs die von K-W. im 59. Kapitel da-
für erklärten Stellen richtig beurteilt sind, habe ich oben
(S. 52) in Frage stellen müssen. Das Buch ist uns
von den erwähnten Schäden abgesehen — die üblichen
Handschriftenfehler rechnen hier nicht — in der Form
erhalten, welche es bei der Veröffentlichung aus dem
Nachlasse des Aristoteles hatte.
Zu Grunde liegt der aristotelischen Darstellung
der solonischen Verfassung die Atthidenüberlieferung
und zwar in mehreren Brechungen. In dem Atthiden-
bericht macht er aus anderweitiger, ihm zugänglicher
Litteratur, z. B. auch, wie die Erörterung des 6.
Kapitels ergab, aus politischer Litteratur, Einlagen.
In dem Abschnitte über Solon hat er Herodot völlig
beiseite gelassen. Dals er ihn sonst benutzte, sagt er selbst
(p. 14, 27), und lehrt die Lektüre. Ebenso hat er Thuky-
dides herangezogen und vielleicht auch Xenophon!). Wo
') Die Übereinstimmung zwischen Hell. II 3, 19 und πολ.
᾿ϑην. c. 36 p. 39, 23 ff. scheint mir eine so grolse, dafs ich
hier direkte Abhängigkeit des letzteren Buches für das wahr-
scheinlichste halte. Ausgeschlossen wäre die Benutzung einer
gemeinsamen Quelle allerdings nicht. Weshalb ich die Nach-
Aristoteles einer Quelle ganz folgt, kürzt er, der Natur Sehluts
des vorliegenden Buches entsprechend, stark, hält sich
aber doch nach Möglichkeit an den Wortlaut der Vor-
lage; Beweis dafür ist sein Verhältnis zu Hermippos
und, da hier die Probe ganz sicher ist, vor allem der
Abschnitt über die Peisistratiden und die Antagonie
zwischen Isagoras und Kleisthenes, in welchem selbst
die Diktion stellenweis noch herodoteische Färbung
zeigt. Wo ihm aktenmäfsiges Material zur Verfügung
steht, teilt er es mit; mehr als er giebt, hatte er
schwerlich. Seine Darstellung beruht in erster Linie auf
litterarischen Quellen; aus dem Metroon hat er nicht
geschöpft, sonst mülsten sich davon Spuren finden.
Jene Quellen boten natürlich wenig urkundliches Ma-
terial. Die Schrift, der er in der Geschichte von 411
bis 403 folgte, mufs eine aufsergewöhnlich kritische
Leistung der Geschichtschreibung gewesen sein. Sie
wird schwerlich weit vom Jahre 400 abliegen. Da die
Kompromilsakte vom Jahre 403 (Kap. 39) darin ent-
halten war, welche man doch derselben Quelle wie die
übrigen Urkunden zuschreiben muls, so ist der terminus
post quem für diese Quelle gesichert.
Mit der Masse der überlieferten Thatsachen operiert
er frei. Er läfst einfach fort, was er nicht für richtig oder
nicht für wichtig hält; oft liegt so Polemik in seinem
Schweigen. Die Richtigkeit der litterarischen Über-
lieferung prüft er an Indiecienbeweisen verschiedenster
Art; sie sind die Waffe im Kampfe gegen die unglaubwür-
dige Tradition. Darum baut sich seine ganze Darstellung
der ältesten Verfassungsperiode, mit Ausnahme eines
richt über die Zurückweisung des von Sparta nach der Schlacht
bei den Arginusen angebotenen Friedens nicht mehr als Er-
gänzung zu Xenophon fassen kann, ist $.224 gesagt. [Über die
sonstigen Quellen vgl. Macan, Journ. of. hell. stud. XII 35 ff.]
-- 202 “--
Schlufs kurzen Abschnittes (p. 9, 2---9), auf Indieienbeweisen auf;
darum die Häufigkeit der Indicienbeweise in der Solon-
partie: er geht an gegen die demokratische Auffassung
dieses Mannes in der Tradition. Scharf sticht dagegen
der Bericht über die drakontische Verfassung ab, denn
in ihm fehlt jeder Indicienbeweis. Daraus folgt aber
nichts gegen seine Echtheit. Das Andenken an die
Gesetze Drakons lebte in den Athenern des 4. Jahr-
hunderts, aber ein Grausen überkam den freien Mann,
wenn er ihrer gedachte: sie troffen ihm von Blut; das
hörte er von der Tribüne schreien. Hiergegen hätte
Aristoteles etwas sagen müssen, gehörten die νόμοι für
ihn zur πολιτεία. Da sie es nicht thun, hat er keine
Veranlassung zur Polemik. Das Andenken an die Ver-
fassung Drakons lebte dagegen nicht im Athen des
4. Jahrhunderts; auch die Atthiden hatten nichts über
sie, wie unsere von den Atthiden grölstenteils abhängige
Überlieferung mit ihrem Schweigen über diese Ver-
fassung unumstöfslich beweist. Gegen wen sollte Ari-
stoteles polemisieren? gegen welche Tradition die
Sprache der Indicien wecken? So stellte er einfach
dar, froh vielleicht, in seiner Zeit von der drakon-
tischen Verfassung überhaupt noch eine Nachricht ge-
funden zu haben, welche ihn einfach darstellen liels. —
Die Polemik ist stets malsvoll; wo er sie nicht blofs an-
deutet, sondern offen ausspricht, beruhigt er sich meist
nicht bei der Negative, sondern weils aus der Negative
positive Züge für seine Darstellung zu gewinnen. Die
ganze Schrift zeigt einen Schriftsteller, der nirgend
gedankenlos die Tradition tradiert, sondern nur giebt,
was durch sein Urteil hindurchgegangen ist. Dieses
Urteil mischt er in die Darstellung der Thatsachen
und in die Charakteristik von Persönlichkeiten mehr-
fach kurz andeutend, oft mit fühlbarer Betonung und
-- 208. —
stets mit besonderer Absicht. Zwecklos ist wie in Sehluls
dem ganzen Buche, so in dem Abschnitte über Solon
kein Satz. Alles ist in diesem Abschnitte nach einem
Gesichtspunkte abgewogen, alles dient nach Aristoteles’
Absicht dem einen Zwecke, seinen Solon zu zeichnen,
der nicht der der Tradition war. Und woher hatte
er sein Bild vom Solon? Aus den Gedichten dieses
Mannes, aus der letzten Quelle, die es dafür geben
konnte. Indem nun Aristoteles ein in sich geschlossenes
Bild von Solon gewinnen will, geben ihm bei der Ar-
beit, wenn der consensus omnium auch etwas gilt
(p. 5, 1; 6, 7; 10, 12), diese Gedichte den eigentlichen
Prüfstein für jede Überlieferung ab. Aristoteles läfst
selbst erkennen, dals er die Gedichte als letzte Kenntnis-
quelle über Solon gefalst hat. Um dem Leser von
vornherein eine auf die Gedichte sich stützende Ansicht
von dem Charakter des Mannes zu geben und ihn
für die folgende Darstellung empfänglich zu machen,
stehen im ersten Kapitel der Solonpartie zwei Citate;
dann folgt die ganze Darstellung von Solons Thätig-
keit, ohne dafs ein Vers angeführt wird; am Schlusse
aber sind die Belege so wuchtig gehäuft und in so
unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endurteil über
Solon gebracht, dafs man fühlt, wie der Schriftsteller
sagen will: mein Solon ist der, der gewesen zu sein
er selbst bezeugt).
Aristoteles will nicht blofs den Staatsmann Solon
darstellen, er will gerade auch den Menschen richtig
fassen und würdigen lehren. Darum fügt er bei der
Usurpation des Peisistratos die Anekdote von Solons
!) Ganz deutlich sind die Gedichte als Quelle in der
Polit. 1296 a 19 genannt: Σόλων re γὰρ nv τούτων (ἃ. h. τῶν
μέσων) — δηλοῖ δ᾽ ἐκ τῆς ποιήσεως.
-- 264 —
Schluts Widerstand ein: sie soll den Mann auch unter schwie-
rigen Verhältnissen als Vorkämpfer für sein Werk
zeigen'); darum wird der Klatsch über das Liebes-
verhältnis des Solon zu Peisistratos ausdrücklich und
mit hartem Worte (8. ο. ὃ. 153) zurückgewiesen; diese
Leidenschaft stimmt nicht zu dem Bilde des aristo-
telischen mafsvollen Solon. Es kommt Aristoteles eben
nicht weniger auf den Menschen als auf den Staats-
mann Solon an. Aber was soll das Individuum in
einer Geschichte staatlicher Institutionen ?
Die aristo- Es ist des Aristoteles staatsphilosophisches Axiom,
nn dals der μέσος der beste Bürger sei?). Der Grund-
satz, dals die staatsbürgerliche μεσότης das Erhaltende
ist), dals alles Extreme zerstört*) und, um mit Aristo-
teles’ eigenen Worten zu reden, ὅτι ἢ χοινωνία ἡ ττο-
λιτιχὴ ἀρίστη ἡ διὰ τῶν μέσων (Polit. 1295 b 35),
dieser Grundsatz hat bei jedem in unserem Buche sich
vorhanden Hundenden Urteile über einzelne Staatsmänner wie über
in ganze Verfassungsperioden als Kriterium gedient. Solon
Individuen rind gelobt; denn nach dem Zeugnis seiner eigenen
Gedichte konnte er fast als eine Verkörperung der
staatsbürgerlichen μεσότης gelten. Im unserem Buche
schliefst Aristoteles das Gesamturteil über ihn mit den
Worten νομοϑετήσας τὰ βέλτιστα, und in der Politik
(1296 b 19) hatte er gesagt: τὸ τοὺς βελτίστους vouo-
ϑέτας εἶναι τῶν μέσων" Σόλων . . γὰρ ἦν τούτων (δη-
λοῖ δ᾽ ἐχ τῆς ποιήσεως). Von diesem Standpunkte aus
ist das lobende Urteil gefällt über Nikias und Thuky-
1) Hoi. A9nv. p. 14, 13 αὐτὸς μὲν ἔφη βεβοηϑηχέναι τῇ
πατρίδι; vgl. p. 10, 9 σώσας τὴν πατρίδα.
53) Die Hauptstelle Politik 1295 ἃ 84 — 1296 b 2, wozu die
Erklärer die übrigen Stellen geben.
3) Polit. 1296 b 38 ff., vgl. 1308 b 30.
4 Polit. 1309b 18—35.
— 205 “--
dides, des Melesias Sohn (Kap. 28), im Gegensatz zu Schluls
den extremen Demokraten ihrer Zeit, ebenso das über
Peisistratos, weil er, obwohl Tyrann, doch nach den
Satzungen Solons (χατὰ τοὺς νόμους p. 17, 13) regierte,
und auch das über Archinos, weil er, wenn auch mit
ungesetzlichem Mittel (πείσας ἄχριτον ἀποχτεῖναι
Ῥ. 49, 23), eine gemälsigte 1) Demokratie nach den Tagen
der Dreifsig durchführte und die Bürgerschaft zur
Achtung der bestehenden Ordnung zwang. Besondere
Gnade hat aber Theramenes, neben welchem die Olig-
archen Peisandros und Antiphon mit Lob genannt
werden (p. 36, 13), vor seinen Augen gefunden. Ari-
stoteles nimmt sich des Vielgeschmähten in auffälligster
Weise an und sucht zu beweisen, dafs das allgemein
geltende Urteil über diesen Mann infolge der ver-
wickelten politischen Verhältnisse jener Zeit in die
Irre gegangen sei. Der Grund für diese Apologie
liegt auch hier in dem Umstande, dals Aristoteles bei
genauer Betrachtung in der politischen Thätigkeit des
Mannes die Charakteristika für einen μέσος sehen zu
müssen glaubte: δοχεῖ μέντοι un rag&oyws ἀττοφαινο-
μένοις ) οὐχ ὥσπερ αὐτὸν διαβάλλουσι πάσας Tag ττο-
λιτείας καταλύειν, ἀλλὰ πάσας προάγειν ἕως μηδὲν
σεαραγομοῖεν, ὡς δυνάμενος πολιτεύεσϑαι χατὰ πάσας,
ὅπερ ἐστὶν ἀγαϑοῦ πολίτου ἔργον, πιαρανομούσαις δὲ οὐ
1) Das liegt ausgedrückt in dem Auftreten des Archinos
gegen Thrasybulos’ Psephisma, ἐν ᾧ μετεδίδου τῆς πολιτείας
πᾶσι τοῖς ἐκ Πειραιέως συγχατελθοῦσιν, ὧν ἔνιοι φανερῶς ἦσαν
δοῦλοι p. 49, 19 ff.
3) Dieser Ausdruck beweist mir, dafs Aristoteles sein Ur-
teil über Theramenes nicht durch eine für diesen Politiker
parteiische Quelle hat bestimmen lassen, sondern dafs er selbst
sich sein Urteil aus der Geschichte gebildet hat.
-- 206 —
Schluls συγχωρῶν ἀλλ᾽ ἀπεχϑανόμενος (Kap. 28 a.E.). Die Ge-
in Ver-
fassungs-
perioden
schichte der Jahre 411—404 kehrt bei Aristoteles
immer wieder auf Theramenes zurück. Zum Teil liegt
der Grund dafür in der bedeutenden politischen Thätig-
keit des Mannes selbst, aber ganz wird man hieraus
doch nicht den Umstand erklären können, dafs die
Ereignisse jener Jahre mit so besonderer Rücksicht auf
Theramenes’ Schicksal dargestellt werden; es ist, als
ob die Darstellung zeigen sollte, wie der gute Bürger
im Ringen mit den alles Recht und Gesetz vergewalti-
genden Regierungen seiner Überzeugung zum Opfer
fällt.
Die solonische Verfassung war eine zroAıreia, ihre
ruinöse παρέχβασις also die Önuoxoerie. Mithin ver-
fällt, was auf eine Entwicklung von der solonischen
Verfassung hinweg und hin zu der extremen Demo-
kratie des 4. Jahrhunderts geführt hat, dem verdammen-
den Urteile des Schriftstellers; dagegen verdiente, was
diese Entwicklung aufhielt oder hinderte, seine An-
erkennung. Die Verfassungsperiode, welche der solo-
nischen am nächsten kommt, ist natürlich die, in
welcher der Areopag die Prärogative der älteren Zeit
annähernd wieder gewonnen hatte, die siebzehn Jahre
nach der Schlacht bei Salamis. Damals hatte der
Areopag die ἐπέϑετα δι᾿ ὧν ἣν ἡ τῆς τιολιτείας φυλαχή,
wie es (p. 27, 24) mit deutlicher Rückbeziehung auf
die drakontische (φύλαξ ἣν τῶν νόμων p. 4, 10) und
solonische (γομοφυλαχεῖν --- ἐπείσχοττος οὖσα τῆς ττολι-
τείας p. 8, 10) Ordnung heilst. Daher das Urteil zei
ἐγεολιτεύϑησαν Aynvaloı χαλῶς καὶ κατὰ τούτους τοὺς
χαιροὺς (p. 25, 27). Athen befand sich, wie in alten
Tagen, so auch zu dieser Zeit in einer glücklichen Peri-
ode des politischen Lebens. Denn gerade zu dieser
-- 207 --
Zeit!) war es, wo die Athener das Kriegshandwerk Schlufs
übten, wo sie eine solche Politik trieben, dafs sie sich
des besten Leumundes bei den anderen Griechen er-
freuten, und wo sie so stark waren, dals sie trotz des
Widerstandes von Sparta (ἀκόντων τῶν “αχεδαιμονίων
p. 26, 4) die Herrschaft zur See gewannen. Es kommt
Aristoteles, wie auch die prägnante Stellung der eben
eitierten Worte am Schlusse der Periode beweist,
bei der Erwähnung der Seehegemonie nicht auf diese
selbst, sondern allein auf den Nachweis der Stärke
des damaligen Athens an. Diese Stärke ist ein Lob
für die in Rede stehende Periode, ihr Lob ist nicht
die Herrschaft zur See, welche nur der Erfolg dieser
Kraft, aber nach Aristoteles’ Urteil ein wenig er-
wünschter ist. Nicht der Areopag hat zur See hin-
getrieben, der Demokrat Aristeides that es. Was Pei-
sistratos, der selbst als Tyrann sich unter die Gerichts-
barkeit des Areopags stellte, weislich zu verhindern
gesucht hatte, dazu wurde von den Demokraten
gegen die konservativen Tendenzen des Areopags jetzt
aufgefordert: χαταβάντας Ex τῶν ἀγρῶν οἰχεῖν ἐν τῷ
ἄστει (ρ. 26, 21.) Die ἀρχή, welche sich nur zu bald aus
der ἡγεμονία entwickelte, erforderte die Arbeitskraft
auch der grofsen Menge; der Staat bedurfte der σεολλοί,
des δῆμος (p. 27,1. 15); jetzt müssen sich also demo-
kratische Tendenzen geltend machen. Eigentlich wäre
dem Aristoteles damit ein Grund gegeben gewesen,
diese Periode zu tadeln; allein der Anspruch auf die
ἀρχή wurde nicht in ihrem Beginne, sondern in den
späteren Jahren derselben, als der Bürgerschaft der
!) Ich halte also sowohl χαὶ (p. 25, 27) vor χατὰ τούτους
τοὺς χαιρούς als auch xar« τὸν yoovov τοῦτον (p. 26, 1) für
echt.
-- 208 --
Sehlufs Kamm schon geschwollen war (ϑαρροίσης ἤδη τῆς 700-
λεως), erhoben. So besteht das im Anfang gegebene
günstige Gesamturteil über die letzte areopagitische
Ara zu recht, und nur der Schluls dieser Periode ver-
dient die Einschränkung, in welcher es von dieser 7τ0-
λιτεία heist: ὑπτοφερομένη zara μιχρόν (p. 27, 17). —
Unter den folgenden Verfassungen wird der an die
Oligarchie der Vierhundert sich anschliefsende Zustand
gelobt. Die πολιτεία hatten die Orrka rrageyousvoı,
und das war in einer Kriegszeit vernünftig (p. 37,
8-10). Aristoteles äufsert in der Politik: δεῖ de τὴν
γεολιτείαν εἶναι μὲν ἐχ τῶν Ta ὕτπτλα ἐχόντων μόνων
(1297 b 1); sein lobendes Urteil steht unter dem Ein-
flusse dieses allgemeinen Grundsatzes und im Einklange
mit ihm. Eine solche Verfassung ist ein Schritt ab von
der alles ausgleichenden Demokratie, sie kann also ge-
lobt werden. Über die Oligarchie der Vierhundert selbst
enthält sich Aristoteles jeglichen Urteils; er giebt nur
die Aktenstücke und teilt die Thatsachen trocken mit,
welche den Antritt der Bule der Vierhundert begleiteten,
und welche ihren Sturz herbeiführten. Er kann die
Männer nicht tadeln, denn im Grunde muls er ihre
antidemokratische Tendenz billigen; er kann sie aber
auch nicht loben, weil sie verfassungswidrig die ὅτελα
ἔχοντες von der Regierung ausschlossen. — Noch eine
Periode hat des Aristoteles Anerkennung gefunden,
die unmittelbar auf die Restauration von 403 folgenden
Jahre (Kap. 40): doxotoıw κάλλιστα δὴ καὶ ττολιτικώτατα
ἁπάντων χαὶ ἰδίᾳ χαὶ κοινῇ χρήσασϑαι ταῖς προγεγενη-
μέναις συμφοραῖς, denn es wurde nicht nur eine allgemeine
Amnestie durchgeführt, sondern der Demos zahlte auch
die Kriegsschulden der Besiegten, obwohl er durch
die Verträge ausdrücklich davon entbunden war: &v..
ταῖς ἄλλαις πόλεσιν οὐχ οἷον ἐπιπροστιϑέασιν τῶν οἱ-
τὸ 1a
χείων οἱ δῆμοι χρατήσαντες, ἀλλὰ καὶ τὴν χώραν ἀνά-
δαστον ποιοῦσιν (Kap. 40 a. ἘΜ). Die weise politische
Mäfsigung, die μεσότης, welche sich in diesen Mals-
regeln ausspricht, hat auch hier das Lob veranlalst.
Dasselbe philosophische Axiom, welches diese
lobenden Urteile dem Schriftsteller eingab, hat auch
seinen Tadel bestimmt. Sein Urteil über Kleisthenes
ist eisig. Er ging zur Volkspartei über, weil er im
Kampfe mit Isagoras unterlegen war. Das Volk ver-
traute ihm später, weil er selbst wie sein ganzes Ge-
schlecht — daher hier Kedon (p. 22, 21), der zum
Beleg für die Parteistellung des Geschlechtes in früherer
Zeit genannt wird — gegen die Tyrannis gekämpft
hatte: χατασχόντος δὲ τοῦ δήμου ra πράγματα Κλει-
σϑένης ἡγεμὼν ἣν καὶ τοῦ δήμου τιροστάτης (ρ. 22,17);
als ein προεστηκὼς τοῦ πλήϑους (p. 22, 26) mulste er
eine Verfassung geben, von welcher es Ποιίβε: δημοτι-
χωτέρα πολὺ τῆς Σόλωνος ἐγένετο ἢ molıreia'). Das
ἀναμίσγεσϑαι τὸ πλῆϑος (p. 28, 8) wird hervorgehoben
und das gesetzgeberische Verfahren des Kleisthenes als
eines στοχαζόμενος τοῦ πλήϑους (p. 24, 2) gebrand-
markt. Diesem harten Urteil verfällt auch die In-
stitution des Ostrakismos, da ihre Erwähnung unmittel-
bar an die zuletzt ausgehobenen Worte geknüpft ist?);
ebenso hat Aristoteles in der Politik den Ostrakismos
‚ 2 -
verworfen: βέλτιον... τὸν νομοϑέτην ἐξ ἀρχῆς οὕτω
συστῆσαι τὴν πολιτείαν, ὥστε μὴ δεῖσϑαι τοιαύτης
ἰατρείας). — Die Verfassung von 508—480, welche
1 Anfang von Kap. 22; vgl. p. 4, 27 ἡ Κλεισθένους, δη-
μοτικωτέρα Σόλωνος.
35)... χαινοὺς δ᾽ ἄλλους (sc. νόμους) ϑεῖναι τὸν Κλεισϑένη
στοχαζόμενον τοῦ πλήϑους, ἐν οἷς ἐτέϑη χαὶ ὁ περὶ τοῦ ὄστρα-
χισμοῦ γνέμος.
8) Polit. 1284 Ὁ 17; vgl. 1802 Ὁ 18... ἐνιαχοῦ εἰώϑασιν
Keil, Aristoteles. 14
Schlufs
Die
μεούτης
vermifst
bei Klei-
sthenes
Schluls
Perikles
— 20 —
sich ganz in Kleisthenes’ Formen hält, kann natürlich
des Aristoteles Wohlgefallen nicht erregt haben. Dies
ist nicht ohne Folgen für ein weiteres Urteil über sie
geblieben. Aristoteles erklärte die areopagitische Ära,
welche auf Salamis folgte, für gut, und dementsprechend
liefs er auch die äufseren Erfolge dieser Zeit be-
deutende sein. Der Glanz, den Aristoteles ihr ver-
leiht, ist dazu bestimmt, die vorhergehende kleisthe-
nische, demokratische Periode und, um das hier gleich
zu sagen, auch die folgende, ebenfalls demokratische
Periode des Perikles in den Schatten zu stellen. Die
kleisthenische Verfassungsepoche war im ganzen nicht
gut, also sind die äulseren Erfolge dieser Demokratie
auch nur geringe, wie es im Gegensatze zu denen der
areopagitischen Ära heifst: τότε μὲν οὖν μέχρι τούτου
τροῆλϑεν ἡ πόλις ἅμα τῇ δημοχρατίᾳ κατὰ μιχρὸν
αὐξανομένη (p. 25, 18). Die Schlaffheit der demokra-
tischen Heerführer zeigte sich vor Salamis, wo sie den
Kopf verloren; der alte Areopag ward der Hort des
Staates).
Die Beurteilung des Perikles ist merkwürdig ge-
wunden ausgefallen. Perikles gehört zu den Errıeızeig;
deshalb kann er nicht ganz verurteilt werden. Aber
absolutes Lob verdient er nicht; es kehrt bei ihm das
ὀστρακίζευν, οἷον ἐν Ἄργει χαὶ ᾿ϑήνησιν᾽ καίτοι βέλτιον ἐξ ἀρ-
χῆς ὁρῶν ὅπως μὴ ἐνέσονται τοσοῦτον ὑπερέχοντες, ἢ ἐάσαντες
γενέσϑαι ἴᾶσϑαι ὕστερον.
1) Vgl. Lyk. Leokr. 52 von der Zeit nach Chaironeia: ἡ μὲν
γὰρ ἐν ᾿ἀρείῳ πάγῳ βουλὴ (καὶ μηδείς μον ϑορυβήσῃ" ταύτην γὰρ
ὑπολαμβάνω μεγίστην τότε γενέσϑαι τῇ πόλει σωτηρίαν) τοὺς
φεύγοντας τὴν πατρίδα καὶ ἐγκαταλείποντας τότε τοῖς πολεμίοις
λαβοῦσα ἀπέχτεινε. Die Worte χαὶ μηδεὶς χτὲ. zeigen deutlich,
dafs der Areopag damals seine Befugnisse überschritten hatte;
in der Zeit der Not liefs der Demos es sich gefallen, später
mifsbilligte er es. ι
— 2ll —
Scheltwort gegen Kleisthenes wörtlich und mit fühl- Sehiuts
barer Verschärfung wieder: δημοτιχωτέραν ἔτι συνέβη
γενέσϑαι τὴν πολιτείαν (p. 29, 14), und absichtliche
Härte liegt augenscheinlich in dem Ausdrucke πρὸς τὸ
δημαγωγεῖν ἐλϑόντος Περιχλέους . . . δημοτιχωτέραν
ἔτι χτὲ., nicht so sehr durch das Wort δημαγωγεῖν,
wie durch den Gegensatz, in welchen Perikles hier
zu den früheren mafsvollen προστάται τοῦ δήμου
gesetzt wird. So muls denn das Urteil über die pe-
rikleische Periode beim Vergleich mit der vorher-
gehenden ein Tadel sein; nur relativ erhält sie ein Lob,
nämlich im Vergleich mit den folgenden extrem demo-
kratischen Zeiten (c. 28): ἕως μὲν οὖν Περιχλῆς προ-
ειστήχει τοῦ δήμου βελτίω τὰ κατὰ τὴν πτολιτείαν ἦν,
τελευτήσαντος δὲ Περιχλέους πολὺ χείρω. Die Βε-
gründung des δημοτιχωτέραν besteht aus drei Punkten:
Perikles nahm dem Areopag einige Vorrechte, drängte
besonders zur Seepolitik und gewährte zuerst den
Richtersold. Wie Aristoteles über die letztere Mafs-
regel denkt, hat er in der Politik 1320a 17 ff. aus-
gesprochen. Er meint, der Sold sei in volkreichen
Staaten für die unbemittelten Klassen notwendig; nur
verurteilt er die übliche unterschiedslose Zahlung und
bringt sie in Kausalnexus mit den bestehenden Finanz-
schwierigkeiten der Staaten, in welchen der Richter-
sold unterschiedslos gezahlt wird. Seine Worte gehen,
wie er selbst sagt, auf die τελευταῖαι δημοχρατίαι:
Perikles’ Mafsregel wird daher in der 7704. 4$yv. als
ein Faktor für die Steigerung des demokratischen Cha-
rakters der athenischen Verfassung aufgeführt. Auch
werden die Nebenumstände bei ihrer Einführung und
die Folgen in schlechtes Licht gerückt. Perikles hat
den Sold aus rein politischer Rancüne eingeführt, nicht
etwa aus der Erkenntnis der Notwendigkeit einer sol-
14*
--ἨἭ 212 -
Schluts chen Mafsregel für einen volkreichen Staat, und hat
ihn eingeführt auf den Rat eines Menschen, der später
durch Ostrakismos verbannt wurde. Die Folge davon,
dafs der Richter um Geld Recht sprach, war des wei-
teren eine Zugänglichkeit der Richter für Bestechungs-
versuche. Aristoteles giebt diesen Zusammenhang in der
ihm eigenen Weise durch die einfache Anfügung des Auf-
tretens der Richterbestechungen an den Bericht über die
Einführung des Richtersoldes deutlich zu verstehen. Da-
zwischen (p. 30,7 ff.) steht nur ein kurzer Satz: ἀφ᾽ ὧν
αἰτιῶνταί τινὲς χείρους γενέσϑαι, χληρουμένων ἐπιμελῶς
ἀεὶ μᾶλλον τῶν τυχόντων ἢ τῶν ἐπιεικῶν ἀνθρώπων.
Aristoteles referiert hier; er scheint selbst dem Be-
richteten nicht ganz zu glauben!), aber doch kann
1) Warum er sich so reserviert verhält, vermag ich nicht
abzusehen; ich entsinne mich keiner Stelle der Politik, die hier
erklärend einträte. Vielleicht fand er durch das χληροῦσϑαι
selbst die Möglichkeit einer absichtlichen Steigerung des nie-
deren Elementes in den Gerichten ausgeschlossen. Kaibel-
Kiefsling werden m. E. an dieser Stelle. dem Wortsinne nicht
ganz gerecht, wenn sieübersetzen: “da die übrigen sich eifriger zur
Losurne drängten als der behäbige Bürgersmann’. Das ἐπε-
μελῶς κληροῦσϑαι bezeichnet eine absichtliche Beugung des
Rechtes beim Losen selbst; aber in einem stärkeren Zuströmen
von Krethi und Plethi statt der besseren Elemente (2rısızeis)
kann doch nichts Beabsichtigtes liegen. Von der Absicht des
Gesetzgebers ist hier nicht die Rede, sondern allein von der
thatsächliehen Folge. Aristoteles führt hier die Ansicht älterer an;
vielleicht war ihre Auffassung aus der Art der-Richtererlosung
seiner Zeit nicht mehr erklärlich, wohl aber ausder einer früheren.
Ich glaube, diese Stelle hat Bedeutung für die Zahl 6000 im
5. Jahrh. und die Richterqualifikation im 4. Jahrh. Es läfst
sich eine Möglichkeit denken, unter welcher bei einer Be-
schränkung der jährlichen Richterzahl im 5. Jahrh. ein ἐπε-
μιελῶς κληοοῦσϑαι stattfinden konnte. Andererseitsistes nichtaus-
gemacht, dafs jene Beschränkung auch im 4. Jahrh. fortbestand,
und damit fiel dann das Verständnis für das ἐπεμελῶς κληροῦ-
— 415 —
er es, um sein Urteil über die perikleische Malsregel
zu begründen, nicht unterlassen anzuführen, dals von
anderen ähnlich wie von ihm selbst geurteilt sei. Es
erinnert das etwas an das calumniare audacter.
Generellere Bedeutung für das Anwachsen der
Demokratie als das eben besprochene Moment haben
die beiden an erster Stelle genannten, die Einschrän-
kung der Kompetenzen des Areopags und die Seemacht-
politik. Jene ist von Ephialtes unter Beihilfe des
Themistokles begonnen worden. Wie die Einführung
des Richtersoldes schon durch das Motiv, welches den
Urheber dieser Malsregel leitete, diskreditiert wurde,
so wird auch der Beginn des Sturzes des Areopags
mit _unlauteren Motiven eines der demokratischen
Führer in Verbindung gesetzt: Themistokles will der
Anklage auf Landesverrat entgehen. Eine Neuerung,
die auf solchem Wege herbeigeführt ist, kann nur
schlechte Folgen haben: συνέβαινεν ἀνίεσϑαι μᾶλλον τὴν
σεολιτείαν διὰ τοὺς προϑύμως δημαγωγοῦντας (ρΡ. 28, 17):
denn diese können jetzt, wo der Areopag nicht mehr
die ἐπιμέλεια für den Staat hat, aufkommen. Viel-
leicht ist auch nicht ohne Grund in unmittelbarem
Anschlufs daran die Einführung des passiven Wahl-
rechtes für die Zeugiten (p. 28, 29) erzählt. Auch
hier also wird, wie bei dem Richtersold, in den Folgen
der Neuerung die Kritik der Neuerung angedeutet.
Schärfer noch kommt die Kritik zum Ausdruck in
der an den Sturz des Areopags angeschlossenen Nach-
richt über die bald darauf erfolgte Ermordung des
Ephialtes. Sie hat in. dieser knappen Verfassungs-
σϑαι am Ende des 4. Jahrh. fort. Die Zahl von 6000 Richtern
ist aus der früheren Zeit für gewisse Fälle beibehalten, ob-
gleich sie nicht mehr sämtliche Richter repräsentierte. Doch
führt das hier zu weit ab.
Schluls
The-
mistokles
und
Ephialtes
--ὄ 214 —
Schlufs geschichte eigentlich keinen Raum; wenn der Schrift-
steller ihr ihn docli gewährt, so hat er eine Absicht
dabei; es ist die, zu zeigen, wie die üble That ihren
rechten Lohn findet. Es scheint mir von diesem Ge-
sichtspunkte aus so gut wie sicher, dafs auch der kläg-
liche Ausgang des Themistokles hier berichtet ge-
wesen sein mufls, und die Texteskritik tritt bestätigend
hinzu. Kaibel-Wilamowitz haben m. E. p. 28, 12 mit
Recht in den Worten xai (6 μὲν Θεμιστοχλῆς...... )
ἀνῃρέϑη δὲ καὶ ὃ ᾿Εφιάλτης eine Lücke konstatiert.
Um die Kritik, welche Aristoteles hiermit an den de-
mokratischen Helden übt, recht zu würdigen, beachte
man, dafs er vom Ephialtes sagt: δοκῶν ἀδωροδόχητος
εἶναι χαὶ δίκαιος τερὸς τὴν ττολιτείαν (ρ. 27,20). Das Urteil
der Athener, welches er durch δοχῶν als solches kenn-
zeichnet, wird durch die Geschehnisse und ihre Folgen
widerlegt. Das Volk wufste eben nicht, was ihm
Aristeides frommte, Genau so heifst es vom Aristeides und The-
und The- E ς \ \ \ = CHR ὧν \
mistokles mistokles: ὁ μὲν va πολεμιχὰ δοχῶν, ὁ δὲ τὰ srohırına
δεινὸς εἶναι χαὶ δικαιοσύνῃ τῶν χαϑ'᾽ ξαυτὸν διαφέρειν
(p. 20, 6). Dafs diese Volksmeinung über Aristeides falsch
war, wird gezeigt. Denn die Folgen der Seemacht-
politik des Aristeides werden sofort als verderblich ge-
schildert: der grofse Staat gebraucht viele Menschen,
sie werden dem Lande entzogen und suchen nun beim
Staate ihr Brot. Das ist nicht zoAırızag nach Ari-
stoteles (5. 0. 8. 83, 1). War es auch dıxauoovvn, dals
Aristeides die Athener dazu trieb, die Hegemonie zu er-
streben? Das “τοῖς συμμάχοις δεσποτικωτέρως XoyoFaı?
(p. 26, 25) giebtdie Antwort darauf. Das war die Folge des
Rates des Aristeides, der selbst die Eide nicht Unterthanen,
sondern Bundesgenossen Athens, so feierlich, wie es nur
möglich war (τοὺς μύδρους ἐν τῷ srehaysı καϑεῖσαν p. 26,
18 : die Φωχαέων ἀραὶ, beschworen hatte. Esliegt Methode
-- 25 —
in der Art, wie Aristoteles seine Kritik der demokra- Schlufs
tischen Führer begründet. Die Kritik selbst aber ist
wieder bestimmt von dem Grundsatze, dals zu ver-
urteilen ist, wer von der Herrschaft des Areopags und
dadurch von der solonischen Verfassung abführte;
denn diese Herrschaft des Areopags war ein teilweises
Zurückgehen auf die solonische Verfassung gewesen.
Aristeides führt zur Seehegemonie, Themistokles und
Ephialtes arbeiten an der Entthronung des Areopags,
Perikles steigert jene, arbeitet an dieser weiter und
fügt noch den Richtersold hinzu. Kein Wort des Ta-
dels über den letzten dieser demokratischen Helden,
ja an einer Stelle ein relatives Lob, und doch absolute
Verurteilung durch Verurteilung des Gesamtzieles seiner
Politik. und der Mittel, mit welchen er es erstrebte.
Doch Aristoteles steht nicht allein in dieser Be- Philo-
urteilung der Politiker und der Politik des 5. Jahr- ee
hunderts. Für den Areopag und gegen die Seehe- Seemacht-
3 ne - politik
gemonie: Isokrates’ Areopagitikos und Friedensrede.
So geht der sophistische Redner und der philosophische
Historiker zusammen; sie einigen sich in einer grölseren
litterarischen Bewegung. Ihre Bücher sind nur ein-
zelne Erscheinungen in dem Kampfe, welchen die
Theorie in der politisch-philosophischen Litteratur über
das Wesen der Staatsgemeinschaften allzeit gegen die
Praxis des Staates geführt hat, unter dessen Schutze
sie gedieh, und an dessen Institutionen vor allem sie
zu denken gelernthat. Mit dem “οὐχ ἐπεαινῶ" der alten
Schrift vom Staate der Athener, deren Interpretation
Rudolf Schöll!) verdankt wird, und vorher schon in
!) Die Anfänge einer politischen Litteratur bei den Griechen
(München 1890). Allerdings für eine so rein akademische —
modern gesproehen — Abhandlung, wie Schöll es thut, kann
ich sie nicht halten. Den Boden, auf dem diese zo). Adnv.
— 210 —
Schlufs den Erörterungen und Schriften, deren Niederschlag
in der Tragödie Ferdinand Dümmler jüngst mit Er-
folg nachgegangen ist!), beginnt die Opposition. Sie
richtet sich von Anfang an auch gegen die destruierend
wirkende Seemachtpolitik, welche gleichfalls Thuky-
dides’ abwägendes Denken beschäftigte. Platons Kritik
im Gorgias (519 a) “ἄνευ γὰρ σωφροσύνης χαὶ διχαιοσύ-
νης λιμένων χαὶ νεωρίων χαὶ τειχῶν χαὶ φόρων χαὶ
τοιούτων φλυαριῶν ἐμπειελήκασι τὴν τειόλιν"
schliefst sich zeitlich unmittelbar an?); mit der gleichen
Kritik im Anfang des 4. Buches der Gesetze kommen
wir in die Zeit der genannten isokrateischen Schriften
herab. Aristoteles bezeugt in der Politik (1327 a 10),
wie lebhaft die Frage erörtert worden ist: zregi de
τῆς πρὸς τὴν ϑάλατταν χοινωνίας, τεότερον ὠφέλιμος
ταῖς εὐνομουμέναις πόλεσιν ἢ βλαβερά, πολλοὶ τυγχά-
γουσιν ἀμφισβητοῦντες: sein eigenes Urteil falst er in
die Worte (Pol. 1327 a 40 — Ὁ 9) zusammen: περὶ δὲ
τῆς vavrırnng δυνάμεως, ὅτι μὲν βέλτιστον ὑπάρχειν
μέχρι τινὸς τελήϑους, οὐχ ἄδηλον. .. περὶ δὲ τελήϑους
ἤδη χαὶ μεγέϑους τῆς δυνάμεως ταύτης πρὸς τὸν βίον
ἀπτοσχεπτέον τῆς πόλεως. εἰ μὲν γὰρ ἡγεμονικὸν
χαὶ τεολιτιχὸν ζήσεται βίον, ἀναγκαῖον χαὶ ταύτην
erwachsen ist, hat Schöll gewils richtig bezeichnet. Aber
wenn ihr Verfasser auch zu den. Kreisen gehörte, in welchen
die theoretischen Erörterungeh über Politik gepflogen wurden,
so schliefst das doch namentlich im 5. Jahrh. nicht aus, dafs
er zugleich mit der Praxis persönliche Fühlung hatte. Sein
Nachweis, dafs von den ἄτεμοι nichts für eine Revolutions-
partei zu hoffen sei, und sein Zorn gegen die Kryptooligarchen
in der Demokratie sind für mich im Rahmen einer akade-
mischen Abhandlung unverständlich.
1) Prolegomena zu Platons Staat etc. (Basel 1891). Ich habe
absichtlich ‘Erörterungen’ vor ‘Schriften? gesetzt.
2) Dümmler, C'hronolog. Beiträge (s. ο. S. 78 Anm. 1)p. 44 ff.
-- 217 --
τὴν δίναμιν ὑπάρχειν πρὸς τὰς πράξεις σύμμετρον. Schluls
τὴν δὲ πολυανϑρωτείαν τὴν γινομένην περὶ τὸν
γαυτιχὸν Oyhov οὐχ ἀναγχαῖον ὑτεάρχειν ταῖς πόλεσιν.
οὐδὲν γὰρ αὐτοὺς μέρος εἶναι δεῖ τῆς πό-
λεως. Und wie die Anwendung auf den athenischen
Staat? Die Stellen (1274a 12) τῆς ναυαρχίας γὰρ ἐν
τοῖς Mndıroig ὃ δῆμος αἴτιος γενόμενος ἐφρονηματίσϑη
χαὶ δημαγωγοὺς ἔλαβε φαύλους ἀντιττολιτευομένων τῶν
ἐπιεικῶν und (1304 a 20) ἡ ἐν ᾿“ρείῳ ττάγῳ βουλὴ
εὐδοχιμήσασα ἐν τοῖς ἸΠηδιχοῖς ἔδοξε συντονωτέραν
σποιῖσαι τὴν πολιτείαν, καὶ πάλιν ὃ ναυτικὸς ὄχλος
γενόμενος αἴτιος τῆς τεερὶ Σαλαμῖνα νίχης καὶ διὰ ταύ-
της τῆς ἡγεμονίας διὰ τὴν χατὰ ϑάλατταν δύναμιν τὴν
δημοχρατίαν ἰσχυροτέραν ἐττοίησεν sind schon mehrfach
für unser Buch herangezogen worden. Die Worte der
σολ. Adv. (p. 29, 15) über Perikles: μάλιστα πρού-
τρειψεν τὴν πόλιν ἐπὶ τὴν ναυτιχὴν δύναμιν, ἐξ ἧς
συνέβη ϑαρρήσαντας τοὺς πολλοὺς απτασαν τὴν πολι-
τεΐαν μᾶλλον ἄγειν εἰς αὑτοὺς sprechen deutlich die-
selbe Sprache.
Neben der Seemachtpolitik ist der Sturz des der demo-
Areopags ein Verderben des Staates geworden, und ne
zwar deshalb, weil — wie schon hervorgehoben —
ohne die Aufsicht des Areopags das Demagogentum
überhaupt sich erst breit machen und zur Leitung
des Staates gelangen konnte. Seemachtpolitik und De-
magogentum arbeiten am Ruine des Staates; darum
heifst es in dem zusammenfassenden 41. Kapitel von der
durch den Sturz des Areopags inaugurierten Epoche:
scheiora συνέβη τὴν πόλιν διὰ τοὺς δγμαγωγοὺς ἁμαρ-
τάνειν {χαὶ διὰ τὴν τῆς ϑαλάττης ἀρχήν (p. 45, 4 f.) 1).
Mit dieser Kritik befinden wir unsin dem Gedankenkreise
1) Das zei auch von H-L. eingeschoben.
— 21 —
Sehlufs von Platons ‘“Gorgias’, von Antisthenes’ “Archelaos’ !)
und des zweiten Teiles der isokrateischen Friedensrede.
Was Meister und Schüler und beider Gegner eint, ist
wieder die hauptsächlich durch die Akademie vertretene
politisch-philosophische Theorie des 4. Jahrhunderts,
welche nicht in der “Jetztzeit’, sondern im 5. Jahrhundert
den Grund der politischen Misere suchte?). Es finden
sich aber Differenzen bei der grundsätzlich gleichen
Anschauungsweise der drei Schriftsteller, und diese
Differenzen sind sehr charakteristisch. Platon verurteilt
als χόλαχες in erster Linie Perikles, dann Kimon,
Miltiades, Themistokles. Isokrates nennt (ὃ 75) Ari-
steides, Themistokles und Miltiades mit Lob; Hyper-
1) Dümmler, Antisthenica (Bonn, diss. 1882) p. 7—11.
2) Eine Ausnahme machen zwei Sokratiker, weil sie mit dem
praktischen Leben mehr als dieübrigen Fühlung hatten, Xenophon
(sympos. 8, 39; memor. II 6, 13 für Themistokles und Perikles)
und Aischines, des Lysanias Sohn, wie die Fragmente seiner
Dialoge “Miltiades’ und “Alkibiades’ beweisen: C. F. Hermann,
disput. de Aesch. Socr. rell. 10 ff. 21 ff. Hermann hat für den
letzteren Dialog Ael. Aristides nicht genügend ausgenützt.
Dieser lehrt uns eine Scene in ihm kennen, welche der ὑπό-
χρίσις. eines Platon würdig ist: ἀναγκάζει (Sokrates) κλάειν
ϑέντα (den Alkibiades) τὴν χεφαλὴν ἐπὶ ra γόνατα ἀϑυ-
μήσαντα͵ ὡς οὐδ᾽ ἐγγὺς ὄντα τῷ Θεμιστοχλεὶ τὴν παρασχευήνγ
(II 369 Dd.). Man kann nur die Scenerie im ‘Protagoras’ und
«Symposion? oder die reizende Sceneim ‘Lysis’ vergleichen. Auch
ein wörtliches für den Sokratiker charakteristisches Fragment
hat Hermann übersehen, weil in den Ausgaben die Worte als
aristideisch gedruckt sind, II 20 Ddf. Denn den Satz ᾿Εγὼ δ᾽ εἰ
μέν τινι... ϑαυμάσαν nahmen bei Aischines die Worte (Z. 9)
πολλοὶ γὰρ καὶ τῶν χαμόντων ὑγιεῖς γίγτονται . . . .-ÖNMCTE συν-
οίσειν ἔμελλε πονῆσαι auf. Dafs sie aus Aischines stammen,
beweist nicht blofs der Zusammenhang bei Aristides, sondern
auch die beiden Hiate ἐπειϑυμία αὐτοὺς ἄγει ἐπὶ τὸ ὀνῆσον.
Aischines vermeidet den Hiat nicht, wohl aber Aristides in
dieser Schrift.
— 219 —
bolos und Kleophon sind ihm die Repräsentanten der Schluis
schlimmen Demagogie. Aristoteles hat Miltiades’" 1. Sor&
(p- 31, 1) und Kimon ausdrücklich aus der Reihe der 104. 491».
Demokraten ausgenommen; dafür treten bei ihm
Ephialtes und, was bedeutungsvoll ist, Aristeides ein,
um die Zahl der Viermänner zu vervollständigen.
Aristoteles’ abfälliges Urteil über den letzten, welches
deutlich durch die Verurteilung der von ihm inaugu-
rierten Seehegemonie zu erkennen gegeben ist, steht
in striktem Gegensatz zu Platons Urteil im “Gorgias’,
wo Aristeides der einzige athenische Staatsmann ist,
der gelobt wird (526 b). Ichkannnicht umhin, in diesem
Gegensatze beabsichtigte Polemik gegen die im ‘Gor-
gias’ vorgetragene Ansicht zu sehen. Aristoteles führt
wie Platon vier Männer des 5. Jahrhunderts auf,
welche die Demokratie förderten; zwei der bei Platon
genannten streicht er, den dort allein gelobten setzt
er auf die schwarze Liste, und den am schlimmsten
verklagten, Perikles, behandelt er immerhin glimpflich.
Noch deutlicher tritt die Polemik in einem zweiten
Punkte zu Tage. Es heifst von den vier Männern
bei Platon (Gorg. 517 b): ἀλλά μοι δοχοῖσι τῶν γε νῦν
διαχονιχώτεροι γεγονέναι χαὶ μᾶλλον οἷοί τε ἐχπορίζειν
τῇ πόλει ὧν ἐπεθύμει; die Staatsmänner “von heut’
(οἱ νῦν) sind die unmittelbaren oder mittelbaren Nach-
folger des Perikles, wie die scenische Zeit des ‘Gor-
gias’ beweist. Und Aristoteles? Er sagt gerade, dafs
die Männer der Demokratie bis Perikles besser waren;
erst nach ihm kamen die alles verderbenden Dema-
gogen. Man wird zugeben, dafs die in den aristote-
lischen Worten: οἱ μάλιστα βουλόμενοι ϑρασύνεσϑαι
χαὶ χαρίζεσϑαι τοῖς ττολλοῖς, πρὸς τὰ sragavriza βλέ-
σοντες (p. 31, 20) enthaltene Charakteristik vom Platon
für Perikles, Miltiades, Kimon und Themistokles ge-
Schluls
Isokrates
und
Aristot.
— 20 —
schrieben sein könnte, bei Aristoteles geht sie auf
Kleophon, Kallikrates und ihres gleichen. In diesem
Punkte stimmt Aristoteles also mit Isokrates überein,
dessen “lästerliches Gerede’ wir nicht zu verzeihen
brauchen, sondern in der Gesellschaft eines Platon und
Aristoteles verstehen 1).
1 Hier die weitere Übereinstimmung in der Kritik der
demokratischen ?oorns: Isoer. Areop. 21 δυοῖν ἰσοτήτοιν νομεζο-
μέναιν εἶναι zre., ebenso Plat. Legg. VI 757b (vergl. Resp.
VIII 558 c) δυοῖν γὰρ loornrow οὔσαιν χτέ. und Aristoteles oft,
Hauptstelle Polit. 1318a 3 ff. Übrigens hat die Philosophie
recht; im 5. Jahrh. wird das demokratische ἔσον häufiger be-
tont als das oligarchische: Dümmler, J’rolegom. ὃ. 41. Die
Lendemainstimmung, welche das ganze 4. Jahrh. beherrscht,
machte weitere Kreise für die Moralpredigt der Philosophie
empfänglich. Nur urteilt die Philosophie einseitig, indem sie
den Politikern allein den Niedergang zur Last legt. Die
Philosophie des 5. Jahrh. ist selbst ein wesentlicher zersetzen-
der Faktor gewesen. Hinzu kommt die internationale Stellung
Athens seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrh.; ihre Folge war
das Eindringen von Elementen, welche diejenigen nationalen
Kräfte auflösten, auf denen die Machtentwicklung des alten
Staates beruht hatte. Diese politische Stellung und die Philo-
sophie haben die sittlichen Grundanschauungen des athenischen
Staatslebens, den wahren Grund der Gröfse Athens, zerfressen.
Begünstigt wurde der Auflösungsprozefs durch die natürliche
Ersetzung der alten leitenden Familien durch neue Familien
im Laufe der Zeit. Damit wurde die Tradition, welche in den
Familien forterbte, durchbrochen. Es kam frisches, aber un-
gesundes Blut in das Staatsleben; die athenische Gesellschaft
wurde eine andere. Die Philosophie schiebt der Kriegspolitik
diesen natürlichen Proze[s zu, bei dem vielleicht auch schon
der Beginn der physischen Sterilität des Griechenvolkes in
Betracht kommt, welche aus den epidaurischen Heilurkunden
und der Inschrift von Larissa grell hervortritt. Isokr. VIII 88
τὰ γὰρ γένη τῶν ἀνδρῶν τῶν ὀνομαστοτάτων zul τοὺς οἴχους
τοὺς μεγίστους, οἱ χαὶ τὰς τυραννιχὰς στάσεις χαὶ τὸν Περσικὸν
πόλεμον διέφυγον, εὑρήσομεν ἐπὶ τῆς ἀρχῆς, ἧς ἐπιϑυμοῦμεν
-- 22] --
Und was bestimmte Aristoteles zu seiner von Sehlufs
Plato abweichenden Auffassung, wo er doch grund- Be
(Seehegemonie), ἀναστάτους γεγενημένους. = Πολ. Adv. p. 28, 22
τῆς γὰρ στρατείας γινομένης ἐν τοῖς τότε χρόνοις ἐχ χαταλόγου
προ τος αἰεὶ συνέβαινεν τῶν ἐξιόντων ἀνὰ δισχιλίους ἢ τρισχι-
λίους ἀπόλλυσθαι, ὥστε ἀναλίσχεσϑαι τοὺς ἐπιεικεῖς χαὶ τοῦ
δήμου zei τῶν εὐπόρων; vgl. auch Thuk. I 23, 2. Um noch
ein paar Übereinstimmungen zwischen Aristoteles und Isokrates
anzuführen, vgl. Isoer. VIII 54 f. ἐχεῖνοι μὲν τοὺς αὐτοὺς προστά-
Tas TE τῆς πόλεως ἐποιοῦντο χαὶ στρατηγοὺς ἡροῦντο, νομίζοντες
τὸν ἐπὶ τοῦ βήματος τὰ βέλτιστα συμβουλεῦσαι δυνάμενον. τὸν
αὐτὸν τοῦτον agıor’ ἂν βουλεύσασϑαι καὶ χαϑ᾽ αὑτὸν γενόμενον,
ἡμεῖς δὲ τοὐναντίον τούτων ποιοῦμεν zr&., und mit persönlicher
Spitze (gegen Demosthenes und seinen Kreis, Brand, de Isocr.
Panathenaico p. 46) Panath. 143 τοὺς αὐτοὺς τούτους στρατηγοὺς
ἡροῦντο καὶ πρέσβεις zre.: Polit. 1305 a 10 (in etwas anderem Zu-
sammenhange) τότε μὲν of δημαγωγοὶ ἦσαν ἐκ τῶν στρατηγούντων
(οὐ γάρ πω δεινοὶ ἦσαν λέγειν), νῦν δὲ τῆς δητορικῆς ηὐξημένης
οἱ δυνάμενοι λέγειν δημαγωγοῦσει μέν, δι᾿ ἀπειρίαν δὲ τῶν πολε-
μιχῶν οὐκ ἐπιτίϑενται, πλὴν εἴ τί που βραχὺ γέγονε τοιοῦτον.
Die Panathenaikosstelle, zu welcher die angeführten Worte
gehören, ist schon oben S. 86 ff. im Verhältnis zur πολ. 4yv.
besprochen. Ich bemerke hier, dafs sie in irgend einem Ver-
hältnis auch zur Politik stehen mus. Den Ausführungen des
Isokrates $ 131 ff. liegt der Gedanke Polit. 1317 ἃ 40 ff. ὑπόϑεσις
. τῆς δημοχρατιχῆς πολιτείας ἐλευϑερία zu Grunde; der war
ja allerdings gäng und gäbe in Athen, allein die Ausführung
des Isokrates richtet sich weiterhin gegen eben die beiden
Punkte, in welchen nach Aristoteles diese ἐλευϑερία begriffen
ist: ἐλευϑερίας δὲ ἕν μὲν τὸ ἐν μέρει ἄρχεσϑαι καὶ ἄρχειν (dagegen
Panath. 8 132 £. 139 ff.) und ἕν δὲ τὸ ζῆν ὡς βούλεταί τις “ὃ 131
τὴν μὲν ἀκολασίαν ἐλευϑερίαν εἶναι, τὴν δ᾽ ἐξουσίαν ὅ τι βούλε-
ταί τις ποιεῖν εὐδαιμονίαν: ich kenne die Beziehung, welche diesen
Worten von Henkel, Stud. z. Gesch. d. griech. Lehre v. Staate S. 46,
auf die Ethik gegeben worden ist; dagegen mit Recht Oncken,
Staatslehre d. Arist. II 160 mit Anm. 2 und Brand a. a. Ὁ. p. 31,
obwohl ich ihnen sonst nicht folgen kann; vgl. übrigens Dümnler,
Chron. Beitr. S.15f. Wegen dieser Beziehungen zu Aristoteles bin
ich oben a. a. Ὁ. nicht auf die von Teichmüller, Litt. Fehden I
-- 222 —
Schlufs sätzlich mit ihm übereinstimmte? Die Worte σερῶτον
γὰρ τότε (ἃ. h. Περιχλέους τελευτήσαντος) reoorarıv
278 gegebene Parallele Panath. 145 ων Plat. Legg. 715a ein-
gegangen. — Es ist mir schon hin und wieder der Gedanke
aufgestiegen, ob nicht eine Fassung der ‘Politik’ schon vor
339 herausgegeben wurde, so dafs sie Isokrates bei der Nieder-
schrift seines letzten Werkes benutzen konnte. Unmöglich
macht das die Erwähnung der Ermordung Philipps nicht; sie
könnte in einer späteren Fassung hinzugesetzt sein, und sonst
sprechen die Daten in der “Politik? (s. o. S. 122 ff.) doch eher für
eine solche, frühere Herausgabe. Nicht beeinflufst aber ist Iso-
krates in seiner abfälligen Kritik der spartanischen Verfassung
dureh Polit. 1333 b 5 fl. Der Schlufs des Panathenaikos ist
sein eigenstes Gut; er ist die Palinodie des Archidamos, wie
von anderer Seite schon bemerkt, und gleichsam eine Fort-
setzung der Antidosis, welche Areopagitikos und Symmachikos
zurücknehmen sollte. Neben diesem Zwecke geht in beiden
der Kampf gegen die Akademie einher; in jener weist Isokrates
die antidemokratischen Tendenzen der Platoniker von sich,
in dieser ihre Lakonomanie durch Lob von Athens Thaten und
seiner guten alten Verfassung einerseits und andererseits durch
Verkleinerung von Spartas Thaten und seiner Verfassungs-
einrichtungen. Der fast hundertjährige Greis, welcher das
Lebensende nahen sieht, will in dem Ruhme des einzigen
wahren Lobredners Athens sterben, dem Ruhme, den ihm sein
bestes Werk, der Panegyrikos, gegeben hatte.‘ Er weist alles
von sich, was einem φιλαϑήναιος nicht ansteht. Andererseits
will er sich auch wieder vor böser Nachrede in Sparta sichern;
in dieser Absicht ist der Spartanerfreund eingeführt, welcher
in dem Tadel des Isokrates die Lakedaimonier durch die Er-
wähnung ihrer Thaten gelobt findet und ihre milsgünstige
Beurteilung auf des Verfassers (patriotische) Gesinnung zurück-
führt ($ 251). Der Panathenaikos ist des Isokrates Testament
an die hellenische Welt, für welche er zeitlebens geschrieben
hatte; er will mit der öffentlichen Meinung der beiden Haupt-
staaten versöhnt scheiden. Von dem Spartanerfreunde, dem
Freunde der Feinde, läfst er sich versichern, dafs er dies er-
reichen werde, und ihm legt er sein non omnis moriar in den Mund
($ 260): δοκεῖς γάρ μοι ζῶν μὲν λήψεσθαι δόξαν οὐ μείζω ειὲν ἧς
— mr
ἔλαβεν ὃ δῆμος οὐχ. εὐδοχιμοῦντα παρὰ τοῖς ἐπιειχέ-
σιν ἐν δὲ τοῖς πρότερον χρόνοις ἀεὶ διετέλουν οἱ ἐπιι-
ειχεῖς δημαγωγοῦντες, diese Worte sowie das ganze
Kapitel (28), aus dem sie stammen, geben die Antwort.
Der Staatsmann ist vom Menschen nicht zu trennen;
denn die ethischen Tugenden bedingen nach Aristoteles’
wie Platons Lehre die staatsbürgerlichen Tugenden
nicht blols, sie sind dieselben. Der ἐπιξδιχής wird,
auch wo er verwerfliche demokratische Tendenzen
verfolgt, nie so schädlich wirken wie ein οὐχ εὐδοχιμῶν
παρὰ τοῖς ἐτειειχέσι. Gemein ist der Politiker, weil
der Mensch gemein ist. Die Demagogen dieses Schlages
wissen nicht einmal äufsere Würde und äulseren An-
stand zu wahren: Kleon brüllt und schimpft auf der
Tribüne und tritt mit dem Abzeichen seines Gewerbes
vor das Volk. Natürlich, diese Sorte von Menschen
spekuliert auf die niedrigsten Gelüste: ein anderer
halber Banause, Kleophon, verschafft den Richtern
zwei Obolen!), und Kallikrates wollte noch mehr geben.
ἄξιος εἰ χαλεπὸν γάρ —, παρὰ πλείοσι δὲ χαὶ μᾶλλον Öuo-
λογουμένην τῆς νῦν ὑπαρχούσης, τελευτήσας δὲ τὸν βίον μετ έ-
ξειν ἀϑανασίας, οὐ τῆς τοῖς ϑεοῖς παρούσης ἀλλὰ τῆς τοῖς
ἐπιγιγνομένοις περὶ τῶν διενεγκόντων ἐπί τινε τῶν καλῶν ἔργων
μνήμην ἐμποιούσης. καὶ δικαίως τεύξει τούτων" ἐπήνεχας γὰρ
τὰς πόλεις ἀμφοτέρας χαλῶς zei προσηχόντως χτὲ. Diese Worte
widern fast an in einer Schrift, in weleher sich die innere
Haltlosigkeit des Mannes von Abschnitt zu Abschnitt in Halb-
wahrheiten und unaufrichtigem Lavieren verrät.
. ἢ Die διωβελέα bietet der Interpretation Schwierigkeiten;
vgl. Kenyon? z. d. St. S.98. Ich bin der alten Erklärung ge-
folgt, welche uns vorliegt. Aristot. Frg. 461 R® ist von Kenyon
auf Kap. 62 (p. 69, 26) bezogen worden; die Holländer thun
es zweifelnd. Bei K-W. finde ich das Frg. nicht unter den
“Testimonia”. Schol. Aristoph. Vesp. 684 τοὺς τρεῖς ὀβολούς"
τὸν φόρον λέγει, ἀφ᾽ ὧν (Ὁ) ἐδίδοτο τὸ τριώβολον. τοῦτο δὲ
ἄλλοτε ἄλλως ἐδίδοτο, τῶν δημαγωγῶν τὰ πλήϑη κολαχευ-
Schlufs
-- 224 —
Schlats Man sieht ja, wie sie wirken: als nach der Arginusen-
schlacht Athen einen günstigen Frieden hätte schlielsen
können, da tritt Kleophon betrunken und gepanzert
auf und bramarbasiert. Die Athener folgten ihm, aber
μετ᾽ οὐ πολὺν χρόνον ἔγνωσαν τὴν ἁμαρτίαν (p. 37, 25).
Das Schreckensjahr 404 hatten sie ihm zu verdanken,
Doch der Mensch hat seinen Lohn dahin, wie ihn alle
seines Schlages verdienen. Kleophon und Kallikrates
sind zum Tode verurteilt worden: εἴωθεν γὰρ av
ἐξαπιατηϑῖ, τὸ τιλῆϑος ὕστερον μισεῖν τούς τι περοαγα-
γόντας ποιεῖν αὐτοὺς τῶν μὴ καλῶς ἐχόντων (ρ. 81, 17) ἢ).
Der Mensch bedingt den Politiker: das Individuum
also oder eine Anzahl gleicher Individuen haben, so-
weit sie durch ihre Individualität dem Staatsleben
förderliche oder schädliche Impulse geben, ihren Platz
in einer Verfassungsgeschichte. Die Männer, welche
die Auflösung des athenischen Staates verursachten,
erhalten ihre Charakteristik, damit man versteht, wes-
halb sie als Politiker so wirken mulsten, wie sie ge-
ὄντων, ws φησιν ᾿Αριστοτέλης ἐν Πολιτείαις; die Parallelstellen
bei Rose? a. a. Ὁ. Die Notiz geht auf Kap. 28, wie die her-
vorgehobenen Worte beweisen; sie sind die Pharaphrase der
Worte p. 31, 21 χαρίζεσθαι τοῖς πολλοῖς; ebenso falst ἐδέδοτο
ἄλλοτε ἄλλως den Inhalt von p. 31, 12—16 zusammen. Der
Alexandriner hat also die δεωβελία vom Richtersolde verstanden;
auch bei Zenob. VI 29 liegt dieselbe Interpretation vor. Dafs
sie mit Aristophanes im Widerspruch steht, hindert nicht, dafs
auch Aristoteles mit der διωβελία den Richtersold gemeint hat.
Wenn die Angabe um des Aristophanes willen falsch .sein
mülste, so ist sie eben charakteristisch für Aristoteles’ Quelle
und seine Darstellungsweise.
ἡ Vgl. dasselbe Urteil bei Platon in Bezug auf die von
ihm verurteilten Männer, Gorg. 519 c: προστάτης γὰρ πόλεως
οὐδ᾽ ἂν εἰς ποτε ἀδίκως ἀπόλοιτο ὑπ᾽ αὐτῆς τῆς πόλεως ἧς
προστατεῖ. Allerdings verträgt sich dies Urteil nicht ganz mit
dem Apolog. 3le Gesagten.
-- 225 “--
wirkt haben. Und nun kehre ich zu Solon zu- Schlufs
rück.
Solon wird auchals Mensch charakterisiert und ge-
würdigt, damit man erkenne, dals das Werk des Men-
schen, in dem sich die bürgerliche Tugend der ueoo-
τῆς gleichsam verkörperte, ein gutes sein mulste.
Aristoteles stellt den Menschen Solon, wie er ihn er-
falst hatte, vor Augen, um sein Endurteil über das
Werk dieses Menschen als innerlich begründet zu er-
weisen. Die Stelle der Politik, in welcher Solon als
μέσος zu den besten Gesetzgebern gerechnet wird, ist
schon (S. 204) angeführt; gleich darauf, wo von der
reinen zrolıreia die Rede ist, steht der in seiner Art
einzige Lobspruch, der, wie längst vermutet!), auf
Solon geht: εἷς γὰρ ἀνὴρ συνεπείσϑη μόνος τῶν πρό-
τερον ἐφ᾽ ἡγεμονίᾳ γενομένων ταύτην ἀτιοδοῦναι τὴν
τάξιν (1296 a 38). Dafs die Stelle richtig auf Solon
bezogen ist, bezeugt das Endurteil über diesen Gesetz-
geber in unserem Buche: keiner von beiden Parteien
ergab er sich, zwischen ihnen stand er, “und dadurch
ist er der Retter seines Vaterlandes geworden und hat
die beste Verfassung gegeben’.
Die Antwort auf die Frage, was das Individuum
in einer Geschichte von Institutionen solle, ist gegeben.
Wir hätten auf kürzerem Wege dazu kommen können.
Aber ich führte nicht die ebene Landstralse, welche
den Blick unbefriedigt lälst; der Weg über die Höhe
sollte weiter schauen und mehr sehen lassen. Wir
wissen jetzt, dals des Philosophen Aristoteles Axiom
von der μεσότης als höchster staatsbürgerlicher Tugend
das Urteil des Historikers über Verfassungsperioden
wie Staatsmänner geleitet hat; es ist klar geworden,
1 Von Schlosser; vgl. Susemihl, Aristot. Polit. gr.-d. II
286 Anm. 1303.
Keil, Aristoteles. 15
-- 226 --
Schluls dafs Aristoteles mit seiner Beurteilung der das athe-
nische Staatsleben zersetzenden Faktoren, der Seemacht-
politik und dem Demagogentum, in der Theorie der
über Politik spekulierenden Philosophie seiner Zeit
steht; es ist aufgezeigt, wie Aristoteles seinen philo-
sophischen Grundsatz von der Identität der ethi-
schen und politischen Tugenden auf die Darstellung
und Charakterisierung der Staatsmänner hat wirken
lassen; mit einem Worte, wir haben gesehen, dafs
Aristoteles als Philosoph den historischen Stoff er-
fafst, durchdrungen und geformt hat.
Das soll auch von der Quellenkritik und Quellen-
Be . benutzung seitens des Aristoteles gesagt sein; denn es
ist nur natürlich, dafs die Durchführung der philo-
sophischen Ideen an dem historischen Stoff Einflufs
auf die Heranziehung und Verarbeitung desselben
haben mulste. Wenn Aristoteles sich aus den Ge-
dichten des Solon ein Bild von dem Wesen und Wirken
des Mannes, das Idealbild eines μέσος, gemacht hatte,
und wenn er dieses Bild, weil es ihm auf sicherster
Grundlage, dem Zeugnis des Solon selbst, zu beruhen
schien, notwendig für das allein richtige halten mufste,
so war er berechtigt, die übrige Überlieferung danach
zu beurteilen, ob und wie weit sie sich mit dem Ideal-
bild des μέσος vertrug. Wenn sie irgendwo oder wann
den Solon anders charakterisierte, so konnte sie in
den betreffenden Fällen nicht richtig sein: die den De-
mokraten Solon zeichnende Atthidenüberlieferung mufste
oft bestritten werden. Wenn Aristoteles in der soloni-
schen Verfassung die beste Verfassung für Athen erkannt
hatte, so war es natürlich, dals er sie an alle folgenden
Verfassungsphasen als Malsstab legte; zeigte sich nun,
dals es von Solon bergab zur extremen Demokratie ging,
so war der philosophische Gedanke gegeben, der die
-- 227 —
aristotelische Darstellung der Entwicklung der atheni- Sehlufs
schen Verfassung von Solon ab beherrscht. Nachrichten,
welche dem zu widersprechen scheinen, können nicht
richtig sein: in der Glanzzeit des Perikles konnte Athen
nicht viel mehr als ein fauler Körper in glänzendem Ge-
wande sein; die Griechen haben für diesen Zustand den
Ausdruck ἵπουλος, und Platon gebraucht ihn gerade von
Athen (Gorg.518e): ὅτε δὲ οἰδεῖ (ἡ πόλις) χαὶ ὑπουλός
ἐστι δι᾿ ἐχείνους τοὺς πταλαιούς, οὐχ αἰσϑάνονται. Aristo-
teles wird geradezu ungerecht in der Darstellung dieser
Zeit. Er hat kein Wort für die äufsere Machtentfaltung
des Staates, für die Blüte von Handel, Kunst und Wissen-
schaft; das schweigt er tot, umnur die Zügezu bringen,
welche zu seiner Theorie sich fügen. Es ist dies eine
Quellenbenutzung, welche man verurteilen mufs, auch
wenn man sie aus dem Sinne des Aristoteles verständ-
lich finden mag. Ich bin überzeugt, dafs Aristoteles
die Überlieferung kannte, nach welcher Perikles und
Ephialtes gemeinsame Sache gegen den Areopag mach-
ten; er wählt aber eine andere Überlieferung, in welcher
statt des Perikles, der sonst schon genug diskreditiert war,
Themistokles als Genosse des Epbialtes genannt wurde.
Aristoteles hatte diesem Demokraten eigentlich noch
nichts angehängt, was zu einer Verurteilung berechtigt
hätte; die Nachricht, nach welcher Themistokles am
Sturz des Areopags und zwar aus selbstsüchtigen Ab-
sichten mitwirkte, konnte er gerade gut zur Be-
gründung seines allgemeinen Urteils über die Demo-
kraten auch am Themistokles gebrauchen, und so
folgt er dieser Nachricht. Es ist hier nicht mehr der
Raum, auszuführen, in wie berechneter Weise Aristo-
teles, was er an Atthidennachrichten aus der Zeit von
508 bis 450 giebt, für den Beweis seiner Auffassung
von der inneren Entwicklung des athenischen Staates
15*
—_— 228 —
Schlufs ausgewählt hat, ausgewählt aus einer im allgemeinen
treuen Überlieferung. Was soll man nun bei diesem
Thatbestande über den Historiker Aristoteles urteilen ?
Um gerecht zu sein, mufs man sich gegenwärtig halten,
dals der antike Historiker seine Quellen anders be-
nutzt als der moderne, und Aristoteles ist ein antiker
Historiker. Der moderne würdigt eine Quelle als
ganzes und reguliert danach ihre Benutzung auch
im einzelnen. Jener pflegte, wenn er verständig wie
Aristoteles arbeitete, die einzelne Nachricht auf ihre
Gewähr hin zu prüfen. Die innere Wahrscheinlichkeit
der Nachricht, ihr Verhältnis zu äufseren Indizien oder
anderweitiger Überlieferung gaben die Kriterien ab,
besonders aber die Vorstellung, welche der Schrift-
steller von dem Gegenstande seiner Darstellung hatte,
und der Grundgedanke, welchen er bei seiner Schrift
durchführen wollte. Diese Durchführung eines Grund-
gedankens bedarf einer Entschuldigung vom histo-
rischen Standpunkte nicht; ihn mufs jeder wirkliche
Historiker haben, denn er ist die Seele seiner Dar-
stellung; anderenfalls ist der Schriftsteller nur ein
Annalist. Rechten mufs man aber über das Mafs des
Einflusses, den der Historiker seiner Tendenz auf die
Darstellung und Mitteilung von Thatsachen einräumen
darf; und hierin scheint mir Aristoteles entschieden
zu weit gegangen zu sein. Die Objektivität, die der
Historiker vor den subjektiven Elementen seiner Grund-
anschauung immer wahren mufs, um gerecht in seinen
Urteilen zu bleiben, vermifst man bei ihm an mehr
als einer Stelle. Man hat aber kein Recht über den
Historiker Aristoteles nach der einen uns zufällig vor-
liegenden Schrift den Stab zu brechen. Im übrigen
ist es nur zu erklärlich, dafs der Historiker mit dem
Philosophen Aristoteles den Vergleich nicht aushält.
— 29 --
Gerade was dieses Stärke ist, war dazu angethan, die Schlufs
Schwäche jenes hervorzurufen. Dieser Umstand stellt
sich zu den früher (S. 168 ff.) angedeuteten Gründen,
aus welchen die Autorität der Angaben des Aristoteles
da in Zweifel gezogen werden kann, wo er selbst
historisch überliefertes Material verarbeitet. Des Ari-
stoteles Urteil bindet uns nicht, besonders nicht seine
Beurteilung der solonischen Verfassung und ihrer
Stellung in der Verfassungsgeschichte Athens. Er
steht unter dem Eindrucke der von Selbstschätzung
getränkten solonischen Poesie; er folgt im ganzen der
solonfreundlichen Atthidenüberlieferung, wenn er sie
auch oft mäfsigend korrigiert, und beiden glaubte er
gern, weil ihm den Glauben die Theorie erleichterte,
nach welcher er selbst ethische und politische Dinge zu
betrachten und zu beurteilen pflegte. Man kann die
aristotelische Auffassung der solonischen Verfassung für
falsch halten — und ich bekenne, es auch jetzt noch
zu thun —, aber das hindert nicht, diese Auffassung
und die Art und Weise, in welcher sie vorgetragen
und begründet wird, zu würdigen.
Wenn der PRIBSARh Aristoteles in so bedeutender ®konomig
Weise für und mit dem Historiker Aristoteles an der πολ. I
inneren Gestaltung des Stoffes arbeitete, so kann es
nicht Wunder nehmen, wenn er in gewisser Beziehung
auch an der äufseren Gestaltung Anteil hat. Ganz Per syste-
deutlich liegt das in der Disposition des systematischen Bo.
Teiles der πολ. “4ϑην. vor Augen. Aristoteles erkennt
bekanntlich drei jede Verfassung charakterisierende
Faktoren an: die beratenden Körperschaften, die aus-
führenden Beamten und die Zuteilung wie Ausübung
der Rechtspflege!). So umfalst Kap. 43—49 die Bule
ἢ Polit. 1297 b 36 ἔστε δὴ τρία μόρια τῶν πολιτειῶν πα:
ri
= Bu
Schlufs mit der Ekklesie, Kap. 50—62 die Beamten; mit
Kap. 63 begann das διχάζον, welches für uns z. t.
verloren gegangen ist. Besonders scharf ist der Ab-
schluls des zweiten Abschnittes markiert durch das
die allgemeinen Bestimmungen für die Beamten zu-
sammenfassende 62. Kapitel. Auch der erste Abschnitt
wird durch die Eingangsworte von Kap. 50 deutlich
abgeschlossen !), allein der Verfasser hat aus Rücksicht
auf ein leichteres Verständnis des Zusammenwirkens
der staatlichen Organe schon einige Ämter im ersten
Abschnitte behandelt, welche doch dem zweiten an-
gehörten. Ob diese Inconsequenz stehen geblieben
"wäre, wenn Aristoteles das Buch vollendet hätte, ist
mir zweifelhaft. In der Überlieferung?) erkennt man
σῶν ... ἔστι δὲ τῶν τριῶν τούτων ἕν μὲν τί To βουλευόμενον
περὶ τῶν κοινῶν, δεύτερον δὲ τὸ περὶ τὰς ἀρχάς... τρίτον δὲ
τὸ δικάζον.
1) τὰ μὲν οὖν ὑπὸ τῆς βουλῆς διοικούμενα ταῦτ᾽ ἐστίν.
2) Die naturgemäfse Reihenfolge wäre Kap. 45. 49 (bis
p. 54, 28), dann 46. 47. 48. 49 p. 55, 2—3. 50. So schlösse sich
δοκιμάζει pP. 53, 22, ἔχρινεν p. 54, 19, δοχεμάζει pP. 54, 24 an χρένει
p. 50, 11, δοχιμάζει Ρ. 50, 17 und ἐξετάζει p. 51,2 an. Mit
Kap. 46 erfolgt der Ubergang von der Thätigkeit der Bule,
in welcher sie ohne Hilfe der Beamten wirkt, zu der, in wel-
cher sie mit diesen zusammenarbeitet; daher Kap. 47 ourdioı-
χεῖ δὲ χαὶ ταῖς ἄλλαις ἀρχαῖς τὰ πλεῖστα. Der Teil schlofs
mit den in der vorhergehenden Anmerkung ausgeschriebenen
Worten. Die gleichen Worte im Eingang von Kap. 47 (p. 51, 5)
und am Schlusse von Kap. 49 (p. 55, 2) verraten noch deutlich
die Stelle, an welcher abgeschnitten und eingeschoben wurde.
Der Übergang συνδιοικεῖ ist an der ersten, der ursprünglichen
Stelle noch stehen geblieben. Die Schedenarbeit verrät auch
die Notiz zei ταμίας ἐστὴν αὐτοῖς χληρωτὸς sowohl durch ihre
Zusammenhangslosigkeit wie durch den Plural αὐτοῖς; von der
βουλή ist in den durchgearbeiteten Partieen immer nur im
Singular die Rede; sonst steht ausdrücklich βουλευταί (p. 54, 16).
--: 291] —
noch das Schwanken des Verfassers, ob er die syste- Schluls
matische Disposition zu Gunsten des leichteren Ver-
ständnisses seitens des Lesers durchbrechen sollte.
Aber der Anteil des Philosophen an der äulseren
Gestaltung des Buches reicht noch weiter.
Philosophische Betrachtung sucht den Ursprung der a
Erscheinungen, die philosophische Betrachtung der De- τοι:
struktion des athenischen Staates also die Veranlassung, _ der
Α 5; Ε' 2 Schlufs
die αἴτια der Decadenz. Hat sie diese gefunden, so
bietet ihr die davon ausgehende Entwicklung keine
wesentlich neuen Punkte; denn diese ist nur die Kon-
sequenz des erkannten, weiter wirkenden Urübels. Dieses
Urübel hat Aristoteles im Einklange mit anderen in
der Seemachtpolitik und dem Demagogentum der
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts gefunden. Die
Entwicklung der Dinge des 4. Jahrhunderts ist ihm
also bedingt durch die Richtung, in die das athenische
Staatsleben am Ende des vorhergehenden Jahrhunderts
gelenkt worden ist; es geht nur je länger desto mehr
bergab!). Thatsachen brachte der Zeitraum von 400
!) Kap. 41 p. 45, 9 διαγεγένηται μέχρι τῆς νῦν ἀεὶ προσ-
ἐπιλαμβάνουσα τῷ πλήϑει τὴν ἐξουσίαν. Den Beweis dafür,
wenigstens für den Satz zei ai τῆς βουλῆς χρίσεις εἷς τὸν δῆμον
ἐληλύϑασιν, erbringt der zweite Teil, Kap. 45 p. 49, 23 ff.; 50,
18 ff. Kap. 49 p. 54, 20. Im übrigen ist die Angabe in dieser
Allgemeinheit falsch. Falsch ist auch die allgemeine Angabe,
p- 50, 6, dafs der Bule das δεῖν genommen sei; sie steht im
Widerspruch sogar mit den Worten der 0). ’A9nv. selbst:
p- 52, 24 zei δῆσαι κυρία χατὰ τοὺς νόμους ἐστίν. Man sieht,
hier hat Aristoteles zunächst seine historische Quelle ausge-
schrieben und dann durch die — aus eigenem Wissen oder nach
einer anderen Quelle gegebene — systematische Darstellung einen
Widerspruch mit dem aus der ersteren Quelle Geschöpften in
seinen Bericht über die Kompetenzen der Bule hineingebracht.
Der zweite Teil zeigt nämlich m. E. Benutzung schriftlicher
Quellen so gut wie der erste. Ich kann mir wenigstens folgendes
-- 282 —
Sehlufs bis 330 genug, welche die einzelnen Entwicklungs-
phasen in dieser Epoche abgrenzten und dasselbe Recht,
wenn nicht besseres, auf Erwähnung gehabt hätten
wie die z. B. im 22. und 26. Kapitel erwähnten Ver-
nur unter dieser Bedingung erklären. Die ἔμμηνον δέκαι zählt
Aristoteles auf und weist sie ausdrücklich den Eisagogeis zu
(p. 56, 24 ff); nur die Apodekten leiten noch sehr begreiflicher-
weise gegen die Zollpächter den beschleunigten Rechtsgang.
Unter den Zuunvos sind die ἐμποριχαί nicht mit aufgezählt;
diese stehen bei den Thesmotheten (p. 67, 5), welche nach Ari-
stoteles keine Zuunvo: führen. Also behauptet Aristoteles an
zwei Stellen, dafs die ἐμποριχαί zu seiner Zeit nicht zu den
Zuunvo: gehören. Das ist aber falsch, denn Hegesipp. =. ‘Aior.
12 nennt sie im Jahre 342 ausdrücklich als solche (χατὰ μῆνα).
Nun könnte man sagen, dafs Aristoteles’ Worte nicht in der
Weise zu pressen seien, dafs die δίκαι, welche er bei den
Zuunvo: fortläfst, auch nicht als solche anzusehen seien. Allein
dann hätten wir — ganz abgesehen davon, dafs die beiden
Aristotelesstellen sich gegenseitig stützen — ein so sonder-
bares Zusammentreffen mit‘ Aristoteles’ Angabe und einem
früheren Rechtszustande zu konstatieren, wie ich es dem Zu-
fall nieht zuschreiben kann. Die ἐμποριχαί waren. nämlich
im Anfang des 4. Jahrh., wie aus Lys. XVII 5. 8 (aus dem
J. 397: Blafs, Att. Bereds. I? 616) folgt, nicht Zuunro:, und
sie gehörten vor die damals noch existierenden Nautodiken.
Als diese Behörde aufgehoben wurde, überwies man diese Pro-
zesse den Thesmotheten. Dafs damit ihre Verwandlung in
Zuunvo, zusammenhängt (Meier-Schömann-Lipsius A. P. S. 97),
ist durch nichts zu beweisen, ja nach dem Charakter und dem
Umfang der Thätigkeit der Thesmotheten unwahrscheinlich.
Des Aristoteles Angabe stellt einen Zustand der Behandlung
der Zunogızai vor dem Jahre 342 dar, wie er sich naturgemäfs
aus dem Anfange des 4. Jahrhunderts, wo die ἐμπορεχαί noch
nicht &uunvo: waren, entwickelte. Also war die von ihm an
dieser Stelle benutzte Quelle vor 342 geschrieben. Dafs Aristo-
teles sich auch für den 2. Teil aus Büchern Rat holte, wird
im Prineip ja wohl zugeben, wer das angeführte Beispiel auch
nicht anerkennen sollte. Auch die o. $. 52 besprochenen Stellen
des systematischen Teiles führen z. T. auf die vorstehende
Annahme.
-- 288 —
fassungsänderungen. Aber das wissenschaftliche und
pathologische Interesse, welches dem Philosophen die
Ursachen der Entstehung und Ausbildurg der Krank-
heit des athenischen Staatslebens erregen mufsten, er-
lischt, wo, wie es mit dem Beginn des 4. Jahrhunderts
geschah, die notwendigen Konsequenzen der Krankheit
eintreten. Aristoteles schliefst daher den historischen
Teil seines Buches mit dem Schlusse des 5. Jahr-
hunderts. So hat ihm die philosophische Betrachtung
des Verlaufes der Dinge den Abschlufs des historischen
Teiles der πολ. 491». an die Hand gegeben.
Die Entwicklung des athenischen Staatslebens von
Solon ab hat nach Aristoteles’ Darstellung zunächst
eine gewisse Stabilität. Die Tyrannis kann noch ge-
lobt werden; Kleisthenes rüttelt zwar etwas an dem
Stande der Dinge, doch die Reaktion nach den Perser-
kriegen führt wieder nach oben; Athen ist auch zu
dieser Zeit gut geleitet. Allein schon hat eine Krank-
heit den Staatskörper erfalst, die Seemachtpolitik; sie
zerstört ihn zwar noch nicht, disponiert ihn aber für
eine schlimmere, das Demagogentum. Diese kann sich
nicht entwickeln, so lange die “Gemeinen’ noch von
der Leitung des Staates fern bleiben. Mit Perikles’
Tode erfalst die schlimmere Krankheit den schon in-
ficierten Staatskörper; jetzt geht es mit ihm bergab.
An diesen Schnittpunkt ist das Kapitel gesetzt, in
welchem die leitenden athenischen Staatsmänner von
Solon bis auf Theramenes einer Kritik unterzogen
werden (Kap. 28). Wie Aristoteles da, wo die Krank-
heit den Körper so erfalst hat, dafs der Collapsus ein-
tritt, mit der historischen Darstellung ab bricht, so
unterbricht er sie da, wo die Krankheit, welche zum
Ende führt, beginnt, um hier die Diagnose zu stellen: die
erhaltende μεσότης der Errıeızeig herrscht nicht mehr im
Schlufs
die Mitte
Sehluls
der
Anfang
-- 284 —
Staatskörper, ein zerstörendes Extrem gewann in ihm
die Oberhand, das Demagogertum. Und nun charakte-
risiert er die Krankheitserreger selbst, die Demagogen,
als Feinde der μεσότης. Der Philosoph hat an der
Fixierung der Krise seinen Anteil.
Wie grols der Verlust am Anfang der ro). In.
ist, kann nicht ausgemacht werden; denn wenn man
auch wissen und vermuten kann, was darin gestanden
hat oder gestanden haben mag, so bleibt doch der uns
unbekannte Grad der Ausführlichkeit der Darstellung
der incommensurable Faktor bei der Berechnung.
Jedenfalls wenig ist im Anfange nicht verloren; aber
trotz seines mutmafslich bedeutenderen Umfanges scheint
der Eingang. nichts über die Staatsverfassung zur
Königszeit enthalten zu haben aulser den Angaben über
die Einteilung nach Phylen, Phratrieen, Geschlecht rn
und den theseischen Synoikismos. Das waren Angaben,
welche bei der von Aristoteles gewählten Periodisierung
der athenischen Verfassungsgeschichte nicht zu ver-
meiden waren. Aber sonst enthält der auf uns ge-
kommene Teil des Buches das, was Aristoteles über
die Verfassung, d. h. die Beamten und ihre Kom-
petenzen in der Königszeit als Thatsachen berichten
wollte. Warum bringt er die Schilderung der socialen
Zustände der älteren Zeit erst nach der Erzählung
des kylonischen Attentates, wo sie doch in frühere
Tage hineinreichen? Warum hatte er von der Ein-
setzung des Polemarchen nicht in der Königsgeschichte
gesprochen? Weshalb erzählt er die Einsetzung des
Archonten nicht in dem Bericht über die Kodriden
(p. 2, 7), von denen in der verlorenen Geschichte nach
Ausweis des Herakleidesexcerptes (δ 3) sicher die Rede
war? Was bewog ihn endlich, die Schilderung der
socialen Lage sowie die des älteren Verfassungs-
-- 285 --
zustandes und der drakontischen Konstitution auf ein Schluts
paar Columnen vor der Darstellung der solonischen -
Verfassung zusammenzudrängen ? Die grolse Masse der
Athener hat wohl zur Zeit des Aristoteles geglaubt,
dals der Verfassungszustand, unter welchem sie lebten,
im wesentlichen der von Solon gegebene sei. Aristo-
teles war als Philosoph gewöhnt, die Dinge als im
Flusse befindlich zu betrachten. Er konnte die Ver-
fassung Athens seiner Zeit nicht für etwas seit Solon
annähernd Stabiles halten; sie war ihm, wie jedes
andere, ein historisch Gewordenes. Der historische
Teil seines Buches zeigt, wie aus der solonischen Ord-
nung die Verfassung vom Ende des 4. Jahrhunderts
sich entwickelte; er giebt nach des Aristoteles Absicht
die genetische Erklärung für den systematischen!). Wer
in diesem Sinne eine srolıreia ᾿ϑηναίων schrieb,
konnte nur die Entwicklung der Verfassung darstellen,
welche als die eigentlich athenische galt, der Demo-
kratie. Diese knüpfte die Auffassung der Antike an
Solon; die “τάτριος πολιτεία Asnvalov war die solo-
nische. Von ihr beginnt also in Wahrheit erst die
Geschichte der eigentlichen πολιτεία AInvalov. Hier-
mit war der Anfang der historischen Darstellung ge-
geben.
Aber auch die solonische Verfassung konnte
für den Philosophen und philosophisch denkenden
Historiker keine Offenbarung sein, auch sie war
etwas historisch Gewordenes. ° Die gröfstenteils my-
thische Königsgeschichte liefs eine genetische Dar-
stellung nicht zu. Wenn es galt, die Entstehung
1 Dafs aufser dieser inneren Zusammengehörigkeit der
beiden Teile auch eine mehr äufsere Ineinanderfügung besteht,
zeigt das im Anfang der vorhergehenden Anm. Beobachtete.
-- -286 —
Schluts der πάτριος πολιτεία der Athener zu erklären, so
konnte es fast nur so geschehen, wie Aristoteles es
gethan hat. Ich habe im Eingang gesagt, die Kapitel
2—4 bildeten zunächst die Folie, auf der sich die
Darstellung der solonischen Verfassung abhübe; jetzt
mufs es heilsen, sie sollen die Zustände socialer und
politischer Art vor Solon zusammenfassen, um zu er-
kennen zu geben, aus welchen inneren Ursachen die
Verfassung, deren Geschichte der eigentliche Gegen-
stand des Buches ist, entsprang. Sie bezeichnen die
Aufgaben, welche Solon gestellt waren, und die er ge-
löst hat. Der Eingang des ersten Kapitels über Solon
rekapituliert die vorhergehende Einzeldarstellung scharf;
der Schriftsteller spannt förmlich: wer ist der Heiland
aus diesem Elend? ‘So war das Staatswesen geordnet,
und dazu frohndete die grofse Menge den wenigen
Reichen: das trieb das Volk zur Empörung gegen die
Vornehmen. Der Kampf war hartnäckig, und lange
kam es zu keiner Einigung; endlich fand man sich,
und beide Parteien wählten zum Schiedsrichter und
Archonten Solon und legten das Staatswesen in seine
Hände.’ Wird Solon nun den Staat vor dem Unter-
gange im Bürgerzwist retten? und wie wird er eine
Ordnung der Dinge finden, welche die Wiederkehr
der früheren Zustände verhindert? Diese Fragen, die
der Eingangssatz des Abschnittes über Solon stellt,
beantwortet der Schlulssatz. “Er ergab sich keiner
von beiden ‚Parteien, sondern widersetzte sich beiden.
So verfeindete sich der Mann, der doch, gestützt auf
welche Partei er wollte, Alleinherrscher hätte werden
können, lieber mit beiden Parteien: dadurch ist er der
Retter seines Vaterlandes geworden und hat die beste
Verfassung gegeben.’
So hat Aristoteles die solonische Verfassung in
— Bu
den Anfang der eigentlichen Geschichte der athenischen Sehluis
Verfassung gerückt, und was vorherging, erscheint wie
eine vorbereitende Einleitung. Indem er ihr diese
Stellung giebt, stellt sich ihm das ganze athenische
Staatsleben in einer einzigen grofsen Entwicklung dar.
Der Philosoph und Historiker ist befriedigt: mit
einem Blicke, von einem Standpunkte aus über-
schaut er die Geschichte von fast drei Jahrhunderten.
War aber das Buch, welches der Gelehrte — in Prak-
ihm einigen sich der Philosoph und Historiker ee
schrieb, auch wieder nur für Gelehrte und für die πολ.
Wissenschaft geschrieben, oder hat der Gelehrte Ari- οὐ
stoteles einem anderen Aristoteles, der auf weitere
Kreise wirken wollte, den Stoff für einen praktischen
Zweck bereitet? Das Buch war zur Veröffentlichung
bestimmt. Die Frage nach seiner Tendenz war natür-
licherweise eine der ersten, die man aufwarf. Sie ist
bekanntlich sehr verschieden beantwortet worden; Ma-
kedonien und des Aristoteles’ Verhältnis zu Alexander
spielen fast durchgängig in den Lösungen eine Rolle.
Ich kann nicht die geringste Spur davon in dem Buche
tinden, dafs Aristoteles, der Mak&done und Lehrer Alexan-
ders, sein Verfasser ist. Der Verfasser der πολ. 499.
steht ganz auf dem Standpunkte der aristotelischen
Staatsphilosophie, und alle seine Urteile sind von ihr
aus verständlich ; sie aber ist selbst wieder ein dem Gan-
zen wesensgleicher Teil der seitdem Ende des5.Jahrhun-
dertsin Athen gewordenen und das folgende Jahrhundert
durchlebenden theoretischen Betrachtung des griechi-
schen Staatslebens. Die Beurteilung, welche Aristoteles
den Ursachen des Niederganges des athenischen Staates
zuteilwerden lälst, deckt sich mit der Kritik, welche Platon
im “Gorgias’ und in den “Gesetzen? geübt hat, und mit
dem, was Isokratesim “Areopagitikos’ und ‘Symmachikos’
-- 288 --
Schlufs geschrieben hat, um das verseuchte, hinsiechende poli-
tische Leben seines Vaterlandes zu retten. Wenn denn
Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Abfassung
der πολ. 491v. verfolgt haben soll, so kann ich keinen
anderen sehen als den, der Isokrates vorschwebte;
denn mit der inneren Gleichartigkeit, mit der Gleich-
artigkeit des Urteils im ganzen wie im einzelnen ist
die Gleichartigkeit der Tendenz gegeben. Wenn denn
Aristoteles einen praktischen Zweck hatte, dann wollte
er den Athenern seiner Zeit zeigen, dafs der Ent-
wicklungsgang ihres Staatslebens der Weg zum Ende
war, dafs ihr Staat schon über dem Abgrund schwebe,
und wollte ihnen weisen, wo die Rettung lag: in der
Rückkehr zu der Verfassung, welche sie selbst die
πάτριος ττολιτεία hiefsen. Dann hat er ihnen zeigen
wollen, wo der Ursprung des Übels lag, hat sie durch
sein Urteil über die Seemachtpolitik und das Demagogen-
tum zum Vergleich mahnen wollen mit der eigenen
Zeit, welche Theorikengesetz, Flottenreform, Arsenal-
bauten und die Männer alle der Tribüne von Demo-
sthenes herab bis auf Demades sah, auf dafs sie ein-
sähen und lernten, dafs’ eine Rettung nimmer möglich
sei, wenn sie nicht auf anderem Grunde die Macht
des Staates bauen und anderen Leitern folgen wollten.
Dann hat er ihnen zeigen wollen, dafs das socialistische
Ideal dieser extremen Demokratie das falsche sei, weil
es den Begriff der bürgerlichen Gleichheit gefälscht
habe: es ist nicht wahr, dafs der Staat der beste ist,
in welchem absolute Gleichheit herrscht. Die wahre
Gleichheit ist eine andere, und sie liegt nicht bei den
Extremen: “wenn denn der Staat aus gleichen und mög-
lichst ähnlichen Elementen bestehen will, so findet er
solche vor allem bei den μέσοι" (Polit. 1295 b 25). Und
Solon, der Schöpfer ihrer Verfassung, hatte es gesagt,
-- 2895 —
dafs es falsch sei χαχοῖσιν ἐσϑλοὺς ἰσομοιρίαν ἔχειν. Schlufs
Kurz, dann riefe er ihnen zu: “hr glaubt es und thut
so, als ob ihr noch in der von Solon geschaffenen Ver-
fassung lebt. Seht selbst, was eures Solon Verfassung
war, was daraus bis zu dieser Zeit geworden und wo-
durch es so geworden ist. Das einzige Heil, welches
es noch giebt, liegt in der Verfassung, deren Zer-
störung zu dem Elend von heute geführt hat’. Dann
würde er eben sprechen wie Isokrates im “Areopagitikos’.
Dafs er sich nicht ganz mit diesem deckt, sondern
auch da, wo er mit schwarzen Farben malt, ein Wort
der Anerkennung findet, wenn er von einer Institution
zu sprechen hat, welche zu seinen philosophischen An-
schauungen stimmt!), kann nicht verwundern. Er ist
kein Rhetor, dem die Farbe nie grell genug ist, wenn
sie darum auch unwahr wird; er ist auch kein Athener.
Man mag wohl annehmen, dafs dem Schüler des Platon
und dem Menschen, der die schönen Jahre des Lernens
im Angesichte der Akropolis verbrachte, etwas mehr
für Athen im Herzen schlug als anderen Fremdlingen auf
attischem Boden: wie ein Athener den Schmerz um das
unrettbare Vaterland fühlen, das konnte ein Fremdling
doch nicht. Solche Töne des Unmutes, wie sie Isokrates
entströmen, ein Zorn, wie der des jungen Platon, eine
schmerzliche Resignation, wie die des gealterten, stehen
ihm nicht zu. Das Herz dieses Menschen ist nie so
!) Ich denke an die von Cauer so mifsbrauchte Stelle
p- 45, 14 zei τοῦτο δοχοῦσιν ποιεῖν ὀρϑῶς zre.: Polit. 1281 a
99 Β΄; 1286a 31f. Es möchte in diesem Zusammenhange auch
zu bemerken sein, dafs Aristoteles von der Haltlosigkeit der
übrigen, namentlich der akademischen Philosophie frei ist,
welche aus der abfälligen Kritik der athenischen Verfassung
sofort in das entgegengesetzte Extrem, die Lakonomanie, ge-
trieben ward.
--Ἠ 240 --
Sehluis sehr beteiligt, dafs der Verstand des Philosophen nicht
klar bliebe. Das würde dem Aristoteles gut anstehen,
denn es ist wirklich sein eigenes Wesen. Wenn denn
also Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Ab-
fassung der Schrift vom Staatswesen der Athener ge-
habt hätte, so könnte er nur als φιλαϑήναιος und nicht
als φιλαλέξανδρος geschrieben haben, und der leiden-
schaftslose Ton des Buches würde nicht gegen diesen
Zweck sprechen.
Aber was die Athener Platon und Isokrates wagen
durften, durfte das der Fremdling, dem sich die sonst
so gastfreien Thore Athens nur wieder öffneten, als
sein Beschützer sie erbrochen hatte, und wieder schlossen,
als man den Mächtigen nicht mehr fürchtete? Und
gesetzt, er hätte es gedurft: darf man es dem Fremd-
linge zutrauen, dafs er zur Rettung des Gemeinwesens
hat mithelfen wollen, dessen Verfassungsgeschichte
ihm als Philosophen und Gelehrten wohl Interesse,
Achtung, ja Bewunderung abgezwungen hatte, in dessen
Mitte er aber das Drückende einer erzwungenen Gast-
freundschaft empfinden mulste? Doch lassen wir diese
äufseren Überlegungen: wie soll man sich denken, dals
dieses Buch mit seiner fortlaufenden Polemik gegen
Thukydides, Herodot, Androtion und andere Atthido-
graphen, gegen Platon und Isokrates zu einem poli-
tischen Zwecke gleich dem ‘Areopagitikos’ bestimmt
gewesen wäre? Und wenn Aristoteles trotz alledem
die Verfassungsgeschichte Athens zu solchem Zwecke
geschrieben haben soll, wie steht dann die Darstellung
der athenischen Verfassung in der Reihe der Dar-
stellungen der übrigen griechischen Staatsverfassungen,
als deren Glied, wenn auch gewils als das vornehmste,
wir sie doch zunächst betrachten müssen? Hat die σο-
λιτεία AImvalov nicht doch nur der Gelehrte im
— Mi —
Dienste der Wissenschaft geschrieben? Und wie kennen Schluss
wir Aristoteles, welcher ist der echte: Aristoteles der
athenische Publieist oder Aristoteles der Mann der
Wissenschaft?
Es ist schade, dafs ich mit einer Frage schliefsen
mulste, welche eigentlich keine ist. Mir wär’s lieber
gewesen, es wäre eine wirkliche Frage, eine solche
gewesen, an deren Beantwortung man auf je ver-
zweifeln zu sollen glaubt; denn so käme, mag ich
auch hier und da eine Lösung sehen zu können meinen,
mein Standpunkt dem neuen Buche gegenüber zu
richtigerem Ausdrucke. Ich glaube und hoffe, dals es
bei anderen ebenso bestellt ist: je genauer man das
Buch kennen lernt, je mehr man Verständnis und Er-
kennen ihm abzuringen sich müht, desto mehr Zweifel
und Fragen steigen von allen Seiten auf. Das ist
der Segen, den es gebracht hat.
Keil, Aristoteles. 16
Register.
Aischines, derSokratiker, neues
Fragment 218, 2.
Ammonias, Schiff, 149.
Ämterbesetzung in Athen nach
Aristoteles 113 ft.
Andokides I 77 ft. 110 £.
Androtion: Atthis 191 f. und
Πολ. ’A9nv. 45 f. 49 f. 164 ff.
168. 171 £. 190 ff.
Anmerkungen, antike, 178 ft.
Anthemion 67.
Archestratos 54, 1.
Areopag: bei Isokrates 100 ἢ,
in der Πολ. 49nv. 101 ff.,
Sturz des A. 120, 1.
Aristeides, Staatsmann, 214.219
Aristides, Aelius,
or.XLV p.20 Dd. 218, 2
XLVI p. 161 197 Anm.
p. 317 198 Anm.
p. 360 196f.Anm.
XLIX p. 536 ff. 197 Anm.
Aristoteles
Πολιτεία A9nveiov: Quellen
200 f. Oligarchische Quelle
48. Schriftliche Quellen
des 2. Teiles 231, 1; vgl.
Androtion, Atthidenüber-
lieferung, Herodot, Iso-
krates, Plutarch, Thuky-
dides, Xenophon. — Quel-
lenkritik und Quellenbe-
nutzung des Aristot. 51.
186. 205, 2. 227. — For-
schungsart und Autorität
des A. 168 ff. 201f. 228 £.
— Philosophischer Stand-
punkt des Verf. 204 ff. 215
ff. 226; vgl. Solon. Ten-
denz 237 ff.
Ökonomie des Stoffes
229 ff. Der verlorene Ein-
gang 234, seit wann ver-
loren 196 ἢ. — Der 1. im
Verhältnis zum 2. Teil
235. Der 1. und 2. Teil
gefugt 231, 1. Dispo-
sition des 2. Teiles 229 f.
Der 2. Teil ungeordnet
231, 1. — Mo}. 49nv. un-
fertig 50 ff. 196. 230, 2.
231, 1. — Zur Datierung
148 ff. — Bis wann gelesen
196 ff.
Sprache 195. Ausdruck
der Polemik 153. Stilisti-
-- 248
sches 61. 153. 181. Periodik
17 £. — Hiate 19, 1. —
Rhythmik 18 Ε΄: Klauseln
19—28, mit langen End-
silben 19 ff., mit kurzen
Endsilben 24 ff. Perioden-
eingänge 28—32. Rhyth-
mik nicht im Satzinnern
32 ff., überhaupt nicht ge-
wollt 35. Paeone 33. He-
xameter 22. Iambischer
Trimeter 34.
Textgeschichtliches 196
ft. 200.
3 p. 2,22 “105 Anm
p- 3, 10 102
e. 4 echt 96 £. 98,1.
202.
p- 3, 23 115 Anm.
Ὁ 9; 2878; 1
p- 4, 5 |
p:4, 131. 15,2
ο. ὃ 256
Ρ.4, 18ff. 38
p-5, 10 4 2.d.St.;
42, 2
6: 6»: 5, 17 “40
Ῥ. 5, 277 197£.Anm.
e.7p.6, 11—17 55 ft.
p- 6, 18: 60 £.
D.6, 20 702,1
p- 9, 20 167
ὭΣ 9212 168
ce. 11 p. 10,4 10z.d. St.
p. 10,6 102.d.8t.
na 181 ff.
p- 112 27° 122.0. St.
c. 14 p. 14, 10 24
c.415 p. 15, 18788, 1
ce. 16 82 f.
c.18p.19, 17. . 179
c. 20 9.22, 7: 51
p- 22, 21 209
c. 22 61. 209 £.
6. 23 206 f. 214
p. 25, 27 206 £.
p.26, 1 206 £.
c. 24 206 ἢ.
c. 25 51. 213 £.
c. 27 211 ft.
c. 28 205f. 2288.
ce. 29—39 201
e. 99 pP. 37, 8 ff. 208
c. 40 208 £.
Ὁ: 41 p. 45,5 217
e. 45:P. 50,6. 291: 1
e. 47 p. 51,9 68—76
c. 52 p. 56, 24 232 Anm.
c. 58 p. 57, 10 52
e.55 p.61, 258. 55 fl.
c. 57 p. 65, 13 107
c. 59 p.67,5 232 Anm.
p-67,6f. 52
p- 67, 10ff. 52
c.63p.68,23ff. 52
Frg. 3855 R®_ 64, 2
461 223, 1
Vgl. Aristides, Isokrates,
DET 66 ἢ.
Ρ. 5,14 68-76
2.87.45, 268 78 ΤῈ
PH 8.1 3378:
e.,9p% 37 8,2.d:8t.
p: 9,8 8 z. d. St.
158
10/99, 182.9 τ ΠΕ:
p. 9, 20 166
Platon, Pollux.
Politika: Abfassungszeit 122
ff. Herausgabe 222 A. Po-
16*
-- 24 ---
lit. und 7704. ᾿49ϑην. 16,1.
120 f. 127.
p- 1272 b 20 122
p. 1296 a 38 225
p. 1300 Ὁ 3 114, 1
p- 1306 b 9 77
p. 1308 a 35 76
p- 1327 Ὁ 3 131
Eth. Nikom.
p. 1160b 1 ff. 134 ft.
p. 1181a 13 ff. 145 ft.
Athen Metropolis von Ionien
St
Atthidenüberlieferung und die
Πολ. :4$nv. 93. 154. 172. 185.
200.
Bekk(eri) An(eedota) 345, 21
75, 1
Ciorpus) Inseriptionum) A(tti-
carum)
I 742 67
ΤΥ 38. 54,1
Delphinion, Gerichtshof, um-
gestaltet 111.
Demagogentum im Urteile der
Philosophie 217 ft.
Didymos 59 f£.
Diotogenes, Pythagoreer, 160
Anm.
Drakontische Verfassung 96 f.
114, 1. 116. Überlieferung
202.
’Ey(nusois) AoyleıoAoyızn) 1862,
77 59 Anm.
Ephetengerichte 106 ff.; ihr
Name 108,
Ephialtes 213 ἢ
Euthyna in Athen nach Aristot.
118 ff. 152.
Harpokration v. ἀδύνατος 75, 1.
Hermippos 44. 49 f. 60. 99.
101. 172 f. 177. 185 ff. 198, 1.
Herodot V 71 96. 117 Anm,
Hiat 5. Aristoteles 770). A9nv.
Invaliden- und Armengeld in
Athen 75, 1
Ion von Chios 198 Anm.
Isokrates und Aristoteles 89 ff.,
und Platon 78, 1
or. IV 78 159 f, Anm.
VII 78, 1
81 ft.
u. XO 88 f.
u. 1701.49. 78 ff.
Hypoth. 198, 1.
37 100 £.
39 ft. 157 ff.
40 160 Anm.
VIII 78, 1
54 f. 221 Anm.
88 220, 1
XI 222 Anm.
130 ft. 86. ff. 221
Anm.
XV 78, 1
81 ff. 124. 146 f£.
254 ft. 147
Kedon 209.
Kimon 219.
Kleisthenes 209 ἢ,
Lex(ieon) Patm(ieum, Bull. de
corr. hell. 1 152) v. γεννῆται
64, 2.
Lykurgos: Gesetzgebung 160 ff.
Anm. Bei Hermippos und
Aristoteles 176.
Lykurgos g. Leokrates 124.
160 Anm.
Miltiades 219
Naukraren 93 f.
Ostrakismos bei Aristoteles 209.
Paralos — Paralia, Schiff, 149.
Peisistratiden,Chronologie,51f.
Perikles 210 ft.
Philochoros 75, 1. 192.
Phylobasileis 108 ft.
Platon und die Mol. Ay.
158, 1. 188 £. 218 £.; "Gorgias’
und 770). Asyv. e. 28 219.
Vgl. Isokrates.
Plutarch und die 7Zo4. 49nv.:
Solon e. 1 187
3 44
10 39, 1
12 18
13,181
14 40 ft.
15 45 ff. 164 ff.
16 41. 175 ft.
18 155 ff.
19 ΠῚ
20 10ὅ, 1. 126
25 55 ff. 173 ft.
29 181
30 188
31: 187
Vgl. Hermippos.
Theseus ce. 25 199
36 198 Anm.
Kimon 8 198 Anm.
Non posse suaviter vivi ce. 10.
144 ἢ.
Pollux und die 770. 49nv.64, 2.
#5) a
VIII 111 64, 2
130 64
IX 60 16
Positio debilis 42, 1.
Prytaneion, Gerichtshof, 109 ff.
Prytanen: in der drakontischen
Verfassung 96. Pr. der Nau-
kraren 96. 117 Anm.
Pseudo-Archytas (bei Stob. flor.
43, 134) 160 Anm.
Pseudo-Aristoteles περὶ βασε-
λείας 128 Ε΄, unecht 136 ft.
Alter 141. Thema 133. Dis-
position 137 ἔς und Aristot,
Eth. Nik. p. 1137 a 31. 1160
bie 14£
Rhythmik s. Aristoteles 770).
Ad.
Richterqualifikation 212, 1.
Riehtersold 211 f£.
Salaminia, Schiff, 149.
Schatzungsklassen in
68 ft.
Scholia in Aesch. II 87 107, 3.
Scholia in Aristoph. Vesp. 684
223, 1.
Seehegemonie im Urteile der
Philosophie 215 f.
Seisachtheia 45. 164 ft.
Skyros, Datum der Einnahme,
198 Anm.
Solon bei Aristoteles 203 Εἰ,
"als μέσος 151 ff. 204. 225.
Seine Verfassung im Urteile
des Aristoteles 229 ἀσάφεια
seiner Gesetze 157 ff. Seine
Schatzungsklassen 68 und
Münzreform 70 ff. 164 ff.
Fragmente 42, 1. 197 Anm.;
Athen
-- 246 —
Frg. 15 und 70}. ᾽άϑην. p.
5,4 fl. 42, 1.
Strategen in der drakontischen
Verfassung 115 Anm.
Themistokles 214.
Theognis’° Verwendung der
positio debilis 43 Anm.
Theramenes 205.
Thukydides I 126 96.
Tyrtaios’ Verwendung der po-
sitio debilis 43 Anm.
Die Vierhundert des Jahres
411 208.
Wortschatz des attischen Dia-
lektes im 6. Jhd. 59 Anm.
Xenophanes’ Verwendung der
- positio debilis 43 Anm.
Xenophon und die 770). Aönr.
200, 1.
[Xenophon] Πολιτεία ᾿ϑηναίων
215, 1.
᾿41ϑήνη -4ττιχός 94.
ἀχοσμεῖν, ἀχοσμία 103 Anm.
ἀτακχτεῖν - ἀταξία 103 Anm,
διατάττειν 16, 1.
διελθεῖν, διεξελϑεῖν 91, 1.
δίχαι ἔμμηνοι und ἐμπορικαί
232 Anm.
ἔμφραγμα, ἐμᾳφράττειν bildlich
160 Anm.
ἐπ᾿ ἐτές (Ὁ) 62, 1.
ἐπιχύρβιος 59 Anm.
ζευγίσιος 66.
ζημιοῦν 102, 1.
ϑεσμοί-νόμοι 54.
χαϑιστάναι πολιτείαν 17 Anm.
zer ἐμπορίαν καὶ ϑεωρίαν 132,1.
χολάζειν 102, 1.
χύρβεις- ἄξονες 58, 1.
ν ἐφελκυστιχόν 24.
γαύχραρος 9.
ὁμογάλακτες 64, 2.
παρανομεῖν 103 Anm.
ταμίαι 65.
τάξις 16.
χοεωκοπίδαι 49.
Inhaltsverzeichnis.
Aristoteles’ Πολιτεία A9$nvalwv Kap. 5--13.
Text
Fünftes Kapitel :
Rhythmik: Klauseln 19 Bea 98 a
inneres 32. Plut. Sol. e. 14 und 16 40.
Sechstes Kapitel .
Plut. Sol. ο. 15 (Androtion) 45. ee Quelle 46.
Hermippos 49. Πολ. ’A9nv. unfertig 50.
Siebentes Kapitel I EN ER
Plut. Sol. e. 25 55. ταμίαν 63. Pollux und die πολ.
᾿άϑην. 64, 2. Die solonischen Steuerklassen 68.
Achtes Kapitel .
Isokrates’ Areopagitikos 78 (ad τ Ἐν 78, 9)
Isokrates’ Panathenaikos 130 ff. 86. Naukraren 9.
Prytanen 96. Plut. Sol. e. 19 99. Areopag bei Ari-
stoteles 101. Epheten 106. Gericht am Prytaneion
108. Beamtenwahl und Euthyna 113. Aristot. Politik
und πολ. A$nv. 120. Abfassungszeit der Politik 122.
Eysurs .Vrin. ΠΕ a
Ps.-Aristot. περὶ ee "Echtheit unerwiesen 128
und Aristoteles 134. Gründe gegen die Echtheit 136.
Disposition 137. Arist. Ethik Schluss 145. Datierung
der πολ. "A9nv. 148.
Neuntes Kapitel . Re u
Geschworenengerichte 152. Plut. Sol. e. 18 155. Die
ἀσάφεια der solonischen Gesetze 157.
Seite
14
59
17
127
-- 248 ---
Seite
Zehntes Kapitel... . By. - 165
Seisachtheia und Mäntrefuege: Pak ἔοι, ο. 15 (An-
drotion) 164. Autorität des Aristoteles als wissen-
schaftlichen Forschers 168. Hermippos 172.
ΕΠ 66 8. BRapiel ... . .; 173
Plut. Sol. e. 25 und 16 173. ᾿ξ ER 118.
Πολ. ᾿άϑην. ce. 12 181. 1704. A9nv. und Hermippos
186 und Plutarch 183 und Androtion 190.
Dechlufs4, ΠΣ F 194
Äufsere Gesch de SE 245. 194 (Ael. Ariskid,
und die πολ. ᾿ἄϑην. 196, 2). Quellen und Quellen-
benutzung 200. Die aristotelische μεσότης 204: Richter-
sold 211 Seehegemonie 215 Demagogentum 217.
Aristoteles als Historiker 226. Ökonomie der πολ.
Asnv. 229. Tendenz der πολ. Asnv. 237.
ie A ἀν χώτυνι ..01
S. 22 2. 22 lies (-ϑῆναι διὰ). 24 Z. 15 1. herbeigeführt.
28 2.23 1. Savarov. 33 Z. 22 f. gegliedert 7. durchsetzt. 39
Ζ. ὃ v. u. 1. (Plut. Sol. 10), 68 Z.11:.vor Solon I. von Solon.
75 Anm. Z.5 Harpokration !.Hesych. 82 Z. 201. paraphrastisch.
96 Z. 26 1. (1 126). 102 Anm. Ζ. 7 1. Pollux VIII 21. 116 Anm.
Zu. koniroliigeken: 127 Z. 101. αὐτούς. 133 Z. 5 voluptatibus
libidinibusque 1. voluptatibus temporalibus. Jenes ist der
Text bei Lippert, dieses der bei Nissen S. 179, welchem ich
zunächst nicht folgte, weil die Abweichung von Lippert nicht
ausdrücklich begründet ist. Herr Prof. Nöldeke belehrt mich
freundlichst, dafs der Nissensche Text der richtige ist; an
meinen Ausführungen ändert das nichts. 136 Z. 14 f. I. οὐ
μὴν ἀλλ᾽ ἐλάχιστοί γε. 158 Anm. Z. 1 1. Politikos 2948. 230
Z 12 1. Inkonsequenz. Während des Druckes abgesprungene
Aeccente und Interpunktionszeichen sind nicht aufgeführt.
Pierer’sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg.
2. ...
a Ἢ Here A ὃ
Ὁ Ὁ
τ τώ
Ὗ χ᾽
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