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Full text of "Die Sprache der Kossäer : linguistisch-historische Funde und Fragen"

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DIE  SPRACHE 


DER 


K  O  S   S  Ä  E  R. 


LINGUISTISCH-HISTORISCHE 
FUNDE  UND   FRAGEN 


VON 


DR-  FRIEDRICH  DELITZSCH, 

PROFESSOR    DER    ASSYRIOLOGIE    AN    DER    UNIVERSITÄT    LEIPZIG. 


e,1 


LEIPZIG 

J.   C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1884. 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


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HERRN 


GEHEDIRATH  PROF.  DR.  FLEISCHER 


EIN  TRIBUT 
DANKBARER  VEREHRUNG  S . 


Plus  ultra ! 

Immer  weiter  dehnt  sich,  dank  Hormuzd  Rassams  und  Mr.  de 
Sarzec's  bewunderungswürdigen  Ausgrabungsarbeiten,  das  Gebiet  der 
Keilschriftforschung  und  immer  weiter  dringt  hierdurch  zugleich  die 
Erkenntniss  des  vorderasiatischen  Alterthums,  der  ältesten  Geschichte 
der  Menschheit.  Zeitlich  öffnen  sich  Perspectiven,  die  vor  einem  Jahr 
nicht  geahnt  wurden,  und  räumlich  fallen  die  Strahlen  des  Lichtes, 
das  über  den  Trümmerhügeln  Babyloniens  und  Assyriens  aufgegangen 
ist,  auf  nähere  und  fernere  Nachbargebiete,  das  Dunkel  entlegenster 
Gebirgsthäler  erhellend.  Das  kleine  unscheinbare  Thontäfelchen, 
zu  dessen  Interpreten  die  vorliegende  Schrift  sich  gemacht,  mag  von 
neuem  verrathen,  welche  Fülle  neuer  Gesichtspunkte  schon  der  klein- 
sten der  dem  Britischen  Museum  neu  gewonnenen  Keilschrifttafeln  zu 
entnehmen  ist. 

Immer  weiter  hat  sich  die  Erkenntniss  Bahn  gebrochen  von  der 
Bedeutung  der  Assyriologie  an  sich  selbst  und  für  die  Wissenschaft 
im  Allgemeinen,  immer  weiter  wird  der  Kreis  derer,  welche  der 
jungen  Wissenschaft  ihren  Fleiss  und  ihren  Eifer  zuwenden.  Ueber 
ein  unabsehbar  weites  Reich  waltet  die  arabische  Philologie  — 
Arabisch,  Persisch.  Türkisch  ist  ihr  unterthan.  ein  mächtiges  Gebiet, 
autokratisch  beherrscht  von  dem  Einen,  dessen  Schüler  zu  sein  ich 
mich  rühme  und  dessen  Namen  diese  Schrift  mit  Stolz  an  ihrer  Spitze 
trägt.  Aber  ein  weites  Gebiet  hat  auch  die  Assyriologie  zu  ver- 
walten: mehr  denn  drei  Jahrtausende  der  Menschheitsgeschichte,  von 
3800  v.  Chr.  bis  herab  auf  Antiochus ,  umspannt  sie  und  zu  den 
Weltreichen  Babyloniens  und  Assyriens  treten  als  kleinere  Domänen 
die  alten  Staatenbildungen  Elams.  Mediens,  Armeniens  und  der  an- 
grenzenden Länder.  Wäre  es  nicht  an  der  Zeit,  an  den  grösseren 
Hochschulen  Deutschlands  auch  äusserlich  einen  Schritt  vorwärts  zu 
thun   und   der  Assyriologie   den  ihr   zukommenden   Rang  eines   der 


VI 


Aegyptologie  und  anderen  philologisch-historischen  Disciplinen  eben- 
bürtigen selbständigen  Wissenschaftszweiges  zuzuerkennen,  um  so 
mehr,  als  die  aussergewölmliche  Bedeutung  der  Assyriologie  für  die 
alte  Geschichte  und  Geographie,  für  die  Sprachwissenschaft  im  All- 
gemeinen, wie  besonders  für  die  semitische  und  speciell  alttestament- 
liche,  für  Religions-.  Kultur-  und  Kunstgeschichte  eine  dermalen 
unbestrittene  ist? 

Polemik  habe  ich.  so  viel  sich  auch  Gelegenheit  aufdrängte, 
grundsätzlich  unterlassen:  sie  trübt  und  hemmt  ja  doch  nur  das 
Streben  nach  vorwärts.  Auch  wo  ich  auf  Angriffe  zu  erwidern  Grund 
gehabt ,  habe  ich  es  vermieden ,  mich  herumzuschlagen .  überzeugt 
dass  die  Wahrheit  sich  von  selbst  Bahn  brechen  wird.  So  bleibe  ich 
unter  anderem  auch  dessen  gewiss,  dass  meine  Aufstellungen  über  die 
Lage  des  Paradieses  dennoch  in  allen  Hauptsachen  zu  Recht  be- 
stehen werden  —  sie  werden  auch  durch  diese  Schrift  in  einem  nicht 
unwichtigen  Punkte  gefestigt. 

So  gehe  denn  dieses  Buch,  gleich  dem  andern  über  »  The  Hebrew 
Languagea  die  Frucht  meines  diesjährigen,  durch  die  Munificenz  der 
Leipziger  Albrecht-Stiftung  ermöglichten  Londoner  Aufenthaltes, 
hinaus  in  die  wissenschaftliche  Welt  und  mache  sich  dem  immer  wei- 
teren Fortschritt  der  Wissenschaft  dienstbar,  von  den  Fachgenossen 
wie  überhaupt  Sprach-  und  Geschichtsforschern  wohlwollend  aufge- 
nommen. Ich  bekenne  bei  dieser  Gelegenheit  wehmuthsvoll ,  dass 
mit  Franoois  Lenokmant,  dessen  erschütternde  Todesnachricht  so- 
eben eintrifft,  nicht  allein  der  Assyriologie  einer  der  genialsten,  be- 
geistertsten und  fruchtbarsten  Arbeiter,  sondern  auch  mir  ein  stets 
wohlgesinnter  Kritiker  genommen  ist. 

Sic  aber,  hochverehrter  Herr  Geheimrath.  mögen  dir  Widmung 
dieser  kossäischen  »Araber«  gütig  aufnehmen  von  einem  Schüler, 
der  trotzdem  dass  er  jetzt  in  Babylonien  zeltet,  ja  bis  zu  den  fernen 
Kossäern  seine  Streifzüge  ausdehnt,  dennoch  nimmer  aufhört  sich 
glücklich  zu  fühlen,  vorerst  durch  Ihre  altbewährte  arabische  Schule 
hindurchgegangen  zu  sein,  und  über  allem  Wandern  und  Vorwärts- 
streben die  Pflichl  der  Dankbarkeit  gegen  den  Meister  auf  semiti- 
schem Sprachgebiet  niemals  vergessen  wird. 

Leipzig,  am   1 1.   December  1883. 

Friedrich  Delitzsch. 


Die  Sprache  der  Kossäer. 


Das  Volk  der  Kossäer. 

Die  Sprache  der  »Kossäer« —  doch  nicht,  so  wird  man  fragen, 
die  Sprache  der  KoooaToi,  jenes  wilden  räuberischen  Stammes  in  den 
rauhen  Thalern  des  fernen  Zagrosgebirges  zwischen  Medien  und  Baby- 
lonien ,  dessen  die  alten  Schriftsteller  gelegentlich  kurze  Erwähnung 
thun *?  "Welch  tieferes  Interesse  könnten  wir  an  diesem  Gebirgsvolk 
nehmen,  welches  in  der  Geschichte  der  Menschheit  eine  so  gar  unter- 
geordnete Rolle  gespielt  hat,  welches  kaum  ein  festumgrenztes  Land 
sein  eigen  nannte,  geschweige  dass  es  irgendwelche  Denkmäler  hinter- 
lassen hätte,  und  was  könnten  wir  nun  gar  wissen  von  der  Sprache, 
welche  jene  seit  Alexanders  des  Grossen  Zeit  verschollenen  «Barbaren« 
gesprochen  ?  Und  dennoch  beschäftigen  sich  eben  mit  diesem  Volk  der 
Kossäer1  die  folgenden  Seiten. 


1)  Die  Hauptstellen  aus  den  Werken  der  klassischen  Schriftsteller  über  die 
Kossäer  sind  die  folgenden.  Polybius  bemerkt  gelegentich  der  Beschreibung  der 
Grenzen  Mediens  (V,  44,  7):  »Südwärts  berührt  es  Mesopotamien  und  die  Land- 
schaft Apollonien ,  sowie  auch  Persien,  wogegen  es  von  dieser  Seite  durch  das 
Zagrosgebirg  gedeckt  wird,  das  ungefähr  hundert  Stadien  hoch  ist,  und  in  dessen, 
durch  eine  Menge  abgesonderter  Höhenzüge  gebildeten,  Thälern  die  Kossäer, 
Korbrener,  Karcher,  und  mehrere  andere  sehr  kriegerische  Barbarenstämme  hau- 
sen«. Strabo  sagt  ebenfalls,  die  Grenzen  Grossmediens  mit  der  Königsstadt  Ek- 
batana  beschreibend  (XI,  13,  6):  »Begrenzt  wird  es  gegen  Osten  von  Farthien  und 
den  Bergen  der  Kossäer,  räuberischer  Menschen,  welche  einst  13000  Bogen- 
schützen stellten,  als  sie  mit  den  Elymäern  gegen  die  Susier  und  Babylonier  kämpf- 
ten. Nearchus  erzählt,  von  den  vier  Räubervölkern,  von  welchen  die  Marder  an 
die  Perser  stiessen  ,  die  Uxier  und  Elymäer  an  diese  und  an  die  Susier,  und  die 
Kossäer  an  die  Meder,  hätten  zwar  alle  Tribut  von  den  Königen  erzwungen,  die 
Kossäer  hätten  aber  auch  noch  Geschenke  genommen,  wenn  der  König,  nachdem 
er  den  Sommer  in  Ekbatana  zugebracht,  nach  Babylonien  hinabgereist  sei;  Alex- 
ander aber,  der  sie  im  Winter  angegriffen ,  habe  ihre  grosse  Keckheit  gebrochen. 
Von  diesen  also  wird  Medien  gegen  Osten  begrenzt  und  ausserdem  noch  von  den 
Parätacenern,  welche,  ebenfalls  ein  räuberisches  Bergvolk,  an  die  Perser  stossen«. 
Delitzsch,  Kossäer.  1 


2  I.    Das  Volk  der  Kossäer. 

Auch  die  Keilschriftliteratur  erwähnt  dieses  Gebirgsrolk  der  Kos- 
säer. und  zwar  unter  dem  Namen  Kassü.    Sanherib  (705 681  v.  Chr.) 

berichtet  in  den  Annalen  seines  sechsseitigen  Thonprismas  (Sanh.  I  63 
—  II  7;   vgl.  Sanh.  Bell.  20—33     wörtlich  Folgendes: 

»Auf  meinem  zweiten  Feldzug  ermuthigte  mich  Asür.  mein  Herr, 
und    ich    zog    nach    dem  Land    des  Volkes  Kassü    und    dem  Land    des 


Und  weiterhin  XVI,  I,  18  heisst  es:  «Die  Kossäer  sind,  wie  auch  die  benach- 
barten Gebirgsvölker,  Bogenschützen,  die  stets  auf  Raub  ausgehen.  Denn  ein  klei- 
nes und  rauhes  Land  bewohnend,  müssen  sie  von  fremdem  Gute  leben;  sie  müs- 
sen aber  auch  mächtig  sein,  denn  sie  sind  alle  streitbar.  Wenigstens  kamen  sie 
den  gegen  die  Babylonier  und  Susier  Krieg  führenden  Elymäern  mit  13000  Mann 
zu  Hülfe.  Die  Parätacener  bearbeiten  zwar  den  Boden  mehr  als  die  Kossäer, 
dennoch  aber  enthalten  auch  sie  sich  der  Räubereien  nicht«.  Ueber  Alexanders 
des  Grossen  Feldzug  gegen  die  Kossäer  berichtet  Diodor  (XVII,  111);  «Alexander 
zog  unterdessen  mit  leichtbewaffneten  Truppen  gegen  die  Kossäer,  welche  noch 
nicht  zum  Gehorsam  gebracht  waren.  Sie  waren  ein  sehr  streitbares  Volk  und 
bewohrrten  das  Gebirgsland  von  Medien.  Auf  ihre  unzugänglichen  Wohnsitze  und 
ihre  Tapferkeit  im  Kriege  sich  verlassend  ,  hatten  sie  nie  einen  fremden  Gebieter 
anerkannt  und  waren  auch  zur  Zeit  der  persischen  Herrschaft  unbezwungen  ge- 
blieben. So  trotzten  sie  denn  auch  unerschrocken  der  Tapferkeit  der  Macedonier. 
Der  Konig  aber  hatte  bereits  die  Pässe  besetzt,  verwüstete  den  grössten  Theil  von 
Kossüh  und  behielt  in  allen  Gefechten  die  Oberhand.  Viele  von  den  Fremden  wur- 
den getödtet  und  noch  viel  mehr  gefangen,  üeberall  wurden  die  Kossäer  besiegt, 
und  es  war  ihnen  leid  um  die  vielen  Gefangenen.  Sic  sahen  sich  datier  genöthigl 
durch  Unterwerfung  die  Bettung  der  Gefangenen  zu  erkaufen.  Also  ergaben  sie 
sich,  und  es  wurde  ihnen  Friede  gewährt  unter  der  Bedingung,  dass  sie  den  Be- 
fehlen des  Königs  gehorchten.    Alexander  hatte  mit  der  Unterwerfung  ses  Volkes 

in.  Ganzen  vierzig  Tage  zugebracht.  Er  baute  an  den  unzugänglichen  Plätzen  an- 
sehnliche Städte  und  Hess  seine  Truppen  sich  erholen«.  Hiermit  vergleiche  Arriän 
ExP-  Vl  Nll>  15>  <)=  »Er  nämlich  Alexander)  hatte  nun  bereits  eine  lange  Zeit 
der  Trauer  gewidmet ,  als  er  einen  Zug  wider  die  Kossäer,  ein  kriege- 
risches Volk,  das  ;.n  die  Uxier  grenzt,  unternahm.  Diese  Kossäer  wohnen  in  den 
Gebirgen,  und  haben  auf  dem  Lande  kein«,  festen  Plätze.  Wenn  sieh  ihnen  aber 
eine  feindliche  Macht  nähert,  so  ziehen  sie  sieh  in  starken  Haufen  auf  die  spitzen 
der  l'"''-<"'  oder  fliehen  auch,  xxie  ein  jeder  die  Gelegenheil  dazu  ersiehet,  und 
setzen  dadurch  die  anrückende  Machl  ausser  siand  sie  anzugreifen.  Nachher, 
wem.  diese  abgezogen,  leg,.,,  sie  siel,  wieder  aufs  Rauben  wovon  sie  sich  nähren! 
Doch  verjagte  sie  Alexander  aus  ihre.,  Wohnungen,  obschon  er  diese,,  Feldzug  im 
Winter  unternahm.  Allein  so  wenig  wie  der  Winter  konnte  die  nachtheilige  Lage 
lhm  und  dem  Ptolemaeus,  der  einen  Theil  des  Meeres  wider  sie  anführte  Hinder- 
nisse verursachen.     So  sehr  musste  sieh  i s,   was  Alexander  nur  angriff,    unter 

seine  kr'egerische  Tapferkeil  beugen«.  Diodor  wie  Aman  lasse,,  unmittelbar  auf 
die  Besiegung  der  Kossäer  Alexander.  Zug  nach  Babylon  folgen.  —  Sonst  siehe 
aoch  A"l;'"'  ,ml  l0-  Ptol.  VI.  8,  3.  Hin.,  II.  N..  vi,  34.  Der  Name  £ho<  Kouo- 
'■''■'"  findel  sich  hei  Plutarch,  Alex.  1-2. 


I.    Das  Volk  der  Kossäer.  3 

Volkes  Jasubigallai ',  welche  sich  von  alters  her  den  Königen,  meinen 
Vätern,  nicht  unterworfen  hatten.  In  den  hohen  Gebirgen2,  einem 
Gebiet  der  Beschwerden,  ritt  ich  zu  Pferd  und  Hess  den  Wagen  mei- 
ner Füsse  mit  Seilen  tragen  ;  zu  arge  Stellen  erkletterte  ich  zu  Fuss 
wildochsengleich.  Bit-Kilamzali ,  JJar-dispi ,  Bit-Kubatti 3,  ihre  um- 
mauerten festen  Städte,  schloss  ich  ein,  eroberte  ich.  Die  Einwohner, 
Pferde,  Farren ,  Esel,  Binder  und  Schafe  führte  ich  aus  ihnen  fort 
und  rechnete  sie  als  Beute.  Ihre  kleineren  Ortschaften  aber  ohne  Zahl 
zerstörte,  verwüstete  ich,  machte  ich  dem  Erdboden  gleich4.  Ihre 
Zeltwohnungen  verbrannte  ich  mit  Feuer  und  liess  sie  in  Flammen 
aufgehen.  Bit-Kilamzah  nahm  ich  zur  Festung;  stärker  denn  früher 
machte  ich  ihre  Mauern  und  die  Bewohner  der  von  mir  eroberten 
Länder  siedelte  ich  daselbst  an.  Die  Bewohner  des  Landes  des  Volkes 
Kassü  und  des  Landes  des  Volkes  Jasubigallai,  welche  vor  meinen 
Waffen  geflohen  waren ,  holte  ich  vom  Gebirg  herunter  und  liess  sie 
in  den  Städten  Har-dispi  und  Bit-Kubatti  Wohnung  nehmen  ;  meinem 
Oberofficier ,  dem  Statthalter  der  Stadt  Arrapha,  unterstellte  ich  sie. 
Einen  Gedenkstein  liess  ich  anfertigen,  die  Macht  meines  über  sie  er- 
rungenen Sieges  darauf  schreiben  und  in  der  Stadt  aufstellen«. 

Der  assyrische  König  erzählt  dann  weiter,  dass  er  umgekehrt  und 
nach  dem  Land  Ellipi  gezogen  sei,  dessen  zu  Assyrien  geschlagene 
Gebietstheile  dem  Statthalter  der  Stadt  Ilarhär  unterstellt  werden,  und 
schliesst  den  Bericht  dieses  zweiten  Feldzugs,  welchem  als  dritter  je- 
ner nach  Palästina  und  gegen  Hiskia  von  Juda  folgt,  mit  den  Worten 
(II  29 — 33)  :  »Auf  meiner  Bückkehr  empfing  ich  vom  fernen  Medien, 
deren5  Landesnamen  von  den  Königen,  meinen  Vätern,  keiner  gehört 
hat,  schweren  Tribut ;  dem  Joch  meiner  Herrschaft  unterwarf  ich  sie«. 


1)  mät  amelu  Kas-si-i  u  mät  (amelu)  Ja-su-bi-gal-la-ai  Sanh.   I  64.  81. 

2)  hursäni  zakrüti.  Der  Name  Zirfpo;  mag  auf  den  babylonisch -semitischen 
Wortstamm  zakäru  »hoch  sein,  emporragen«  zurückgehen,  sodass  also  dieser 
Gebirgsname  semitischen  Gepräges  ist. 

3)  Oder  Bit-Kumötü ;   beide  Lesungen  sind  möglich. 

4)  utir  karmes.  Das  assyr.  karmu  bed.  in  erster  Linie  »Acker,  Ackerland«, 
erst  in  zweiter  Linie  »Weingarten«.  Der  ihm  zu  Grunde  liegende  Stamm  karämu 
ist  als  Synonym  von  sahäpu  (CjfiD)   bezeugt. 

5)  mät  Madai  »Medien«,   hier  wie  mit  Pluralbedeutung  »die  Meder«  construirt. 

1* 


4  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

Dass  von  diesen  beiden  Volksstiimmen  Kaäsü  und  Jasubigallai  der 
erstere  mit  den  KoooaToi  der  klassischen  Schriftsteller  Eins  ist,  ist 
ohne  Weiteres  klar:  das  von  ihm  bewohnte  Gebirgsland  liegt  ja,  wie 
die  Erwähnung  des  bekannten  elamitischen  Grenzlandes  Ellipi  1  so- 
wie Mediens  zeigt,  genau  da  wo  nach  den  Berichten  der  Klassiker  die 
Kossäer  wohnten,  nämlich  im  Zagrosgebirg  an  den  Grenzen  Mediens 
und  EIamS2.  Dazu  ist  der  Stamm  Kassü  der  Annalen  Sanheribs  ganz 
das  kriegerische,  freiheitsliebende  Gebirgsvolk,  als  welches  die  Kos- 
säer bei  den  griechisch-römischen  Geschichtsschreibern  und  Geographen 
erscheinen. 

Ungleich  höheres  Interesse  gewinnt  aber  dieses  Volk  Kassu  da- 
durch, dass  wir  ihm  auch  in  Ba.bylonien  begegnen  und  es  hier  so- 
gar eine  mächtige  politische  Stellung  zeitweilig  einnehmen  sehen. 

Von  ältester  Zeit  her  war  die  weite  babylonische  Ebene  Sammel- 
platz der  verschiedenartigsten  Völker.  Bewässert  von  zwei  der  herr- 
lichsten Ströme  der  Welt  und  schon  an  sich  ausserordentlich  frucht- 
bar, durch  menschlichen  Fleiss  aber  zu  beispielloser  Fruchtbarkeit 
entfaltet,  war  Babylonien,  Ein  Garten  und  Palmenhain  bis  hinab  an 
das  Gestade  des  Meeres,  je  und  je  von  den  Völkern  ringsum  umstrit- 
ten und  begehrt.  Soweit  wir  die  Geschichte  Babyloniens  zurück  zu 
verfolgen  Vermögens,  finden  wir  bereits  zwei  verschiedene  Volks- 
stämme, «las  nichtsemitische,  sog.  sumerische  oder  akkadische,  Volk 
und  das  semitisch-babylonische  Volk,  auf  gemeinsamem  Boden  neben 
einander  und  zwar  in  durchaus  friedlichem  Verkehr-'.  Beide  Völker 
blieben    auch    die    eigentlichen  Herren    des  Landes;    die    Semiten  er- 

I  Für  das  Land  Ellipi  siehe  Schrader,  Keilinschriften  und  Geschichts- 
forschung, S.  IT.'i  II'. 

2;    Für  Arrapha  =  'A^aizaylxn  des  Ptol.    VI.  l,  2),  dem  Namen  des  bergigen 

Quell-  und  Durchbruchgebietes  des  sren  Zäb,  siehe  meine  Schrift-   Wo  lag  das 

Paradies?  S.  124  f.  Man  konnte  schon  ans  dieser  Verbindung  des  Kossaerlandes 
'""  V"',|,||;'  schliessen,  dass  sich  ersteres  in  babylonisch-assyrischer  Zeil  noch 
etwas  weiter  nordwestwärts  erstreckte;  bewiesen  findet  siel,  dies  S.  32  Ann.   4 

:!  l!ls  :"  vlerte  vorchristliche  Jahrtausend  hat  sich  neuerdings  die  Per- 
spective erweitert  ;  siehe  s.  14  Anra.  2. 

i  \u,h  Berossos  aach  Alexander  Polyhistor,  siehe  (lernte  Smilh's  Chaldäische 
Genesis,  Leipzig  4876,  S.  89  f.)  spricht  davon,  dass  sich  von  Anfang  an  »in  Babylon 

eine   grosse   Menge   stamm  verschiedener   Menschen,    welche  Chaldäi völ- 

kerten,  zusammengefunden  «  habe, 


I.   Das  Volk  der  Kossäer.  5 

rangen  sich  nach  und  nach  völlig  die  äussere  Macht,  die  Nichtsemiten 
erhielten  sich,  obwohl  auch  an  Zahl  mehr  und  mehr  abnehmend,  als 
einflussreicher  Factor  der  babylonischen  Civilisation.  Aber  die  baby- 
lonische Ebene  lag  nach  allen  Seiten  hin  offen  und  ihre  fleissige, 
kriegerischer  Beschäftigung  wenig  zugethane  Bevölkerung  brachte  es 
niemals  zu  der  festgeeinten  militärischen  Organisation ,  welche  die 
Stiirke  des  assyrischen  Brudervolkes  ausmachte.  Darum  begegnen  wir 
auf  babylonischem  Boden  auch  noch  mancherlei  anderen  Völkern  und 
Stammen,  sei  es  nun  dass  sie  in  das  Land  erobernd  einfielen,  sei  es 
dass  sie  nomadisirend  das  natürlicher  Grenzen  ermangelnde  Land  durch- 
streiften oder  auch  als  sesshafte  Einwohner  Aufnahme  in  die  baby- 
lonischen Städte  fanden.  Um  2300  v.  Chr.  überfielen  die  Elamiten 
das  Land  und  begründeten  eine  langjährige  Fremdherrschaft,  und  wie 
in  jüngerer  Zeit  die  Assyrer  Babylonien  fortwährend  mit  verheeren- 
dem Krieg  überzogen,  wie  »König  von  Sumer  und  Akkacl«  zu  sein 
der  assyrischen  Könige  höchster  Ehrgeiz  war,  ist  bekannt  genug,  um 
hier  näher  ausgeführt  zu  werden.  An  den  Ufern  des  Euphrat  und 
Tigris,  vor  allem  in  deren  unterem  Lauf  nach  Elam  hin  zelteten  zur 
Zeit  Tiglathpilesers  II,  Sargons,  Sanheribs  allerlei  Aramäerstämme 
mit  zahllosen  Heerden  1  und  dehnten  ihre  Wanderungen  wohl  oft  ge- 
nug auch  in  das  eigentliche  Babylonien  aus2.  Aramäer  [amei*  A-ra-mu) 
und  Araber  [ameiu  Ur-bi)  bewohnten  neben  den  Chaldäern  zu  Sanhe- 
ribs Zeit  Erech ,  Nippur,  Kutha ,  Sippar  und  andere  Städte  mehr3, 
und  noch  jenseits  des  Tigris  begegnen  wir  zur  Zeit  Asürbänipals  Ara- 
bern ,  welche  den  innerhalb  des  sumpfigen  Mündungsgebietes  des 
Uknü  wohnhaften  Stamm  Gambul  befehden4.  Zu  allen  diesen  Feinden 
ringsum  kamen  nun  aber  noch  die  Räubervölker  in  den  medischen 
und  armenischen  Grenzgebirgen  und  den  an  deren  Fuss  sich  zum  Ti- 
gris hin  erstreckenden  Steppen,   die  Völker  Kutü,   Sulii  und  —  Kassü. 


1)  Für  diese  aramäischen  Nomadenstämme,  welchen  allein  Sanherib  20800  0 
Gefangene,  dazu  7200  Pferde  und  Far.ren ,  11072  Esel,  4233  Kamele,  200100 
Rinder  und  800600  Schafe  abnahm,  siehe  das  Nähere  Paradies  S.  237  ff. 

-2  Vgl.  Botta  88,  wo  Sargon  von  dem  Aramäerstamm  Hamarän  erzählt,  dass 
er  in  Sippar  eingedrungen  sei  und  die  Bewohner  von  Babylon  geplündert  habe. 

3)  Sanh.  I  37  f. 

4)  V   R  3,    65. 


()  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

So  erzählt  von  den  Sutäern  die  im  Sonnenternpel  von  Sepharwaim 
gefundene  Steinurkunde  Nabübaliddins  (um  880  v.  Chr.)  ,  dass  sie 
noch  vor  der  Zeit  des  Königs  Simmassihu)  ,  vorübergehende  Wirren 
im  Lande  Akkad  benützend *,  die  Stadt  Sippar  überfallen  und  den 
Sonnenternpel  verheert  hätten,  und  noch  Sargon  weiss  zu  berichten, 
dass  er  den  Bewohnern  Sippars,  Nippurs,  Babylons  und  Borsippas 
die  »von  fernen  Tagen  her«  von  den  Sutäern  geraubten  Ländereien 
zurückgegeben,  die  Sutäer  aber  mit  Waffengewalt  besiegt  halte2. 
Wenn  wir  nun,  gleich  den  Sutäern  und  den  Kutäern,  auch  ein  Volk 
Kassu  in  babylonien  antreffen,  so  scheint  ein  Zweifel  an  der  Stammes- 
gemeinschaft dieser  babylonischen  Kossäer  mit  den  Kossäern  in  den 
Grenzgebirgen  zwischen  Babylonien  und  Medien  schon  hiernach  kaum 
berechtigt.  Die  gleich  den  Sutäern  als  Bogenschützen  berühmten  und 
gefürchteten  ,  ebenso  räuberischen  wie  kriegstüchtigen  Kossäer  be- 
schränkten sich  eben  nicht  auf  ihre  Berge,  sondern  dehnten  ihre 
Raubzüge  auch  auf  die  südwärts  gelegene  reiche  babylonische  Ebene  aus. 

Das  Volk  Kassü  machte  indess  nicht  nur  vorübergehende  Einfälle 
in  Babylonien,  sondern  wir  finden  diese  Kossäer  zu  einer  bestimmten 
Zeit  als  faktische  Eroberer  und  Beherrscher  Babyloniens,  welche  dem 
Lande  aus  ihrer  Mitte  Könige  gaben  und  auch,  nachdem  sie  die  Herr- 
schaft wieder  an  die  semitischen  Babylonier  verloren  hatten,  fort- 
fuhren eine  Machtstellung  innerhalb  Babyloniens  zu  behaupten. 

I  eher  diese  babylonischen  Kossiterköllige  sind  wir  durch  die 
Thontafel  K.  1406,  welche  einen  Abschnitt  der  synchronistischen  Ge- 
schichte  Babyloniens  und  Assyriens  enthält,  zumal  wie  diese  Tafel  jetzt 
vollständiger  als  bei  ihrer  eisten  Veröffentlichung  IIR65  vorliegt,  ziem- 
lich gul   unterrichtet. 

Der  erste  Kossäerkönig ,  von  welchem  wir  wissen,  ist  Kara'in- 
das.   "der  mächtige  Koni-.    Konig  von  Babylon,   König  von  Sumer  und 


t  ina  rsaii  ii  dalhäti  Sa  mal  [kkadi.  in  solchem  Zustand  der  Verwirrung  und 
Anarchie  befand  sich  Babylonien  häufig.  \ n .  1 1  Nirgon  gebraucht  in  der  sofort  zu 
erwähnenden  Stelle  Khors.  135  f.  die  Ausdrücke  ina  6hti  mdti  und  ina  dilih  mäti,  und 
zu  Sanheribs  Zeit  riss  der  Abenteurer  Süzub  abermals  um  e£tti  mdti  die  Herrschaft 
übei   Sumer  und  Akkad  an  sich    Sanh.  l\    36  , 

2    Khors.   133  l 


I.   Das  Volk  der  Kossäer.  7 

Akkad.    König    der  Kassii,    König    von  Karduniäs«1.     Er   schloss   mit 
seinem  Zeitgenossen,   dem  assyrischen  König  Asürbelnise&u   (»Asür  ist 
der  Herr  seiner  Völker«)  ,    einen    bindenden  Vertrag  :    beide   gewähr- 
leisteten sich  mittelst  Eidschwurs  die  gegenseitigen  Grenzen. 
m   Ka-ra-in-da-as  sar  mät  Kar-du-[ni-as] 
ü   m  Asür-böl-nise-su  sar  mät  Assür  rik2-sa-a-ti 
ina  bi-rit-su-nu  a-na  a-ha-mes  ü-ra-ki-su 

ü  ma-mi-tu  ina  eli  mi-is-ri  an-na-ma  3  a-na  a-ha-mes  id-di-nu. 
(II  B  65,  d.  i.  K.  4406,   Obv.  col.  I  1—4). 
Das  Gleiche    thaten    Burnaburias,    der   Sohn4  des  Karaindas,    und 
der  assyrische  König  Puzur-Asür   (»Schützling  Asürs«). 

m   Pu-zur-Asür  sar  mät  Assür  ü  Bur-na-bur-ia-as 
sar  mät  Kar-du-ni-as  it-mu-ma  mi-is-ri 
ta-hu-mu5  an-na-ma  ü-ki-nur'.  (I  5 — 7). 

Die  Anbahnung  noch  intimerer  Beziehungen  führte  indess  schon  bald 
zu  einem  jähen  Bruch.     Burnaburiäs7  vermählte  sich  mit  einer  Toch- 


\)   Ka-ra-in-da-äs ,  der  mächtige  König,  König  Ka-äs-sü-ü  d.  i.  der  Kossäer, 

König  Ka-ru-du-ni-ia-ds  d.  i.  von  Karduniäs.  So  nennt  sich  Karaindas  in  seiner 
ganz  nach  sumerischem  Muster  abgefassten  Weihinschrift  IV  R  38  No.  3  (er  baute 
der  Göttin  Nana  ihren  Tempel  Eana). 

2)  Geschrieben  su;  der  Lautwerth  rik,  den  das  Zeichen  hier  offenbar  hat  (vgl. 
V  R  1,  22),  ist  sonst  nicht  belegbar.  Sa  IV  9  giebt  ri-i  als  einen  der  Lautwerthe 
des  Zeichens  su;   entspricht  etwa  dieses  ri-i  vollerem  rigf 

3)  Adverbium  auf  ma  von  annu  »Gnade«,  der  Bed.  nach  ganz  wie  hebr.  CiH 
gebraucht:  »freiwillig,  aus  freien  Stücken«,  ohne  vorhergegangenen  Krieg  be- 
schworen sie  sich  gegenseitig  ihre  Grenzen. 

4)  Siehe  unten  Anm.  7. 

5)  Vgl.   targ.  X"2Wn. 

6)  Eine  ganz  nach  sumerischer  Weise  abgefasste  Backsteininschrift  eben- 
dieses  Kossäerkönigs  Bur-na-bu-ri- ia-ds,  »des  mächtigen  Königs,  Königs  von  Ba- 
bylon, Königs  von  Sumer  und  Akkad«,  derzufolge  er  den  Sonnentempel  zu  Larsam 
restaurirte,  siehe  I  R  4  No.  XIII.     Vgl.  ferner  I  R  69  col.  I  55.   57. 

7)  Dass  Burnaburiäs  der  Gemahl  der  assyrischen  Prinzessin  und  Vater  des 
Karahardas  gewesen,  darf  von  vornherein  aus  dem  Zusammenhang  zuversichtlich 
geschlossen  werden:  denn  hätte  ein  anderer  babylonischer  König  sich  mit  dieser 
assyrischen  Königstochter  vermählt,  so  müsste  in  der  synchronistischen  Geschichte 
dieses  Ereigniss  erwähnt  und  der  Name  des  betreffenden  babylonischen  Königs 
genannt  sein.  Zudem  kann  sihru  mär  B.  kaum  etwas  anderes  bedeuten  als  »der 
jüngere  Sohn  des  B.«,  wodurch  Karahardas  als  der  älteste  Sohn  des  B.  bezeugt 
ist.  Und  endlich  wird  sich  meine  auf  die  Spuren  des  Originaltextes  gegründete  Er- 
gänzung zu  Z.  14  und  17  (siehe  drüben  S.  8),  dergemäss  Karaindas  der  Grossvater 
des  Karahardas  und  Kurigalzu  gewesen,  wohl  sicher  bewahrheiten.    Hierdurch  ist 


§  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

ter  des  assyrischen  Königs  Aäüruballit  »Asür  hat  das  Leben  gegeben«), 
höchst  wahrscheinlich  eines  Sohnes  des  Puzur-Asür:  die  assyrische 
Prinzessin,  Namens  Muballitat-&erüsa  (»die  Göttin  Serü'a  giebt  das 
Leben«),  gebar  dein  Kossäerkönig  den  Karahardas.  Als  dieser  aber 
seinen]  Vater  Burnaburiäs  auf  dem  Throne  folgte,  empörten  sieh  die 
£ossäer,  ermordeten  ihn  und  erhoben  an  seiner  Stelle  einen  gewissen 
Nazi  Im  gas  /um  König  idter  sieh. 

Ina  tar-si  m  Asür-ii-ballit  sar  mät  Assür  m  Ka-ra-har-da-as 

sar  mat  Kar-du-ni-as  mär  f  Mu-bal-H-ta-at-üu  Se-ru-ü-a 

märat    m  Asür-ü-ballit  sähe  Kas-si-e 

ib-bal-ki-tu-ma  idükü-sü   m  Na-zi-bu-ga-as 

[.  .  .  abal   la  ma-ma  l  -na  a-na  sarru-ü-te  a-na  eli-su-nu  is-su-ü. 

(I  8—12). 

Seinen  Enkel  und  damit  zugleich  dessen  Grossvater  väterlicher  Seits, 
Karamdas,  zu  rächen,  zog  nun  Asüruballit,  ein  Regent  ausgezeichnet 
durch  Thatkrafl,  dem  auch  sonst  das  assyrische  Gebiet  zu  erweitern 
geglückt  war,  nach  Babylonien,  tödtete  den  Nazibugas,  und  setzte  den 
jüngeren  Sohn  des  Burnaburiäs.  Kurigalzu,  als  König  ein. 
[m  Asür-ü-ballit  a-na  tu-u  r-ri  gi-mil-li 

[sa   m  Ka-r]  2a-in-da-as  ä[be  äbe-sü]3  a-na  mät  Kar-du-ni-as  il-lik 
[m  Na-z  i-ltu-ga-as,  sar  mal    Kar-du-[ni-  as  i-duk 
[m  Ku-r]u4-gal-zu  si-ih-ru  mär  «  Bur-na-bur-ia-as 
a-na  sarru-ü-ti  is-kun   ina  küsse  äbe   [äbe-su5  ü-se-si-ib-sii  . 

(I  13—17). 
Ob  auch    dieser   jüngere  Kossäerprinz  von  jener  Assyrerin  abstammt, 
wissen  wir  nicht.    Alter  mag  er  auch  assyrischen  Blutes  gewesen  sein, 
jedenfalls  verläugnete   er  seine  verwandtschaftlichen   Beziehungen   zu 
Assyrien,  denn  wir  linden  ihn  mit  Asüruballit's  Sohn  and  Nachfolger, 


aber  Burnaburid§  ebensowohl  als  Sohn  des  Karaindas  wie  als  Vater  des  Karahardas 
and  Kurigalzu  erwiesen. 

1)  Von  den  drei   letzten  Zeichen  sind   noch  ziemlich  deutliche  Spuren  erhal- 
ten; vor  abal    oder  mär    fehlen  etwa  zwei  Zeichen. 

2)  Die  noch  erhaltenen  Spuren  winden  mir  ra  fraglich  erscheinen  lassen. 

3    Zusammen   mit   dem   theilweise  erhaltenen  ersten  Zeichen  ^>    ,  welches 

sich  leicht  zu  £l^T  ergänzt,  fehlen  im  Ganzen  drei  Zeichen. 

I    Die  erhaltenen  Spuren  des  Zeichens  TT  scheinen  ri  oder  ur  auszuschliessen 
Von  ^^|  ab6  und  \  su  glaube  ich  noch  Spuren  erkennen  zu  kennen. 


I.   Das  Volk  der  Kossäer,  9 

Belniräri  »Bei  ist  mein  Helfer«),  im  Kampf.  Der  »Priester  Asürs«1 
freilich  behielt  den  Sieg :  Kurigalzu  wurde  bei  der  Stadt  Sugag  ge- 
schlagen und  mussle  in  eine  namhafte  Gebietserweiterung  Assyriens 
nach  der  babylonischen  Seite  hin  willigen. 

Ina  tar-si   m  iiu  Bel-niräri  sar  mät  Assür  m  Ku-ri-gal-zu  si-ih-ru  i      2 
m  iiu  Bel-niräri  sar  mät  Assür  i-na  äiu  Su-ga-gi  sa  eli  nur   [     3] 
it-ti-su  i-duk  a-bi-ik-sü  is-kun  sabe-su  karäsa-su  ' 
us-ma-nu-su  e-bu-uk  ul-tii  sä  si-li  mät  Sü-ba-ri 
[a-di]  mät  Kar-du-ni-as  ekle   ü-sam-si-lu-nia  i-zu-zu 
mi-is-ru  ta-lm-mu  is-kun-nu.  (I  !8 — 23\ 

Trotz  dieser  Niederlage  scheint  der  Name  Kurigalzu's,  des  »Königs 
ohne  Gleichen«5,  von  allen  diesen  Kossäerfürsten  der  gefeierteste 
gewesen  zu  sein  ;  insonderheit  hat  auch  die  von  ihm  gegründete  starke 
Festung  Dür-Kurigalzu  d.  i.  »Kurigalzus  Mauer«  den  Namen  dieses  Kö- 
nigs verewigt.  Die  Festung  bildete  gleichsam  den  Schlüssel  zum 
Lande  Karduniäs ;  ihre  Buinen  sind  in  dem  jetzigen  Trümmerhügel 
Akarküf,  20  km  oder  2i/2  Stunden  westlich  von  Bagdad,  an  der  Strasse 
von  Bagdad  nach  Hilla,  erhalten.  Viele  Backsteine  mit  Kurigalzus  Na- 
men hat  Sir  Henry  Rawlinson  dort  ringsum  gefunden0. 


1)  IV  R  44,  24.  Rämänniräri  I  nennt  sich  an  dieser  Stelle  (IV  R  44,  23—27  : 
mär  märi  sa  Bel-niräri  sangü  Asür-ma  sa  wrvmän  kas-si  inärüma  it  nagap  zä'eresu 
kclsu  ikiudu  muräpis  mteri  u  kuduri  »Enkel  des  Belnirari,  des  Priesters  des  Gottes 
Asur,  welcher  das  Kossäerheer  bezwang  und  dessen  Hand  die  Niederlage  seiner 
Widersacher  erreichte,  des  Erweiterers  von  Grenze  und  Gebiet«. 

2)  Mögen  vier  Zeichen  fehlen,  doch  war  das  letzte  kaum  as. 

3)  Die  winzige  am  Ende  der  Zeile  erhaltene  Spur  scheint  mir  >~>—  >-*—,  wie 
der  Tigris  sonst  auf  dieser  Tafel  geschrieben  ist   (siehe  I  30},  auszuschliessen. 

4)  Trotz  der  Geringfügigkeit  der  erhaltenen  Spuren  glaube  ich  die  Zeichen 
<]£m    *P|fy>— <I  T  d.  i.  karäsa-su  »sein  Lager«  verbürgen  zu  können. 

5)  Als  -^yyy  v^  <Y^  d.  i.  »Abkömmling«  (siehe  S.  17  Anm.)  des  Ku- 
ri-gal-zu  sar  la  sa-na-an  ,  »des  Königs  ohne  Gleichen«,  bezeichnet  sich  der  äl- 
tere Merodachbaladan ,  der  Sohn  des  Melisihu  ,  IV  R  41  col.  I  33  f.  —  Eine  in 
Dür-Kurigalzu  gefundene  Bildsäule  Merodach's  trägt  in  ihrem  Auge  die  Inschrift: 
»Marduk,  seinem  König,  hat  Kurigalzu,  Sohn  des  Burnaburiäs,  diese  Bildsäule  ge- 
macht«. Siehe  Transactions  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology,  vol.  I,  p.  70.  — 
Gemäss  der  I  R  4  No.  XIV,  l  veröffentlichten  Backsteinlegende  baute  Ku-ri-gal-zu 
dem  Gotte  Bed  einen  Tempel,  dessen  Ruinen  jetzt  durch  den  Tel  Aswad  von  Akarküf 
bezeichnet  sind;  gemäss  der  Backsteinlegende  ibid.  No.  XIV,  2  und  3  erneuerte 
er  in  Ur  den  Tempel  (?)  des  Mondgottes.     Vgl.  ferner  I  R  69  col.   II  32. 

6)  Vgl.  auch   Paradies  S.  207  f. 


10  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

Dein  nächsten  Kossäerkönig  begegnen  wir  unter  der  Regierung 
des  Enkels  Relniraris,  des  assyrischen  Königs  Rämänniräri  I.  welcher 
nicht  allein  die  zwischen  dem  unteren  Zäb,  dem  Tigris  und  dem  Ge- 
birge  wohnenden  oder  nomadisirenden  Stämme  der  Kutü,  Lulumü 
und  Subaru  hart  züchtigte,  sondern  auch  dem  König  von  Karduniäs, 
Namens  Nazimaraddas,  bei  der  Stadt  Kar-Istar  eine  schwere  Nieder- 
lage beibrachte1. 
m  iiu  Rämän-niräri  sar  mät  Assür  m  Na-zi-marad 2-das   sar  mit  Kar-du- 

ni-as 
it-ii  a-ha-mes  ina  »in  Kar-iin  Istar  m  A-kar-sa-al-lu  i-duk 
in  iiu  Rämän-niräri  a-hi-ik-tam  8a    >»  Na-zi-marad-das  is-kun 
abikta-su  im-ha-as  karäs-su  üu  ses-gal-mes-su  i-bu-ga-su 
i-na  611   mi-is-ri  ta-hu-mu  an  .  . 3 

mi-sir-re-sü-nu  is-tu  tar-si  sat-pi4  äiu  [Ra-pi- ki 
sa  sepä  am-ma-ma5-te  sä  när  Diklat6  sin  Ar-ma-an-a-kar-sa-li 
a-di  Lu-lu-me-e  is-ku-nu-ma      [i-7]   zu-zu8.  124 — 31). 

Den  letzten  kossäischen  Königsnamen  endlich  in  dieser  wohl  un- 
unterbrochenen Reihenfolge    lesen    wir    in    dem  Text  III   R  4   No.    1 9. 


\)  Vgl.  Rämänniräri's  I  grosse  Steintafelinschrift,  in  welcher  er  sich  (Obv.  4  ff.) 
nennt :  um-ma-an  Kas-si-i  Ku-ii-i  Lu-lu-mß-i  n  8ü-ba-ri-i  mu-lu-ip  kul-la-at  nu-Li-n- 
r-U.i  ii  iap-lis  da-is  mätäte-SÜ-nu  »der  das  Heer  der  Kossaer ,  Kutäer,  Lulumäer 
ii in I  Subaräer,  der  alle  Feinde  droben  und  drunten  zerschmiss,  zertrat  ihre  Länder«. 
Beachte  dir  enge  Verbindung,  in  welcher  hier  die  Kossaer  mit  den  übrigen  Stäm- 
men nordwärts  von  ßabylonien  genannt  sind. 

■i  Für  diese  hier  einstweilen  vorausgenommene  Lesung  des  Zeichens  ^^<<M 
siehe  die  Begründung  S.  27. 

3)  Zwei  sehr  verwischte  Zeichen:  das  erstere  irl  kalrl  ,  das  zweite  su'i   m6Tl  . 

t    oder  nat-pi,  kur-pit 

5)  Das  zueile  hui  beruht  offenbar  auf  einem  Versehen  des  Tafelschreibers. 

(\    Geschrieben  >->—  >->— . 

7    Fehlt  wohl  nicht  mehr  als  dies  Eine  Zeichen. 

s  Dir  irreleitende  lebeiselzung ,  welche  George  Smith  in  seinen  Assyriern 
[i.  2.!i0,  von  diesem  Slückr  giebt,  kann  ich  mir  nur  erklären,  dass  das 
Fragment,  als  es  Smitb  übersetzte,  noch  ungereinigt  und  darum  nahezu  unleserlich 
war.  Desshalb  »ergänzte«  auch  Smith  den  assyrischen  Königsnamen  Tukultl-Adar 
rugulti-ninip  ,  während  das  Fragment  klar  den  Namen  Rämänniräri  aufweist.  — 
Obige  Zeile  '-u  isl  die  Schlusszelle  von  col.  I.  Es  folgt  nur  noch  ein  Trennungs- 
strich. Bis  de'  synchronistische  Tafel  mit  II  r  (;:;,  lb  wieder  einsetzt,  klafft 
'■im-  Lücke  von  c.  32-  -34  Zeilen,  von  welchen  indess  \i  durch  III  R  '.  Nu.  :i  er- 
setzt werden. 

9  Dieser  Texl  entstammt  jenem  leider  Behr  beschädigten  Obelisk,  welchem 
auch  I  ii  28  angehört  und  welcher,  wie  es  scheint,    eine  kurzgefasste  Geschichte 


I.   Das  Volk  der  Kossäer.  1  1 

Beziehe  ich  diese  leider  sehr  verwischte  Inschrift  richtig  auf  Rämän- 
niräris  I  Sohn,  nämlich  Salmanassar  I,  den  Gründen  der  Stadt  Ke- 
lach,   so  war  dessen  babylonischer  Zeitgenosse  Karaburias1. 

Nach  Berossos  gingen  den  45  babylonischen  Königen,  welche  zwi- 
schen   Semiramis    und    Phul    526    Jahre    über   Babylonien    herrschten 

(1257 731  v.  Chr.),  9  Araberkönige  voraus  mit  im  Ganzen  245  Jahren. 

Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  unter  diesen  »Araberköni- 
gen« des  Berossos  eben  unsere  Kossäerkönige  zu  verstehen  sind.  Die 
Nomenclatur  des  Berossos  ist  auch  sonst,  was  jene  alten  Völker  be- 
trifft, eine  nicht  sehr  genaue:  so  nennt  er  ja  bekanntlich  die  Elami- 
ten  »Meder«  und  trägt  den  verhältnissmässig  jungen  Chaldäernamen 
bis  in  die  älteste,  sogar  vorsintfluthliche  Zeit  zurück.  Im  vorliegen- 
den Falle  begreift  sich  zudem,  wie  die  Kossäer  »Araber«  genannt 
werden  konnten:  wie  die  Sutäer  von  den  Assyrern  mit  Recht  als 
»Wüstenstämme«  bezeichnet  werden*,  so  waren  ja  auch  die  Kossäer 
unstät  herumziehende,  auf  Beute  ausgehende  Wanderhorden,  wie  es 
denn  beachtenswert]!  ist,  dass  Sanherib  in  dem  oben  mitgetheilten 
Abschnitt  seiner  Annalen  von  den  Kossäern  nicht  allein  als  in  festen 
Städten,,  sondern  auch  als  in  Zelten  wohnend  redet 3.  Vor  allem  aber 
führt  die  babylonisch- assyrische  Chronologie  für  diese  Kossäer- 
könise,  die  Zeitgenossen  der  Vorgänger  des  assyrischen  Königs  Tu- 
kultt-Adar  I,    welches    letzteren   Regierung   als    »600  Jahre  vor   San- 


^ssyriens  von  der  ältesten  Zeit  ab  bis  auf  Asürnasirpal  enthielt,  Grund  genug  die 
ünleserlichkeit  seiner  meisten  Schriftzeilen  zu  beklagen.  Das  oben  erahnte  Stuck 
handelt  auf  alle  Fälle  von  einem  König  lange  vor  der  Zeit  Tiglathpilesers  I.  Der 
betreffende  König  zog  wenigstens  vier  Jahre  nach  einander  gegen  das  Aramäerland 
am  und  im  Ka^jargebirg,  d.  i.  dem  Mons  Masius,  unter  ununterbrochenen  Kämpfen 
r  Felde  Von  Salmanassar  I  aber  wissen  wir  durch  Asurn.  I  102  f.,  dass  er  an 
Tela-Thal  des  Kasjargebirgs  unweit  der  Stadt  Damdamusa  eine  assyrische  Ans.ede- 

luna  »eeründet  hat.  w  . 

l}  Geschrieben  Ka-]«-bur-ia-a.s  III  R  4    No.  1,  7;  ]«  vermuthe    ich    statt 

Y«<  wie  III  R  bietet.  Auch  Smith,  Transactions  III  366,  liest  ]«,  bezieht  aber 
den  Text  sicherlich  falsch  auf  Tiglathpileser  I.  Für  die  hier  einstweilen  voraus- 
genommene Lesung  ara  des  Zeichens  ^[«  siehe  S.  28. 

2)  amelu  Su-te-e  sa-ab  seri  Khors.    123;  amelu  Su-ti-i  sähe  seri  Khors.  136. 

3)  Vgl  auch  Kho*rs.  69':  »die  Länder  Agagi,  Ambanda,  Medien,  sa  päh  amelu 
i-ri-bi  nipih  Samsi  d.  h.  welche  an  die  östlichen  Araberstämme  grenzen«  -  auch 
hier  steht  Araber,  wie  es  scheint,  von  Nomadenstämmen  schlechtweg. 


]2  I-    Das  Volk  der  Kossäer. 

berib«  für  die  Zeil  um  1310  v.  Chr.  monumental  beglaubigt  ist,  genau 
in  ebendie  Periode,  welcher  jene  neun  Araberkönige  zuzuweisen 
sind.  Lassen  wir  Semiramis,  von  welcher  die  Tradition  des  Berossos 
aiissaizt,  dass  sie,  /.wischen  der  Dynastie  der  9  Araberkönige  und  der 
nächstfolgenden  Dynastie  der  45  Könige  bis  Phul  mitten  inne  stehend. 
etiam  ipsam  in  Assyrios  dominatam  esse«,  23  Jahre  regiert  haben, 
so  erhalten  wir  für  die  Araber-  oder  Kossäerkönige  die  Jahre  1525 — 
1280.  Mag  aber  Semiramis  auch  kürzer  regiert  haben  —  im  Jahr  1500 
sass  jedenfalls  der  erste  Kossäer  auf  dem  babylonischen  Thron  '.  Wir 
würden  hiernach  7  der  9  Araberkönige  mit  .Namen  kennen:  KaraTn- 
das,  Burnaburiäs,  Karahardas,  Nazibugas,  Kurigalzu,  Nazimaraddas, 
Karaburiäs:  die  Namen  der  zwei  fehlenden  dürfte  wohl  der  noch  im- 
mer fehlende  Anfang  der  synchronistischen  Geschichtstafel  enthalten. 
Es  scheint  in  der  That,  dass  die  ersten  erwähnungswerthen  Beziehun- 
gen zwischen  dem  jungen  assyrischen  Staat  und  dem  babylonischen 
Mutterlande  von  der  Zeit  an  datiren .  da  die  Kossäerscharen  über 
Babylonien    hereinbrachen   und  die   Besorgniss   nahe    genug    lag,     sie 


I  Die  Notiz  des  Berossos,  dass  sich  unter  Semiramis  die  babylonische 
Herrschaft  eine  Zeit  lang  auch  über  Assyrien  erstreckt  habe,  wird  durch  die 
Keilschriftliteratur  bestätigt.  Wir  wissen,  dass  Salmanassars  1  Sohn  Tukulti-Adar  I 
zwar  anfangs  im  Kampf  mit  Babylonien  glücklich  gewesen  ist,  sodass  Hamanni- 
i • ; 1 1  i  III  diesen  seinen  Ahn  geradezu  »König  von  Sumer  und  Akkad«  nennt  I  R  35 
No.  3,  19  f.),  dass  es  ihm  also  gelungen  sein  muss,  bis  in  das  Herz  Babyloniens 
seine  Waflfen  zu  tragen  und  sich  dort  eine  Zeit  lang  auch  siegreich  zu  behaupten, 
.Mut  wir  wissen  nicht  minder,  dass  dieser  Triumph  nur  ein  vorübergehender  ge- 
wesen. Denn  wenn  Sanherib  belichtet,  dass  er  das  Siegel  Tukulti-Adar's,  welches 
»als  Beutestück«  nach  Akkad  gekommen  war,  nach  600  Jahren  aus  der  Schatz- 
kammer  zu  Babylon  wiedergebracht  habe  [wohl  704  v.  Chr.,  dem  Datum  von  San- 
beribs  erster  Eroberung  Babylons;  Tukulti-Adar  also  c.  1304),  so  deutet  dies 
darauf  bin,  dass  sich  das  Glück  schliesslich  noch  gewendet  hat  und  die  Babyio- 
nier  ihrerseits  nach  Assyrien  vorgedrungen  sind.  Auch  noch  aus  andern  Anzeichen 
erhell)  diese  tiefe  Demüthigung  der  assyrischen  Macht.  Das  III  K  i  No.  3  ver- 
öffentlichte Bruchstück  der  synchronistischen  Geschichte  weist  trotz  seiner  Lücken- 
haftigkeit unzweideutig  auf  eine  grosse  Schwächung  der  assyrischen  Macht  unter 
Tukulti-Adar's  Nachfolgern  hin.  Einer  von  ihnen,  Belkudürusur,  lallt  sogar  im 
Kampf  gegen  seinen  babylonischen  Gegner,  und  dieser  letztere  bietet  nun  in  seinem 
Land  eine  grosse  Heeresmachl  auf,  um,  wie  ausdrücklich  berichte!  ist,  die  Stadt 
\ssin  zu  erobern.  Ersl  unter  Adarpalesara,  wahrscheinlich  einem  Sohne  Belku- 
dürusur's,  gelang  es  die  babylonischen  Truppen  zur  Rückkehr  zu  zwingen  und 
weiterhin  in  einer  Reibe  Biegreicher  Schlachten  Assyriens  Uebergewicht  über  Ba- 
bj  lonien  w  iederherzustellen. 


1.   Das  Volk  der  Kossäer.  13 

möchten  auch  den  unteren  Zäb  überschreiten  und  die  assyrische  Haupt- 
stadt bedrohen. 

Die  babylonischen  Königsnamen,  welche  zunächst  auf  Karaburias 
folgen,  sind,  soweit  sie  bekannt  sind,  wieder  gut  semitisch  :  so  tragen 
die  Namen  der  babylonischen  Zeitgenossen  des  assyrischen  Königs  Bel- 
kudürusur  (um  1220)  und  dessen  Nachfolgers  Adarpalesara's  Sohn 
Asürdän  I  unverkennbar  semitisch-babylonisches  Gepräge '.  Aber  da- 
mit sind  die  Kassu  nicht  auf  einmal  von  dem  babylonischen  Schau- 
platz verschwunden,  vielmehr  müssen  sie  sich  in  Babylon  selbst  und 
in  Karduniäs,  der  Landschaft  um  Babylon,  in  grossen  Scharen  sess- 
haft  gemacht  und,  thatkräftig  wie  sie  waren,  wohl  auch  durch  immer 
neue  Zuzüge  verstärkt,  es  verstanden  haben,  sich  in  eintlussreicher 
Machtstellung  neben  den  Semiten  zu  behaupten.  Es  erhellt  dies  aus 
untrüglichen  Anzeichen.  Zunächst  ist  beachteuswerth,  dass  noch  Asür- 
näsirpal  884  —  860)  in  seinem  Bericht  von  der  Besiegung  der  Feld- 
herrn und  Truppen  des  babylonischen  Königs  Nabubaliddin ,  welche 
dieser  dem  Land  Sühi  zur  Hülfe  wider  die  Assyrer  geschickt  hatte, 
Babylonien  schlechtweg  als  »Kossäerland«  bezeichnet2.  Kossäer  also 
in  Babylonien  noch  etwa  400  Jahre  nach  dem  letzten  jener  9  Kossäer- 
könige  und,  wenn  auch  vielleicht  damals  nicht  mehr,  so  doch  jedenfalls 
zeitweise  noch  so  mächtig  geblieben  ,  dass  das  Land  mit  der  Haupt- 
stadt   Babylon    geradezu    nach    ihnen   benannt    ward3.      Sodann   steht 


1)   Belkudürusui's  Zeilgenosse  hiess  Rämün ,  was  Smith  (Transactions  I, 

71  f.;  zu  Ramün-bal-iddina  ergänzt,  indem  er  dann  weiter  diesen  Rämänbaliddina 
mit  jenem  gleichnamigen  Konig  von  Babylon  identificirt,  welchem  die  I  R5  No.XXII 
und  in  Opperts  Dour-Sarkayan,  p.  28,  veröffentlichten  kleinen  Inschriften  angehören 
sollen.  Aber  diese  beiden  letzteren  könnten  auch  jenem  Smith  noch  unbekannten 
König  Rämänbaliddina,  welcher  ein  Zeitgenosse  des  assyrischen  Königs  Asürbel- 
käla  war,  zugehören.  Die  Ergänzung  Smilh's  scheint  hiernach  nicht  ganz  sicher. 
Asürdän's  Zeitgenosse  hiess  Adar-sum-iddin  ,  und  zwar  ist  der  Gott  Adar  ilu  Za- 
mä-mu  (Za-gä-gd)  geschrieben;  dass  dieser  letztere  Name  ein  Beiname  oder  eine 
besondere  Schreibweise  des  Gottes  Adar  ist,   lehrt  II  R  57,  70  c.  d. 

2)  mät  Kas-si-i  Asurn.  III  17.  Auch  in  der  Legende  vom  Pestgott  (in  Ueber- 
setzung  veröffentlicht  Chaldäische  Genesis  S.  4  4  0  ff.,  vgl.  Paradies  S.  234),  wo  die 
Völker  und  Stämme  Täm-dim,  Su-mas-tu,  As-iü-ru,  E-la-mu-ü,  Kas-sü-ü,  Su-tu-u, 
Ku-tu-ü,  Lu-ul-lu-bu-ü  zusammen  genannt  werden,  wird,  da  sonst  die  Babylonier 
fehlen  würden,  Kassü  von  den  Kossäern  im  weiteren  Sinne,  nämlich  als  gleich- 
zeitigen Beherrschern  Babyloniens  verstanden  werden  müssen. 

3)  Die  in  der  vorhergehenden  Anm.  citirte  Asürnäsirpal-Stelle  ist  beiläufig  die 


14  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

unzweifelhaft  fest,  dass  auch  nach  der  Zeit  jener  9  Kossiierkönige  Kö- 
nige mit  kossiiischen  Namen  über  Babylon  herrschten.  .Mögen  diese 
auch,  wenigstens  zum  Theil,  Semiten  zu  Vätern  gehabt  haben,  so  er- 
klärt sich  die  kossäische  Benennung  der  Söhne  doch  nur  als  ein  Zu- 
geständniss  an  den  noch  immer  mächtigen  und  einflussreichen  kos- 
säischen  Theil  der  Bevölkerung  l.  Auch  Heirathen  zwischen  den  se- 
mitischen und  kossäischen  Fürstenfamilien  sind  in  Betracht  zu  ziehen. 
Von  dem  Könit:  Sagasaltias  oder  voller  Sagasaltiburiäs,  dem 
Sohn  des  Königs  Kudür-Böl,  steht  jetzt  fest,  dass  er  um  1050  v.  Chr. 
regierte2.  In  diese  semitisch  -  kossäische  Periode  c  1200  —  900 
v.  Chr.,  wie  ich  sie  nennen  möchte,  und  zwar  in  deren  ältere  Zeil 
zwischen  1I7Ö  und  I  I  I 5 .  gehört  ferner  Simmassihu,  der  Sohn 
des  Erbä-Sin  (»vermehre,  o  Sin«).  Er  regierte  \1  Jahre  und  hatte 
zu  seinen  unmittelbaren  .Nachfolgern  Eamukinzeru,  den  Sohn  des  llas- 
mar  (3  Monate),  Kassünädinähü,  den  Sohn  des  Sappai  (6  Jahre),  Ina- 
eulbar-surki-iddina ,    den  Sohn  des  Bazi     15  Jahre),    Nabükudürusur, 

V 

den  Sohn  des  Bazi  i  Jahre),  und  endlich  Amel-Sukainuna  (ä1^  oder 
:{>  |  Jahre  .  auf  welchen  ein  König  von  elamilischer  Herkunft  mit  6  Jah- 
ren folgte3.    Da  Nabükudürusur    Nebukadnezar  I)   gemäss  der  synchro- 


älteste    bis   jetzt    bekannte,    in    welcher   der   Name   mät  Kaldu    (babyl.   mäi  Kasdu 
sich  findet;   siehe  Asurn.  III  24. 

I  Diese  auch  in  anderen  Perioden  der  babylonischen  Geschichte  sich  zeigende 
Erscheinung,  dass  Vater  und  Sohn  Namen  aus  verschiedenen  Landesidiomen  tragen 
(vgl.  z.  15.  Arad-Sin,  den  Sohn  des  elamitischen  Königs  kudurmabuk),  erschwer! 
mitunter  sehr  die  genaue  Scheidung  der  einzelnen  babylonischen  Dynastieen. 

•i  Der  nämliche  Nabünä'id-Cylinder,  welcher  Naräm-Sin  :^oo  Jahre  vor 
Nabünä'id,  also  um  :(7">u,  regieren  lasst,  wodurch  wir  für  Naräm-Sin's  Vater,  den 
babylonischen  König  Sargon,  bis  3800  \.  Uhr.  zurückgeführl  werden,  la-,>t  Saga- 
saltiburiäs  [geschrieben  "<  ^Vu-ga-sal-ti-bur-ia-  III  oder  S^  500  Jahre  Nor  \.i 
bünä'id,  also  um  1050  regieren;  siehe  Pinches  in  Proceedings  of  the  Society  of 
Biblical  Archaeology,  7*i  November,  1882,  pag.  9  undü.  SagasaltiburiäS,  der  Sohn 
des  Kudür-Bel  11129.34  ,  war  gemäss  diesem  von  Hassam  in  Sepharwaim  ge- 
fundenen Cylinder  der  letzte  König  von  Babylon  bis  auf  Nabünä'id,  welcher  den 
Venustempel  E-ulbar  zu  Sippar  restaurirte.  Vgl  1  R  69  col.  III  20.  41  ,  wo  der 
Name  des  Königs  kürzer  m  Sä-ga-sal-ti-ia-ds  geschrieben  isl  Nabünä  id  fand  hier- 
nach  den   Th :ylinder  dieses  seines  Vorgängers   im  Tempel    E-ulbar).     Pinches 

I.e.  pag.  9    erwähn)  auch  eine  Schreibweise  m  Bag-gas    ^""Sl  -t  i-bur-ia-as. 

\\\r  diese  werthvollen  Angaben  verdanken  wir  dem  Fragment  einer  Tafel, 
welche,  wenn  sie  vollständig  erhalten  wäre,  wahrscheinlich  de'  ganze  Liste  der 
babylonischen  Könige  von  ältester  Zeil  ab,   und  zwar  chronologisch  geordnet  so- 


I.   Das  Volk  der  Kossäer.  15 

nistischen  Geschichte  ein  Zeitgenosse  von  Tiylathpilesers  I  Vater,  Asür- 
resisi, war,  so  erhalten  wir  für  Simmassihu  etwa  die  Zeit  zwischen 
Asürdän  I   (c.  1175)   und  Asürresisi   fc.    1130).     Noch   nicht    der    Zeit 


wie  mit  Angabe  der  Dauer  der  einzelnen  Regierungen  und  Dynastien  ,  darbieten 
würde.  Die  Tafel  ist  veröffentlicht  und  besprochen  von  George  Smith  in  den 
Transactions  III  361  ff.  unter  der  Ueberschrift :  On  fragments  of  an  inscription  giving 
pari  of  the  chronology  from  which  the  canon  of  Berosus  was  copied.  Das  Stück, 
welches  die  oben  genannten  sechs  Königsnamen  enthält,  gehört  der  V.  Columne 
der  Tafel  an;  die  Ausgabe  Smith's,  l.  c.  p.  373 — 377,  ist,  wie  ich  mich  durch  Col- 
lation  des  Originals  überzeugt  habe,  vorzüglich  correct ;  nur  p.  374  Z.  25  scheint 
mir   das   Fragezeichen    hinter  J—   entbehrlich    und    Z.  26    ist    das   erste   Zeichen 

-^1,  nicht  ^W.  Die  Namen  sind  folgendermassen  geschrieben:  m  Sim-ma-s-si-lut 
mürm  Er-ba-üu  Sin;  m  üu  E-a-mu-kin-zeru  mär  m  Has-mar;  m  flu  Kas-su-ü-nädin- 
ähü  mär  m  Sap-pa-ai;  [m  E-lul-bar-  y^ ^'^  ""'''  "'  Ba-zi;  j~T  >->+-  >-T«-f  ^P  ' 
*~~^f  ^-^ü-^  d.  '•  Nabü-kudür-usur  mär  m  Ba-zi;  -m  A-mc-lu-\  üu  Sü-ka-mu-na 
(da  für  drei  Zeichen  reichlich  Raum  ist,  wird  die  phonetisch  geschriebene  Er- 
gänzung A-me-lu   der   ideographischen  Schreibung  f^*J^L,  wie  Smith  ergänzt,  vor- 

zuziehen  sein ).  Was  meine  chronologische  Eingliederung  dieser  Königsnamen  be- 
trifft, so  steht  und  fällt  sie  mit  der  Richtigkeit  der  Ergänzung  des  fünften  Na- 
mens .  .  .  kudür-usur  zu  Nabü-kudür-wsur ;  indess  scheint  mir  diese  auch  von 
Smith  gewagte  Ergänzung  zweifellos  richtig.  Vor  den  9  »Araber«-  oder  Kossäer- 
königen  kann  Simmassihu  nicht  regiert  haben;  denn  kossäische  Namen  sind  erst 
seit  dem  ersten  »Araber«-  oder  Kossäerkönig  innerhalb  Babyloniens  nachweisbar. 
So  bleibt  für  diese  sechs  oder,  nehmen  wir  den  Elamiten  noch  dazu,  für  diese 
7  Könige  mit  im  Ganzen  c.  50  Jahren  nur  die  Zeit  entweder  zwischen  Asürdän  I 
und  Tiglathpileser  I  oder  die  grosse  Lücke  von  1090  —  930.  Da  nun  aber  gerade 
für  den  ersleren  Zeitraum  ein  König  Nabükudürusur,  nämlich  als  Zeitgenosse  des 
Asürresisi,  des  Vaters  Tiglathpileser's  I,  sonst  ausdrücklich  bezeugt  ist,  scheint 
mir  ebendiese  Periode,  die  gerade  lang  genug  ist,  um  jene  7  Regenten  zu  um- 
schliessen  (siehe  Tig.  VII  60  ff. ,  wonach  Asürdän  60  Jahre  vor  Tiglathpileser  re- 
gierte), überwiegende  Wahrscheinlichkeit  zu  haben.  Auch  der  König  »elamitischen 
Geblüts«  erklärt  sich  leicht  als  einer  der  Nachfolger  Nebukadnezars  1,  der  uns 
jetzt  als  Besieger  Elams  bezeugt  ist.  Eine  Heirath  zwischen  dem  babylonischen 
und  elamitischen  Königshaus  mag  den  Frieden  besiegelt  haben.  —  Zu  den  Königs- 
namen als  solchen  mache  ich  noch  die  folgenden  Bemerkungen:  Der  Name  Sim- 
massilm  findet  sich  als  » Si-irn-mas-si-hu,  König  von  Babylon«,  auch  auf  der  Stein- 
tafelurkunde aus  dem  31.  Jahre  des  babylonischen  Königs  Nabübaliddin ,  I  13; 
Kassünädinähü  als  »«7«  Kas-sit-ü-nädin-ähii,  König«  ebenda  I  25;  sein  Nachfolger 
als  » Ina-e-ul-bar- ^Lf  >^~ ,  König«  ebenda  I  29,  und  ohne  ina  IV  50.  Alle  diese 
Könige  werden  in  Verbindung  mit  dem  Sonnentempel  von  Sepharwaim  genannt. 
Wie  die  beiden  Ideogramme  ^^»-^  zu  lesen  sind,  ist  an  sich  nicht  sicher;  da 
indess  der  Name,  worauf  schon  Smith  (l.  c.  p.  370)  aufmerksam  gemacht  hat,  mit 
dem  Namen  m  E-ul-bar-^S -l;i->^£>  III  R  43  col.  I  29  gewiss  Eins  ist,    so    sichert 


|  ij  I.   Das  Volk  der  Kossäer. 

nach  näher  bestimmbar,  alter  wohl  sicher  der  jüngeren  Zeit  dieser 
semitisch-kossäischen  Periode,  zwischen  1100  (1090)  und  910,  zuzu- 
weisen sind  Melisihu  und  dessen  Sohn  Mardukbaliddina  der  äl- 
tere Merodachbaladan]  .  welche  ihren  Stammbaum  zunächst  auf  Erbä- 
Marduk  »vermehre,  o  Merodach«),  in  letzter  Linie  aber  bis  auf  Kuii- 
galzu  zurückführen1.     Ebendieser  Periode  gehört  jener'Köniii  an,  von 


das  phonetische   Gomplement  ki ,    ki  für  ^Lf    die  Lesung   als    saräku   »schenken«; 

also  vielleicht  E-ulbar-surki-iddina  »Eulbar  hat  mir  das  Geschenk  verliehen «  bez. 
»In  Eulbar  hat  man  (nämlich  die  Gottheit  mir  das  Geschenk  verliehen«.  Beide 
Namen  dürfen  um  so  zuversichtlicher  identifieirt  werden,  als  auch  dieser  letztere 
E-ulbar-surki-iddina,  welcher  auf  einer  aus  dem  i  O.Jahr  Marduknädinnlie's  datir- 
ten  Schenkungsurkunde  als  erster  Beglaubigungszeuge  erscheint,  Sohn  des  Bazi 
sich  nennt.  Smith  identifieirt  sogar  die  beiden  Persönlichkeiten  ,  hält  den  Konig 
dieses  Namens  und  den  Zeugen  dieses  Namens,  welcher  allerdings,  wie  er  an 
erster  Stelle   unterzeichnet,    auch  durch  seine  Stellung  als  amelu  res  -^Pf   >X-  sa 

mätäte  als  hochangesehene  Persönlichkeit  erwiesen  wird  (vgl.  zum  Titel  noch 
I  R  66  Xo.  2  col.  II,  10.  111  R  43  col.  II  6.  col.  IV  Kante  4]  ,  für  ein  und  dieselbe 
Person.  Ist  meine  Ergänzung  Nabü-lkudürusur  richtig,  so  müsste  angenommen 
weiden,  dass  Eulbarsurkiddina  nach  15jähriger  Regierung  dieselbe  freiwillig  oder 
gezwungen  aufgegeben  und  mindestens  noch  20  Jahre  gelebt  habe.  Mag  dem  sein 
wie  ihm  wolle,  immerhin  gereicht  diese  Erwähnung  eines  Sohnes  des  Bazi  zur 
Zeit  Marduknädinähe's,  des  Zeitgenossen  Tiglathpilesers  I,  meiner  chronologischen 
Einreihung  der  drei  zur  »Dynastie  des  Bazi«  gehörigen  Künigsnamen  Eulbarsurkid- 
dina, Nebukadnezar  I  und  Amelu-Sukamuna  zu  weiterer  Bestätigung.  Wie  diese 
drei  Konige  als  Konige  der  »Dynastie  des  Bazi«  bezeichnet  sind,  so  die  drei  Kö- 
nige Simmassihu,  Eamukinzer  und  Kassünädinälui  als  Könige  der  »Dynastie  des 
Landes  a-ab-ba«.  Das  letztere  Ideogramm  bedeutet  ».Meer«  wortlich  »Wasser- 
Behältniss«,  a-aba),  und  wird  dann  auch  vielleicht  für  »Wüste«  gebraucht  (so  in 
dem  bekannten  Ideogramm  für  Kamel,  welches  dieses  Thier  als  »Wüstenthier« 
bezeichnen  wird).  Hier  ist  es  wohl  sieher  in  der  ersteren  Bedeutung  zu  nehmen, 
-ud;is>  sieh  mal  a-ab-ba  mit  Täm-dim  »Seeland,  .Meerland«  der  Legende  vom  Pest- 
gott  s.  oben  S.  1  :\  Aiim.  2)  deckt;  im  Uebrigen  siehe  zu  diesem  »Meerland«,  dem 
südlichsten  Landstrich  l  nterbabyloniens  oder  Chaldäas,  Paradies  S.  180  IL  Wie  der 
Name  des  zu  dieser  »Dynastie  des  Meerlandes«  gehörigen  Königs  Simmassihu  be- 
weist,  erstreckte  sich  der  kossäische  Einfluss  weit  über  Babylon  hinaus  auf  das 
ganze  Land  bis  hinab  nach  Chaldäa  und  dem  persischen  Meerlinsen.  Der  Name 
des  Stammes,  als  dessen  »Führer«  Simmassihu  erscheint,  ist  amelu  Ku-a-bar. 

I)  Die  Backsteininschrift  I  R  5  No.  WM  lautet  gemäss  Smith,  Transactions  I, 
l>.  76  im  Inschriftenwerk  i-i  /.  5  ungenau  veröffentlicht  ,  Z.  5 — 8:  »Marduk-bal- 
iddi-na,  König  von  Babylon,  /"//  Erbä-Marduk,  Königs  von  §umer  und  Akkad«. 
Dieses poi,  >^fj^,  kann  unmöglich  »Sohn«  bedeuten,  wie  Smith  übersetzt,  indem 

it  das  Wort  als  phonetische  Schreibung  des  Status  construetus  von  ablv ,  aplu 
•Sohn«  nimmt,  sondern  bedeutet  »Dynastie«  urspr.  Regierung,  palü).  Und  wenn 
si<li   ,oii   dem  l\'  H   it    veröffentlichten  Grenzstein    ebendieser   altere  König   Mein- 


1.  Das  Volk  der  Kossäer.  17 

welchem  wir  die  grosse  Weihinschrift  V  R  33  in  assyrischer  Abschrift 
aus  Asürbanipals  Bibliothek  besitzen  und  welchen  ich  einstweilen 
Agum  nennen  will1.  Der  König  nennt  sich  daselbst  (13  f.):  »glän- 
zender Spross  des  Gottes  Sukamunu«,  und  (I  31 — 42)  :  »König  der 
Kossäer  und  Akkadier2,  König  des  weiten  Babylonien ,  der  im  Lande 
Asnunnak  zahlreiche  Völker  ansiedelte,  König  des  Landes  Padan  und 
Abnan,  König  des  Landes  Gutü ,  weitausgedehnter  (?)  Völker,  er- 
habener König  der  vier  Himmelsgegenden,  Verehrer  der  grossen  Göt- 
ter«. Endlich  aber  wüsste  ich  nur  dieser  Periode  zuzutheilen  alle  die 
übrigen  babylonischen  Könige  kossäischen  Namens,  welche  das  sofort 
ausführlicher  zu  besprechende  Rassam'sche  Königsverzeichniss  am  Ende 
seiner  I.  und  am  Anfang  seiner  IV.  Columne  auffuhrt,  nämlich  Ulam- 
buriäs,  Ulamharbe,  Melihali,  Meli  sah3,  Nimgirabi,  Xim- 
girabisah3,  Nimgirabiburiäs,  Karasah3,  Nazisihu,  Nazi- 
buriäs4.     Dass   für   alle    diese  Könige   samt    Saeasaltias    in  der  Zeit 


dachbaladan  Z.  28 —  34  a  » Marduk-bal-iddi-na  sar  kissati  sar  Sumeri  Akkade,  mär 
M6-li-si-hu  sar  ISrihili  (von  mär  wie  von  m6  sind  auf  dem  Original  noch  Spuren 
zu  sehen),  "MTT  ^wiiT^  £-]■£  Ku-ri-gal-zu  sar  la  *ä-na-an«.  nennt,  so  könnten  diese 
letzteren  drei  Keilschriftzeichen  zwar  auch  »Enkel«  bedeuten  (siehe  IV  R  60,  42a, 
wo  sich  Asurbanipal  »Sohn«  Asarhaddons,  p^TTfl  »iiT^  "^T-^  d.  '■  »Enkel«  San- 
heribs  nennt),  sie  können  aber  ebensogut  ganz  allgemein  »Nachkomme,  Abkömm- 
ling« bedeuten  (siehe  I  R  35  No.  3,  19,  ferner  die  in  Rede  stehende  Urkunde 
Merodachbaladans  selbst  Z.  8  bez.  3b,  und  andere  Stellen  mehr),  und  dass  sie 
hier  so  zu  fassen  sind,  lehrt  die  zu  Kurigalzu  hinzugefügte  Apposition.  Wäre 
lMerodachbaladan  Enkel  des  Kurigalzu,  so  würde  er  nach  babylonisch-assyrischem 
Brauch  seinem  Grossvater  mindestens  einen  seiner  rechtmässigen  Titel,  also  etwa 
»König  von  Babylon«  zulegen;  so  aber  führt  er  lediglich  seinen  Stammbaum  auf 
Kurigalzu  als  glorreichen  Urahn  zurück  und  da  genügte  es,  diesen  als  »König  ohne 
Gleichen«  zu  bezeichnen.  —  Erbä-Marduk  findet  sich  in  der  Schreibung  Er-ba-Uu 
Mavduk  und  mit  dem  Titel  »König  von  Babylon«  auch  auf  einem  Gewicht,  siehe 
Transaetions  I,  p.   75. 

\)  Die  Besprechung  dieses  Königs  Agum  und  der  Eingangsworte  seiner  Weih- 
inschrift erfordert  einen  eigenen  Excurs;   siehe  Anhang  A. 

2)  sar  Kas-si-i  ü  Ak-ka-di-i. 

3)  Die  Lesung  sah  des  Zeichens  MfTT  nehme  ich  einstweilen  voraus;  die  Be- 
weisführung folgt  S.   27. 

4)  Von  den  in  gleichem  Zusammenhang  genannten  und  nicht  minder  sicher 
in  die  semitisch -kossäische  Periode  gehörigen  Königen  Kara-Bel ,  Melisumu  (= 
babyl.  Amel-Sukamuna)  und  McMi-Sibarru  (=  babyl.  Amel-Simali'a)  ist  der  zweite 
wohl  eben  jener  Amßl-Sukamuna,  welcher  unter  diesem  seinem  semitischen  Namen 

Delitzsch,  Kossäer.  9 


-[8  I-  Das  Volk  der  Kossäer. 

zwischen  14  00  (1090)  und  c.  910,  also  in  einer  Periode  von  190  Jah- 
ren Raum  genug  ist,  sei  ausdrücklich  bemerkt;  sie  würden  hiernach 
ihren  Platz  finden  zwischen  Marduknädinahe,  dem  Zeilgenossen  Tig- 
lathpilesers  I,  sowie  Marduksäpikzermäti  und  Rämanbaliddina ,  den 
Zeitgenossen  von  Tiglathpileser's  I  Sohn  Asürbelkäla,  einerseits  und 
Samasmudammik  sowie  Nabüsumiskun,  den  Zeitgenossen  Rämännira- 
ri's  II  942—890  .  andrerseits.  Meine  Annahme  einer  solchen  »semi- 
tisch-kossäischen  Periode«  noch  ziemlich  lange  nach  dem  letzten  der 
9  »Araber«-  oder  Kossäerkbnige  wird  endlich  dadurch  bestätigt,  dass 
wir  gerade  in  dieser  Zeit  auch  kossäischen  Namen  bei  Privatper- 
sonen begegnen,  und  zwar  bestätigt  die  hohe  äussere  Stellung  der 
einzelnen  Männer,  in  welch  bedeutendem  Einfluss  diese  babyloni- 
schen Kossäer  sich  zu  erhalten  wussten.  So  ist  der  erste  Unter- 
zeichner des  weiterhin  noch  wiederholt  zu  erwähnenden  »Freibriefes« 
Nebukadnezars  I  Nazi-Marduk1,  ka-lu  des  Landes  Akkad.  und  auf 
der  aus  dem  10.  Jahre  Marduknädinahe's  stammenden  Schenkungs- 
urkunde III  R  43  finden  wir  die  .Namen  Ka  s  a  k  1  i  j  a  nzi ,  S  u  ka  m  una  - 
ah-iddina,  Sohn  des  Miliharbe,   Ulamhala2. 

Dass  alle  die  bisher  durch  gesperrten  Druck  hervorgehobenen  ba- 
bylonischen Namen  in  der  That  kossäischen  Gepräges  sind,  dies 
zu  zeigen,   ist   die  zunächstliegende  Aufgabe  des  zweiten  Kapitels. 


als  Nachfolger  Nebukadnezars  I  oben  S.  I ■'■  (nebst  Anm.  3)  erwähnt  wurde.  Der 
erste  Name  ist  gemischt  kossäisch-semitisch  (vgl.  den  Namen  Nazi-Marduk  unten 
Anm.  1),  und  das  Gleiche  scheint  bei  dein  dritten  der  Fall  zu  sein;  ich  schliesse 
dies  aus  dem  Götterdeterminativ  vor  Sibarru;  kossäischen  Götternamen  stellt  inner- 
halb von  Personennamen  sonst  nie  ein  Determinativ  vor. 

i  Na-zi-iht  Warduk.  Der  Name  ist  gemischt  kossäisch-semitisch.  Der  näm- 
liche Name  findet  sich  in  einer  Urkunde  Merodachbaladans,  IV  K  41,  18a.  40b. 

i  m  Ka-sak-ti-ia-an-zi  II  10,  m  Sü-ka-mu-na-äh-iddi-na  II  13,  m  Mi-U-har-bi 
II   t '..   ts,  m  I   lam-ha-la  II  20. 


II. 

Die  Sprache  der  Kossäer. 

a)  Unsere  Quellen. 

Die  erste,  freilich  äusserst  dürftige  Kenntniss  der  Sprache  jenes 
Volkes  Kassü,  welchem  die  Könige  KaraTndas,  Burnaburiäs,  Knri- 
galzu  u.  s.  f.  angehörten,  vermittelte  das  kleine,  II  R  65  No.  2  ver- 
öffentlichte Fragment  einer  Thontafel ,  welches  einige  dieser  Kossäer- 
namen  mit  semitischer  Namensdeutung  darbietet.  Dieses  Fragment 
hat  sich  seitdem  als  zu  der  grösseren  Tafel  K.  4426  zugehörig  er- 
wiesen, welche  als  die  »Rassam'sche  Königsliste«  bezeichnet  werden 
mag.  Diese  Tafel  '  bietet  auf  Vorder-  und  Rückseite  je  zwei  zwei- 
spaltige Columnen.  Etwa  die  Hälfte  der  Tafel,  nämlich  der  Anfang 
der  Columnen  I  und  II  'Vorderseile;  und  der  Schluss  der  Columnen  III 
und  IV  (Rückseite),  fehlt  auch  jetzt  noch.  Nach  einer  Lücke  von  etwa 
33  Zeilen  beginnt  Obv.  col.  I  mit  einer  Reihe  sumerischer  Königs- 
namen nebst  semitischer  Uebersetzung,  von  denen  wir  jetzt  theilweise 
wissen,  dass  sie  nicht  zu  der  Dynastie  von  Babylon,  sondern  zu  jener 
von  f£^..£  \y}f  <Jpf  gehören,  einer  Stadt,  die  ihrerseits  aber  nicht, 
da  auch  ein  König  Sargon  ihr  anzugehören  scheint,  allzu  zuversicht- 
lich mit  Agade   (=  Akkad?)2  identilicirt   werden  darf.     Es  folgt  dann 


4)  Veröffentlicht  (obwohl  nur  die  linken  Spalten  in  Keilschrift)  und  bespro- 
chen von  Pinches  in  Proceedings,    tlth  January   1881,  p.   37  ff. 

2)  Der  bis  vor  kurzem  nur  als  Landesname  keilschriftlich  zu  erweisende  Name 
Akkad  hat  sich  jetzt  auch,  in  Uebereinstimmung  mit  ISN  Gen.  10,  10,  als  Stadt- 
name gefunden.  Auf  der  Schenkungsurkunde  Nebukadnezars  I,  welche  mein  jun- 
ger Freund,  Dr.  Hermann  Hilprecht,  zum  Gegenstand  einer  besonderen  Abhand- 
lung machen  wird  ,  werden  am  Schlüsse  neben  anderen  Göttern  auch  die  Götter 
der  Stadt  De-c-ir  und  unmittelbar  nach  diesen  »üu  Sin  n  belit  älu  Ak-ka-di«  als 
Rächer  für  alle  Frevel  an  dieser  Urkunde  und  deren  Inhalt  angerufen.  Nach  George 
Smith  ist  Akkad  Eins  mit  Agade  (Agane;,   der  einen  Stadthälfte  von  Sepharwaim  ; 

9  * 


-2(1 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer 


eine  Trennungslinie,  und  dieser  folgen  die  Worte:  an-nu-tum  sar  e  sa 
arki  a-bu-bi  a-na  sa-dir  a-ha-mes  la  sad-ru  d.  h.  »die  folgenden  waren 
König  von  Babylon  1  nach  der  Flutli;  in  gegenseitige  Reihenfolge  sind 
sie  nicht  gereiht«,  und  nach  einer  abermaligen  Trennungslinie  hebt 
nun  die  Reihe  dieser  nachfluthlichen  Könige  von  Babylon  also  an2: 
col.  I. 


Z.  48.  Ha-am-mu-ra-bi 

49.  Am-ini-di-dug-ga 

50.  Ku-ur-gal-zu 

•")  1 .  Sim-mas-si-hu 

52.  U-lam-bur-ia-a-äs 

53.  Na-zi-^<<<|-das 

54.  Me-li-si-hu 

55.  Bur-na-bur-ia-a-as 

56.  Ka-y«-üu  Bei  & 


Kim-ta-ra-pa-as-tum 

Kim-tum-ket-tum 
Re-i-i-bi-si-i 
Li-dan-iiu  Marduk 
Li-dan-bel-mätäte 
Sil:;-iiu  Adar4 
Amel-[iin]  Marduk 
Ki-din-[bel-matä-]te  (?) 
Tukul-ti    [uu  Bei] 


Hiemit  schliesst  col.  I.  Von  den  in  col.  II  erhaltenen  27  Namen  ist, 
ebenso  wie  von  den  in  col.  III  erhaltenen  29  Namen ,  keiner  welcher 
sich  als  kossäisch  gäbe,  wohl  aber  beginnt  col.  IV  mit  den  folgenden 
Namen  : 


diese  Gleichsetzung  winde  auch  hier  vortrefflich  passen,  falls  die  Stadt  Der,  was 
sein-  wahrscheinlich,  in  der  Ruinenstätte  Der  unweit  Abu  Habba  (Sepharwaim) 
wiederzuerkennen  ist.  Eine  andere  Stadt  Der  mit  Anu  als  Stadtgott  lag  an  der 
elamitischen  Grenze,  siehe  Freibrief  Nebukadnezars  1  col.  I  14.  Asurb.  Sni.  ISO, 
108,  u.  a.  St.  in.  .  Zu  beachten  ist  freilich,  da>s  die  »Herrin  von  Akkad«  mit- 
unter neben  Anunit  von  Agade  genannt  wird,  so  III  R  66  Obv.  24.  25c  und 
Synchron.  Geschichte  col.  IV  (Ergänzung). 

I  Ich  wüsste  nicht,  wie  die  auch  in  der  Unterschrift  der  Tafel  mehrmals 
wiederkehrenden  Zeichen  ^^^T^7  Hß,  von  deren  richtigem  VerslSndniss  an  obi- 
ger Stelle  das  Verständniss  der  ganzen  Tafel  abhängt,  anders  gefassl  werden  konnten. 
Scbrader  und  Pin  :hes  umschreiben  -surr-e  und  übersetzen  einfach  »die  Könige«, 
aber  niemals  wird  der  Plural  von  sarru  oder  sonst  einem  assyrischen  Nomen  auf 
diese  Weise  geschrieben.  Die  Zeile  ist  Ueberschrift,  nicht  Unterschrift  (Pinches). 
Von  den  der  Zeile  vorausgehenden  Namen  sind  uns  wenigstens  drei  als  Namen  von 
Königen  der  Dynastie  von  ^^^^  {11  ^T^T  bekannt;  Hammurabi  und  die  nach 
ihm  genannten  waren  aber  in  der  Thal  Könige  Nim  £;TI,  d.  i.  von  Babylon  vgl. 
zu  dieser  Schreibung  Babylons  Paradies  S.  2H,  ferner  IV  R  35  No.  8,  1,  und  viele 
andere  Stellen  . 

i  Vor  jedem  der  Namen  stehl  in  beiden  Spalten  1.  das  Determinativ  vor 
männlichen  Personennamen. 

3      /eichen    nun 

i    Geschrieben  nin  ib. 

■    Geschrieben  6n  kit ;  ebenso  col.   IV  l . 


II.   Die  Sprache  der  Kossäer. 


21 


col.  IV. 

Z.  1.  U-lam-har-be 

2.  Me-li-ha-Ji 

3.  Me-li-sü-mu 

4.  Me-li-iiu  Si-bar-ru 

5.  Me-li-Srffl 

6.  Nim-gi-ra-bi 

7 .  Nim-gi-ra-bi-  S^YYT 

8 .  Nim-gi-ra-bi-bur-ia-äs 

9.  Ka-T«-bur-ia-äs 
10.  Ka-j«        —  S=YTT 

1  1 .   Na-zi-si-hu 
12.   Na-zi-bur-ia-äs 


Li-dan-iiu  Bei 
Amel-iiu  Gu-la 
Amel-iiu  Sü-ka-mu-na 
Amel-iiu  Si-i-ma-li-ia 

All  X  V 

Amel-iiu  Samas 
E-te  '-ru 

E-te-ru-[nu  Samas] 
E-te-[ru-bel-mätäte] 
Tukul-[ti-bel-mätäte] 
Tukul-[ti-iiu  Samas] 
[Sil-üu  Mardjuk 


|  [Sil-bel-]   mäläte 

Es  folgt   eine  Trennungslinie ,   welche  ,   wie  es  scheint ,   die  Liste  der 
Königsnamen  überhaupt  abschliesst. 

Diese  letzteren  Namen  sind  augenscheinlich  wieder  kossäisch.  Da 
col.  I  55  Burnaburias,  wie  die  synchronistische  Geschichte  lehrt,  ohne 
Zweifel  Kossäer  war,  so  geben  sich  sofort  als  ebenso  zweifellos  kos- 
säisch die  gleichfalls  mit  bur-iäs  zusammengesetzten  Namen  I  52.  IV  8. 
9.  12  sowie  Sagasaltiburiäs  (siehe  oben  S.  14),  mit  diesen  aber  wieder 
zugleich  IV  1  wie  auch  der  am  Schluss  von  Kap.  I  genannte  Personen- 
name Ulamhala  (ebenfalls  mit  ü-lam  componirt) ,  IV  6.  7  (ebenfalls 
nim-gi-ra-bi  aufweisend),  I  56  und  IV  10  (ebenfalls  mit  ka-1«  com- 
ponirt), endlich  I  53.  IV  1 1  wie  auch  der  Personenname  Nazi-Marduk 
(ebenfalls  mit  na-zi  componirt).  Ist  aber  IV  1 1  Nazi-sihu  kossäisch, 
so  sind  dies  auch  die  übrigen  mit  si-hu  componirten  Namen  I  51.54, 
desgleichen  der  IV  R  34,  44.  53  vorkommende  Name  Harbisihu;  ist  aber 
Meli-sihu  kossäisch,  so  sind  es  auch  alle  übrigen  mit  mS-li  zusammenge- 
setzten Namen,  also  IV  2 — 5  wie  auch  der  am  Schluss  von  Kap.  I  ge- 
nannte Personenname  Mili-harbe ,  und  da  Kurigalzu  als  Kossäer  durch 
die  synchronistische  Geschichte  feststeht,  so  wären  sämtliche  Namen 
I  50  —  56.  IV  1 — 12  sowie  die  meisten  der  sonst  noch  in  Kap.  I  als 
kossäisch  bezeichneten  Namen2  als  kossäisch  bewiesen. 


1)   Geschrieben  di,  ti. 

2;   Für  Kasakti-ianzi  siehe  den  Beweis  S.  28,  ehendort  den  für  den  Gotfesnamen 
Sukamuna  und  den  damit  zusammengesetzten  Personennamen  Sukamuna-äh-iddina. 


22  H.  Die  Sprache  der  Kossäer. 

Nur  wenige  Bemerkungen  sind  hier  einzuschalten.  Die  Angabe 
der  Ueberschrift  »in  gegenseitige  Reihenfolge  sind  sie  nicht  gereiht« 
erweist  sich  auch  für  diese  Kossäernainon  als  völlig  richtig:  andern- 
falls hätte  ja  z.  B.  gleich  Burnaburiäs  seinen  Platz  vor  Kurigalzu  fin- 
den müssen.  Es  ist  aber  auch  zugleich  ersichtlich,  nach  welchem 
Princip  die  Namen  an  einander  gereiht  sind .  nämlich  offenbar  nach 
ihrer  verwandten  Bedeutung  (I  48.  49)  oder  ihrer  gleichartigen  Zu- 
sammenselzungsweise  (IV  2 — 5.  6 — 8.  9 — 10.  11 — 12),  obwohl  dieses 
Princip  noch  strenger  durchgeführt  sein  könnte.  Sodann  ist  zu  be- 
achten,  dass  vier  Königsnamen,  über  deren  kossäischen  Charakter 
ebenfalls  kein  Zweifel  sein  kann,  nämlich  die  in  Kap.  1  erwähnten 
Namen  KaraTndas,  Karahardas,  Nazibugas  und  Sagasalliburiäs  (Saga- 
saltias)  fehlen,  diese  müssen  also  in  dem  jetzt  fehlenden  Stücke 
von  col.  II  oder  col.  III  genannt  gewesen  sein.  Im  höchsten  Grade 
auffallend  bleibt  es  ausserdem,  dass  die  Kossäernamen  so  ent- 
zweigesprengt sind:  trennt  doch  I  50  und  IV  1  eine  Kluft  von  etwa 
2  X  56,  also  von  über  hundert  Königsnamen.  Es  erscheint  mir  ge- 
rathen.  bei  der  Erklärung  dieser  Erscheinung  selbst  einer  naheliegen- 
den Vermuthung  mich  einstweilen  zu  enthalten,  da  Sicheres  doch  erst 
auszusagen  sein  wird,  wenn  die  ganze  unschätzbare  Königsliste  der- 
einst vollständig  vorliegt.  Was  endlich  die  beiden  den  Kossäernamen 
vorhergehenden  Namen  col.  I  48.  49,  Hammurabi  und  Ammididuga, 
betrifft,  welche  mit  den  Kossäerkönigen  weder  chronologisch  noch  ge- 
nealogisch etwas  zu  thun  haben,  so  habe  ich  ihnen  einen  besonderen 
Excürs  Anhang  B  gewidmet,  um  die  eigentliche  Untersuchung  dieser 
Schrill  nicht  allzulange  zu  unterbrechen.  Ich  bemerke  nur.  dass  der 
Verfasser  der  Königsliste  die  Reihe  der  babylonischen  nachfiuthlichen 
Könige  mit  Hammurabi,  jenem  in  Werken  des  Friedens  und  der  Für- 
sorge U\\-  die  Wohlfahrt  seines  Landes  wahrhaft  grossen  Monarchen, 
zu  beginnen   vollauf  berechtigt   war. 

Für  das  kossäische  Lexikon  liefern  uns  die  Kossäernamen  der 
Rassam'schen  Königsliste  die  folgenden   Wörter: 

bur-iäs  =  bü  mätäte  »Herr  der  Länder«,   also  wohl  bur     \\iin-  . 
iäs     Lander«.     Gemeint   ist   (\c\-  Got1   Rämän,   wie  ein  von  Pin- 

ches    gefundenes    Gölten  erzeichniss    lehrt,     welches     unter    den 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  23 

mancherlei  Namen,  die  Rämän  im  Westland,  in  Elam,  in  Su-uh 
und  sonst  führte,  für  Kas-si  oder  die  Kossäer  den  Namen  bur- 
ia-as  bezeugt  '. 

ü-lam   =  lidänu  »Kind«; 

na-zf  =  sillu  »Schatten«; 

ha-]«  =  tukultu  »Hülfe«; 

nim-gi-ra-bi  =  öt&ru  »schirmen,   schonen«; 

f:|H   id.  i.  kid  oder  sah)   =  Samas  »Sonnengott«: 

si-hu  =  Marduk  »Merodach«; 

har-b&i  =  Bä  »Gott  Bei«; 

ha-li  (ha-la)  =  Gula  »Göttin  Gula«: 

sü-mu  =  Sukamuna  »Gott  Sukamuna«; 

^<<<<y-(/a,v  =  Adar  »Gott  Adar«; 

sim-mas  =  lidänu  »Kind«; 

me-li  =  amdu  »Mensch«; 

bur-na  =  kidinu  »Schützling«. 
Wie  kurigalzu  =  r&i  bist  »sei  mein  Hirt«  zu  zerlegen,   ist  unsicher. 

Diese  Wörter  und  dazu  noch  bugax,  offenbar  ein  Gottesname 
(im  n.  pr.  Nazibugas),  sowie  Kar-%iu  Duni-iäs ,  der  von  den  Kossäern 
stammende  Name  der  Umgegend  von  Babylon  bez.  Nordbabylonien 
überhaupt,  waren  bislang  die  einzigen  Reste,  welche  von  der  Sprache 
der  Kossäer  erhalten  waren.  Sprachwissenschaftlich  war  hiermit  kaum 
etwas  anzufangen;  nur  aus  dem  Wort  nu-li  »Mensch«  oder  »Mann« 
oder  »Diener«,  welches  mit  dem  gleichbedeutenden  mulu  des  sog. 
Frauendialekts  der  sumerisch -akkadischen  Sprache  sowie  mit  seinit. 
babyl.  am<Hu  ^"HN/  zusammenklingt,  glaubte  man  —  gewiss  allzu- 
schnell —  allerhand  Folgerungen  ziehen  zu  dürfen. 


Als  ich  im  März  dieses  Jahres  in  dem  Arbeitszimmer  der  ägyp- 
tisch-assyrischen Abtheilung  des  Britischen  Museums  mit  der  Colla- 
tion  einiger  Keilschrifttexte  beschäftigt  war,  nahm  ich  mit  Mr.  Theo. 


1)  Recht  baldige  Veröffentlichung  dieser  interessanten  Tafel,  auf  welche  Pin- 
ches  in  Proceedings ,  6th  February  1883,  p.  72  anspielt,  erscheint  dringend  er- 
wünscht. 

2)  Die  Lesung  be,  nicht  etwa  bat,  erhellt  für  das  Zeichen  >-<  aus  der  Schrei- 
bung des  S.  2t   erwähnten  Kossäernamens  Har-bi-si-hu   (IV  R  34,  44.   53). 


•7i  II.  Die  .Sprache  der  Koss 

G.  Pinches'  gütiger  Erlaubniss  Gelegenheit,    auch    auf  einige  der  zu- 
fällig   daliegenden,     erst    vor   kurzem    durch    Bass      -         ss     bungs- 

arbeilen  in  das  Museum   -  k  zu  wer- 

fen .    und  bei    dieser  G<     a  :    blieb    mein   Blick    an  einer  klein 

Thontafel  haften,   deren  Inhalt  Mr.  Pinches  wie  mir   -   ;  war  — 

die   Tafel    enthielt    augenscheinlich    ein    kleines        ssäis      -semitis 
Glossar.     Ihr  wahrer  und  voller  Werth  war  freilieh  nicht  ohne   W    - 
teres    klar,   vielmehr  schien  sie  zu  dein   schon  durch  die  obigen  Kos- 
säernamen   gebotenen  Wortmaterial    nur   wenig  -    und  Wichtig  - 

hinzuzufügen.     Ich    selbst   verler  die  Tafel  .    von  der  ich  mir  mit  der 
Erlaubniss    meines    geschätzten    Fachgenossen    ein  -  :hrift    nahm. 

läutere  Zeit  aus  den  Augen.  -■■  _  o  den  vorbereitungs  :ten 
zu  meinem  in  London  zu  vollendenden  und  nunmehr  glücklich  voll- 
endeten Assvrischen  Wörlerbuche  in  -  -  :nmen.  Als  ich 
indess  meine  Abschrift  abermals  prüfte,  erkannte  ich.  dass  dies 
kleine  Tafel  hau  -  ich  durch  Eine  ihrer  Zeilen  berufen  ist.  in 
-  ker-  und  Sprachengewim  -  -  -den 
iider  überraschend  neu  -   I       I  zu  werl 

ßentliche  Bes  -         dien 

koss      -     l-s    mitis  G 

durch  die  vorliegende  kleine  Abhandlung  möglichst  umgehend  anbahnen 
zu  helfen.    Das    v..  — 18     bezeichnete  Thontäfelchen  >    _   -  ?nt. 

breit,   gegen  9  Cent.  lang,   hellgrau,  und  prächtig  erhalten:   am  An:      . 
der  Vorderseite  fehlen    nur  gam  a  die  Unterschrift 

lehrt,    nur  zwei       Di<    S        :     ist   neubabylonisch.     Ceber  den  ur     - 
neu  Raum  der  einzelnen  -  llinien  gezogen. 

\    rder-  -  ite  enthalten  in  cht  durch  eine  senk- 

te   Linie    getrennten,     B  -         -  -   rechende    Wort- 

reihen.  _  rift  und      ig  den  Anmerkun- 

gen zu  diese:  sung  nach  mehrdeutigen  Zeichen 

die  sons  möglichen  S  .  bezieh     gsweis 

cheu .    die  als  s  _         -  -eheinen,    die  etv 

in  Betracht   kommenden. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 


25 


Obv. 


fehlt 


2. 

] 

[im; 

•   [ 

3. 

si-       [1  Zeichen] 

ilu 

Sin 

»Mondgott« 

4. 

sa- 

ah 

ilu 

Snnias 

»Sonnengott  o 

5. 

su-ri-  ia- 

V 

as 

ilu 

V                  V 

Samas 

»Sonnengott « 

6. 

ub-ri-ia- 

as 

ilu 

Rämän 

» Luftgotto 

7. 

hu-   uda- 

ha 

ilu 

Rain  an 

» Luftgott« 

8. 

m;i-  rad- 

dasb 

ilu 

Adarc 

»Gott  Adar« 

9. 

gi- 

dard 

ilu 

Adarc 

»Gott  Adar« 

10. 

ga- 

la 

ilu 

Gu-la 

»Göttin  Gula« 

11. 

ka-  nml- 

la 

ilu 

E-a 

»Gott  des  Wassers« 

12. 

sü-  ga- 

ab 

ilu 

Nergal 

»Löwengott« 

13. 

sü-ga-mu- 

na 

ilu 

Nergal  nu 

Nusku 

»Löwengott  als  Gott 
der  Mittagssonne« 

14. 

dur e 

ilu 

Nergal 

» Löwengott « 

15. 
16. 

su-gurf 
mi-ri-zi- 

IM 

ir 

ilu 
ilu 

Jielit»' 

» Gott  Merodach .... 
»Göttin  Bellis« 

17. 

ba-     as- 

hu1' 

i- 

lu 

» Gott« 

18. 

da-    ka- 

V 

as 

ka- 

-  ka- 

bu 

»Stern« 

19. 

da-gi s 

gi 

Si'iinu-u 

»Himmel« 

20. 

i-       lu- 

hi 

säniu-ii 

» Himmel  < 

21. 

zi-in-bi- 

na 

zi- 

ii  a 

■> 

22. 

tni-ri-ia- 

V 

as 

ir- 

si- 

tum 

»Erde« 

23. 

tu-ru-uh- 

na 

sä- 

a- 

ru 

»Wind,  Sturme 

24. 

ia-     an- 

zi 

sai 

-  ru 

» König« 

25. 

nuk- 

la 

sai 

•-  ru 

»König« 

26. 

nia- 

li 

a- 

ini- 

[lu] 

» Mensch « 

27. 

me- 

li 

ar- 

,h. 

»Knecht« 

Rev. 

28. 

ku-     uk- 

la 

ab 

du 

[   *] 

»Knecht« 

29. 

as-      lu- 

lu 

ha 

i-     bu- 

ü  m 

? 

30. 

ll  a-     as- 

hu  » 

ni- 

i- 

sü 

»Name,   Wesen. 
Leben  « '? 

31. 

ha'-ar- 

hu 

kak-     kä- 

du 

»Haupt« 

32. 

lia-  me- 

ru 

se- 

e- 

pu 

»Fuss« 

33. 

sa-  ri- 

hu" 

se- 

e- 

pu 

» Fuss  « 

34. 

ia- 

V    , 

SU 

ine 

i-     a- 

tum 

» Land « 

35. 

as- 

rak* 

mu-     du- 

ü 

»weise« 

36. 

Sir« 

ka 

as- 

lu 

»  Bogen  « 

37. 

e- 

nie 

a- 

su- 

li 

» herausgehen  « 

26 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 


38. 
39. 
iti. 
41. 
42. 
43. 
44. 
45. 

46. 
iT. 
48. 


na-  zi 

ka-     y       « 

V    ,  V       .  . 

sa-  ga-  sal-  ti 
nini  r-ei-ra-ab 


XL\ 


u-  zi- 

has s- 
si-  im- 
sa-  ri- 

sim-   l 

ki- 

ni- 

III 


ib 

mar 

mas 

l)Un 

]di 


[        1 


Sll- 

tu- 

nap- 

e- 

e- 

ka- 

li- 

tu- 

na- 
ki- 
res- 


luni 

kul- 

sä- 

te- 

te- 

su- 

da- 

ul- 

da- 

di- 
tu 


» Schatten« 

tum 

i  Hülfe« 

ru 

»  Erlösung« 

rum 

»schirmen,  schonen« 

rura 

»schirmen,  schonen« 

SU 

•> 

nu 

»  Kind  « 

ü 

»aufhangen,  anhan- 

gen« (z.B .  den  Köcher) 

nu  ■! 

»geben« 

nu 

» Schützling  « 

»erster« 

1 


an(?)  a-  [1  Zeichen]1 


a)  lalj. 
Zeichen   für 


b)  fas  (ma-rat-tas).  c)  geschrieben  nin  ib.  ll)  neubabyl. 

t^AT.  e)   neubabyl.   Zeiclien  für  jjT^Agr-.  *)   ^TY. 

M.  h)   bag,  bak.  »]  ^yy^-A-  k)   oder  das  Zeiclien  bab,   kur? 

l)   fehlt    nichts   oder   höchstens   ein   ganz    schmales   Zeichen.  m)  pap-pu-ü. 

n)   pu.  °)  besser  als  ma.  i1)   sal.  fi)  >-^£>=.  r    nuni.  s    tar. 

kut,   sil.  tj  Die  Numerirung  der  einzelnen  Zeilen  ist  im  Original  selbstver- 

ständlich nicht  mitgegeben.  Betreffs  der  Transcriptionsweise  ist  hervorzuheben, 
dass  s  =  seh  tu]  und  h  =  ch  (n,  A>)  ist.  Ob  in  den  kossäischen  Wörtern  h  nicht 
etwa  einen  dem  n  nur  verwandten  Laut  bezeichne  (wie  es  im  Sumerisch-Akka- 
dischen  /..  B.  ,7  als  tonender  Spirant  ist),  muss  spätere  Untersuchung  herausstellen. 

Für  die  assyrischen  Wörter  dieses  Glossars  können  wenige 
Bemerkungen  gentigen.  Z.  18  beachte  die  Schreibung  ka-ka-bu  sonsl 
kak-ka-bu  :  man  sprach  also  käkgbu.  Z.  -±\  zi-na  zi'-im  ?  .  zwischen 
Himmel  und  Erde  stehend,  weiss  ich  noch  nicht  zu  erklären:  der 
Form  nach  ist  das  Wort  ein  femininer  Plural  auf  ä  =  än,  welcher 
vor  allem  bei  paarweise  vorhandenen  Körpertheilen  gern  angewandl 
wiid.  wesshalb  man  ü  vielfach  geradezu  für  Dualendung  hält.  Das 
Wdii  -nin  Ist  mir  sonst  nur  noch  I  H  27  No.  2,  23  bekannt,  wo  von 
drin  Thor  dos  zi-ni  dos  Palastes  die  Rede  ist.  Z.  30  ni-i-su  wird 
wahrscheinlich  nl§u  »Name,  Wesen,  Leben«,  nichl  etwa  n&hu  »Löwe« 
sein.  Z.  35  mu-du-ü,  sicher  müdü  -weise,  verständig«;  denn  dos  in 
der  häufigen  Phrase  ana  mudß  massenhafl  vorliegende  ähnlich  Lautende 
Wnii  isi  doch  gewiss  nur  Plural  von  mudü  »Menge«.  /..  \Z  kasüsu, 
gemäss  II  1137,  15c.    64c    sicher   ein    Vogel    und    zwar   eine    Eulen- 


II.  Die  Sprache  der  Kossaer.  27 

art1  (vgl.  auch  II  R  25  ,  42b;  62,  13h).  Oh  das  Wort  freilich  hier 
so  zu  fassen  und  es  nicht  etwa  noch  ein  anderes  Wort  kasüsu  ge- 
geben (einen  Verbalstamm  kasüsu  siehe  II  R  45  ,  7  f)  ,  muss  dahin- 
gestellt bleiben. 

Unter  den  kossäi sehen  Wörtern  begegnen  wir  zuvörderst  ei- 
nigen, welche  wir  bereits  durch  die  kossäischen  Königsnamen  er- 
schlossen halten  und  welche  nunmehr  als  zweifach  bezeugt  um  so 
fester  stehen.  Ich  meine  die  acht  Wörter:  4.  sa-ah  »Sonnengott«, 
10.  ga-la  »Göttin  Gula«,  27.  mö-li  «Knecht«,  34.  ia-su  »Land«,  38.  na-zi 
»Schatten«,  39.  ka-l(^  »Hülfe«,  44.  nim-gi-ra-ab  »schirmen«,  44.  si- 
im-mas  »Kind«.  —  Da  ia-su  »Land«  augenscheinlich  mit  semitischer 
Nominativendung  versehen  ist,  so  könnte  dies  auch  der  Fall  sein  mit 
den  Wörtern  der  Zeilen  17.  20.  29.  30 — 33.  45:  bashu,  ilulu,  aslulu, 
nasbu.  barhu,  hamßru,  saribu,  saribu.  —  4.  sa-ah  »Sonnengott«;  diese 
dankenswerthe  Angabe  macht  für  das  Zeichen  C^fff,  welches  an  sich 
ebensowohl  kid  als  sah  gelesen  werden  könnte,  die  (oben  S.  17  von 
mir  antieipirte)  Aussprache  sah  zweifellos.  Sowohl  in  5.  sü-ri-ia-as 
als  in  6.  ub-ri-ia-as  wird  ia-as  als  zweiter  Theil  eines  Compositums 
abzutrennen  sein,  sodass  der  Sonnengott  seinen  Namen  führt  als  sü-ri 
des  Landes  oder  der  Länder.  Rämän  den  seinen  als  ub-ri  des  Landes 
oder  der  Länder.  Beachte  die  Variante  ubri-ias  neben  bur-ias  (siehe 
oben  S.  23).  8.  ma-rad-das,  werthvolle  Angabe,  denn  diese  einfach 
syllabische  Schreibweise  darf  wohl  getrost  auf  die  andere,  ebenfalls 
auf  das  ausgehende  und  ebenfalls  einen  Gottesuamen  darstellende 
Schreibung  ^(<<<l-das  übertragen  werden.  Meine  Lesung  (oben 
S.  10)  des  Namens  des  Kossäerkönigs  Nazimaraddas  gründet  sich  auf 
diese  Angabe2.  13.  su-ga-mu-na.  Der  in  den  babylonisch -semiti- 
schen Texten  wiederholt  und  zwar  stets  mit  Schreibung  h  an  Stelle 
des  g,   nämlich  als  Sukamuna  vorkommende  Gottesname  wird  hierdurch 


1  Näheres  siehe  in  meiner  Schrift  The  Hebrew  Language  viewed  in  the  Light 
of  Assyriern  Research,  London  1883,  p.  33. 

-2)  Smith,  Assyriern  Discoveries,  p.  250,  las  bereits  ganz  ähnlich  Nazi-murudas, 
gestützt  aber  offenbar  auf  Sb  88,  wonach  im  Sumerisch-Akkadischen  das  Ideogramm 
£-^<«y   unter  anderem  auch  mvru[b)  gesprochen  wurde. 


28  II.   Die  Sprache  der  Kossäer. 

als  ursprünglich  kossäisch  erwiesen  l.  Es  stimmt  hierzu  vortrefflich, 
dass  sich  Agum,  der  »König  der  Kossäer  und  Akkadier«  gleichzeitig  als 
»glänzenden  Spross  des  Gottes  Su-ka-mu-nu«  bezeichnet  V  R  33  col.  1  i: 
siehe  oben  S.  17.  Ebendesshalb  wurde  auch  für  den  Personennamen 
m  Su-ka-mu-na-ähf-iddi-na  oben  S.  18  kossäisehes  Gepräge  angenom- 
men. Aus  der  Schreibung  sü-mu  cbendieses  Götternamens  in  der  Ras- 
sam'schen  Königsliste  IV  3  darf  vielleicht  geschlossen  werden,  dass 
man  im  Kossäischen,  wie  im  Sumerischen,  den  Schlussconsonanten 
eines  Wortes  verklingen  lassen  konnte;  su-mu  würde  dann  für  su[g)- 
uiii  n  stehen.  Würde  sich  diese  Erklärung  bewähren,  so  hätte  das 
Kossäische  auch  den  vocalischen  Nominalauslaut  gehabt  wie  das  Sume- 
rische: vgl.  suga-  muna'1.  16.  mi-ri-zi-ir,  ein  Compositum  mit  eben- 
jenem  miri,  welches  in  miri-ias  Z.  22  »Erde«  vorliegt?  18  und  19. 
Sind  diese  beiden  Wörter  für  »Stern«  und  »Himmel«  etwa  in  da-kas 
und  da-gigi  zu  trennen?  und  ist  mit  diesem  kas  der  kossäische  Got- 
tesname Kassü,  welcher  in  dem  S.  14  f.  erwähnten  Königsnamen  »i  »7« 
Kas-su-ü-nädin-ähü  erscheint,  zu  combiniren?  22;  siehe  zu  Z.  16.34. 
ialiu  Land';  war  iah  Sing.,  iäs  dagegen  (in  bur-iäs  =  assyr.  bÜ  mäläte, 
und  ilimii'is)  Plural?  24.  ianzi.  Dieses  Wort  scheint  mir  in  dem  S.  18 
erwähnten  und  ebendesshalb  als  kossäisch  charakterisirten  Namen  Ka- 
sakti-ianzi  enthalten  zu  sein.  39:  die  Aussprache  des  Doppelzeichens 
T  «  ist  aus  der  babylonisch-assyrischen  Schrift  nicht  klar;  ich  möchte, 
im  Hinblick  auf  die,  wie  es  scheint,  ähnlich  wie  Ka-*«-buriäS  und 
h'n-1«-s(ih  gebildeten  Königsnamen  Ka-ra-in-da-as  und  Ka-ra-har- 
dii.s.  vorsehlagen,  sie  ara,  das  ganze  Wort  ka-ara,  kara  »Hülfe,  Helfer 
zu  lesen3.  Die  Kossäernamen  der  Rassam'schen  Königsliste  IV  9  und 
10    würden    dann,    wie   auch    in    Kap.  I    bereits    geschehen    ist,    hurnhi/- 


1)  Auch  in  dem  Hymnus  IV  H  59,  23b  werden  neben  den  babylonischen 
Gottheiten  der  Gotl  üu  Sü-ka-mu-na  und  (seine  Gemahlin?]  die  Göttin  Hu  Si-ma- 
U-ia]  um  \  ergebung  angerufen. 

i  Auf  gleiche  Verklingung  des  Schlussconsonanten  führt  vielleicht  auch  die 
Schreibung  des  kossäischen  Namens  der  Landschaft  um  Babylon  Karduniäs  als 
Km  du  [=  Kar-du{n)-iäs  auf  dem  Siegel  Tukulti-Adars  111  R  !  No.  I,  2.  Z.  11 
isl  der  Name  semitisirl  zu  Kar  du  m  en,  Kardunisu.  —  Liegt  vocalischer  Nominal- 
auslaul  vielleicht  auch  vor  in  den  kossäischen  Wörtern  <\r\-  Zeilen  7.  io.  lt.  1:;. 
■i\.  25? 

3    Pinches  in  Proceedings,   Mth  Januar^    lss|.  !'•  :ts-  h»'*1  |  ^Y  >.ii '!-"<'■  ■ 


II.   Die  Sprache  der  Kossäer.  29 

rias  und  Kara-sah  zu  lesen  sein.  40.  sä-ga-sal-ti,  willkommene  Er- 
klärung des  eben  hierdurch  als  echt  kossäiseh  erwiesenen  Königs- 
naiuen  Sagasaltias ,  voller  Sagasalti-buriäs  »Erlösung  Erlöster?  des 
Herrn  der  Länder«. 

Die  Auswahl  der  Wörter  ist  geschickt,  und  es  ist  charakteristisch, 
dass  in  diese  kleine  Liste  kossäischer  Wörter  sofort  auch  die  Haupl- 
waffe  der  bogenberühmten  Kassü,  nämlich  der  Bogen ,  sowie  der  ter- 
minus  technicus  für  das  Anhängen  des  Köchers1,  mit  aufgenommen 
ist.  Dass  die  Liste  nicht  ausschliesslich  zum  Zwecke  der  Erklärung 
der  kossäischen  Königsnamen  zusammengestellt  worden,  zeigt  sich 
daran,  dass  Namen  wie  Kara'i'ndas.  Nazibugas,  Karahardas  nach  wie 
vor  theilweise  unaufgehellt  bleiben.  Das  Verzeichniss  beginnt  mit 
zwölf  Gölternamen  (Z.  I  — 16);  von  den  beiden  fehlenden  war  dor 
erste  vielleicht  der  des  zu  Z.  18  erwähnten  Gottes  Kassü,  wenn  dieser, 
was  wahrscheinlich,  der  Nationalgott  der  Kossäer  war.  Dieser  Kassu 
mag  der  Gott  des  Himmels  gewesen  sein.  Es  folgen  dann,  ähnlich 
wie  Sb  I — 4,  die  Wörter  für  Gott,  Stern  und  Himmel  (Z.  17  —  20  . 
woran  sich  passend  das  Wort  für  Erde  anschliesst  (Z.  22).  Dass 
(Z.  24 — 28)  die  Wörter  für  König,  Mensch,  Knecht  beisammen  stehen, 
begreift  sich  ebenso  leicht  wie  die  Zusammenordnung  von  Kopf  und 
Fuss  (Z.  31 — 33).  Die  Zeilen  38 — 44  endlich  dienen  wesentlich  der 
Deutung  kossäischer  Königs-  oder  sonstiger  Personennamen. 

Was  mir  nun  aber  höchste  Beachtung  zu  verdienen  scheint,  ist 
die  Gleichung  der  Z.  24  unseres  Glossars: 

ianzi  =  sarru  »König«. 
Diese   Angabe    dünkt   mir   wichtig    genug,    in    einem  besonderen  Ab- 
schnitt behandelt  zu  werden. 

b)  Der  kossäisclie  Königstitel  ianzi. 

Auf  seinem  schwarzen  Obelisk  (Z.  93  —  95)  erzählt  der  König 
Salmanassar  II   (860 — 824)    wörtlich  Folgendes  : 

»In  meinem  16.  Begierungsjahr  überschritt  ich  den  Zab,   zog  nach 


1)   Für  das  assyrische  tullü  vom  »Anhangen«  des  Köchers,  ispatu,  siehe  Asuib. 
Sm.   124,   53,  und  vgl.  hebr.  ^n. 


30  II-  Die  Sprache  der  Kossäer. 

dem  Land  Namri.  Mardukmudammik,  der  König  von  Namri,  machte 
sich,  sein  Leben  zu  retten,  davon.  Seine  Habe,  seine  Truppen,  seine 
Götter,  brachte  ich  nach  Assyrien.  Den  Janzii,  den  Sohn  des 
Hanban1,   setzte  ich  zur  Königsherrschaft  über  sie  ein«. 

Und  weiterhin   (Z.  110 — 126)   lesen  wir: 

»In  meinem  24.  Regierungsjahr  überschritt  ich  den  unteren  Zäb 
und  stieg  über  das  Gebirg  Hasihar2,  hinabzuziehen  nach  dem  Lande 
Namri.  Janzü3,  der  König  des  Landes  Namri.  fürchtete  sich  vor 
meinen  mächtigen  Wallen  und,  sein  Lehen  zu  reiten,  machte  er  sich 
davon.  Seine  befestigten  Städte  Sihisalah,  Bit-tamul ,  Bit-riski  und 
Bit-sedi  eroberte  ich;  seine  Krieger  tödtete  ich,  seine  Beute  führte 
ich  fort,  die  Städte  zerstörte,  verwüstete,  verbrannte  ich  mit  Feuer. 
Die  übrigen  von  ihnen  machten  sich  davon  ins  Gebirg  —  die  Berg- 
spitze grill'  ich  an,  eroberte  ich;  ich  tödtete  ihre  Krieger  und  brachte 
ihre  Beute,  ihren  Besitz  herab.  Aus  dem  Land  Namri  brach  ich  auf. 
den  Tribut  der  27  Könige  des  Landes  Barsua  nahm  ich  entgegen. 
Aus  dem  Land  Barsua  brach  ich  auf,  zog  hinab  nach  den  Ländern 
Mesi,  Amadai,  Arazias,  Harhar.  Die  Städte  Kiakinda,  Hassanabi,  Esa» 
mul ,  Kinablila  nebst  ihren  umliegenden  Ortschaften  eroberte  ich, 
ihre  Krieger  tödtete  ich,  ihre  Beute  führte  ich  fort.  Die  Städte  zer- 
störte, verwüstete,  verbrannte  ich  mit  Feuer.  Ein  Bildniss  meiner 
Majestät  stellte  ich  auf  in  der  Stadt  Harhära.  Den  Janzü,  den  Sohn 
des  IIa  bau1,  schleppte  ich  nebst  seiner  vielen  Habe,  seinen  Göt- 
tern, seinen  Söhnen  und  Töchtern,  seinen  vielen  Kriegern  fort  und 
brachte  sie  nach  Assyrien.« 

Wo  dieses  band  .Namri   oder  Namar5  gelegen   war,    erhellt  im  A 11— 


i    .In  iui-~ ii  ii    ohne  Determinativ^   """'  '"   Ha-an-ban  (Z.  95). 

±  su, in  Ha-si-har  /..  im  .  Norris,  Dictionary  p.  l()3i>,  liest  Harhar  und  be- 
merkt dazu:  »only  half  the  letter  ^V^ftT  is  engraved  on  the  Obelisk«  —  aber  was 
in  aller  Well  giebl  dann  die  Berechtigung  ar  stall  st  zu  lesen-.'  Schraders  Lesung 
Charchar  (Keilinschriften  und  Geschichtsforschung,  S.  169)  ist,  wie  in  den  Nach- 
trägen S.  532  hervorgehoben  ist,  blosser  Druckfehler. 

:t    m  Ja-an-zu-ti    '/..   1 1  ±  . 

'.    m  Ja  im  :u  ii  mär  m  Hu  ba  a«    /.    125 

5j  Die  Schreibung  mal  \a-mar,  in  welcher  das  nämliche,  bislang  nur  in  der 
Schreibweise  mal  Nam-ri  |Salm.  Ob.  93.  94.   IM.   Hä.  H9.    ist.  Co.  :<s  d.  i.  Lay. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  31 

gemeinen  schon  aus  der  eben  raitgeth eilten  Stelle  des  schwarzen  Obe- 
lisken:  es  lag  ost-  oder  südostwärts  vom  unteren  Zäb  und  den  ihm 
benachbarten  Gebirgszügen,  also  etwa  in  den  Gebirgsthälern  des  Quell- 
gebiels  des  Dijälä,  des  bekannten  unterhalb  von  Bagdad  einmünden- 
den Nebenflusses  des  Tigris.  Noch  genauer  unterrichten  uns  aber  die 
Schlusszeilen  der  Obelisk-Inschrift :  ihnen  zufolge  zieht  das  ass\  rische 
Heer,  vom  Land  Barsua  kommend,  in  das  —  relativ  niedriger  ge- 
legene —  Land  Namar  hinab  und  verlässt  daran!'  das  Gebirg  »durch 
die  Passe  von  Simösi  o  b  e  r  h  a  I  b  des  La  nd  e  s  Hai  van« 1.  Da  dieses 
Halvan  (Halvan)  zweifellos  das  heutige  an  einem  Zufluss  des  Dijala 
gelegene  Hulwän  am  Ausgang  jenes  Passes  ist,  über  welchen  die 
grosse  Ilaupistrasse  von  Medien  nach  Bagdad  führt2,  so  ist  das  Land 
Namar  sicher  in  den  Gebirgsthälern  des  Dijälä  und  seiner  Quellflüsse 
nord-  und  nord westwärts  von  Hulwän  Alwän)  zu  suchen.  Mit  Recht 
bemerkt  Schrader:  »Vielleicht  haben  wir  den  Mittelort  des  Namri- 
landes  repräsenlirt  zu  suchen  in  jenen  Ruinen  der  Ebene  Hurin,  am 
linken  Ufer  des  Dijala  (Schirvän),  von  denen  H.  Rawlinson  insbeson- 
dere berichtet,  dass  er  dort  eine  Inschrift  mit  archaistisch -babyloni- 
scher Keilschrift  gefunden  habe«3.  Diese  Gebirgsgegenden  zwischen 
Babyionien  einer-  und  Medien  wie  Elam  andrerseits,    ja  noch  näher, 


13,  9.  Sams.  IV  38.  Cb  Obv.  20.  44.  Rev.  21.  22.  26.  Sarg.  Cyl.  14)  bekannte, 
Land  auf  der  Schenkungsurkunde  Nebukadnezars  I  durchweg  erscheint  (col.  I  47. 
48.  51.  52.  55.  II  6.  8.  10.  23.  24.  28.  29.  31.  48),  entscheidet,  wie  H  il  p  rech  t 
unmittelbar  erkannte,  die  auch  Paradies  S.  237  unentschieden  gelassene  Frage,  ob 
Nam-ri  oder  Zim-ri  zu  lesen  sei,  zu  Gunsten  von  Nam-ri  (Schrader). 

1)  ina  ni-ri-iS  sa  Si-me-si  (ohne  Determinativ)  ina  res  mät  Hal-ma-an  ü-ri-da 
(Z.  190). 

2)  Vgl.  Schrader,  Keilinschriften  und  Geschichtsforschung  S.  169.  Paradies 
S.  205.  Der  Ort  findet  sich  noch  erwähnt  Salm.  Co.  80,  worüber  Näheres 
S.  32  Anm.   1. 

3)  A.  a.  O.  S.  170  Anm.  Zu  der  Babyionien  benachbarten  Lage  des  Landes 
Namar  stimmt,  dass  das  mät  Nam-ri  zugleich  mit  Chaldäa,  Elam  und  den  Aramäer- 
stämmen  unter  den  Bundesgenossen  des  babylonischen  Königs  Mardukbalatsuikbi 
erscheint,  als  dieser  den  vom  Turnat-Dijälä  heranziehenden  assyrischen  König 
Samsiraman  am  Ufer  des  Flusses  Täban  bei  der  Stadt  Dür-Papsukal  kampfbereit 
erwartet  (Sams.  IV  38).  Für  die  genannten  geographischen  Namen  siehe  Paradies 
S.  186  f.  205.  Das  altassyrische  Zeichen  für  »Fluss«,  das  Determinativ  vor  Ta-ban 
(so  möchte  ich  jetzt  lieber  lesen  anstatt  Da-ban,  Paradies  S.  189  f.),  ist  I  R  34,  41 
falsch  transcribirt. 


32  H.  Die  Sprache  der  Koss;iei  . 

gerade  diese  Gebirgsgegenden  von  Hulwän  1  sind  nun  aber  die  Wohn- 
sitze, welche  wir  noch  zu  Sanheribs  Zeit  das  Volk  kassü  einnehmen 
sehen.  Wenn  nun  der  König  eines  dem  kossäischen  Sprachgebiet  so 
nächstbenachbarten,  wahrscheinlich  sogar  noch  innerhalb  Kossäerge- 
bietes  gelegenen  Landes2,  wie  des  Landes  Namar,  den  Namen  J a n z ü. 
führt,  der  kossäische  Königstitel  aber  ianzi  ist  —  liegt  da  nicht  die 
Vermuthung  nahe,  es  möchte  der  Name  Janzü  nur  das  semitisirte 
Kinzi.  der  vermeintliche  Eigenname  also  nur  Königs  tilel  sein,  ent- 
sprechend dem  Gebrauch  des  ägyptischen  »Pharao«? 

Es  liisst  sich  nun  aber  geradezu  beweisen,  dass  das  Land  Na- 
mar,  und  zwar  schon  in  früher  Zeit,  Kossäergcbiet  war,  nämlich  durch 
die  Schenkungsurkunde  Nebukadnezars  I,  welche  ebenfalls  den  jüngsten 
Ausgrabungsarbeiten  Rassam's  zu  verdanken  ist.  In  diesem  Staats- 
document ,  welches  die  Form  eines  schlanken  weissen  Steinbloekes 
hat ,  bestimmt  der  babylonische  König ,  der  Zeitgenosse  des  assyri- 
schen Königs  Asurresisi  (c.  1130),  seinem  General  Reti-Marduk  zur 
Belohnung  für  seine  im  Krieg  wider  Elam  bewiesene  hervorragende 
Tapferkeit,  dass  alle  im  Land  Namar  belegenen  Ortschaften  seines  vä- 
terlichen Hauses,  welche  vordem  frei  gewesen,  später  aber  durch 
Feindeshand  wieder  in  die  Abhängigkeil  des  Landes  Namar  gekommen 
waren,  von  neuem  und  für  alle  Zeiten  Freislädte ,    einzig  und  allein 


1)  Während  Salm.  Co.  80  berichtet  wird,  dass  der  von  Salmanassar  II  851 
geschlagene  babylonische  Thron  Usurpator  Mardukbclusäte  ins  Gebirg  nach  der  Stadt 
älu  Hal-van  geflohen  sei,  heisst  es  in  der  Inschrift  der  Bronzethore  von  Balawäl 
i'V  1 — 2),  er  habe  sich  nach  dem  Gebirg  des  Landes  mät  Ja-su-bi  gewandt  und  sich 
in  der  Stadt  äkt  Ar-man  befestigt.  Mögen  hier  Ealvan  und  Annan  Arvan)  einander 
gleichzusetzen  sein  oder  nicht  —  auf  alle  Falle  lag  die  Stadt  Hulwän  im  Lande 
Jasubi,  ebendamil  aber,  gemäss  der  oben  S.  -2—\  mitgetheilten  Sanheribsteile, 
im  Kossäerland.  Hierzu  stimmt,  dass  VR12  Nu.  6  der  »vor  dem  Gebirg«  ge- 
legene  Ort  Ar-man  mitPa-din  identificirt  wird,  der  König  Agum  aber,  »der  Konig 
der  K.OSSäer  und  Akkadier,  der  König  des  weiten  Baby louicn «  sich  auch  König 
des  Landes  Padan  and  Alman«  nennt.  Die  Stelle  beweist  von  neuem,  dass  die 
Kossäer  drunten  in  Babylonien  mit  den  Kpssäem  drohen  in  den  medischen  Grenz- 
gebirgen Ein   Volk  sind.  -    Zum  mät  Ja-su-bu  siehe  noch  II   H  53,   16a. 

2)  Es  ist  in  dieser  Hinsicht  auch  beachtenswerth,  dass  ebenso  wie  bei  San- 
herib  in  enger  Verbindung  mit  den  Ländern  Ellipi  und  Medien  das  Land  des  Volkes 
Kassu  erscheint,  bei  Sargon  Cyl.  14  zwischen  Medien  und  Ellipi  das  Land  Na- 
mar erwähn!  wird    [mät   \ia-da-ai  mät  Nam-ri  mät  El-li-bi). 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  33 

dem  Hause  Karzia's,  dessen  Familienoberhaupt  damals  Reti-Marduk 
war,  zugehörig  sein  sollten.  Am  Schlüsse  dieses  Freibriefes  nun  wer- 
den unter  den  Göttern  ,  deren  Fluch  auf  jedweden  herabbeschworen 
wird,  der  sich  ge^en  diese  Urkunde  und  ihren  Inhalt  vergehe,  auch 
die  Göttin  »Sümalia,  die  Herrin  der  glänzenden  Berge,  welche  die 
Spitzen  bewohnt,  auf  den  Höhen  (?)  einherschreilel «,  und  dazu  RAmän, 
Nergal  und  Nana  als  »die  Gottheiten  des  Landes  Na  mar«  an- 
gerufen1 —  Sümalia  oder  Simalia,  die  hier  als  oberste  Gottheit  des 
Landes  Namar  erscheint,  ist  aber,  wie  die  Bassam'sche  Königsliste 
(IV  4)   zeigt,   eine  kossäische  Göttin2. 

Meine  Annahme,  dass  Janzü  ,  der  vermeintliche  Eigenname  des 
Königs  von  Namar,  nichts  weiter  sei  als  der  kossäische  Königstitel 
innzi.  wird  aber  endlich  zur  Gewissheit  durch  die  folgende  Beobach- 
tung ,  welche  gleichzeitig  für  die  Geschichte  der  Kossäer  von  Wich- 
tigkeit ist.  In  den  Fasten  des  Königs  Sargon  722  —  705)  lesen  wir 
(Khors.  54)  : 

»Von  Janzü3,  dem  König  des  Landes  NaTri,   empfing  ich  in  seiner 


1)  Hu  Sü-ma-li-ia  be-lit  sädS  el-lu-ti  a-si-bat  re-se-e-ti  ka-bi-sa-at  <jup{kup?)- 
pa-a-ti  Hu  Rämüii  ilu  Nörgal  n  ilu  Na-na-a  iläni  üh  mät  Na-mar  (II  46 — 48).  Unter 
den  »glänzenden«  (nicht  «hohen«)  Bergen  weiden  hier  wie  sonst  die  Schneeberge 
zu  verstehen  sein.  In  den  Eingangsworten  der  Urkunde  nennt  sich  Nebukadnezar  I 
unter  anderem  auch  sa-li-lu  Kas-si-i  »Plünderer  der  Kossäer«  —  auf  Kosten  der  Kos- 
säer, der  ursprünglich  herrschenden,  aber  später  zeitweise  semitisch-babylonischen 
Statthalterp  (siehe  hiefür  S.  35  f.)  unterstellten  Bewohnerschaft  des  Landes  Namar  ge- 
schah auch  die  in  Rede  stehende  Unabhängigkeitserklärung  gewisser  Städte  von 
Namar.  —  So  glücklich  Nebukadnezar  I  in  seiner  nur  zweijährigen  Regierungszeit 
(siehe  S.  14  nebst  Anm.  3)  gegen  die  Elamiten,  Kossäer  und  gegen  das  Westland  ge- 
wesen (er  nennt  sich  ka-sid  mät  a-har-ri-i),  so  unglücklich  war  er  gegen  Assyrien. 
Siehe  die  synchronistische  Geschichte  II  R  65  Obv.  col.  II  2 — 13.  Nachdem  schon 
ein  erster  Versuch,  der  assyrischen  Grenze  sich  zu  nähern,  ziemlich  fehlgeschlagen 
war  —  Nebukadnezar  glaubte  gegen  Asürresisi's  Streitwagen  einen  offenen  Kampf 
nicht  wagen  zu  dürfen  und  zog  sich  nach  Verbrennung  seiner  eigenen  Kriegs- 
maschinen ,  die  ihm  wohl  beim  Rückzug  hinderlich  gewesen  wären,  eilends  nach 
Babylonien  zurück  — ,  wurde  er,  als  er  abermals  mit  Wagen  und  Reisigen  gegen 
die  assyrische  Grenze  heranzog,  von  Asürresisi  gänzlich  und  mit  schwerem  Ver- 
lust an  Mannschaft  und  Kriegsgeräth  geschlagen. 

2)  Siehe  oben  S.  21  und  vgl.  S.  28  Anm.  1.  Die  Göttin  ilu  Si-ma-U-ia  wird 
auch  in  der  synchronistischen  Geschichte  (Ergänzungsfragment  zu  Rev.  col.  IV) 
erwähnt:  Samsi-Rämän  III  (824 — 811)  führte  bei  seiner  Invasion  Akkads  neben 
anderen  Gottheiten  auch  diese  Göttin  mit  fort. 

3)  m  Ja-an-zu-ü  Khors.  5  4  ;  ebenso  Botta   77,  4.    146,  18. 
Delitzsch,  Kossäer.  3 


^4  "•  Die  Sprache  der  Kossäer. 

befestigten    Stadt    Hubuskia    Pferde.    Rinder    und    Schafe    als    seinen 
Tribut«. 

Auch  wo  dieses  Land  Hubuskia  gelegen  war.  sind  wir  trefflich 
unterrichtet  :  das  von  Kelah  (Nimrüd)  ausgesandte  Heer  Salmanas-r 
sars  II  überschreitet  den  oberen  Zäh.  zieht  Liegen  Hubuskia  Salm. 
Ob.  161)  und  weiter  durch  das  Land  Malhis1  nach  Van,  und  umge- 
kehrt betritt  das  über  Hubuskia  heimkehrende  Heer  bei  der  Stadt 
Arbela  die  assyrische  Ebene  Salm.  Mo.  Rev.  Gl  f.).  Ebenso  empfängt 
Samsirämän  auf  seinem  Zug  hinauf  nach  Na'i'ri,  nach  Ueberschreitung 
des  Xäb  und  des  Rerges  Silar,  zuerst  den  Tribut  von  Hubuskia  Sams. 
II  'M  .  Nach  diesen  und  anderen  Stellen  mehr  kann  Stadt  und  Land 
Hubuskia2  nur  Südwest wärls  vom  Urumia-See  gelegen  haben.  Zu- 
gleich scheint  sich  das  Land  in  der  Richtung  nach  Osten  nach  dem 
Lande  Namar  hin  ausgedehnt  zu  haben;  denn  Salmanassars  im  Jahre 
seiner  Thronbesteigung  unternommener  krie^szug  führte  ihn  von  dem 
Namar  nächstbenachbarten  Lande  Simesi3  durch  gewaltig  hohe  Berge 
sofort  nach  der  Sladt  Hubuskia  Salm.  Mo.  Obv.  20  .  von  wo  es  dann 
weiter  nach  dem  .Meer  des  Landes  Na'i'ri«  oder  dem  \  an -See  uinu. 
In  diesem   vom  Lande  Namar  nicht  allzu  lernen  Hubuskia  also  abermals 


1  So,  um/  Ma-älr-M-sa-a-a,  bietet  das  Original  (Salm.  Ob.  4  63) ;  also  Malhis, 
nicht  Madachir .  wie  Schrader,  Keilinschriften  und  Geschichtsforschung,  S.  163, 
durch  Layard  irregeführt,  liest. 

-2  Der  Name  wird  auf  ■wesentlich  doppelte  Weise  geschrieben:  a  älu  Hub- 
us-ki-a  Salm.  Co.  37  d.  i.  Ln\.  13,  8  ,  mät  Hub-us-ki-a  Salm.  Ob.  44.  —  nom. 
gent.  mäi  Hub  us-ka-a-a  (var.  ia  Asurn.  I  57,  ahn  Hub-u$-ka-a-a  Asurn.  II  80. 
b  Hu  bu^us-ki-a  <:>•  Obv.  16.    Salin.  Mo.  Obv.  20.  23.    Khors.   54.    Botta  77,    i, 

ilu  Hu-bu-us-ka-a  Salm.  Ob.  161.  162,  mät  Hu-binus-ki-a  Cb  Obv.  20.  33.  34.    — 
nom.  gent.    älu  Hu-bu-us-ka-a-a   Salm.  Ob.    162  Hu-bu-us-ka-a-a   Salm.  Ob. 

177.  Sams.  II  37.  —  Könige  von  Bubuskia  waren  zur  Zeil  Salmanassars  II  und 
zwar  während  seiner  ersten  Jahre  m  Ka-ki-a  Salm.  Mo.  Obv.  20  oder  m  Ka-a-ki 
Salm.  Mo.  Re\  64,  während  seines  30.  und  34.  Jahres  <  Da  ta-na  Salm.  Ob.  162, 
m  Da-ta-a  Salm.  Ob.  177;  zur  Zeil  Samsirämän's  <<■  Da  di-i  Sams.  II  37.  —  Be- 
treffs der  Lage  von  Hubuskia  bemerk!  schon  Norris,  Dictionary  p.  103,  richtig: 
The  place  m/ust  be  on  the  northeast  o)  Wineveh,  among  the  mountains  near  the  lake 
Van.  Nach  Lenormanl  und  ebenso  nach  Schrader,  Keilinschriften  und  Geschichts 
Forschung  s.  164,   lag  das  Land  Bubuskia  in  dem  durch  »die  Biegung  des  oberen 

ebildeten  Winkel  zwischen  Zagros    Choatras    und  diesem  Fluss«. 

iehe   für  dieses  Land  Simesi   mit    der   Hauptstadt    Vridi  oben  S.  34  und 
vgl.  Sams.  II   \-i. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  35 

ein  König  .hinzu  und  zwar  in  den  Jahren  715  und  714',  also  130  Jahre 
nach  dein  Janzü  zur  Zeit  Salmanassars  II  (844)  !  Der  Beweis,  dass  Janzü 
beidemal  nicht  Eigenname,  sondern  Königstilei,  nämlich  der  kossäische 
Königstilel  ianzi  sei,  scheint  mir  hiermit  erbracht.  Selbstverständlich 
wird  hierdurch  das  Land  Hubuskia  oder  gar  die  ganzen  Länder  Na'iri 
noch  nicht  sofort  zu  Kossäergebiet;  nur  dass  die  Kossäer  zeitweilig 
auch  in  dem  Nachbarlande  die  Macht  an  sich  gerissen,  folgere  ich 
aus  den  Sargonsstellen,   uud  dieser  Annahme  steht  nichts  im  Wege. 

Aber  nicht  allein  das  Land  Na  mar  —  ein  ziemlich  grosses  Ge- 
biet, da  Salmanassar  nicht  weniger  als  250  zu  ihm  gehörige  Ortschaften 
zerstört  zu  haben  sich  rühmt2  —  und,  zeitweilig  wenigstens,  das 
Land  Hubuskia  werden  durch  das  Eine  Wort  ianzi  »König«  in  engste 
Verbindung  mit  den  Kossäern  gesetzt,  sondern  noch  ein  dritter  geo- 
graphischer Begriff,  nämlich  Bit-Hamban  »das  Haus  des  Hamban«. 
Janzü,  der  König  von  Na  mar  zur  Zeit  Salmanassars  II  (844  und 
835),  ist  charaklerisirt  als  Sohn  des  Hanban  oder  Haban.  Auf 
dem  Freibrief  Nebukadnezars  I  aber,  welcher  als  wichtiges  Staats- 
document  von  zwölf  der  höchsten  Staatswürdenträger  und  schliesslich 
vom  König  selbst  unterzeichnet  ist,  figurirt  unmittelbar  vor  dem  König 
ein  gewisser  Bclnadinsum,  Statthalter  von  Na  mar,  aber  eben- 
falls charakterisirt  als  Sohn  des  Habban3.  Es  ist  ohne  Weiteres 
klar,  dass  wenigstens  bei  dem  König  Janzü  die  Bezeichnung  »Sohn 
des  Hanban  w  nicht  den  Eigennamen  des  Vaters,  sondern  den  Stamm- 
vater des  ganzen  Hauses  darstellt,  und  nicht  minder  klar,  dass  diese 
Habbaniten  zu  dem  überwiegend  kossäischen  Land  Namar  in  besonders 
naher  Verbindung  standen.  Das  Haus  Hamban  mag  von  allem  Anfang 
an  schon  semitisch  gewesen  sein4,    aber  es  war  offenbar  die   reichst- 


1)  Die  erste  Tribulleislung  des  Janzü  von  Hubuskia  fand  im  7.  Jahr  Sargons 
statt,  unmittelbar  nachdem  der  assyrische  König  durch  Wegführung  des  Daja'üku 
(Dejokes)  Ruhe  im  Land  Van  wiederhergestellt  hatte;  siehe  Botta  pl.  74  bis.  Eine 
zweite  Tributleistung  wird  aus  dem  8.  Jahr  Sargons  berichtet;  siehe  Botta  pl.  77, 
und  vergleiche  zu  beiden  Stellen  Oppert,  Les  inscriptions  de  Dour- Sarkay  an, 
Paris   1870,  p.  32  und  33. 

2)  Salm.  Ob.    189. 

3)  m  üu  Bel-nädin-.sum  mär  m  Hab-ban  sa-lat  mät  Na-mar  (II  23). 

4)  Es  konnte  dies  nicht  befremden.    Aehnlich  wie  die  elamitische  Ebene  [siehe 

3* 


36  II.  Die  Sprache  der  Kossaer. 

begüterte,  mächtigste  und  angesehenste  Familie  vom  Ufer  des  Tigris 
bei  Bagdad1  bis  hinauf  in  das  Land  Namar  unweit  Hui  w  an.  Daher 
gehörten  zumeist  ihr  die  Statthalter  von  Namar  wie  —  zur  Zeit  der 
Selbständigkeit  des  Landes  —  die  Könige  von  Namar  an  ,  und  es  ist 
nur  natürlich,  dass  diese  vom  babylonisch- semitischen  Joch  frei- 
gewordenen   Könige    von  Namar  sich   sonderlich    auf   die   vorwiegend 


Paradies  S.  320),  war  auch  das  ursprünglich  und  wesentlich  kossäische  Land  Namar 
von  alter  Zeit  her  stark  mit  babylonischen  Semiten  bevölkert ;  daher  begegnen  wir 
schon  zu  Nebukadnezars  I  Zeit  Ortschaften  im  Lande  Namar  mit  semitischen  Namen, 
z.  B.  Bit-Samas,  ebenso  zur  Zeit  Salmanassars  II,  z.  B.  Bit-riski  (zu  risku,  risku  = 
&tptp"t  siehe  meine  Assyrischen  Studien  S.  127)  und  Bit-sedi  (Salm.  Ob.  144.  145; 
s.  o.  S.  30),  und  zur  Zeit  Sanheribs.  z.  B.  Har-dispi  (Sanh.  I  70.  II  2;  s.  o.  S.  3; 
dispu  heisst  im  Babylonisch-Assyrischen  »Honig«).  Beachte  auch  den  semitisch- 
babylonischen Namen  des  von  Janzü  gefolgten  Königs  von  Namar,  Marduk-mudam- 
mik  (Salm.  Ob.  94).  Dass  aber  die  Habbaniten  von  Haus  aus  wirklich  semi- 
tisch waren,  schliesse  ich  aus  den  mancherlei  Namensformen  des  Begründers  der 
Familie:  vgl.  m  Hab-ban  (Urkunde  Nebukadnezars  I,  col.  II  23.  4  Mich.  col.  I  13), 
m  Ha-an-bi  III  R  44  col.  I  28),  m  Ha-an-ban  (Salm.  Ob.  95),  m  Ha-ba-an  (Salm. 
Ob.  125);  Hit-  n,  Hab-ban  (4  Mich.  I  3.  40.  12.  II  5),  Bit-  m  Ha-an-bi  III  R  44 
col.  I  2.  3.  7.  11,  müt  BU-ha-am-ban  Tig.  jun.  Obv.  29.  34.  Sarg.  Cyl.  15.  Die 
Grundform  des  Namens  scheint  Hanbi  oder  Hanban  zu  sein;  zum  Stamm  hanabu 
siehe  vor  allem  V  R  49,  6 — 9  a.  b;  zur  Endung  vgl.  den  Wechsel  von  Za-bi  (ba) 
und  Za-ban  »Fluss  Zäb«  Sams.  II  34,  ferner  den  Stadtnamen  Za-ban ,  Zab-ban, 
Za-am-ba-an  (siehe  Paradies  S.  203) ,  und  den  Kanalnamen  Ta-ban  oben  S.  34 
Anm.  3.  Wenn  Oppert-Menanl  in  ihren  DocumentS  juridiques  den  Namen  llabban 
auf  dem  Michaux-Stein  Kil-lim,  auf  der  Urkunde  MI  R  41  Ha-an-kas  lesen,  so  geben 
sie  diese  theilweise  geradezu  falschen   Lesungen  jetzt  wohl  auf. 

1)  Dass  das  "Haus  Hamban«  bis  an  den  Tigris  reichte,  lehrt  die  Schenkungs- 
arkunde I  Mich.  col.  1,  der  zufolge  die  am  Kanal  Me-kal-kal  Me-kal-dan?)  un- 
weit Bagdad  gelegene  Stadt  Kar-Nabu  in  »Btt-Habban«  lag.  Für  den  genannten 
Kanal  siehe  Paradies  s.  189.  Zu  dem  auf  ebendieser  Urkunde  ls  genannten  kos- 
säischen?)  Namen  Bit-m  Tu-na-mis-säh  vgl.  [V  R  H,22a  und  beachte  Transactions 
V,  444 .  Die  unfein  der  Ruinen  von  Ktesiphon  entdeckte,  i  Mich,  bezeichnete  und  I  R  70 
veröffentlichte  Urkunde  betrifft  die  Mitgift,  welche  (\*'v  Babbanite  Sir-usur  seiner 
Tochter  Dur-Sarrukinäiti  ,  der  ISiaul  des  TYih-asäp-Marduk  ,  ausgesetzt  hat.  Der 
Bräutigam,  welcher  unter  Nebukadne/.ar  1  Statthalter  der  Stadt  llal\an  gewesen 
war  war  zur  Zeit  seiner  Verheirathung ,  wie  auch  im  1.  Jahr  Marduknädinähes, 
Botschafter.  Der  Name  der  Tochter,  die  nach  der  babylonischen  Sargonsstadl  be- 
nannt ist,  und  der  Name  des  Vaters  Sir-usur  d.  i.  »o  Schlangengott,  schütze« 
leinen,   dass  die  Familie   der  Habbaniten   auch  mit  dem  eigentlichen  Babylonien 

eng   verwachsen   war;   de ter   Schlangengotl    beachte  auch  t  Mich,  l  a    war, 

wie  wir  jetzt  aus  «lern  Freibriefe  Nebukadnezars  I  H  19  wissen,  Stadtgotl  der 
unfein  Sepharwaim  gelegenen  babylonischen  Stadt  Der  (noch  heutzutage  Ruinen- 
stätte l>'T  .  —  Einen  andern  »Sohn  des  Hanbi«,  Namens  Amel-Bel,  siehe  lll  R  14 
col.    I   28. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  37 

kossäische  Bevölkerung  ihres  Landes  stützten  und  darum  geradezu  den 
kossäischen  Königstitel  Janzü  annahmen.  Auch  bei  Tiglalhpileser  II 
und  Sargon  '  erseheint  das  »Haus  Hamban«  eng  mit  dem  Lande  Namar 
verbunden. 

Durch  alle  diese  von  mir  aufgezeigten  Beziehungen  der  Kossäer 
nicht  allein  zu  Babylonien,  sondern  auch  zum  Land  Namar.  zur  Land- 
schaft Bit-Hamban,  ja  zeitweise  sogar  zu  Hubuskia  hart  an  der  Grenze 
Assyriens  gewinnt  dieses  Volk  der  Kossäer  natürlich  mit  Einem  Mal 
weit  höheres  geschichtliches  Interesse  als  es.  auf  die  Thäler  des  Zagros- 
gebirges zwischen  Elam  und  Medien  beschränkt,  beanspruchen  konnte, 
und  die  Frage  drängt  sich  unmittelbar  auf,  ob  sich  nicht  über  die 
Herkunft  und  Nationalität  dieses  Volkes  etwas  aussagen  lasse.  Für 
die  Beantwortung  dieser  Frage  ist  unser  einziges  Hülfsmittel  die  kos- 
säische  Sprache  und  deren  etwaige  Verwandtschaftsverhältnisse. 

Bevor  ich  indess  zu  dieser  Untersuchung  fortschreite,  möchte  ich 
noch  auf  ein  anderes  Wort  in  dem  Bassam'schen  kossäisch-semitischen 
Glossar  aufmerksam  machen,  welches,  wenn  auch  in  geringerem  Grade 
als  iauzi.  immerhin  Beachtung  verdient,  ich  meine  Z.  43  :  has-mar  = 
kasüsu.  In  den  Annalen  der  assyrischen  Könige  geschieht  wiederholt 
bei  Grenzbestimmungen  einer  Oertlichkcit  Namens  Hasmar  Erwähnung. 
So  rühmt  sich  Asürnäsirpal,  dass  er  »von  dem  Pass  des  Landes  (bez. 
der  Stadt)  Babet  bis  zum  Land  (Var.  zur  Stadt)  Hasmar  alle  Bewohner 
zu  den  Unterlhanen  seines  Landes  gerechnet  habe«2.  In  welcher 
Richtung  dieses  Hasmar  im  Allgemeinen  zu  suchen  ist,  lehrt  die  grosse 
Monolithinschrift  Asürnäsirpals ,  in  welcher  (col.  II  49  ff.)  der  König 
berichtet,  er  sei  von  Ninewe  aufgebrochen,  habe  den  unteren  Zäb 
überschritten,  sei  in  den  Pass  der  Stadt  Babel  eingezogen,  habe  den 
Fluss  Rädänu  und  weiter  den  Turnat 3  überschritten  und  habe  dann 
Verwüstung  verbreitet  bis  an  den  Pass  des  Landes  Hasmar4.  Hasmar 
muss  hiernach  in  der  Richtung  der  medischen  Grenze  gelegen  haben. 


1)  mät  Nam-ri  mät  Bit-sangibüti  mät  ßit-ha-am-ban    (Tig.   jun.    Obv.  29.  34) 
mät  Nam-ri  mät  El-U-bi  mät  Bit-ha-am-ban  (Sarg.  Cyl.   14  f.). 

2)  adi  mät  (var.   älu)  Has-mar  (Asurn.  Stand.   1-1). 
:i    Siehe  für  beide  Flussnamen  Paradies  S.    186. 

4)   a-di  ni-rib  sa  mät  Has-mar  (Asurn.   II   59  . 


3g  II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 

Und  noch  Bestimmteres  lehrt  die  Cyünderinschrifl  Sargons,  in  welcher 
der  assyrische  König  sich  rühmt,  »vom  Land  Hasmar '  bis  nach  mät 
Si-bar-pat-ti  das  ferne  Medien  im  Osten,  die  Länder  Namri,  Ellipi, 
Bit-hamban,  Parsua,  Minni,  Urartu,  Kasku,  Tabal  bis  zum  Land  Musku 
erobert«  zu  haben  —  Hasmar  ist  hiernach  eine  Oertlichkeit  noch  etwas 
östlicher  als  Medien  selbst  und  Elams  Grenzgebiet  Ellipi,  trifft  also 
ihrer  Lage  nach  gerade  mit  der  Ostgrenze  des  Kossäerlandes  (nach 
den  klassischen  Schriftstellern  zusammen.  Es  liegt  nahe,  in  diesem 
Hasmar  ein  kossiiisches  Wort  zu  suchen  und  es  mit  dem  hasmar  un- 
seres Glossars  zu  combiniren.  Ich  thue  dies  um  so  zuversichtlicher, 
als  ebendieses  Wort  Hasmar  als  Personenname  sich  findet,  nämlich 
in  dem  oben  S.  14  f.  Anm.  ausführlich  besprochenen  Fragment  eines 
Königsverzeichnisses,  und  zwar  als  Vater  jenes  Königs,  welcher  zwi- 
schen Simmassihu  und  Kassünädinähü  regierte  —  der  Name  Hasmar 
also  mitten  in  der  sein  i  t  isch-kossä  is chen  Periode!  Welche  Be- 
deutung kossäisch  hasmar  gehabt  haben  mag,  muss  noch  dahingestellt 
bleiben,  da  sein  semitisches  Aequivalent  kasüsu  nicht  klar  ist.  Das 
Kossäergebiet  erstreckte  sich  demgemäss  von  Hasmar  an  der  mediseh- 
elamitischen  Grenze  im  Osten  bis  nach  dem  Gebirge  Jasubi  oder  zum 
Pass  von  Hulwän  im  Westen.  Von  diesem  ihrem  Stammland  aus  brei- 
teten sich  Kossäerscharen  noch  vor  1 500  südwärts  bis  in  das  Innere 
Babyloniens  aus  und  für  eine  Weile  um  720  noch  weiter  westwärts  bis 
südwestlich  vom  Urumia-See.  Ihr  Stammland  aber  zwischen  Ekbatana 
und  Babylonien  behaupteten  die  Kossäer  noch  zur  Zeit  Alexanders 
des  Grossen. 

c)  Kossäisches  Worterverzeichniss. 

as-rak    s>il'!    weise.  ub-ri-ia-as   Gott  Räman ,    als   der 

as-lü-lu  =  ass.  babbü.  ubri  d.  i.   Herr    s.  u.  bur    der 

i-lu-lu   Himmel.  L ander. 

in-da-ai  im   Namen  Kara-indas .  u-zi-ib  schirmen,   schonen. 


i  is-tu  mät  Ha-ai-mar  Sarg.  Cyl.  14  .  Diese  Schreibung  lassl  keinen  Zweifel, 
.ins-,  *~*2rmar  nicht  etwa  Kui  nun-  wie  z.  B.  Pinches  in  Proceedings,  M01  Januarj 
1881,  p.  J2,  den  kossäischen  Personennamen  liest  ,  sondern  Has-mar  gelesen 
werden  muss.  —  Ist    Va  mar  etwa  eine  Bildung  wie  Has-marl 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 


39 


zi-in-bi-na  =  ass.   zi-na   [zä-na), 


sa-ah  Sonne,   Sonnengott. 


u-lam  Kind. 

r-nn]  herausgehen. 

ba-as-hu  Gott.  sa-ri-bu  Fuss. 

ba-ar-hu  Haupt.  si-im-mas  Kind. 

bu-ga-as  ein  Gott,  im  Namen  Nazi-  sa-ga-sal-ti  Erlösung 

bugas.  sa-ri-bu  aufhängen. 

bur  Herr,  in  bur-iäs  Herr  der  Län-  si-hu  Gott  Merodach. 


der. 
bur-na  Schützling. 
gi-dar  Gott  Adar. 
da-gi-gi  Himmel. 
da-ka-as  Stern. 
dur  Gott  Nergal. 
dun   in  Kar-duni-iäs. 
ka-sak-ti  im  Namen  Kasakti-ianzi. 
kar  in  Kar-duni-iäs ;  oder  ist  /,'//■ 

semitisch '.' 
ka-ara  (?)   Hülfe,   Heistand. 
ka-mul-la  Gott  Ea. 
ku-uk-la  Knecht. 
tu-ru-uh-na   Wind,  Sturm. 
has-mar  =  ass.  kasüsu. 
ha-la,  ha-li  Gottin  Gula. 
/mr-ftd  (6i)   Gott  Bei. 
har-das  im  Namen  Kara-hardas. 
ha-me-ru  Fuss. 
hu-ud  hih  -ha  Gott  Räman. 
;/-/r  in  mi-ri-zi-ir  Erde,  s.   d. 


szr  Bogen. 

si-i-ma-li-ia  Berggoltin. 

su-ga-ab  Gott  Nergal. 

su-ga-mu-na  Gott  Nergal-Nusku. 

su-gur-ra  ein  Gott. 

su-ri-ia-as  Sonne,  Sonnengott,  als 
der  !w?n  der  Länder. 

su-ma-li-ia  =  si-i-ma-li-ia.  s.  d. 

/»a-/<  Mensch  (auch  enthalten  in 
si-i-ma-li-ia  '!  . 

ma-rad-das  Gott  Adar. 

////-//  in  mi-ri-zi-ir  Gottin  Beltis 
und  mi-ri-ia-as  Erde. 

inr-li  Knecht. 

na-zi  Schatten. 

na-as-bu  Name.  Wesen,  Leben    ?). 

nim-gi-ra-bi  nim-gi-ra-ab)  schir- 
men,  schonen. 

ia-as  ia-sü)  Land;  vgl.  auch  mi- 
ri-ia-as. 

ia-an-zi  König. 


Ob  der  Name  der  Stadt  äiu  Si-hi-sa-la(sic\)-ah  im  Lande  Namar 
(Salm.  Ob.  114)  kossüisch  ist,  wage  ich  so  wenig  wie  für  die  im 
Kossäerland  gelegene  Stadt  äiu  Bit-ki-lam-za-ah  Sanh.  I  70.  77)  zu 
entscheiden. 

d)  Kossäische  Sprachverwandtschaften  V 

Die  Frage  nun,  ob  das  Kossäische  zu  irgend  einer  anderen  Sprache 
in  verwandtschaftlicher  Beziehung  stehe,  ist  ein  linguistisches  Räthsel, 
für  dessen  Lösung  ich  um  die  Beihülfe  anderer  Sprachforscher  werbe. 
Freilich  ist  vielleicht  die  Unterlage  von  nur  etwa  vierzig  sicheren 
Wörtern  zu  einer  sicheren  Lösung  überhaupt  nicht  hinreichend,   zumal 


40 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 


da  über  der  kossaischen  Formenbildung  zur  Zeit  noch  tiefstes  Dunkel 
liegt,  und  welch  ausserordentliche  Vorsicht  in  der  Yergleichung  von 
Wörtern  nach  blossem  Gleichklang  vonnöthen  ist,  zeist  von  neuem, 
nachdrücklichst  warnend,  kossäisch  surias  »Sonne«,  welches  mit  sans- 
kritischem sürias  »Sonne«  sich  völlig  deckt  und  dennoch,  aus  suri 
und  iah  »Land«  zusammengesetzt,  grundverschiedenen  Ursprungs  ist. 
Indess,  sollte  sich  auch  keine  positive  Lösung  erzielen  lassen,  so  scheint 
mir  das  kossäische  Glossar  doch  bereits  einige  negative  Schlüsse  von 
nicht  geringer  Bedeutsamkeit  zu  gestatten. 

Die  bislang  übliche ,  obwohl  stets  mit  Vorbehalt  ausgesprochene, 
Ansicht  betreffs  der  Nationalität  der  Kossäer  ging  dahin,  dass  sie  mit 
der  nichtsemitischen,  sog.  sumerisch-akkadischen  Bevölkerung  Baby- 
Ioniens  verwandt  seien.  So  sagt  noch  Schrader  in  der  2.  Auflage 
von  »Keilinschriften  und  das  Alte  Testament«  (S.  89  Anm.j,  die  »Ver- 
muthung,  dass  die  Kassi  sumerisch-akkadischer  Nationalität  waren, 
dränge  sich  auf«.  Prüfen  wir  daher  zunächst  diese  vermeintliche 
Verwandtschaft  des  Kossaischen  mit  dem  Sumerischen. 

1  Verwandtschaft  des  Kossaischen  mit  dem  Sunie- 
r  i  s  c  h  e  n  ? 

Diese  Streitfrage  scheint  mir  jetzt  kurzerhand  entschieden  wer- 
den zu  können. 

Deutsch  Kos.--ui.sch  Sumerisch 

Himmel  ilulu,  <-l<<</<</i  ana 

Stern  dakas  muht 

Gott  ba&hu  <lni</i!r 

Sonne  sah  babbar 

Mensch  mali  In 

König  ianzi  h<(/<il 

Herr  buri,   ubri  u 

Knecht  nirli.    kulilü  rni 

Schützling  burna  u(m)bara 

Kind  iihiin.  simmai  dumu,  <lii 

Erde  mir  ins  l,iii.   Li 

Land  iai  hur 

Wind  turuhna  imi,  (ßr 

Haupl  barh/u  sag 

l  uss  hniiirrii.  saribu  gör 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  41 

Deutsch  Kossäisch  Sumerisch 

Bogen  sir  pan 

Schatten  nazi  gis-gi 

Erlösung  sagasalti  nambura 

herausgehen  cmr  6 

schirmen,  schonen  uzib,  nimgirab  kar 

aufhangen  saribu  lal 

Die  Gegenüberstellung  dieser  Wörter  reicht ,  glaube  ich ,  hin ,  um 
für  alle  Zeiten  die  Frage  nach  der  Verwandtschaft  des  Kossäischen 
mit  dem  Sumerischen  mit  Nein  zu  beantworten.  Der  Wortschatz 
beider  Sprachen  ist  ein  so  gründlich  verschiedener,  dass  der  Anklang 
von  malt  »Mensch«  an  mulu,  wie  im  sog.  »Frauendialekt«  des  Sume- 
rischen der  »Mensch«  heisst,  nicht  langer  in  Betracht  kommt.  Dass 
das  semitisch-babylonische  amölu,  avüu  »Mensch«  mit  dem  nichtsemi- 
tischen mulu  etymologisch  gar  nichts  zu  thun  hat,  dass  ersteres  viel- 
mehr ein  gut  semitisches  Wort  ist,  bemerke  ich  beiläufig  nach- 
drücklich. 

Von  nicht  minderein  Interesse  ist  nun  aber  auch  die  zweite  Frage  : 
2)    Verwandtschaft   des    Kossäischen    mit    dem   Elami- 
tischen? 

Herodot  nennt  bekanntlich  das  vom  Choaspes  durchflossene  Land 
mit  der  Hauptstadt  Susa  y9j  oder  ywpyj  Kiaar/j,  seine  Bewohner  Ktaaiot,1, 
und  es  liegt  nahe  ,  für  diese  KIjjwi  Zusammenhang  und  Verwandt- 
schaft mit  den  Kossalot,  anzunehmen2.  Freilich  ist  von  vornherein 
festzuhalten ,  dass ,  selbst  die  Bichtigkeit  dieser  Namenscombination 
und  damit  die  Existenz  »elamitischer«  Kossäer  zugegeben,  dies  keinerlei 
Folgerung  für  die  Zeit  des  alten  elamitischen  Beiches  und  dessen 
Sprache,  das  sog.  Elamitische  (oder  Susische),  zulässt.  Die  Frage,  ob 
es  schon  in  der  alten  Zeit,  in  den  Jahrhunderten  vor  Susa's  Erobe- 
rung   und    Zerstörung    durch    Asürbänipal   um    642  v.  Chr.    ein  kos- 


1)  -pj  KiaoiT]  (Herod.  V,  49),  ^cupT)  Kiaow]  (V,  52.  VI,  119);  Ktaotot  (III,  91. 
VII,  62.  86.  210).  Ob  die  Dionys.  Perieg.  1014.  1013  jenseit  und  nördlich  von  Ba- 
bylon ('jTisp  BaßuXtüvos  im.  tivoitjv  ßopsao)  erwähnten  Kissoi  mit  diesen  Ktaaotot  oder 
aber  mit  den  KoooaTot  in  nähere  Verbindung  zu  bringen  sind ,  lasse  ich  dahin- 
gestellt. 

2)  Vgl.  z.  B.  Kiepert,  Lehrbuch  der  alten  Geographie,  S.  139. 


42  II-  Die  Sprache  der  Kossäer. 

säisches  Volkselement  in  Elam  gegeben  und  ob  dieses  gar  die  Herr- 
schaft  geführt,   bleibt  nach  wie  vor  eine  offene. 

Betreffs  der  Sprache  des  alten  Elam  bleiben  wir,  da  die  elanii- 
tischen  Backsteininschriften  noch  immer  ihrer  Entzifferung  harren, 
einstweilen  wesentlich  auf  die  Eigennamen  angewiesen,  welche  in  der 
babylonisch-assyrischen  Literatur  erwähnt  sind. 

Für  die  Namen  elamitischer  Gottheiten  kommt  zunächst  II  R 
57.  46 — 50  c.  d  in  Betracht,  wonach  der  Gott  Adar1  in  Elam  die  Na- 
men führte:  DP-mds ,  A-da-S-nS,  Su-si-na-akz,  Da-ag-ba-ag .  As- 
<l>'A-<i.  Ferner  V  R  6,  33 — 43.  Dieser  Stelle  gemäss  führte  der  König 
Asürbänipal  aus  dem  eroberten  Susa,  zugleich  mit  dem  Stadtgott  von 
Susa ,  die  Bildnisse  der  folgenden  Gottheilen  [iiu]  weg:  Su-mu-du, 
La-ga-ma-ru,  Pa-ar-ti-ki-ra,  Am-man-ka-si-bar,  U-du-ra-an,  Sa-]>a-ak 
diese  waren  Lieblingsgottheiten  der  Könige)  ;  Ra-gi-ba  .  Su-un-gam- 
sa-ra-a ,  Ka-ar-sa  ,  Ki-ir-sa-ma-as  .  Su-da-{a-)nu ,  A-a-pa-ak-si-na, 
Bi-la-la,  Pa-ni-in-tim-ri,  Si-la-ga-ra-a,  Na-ab-sa-a,  Na-bir-tu,  Ki-in- 
da-kar-bu.  Die  Götterliste  II  B  54  No.  5,  65,  ergänzt  durch  ein  Frag- 
ment der  Rassam'schen  Sammlungen,  lehrt  sodann,  dass  die  ela  nau- 
tische Repräsentantin  der  babylonischen  Zarpanitum,  der  Gemahlin  des 
Gottes  Merodach,  den  Namen  E-la-gu  führte,  und  das  Beschwörungs- 
gebet IV  B  58.  59,  welches  nicht  nur  die  Gottheiten  Babyloniens, 
sondern  in  beachlenswerlh  freisinniger,  kosmopolitischer  Weise  auch 
die  Gottheiten  der  Kossäer5  und  der  Elamiten  um  Erlösung  von  dein 
auf  einem  Menschen  liegenden  Banne  anruft,  lautet  col.  III  46 — 49: 
»Es    mögen    lösen    in  Susa   die  Gottheiten  Suiinak    und    La-hu-ra-bä; 


i    Beiläufig  bemerkt,  führte  ebendieser  Liste  zufolge  (Z.  37  c.  d)  der  Gott  Adar 
im  »Westland«  den  Namen    lilüpinu. 

->    Nicht  si,  wie  II  K  bietet. 

—  1 1 1 i  1 1  i  nimmt  diesen  Namen,  welcher  den  Gott  als  "den  von  Susa«  be- 
nennt) als  die  phonetische  Aussprache  jenes  aus  *-  V T  (II  R  57,  64  c.  V  R  6,  30) 
oder  «-^^  II  R  60,  10  a.  IV  R  59,  46  b)  und  fos  [Sb  )  Obv.  18]  zusammen- 
gesetzten Götterideogramms,  welches  nicht  allein  gemäss  II  R  57,  64  c.  <l,  eben- 
falls den  Gott  Adar  repräsentirt,  sondern  noch  dazu  gerade  in  seiner  Eigenschaft 
als  Stadtgotl  von  Susa    siehe  II  K  60,  10a/9b  und  vgl.  V  R  6,  30). 

i    Geschrieben   mit  jenem  »Finsternisse   bedeutenden   Ideogramm,   welches 
anter  anderem  auch  in  dein  Zeichen  Sb  i'.H  enthalten  ist. 

5    siehe  oben  S.  28  Anm.  1. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  43 

Ja-ab-ru,  Hum-ba  ..ru  mögen  lösen,  die  grossen  Götter«1.  Endlich 
ist  noch  zu  nennen  der  Gott  Na(n)hundi ,  der,  ebenso  wie  der  Gott 
Humba,   in  sofort  zu  erwähnenden  Königsnamen  vorkommt. 

Namen  elamitischer  Könige  sind:  aus  der  Zeit  der  elamitischen 
Fremdherrschaft  in  Babylonien  gegen  das  Ende  des  dritten  vorchrist- 
lichen Jahrtausends :  [m)  Ku-dur-na-an-hu-un-di  (III  R  38  No.  1  Obv. 
12.  No.  2  Obv.  60);  Si-im-ti-si-il-ha-ak  (I  R  2  No.  III  5),  der  Vater 
des  Ku-du-ur-ma-bu-uk  (I  R  2  No.  III  3.  ö  No.  XVI  9.  IV  R  35  No.  6, 
10b);  Kudur-Lagumara,  wie  der  Gen.  c.  14  genannte  Kedör-La  omer 
auf  Babylonisch  lauten  würde  ;  au  Hum-ba-^ba,  der  Name  des  aus  den 
sog.  Izdubarlegenden  bekannten  elamitischen  Tyrannen.  Aus  noch 
nicht  naher  bestimmbarer  Zeit :  m  Um-man-i-gas,  der  Sohn  des  m  Um- 
ba-da-ra-a  (V  R  6,  52)  3,  m  Is-tar-na-an-hu-un-di  (V  R  6,  53).  Aus 
Sargons  Zeit:  m  n„  Hum-ba-ni-ga-as  (Sarg.  Cyl.  17.  Stier.  12.  Khors. 
23)  und  m  Su-dur-{iiu)  Na-hu-un-di  (Khors.  119.  Botta  86,  8.  87,  3); 
aus  Sanheribs  Zeit:  m  Kudur-üu  Na-hu-un-du  oder  -di  (Sanh.  IV  70.  80), 
m  Um-ma-an-mö-na-nu  (Sanh.  V  3  u.  ö.)  und  m  Hal-lu-si  oder  -su  (V  R 
6,  54;  Asurb.  Sm.  247,  f )  ;  aus  Asarhaddons  Zeit:  m  Um-man-al-da- 
[a-)k  (Asurb.  106,  74.  78.  116,  89), ;  dessen  Bruder  m  Ur-ta-ki  (Asurb. 
Sm.  100,  15  u.  ö.  V  R  3,  44),  auch  m  Ur-tak  (Asurb.  Sm.  109,  10)  und 
m  Ur-ta-gu  (siehe  Asurb.  Sm.  p.  109)  geschrieben;  aus  Asurbänipals 
Zeit:  der  Vorige  und  dessen  Rruder  m  Td-um-man  (V  R  3,  36  u.  ö.), 
auch  m  Tü-um-man  f)siehe  Asurb.  Sm.  p.  109)  ;  Urtakis  Sohn  m  Um- 
man-i-gas  (V  R  3,  44  u.  ö.),  auch  m  Um-man-i-ga-as  (siehe  Asurb.  Sm. 
p.  149)  ;  dessen  Bruder  m  Tam-ma-ri-tu  (V  R  3,  48  u.  o.),  auch  m  Ta- 
am-ma-ri-it-tu ,  m  Ta-am-ma-ri-ti ,  m  Tam-mar-i-ti ,  m  Tam-ma-ri-ti, 
m  Ta-am-ri-ti  geschrieben  (siehe  Asurb.  Sm.  p.  149  f.)  ;  m  In-da-bi-gas 
(V  R  4,  11  u.  ö.)  ;  des  ,«  At-ta-mc-tu  (Asurb.  Sm.  181,  114.  215,  a) 
Sohn  m  Um-man-al-da-si,  -su.  oder  -das   (V  R  4,  112  u.  o.,  Asurb.  Sm. 


i)  lip-tu-ru  ina  Sü-ü-si  ki  >>Ji7w  £:T  (sie!)  ~ses  u  üu  La-hu-ra-be,  äu  Ja-ab-ru 
ilu  Hum-ba[Spuven  zweier  schmaler  Zeichen]-rw  lip-tu-ru  iläni  sur-bu-tü. 

2)  Der  Name  des  Gottes  Humba  ist  auch  in  dem  elamitischen  Stadtnamen 
Til-ilu  Hum-ba  (Khors..20.  138),  Til-ilu  Hu-um-bi  (Sanh.  IV  60),  Til-hu-um(xav.  un)-ba 
(V  R  7,  68)  enthalten. 

3)  Ebentliesen  Namen  führte  auch  ein  Magnat  Teummans  (Asurb.  Sm.  \M, 
94.    134,    48  u.    ö.). 


II  II.  Die  Sprache  der  Kossäe r. 

215,  e)  ;  m  Um  x;\v.  Am)~ba-kü-u-a  (V  R  5,  15)  und  m  Pu-f-c  V  R  7,  51. 
10.  17).  Diese  Namen  sind  freilich,  was  sehr  beachtenswerth,  nicht 
ohne  Weiteres  als  reines  Elamitisch  zu  nehmen,  vielmehr  sind  sie, 
zum  Theil  wenigstens,  mehr  oder  weniger  babylonisirt.  Namen  wie 
Kudür-Mabuk,  Kudür-Nahundi,  in  welch  letzterem  der  assyrische  Schrei- 
ber sogar  das  Ideogramm  für  assyrisch  kudiiru  in  Anwendung  bringt 
(so  im  Sanherib-Prisma  .  haben  mit  assyr.  kudiiru  «Gebiet,  Grenze« 
u.  s.  f.  nichts  zu  thun :  sie  sind  lediglich  dem  Babylonischen  ange- 
blichen aus  m  Ku-tir-iu  Na-ah-hu-un-tS,  wie  der  zweite  Name  auf  den 
elamitischen  Backsteinen  lautet.  Das  Gleiche  gilt  von  Sudur-Nahundi, 
rein  elamitisch  m  Su~ud-ru-uk-%iu  Nah-hu-un-tS,  von  Hallusu  =  m  Hal- 
lu-du-us,  von  Ihar-nanhundi  u.  a.  m.  Diesen  elamitischen  Backsteinen 
entnehme  ich  gleichzeitig  die  weiteren  Königsnamen  m  Sil-ha-ak  und 
m  Un-das-an-gal .  —  Von  sonstigen  in  den  assyrischen  Texten  vorkom- 
menden elamitischen  Personen  (Feldherrn,  Magnaten,  Stadtfürslenu.s.  f.) 
seien  noch  erwähnt  m  au  Hu-um-ba-an-un-da-sa  !  (Sanh.  V  69) ;  m  Um- 
man-ap-pa  (Asurb.  Sm.  10(>,  76  u.  <>.,  vgl.  m  Um-man-ap-pi  oder  m  Um- 
man-pi-a  195,  b) ,  „,  Ku-dur-ru  und  m  Pa-ru-u  ibid.  106,  78.  116,  88; 
vgl.  den  Namen  m  Pa  n-ru-u  171,  9)  ;  m  Um-man-am-ni  (195,  b.  c  : 
m  Si-im-bu-ru  (K.  2674  Obv.  4) -,  m  Um-ba-ki-din-ni  (ibid.  Z.  6),  m  Is- 
tar-na-an-di  (Z.  7),  m  Zi-ni-ö-ni  '/..  8);  I-tu-ni-i  (Asurb.  Sm.  145,  I  . 
m  Un-da-si1  (ibid.  171,  6  u.  ö.)  oder  m  Un-da-su  (172,  18),  m  Za-za-as 
171,  8  u.  ö.).  m  At-ta-mS-e-tu  (171,  10  u.  ö.)  oder  ,«  At-ta-ma-tu  (172, 
I!)  .  m  Um-man-h-bär  (199,  11),  m  Un-da-du  (ibid.).  Auch  diese  Na- 
men sind  augenscheinlich  mehr  oder  weniger  babylonisirt. 

Geographische  elamitische  Namen  sind:  die  Städtenamen  Su- 
su-icn,  babyl.  »'»  Su-sa-an;  äw  Hal-tö-ma-as  V  \\  5,  83.  6,  96),  diu  Su- 
mu-un-tu-na-ah  (V  R  5,  85;  u.  a.  m. ;  die  Flussnamen  när  ld-id-6  (V  R 
:».  74.  95.  103)   und  när  Hu-ud-h/u-ud    K.  10  He\.  18  . 

An  sonstigen  elamitischen  Wörtern  scheint  durch  die  Backstein- 
legenden   an-in    »König«,    §a-ag    »Sohn«    und    durch    II   \\   ■>'.).    16  e.  f 


1)  Vgl.    auch   den    Stadtnamen  älu  Dür-un-da-si  (V  R  ö,  53),    tih  Dtir-n    Un- 
da-[a-)si  (Z.  73.  94),  sowie  älu  Dür-un-da-si-ma    '/..  54). 

Die  Tafel   K.   2074,   eine  Art  assyrischer  Museumskatalog,   finde)   sich    yrer- 
ullenllieht     \suil).    Sm.    1  10  IV 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  45 

hu-ug  als  allgemeinstes  Wort  für  »hölzerne  Gefässe«,   wie  Eimer  u.  ä., 
gesichert. 

Alle  diese  elamitischen  Namen  und  Wörter  scheinen  mir  darauf 
hin  zu  führen,  dass  zwischen  dem  Elamitischen  und  Kossäischen  kein 
Zusammenhang  besieht.  Zwar  dass  der  Gott  Adar  bei  den  Elamiten 
ganz  andere  Namen  führt  als  bei  den  Kossäern,  ist  an  sich  noch  kein- 
directer  Beweis,  so  wenig  etwa  daraus  dass  der  Sonnengott  bei  den 
Kanaanäern  Bacal,  bei  den  Babyloniern  Samas  heisst,  auf  Nichtver- 
wandtschaft  der  Kanaanäer  und  der  Babylonier  geschlossen  werden 
darf.  Aber  der  ganze  Sprachtypus,  wie  er  in  den  obigen  elamitischen 
Götternamen  und  noch  mehr  in  den  elamitischen  Königsnamen  zu  Taue 
liegt,  scheint  mir  ein  vom  Kossäischen  verschiedener.  Verführerisch 
ist  allerdings  der  so  manchen  kossäischen  und  elamitischen  Eigen- 
namen gemeinsame  Auslaut  aufs  's]  ;  vgl.  z.  B.  die  Namen  Karahardas 
einer-  und  Humbanigas  andrerseits.  Aber  gerade  auf  diesen  Auslaut 
lasst  sich,  glaube  ich,  keinerlei  Schluss  bauen;  denn  auch  die  Namen 
der  Länder  Barsua  (Parsua)  am  Urumia-See  und  Mannai  am  Van-See 
finden  sich  zuweilen  Parsuas  (Khors.  58.  Sanh.  V  31)  und  Mannas 
(Salm.  Ob.  168)  geschrieben,  und  ist  Humbanigas  kossäischen  Ge- 
präges, so  sind  es  auch  alle  armenischen  Eigennamen  mit  der  Nomi- 
nativendung i,  Mönuas  und  Argistis,  und  schliesslich  auch  die  Namen 
der  Könige  von  Karkemisch,  wie  Pisifis  (neben  Pisiri),  und  von  Ta- 
bal,  wie  Amris1.  Der  Ursprung  dieses  auslautenden  Zischlautes  muss 
erst  noch  untersucht  werden:  in  den  einen  Fällen  mag  das  s  [s)  ra- 
dical,  in  andern  Formelement,  wieder  in  anderen  auf  Bechnung  der 
assyrischen  Transcription  zu  setzen  sein  —  als  ein  Beweis  für  die 
Verwandtschaft  des  Elamitischen  mit  dem  Kossäischen  kann  das  aus- 
lautende s  kaum  länger  betrachtet  werden.  Ich  beantworte  darum 
auch  die  zweite,  oben  gestellte  Frage  ziemlich  zuversichtlich  mit  Nein, 
hebe  aber  abermals  hervor,  dass  trotzdem  einzelne  kossäische  Stämme, 
wie  in  Babylonien,  so  auch  in  Elam  sich  sesshaft  gemacht  haben  und 
nach  dem  Sturze  der  einheimischen  Dynastie  um  642  zu  noch  grösserer 


1)  Vgl.  Sayce    in    den    Transactions   of  the   Society   of  Biblical  Archaeology, 
VII,    1881,   p.  253. 


46  II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 

Bedeutung    gelangt   sein    mögen.     So    viel    wenigstens    lässt    sieh   be- 
weisen,   dass   auch    auf  elamitischem  Boden   je    und   je    eine  Anzahl 
fremder   und   unabhängiger  Nationali  taten  sich  heimisch  gemacht  hat. 
Es  scheint  mir  in  dieser  Hinsicht  noch  die  folgende  Beobachtung  hier 
am  Platze  zu  sein.     Die  Annalen  Sanheribs  berichten,    dass  der  ela- 
mitische  König  Ummanmenanu,   als  er  dem  König  Süzub  von  Babylon 
zu  Hülfe  zog.   die  Länder  Parsuas  l,   Anzan,    Pasiru,   Ellipi,   die  Stämme 
[ameiu]  Ja-as-an  und  La-kab-ri .    und  andere  mehr  als  Bundesgenossen 
herbeigerufen  habe.     Da  alle  diese  Länder,   Stämme  und  Städte  ela- 
mitische    »Bundesgenossen«   sind,    auf  Einer    Linie    stehend   mit    den 
Chaldäern  und  Aramäern,   so  müssen  sie  sich  gewisser  Selbständigkeit 
oder  voller  Unabhängigkeit  von  der  susischen  Herrschaft  erfreut  haben. 
Der  Stamm  .las  an  oder  Jäsian  wohnte  nun.   wie  die  Berichterstattung 
K.  10  lehrt,   nicht  allein  innerhalb  elamitischen  Gebietes,   sondern  sogar 
in  nächster  Nachbarschaft  von  Susa.    Der  Bericht  sagt,  die  nach  Elam 
entsandte  assyrische  Streifschar  sei  gegen  die  Stadt  Sagidu,   2  Meilen 
Wegs    von    Susa    entfernt,    gezogen    und    habe    den   Amnialadin  .    den 
Fürsten    des    Stammes   Jäsian,    mehrere    seiner    Brüder   und    anderer 
nächster  Verwandten,   dessgleichen  zweihundert   der  vornehmsten  Be- 
wohner der  Stadt  getödtet.     Also  hart   bei  der  Hauptstadt  Elams  eine 
elamitische  Stadt  im  Besitz  eines  wenn  auch  nicht  nachweisbar  fremd- 
ländischen,   so    doch    sicher   selbständigen  Stammes    unter  einem  be- 


1)  Meine  in  S.  Baer's  Libri  Danielis,  Ezrae  et  Nehemiae,  pag.  IX  vorgeschla- 
gene Combination  der  Bewohner  des  Landes  Parsua  mit  den  x-r-ES  des  Buches 
Esra  ',.  9;  isl  sprachlich  wie  geographisch  unanfechtbar.  Schrader,  Die  Keil- 
inschriften und  das  alte  Testament,  1.  Aufl.,  S.  645,  wendel  gegen  sie  ein,  es  sei 
»nicht  ohne  Bedenken,  das-,  gerade  des  Landes  Parsua  als  eines  von  ihm  be- 
kämpften und  unterworfenen  seitens  Asurbanipals  in  dessen  Inschriften  keine  Er- 
wähnung geschieht«.  Der  Einwand  scbeinl  mir  nicht  stichhaltig,  um  so  weniger, 
als  man  früher  ja  doch  kein  Bedenken  gelragen  hat,  in  Asnappar  den  König  Asar- 
haddon  zu  erblicken,  trotzdem  dass  in  dessen  Texten  eines  so  hervorragend  wich- 
tigen Ereignisses  wie  der  Bekämpfung  und  Besiegung  Susa's  mit  keinem  Worte 
Erwähnung  geschieht.  »Bekämpft  und  unterworfen«  brauch!  Asürbänipal  das  Land 
Parsua  seihst  gar  nicht  zu  haben.  Aber  wenn  das  Land  Parsua  zu  Sanheribs  Zeit 
den  Elamiten  zu  Hülfe  wider  die  beiden  gleich  verhassten  Assyrer  eilte,  so  wird 
e-  dies  wenige  Jahrzehnte  später  bei  dem  Entscheidungskampf  zwischen  Susa  und 
Ninewe  gewiss  ebenfalls  gethan  haben.    Ein  noch  detaillirterer  Berichl  über  diese 

letzten  grossen  elamitischen  Kriege  wird  wohl  aucl ch  der  Bundesgenossen  der 

Elamiten  und  unter  ihnen  auch  des  Landes  Parsua  Erwähnung  thun. 


II.  Die  Sprache  der  Kossäer.  47 

sonderen  Fürsten1.  Es  hindert  nichts  anzunehmen,  dass  nach  Auf- 
lösung des  alten  elamitischen  Reiches  das  kriegerische  und  räuberische 
Gebirgsvolk  der  Kassü,  wie  in  früheren  Jahrhunderten  nach  Süden 
und  Westen  hin,  so  jetzt  nach  Osten,  Südosten  hin  sich  ausgebreitet 
und,  obwohl  unter  persischer  Oberhoheit,  einen  Hauptbestandteil 
der  dortigen  Bevölkerung    (Kioaiot)   gebildet  habe. 

Eine  dritte  Frage,   welche  sich  aufdrängt,   nämlich 
3 )     Verwandtschaft    des    K  o  s  s  ä  i  s  c  h  e  n    m  i  t    dem    sog. 
Medischen? 

ist  für  alle  die,  welche  die  Verwandtschaft  des  Elamitischen  und  des 
sog.  Medischen  (d.  i.  der  Sprache  der  zweiten  Keilschriftgattung)  bereits 
bewiesen  erachten2,  durch  die  Antwort  auf  die  zweite  Frage  eo  ipso 
entschieden.  Und  in  der  That  sind  die  wenigen  Wörter,  welche  gleich- 
zeitig aus  dem  Medischen  und  Kossäischen  bekannt  sind,  völlig  ver- 
schieden. Vergleiche  die  Opperts  La  langue  des  Medes  entnommenen 
medischen  Wörter  an-kik(a)  »Himmel«,  (an)nap  »Gott«,  un-an  »König«, 
ruh  »Mensch»,   luba  »Diener,   Unterthan«,   nisgi  »schützen«. 

Da  indess  über  Sprache  und  Nationalität  der  Meder  noch  immer 
tiefes  Dunkel  sich  breitet,  wie  mir  denn  die  Bezeichnung  der  Sprache 
der  zweiten  Keilschriftgattung  als  med  i  sc  her  mehr  und  mehr  als 
irrig  erscheint,  so  benütze  ich  diese  Gelegenheit,  die  wichtige  Liste 
medi  scher  Eigennamen,  welche  zuerst  George  Smith3  veröffent- 
licht'hat,    auf  Grund  genauer  Collation  des  theilweise  etwas  unleser- 


1)  Beachte  die  Wiedergabe  dieses  Stammnamens  Jasian  durch  amelu  Ja-a- 
si-an  (mit  d)  auf  der  babylonischen  Tafel  K.  10  Obv.  14,  dagegen  durch  amelu 
Ja-as-an  (mit  0)  auf  dem  assyrischen  Sanherib- Prisma  Sanh.  V  32  (die  Parallel- 
stelle Sanh.  Konst.  4  4  f.  lässt  den  Namen  aus).  —  Der  Name  klingt  an  an  kos- 
säisch  iäs  »Land«   (auch  enthalten  in  Jas-ubi?). 

2)  Eine  ganz  andere  und  noch  weit  weniger  bis  jetzt  entschiedene  Frage  ist, 
ob  das  Elamitische  mit  dem  Sumerischen  verwandt  ist.  Dass  sich  die  babyloni- 
schen Sumerier  mit  den  susischen  Elamiten  und  den  nichtarischen  Medern  zu 
einer  besonderen  Völkersippe  zusammengeschlossen  hätten  ,  was  auch  Schrader, 
obwohl  unter  Vorbehalt  ,  für  »nicht  unwahrscheinlich«  halt  [Keilinschriften  u.  d. 
A.  T.,  2.  Aufl.,  S.  120),  ist  bis  jetzt  durch  nichls  zu  beweisen.  Der  blosse  An- 
klang des  Landesnamens  Madai  [Matai,  Amadai)  mit  sumerisch  ma-da  »Land«  kann 
nimmermehr  genügen,  um  das  Medische  und  damit  das  Elamitische  mit  dem  Su- 
merischen in  verwandtschaftliche  Beziehung  zu  bringen. 

3)  Assyriern  Discoveries,  p.  28S  f. 


48  II.  Die  Sprache  der  Kossäer. 

liehen  Originaltextes  hier  noch  einmal  mitzutheilen.  Sie  findet  sich 
auf  einem  von  Smith  gefundenen,  leider  fragmentarischen,  achtseitigen 
Thonprisma  Sargons,  und  dass  wir  die  Liste  in  der  That  für  eine  Liste 
von  »Median  Chiefs«  zu  halten  haben,  lehrt  der  Zusammenhang  des 
Prismatextes  in  Zusammenhalt  mit  den  sonstigen  Inschriften  Sargons. 
Der  Abschnitt  bietet,  soweit  er  erhalten  ist,  die  Namen  von  23  Stadt- 
präfecten  nebst  den  Namen  der  Städte  (theilweise  die  letzteren  allein) 
aus  der  Zahl  der  »45  medischen  Stadtpräfecten«,  welche  gemäss  Botta 
80,  10  dem  König  Sargon  in  dessen  neuntem  Regierungsjahr,  d.  i. 
7I3  v.  Chr.,  Tribut  darbrachten.  Das  Verzeichniss  lautet,  unmittel- 
bar nach  einem  Trennungsstrich  anhebend,   folgendermassen  1 : 

[2,  höchstens  3  Zeichen]  m  Pa-ar-nu-a  «in  Si-ik-ri-na  ?)-a-a* 

m  Zu'/  -tir-na  sa  «in  ?  ?  ?  ah 

m  Up-pa-am-ma-a  sa  äht  A(?)-gn(?)-tctr-ka-nae 

m  Ma-as-da-ku  sa  «i«  A-ma-ah-L/a 

m  Is-U-SU-ku    Sa    äht  U-te-Up-pt<e 

m  U-ar-za-an  sa  mät  U{?)-ku-ut-ti{ 

m  A$-pa-an-ra  sa  mät  Ka-ak~kaine 

m  Sa-tar-6~§u  m  Ku[?)-su(?)-ra-zu 

ameiu  rn  älu  pi  (d.  i.  Stadtherrn)  sa  mät  Tu[?)-ba-a-ri 

sadu-u  (?)   bar-ba-re  na-gi-i  dan-nu-tib 

m,  Sa-tar-pa-nu  sa  mät  Up-pu-ri-a1 

m  Pa-ar-kur-lu  (?)   sa  mät  Ä7i(?Ba?)-dir-pat-ti-a-nui 

m  A-jri(?)-ia{?)  sa  t  Bu-uh-tu-?1 

m  Us-ra-a  sa  mät  Tu(?)-tu(?)-ne'-num 
m  Ma-as-tak-ku  sa  mät  A-m6  .'  -is-tan 
m  Ha-ar-duk-ka  sa  mät  Ha-ar-zi-a-nu° 
m  Is-U-U-ku  m  A-u-a-ri-is-ar-nu 
amün  rn  älu  pi  sn  mät  Li  ?  -i-ta-nu* 
m  Ar-ba-ku  sa  mät  Ar-jna-si-aq 
m  Sar-ru-ti  sa  äht  Tir~zi-nu-üx 
.   .   .  pa-nu  sa  mät  Ba-ri-ka-a-nu* 
sa    mät  Za-zu-al.-in/ l 


I]  Zu  meiner  Transcription  ist  zu  bemerken,  dass  jedes  m  auch  als  v,  jedes 
pMj  up  auch  als  bu,  üb  gelesen  werden  mag.  Wo  immer  ich  kein  Fragezeichen 
gesetzt,  erschein!  mir  meine  Lesung  als  fragelos  richtig  und  der  Smilh'schen  vor- 
zuziehen. 


II.   Die  Sprache  der  Kossäer.  49 

[sa]   >»(<t  Kar-ka-si-a* 

Pa(?)-ar-ta-ka-nu" 

a)  Smith:  Pharnes,  chief  of  Sikrana.  Bei  den  nächsten  Zeilen  bezeichne  ich 
das  »chief  of«  durch  einen  Strich.  b)  Ziturna  'ungenau)  —  Musana;  aber  ab- 
gesehen von  dem  Schluss-«  möchte  ich  nicht  wagen  mit  den  Spuren  der  drei  vor- 
ausgehenden Zeichen  einen  sicheren  Werth  zu  verbinden.  c  Uppamma  —  Ka- 
talina.  l]  Vasdakku  —  Amakki.  e  Istesuki  —  Isteuppu.  '  Varzan  —  Va- 
qutti.  =,:  Aspabara  —  Kakkam.         h    Sataresu  and  Qururasu,  Chiefs  of  Tabari 

and  Luhbarri,  rugged  regions.  '  Satarpanu  —  Ubburia.  Vgl.  auch  Botta  80,  4 : 
mät  Up-pu-ri-ia.  k)  Parkuttu  —  Sidirpattianu.  l  Ariya  —  Bustu.  Das  H  des 
Personennamens  ist  fast,  doch  nicht  ganz  sicher;  das  nämliche  gilt  leider  von 
ia{?si?).  Das  Schlusszeichen  des  Ländernamens  ist  ein  breites  Zeichen  :  vielleicht 
ar?,  doch  mag  es  us  sein,  also  Bustus;  siehe  diesen  Namen  auch  Salm.  Ob.  186, 
wo  die  Stadt  Bu-us-tu  als  eine  Hauptstadt  von  Barsua  erscheint;  Tig.  jun.  Obv.  31  : 
mät  Bu-us-tu-us;  Botta  80,  5:  mät  Bu-us-li-is.  m  Vusra —  Tutunenu.  n)  Vas- 
takku  —  Amista.  "  Hardukka  —  Harzianu.  —  Vgl.  amelu  Ha-ar-zu-nu  Sanh.  V  3  2.J 
iJ)  Isleliku  and  Avariparnu  mir  schien  im  letzteren  Namen  pa  weniger  wahrscheinlich 
als  is) —  Kattanu.  (l;  Arbaku  —  Arnasia.  r)  Karuti —  Turzinu.  s)  ...panu  — 
Barkanu.  t  Zazaknu.  u  Garkasia.  v,  Partakanu.  Das  pa  ist  nicht  sicher , 
aber  sehr  möglich.     Der  Name  könnte  vielleicht  Personen-,  nicht  Landesname  sein. 

Und  hieran  schliesse  ich  noch  sechs  medische  Eigennamen,  welche 
auf  dem  Asarhaddon- Prisma  IV  19—21)  vorkommen:  >»  Up-pi-is, 
Stadiherr  von  diu  Pa-ar-tak-ka ,  m  Za-na-sa-na  von  diu  Pa-ar-tuk-ka, 
m  Ra-ma-t&-ia  von  äiu  U-ra-ka-zcir-bar  oder  inas-na. 

Von  diesen  medischen  Namen  tragen  die  Personennamen  augen- 
scheinlich ein  von  den  kossäischen  ganz  verschiedenes  Gepräge.  Während 
z.  B.  die  kossäischen  Personennamen,  gleich  den  sumerischen,  babyloni- 
schen, elamitischen,  besonders  gern  mit  Götlernamen  zusammengesetzt 
sind,  wüsste  ich  aus  den  obigen  Namen  keinen  Götternamen  auszuschei- 
den —  und  der  assyrische  Schreiber  wusste  es  ebensowenig.  Die  As- 
syrer  waren  wohl  vertraut  mit  den  Religionen  ihrer  Nachbarländer,  und 
gaben  den  fremdländischen  Götternamen,  wo  immer  sie  in  Eigennamen 
enthalten  sind,  meist  dieselbe  Ehre,  die  sie  ihren  eigenen  erwiesen, 
das  heisst,  sie  leiteten  sie  ein  durch  das  Determinativ  der  Gottheit. 
In  den  obigen  medischen  Namen  findet  sich  kein  einziges  Mal  ein 
solches  Gottheitsdeterminativ  :  die  medische  Namengebung  erweist  sich 
hierdurch  als  von  der  kossäischen  (wie  auch  elamitischen)  von  Grund 
aus  verschieden.  Und  obendrein,  wer  möchte  läugnen ,  dass  jene 
medischen  Namen  ,  so  schwer  erklärbar  sie  auch  zur  Zeit  noch  sein 
mögen,  dennoch  fast  unverkennbar  arisches  Gepräge  zur  Schau  tragen? 

Delitzsch,  Kossäer.  4 


50  '!•  D'e  Sprache  der  Kossäer. 

Man  könnte  nun  endlich  noch  die  Frage  aufwerfen,  ob  sich  das 
Kossäische  mit  der  Sprache  irgend  eines  der  anderen  Nachbarstämme, 
wie  der  Sutü  und  Gutii1,  oder  Nachbarländer,  wie  z.  B.  des  Landes 
Ellipi  und  der  Lander  Xa'iri,  berühre.  Alier  für  die  Sprachen 
dieser  Stämme  und  Länder  sind  wir  doch  auf  zu  wenig  Wörter  oder  zu 
spärliche  Eigennamen  angewiesen,  als  dass  es  sich  verlohnte,  dieser 
Frage  überhaupt  näher  zu  treten.  Wenn  bei  Sargon  ein  Janzü  als 
König  von  Hubuskia.  ja  als  König  von  Nai'ri  erscheint,  so  wurde 
schon  S.  35  ausdrücklich  hervorgehoben,  dass  daraus  mit  nichten  etwa 
gefolgert  werden  darf,  als  seien  die  Länder  Nal'ri  Kossäergebiet  ge- 
wesen. Im  Uebrigen  wird  wohl  jeder,  welcher  die  Eigennamen  der 
Könige  der  Nai'ri-Länder  übersieht  .  darin  mit  mir  übereinstimmen, 
dass  Sprachverwandtschaft  mit  dem  Kossäischen  auch  von  dieser  Seile 
her  ausgeschlossen  ist2. 

So  konnten  wir  betreffs  der  Frage  nach  kossäischen  Sprachver- 
wandtschaften nur  zu  negativen  Resultaten  gelangen  :  keine  Verwandt- 
schaft weder  mit  Sumerisch  noch  mit  Elamitisch  noch  mit  dem  sog.  Mo- 
disch. Eine  positive  Antwort  zu  geben  oder  doch  anbahnen  zu  helfen,  isl 
die  Bitte,  wrelche  ich  noch  einmal  an  alle  Sprachforscher  richten  möchte. 


1)  Siehe   fiu-  diese  Stämme  und  die  wenigen   Reste  der  Sprache  des  ersteren 
Paradies,  S.  233  ff. 

2)  Eine  lange  Liste  von  Königen  und  von  Landern  ,  welche  alle  unter  den 
Begriff  Na'iri  zusammengefassl  werden,  obwohl  sie  zum  Theil  sehr  weil  ostwärts 
bis  in  oder  wenigstens  hart  an  das  Medergebiet  reichen,  findet  sich  auf  der  Mo- 
nolith in  seh  riff  des  assyrischen  Königs  Samsi-Ramän  III  [824 — 8H),  col.  III  45 — 63. 
Ich  gebe  diese  Liste  hier  in  Anmerkung  auf  Grund  meiner  Collation  des  Originals 
und  ersetze  nur  die  nomm.  gentilicia  auf  a-a  ni  durch  deutsches  »von«  der 
Stadt,  dem  Lande  ....  Sie  tautet:  m  Si-ra  as-m4  von  mät  Ba-ba-ru-ra,  m  A-ma- 
har  von  i<u<  Har-mtS-is-an-da,  »<  Za-ri-su  von  m»/  Pa-ar-sa-ni,  m  Za-ri-su  von  älu  Hw- 
vm-dvrur ,  m  Sa  na-su  von  mät  Ki-pa-ba-ru-ta-ka ,  m  Ar-da-ra-a  von  mät  Us-ta-as-sa, 
m  Su-ma-a  von  mät  Ki-nu-ka,  <»  Ta-a-ta-a-i  von  mät  Gi-in-gi-? ,  >»  Bi-si-ra-in  von 
mät  A-ri-ma ,  >»  Pa-ru-us-ta  von  mät  Ki-ba-ru-sa,  >»  As-pa-as-ta-ta-uk  von  U-i-la, 
m  i  ma  ma  as  von  mät  Ki-in-gi-is-ti-W-6n  ."  ah,  m  Tar (oder  Has)-si-hit  von  mäi  \ta 
si-ra-us,  m  Ma-ma-ni-is  von  mät  Lu-uk-sa,  m  Za-an-zar  von  mäi  Di-ma-ma,  m  Si-ra- 
a-su  von  mät  Si-im-gu  ri.  m  <'•>  is-ta  von  mät  Ab-da-na,  m  A-da-da-a-nu  von  I 
sa-ti,  m  Ur-si  von  mät  Gi  in  hu-uh  ta,  m  Ba-a-ra  von  mät  Gi-in-zi-na,  m  A-ru-a  von 

I  Ki  in-du  ta-ui,  m  Di-ir-na-ku-ui  von  mäi  Kib-ru-u,  m  V.n  ba-ntt  von  mäi  Zvrza- 
i  u  ,u    m  Ir-ti  sa-ti  von  mät  Gi-in-dd-da,  m  Ba-ar-zu-ta  von  mal   Ta-ur-la,  m  8u-u-a 

vo .äi  Na-ni-     ?,  m  Sa-ti-ri-a-a  und  m  Ar-ta-si-ra-ri  —  »alle  Könige  des  Landes 

Nairi«    III  64). 


III. 

Die  Religion  der  Kossäer. 

Wie  das  erste,  so  steht  auch  dieses  dritte  Kapitel  zu  dem  zwei- 
ten, dem  Hauptkapitel  in  engster  Beziehung :  es  will  die  ersten  sech- 
zehn Zeilen  des  Rassam'schen  kossäisch-semitischen  Glossars  noch  et- 
was ausführlicher  besprechen  als  dies  in  Kap.  II  geschehen  konnte. 

Das  Glossar  beginnt  mit  den  Namen  von  zwölf  kossäischen  Gott- 
heiten ,  von  welchen  die  beiden  ersten  jetzt  fehlen.  Dass  an  erster 
Stelle  wohl  der  Nationalgott  der  Kossäer  gestanden,  ist  mit  Sicherheit 
anzunehmen,  und  dass  dieser  Gott  den  Namen  Kassü  geführt,  wurde 
bereits  S.  29  als  wahrscheinlich  bezeichnet  l.  Waren  diese  zwölf  Gott- 
heiten die  höchsten  der  Kossäer,  so  mag  auf  der  zweiten  Zeile  die 
Göttin  SümaWa,  Simali'a ,  die  Göttin  der  Schneegipfel,  gefolgt  sein, 
welche  ja  als  eine  Hauptgottheit  des  Landes  Namar  ausdrücklich  ge- 
nannt wird  und  auch  sonst  in  engster  Verbindung  mit  dem  grossen 
Gott  der  Kossäer,  Sukannma  ,  erscheint2.  Im  übrigen  ist  diese  kos- 
säische  Götterliste  nicht  erschöpfend:  es  fehlt  Sihu  als  einer  der  Na- 
men Merodachs,  es  fehlen  auch  Hardas  und  Bugas,  wenn  diese,  was 
das  Nächstliegende  scheint,  ebenfalls  Götternamen  darstellen,  es  feh- 
len endlich  Harbü,  der  Name  Bels,  sowie  Duniäs  .  wenn  das  letztere 
nicht  etwa  nur  ein  Beiname  eines  der  zwölf  grossen  Götter  ist. 

Die  Reihenfolse  :  Mondsott.   Sonnensott.    Luftsott    Z.  3 — 7)   ist  die 


1}  Ein  Gott  Kassü  ist  bezeugt  durch  den  S.  15  Anm.  erwähnten  Konigs- 
namen  aus  der  semitisch-  kossäischen  Periode  m  üu  Kas-su-ü-nädin-ähü.  War 
Kassü  der  Nationalgott  des  Volkes  Kassü,  so  haben  wir  ein  ähnliches  Zu- 
sammentreffen von  Volks-  und  Gottesnamen  wie  bei  Assur ,  Asur  und  vielleicht 
Susan,  Susinak  (siehe  oben  S.  42  Anm.  3).  —  War  die  gemäss  Sann.  Konst.  32 
neben  Nand'a  (Nanai)  in  Erech  verehrte  Göttin  Hu  Ä'a.^oder  Bit  -si-tu  etwa  eben- 
falls kossäischen  Ursprungs? 

2)  Siehe  oben  S.   33  und  28  Anm.  I. 

4  * 


52  III.  Die  Religion  der  Kossäer. 

in  den  assyrischen  Texten  übliche;    siehe  z.  B.  Tis.  I  5 — 10.    Sanh. 
Baw.    I.    II  B  48,  33— 35  a.  b,  u.  o. 

Der  Gott  Adar  hiess  bei  den  Kossäern  Maraddas  (Z.  8)  oder 
Gidar  Z.  9  .  Ueber  das  Wesen  des  babylonisch-assyrischen  Gottes 
Adar  herrscht  noch  immer  grosse  Unklarheit ,  obwohl  die  Keilschrift- 
literatur langst  schon  das  Richtige  erkennen  liess.  Der  Gott  Adar, 
welcher  mit  seinen  beiden,  zahllose  Mal  vorkommenden  Ideogrammen 
Bar  und  Nin-ib  vorzugsweise  als  der  »Entscheider«  oder  der  »Herr 
dcv  Entscheidung«  bezeichnet  wird,  ist  der  Gott  der  alles  verzehrenden 
und  versengenden  Süd-  oder  Mittagssonne,  im  Grunde  also  die 
nämliche  Gottheit  wie  der  Sonnengott,  jedoch  nach  dessen  ausschliess- 
lich verderblicher  Seite  hin  als  verheerende,  zerstörende  Sonnen gluth 1. 
Auch  der  Feuergott  Nusku,  welcher  ebenfalls  mit  Vorliebe  mälik  müki 
iläni  rdbüte  »der  die  Entscheidung  hat  unter  den  grossen  Göltern« 
genannt  wird  und  als  Gott  der  Süd-  oder  Mittagssonne  ausdrücklich 
bezeugt  ist,  ist  im  Grunde  Eins  mit  dem  Gotte  Adar2.  Dass  unter 
den  Planeten  gerade  der  Saturn,  babyl.  Kaiüänu,  dem  Gott  Adar  ge- 
weiht war,  begreift  sich  nun  leicht.  Adar,  Gibil  (der  Feuergott), 
Nusku,  Malik-Moloch  sind  im  letzten  Grunde  ganz  die  nämliche  Gott- 
heit, und  es  bedarf  nunmehr  auch  weiter  keines  Commentars,  wess- 
halb  die  Bewohner  der  Sonnenstadt  Sippar-Sepharwaim  dem  Adram- 
melech  d.  i.  dem  Adarmalik  »Adar,  dem  Entscheider«  zu  Ehren  ihre 
Kinder  mit  Feuer  verbrannten  i2  Kön.  17,  31).  Von  besonderem  In- 
teresse ist  aber  endlich,  dass  unser  kossäisch-semitisches  Glossar  Z.  13) 
auch  den  Gott  Nergal  als  mit  Nusku  identisch  ausweist.  Auch  dies 
erklär)  sich  leicht.  Der  Löwe,  unter  dessen  Bild  der  Gott  Nergal 
verehrt  wird,  ist  ja  das  Symbol  der  verheerenden  Sonnengluth,  und 
wie  der  vierte  Monat,  der  heisse  Monat  Tanunüz ,  dem  Gölte  Adar 
geweiht    ist,     so    ist    der    Lowe   dasjenige   Zeichen   des  Thierkreises ,     in 


I  Siehe  luefür  obenan  die  Stellen  Asurn.  I  5.  Sams.  I  9.  ~2'6.  II  H  57,  öl  c.  d, 
Vgl.   7G  c.  d. 

2)  Die  Identität  des  Feuergottes  Gibil  und  des  Gottes  Nusku  erhell)  aus  dem 
Hymnus  IV  H  26  No.  3  und  wird  ausdrücklich  bestätigt  durch  die  in  meinen 
Assyrischen  Lesestücken,  I.  Aufl.,  S.  39  I  unter  dem  Titel  »Götter  und  Gö'tterzahlen« 
veröffentlichte  Tafel  K.  170.  Für  die  Bedeutung  »Zenith«  des  Ideogrammes  nusku 
'>'•  l\l     siehe  z.   15.    IV   II  9,    40  12a.    28,   25  26b. 


III.  Die  Religion  der  Kossäer  53 

welchem  sieh  die  Sonne  während  des  fünften  Monats  befindet,  welch 
letzterer  durch  sein  sumerisches  Ideogramm  mit  dem  Feuer  in  di- 
recteste  Verbindung  gesetzt  ist1.  Adar  (Nusku)  und  Nergal  weisen 
auch  sonst  eine  Reihe  von  Zügen  auf,  welche  ihre  ursprüngliche  Iden- 
tität noch  deutlich  erkennen  lassen.  Wie  die  Assyrer  ihren  Nergal'-. 
so  werden  auch  die  Kossäer  ihren  Sugamuna  obenan  als  Gott  des 
Krieges  und  der  Jagd  verehrt  haben. 

Auf  Adar  folgt,  wie  oft  in  den  babylonisch-assyrischen  Texten 3, 
seine  Gemahlin,  die  Göttin  Gula,  kossäisch  Mala  (Z.  10).  Sie  führt 
in  den  babylonisch-assyrischen  Keilschrifttexten  die  Beinamen:  »die 
grosse  Herrin,  die  Gemahlin  des  Gottes  der  Mittagssonne«;  »die  Mutter, 
die  Gebärerin  der  schwarzköpfigen  Wesen«  (d.  i.  der  Menschen  : 
»die  Herrin,   die  die  Todten  erweckt«,  u.   s.   f. 

Z.  15  sind  mir  die  auf  au  |,  das  häufige  Ideogramm  für  den 
Gott  Merodach,    folgenden  beiden  Zeichen  dir-ia  unverständlich. 

Unter  der  Z.  16  mit  dem  Ideogramm  für  b&ltu  »Herrin«  geschrie- 
benen babylonischen  Göttin,  welche  der  kossäischen  Göttin  Mirizir 
gleichgesetzt  wird,  wird  zunächst  die  Göttin  Bellis  d.  h.  Istar  als 
Abendstern  zu  verstehen  sein.  Wie  aber  Beltis  ebenso  wie  Anunit. 
die  Göttin  des  Morgensterns)  im  Grunde  Eins  ist  mit  Istar,  dem  Yenus- 
stern.  und  Istar  hinwiederum  oft  mit  der  Nana  (Nanai)  vermengt  wird, 
welche  ursprünglich  wohl  nur  eine  besondere  Eigenschaft  der  Göttin 
Istar,  vielleicht  als  der  bogengerüsteten  Jägerin,  personificirt  haben 
wird  ,  so  wird  auch  die  kossäische  Göttin  Mirizir  getrost  der  babylo- 
nischen Istar-Nana  gleichgesetzt  werden  dürfen.  Es  würde  hierzu 
gut  stimmen,   dass  die  Schenkungsurkunde  Nebukadnezars  I  einerseits 


■1)  Näheres  über  all  dies  wird  das  in  Vorbereitung  befindliche  I.  Heft  meiner 
von  1884  ab  halbjährlich  erscheinenden  »Religionsgeschichtlichen  Abhandlungen« 
darlegen.  Ich  bemerke  hier  nur  noch,  dass  ich  den  —  gutsemitischen!  —  Namen 
Adru,  Adar  jetzt  auch  phonetisch  nachzuweisen  in  der  Lage  bin:  dessgleichen  dass 
die  Ansicht,  der  Gott  Adar  sei  unter  dem  Bilde  des  geflügelten  Stiers  mit  Menschen- 
haupt dargestellt  und  verehrt  worden,  jedweden  Grundes  entbehrt. 

2)  Für  Nergal  als  Gott  des  Krieges  siehe  Salm.  Ob.  II,  wo  er  sar  tamhari 
»König  des  Kampfes«  genannt  wird,  und  obenan  III  R  38  No.  1  Öbv.  ML;  für 
Nergal  wie  auch  Adar  als  Gott  der  Jagd  siehe  z.  B.  Tig.   VI  58. 

3)  Siehe   1  Mich.   IV  1.5.     IV  R  61   No.   2.   25     27. 


54  HI.  Die  Religion  der  Kossäer. 

den  Mondgott  Sin  und  bt'lit  »in  Ak-ka-di,  »die  Herrin  von  Akkad«  d.  i. 
vielleicht  (siehe  S.  19  f.  Anm.  2)  Istar-Anunit  von  Agade  als  Gott- 
heiten des  Hauses  Habban  ,  andrerseits  Sümall'a,  Rämän,  Nergal  und 
iiu  Na-na-a  d.  i.  Nana  als  Gottheiten  des  Landes  Namar  namhaft 
macht    (II  50.    48). 

Die  Religion  der  Kossäer,  wie  sie  sich  nach  unserm  Glossar  dar- 
stellt, ist  vielleicht  nicht  ohne  Beeinflussung  von  Seiten  der  Religion 
ihres  neuen  Heimathlandes,  Babyloniens,  geblieben.  Zwar  dass  die 
Kossäer  Mond,  Sonne,  Sturm,  Donner  und  Blitz,  Feuer  und  Wasser 
göttlich  verehrten1  und  in  der  Göttin  der  schneebedeckten  Bergspitzen 
ein  ihnen  eigenthümliches  Götterwesen  ausgestaltet  haben,  ist  durch- 
aus natürlich ;  ob  aber  ihre  Verehrung  einer  der  babylonischen  Gula 
entsprechenden  Göttin  oder  eines  Gottes  Merodach  älter  sei  als  ihre 
Ansiedelung  innerhalb  Babyloniens,  Hesse  sich  bezweifeln.  Eigennamen 
wenigstens  wie  Harbisiku  d.  i.  »Herr  (Bei)  ist  Merodach«  scheinen  mir 
lediglich  der  äusseren  Schale  nach  kossäisch,  ihrer  Bedeutung  nach 
aber  nur  als  auf  babylonischem  Boden  erwachsen  verständlich  zu  sein. 


I  Vergleiche  was  Herodot  (I  131)  unter  anderni  von  der  Religion  der  Per- 
ser sagt:  »Die  Perser  pflegen  auf  die  höchsten  Berge  zu  gehen  und  daselbst  dem 
Zeus  Opfer  zu  bringen,  indem  sie  den  gesamten  Kreis  des  Himmels  mit  dem  Na- 
men Zeus  bezeichnen.  Dann  bringen  sie  Opfer  der  Sonne,  dem  Mond,  der  Erde, 
dem  Feuer,  dem  Wasser  und  den  Winden:  diesen  Göttern  allein  opfern  sie  von 
Anfang  an«  u.  s.  \v. 


Anhänge. 

A. 
Der 

babylonische  Kossäer -König  Agum 
(Agum-kak-rime) . 

Auf  dem  33.  Blatt  des  V.  Bandes  des  Londoner  Inschriftenwerkes 
ist  eine  Thontafel  von  e.  18  eent.  Lange  und  13  cent.  Breite  ver- 
öffentlicht, welche  aus  zwei  Stücken,  bezeichnet  K.  4348  und  S.  27, 
zusammengesetzt,  noch  immer  aber  nicht  vollständig  ist.  Das  erstere 
Stück  war  bereits  II  R  38  No.  2  veröffentlicht,  diese  neue  Edition 
verdanken  wir  Pinches.  Die  Tafel ,  welche  Liemäss  der  Unterschrift 
zur  Bibliothek  Asürbänipals  gehörte,  enthält  auf  Vorder-  und  Bück- 
seite je  4  Schriftcolumnen  und  ist  augenscheinlich  die  neuassyrische 
Abschrift  einer  irgendwie  beschaffenen  Weihinschrift  eines  babylo- 
nischen Königs.  Nach  dem  aus  drei,  durch  Linien  abgegrenzten, 
Abschnitten  bestehenden  Eingang  ,  welcher  eine  lange  Beihe  von  Ti- 
teln und  sonstigen  Attributen  des  Königs  enthält  und  unten  ausführ- 
lich mitgetheilt  werden  wird,  heisst  es  dann  weiter,  dass  Merodach, 
der  Herr  von  Esagila,  in  »ein  fernes  Land,  das  Land  Hanü«  wegge- 
führt gewesen  sei,  nunmehr  aber  seine  Zurückbringung  befohlen  habe, 
worauf  er,  der  König,  Merodach  und  seine  Gemahlin  Zarpanitum  nach 
Esagila  und  Babylon  habe  zurückholen  lassen.  Der  König  hebt  ferner 
die  werthvollen  Weihgeschenke  an  Gewändern  und  Edelsteinen  her- 
vor, welche  er  beiden  Gottheiten  geschenkt,  berichtet,  dass  er  ihren 
Tempel  Esagila  prächtig  wiederhergestellt  habe,  und  fährt  dann  fort, 
in  mehreren  Abschnitten  der  Götter  Segen  auf  sich  herabrufend, 
VI  42  ff. :  ana  sarri  a-gu-um  d.  i.  dem  König  agum,  welcher  das  Heilig- 
thum  Merodachs  gebaut,  Esagila  erneuert  hat  u.  s.  w.,  sa  sarri  a-gu-um 
d.i.   des  Königs  agum  Tage  mögen  lang,   seine  Jahre  mögen  lang  sein 


56  A.  Der  babylonische  Kossäer-Künii.'  Agum. 

VII  II  ff.),  Merodach  möge  das  und  das  zu  Theü  werden  lassen  ana 
sarri  damki  a-yu-um  d.  i.  dem  freundlich  gesinnten  König  agum.  wel- 
cher die  Heiligthümer  Merodachs  gebaul  hat  VII  2S  IV.  .  Das  Wort 
a-gu-um  (ohne  vorausgehendes  §arru  kehrt  dann  noch  einmal  ganz 
am  Schluss  wieder  (VIII  25],  ohne  dass  sich  bei  der  Unsicherheit  der 
vorausgehenden  und  der  nachfolgenden  Zeile  etwas  damit  machen 
Hesse.  Man  fasst  an  diesen  Stellen  allgemein  das  Wort  a-gur-um  als 
Eigennamen  des  Königs1,  und  in  der  That ,  so  auffällig  die  Vorord- 
nung des  Königstitels  vor  den  Eigennamen  scheint  sarru  pflegt 
meines  Erinnerns  sonst  fast  stets  dem  nomen  proprium  appositioneil  zu 
folgen)  ,  so  dürfte  doch  kaum  eine  andere  Deutung  in  Vorschlag  zu 
bringen  sein,  zumal  wenn  man  Z.  19  der  Eingangsworte  mit  berück- 
sichtigt.    Diese  Einsansjsworte  lauten2: 


.  .     ka-ak      ri-me 
Kind  ur  si  gu  ru  bar. 
der  erhaltene  Spross 


col.   M    [  .  .a    ka-ak  ri-me 

mär  ur  si  gu  ru  barb 
zeru        61-         lum 
sä  ii»   Sü-ka-mu-nu  Sukamunus. 

'■')  ni-bi-it    n«  A-nim    u    uu  Bei    der  Berufene  Anus  und  Bels. 
iiu      E-a       u       iin       Marduk   Eas  und  Merodachs, 

v  v  I 

üu       Sin  u        ii»       Samas  Sins  und  Samas', 

et-        lum  da-       an-       nu  der  mächtige  Herr 

sä  üu     Is-  tar     ga-    rit-    ti'  Istars,   der  Heldin 

10   i-  la-     a.-  ti      a-    na-     ku  der  Göttinnen,   bin   ich. 


4)  Das  Fehlen  des  Determinativs  m  lassi  sich  nicht  als  Gegengrund  einwen- 
den, denn  es  fehlt  auch  II  8  sowie  I  2.  13  und  vielleicht  —  falls  hier  überhaupt 
ein  Eigenname  vorliegt  —  I  15.  Dagegen  steht  es  wohl  VI  39  (vgl.  33  und  36  ; 
oder  ist   Y   liier  =   <nm  .' 

■i  Mein  Text  ruhl  auf  sorgfältiger  Collation  des  leider  gerade  in  den  wich- 
tigsten Zeilen  ziemlich  beschädigten  Originals.  Die  Abweichungen  von  Pinches' 
Ausgabe  V  K  33  gebe  ich,  zugleich  mit  etlichen  das  Verständniss  betreffenden  No- 
tizen, in  unmittelbarem  An  schluss  an  den  Text  selbst.  Natürlich  will  ich  meine 
abweichenden  Lesungen  nicht  ohne  Weiteres  als  bessere  oder  gar  als  die  einzig 
richtige  gegenüber  denen  meines  verdienten  Mitarbeiters  aufgefasst  sehen.  Nun 
Divergenzen  ausserhalb  der  Eingangsworte  merke  ich  unter  andern  gelegentlich 
an-.  I4G:  a-nti ;  na  schein!  mir  nach  den  Spuren  unmöglich.  150:  für  mehr  Zei- 
chen ah  tu  scheint  kein  Raum.  II  8  lies  statt  des  Zeichens  kisallu  das  ganz  ähn- 
liche nni  eingefügtem  \»t.  II  23:  /»  »  -  m4(8ib)-sü-[nu-ti].  II  ä(.i :  für  mehr  Zei- 
chen als  ti  schrint  kein  bäum.     II   '. .">  :  lu-ii.     \\   .is:  erstes  Zeichen  ebensogut  /" 

als    /".       \'    i  i  :    lelzlcs    Zeichen    l.it     leid 


A.  Der  babylonische  Kossäer-Köniu  Acium. 


57 


sai- 
sa  r 
mär 
li- 
15  sä 
kar- 

m~ 
ablu 

V    , 

sa 

20  zeru 
ta-s 
sar(? 
ga-1 
re.- 

25  nise 
kar- 
re- 
mu- 
lsid 

30  a- 


mil-  ki     u     ta-  sim-  (i 
tas-  nie-  e    u    sa-  li-  me 

ur  si  gu  ru  barb 
ip-  li-  ![p-  pu] 
a-    bi-    gu(??) 

ra-    du       [6k-] 
na(?)    zir(?) 

res-  tu-  üe 

a-    gu-    um       ra-  bi-  i f 

el-lum     zer     sarru-ti 

mi-     ih      sir-     ri-     li 
-    lium  (?) h       re-    e-    ü 


dud 

rap(??)-  sti 


as- 


ru 
e- 
rapsä- 
ra- 
e-  a- 

ki- 
kusse         a- 
na- 


i-     na- 


bi- 


ku 

i 

tim 

du 
um 

in 

SU 

ku 


Ein  König  des  Raths  und  der  Klugheit, 

ein  König  der  Erhörung  und  Gnade, 

Kind  ur  si  gu  ru  bar, 

Sprössling 

von  a-bi-gu  ,??)    [         ], 

ein  Held,  jugendkräftig, 

■7 

der  erste  Sohn 

des  agum,  des  Grossen, 

der  glänzende  Spross,  der  königliche  Spross, 

der  das  Scepter  trägt, 

ül)ergevvaltig,   ein  Herrscher. 

ein  machtvoller,   bin  ich. 

Ein  Herrscher 

über  weite  Völker, 

ein  Held, 

ein  Herrscher, 

welcher  fest  gründet 

das  Fundament  des  Throns  seines  Vaters. 

bin  ich. 


sar  kas-  si-  i 

ü  ak-  ka-  di-  i 
sar  mät  Bäb-  ilu  ti 
ra-  pa-  äs-  tim 

35  mu-  se-  si-  ib 

mät  As-  nun-  na-  ak  nise 
rapsä-tim  sar  nwtk  Pa-da-an 
u    Al-ma-an    sar    mät    Gu-ti-i 


nisek        sak-1      la-      a- 


li 


40  sarru  mus-     ta-     äs-    kinm 

kib-  rat         ar-     ba-     'i-     i 

mi-  gir         iläni         rabüte 

a-  na-                    ku 


König  von  Kassü 

und  Akkadü, 

König  von  Babylonien. 

dem  weitgedehnten, 

der  da  ansiedelte 

in  Asnunnak  weite 

Völker;   König  der  Länder  Padan 

und  Alman,   König  von  Gutü, 

.  .  .  Völker, 

ein  König,   welcher  dienstbar  machte 

die  vier  Weltgegenden, 

ein  Verehrer  der  grossen  Götter, 

bin  ich. 


a)  Spuren  von  a-gu-um  sind  nicht  zu  sehen;    man    könnte   sogar  vermuthen, 
es  sei  überhaupt  nur  für  zwei  Zeichen  Platz.  b)  oder:  tas  si  gu  ru  mas. 

c)  =  ka-rid-ti,  Fem.  von  kardu,  Asurb.  12ä,  44.         d)  du  scheint  mir  nahezu  sicher; 
Pinches  ergänzt:   [et-luml.  e)  Pinches:   res-tu;   aber  ich  sehe  Spuren  von  drei 

Zeichen,  deren  erstes  wohl  sicher  res,  das  letzte  wohl  sicher  ü  ist.         f)  alle  Zei- 
chen klar  und  zweifellos.  g)  Pinches  liest  um  und  übersetzt   (im   Guide  to  the 


58  A.   Der  babylonische  Kossäer-König  Agum. 

Kouyunjik  Gallery,  1883,  p.  9):  »of  the  royal  seed  of  Ummih-sirriti«;  aber  das  könn- 
ten die  Worte  nicht  bedeuten,  selbst  wenn  um  richtig  wäre.  Ta  ist  sicher;  für 
sirritu  »Stab,  Scepter«  als  Synonym  von  sibirru,  siehe  K.  4399  Rev. ;  für  sibirru 
"Stab,  Scepter«  siehe  Haupt,  Keilschrifttexte  S.  120,  16.  k)  oder  tur  i  si  (Pinches)? 
oder  tur  gal  Iura?  j)  ga  nach  Spuren  und  Zusammenhang  sicher.  k)  so  bie- 
tet das  Original.         l)  sag,  sag.         m)  oder  ki. 

Die  Erklärung  dieses  Textes  ist  mit  manniehfachen  Schwierig- 
keiten verknüpft.  In  der  ersten  Zeile  erwartet  man  mit  Recht  den 
Namen  des  Königs,  und  man  wird  sich  desshalb  Pinches'  Ergänzung 
A-gu-um  schwerlich  entziehen  können,  wenn  man  nun  einmal  in  den 
folgenden  Columnen  A-gu-um  für  den  Königsnamen  hält.  Eine  an- 
dere Frage  ist,  ob  ka-ak  ri-mS  mit  zu  dem  Eigennamen  hinzuzunehmen 
ist.  Die  meisten  thun  dies  und  halten  Agum  für  abgekürzt  aus  dem 
längeren  und  volleren  Namen  Agum-kak-rim& ;  so  auch  Pinches,  der 
V  R  33  die  Ueberschrift  gegeben  hat:  » Inscription  of  Agü-kak-rimea. 
Eine  solche  Namensabkürzung,  bei  welchem  nur  der  erste  Namens- 
bestandtheil  übrig  geblieben  wäre,  stünde  freilich  ganz  vereinzelt, 
und  noch  unerhörter  und  unmöglicher  würde  die  Abkürzung  sein, 
wenn  man  in  Agum  etwa  gar  einen  Gottesnamen  erblicken  wollte  — 
mit  einem  Gottesnamen  schlechtweg  hat  sich  kein  König  Rabyloniens 
oder  Assyriens  jemals  benannt1.  Soweit  unsere  jetzige  assyrische 
Kenntniss  reicht,  kann  ka-ak  ri-mö  nur  bedeuten  :  Waffe  (st.  cstr.  von 
kakku)  der  Schützlinge  (rimu  urspr.  »geliebt,  begnadigt«  von  nfumu 
=  Dm,  wovon  das  häufige  Abstractnomen  rimütu2  »Zustand  des  Re- 
gnadigtseins ,  Begnadigung«).  Kak  rimö  in  dieser  Fassung  könnte 
möglicherweise  ein  rühmendes  Attribut  des  Königs  Agum  sein,  durch 
welchen  er  sich  als  eine  Schutzwehr  aller  derer,  denen  er  seine  Huld 
zugewendet,  bezeichnet.  Eine  zweite  nicht  minder  schwierige  Frage 
ist  .  auf  welchen  Zeilen  der  König  seine  unmittelbare  Abstammung 
oamhafl  macht.  Pinches3  hält  Agum-kak-rime  für  den  »son  of  Tassi- 
gurumah,  grandson  <>f  Ahi-(jn\ruin<tt<]«.     Aber  gegen  diese  Fassung  der 


1)  Das  SaliiKhiK  III  K  4  No.  -2,  tu  wird  durch  Salmänu^ussir  Z.  I  als  Ver- 
sehen oder  Nachlässigkeil  des  Schreibers  erwiesen. 

i  Nicht  talmiitu  Haupi  zu  lesen;  vgl.  rtmutu  »Begnadigung«  Asurn.  111  06. 
76.     Salm.  Ob.    170. 

3    Guide  to  the  Kouyunjik  Gallery,  p.  9. 


A.   Der  babylonische  Kossäer-König  Agum.  59 

Zeilen  2  und  13  ff.  lüsst  sieh  die  Frage  einwenden,  warum  sich  denn 
der  König  nicht  im  ersten  Abschnitt,  wie  als  Sohn  des  und  des,  so 
auch  gleich  als  Enk*el  des  und  des  bezeichnet  hat  —  dies  ist  wenig- 
stens in  allen  sonstigen  Königsinschriften  Brauch.  Und  wie  erklärt 
Pinches  Z.  18  1".?  Ich  glaube,  wenn  irgendwo,  so  ist  in  Z.  19  der 
Name  des  Vaters  erhalten,  denn  was  sollte  auf  »erster  Sohn  des« 
anders  folgen  als  eben  der  Name  des  Vaters?  Als  dieser  Vatersname 
scheint  mir  nun  aber  nicht  Agum-rabl  d.  i.  »Agum  ist  gross«  genom- 
men werden  zu  dürfen,  denn  mag  man  in  Agum  einen  Gott  oder  sonst 
ein  Wort  indifferenter  Bedeutung  sehen  —  ich  wüsste  nicht,  wie  dann 
eine  andere  Person  Agum  schlechtweg  heissen  könnte.  Vielmehr  scheint 
sich  der  König  Agum  »erster  Sohn  Agum's,  des  Grossen«  zu  nennen 
—  gross  war  sein  Vater  als  der  Begründer  einer  Dynastie  (I  28  f.) 
und  den  Namen  seines  glorreichen  Vaters  trügt  mit  Stolz  auch  sein 
Sohn.  Ist  dem  so,  dann,  aber  auch  nur  dann  allein,  könnte  kak-rimS 
sogar  zu  dem  Namen  selbst  gezogen  werden ,  es  könnte  ein  Agum, 
dem  Sohn,  etwa  vom  Volk  gegebener  Zusatzname  sein.  Auf  alle  Fälle 
sind  Z.  2  und  13  kein  Grund  gegen  diese  unsere  Fassung  der  Zeilen 
18.  19.  Denn  wie  so  oft1,  wird  mär  ur-si-gu-ru-bar  oder  wie  man 
nun  lesen  mag  einfach  die  Zugehörigkeit  des  Königs  zu  dem  und  dem 
Hause  oder  Stamme  bezeichnen,  nicht  die  eigentliche  Sohnschaft.  Agum 
rühmt  sich  als  zugehörig  zu  einem  Geschlecht  oder  Hause  Namens  Ursigu- 
rubar,  einem  zweifellos  kossäischen  Geschlecht,  wie  Z.  4  die  Zurück- 
führung  des  Geschlechtes  auf  den  Kossäergolt  Sukamunu,  dessgleichen 
Z.  31  beweist,  und  als  Angehöriger  dieses  Hauses  kann  er  sich  Spröss- 
ling  eines  berühmten  Ahnen,  dessen  Name  Z.  15  leider  verslümmelt 
ist,  rühmen  —  Sohn,  eigentlicher  Sohn  aber  bleibt  darum  Agum 
immer  von  Agum,  dem  Grossen,  welcher,  Haupt  einer  berühmten 
Kossäerfamilie.  obendrein  den  babylonischen  Königsthron  sich  gewann, 
auf  welchem  sich  dann  sein  Sohn  mit  Hülfe  der  von  ihm  reich  be- 
schenkten Priesterschaft  Babylons  zu  erhalten  wusste.  Der  Name 
Agum    selbst    mag    semitisch   sein,    trotzdem    dass  seine  Träger  kos- 


1)  Vgl.  z.  B.  oben  S.  4  5  Anm.,  wo  die  Könige,  welche  mar  m  Ba-zi  genannt 
sind,  hierdurch  ebenfalls  als  lediglich  dem  Hans  oder  der  Dynastie  des  ßazi  zu- 
gehörig charakterisirt  sind. 


60  A.  Der  babylonische  Kossäer-Koni«  Agum. 

säischen  Geblüts  waren     vgl.   S.  14);    das  Wort  konnte  vielleicht  mit 
a-gu-um  »Krone«  irgendwie  zusammenhängen. 

Was  nun  die  Regierungszeit  dieses  Königs  Agum(kakrime)  be- 
trifft, so  wird  diese  zwar  gewöhnlich  sehr  alt  angesetzt,  vonPincb.es1 
z.  B.  in  das  17.  Jahrhundert,  aber,  so  viel  ich  sehe,  liegt  nichts  vor, 
was  auf  eine  so  alte  Zeit  hinführte.  Nichts,  gar  nichts  nöthigt,  die- 
sen Kossäerkönig  vor  die  semitisch-kossäische  Periode  zu  versetzen, 
im  Gegentheil  giebt  sich  die  Inschrift  ihrer  ganzen  Fassung  nach  weit 
mehr  als  jüngeren  denn  älteren  Datums.  Aus  der  Wegführung  der 
Gottheilen  Babylons  nach  dem  im  Westen  gelegenen  Häna-Land2  und 
ihrer  Zurückholung  von  dort  lässt  sich  Positives  nicht seh  Hessen ;  denn 
kriegerische  Verwickelungen  Babyloniens  mit  dem  Westland  sind  auch 
schon  für  die  älteste  Zeit  bezeugt.  Aber  dass  auch  während  der 
somit  isch-kossäischen  Periode  derartige  Verwickelungen  stattfanden, 
lehrt  unter  anderm  der  Eingang  der  Schenkungsurkunde  Nebukad- 
nezars  I,  wo  sich  dieser  König  käsid  mät  ahärö  »Eroberer  des  West- 
landes« nennt. 

.Noch  auf  Eines  mache  ich  endlich  aufmerksam.  Der  König  Agum 
sagt  col.  I  36  f.  von  sich,  er  habe  im  Land  Asnunnak  [mät  As-nun- 
na-ak  zahlreiche  Völker  oder  Volksangehörige  angesiedelt.  Es  liegt 
am  nächsten,  unter  diesen  Volksangehörigen  an  Stamm-  und  Volks- 
genossen des  Königs  selbst,  an  Kossäer,  zu  denken,  welchen  der 
König  neue  und  bessere  Wohnsitze  zu  eigen  gab.  Wie  ich  schon 
anderwärts  vermuthet,  wird  dieses  Land  Asnunnak  wohl  identificirt 
werden  dürfen  mit  jener  schon  in  ältester  Zeit  wiederholl  genannter 
Stadt  und  Landschaft  Es-nun-na  w,  auf  dem  C\  ruscylinder  V  R  35,  3  1 
mät  Es-nu-nak  geschrieben,  welche  an  der  Grenze  Elams  westlich  vom 
Iknii  d.  i.  dem  Kercha  gelegen  ist :J.  In  diesem  zwar  den  Ueber- 
schwemmungen  ausgesetzten,  aber  äusserst  fruchtbaren,  dabei  poli- 
tisch   bedeutsamem  Gebiet  Südbabyloniens   verstärkte  also  Agum  den 


i     Guide  p.  9. 

2    Näheres  über  dieses  Land  siehe  Paradies  S.  (04  f.  270. 

3)  Zum  Lautwerth  ia  des  Zeichens  ab  siehe  >'■  189.  Der  Name  isl  sumerisch 
und  bed.  »grosses  Haus«  Giossliausen).  Die  Schreibung  Ii-nu-ndk  scheint  I  R  66 
No.  ±  col.  II  :(  vorzuliegen.    Für  ttmunak    Abnwnah    wie  für  Umlias  sieh,»  Paradies 

S.  23  0  f. 


A.  Der  babylonische  Kossäer-König  Agum.  (jj 

kossäischen  Einfluss  drunten  am  persischen  Meerbusen,  welchen  wir 
schon  zur  Zeit  des  Simmassihu.  jenes  Kossäerkönigs  aus  der  Dynastie 
des  »Meerlandes«  (siehe  oben  S.  16  Anm.) ,  zu  constaliren  hatten. 
Ja  sehe  ich  recht,  so  ist  der  bekannte  jüngere  Name  für  jene  im 
Sumerischen  Esnunak  genannte  Provinz,  nämlich  Um-li-ia-as ,  echt 
kossäisch,  gebildet  genau  so  wie  Ub-ri-ia-as,  der  kossäische  Name 
Rämän's.  Kossäe'r  also  seit  dem  16.  Jahrhundert  von  Akkad  bis 
hinab  zum  persischen  Meer  in  machtvollster  Stellung  —  ists  ver- 
wunderlich, dass  das  hebräische  Volk,  dessen  Gesichtskreis,  was  Ba- 
bylonien  und  Assyrien  betrifft,  nicht  über  das  16.  Jahrhundert  zurück- 
reicht, wie  ja  die  alte  Reichshauplstadt  Assür  den  Hebräern  unbekannt 
ist,  ists  verwunderlich  dass  das  hebräische  Volk  die  babylonische 
Staatenbildung  überhaupt  auf  125120.  dass  es  Nimrod,  den  Jäger  und 
Städtegründer,  zu  einem  Kuschiten  oder  besser  Kossäer  l  macht  ?  und 
gewinnt  nicht  die  in  meinem  Werk  über  die  Lage  des  Paradieses 
vorgetragene  Ansicht,  es  möchte  das  12513  der  Paradieseserzählung  von 
Babylonien  zu  verstehen  sein  und  der  Name  Kasdim  selbst  mit  diesem 
Volk  Kassü  in  Zusammenhang  stehen,   mehr  und  mehr  an  Gewicht? 

Ich  schliesse  diesen  Anhang  mit  einer  tabellarischen  Uebersicht 
über  die  Geschichte  Babyloniens  von  dem  ersten  Kossäerkönig  ab  bis 
auf  Phul,  also  über  den  V.  und  VI.  Abschnitt,  in  welchen  die  Beros- 
seische  Tradition  die  Geschichte  Babyloniens  eintheilt  (V.:  9  Araber- 
könige 245  Jahre.  —  Post  quos  annos  etiam  ipsam  Semiramidem 
in  Assyrios  dominatam  esse  tradit.  —  II.:  45  Könige  bis  Phul  526 
Jahre) 2. 

Ein  Komma  hinter  den  Namen  bez.  deren  Appositionen  bezeichnet 
unmittelbare  Nachfolge;  Punkte  verbinden  diejenigen  babylonischen 
und  assyrischen  Könige,  deren  Gleichzeitigkeit  monumental  be- 
zeugt ist. 


1)  Die  Ansicht  Schraders  (Keilinschriften  und  das  Alte  Testament,  2.  Aufl., 
S.  S7  ff.)  und  Hommels  (Äugst).  Allg.  Z.  Beil.  1881,  S.  3354  b) ,  dass  das  U5>3 
Gen.  2,  13.  10,  S  einfach  auf  Missvers tändniss  beruhe,  drängt  sich  auch  mir 
mehr  und  mehr  auf. 

2)  Auch  die  den  9  Araberkönigen  vorausgehenden  49  C  h  aldae  o  ru  m  reges 
(mit  im  Ganzen  458  Jahren),  welche  sicherlich  ebenfalls  in  Babylon  residirten, 
sind  jetzt  wenigstens  ihren  Namen  und  ihrer  ungefähren  Reihenfolge  nach  bekannt 


62 


A.  Der  babylonische  Kossäer-König  Agum. 


Babylonische  Könige.  Assyrische  Könige. 

(. I  Araber-  oder  Ko  s  s  ä  e  r  k  ö  n  i  g  e 

c.   1523—1280  v.   Chr. 

Fehlen    I    oder  2  Kossäerkönige. 

Karaindas Asiirbelnisesu  c.    1470, 


Burnaburiä&,   des  Vorigen  Sohn, 


Puzur-Asür  e.    1440,    wahrsch. 

d.  Vor.  S., 
Asüruballit  c.   1440,    höchst 

wahrsch.  d.  Vor.  S., 
BelnirAri.   d.  Vor.  S., 


Karahardas,  des  Vorigen  Sohn, 
Nazibugas, 

Kurigalzu,  jüngerer  Sohn  desBur- 
naburiäs, 

Pudilu.   d.  Vor.  S., 

Nazimaraddas Räniänniräri   I.   d.  Vor.  S., 

Karaburiäs Salmannssir  I  c.  1330,  d.  Vor.  S., 

Tukulti-Adar  I  c.  1305,  d.Vor.S.. 
vorübergehend  Eroberer  Babylons. 

Semiramis 

c.    1280—1257   v.   Chr. 


45  Könige   bis  Phnl 

1237  —  731    v.   Chr. 

(Semitisch-kossäische  Periode  bis  c.   910  . 

Rämän   [baliddina?] Belkudürusur  c.   1220, 

Adarpalesara  c.  1200,  wahrsch. 
d.  Vor.  S., 

Adar    Zamama    sumiddina Asürdan  I  c.  1175,  d.Vor.S.. 

(regierte  60  Jahre  vor  Tiglathpileser  I 
und  wurde  sehr  all 
Siminassiliii    IT    Jahre, 
Eamukinzeru   '.  (  J., 

kassunädinalm   6  .1.,  Mutakkil-Nusku,   d.  Vor.  S., 

(Ina)  Eulbarsurkiddina   15  .1., 

Nabükudürusur  2  .1., Asurreüsiüäi  c.    1130,   d.  Vor.  S., 

Amel-äukamuna   21  ,    'Vfo)  J., 
Ein   Elamil   6  .1. 

Marduknädinahe  wenigstens   10  .1.   .   .  Tukulttpalesara  I  c.  4  4  4 5  —  we- 
nigstens I  I  05,  d.  Vor.  S., 
Marduk&äpikzermäti,  | 

Ramanbaliddina    Sohn  des  fisak- l  .   .  A&ürbelkäla  c.  I400,  d.Vor.S 

kilsaduni 


A.  Der  babylonische  Kossaer-König  Agum. 


63 


Babylonische  Könige. 

Assyrische  Könige. 

Kudür-Bel, 

i 

Asürhirbi. 

Sagasaltias  c.  1050,  d.  Vor.  S. 

o 

Agum, 

V 

Agum  (kakrime),   d.  Vor.  S. 

i% 

Erbä-Marduk. 

Melisihu,  d.  Vor.  S. '?, 

3  ö 

Mardukbaliddina  I,  d.  Vor.  S. 

Ulamburiäs. 

a  '5b 

Kara-Bel. 

ZI.    - 

Erbä-Rämän. 

Ulamharbe\ 

Melihali. 
Meli-Sibarrn. 

'S  ® 
.  'S 

Melisah. 

o     t- 

—    o 

Ca  -3 

Nimgirabi. 

G    o 

Asürnädinähe. 

Nimgirabisah. 

o  -3 

Nimgirabiburiäs. 

0  ^ 

Karasah. 

C    - 

£  0 

Nazisihu. 

Naziburiäs. 

Asürdän  II  c.  930— 911, 

Samasmudammik,  j 
Nabüsumiskun.       I 

Rmnänniräri  II  911—890,  d.  Vor. 

Asürnäsirpal  884—860,  d.  Vor.  S., 
Salmänussir  II  860—824,  d.  Vor.  S., 


Tukulti-Adar  II  890—884,  d.  Vor.  S.} 

Sibir.  | 

Nabübaliddina  l  .   .    .    .  ] 

wenigstens  31  J.,j  l 

Marduksumiddina,  d.  Vor.  S.  I 

Mardukbalatsuikbi äamsi-Räman  III  824— 81 1,  d.Vor.S., 

Ramannirari  III  811—782,  d.  Vor.  S., 
Salmänussir  III  782—772, 
Asürdän  III  772—754, 

Nabonassar  747 — 733,  Asürniräri  754 — 745, 

Nadios  733 — 731, 

Ukinzer  (Chinziros  731) Tukullipalesara  II  (Phul)  745 — Ti'T. 

Phul  (Porös    731—727. 

Es  fehlen  uns  hiernach  nur  noch  zwei  an  den  9  Kossaerkönigen  und 
fünf  an  den  45  Königen  bis  Phul.  Ob  unter  diese  fünf  der  König 
R&m-üu  A-gam[?)-u?n  IV  R  35  No.   8  gehöre,   lasse  ich  dahingestellt. 


B. 

Der 

babylonische    nicht-kossäische   König  Hammurabi. 

In  der  oben  S.  19  ff.  erwähnten  und  auszugsweise  mitgetheilten 
» Rassam'schen  Königsliste«  folgen  col.  I  48  und  49  auf  die  Ueber- 
schrift:  »die  folgenden  waren  König  von  Babylon  nach  der  Fluth ;  in 
gegenseitige  Reihenfolge  sind  sie  nicht  gereiht«,  zunächst  die  beiden 
Namen  Ha-am-mu-ra-bi  und  .'  m-mi-di-dug-ga ,  an  welche  sich  dann 
mit  Kurgalzu  sieben  Kossäernau^n  *«nschliessen.  Die  Bemerkung  der 
Ueberschrift  »in  gegenseitige  Reihenfolge  sind  sie  nicht  gereiht« 
warnt  ausdrücklich  davor,  jene  beiden  Könige  mit  einander  wie  auch 
mit  Kurgalzu  und  den  ihm  stammverwandten  Herrschern  chronologisch 
zusammenzureihen,  und  der  nichts  weniger  als  kossäische  Name  Am- 
mi-di-dug-ga  schiebt  obendrein  einen  Riegel  zwischen  Hammurabi  und 
die  Kossäer.  Es  ist  also,  was  diese  Königsliste  betrifft,  durch  nichts, 
absolut  nichts  angezeigt,  Hammurabi  mit  den  Kossäern  in  nähere  Ver- 
bindung zu  bringen  und  selbst  zu  einem  Kossäer  zu  stempeln.  Die 
fast  allgemeine  Ansicht,  Hammurabi  sei  ein  Kossäer  gewesen,  wider- 
streitet dem  klaren  Wortlaute  jener  Ueberschrift  und  bildet  einen 
Fundamentalirrthum  fast  aller  bisher  aufgestellten  altbabylonischen 
chronologischen  Systeme1.  Und  wenn  einige  (zeitweilig  ich  selbst) 
soweit  gegangen  sind,   den  Namen,   was  an  sich  möglich,   Hammuragas 


l  Pinches  [im  Guide  to  the  Kouyunjik  Gaüery ,  p.  5.  8)  scheint  sogar  2 
Könige  Namens  Hammurabi  anzunehmen:  den  der  Rassam'schen  Königsliste  wel- 
chen er  einer  Kassite  dynasty  angehören  lässt,  und  den,  von  welchem  wir  nicht- 
semitische und  semitische  Inschriften  besitzen.  Von  letzterem  bemerkt  Pinches: 
He  '  upposed  tu  have  /»■<■,!  ,,\  kus.site  or  Cossaean  descent,  bui  ii  seems  more  li- 
kely  that  he  was  a  native  o[  Babylonia  ,  nauu-d  n/tcr  a  very  atuient  and,  perhaps, 
renowned  conqueror  of  Babylonia. 


ß.  Der  babylonische  nicht-kossäische  Konig  Bammurabi.  65 

zu  lesen,  um  ihm  auch  äusserlich  einen  kossaischen  Anstrich  zu  geben, 
so  widerstreitet  dem,  dass  der  Name  Hammurabi's  allüberall  und  selbst 
in  Texten,  welche  möglichst  mit  einfachen  Sylbenzeichen  geschrieben 
sind,  in  seinem  letzten  Bestandteil  durchweg  nur  bi,  niemals  ga-as, 
sich  geschrieben  findet. 

Es  lässt  sich  jetzt  aber  auch  direct  beweisen,  dass  Hammurabi 
lange  vor  der  Zeit  der  9  Araber-  oder  Kossäerkönige  und  der  an 
sie  sich  anschliessenden  semitisch-kossäischen  Periode  regiert  hat.  Das 
Zeitalter  Hammurabi's  sowohl  wie  Ammididugas  erhellt  wenigstens  im 
Allgemeinen  aus  jenem  bekannten  kleinen  neubabylonischen  Thon- 
tafelchen  (bezeichnet  80.  I  1 — 12.  3),  welches  auf  der  Vorderseite  11 
Könige  der  Dynastie  (palü)  von  Tin-tir  fc*  d.  i.  Babylon,  auf  der  Bück- 
seite H  Könige1  der  Dynastie  von  ^j^.-£  ^yy  ki  aufweist.  Da  sich 
die  letzteren  11  Könige  der  Bückseite,  wie  mir  Pinches  auf  Grund 
einer  neuen  von  ihm  gefundenen  babylonischen  Königsliste2  freund- 
lich   mitlheilte ,    unmittelbar    an    ine    11    Könige    der   Vorderseite   an- 


1)  Das  Täfelchen  selbst  summirt  irrig  10  Könige.  —  Ich  habe  in  Mürdter's 
Kurzgefasster  Geschichte  Babyloniens  und  Assyriens  (Stuttgart  1882)  S.  277  das  in 
Rede  stehende  Täfelchen  ein  »Schülerläfelchen «  genannt.  Es  wird  als  solches 
durch  seine  äussere  Form  wie  durch  seinen  Inhalt  erwiesen.  Wie  wir  eine  Reihe 
von  Schülerläfelchen  besitzen,  welche  kleine  Abschnitte  aus  dem  grossen  Syllabar 
Sb  enthalten  oder  sonst  der  Erlernung  der  sumerischen  und  assyrischen  Schrift 
und  Sprache  gewidmet  sind  (mehrere  derselben  sind  bekanntlich  V  R  31  veröffent- 
licht) ,  so  ist  unser  Täfelchen  augenscheinlich  ein  Excerpt  aus  einem  grösseren 
chronologischen  Werke.  Was  sich  Dr.  Hommel  gedacht  haben  mag,  als  er  diese 
meine  unumstösslich  richtige  Anschauung  »ungeheuerlich«  nannte,  welche  »nur 
dazu  geeignet  sei,  die  Assyriologie  in  weitesten  Kreisen  zu  discredi- 
tiren«!!  (siehe  Vorsemilische  Kulturen,  S.  339).  Als  ob  es  nicht  gute,  ja  vor- 
zügliche Schüleiarbeiten  gäbe!  Auch  nicht  der  leiseste  Zweifel  an  dem  Werthe 
obigen  Täfelchens  liegt  in  meiner  Bezeichnung,  im  Gegentheil  erkläre  ich  offen 
und  ohne  Uebertreibung,  dass  mir  dieses  winzige  Thontäfelchen  des  jungen  Baby- 
loniers  unendlich  viel  werthvoller  und  verlässiger  ist  als  alle  bisherigen  chronolo- 
gischen Systeme  der  ältesten  Geschichte  Babyloniens  miteinander.  Wenn  auf  der 
Hammurabi-Inschrift  des  Louvre  der  Name  des  Vaters  IJammurabis  anders  als 
Sinmuballit  zu  lauten  scheint,  so  mag  Hommel  überzeugt  sein,  dass  auch  ich  dem 
jungen  Babylonier  weit  eher  traue  als  einer  augenscheinlich  wenig  genauen  und 
mit  willkürlichen  Ergänzungen  ausgestalteten  modernen  Textedition. 

2)  Recht  baldige  Veröffentlichung  dieser  nach  Pinches'  mündlichen  Andeu- 
tungen gewiss  sehr  werthvollen  Königsliste  möge  auch  hierdurch  in  Anregung  ge- 
bracht sein. 

Delitzsch,  Kossäer.  5 


66 


B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi. 


XV 

Jahre  b. 

XXXV 

» 

XIV 

». 

XVIII 

» 

XXX 

» 

LV 

» 

XXXV 

» 

XXV 

» 

XXV 

» 

XXI 

» 

XXXI 

» 

Dynastie  von 
Babvlon. 


schliessen,  so  erhalten  wir  in  ununterbrochener  chronologischer  Reihen- 
folge die  folgenden   22  Könige: 

1.  Su-mu-a-bi a,   König, 

2.  Su-mu-la-an  .' 

3.  Sa-bu-ü,   des  Vorigen  Sohn', 
i.   A-bil-üu  Sind;   d.  Vor.   S., 

5.  iiu  Sin  d-mu-bal-lit,   d.  Vor.   S., 

6.  Ha-ani-niu-ra-bi.   d.   Vor.   S.. 

7.  Sa-am-su-i-lu-na,  d.  Vor.  S., 

8.  E-bi-sum,   d.   Vor.   S., 

9.  Am-mi-di-ta-na,   d.  Vor.  S.. 

10.  Am-mi-di-düg e-ga,  d.  Vor.  S., 

11.  Sa-am-su('?)-di-ta(?)-tam,  d.  Vor.  S 

12.  An-ma-an,   König. 

13.  Ki-an-ni-bi. 

14.  Dam-ki-ni-ni-sü. 

15.  Is-ki-bal. 

16.  Sü-us-si. 

17.  Gul'-ki-^. 

18.  Kir-gal-?g-mas,   des  Vorigen  Sohnc. 

19.  A-? g-kalam-ma,   des  Vorigen  Sohn. 

20.  A-kur-ul-an-na. 

21 .  Me-lam  h-hur-kur-ra . 

22.  üu  E-a-ga-mil1. 

a)  Sämtlichen  Namen  geht  das  Determinativ  t  voraus.  h)  Durchweg  ideo- 
graphisch >^^  [mtt  XV  u.  s.  f.  geschrieben.  c  geschrieben  durchweg.'  mdr 
{T^TTT-  d]  geschrieben  ^{.  <-',  geschrieben  >^^T>-T.  f  (p^^tl.  =)  das 
fragliche  neubabylonische  Zeichen  ist  ^^:  ^y  jzY  v\;  Pinches  (in  Proceedings, 
11Ul  January  1881,  p.  43]  liest  das  Zeichen  didi  (?).  h)  geschrieben  mit  dem 
Zeichen  ne.        l)  Zeichen  is,  mtl.     Pinches  {l.  c.)  liest  ha  [?). 

FrageD  wir.  welcher  der  sechs  von  Herossos  überlieferten  Perio- 
den babylonischer  Geschichte  diese  Könige  zuzuweisen  sind,  so  kann, 
da  die  V.  Periode  der  9  Araberkönige  und  die  VI.  der  !•">  Könige 
bis  auf  Phul  .  nicht  minder  die  II.  der  mediseh-elamilisehon  Fremd- 
herrschaft von  seihst  wegfallen1,  zunächsl  die  IV.,   den  Araberkönigen 


[    Dynastie  von  ^J^>  ^ 


1)  Dass  die  22  Könige  lange  vor  S  i  in  m  ;i  s>  i  li  u  und  dessen  Nachfolger  re- 
gier! halten,  zeig!  auch  das  s.  i 'i  IV.  Anm.  :(  besprochene  Tafelfragment;  denn  wäh- 
rend die  Notizen  über  Simmassihu  u.  s.  f.  auf  col.  V  erhallen  sind,  bietet,  durch 


B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi.  67 

voraufgebende,  Periode  von  49  Königen  mit  im  Ganzen  458  Jahren 
in  Betracht  kommen.  Aber  auch  diese  hält  nicht  Stich.  Denn  wenn 
die  11  Könige  der  Dynastie  von  Babylon  bereits  304  Jahre  Begierungs- 
dauer für  sich  in  Anspruch  nehmen,  so  würden  für  die  übrigen 
38  Könige  nur  154  Jahre  verbleiben  —  eine  Durchschnittszeit  von 
nur  4  Jahren  scheint  aber  kaum  glaublich.  Die  11  Könige  der  Dy- 
nastie von  Babylon  aber  loszutrennen  und  den  1 1  Königen  des  III. 
Berosseischen  Zeitabschnittes  von  unbestimmter  Dauer  (von  248  Jah- 
ren?) gleichzusetzen,  scheitert  ebenfalls  an  jenen  304  Jahren  :  meinte 
Berossos  wirklich  die  11  Könige  obigen  Täfelchens,  unter  ihnen  Ham- 
murabi ,  so  wusste  er  gewiss  auch  tue  genaue  Zeitdauer  dieser  älte- 
sten und  bedeutendsten  babylonischen  Dynastie,  und  schaltete  diese 
Könige  mit  dreihundert  Jahren  nicht  zwischen  die  Elamiten  und 
die  49  Könige  (von  1983  oder  meinetwegen  1958  v.  Chr.  an).  So 
bleibt  einzig  und  allein  der  grosse  I.  Abschnitt  von  86  Königen1, 
welche  der  medisch-elamitischen  Fremdherrschaft  vorausgingen.  Und 
dass  diesem  Abschnitt  Hammurabi,  seine  Vorgänger  und  Nachfolger 
einzugliedern  sind,  lässt  sich,  vielleicht  wenigstens,  monumental  noch 
erweisen.  Ich  stütze  mich  für  diese  Yermuthung  auf  die  leider  un- 
vollständige Tafel,  welche  III  B  38  No.  2  veröffentlicht  ist  und  deren 
abermalige  Veröffentlichung  nebst  genauer  Beschreibung  höchst  wün- 
schenswert!) scheint.  Das  Tafelfragment  enthält  auf  der  Vorderseite 
eine  gewiss  aus  babylonischen  Quellen  geschöpfte  Beschreibung  der 
letzten  Jahre  des  babylonischen  Reichs  vor  der  elamitischen  Erobe- 
rung und  all  der  Noth  und  Trauer,  welche  die  fremdländischen  Ty- 
rannen über  Sumcr  und  Akkad  gebracht.  Auf  der  Bückseite  aber 
lesen  wir,  verstehe  ich  anders  das  Fragment  richtig,  einen  Klag- 
gesang des  letzten  jener  babylonischen  Könige.  In  diesem  geschieht 
nun   auch   einer    Stadt  Namens  Kar-dür-A-bil-uu  Sin    Z.   64)    Erwäh- 


grosse  Lücken  getrennt,  die  vorausgehende  col.  IV  die  Anfangszeichen  obiger 
22  Königsnamen  (nämlich  der  Namen  von  2.  3.  4.  5.  12).  Beide  Columnen  ge- 
hören der  Rückseite  der  Tafel  an,  nicht  der  Vorderseite,  wie  Pinches  eine  Zeit 
lang  annahm  (siehe  Proceedings,   11th  January  1881,   p.  42). 

1)  Trotz  der  diesen  86  Königen  von  Berossos  zugeschriebenen  langen  Regierungs- 
dauer von  33091  (34091)  Jahren  können  dieselben  unmöglich  als  samt  und  son- 
ders vor-  d.  h.  ungeschichtlich  gefasst  werden. 


t)s  B.   Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi. 

nuDg.  Sind  wir  berechtigt,  den  Abil-Sin.  nach  welchem  diese  Stadt 
benannt  ist,  mit  dem  gleichnamigen  4.  König  obiger  Liste  zu  identi- 
ficiren,  so  müssen  diese  sämtlichen  Könige  in  der  Zeit  vor  der  ela- 
mitischen  Fremdherrschaft  *,  also  während  des  dritten  vorchristlichen 
Jahrtausend  und  zwar  vor  c.   2300   regiert  haben. 

Ich  weiss  nun  wohl ,  dass  einige  diese  ganze  Betrachtung  für 
überflüssig  halten  und  mir  Nichtkenntniss  einer  völlig  gesicherten 
historischen  Thatsache  vorwerfen  werden .  der  Thatsache  nämlich, 
dass  ja  Hammurabi  es  gewesen,  der  die  elamitische  Fremdherrschaft 
in  der  Stadt  Larsam  gestürzt  und  Kudurmabuks  Sohn,  den  König  vod 
Larsam ,  besiegt  habe 2.  Allein  dieses  Factum  scheint  mir  ganz  und 
gar  nicht  gesichert,  es  ruht  vielmehr,  so  viel  ich  sehe,  auf  einer  ver- 
hängnissvollen Täuschung,  auf  voreiliger  Identification  zweier  grund- 
verschiedener Namen  und  Persönlichkeiten:  der  König  Rem-Sin, 
der  Zeitgenosse  Hammurabi's  vgl.  z.  B.  IV  B  3G  No.  21  .  hat  mit 
dem  elamitischen  Königssohn  Ära  d-Si  n  gar  nichts  zu  schaffen.  .Man 
hat    ihre  Namen    lediglich   identisch  gemacht,    indem  man  Arad-Sin 


1)  Gemäss  V  R  6,  107  ff.  erbeutetr  Asürbänipal  bei  der  Eroberung  von  Susa 
(frühestens  643,  spätestens  640  v.  Chr.  auch  das  Bildniss  der  Göttin  Nana  von 
Erech  ,  nachdem  dieses  4635  Jahn'  vgl.  III  K  !s  No.  1  Obv.  16)  in  Feindesland 
gewesen  war.  Die  Eroberung  Erechs  durch  den  Elainiten  Kudurnanhundi  Ku-dur- 
na-hu-un-di  III  R  38  No.  2  Obv.  60.  No.  1  Obv.  12]  fand  hiemach  etwa  2280  statt. 
Da  aber  gemäss  III  R  38  No.  2  Obv.  60  nicht  Kudurnanhundi  selbst,  vielmehr  sein 
Vater  es  war,  der  den  babylonischen  König  .  .  .  swm-iddina  verjagte,  andrerseits 
aber  die  Eroberung  Erechs  nicht  allzuspat  dem  Falle  der  damaligen  Hauptstadt 
Babylon  gefolgt  ^<'in  dürfte,  so  erhalten  wir  für  den  Beginn  der  elamitischen  Ty- 
rannis  rund  2300  v.  Chr.  Von  den  8  »medischen  Tyrannen«  des  Bcrossos  im; 
im  Ganzen  224  Jahren-  sind  bis  jetzt  dir  folgenden  7  bekannt:  der  »Vater«  Ku- 
durnanlnindis ,  sein  Sohn  Kudurnanhundi,  Simtisilhak  I  H  ±  No.  111  ■">  ,  sein  Sohn 
Kudur-.Mabuk  und  dessen  Sohn  Arad-Sin  [für  die  beiden  letzteren  siehe  I  R  2 
No.  III.  5  No.  XVI.  IV  H  35  No.  6  ;  der  biblische  Kedor-Lacomer  [Kudur-Lagamara 
and  endlich  der  Humbaba  (h-i-  Izdubar-Legenden. 

■i  So  sagt  Pinches  [Guide  p.  8  <Hammurabi  ruled  ut  Babylon,  ivhilst 
Kudur-Mabug  and  Rim-Agu  his  son  governed  the  south  and  east  of  the  country;  l/ut, 
being  <i  more  vigorous  ruler  und  warrior,  he  defeated  their  forces  and  made  liimself 
master  of  the  whole  <>[  Babylonia«.     Ebenso   äusserte   sich    schon  George  Smith 

im  Assyrian  Discoveries  p.  233  f.    Und  ähnlich  bemerkt  II mel  in  Vorsemitische 

Kulturen  s.  344:  »Nun  wis-m  wir  aus  Contracttafeln  aus  Chamrauragas  Zeit,  dass 
er  ihn  König  Eriv-Aku  von  Larsa  und  die  mit  diesem  verbündeten  Elamiten  be- 
siegte und  damit   überhaupt  den  Königen  von  Larsa  ''in  Ende  machte, 


B.   Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi.  69 

nichtsemitisch  Erö(m)-Aku,  und  Röm-Sin  dem  entsprechend  R<hn-Aku. 
ja  sogar  Rdv-Aku  las.  Aber  hiergegen  spricht  einmal,  dass  das  Ideo- 
gramm des  Mondgottes  in  zu  sonst  immer  nur  Sin  zu  lesen  ist,  die 
Lesung  Aku  dagegen  stets  durch  rein  phonetische  Schreibung  A-ku 
an  die  Hand  gegeben  wird  ';  und  sodann,  selbst  die  Berechtigung  der 
Lesung  Aku  zugegeben,  würde  ja  doch  in  Erö{m)-Aku  der  erste  Na- 
mensbestandtheil  das  sumerisch-akkadische  Wort  0rö[m)  »Knecht,  Die- 
ner«, in  Rim-Aku  dagegen  das  semitische  Wort  römu  »Geliebter«  sein. 
Zwei  Namen  und  Personen  aber,  so  verschieden  wie  Erö (m) -Aku 
«Diener  des  Mondgottes«  und  ROm-Akic  »Liebling  des  Mondgottes«  (ein 
Name  wie  Naräm-Sin)  mit  einander  zu  vermengen  ,  ist  ebenso  uner- 
hört als  wollte  man  Asürnäsirpal  und  Asürbänipal  wegen  ihres  ähn- 
lich lautenden  Namens  zu  Einer  Person  stempeln.  So  fallt  Hammu- 
rabi's  Gleichzeitigkeit  mit  der  Schlusszeit  der  elamitischen  Tyrannis 
schon  aus  rein  sprachlichen  Gründen ,  und  meiner  eigenen  chronolo- 
gischen Einreihung  Hammurabi's  steht  wenigstens  von  dieser  Seite 
her  kein  Hinderniss  im  Wege2. 

Was  nun  den  Namen  Hammurabi's  betrifft,  so  sind  zunächst 
etliche  Bemerkungen  über  die  Namen  seiner  unmittelbaren  Vorgänger 
und  Nachfolger  vorauszuschicken.  Man  mag  betreffs  Lesung  und 
Deutung  jener  Königsnamen  noch  so  zurückhaltend  sein,   so  viel  steht 


1)  Die  auch  von  mir  früher  angenommene  Einheit  von  Kudurmabuks  Sohn 
Arad-Sin  bez.  Ere(m)-Aku  mit  dem  biblischen  "■'"~x  mochte  ich  nicht  mehr  so 
zuversichtlich  vertreten.  —  Durch  nichts  berechtigt  scheint  mir  auch  die  vielfach 
zu  lesende  Umschreibung  der  beiden  obigen  Namen  durch  Rini-agu;  denn  wenn- 
gleich das  babylonische  Pantheon  einen  Gott  Agu  aufweist  (siehe  III  R  66  Obv.  14  a. 
Rev.  25b:  ilu  A-gu-u) ,  so  müsste  doch  erst  bewiesen  werden,  einmal  dass  dies  ein 
Name  des  Mondgottes  ist,  und  sodann  dass  wir  das  Ideogramm  en  zu  mit  diesem 
Namen  lesen  dürfen.  An  dem  Namen  Re-im-üu  A-gam{gu1)-um,  eines  —  vielleicht 
weit  jüngeren  —  Königs  von  Babylon  (IV  R  35  No.  8)  hat  jene  Umschreibung 
offenbar  keinerlei  Stütze. 

2)  Das  genaue  Datum  von  Hammurabi's  Regierungszeit  würde  vielleicht  durch 
col.  II  des  Nabüna'id-Cylinders  (I  R  69)  überliefert  sein,  wäre  nicht  der  betref- 
fende Abschnitt  leider  bis  zur  Unbrauchbarkeit  beschädigt.  Zur  Zeit  sind  die 
col.  II  Z.  4  in  Bezug  auf  Hammurabi  und  den  Sonnentempel  in  Larsam  erwähn- 
ten «700  Jahre«  historisch  nicht  zu  verwerthen.  Vgl.  auch  George  Smith's  Be- 
merkungen in  den  Transactions  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology,  vol.  I,  1872, 
p.    61. 


70  B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi. 

gewiss  fest,  dass  die  Namen  3.  Säbü  »Krieger«,  4.  Abil-Sin  »Sohn 
Sin's«,  5.  Sin-muballfy  »Sin  schenkt  das  Leben«,  7.  Samsu-üünai 
»Samas  ist  (unser?)  Gott«,  8.  Ebisum  »handelnd«  gutsemitisch,  da- 
gegen die  Namen  15.  Iskibal  » Ueberwältiger  (?)  des  feindlichen  Lan- 
des«2, 17.  Gulkikur  »Vernichter  des  feindlichen  Landes«3,  20.  Akur- 
ul  '.'  -tuia  »Bels  Sohn  ist  der  Schmuck  (?)  des  Himmels«4,  21.  M&lam- 
kurkura  »Glanz  der  Lander«6  nichtsemitisch,  sumerisch -akkadisch 
sind6.      Die    Namen    bezeugen    die    bedeutungsvolle    Thatsache.    dass 


1)  So,  mit  na  am  Schlüsse,  auch  IV  R  36  No.  45 — 69  {Sa-am-su-i-lu-un  . 
Smith,    Transactions  I,  p.  62  erwähnt  auch  die  Schreibung  Sa-am-su-i-lu-an. 

2)  Ist  der  auf  bal  endende  Name  der  »Rassam'schen  Königslisle«  (col.  I)  zu 
Iskibal  zu  ergänzen  ,  so  würde  obige  Deutung  durch  die  assyrische  Uebersetzung 
Säpin  mät  nukurti  gesichert  sein.  Für  ki-bal  =  assyr.  mät  nukurti  siehe  z.  B.  II  R  38, 
I7g.h.  IV  R  26,  1/2  a.  30,  8/9  a.  Ist  is  vielleicht  phonetische  Schreibung  für  das 
Zeichen  II  R  48,   23  c? 

3)  Für  gut  =  abätu  »zu  Grunde  gehen«,  II  I  »zu  Grunde  richten«  siehe 
S^  338.  II  R  19,  59/60.  63/64  b.  Ki-kur  =  mät  nukurti  bedarf  keiner  Erklärung. 
Die  Rassam'sche  Königsliste  bietet  einen  auf  sar  (.^V,  auslautenden  Königsnamen 
mit  der  assyrischen  Uebersetzung  Mu-ab-bit  kis-sa-ti  »Vernichter  der  Gesamtheit«. 
Hiernach  wohl  liest  Pinches  [Proceedings,  11 th  January  1881,  p.  43)  auch  den  obi- 
gen Namen  Gul-läsar. 

4)  In  der  Rassam'schen  Königsliste  durch  Mär  ihr  B61  ü-su-um  sämS-e  er- 
klärt. Als  »grosser  Berg«  h'ndel  sich  Bei  auch  in  col.  III  ebendieser  Liste  ge- 
schrieben. Zu  ^f:T^  =  asämu  siehe  S>>  100  und  vgl.  meine  Assyrischen  Lese- 
Mucke,   2.  Aufl.,  S.  73  Z.  16  IT. 

5)  Für  me-lam  zum  sumerischen  Lautwerth  lam  des  Zeichens  nc  siehe 
Paul  Haupt,  Sumerische  Familiengesetze,  S.  55  f.,  sowie  das  Täfelchen  K.  4142 
=  assyr.  mSlammu,  sarüru  u.  s.  f.  »Glanz«  siehe  IV  R  18,  50/51  a  u.  a.  St.  m.  einer- 
seits, II  R  35,  4 — 9  e.  f  andrerseits.  Der  Königsname  gereicht  der  in  meiner  Schrift 
The  Hebrew  Language  etc.  p.  55  f.  gegebenen  Erklärung  des  assyrisch-hebräischen 
sarru,  ~~  zu  erneuter  Bestätigung. 

6)  Als  semitisch  könnten  sonst  vielleicht  noch  die  Namen  I  [Su-mu-äbfl  , 
1 1  lhniiii-ilu-f. ,  13  [Itti-ilu-ni-bil  .  14  Damki-ili-sul) ,  22  [JSa-gämüJ}  gehalten 
werden;  als  nichtsemitisch  gehen  sich  auch  die  Namen  1S  und  19.  —  Der 
Käme  X.  10  Ammi-diduga,  welchen  die  Rassam'sche  Königsliste  durch  Kim-tum 
Uet-tum  "die  Familie  ist  festgegründet  oder  wahr«  (legitim)  übersetzt,  ist  in  hi- 
nein zweiten  Bestandtheil  sicher  nichtsemitisch;  für  dz  und  duga  »festsetzen,  be- 
stimmen» vgl.  II  R  7,  33.  3  5 e.  f.  Dagegen  ist  mir  ein  nichtsemitisches  Wort  anvmi 
»Familie«  nicht  bekannt.  Ist  etwa  arrmi  semitisch  vgl.  hehr,  z".'  und  dann  i\w 
/weite  Namensbeslandtheil  dem  Nichtsemitischen  nur  entlehnt?  und  verhält  es  sich 
n  ii   der  Uebersetzung  durch   Kimtum  kcttinu  ähnlich  wie  beim  Namen  Hammurabi 

siehe    unten    .'    —    Der   .Name   '/,.    1  i    Sussi   veranlasst    mich   zu   einer   kurzen  Notiz, 
die   natürlich   zu   dem    Namen   als   solchen   ausser   Beziehung   steht.      Seitdem    ass\r. 

der  fünfte«  =  hansu,  hamsu  erwiesen  ist,  lasse  ich  auch  das  in  den  Texten 


B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi.  71 

noch  nach  Hammurabi's  Zeit  das  nichtsemitische  Volk  Babyloniens, 
das  sog.  sumerisch-akkadische  Volk  auch  politisch  eine  mächtige 
Stellung  einnahm  und  dem  babylonischen  Staat  sogar  Könige  aus  sei- 
ner Mitte  gab1.  Dass  die  sumerisch-akkadische  Sprache  zu  Ham- 
murabi's Zeit  noch  in  lebendigem  Gebrauch  gewesen  sein  muss,  ist 
schon  hiernach  unzweifelhaft;  es  wird  zudem  noch  handgreiflich  be- 
wiesen durch  die  theils  semitisch  theils  sumerisch  geschriebenen,  aus 
der  Zeit  Hammurabi's  und  seines  Sohnes  Samsu-ilüna  datirten  Privat- 
contracte,  deren  sumerische  Unterschriften  von  Smith  IV  II  36  ver- 
öffentlicht worden  sind.  Auch  die  Zweifel,  welche  ich  frühers  gegen 
die  Beweiskraft  der,  leider  so  fragmentarischen,  bilinguen  Inschrift 
Hammurabi's2  im  Britischen  Museum  geäussert3,  nehme  ich  um  so 
lieber  zurück,  seitdem  der  von  Rassam  gefundene  bilingue.  im  sog. 
akkadischen  Dialekt  und  in  Semitisch-Babylonisch  geschriebene  Thon- 
cylinder  Samassumukins,  des  Bruders  Asurbanipals,  einerseits  und 
die  den  Ausgrabungsarbeiten  des  französischen  Consuls  de  Sarzec  zu 
verdankenden    Denkmäler    von    Telloh    andrerseits    meine    Ansichten 


Nebukadnezars  wiederholt  vorkommende  Adverbium  sassis  (Neb.  Bab.  I  29),  sas- 
sänis,  im  Hinblick  auf  Parallelstellen,  einfach  als  =  sansis,  samsis,  samsänis 
»sonnencleich«,  wie  ich  denn  auf  einer  noch  unveröffentlichten  Tafel  in  der  Phrase 
Sumsu  ztrsu  »seinen  Namen,  seinen  Samen  mögen  sie  wegraffen«  das  erstere  Wort 
su-us-su  geschrieben  las. 

1)  Dass  Iskibal,  Melamkurkura  u.  s.  f.  nicht  etwa  nur  ideographische  Schreib- 
weisen sind,  lehren  alle  übrigen,  rein  phonetisch  geschriebenen,  Königsnamen 
des  in  Rede  stehenden  Täfelchens.  Lediglich  sumerische  Benennung  von  Haus 
aus  semitischer  Könige  aber  scheint  mir  durch  die  Anzahl  d.eser  sumeri- 
schen Königsnamen  ausgeschlossen. 

2)  Von  dieser  bilinguen  Inschrift  Hammurabi's  bemerkte  schon  Smith  iu  sei- 
nen Assyriern  Discoveries  p.  233:  Another  new  monument  discovered  at  Babylon  is  a 
large  heavy  stone  with  a  bilingual  inscription  of  Hammurabi.  This  bilingual  text  is 
written  in  double  columns,  on  one  side  the  Turanian,  and  on  the  other  side  the  cor- 
responding  Semitic  text«.  Die  Inschrift  wurde  dann  von  A.  Amiaud  in  Recueil 
de  travaux  relatifs  ä  la  philologie  et  ä  l'archeologie  egyptienne  et  assyrienne,  I,  1879, 
p.  180—190,  zum  Gegenstand  eingehenderer  Untersuchung  gemacht,  unter  dem 
Titel:    l'ne  inscription  bilingue  de  Hammourabi,   roi  de  Babylone.     (Du  XVe  au   XXe 

siede  avant  J.   Chr.). 

3)  Im  Jahresbericht  über  die  morgenlandischen  Studien  im  Jahre  1880, 
Leipzig  1883,  S.  68.  Für  die  von  Hommel  in  den  »Noten,  Nachtragen«  etc.  zu 
seinen° Vorsemitischen  Kulturen  S.  512  gewagte  Verdächtigung  brauche  und  finde 
ich  kein  Wort  der  Erwiderung. 


72  B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi. 

über    die    nichtsemitische    Sprache    Babyloniens    und    deren    Dialekte 
wesentlich  geklärt  und  geändert  haben. 

Inmitten  von  21  theils  semitischen  theils  sumerisch-akkadischen 
Namen  scheint  mir  ein  vereinzelter  Kossäername  unmöglich  —  es 
bleibt  nur  übrig,  den  Namen  Hammurabi  entweder  für  semitisch- 
babylonisch oder  für  sumerisch  zu  halten.  Der  Name  mag  an  sich, 
wie  ich  mit  Bezug  auf  das  S.  14  Gesagte  abermals  hervorhebe,  recht 
wohl  sumerisch  sein  und  Hammurabi  selbst  dennoch  Semit  bleiben, 
auf  welch  Letzteres  die  Namen  seines  Urgrossvaters  bis  herab  auf 
seinen  Enkel  zunächst  hinweisen.  Dass  der  Name  Hammurabi  in  der 
That  nicht  semitisch  sei,  scheint  daraus  unzweifelhaft  hervorzugehen, 
dass  er  ja  in  der  Rassam'schen  Königsliste  (siehe  oben  S.  20)  durch 
Kim-ta  ra-pa-as-tum  übersetzt  wird.  Und  dennoch  glaube  ich  den 
Namen  als  semitisch  beweisen  zu  können.  Gelingt  der  Beweis, 
so  würde  der  Verfasser  der  Königsliste  den  Namen ,  der  unter  den 
babylonischen  Königen  nicht  fehlen  sollte,  lediglich  der  Gleichmässig- 
keit  halber  durch  ein  Synonym  übersetzt  haben,  wie  dies  vielleicht 
auch  bei  Ammi-diduga  der  Fall  ist  (siehe  S.  72  Anm.  6)  und  wie  sich 
verwandte  Fälle  auch  sonst  in  den  lexikalischen  Arbeiten  der  Baby- 
lonier  und  Assyrer  nachweisen  lassen1.  Dass  nun  rabi  »gross«  sehr 
wohl  durch  rapsu  (rapastu)  »weit,  ausgedehnt,  zahlreich«  wieder- 
gegeben werden  konnte,  bedarf  keines  Nachweises ;  dass  aber  humum 
ein  semitisches  Wort  ist ,  darauf  führen  schon  die  anderen  Namens- 
schreibungen IJu-mu-ra-bi  (siehe  Smith  in  Transactions  I,  p.  55)  und, 
mit  Mimation  des  ersten  Namensbestandtheils,  Ea-am-mu-um-va-bi 
IV  K  36  No.  25).  Warum  nun  nicht  ein  babylonisches  humum  »Fa- 
milie« annehmen,  da  noch  dazu  ha-am-mu  in  dem  Vocabular  II  R  27 
No.  2,  57  nicht  allein  als  guisemitisches  Wort  bezeugt,  sondern  noch 
dazu  mit  a-la-pu-ü  (5]btf)  zu  Einer  Gruppe  verbunden  und  unmittel- 
bar von  Mnnu  »Nest"  (dann  auch  »Familie«)  gefolgt  ist?  und  da 
ausserdem  der  Stamm  humumu  in  der  Bed.  »zusammenschliessen, 
zusammenfassen,  zusammenbinden«,  syn.  kasäru,  sieh  beweisen  lässt2'/ 


1)   Vgl.  z.   B.  V  R  13,  20.   2i  a.  b. 

-l    Zur  Bed.  »ernten«    6s6du  Sb  -271  ;   die  Bed.  »ernten«  stellt  lest  durch  Stellen 
wie  A.surn.   II  in.  III  :(-2.  82,   vgl.  1Xr1?j   kam  das  auch  durch  hamämu  übersetzte 


B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi.  73 

Wie  kimtu  »Familie«  ursprünglich  den  »Bund«  bedeutet,  von  kamu 
»binden«,  ebenso  hammu.  Der  Name  Hammurabi  ist  hiernach  wirk- 
lieh semitisch1,  gutsemitisch  wie  der  andere  babylonische  Königsname 
m  au  Sin-ra-bi2,  und  damit  wäre  auch  der  letzte  Schein,  als  sei  Ham- 
murabi ein  Kossäer,   beseitigt. 

Als  Semit  hat  Hammurabi  natürlich  auch  rein  semitische  In- 
schriften hinterlassen.  Es  mag  mir  gestattet  sein,  zum  Schlüsse  dieser 
Abhandlung  eine  dieser  ältesten  semitischen  Inschriften,  die  wir  be- 
sitzen, hier  mitzutheilen  ,  nämlich  die  kleine  jetzt  im  Louvre  befind- 
liche und  vor  wenigen  Jahren  von  Menant  veröffentlichte3,  von  welcher 
mir  schon  Jahre  zuvor  durch  Vermittelung  eines  mit  Bagdad  in  Ver- 
bindung stehenden  Leipziger  Kaufmanns  ein  Papierabklatsch  zuge- 
gangen war.  Die  mit  sehr  schönen  und  grossen  altbabylonischen  Schrift- 
zeichen geschriebene  Inschrift  lautet: 

Obv.  Rev. 

A-na    üu   Marduk  sar  nisi1 


s,.- 


nie-  n-  im 


ü     Ak-ka-di-im 
na-di-in   hegallia  sar    ki-ib-ra-tim 

5     a-     na  ili1'  5     ar-         ba-         im 


sumerische  Wort  nr  nach  derselben  Bedeutungsentwickelung,  welche  in  hebr.  rcx 
vorliegt  und  welche  ich  auch  für  assyr.  kasäru,  hebr.  nsj?  annehme  (siehe  Hebrew 
Language,  p.  53  f.).  Die  Bed.  »Himmelsgegend,  Sphäre«,  welche  das  Nomen  ham- 
mämu  an  Stellen  wie  Sarg.  Cyl.  9  aufweist,  geht  auf  die  Bed.  »Seite«  zurück  und 
diese  ist,  wie  so  oft,  als  die  »  einschliessende«  benannt.  Auch  Stellen  wie  II  R  60 
No.  2  Rev.  34.  64,  48  a.  57,  27  c.  d  zeigen  hamdmu  in  ähnlicher  Anwendung  wie 
sonst  kasäru  sich  gebraucht  findet. 

1)  Dass  Hammurabi  semitisch  sei,  war  von  je  her  auch  Menants  Ansicht;  nur 
irrte  er,  wenn  er  meinte  [Une  nouvelle  inscription  de  Hammourabi,  Paris  1880,  p.  9), 
der  Name  sei  »forme  rdgulierement  comme  tous  les  noms  propres  assyro-chaldeens 
du  norn  d'une  divinite  et  dun  radical  verbal«  —  wir  sind  seitdem  eines  Besseren 
belehrt.  Findet  sich  der  Name  Hammurabi  mit  dem  Götterdeterminativ  üu  ein- 
geleitet (siehe  Transartions  I,  p.  55),  so  erklärt  sich  dieses  wie  etwa  vor  dem 
Königsnamen  Isme-Dagän  (I  R  2   No.  V). 

2)  Siehe  Rassam'sche  Königsliste  col.  III.  Dass  die  Babylonier  den  (-Vokal 
im  Nominativ  lieben,  ist  bekannt. 

3)  Une  nouvelle  inscription  de  Hammourahi,  roi  de  Babylone  (XVIe  siede  avant 
./.  fhr.)-:  Recueil  de  travaux  rel.  ä  la  philol.  etc.  II,  76  ff.  (Auch  separat  unter 
gleichem  Titel  erschienen,   Paris  1880). 


74  B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi. 

Obv.  Rev. 

be-el     6-sag-ila  im-  nu     iiu     Belh 

mäta1   u    ni-[si? 
a-na       be-li-im 


10     na-  bi-  ü  10     si-  ir-  ra- zi- na1 


ü          e 

-     zi-     da 

ec- 

ni-         sü 

Ha-am- 

-mu-ra-bi 

na- 

[d] 

bi-          ü 
an-  nim  e 

mu 

üu        Belh 

[mi-] 

gi1-       ir 

ilu 

Samas 

re'ü 

na-ra-am 

ilu 

Marduk 

sarru 

dannuk 

id-    di-    nu-    sum 


a-  na  ga-  ti-  sü 
ü-  ma-  al-  li-  ü 
a-na  üu  Marduk. 
ili       ba-    ni-    sü 


15     iiu  Samas  15     in     Bar-zi-pa    ki 


all     na-ra-mi-su 


da 


parakka-sü  el-lam 

ib-        ni-        sum. 

a)  geschrieben  he-gal,  woraus  hegalli  ein  Lehnwort.  b)  geschrieben  ni-ni. 
e)  ideographisch  >— v  geschrieben.  d)  fehlt  wohl  nichts.  e  Menant  :  celui  qui 
proclame  de  dieu  Anu;  aber  an  nim  wird  meines  Wissens  der  Gott  Anu  niemals 
geschrieben.  f)  Raum  für  Ein  Zeichen,  doch  braucht  keines  gestanden  zu  haben. 
*)  fehlt  wohl  nichts.  •')  geschrieben  Sn  kid.  \  ^>-tt^^-  k)  ideographisch 
da  hon  geschrieben.  l)  Ideogramm  un.  m)  geschrieben,  wie  oft,  mit  dem 

Zeichen  ni  (Sa  I  13—15);  vgl.  I  R  69  col.  III  24.         »)  —  sirrat-sinal,  vgl.  I  R  69 
col.   III  26.     Oder  steckt  darin  das  oben  S.  26  unerklärt  gelassene  Wort  ;«-»«? 

»Merodach,  dem  grossen  Herrn,  dem  Spender  von  Ueberfluss, 
dem  göttlichen  Herrn  Esagilas  und  Ezidas,  seinem  Herrn  —  Hammu- 
rabi. der  Gnadenverkünder,  der  Berufene  (?)  Bels,  der  Verehrer  Samas*, 
i\ev  von  .Merodach  geliebte  Hirte,  der  mächtige  König,  der  König  des 
Volkes  Sumör  und  Akkad,  der  König  der  vier  Weltgegenden :  zur 
Zeit  da  Bei  Land  und  Leute  zu  beherrschen  ihm  verlieh,  mit  ihrem  ?) 
Scepter  ihn  belehnte,  hat  er  Merodach,  dem  (mite  der  ihn  geschall'eu, 
in  Borsippa ,  seiner  Lieblingsstadt,  sein  glänzendes  Heiligthum  Ezida 
gebaut    . 

Dass  <\<\-  Verfasser  der  »Bassanvschen  Königsliste «  die  Beihe  der 
Qachsintfluthlichen  Ki)nige  Babylons  mit  Fug  und  Hecht  mit  llam- 
murabi  beginnen  konnte  diesem  ebenso  kriegsliicliligen  als  für  die 
Wohlfahrt   seines  Landes  väterlich   besorgten,    wahrhaft  grossen  Herr- 


B.  Der  babylonische  nicht-kossäische  König  Hammurabi.  75 

scher,  wurde  bereits  S.  22  bemerkt.  Am  m  i  diduga  verdankt  seine 
zweite  Stelle  vielleicht  nur  seinem  Namen,  der  ähnliches  bedeutet 
wie  der  seines  Ururgrossvaters.  Unmittelbar  nach  ihnen  aber  wusste  — 
und  dies  ist  bezeichnend  —  der  Verfasser  keinen  anderen  zu  nennen 
als,    viele  Jahrhunderte    überspringend,    den    »König  ohne  Gleichen  . 

Kurgalzu    den   Kossäer. 


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Druck  von  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig.