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DIE
STADT SYRAKUS
IM ALTERTHUM.
AÜTOBISIEPTE DEUTSCHE BEARBEITUNG /
DER CAVALLARI-HOLM'SCHEN
TOPOGRAFIA ARCHEOLOGICA Dl SIßACUSA
VON
BERNHARD LUPUS.
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STRASSBÜRG
J. H. ED. HEITZ (HFITZ k MÜNDEL).
J)Qr
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i^jimi
i
DEM PROTESTANTISCHEN GYMNASIUM
ZU STRASSBÜRG
ZUR UEVOUiSTKIlENDEN JÜBELFEIEU SEINES 350JÄI1UKIEN BESTEHENS
(;EW11)MET.
iL.
VORWORT.
irie es mir vergönnt war, dem einstigen Grundpfeiler
deutscher Gymnasialhildimg , dem Protestantischen Gymnasium
zu Strassburg, dieses Buch zuzueignen^ so denke ich mir als
Leser desselben in erster Linie den deutschen Gymnasiallehrer .
Ihn in zticerlässigerer und vollständigerer Weise, als es bei
den bisher zugänglichen Hilfsmitteln möglich icar, über die
nächst Athen und Rom bedeutendste und an räumlicher Äus-
dehnung ilberhaxipt grösstß Stadt des hlassischen Alterthnms
zu orientieren, ist meine vornehmliche Absicht, Nimmt doch
bei dem Unterricht sowohl vi der alten Geschichte, als auch
in der lateinischen und griechischen Lektüre von Quarta bis
Prima Syrakus einen hervorragenden Platz ein. Ich hoffe
aber auch, dass es ausserdem manchem Gelehrten und Freund
klassischer Bildimg nicht unwillkommen sein icird, wemi ihm
hiertnit die Resultate jahrhundertelanger historisch-topogra,-
phischer Studien von Italienern und Nichtitalienern in deut-
scher Sprache geboten werden. Die Topografia archeologica di
Sirac%(;Sa von Camllari-Holm zieht einerseits das Facit aus
allem dem, was bis jetzt über die ruhmreiche Vorkämpferin
des Hellenenthums im Westen veröffentlicht worden ist, ander-
seits beruht sie auf langjähriger persönlicher Vertrautheit mit
der Lokalität selbst. Dieser letztere Umstand, verbunden mit
erschöpfender Benutzung der griechisch-römischen Litter atur
— \'l —
und mit corurtheilsfreiem kritischem Blick, terleiht dem auf
VeTanstaltung der italienischen Regierung vor 4 Jahren m
Palermo erschienenen Werke seinen hohen Werth,
Die vorliegende BearheitvMg hat das Original in verschie-
dener Hinsicht umgestaltet. Der mit glänzender Opulenz aus-
gestattete Atlas von 15 grossen Blättern, das Werk von Saverio
und Oristoforo Cavallari, ist, ohne dass Wesentliches weg-
geblieben laäre, bedeutend reduziert worden. Den Inhalt der
ersten 10 Blätter bietet meine Karte /. Auf ihr sind sämt-
liche in dem Original Blatt 1-8 verzeichneten Ueberreste am
dem Alter thum und fast alle ausserhalb der heutigen Siracusa
über den antiken Stadtboden zerstreuten modernen Gebäude ein-
getragen; auch ist es möglich gewesen, die vor einem Jahre
in der Contrada Fusco entdeckte antike Quadermau^r als
nettsten Besitz der syrakusischen Topographie einzutragen.
Die beiden Nebenhärtchen geben Blatt 9 und 10 zwar ebe7i-
falls in verkleinertem Massstabe, aber mit allen Einzelheiten
loieder. Blatt 11 tmd 15, sowie das Wichtigste von Blatt
12-14 ist in den dem Texte eingereihten Zeichnungen enthalten.
Ebeiidaher kommt a2ich die kleine Abbildung des sogenannten
Grabes des Archimedes a%tf dem Titelblatt, Die Ansichten
hinter dem Inhalts verzeichniss itnd am Schluss der 3 Bücher
sind Kopien von C wvallarischen Zeichnungen, welche den Text
und den Atlas der italienischen Topographie schmücken. Den
Grundriss und das Profil des Säulenkapitäls vom Artemis-
tempel habe ich einer Zeichnung Sav. Cavallaris in den
Biillettini della Commissione di Antichitä e Belle arti di
Sicilia entnommen.
Auf Karte II sind die beiden historischen Karten des
italienischen Textbandes zu einer vereinigt und in mehreren
zttm Theil schon in der Recension Jahns Jahrb. 1885, I.
fS\ 433-463 besprochenen Punkten geändert, resp. korrigiert.
Diese Aenderungen betreffen die athenischen Belagerung s-
ma%tern, die Rilckzngslinie der Athener am ersten Tage, die
Mauern der Stadttheile Tijcha und Neapolis, das Herrscher-
— VII —
schloss auf dem Isthmus und den AbsclmUt der grossen Ring-
mauer südöstlich von der Portella del Fusco,
Der Text ist zur guten Hälfte eine sticht wesentlich modi-
fizierte Uebersetzung , zur andern eine vollständige Neugestal-
tung des Originahverkes. Dieses zerfällt nämlich in 6 Kapitel,
welche theils von Sac, Oavallari dem Vater, theils von Grist.
Cavallari dem Sohn, theils von Adolf Holm herrühren. Nttn
enthaltest im Folgenden die Einleitung und das 2, Buch meiste
Uebe)*setzung des von Holm verfassten i. und 5, Kapitels.
Diese im grossen smd ganzen genaue Wiedergabe des Urtextes
entsprang der Ueberzeugung , dass für den deutschen Leser-
kreis soxoohl die Zusammenstellung und Besprechung der mo-
dernen Litteratur über das alte Syvakus, als auch die erste
tollständige Geschichte seiner topographischen Entwicklung
unentbehrlich sei. Meine Abänderungen beschränken sich in
der Eistleitung auf die Hinzufiigung von einigen hcrzesty
meist biographischen Notizen und die durch die deutsche Be-
arbeitung des Ganzen bedingte Veränderung ist der Inhalts-
angabe &\ 13 f. In dem 2. Buch stammt ton mir an einigen
Stellen eist erkläs'ender oder es^gänzender Zusatz, eist neues
Citat, die Abkürzung oder Ausdehsntng eisies der im Os'iginal
schost tos'hastdesten Oitate. Selten hat der Text eine kürzere
Fassusig es*halten: selten auch ist eine wichtiger scheinende
Notiz oder eine bedeutendere Abweichung von Holms Ansicht
als Astmes'ksing unter den Text gesetzt wos^den.
Astders dagegen verhält es sich mit den übrigen 4 Kapiteln.
In dem 3. wes'den lediglich die Nummern attf den 15 Tafeln
des Atlas erklärt. Diese ganze Partie hat mit dest dusxh die
Umgestaltustg der Kas'ten gebotenen Verändersistgen send mit
leichten Ves^einfachungest beim Zählen gleichartiger Alterthüsner
ihren Platz am Schlüsse des Textes erlmlten. Dem 2. Kapitel
entspricht das 1. Buch, dem 4. und 6. das 3. Buch. Hier erfor-
derte aber die Vespßanzung aus Italien nach Deutschland eiste
eingreifende Umarbeitung. Astsführlicher Dargestelltes lourde
t erkürzt, nur Angedeutetes ausgeführt, Manches gestrichen.
— VJIl —
Vieles zitgesetzt. Diese beiden Bücher cerdcmke/c also ihren
Inhalt zum grössten Theil Caiallari Vater und Sohn, umge-
kehrt ist die Form der Darstellung fast ganz von mir.
Natürlich habe ich hierbei, wie überhaupt bei der Bear-
beituug der gesamten Topographie das vorliegende litterarische
Material zu Rathe gezogen, und, soweit es zweckdienlich
erschien, auch ausgenutzt. Dazu kommt 7neine persönliche An-
Wesenheit in iSyrakus. Freilich war sie leider nur nach 'Tagen
bemessen, aber, wie in ihr die erste Anregung zu dieser Ver-
öffentlichung lag, so hat sie 7nir aiich die Möglichkeit gewährt,
auf Grund eigner Anschauung mir über gar manchen Punkt
ein Urtheil zu bilden, welches bald offen ausgesprochen ist,
bald den betreffenden Stellen ihre Färbung terliehen hat. In
dritter Linie sind dieser Veröffentlichung freundliche Mit-
theilungen ton Nutzen gewesen, welche ich von Seiten der
beiden verehrten Urheber der italienischen Topographie, Sav.
Cacallari und Ad. Holm, mid des hochgeschätzten syrakuser
Kollegen Di Natale erhielt. Dem Danke, zu welchem mich
diese Förderung meines Unternehmens terpilichtet hat, ver-
bindet sich der gegenüber meinem lieben Kollegen Martin
Erdmann für dessen sorgsame Mühxcaltung bei der Korrektur
der Druckbogen.
Strassburg i. E ., den 3. Mai 1887.
Dr. B. LupuSy
Oberlehrer am Protestantischen Gymnasium.
liNHALT.
Einleitung.
Seite
Bedeutung der Topographie von Syrakus und Zusammenstellung der
bemerken swerthesten modernen Schriften über dieselbe 1
BUCH I.
Topographische Beschreibung von Syrakus und Umgegend.
§ 1. Die Lage der Stadt im allgemeinen 15
§ 2. Die Ostküsten 17
§ 3. Die Insel Ortygia 18
§ 4. Der grosse Hafen 20
§ 5. Der kleine Hafen 25
§ 6. Achradina. Die Latomieii 27
§ 7. Tycha 34
§ 8. Ncapolis 3(5
§ 9. Epipolai und Euryalos 43
§ 10. Die syrakusischen Festungsmauern 46
§ 11. Die Umgebung von Syrakus 54
BUCH II.
Geschichte der topographischen Entwicklung von Syrakus
im Alterthum.
T h e i 1 I. Ursprung von Syrakus.
§ 1. Thukydides über den Ursprung von Syrakus. Vorkorinthische
Einwohner von Ortygia 58
§ 2. Namen der neuen Stadt. Nachbarsümpfe 63
— X —
Seile
c .iK.'. 'lu«'»ni ler konütiiischen Grandnng von Syrakus . . 67
'1-. -«xtu. .Vr^itimsa. Artemistempel. Häfen 69
j^ vMvmpieiori imd der Temenites 84
» %
it
>^-i
. p^ i^;esichiehr<i lUr Topographie von Syrakus bis zum Krieg
tuit Athen.
^ V.ia der Gründung bis auf Gelon 87
Oelon 96
< X Hiorou und die Demokratie bis zum Krieg gegen Athen 105
lUcil lU. Atheuerkrieg Belagerung von Syrakus 415-413 v. Chr.
Die Quellen unserer Kenntniss von dieser Belagerung . . 114
Die 5<tadt Syrakus beim Beginn des Krieges 115
Erster Angriff der Athener auf Syi*akus 117
Vertheidigungsmassregeln der Syrakuser während des Win-
ters 415-414 120
Wiederaufnahme der Belagerung im Jahre 414 123
Kuryalos 125
Erste Kämpfe. Labdalon Syke 127
Yertheidigungsvverke der Syrakuser .131
Oylippos 137
Erste Kriegsereignisse des Jahres 413. Nächtlicher üeberfall
des Demosthenes 140
Lt'tzte Niederlagen der Athener von Syrakus 143
Häckisug der Athener 146
Syrakus nach dem Sieg über die Athener. Diokles. . . . 160
nuvil IV. Syrakus unter Dionysios I.
5^ l. Uoi" Ausgang des Hermokrates 161
ij :* Dionysios wird Tyrann. Neue Einwohner und Befestigung von
Urtygia. Kämpfe des Tyrannen mit der republikanischen
Partoi 163
ij H. l)ioa>hiio.s befestigt die ganze syrakusische Terrasse . . . 170
jj {. Nciu^ Küstungen des Dionysios. Die syrakusische Flotte . . 173
)^ ,v Uio karthagische Behvgerung von Syrakus 177
i^ ti VauU^ tlor Herrschaft des Dionysios 1 183
rhoil \ Vou hiou>hios U. bis zw Hieron II.
^ l. Uu»u>sios U 186
S -J. Uu»u . . 188
S H. hnudoon .195
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10.
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U.
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12.
^
IH.
— xt —
Seite
§ 4. Agathokles • 201
§ 5. Hieron II 20:)
§ 6. Ortygia im Alterthum 207
Tb eil VI. Römische Epoche.
s^ 1. Hieronymus. Wiederherstellung der Republik 209
§ 2. Der Krieg mit den Römern 213
i^ 3. Belagerung von Syrakus 214
§ 4. Einnahme von Epipolai 219
§ 5. Fortgang der Belagerung 224
§ G. Einnahme von Achradina und Ortygia 225
§ 7. Betrachtungen über den Bericht des Livius 227
§ 8. Einige Bemerkungen über die Einnahme von Syrakus . . 234
«^ 9. Marcellus und die Kunstwerke in Syrakus 237
§ 10. Syrakus bis zur Zeit Ciceros 239
§ 11. Syrakus zur Zeit Ciceros 240
§ 12. Letzte Schicksale von Syrakus im Alterthum 250
BUCH III.
Die wichtigsten der erhaltenen Bauwerke des alten Syrakus.
T h e i 1 I. Das Trinkwasser und die alten Wasserleitungen.
§ 1. Geologische Bildung der syrakusischen Landschaft .... 252
§ 2. Quellen und latente Wasser 256
§ 3. Die vermeintliche ('rimitileitung 2.59
§ 4. Die antiken Wasserleitungen 265
§ 5. Höhenverhältnisse der latenten Wasser von Syrakus . . . 272
§ 6. Die syrakusischen Brunnen 274
T heil II. Andere Bauwerke.
§ 1. Das Kastell Euryalos 275
§ 2. Die syrakusischen Tempel 284
§ 3. Das Theater 290
ij 4. Die Gräberstrasse oberhalb des Theaters 295
S 5. Die Latomie des Paradieses mit dem Ohre des Dionys und
der Piscina di S. Nicolo 297
§ 6. Der grosse Altar Hierons II 299
§ 7. Das Amphitheater 301
i? H. Das römische Gebäude in der Campagna Bufardeci . . . 305
T li >M I in. Die Kirrakn-stHcben Gräber. seiw
^ 1. Gräber Tiirhelleni sehen Charakters 310
8 2. GrieKhiBche nnd gripchisch-röniiEfhe Grabanlageu .... 319
% H. Eiuige BemerkoDgen über <li« sTrakn.sischen Katakomben 324
Krklürnng iler KaHeii 329
Begifiter 336
Maddalena. Due Fratelli. Buonservizio. TerraEuie v
DIE STADT SYRAKUS
IM-ALTERTIIUM.
Einleitung
Bedentnng der Topographie von Syrakus und Zasamiueustelliing
der bemerkenswerthesten modernen Schriften über dieselbe.
Die Topographie von Syrakus ist für die Geschichte von der
}j:rössten Wichtij^keit.
Unter allen griechischen Städten in Italien, Sicilien, Gallien war
es die grösste, die mächtigste und hatte zufolge ihrer Politik und
ihrer Bildung weit und breit den bedeutendsten Einfluss.
Gebührt Sicilien der Ruhm mehr als einmal der wachsenden
Macht Karthagos einen unüberwundenen Damm entgegengesetzt zu
haben, so war es Syrakus, welches stets die lebendigen Kräfte der
Insel in sich vereinigte und sie unter der Führung seiner Tyrannen
und seiner Feldherren geschickt gegen den gemeinsamen Feind ver-
wandte. An seinen Mauern, an seiner Flotte brach sich die Macht
Athens, als es nahe daran war die Hegemonie der Hellenenwelt zu
übernehmen, und bald darauf wurde es die Hauptstadt eines Reiches,
welches sogar einen Theil von Unteritalien umfasste ; Syrakus endlich
zog nicht nur zu verschiedenen Zeiten die grössten griechischen
Dichter und Gelehrten an, sondern brachte auch selbst Männer her-
vor, welche in den verschiedenen Zweigen der Wissenschaft von
höchster Bedeutung waren.
B^s wird also interessant sein von der Stadt, welche für die
grösste unter den Städten hellenischer Gründung gilt, die Lage, die
Vertheilung der Quartiere und die erhaltenen Ueberreste genau
kennen zu lernen.
Lupus, Die Sladt Syrakus. 1
2
Syrakus hatte verschiedene und ebenso heftige wie hartnäckijje
Belagerungen zu ertragen , von denen eine , geleitet von den
tüchtigsten Feldherren Athens, den grossen griechischen Geschicht-
schreiber Thukydides zu den wirkungsvollsten Partien seines Werkes
begeisterte. Eine sorgfältige Untei^suchung und Darstellung der Topo-
graphie dieser Hauptstadt Siciliens erläutert also zugleich einige
wichtige Abschnitte der alten Schriftsteller und ganz besonders
des Thukydides, der dem Krieg Athens gegen Syrakus den vierten
Theil seines ganzen Werkes gewidmet hat ; sie erläutert den
Diodor und den Livius und \iele Stellen in Ciceros Verrinen,
welche sich auf die verschiedenen topographischen Punkte der Stadt
beziehen. ^
Zu diesem doppelten, historischen und litterarischen, Interesse
kommt noch der wichtige Umstand, dass sich bis heute in Syrakus
Denkmäler von nicht geringem Werth erhalten haben, wie das
griechische Theater, der ein Stadion lange Altar, einige Tempel,
viele Gruppen von Gräbern verschiedener Formen und Zeilen, die
Latomien, die Mauerreste rings um die gewaltige Terrasse, welche
die weit ausgedehnten Stadttheile trug, die Wasserleitungen , mit
grosser Kunst durch den lebendigen Felsen gebrochen, das Kasteil
Euryalos, ein erstaunliches und auf dem Gebiet der antiken Festungs-
baukünst fast einziges Werk — und es wird einleuchten, dass ein
genauer topographischer Plan auch für die Geschichte der alten
Kunst von dem höchsten Nutzen sein muss.
Die Wichtigkeit einer genauen Topographie des alten Syrakus
konnte den Gelehrten der letzten Jahrhunderte nicht entgehen.
Seit dem Wiederaufleben der klassischen Studien, an denen die
Geschichte und die Topographie einen wesentlichen Antheil haben,
beschäfligten sich tüchtige Gelehrte mit der Geschichte und Geo-
graphie des alten Siciliens und insbesondere mit der Topographie
von Syrakus. Im 17. Jahrhundert gab es in dieser Stadt noch einige
antike Ueberreste, welche heute völlig verschwunden sind. Für diese
sind die Arbeiten der damaligen Gelehrten über das alte Syrakus
noch immer recht werthvoll wegen der Beschreibung der einzelnen
Ruinen. Weniger glücklich waren im ganzen dieselben Gelehrten,
wo sie den antiken Resten Namen beilegten, welche sich bei den
griechischen und römischen Schriftstellern fanden, oder wo sie die
betreffenden Stellen derselben erk^^~* -^ ' diese Arbeiten
— 3 —
werthvoll wegen der Mitlheilungen, welche sich auf eigenen Augen-
schein von Alterthümern gründen, dagegen weniger wichtig, wenn
sich weitere Erläuterungen daran schliessen. Einige nützliche Notizen
gibt über Syrakus das Buch des syrakuser Patriciers und Historio-
graphen Karls V., Mario Arezzo :
M. Aretii Siciliae Chorographja. Palermo 1527, 8», und
öfter, auch in dem Graeve'schen Thesaurus :
Thesaurus Antiquitatum et Historlarum Siciliae, Sardiniae et
Corsicae, digeri coeptus cxira et studio J. G. Graevii, cum
praefat. P. Burnianni, Leyden 1723-25, 15 Bde, fol. Dieser The-
saurus enthält eine grosse Anzahl brauchbarer Arbeiten über Sicilien,
ins Lateinische übersetzt, wenn das Original in einer andern Sprache
geschrieben war.
Von geringerem Belang ist der Artikel über Syrakus in dem
sonst interessanten Buch des Dominikaners Leandro Alberti :
L. Alberti, Descrizione di tutta VItalia. Bologna 1550, fol.
und ff. Auflagen.
Dagegen ist sehr wichtig die Beschreibung von Syrakus in dem
prächtigen Werk eines andern Dominikaners, Tomm. Fazello, geb. in
Sciacca 1490, gest. in Palermo 1570, mit Fug und Recht der Vater
der sicilischen Geschichte und Geographie genannt :
T h. Fa z e 1 1 i , De rebus Siculis decades II. Palermo 1558-60,
fol. und weitere Auflagen; eine mit Anmerkungen und Fortsetzung
von V. M. Amico ist in Gatania 1749-53, 3 Bde fol. erschienen.
Lateinisch in Graeves Thesaurus Bd. IV.
Der erste jedoch, welcher sich speziell mit der syrakusischen
Topographie beschäftigt hat, war der Gavaliere Vinc. Mirabella e
Alagona- aus Syrakus, der im Jahre 1613 in Neapel seine Erläuterung
zu dem Plan des alten Syrakus veröffentlichte unter dem Titel :
Dichiarazione della pianta delle antiche Siracuse e di alcune
scelte medaglie di esse, descr. da D. Vincenzo Mirabella e
Alagona. NapoU 1613, 4». Lateinisch im Thesaurus Bd. XL
Die Karte, nach Idee und Ausführung ein Werk von Mirabella,
zerfällt m 9 Blätter und enthält nach dem Brauch jener Zeiten die
Rekonstruktion der antiken Stadt, mit den öffentlichen und Privat-
Gebäuden, mit den Strassen, Plätzen, Mauern u. s. w. Es ist also
ein Phantasiegebäude, basiert auf wenige thatsächliche Elemente. In
dem beigefügten Text sind die Steifen der alten Schriftsteller über
■ tu. I
> Sluilie
zugänglich machte und so dio Stmlicii rilicr die Nyinkuxii^rho Tii|iii-
graphie bedeutend erleichterte.
Die ersten, welthe diese wieder niiliiahiin^ii, wnii'H Hcincmli'
des Auslands, die in ihren Beschreibungen des in Siinlieii (ii'Ni'hcni'M
auch von den allen Slädten der Ini^el und nulürlii-li in crHli'i' Miiii<
von Syrakus sprechen. Die Zahl ili-rwilhen iH von iter Mille lU—
18. Jahrhunderts an in stelein Wiirlim-n iM-tcritTeii ,
Es liejfl von vornehen-in auf der Hand, AiinK niiht alle iljcsc
Beschreibungen einen wissenscIiaD liehen Werlh hnlx.-n kfinrieri. Viele
Beisende waren zwar (fehildet, alwr dwii nirlil gelelirl, und wenn
sie in ihren VerölTenthchungen der Kindrfkke, welrhc nir beim
Besuch von Syrakus empfanften hal>en, »ifiht verrehleri mich fibci
seine Aiterthümer zu «prechen, wi wietlßrlioten mi: elx-n nur iln«,
was sie aus dem Hunde der I»kakii«r<irii gehört hal>en. IterKh'i' heii
Berichte können a\si> für die wim-ienscharilich«; Tiifiogruphre keinfii
grofisen Werth haben. Andere Heißende waren fielehrt« und Iwfl'Ti
auf Grund ihrer Kennlni.s-He xehr wohl der Wiswnwhiffl ilii;wu
können, aber sie hielten sich meisten theils nir.ht hinii; ;f>-ririK In
Syrakus auf, um die Ruinen und die T'ipo{rraphie jrrriridlirh sfiidn-ciF
zu können ; so Ira^'en ihre S';hrifteTi mehr '-der w-niypr den iAi-.ir^UUr
der Oh«rflüi;hlichkeit an «ich. Nur wnni'/i', i\','r^;r flei."'ri'l<'n vr-
lirifiny, **■! t^ w^yf^, ihrer wuhl ^nywaridl'Ti hl.i-.
-^j es wegen ihrer ^nindlichen B'-"br'-ll.'Mi;f d'-r
üt^r'hüm
, iM( der ho<Un.li*-he Prof^-w-or (l'fdville,
k'loch btt <«tn RtMeheri'-ht «^ril nnch u-ir>i'i
ilie Topographie von Symkus angeführt und erklärt. Su wichtig das
Werk von Mirakelb wegen der Mittheilungen über damals noch
vorhandene Ituinen ist, so unglücklich sind oft seine Erklärungen
der Autoren stellen.
Einige Jahre später veröffentlichte der grosse Geograph Phil.
Cluver, geb. -1580 in Djinzig, gest. 1623 in Leyden, sein schönes
geographisches Werk über das alte Sicilien : "
Phil. Ciuverii Sicilia antiqua.. Leyden 1619, lol. Lateinisch
im Thesaurus Bd. I.
Cluver hat in eminentem Grad die Eigenschaften, welche Mira-
hella fehlen ; in der holländischen Philoli^enschule gebildet, hat er
wenige sei n&sglei eben in richtigem Verständnjss und gesunder Text-
kritik. Wählend er jedoch viel Sorgfalt darauf verwendet, die allen
Stäiitenainen gei^raphisch zu bestimmen und ihnen auf der Karte
von Sicilien den rechten Platz anzuweisen, interessiert er sich wenig
fnr die Topographie der einzelnen Städte und geht nicht näher auf
ilen Bestand der Ruinen in denselben ein. Cluver ist Geograph und
nicht Topograph ; deshalb wird sich in diesem Buch nicht oft die
Gelegenheit linden auf ihn zu verweisen.
Die Inthümer, in welche Mirahella verfallen war, wui'den zum
Theil beseitigt und korrigiert von seinem Mitbürger Jacupo Bonanni e
C<ilonna :
J. Bonanni e Colon na, duca di Montalhano, Uanlica
tiintcitsa illustrala. Messina i(i24, 4» ; zweite Aufl. Palermo 1717,
fol. als Rd. I des Werkes Delle a)iUche Siracttse ; Bd. II enthäll
die Voi^änger Bonannis, unter ihnen Miral>ella, und die auf Syrakus
l>ezüglichen Kapitfl der Bücher von Arezzo, Cluver, Fazelto und des
Werkes von G. Wallher über die alten Inschriften von Sicilien.
Indessen fragt es sich, oh nicht der wahre Verfasser des unter dem
Namen Bouannis veröffentlichten Werkes Carrera, der Geschicht-
schi-eiber von Catania isl. S. (Fr. di P. Avolio) Memorie intorno al
rat: Mirabella e Alagoim. Pal. 1829, 8», S, 30, wo citiert wird
Carrera, mem. iator. di Catania S. 8 und 410.
Mit Bonanni linden die etwa hundertjährigen Studien über die
Topographie von Syrakus vorläufig ihren Abschluss und erst wieder
gerade ein Jahrhundert später haben wir den schon mehrere Male
erwähnten Theaaui-us Graevii zu verzeichnen, welcher allen Ge-
lehrten die bisherigen, nicht immer leicht zu beschalTenden Arbeiten
— 5 —
zugänglich machte und so die Studien über die syrakusische Topo-
graphie bedeutend erleichterte.
Die ersten, welche diese wieder aufnahmen, waren Reisende
des Auslands, die in ihren Beschreibungen des in Sicilien Geseheneu
auch von den alten Städten der Insel und natürlich in erster Linie
von Syrakus sprechen. Die Zahl derselben ist von der Mitte des
18. Jahrhunderts an in stelem Wachsen begriffen.
Es liegt von vorneherein auf der Hand, dass nicht alle diese
Beschreibungen einen wissenschaftlichen Werth haben können. Yiele
Reisende waren zwar gebildet, aber doch nicht gelehrt, und wenn
sie in ihren Veröffentlichungen der Eindrücke, welche sie beim
Besuch von Syrakus empfangen haben, nicht verfehlen auch über
seine Alterthümer zu sprechen, so wiederholen sie eben nur das,
was sie aus dem Munde der Lokalciceroni gehört haben. Dergleichen
Berichte können also für die wissenschaftliche Topographie keinen
grossen Werth haben. Andere Reisende waren Gelehrte und hätten
auf Grund ihrer Kenntnisse sehr wohl der Wissenschaft dienen
können, aber sie hielten sich meistentheils nicht lange genug in
Syrakus auf, um diie Ruinen und die Topographie gründlich studieren
zu können ; so tragen ihre Schriften mehr oder weniger den Charakter
der Oberflächlichkeit an sich. Nur wenige dieser Reisenden ver-
dienen eine Erwähnung, sei es wegen ihrer wohl angewandten klas-
sischen Bildung, sei es wegen ihrer gründlichen Beschreibung der
selbstgesehenen Alterthümer. Der erste von ihnen, bei weitem der
gelehrteste von allen, ist der holländische Professor d'Orville. Er war
in Sicilien 1727, doch ist sein Reisebericht erst nach seinem Tode
veröffentlicht worden :
J. Ph. d'Orville, Sicula, ed. P. Burmannus Secundus. Am-
sterdam 1764, 2 Bde. fol. Der zweite Band enthält die Abbildunj^
einiger Münzen. Höchst anerkennenswerth ist die Genauigkeit d'Or-
ville's im Citieren der Quellen und in der Erklärung der alten Texte;
darin besteht gerade sein Haupt verdienst.
Beiläufig sei ein anderes gelehrtes Werk erwähnt, nämlich das
des florentiner Jesuiten A. M. Lupi, gest. 1737 zu Palermo; er
schrieb eine Abhandlung über die Lage des alten Syrakus und die
Oertlichkeiten, welche dieses umfasste, gedruckt in seinen Dissev-
tazioni, lettere ed altre operette, veröffentlicht von P. Zaccharia.
Faenza 1755. 2 Bde. 4«.
In ganz anderer Hinsicht ist sehr wjclitiji tias Werk des tücb-
liyen französischen Malers Houel, der 1776 durch Stcilien reiste.
Alles, was er an Bemcikenswerlhem auf der Insel sah, als da sind
Landschaften, Pläne, Gebäude u, s. w., zeichnete und besehrieb er
!,''ewissenhafl und veröffentlichte einen guten, mit sehr schönen Tafeln
ausgestatteten Reisebericht :
J. Houel, Voyage pittoresque des iles de SicÜe u. s. w.
Paris 1782-87, 4 Bde. fol. mit 264 Tafeln. Eine deutsche Ueber-
setzung von J. H. Keerl erschien in Gotha 1797-1809, 6 Bde. 8",
jedoch ohne die Tafeln.
Wie in Sicüien mehr als alles andere die Alterthümer die Auf-
merksamkeit auf sich ziehen, so beschäftigte sieh auch Houel vor-
nehmlich mit ihnen, indem er viele Seiten und viele Tafeln den
antiken Resten von Syrakus widmete. Es scheint jedoch, dass in
seinem Voyage pitloresque nicht alle seine Zeichnungen aus dieser
Stadt veröffentticht sind; denn Munter (S. 371 der deutschen Ausgabe)
spricht von Zeichnungen Houels, auf denen das Kastell Euryalos
dargestellt sei; diese finden sich aber nicht in obigem Werk.
Einen ähnlichen Zweck wie Houel verfolgte' Saint-Non, gleich-
falls französischer Künstler, der Sicilien besuchte und seine Land-
schaften und Denkmäler in folgendem Werke veröffentlichte :
Saint-Non, Voyag.e pittoresque oii description des royaunwi
de Naples et de Sicile. Paris 1781-86, 5 Bde. fol. mit Tafeln;
zweite .\ufl. Paris 1828. Deutsche Uebersetzung von Keerl mit wenigen
Tafeln. Gotha 1789 ff. 12 Bde. 8".
Indessen bieten die Tafeln des prächtigen Werkes von Sainl-Non
mehr malerische Ansichten der interessantesten Punkte der Insel als
genaue Wiedergaben der einzelnen Denkmäler. Deshalb ist für die
Topographie von Syrakus aus dem Werke Saint-Non's wenig zu
holen, Unter den übrigen Reisenden des vorigen Jahrhunderts waren
die gelehrtesten und gewissenliaftesten in der Beschreibung der syra-
kusischen Alterthümer der Däne Munter und der Deutsche Bartels ;
F. Munter, Efterretninger om begge Stcilienie, Kopenhagen
1788-90, 2 Bde. 8»; deutsch, Kop, 1790, 8»; italienische Ueber-
setzung von F. Peranni. Palermo iH&i, 2 Bde. 12".
J. H. Bartels (f 1850 als Bürgermeister in Hamburg) Briefe
Übel' Kaluhrien und Sicilien. Götlingen 1787-92, 3 Bde. 8", Dn
dritten Band behandelt er Syi'akus.
— 7 —
Andere Reiseberichte des vorigen Jahrhunderts sind :
(von Riedesel), Reise durch Sicilien u. s. w. Zürich 1771, 8<*.
Es gibt davon auch eine französische Uebersetzung.
P. Brydone, A totir through Sicily. London 1772, 8®; auch
in deutscher (Leipzig 1774) und französischer Uebersetzung.
Swinburne, Travels in the two Sicilies, 1777-80. London
1783, 4 Bde. 8»; ins Deutsche von J. R. Forster, Hamburg 1785,
2 Bde., und ins Französische übersetzt.
G. de Borch, Lettres sur la Sicile. Turin 1782, 2 Bde. 8®;
deutsch, Bern 1796.
L. Graf zu Stolberg, Reise durch Deutschland u. s. w.
Königsberg 1794, 4 Bde. 8^ ; über Syrakus im vierten Band.
Unterdessen war auch schon "in Syrakus selbst, wie überhaupt
in Sicilien der Eifer für die Alterthumsstudien neu erwacht und
ein syrakusischer Patricier, der Gavahere Saverio Landolina
(1743-1813) erwarb sich nicht nur durch ihre Förderung, sondern
auch durch eigene ausgedehnte und ernste Nachforschungen einen
Namen. Er veranstaltete Ausgrabungen, durch die manches Werthvolle,
z. B. 1803 der Aesculap, 1804 die Venus gefunden wurde; er unter-
stützte die gelehrten Ausländer, welche damals Syrakus besuchten,
wie Munter und Bartels, in ihren Forschungen und blieb mit ihnen
auch nach ihrer Abreise in Briefwechsel. Ueber seine eigenen Ar-
beilen s.
Fr. di P. Avolio, Lettere intorno agli studi del Cav. Lan-
dolina. Syrakus 1836, 8».
Ein anderer vornehmer Syrakuser, der sich mit ähnlichen Studien
beschäftigte , war der Graf Ges. Gaetani della Tori*e,
dessen Arbeiten über syrakusische Alterthümer jedoch nicht alle
gedruckt sind. Einige finden sich veröffentlicht in den Opuscoli di
Äutori Siciliani (20 Bde., Palermo 1758 ff. 4^), Bd. VI und XIX,
und in der Niiova Raccolta dl opuscoli di aut. Steil. (9 Bde.,
Palermo 1788 fi\ 4^), Bd. III und VII.
Ferner gaben die Syraku.ser Gius. Logoteta und Gius. Mar.
Gapodieci zusammenfassende Abhandlungen und Bücher über die
Alterthümer von Syrakus heraus :
Gius. Logoteta, GH antichi nionumenti di Siracusa illus-
trati. Napoli 1786, 8», Gatania 1788, 8<> und Artikel in der Nuova
Raccolta Bd. II. III. VI.
G. M. Capodieti, Antichi monumeiiti di Siracnsa. Syrakus
1816, 2 Bde. 4°.
lieber auriere Werke gelehrter Syrakuser vom Anfang dieses
Jahrhunderls s. Narboiie, Bibliografia Sicola, I, 230.
Interessant ist aiicli :
Ign. Paternö Castello, principe rii Biscari, Viaggio
per tutle le antichitä di Sicilia. Napoli 1781, 4» u.f. Aull.
Es folgte die Zeit der englischen Okkupation Siciliens. Von einem
für die kljssischen Studien so begeisterten Volk, wie den Engländern,
iiess sich ein erbebliclier Fortschritt in der Erforschung der sici-
lischen und speziell der syrakusischen AlterthOmer erwarten. Allein
die von den Engländern als Frucht ihres Aufenthalts auf der Insel
vei-öffenilichlen Bücher über Sicilien berühren unsern Gegenstand
nur im Fluge. Die Beschreibung Siciliens von dem englischen Kapitän
Smylli (geb. 1788, starb als Admtral 1865) und die von demselben
herausgegebenen Karten sind Dokumente, welche mehr Werth für
die Insel und ihre Küsten im allgemeinen als für die Stadt Syraktis
und ihre AÜerthümer im besonderen haben, obgleich auch ül>er
diese der Verfas-ser mit gutem Urtheil spricht :
"W. H. Smyth, Sicüy and its islands. London 1824, 4", mit
Kupferstichen und einem hydrographischen Atlas von 32 Tafeln gr. fol.
Kim waren aber von Engländern, welche sich damals in Sicilien
aufhielten, topographische Arbeiten über Syrakus unternommen
worden, die zwar selbst nie an das Tageshcht kamen, aber wenig-
stens theilweise Andern von Nutzen wai-en, welche die Gelegenheit
hatten sie einzusehen. Solcher Vorarbeiten konnte sich der Engländer
Thom. Arnold für seine wertiivolle Thukydidesausgahe bedienen,
welche mit guten Karlen ausgestattet ist (3 Hde. Oxfoi'd 1835) ;
s. J. F. Böttcher, Praef. libelli de rebus Syrac. S. 21.
Im zweiten DszenniunL unseres Jahrhunderts beginnen auch die
kritischen Aibeiten über die Topogiaphie von Syrakus. Zuerst liat
-ich dei franzosihche \iüiaologe A Letro nne (1787-1848) erfolg-
reich damit beschäftigt in seinem E't^ai cHtique sur ta topographie
de Sy}acitse au commencement dv V' siede avant Vere vulgaire.
Paris 1812, 8", neb'-t einem Plan. Auch in dessen Oeuvres choisies,
hrsgb. von Fagnan, Paris 1883, 2, Sei-. 1. Bd., S. 17-70. Auf
Letronne folgte bald der deutsche Fr. Goeller, der hekannle Heraus-
geber des Thukydides :
— 9 -
Fr. G e 1 1 e r , De situ et origine Syvacusanim, Leipzig 1818, S"^
nebst Plan. Goeller hat für die topographischen Details oft einfach
Letronne wiedergegeben.
Aug. Arnold, Geschichte von Syrakus, von Gründung der
Stadt his Dionys. Gotha 1816, 8», ist von geringem Werth. Auch
W. Wilkins, The antiquities of Magna Graecia. Cambridge
1807, fol. mit 85 Tafeln, behandelt die Architektur Siciliens in
ungenügender Weise.
Schliesslich nennen wir noch einige Reiseberichte, theils illu-
.striert, theils nicht :
Seume, Spaziergang nach Syrakus. Braunschweig 1803, 8'*
und in anderen Ausgaben.
Blaquiere, Letters froni • the Mediterran. London 1813,
2 Bde. 8«.
C. Grass, Sicilische Reise. Stuttgart 1815, 2 Bde. 8^ mit
Ansichten in- fol.
K. W. Kephalides, Reise durch Italien und Sicilien . 2 Bde.
Leipzig 1818, 8».
F. Gaertner, Ansichten der griechischen Monumente Sici-
liens, München 1819, fol.
Th. Hughes, Travels to Janina u. s. w. London 1819.
G u r b i 1 1 n , Voyage critique d VEtna. Paris 1820, 2 Bde. 8*\
A. de Sayve, Voyage en Steile. Paris 1822, 3 Bde. 8o.
G. de Forbin, Souvenirs de la Steile. Paris 1823, ^^.
J. Tommasini, Brief e aus Stcilien. Berlin 1825, 8®.
(G. P a r t h e y), Wanderungen durch Stcilien und die Levante,
Bd. L Berlin 1834, 8^.
So stand es mit den topographischen Studien über Sicilien, als
Dr. Böttcher, Professor am Dresdener Gymnasium, sich an eine
abschliessende Arbeit über den Gegenstand machte. Aber das Unter-
nehmen war zu schwierig für einen Mann, welcher so fern von
seinem Studienobjekte lebte, zumal in einer Zeit, wo die Verkehrs-
mittel noch lange nicht so entwickelt waren wie heute. Er hat in
der That eine reiche Fülle von Material gesammelt, aber als reife
Früchte seiner umfassenden und eindringenden Studien erschienen
nur zwei kleine hochgelehrte Abhandlungen : die erste eine Einfüh-
rung in die Topographie von Syrakus, in welcher der Verfasser über
die Hülfsmittel, die uns für eine derartige Arbeit zu Gebote stehen,
— 10 —
spricht, die zweite eine neue Recension der Kapitel rfes T. Livius
über die Belagerung von Syrakus :
Ad examen publicum in gymnasio Dresdensi concetebranduni,
invitant etc. Praetnissae i. F. Boettcheri praefattones libelli
de rebus Syracnsanis apud Livium et Plutarchum. Dresden 1838, 8".
Viro ampl. J. Th. Kreyssigio congratulaiitur etc. interpr.
,1. F. Boettchero. Insunt Ltvii de rebus Si/focusanis capita ad
fidem. Puteaiti emendata. Dresden 1839, 8".
Von jetzt an machte die syrakusische Topographie grosse Fort-
schritte, weniger durch zusammenfassende Publikationen als durch
Spezial arbeiten. Von geringem Nutzen dagegen sind die Reiseberichte,
weil (leren Verfasser bei ihrem kurzen Aufenthalt in Syrakus lediglich
das, was sie gesehen hatten, verzeichnen und höchstens ihre Mil-
theiluiigen mit Zusätzen verbrämen konnten, deren Quelle entweder
aus Spezial arbeilen oder aus dem Munde der Ciceroni floss. Deshalb
beschränken wir uns auf die Erwähnung folgender drei Schriften,
in denen sich manche werthvolle Notizen finden :
Marquis of Orraonde, An aittumn in Sicilg. Dublin
1850, 8".
A. G. Cariis, Sicüien und Neapel. Würzen 1856, 8".
F. Gregorovius, Siciliana. Leipzig 1865, 8".
Neue Beobachtungen zu machen ist fibrigens sehr schwer für
einen Reisenden, welcher nur wenige Tage in Syrakus verweilt,
withrend andere Monate oder ganze Jahre hindurch sich speziell mit
dergleichen Untersuchungen beschäftigen, und überdies das Interesse,
welches die Regierung oder Private an der Erhaltung und Veröffent-
lichung der Alterthiimer nehmen, berufenste Persönlichkeiten für
deren Studium gewinnt. So war von der höchsten Wichtigkeit, was
für Syrakus, wie für die anderen alten Städte der Insel, nicht nur
im Auftrag der Regierung, sondern auch auf Anregung und Kosten
des hochverdienten Herzogs von Serradifalcn (1783-1863) in folgendem
Pj'achtwerk geleistet wurde:
Dom. lu Faso, duca di Serradifaico, Le antichitä di
Sicilia esposle ed illuslrate. Palermo 1832-42, 5 Bde. fol. mit
174 Tafeln.
Der Stadt Syrakus ist der vierte Band gewidmet, reich an archi-
lektonischen Illustrationen, Ansichten, General- und Spezial planen.
Die in diesem wie in den anderen Bänden ' "' ' = enthaltenen
— 11 —
Zeichnungen und Pläne verdankt man dem umsichtigen Fleiss des
Ingenieurs Fr. Sav. Gavallari, des Urhebers auch dieser Topo-
graphie von Syrakus. Gavallari leitete in Syrakus die Ausgrabungen,
welche nicht wenige vordem unbekannte antike Denkmäler an das
Tageslicht schafften ; er vermass und zeichnete alle antiken Denk-
mäler der Stadt ; er entwarf einen Plan von Syrakus, welcher alle
bis dahin existierenden in den Schatten stellte. So wurde der vierte
Band der Antichitä di Sicilia von Serradifalco, wie überhaupt das
ganze Werk dieses Paiermitanischen Mäcen, ein sehr werthvolles
Hülfsmittel für die Wissenschaft, unentbehrlich für diejenigen, welche
sich mit Untersuchungen über syrakusische Topographie beschäftigen.
Mehrere Karten zeigen die Gestaltung der gewaltigen Stadt in den
verschiedenen Epochen des Alterlhums. Unabhängig von seiner Be-
theihgung an dem Werke Serradifalcos hat Gavallari später in Spezial-
arbeiten einige Einzelpunkte der syrakusischen Topographie behandelt.
Diese Arbeiten finden sich theils in den Publikationen des römischen
Islituto di Gorrispondenza archeologica, theils in den Bullettini der
(nicht mehr bestehenden) Gommissione di Antichitä e Belle arti di
Sicilia, gedruckt zu Palermo 1864 ff., auch in der Illustrazione dei
Monumenti in Sicilia, mit photographierten Tafeln, Palermo 1872.
Ferner hat Gavallari in deutscher Sprache veröffentlicht : ^Zur Topo-
graphie von Syrakus, nebst einem Plan, in den Göttinger Studien.
Göttingen 1845.
Ein werthvolles Hülfsmittel für die alte Geographie und Topo-
graphie sind insgemein die Inschriften ; für Syrakus jedoch haben
sie in ihrer geringen Anzahl keine hervorragende Bedeutung. Bekannt
sind die Sammlungen von Georg Walther, von Torremuzza und des
Corpus Inscriptionum Graecarum, dessen 3. Band die syrakusischen
Inschriften enthält; die Berliner Akademie hat nunmehr eine voll-
sländigere und korrektere Veröffentlichung der lateinischen Inschriften
der Insel im 10. Band des Corpus Inscriptionum Latinarum vollendet;
die der griechischen Inschriften ist in Vorbereitung.
Einige griechische Inschriften, welche Gavallari vor wenigen
Jahren in den ausgedehnten Katakomben von S. Giovanni entdeckt
hat, sind von dem Kanonikus Isid. Garini im Archivio Storico
Sicihano und im Bullettino della Gommissione kommentiert worden.
Und dass auch Reisehandbücher QÜtzliche Hülfsmittel selbst für
den Gelehrten sein können, beweist :
— l'i -^
(G. Dennii^), A Handbook for Travellers in SicUij. London,
Murray 1864, ein Buch voll werlhvoller Notizen und überhaupt ein
Muster von Genauigkeit.
Hier haben wir noch zwei andere englische Gelehrte zu erwähnen,
welche die historische Topographie von Syrakus nicht wenig gefordert
haben, den Colonel M. Leake und G. Grote :
M. Leake, Topographicnt and Mstoncal noles on Syracuse.
Traiisactions of the Royal Society of Literature. London -1850 nebst
Plan.
G. Grote, Historij of Greece, l.Aull. London 1851-56, 12Bde. 8".
Beide haben ganz besondere Sorgfalt auf die Topographie der
athenischen Belagerung von Syrakus verwandt. Die zweite Auflage
des Gi-ote'sclien Werkes ist in dieser Beziehung vollständiger als die
ei-sle. Leake und Grote sind, wie sie es verdienen, von dem Schreiber
dieser Einleitung in der Partie seiner Geschichte Siciliens, welche
von jener Belagerung handelt, benutzt und citiert worden :
Ad. Holm, Geschichte Siciliens im Alterthum, 1 Bde. 8",
mit vielen Karlen, Leipzig 1870-74.
Es sind in diesen beiden Bänden alle wichtigen Fragen der
syi-akusi sehen Topographie bis zur Epoche Hieros IL besprochen ;
wenn in dem vorhegenden Werke einige von ihnen eine abweichende
Lösung gefunden haben, so ist dies das Resultat weiterer Forschungen,
welche für den neuen Plan der Stadt erforderlich waren.
Ferner ist es hier am Orte einiger neueren Arbeiten Erwähnung
^u Ihun, welche Iheils die Alterthfimer von Syrakus, theils seine
historische Topographie zum Gegenstand haben. Bezüglich der ersteren
finden wir im BuUetlino Sicitiano und im Archivio Storieo Siciliano
interessante Artikel von Fr. di Giovanni; der zweiten gelten
die Arbeiten über die Belagerung und den Rückzug der Athener
von Meinshausen (Mühlhausen 1856, 4»), Rottsahl (2Thle.,
Latigensalza 1878 und 1879, 4"), Classen und Kiepert (in dei'
C lassen 'sehen Thukydidesausgabe), und die karthagische Belagerung
im Jahre 396 v. Chr. schildert das schöne Werk von 0. Mellzer,
Geschichte der Karthager, Hd. I (S. 197-199 und 5i;t-514). Leipzi;;
1879, 8".
Derjenige aber iintei' den neueren Gelehrten, welcher mehr als
irgend ein anderer Hie syrakusische Topographie sowohl durch Nach-
forschungen an Ort und Stelle als durch kritische Behandlung dej'
»
L_
— 13 —
alten Texte gefordert hat, ist Julius Schubring, jetzt Direktor
des Lübecker Gatharineums. Er brachte wiederholt ganze Monate in
Syrakus zu, mit unermüdlichem Eifer das Terrain und die Denk-
mäler in Stadt und Umgebung studierend. Veröffentlicht hat er in
Bezug auf Syrakus folgende Abhandlungen :
Die Bewässerung von Syrakus, Philologus XXII S. 577-638
nebst Plan.
Achradina, Ein Beitrag zur Stadtgeschichte von Syrakus.
Rheinisches Museum. N. F. XX S. 15-63 nebst Plan.
Der neuausgegrahene Tempel zu Syrakus, Philol. XXIII
S. 361-367 mit 2 Tafeln.
Ueher das neuausgegrabene römische Gebäude in der Cam-
pagna Bufardeci zu Syrakus. Monatsbericht der königl. Akademie
der Wissensch. zu Berlin. Juli 1865, mit 2 Plänen.
Diese Schriften, von denen die zwei ersten ganz besonders wichtig
sind, Hessen unter den jetzt lebenden Gelehrten Schubring als den
allein geeigneten erscheinen, die ersehnte Topographie von Syrakus
zu schreiben, und dies um so mehr, als fast in seiner Gegenwart
die Reste des Arlemistempels auf Ortygia und das römische Gebäude
in der Gampagna Bufardeci entdeckt wurden, so dass man behaupten
kann, dass wenige das alte Syrakus besser als er kannten. Aber
Schubring hat das von ihm erwartete Buch nicht geschrieben, noch
scheint er, fern wie er von Sicilien lebt, geneigt es zu schreiben.
Uebrigens fehlte auch damals, als er sich auf der Insel aufhieU,
noch jene solide Basis einer historischen Topographie, ^lämlich eine
Karte, welche aufs genaueste die Bodengestaltung wiedergibt.
Heute jedoch, wo der italienische Generalslab seine Karte im
Massstab von 1 : 50,000 veranstaltet und dem Publikum zugänglich
gemacht und ausserdem in noch detaillierterer Ausführung (1 : 10,000)
einen Spezialplan von Syrakus entworfen (aber nicht veröffentlicht)
hat : heute ist das Unternehmen möglich geworden, welches nunmehr,
dank der Liberalität der italienischen Regierung, der Beförderin von
Kunst und Wissenschaft, der Oeffentlichkeit vorliegt. Es besteht in
einem genauen Plan des alten Syrakus, welcher sowohl die gegen-
wärtige Beschaffenheit des Terrains und die modernen Gebäude, als
auch alle vorhandenen antiken Ueberresle angibt, aus einer histori-
schen Karte der alten Stadt in ihren zwei Hauptepochen, zwei geo-
logischen Durchschnitten der syrakusischen Terrasse und einigen
— li —
Darstellungen von Denkmälern hervorraf;eiider Bedeutunft. Diesi;
Kartet] sind >)egletlet von einem Text In drei Biichern. Das ei-s1e
enthält die Beschreibung des Terrains und seine Beziehungen zu der
allen SladI; das zweite verfolgt die Entwicklung derselben von ihrer
Gründung bis zur Schwelle des Mittelalters unter fortlaufender topo-
graphischer Erklärung aller Stellen der alten Autoren, welche sich auf
die Erlebnisse und Schicksale von Syrakus und vornehmlich auf die
verschiedenen Belagerungen der Stadt beziehen; das dritte Buch
endlich bespricht eingehender die wichtigsten der erhaltenen Denk-
mäler des alten Syrakus.
Hoffen wir, dass diese Arbeil bei dem gelehrten Publikum, für
das sie bestimmt ist, wohlwollende Aufnahme ßnde; kann man doch
behaupten, dass »ie einem seil lange in der GelehrtenweU kund-
gegebenen Bedurfniss enigegenkomml. Wir haben nichts verabsäumt,
um sie zu möglichster Vollkommenheit zu führen. Es kann sein,
dass die von uns vertretenen Meinungen mitunter irrthümlich sind;
nber für alle Fälle haben wir wenigstens das Material zusammen-
getragen, mit dessen Hülfe Andere es besser machen können.
Polemik haben wir, so weit es nur anging, zu vermeiden gesucht,
indem wir meist nur unsere Ansichten auseinandersetzten ; nicht als
ob wir das, was Ändere gesagt, nicht gebührend berücksichtigt hätten,
sondern um allzugi-osse Weitschweifigkeit zu vermeiden.
Andererseits haben wir es für nützlich erachtet, ausführlich die
einschlägigen Stellen der allen Autoren zu citieren, damit diejenigen,
welche die Topographie von Syrakus mit Hülfe des vorliegenden
Buches studieren wollen, mit grösserer Leichtigkeit über den WeiHi
der von uns vorgebrachten Erklärungen urlheiien können.
ERSTES BUCH.
«
Topographische Beschreibung Von Syrakus und
Umgegend.
§ 1. Die Lage der Stadt im allgemeinen.
«Als Archias der Koriniher, wegen Gewaltthal und Blutschuld
aus seiner Vaterstadt verbannt, zugleich mit dem Achäer Myskellos
das Orakel zu Delphi über die Gründung einer Kolonie befragte,
richtete der Gott seinerseits an sie die Frage, ob sie Reichthum oder
Gesundheit vorzögen. Archias wählte den Reichthum, Myskellos die
Gesundheit; und nun hiess Apollo den ersteren Syrakus gründen,
den letzteren Kroton.» So die vielleicht erst nachträglich entstandene
Sage. In ihr ist sowohl die spätere Entwicklung von Syrakus, als
auch seine dieselbe bedingende Lage angedeutet. Keine der wesl-
hellenischen Gründungen war reicher und mächtiger als diese, keine
hatte wie diese die Lage einer Weltstadt. Die Kehrseite bildet die
vor den Thoren brutende Malaria.
Die Oertlichkeit ist nur im Zusammenhang mit der gesamten
Bodenbeschaffenheit Südostsiciliens zu verstehen. In der Gegend von
Gastrogiovanni, dem antiken Henna, in dessen hochragender Felsen-
kuppe die Alten den Nabel Siciliens erblickten, zweigt sich von dem
Hauptslock der den Nordrand der Insel begleitenden Apenninnen-
fortsetzung ein Gebirgszug ab, welcher von seinem Centrum, dem
985 m hohen Monte Lauro, aus sich in breiten von vielen Wasser-
läufen durchfurchten Hochflächen nach der Südostecke Siciliens hin
lagert. An der Ostküste lässt der bald mehr bald weniger steil
abfallende Gebirgsrand einen schmalen Küstensaum übrig. Nur in
der Mitte zwischen der einzigen grösseren Tiefebene Siciliens, der
— 16 —
des Simeto bei Gatania, und dem Vorgebirge Pachynum erweitert
sich dieser Saum zu der über 100 qkni grossen Ebene von Syra-
kus. Diese ist nach allen Seiten hin scharf umgrenzt : westlich
von den Ausläufern des Monte Lauro und seines Nachbarn, des
Monte Venera, südlich und östlich vom ionischen Meer und nördlich
von der breit ins Meer ausladenden Hochterrasse des alten Syrakus.
Die Ostseite erhält ihre Gliederung einerseits durch das zwischen
dieser Hochterrasse und der Halbinsel Plemmyrion zum grossen Hafen
einbuchtende Meer, anderseits durch die wie ein vorgeschobener
Riegel diesen sperrende Insel Ortygia. Die Terrainverhältnisse waren
die denkbar günstigsten für eine Haupt- und Handelsstadt allerersten
Ranges. Insel und Hochterrasse, nebst der zwischen beiden liegenden
Niederung geräumig für eine Million und mehr Einwohner, waren
bei ihrem fast überall ringsum steil abfallenden Felsenrand, welchen
man durch gewaltige Mauern noch erhöhte, von uneinnehmbarei-
Festigkeit, und gerade die schwache Partie in der Niederung war
durch die vor den Mauern ausgebreiteten Sümpfe geschützt. Das
peninsulare Hervortreten über die Küstenflucht wies aufs Meer hin,
welches zur Domäne zu machen zwei ausgezeichnete Hafen die
Gelegenheit boten. Landwärts spendete die weite Ebene, in üppigster
Fruchtbarkeit damals wie heute prangend, nichJ nur Lebensmittel
für eine noch so grosse Stadtbevölkerung, sondern auch reichen
^ Stoff zum Export, und diesem stellte ferner das im Westen ragende
Hinterland seine grosse Produkten fülle in Aussicht. Der Umblick
von der Hochterrasse aus ist von entzückender Schönheit und über-
raschender Grossartigkeit. Auf der einen Seite das tiefblaue, unab-
sehbare Meer, gerade in der Gegend von Syrakus ausnahmsweise
reich an Häfen und Buchten, auf der andern jenseit.der syrakusischen
Feldmark in malerischem Wechsel der Gestaltung die vielfach von
Thalschluchten durchbrochene Bergkette, besonders die imposanten Steil-
wände des Crimiti, über dessen zu dem megarischen Küstensaum herab-
steigende und der seltsam geformten Halbinsel Thapsos-Magnisi sich
nähernde Ausläufer von Norden her majestätisch der schneegekrönte
Aetna ragt. Es ist, als ob Land und Meer mit einander wetteifernd
die Besitzer von Syrakus zu Nutzniessung und Beherrschung einlüden.
Ein von der Natur so bevorzugter Platz muss schon früh zur
Ansiedlung benutzt worden sein. Zu .seiner allseitigsten Ausnützung
ist es erst in Folge der Korintherkolonie auf Ortygia gekommen. Die
— 17 —
hieraus entspringende Blüthe der Stadt Syrakus währte mit vielen
Schwankungen ungeßlhr ein halbes Jahrtausend. Wie weit wir auf
Grund der alten Litteratur im Stande sind, uns ein Bild dieser Stadt
während des Alterthums zu entwickeln, wird das 2. Buch lehren.
Jetzt ist es unsere Aufgabe, die Oertlichkeit näher ins Auge zu fassen,
auf welcher ein so bedeutender Theil der alten Geschichte sich abge-
>ipielt hat.
§ 2. Die Ostkiisten.
Seit unvordenklichen Zeiten bis zum heutigen Tag ist die Ost-
seite von Syrakus langsamen, aber stetigen Veränderungen ausgesetzt.
Die Linie zwischen dem Kap S. Bonagia und Murro di Porco bildete
einst ein ununterbrochenes Gestade. Aber die ewigen Angriffe der
Meereswogen haben nicht nur zahlreiche Höhlen in die Küste einge-
wüiilt, sie bewirkten auch im Lauf der Jahrtausende da, wo die
Widerstandsfähigkeit weicherer Felspartien geringer war, gewaltigere
Umgestaltungen. So grub sich das Wasser zwischen Ortygia und
Achradina zum kleinen Hafen ein. So geschah es, dass die Fluthen
zwar von der festen, steilen Ostküste Ortygias zurückprallten, aber
Südlich davon der weniger harten TufTformation Herr wurden und
in eine Terrainsenkung durchbrachen, welche seitdem den grossen
Hafen bildet.
Jedoch auch in dem Bette des grossen Hafens kam die Meeres-
stiömung nicht zur Ruhe. Zwischen Ortygia und Plemmyrion sowohl
bei allen östlichen Winden, als auch in Folge der Fluth mit grosser
Gewalt eindringend, wird sie von dem Felsgestade der südlichen Bucht
zurückgeschlagen und bringt eine Kreisbewegung von links nach
rechts in die Wassermasse des Hafens. Diese wirft sich somit auf
die Ostseite desselben. Hier stiess sie einst auf das von Nord nach
Süd lang ausgestreckte Hemmniss der mit dem Festland noch zu-
sammenhängenden Halbinsel Ortygia. Da jedoch nur deren grössere
südliche Hälfte mit. ihren höheren Felsen ernstlichen Widerstand
bot, so bohrte sich der zusammengestaute Wogenschwall in der
Niederung, welche den grossen Hafen im Nordosten begrenzt, eine
Bahn nach dem kleinen Hafen hin und, indem sich so die Wasser
des Meeres von Westen und Osten entgegenkamen, ward Ortygia zur
Insel. Diese Insel ist der Ursitz der korinthischen Kolonie geworden
Lupus, Die Sladt Syrakus. 2
^ - IH -
imd lial selbst, nachdem Menschenhand den heute iiodi he^tehondeii
lsthnlu^• aufgeschültel halle, insufern ihren insutai-en Charakter he-
wahrt, als der ösilichale und bedeutendste der drei Kanüle, welche
den Isitimus durfhacli neiden und die beiden Häfen mit einandei-
verbinden, stets Ortygia von Achi'adina abtrennte. Er ist 400 m lan;f,
^ m tief und an der .schmälsten Stelle 40 m bi'eÜ. Sein Felsboden
isl von der heute noch sehr starken Strüniuni; in horizontaler Fläche
glatt abgewaschen.
Üass auch seit der Änsiedlung von Bewohnern die östlichen
Küsten von Syrakus sowohl vor, wie nach der Gründunir der
Korinlherstadl erhebliche Umffeslallungen erhtten haben, steht ausser
allem Zweifel. So muss z. U. der kleine Hafen einst eine von der
jetzigen völli;,' abweichende Gestall gehabt haben, üenn an seinen
Ufern sieht man Fundamente von Gebäuden, zahlreiche kreisrunde
Brunnen und Ci.slernen, welche theils an dem Felsgeslade imnier
mehr von der Meereshrandung weggenajft werden, theils aber auch
auf dem heutigen Meeresboden unter dem Wasser sich fortsetzen.
Solche allmählich hinschwindende Zeugnisse alter Uferbauten ei--
slreiken sich dem Nordrand des kleinen Hafens entlang von dem
Landungsplatz hei S. Lueia bis zum Voi^'liii^f Pietralunga. Ja dieses
selbst wird in .-einer östlichen Hflifle von der Macht der Meeres-
wogen mehr und mehr in Eirizelfelsen und Klippen aufgelöst, deren
Zwischenräume den Barken imniei' geräumigere FahrsIrassen bieten.
§ 3. Die Insel Ortygiii.
Ortygiii dehnt sich in einer Länge von 1 '/ä km fast genau von
Nord nach Süd aus. Es zerfällt seinem Umriss nach in iliei
Theile. Dei' bei weitem grösste nöi-dliche bildet eine kompakte, fast
elliptische Masse ; von ihm erstreckt sich südwärts ein schmales
Oblong, und an dieses schhesst sich in südösthcher Itichtung eine
noch schmälere Landzunge an, deren Spitze an der Einfahrt in den
grossen Hafen von einem Leuchtlhurm gekrönt isl. "Während die
Oslseile duiih Ausbuchtung und Zurücktreten des Ufers, durch
Klippen und Insekhen eme mannigfache Formalion zeigt, slieht von
ihr die fa»! ger.idhni,re Westseite dui'ch Einförmigkeit ab. Die
Gesamtolwitldche liei Insel ohiio den Isthmus beträgt nngelahr
i|s qkm.
— 19 —
Die Vertikalgestaltung variiert insofern, als die Felsplatte, aus
-welcher die Insel besteht, in der Mitte und an der Ostseite hölier
ist, nach Nordwest hin aber sich allmählich zum Meere hinabsenkt.
Die ganze Ostküste ragt in senkrechten Felswänden 7 und mehr Meter
hoch aus dem Meere empor ; von da erhebt sich das Niveau der
Insel bis zum Atbenatempel auf 17,56 m. Dagegen dacht sie sich
nach dem kleinen Hafen und dem Isthmus hin so stark ab, dass die
ünterlinie des dortigen Artemi stempeis nur 1,80 m höher als der
Meeresspiegel ist. Im Lauf der Jahrlausende hat sich freilich in Foljie
des Bauschuttes die Oberfläche der Insel nicht unerheblich verändert,
und es liegt z. B. gerade an dem Artemistempel das heutige Strassen-
pflaster 5 m über dem antiken Boden.
Dass Orlygia im Alter thum grösser war als heutigen Tage??,
lässt sich aus deutlichen Spuren nachweisen. An der Ostküste ziehen
sich zahlreiche Klippen hin, theils isoliert, theils mit der Insel zu-
sammenhängend und 2-3 m über die Meeresfläche aufsteigend.
Ofl^enbar sind sie Resultate des Zerslörungswerkes , welches die
Meeresbrandung vollbracht hat. Diese Annahme wird dadurch zur
Gewissheit, dass man hier dieselbe Beobachtung macht, wie an dem
Ufer des kleinen Hafens. Nicht nur unmittelbar am Inselrand, sondern
auch auf den Klippen selbst sind Fundamentierungen von Häusern,
runde Brunnen und Cisternen in den Felsen hineingebrochen : deut-
liche Beweise dafür, dass das • Meer einen beträchtlichen einst be-
wohnten Streifen der alten Ortygia weggerissen hat. Weiteren Zei-
.störungen ist dadurch vorgebeugt, dass vor der Ostküste lange Reihen
von Quaderblöcken im Meere liegen, an denen sich die Gewalt der
Wogen bricht. ^
Dagegen hat die Westseite der Insel von dem klassischen Alter-
thum her nur sehr geringe Veränderungen erlitten. Denn sie ist
gegen die Winde geschützt, und die Hafenströmung hat hier keine
Kraft mehr, nachdem sie einmal von ihrer Hauptrichtung auf den
^ Cavallari sagt nichts über die Herkunft dieser TufTquadern ; Schubring leitet sie
vom antiken Molo des kleinen Hafens her. Vergleicht man sie mit den ganz ühnlichen
am Epipolairande, so sollte man meinen, dass hier ein grosser Theil der alten
Festungsraauer als künstliche Klippen im Meere liegt. Eine Parallele dazu bietet
die zu Tarent im üferwasser liegende Reihe antiker Quadern, eine andere der Molo
des Porto d'Empedode bei Girgenti, welcher im vorigen Jahrhundert aus den riesigen
Werkstücken des grossen Zeustempels von Akragas zusammengesetzt worden ist.
— 20 —
lNthiiiu.'4 und den grossen Kanal hin abgeleitet hl. Sü ist denn diese
(«'KL'ijil stets ein ;;iw':lirilzle)- Ankerplatz für Schiffe aller Grösse
;ii!wesen .
Der Islhnius endlich zwischen Ürtygia und Festland ist im
Ui. Jahrhundert ilun-h Menschenhand völlig umgestaltet worden.
Hier liat Karl V. die noch heute l>eslehenden Fort! fikat innen angelegt
und parallel mit dein Ostkanat zwei kleinere westliche quer über die
Landzunge gezogen, ao dass Siracusa seitdem durch eine dreifache
Wasserlinie nach der Landseile hin vertheidigt ist.
g i. Der grosse Hafen.
|)pj Sil Ispil7e \<»t Oilygii gepenubei liLS,t die Halbm--el Mdd
djlmu, du» PUmniyiimi dei Alten Auch hin zeugen ^rade an dei
HiteneinrahrL in dei N ilit des I am di Massoliveri dem zerri'.senen
I It I v»iliegt,nde Khpiien m>ii dei ernst l>edcutend ^rosseiin Aus
lihnung den I iui<ies \on besunderfm Inteiesse i^t das Klippen
iiiNilihm I (. ( arruzze, welches 20Ü m \m dei Küste entfernt MLh
Iw 1 1 in IUI iIlim Mieie cihebl \uf seinei fast horizontalen
OlieiflailiL sind /wi i luiide Vei liefungen im Fels, ziemliLh flach, di
du übnen Pallien '«(.hoti vom Meeie weg^elie'i'-en sind die un
J,*!!! III, die aiiden i m im Duithmesser Diese Grosse schlits-i
den fiidinkcii an Biiinnen aus Es sind ganz dieselben Rundluchet,
hrgiiiilieii nul dun Pltinmyiion selbst in Menje cihalten smd Wir
ImliGii öH Jiiei mil pnehislonschen Gidbetn zu thun und müssen iie
Vuslnhiiiiig dm zwei auf LeCaiioTze in eine Zeil 7uru(,kdatiiien, wo
das luBildidi noi'h nicht von dti Hilhinscl Maddakna Ins^etteiint
v,m Denn <s ist nnhl denkbai, dass aul iinii di ni Wi llenschlag
I itI\\i)Iiii nd -^u jiis^i setzten kleinen Klippe duniligi Aidn^i ii unlei-
iinnuiioii woi leu sind
Uei ^.i-osse Hitiii selbst veid inkt scim Gct dtun;, zwn F ikloren
dci unnutlKlilii-hin liewegun^ des Mteixs und dem ^dsflncdenatti^en
I haiBktm du TunTeNen in seinem Rindi Du Puiita di Missoliveu
im bddoHt uml rite Punti Cilaitna idei I uduini, dei antike Daskon,
im Wfsteii sind die uniiRen Stellen des gtossui Hifens, v\elche mit
iliieni li"\ileien Pult iuii duckten \nstuiin dei Meereswogen wiik
■rninuen ^Vldcr8land enl^nensct/en Di^e^ui haben diese den wu
<h< teil TuH und Tbnn dei zwischen jenen ansieht citeten Uterniedeiung
~ ^21 -~
unterwühlt, zernagt, >veg^^spu!t und $o iHo givs$o Südhnoht hcrvo«^
jrebracht. Es ist sog;ir voi'ausiusehen, dass dio von Nortl und Süd
zugleich voixiringende Mceivshrandunjr mit dor Zeit dio Halhinsol
Maddalena zur Insel machen wini.
Nördlich von der Punta Calarina In^^innt dio XoiMlhucld. Sio i^t
jetzt ungefähr ehenso gix>ss wie die Südbuoht, in\ AUertluun w;ir sio
von viel bedeutenderer Ausdehnung, Sowohl nach WVvSton wie \iaoh
Norden ei^streckte sich die Heri'schaft dos WaSvSors hundorlo von
Metern weiter als heule. Gix>sse Flächen, welche jot«l nnd xun\
Theil auch schon im spatern AUerthum Kulturland g\?woHon sind,
waren entweder Meer oder Sumpf. So zeigt die Boden fornmtion, dasN
von dem Noi*dende des Hatens aus das Sumpfgvhiet, jetrl m <lon
Pantanelli eingeschrumpft , sich ungefähr ^U ^^"^ ^^*<>*' \\i\v\\ (lor
Gegend des Theaters hin ausdehnte. Ks ivichte in dio Niederung
hinein, welche von der Contrada del Fusco im Westen und dor
Anhöhe des Amphitheaters und des grossen Altars im Osten hogronzl
wird ; es reichte aber auch weiter ostwärts bis zui* Insel Ortygia
und mochte gerade hier den späte»' verscbol Ionen nnd in anch^vr
Form auf die anliegende Korintherkolonie übergogangonon Namen
Syrako erhalten haben. Für dio unaufhörliche Umgoslaltung dios(»r
Küstengegend ist ein deutlicher Beweis die Tbatsacbo, dass nouor-
dings eine Uferstrecke zwischen dem Meer und dorn römisrbon (lo-
bäude in der Gampagna Bufardeci bei Gasa Boi'donaro in wonigor
als 18 Jahren sich durch Hebung des Hodens in Gartenland verwan-
delt hat, nachdem sie vordem nur einige Gonlimotor über doni
Meeresspiegel und voll Seetang gewesen wai'.
Diese Erhöhung, Austrocknung und Vorscbiebung dos gosandcn
Uferterrains von der Anaposmündung bis zu dem Pozzo doli' In^ognoro^
vor dem Ortygiaisthmus bat ibren Grund in folgendoii drei Umslänilon,
nämlich in dem Sande, welchen der Anapos mit sieb fübrl und
absetzt, in den Abscbwemmungen, welcbo von den Südaldiängon der
syrakusiscben Terrasse, der Gontrada del Fusco, dem Tbealcr und
dem Amphitheater herabkommen, endlich in dor Tbätigkoit dos
Meeres, durch dessen Kreisslrörnung alles dor Mucbl zwiscbon dri
^ So heisst ein Brunnen, welcher vor der Mündung dcH Istltinu*« nacii (U'ti>
Festlande auf einem Hundplatz steht, von dem die drei HauptHtroHHpn nach Cniüuvi.
Floridia und Noto in n/)rdlicher, westlicher nnd s'idlicher liichtunpr aiH^ehcn.
— 22 —
Punta Calai'ina und Massoiiveri Abgerungene nordwärts s?eschol)en
und dort abgelagert wird.'
Geoloj>isch wie hisloiisch hochinteressant ist die Gegend westlich
vom grossen Hafen. Hier sind wir im Mündungsland des Änapog, in
dem Gebiet der Kyane. Weite Thonlagerungen bilden nordwestlich
viin der Punlii Calarina den Boden. Auf ihnen breiten sich am Fuss
des Daskonhiigels zunächst die syrakusischen Salinen aus, dann folgen
die Sandfelder und Dünen, welche Anapos und Meer um die Wellr
angesetzt haben. Da von der Punta Calarina aus die schliesslich in
die beiden Vorsprünge der antiken Polichne und des Olympieion aus-
laufende Hochebene sich in nordwestlicher Richtung quer vorschiebt,
ist der Lauf der Kyane vom Meere abgedrängt und nach dem Anapos
bingewiesen, Sie entspiingt aus zwei sehr wasserreichen Quellen,
Pisnna und Pisniot.la,* fliesst in etwa 2 m hohen Ufern durch
Sumpfgebiel, Panlano, aus welchem eine Anzahl kleiner Hügel, Cozzi,
hervorragen, in Zickzack Windungen nordwärts und Ist berühmt wegen
der Fülle des wenigstens seit drei Jahrhunderlen sie begleitenden
wilden Papyrus, zwischen dem man zu Boot das Flflsschen befahien
kann.
Der Anapos fliessl im grossen und ganzen von Noixlwest n»ch
Siidüsl in einem von der Natur vorgezei ebneten Bette. Nur die drei
letzten Kilometer seines Laufes haben ohne Zweifel im Alterthum
künstlich diejenige RictUung erhalten, welche sie bis jetzt bewahren.
Während nämlich die natürliche Bodensenkung dem Flusse seine
Mündung in den Pantanelli, der antiken Lysimeleia, zuweist, biegt
der zuletzt nordöstlich stromende Fluss an der Brücke der Strasse
nach Canicuttini plötzlich im rechten Winkel nach Sudost um und
lliessL auf den Policbnebügel und das Olympieion zu, an deren Fuss
er sich mit der Kyane vereinigt, um zwischen den Pantanelli und der
' Die .^Dschwemmuiigslcbicht in iler oben erwalint«n BaileDpeukuug stcHiuli
vim dem grossen Attar ist bis zu 5 m mächtig und dacht sich von ijieser absoluten
Höhe bis zum Meeresspiegel im grossen Hafen allmählich ab, S. auch von Andrian.
Pfaikiilorische Slndira am Sicilieu. Bert. 1878, S. "8 : -Die AnschwemmungsnissSKn,
weiche tillJGhriich in dieser Ebene (am uutera Aiiapos) abgesetzt werden, sind so
bedeutend, dass der Umtang dieser Ssmpfe sieh stetig zu Gunsten des kulturfdhipen
Landes -cerkleini-rc. .
2 Beide Namen kommen, wie schon Arezzo, Sic. Chor., Palerm. Ausir, 1*1':,
IJ. S. 218 riuhlig erkennt, vun dem lateJnischeu Pisdna. S. auch d'Orville, Siciita
l- S. 190-
— 23 —
Salina in den grossen Hafen zu münden. Das Flussbett dieses Unter-
laufs liegt etwas höher als die Sumpfniederung, ^ und sobald der
Anapos übertritt, ergiesst sich unterhalb dei' erwähnten Brücke das
Wasser nordöstlich in der Richtung des alten Bettes nach den Pan-
tanelli hin. In eben diesen sieht man auch noch in der Nähe der
heutigen Strasse eine nicht mehr benutzte Brücke. Sie gehörte einer
antiken Strasse an und führte wahrscheinlich einst über den Anapos
oder einen Mündungsarm desselben. Nachdem man, offenbar um
die Miasmen, welche das stagnierende Wasser der nahen Anapos-
mündung erzeugte, zu beseitigen, den Fluss südwärts geleitet hatte,
waren in zweiter Linie Veranstaltungen nöthig,* welche die stets
drohenden Ueberschwemmungen möglichst verhindern sollten. Bei
dem Bau der Eisenbahn Siracusa-Licata hat man denn auch viele
Reste von Wasserbauanlagen gefunden, welche in Anbetracht ihrer
geringen Erhebung über das Niveau des Meeres und des Charakters
einiger zugehörigen Architekturfragmente auf Entstehung nach und
zufolge der Anaposableitung, und zwar auf das dritte oder zweite
Jahrhundert v. Chr. hinweisen. Heutigen Tages freilich haben die
Ueberschwemmungswasser wieder freien Weg und nähren mit den
Gewässern, welche von der syrakusischen Terrasse herabkommen,
die malariaschwangeren Pantanelli, deren Abfluss nach dem Meer
durch die mit dem Thon der dortigen Gegend gemischten Sanddünen
verhindert wird.
Den Ort des Olympieion und der Polichne zeigen heute noch
zwei aus dem Kornfeld der niedrigen Anhöhe aufragende Monolith-
säulen von Tuff. Sie sind mit nur 16 Rinnen kanneliert und dorischer
Ordnung, da aber ihre Kapitale und das obere Ende des Schaftes
fehlen, so lässt sich das Verhältniss des Durchmessers zur Höhe nicht
mehr ganz genau bestimmen ; doch kann es mit Sicherheit als ein
archaisch gedrungenes bezeichnet werden. ^ Von dem Stylobat und
den Stufen ist fast nichts mehr erhalten. Neuerdings hat man nahe
l)ei den Säulen bemalte Terrakotten gefunden und dem Museum zu
.Syrakus einverleibt ; sie tragen ganz denselben Charakter, wie die
l Mirabella, Pal. Ausg. 1717, S. 77 gibt die blosse Schafthöhe auf 25 Palmi
(= 6,45 m) an, Serradifalco IV. S. 154 auf 24.9 an. Rechnen wir dazu noch das
Kapital und ein in Folge der Verwitterung etwa fehlendes kleines Stück am oberen
Schaftende, so kommen wir auf eine Gesamthöhe von gegen 8 m. Der untere
Durchmesser beträgt 1 ,85 m. Also haben wir die Proportion 1 : 4 I/4.
„ öi —
zu SelinunI, Olympia und Athen ausj,'et,'rabeneLi und schmückten
olTenbar wie diese einst als Belfletdung das Dachgesims des Heilig-
thums. Sonst sind so jjut wie gar keine Ueherreste von dem unilteii
Städtchen auf uns gekommen. Eini^ alte Gräber und das Fragment
einer starken W'asserleilungsröhre von Terrakotta sind am Westabhaiit;
des Hügels nacli dem Thale di Spagna hin bei Gelegenheit des Baus
der Eisenbahn nach Licala zu Tage gefördert worden, Bemerkeiis-
werth ist jedoch ein Felsendurchstich mit senkrechten Seitenwänden
ostlith vom Olympieion. Er hat nordsüdliche Richtimg und ist wahr-
scheinlich rintiken Ursprungs. Es liegt selir nahe, an die Elorinische
Strasse zu denken t denn liei dem weiten Sunipfgebiet, welches sich
rechts und links ausbreitet, konnte der Verkehi-sweg \on Syraktis
nach dem Süden, dem die Polichne als eine Art Schulz- und Sperr-
f'ort diente, kaum an einer andern Stelle auf die Olympieionlerrasse
hinaufgeführt wenlen.
Schliesslich einiges id>cr die Dimensionen des gi^tssen Hafens.
Er hat eine Ohorllüche von ungelähr 7 qkm, seine Einfahrt zwischen
der Südspitze Orlygias bis zu dem Faro di Massoliveri eine Breite
von 1210 m. Damit stimmen auffallend die 8 Stadien, welche
Tliukydiiles VH 59 für die Hafeneinfahrt angibt, überein, sobald
man das sog, Itinerarstadium von c, 150 m zu Grunde legi, i
I Die auf Syialius t>eii) glichen MBssangHbeii der Alten in Stadien entsprechen
ileii neueren Messungen ger nicht, wenn man eines der grösseren Stadien als Einlieit
snnimiv.t, lassen fich dagegen fast ganz genau auf die Erfrebnisse der letzteren redu-
zieren, wenn man eine kleinere Einheit, wie dos sog. Itinerarstadium zu c. 150 m
oder Ijiorümische Meile, voraussetzt. S, aber dasselbe Hultsch, ^efro/. S. 42 iT. Dieses
Mass ist unten B. II. Thl. 111 § )2 und Vtrhandl. dcrSB. PkiMo^eaiei-s. i« Kayh'-uif.
Lpz. 1883. S. S(i5, 367, S69 als das einzig mägliche fOr den RQckzug der Athener
von Syrakus nachgewiesen. Es stimmt aber auch weiter mit der Wirklichkeit in
llezng anr die FestungsniBiiern der Stadt. Sowohl deren Gesamtumfang, von Strabo
^'I ^,0 auf 180 Sudien angegeben, wie die 30 Stadien der Dionysischen Nordmauer
von Epipolai bei Diod. XIV 18 sind Beweise dafür. Jener hat, wie wir unten des
nuberen sehen wetden, 27 320 m Lflnge, d. h. 182 Stadien zu c. 150 in: die
30 Stadien aber sind gleich 4500 m. welche gerade die Mauerllnge zwischen der
Scala greca, der offenbaren Westgrenze Tycbas, und dem Euryalos repraesenlieren-
In »Den angeführten Füllen würde man z. D. mit dem olympischen Sladium auf virl zti
hohe Summen lioniiiien, welche weit über die noch heute konstatierbaren Entfernungen
nnd LinienlSngen hinausgingen. Wenn bei Herodot und Xenophon ein kürzeres
Stadium durch genauste Herecbnungen, bei Eratostbenes durch ausdrückliche L'eher-
lieferung des Plin. XII 30, 53 feststeht, so kommt jetzt wenigstens für Syrakus
ThukyJides mit einem Stadium Ton c. 150 m hin'.' "■"' ' " "-idium finden
— t>5 —.
Denn wir erhalten so 1200 m. Der Umfang beträgt, nach Stral)o
VI 271, 80 Stadien. Eine genaue Messung von der Südspitze Ortygias
bis zum Faro Massoli veri hat 9450 m als Resultat ergeben. Indem
man nun in den 80 Stadien Strabos olympische sah und somit auf
eine Länge von über 15000 m kam, war es natürlich, dass man
von Cluver an auf Konjekturen verfiel, und z. B. Serradifalco A7it.
IV. S. 74 vorschlug, die 80 Stadien Strabos, d. h. das Zahlzeichen
TT? in 40, närnl. M zu verwandeln. Allein nehmen wir das obijie
kürzere Stadium an, so sind die 9450 m -gleich 63 Stadien, und
rechnen wir noch dazu die Einfahrt von 8 Stadien, so kommen wir
auf 71 Stadien. Diese Summe steht aber den überlieferten 80 Stadien
bedeutend näher als den konjizierten 40, ja sie erreicht jene fast,
wenn wir bedenken, dass im Alterthum der grosse Hafen in seiner
nördlichen Hälfte sich viel weiter ins Land hinein erstreckte als
heutzutage. — Die Tiefe des Hafens nimmt von der Einfahrt her ab.
Hier beträgt sie c. 20 m, in der Mitte durchschnittlich 10 m, an
der Westseite von Ortygia ist das Wasser schon in geringer Entfei-
nung vom Ufer 6 m tief, dagegen sehr seicht in der Gegend der
Anaposmündung und den ganzen Nordrand des Hafens entlang, i
§ 5. Der kleine Hafen.
Die Formation des grossen Hafens wiederholt sich annähernd bei
dem kleinen. Wie die Insel Ortygia jenem vorliegt, so deckte das
Vorgebirg, welches jetzt in die Klippen von Pietralunga zerklüftet ist,
einst den letzteren. An den Felsen von Pietralunga, wie an der
ganzen dortigen Küste sieht man viele Steinschnitte und Dämme,
welche vom Ausbrechen der Quadern übrig geblieben sind. Menschen-
hand und Meeresfluth haben sich verbündet, um den ehemaligen
Landvorsprung in eine Anzahl Klippen zu verwandeln. Jedenfalls aber
ist die Steinausbeute gerade an diesem Punkt nicht schon antiken
wir auch bei Diodor und Strabo a. a. O. Von letzterem sagt schon Hultsch S. 46 :
«Strabohat als Normalmass das Achtelmeilenstadiura, aber daneben gibt er manche
Ortsbestimmung nach Eratosthenes und anderen älteren Geographen, welcher sicher
das kürzere Stadium zu Grunde liegt. »
1 Smyth, Sicili/ and its islands, S. 163, erklärt den grossen Hafen von Syrakus
i'^r einen der besten Europas. Seine Messungen ebenda in der Appendix S. XV I.
— 2(i —
Datums. Denn es ist nicht denkbar, dass man damals an der Zer-
slörung eines so vortrefl liehen Schutzes des wichtigen Kri^shafens
gegen die Fluthen gearbeitet hat.
Nur auf Grund der geschichtlichen Nachrichten und sorgfältiger
Tiefenmessungen isl es jetzt möglich, sich eine klare Vorstellung
von der einstigen Gestalt des kleinen Hafens zu machen. Während
er heute in Form eines spitzen Dreiecks sich zwischen Festland,
Ortygia und Isthmus hineinschiebt, hatte er im Alterthiim vielmehr
die Form eines Bassins. Denn östlich von dem Isthmus setzt sich die
Nordspitze von Orlygia und ihr entgegenkommend das gegenüber-
liegende Festland so flach unter dem Meere fort, dass nur ein unge-
fähr -100 m breiter Zwischenraum mehr als 1 ra tief ist und einst
den Kriegsschiffen Durchfahrt gewährte. Wir werden im 2. Buche
(ThI, II § i) sehen, dass hier und nicht an der Stelle des heutigen
Islhmus die älteste Konnthersladt Orlygia mit dem Festland durch
einen Damm verbunden war. Danach müssen wir uns den kleinen
Hafen in den ersten Jahrhunderten von Syrakus als eine nach Osten
künstlich geschlossene, kaum 4 m tiefe Seitenbucht des gi'ossen
Hafens betrachten und annehmen, dass der Schiffverkehr damals
lediglich durch den grossen Hafen vermittelt wuiiie. Als später der
westwärts laufende Isthmus aufgeschüttet wurde, mussle selbstver-
ständlich eine Wasserverbindung zwischen beiden Häfen bleiben ;
;ihpr man durchbrach auch den Ostdamm und gab so dem kleinen
Hafen seine selbständige Verbindung mit dem Meere wieder.
Sowohl an dem Landungsplatz von S. Lucia am Nordufer, wie
150 m östlich von dem Hauptkanal des Istlimus am Südufer des kleinen
Hafens zeigt der Felsboden den Meeres antike Bearbeüung der Art, dass
2,50 bis über 6 m breite parallele Gräben, zwischen denen senkrechte,
0,60 m dicke Wände stehen gelassen sind, nach dem Tiefwasser des
Hrtfens zu laufen. An Steinbrüche i.st bei der Form der Anlagen und bei
der vielfachen Gelegenheit zu Syrakus trefflichstes Stetnmaterial zu
gewinnen, ohne e.s aus dem Meeresboden heraufholen zu müssen, gar
nicht zu denken. Wir haben es mit den Resten der antiken SchifTs-
liäuser oder Docks zu Ihun, welche für Schiffe jeder Gros.se der
kleine Hafen in Menge umschloss (s. B. II. ThI. IV § i). Die
Sfeinschnifte gleichen vollständig denen der Zea und Munychia des
Peiraieus, Wie ausgedehnt die syrakusischen Hafenbauten gewesen
sein müssen, trat bei dem Bau der Fisenhahn Siracusa-Calania zu
— 27 —
Tage. Denn man fand etwa 80 m von dem Landungsplatze S. Lucia
entfernt auf dem ein wenig geneigten Ufer selbst ebenfalls solche
parallele und nach dem Hafen hin gerichtete Steinschnitte.
§ 6. Achradina. Die Latomien.
Wie der grosse Hafen, von der Insel Orlygia geschützt, mit
seinem guten Ankergrund, seinem leichten Zugang, seiner Fülle von
Quell- und Flusswasser einer der besten Europas ist, so musste zur
Entwicklung einer entsprechend grossartigen Seestadt, welche zugleich
das unbezwingbare Gentrum eines bedeutenden Reiches sein sollte,
die Festlandterrasse von Syrakus hinzukommen. Ihr östlicher Theil ist
Achradina. Die Schönheit seiner Lage, die Gesundheit seiner reinen
Seeluft, die Entfernung von den seuchenschwangeren Niederungen,
die Unangreifbarkeit seiner ganzen Ost- und Nordküste, die Verbin-
dung mit dem kleinen Hafen und mit Ortygia — alles dieses lud die
Korinther zur Besitznahme ein, und diese musste bei der Kleinheit
der Insel und dem raschen Anwachsen der Bevölkerung bald nach
der Gründung von Syrakus erfolgen.
Achradina erstreckt sich in einer Länge von 5 und einer durch-
schnittlichen Breite von 1 1/2 km von Nord nach Süd. Es ist etwa
zehnmal so gross wie Ortygia und zerfällt in eine grössere nörd-
liche und eine bedeutend kleinere südliche Hälfte. Letztere erhebt
sich in ganz allmählichem Ansteigen von dem kleinen (und grossen)
Hafen an bis zu einer Höhe von 30 m über Meer zwischen den
Latomien der Kapuziner und Gasale. Nennen wir sie Unterachradina.
Es ist eine theils mit ungeheuren Schuttmassen, theils mit frucht-
barstem Erdreich bedeckte und in südlicher Pflanzen fülle prangende
F]bene, in welcher Korn- und Weinfelder mit Obst- und Blumen-
gärten abwechseln und aus deren zahlreichen kleinen Landhäusern
die mit Klöstern verbundenen Kirchen S. Giovanni, S. Maria di Gesü
und S. Lucia hervorragen.
Welchen Reichthum von Alterthümern diese Abdachung in ihrem
Schosse birgt, beweisen gelegentliche Funde. 1 Südlich vom Kloster
S. Giovanni lagen die jetzt im Museum zu Syrakus befindlichen
Statuen der Venus und des Aesculap. Von Gebäudetrümmern
S. Schubring, Ächradinn, S. 62.
— y« —
genüge es, die grussarti^en Ituinen der saa. Casa dei se.'^saiila Letli
und die Reste einer Säulenhalle 100 m noi-dösflich vom Pozzu
dell' Ingegnert' zu erwähnen. Hier steht aul' attischer Basis ein
unkaiiiieljerter, monohlher Säuienschaft aus rothem Mannor, unten
0,74 rn im Durchmesser, unii in einer Reihe mit ihm in nord-
Büdlicher Richtung hat man vor einigen Jahren auf einer Strecke
von 3S m vii.'r andere gleiche Basen von weissem Marmor und den
Slylohat von weiteren sieben Säulen ausgegraben. Gerade in
dieser Gegend würde ein Durchlor sehen des
Hodens auf Tritt und Schritt lohnend sein.
Nördlich von den zwei genannten Latomien — die eine hat ihren
Namen von einem an ihrem Rande stehenden Kapuzinerklosler — ■
beginnt Oberachrad ina, ein kahles, felsiges Hochplateau, welches
wiederum ans zwei deutlich von einander geschiedenen Theilen
besteht. Wahrend nämlich von dem Kapuzinerklo.ster an nui ejn
etwa '|a km hreiier Streifen sich ungefähr in der Hohe, welche
Unleracbradina in der (jrt^end dieses Klostei-s erreicht litt, und mil
sanfter Abdachung nach dem plölzlich steil abfallenden Ge^^■^de lun^--
des Meeres erst nördlich, dann westlich bis zur Cava di S Bona^ii
lierumziehlj erhebt sich von diesem eine zweite innere und westliche
Terrasse in aeharf abgrenzenden etwa 10 m hohen Steilwänden,
welche ihre Front nicht nur nach Nord und Ost, wo einige Grotten,
Gr. lunga, Gr. di Paglia und Gr. santa, sich in den Felsen hinein-
ziehen, sondern ebenso auch südwärts gegen Unte räch rad ina kehren.
Von Südosten aus gesehen macht die.=e Hochhui^' von Achradina den
Eindruck eines riesengrossen Tempel stei'eobats. Ihr höchster Punkl,
etwa in der Mitte des grossen Oblonges , ist 65 m über dem
Meeresspiegel.
Die Grenzen Achradinas sind an drei Seiten durch das Meer
gegeben. Jn dieses verläuft sich am kleinen Hafen die südliclu;
Niederung. Nach dem Vorgebirg von Pietralunga hin aber wird die
Küste allmälUich steiler. Von hier bis zur Cava dl S. Bonagia steigen
die Fetswände fast ül)erall 14-20 m senkrecht aus dem Meere auf
und bilden ein natürliches Bollwerk von unüberwindlicher Stärke.
Nur an zwei oder drei Punkten sind schmale Aufgänge, welche ini
Alterthum durch besondere Befestigung gedeckt waren. An der
Westseite hat Achradina nur zum Theil denilich ausgeprägte Grenzen.
Aber hier half die Kunst der Natur und erziehe eine Festigkeil,
— 29 ~
welche gleichfalls nie von offener Feindesgewalt bezwungen worden
ist. Verfolgen wir die Westfront, von ^^orden nach Süden, so schneidet
zunächst vom Meere aus die anfänglich 50 m tiefe Cava di S. Bonagia
gegen 900 m weit südwärts in die Felsenterrasse ein, erst eine
kleine Bucht umfassend, welche von der dortigen Thunfischerei die
Tonnara di S. Bonagia heisst, dann in wilder Zerklüftung zwischen
steilen Wänden ein wüstes Gewirr von rohem und behauenem Ge-
stein umschliessend und muldenförmig bis zur Höhe der Terrasse
aufsteigend. An den Abhängen stösst man auf Treppen, welche in
den Felsen gehauen sind, auf Gebäudefundamente, auf Mauerspuren,
Strassengeleise, Grabhöhlen. Die Terrasse selbst ist am oberen Ende
der Cava erst eine Strecke von 130 m ganz flach. Dann beginnt
aber eine etwa 800 m lange und 9-i2 m hohe Felsenböschung
genau in südlicher Richtung bis zur Casa Gastellentini zu ziehen,
und ihre weitere, ebenfalls 800 m lange F(»rtsetzung ist eine künst-
liche Anlage von erstaunlicher Grossartigkeit, i Sie besteht in einer
senkrechten Wand, welche mit westwärts gekehrter Stirnfläche aus
dem ganz sanften Felsenabhang Achradinas nach dem Binnenplateau
herausgehauen ist und aus dem ihre ganze Basis wenigstens 2 m
hoch bedeckenden Schult noch heute 4-5 m herausragt. Hier
genügte also eine verhältnissmässig niedrige, zinnengekrönte Mauer
zur Vertheidigung des unzerstörbaren Felsenwalles. Dieser hört süd-
lich da auf, wo die natürliche Abdachung Achradinas nicht mehr
nach Westen hin gerichtet ist, und nun folgt 400 m weit eine
ganz flache nach Süden geneigte Ebene, durch welche einst die
freilich in Spuren nicht mehr nachweisbare Mauer sich fortsetzen
mussle bis zur Schlucht am Fusse des Gozzo del Romito. Wie die
Cava di S. Bonagia im Norden die Achradinaterrasse von Tycha ab-
trennt, so bildet jene im Süden die Grenze ^^egen die Temeniteshöhe
•
hin. Von ihrem Ostabhang stieg die Mauer in die Niederung hinab,
und hier zeigt . die Bodengestaltung in Verbindung mit der im vori-
gen § über die grösste natürliche Annäherung zwischen Ortygia und
dem Festland gemachte Beobachtung ganz deutlich, wo die älteste
Westgrenze Unterachradinas war. Die tiefste Senkung der ganzen
dortigen Ebene gibt sich nämlich durch eine Bachrinne kund, welche
' Sav. Cavallari hat sie im J. 1839 entdeckt und zuerst in Serradifalcos Ant.
//«• Sic. Bd. IV. Taf. 1 veröffentlicht.
— 30 —
in lan|j^eslreckt(3i-, sclimalci' Schlucht \oii der Cavi am Cozza IlI
Romito südoslwärts zum kleinen Hafen hinlauft Vuf ihrem 0^t^aln^
muss die West.mauer der ülteslen Doppelstadt sich Ortj^na gemhert
haben. Nach Anlage des neuen noch jetzt iiestehenden Isthmus
aher erfuhr, wie wir später sehen werden Unleiachiariina hjlIi
Westen hin eine liedeutende Aeiprosaerun^, und «eine neue Mauei
mochte seitdem ungefähr 700 m weitei westlich im grossen Hafen
enden.
Die Bevölkerungs menge Athiadinas wud ^eiade aut dei etwa
'i^Jg qkm grosseil obersten Teriasse tiBlz des Mangels alter uhu
den öden Felsboden sich erhel enden Monumente docli durch un
zweifelhafte Spuren bezeugt. An iielen Stellen «leht min eine Men^
von viereckigen Steinschnilten, welche entstanden duich d)% Heioii»
hauen von Quadern zugleich als Bettungen zur Fundamentierung von
Gebäuden dienten. Dazu kommen zahlreiche Strassenreste, welche
mit ihren tiefen Fahrgeleisen leliliaflen Verkehr beweisen und fast
alle in nordaüdlicher Richtung gerade /wischen Ober- und Unter-
achradina die Verbindung herstellten. In den Südrand der Hocli-
terrasse schneiden ausser der begrenzenden Cava am t^zo del Romilo
drei Schluchten zwischen den I.atomien Casale und der Kapuziner
ein. Alle vier wurden zur Anlage von heule noch deutlich erkenn-
baren Verkehi-sstiassen benutzt. Auch an dem Ostabhang führen
Strassen spuren nach der unteren Terrasse hinab. Indessen lässl sich
die hreile Hauptstrasse, welche nach Cic. Verr. IV 119 von dem
einen Ende Achradinas bis zum andern reichte, mehr ahnen als konsta-
tieren. Da sie offenbar Achradina der Länge nach, also von Süden
nach Norden in zwei Hälften zerlegte und die vielen Querstrassen sie
von Osten nach Westen schnitten, sollte man meinen, dass sie
durch die östlich an die Latomie Casale angrenzende Schlucht auf-
süejs- Wirklich setzt sich auch die dortige antike Strasse auf der
Terrasse über einen halben Kilometer nordwärts fort. Da sie aber
gerade auf dem flachen Plateau einen stark gekrümmten Bogen
beschreibt, so haben wir in dieser Forlsetzung schwerlich die alte
Hauptstrasse Ächradinas zu erkennen, denn aus Ciceros Werken
wird offenbar, dass diese in gerader Linie lief.
Die überwiegende Verkehrs rieht ung, wie sie die meisten der noch
heute nachweisbaren Strassen bezeugen, wird auch durch die gesamte
Lage von Aehradina bestätigt. Bei der Steilheit und Hafenlosigkeit
— 31 —
seiner Ost- und Nordküste — die winzige Tonnara S. Bonagia kann
für eine so grosse Stadt nicht in Betracht kommen — war Achra-
dina auf den Westen und Süden hingewiesen. Aber auf der West-
seite bildete die Cava S. Bonagia gegen Tycha und dife am Gozzo
del Romito gegen Temeniles - Neapolis den Verkehr hindernde
Grenzen, und die dazwischen liegende Strecke musste, wie wir gesehen
haben, gegen das Binnenland hin ebenfalls mehr verschlossen und
verschanzt, als geöffnet und zugänglich gemacht werden. So bleibt
denn als eigentliche Frontseite nur die südliche übrig. Nach dem
Süden, d. h. nach den beiden Häfen und nach Ortygia hin war
Achradina in erster Linie gerichtet. Die Vereinigung dieser zwei
Vorstädte von Syrakus ist nicht eine künstlich gemachte, sie ist eine
natürlich gegebene. Syrakus ist von Anfang an See- und Hafenstadt.
Ihre Verkehrswege nach dem Binnenland gehen von Ortygia aus.
Die von da nordwärts führende Küstenstrasse, deren natürlicher Lauf,
wie der der heutigen Strasse nach Gatania, durch die Cava am Gozzo
del Romito auf die Terrasse und an deren Nordabhang durch die
Scala greca nach der megarischen Feldmark hinunter ging, nach Ober-
achradina hinein zu verlegen gab es keine Veranlassung, und die
west- und südwärts durch das syrakusische Territorium führenden
Strassen hielten sich von Ortygia und dem ihm zunächst gelegenen
Unterachradina an naturgemäss in der Ebene. Was aber die Verbin-
dung Oberachradinas mit dem Binnenland betrifft, so vollzog sich
dieselbe wahrscheinlich nordwärts durch den Stadttheil Tycha und
südwärts durch Temenites-Neapolis da, wo diese oberhalb der beiden
trennenden Schluchten unmittelbar an Achradina stiessen. Nach
beiden Seiten hin musste sie sich an die oben erwähnten drei Haupt-
strassen anschliessen.
So sehen wir Achradina und Ortygia zu einer in langer Aus-
dehnung von Norden nach Süden hingestreckten und am kleinen
Hafen so zu sagen zusammengeschnürten Doppelstadt vereinigt.
Ortygia ist die kleinere Wasserfestung, Achradina die grosse Land-
testung, deren riesige Akropolis und zugleich bevölkertsten Theil die
Oberterrasse bildet. Die Mauern der Festlandstadt boten Hunderttau-
senden Schutz, und der lange Streifen der niederen Ostterrasse Ober-
achradinas, auf welchem sich keine Spuren menschlicher Wohnstätten
finden, mochte für den Fall einer Belagerung als Aufenthalt der
Reitpferde, des Schlacht- und Zugviehs reserviert geblieben sein.
— :]2 —
Aber auf der andern Seite ist die Oberstadt von Achradina auch
wieder gegen die südliche Unterstadt und Ortygia nicht nur durch
die natüdichen Felsenabhänge, sondern auch durah die künsthch
angelegten Eatomien abgeschlossen. "Wir werden unten sehen, dass
man in den ersten Jahrzehnten des Bestehens von Syrakus wahr-
scheinlich zuerst die feste Hochterrasse und nicht in erster Linie die
der Insel zunächst liegende südliche Niederung besetzte. Einen offen-
baren Beweis dafür bilden die am Südrand der Terrasse angelegten
Latoniien. Denn war auch ihr erster Zweck Steingewinn, so' dienten
sie doch mit ihren senkrechten Wänden unbedingt auch zur Ver-
stärkung der Festigkeil, von Oberachradina an solchen Punkten, wo
die sanftere Abdachung der Terrasse ein Ersteigen erleichtert hätte.
Dieser Zweck ist nur dem ersichtlich, welcher sich durch den Augen-
schein davon überzeugen kann. Nun hätte es aber keinen Sinn
gehabt, die Latomien so anzulegen, wenn Achradina zuerst in der
Niederung angesiedelt worden wäre, und ebenso wenig, wenn sie
erst zu einer Zeit so angelegt worden wären, wo Achrad ina sich
sch(>n von der Terrasse nach der Niederung ausgedehnt hätte und
Ober- und Unterachradina eine zusammenhängende Stadt bildeten,
von deren Trennung durch Befestigungsanlagen überdies nie eine
Silbe überliefert wird.
Es mag hier am Orte sein, über die syrakusischen Latomien im
Zusammenhang zu sprechen. Diese ebenso imponierenden wie be-
rühmten Steinbrüche beginnen an der Südostecke von Oberachrad ina
mit der Latomie der Kapuziner und begleiten mit Unterbrechungen
niehr als 2 km weit den Südrand der Terrasse bis zu der Para-
dieslatomie bei dem Theater. Eine Ausnahme machen nur die Lato-
mie Novantieri auf Achradina und die ganz isolierte von Bufalaro
auf Epipolai. Beide sind auf dem Plateau selbst in den Fels hinunter-
gebrochen. Da wir über die Anlage keiner einzigen Latomie eine
Ueberlieferung haben, auch die Technik bei allen völlig dieselbe ist^
so können wir nur ganz im allgemeinen auf Grund von litterarischer
Erwähnung ihrer Existenz und von historisch-topographischer Kombi-
nation ihr Alter bestimmen. Natürlich erkennen wir in denjenigen
die ältesten, welche der ersten Stadtanlage am nächsten sind. Zugleich
mit der Erweiterung von Syrakus mussten auch die Steinbrüche nach
Westen vorrucken. Die Urstädte Ortygia und Oberachradina erhielten
ihr Steinmaterial offenbar aus den Brüchen Gappuccini, Broggi, Gasale,
— 33 —
Cozzo del Romito, Novantieri, das westwärts erweiterte Unterachra-
dina und Temenites-Neapolis aus denen del Paradiso und di S. Ve-
nera ; die von Bufalaro kann erst entstanden sein, als die Befesti-
gung von Syrakus die ungeheure Ausdehnung bis zum Euryalos erhielt.
Alle Steinbrüche sind mit senkrechten Wänden, welche zum
Theil eine Höhe von 30 m erreichen, angelegt. Die horizontalen
Abweichungen dieser Wände von der geraden Linie, ihre Ausbuch-
tungen und hie und da seitwärts in den Fels hineingebrochenen,
unterirdischen Gallerien, deren Decke von mächtigen Pfeilern getra-
gen wird, verdanken . ihre Entstehung der Ungleichartigkeit des
Tulfs. Man ging für die Errichtung von Tempeln und andern
hervorragenden Bauwerken dem besseren Material nach (s. B. III.
Tbl. II § 5). Es sind nämlich Tuffkerne, in welchen eine reichlichere
Menge von kohlensaurem Kalk und Magnesia das Bindemittel der
feinsten Muschelsubstanz bilden (dolomitischer Kalktuff), in Form
ungeheurer Mandeln meist aufrecht stehend in das gröbere Gestein
eingemischt. Sobald nun die Steinbrecher auf solche stiessen, arbei-
teten sie diesem kostbarsten Tuffe nach und kamen so ganz natür-
licher Weise zur Aushöhlung von schmalen, hohen Grotten, welche
unten breiter als oben sind und zwischen denen man den minder-
werthigen Felsen als Pfeiler stehen Hess.
Die Grösse der einzelnen Steinbrüche hing von der Güte des
Tutfes und von der Nachbarschaft der zu errichtenden Gebäude ab.
Insgesamt haben sie eine erstaunliche Fülle von Material geliefert.
Man mag daraus einen Schluss auf die von keinem alten Schrift-
steller gemeldete Bevölkerungszahl ziehen und dabei erwägen, dass
vieler Häuser Bausteine nicht aus den Latomien bezogen, sondern
an Ort und Stelle selbst durch Ebnung des Platzes, Anlage. von
Kellern und dergl. gewonnen wurden, dass ferner der Rand der
grossen syrakusischen Terrasse nicht bloss die Ringmauer trug,
sondern auch fast überall selbst die Quadern dazu lieferte. Es lässt
sich berechnen, dass aus sämtlichen Latomien gegen 5 Millionen cbm
Steine herausgeholt worden sind, nämlich :
1) aus der Latomie des Paradieses cbm 850000
2) y> )) der Kapuziner » 850000
3) )) » von S. Venera. . . . y> 700000
Ueberautragen . . . cbm 2 400000
Lupus, Die Stadt Syrakus. 3
— IH —
üeberlrag . . , cbm 2400Ü0Ü
■4) QUä der Latomie Broggi und Casale ... » 450 Üüü
5) aus den kleineren SteinbrücUen Regia Corte,
Beiiante, S. Maria di Gesü, Adorno, S. Giu-
liano, Coizo del Romito, Le Grotte u. a. » 1'iOÜOOO
<!) endlich aus verschiedenen Brüchen auf dei-
Halliinsel Maddalena » 650 000
Summa . . . cbm 4 700000
§ 7. Tycha.
Die nordöstMche EclvC des Terrasse ndreieclts, welches sich west-
licli an Achiadina anschhessl, nahm den Nachrichten der Alten
zufolge Tycha ein. Es war einst die nördhche Vorstadt von Achradina,
wie Temen ites-Neapolis die südliche. Der Gegensatz, in welchem
beide Staditheile vor mehr als '2000 Jahren zu einander standen,
dauert gewissermassen noch heute iort. Hat die an der Stirnseite
von Syrakus in der Nähe des Marktquailiers und des grossen Hafens
jjeleyeQC glänzende Heilenenstadt Neapolis an dem Südrande der
Terrasse und unterhalb desselben eine Reihe gi-ossa Niger und inler-
cssanter Monumente aufbewahrt, so ist von dem abgelegenen Tyclia,
welches wahrscheinlich die von den Griechen aus Ortygia und Achra-
diiia verdrängten Sikeler gegründet haben und dessen Hauplbevölke-
rung sie wohl auch nocli in der Biülhezeit von Syrakus gewesen
sind, abgesehen von den Notd mauert ri'mimern und wenigen Kundamen-
tierungs-Bettungen in dem Felsboden so gut wie nichts mehr erhallen.
Seine Nordgrenze ist durch die Festungsmauer bestimmt, welche
sich von der Seala greca erst oben am Terrassen rand, dann an dessen
l'uss unmittelbar am Meeresufer nach der Cava di S. Bonagia hin
verfolgen lässl. Auch die Ostseile ist durch die Abhänge eben dieser
Cava gegeben. Schwieriger dagegen isl es zu konstatieren, wie weil
sich Tycha nach Westen,, und vollends, wie weit es sich nach Süden
hin erstreckt hat. Für die Anselzung seiner Westgrenze haben
wir einige Anhallspunkle. Ungelahr 300 m westlich von der Casa
Agnetta Reale l>eginnt eine ausgedehnte Nekropolis, welche sich nach
der Form ihrer Grabanlagen und der Art ihrer Vasen als sikelisch
erweist. Es ist kaum anzunehmen, dass Tycha dieses Grabfeld noch
inngesöhlossen habe. Aber wir kommen auch zu positiven Resultaten.
— 35 —
Dionysios I hat '^rpc^ toi? 'ESn:6Xoi;', d. h. von der Nordwestecke
Tychas an, den Nordrand Epipolais befestigt. Die Mauer War 30 Stadien,
= 4500 m, lang. Es ist dies (s. S. 24 Anm. und unten § 10)
fast ganz genau die noch jetzt messbare Mauerstj*ecke von dem Nord-
ostende der Euryalosfestung bis zu der Barriere der Scala greca,
dem Punkte, wo die Strasse nach Catania in langer Windung die
Terrasse verlässt, um zur Targettaniederung hinabzusteigen, und wo
allein in der ganzen dortigen Gegend die Beschaffenheit des schlucht-
artig zurücktretenden Terrassenrandes jene grosse Sladtthoranlage
zuliess, welche sich aus 6 Thorbauten hintereinander zusammenseilzte.
Endhch ersieht man aus der livianisehen Erzählung von der Ein-
nahme Epipolais durch Marcellus, dass das Hexapylon ausserhalb
Tychas lag. Somit werden wir nicht fehlgehen, wenn wir Tychas
Nordmauer bis an die Barriere der Scala greca reichen und von da
aus seine Westgrenze etwa längs der gewiss schon aus dem AHer-
thum herrührenden Gataniastrasse südwärts laufen lassen.
Die Südgrenze von Tycha lässl sich nur ganz im allgemeinen
ziehen. Denn wir sind bei dem absoluten Fehlen aller antiken Res^te
lediglich auf die Notiz des Livius angewiesen, dass Marcellus sein
Lager gegen Achradina zwischen Neapolis und Tycha aufgeschlagen
habe-. Es muss also zwischen dem auf der Höhe gelegenen Theil von
Neapoh's und Tycha genügender Raum für die Breite des römi.scheu
Lagers gewesen sein. Um dessen Position zu linden, hilft uns die
Beschaffenheit des dortigen Terrains. Seine Wellenbildung ist näm-
lich gerade zwischen den zwei ehenialigen Stadttheilen derart, dass
sich hier jenem künstlichen Felsen wall gegenüber, welcher die Basis
der mittleren Achradinawestmauer war, ein nach Nord, Ost und Süd
die Umgegend beherrschender Höhenrücken vorschiebt und in einer
Breite von ungefähr 800 m eine Erhebung von 60 m über Meer bei-
Jjehält. An Wasser konnte es in dem Gebiet, welches das römische
Lager eingenommen haben musste, nicht fehlen. Denn von hier
zieht der Aquädukt des Paradieses und etwas weiter westlich da, wo
ungefähr der athenische Kyklos errichtet worden war, der des Nym-
phaeums mit zahlreichen Luftschachten oder Brunnen nach Süden.
Die Gontrada Teracati und die Gase Greci, Moscuzza, Tarantello,
Buonincontro, de Benedictis, Geleste, de Franchis, vielleicht auch
noch Gargallo, mögen in den einstigen Bereich des römischen Lagers
fallen. So wei.sen wir denn dem nach Gicero sehr dicht bewohnten
w
»
— 36 —
Tvcha zwischen Achradina und der Cataniastrasse einerseits, andrer-
Vfit<c zwiscbeft dem Meeresufer und einer südlich von den Gase
Gr«^'0 und Annino gez<^enen Linie einen Flächenraum von etwa
1 1 i qkm zu.
Tycha hatte zwar, verglichen mit den andern drei östlichen
Theilen von Syrakus, eine etwas isolierte Lage, es trug aber in sich
^ll>^t die Bedingungen einer eigenen Stadt, auf deren vorwiegende
Sikelerbevölkerung — Killikyrier war der Name der von den Syra-
ku>ern unterjochten Ureinwohner — der Charakter der Gräber-
anlage bei Casa Agnetta Reale schliessen lässt. Auf zwei Seiten durch
steile Felsenabhange gesichert, bedurfte es vor dem Bau des grossen
dionysischen Festungsringes nur auf den beiden andern Seiten beson-
ders starker Mauern zu seinem Schutze. An Lebensmitteln war kein
Mangel. Quellen an seinem Nordrande und moderne Leitungen in
der Targia beweisen, dass man sich gutes Trinkwasser verschaffen
konnte. Die ausserordentlich fruchtbare Targianiederung , zu der
man von Tycha unmittelbar hinalistieg, lieferte eine Fülle von
Getreide und das nahe Meer seine Fische. Die kleinen Buchten
S. Bonagia und Treulos dienten aber nicht nur dem hier stets sehr
er;:iebigen Thunfisrrhfang, sondern ermöglichten auch unabhängig
von d^n lieiden südlichen Häfen einen gewissen Handeisverkehr.
§ 8. Neapolis.
Neapolis, von dessen topc^aphischer Fntwicklimg wir im 2. Buch
litterarische Nachweise finden werden, dehnte «ich sowohl südlich
als auch nördlich von dem Theater und den zwei angrenzenden
Latomien aus. Zwar sind auf der Hochterra^ne aligesehen von
Strassenspuren im Felsboden gar keine Resti* (\i*r alten Stadt mehr
erhalten, aber es wird wiederholt ausdrücklich ülierliefert, dass
Neapolis mit EinschJuss des Temenites sich auch ülK;r die Höhe hin
erstreckte. Es setzte sich also aus zwei durch den Terrassenrand von
einander ges<:hiedenen Theilen zusammen. Uhhh auch es, obgleich
später ausgeprägte Hellenenstadt, doch an Sl/flUi einer ursprünglichen
Sikeleransiedlung getreten ist, beweisen die w^fitauKgedehnten Gräber-
anlagen. Dieselben zerfallen in zwei Hauptj^nipiMjri : i) die entweder
vereinzelt oder in Komplexen am Ost- und Südrand des Hochplateaus
sich hinziehenden Graber delle <"-"- *<*! T/.afro und del Fusco
- 37 -
und 2) die grosse Nekropolis del Fusco in der gleichnamigen Contrada
auf der südlichen Vorterrasse.
Die Nekropolen am oberen Terrassenrand sind in ihrer ersten
Anlage (s. B. III) uralt und sikelisch, aber später von den Griechen
benutzt und zum Theil umgestaltet worden. Am beachtenswerthesten
wegen seines alterthümlichen Charakters ist ein unterirdisches Grab
nahe bei der Osteria Ambra an der sogenannten Grotte neben der
Cataniastrasse. Es gleicht vollständig den Sikelergräbern, welche vor
einigen Jahren auf der Halbinsel Thapsos entdeckt worden sind. ^
Jedoch kann die von da bis über das Theater hinaus sich hinziehende
und zum Theil schon durch die Anlage der Latomien zerstörte Nekro-
polis auch bei den Griechen nicht länger in Benutzung geblieben
sein, als bis das griechische Neapolis sich unter- und oberhalb des
Abhangs entwickelte; insbesondere ist es undenkbar, dass die Todten-
bestattung in unmittelbarer Nachbarschaft des Theaters fortgesetzt
worden gei. Ja man hat sogar den südlichen Theil der dortigen
Nekropolis zerstört, um das Theater herzustellen und den Zuschauer-
raum ringsum würdig abzuschliessen ; man hat eine Wasserleitung
zur Eix[uickung der Zuschauer in das jetzt sogenannte Nymphaeum
oberhalb des Theaters geführt und damit dieser Grotte, welche ebenso
wie die vielen Nachbarhöhlen als Grabstätte angelegt worden war,
ihren alten Charakter genommen (s. B. III).
Das weite Grabfeld del Fusco lässt aus der Masse der in den
Tufffelsen eingetieften und mit Tuffplatten bedeckten Loculi sowie
aus den in ihnen gefundenen Vasen mit Sicherheit erkennen, dass
hier fast ausschliesslich Griechen, und zwar wahrscheinlich schon bald
nach der Gründung der Stadt, jedoch erst seit der Zeit bestattet
haben, wo die korinthische Kolonie sich nach Achradina hin ausdehnte.
Denn so lange die Stadt Syrakus auf Ortygia beschränkt war, wird
man bei der grossen Entfernung des ältesten Verkehrsweges zwischen
Insel und Festland (s. S. 26) von der Contrada del Fusco nicht
gerade sie zum Friedhof bestimmt haben. Wie günstig dagegen für
immer ausgiebigere Benutzung lag diese Begräbnissstätte nach der
Erweiterung von Achradina bis zum grossen Hafen und nach dem
Entstehen von Neapolis. Bis jetzt haben sich freilich hellenische Gräber
^ Sav. Cavallari, der Entdecker, hat sie in dem Archiv, stör. Sic. anno V.
1880, S. 121 ff. veröffentlicht.
- 38 —
nur aus den ersten Jahrhunderten von Syrakus gebunden, aber der
Charakter der Grabanlagen und der Stil der Vasen mil dunkeln Figuren
auf gelblichem Grund lässt deutlich auch hier schon verschiedene
Entwicklungsstufen erkennen. ^ Dafür, dass auch hier einst Sikeler
begraben worden sind, sprechen nur noch ganz vereinzelte Spuren.
An dem westlichen Ende, welches bis zur Contrada Galera reicht,
sind die Gräber alle römisch, wie zahlreiche Karniesstücke von Tuff
und das Fragment einer lateinischen Inschrift beweisen.
Besonders glückliche Funde hat man an der Südostecke der
Terrasse del Fusco und südlich von derselben in den letzten zwei
Dezennien gemacht ; vornehmlich hat der kaum vollendete Bau der
Eisenbahnlinie Siracusa-Licata bewiesen, welche Fülle von Schätzen
auch in der westlich an Unterachradi na angrenzenden Niederung noch
zu heben ist. Im Jahre 1871 kam in der Nähe der Gräbergruppe
von Raeli ein schöner archaischer Terrakottenkopf mit Diadem zum
Vorschein : eine Arethusa oder Artemis. 2 Dann folgte beim Eisen-
bahndurchstich in der Nähe der Casa Impellizzeri die Entdeckung
einer Menge von Terrakottabildern, der Mehrzahl nach weibliche
Köpfe, deren ganz archaischer Typus an schöne syrakusische Münzen
älteren Stiles erinnert. 3 VVir dürfen hier wohl eine Aufbewahrungs-
slätte von Votivbildern für Leichenprozessionen annehmen und erinnern
an ähnliche Funde in Griechenland und Italien, z. B. Gavallari's
1 Ein neuerdinpis gemachter Fund mag auf dasselbe Resultat hinführen. Wäh-
rend nämlich die Vasen aus der Nekropolis del Fusco bisher nur Thierfiguren (Löwen,
Tiger, Vögel. Sphinxe) aufwiesen, enthält eine vor wenigen Jahren zu Tag gekom-
mene ausser diesen auf einem breiten^ hellen Streifen die Figuren von 4 gerüsteten
Kriegern in Schwarz. Zwei derselben kämpfen mit einander zu Fuss, zwei berittene
halten hinter ihnen, einer derselben mit einem Abzeichen am rechten Arm. Betrachten
wir die Vase als Repräsentantin einer Uebergangsepoche, in welcher die Gefäss-
dekoration zu den Tbiergestalten die der Menschen fügte. Ob eine zweite Eigen-
thümlichkeit unserer Vase, das Auftreten von Wasservögeln unter den Thierbildern,
in Beziehung zu dem nahen Sumpfe Lysimeleia steht, lassen wir bei dem ein-
maligen Vorkommen dahingestellt sein : auf den Vasen und M'lnzen Kamarioas ist der
Wasservogel ein oft vorkommender Hinweis auf den lästigen Nachbar dieser Stadt.
*^ Veröffentlicht von Sav. Cavallari im Bulletüno della Commissione delle Anti-
chitä e Belle arti di Sicilia, Nr. VI. IS'TS, S. 7 und Taf. I 3. Der Kopf ist im Besitz
des Grafen Mezio, aber ein anderes Exemplar, welches aus derselben Form stammt,
ist seit längeren Jahren in dem Museum zu Syrakus.
3 S. Sav. Cavallari's Bericht in den Notkie degli Scavi der r, Accademia dei LincH,
Rom, Juli 1881, S. 198 If.
— 39 --
in der NekropoHs Manicalunga zu Selinunt. Auch römische Gräber
sind in dieser Gegend jetzt durch zwei Urnen inschriften ef wiesen.'
Endlich führte im Jahr 1881 die Anlegung der Eisenbahnlinie
durch die Pantanelliniederung in der Richtung nach den) Olym-
pieion zu überraschenden Entdeckungen. Wer hätte geahnt, dass
sich in dieser Sumpfgegend, kaum 1 m über dem Meeresspiegel,
Grabanlagen ßnden würden? Und doch sind deren nicht nur ver-
schiedene und kostbar in Quadern aufgebaute an das Tageslicht
gekommen, sondern auch in einer Länge von 300 m herrliche
Architekturfragmente guten Stils und vollendeter Ausführung, zierliche
kannelierte Säulen schafle, welche zu kleinen Grabdenkmälern gehörten,
und, was besonders bemerkenswerth ist, Abschnitte eines künst-
lichen Fussbodens aus grossen Tuffquadern, welche mit hydraulischem
Mörtel verputzt sind. Zuerst glaubte man es mit Fussböden von
Gebäuden zu thun zu haben, aber der Umstand, dass sie sich in
derselben Richtung wie die Eisenbahn nach dem Olympieion fort-
setzten und zugleich zahlreiche Fragmente von Grabstelen gefunden
wurden, lassen auf eine Via sacra schliessen, welche von der Nekro-
polis del Fusco nach dem Heiligthum des olympischen Zeus hinführte.
Auch Mauern aus Quaderblöcken, theils in westöstlicher theils in
nordsüdlicher Richtung laufend, werden von der Eisenbahn durch-
schnitten. Zwei derselben sind über 1 1/2 m dick. Sie mögen zu
Befestigungswerken gehört haben.
Für die Bestimmung der ältesten Westgrenze des unteren Theiles
von Neapolis bietet uns die Beschaffenheit des Terrains einen ähn-
lichen Anhalt, wie für die Ansetzung der frühesten Westmauer von
Unterachradina. Etwa 100 m unterhalb des Theaters beginnt
nämlich ein Rain, welcher bald zu einem mehrere Meter westwärts
abfallenden Abhang wird, in Bogenlinie südöstlich nach der Casa
Innorta hin zu ziehen. Diese natürliche Böschung, an deren Fuss,
wie wir oben S. 21 sahen, einst das Sumpfgebiet begann, musste
als Basis dienen für die Schutzmauer der Achradinavorstadt, aus
welcher sich Neapolis entwickelte. Sie umschloss noch die Gegend
1 Diese lauten : Q . CORNIFICIVS. und Q . CORNIFICI.
Q . LIB . IVVENALIS. Q • LIB . HERMES.
VIXIT . ANNOS . Villi PIE . SALVE
PIE SALVE
— « —
des grossen Altars und des Amphitheaters. .S. B. 11. Tlil. III
§ 4 a. E. Nun könnte es scheinen, als ob ein schlagender Beweis
ffir diese Behauptung die 1864 bei Ausgrabung des römischen
Gebiluiiea in der ('..impagna Bufardeci enttleckte Mauer wäre.i Aus
mächtigen Quadern, von welchen zum Theil noch zehn Schichten
erhalten sind, aufgeführt, ist sie olTenbar ein Rest der Stadtmauer.
Aber leider sind die Ausgrabungen nicht weit genug ausgedehnt
worden, um zu einer Enischeidung der Frage zu führen, ob diese
Mauer ein Tlieil der Neapolis ei nsch liessenden gewesen ist, oder zu
dem nath Westen hin erweiterten Unterachradioa (s. S. 30) geliörl
hat. Eine Wiederaufnahme der Arbeilen und eine gründliche
Untersuchung der Umgegend des rämischen Gebäudes und des
Pozzo deir Ingegnere würde endlich AuHtlärung ober die Lage,
die BeschaÜenbeit und Umgebung des alten Markles, des hoch-
wichtigen Centi-ums von Syi-skus bringen ; sie würde alier auch
Gewissheit darüber verschaffen, bis wohin die Westmauer von Unter-
achradina überhaupt vorgeschohen worden ist; und damit wäre
zugleich die Oslgrenze von Neapolis Itestgestellt. Einstweilen al>er
schlummern noch mit ganz vereinzelten Ausnahmen alle antiken
Ueherbleibsel unter der Erdschicht, welche die weile Tiefebene
zwischen dem unteren Auapos und der Hochferrasse deckt.
Die Frage, wie weit sieh in den späteren Jahrhunderten das
vergrösaerle Nenpolis weslwärts erstreckt habe, lässt sich bis jetzt
nur negativ beantworten. Ist es schon an und für sich unwahrschein-
lich, dass die wachsende Stadt der Lebenden sich in die Behausungen
der Tüdlen eingedrängt habe, so kommt die Thatsache hinzu, dass
bei den gründlichen Ausgrabungen gelegentlich des Baues der Eisen-
bahn Siracusa-Licata an der Casa ImpelUzzeri auf eine weile Strecke
hin zwar viele alt griechische und, wie die erwähnten zwei dort gefun-
denen Urnen mit lateinischen Inschriften beweisen, noch von den
Römern der Kaiserzeit benutzte Grabstätten an das Tageslicht geföi'derl
wurden, aber keine Ueherresle von Wohngebäuden sich fanden. Es
scheint demnach, als ob sich Neapolis sudlich vom Theater nicht ülier
die Conirada del Fusco ausgedehnt, sondern später nur noch die Sen-
kung zwischen dieser und der eben konstatierten ältesten Westgrenze
1 S. S.'liLihrii,^ in äe.u MoimUhi:: d. Iigl. jireiiss. Akad. d. Wiss., Berlin 1866,
— 41 —
eingenommen habe. Nördlich vom Theater aber sind wir ausser
Stand auch nur vermuthungsweise eine westliche Grenze zu ziehen.
Die Mauer, welche die Syrakuser im J. 415 auf 414 vor dem Teme-
iiites her aufgeführt haben, blieb ohne Frage mindestens bis zur
Dionysischen Epipolaibefestigung stehen. Später wurde jene feste
Grenze wahrscheinlich beseitigt. Um aber auch nur anzudeuten, wie
weit darauf das obere Neapolis noch gegen Epipolai vorrückte, fehlt
uns Jeder topographische und historische Anhalt.
Ehe das Neapolis der Tiefebene mit dem Temenites auf der
Höhe vereinigt wurde, hatte es nach Norden hin einen genau be-
stimmten, natürlichen Abschluss an den Abhängen der Terrasse,
welche vom Theater an erst östlich, dann nördhch ziehen und etwa
zur Hälfte durch die Latomien in senkrechte Felswände verwandelt
worden sind. Diese Absperrung musste aber in hohem Grade lästig
werden, sobald die wachsende Bevölkerungsmenge der Neustadt es
gebot, auch die Höhe mit Wohnungen zu bedecken. Heutigen Tages
ist westlich von der sog. Grotte der Verkehr zwischen oben und
unten ein sehr beschränkter. Es stehen nur zwei Strassen zur Ver-
fügung, die eine zwischen den beiden Latomien des Paradieses und
S. Venera, deren senkrechte Felswände zum Theil über 25 m hoch
sind ; die andere führt im Bogen zwischen dem Theater und den
seinen oberen Band noch um 12-14 m überragenden Felsen zu
den Gräberstrassen hinauf. Im Alterlhum muss der Verkehr- zwischen
Ober- und Unterneapolis bis in die )*ömischen Zeiten hinein leichter
gewesen sein. Nicht als ob die beiden Latomien erst durch spätere
Ausbeutung zu einem so unüberwindlichen Verkehrshinderniss ge-
worden wären, eine Annahme, welche sich von vornherein im Hin-
blick auf den raschen Verfall der Stadt unter der römischen Herr-
schaft widerlegen würde : wohl aber können ohne wesentliche Um-
gestaltung der Latomien damals bestehende Verbindungen im Laufe
der letzten zwei Jahrtausende zerstört worden sein. Diese Vermuthung
wird durch folgende Umstände zur Gewissheit. Die Nordwand der
Paradieseslatomie zeigt einige der S. 33 beschriebenen Grotten und
Gallerien, wie das sog. Orecchio di Dionisio und die Grotta dei Gordari.
Vor diesen von Pfeilern getragenen und in den natürlichen Felsen
eingewölbten Gallerien liegen auf dem Boden der Latomie selbst
Reste solcher eingebrochenen Felswölbungen und umgefallenen Pfeiler.
Aber einer der letzteren von ungewöhnlicher Höhe und Dicke ist
— 42 — i
stehen geblieben und trägt oben auf seiner Spille noch die Ruinen
eines Gebäudes. Ohne Zweifel ist dieser Pfeiler der letzte stehende
Zeuge einer grossen Gallerie, deren Oberfläche im Alterthum nicht
nur einen Weg von der Terrassenhöhe nach der Unterstadt bildete^
sondern auch neben der Strasse noch Raum für Häuser hatte.
Auch in dem Ohr des Dionys ' sieht man noch Spuren eines,
älteren und zwar unterirdischen Verbindungsganges, der in allmäh-
licher Steigung von unten nach oben führte. Es läuft nämlich durch
die ganze Länge der 65 m weit in den Felsen hineinreichenden
Grotte an dem oberen Theile ihrer einen Seite eine Vertief ung.»
welche offenbar der Rest eines Ganges ist. Dieser mündete in die
Kammer, durch welche jetzt die Gr&tte mit dem oberen Theaterrand
und der Hochterrasse in Verbindung steht, und setzte sich ohne
Zweifel einst durch den ganzen, erst später in Folge der Aushöhlung
der Paradieseslatomie zerstörten, Terrassenabhang bis etwa in die
Gegend des grossen Altares fort.
Für das Wiederauftinden alter Strassen von Neapolis geben neben
der Bodengestaltung die grossen Denkmäler, das Theater, der Altar,
das Amphitheater, wichtige Fingerzeige : ihren Ausgängen mussten
Strassenrichtungcn entsprechen. So lief eine Strasse von der Gegend
des Isthmus her nach der Südwestecke des grossen Altars, wo sie
in einen weiten Platz vor dessen Westfront mündete, und von dessen
entgegengesetzter Seite gingen Strassen aus, welche sich zwischen
Altar und Theater nach dem Zuschauerraum und nach dem Bühnen-
gebäude des letzteren hin verzweigten. Diejenige Linie, welche, wie
wir oben sahen, unmittelbar östlich vom Theater aufwärts führte und
an deren Seite noch bis Ende der siebenziger Jahre viereckige Nischen
in der Felswand ähnlich denen der Gräberstrassen (s. B. HI. Tbl.
III § 2) erhalten waren, um dann rücksichtsloser Weise zerstört zu
werden, bildete in der dortigen Gegend eine wichtige Verbindung
zwischen der Tief- und der Hochebene. Denn östlich schliesst sich
die Paradieslatomie und westlich der steile Abhang an die Theater-
mulde an. Erst 250 m weiter westlich folgt der auf Karte 1. ver-
zeichnete Aufweg von der Contrada Fusco auf das Hochplateau.
Die Längenachse des Amphitheaters und ihre südöstliche Strassen-
fortsetzung weist gerade auf den Isthmus und Ortygia hin, während
der nördliche Ausgang zwei Wege nach der Strasse von'S. Nicolö
entsendet. Der östliche derselben ist der schon obpn erwähnte, welcher
— 43 —
weiterhin zwischen den Latomien des Paradieses und S. Venera zur
Terrasse binaufTührt. Die Strasse von S. Nicolö, ebenfalls antiken
Ursprungs, läuft von West nach Ost und muss nach Achradina
hineingeführt haben.
Schliesslich zieht sich eine zahllose Menge von Radgeleisen von
Tycha her über die Hochfläche nach Neapolis. Wir sehen, dass zu
den grossartigen Anlagen für religiöse und profane Versammlungen
von allen Seiten her. Strassen führten und dem Zusammenströmen
gewaltiger Volksmassen aus allen Theilen der riesigen Pentapolis
dienten.
§ 9. Epipolai und Euryalos.
Von der im § 6 genau bestimmten Westgrenze Achradinas an
erhebt sich das grosse Hochplateau von Epipolai in ununterbrochenem
Aufsteigen bis zum Euryalos. Anfänglich ungefähr 55 m über Meer,
erreicht es an seinem Endpunkt 152,40 m absoluter Höhe. Gewöhn-
lich versteht man unter Epipolai nur den westlichen, höheren Theil
der Terrasse, aber topographisch bildet das ganze, etwa gleich-
schenklige Dreieck, dessen Basis durch die Schluchten von S, Bonagia
und am Cozzo del Romito, sowie durch die zwischen beiden sich
hinziehende Bodensenkung des Hochplateaus, und dessen Spitze durch
den Euryalos gegeben ist, eine zusammenhängende schräge Fläche,
deren jetzt an vielen Stellen des Humus beraubter und nackter Fels-
boden ausser einer Anzahl sehr tiefer und zum Theil durch unter-
irdische Kanäle mit einander verbundener Brunnen so gut wie gar
keine Reste aus dem Alterthum aufweist. Nur am Rande ringsum
werden wir mannigfaltige und erhebliche Zeugnisse alter Geschichte
und Grösse finden.
Die Gleichförmigkeit der Oberfläche selbst, deren Wellenlinien
den freien Blick über das Plateau vielfach hemmen, ist nur in der
Coritrada Bufalaro durch höhere und abschüssige Felsen unterbrochen.
Diese erheben sich bis zu 134 m über Meer und fallen in Abstu-
fungen nach Nord, Ost und Süd bis zu 15 m in die Hochebene ab.
Sie schliessen die Steinbrüche, welche den Namen del Filosofo
führen, ein. 500 m westlich von diesen beginnt mit einer Höhe von
147 m der steile Grat des Euryalos, dessen Osthälfte mit ihrem
anfangs ganz scharfen, dann nur c. 50 m breiten Rücken gegen
700 m lang ist. Die Mitte dieser Strecke ist am höchsten und trägt
— 44 —
das anlike Kastell; ihr westliches Ende wird durch den äusserslen
der drei parallelen Festungsgräben von der breiteren Jochforlsetzunjf,
welche bis zum Belvedere auTsteigt, abgeschnitten.
Die geschlossene Bildung des Eurya lossatt eis, die natürliche
Fi^stiykeit seiner sirilen Felsenwände, seine die weile Umgegend
ringsum beherrschende Lage verliehen gerade diesem Punkte die
höchste Bedeutung für die Fortifikation von Syrakus. Noch in den
Jahren der athenischen Belagerung war die nicht von den Syra-
kusern besetzte Position der Stadt verhangnissvoll; Dionysios 1.
war es ofienbar, der ihre Wichtigkeit erkannte und den Felsengral
zum Schlüsselpunkt seiner Riesenfestung machte. Auch das Belvedei-e
mil seinem noch höheren Bergkegel in die Festungswerke herein-
zuziehen wäre ein bedenkliches Verlängern der Verlheidigungslinie
gewesen, ohne dass daraus der Festinig seihst gegenüber den antiken
Belagerungsniilteln irjfend ein grösserer Nutzen erwachsen wäre als
ihn unser Kastell gewährte. Der Umblick von seinen 5 Weslthünnen
ist in der That ein allseitiger. Jede feindliche Annäherung von dem
sicilischen Randgebirge her lässt sieb beobachten ; die ungeheure
Fläche der alten Stadt selbst nicht nur lässt sich übersehen, uud
überwachen, was auE ihr, was in dem grossen Hafen vorgeht, sondern
weiterbin reicht der Blick viele Meilen über das ionische Meer und
den Küstensaum von der Gegend des Assinaros bis über Xiphonia-
Augusta hinaus; unmittelbar zu seinen Füssen hat der Besitzer des
Euryaloskasiells einerseits die syrakusische Ebene mit dem Olympieion
und der Halbinsel Maddalena, andrerseits die me-garisChe Feldmark
mit der Halbinsel Magnisi.
Das Kastell überragt die anschliessenden Epipolai mauern um ein
bedeutendes. Denn während der höchste Punkt, welchen das Terrain
des Kastells erreicht — es isl die Ostspitze desselben — 152,40 m
über dem Niveau des Meeres liegt, hat die Basis des nächsten Theils
der Südmauer von Epipolai nur 140 m absoluter Höhe ; nach der Nord-
raauer hin aber senkt sich der Boden noch viel mehr ; so dass sein
Niveau bei den nächsten Thoren Nr. 80 sogar nur 125 m über Meer isl.
Bei einer Umwanderung des Epipolairandes stossen wir sowohl
an dem Süd- wie nn dem Nordabhang innerhalb und ausserhalb
der anliken Festungsmauer auf zahlreiche Sikelergräber ; hie und
da sind freilirfi auch diese letzten Reste der vorgrieehischen Kultur
im Versehwinden begriffen. Denn je feiner und besser der Tuff isl,
— 45 —
welcher diese Gräber birgt, desto eifriger sind die Steinbrecher darauf
aus, die betreffenden Felswände auszubeuten und abzutragen. So
werden in wenig Jahren viele Sikelergräber durch Wegschneiden des
umgebenden Tuffgesteines vertilgt, und man kann voraussehen, dass
in nicht Janger Zeit von ganzen Nekropolen keine Spur mehr vor-^
banden sein wird. Uebrigens haben schon die alten Griechen keine
Rücksicht auf die Sikelergrabstätten genommen, wenn sie ihren Bauten
im Wege standen. Denn nachweisbar sind rings um den Terrassen-
rand viele derselben durch den dionysischen Mauerbau zerstört worden.
Da, wo der Aquaedukt von Tremilia den Sudabhang des Pla-
teaus erreicht, sieht man die Reste von zwei sehr grossen Gebäuden.
Von einem derselben, welches unmittelbar am Rand der Höhe und
an der Festungsmauer stand, sind noch Quaderblöcke vorhanden,
während das andere durch blosse Bettuugseinschnitte in den Fels-
boden und innere Mauern bezeugt ist, welche nicht aus Steinen
zusammengesetzt sind, sondern mit dem Felsen aus einem Stück
bestehen, indem man sie bei der Aushöhlung der Binnenräume durch
Wegschneiden der Steinmasse übrig Hess.
Gerade in der Mitte zwischen der Felsenstrasse westlich vom Theater
und der Portella del Fusco ist am Fuss des Abhangs an der senk-
recht behauenen Wand ein Flachrelief von 0,45 m im Quadrat. Es
stellt einen Krieger zu Ross dar. Seit den Ausgrabungen für das Werk
Serradifalcos sind nur vier solcher Reliefs in Svrakus zum Vorschein
gekommen, ausser dem erwähnten eines in der Gräberstrasse ober-
halb des Theaters : eine männliche (?) und eine weibliche Figur
zwischen einem Reiter und dem Führer eines Pferdes stehend,
während je eine Schlange sich unter beiden Pferden emporringelt ;
ein drittes an dem Westeingang des Amphitheaters mit einer männ-
lichen Figur, welche vor einem Altar aus einer Patera libiert; ein
viertes endlich von unbekanntem Fundort ist neuerdings für das
Museum zu Syrakus erworben worden, es zeigt auf einem Quadrat von
30 cm Seitenlänge ebenfalls einen berittenen Krieger. Die Bedeutung
dieser Skulpturen liegt weder in ihrer Darstellung, noch in ihrem
Kunstwerth, wohl aber darin, dass sie den Zweck der Tausende von
viereckigen Vertiefungen klar machen, welche überall an den Fels-
wänden in Verbindung mit Grabanlagen angebracht sind. S. B.' III.
Tbl. III §2. Wie die noch vorhandenen Reliefbilder zum Theil aus
der Felswand selbst herausgehauen sind, so haben wir uns alle jene
— 4b —
flachen Löcher mit eingelassenen Platten ausgefOllt zu denken, auf
welchen Reliefs oder Inschriften angebracht waren. Von letzteren hat
sich freilich noch kein einziges Exemplar gefunden.
Wir fägen noch eine Bemerkung bezüglich der geologischen
Formation der Epipolaiterrasse hinzu. Am Södabhang, wie auf der
etwas weniger hohen und steilen Nordseite tritt deutlich zu Tage,
dass durch die ganze Terrasse hindurch eine obere TufTschicht aul
vulkanischem Gebilde lagert. Alle Wasserläufe im Innern sind ober-
halb dieses undurchdringlichen Vulkangesterns. Sie spendeten sowohl
nach Norden, als auch ganz besonders nach Süden hin,' reichliches
Trinkwasser dem heranwachsenden Syrakus, bis die ins Ungeheure
gestiegene Einwohnerzahl noch des aus der Ferne liei^eleiteten
Aquaeduktes Galermi bedurfte.
§ 10. Die syrakusischen Festungsmanern.
In den vorhergehenden Paragraphen haben wir eine topogra-
phische Beschreibung der verschiedenen Theile von Syrakus gegeben
und ihre Grenzen, soweit sie auf Grund der natürlichen Bodengestal-
tung oder der Werke von Menschenhand noch erkennbar sind, fest-
gestellt. Wir betrachten nunmehr diese Werke selbst und verfolgen
ihre Ausdehnung nach den Ruinen, welche auf uns gekommen sind,
und in den Zügen, auf welche uns Spuren oder Beschaffenheit des
Terrains hinweisen. Letztere kommt bei Ortygia, Neapolis und der
Südhälfte von Achradina fast allein in Betracht.
Der äussere Festungsring zog sich um Ortygia und die vier
Festlandquartiere herum ; er folgte fast überall dem Meeresufer und
dem Rand der grossen Terrasse. Während die südöstlichen Abschnitte
beinahe völlig verschwunden sind, weist besonders Epipolai nicht nur
erkennbare, sondern meist ganz gewaltige Ueberreste der berühmten
Befestigung auf. An manchen Stellen sind freilich nur Einschnitte
und Planierungen des Felsbodens, welche zur Fundamentierung
dienten, oder Bearbeitungen der Abhänge zum Herausheben von
Werkstücken für die Mauer übrig geblieben; aber den grössten Theil
I Als man beim Bau der Eisenbahnlinie Siracusa-Licata die TufTschicht in der
Nähe der Pantanelli durchstach und bis auf das dortige Thonlager hrnantcrkam, quoll
oberhalb desselben eine erstaunliche Menge Wasser hervor. — S. übrigens B. III. Th. I.
— 47 -
des Epipolairandes begleiten Mauerreste und ungeheure, ununter-
brochene Trümmerhaufen von Quaderblöcken.
Den Anfanjj unserer Aufmessung machen wir mit der Portella
del Fusco. Diese war der wichtigste Punkt der sudlichen Aussenmauer,
welche hier im rechten Winkel nach der niedrigeren Vorterrasse der
Contrada del Fusco herabgestiegen sein muss, und ist zugleich nach
langer, spurloser Strecke die erste Stelle, von der an viele Kilometer weit
die antike Mauer durch deutliche Reste bezeugt ist. Die Gesamtlänge
aller antiken Aussenraauern also setzt sich folgendermassen zusammen :
I. Länge der Mauern, welche sich noch im Zusammenhang und in Spuren
am Terrassenrand verfolgen lassen.
i) Von der Porlella del Fusco bis zum Ostende des
Euryaloskastelis m 4 355
2) Aussenmauern des Euryaloskastelis bis zur ersten
Pforte Nr. 80 » 075
3) Von dieser Pforte Nr. 80 bis zur Barriere der Scala
greca »4 425
4) Von der Barriere der Scala greca bis zur Mündung
der Bucht von S. Bonagia »4 655
5) Von der Mündung der Bucht von S. Bonagia bis
zum Zollposlen Mazzarrone »6 180
■ ■■ . -
Summa . . . m 17 290
IL Länge der Mauern, welche nur noch durch ganz ver^ttzelte Sporen
oder ihre Anfangs- und Endpunkte konstatiert wenfen k'dnnen.
6) Von dem Zollposten Mazzarrone bis zum Stapelplatz
von S, Lucia m 2155
7) Der jetzige Umfang der Insel Ortygia, von deren
antiken Mauern nur noch bei der Arethusa *
einige Reste vorhanden sind » 3 450
Ueberzut ragen . . . m 5 605
••©
A Hier hat einer Mittheilimg di Natale's zut'olge Sav, Cavallari kQrzlich auch
antike Steinmetzzeichen auf Quadern gefunden, welche von der alten Befestigung
herrührend in die spanischen Werke eingemauert sind. Da man jetzt anfängt die-^e
Festungswerke auf Ortygia abzutragen, so lässt sich erwarten, dass aus ihrem Schosse
in der nächsten Zeit uns noch manche wissenschaftlich oder künstlerisch interessante
Reste aus dem Alterthume wieder zum Tageslicht auferstehen werden.
— 48 —
Uebertrag . . . m 5605
8) Festungsmauern der Werfte an beiden Häfen bis
in die Nähe des römischen Gebäudes in der
Campagna Bufardeci » 1 100
9) Von dein Ufer bei dem gen. römischen Gebäude
bis zur Campagna Raeli » 625
10) Von der Campagna RaeH bis zur Portella del
Fusco » 2200
11) Vertheidigungsmauer der Bucht S. Bonagia ...» 500
Summa ...» 10030
Gesamtsumme aller Aussenmauern . . . m 27320*
^ Auf Grund obiger Zahlen und des gleich folgenden Zusatzes Nr. 1 können wir
eine Vergleichung mit den grössten und bedeutendsten Städten des klassischen Alter-
Ihums, soweit ihre Masse uns näher bekannt sind, anstellen. Wenn Thukydides VI! 25
sagt, dass Syrakus zur ^eit der athenischen Belagerung an und für sich nicht kleiner
gewesen sei als die Stadt der Athener, so erweist sich dies bezüglich der räumlichen
Ausdehnung als durchaus richtig. Es ist zwar eine derartige Gegenüberstellung beider
Städte gar nicht so einfach. Denn sie sind in ihrer Anlage ganz verschiedenartig.
Syrakus bildet mit all seinen Quartieren im ganzen eine kompakte Masse. Athen
zerfällt in zwei räumlich weit von einander getrennte Städte. Freilich wenn wir das
aliTYjv Y£ ^^^ auT/Jv in dem Sinne auch bei Athen ergänzen, dass wir dadurch den
Peiraieus ausgeschlossen sein lassen, so sind wir sofort am Ziel und finden sogar bei
Thukydides eine starke Litotes. Athen allein hat bei einem Mauerumfang von 7912 m
Aussenfront (s. Kaupert in den Monatsher. d. k. preuss. Äk. d. Wiss. v. J. 1879^
S. 61 8) einen Flächenraum von knapp 3 qkm , dagegen schliessen Achradina-
Ortygia in ihren 16285 m langen Mauern eine Stadtfläche von 6 1/2 qkm ein.
Indessen meint wohl Thukydides mit seinem auTYJV "^s y,aÖ auTYjv nicht dies, sondernr
will nur die Hauptstadt im Gegensatz /u dem Landgebiet und dem Reich bezeichnen.
Da rechnen wir am richtigsten so, dass wir, ebenso wie Ortygia als die eigent-
liche Hafenstadt von Syrakus, auch den Peiraieus und vielleicht noch den dicht-
bewohnten Raum zwischen den beiden nördlichen langen Mauern mit in Betracht
ziehen. Die Phaleronmauer dürfen wir fuglich aus dem Spiel lassen, da sie durchaus
keine Stadtquartiere einschloss und auch bald aufgegeben wurde (s. Wachsmuth,
Athen I. S. 329. 573). Somit kommen zu den 23(4 qkm von Athen 41(2 für die
Peiraieusstadt und i ^(2 fö^ den Zwischenraum zwischen den beiden langen Mauern,
was eine Summe von 88(4 qkm ergiebt. Dem müssen wir dann aber auch das durch
den Mauerbau im Winter 415 auf 414 erweiterte Syrakus gegenüberstellen. Dieses
umfasste noch die Stadt Tycha, welche schon bei Gelegenheit der Vertreibung der
Deinomeniden von Diod. XI 68 erwähnt wird, und den Temenites, aus welchem sich
Neapolis entwickelte. Wie weit dieser südliche Stadttheil damals schon gediehen
war, wissen wir zwar nicht, können aber immerhin daraus, dass Diodor a. a. O. von.
• Vorstädten», XIV 63 von der «Vorstadt Achradinas» um das Apollonheiligthum
herum, welche Himilkon 396 einnimmt, spricht, und Thuk. VI 75 die Syrakuser
415 auf 414 den Temenites ummauern lässt, schliessen, dass auch hier damals
— 49 -
Zwischen der Portella del Fusco und dem Theater fehlt selbst
die leiseste Andeutung, einer einstigen Mauer an dem oberen Terrassen-
rand. Der Abhang ist gerade hier nicht besonders steil, vielmehr in
breiter Abstufung hingestreckt. Mit Ausnahme von zwei Stellen an
den Endpunkten, wo Steine gebrochen und dadurch senkrechte
Wände hergestellt worden sind, zeigt sich auf der einen Kilometer
langen Strecke nirgends eine Spur, dass man für die Festungsmauer,
wie sonst überall, an Ort und Stelle Quadern gewonnen habe. Jene
beiden kleinen Steinbrüche aber lieferten wohl nur das Material für
die Befestigung der Portella del Fusco und vielleicht für die Einfas-
sung des Temenos oberhalb des Theaters. -Demnach sind wir zur
Ansetzung der Schutzmauer von Neapolis, dessen Ausdehnung über
die Niederung südlich vom Theater und der Paradieseslatomie fest-
steht, auf die untere Terrasse angewiesen, und in der That finden
sich auch an der Südgrenze der Contrada del Fusco vereinzelt antike
Mauerreste. So begleitet bei der Oelmühle S. Nicolo eine Mauer
den oberen Rand des Abhangs. Welche Bedeutung für diese Frage
eine Entdeckung allerneusten Datums hat, lässt sich bis jetzt noch
nicht ermessen. Man hat nämlich neben der Stra!?se nach Floridia,
ein wenig westlich von der Abzweigung der Strasse nach Ganicattini,
eine gewaltige, fast 6 m dicke Mauer ausgegraben, deren grosse
W^erkstücke zum Theil noch 5 Schichten hoch auf einander liegen.
Haben wir hier wirklich ein Stück der alten Ringmauer vor uns, so
würde dieselbe von der Portella del Fusco nicht, wie man erwarten
sollte, direkt südlich zu dem nahen Rand der unteren Terrasse, son-
schon eine Vorstadt sich gebildet hatte, welche der Umfriedigung werth war. Neapolis
tritt bald darauf in der ersten Regierungszeit des älteren Dionys bei Diod. XIV 9
zum ersten Male als schon bestehend auf. Die Vorschiebung der Westfront Achradinas
gegen Epipolai vermehrte die 6^(2 qkm der beiden griechischen Altstädte auf c. 10.
Ganz anders aber gestaltet sich die Sache durch die Epipolaiummauerung des
älteren Dionys. Von da an bleibt Athen weit zurück. Auch Alexandria, welches sich
nach Strabons Angaben XVII 793 und Mahmud Beys Messungen auf ca. 8 qkm
berechnet, und Antiochia erreichen nicht die Ausdehnung von Syrakus. Dieses
ist mit seiner 271/3 km langen Ringmauer zur grössten Stadt nicht nur der Hellenen-
w^elt, wie Diodor und Cicero behaupten, sondern des klassischen Alterthums
überhaupt geworden. Selbst die Aurelianische Mauer Roms ist nach der höchsten
Angabe, von Nolli (s. Jordan, Topogr, der St. Rom I. S. 343 f.), 12,42 Miglien, also
noch nicht 19 km lang und umschliesst einen Flächtnraum von c. 14 qkm; dagegen
beträgt die Gesamtfläche innerhalb des syrakusischtn Festungsringes c. 18 qkm.
Lupus, Die Stadt Syrakus. 4
— 50 —
{li'Mi in wlii'ü;,'-er s Cid östlicher Riclilunir quei' über diu Coniradit tiel
Fusto gelaulcn sein. Indessen wird es gerathen sein, den demnäuhst
KU erwartenden aulhenlischen Veröffenflielmngeii über diesen neuen
Fund iiidit durch vage Vermuthuii(ien vora unreifen.
Zu dem Äussenrinjj; kam abei' noch eine Anzahl innerer Mauern,
welche die verschiedenen Stadltheile von einander trennten. Bei
deren Aufzählun}^ und eventueller Län{;enschälzun|r müssen v^ir
jedoch die Fortifikalionen, welche zu wiederholten Malen zwischen
Orlygia und Achradina lieslanden, ausser Betracht lassen. Denn gerade
hier hat sich im Verlauf der Jahrhunderle das Terrain so sehr ver-
ändert und sind so viel Uiiabauten vorgenommen worden, dass uns
auch nicht der gerintisle Anhalt zu ii^nd welcher Bestimmung und
Berechnung gehlieben ist. In Unlevachradina deckt eine hohe Schicht
von Erde und Schult die Reste der alten Bauten. Den Islhmus aber
und den daian slnssenden Tlieil von Orlygia haben die Feslungs-
baulen Kalls V vfillig umgestaltet. Dann folgen auf dem mehi'ere
Meier hohen Schult der Jahrlausende dicht an einander gereiht die
Häuser und Strassen der modernen Siracusa.
1) Die Länge der Westmauer Achradinas lässl sich am leicliteslen
feststellen, da man, wie wir oben sahen, an einer Reihe von topo-
graphischen Merkmaien ihren ganzen Lauf verfolgen kann. Danach
berechnet sich ihre Ausdehnung auf 4500 m.
2) Von Tychas West- und Südmauern wissen wir durch histo-
rische Ueherlieferung gar nichts. Dass es zur Zeit der römischen
Belagerung wenigstens Iteine Südmauer mehr gehabt hat, weiden
wir siiäter sehen. War es im Winter i\5 auf 414, al.« die Syrakuser
Achradina nocli durch die voi^eschobene Parallelmauer deckten ,
schon ringsum befestigt, so müssen wir seine Mauer von der Scala
gi-eca an ersl längs der Calaniastrasse südwärts ziehen und sich dann
ostwärts nach der Achradinamauer wenden lassen. Beide Strecken
zusammen betragen ungeßlir 2000 m. Die Cava S. Bonagia scheint
auf ihrer West- und Südseife, also nach Tyclia hin, am oberen Rande
nicht befestigt gewesen zu sein.
3) Ebenso wie mit Tycha sieht es mit Neapolis, Wir erfahren
nichts von den Befestigungsmauern dieses Sladtlheils. Den Temeniles,
welcher später zur Oberstadt Neapolis nördlich vom Theater gehürle,
schlössen die Syrakuser 445 auf 414 in die crwiihnte zweite West-
maner ein. Oh diese noch über die Er''' '' — 'er Dionysischen
— 51 -^
Ringmauer hinaus fortbestand und nach der Unterstadt Neapolis hin
fortgesetzt war, wissen wir nicht. Zur Zeit des Marcelhis hat es
denn rönnischen Lager auf dem Hochplateau keine Mauer zugekehrt.
Im Hinbhck auf die topographisch und historisch bezeugte Bedeutung
von NeapoUs ist die Ansicht gerechtfertigt, dass es sich nordwärts
und westwärts nicht unerheblich über die Casa dei Gesuiti hinaus
erstreckt habe.
Konstruktion der Mauern.
Die Werkstücke wurden rings um den Terrassenrand, da, wo
man sie erbaute, auch gebrochen, und es entsprechen die Löcher im
Felsen, aus welchen jene ausgehoben sind, in ihren Dimensionen
genau denjenigen der Quadern, i Diese sind fast alle 1,40 m lang,
0,60 hoch, 0,70 tief. Dagegen richten sich diejenigen Blöcke, welche,
um die Schichten mit einander in Verband zu bringen, auf die hohe
Kante gestellt sind, in ihren Dimensionen nach der Dicke der Mauer.
Diese beträgt im Durchschnitt 3,10 m ; bei Tremilia steigt sie auf
3,77, hie und da sogar auf 4,44 ; dann verringert sie sich weiter
westhch auf 2,85 und an wenigen Stellen bis auf 2,10 m. In der
Nähe des Euryalos jedoch erreicht sie wieder 4,45 m.
Die Ausführung des Baus zeigt durchweg grosse Sorgfalt. Die
Quadern schliessen mit ihren P^ugen genau aneinander; ihre Aussen -
Seite ist Rustika mit einem rings umlaufenden glatten Saum von
5 cm Breite. Wenn an einigen kurzen Strecken des südUchen Mauer-
schenkels die Steine fast ganz so, wie sie gebrochen wurden, ohne
weitere Bearbeitung zusammengesetzt sind, so veranlasste offenbar
ein drohender Angriff, wohl derjenige der Karthager zur Zeit des
älteren Dionys, eine solche Beschleunigung des Baus. Wir werden
darauf im 3. Buche zurückkommen.
Wie hoch die Mauer einst gewesen ist, lässt sich nicht mehr
mit Sicherheit feststellen. Denn sie steht nirgends mehr bis zum
Gesimse, welches die Zinnen trug. Wo sie im Aufbau am besten
erhalten ist, liegen noch 6 Quaderschichten aufeinander, was eiive
Höhe von 3,60 m ausmacht. Die ursprüngliche Höhe mag wohl das
1 An einzelnen Stellen scheint es, als ob die durch das Ausbrechen der Steine
entstandenen Löcher als Cisternen verwandt worden seien. So am Bufalaro und
nordöstlich vom Euryalos. Denn auf dieser Höhe war Trinkwasser schwer zu
beschaffen.
Doppelle und mehr betragen haben, je nachdem der Terra ssenra ml
höher oder nietiriger war, steiler oder sanfter abfiel.
Von der Mauertliicht sprangen nach aussen zahlreiche Thürme
hervoi'. Sie sind viereckig und stehen mit der Mauer so in Verhin-
ilung, dass das Quadergefüge sich ununterbrochen fortsetzt. Die
srössten, welche eine Fläche von 140 qm bedecken, stehen an den
angreifJiarsten Stellen und an den Thoren, wo sie die Passage der
in Windungen um sie herum in die Festung führenden Strassen
maskieren. So sind z. B. an der Südseife die Zugänge an der Por-
tella del Fusco und von Tremilia geschützt. Die dortigen TliQrme
sind viel grosser als die, welche in bestimmten Zwischenräumen
längs der Mauer selbst vertheilt waren ; ja an der Portella del J'usco,
einem Fortifikationspunkt von grössler Wichtigkeit, bildeten, wie
auch am Euryalos, an der höchsten SIelle des Aufgangs, mehrere
Tbiirme ein grösseres Vertheidigungssysfem.
An Mauern und Thiirmen der Südseite ist nicht nur Verschieden-
arfigkeit des verwendeten Steinmaterials, sondern auch der Bauart
unverkennbar, so dass man sich veranlasst sieht, verschiedene Bau-
perioden und wiederholte Umbauten anzunehmen. Die ältesten und
bestausgeführleu Theiie sind die an das Euryaloska stell sich an-
:i;c hl i essenden. Auf manchen Slrecken sind für die unleren Schichten
Steine anderer Qualilät verwandt, als für die oberen. Dies erklärt
sich vielleicht so, dass man für jene das Material am Abhang selbst
brach und erst, als man bis zu einer gewissen Höhe gebaut halte
imd sich nicht mehr die Mühe machen wollle, Werkstücke von
13(XI kg aus der Tiefe lieraufzu heben, -die Steine auf der Oberfläche
der Terrasse gewann, wo der Tufl in seiner Formation vielfach von
dein der unteren Partien abweicht.
Gleichartiger sind Material und Bauart an der Nordseite von
Epipolai. Die Mauer ist hier von einer Anzahl verschieden breiter
Thorwege unterbrochen. Es lassen sich von den beiden Pforten nord-
östlich vom Euryalos bis zu dem Thor an der Scala greca im Ganzen
noch neun l'ostslellen. Dieselben sind zum Theil so eng, dass sie
eben ein Mensch passieren kann, und schmale, steile Felsenireppen
führen aus der Niedei'ung zu ihnen hinauf. Nur das Thor südöstlich
von der Wasseranlage Nr. 91 hat Raum für Wagen mittlerer Grösse.
An ihm wie an der zweiten Pforte nördlich vom Euryaloska stell kann
man noch besondere Vertheidigungsvorkebrungen durch Mauern,
— 53 —
welche rechtwinklig oder parallel mit der Aussenmauer laufen, beob-
achten. Auch der Doppeleingang an dem Thurmchen della Targetta
war offenbar nur für beschränkten Verkehr bestimmt. Denn zu ihm
führen die beiden Aufwege auf Staffeln. Dagegen muss durch die
Scala greca eine Haupistrasse geführt haben. Ihre Maueröffnung ist
bedeutend weiter als bei den 8 andern Durchgängen, und zahlreiche
Geleise sowohl innerhalb wie ausserhalb der Festungsmauern be-
zeugen noch den grossen Wagenverkehr. Oben am Terrassenrand
schliesst die östliche Mauer mit den Resten eines Thurmes, Nr. 105,
während die Quadern, welche von der Basis des entsprechenden West-
thurmes noch 1880 vorhanden waren, seitdem entführt worden sind.
Nachdem die Ringmauer ungefähr in der Mitte zwischen der
Scala greca und der Tonnara di S. Bonagia von dem Hochplateau
nach dem Meeresufer hinabgestiegen war, begleitete sie dasselbe von
der Quelle delle Palombe bis zu der genannten Bucht, lief um diese
herum und setzte sich jenseits derselben längs der ganzen Nord-,
Ost- und Südseite von Achradina fort. Wie wir oben (S. 28) gesehen
haben, fallt die Nord- und Ostküste dieses Stadttheils in steilen, ja
meistens senkrechten Felswänden von enormer Höhe nach dem Meeie
ab. Deshalb ist und war ein Hinabsteigen nur an wenigen Stellen
möglich. An diesen sind Stufen in den Felsen eingehauen, vermittelst
deren die Verbindung mit der See stattfand (s. die Nrn. 18 u. 29).
Da die Achradinamauern nicht nur die älteste Partie des noch sicht-
baren Festungsringes sind, sondern auch viele Jahrhunderte lang am
meisten den nagenden Seewinden ausgesetzt waren, so bieten sie
jetzt ein Bild arger Verwüstung und sind nur an wenigen Punkten
im Zusammenhang zu verfolgen. Nichtsdestoweniger kann man noch
hie und da antike Umbauten konstatieren, besonders nördlich von
dem Zollposten von Buonservizio. Dort trug einst das kleine Vorgebirg
ein Kastell von etwa 10,000 qm Oberfläche, welches mit seiner
festen Position den Vortheil verband, dass an seinem südlichen Fu5s
wenige Meter über dem Meeresspiegel zwei Quellen aus dem
Felsen hervorsprudeln, zu welchen man ebenfalls auf einer Treppe
hinabstieg.
^ 11. Die Umgegend von Syrakos.
Für fiie GesluUutiff ilei' Landschaft Svrakus sind hauplsächlkli
iwe'i Faktoren massgebend: der südiislliche Ausläufer des Crimili-
t-ebirges, welches Hie Allen Thymbria nannten, und der Anaposfluss.
Jener bildet die Scheidewand zwischen dem schmalen Küstensaum
dei' niegarischen Feldmark und dei- weiten syrakuslscben Tiefebene;
er war zug'leich ein natürlicher i^duitzwall gegen alle Angriffe, welche
von Norden hei' drohten. Dei' Anapos mit seinen Zuflüssen ist der
Schöpfer und Ernährer des syrakusiscberi Ackerlandes, Wenn schon
die beiden Häfen und die Insel Oitygiii die Südseite von Syrakus für
den Seevei'kehr zur vordei-eii machen, so wird diese Frontstellung
ilijrch die I^^ge des städtischen Londgebieles am Südfuss des ah-
scli liessenden und trennenden Höhenzuges ver voll st and tgl.
Auf der Noi-d- oder Rückseite von Syrakus kommt für unseje
Topoftrapbie nur die Halbinsel Magnisi, das alte Thapsos, in Hetracbt.
Diese nicht mehr als 'l(i m über das Meeresniveau sich erhebende,
durch Hunderle von slkelischen Gräbern ausgezeichnete Felsenplatte
von 1 qkm Klächenraum, steht mit dem Land durch einen langen,
si.'hmalen Isthmus in Verbindung. Sie liegt dem Felsenjoch des
Furyiiios und gar dem Bei'gkegel von Helvedere förmlich zu Füssen.
Als die Athener nach jenem vergeblichen Versuch vom Olympieioii
aus sie im Jahr -il4 zu ihrer Opera tionsbasis gegen Syrakus gewählt
halten, fragte es sich, ob sie von da aus zu Land oder zu Wasser
vorgehen sollten. Eine nähere Erwägung der Distanzen schrieb den See-
weg vor. Denn von Thapsos bis zur Trogilosbucht und dem benach-
barten Leon waren 5 km zu durchfahren, und man befand sich sofort
am Fuss von Kpipolai und Tycha. Zu Lande dagegen hätte man bis
zu demselben Punkt oder bis zum Helvedere 8 km und bei etwaiger
Umgebung des lelateren zum Zweck eines AngrifTs von Süden her noch
9 km bis Achradina und Ortygja marschieren müssen. Ferner wäre, um
von da die Verbindung mit Thapsos aufrecht zu erhalten, eine Linie von
17 km zu decken gewesen und noch dazu unter dem erschwerenden
Umstand, dass man von der Position im Anaposthale die megarische
Ebene nicht hätte übersehen können. Dagegen war die Verbindung
zur See nah und für die Obermächtige Flotte '''■■■ '"--^or leicht.
So wählte man die Ueberfahrt öbers Meer i f von
^^J
— o5 —
Nordwest. Die römische Belagerung von 214-212 v. Chr. hat manche
Parallelen mit der athenischen. Auch für sie erweist sich die
Olympieionhöhe als ungeeigneter Ausgangspunkt der Belagerung;
auch sie wird, wie anfänglich die athenische, von Norden her
erfolgreich .
Da die Terrasse von Epipolai nebst ihrem westlichen Abschluss,
dem Euryalos-Belvedere, wie ein Keil zwischen die syrakusische und
megarische Küstenebene eingeschoben ist, so findet ein Verkehr
zwischen beiden für den, welchem die Terrasse selbst verschlossen
ist, nur westlich von dem Belvedere statt. Hier senkt sich nämlich
(\ev Höhenzug zwischen dieser 188 m hohen, mit dem weithin sicht-
baren Thurm eines ehemaligen Zeichen telegraphen gekrönten Berg-
spitze und dem Crimiti zu einem Sattel von nur 14^) m Höhe nieder.
Jedoch ist auch über diesen der üehergang nicht so leicht, als es
auf den ersten Anblick scheint. Das Anaposthal aufwärts erhebt sich
rämlich der Boden in Anhöhen und Einschnitten bis zu jenem Sattel ;
je näher dem Crimiti, desto steiler und schwieriger werden die Ver-
kehrswege, desto tiefer die Schluchten. Eine Sperrung durch feind-
liche Streitkräfte konnte an keinem Punkte schwer fallen. Demosthenes
gelang die Umgehung der ahnungslosen Gegner zur Nachtzeit; da-
gegen verlegten die Syrakuser dem abziehenden Athenerheer diesen
Weg, auf welchem es sich na^ih Katane hätte reiten können, und
Nikias machte gar keinen Versuch, mit seinen entmuthigten Truppen
gegen die siegesgewissen Feinde hier vorzudringen.
Statt dessen marschierten die Athener nach dem Uebergang auf
das rechte Ufer des Anapos sofort westwärts, um durch eine der
tiefen Schluchten zwischen den Ausläufern des Gebirges die Hoch-
ebene zu gewinnen. Von diesen Ausläufern oder Cugni sind die
bemerkenswerthesten in der dortigen Gegend der Cugno di Cavitone,
der delle Canne und endlich der Cugno di Culatrello, zugleich der
Name für die begleitende Schlucht, welche an ihrem Anfang Cava
dello Spampinato heisst. Diese Cava beginnt 2 km westlich von dem
Städtchen Floridia, in einer absoluten Höhe von 125 m. Sie wird
nördlich von den Abhängen des Cugno delle Canne, südlich von denen
der Contrada Pirroni eingeengt und zieht sich in schwachen Windungen
und geringem Ansteigen 3 km weit bis zu den steilen Engpässen hin,
die in die Contrada Monasterello hinauffuhren. In ihrer Tiefe, wo ein
im Sommer völlig versiegender Torrente zwischen Rasen und Stein-
— 5ß —
gerüll niesst, anfangs 50 m bi^it, vereti^ft sie sich schliesslich bis zu
12 m und wird von den in sie abstOi'zenden Bergen um mindestens
150 m nberraftt. Wir werden im 3. Buche sehen, dass in dieser
Schluchl die HofTnun;,' dei' AllietlCT, durch Erstürmen des Akraion
Lepas der Rettung theilhalti;; zu werden, unterging.
L'nler allen Schluchten des 400-500 m hohen Gebirgsrandes ist
durch malerische Schönheit ausgezeichnet die Cava grande am Nord-
l'usa des Monte ü'Oro, welclier liis auf 2 '/» km an die Küste heran-
tretend die syrakusische Ebene im Süden abschliesst. Sie wird von
dem Torrente Cassihili, dem allen Kakyparis, durchllossen. t'cber
10 km südlicher mündet, von dem Städtchen Noto herunterkommend
jenseits von Avola, die iMuniara, der Assinaros der Allen. Sein unterer
Lauf ist von Syrakus und von der Cava di Spampinafo ungefähr gleich
weit eniferni, nämlicli 27 km. Hier in der Ebene ist sein Bett auf
.der Noi'riseile flach und ziemlich Fest, das Wasser fliesst breit und
ruhig dahin ; dagegen ist das sndliclje Ufer steil und felsig, im Fluss-
hetl selbst hat die Strömung tiefe Löcher eingewühlt, so dass ein
Durchwalen des [Husses von Norden her und ein Erklimmen des
rechten Ufers schon an und für sich mit erheblichen Schwierigkeiten
verknüpft, ist. Ferner wird in der Gegend der Villa Alfano, 2-3 km
oberhalb der Mündung, wo etwa die Elorinische Strasse gelaufen sein
mag, der Fluss von Süden her vön Hügeln flankiert. Ihre Besetzung
von Seiten der Syi-akuser machte den Athenern das Vorrücken über
den Assinaros hinaus unmöglich.
Wieder zurück in die Nähe von Syrakus führen uns zwei
historiBch und topographisch wichtige Punkte, der Otympietonhügel
und die Halbinsel Maddatena. Ueber Jenen haben wir schon S. 23 f.
gesprochen. Nur 19,50 m iiocli beherrscht er doch, zwischen dem
Pantano und dem grossen Hafen gelegen, den ganzen Verkehr von
Syrakus mit dem Süden. Die Elorinische Strasse zog von den
Pantanelli bis zu -seinem Fuss durch ein Terrain, das sich nur bis
zu 2,50 m, ja an den Pantanelli nur wenige Centimeter über den
Meeresspiegel erhebt. So spielte denn die Olympieionhühe in der
Geschichte von Syrakus stets eine grosse Rolle.
Die Terre di Milocca und die Halbinsel Maddalena waren das
ii.-hh.'ile Gebiet, welches der Besitz des Olympieion in Verbindung
mit dem des grossen Hafens den Syrakusern zugänglich und benutz-
bar machte. Maddalena hat in Bezug auf die maritime Lage, die
— 57 ~
fast gleiche Grösse und Erhebung über das Meeresniveau, die i-eine,
gesunde Luft Aehnlichkeü mit Achradina, dagegen sieht es mit seinen
fruchtbare» Aeckern, seinen reichen Weingeländen in ausgesprochenem
Gegensatz zu Achradinas nackter Felsenplatte. Von der sikelischen
Ackerbaubevölkerung der Halbinsel zeugen noch jetzt viele Graban-
lagen. Ueber diese wird später im Zusammenhang mit andern gleich-
artigen die Rede sein.
Akraion Lepds.
ZWEITES BUCH.
Geschichte der topographischen Entwicklang von
Syralias im Alterthnm.
'ItlKU. I. — Ursprung von Syrakus.
g I. Thnkydides fiber den Ursprang von Syrakns. Vorkorintliisch«
Einwohner von Ortygia.
liehe]- 'leii Ursprun;,' von Syrakus spricht in kuraeii Worten
der Jiedeuleudsle unO zugleich einer der alleslen griechischen Hislo-
i'iker, Thiikydides, in der Einleitung zu seiner Erzählung von dem
Ki'ieg der Athener gegen Syrakus, wo er eine Uel>ersicht über die
ethnographischen Verhältnisse von Sicilien gibt. Er sagt nämlich
VI 3 : Sypttxoiaaq Bl toü ly_o[*iv5u stou? (ein Jahr nach der Gründung
von Naxoa) Äp/fa; töv HpanX^iSiuv kn KopivOow («wos SixeXoü; Hskiaxz
-pwTSv h. TJJq W]oou, iv fi vuv 5äy,£Ti 7C£pi)iXui;o|j.ivi(] f, ■si'kiz i-, ivri; isriv.
DieseWorle des athenischen Gesihichtschreibers, der sttineMitlheilungen
über die Kolonisalion von Sicilien aus gulen Quellen, wahrscheinlich
aus dem Werk de^ Syrakuser-s Äntbchos, geschöpft hat, bieten Ver-
anlassung zu einigen Beobachtungen über Zeit und Ort der von
Archias geleiteten Kolonie, sowie über die ursprüngliche Bevölkerung
der von ihm besetzten Insel.
Was die Zeit der Gründung belrilTt, so werden von den alten
Schriftstellern drei verschiedene Jahre überliefert : 757, 73i, 710
V. Chr. In der Geschichte Siciliens im Alterllitnn, I. S. 381-85 ist
nachgewiesen, dass das Jahr 734 (= Olympiade i\, 3) das wahr-
Bcheinlicbste der drei ebener wähnte)» ist; auch ■«♦ dJoeo« neuerdings
allgemein angenommen. Ueber den Ort der kann gar
VI
^ 59 —
kein Zweifel obwalten : Thukydides spricht von der Insel, d. h. von
Ortygia. Betrefls der ursprünglichen Bevölkerung von Ortygia er-
wähnt Thukydides nur Sikeier, aber es ist wahrscheinlich, dass es
auch Leute andrer Abstammung, d.h. Phoeniker und Griechen, waren.
Auf Phoeniker weisen uns zwei Gründe hin : Erstens macht die
bekannte Stelle von Thukydides VI 2 : wy,o'Jv Ss xat ci 4>o(vi%£^ luspi
TTÄ^av jA£v TYjv StxsXiav oivLpoLq TS h:\ ty) OaXiaatj dTuoXaßövTs; xat xa
s-iztzstiAsva vrjaiSia ejxxopiag svexsv ttj? "J^pb? tou? SixsXoj?, ihr Vorhan-
densein wahrscheinlich. Denn es liegt auf der Hand, dass wenige
Punkte mehr Anrecht auf die thukydideische Bezeichnung mit vY;(j($ia,
kleine Inseln, haben, als Ortygia. Der zweite Grund liegt in dem
Namen der auf der Insel gegründeten Stadt : 2'jpax.ou(jai ist nach
unserer Ansicht phoenikisch und heisst: der östliche Ort. Eine derar-
tige Etymologie ist aber möglich, da auf den ältesten syrakusischen
Münzen der Name nicht mit einem Kappa, sondern mit einem Koppa
geschrieben ist, und sie hat im Hinblick auf die Lage der Insel,
welche gerade einer der östlichsten Punkte von Sicilien ist, durchaus
nichts Gezwungenes J.
Soviel wir wissen, ist diese zweite Begründung phoenikischer Vor-
bevölkerung auf dem Inselchen mit der Ableitung des Wortes Syrakus
noch von Niemand vorgebracht worden ; vielmehr findet sich in vielen
neueren Schriften ein anderes Argument für die Existenz einer phoeni-
kischen Kolonie auf Ortygia ; und dies haben wir die Pflicht zu
prüfen, Diodor überliefert nämlich XIV 46, dass im Jahre 398 v.
Chr., als Dionysios zum Krieg gegen die Karthager rüstete ; xoii
A'.ov'jaicu TT)v i^o'Jdiav Bcvto^ oi 2'jpay,caict tä <l>o'.vtxixa XP'^tW^'^"' ^^^p-
Trasav . ow. 0X1701 yap töv KapyY;5ov((i)v wvlo'Jv £v täI^ 2üpay,o6(Jat<; a$par
lxovT£<; Y.'zi^üliq, . Es wohnten also damals in Syrakus nicht wenige
reiche Karthager. Aber wer. sagt uns (was einige neuere Gelehrten
annehmen), dass diese Karthager die Nachkommen von Phoenikern
gewesen sind, welche seit unvordenklichen Zeiten daselbst ansässig
1 So verlockend diese Deutung des Namens Syrakus ist, i-o wenig darf man
sich doch verhehlen, dass ihre Richtigkeit sehr fraglich ist. Der betreffende Wort-
stamm ß-R-K (s-r-k) kommt, wenigstens heptzutö'ge, in dieser Bedeutung nur
in der süd semitischen Sprachgruppe vor, und es ist nicht abzusehen, wie er von
daher in vorhellenischer Zeit oder überhaupt im Alierthum nach Sicilien gekommen
sein könnte. Auch die Herleiiung der Namen Anapos und Daskon aus dem Semi-
tischen steht auf sehr unsicheren Füssen und beruht mehr auf allgemeiner Vermuthung
als auf festen Merkmalen. L.
— 00 —
waren? Auch hat eine solche Annahme deshalb wenig für sich, weil
in diesem Fall Diodor nicht von Karthagern, sondern von Phoenikern
hätte sprechen müssen.
Ein besserer Beweis von der Existenz einer phoenikischen Kolonie
bei Syrakus — wir sagen nicht auf Ortygia — liegt in dem Umstand,
dass sich an die Quelle Kyane, südlich von dem Anaposfluss, Mythen
orientalischen Charakters knüpfen (s. Diod. IV 23 ; V 4 u. Dositheos
bei Plut. Par. 19. Fr. 4 bei Müller, Fragm. hist. graec. IV 401).
Die Gegen wai't von Herakles an einem Orte Siciliens, den wir nach
diesen Mythen in der heutigen Giane wiederfinden müssen, lässt sich
als ein Zeichen phoenikischen Einflusses in dieser Gegend betrachten,
zumal wenn noch andre eigenthümliche Merkmale asiatischer Religion
hinzukommen, wie das der Fall ist bei der von Dositheos erzählten Le-
gende (s. über diese Mythen Holm, Gesch. Sic. im Alt. I. S. 81). Doch
hätten wir hier noch eine weitere Beobachtung zu machen. Da diese
Mythen sich auf die Quelle Kyane beziehen, welche ziemlich weit von
Ortygia entfernt ist, so müssten wir annehmen, dass die phoenikische
Kolonie nicht auf Ortygia, sondern in der Nähe der Kyane, vielleicht
in der Gegend des Olympieion gewesen wäre, oder aber, dass diese
Kolonie sowohl das Olympieion, wie die Insel Ortygia besetzt hätte.
Die letztere Annahme möchte die wahrscheinlichste sein angesichts
der Wichtigkeit, welche für den phoenikischen Handel, auch nach der
oben erwähnten Bemerkung des Thukydides, die Insel haben musste.
Dann aber zwingt uns die fernere Ueberlieferung des Thukydides,
dass Archias aus Ortygia die Sikeler und nicht die Phoeniker vertrieb,
auch zu der Ansicht, dass diese letzteren auf Ortygia einige Zeit voi*
der Ankunft des Archias von den Sikelern verdrängt worden sind.
Wir kommen nun zu dem dritten Volksstamra, den Griechen,
und zu der Frage, ob schon vor der Ankunft der Korinther unter
Archias andere Griechen auf Ortygia gewesen waren.
Dies vorauszusetzen veranlasst uns der griechische Name Ortygia,
der nicht gerade auf korinthischen Ursprung hinweist. Ortygia hiess
ein heiliger Hain bei Ephesos (Strabo XIV 639) und eine Stadt in
Aetolien (Nikander bei dem Schol. zu Apoll. Rhod. I 419) ; Ortygia
hiess ferner die Amme des Apollon und der Artemis (Str. XIV 6^39)
und war ein Name , den man der Artemis selbst gab (Soph.
Trach. 213). Augenscheinlich ist also die Verbindung des Namens
Ortygia mit dem Kult* des Apollon und der Artemis, der letzteren
— Ol —
«j^anz besonders ; und es ist bekannt, dass in Syrakus mehr als irgend
eine andre Gottheit Artemis verehrt wurde, welche sich in Korintli
keines besonders hervorragenden Kultes erfreute. Es Hesse sich
also die Hypothese aufstellen, dass die sicilische Insel den Namen
Ortygia von Griechen erhalten hätte, welche vor Archias, vielleicht
mit Sikelern zusammen, dort wohnten. Und diese Hypothese könnte
durch den Umstand bestätigt werden, dass das Orakel, welches
Archias aufforderte, sich in Sicilien niederzulassen, der Insel, auf
die es als Wohnsitz hinwies, schon im Voraus den Namen Ortygia
gab. Der Orakelspruch ist bei Pausanias V 7, 3 überliefert :
AVir werden später bei Gelegenheit der Quelle Arethusa von
diesen Versen zu sprechen haben ; hier beschäftigen wir uns nur
deshalb mit denselben, weil nach ihnen die Insel schon vor der
Ankunft des Archias den Namen Ortygia führte. Indessen wer weiss,
ob Pausanias uns den ächten Text des Orakels hat überliefern können ?
Nicht selten wurden Orakelspi'üche gefälscht ; und so konnten wohl
auch die drei erwähnten Hexameter erst nach der Expedition des
Archias gemacht worden sein. Aber auch in diesem Falle würde die
Thatsache des vorwiegenden Artemiskultes in Syrakus bestehen bleiben
und in dem korinthischen Ursprung dieser Stadt keine Erklärung
finden ; es wurde der Name Arethusa bleiben, der gleichfalls, wie
wir sehen werden, nicht auf korinthischen Ursprung hinweist.
Vorausgesetzt also, was wahrscheinlich ist, es waren vor Archias
schon andre Griechen auf Ortygia, so fragt es sich : woher kamen
sie? Hier ist nun interessant eine Ansicht des Nikander von Kolo-
phcn, der im 2. Jahrb. v. Chr. ein Gedicht über Aetolien schrieb.
Er behauptete nämlich, dass alle Lokalitäten mit dem Namen Ortygia
ihre Bevölkerung aus Aetolien erhalte« hätten. In den Schol. zu
Apoll. Rhod. I 419 lesen wir : 'OpTuvi'/jv • Tuspl zf^q 'OpTUY(a<; ^avöSixo;
ev TcT«; Ar^X'.a%cr(; iCT6p*/;/.£v • xal N(y.avSpO(; iv iw a twv AitwXixwv
[a-^b] 'zf^q £v AiTwXia 'OpTu^Ca^ cpr^dl tyjv AyjXov ivoixaaOfjvai Ypacpwv
TiBe* 'ot S' £? 'OpTUYt'yji; Tiir^vtSo? bp\hTfivnzc^ ol ii.£v tyjv "E^eaov, d Se
ty;v 7:pcT£pcv A-^Xov %aXoü[i.ivr<v, aXXci $£ tyjv 6iJLOTdp|Aova XixsXia; v^acv,
cOev 'OpTUYiai 7:5teat ßowvxai' xxt i] AijXo«; c3v cux, ^»>? ii.£ii.66euTai, aTcb
— 62 —
TYJ; 'AJTspia; |jL£Ta|JLop©ü)j2ü)? tyj; Arj'coU(; aSsXffYJ; , aXXa käöo xaiai
'OpTUY^at aTuotxiÄt zW: tyj<; xai' AitwXiav 'OprJY^*?- Beiläufig sei hier
erwähnt, dass cjjt.o'cspii.ova «angrenzend», o benachbart» Veranlassung
43ines Missverständnisses für Fazello und andre Historiker nach ihm
wurde, indem sie es als Eigennamen fassten. So sagt Fazello (S. 231
delle Antiche Siracuse, Bd. II. Palermo 1717) : «prisco tempore teste
Nicandro Omotermon dicebatur (näml. Syracusa).» Was aber die
Thatsache oder vielmehr die Thatsachen betrifft, welche Nikander
vor Augen hat, so möchte meines Erachtens wohl Niemand für die
Richtigkeit der Behauptung des kolophonischen Dichters einstehen,
dass nämlich alle Orte mit Namen Ortygia von dem in Aetolien
benannt worden seien.
So haben wir denn auch bei dem sicilischen in den Versen des
Nikander keinen vollgültigen Beweis für aetolischen Ursprung. Dahin-
gegen ist es leicht möglich, dass Leute aus dem westlichen Griechen-
land, und besonders aus Aetolien, sich vor Archias in Sicilien und
gerade auf Orlygia angesiedelt und dass sie den Namen Ortygia in
ihren neuen Wohnsitz mitgebracht haben. Und wir können hinzu-
fügen, dass sich so zugleich der Name des syrakusischen Flusses
erklären würde : auch ein Nebenfluss des Acheloos heisst Anapos.
Alte Einwanderungen von w^ostlichen Griechen in das südliche Italien
und in Sicilien haben nichts unwahrscheinliches. Doch liegt noch eine
andre Möglichkeit vor. Nicht weniger alt als der Name Ortygia scheint
in Syrakus der der Arethusa zu sein, welcher auch nicht auf Korinth
hinweist. Wir werden weiter unten sehen, in welchen Ländern sich
dieser Name findet ; die berühmteste der Arethusen war zweifelsohne
die in der Nähe von Chalkis auf Euboia. Die Chalkidier waren be-
kanntlich kühne Seefahrer zu derselben Zeit, in der die Korintber
ihre Fahrten nach Sicilien hin richteten ; die Chalkidier- haben Kyme
und Naxos gegründet. Was Wunder, wenn sie auch vor Archias
eine kleine Kolonie auf der Insel angelegt hätten, welche später der
Keim von Syrakus wurde. Aber wie dem auch sein mag, waren es
Chalkidier oder westliche Griechen, welche auf Ortygia eine Nieder-
lassung gründeten, so bleibt es gerade wegen der Namen Ortygia
und Arethusa immerhin wahrscheinlich, dass die im Jahre 734 v.
Chr. von Archias geleitete korinthische Kolonie nicht die erste
griechische Ansiedlung daselbst war. Es ist wahr, dass Thukydides
nichts davon erwähnt, er spricht nur von Sikelerri als Einwohnern
-- 63 —
von Ortygia. Aber jene andern Griechen wohnten vielleicht daselbst
in friedlicher Vereinigung mit den Sikelern.
Das Resultat des Bisherigen wäre also folgendes : Die Korinther
des Archias waren nicht die ersten Einwohner von Ortygia. Es sassen
dort schon Sikeler nach der ausdrucklichen Ueberlieferung des
Thukydides; und dazu kommen Spuren von der Anwesenheit von
Phoenikern und andern Griechen an demselben Orte. In jedem Fall
war die Nachbarlandschaft auf dem sicilischen Festland schon in den
ältesten Zeiten bewohnt. Diese Thatsache ist durch die Untersuchungen
der letzten Jahre erwiesen. Der Baron von Andrian hat in Achradina
die Existenz einer Bevölkerung nachgewiesen , welche der ersten
Periode der neolithischen Epoche in der Zeit vor der Ankunft der
Phoeniker in Sicilien angehörte. Die von ihm konstatierten Spuren
fanden sich innerhalb der natürlichen Grotten, die sich nach dem
Meer hin öffnen (von Andrian, Praehist. Stud. aus Sic, S. 74 ff.,
84 ff.), und sind Geräthe aus poliertem Stein. Aber wir haben in
der Nachbarschaft von Ortygia auch Merkmale einer etwas vorge-
schritteneren Kultur, welche über das Wohnen in natürlichen Höhlen
hinausgeht und es versteht, künstliche Grotten zum Zweck von
Gräberanlagen auszuhauen. Solche Gräber existieren noch in dem
kontinentalen Theil von Syrakus an dem Nordrand der grossen Tei-
i-asse, in der Nähe der Portella del Fusco, westlich von Tremilia und
bei den Grotticelli, hier jedoch zum grössten Theil in spätem Zeiten
umgestaltet. Ferner finden sich welche an verschiedenen Stellen auf
der Halbinsel Maddalena, dem alten Plemmyrion, und westlich davon
auf der Ebene von Milocca. Es gibt ihrer zwei Arten : die einen
sind in den senkrechten Felsen hineingehauen, ähnUch so vielen,
die sich bei Akrai, bei Pantalica u. s. w. finden; die andern sind
unterirdisch in dem Felsenboden angelegt, wie die Gräber vom
Plemmyrion, ähnlich denen, welche Cavallari auf der Halbinsel Magnisi
entdeckt und in den Archiv, stör. Sic, beschrieben hat. Das Nähere
hierüber s. B. HI Tbl. HI.
§ 2. Namen der neuen Stadt. Nachbarsümpfe.
Der Namen der von Archias neu gegründeten Stadt war nicht
Ortygia, sondern Syrakus: l'jpiy^o^ii ;■ die Einwohner nannten sich
-i'jpax.6aio'.. Dies sind die dorischen Formen, wie sie sich z. B. auf
— 04 —
den syrakusischen Münzen finden. Das 7. ist, wie schon gesagt, das
Koppa. Im ionischen Dialekt, z. B. hei Herodot, wird Syrakus zu
^ijpYjxoucat, die Einwohner zu S'jpr^xdaici ; im Attischen heisst es
^upaxcuaat und Supaxictct (Thukydides) oder -'jpaxcjcici. Bei den
Dichtern, wie Pindar und Theokrit, finden wir auch das doppelte a :
^upaxoaaai und bei Strabo -jpaxsucaai ; der Singular lupixoca erscheint
nur bei byzantinischen Schriftstellern.
Was die Entstehung des Namens betrifft, so haben wir schon
unsere Meinung ausgesprochen ; es ist jedoch nolhwendig, dasjenige
zu erwähnen, was die alten Autoren darüber sagen. Sie suchen nicht,
wie wir es gethan haben, nach einer etymologischen Erklärung ; aber
ihre Aeusserungen sind in einer andern Hinsicht von Werth, nämlich
für die Topographie, und desto mehr haben wir die Pflicht, uns hier
damit zu beschäftigen.
Wir lesen bei Stephanos von Byzanz u. d. W. 'Axpa^avTsc fol-
gende Worte : 9*/;ai Yap Aoupt<;, cti ai 'irXsiTrai twv Z'.xsXwv ttöXswv
i'A Tü)v TTOTajjLwv ^voiJiaCovTai, SupaT-cu^a^ FsXav 'I^xspav -sXivouvTa /.al
<Poivty.oüvTa y.at 'Epu^Y^v xxl Kajjiixbv 'AXixuag (so Meineke, die Hss.
'AXuxdv) T£ xal Öspi^ov xal Kajjiapivav. Duris hatte also gesagt, dass
auch Syrakus seinen Namen von dem eines benachbarten Flusses
hatte; demnach hätten wir in der Nähe der Stadt nach einem Fluss
desselben Namens zu suchen. Aber ein solcher Fluss existiert nicht.
Es gibt dort nur den Anapos, und niemals hat jemand gesagt, dass
der Anapos auch Syrakus genannt worden sei. Man sieht leicht,
dass entweder Duris oder der Epitömator sich geirrt hat, wie denn
auch, abgesehen von <I>o'.vixoJ<;, von dem man nicht weiss, wohin es
verlegen, bezuglich Ospjxov (das übrigens Sip\kx oder Bspjxa». heissen
müsste) ein Irrlhum vorliegt, da es nie einen gleichnamigen Fluss
in Sicilien gegeben hat.
Andrerseits wissen wir, dass nach einigen alten Autoren nahe
bei Syrakus ein Sumpf fast gleichen Namens war. Somit liegt es
nahe anzunehmen, dass Stephanos den Duris schlecht citiert hat, der
gesagt haben wird, dass die Stadt Syrakus ihren Namen nicht von
einem Fluss, sondern von einem Sumpf mit ähnlichem Namen hatte.
Und in der That wird die Existenz eines Sumpfes mit Namen Syrako
durch folgende Stellen alter Schriftsteller gesichert: Bei Steph. Byz.
lesen wir u. d. W. Süpaxc'jaau /.at XtjxvYj yjtii; xaXetTat Süpaxt»); Pseudo-
Skymnos 281 leitet den Namen Syrakus von dem der Xi^vr; cjjicpoc
— G5 —
ab ; und endlich finden wir bei Vibius Sequester, S. 13, 10 Ausg.
Bur.sian : Tyraco Syracusis. Hier ist der Buchstabe T in dem Wort
Tyraco irrthümlich für S gesetzt, und Bursian spricht die wahr-
scheinUche Vermuthung aus, dass der Schriftsteller zu dem Irrthum
verleitet worden sei durch den Namen einer andern sicihschen Stadt
Tüpavtr;, die nichts mit Syrakus zu thun hat. Bezüglich des Wortes
Syrako erübrigt noch eine weitere Bemerkung. Nach Strabo VIII 364
gebrauchte Epicharm -upay.d) im Sinn von 2upay,öU5ai als Stadt; und
so findet es sich auch im Etymol. Magn. 736, 26 u. d. W. Supaxou^.
7,%\ ziq y.A£iva^ Z'jpa7.oüc, welche Form offenbar der Genitiv von
2Sl'jpay.([) ist. Strabo und das Etymologicum Magnum nennen diese Form
als Bezeichnung der Stadt eine Apokope von )i'jpax.oüGxt ; dagegen
hätte nach Lobeck und Ahrens Epicharm einfach den Namen des
Sumpfes für die Stadt gebraucht.
Aber wie es sich auch mit alledem verhalten mag, fest steht, dass
Syrako ein Syrakus benachbarter Sumpf hiess. Und es erhebt sich
hier naturgemäss die Frage : An welchem Ort gerade lag dieser
Sumpf Syrako? Lässt sich seine Lage noch bestimmen? In der That
fehlt es nicht an Sümpfen in der Nachbarschaft von Syrakus. Einer
von ihnen- hatte im Alterthum einen andern Namen, Lysimeleia ;
aber könnte es nicht sein, dass derselbe Sumpf auch den Namen
Syrako gehabt hätte? Betrachten wir zunächst die Stellen der Alten,
wo Lysimeleia erwähnt wird. Es sind Thuk. VII 53: xal s^ßaXXsuciv
iz TYjv X([;.vy;v ty)v Ai^Gif^iXciav y,aXo'j;j.£vr<v, und Theokr. XVI 83 :
Kc6p*^ ^\ ^ '^^'* l^'ÄTp» TroXuy.Xifjpwv 'E9'jpa{o)v
Ei}^r//ac ;jt.sYa acru 7:ap' 05x^1 Aua'.[X£As(a<g.
An letzterer Stelle sehen wir den Namen Lysimeleia als charak-
teristisch für Syrakus verwand! : Syrakus ist die Stadt zap' j^aai
A'j7i[A£X£(a^. Und aus Thukydides ergibt sich, wie wir bei Gelegen-
heit der athenischen Belagerung sehen werden, dass der Sumpf
nördlich vom Anapos, zwischen diesem Fluss und der Stadt, Lysime-
leia hiess. Es gab aber keinen Sumpf, welcher der Stadt näher
gelegen wäre als dieser. Somit lässt sich schliessen, dass die Lysi-
meleia mit der Syrako identisch sein musste. In der That, wenn es
wahr ist, dass die Stadt ihren Namen von einem Sumpf hatte, so
musste dieser Sumpf derjenige sein, welcher sich in der nächsten
Lupus, Die Stadt Syrakus. 5
— m —
Nähe der Stadt bet'atid : das ist nun der P'all mit der Lvsinieleia ;
also muss zwischen Lysiineleia und Syrako Identität obwalten. Wer
indessen die Identität von Lysimeleia und Syrako nicht zu^cIrmi
wollte, könnte folj^ende Schlussfol^eriui|^ aufstellen : Wenn die Syrako
nicht identisch war mit Lvsimeleia, musste sie noch näher bei der
Stadt geleg-en sein ; ein solcher Sumpf existierte in Wirkhchkeit nicht
mehr zu den Zeiten, aus welchen wir ausführliche Berichte besitzen,
konnte aber in der Epoclie der Gründung von Syrakus noch vorhanden
gewesen sein. Er konnte an der Stelle gewesen sein, wo der
Isthmus an das Festland stösst, «gerade da, wo das Terrain sich volli^^
verändert hal)en muss durch die Schöpfung des Isthmus, welche]-,
wie wir sehen werden, jünger ist als die Gründung- von Syrakus.
Vermittelst diesei* Hypothese, welche uns wahrscheinlicher vor-
kommt als die erste, würde sich auch die Thatsache erklären, dass
der Name Syrako zwar als der eines Sumpfes erwähnt wird, nach
welchem die Stadt genannt worden ist, aber nie als der einer Loka-
lität, welche noch während der Existenz der Stadt selbst vorhanden
war. Wenn der Sumpf verschwunden war, so war auch keine Ver-
anlassung mehr, bei der Erzählung der Ereignisse in und um Syrakus
seines Namens Erwähnung zu thun. Uebrigens sind wir, an dem
pbamikischen Ursprung des in Rerle stehenden Namens festhall eiid,
dej- Ansicht, dass er ursprünglich die ganze Gegend und nicht allein
den später verschwundenen Sumpf bezeichnete, und dass es die
Gelehrten waren, welche die Meinung aufbrachten, dieser Name habe
anfänglich einem Sumpfe angehaftet, der zwar nicht mehr existierte,
von dem sie aber wussten, dass er existiert hatte. Um es kurz zu
sagen, wir geben die Existenz des Sumpfes an Stelle des Isthmus zu,
aber wir glauben, dass die ganze Gegend den phcenikischen Namen
s-R-K, der «das Ostland» bedeutete, getragen habe.
SchHesslicli haben wir in Bezug auf den Namen Syrakus noch
eine Bemerkung zu machen : Plutarch, Narr. am. ^ überliefert, dass
Archias zwei Tocliter hatte, Ortygia und Syrakusa. Dies scheint anzu-
deuten, dass man sie wenigstens ursprünglich als zwei verschiedene
Städte mit zwei verschiedenen Namen betrachtete. In diesem Fall
würde Syrakus natürlich auf dem sicilischen Festland zu suchen sein.
Deshalb ist in der Geschichte Siciliens I. S. 1'i4 und 125 die An-
sicht ausgesprochen, dass das ursprüngliche Syrakus, welches schon
vor der Ankunft des Archias bestand, in der Nähe des Olympieion
— 67 —
<(elegen liabe, da dieser Punkt, wie wir gleich sehen vverden, eine
in jeder Hinsicht hochwichtige Position bildete. A. a. 0. ist Jiinzu-
gefögt, dass, wenn Syrakus sich so aus zwei ursprünghch verschie-
denen Städten entwickelt hat, sich in ganz natürlichei' Weise die
Pluralform des Namens 2'jpay.o'jaa'. erklärt. Es ist eine Hypothese ;
aber ist nichl, wenn es sich um so dunkle Zeiten handeil, dei-
Historiker gezwungen, zu Hypothesen seine Zuflucht zu nehmen?
Wurde damals der Name Syrako, Syrakusa auf die Gegend südlich
vom Anapos ausgedebnt, so haben wir jetzt die Ansicht gewonnen,
dass er, wie schon bemerkt, insbesondere der Gegend des Fest-
landes nördlich von der Insel Ortygia angebört hat.
§ 3. Einzelheiten der korinthischen Gründung von Syrakus.
Die Geschichte von Archias und speziell die Ereignisse, welcbe
ihn zur Gründung einer Kolonie veranlassten, lesen wir bei Plutarch,
Narr. am. 2 und Diodor, Fr. des 8. Buchs. Mit ihnen haben wir
uns hier nicbt zu beschäftigen ; doch können wir betiaupten, dass
der wahre Grund der Anlage einer von den Korinttiern beschlossenen
Kolonie die innere politische Lage von Korinth gewesen sein niuss,
dessen aristokratische Regierung, seit kurzem eingeführt oder umge-
staltet, ofTenbar das Missvergnügen vieler Bürger hervorrief. Was
die Gründung von Syrakus betrifft, so finden wir einen interessanten
Bericht der bezüglichen Thatsachen bei Strabo VI 269 : -olc ot
ypövo'Jc, ol^ (J)y.ia6rjGav r^ T£ NiSoc xal Ta Mdvapa. a;j,a T£ M'jay.sAAsv
T£ ipaaiv £?<; AsA^o'j; eXösiv xal tcv Apyiav. /pr^STr;pia'Co[^ivo>v o' kpiai)xi
TCv öeov, rcTspov aipoüvTai t:Xoutcv t; UYisiav. tcv |X£v ouv \p'/ioLi sXE^Oai
Tov ttXoutov, Muj7.£Xacv 0£ tV •JY{£'.av. TO) [j.tw §Yj S'jpaxouacac csjvai
y,T'^£tv, TW §£ KpcTwva, y.al 3y) ^jfxßf^va'. KpoTtüvtaTXc p.£v ojto)^ Ov^ivr//
oiXYJciat irdAiv &(ST:tp £ipY)/.a;x£v , Sjpaxouasa; $£ st:'» tccoutov £y,r£G£iv
tuAoDtov to(JT£ y.al auTO'j? £v 7:apo'.{J*(a BiaSoOyjva'. XcyovTwv 7:pb? to'jc ayav
7:oAUT£X£r^ (b^ OUT. otv £y,Y£votT5 auToT^ Y) 2'jpay.o'j(J7(o>v 5£y.aTr<.
Das dem Archias ertheilte Orakel haben wir oben S. 61 erwähnt.
Die Gründung von Syrakus w'ird in Beziehung gesetzt zu der von
andern Kolonien, welche vielleicht nichl ganz gleichzeitig waien.
Mit der von Kroton verknüpft sie ausser der eben citierten Stelle
Strabo auch VI 262 : aufj.irpaJavTCx; (sc. t(o My^yiXXcj)) y,al Wpyizj
— 68 ~
(opji.Y;To £7:1 Tcv Twv -l'jpa/.ouc3o)v cw5[xiv. Also nicht nur bei den Vor-
bereitungen, sondern auch bei der Ausführung* der Expedition hätten
sich Archias und Myskellos, der Gründer von Kroton, zusammenge-
funden. Auch dem Chersikrates hätte Archias hei der Gründung
Kerkyras Hülfe geleistet, nach Slrabo VI 269: 7:>vicvTa oe tcv Apyiav
£'!; ty;v ^»/.iXiav /.a-aXiTTcrv [J.ETa yipoj^ t^; jTpXT'.a; tou toW 'HpayJ^s'Owv
YEvs'JC Xsp^'-xpar/j (TJVor/.'.ouvTa tyjv vOv Kspxjpxv y.aXsuyivYjv, irpoTspov It
^yzpioL'h r/.srvov (Jikv o3v ixßaXovTa Aißupvou^; y.aT^xovTa- cty,(cat tyjv vy;^sv.
und ein letztes Zusammentreffen mit Griechen, welche die Heimath
verlassen hatten, um sich anderv^ärts anzusiedeln, finden wir in
einer dem Ephoros entnommenen Notiz von demselben Strabo VI 270
erwähnt: tsv 5' Ap/i'a/ y^x'%T/z^n% 7:pbc tc Zeppiy^ tcov Ao)piiii)v
iOpcvTa Tiva; osupo as'.Yjj.svou^ iy. tyj; lixEAia^ -xpi tcov Ta Msyapa
y.T'.ca/T(ov avaXaßEiv aÜTcu?, y.ai '/.o'.vy) ;j.£t' ajTwv y.'i^ai Ta^ ^'jpaxcuSGa;.
Hier weisen die Worte r^^oc, to Zs^upisv, wie es scheint, auf die Grün-
dung von Lokroi Epizephyrioi hin, während ausdrücklich gesagt wird,
dass unter den Gründern von Syrakus auch einige Megarer waren.
Unter den Korinthern waren auch viele Leute aus Tenea, einem
^kleinen Orte bei Korinth, welcher noch heute in der Kunstgeschichte
durch die archaische Apollostatue in der münchener Glyptothek be-
rühmt ist; Strabo VIII 380 y) Tsvsa o' Irsv. y,ü);rr< -f^z Kop'.vOia?, sv r^
Tcu TsveaTou AiroXTvCOvo^ ispov. \i^(v:7.'. oi y.al Ap/i'a to) !JT£(Xavi:'. tyjv
£?; Zupavto'Jfj^a; a7:oiy,(av Touq tcXeIcto'j; twv iroiy.cov svte^Oev TJVE-Tray.s-
Aoj6f,aai. Einer seiner korinthischen Begleiter war der Dichter Eu-
melos (Glem. Alex. Strom. I 298), aus der berühmten Weissager-
tamil ie der lamiden.
Endlich fehlt es auch nicht an einer Anekdote, welche den
Gegensatz zwischen den kleinen Anfängen und dem spätem Glanz
von Syrakus darthun soll. Ein Korinther, mit Namen Aithiop.s,
welcher zur Theilnahme an der Kolonisation von Ortygia bestimmt
war, verkaufte einem Tischgenossen (tco iajTsu tjcsito)) seinen Land-
antheil an der zu gründenden Kolonie — einer Art Gründeraktie —
um einen Honigkuchen. So Demetrius bei Athen. IV 167. Er halle
dieses Geschichtchen in den Dichtungen des Archilochos gefunden,
dessen Blüthe kurz nach 700 v. Ghr. fällt. Ein Beweis, dass Syrakus
auch bei den Ostgriechen, unter denen Archilochos lebte, bald
berühmt wurde.
— 69 —
§ 4 Ortygia. Arethusa. Artemist empel. Häfen.
Ortygia war, wie heutigen Tages, so auch zur Zeil der korinthi-
schen Landung, eine Insel. Ihre Form und ihre Oberfläche jedoch
waren nicht dieselben, wie jetzt. Schon oben (S. 19) war aus-
einandergesetzt, dass sie damals grösser sein musste. Auch ihre
Oberfläche hat sich im Lauf der Jahrhunderte verändert. An gewissen
Stellen wurden von den Ansiedlern Bausteine zur Errichtung von
Häusern und Tempeln gebrochen ; an andern hob sich der Boden
durch den Schutt der Gebäude, welche da einmal gestanden hattcm.
Aber stets blieb an seiner Stelle der grösste Schmuck und die grösste
Naturmerkwürdigkeit der Insel, die Quelle Arethusa, der wir nicht
umhin können von liistorischem Gesichtspunkte aus einige Seiten zu
widmen.
Der Name ist auf den Münzen 'ApdOo^a geschrieben, indem c
das O'j vertritt, wie in ^Sjpay.oaa». statt 2jpay,oujai ; bei den Buko-
likern 'ApsBotca ; die gewöhnliche Form 'ApsOo^ca. Die Wurzel wäre
nach Curlius, Griech, Etymologie, 4. Aufl. S. 66, ap, wozu 8' als
Praesenserweiterung getreten sei, — nicht ap8, wie Herodian t. [xgv.
AiC. S. 13, 4 meint : 'ApeöoiKia y.prjvr^ y.up(a);, olWol y.a\ Traca». y.pvjva'.
Die Arethusa hatte auch den Namen Kypara. Hesych u. d. \V.
Ivw>7:apa * r^ Iv S'.y.sXvx y.prjvYj 'ApsOsu-Ja. Stephan. Byz. u. d. W.
'ApiOs'jsa — y.al y.py;vr, S'.y.cAta^ • a'jTY] Ku7:apa ea^yeto. Das Wort
Kypara wüssten wir nicht etymologisch zu erklären ; es scheint
orientalischen Urspiungs zu sein.
Ueber die Lage der Arethusa im Alterlhum zu sprechen, könnte
man, da die Quelle noch besteht, für unnöthig halten, wenn nicht
im 17. Jahrhundert soviel darüber gestritten worden wäre, dass
dadurch der Schein erweckt wurde, als ob in der That ein Zweifel
über sie möglich wäre. Die Hauptstelle über die Lage der Arethusa
ist unter den Schriftstellern des Alterthums bei Cicero, der bei Gele-
legenheit seiner Beschreibung von Syrakus (Verr. IV 53, 118) Fol-
gendes sagt : In hac insula extrema est fons aquae dulcis, cui nomen
Arethusa est, incredibili magnitudine, plenissimus piscium, qui fluctu
totus operiretur, nisi munitione, ac mole lapidum diiunctus esset a
mari. Die Arethusa lag also am äussersten Ende der Insel, was mit
— 70 —
ihrer heutij^^en Lage stinuaf. Trotzdem hat Bonaniii bei der Prüfung
der von einigen Ober den eigentlichen Ort der Arethusa vorgebrachten
Meinungen sich viel Muhe gegeben Cluver zu widerlegen, der, wie
jener wähnte, geglaubt hätte, dass sie sich ursprünglich in der Nähe
<les kleinen Hafens befunden habe. Aber er halte den Cluver nicht
genau gelesen. Denn dieser nimmt bei seinem Versuch die Stellen
der alten Autoren, welche die Arethusa erwähnen, und vornehmlich
die Krzählung von der Eroberung der Stadt durch Marcellus zu er-
klären, für einen Augenblick nicht als sicher, aber als möglich an,
<lass die Arethusa am kleinen Hafen gelegen habe, jedoch um darauf
ausjlrücklich die.se Annahme aufzugeben und zu der gemeinsamen
Ansicht aller zurückzukehren, welche, wie er mit Recht sagt, die
richtige Auslegung des livianischen Berichtes über die Belagerung
von Syrakus nicht hindern kaim ; und diese allgemeine Ansicht,
welche auch Cluver billigt, lässt die Arethusa an dem grossen Hafen
liegen. (Huver sagt S. 202 des 2. Bds Delle antiche Siracuse^ Pal.
1717: Certuni igitnr iam est Arethu.sae fonteni fuisse eo situ, quo
cum supra dicti auctores Siculi describunt. Von der Stelle des Livius,
welche jene erste Voraussetzung des Cluver veraidasst hat, wird weiter
unten gesprochen werden. Wahr ist jedoch, dass zwar nicht die Lage
*ler Arethusa, aber wohl ihre Umgebung besonders im 10. Jahrhundert
einige Veränderungen erlitten hat, und von diesen wird es nicht
ungeeignet sein an der Hand der Autoren jener Zeiten zu reden.
Fazello .sagt S. 242 des 2. Bds Delle ant. Siv.y Pal. 1717 :
Arethusa (ut Cicero et Diodorus referunt) incredibili olim erat magni-
tudine vel ea ratione, qiiod plerique fontes, cfui circumquaque emer-
gunt et ad officinas coriariorum diversa loca instar fluminum hodie
excurrunt, simul contluentes lacum efticiebant, qui uno ambitus stadio
a specu, unde nunc exundat, ad fontem ustjue, qui aetate mea a
<!analibus nomen habebat, protendebatur, ut scruporum aquarumque
vestigiis adhuc cernitur: ubi vetusta erat porta, Arethusae olim Tavio,
seti mea tempestate Saccariorum appellata, qua Insula capta a Mar-
(X'llo est. — Haec cum ante integra et miris vetuslisque lapidibus
strucla ad aream cathedralis ecciesiae pateret, et sola ex antiquis
portis superesset, vigesimo circiter abhinc anno ad tuitionem urbis
clausa prorsusque extincta usum formam et nomen amisit. Ea vero,
([uae hodie ad Arethusam ducit, S. Mariae a Portu dicata (Mh'abella
Nr. 10 spricht von einem munimentum di N. Signora della Porta
— 71 —
und auch Bonanni S. ^28-29 nennt sie S. Maria della Porta), aetate
pauIo superiori fuit aperta, cum ante nulla esset. Nam eiu^ moenia
quodam tempore Arethusa extra alluebat, intus vero j^radibus ingen-
tibus in lapide excisis, quos terra hodie operuit, praemuniebanlur ;
quibus Syracusani ad aquas, quae intra muros quoque tum scatebant
(d. h. nicht nur ausserhalb, sondern auch innerhblb), e fönte hau-
riendas descendebant. Sed divisus in plures alveos Arethusa processu
aovi huic muro portae aperiundae locum dedit. Das Wasser bildete
also einen (unterirdischen?) Teich, der, wenn ich Fazello recht ver-
stehe, sich fast [)is zum Platz der Kathedrale erstreckte. Hier war
4'iu altes Sladtthor, das der Saccarii, durch welches, wie Fazello
meint, einst die Römer in die Stadt eingedrungen sind, das aber
zum bessern Schutz der Stadt 20 Jahre friiher, als Fazello dies schrieb,
zugemauert wurde. Indessen hatte man schon vordem ein anderes
Thor in nächster Nähe der Arethusa gebrochen, d. h. durch die
Mauer, welclie die Stadt von jener trennte, und dieses Thor liiess
das der S. Maria del Porto. Seine Mauern, sagt Fazello (eius moenia,
<loch wohl «des Hafens»), wai'en «quodam tempore» aussen von der
Aietliusa bespült, innen aber stieg man «gradibus ingentibus in
lapide excisis o zu den Wassern, welche auch drinnen sprudelten,
hinab. Es ge>«chieht hier nicht ausdrücklich Erwähnung der Mauer,
welche, nach Cicero, die Arethusa vom Meere trennte (nisi munilione
ac mole lapidum diiunctus esset a mari) und welche doch, wenigstens
in Trümmern, zu 1^'azellos Zeiten noch bestanden haben muss. Bonanni
wtMiigstens spricht davon folgendermassen (S. 18) : (^Dieser von Cicero
erwähnte Steindanmi ist noch heutigen Tages untei* den Meereswogen
<ler Arethusa gegenüber und nicht sehr entfernt von ihr zu sehen;
er läuft nach dem Occhio della Zilicü hin, wie der Syrakuser Filippo
Barcio, ein ausgezeichneter Schwimmer und Taucher, versichert.»
Bonanni kennt also diese munitio ac moles Ciceros nur als Ruine im
Meere; sonst könnte man glauben, dass (jceros Mauer mit der Mauer
Fazellos identisch wäre, da auch dieser einen Theil der Arethusa
innerhalb der Stadt befest igung sein lässt. Fazello erwähnt noch an
einer andern Stelle diese Mauern, S. 243, wo er sagt: «Erat igitur
Arethusa fons ingens et piscosus, molibusque jaclis in mari et reti-
eulato ordine positis circumseptus : quibus muUa bituminis ac picis
mixtura injecta fluctus maris ab eo arcebat, cujus visuntur adhuc
clara vestigia. Nam et coriariorum vicinae super iis molibus et materia
— n —
liac bituminosa officinae constructae aefale mea cernebantur. Quibus
deletis propa^naculum ingens ad robur urbis et portus munitissimuin,
quod a S. Maria de Porta dieitur, superstructum est.» Hieraus ergibt
sich klar, dass nach Fazello das Bollwerk von S. Maria de Porta an
Stelle der Wehr getreten war, welche die Arethusa vom Meere
trennte und in Trümmer gefallen war. Aber wie kommt es nun,
dass Bo)ianni, später als Fazello, diese Ruinen noch sah? Man rauss
wohl zugestehen, Fazello ist in seiner Beschreibung der Verände-
rungen, welche die Mauern bei der Arethusa erlitten haben, nichl
allzu klar. Aber Mirabella hat ihn auch da, wo er klar ist, miss-
verstanden, indem er sagt, dass die Aiethusa «pristinis temporibus
non habebat scaturiginem illo in loco, ubi nunc habet, verum in
planilie, ubi nunc sunt officinae coriariorum.» Man könnte annehmen,
dass diese Notiz auf eigene und eingehende Untersuchungen gegründet
sei; aber das ist nicht wahrscheinlich: sie wird entstanden sein zu-
folge der schon ol)en citii3rten Worte Fazellos «Arethusa — cernitur»;
hier wird nicht gesagt, dass die Arethusa ihre Stelle gewechselt
habe, sondern nur, dass sie einst sich weiterhin erstreckte. Mirabella
hat also Unrecht, und Bonanni wendet sich (S. 16) mit Recht gegen
seine Meinung. Die Arethusa war demnach immer da, wo sie heute,
ist, von dem Meer durch mehr oder weniger gut erhaltene Konstruk-
tionen getrennt, abei* da sie auch zum Theil ausserhalb dei'selben
floss, so bilden diese Strudel jetzt im Meere den sog. Occhio della
Zilica. Die ganze dortige Gegend der Insel ist voll von Wasseradern
und man sieht an der angrenzenden Strasse nach Süden hin ausge-
dehnte Höhlen, wo das hervorquellende Wasser von den Wäscherinnen
l)enutzt wird. Doch kehren wir jetzt zu jenen fernen Zeiten zurück,
indem wir zunächst betrachten, was die Alten über den C-harakter
der Arethusa sagen.
Unsere Absicht ist jedoch nicht die Stellen alle oder auch nur
zum grössten Theil zu citieren, an welchen von der Arethusa die
Rede ist. Gluver hat sie in seiner Sic. ant. gesammelt. Die ausführ-
lichste Notiz gibt Strabo VI 270 f. : y,pr;vr|V o' h/v, (sc. y; 'OpTuyia) Trjv
\Vp203Jsav sitsijav TTOTaj/cv eüOj; si; ty^v OaXajsav. [j/jOeuouci Z\ tcv
^Q'j^ IkTiz Y*^; TS pstÖpov lyo'^xoL [J^i'/p'. "7:^0^ ty;v 'ApsBou^av, sTt' exc'.SsvTa
ivöivSs ziXiv st? rr|V OiXaTrav. TsxiJ^r^p'-oiivTa'. es TCouTöir 'z'.t.' xa» vap
— 73 —
Im Anschluss hieran citiert Slrabo den Pindar und den Timaios
und kritisiert die Sage, der er keinen Glauben schenkt ; schhesslich
sagt er, dass das Wasser der Arethusa trinkbar sei : 7:otijj.ov. Da die
Alten den mit der Arethusa verknöpften Sagen die grösste Wichtig-
keit beilegten, so haben auch wir die Pflicht uns mit denselben
sorgfältig zu beschäftigen. Und da muss eben vor allen Dingen gesagt
werden, dass der berühmten Sage von der Vereinigung der Arethusa
mit dem Alpheios eine andere gegenübersteht, welche sie sogar aus-
zuschliessen scheint. Wir finden sie bei Diodor V 3 : y,aTa tyjv vy^cov
cvoiJ.a!Io;x£vr<v 'ApsOouaav. Wer diesen Glauben hatte, konnte schwerlich
annehmen, dasS die Arethusa der Alpheios oder eine Nymphe aus
dem Peloponnes sei. Da nun Timaios nach Strabo a. a. 0. letzteres
glaubte, so halle ich es nicht für wahrscheinlich, dass die Stelle des
Diodor etwa dem Timaios entnommen ist.
Jene berühmtere Sage nun, welche der Arethusa keinen lokalen
Ursprung verleiht, sondern sie mit dem peloponnesischen Fluss Alpheios
in Verbindung setzt, findet ihre erste Erwähnung in dem Orakel
des Archias, das uns bei Pausanias V 7, 3 erhalten ist :
'.V AA©£lOJ (7TClJ.a p/vUw£'.
MiVyo[j.£vov 'kT^y^i; c'Jp'.KeiTjC 'ApcOo'JTr^c.
Da (las Wort supiTusit;;, welches sonst nicht vorkommt, Schwierig-
keiten für die Erklärung bietet, hat man 'irrf^ataiv eüppsiTY); konjiziert.
Indessen ist, wie schon oben gesagt, die Aechtheit des Orakels
fraglich. Zeitlich zunächst steht dann die Erwähnung der Sage bei
Ibykos, einem Dichter des 6. Jahrhunderts v. Chr., worüber der
Scholiast zu Theokr. I 117 Folgendes sagt : 'ApsBouaa y.pYjvYj iv Sjpa-
y.sj^ai;, t?j h 2iy.£X(a, f^ ^acrl 5ia 'ztkoL^io'jq AX^swv Y)y,c'.v, w; (pTi^iv
"Iß'jy.o; rapta-opüiv '7:tp\ xr^q 'OXu[j.-{a; oiaXr^c. Dies war jene Schale,
welche zu Olympia in den Alpheios geworfen, wie es hiess, in der
Arethusa wieder zum Vorschein kam. Dann haben wir in der ersten
Hälfte des 5. Jahrhunderts Pindar, welcher Nem. I 1 Ortygia a[j.KV£U{;.x
zi\)^Kf 'AX©£ou nennt, d. h. hehrer Ruheplatz des Alpheios.
Weiterhin verfolgen wir nicht diese Ueberlieferung, welche sich
bei vielen griechischen und römischen Schriftstellern findet, und
verweisen auf die Stellensammlung bei Cluver. Dagegen halten wir
— 74 —
es für nützlich, die Rolle, in Avelcher Alpheios und Arethusa auf-
treten, naher zu betrachten. Gewöhnlich sind sie Flussj^ott und
Nymphe; s. z. B. Ovid Metam. V 573 fl. Bei Paus?. V 7, 2 indessen
sind sie Jäger und Jägerin : Ki^ß-zoL'. $£ /.xl aXXx TO'.a$£ i; tcv
'AXcps'.ov, 0)? avYjp £Iy; Or^psJTYj?, Epa^ÖYJvxt ck a-jicv 'Apsösucjr,;;, xjvyj-
VcTsiv o£ xal Ta'JTTjv. xal 'ApiOougav ;j/£v ouy. ap£Gxo;jL£viQ ; -^pfiiJLaaöat
'iw£px'.ü)6Y)vai ^aTtv iq vyjjov tyjv /.ata Xupay.ouaac, 7.aXo'J[jirr<v Sk 'OpTU^tav
7.3tl ivTÄUÖa £? a*6po)7:c'j Y£V£j6a'. Trrt^r^'i. Tj|j,ßr|Va'. C£ Otto toO £po)TO<; xal
'AXscioi TYjv aXXaYYiv i^ xbv xo-a'yiv. Tajtx ti.£v Xc^OJ "su s; 'AX(p£'.cv
£; TYjv 'OprJYiav (die Worte sind korrupt), tb 11 cta tt^; OaXdcar^? idvxa
£VTajOa avaxotvoJcOai to u^cop zpb- ty)/ Krf|"/;v ow, lax'.v Sttwc aT'CiTYja««)^
TSV 0£bv £7:iaTa(;.£vo<; tcv iv AeX^c?«; c;jLoXoYOUvta gap'.crtv.
Haben wir bis jetzt Alpheios und Arethusa göhabt, so l>ietet
etwas völlig Neues die Sage, welche der Scholiast zu Pind. Nem. I li
vorbringt : tcv ^ap 'AX(p£Ov 9x717 2po>Tt aXcvTa t^^ 'ApTejAtSo? iTwictw^ai
ajTY;v a/p'. ir^q 2'.x£X{ar. toO 3£ teXou^ tyJ(; §uo?£U); zy-riöt y£vo^£V5U, a'jTcOt
yj?-:-^.«! TYJV 'ApiOo'Juav. 3ia toüto C£ v,v. tyjv "ApT£;/.iv "AX(p£'.(bav (vulg.
'AX9£ia(av) T:po5aYop£6£G6ai. Hier tritt Artemis an Stelle von Arethusa,
und wir müssen annehmen, dass gerade dies die ursprüngliche Gestalt
dei* Sage gewesen ist. Eine uralte Beziehung zwischen Alpheios und
Artemis geht auch daraus hervor, dass sie einen gemeinsamen Altar
in Olympia gehabt haben; Schol. zu Pind. a. a. 0.: y.al £v 'OXu;j.'^ta
o£ b 'AX(p£tb; Tfj 'ApT£;A'.$'. ajva^i^pjTai. Paus. V 14, 6 : [JL£Ta 5k to'ui;
xaT£'.X£Y;Ji£vo'j^ 'AX©£Uo y,x\ \\pT£;j/.$t 86o'ja'.v 4^1 kvc? ßo){/.oj. tc ck aiTtov
TOJTou 7rap£$Y)Xü)7£ »jiv ttoj xal IKvSapoi; £v (ooyj, yP^?^!^'-' ^^ ^^- ''iP"*-^^
£v TO?; XoYsi? TcT; A£Tp'.va{o'.(;. Letrinoi war ein Ojt in der Nähe
dei' Mündung des Alpheios, und Pausanias spricht VI 22, 8 folgen-
dermassen über den bezüglichen Vorfall : £?:' £;j.oj $£ ciy.Yjjj.aTa T£
£X£i7:£To sXiY^t y-xl 'AX^r.aia^ 'ApT£;j/.$o; aYxX;j.a iv vato. Y£v£3Öa'. $k
TYJV £7:(y.Xr^(j'.v tyj 6£cT) XiYOJiJtv i*::' Xcy<») TO'.(f>0£* kpaaÖYjvat tyj; 'ApT£[JLt§oc;
TCV 'AXcpr.cv, £pao6£VTa ok^ (o- £7:£yv(«) »i*Yj ^;t'd^cz'J^OLi et $ia :r£iOcy(; y.al
S£Yja£to; TCV Y^I^'Sv, £'K'.ToX{xav 0); ß'.aa5iJi£ /cv tyjv OiCv, y.ai auTCv £; 7:avvu-
yj.ox iq A£Tp{vou<; £X6£iv jttc xj-^; t* xYojjivYjv tt,^ 'ApTqjL'.oo? y.al
VJ^^^^WV, oJ.C TTX'^WV TJVYJV X'JTr^. TYJV C£, £; 'J::OVc(x Y^P »OU 'AX^ElOU TYJV
iz'.ßö'jXYjv s*/£tv, aX£(d;a50x' tc TzpiaMizz"* ttt^Xo) xxl xjtyjv xxl cdxi tiov
vu;j.5ü)v zxpYjjxv, y.xl tcv 'AX5p£'.cv, (o; i^YjXOcV, c'jy, ^X£iv xOtov a-izb
T<ov xXXwv c'.ay,prvx'. tyjv "ApT£iJ/.v, aT£ ok cj otXY^voiJxovTx a^£X6£rv
£-'♦ XTTpxy.TCi) TO) i•^'/^l{p'(r^\f.xv, . AfTp'.vxici i-'lv Byj 'AXje'.xixv ixxXcJV tyjv
— 75 —
Osbv bO, Toü 'AXi^s'.oü xo) sc aOTY)v ipwxt. Dann fügt er hinzu, dass
die Eleei* sie Elaphiaia nannten, im xöW iXacwv, i\i.b\ Soxetv, xy) OYjpa,
naoh der Eleer Meinung aber von dem Namen ihrer Amme Elaphion,
und dass die Eleer den Letrinaiern zu Liebe die Elaphiaia für
identisch mit der Alphiaia hielten. Auch ein Vers der Telesilla
(c. 500 V. Chr.) hat sich bei Hephaistion S. 36, 18 erhalten :
a 5' "ApTsjjL'.^, to y.cpat, (pcu^oi^ja tcv 'AXcpsfv. Hatte nun auch in
Ortygia die Artemis Alphiaia oder Alphioa einen Kultus, so konnte
dies Veranlassung zu der Sage von der Ankunft des Alpheios auf
Ortygia geben, und viel musste dazu das Vorhandensein einer ausser-
ordentlich wasserreichen Quelle auf der Insel beitragen, da so die
Meinung aufkommen konnte, diese Quelle empfange ihr Wasser ver-
mittelst eines unterirdischen Kanals aus irgend einer fernen Gegend.
Dann war gerade der Alpheios, welcher Sicilien fast gegenüber in
Griechenland floss, dafür bekannt, dass er nicht immer unter freiem
Himmel strömte, sondern an gewissen Stellen seines Laufes in die
Erde verschwand, um anderwärts wieder aufzutauchen.
Nun ist es aber durchaus nicht nöthig, dass der Ursprung des
Namens Alphiaia oder Alphioa irgend etwas mit dem Fluss Alpheios
zu tliun hat. In Paulys Real-Encyclopädie 1 1, 807 z. B. wird jener
diri^kt von der Wurzel aX^ «nähren» abgeleitet. Schliessen wir uns
dieser Meinung an, so kommen wir zu folgendem Ergebniss hinsicht-
lich des Mythus von Arethusa und Alpheios : Uralt war auf Ortygia
der Kultus der Artemis Alphiaia oder Alphioa, ein Beiname, mit
welchem sie als die Nährende (alma) bezeichnet wurde ; die berühmte
Quelle der Insel hiess Arethusa. Ihre erstaunliche Wasser fülle liess
die Vermuthung aufkommen, sie sei vielleicht die Mündung eines
fremden Flusses, und da auf Ortygia nahe bei der Arethusa die
Artemis Alphiaia verehrt wurde, so dachte man an den Alpheios,
welcher in seinem obern Lauf unter die Erde verschwindet und mit
seiner Mündung gerade auf Sicilien gerichtet ist. So entstand die
Sage von dem Erscheinen des Alpheios auf Sicilien, um die Artemis
Alphiaia einzuholen. Später betrachtete man die Quellnymphe selbst
als Gegenstand der Verfolgung des Alpheios und setzte in der Volks-
tradition diese neue Wendung an Stelle der älteren Sage von Arte-
mis. Der Artikel Arethusa in Paulys Realenc. I 2, 1507 zählt die
Arethusen der verschiedenen griechischen Landschaften auf und findet
auch eine in Elis. Aber die betreffenden Belegstellen enthalten keinen
— 76 —
vollgülli^en Beweis, weder der Scliol. zu Pind. Nein. I, noch Ovid
Met. V 577 : pars ego nympharum, quae sunt in Achaide, dixit, uiui
fui, wo Arethusa eine Nymphe, noch Paus. V 7, 2, wo sie eine
Jägerin ist, noch auch Servius zur Aen. III 694, wo mit Unrecht
gesagt wird : Arethusam etiam in Ehde esse testatur VirgiUus. Lassen
wir also die vermeinthche Arethusa in Elis bei Seite, so bleiben
noch bei Pauly a. a. 0. die folgenden: i) auf Euboia bei der Stadt
Ghalkis (s. o. S. 62) ; 2) in Boeotien ; 3) bei Argos im Peloponnes ;
4) bei Skylakion im Bruttischen ; 5) bei Smyrna ; 6) auf Ithaka ;
7) vielleicht auf der Insel Kephallenia. Vgl. auch Benselers Wörter -
buch der g riech. Eigennamen , u. d. W.
Wie nun die Sage die Arethusa vom Peloponnes her kommen
lässt, so haben wir unsererseits danach zu fragen, welches ihr
wahrer Ursprung ist, und woher in Wirklichkeit diese grosse Was-
sermenge kommt. Die Frage war eine schwierige zu einer Zeit, wo
die Wissenschaft noch keine genügende Kenntniss der Naturgesetze
hatte, nach welchen die Gewässer aus den Eingeweiden der Erde
hervorsprudeln und die Gelehrten eine tiefe Wahrheit ausgesprochen
zu haben glaubten, wenn sie versicherten, eine Quelle, wie z. B. die
Arethusa, könnte nicht aus derselben Gegend kommen, in der sie
entspringt, sondern nur aus der Ferne. Damals Hess dei- Reichthym
ihres Wassers den Gedanken aufkommen, dass ihr Ursprung auf
dem sicilischen Festland zu suchen sei. Dies versichert z. B. Bonanni
S. 27 der Pal. Ausg. 1717, indem er zum Beweis seiner Behauptung
das von Fazello erwähnte Ereigniss anführt, dass «zur Zeit Karls V.,
als man im Jahre 1552 auf der Landenge das Terrain ausgrub, um
Syrakus zur Insel zu machen, eine solche Menge süssen Wassers
nach Art eines Flusses hervorstürzte, dass man das Werk unvollendet
lassen mussle ; weshalb man mit gutem Grund \^rmuthen kann,
dass diese AVasser dieselben wie die der Arethusa sind.» Dass die
Arethusa mit andern Wasseradern der Insel und des Isthmus in
Verbindung stehen müsse, ersah man auch aus dem andern von
Fazello S. 243 erzählten Vortall : «mea praeterea aetate anno sal. 1506
ipse (fons Arethusa) a. d. IV id. jan. prorsus exaruit. Sed interini
ad isthmum et litus marmorei portus complures aquarum fontes
emerserunt, qui cum Arethusa refluxit, scaturire mox desierunt.»
Man hielt also daran fest, dass die Wasser der Arethusa irgend-
wie von dem sicilischen Festland kommen müssten. In imserm Jahr-
— 77 —
hundert, wo das grossartige Netz der syrakusischen Wasserleitungen
Gegenstand eingehender Studien geworden ist, kam man auf den
(Jedanken, dass ein Theil dieser Wasserleitungen in die Arethusa
münden könne, eine Meinung, welche Schubring, Beiväss. von Syr.
S. (307, 633-636 mit grossem Scharfsinn und Gelehrsamkeit ent-
wickelt und vertheidigt hat. Aber heute müssen wir diese Hypotliese
aufgeben. Der grosse Wasserreichthum der Arethusa hat nichts
Auffallendes, und um ihn zu erklären genügen dieselben Gesetze,
welche überall die Wasservertheilung unter der Erdoberfläche be-
herrschen. Diese richtige Ansicht von dem Ursprung der Arethusa,
welcher durchaus natürlich und kein künstliches Werk der Menschen-
hand ist, hat Cavallari in der Abhandlung Sulla topografia di alcune
rittä greche in Sicilia e dei loro moyiumenti im Archiv, stör. »Sic,
anno IV. 1879 S. 65 entwickelt. Sie wird im B. III. Tbl. 1. im
Zusammenhang mit den gesamten Wasserverhältnissen von Syrakus
zu näherer Besprechung kommen.
Wenn Athenaios II 42: jjivov o' aTipa;AV5v twv a/vj/.wv tc tyj^
WpsOoucr^^ sich auf die syrakusische Arethusa bezöge, so wäre ihr
Wasser schon im Alterthum salzhaltig gewesen ; aber es kann sein,
dass er von der euboeischen spricht. Bei dem Erdbeben vom i. Febr.
1170 trat Seewasser in die Arethusa ein, und sie ist seitdem salzig
geblieben (La Lumia, Storia di Sicilia sotto Guglielmo il BiionOy
Florenz 1867, S. 116). Die Alten berichten von Fischen in dem
Quellteich, welche der Artemis heilig waren ; Diodor V 3 vergl. mit
XXXIV 9. S. unten Theil VI § 10. Bonanni fand (S. 27) keine
Fische; jetzt sind wieder welche darin. Bis zu den letzten Jahren
bestand die natürliche Grotte, in der die Arethusa entsprang;
nunmehr ist sie in Folge von Ummauerung in ein grosses Bassin
mit regelmässigen und glatten Wänden verwandelt ; in dem
Wasser spiegeln sich Papyrusstauden , und die ganze Anlage ist
recht anmuthig.
Es bleibt uns noch übrig ein Wort über den sogenannten Occhio
della Zilica, der schon oben erwähnten Süsswassercjuelie im grossen
Hafen nahe bei der Arethusa, zu sprechen. Fazello, S. 242, nennt
sie einen «e vicinis Arethusae fontibus», also einen Theil der Are-
thusa. Diesem haben einige Neuere eine gewisse Unabhängigkeit
wenigstens mythologischer Art verleihen wollen, indem sie in ihm
den Alpheios erkannten. Zugestanden auch, dass dies eine poetische
— 78 —
unci «geistvolle Varianle der Sage ist, so bleibt docli das Verdienst
davon ganz auf Seiten der Neuzeit ; die Alten wissen nichts von
einer derartigen Trennung des Gottes und der Nymphe ; ihnen
fliesst der Alpheios innerhalb der Arethusa selbst. Der Occhio della
Ziliea verändert nicht selten seinen Ort, und dass auch im Alterthum
ähnliclie Veränderungen in der Beschaffenheit des Seewassers bei
Ortygia stattfanden, ergiebt sich aus der Notiz hei Plut. Dion. !24 :
y,at rcTtii-ov xaploysv, (octs "j'£'Jsa;jL£v5t? 7:1(7'. */.aTa$r|Xov stvai. Es brachen
also — unter der Regierung von Dionys II — Süss wasserquellen an
einer Stelle des Meeres hervor, wo dies zuvor noch nicht geschehen
war, aber das Phaenomen ging rasch vorüber.
J)ie enge Beziehung, in welcher die Arethusa za Artemis stand,
macht es wahrscheinlich, dass die korinthischen Kolonisten auf Or-
tygia sehr bald darauf bedacht waren den Kultifs der Schwester
Apollos förmlich und feierlich einzuführen. Wie Pindar Pyth. II 7
mit den Worten TroTai^'ac Bcc 'ApT£ü/.Soc Ortvgia als Kultusstätte
I» • 14* •.t?
dieser Göttin hervorhebt, so bezeugt dies auch der Schohast zu dieser
Ode : TYJ; 'AX^siwac 'ApT£;jLiBoc sy-et ©aaiv thxi tspiv, und weiter t^puTa».
ava/v'xa 'ApT£;jLtBo{; Izi tyj 'ApcOsuTr;. Das Fest der Diana war nach
Liv. XXV 23 das Hauptfest von Syrakus und dauerte drei Tage.
Durch Diomedes III 483 P. und Probus zu Virg. Ecl. S. 2 Ausg.
Keil erfahren wir, dass daselbst eine Diana Lyaea verehrt wurde,
welche von Krankheiten befreite. Von dem Tempel der Diana auf
Ortygia sagt Cicero Verr. IV 53, 118 : in ea sunt aedes sacrae com-
plures, sed duae, quae longe caeteris antecellant, Dianae una, et
altera, quae fuil ante istius adventum ornatissima, Minervae. Noch
sind auf Ortygia die Reste von zwei griechischen Tempeln vorhanden,
und während diejenigen, welche in die Kathedrale umgebaut sind,
dem Tempel dei* Athena zugeschrieben werden, gelten die in d(M-
Nähe des Landthors als die Ruinen des Artemistempels.
Wie es scheint, erwähnt des letzteren Ueberreste zuerst Fazello
(bei Bonanni, Delle antiche Siracuse Pal. 1717, S. 236 f.) : «Id vero
templnm in qua urbis parle fuerit, incompertum est. Visuntur tamen
pauca antiquitatis vestigia, et ea semiobruta in ea Insulae regione,
quam Resalibram appellant, quae aedis Dianae monumenta esse ple-
rique existimant.» Dann spricht Mirabella davon, indem er Taf. I
Nr. 18 sagt : «Fuit autem illud templum longo tempore sub ruinis
— 79 —
Syracusanarurn calamilatum absconditurrij verum nostiis temporibiis
inventum atque detectum tuit, eiusdemque, quibus innitebaiur, ad-
mirabiles columnae siniul fuei'e erutae, verum ex isto loco ablatae
fueruiit, quum aedificarent novam mansionem pro hispaiio peditatu
loco, qui vulgariler appellatur Salibra.» Er sagt auch, dass man noch
den Zwischenraum zwischen den Säulen und der Cellawand sieht,
und fiv^i dann hinzu : «Super idem templum temporibus Francorum
domus fabricala fuil, quae jam pariter ruinam passa est, verum super-
sunt arcus quidam, qui illorüm fabricam fuisse artificio suo testantur»,
indem er wahrscheinlich Ruinen gothischen Slils vor Augen hat.
Und Bonanni erwähnt S. 12 eine Wand aus ungeheuren Quadern
mit arabischer Inschrift. Derartige Mittheilungen legen die Vermuthung
nahe, dass auf den Ueberresten des sogenannten Dianatempels im
Mittelalter ein Gebäude errichtet wurde, dessen Abbruch im 16. Jahr-
hundert die antiken Trümmer zu Tage gefördert hal, während von
dem mittelalterlichen Gebäude jene kunstvollen Bogengewölbe stellen
blieben. An derselben Stelle jedoch errichtete man 1562 die «nova
mansio pro hispanico peditatu», d. h. das Neue Quartier, welches
später zum Alten Quartier wurde, und zu gleicher Zeit transportierte
man von da «admirabiles columnae» wer weiss wohin. So verschwanden
die Ueberresle des Tempels und wer noch etwas davon sehen woüte,
wurde in ein Privathaus (in unserm Jahrhundert Gasa Santoro) ge-
führt, wo nach Oeffnung eines Wandschrankes ein Kapital zum Vor-
schein kam. Im Jahre 1858 angestellte Untersuchungen führten zur
Entdeckung von zwei weiteren Säulen, und 1864 riss man jenes
Haus und dann die daran stossende Kapelle der S. Maria delle Grazie
aus dem 17. Jahrhundert ab, welche den nördlichen Theil der' Tem-
pelvorderfront vei'deckte. Dadurch wurde der östliche Theil des
Heiliglhums biosgelegt. Um mehr zu finden, mnsste man an der
Südseite des Quartier militare, eine Anzahl von Häusern beseitigen,
durch welche man die südliche Gellamauer in ihren Resten noch
verfolgen kann. Ueber diesen Tempel und die Ausgrabungen (\l*^
Jahres 1864 haben geschrieben :
Franc, di Giovanni, Scoverte sul tempio credato di Diana in
Siracitsa. Bull, della (!omm. di Ant. e B. arti in Sic. Nr. I.
Pal. 1864, S. 17-19.
Sav. Gavallari, Scavi in Siracnsa. Bull, della Gomm., Nr. II.
Pal. 186i, S. 1-5.
— 80 —
J. Schubring, Der neu ausgegrabene Tempel in Syrakus. Phi-
loloo-us XXIII, S. 361-367 mit 2 Tafeln.
Sav. Gavallari, Tempio creduto dt Diana in Siracusa, Bull,
della Gomm., Nr. 8. Pal. 1875, mit den Tafeln Nr. IV und V. Die
genauen Masse der Säulen und ihrer Kapitale, welche hier gegeben
werden, haben den betreffenden Notizen bei Serradifaico, Ant. Bd. IV
ihren früheren Werth genommen.
Franc, di Giovanni, Sul Tempio di Diana in Siracusa. Brief
an Dr. Sav. Cavallari im Arch. stör. Sic. anno III. 1876.
Hochinteressant war die Entdeckung einer recht alten griechischen
Inschrift an der Stirnseile der östlichen Oberstufe unterhalb der
zwei .südlichsten Interkolumnien. Sie ist mehrmals veröffentlicht und
bei ihrer fragmentarischen Erhaltung in verschiedener W^eise erklärt.
Ihre wichtigsten Veröffentlichungen, von Hirzel, de Spuches, Schub-
ring, Kirchhoff, Bergmann, sind von Röhl citiert in seinen Inscrip-
iiones Graecae antiquissimae etc. Berol. 1882. Fol. S. 145. Die
Inschrift, von Röhl in einer ganz neuen Weise erklärt, sagt wahr-
scheinlich, dass irgend ein Gegenstand dem ApoUon geweiht wird.i
Nun fragt sich aber, welcher Gottheit war der Tempel selbst
geweiht. Die Tradition behauptet : der Diana. Dies stellen Manche
in Abrede, vor allen Schubring in seinen Abhandlungen über die
Bewässerung von Syrakus und der eben erwähnten über diesen
Tempel. Die gewöhnliche Ansicht gründet sich auf folgende Momente :
Cicero erwähnt auf Ortygia zwei Haupttempel; von zwei Tempeln
haben sich Ueberreste erhalten; also werden dies dieselben sein, von
denen Cicero spricht. Eine derartige Schlussfolgerung wäre werthlos
wenn die beiden noch bestehenden Tempel geringfüo-io-e Gebäude
wären ; aber sie sind im Gegentheil beide durch ihre Grösse und
der sogenannte Dianatempel auch durch sein Alter ausoezeichnet.
Es ist also in der That wahrscheinlich, dass gerade sie die beiden
Tempel sind, von denen Cicero spricht, und wenn die Kathedrale
1 Die ersten Worte KX£o[[A£v]y;^ £7:otr;7£ T(i)7:£A(a)(i)v'. sind damit wohl end-
gültig gedeutet — mit Ausnahme des Namens In AsoQ-'.iVjri^. Denn die ersten
4 Buchstaben, die grössten und weitest geschriebenen der Inschrift, nehmen einen
kürzeren Raum ein als die Lücke zwischen o und T/ , auf welche mindestens 5 Buch-
slaben zu rechnen sind, so dass der Name e wa KX£o[[-;.£v($]*^- lautete. Der ar«- zer-
störte Rest der Inschrift wird wohl immer fraglich bleiben. L.
fr^
— 81 —
wirklich der alte Athenatempel ist, muss man in dem andern den
der Artemis erkennen. Wenn man aus dem Vorkommen Apollos in
der Inschrift als des Empfängers einer Widmung hat schliessen
wollen, dass auch der Tempel ihm gehört habe, so ist das eine nicht
unanfechtbare Folgerung. Denn auch in einem Artemistempei konnte
dem ApoUon ein Weihgeschenk aufgestellt werden. Indessen kommt
noch ein anderer Umstand in Betracht. Wir haben oben gesehen,
dass dem Scholiast zu Pind. Pyth. II eine enge Beziehung zwischen
der Quelle Arethusa und einem OL^(cCk\t.a der Artemis bekannt ist.
Also Hesse sich behaupten, dass der der Arethusa nächste Tempel
der Artemis gehört habe, und dies würde die Kathedrale sein. Doch
darüber mehr bei Gelegenheit des Athenatempels ; hier genüge der
Hinweis darauf, dsfes bei der Arethusa ein kleines Artemisheihgthum
nebst or{cu^\).% oder auch ein blosses ar{aLk[f.0L und in weiterer Entfer-
nung ein grosser Tempel derselben Gottheit sein konnte. Wir
glauben, dass die in Frage stehenden Ueberreste wirklich die des
Artemistempels sind. Das Gebäude war von ansehnlicher Grösse und
seine Architektur weist in ihrem alterthümlichen Charakter auf eine
recht frühe Entstehungszeit hin. Demnach hat es viel Wahrschein-
lichkeit, dass dieses das HeiHgthum der Hauptgottheit von Syrakus
war. 1
^ Gegen diese Ansicht hat jetzt H. Nissen im Rh. Mus. N. F. Bd. XL S. 368 f.
das gewichtige Bedenken geltend gemacht, dass die Richtung der Tempelachse hier
wie hei der Kathedrale nicht erlaube^ an ein Artemision zu denken^ während bei
letzterer die (im folgenden Theil begrOndete} Bezeichnung als Athenatempel aucli
durch die genauere Tempelorientierung bestätigt werde. Der Tempel an der Via
Resalibera sei dem Apollon zuzuschreiben, sowohl der Inschrift wegen^ in der ein
Eleomenes etwa die 3 über ihr befindlichen Säulen von Stein an Stelle alter hölzerner
in dem schon vorher bestehenden Tempel dessen Gotte widme, als wegen der Rich-
tung nach dem Sonnenaufgang am Geburtstag des pythischen Apollon. Wem wir die
allerdings sehr einleuchtende Orientierungsfrage, über welche aber doch wohl noch
nicht das letzte Wort gesprochen ist, hier unerörtert lassen, so dürften ausser dem
in dem Texte Ausgeführten weitere triftige Gründe gegen ein Apollonion an dem Nord-
ende Ortygias sprechen. Dass auch in Syrakus vor den Steinsäulen hölzerne das
Tempeldach getragen haben^ ist durch nichts erwiesen und lässt sich auch bei dem
vortrefflichen und leicht zu bearbeitenden Steinmaterial der dortigen Gegend kaum
annehmen. Auf recht frühe Entstehung weisen hier vielmehr die Monolithsäulen hin.
Schwerer noch wiegt die Thatsache, dass Syrakus vor der athenischen Belagerung
ein ApoUoheiliglhiim auf dem Temenites hatte, ausserhalb der Stadt, wie auch das
slcilische Naxos zu Thukydides Zeit und vielleicht von seiner Gründung an. £in
Lupus, Die Stadt Syrakus. 6
Bestand ein grosser Vorlheil der Insel Ortygia in dem Besitz
der wasserreichen Quelle Arefhusa, so kam dnzu der andere, dass
nie nicht einen, sondern zwei Häfen halte. Die alten Schriftsteller
sprechen oll davon. Strabo VI 271 sagt: «a-epcüöiv äk tt,; v^sou
/.'.;iT]v ist! l*-V*;, "^v ^ iJii!^ii)v xi; cySsVjäsiptz otadfwv kT:i. Hierüber
Näheres oben S, 25. Auch Thukydides erwähnt u. a. VII 22 die zwei
Häfen : Ix tsO tJ.£-fä).s'J X'-i*ivc; — sx tc3 iXiTrsvs;. Cicero Verr. I\'
ö2, H7 sagt von Syrakus : et porlus hatiel prope in aediPicationc
ndspectuque urbis inclusos: qui cum diversos inier se aditus habeani,
in exitu coniunguntiir et confluunt. Und Ovid Met. V 407 f. :
Et qua Bacchiadae bimari gens orla Corintho
Inter inaequales posuerunt moenia p0(-tus.
Der grosse Hafen ist eben jene Meeresbucht mit der breiten
Eini'ahrt zwischen Ortygia und dem Plemmyrion. Sie konnte nur mit
Mühe gegen den Feind verschlossen werden, und Cicero iirt sich,
wenn er Verr. IV 52, ÜQ sag!, dass sie «tum et nosiris classibus
et Carlhaginiensium clausus fuisset». Der Verlauf dieser geschichtlichen
Entwicklung wird zeigen, dass der sogenannte grosse Hafen allen
offen stand. Nach Thukydides VII 59 hatte er ^h criii-i ir.-it !r:aS;wv
l/i"/.LBT«. Wenn Cicero de rep. III 31, 43 sagt : «portus usqiie in
sinus oppidis (sie) et ad urbis crepidines infusi», so denkt er dabei
also auch an den grossen Hafen; «crepidines» sind die aus Steinen auf-
^'ebaiiten Uferränder, die Staden oder Quais ; indessen hatte der grosse
Hafen nur da, wo er an die Stadt sliess, solche Staden. Florus II ö, 34
.spiicht von einem aportus marmoreus» zu Syrakus, was viele irrthüm-
licher Weise so erklärt haben, als ob der Grund des kleinen Hafens mit
Marmor belegt gewesen wäre; vielmehr bezeichnet der «portus mar-
moreus» den grossen Hafen wegen der Herrlichkeit der Prachtbauten,
ApoUraion in der TerrainseokuDg Oit^'gias am Iileinea Hafen künale njr dem Gatte
Bis Delphinios, Oikistes oder Arrhepetes erbaut worden Sein. Nim liegt aber aucli
wieder nichts nflher, als dass dem Gotte, welcher des Arctiias Expedilion dirigiert
halte, als Hort und Schirmherru J«r Jungen Kolonie gerade das litterarisch beglau-
Ligte Heitigthum auf dem vorgeschobenen und stralegisch wicbtigen Punkte oberhaih
lies Tlieaters, bis wohin in den ersten Zeiten von äyrakus zugleich auch das Meer
noili herrschte, errichtet worden ist. Sollen wir also aunebmen, dass der Stadt
S,vralius so lu sagen von jeher zwei identische Apollotempel, einer innerhalb, einvr
uusscrhelb des Mauerringes, eigenlhQmlich gewesen sind? Die Antwort kann n>. E.
□ur verneinend lauten. L.
— 83 —
die seine Nordostseite umgaben (Schubring, Achradina S. 33). Ein
Theil des grossen Hafens wird von Diodor XIII 13 5 xöXtwO; 6 Aaoxwv
:>iaXo6[JL£vo(; genannt. Damit muss die Einbuchtung südlich von der
Punta Caderini gemeint sein, welche Thukydides VII 52 Einfach
xoTXov xat \UiJYpc toü Xt[jL£vc^ nennt. Da aber der Name Daskon viel-
mehr, wie wir unten, bei der athenischen Belagerung, sehen werden,
die Punta Caderini selbst bezeichnet, so bleibt es zweifelhaft, ob
Diodor diesen Namen mit Recht auf die südUche Bucht übertragen
hat. — Einmal wird gesagt, dass Schiffe in der Nähe der Arethusa
ankerten ; Diodor XVI 18 (Nypsios, Feldherr des zweiten Dionys),
xa8u>p[jL{a0Y) i:ep\ ryjv 'ApdOoucav.
Der andre Hafen ist nördlich von Ortygia ; er heisst der kleine
Hafen ; Diodor sagt aber XIV 7 : Tphq tw pLixpco Atj^ivt tw Aaxxtw
aaXou[ji.£V(|) ; und wenn wir bei demselben XIV 42 lesen : (i)xoS6[A€i
Bs xil V£ü)ao(xo'Jj; 'iroXuTsXetg xuxXw tcu vüv xaXo[jivou Xt[i.£vo;, so haben
wir, da der grosse Hafen nicht gemeint sein kann, mit Schubring,
Achrad. S. 27 Aaxxbu hinter vuv einzuschieben. Das vuv geht auf die
Zeit des Philistos, dessen 2iy.£Xt/,a Diodor ausgeschrieben hat, d. h,
xxuf die Zeit des älteren Dionys. Dieser hatte durch gewaltige Ufer-
bauten den kleinen Hafen in der That zu einem Xoty-xo?, d. h. einem
zwischen hohe Staden tief eingesenkten Becken, umgestaltet.
Ueber die Vortrefflichkeit des kleinen Hafens, seine mannigfachen
Uferanlagen, sowie über die Abweichung seiner heutigen Form von
der im Alterthum werden wir später sprechen. Vgl. auch S. 25 ff.
Bei der Aufzählung der syrakusischen Häfen dürfen wir einen
nicht übergehen, welcher uneigentlich so genannt worden ist, näm-
lich den Trogilos, d. h. die Meeresbucht nördlich von Tycha. Den
Namen finden wir schon bei Thukydides VI 99 und .VII 2 (hier
von Stahl und Glassen gestrichen), aber ohne dass er als Hafen be-
zeichnet würde. So nennt ihn erst Livius XXV 23: ad portum Tro-
^ilorum. Derselbe Name kommt auch anderwärts vor : Steph. Byz.
u. d. W^. TpwYtXoi;, /wpiov ^v 2iX£X(a. iav, y,a\ yj^p^ May,£Bov(a^. xb
iOvtxbv Tp(i)Y''X'.or v.ol\ Tpw^tXia. Ist» y.ai TpwY'.Aia t^? MuxaXiQc, y) '^d-^ezxi
y.a» TpwYiXtov.
g 5. U&a Olyntpieion und der Temenites.
Die Insel Ortygi.i war also der erste Wohnsitz der korinthischen
Ansiedler. Aber es galt auch auf dem sicilischen Kontinent feste
Punkte auszuersehi^n, durcli welche man dem Feind den Zutritt zur
Stadt selbst wehren koiitile. An diesen Punkten haben wir griechische
Bewohner von der Grund ungszeit her anzunehmen. Einer derselbeik
musste Achradina sein, welches bald sogar Stadttheil wurde ; sii
lange es mit Ortygia noch nicht durch eine Mauer verbunden war,
musste Achradina wenigstens eine Sonderfestung tragen (s. ThI. II § 1).
Aber es giebt noch zwei andre Plätze, von denen der eine bei seiner
weiten Entfernung niemals zum Stadttheil gewoi-den ist, der andre
erst viel später als Achradina, und welche nichtsdestoweniger schon
sehr flöhe von den Syi-akusern besetzt waren; wir meinen düs
Olympieion und den Temenites. Das Olympieion ist jener heilige
Hezirk südlich vom Anapos, in welchem sich der Tempel des olyni-
[lischen Zeus erhob, als dessen Ueberbleibsel noch zwei Säulen die
umliegende Gegend beherrschen. Viel näher dagegen dem ältesten
Syrakus ist der Temenites, der unmittelbar oberhalb des Theaters
gelegene Theil der Hochfläche.
Das hohe Älterlhum des Olympieion wird zunächst dadurch be-
zeugt, dass hier die Bürgerlislen von Syrakus aufbewahrt wurden ;
Plut. Nik. 14: Xai^ßivB'jst vaÜM TOXe[*(av oaviäa? «[tfilausav, ei; ä;
Ä::s-fpä?iVTO xa-i füÜ; aÜToi»; ot -upaxaiüO'.' iiEi[wvat £' äruOev xij;
KiXeu); £v IzpCf Äii; "OXui^mou tiTe — iis-:£^i\tjf^r,ua-i. Es ist nicht
wahrscheinlich, dass solche Listen in einer gewöhnlichen Vorstadt
späteren Ursprungs ihre Stätte gefunden haben sollten; vielmehr
musste der Ort von den ersten Zeiten des Bestehens der Stadt be-
wohnt gewesen sein. Es spricht aber auch der architektonische
Charakter der Tempelreste selbst für eine sehr frühe Niederlassung.
Die Säulen sind monolith, was ein Zeichen ziemlich hohen Alters zu
sein scheint. Wir wollen nicht behaupten, dass der Tempel gleichzeitig
mit der Gründnng von Syrakus erbaut worden sei ; auch ist es klyi',
dass zur Unternehmung eines so bedeutenden Tempelbans Reich-
liiümer erforderlich waren, wie sie die Syrakuser wohl erst in
einem gewissen Zeitraum nach der Stadtgründung aufgebracht
haben. Aber bewohnt war der Ort jedenfalls von Anfang an. Be-
■**)
^
— 85 —
2üglich der Tempelreste haben wir einige Worte von Fazello S. 120 :
«cujus jacentes plures et erectae quaedam cernuntur columnae»,
eine kurze Notiz von Mirabella, Nr. 101, welcher sagt, dass noch
6 Säulen vorhanden seien, während Bonanni S. 145 ihrer 7 kennt.
Nach Mirabella sind die Säulen 25 Palmen (= 6,45 m) hoch; auch
rechnet er aus, dass der Tempel « aedificatum , duodecim per ordinem
columnis» gewesen sei. S. Serradifalco IV Taf. XXVIII und XXIX.
Die Vorstadt am Olympieion heisst izokiyyri «Kleinstadt». So
steht bei Thukydides VII 4 : ipiiov yap \f*ipoc twv i-tc^wv loiq Supa-
-/.oaki? cta tou; iv tw nXY3[i.ii.upt(i) , Iva [jlt] y.ay.o'jpYY;covTe<; i?toi£V, izi
TT^ £v TW *0Xu[j,7:i£{(p ToXiyyfi iTiidYCL-zo. Hier wird das Appellativ
^oXixviQ noch durch den Namen des Tempels näher bestimmt, «das
Städtchen im Olympieion», gerade wie wir Temenites als Name
<*ines Quartiers werden auftreten sehen. Dagegen gebraucht Diodor
das W^ort 7:oX()fvrj schon als Eigenname XIII 7 : ty;v y,aXou[iivir;7
IToX(xvy;v T£i)rf<JavT£<;, XIV 72 : (Himilko) ajib? [jAv <ppo6piov tyjv y.aXou-
{xivTi^ noXr/vY)v £rX£ xaia xf axo?.
Der zweite wichtige Punkt war der Temenites, nördlich vom
Theater. Hier stand nahe dem Südrand der Hochebene ein Apollo-
heiligthum wenigstens zu den Zeiten des Kriegs mit den Athenern;
denn damals wurde der heilige Bezirk durch Ummauerung in die
eigentliche Stadt »hereingezogen : Thuk. VI 75 : tov T£|X£v(Tirjv hncq
xo'.TQaip.Evot. Indessen lässt sich annehmen, dass dieses Heiligthum schon
lange vor jenem Krieg bestanden hat. War es doch Apollon, unter
dessen Schutz überhaupt die griechische Auswanderung stand und
Avelchem z. B. in Naxos am Fusse des Aetna die Kolonisten sofort
nach ihrer Landung einen Altar zu errichten sich beeilten ; Thuk.
VI 3 : 'EXXiQvwv S£ xpwTCt Xa^xt^YJ? i? El^oictq 'irX£6c7avT£q [j^z-zx
€)ouxXdou(; cfy.i^Toü NaEov WKiaav xat AxiXXwvo; apyY)Y£TO'J ßa)[i.6v, Saxt^
vuv S^w rri^ xoXeo)^ iaitv, t^pucavTs, i<p' w, Sxav h, 'L{y,{kiaq O£(»)po't
-rXdwct, -ÄptoTov 6uoü7t. Dementsprechend wird auch bei Syrakus der
Apollotempel in sehr frühe Zeit, vielleicht sogar bis zur Gründung
der Stadt zurückreichen. Wenn dem so ist, d. h. wenn sowohl das
Olympieion, wie das Heiligthum des Apollon Temenites uralt waren,
•so muss man auch annehmen, dass gerade diese Punkte von den
Syrakusern als vorgeschobene Forts benutzt wurden; denn die Kolo-
nisten auf Ortygia mussten sich frühzeitig ihre Verbindung mit dem
Hinterland, der Quelle ihrer Einkünfte, sichern.
j
ä
— 86 —
Diese Verbindung erstreckte sich nach zwei Seiten, nach Süden
und nach Westen. In jener Richtung war der Verkehrsweg gesichert,
wenn es den Syrakusern gelang über den Anapos und die Nachbar-
sümpfe die Hochfläche zu erreichen, welche sich südHch davon aus-
dehnt. Der Flussübergang war aber beherrscht durch die Hügel de&
Olympieion und der Polichne, welche als Brückenkopf am Anapos
lienten und als solcher sich in verschiedenen Epochen der syrakusi-
schen Geschichte bewährten : in dem Krieg mit Hippokrates, c. 493^
in dem mit den Athenern, 415-413, gegen Himilkon, 396, und gegen
Hiketas zu den Zeiten Timoleons.
Nach der andern Seite hin war noch von grösserer Wichtigkeit
die Anhöhe oberhall» des Theaters; denn sie beherrschte nicht nur
die Strasse, welche den Anapos entlang westwärts lief, sonder»
auch die andere, welche nordwärts in der Senkung zwischen Nea-
polis und Achradina aufstieg und weiterhin nach dem Golf von
Megara hinabführte. Im Besitz dieses Golfs waren die Megarer, die
Syrakus zunächst gelegene griechische Kolonie. Hier hatten die Syra-
kuser zwar kein Eigenthum zu schützen, aber da von dieser Seite
her ein Angriff gegen sie gerichtet werden konnte, so machte sich
das Bedürfniss die Strasse nach Megara zu befestigen nicht weniger
fühlbar. Da nun, wie schon gesagt, Achradina eine wichtige Festung
war, so musste ein Feind, welcher von Norden her einen Angriff
gegen Syrakus richten wollle, bei seinem Eintritt in die Schlucht
östlich von den sogenannten Gräbern des Archimedes und Timoleon
zwischen zwei Festungswerke, links das von Achradina, rechts die
Mauern des Apolloheiligthums, gerathen, und einem weiteren Vor-
dringen thürmten sich gewaltige Hindernisse entgegen.
Somit glauben wir die hohe strategische Bedeutung der Anhöhe
mit dem heiligen Bezirk des Apollon nachgewiesen und nicht nur mit
dem religiösen Bedürfniss sondern auch mit dem militärischen In-
teresse die Wahrscheinlichkeit begründet zu haben, dass die Syra-
kuser unmittelbar nach Gründung ihrer Stadt daselbst ein Vorwerk
angelegt haben. Wir haben dabei als sicher vorausgesetzt, dass die
Anhöhe oberhalb des Theaters der Hügel des Temenites sei, und wir
werden unten bei der Geschichte des athenischen Krieges sehen, wie
diese Voraussetzung dem Charakter der Oertlichkeit vollständig ent-
spricht und mit dem Te.\t des Thukydides übereinstimmt. Doch
muss hier noch auf einen andern Umstand aufmerksam gemacht
— 87 —
werden. Die Anhöhe des Temenites dehnte sich ursprünglich viel
weiter gegen den grossen Hafen hin aus als heutzutage. Indem die
Syrakuser die Latomie des Paradieses aushöhlten, haben sie die
Ausdehnung der Hochfläche bedeutend vermindert. Und überhaupt
müssen wir an das schon früher Gesagte erinnern, dass nämlich
«las Festland nördlich und nordwestlich von der Insel zur Zeit der
Gründung von Syrakus ein von dem heutigen ganz verschiedenes Aus-
sehen hatte. Wir werden gleich Gelegenheit haben auf die Verände-
rungen, denen das dortige Terrain unterworfen war, zurückzukehren.
THEIL n. — Geschichte der Topographie von Syrakus
bis zum Krieg mit Athen.
§ 1. Von der Gründung bis auf Gelon.
Im Jahre 734 gegründet, konnte Syrakus schon 664 eine Kolonie
den Anapos hinauf nach Akrai entsenden, dessen Ruinen jetzt ober-
halb Palazzolo liegen ; Thuk. VI 3. Wir müssen mit Schubring,
Achrad. S. 17, annehmen, dass man damals auch schon begonnen
hatte das Festland der Insel gegenüber, d. h. Achradina, zu bewohnen.
Denn es lässt sich nicht zweifeln, dass wenigstens einer der Gründe
für Aussendung von Kolonien die Zunahme der syrakusischen Stadt-
bevölkerung gewesen sein wird. Nun wäre es aber in der That auf-
fallend, wenn die Syrakuser diesen Ueberschuss ihrer Einwohnerschaft
nach einem fernen Punkt geschickt halten zu einer Zeit, wo die
gegenüberliegende Seite des kleinen Hafens noch nicht Stadltheil
geworden war ; brauchten sie doch dieselbe nur in die Festungswerke
von Syrakus einzuschliessen, um ihre Stadt ebenso viel stärker zu
machen. Diese Ausdehnung der bisherigen Stadtmauer auf den Mili-
tärposten, welcher von Anfang an die Nordseite des kleinen Hafens
deckte, wird auch von Thukydides ausdrücklich erwähnt, VI 3 :
uTrepov Ze xpi'ft^ %a,\ •?) i^td (sc. 'köXk;) •jrpoaTstx^aOeiaa xoXüavOpw^o^
e^cvsTo. Wir setzen also diese erste Stadterweiterung auf dem Festland
in die Zeit vor 664 oder nach Schubring, Bewässer, S. 617, zwischen
700 und 680, in dem Sinne, dass das Festlandquartier, welches
Thukydides yj I^w T:6\iq «die Aussenstadt» nennt, zwar sofort nach
der Gründung von Syrakus besetzt, aber erst in der Folgezeit, jedoch
vor 664, in die erweiterten Festungswerke hineingezogen wurde.
— 88 -^
Nun fragt es sich, ob sich die Lage des neuen Sladtlheils noch
genau bestimmen lässt. Denn wir müssen gestehen, dass die von uns
schon ausgesprochene Ansicht nicht mit der allgemein angenommenen
übereinstimmt. Gewöhnlich hält man die Niederung des Festlandes
und besonders das Terrain vor den modernen Festungswerken am
Ausgang der Landenge für den Platz, auf welchem sich die neue
Stadt erhob. Gavallari dagegen hat darauf hingewiesen, dass ihre
Festungswerke vernünftiger Weise nur auf dem felsigen Hochplateau
von Achradina nördlich von den Latomien Casale und Cappuccini
angelegt werden konnten. Niemand wird leugnen, dass diese Position
die andre an Sicherheit weit übertrilTt; aber, wird man entgegnen,
wie dann die Worte des Thukydides erklären, dass die neue Stadt
mit der Insel durch Festungswerke verbunden gewesen sei? Da
zwischen der Anhöhe von Achradina und Ortygia das Terrain sich
senkt, so mussten diese Festungswerke, um Oberachradina und
Ortygia zu verbinden, auch das Tiefland nördlich vom kleinen Hafen
einschliessen, d. h. die Gegend von S. Maria di Gesü und S. Lucia.
Die Binnen- und die Aussenstadt waren nicht durch einen unbe-
festigten Raum von einander getrennt, sondern bildeten in Wirk-
lichkeit eine einzige Festung.
Aber wenn wir mit dieser Folgerung uns Gavallaris Ansicht über
die Lage des eigentlichen Achradina anschliessen, so sind wir ge-
zwungen ausserhalb der Stadt den Theil der Niederung zu lassen,
welcher an die Landenge, d. h. die modernen Festungswerke anstösst.
Und sage man nicht, das sei unmöglich, weil nur hier Insel und
Festland einander berührten, so dass nur hier und an keinem andern
Punkt die Möglichkeit einer Verbindung zwischen beiden gegeben
sei. Denn es giebt keinen Beweis dafür, dass von Anfang an die
Verbindung der Insel mit dem Festland da gewesen sei, wo sie
heute ist, und, beeilen wir uns hinzuzufügen, wo sie wahrscheinlich
von den Zeiten Gelons an gewesen ist. Wir wissen, dass die Ufer
des kleinen Hafens starken Veränderungen unterworfen gewesen
sind. Die Untersuchung des umliegenden Terrains hat ergeben, dass
in den ersten Jahrhunderten der Stadt der Verkehr zwischen Insel
und Festland auf einem von dem heutigen ziemlich weit abliegenden
Wege vermittelt wurde. Wie wir S. 26 sahen, dehnte sich die Insel
mehr nach Norden aus, und gleichermassen kam das gegenüber-
liegende Festland jener nach Süden hin entgegen. Den Beweis dafür
' I
— 89 —
boten uns die noch sichtbaren Spuren in dem flachen Meere an der
Osleinfahrt des kleinen Hafens, wo man die durch das Ausheben
von Steinblöcken hervorgebrachten Verliefungen bemerkt. Verlegen
wir demnach die grösste Annäherung zwischen der jungen Inselstadt
und dem Festland in die Gegend von S. Lucia, so sind wir hier
nicht allzuweit von der Felsplatte entfernt, welche den wichtigsten
Theil von Achradina trug. Hier hatte die Altstadt ihre Fühlung mit
Sicilien ; der heutige Isthmus existierte überhaupt noch nicht.
Wenn sich nun mit Bestimmtheit behaupten lässt, dass der
Tlieil der Niederung, welcher die Rotunde am Pozzo dell' Ingegnere
umgiebt, ausserhalb der neuen Stadt geblieben sein muss, so lässt
sich doch noch die Frage aufwerfen, wo die Westgrenze dieser ersten
Stadterweiterung gelaufen sei. Auch auf sie kann leicht eine befrie-
digende Antwort gegeben werden. Als Fortsetzung des Thaies östlich
von der . sogenannten Grotte oder Grotticelli läuft die S. 29 f. er-
wähnte Schlucht nach^ Südsüdost, lässt S. Giovanni links liegen und
richtet sich gegen den kleinen Hafen hin. Sie ist es, welche die
Westgrenze der Unterstadt von Achradina bildete. Wenn man jenes
Thal nordwärts hinauf steigt, so findet man die ebenda besprochene
Felsenterrasse, offenbar bestimmt einer Mauer als Sockel zu dienen,
welche sich nach der Schlucht von S. Bonagia hinzog : diese Felsen-
schwelle, heutigen Tages allgemein die Mauer Gelons genannt, be-
zeichnet die Westgrenze von Oberachradina. Wir, die wir das
älteste Achradina auf der Hochterrasse und nicht in der Niederung
angelegt sein lassen, können natürlich in dieser Befestigung nicht
die Mauer Gelons erkennen. Da Oberachradina nach Westen hin
eines starken Bollwerks bedurfte, so müssen wir das gerade hier
noch durch jenen riesenhaften Sockel bezeugte der Zeit seiner ersten
Erbauung zuweisen ; man könnte die Mauer nur dann Gelon zu-
schreiben, wenn sich in den alten Schriftstellern irgend ein Hinweis
auf eine derartige Unternehmung von ihm fände. Dies ist nicht der
Fall, und somit haben wir freie Hand, die Mauer in die Zeit zu
versetzen, welche ihrer bedurfte.
Doch kehren wir zurück zu der von Thukydides überlieferten
Verbindung von Achradina mit Ortygia. Die Festungswerke, welche
nach ihm die innere und die äussere Stadt mit einander vereinigten,
inussten den Kanal, welcher die Nordspitze Ortygias von dem gegen-
überliegenden Festland vorsprung schied, überschreiten. Zur Veran-
— 90 —
schaulichun<j, wie sie dies Ihaten, können wir uns einiger daraul
bezüglicher Stellen der Alten bedienen.
Die wichtigste ist Strabo I 59: izpo^^/^^tiq tJ Ye^üpdiastc, xaOa-ep
£7ct iyJ;; Tzpbq -upaxoüaat^ vrjaou vuv |jl6v Y£<p'jpa iortv ij ouvaiCTOuaa abttjv
xaXet exXexTiv; womit übereinstimmt der Scholiast zu Pind. Nem.
I 1 : Yj 3^ 'Opvr^ij, icpixspov ixlv ouaa vtjffo? sTtä wpocx^^si^* X-P?^""
vYjao? ^cYOvsv, w? xal *'IßuKO(; t<JTopeT' xapa yipiso'f XiOivov tov TcaXdtjJLX'.c
ßpoTo); 7:p6jÖ£ viv iceBa vYjptTav tx^ue? (ojxo^aYot v^iaovto (vgl. auch die
Scholien zu Ol. VI 92 und Pyth. II 6) und der Schol. zu Thuk. VI 3 :
To xpaiTov et SupaxÄUTtot Tb vrjaiStov (oxtaav |jlövov auöi^ Be jjiy) x^po^'^^s«^
aÜToO (Jüva^avTs; auxb ty) 2ix£X(cä 8ta x^ijwcio^ xatw^Yj^^v iv li^ 2'.X£X{a.
Ferner handeln von der besondern Art des Zusammenschlusses von
Insel und Festland Cicero, Verr. IV 52, 117 : (portus) cum diversos
inter se adilus habeant, in exitu coniunguntur et confluunt. eorum
in coniunctione pars oppidi, quae appellatur Insula, mari diiuncta
angusto, ponte rursus adiungitur et continetur ; und Strabo VI 270 :
•f) B' 'OpTü^ta auvazT£i Y£96pa izpoq tyjv Yi'r£tpov.
Wir finden also im Alterthum erstens einen künstlichen Damm,
und zwar schon im 6. Jahrhundert v. Chr. zur Zeit des Dichters
Ibykos, dann eine Brücke zu den Zeiten Giceros und Strabos. Von
Strabo bis zum 16. Jahrhundert schweigt die Geschichte. Was dann
geschah, berichtet Fazello S. 235 : «mea vero aetate et pluribus ante
annis ex congestis deletae urbis ac proximae arcis ruinis, iterum in
peninsulam redacta, tenui isthmo Siclliae erat adjuncta. Deinde Garolus
Quintus Caesar, dum haec ipsa in lucem prodere pararem, isthmum
perfringere perviisque meatibus in antiquam insulae formam reducere
longo labore eoque non parum per maximam aquarum dulcium vim
ex isihmi visceribus affluentissime promanantem impedito, conatus
est.» Es bestand also in den Zeiten Fazellos wieder ein schmaler
Isthmus, welcher mehrere Jahre vor ihm aus den Trümmern der
alten Stadt hergestellt war. Auch die hierauf folgenden Worte
Fazellos sind für die Topographie der Stadt von Interesse : «Id etenim
cum anno sal. 1552 mense Martio, me Syracusis ad Senatum et
populum concionante ageretur, operarii, qui in abrumpendo defatiga-
bantur, in quadratos et eos ingentes primum lapides, mox in balneas
e coctili laterculo extructas incidunt. Unde lapidibus evulsis tanta
aquae potabilis überlas erupit, ut in justum fluvium quamprimum
— 91 —
excresceret. Uhi et canalis orbicularis plumbei frustum duorum cubi-
torum longitudinis ab ulraque parte has majusculas literas latinas
habens insciiptas inventum est TI . GL . CJK . AVG . GERM. Qui
sane litulus Tiberium Glaudium Caesarem operis authorem indicat.
Ac deinde ab iisdem operariis aqueductus ille plumbeus ad aedem
usque S. Mariae a Misericordia vulgo appellatam, ubi coenobium
aetate mea Minoritarum qui Gapuzzini nuncupantur, extractum est,
protensus continuatusque inventus est. Quo aquas, quae hodie a
Paradiso nominantur, olim ad arcem Hieronis et ad insulam deductas
compertum est.j^ In dieser Stelle Fazellos findet Schubring, Bewäss.
5. 609, zwei Schwierigkeiten, erstens, dass das Wasser, falls es von
den Kapuzinern kam, nicht das Wasser des Paradieses sein könnte
(welches fast 1 1/2 Kilometer von jenen entfernt ist), und dann, dass
man nicht begreifen könne, wie das Wasser von den Römern hätte
auf die Insel geleitet werden können, wenn bekanntlich nicht ein
Damm, sondern bloss eine Brücke die Insel mit dem Festland ver-
band. Was den zweiten Punkt betrilFt, so können wir Schubrings
Bedenken nicht theilen, weil auch über eine Brücke Wasserleitungen
geführt werden können und oft geführt worden sind; und bezüglich
des ersten genügt die Bemerkung, dass zu Fazellos Zeiten die Kapu-
ziner nicht da waren, wo sie heute sind, weil ihr Kloster erst 1582
in die gleichnamige Latomie verlegt worden ist.
Fassen wir die Resultate dieser Entwicklung zusammen: Im
6. Jahrhundert finden wir einen Damm zwischen Ortygia und dem
Festland erwähnt. Ein Jahrhundert vorher war schon Achradina von
den gleichen Festungswerken wie Ortygia umschlossen; die Mauer
überschritt den trennenden Kanal. Es ist wahrscheinlich, dass der
Damm zu derselben Zeit wie die gemeinsame Festungsmauer angelegt
wurde. Wir setzen also seine Entstehung in die erste Hälfte des
7. Jahrhunderts. Hinsichtlich seiner Lage aber sind wir auf Grund
obiger Erwägungen der Ansicht, dass er nicht die Stelle des heutigen
Isthmus konnte eingenommen haben, weil damals noch jene Gegend
des Festlandes, welche vor den modernen Festungswerken liegt,
ausserhalb Achradinas bleiben musste. Die Verbindung der Insel mit
dem Festland wurde da, wo sie jetzt besteht, erst in den Zeiten
Gelons hergestellt. Nun lagen aber auch die Vortheile einer direkten
Wasserverbindung zwischen den beiden Häfen von vornherein auf
der Hand. Deshalb muss man wohl annehmen, dass gleich beim
— 92 —
Aufschütten des Isthmus der heutige grosse Kanal übrig gelassen
Avurde. Es ist nur zufallig, wenn er nebst der über ihn führenden
lirücke erst von Cicero und Strabo erwähnt wird. Im Mittelalter
zerstörte das Meer nach und nach Isthmus, Kanal, Brücke. Erst das
iO. Jahrhundert stellte alles wieder her.
Der Name des neuen Quartiers 'AxpactvVj, auch 'AxpaBtvrj, wird
von Steph. Byz. u. d. W. folgender massen erklärt : vf,5o; s/cjca 7:6Xiv
Tzph^ 'ztxXq Z'jpaxouaai?, yjv exoX'.cp/.Yjas Mapy.c<; 6 twv 'Pwjj^aiwv crpaTi^yös.
aXXa y,ai 'AxpaS'-v'') [xotpa Zupaxou^wv. Xipa§ Ss yß^^iM auTt)v /.aÄEi y.al
vYJaov. TO eOv'.xcv 'AxpaStvaTo; xal 'Axpa^tvo?.
Sehen wir von den Sonderbarkeiten dieser Stephanosslelle ab
und fragen nach der Bedeutung des Wortes Achradina, so ist die
wahrscheinlichste Ableitung die von d'Orville vorgebrachte und all-
gemein angenommene, wonach es von axpa;, <^So<; «Holzbirne» kommt.
Dass dort jetzt keine Bäume der Art mehr vorkommen, ist zwar von
einigen als wichtiger Umstand gegen d'Orville's Etymologie betont
worden, beweist aber natürlich gar nichts, da immerhin jene Bäume
daselbst im Alterthum wachsen konnten, als die Gegend Stadttheil
von Syrakus wurde. Wer obige Ableitung nicht billigt, müsste wenig-
stens triftigere Gegengründe vorbringen. Wir fügen hier noch die
Bemerkung hinzu, dass der Name Achrad ina sich nicht bei Thuky-
dides findet. Er ist uns nur von Schriftstellern bedeutend späterer
Zeiten überliefert : Cicero, üiodor, Plutarch. Natürlich fanden ihn
Diodor und Plutarch in ihren Quellen, z. B. bei Timaios. Aber da
Thukydides sich seiner nie bedient, bleibt es fraglich, in welcher
Zeit er üblich wurde. Auch entspringt aus derselben Thatsache zum
Theil die Ungewissheit über die ursprüngHche Ausdehnung des mit
diesem Namen belegten Quartiers. Was wir nach dem Gebrauch von
Cicero, Diodor und Plutarch jetzt Achradina nennen, nennt Thuky-
dides einfach y; I^w tcöXi?.
Wir wissen sehr wenig über die Geschichte von Syrakus vor
den Tyrannen ; dieses Wenige hat jedoch eine gewisse Wichtigkeit
für die Topographie. Eine Notiz bei den alten Autoren bezieht sich
auf das eine der zwei grossen Heiligthümer Ortygias, den Tempel
der Athena. Sie ist in einem Fragment des B. VIII von Diodor ent-
halten, welcher c. 9 sagt : Ixi 'AYaÖo^Xti; iTrKJTiTrjq aipeOsi^ tyj? "Jrspl
Tov Vc(i)v Ti5; 'A6r)va<; cacBoj^i^t^, touc xaXXCaiou«; twv T£[i.vo[J.£va)v X{6(i)v
£7:iX£Y<fii.£Voq TYjv [iiv SaxavTjV ey. ^" '^<; eiroteiTo, toT; Z\ XiOof?
— 93 —
ol Ss vewiJLfpot Ixpivav ttiV oücrtav a'jTou Sr^iJLOiJtav etvai, xaixsp Toiv xXr^pG-
VCJJLWV SslXVJVTWV [XT^Bsv StXYJtpCTa TWV UpWV Y^ SYjJJLOatWV /pr||Jl.aT(*)V. TY)V ok
G'!/.{av xaO'.sptbaavTs^ aßa^ov zoXq etdtoJ^tv iiwotr^aay, w;; ^ti v-al vuv 5voi/.aS£Ta'-
'EiJLßpovTaiov. Ein gewisser Agathokles, mit der Bauleitung am Athena-
tempel betraut, verwandte die für diesen bestimmten Steine zum
Bau seines eigenen Hauses; dafür wurde er vom Blitz erschlagen
und die Geomoren konfiscierten sein Haus. Diodor sagt freilich nicht,
in welcher Stadt dies vorgekommen sei ; aber die Erwähnung der
Geomoren macht es wahrscheinlich, dass es sich um Syrakus handelt ;
wiewohl auch in andern Städten, z. B. in Samos Geomoren erwähnt
werden (Thuk. VHI 21). Spricht Diodor von Syrakus, so verweist
uns der Umstand, dass die Geomoren mit staatlicher Autorität be-
kleidet sind, in die Zeiten des aristokratischen Regiments, welchem
die Erhebung Gelons im Jahre 485 ein Ende machte. Jedenfalls ist
es durchaus glaublich, dass der Athenatempel, wie der der Artemis,
welche zwei von Cicero besonders erwähnt werden, in einer recht
frühen Periode erbaut ist. Er wird von Cicero, Verr. IV c. 55 f. als
ein sehr glänzender Bau beschrieben. Verres beraubte ihn seiner
kostbaren Gemälde (Reiterschlacht des Agathokles, Porträts der Könige
und Tyrannen von Syrakus) und der Ornamente an den Thürflügeln
des Haupteinganges. Der Athenatempel zu Syrakus wird auch bei
Athenaios XI 462 erwähnt ; xal noX£|ji.(i)v §£ h iCo izepi toü Mopu^ou
£v 2upax,0'j(7at{; (pr^stv £7:' ax,pa x^ v/jaw irpc? tw tij<; ^OX\j\KTzioLq Upo) £y,Tc?
Tou T£i)rou? iayjxpT,'^ Ttvi £Tvai, a^p' '^<; ^TQcrt tyjv xüXtxa vaucJToXouatv ava-
tXeovt«? \f*iXP^ Tou •^ev£cj82t TYjv s^l Tou V£(i) vf^q AOYjva<; dcpaTov acTwi^a.
y.ai ouTw; a^tafftv £i^ tyjv OdtXaaaav X£pa[ji.£av x6X'.xa, xaOiv':£<; ziq ajTy)v
avOsa y.ol\ xr^pia y,al XtßavwTOV aT{;.Y;Tov, xat aXX' aTxa |/.£Ta toutwv Äpw-
[jaioL. Indem wir das Heiligthum der Olympia und den Altar an der
Spitze der Insel, sowie die von Polemon berührten Ceremonien für
jetzt bei Seite lassen, heben wir nur heraus, dass auf dem Athena-
tempel, und offenbar auf seiner Giebelspitze ein von weitem sicht-
barer Schild sich befand. Diese Notiz hat, wie wir gleich sehen
werden, ihre Bedeutung für die Feststellung des Ortes, wo dieser
Tempel stand.
Gewöhnlich hält man die Kathedrale für den Athenatempel. Von
ihr spricht M. Arezzo S. 218 der Palerm. Ausg. Bonannis, Bd. II.
— 94 —
1717, wenn er sagt : Cella concameratione tecta concidit an. dorn. MC.
Gesetzt, dass diese Mittheilung richtig ist, so konnte das im Jahre
HOO eingestürzte Gewölbe nicht die antike Tempeldecke gewesen
sein. Ausführlich ergeht sich darüber Mirabella Taf. I Nr. 12; auch
giebt er einen Grundriss des Tempels. Er versichert, der Glocken-
thurm sei nach einem Erdbeben des Jahres 1542 wieder hergestellt
worden. Ueber den jetzigen Zustand der antiken Ueberreste s. die
betr. Bemerkungen im Text und auf den Tafeln von Serradifalco,
Bd. IV.
Nun behauptet aber, wie wir schon S. 80 andeuteten, Schubring,
Bewäss. S. 637, die Kathedrale sei nicht der Athenatempel, son-
dern der der Artemis. Er setzt mit Recht eine enge Beziehung
zwischen der auf Ortygia verehrten Artemis und der Arethusa voraus.
Da nun die Kathedrale näher bei der Arethusa ist als der Tempel
in der Via Salibra, so hält er es für nothwendig, dass sie und nicht
der sogenannte Diana tempel der Artemis geweiht gewesen sei. Dabei
beruft er sich auf den Scholiasten zu Pind. Pyth. II, welcher sagt:
t^puTai oi.^cCk]hct. ApT^iJLiSo«; stti ty^ ApeOoOoY) und meint, dass der heilige
Bezirk sich von der Arethusa bis zur Kathedrale erstreckt habe :
« Das Upbv der Arlemis war gross und nahm mit seinem Zubehör
ein ganzes Quartier ein.»
Die Entfernung von der Arethusa bis zur Kathedrale beträgt
ungefähr 265 m ; der Bezirk hätte also nach Schubring eine Länge
von etwa 300 m und wohl eine entsprechende Breite gehabt, Ist es
irgendwie wahrscheinlich, dass auf der gar nicht grossen Insel dii
Ansiedler für einen einzigen Kult über ein so weites Terrain haben
verfügen können? Da waren noch andere Gottheiten, welche gleich-
falls Grund und Boden in Anspruch nahmen. Und was blieb dann
noch für das Gemeinwesen und seine Bedürfnisse, was für die Privat-
leute übrig? Die innige Verbindung von Arethusa und Artemis vor-
ausgesetzt,' wäre es natürlicher gewesen, dass letzterer Göttin Tempel
noch näher bei der berühmten Quelle gestanden hätte. Der Beweis
scheint also nicht geführt, dass die Kathedrale der Tempel einer
Gottheit gewesen sein muss, welche mit der Arethusa in naher
Beziehung stand. Von grösserer Beweiskraft dürfte vielmehr folgende
Erwägung sein :
Aus dem obigen Citat Polemons entnehmen wir, dass diejenigen,
welche zu Schiff Syrakus verlicssen, ein Opfer darbrachten, sobald
— 95 —
der Schild auf dem Athenalempel den Augen der Schifffahrer ent-
schwand. Ist es nicht natürhch, dass dieser Schild, wie die Lanzen-
spitze der ehernen Athena auf der AkropoHs zu Athen weithin den
Seefahrern als hochragendes Wahrzeichen diente, auf dem höchsten
Punkte der Urstadt angebracht war; dass das Opfer vollbracht
wurde, sobald man nichts mehr von Ortygia sah? Nun ist aber die
Kathedrale auf dem höchstgelegenen Punkte von Ortygia erbaut, so
dass ein Gegenstand, welcher die Giebelspitze eines daselbst errich-
teten Tempels zierte, besser hier als irgendwo anders auf der Insel
dem von Polemon angeführten Zwecke dienen konnte. Für die Kathe-
drale spricht also nicht nur die an und für sich wenig ins Gewicht
fallende Tradition der Jahrhunderte, sondern diese findet eine kräf-
tige Stütze in der Lage des Tempels, welcher wie z. B. in Troja,
Athen, Aigina der hebten Himmelsgöttin an möglichst hohem Orte
errichtet war; während die Nachbarschaft der Avethusa, welche die
Identität der Kathedrale mit dem Artemistempel beweisen könnte,
nicht so gross ist, um dieselbe nothwendig zu machen.
Was die Erbauungszeit unseres Athenatempels betrifft, so ge-
hört er, wenn die Diodorstelle über den Unterschleif des Aga-
Ihokles sich wirklich auf Syrakus bezieht, in das sechste Jahr-
hundert V. Chr. und nicht in die Zeiten der Deinometiiden. S. Buch
III. Tbl. II § 2.
Eine andere Notiz, welche eine gewisse Beziehung zu der Geo-
morenherrschaft in Syrakus hat, lesen wir bei Pausanias V 8, 8, wo
es heisst, dass zu Syrakus nahe bei den Latomien das Denkmal des
Lygdamis, eines olympischen Siegers vom Jahre 648, stand. Könnten
wir beweisen, dass er bald nach seinem Sieg ein Denkmal in der Nähe
der schon bestehenden Latomien gehabt hatte, so würde deren Existenz
•schon gegen die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. bewiesen sein. Aber
wir können es nicht, lieber die Zeit, in welcher man die Anlage der
Latomien begann, lässt sich nur sehr wenig sagen. Sicher ist nur,
dass sie zur Zeit des athenischen Krieges da waren. Unzweifelhaft
dienten die Latomien einem doppelten Zweck : Steine zu liefern und
die Vertheidigung der Hochterrasse, vielleicht auch der Niederung,
zu erleichtern. So sind wir denn geneigt, die erste Anlage der Achra-
dinalatomien, vor allem der von Casale und der Kapuziner in die
Zeit zu versetzen, in welcher auf der Anhöhe von Achradina eine
zwar befestigte, aber noch nicht durch diese Festungswerke mit
Odygia verbundene Vorstadt sich befand. Damals konnte es niitzliili
sei», sich auf solche Weise zu schützen.
Ohne Zweifel haben die Syrakuser in dieser ersten Periode ihrer
Existenz auch das Netz ihrer Wasserleitungen begonnen, worüber
&. Buch III. ThI. I. Veränderungen in diesem Netz wurden später
zufolge der wachsenden Ausdehnung der I^itoniieii nöthig. Eincit
Wasserlcitungsarm hat die Latomie des Paradieses abgeschnitten und
/erstört. S. Sthubring, Bewäss. S. 596 f. 626.
Als die Syrakuser noch unter dem Regimente der Geomoreii
standen, wunlen sie von Hippokrates, dem unternehmungslustigen
Tyrannen von Gela, wahrscheinlich 493 oder 492 v. Chr., am Haloros-
llusse besiegt. Es schliesst sich an diese Niederlage folgende Erzäh-
lung in einem Fragment Diodors X 27 an, welche für die syraku-
siache Topographie von Interesse ist : 'Imroxpirr,; ö TeXma; Tjf!»T/;r
T5Ü; Supaiiosioji; v2V«^)iA>; raTEOTpaTSJCiäEusnr si? t's tsD Asij ispiv.
xa-eXaßs S'e auxit t:v i«p4a Mi! tSiv S'jjsaxoffitiW -rtvä; naöaipsüvra? ava-
efjiüiTa xp^'^ **' |*»'»t5™ EiJiiTiov Toi Atb; ■^iipiaiftnnUnu^ ix xaXXiy
K3iT£3Krjixi;[iivcv xP'^<'°^- ^^ '^"'"' Hippokrate^ diese Syrakuser al^
Tempeli'üuber hart an, liess sie aber frei in die Stadt zurückkehren.
Kv selbst rührte die Schätze des Zeus nicht an. Denn so hofite er
die Einnahme der Stadt am sichersten zu erreichen. Aber die Ein-
iiiischung von Korinth und Kerkyra, sowie sein baldiger Tod hinderte
die Verwirklichung seines Planes. Die Worte : xa-ercpaTOTCESE'J^sv
Ei; -h Toü A105 ispöv besagen, dass er am heiligen Bezirke des Zeus
yulagert und somit Syrakus aus unmittelbarer Nahe bedroht halte.
§ 2. Gelon.
Die Zwietracht zwischen der aristokratischen und demokratischen
Partei zu Syrakus führte zur Tyrannis. Nach dem Tode des Hippo-
krates ergriff im Namen der jungen Söhne desselben Gelon die Zügel
der Regierung in Gela, aber bald darauf, es war im Jahr 491, warf
er die Maske ab und machte sich selbst zum Tyrannen der Stadt.
Kin Mann von grossem politischen Scharlsinn, erkannte er mit rich-
tigem Blick, dass die einzige Stadt, welche sich zum Sitz eine^s
wahrhaft mächtigen sicilisctien Reiches eignete, Syrakus wäre, dessen
li-cflliche Lage unvergleichliche Hülfsmitfel darbot. Hier erleichterten
die inneren Verhältnisse Gelon das auszuführen, was Hippokrates
— \)1 —
misslunj^eri war. Der schon laiij^e gährende Hass des Volkes gegen
die Aristokratie war zum oirenen Ausbrudi gekommen. Die Demo-
kraten hatten durch ein Bundniss mit den leibeigenen Killikyriern
die Uebermacht gewonnen und die Geomoren aus der Stadt ver-
tiieben. Diese waren nach Kasmenai, einer syrakusisctien Kolonie,
•iellohen und liebten nun den Tyrannen von Gela um Hülfe an. Der
erölTnete, wie die Sachen einmal stamien, Vei'handluftgen, \\hev welche
wir nicht näher unterri^hlet sind. Jedeififialls WHsste Geloii die Svm-
kuser davon zu überzeugen, dass er gegen das Volk nichts Böses iin
Schilde führe, Thatsache ist, <kss die Svrakuser 485 v. Chr. den
(Jeomoren und zugleich auch dem Gelon ihre Thore öffneten. So
wurde dieser, im Einverständniss mit dem syrakusischen Volk, Herr
der Stadt. Natüi'lich erhielten die von ihm zurückgeführten Geomoren
nicht wieder die alten Vorrechte; Genaueres wissen wir jedoch nicht
über die von Gelon zu Syrakus eingeführte Verfassung, Sicher ist,
dass er stets zur Zufriedenheit der Svrakuser regierte, als Ideal
eines guten Heirschers.
Freilich wusste Gelon, dass Syrakus vermöge seiner festen Lage,
seiner ausgezeichneten Häfen zur Hauptstadt eines Reiches geschalTen
sei. Nur fehlte dem ausgedehnten, von Festungswerken umschlossenen
Terrain eine entsprechend zahlreiche Bevölkerung. Um sie Syrakus
zu verscbaflen, zauderte ei- nicht das einzig mögbche Mittel anzu-
wenden, die Gewalt. Er entvölkerte die anderen Städte, welche unter
seiner Botmässigkeit standen. Was er in der Hinsicht tliat, über-
liefert Herodot MI loü : toOts \iv* vitp Ka;xap'.va{o'j; azavTa; ic täc
-jpr/AO'Jsac ava^wv 7:oX'Y;T3fc ZT.ziq'jt . . . tojts 5k TcXcix.)/ 'jTzipTt'^hzxz
T(ov iaTwv twOtc Toia'. Ka;j!.ap»va(si7'. £X5'!r,7£- MsYapia? t£ to'j; sv -ixeXiy)
. . . TO'j; y.£v auTwv r.oLyix^ . . . ava^o); iq tä- Z'Jpr^Y.o\Jax^ 7:oA'.Y)Ta; h:oir^zi.
Tcv ok ^fjjj.ov Twv Mi^apswv oj/. iir.'x \j.t:xiv.o'^ toj toXsjjloj toütsu cu8k
-po70Ey,c;ji.£V5v y.r/.bv ouokv TrsiCssOa'., a^a^wv xai tcuto'j; iq Ta; -upr<y.ojGa;
aTZEOOTO i::' ecaY^Yt; iy, lixcXir^q. 70)010 Sk tojto xal Ejßoea; toj; iv
^iy.£7.{Y; £7:oir<j£ o'.ay.ptva<;. Es wurden also nach Syrakus verpflanzt alle
Kamarinaeer, mehr als die Hälfte der Geloer und der Adel der
beiden Städte Megara und Euboia. Kamarina, welches die Syrakuser
552 V. Chr. zerstört hatten, war kurz vor der Erhebung Gelons von
Hippokrates mit Geloern bevölkert worden; jetzt wurde es von neuem
niedergerissen mid die Einwohner nach Syrakus. verpflanzt ; — sie
Lupus, Die Stadt Syrakus. 7
— 98 —
ii]L„tt bei dtiii lauscli eliei „euonnen als verloren haben. Gelii
s II st \eiior die Hdlflc ^Plnel Biir/er; Her Rest erhielt in der Perso»
fies Hienii, eine'- Biuder'- \on Gelon, einen besondern Fürsten. Ganz
jntets \erfulii <lei Machthabet mit Megara und Euboia (wo letzteres
„esljntleii hat, ist uns unbekannt) Beide Slädle hatten ihm- Wider-
al ind fteleistet, und Urhebei dieses Widerstandes waren die vornehmen
Gewhlcchter «ewesen Ollcnb^i stand Getön in dem dureh sein Ver-
hhieu getren SMakiis iiitht ei sehn Herten Ruf, dass er ein Feind der
Aristokratie sei. So konnte er, als die beiden Städte sich halten
ergehen müssen, es wagen die Vornelimen nach Syrakus zu ziehen,
dagegen das niedere \'olk an solche zu verkaufen, welche versprachen,
die ]^ute ans Sicilieii fortzuschaßeii. Herodot fügt a. a. 0, hinzu :
Ti^TSTSv. Der Iwsitzlose Haute gal( dem Gelon für einen unbequemen
Milljowabner der emporhl übenden Hauptstadt. Man sieht, der gute
Tyrann verstand sein Handwerk,
IJurrh das Zuströmen einer !^olcheii Menschenmenge wurde
Syrakus zur Grossstadt. Uie natürlichen Vorbedingungen dazu waren
vorhanden ; der sichere Blick Gelons, der wohl schon, ehe er in
■Syrakus HeiTscher wurde, vorübergehend daselbst gewesen warj
erkannte sie, und der Tyrann wusste daraus Vorlheil zu ziehen.
Selbstverständlich musste die Verpflanzung so vieler Tausetide \on
Personen nach Syrakus wichtige Folgen hinsichtlich der Sladl nach
sich ziehen. Sie bedurfte des Raumes zur Aufnahme aller der Neu-
bürger, und das Gemeinwesen musste bei der enormen Bevölkenmgs-
ziiuahme entsprechend seiner gesteigerten Bi^eutung geräumigere
und stattlichere Staat^ebäude errichten.
Leider sind wir iiezüglich der Massregeln, welche Gelon gegen-
über diesen Bedürfnissen traf, bei dem völligen Mangel liestiinmter
Ueherliel'erungen auf Vermuthungen angewiesen. Schubring, welcher
annimml, dass die erste Ausdehnung der übervölkerten Inselstadt
nach Unterachradina hin stattfand, muss Gelon das Hochplateau nörd-
lich davon der Stadt anschliessen lassen. Wir haben gesehen, wie
westlich von Oberachi-adina eine mächtige Felsstufe, von Menschen-
hand hergerichtet, sich weithin in nordsüdlicher Richtung erstreck!,
die einzige Spur, dass im Alterthum dort efne Mauer stand. Diese
Mauer nennt Schubring, Achrad. S. 58 f., die Geloniscbe. Wir
haben hei unserer Ueberzougung, dass Ach— '' - Anfang an
— 99 —
auf der Hocliebene angelegt war, die fragliche Mauer nicht für eine
Schöpfung Gelons ansehen können und haben oben auseinandergesetzt,
(lass sie schon vor ihrn bestanden haben muss. Was die Gegend
betrilTt, wo die syrakusischen Neuburger ansässig gemacht wurden,
so konnte Schul)ring einfacli sagen, Gelon habe ihnen die Hocliebene
von Achradina angewiesen ; wir sind, in Konsequenz unserer Mei-
nung über die topographische Entwicklung von Syrakus, der Ansicht,
dass mit ihnen erstens die Lücken ausgefüllt wurden, welche noch
zwischen den Wohnungen dieses Stadttheils vorhanden sein mussten,
dass Gelon dann auch Tycha hinzufügte, welches zuerst gelegentlich
der Vertreibung der Deinomeniden erwähnt wird, und dass er end-
lich, wie wir gleich sehen werden, Achradina in der Nachbarschaft
der Insel erweiterte. Die Zahl der Einw^ohner von Syrakus vermehrte
er auch durch Söldner, denen er das Bürgerrecht verlieh ; Diodor
XI 72 : TOii yap FsXwvo? ^rXsiova; 'wv ixupiwv roXiTOYpÄciQ^avToq Hvcj^
[j.i'jho^opo'jz. Diese zu Bürgern gewordenen Söldner erhielten ihre
Wohnsitze speziell auf der Insel und in Achradina, wie wir unten
ebenfalls bei der Vertreibung der Deinomeniden sehen werden.
Es wäre interessant, wenn Avir die Zahl der Bewohner von Syraku:
unter Gelon wenigstens annähernd bestimmen könnten ; aber es
fehlen uns dazu die Mittel. Jedenfalls wird sie, die alten Syraküser,
die Kamarinaeer, Geloer, Megarer, Euboeer und die Söldner zusam-
mengenommen, schwerlich niedriger als 200 OOC), wahrscheinlich
aber höher gewesen sein.i Die Machtstellung Gelons war eine ganz
1 Im weiteren Verlauf dieser Topographie tritt zu wiederholten Malen die
Frage nach der ßevölkerungsmenge der Stadt Syrakus an uns heran. Da hierbei die
geschichtliche Ueberlieferung eine bestimmte Antwort schuldig bleibt^ so steht uns
auch hier nur der indirekte Weg der Vermuthung offen. Zu obiger^ ganz allgemeiner»
Zahlenangabe führte nicht nur die Erwägung der damaligen Machtstellung von
Syrakus, der Ausdehnung seiner Stadtfläche, der Lunge seines genügender Ver-
theidigung bedürftigen Festungsringes, sondern au<;h die Thatsache, dass keine '
20 Jahre nach Gelons Tod die Altbürger sein noch über 7000 Mann zählendes
Söldnerheer bezwangen, obgleich dieses ihnen an Kriegstüchtigkeit bei weitem über-
legen (Diod. XI 73) und noch dazu durch die festen Mauern Achradinas und Ortygias
geschützt war. J. Beloch, Die Bevölkemng der griech. yöm. Welt, Lpz. 1886,
S. 275-281, kommt für Syrakus, wie für die klassischen Staaten überhaupt, zu
dem Resultat einer bedeutend geringeren Volksmenge, als man bisher gewöhnlich
angenommen hat und auch wir hier und weiterhin annehmen zu müssen glauben.
Er schätzt die Stadtbevölkerung sogar 2 Generationen später zur Zeit des Athener-
krieges auf nur 100000, die unter Timoleon und Agathokles auf 200000 Köpfe. L.
— \m —
HiisijerDi'ileotlirlii' ; Syr^ikus luuss, unter ilim <ttti ci.sU- Gross niaclil
iltj- ilnriialigeii H< '11« neu weit Hewest'n sein ; i-s beneisen «lies ilie Ein-
xeltieilen, weiche Hei-üdot Vfl 158 l)ei (ji^ieironhoit der Anlwoit
(joloiiK auf lias i>;i-ii-diis<rlii' Hiilfegesurli in ilei' Pei'sernotli liei'iclitet .
Damals ei-klärle siili <li;r Tyianii {»eieit mit 'JtX) Drein »lerem,
t^XMMt Hopliloii, 'JtXN) Mann leichter un<l '20lH> sriiwerer Reiterei,
'JMtO HfwenwIiMlzen uml 'ÜXM) Selileui lerer n na.li Griwliepilaml zn
klimmen, wenn ihm iler Olierliefehl ^e<>en Xeixea ^tnit mler llieil-
wi.'isc nix.-rlra^n wrirtlt,-.
Kine solche Krie;(smai:hl selzl ^'rosi^e Militüretahlissemcnls voiiitis.
Diese mfi^seii wir uns zwischen iler InsiO niiil AuhraiHria, an dem-
sellieii l)j'te, wo sie s]irilei' i^landeii, erriciitet denken. Auiii lialten
wir dafür, dass ilüiiials von Gelon eine nene Verbindung der Insel
niil dem Festland vernntlelMt des Isthimi^, welcher nm-li tieule
he^ldil, treschaflen wiirile. Das dortige Terrain inuss lilw dahin
suni|ilii^ ij'ewi'seii sein ; Geluii lejjte es trocken und erliaute zu beiden
Seilen .les neuen Islimnis, um ^^ni^seii uud am kleinen Hat'en, das
Arsenal. In der Nfdie waren vui'aussichtllcli die Kasernen der Srddnej-.
Piiidar, Pylh. 11 1, nennt Syrakus unter Ilieron ■^z.'fxi.nr.i'utz. JedcH-li
war es nicht Hienin, welcher die Stadt zu der iWoixn Beiwurles wür-
digen Gmssc ui'heben ; wir werden sof,'ar sehen, wie ei' sie vernacli-
lässiiit lial. Der ei^^entliche Grüniler der finisse viin Syrakus war
Ci'lmj.
Ju ileni Woi'te ■^.v.th'.r.i'i.'.tz liegt ausser der lilnss rüundiclien
Aus(l'*liuuiiii nucli der llegrilF des Gmssartifren, und der Gedanke
lie^l nahe, dass Geliiu diesen Charakter vur allem dem Markte ver-
liehen hat, dem wichtigsten Theil jeder antiken Stadl. Der Markt
zu Syrakus war in den Zeiten, von welchen wir Xachriciiten hahejt,
in der Niedeiiinir von Aciiradina, am Aus>ran^ des Islhinus ifele^en.
Arhradina nennt ausri rück lieh Cicero Verr. IV Ti:!, II!) ; altera autem
i'sl ürlis Syracusis, eui nonien Aeliradina est, in i|ua lorum luaximuni,
u. ^. w. ; Hut die Niederung aber, und zw;ir speziell in die Nähe des
Islhmns, weisen uns die Milfheilunnen hin, welche Plutaiih und Diodor
rdjer den Einzus Dions in Syrakus bieten. PInlarch einzahlt Dion 2!» :
'AxpxJtviii; . . . TIv äs y^i rrci ii^irSh:-* v.v. -.k Tisvras'j}.*, A'.y/jiitJ
xiTifTASuissvTa;, f,X'.5TpiT:'-!V •/.%-.xivii^ xxi -j'iijÄiv. 'E~i toyTs ::p;5gi;
— 101 —
Diüdui- sa^4 XVI iO von Dion : $'.a -zf^q 'Aypxo'.vf^; rcpsuÖEl; lU ty)v
ayopov y.aT£(J-paTcz£0£J7£v. Die Sonnenuhr, welche «(anz in der Nälie
der Akiopohs, d. h. des Isthmus war, befand sich also auf dem
Markt und dieser demnach j^^ar nicht weit vom Istiimus. Auch an
folgenden Stellen geschieht des syrakusischen Marktes Erwähnung :
Plut. Tim. ti2 und 28, Liv. XXIV 22 : «in forum Achiadinae» d. h.
auf den Markt, welclier in Achradina war. Hier also finden wir ihn
in liistorischen Zeiten. Dies konnte aber nicht in jener fdtesten Pe-
riode, vor Gelon, der Fall sein. Es versteht sich von seihst, dass,
so lange Syrakus lediglich auf Ortygia beschrankt war, der Markt
auf der Insel sein musste ; und so bliel) es wohl auch anfangs nach
dem Anschluss von Achradina. Aber sobald einmal die Stadt von
Gelon vergrössert un<l Gentrum eines Reiches geworden Avar, musste
eine Verlegung stattfinden. Ohne Zweifel war es Gelon, welcher für
den Markt jene Ebene am Ausgang des von ihm geschaffenen Isthmus
l)estimmte ; aber zugleich Uiusste er au<*h den Ring der Achrad ina-
mauern nach dieser Seite hin erweitern. Von jetzt an konnte nicht
mehr jene Rodensenkung, welche sich von S. (riovanni nach dem
kleinen Hafen hinzieht, die» Westgrenze der Stadt bilden ; deren
Sudende musste auf dem Festland von dem kleinen Hafen nach dem
grossen v(»riucken und in des letzteren Nätie fand die neue Ver-
theidigun{j;.slinie, von S. Giovanni an im grossen und ganzen süd-
westlich laufend, eine Stütze an dem noch heute erkennbaren Ab-
hang, welcher westlich vom grossen Altar und dem Amphitheater in
der Richtung auf den Isthmus bis in die Nalie des Pozzi» dcir Inj^e-
gnere lauft. Dass auch nach Gelon Achradina zwische^i Ortygia und
der Feldflur gelegen habe, beweist der Ausdruck des Thukydidrs,
welcher Achradina die Icw ircAi; nennt.
Nach seinem glänzenden Sieg über die Karlhager bei Himcra
eibaute Gelon von der Kriegsbeute die beiden Tempel i\cr Demeter
und der Persephone ; Diod. XI 26: izh Sk tsjtwv vrvciXEvc; c ITacov
£X [AiV T(ov Xasjpwv 7.aT£Gy.£jiX(7£ vacuc ar.oAivoj; \Tt\jX',poq y,ol{ Kcpy;;.
Es ist nicht anzunehmen, dass diese zwei von (i^lon selbst errich-
teten Tempel identisch seien mit jenen, deren Ran den Karthagern als
eine der Friedensbedingungen auferlegt wurde; nach Diod. a. a. O. :
y,a\ ouo vas'jc -po^ETa^E/ ohooo\irfiax'., y.aO' cu; lor. Ta; ^uvÖr/.a; iva-
TcOtjvai, ist es vielmehr wahrscheinlich, dass wenigstens der eine vnn
den zwei letzteren in Kartbagc» errichtet wurde. Von den Tem])eln
— 102. —
der Demeter und der Persephone zu Syrakus ist die Rede liei Diod.
XIV 63 in der Erzählung von dem grossen Krieg- zwischen Syrakus
und den Karlhageni unter Himilkon im Jahre 396 v. Chr. Es heisst
da : y.aTsXaßsTo 5s y.al (näml. Himilkon) tc tyj; 'Aypao'.vf,; 7:poa7T£iov
y.zt To'jt; vsw; t^; ts AYji;.r^TpG^ xal Kcpr); iTjXrjcsv. Weniger genau
(hiickt sicii derseihe Geschichtschreiber XIV 70 aus, wo er von der
^'jKTiGiq To^ T£ rqq Ar^iJ/r^Tpo«; xal Köpr^^ Upo^ spricht, als ob es nur ein
einziger Tempel wäre, und Aristot. Oec. II 20 ist bei Gelegenheit
einer Gewaltthat des älteren Dionys nur von einem Tempel der De-
meter zu Syrakus die Rede. Vielleicht ist bei Diodor y,%\ toj tyjc
Kopqq IzpoiJ zu lesen. Aber offenbar umschloss eine gemeinsame Mauer
beide Tempel, so dass sie zusammen ein teijlsvo; bildeten, welches
wir auch bei Plutarch, Dion 56, erwähnt finden ; er erzählt, als Dions
Freunde den Verdacht schöpften, dass Kallippos dem Dion einen
Hinterhalt legen könnte, hätten die weiblichen Familienglieder des
letzteren Kallippos den feierlichsten Eid, welcher in Syrakus möglich
war, schwören lassen ; r^v Se toioüto<; * y,aTaßa; zlq to twv 0£g;j.o9cpo)v
T£;X£VO? 6 S'.OO'J^ TY)V TTl^TlV UptOV TlVWV Y£VO[yivO)V IZip'.^dWtZOii T^JV TTOp-
ojp'loa Tf<^ 6£oti y.al Xaßtov Saoa y.a'.o;jL£vr^v a7u6[xv'j7'.. Der Name des
Doppelheiligthums war also to :o>v 0£s;xo9cpwv t£;x£vo; ; die Thesmo-
phoren sind Demeter und Persephone, y; Oeo^ gewiss die letztere.
Bei Diod. XIX 5 leistet Agathokles einen ähnlichen Eid T.xp7.yßt\^
£i; TO TYJ? AYJlAYjTpO; UpCV.
Dass der heilige Bezirk an einer verhältnissmässig tiefen Gegend
dei' Stadt lag, ergiebt sich aus y.aTaßa; bei Plutarch und auch w*ahr-
scheinlich aus dem deducunt bei Nepos Dion 8, 5 : Mulieres nihilo
setius Gallicratem in aedem Proserpinae deducunt ac iurare cogunt
u. s. w. Nach Cicero Verr. IV 53, 149 standen die Tempel der
Gores und der Proserpina in Neapolis. Die «Vorstadt von Achradina »
in der obenerwähnten Diodorstelle ist also Neapolis. Daraus ergiebt
sieh, dass wir bei der Ansetzung des Doppelheiligthums nicht allzu-
weit nach Westen vorrücken dürfen. Genauer jedoch lasst sich die
Lokalität der fraglichen Tempel nicht bestimmen. Ja gerade die
Identificierung von Neapolis und Achradinavorstadt führt zu einer
neuen Schwierigkeit. Neapolis war ein Stadttheil und ohne Zweifel
von den Stadtmauern umschlossen ; aber jene Achradinavorstadt
hatte keine Mauern, denn Himilkon drang, ohne auf Hindernisse zu
slossen, in sie ein. Im Jahre 396 sind die.Tenuiel an einem unge-
— 103 —
schätzten Ort, zu Ciceros (wir könnten auch sag^en zu des Tiniaios)
Zeiten sind sie innerhalb der Stadt. Nun erzählt in der That Diodor,
wie wir später sehen werden, dass vor dem Krieg von 396 die
Nordmauer von Epipolai errichtet worden sei und spricht nicht von
einer andern Mauer, so dass man behaupten könnte, die Südseite
sei noch offen geblieben ; doch ist es nicht glaublich, dass sie es
vollständig geblieben sei : Befestigungen müssen auch hier vorhanden
gewesen sein (s. Tbl. IV § 3). Aller Wahrscheinlichkeit nach war im
Jahre 396 Neapolis noch nicht völlig mit Mauern umgeben und die
Karthager drangen in die niedriger gelegenen Theile derselben ein ;
die Mauei', welche ganz Neapolis umschloss und noch von Cicero
gesehen wurde, ist von Dionysios erst nach 396 vollendet worden.
Gelon starb im Jahre 478. Ueber sein Leichenbegängniss und
sein Grabmal lesen wir bei Diod. XI 38 : iTic*^; B'akcu xb so);j.a y.a-Ä
TO') avpbv TYJ«; Yuvaab^ iv Tai; y.aXo'J|jivat; 'Ew^a Tup^c^i'v, sii^ai;; th ßapsi
Twv IpYWv Oauj^^aaTaTq. o os lyj^oq iv, ty;; rShtioq arac Tj>/r^-/.oAouOr,(j£v,
i'Kiyo^'zoq tou tottcu a-raStou; $'.ay,ocr{c/'j;. ivraüöa o' ajTCU TaspsvTSC b \f.h^
OYJjjLo; Totipov aS'.cXcYOv iTiSTYjaac 'fipMiyal^ v.\f.7Xq ETtj/Yj^s Tbv FeXcovä,
jaTspov Se Tb [xk^ [xvfi\xx av£i7sOv Kap)r*/j$cvic'. STpaTsuGavTsc 1^1 Supa-
xo'jcra;, Ta; 5k Tupasi- ÄYaOoy.Xt;; y.xTeßaXe 5'.a Tbv cOcvsv. Die 200 Stadien
haben nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich ; denn sonst wäre das
Grabmal in der Nähe des Vorgebirges Pachynos gewesen, wohin die
Syrakuser die Leiche gewiss nicht hätten begleiten können. Und dass
das Grab wirklich ganz nahe bei der Stadt Syrakus war, ergiebt
sich deutlich aus der Art und Weise, wie Diodor XIV 63 von seiner
Zerstörung spricht : Himilkon lagerte vor der Stadt und touc Ta^ouc
sXtobv '!:avTa(; tou? tjvsyy'j; y.aOstXsv, £v c*^ Tfv ts FiXwvoc y,a\ ty;^
Y'jva'.*Ab(; auTcu AY3[/.ap£Ty)(; tts^v'JtsXo); /.XT£G7.£'jaG[jivso^. Himilkon hatte
sein Hauptquartier am Olympieion ; Gelons Grabmal war also in der
dortigen Gegend zusammen mit den andern Gräbern einer Nekro-
polis : Tou; toc^cu«; ayj&^ zavTxq to'j^ cr6v£'^f;'j<;. Zur Beseitigung der
ungehörigen Stadienzahl bei Diodor hat man verschiedene Versuche
gemacht. Leake, Top. and liist, notes S. 264 schlägt 18 : o£y,aoy,TO)
anstatt 5'.axo(jb'jq vor, Serradifalco, Ant. 20 : K anstatt 21, Bonanni,
Ant. Sir. S. 176 der Palerm. Ausg., 12: $w5£y.a. Welcher von
diesen Verbesserungsvorschlägen am nächsten an die Wahrheit heran-
reicht, lässt sich nicht sagen : fest steht, dass das Grab in der
Nähe des Olympieion war.
— 104 —
Vs mag: liier am Plalze sein <ler ältesten Xekroiwlis zu getkMiken,
welche wir von der Gi'iechenstadt Svrakus kennen. Sie dehnt sidi
nördlicli von dem Sumpfe Ly.simeleia auf dem etwas höheren Terrain
der Conlrada del Fusco zu beiden Seiten der Strasse nach Floridia,
siidwesthch vom Theater aus. Man hat hier in den Tuff^rräbern die
I^icliname theils begraben, tlieils die Asclie der verbrannten beijfe-
setzt. Die Vasen sind zwar meist aus j^elbHchem Thon mit allerhami
Ornamentik und Threrli^uren ; docli kommen auch solclie aus
Hufchero vor. Im allgemeinen stimmen die Vasen mit denjenigen
überein, welche zu Selinunl in der nördlichen Nekropolis (ialera-
Hagiiazzo gefunden worden sind (s. Sav. Cavallari im Bull, </. Cornm.
Sic. Nr. V. Pal. 1872). Aus ihnen sclieint sich zu ergeben, dassdie.se
Nekrojwilis gegen den Anfang des 5. Jahrhunderts ausser Gebrauch
gel«ommen ist, d. li. zu der Zeit, wo Syrakus unter Cielon zu einer
wahren Grossstadt wurde. Die Nekropolis, welche im 5. .lahrhundert
an die Stelle jener trat, i.st noch nicht wieder aufgefunden worden,
lieber die del Fusco s. den Bericht v. L. Mauceri, Ann. delV InM^
1877. S. :n-r>:5 mit 3 Tafeln.
J)ie Liebe dei* Syrakusei* gegen Gelon gab sich noch viel
später in einer hervorragenden Weise kund. Man hatte zur Erin-
nerung daran , dass er nach dem glänzenden Sieg bei Himera
ohne Wallen in der Volksver-sammlung der IjewalTneten Syrakuser
auftrat und in längerer Rede Uechenschaft über Alles, was er für
Syrakus gethan, ablegte, eine Bildsäule des unbewaflneten Gelon
antgestellt, von welcher Aelian Yar. Hist. XIII 37 spricht : y,a\ sasva
ajTCu Gt -jpay.cijici isTr^jav h asw^TM y}'wi\., und VI 11 : c'.a TajTi Tct
7.a' £v T(o "zf^z -'./.eXiac 'Hpa; v£<o £7Tr<y.£v auTciÜ £iy.(»)v Yj;xvbv a-j^bv
os'.y.vuaa. Es lässt sich nicht ^enau feststellen, was £v -reo tt^c -'.x£Xtx^
'Hpac v£co bedeutet. Vielleicht steckt in tt^; 21iy.£X{a; ein Abscbreibe-
fehler. Jedenfalls gab es einen Tempel der Hera zu Syrakus, und
dieser war vielleicht gera<te jenes Upcv 'zr^z 'OXujx^rfac, welches wir
oben S. 93 bei Gelegerdieit des Athenatempels aus Atlienaios XI 462
erwähnt haben. Als nun unter Timoleon Geld zum Krieg gegen die
Karthager aufgebracht werden musste, waren die Syrakuser gezwungen
alle Statuen, welche Staatseij^enthuui waren, zu verkaufen. Damals
verscJionte man aliein die des <jfeloii, gedenkend der Schlacht bei
Himera. So berichlet Plutarch, Tim. 23: Izi Sy; ^a^t tcv rdXov/s;
ivop'.avTa tsj TraXaisO Tjpavvsu ciaTr^pYiaa' tc'j; lupaitsibu; y.aTX/^'.pSTs-
— lOo —
V >>,
^ 3. Hteron und die Demokratie bis zum Krie«^ gegen Athen.
Auf Gelon folgie sein Bruder Hieroii, 478-467. Hekannf ist der
glänzende Hof dieses Tyrannen, welchen die Gegenwart vieler Dicht er
verherrlichte. Unter ihnen war Simonides, welcher seine letzten
Lebensjahre dort zubrachte, während Pindar sich nur vorübergehend
in Syrakus aufhielt. Einige seiner Oden enthalten hohe Lobpreisungen
auf Hieron und Syrakus. Hier seien nur wenige Verse von ihm ange-
führt, zum Beweise, dass in ihnen zwar ein leuchtendes Denkmal
des Ruhmes von Stadt und Fürst, aber keine genauen Winke für
die Topographie enthalten sind. Der Anfang der 2. pylhischefi Ode
lautet :
T^i/svc; "Apscc, avSpoW izrtov ts 7toapc*/xp;Aav ca'iAsv.a» Tps^o*',
•j;j.;xtv TCOi Txv Xi::apav oltzo Byj^äv «pspcov
[jÄKoq Ip/oixai a-^pz-eXiav -.sTpaspia; eXcXt'/Oovc;,
£üap;^^Tcc *lcp(i)v £v a xpatdw/
TYjXa'JY^^J'.v avi$r^^£v 'Oprjviav ^-rsoavcc,
zoTajxia^ ioc^ 'Apxijx'.^o;.
und in der 3. pythischen, 09 ff. sendet der Dichter seine Ode :
'ApiOoJsav iiz', y.pavav zap' AtTvaiov csvcv
cc -jpay.c^ja'.^' v£;i.E'. fiaj'.XcUc
Pindar nennt hier den Tyrannen Air^atov, weil er nach Vertrei-
bung der Einwohner aus Katane diese Stadt mit neuen Bürgern
l>evölkert und ihr zugleich den neuen Namen Aitna gegeben hatte,
ein bedenkliches Fortschreiten auf der von seinem Vorgänger betre-
tenen Bahn, welches ihm jedoch gestattete als Stadtegründer, y^xi^Tr,;,
aufzutreten und somit einen von den Griechen hochgehaltenen und
mit Heroenehren verbundenen Titel zu führen. Diesen Titel giebt
ihm denn auch Pindar in der 1. pvthischen Ode, (M) IT. :
av' iTrs'.T' AtTva; ßaaiXsT c'Xiov £5£6p(i);j.£v ujavsv.
TW 'ücX'.y y-Eivav Oso^lJiaTO) tj'^ IXs'jöspia
— 106 —
Es war leider nur allzu natürlich, dass Hiei-on die eij^ne Schöpfunj^
Aitna auf Kosten von Syrakus begünstige. Dieses verlor 5000 Burger,
welche der Tyrann nach Aitna und Naxos schickte, damit sie die
Einwohnerzahl dieser beiden Städte vermehrten. Wir lesen darüber
bei Diod. XI 4-9: l£po)v Bk tsu«; t£ Na^to'Jc y.al toi>? Kaiavaiou? ex.
zvnoLY.ioyikio'jq dtOpo(jac, iy. c« 2i'jpay,o'jff(ov aXXoy<; tocjgutoj; 7:poa6s''c.
Indessen ist trotz aller Bemühungen Hierons Aitna zu bevölkern und
zu heben Syrakus siets die berühmtere der beiden Städte geblieben,
und es scheint auch, dass er selbst vornehmlich in letzterer resi-
dierte. Es ergiebt sich dies aus der Erwähnung von Ortygia in der
2. und der Arethusa in der 3. pythischen Ode.
Wir müssen ferner daraus folgern, dass der Palast Hierons auf
Ortygia war. Und zwar haben wir ihn in der Nähe des Kriegshafens
und des Isthmus zu suchen, in Verbindung mit dem Arsenal und den
Söldnerquartieren, ungefähr da, wo unter Dionysios dem Aelteren
<lie Königsburg stand. Im übrigen hemmte die Vorliebe Hierons für
Katane eine allzu hohe Glanzentfaltung von Syrakus. Nur eine Aus-
nahme gab es. Hieron liebte den Umgang mit Gelehrten und Dichtern,
er begünstigte auch die letzte und höchste Blüthe des griechischen
Dichtergeistes, das Drama, und wir finden an seinem Hof oder
wenigstens in seinem Reich Aischylos und Epicharmcs. Der erstere
beeilte sich in seinen AiTvatc. die politische Schöpfung, auf welche
Hieron stolz war, zu feiern. Die Tragödien des Aischylos und die
Komödien Epicharms wurden in Syrakus aufgeführt. Fragen wir,
auf welcher Bühne, so finden wir kurz nach Hieron ein Theater in
dieser Stadt erwähnt und haben zweifellos das Recht anzunehmen,
dass es von Hieron erbaut worden war. Ja, wir können hinzufügen,
dass jenes Theater wahrscheinlich mit dem noch vorhandenen identisch
ist. Nun rührt freilich das Theater zu Syrakus theil weise aus späteren
Zeiten her, aber diese Thatsache hindert nicht anzunehmen, dass die
später angelegten Theile eine einfache Erweiterung des vom Anfang
des 5. Jahrhunderts an bestehenden seien.
Auf Hieron, welcher 467 in seinem Aitna starb, folgte sein
Bruder Thrasybulos. Weniger l),egabt als seine beiden Vorgänger,
wusste er sich nicht lange auf dem Throne zu behaupten. Schon ein
Jahr nach seinem Regierungsantritt wurde er durch eine allgemeine
Volkserhebung aus Syrakus verjagt. Die begleitenden Umstände bei
— 1M7 —
der Vertreibung der Deinonieiiideii und ihror Sftidner sind von
grossem Interesse tur unsere Topoj»raphie. Da haben wir zunäohsi
den Sturz des Tyrannen, Diod. XI 07 f. Als Thrasybulos sah, das»
die Syrakuser sich sein Joch nicht mehr gefallen lassen wollten, zog er
seine Söldner zusammen, dann tt^; tcXsco^ xarsiXrj^tbi; rrjv ivo{XÄCo(i.ivV3v
Aypa5'vY)v y.%\ Ny;(jcv iy;jpav oJcrav /.ai sy, tc'jtwv op|jia)|i.£vog 8t«i:pXi[jitc
7:pb? Toj; a^sffTwTag. 68. ci Bk 2upay,5ffiot ts [xkv ^pwTCV ;vipo^ tfjg TciXtio;
vtaTsXdtßovTo TYjv ovoiJLasO{/.£vY3v Tu'^TQv, £y. TauTTi^ £s 5pii.(i)(jLsvoi TrpfiaßeüTa;
aTTSTcsiXav si^ FsXav xa« 'Av.pir^oL'n^ y.a\ ^sXivouvTa, ^pb? 3i Touxci; st;
'IjjLSpav xal Twpc«; Ta; twv ^ixsXwv TroXst? Tac h tyj |i,s50Y£(ci) xeiii.iva;,
aS'.ouvTsq y-ata -ri/o^ auvcXOsiv y.al (juvsXsuOspwcai Ta; 21ypay.o6aa;, i:av?(üv
c£ :rpoöu|/.(t); ü-avtouövTwv, xal tjvtÖ(x(o<; a'rroaxs'.XavTwv T(r)v |i.iv ^s^ou;
xai iTTirs?^ (jTpaT'.wTa;, twv 5k vau; {Jiaxpa^ xs^oai-ir^jL^va; ei; vau(xayjav,
Ta/;j Tjvifj/OYJ S'JvaiJL'.c a^^d^rpsw^ Tot<; ^ypaxocio'.?. Sib xai Ta; väü; xa^a-
oTYjaavTs; et -upaxddict xat ty)v 7:£I^y)v Süv.ajjL'.v dxTaJavTfi^ eT0t[-^«5V5 sauTOÜ;
dz£0£tcav xat ttsly^ xat xa-ra OaXaT-rav ciaYiovtl^E^Oat. 6 $£ HpajjßouXc;
r;xaTaX£tTC[;.£vo? Ottc twv 7J|Ji.[^.axo)v xa» Ta; iXzi^a; h aÜTot; iycov TSt;
ixioöo^cpotc, TTi^ ;^/£v Aypact'/Yj^ xa» ty;; >'y;5w xvpto; r,v, ts 5» Xsirsv
[J.ipz^ ty;; ttcAcO); xaT£tycv et ijpaxc^iot.
Also der Tyrann besetzt mit seinen Söldnern Ortygra und Aclii'.i-
diiia; die aufständischen Bürger habeu zusammen mit dem Zuzug
aus andern griechischen und sikelischen Städten der Insel den WvM
dor Stadt, besonders Tycha inne. Syrakus muss also, wie schon
oben gesagt, unter Gelon eine grosse Aus<lehnung gewonnen haben.
Selbst zuge.standen, dass die Hillfstruppen der Syrakuser aiiH den
andern Städten unter freiem Himmel kampierten, so rnussten d<)cli
au.sserhatb Achradina viele Wohnungen vorhanden «ein, um die Aul-
ständischen zu l^eherbergen, von welchen der Theil, welclier i*i n-^t
in Achraiiina wohnte, sich jetzt der evj;nen Häuser beraubt ^ali.
Tlirasybul versucht das Gluck der Waffen : Tat; vojw i^tzXj^^a;
sr» TS'j; r.z\i*^z'JZ yjti /vct^Ost; tt, va-j'^ayta rr/vi; ji/ev Tptr^pet; ize^aXj,
ixiz z a/.Xat; xaTSy-r;?/ e:; ttjv >f,5Sv. b^f^iMq l't xat ty;/ ^»^yjv ^>/a/t7
::pS2-;a7iV/ Ix tt,; !V/paBv/r,; xat ^rapa^aJa^^r/C; iv w; r.^zxzz&y^^
tjTTT.OYj, xat zsX/c'j; a-5^a/i#r/ r,va-;v,a^ riXtv *t; r/jv 'Ay^a^f/r// ir^-
'/Mz^zx'.. Hier ist zu bearrhten, das:* man zu I^and nur von Achr?i-
«iina, nicht von Ortygia aa<$ kämpft; Achradina li^,*gt eli^'u %m»W\u'U
It^tztereiD und der Feldflur und wer von Ortygia aun »uf di^'**?
hinaus wollte, inu>-ife seinen We;r durch Achradina nehio#;n. /^i^r^
\
\ •
,'».c, Hrtvuia f, hioz zsXir. Auf
. ..:i*i /mürkkoiiimeri. — Da Thra-
u^UmhI iiiiht überwältigen könne,
a Xerlraji auf freien Abzug und
. .1, \vi. »T als Privatmann sein Leben
"-.^.:,r>iiilH*l narli wiedeieiianj^ler Frei-
\.. luiiiit zwisrben den svrakusiscben
itit lieni Bürgerreclit bescbenkten
...a.i^s ul>er 10 ()0ü, jetzt auf 7CMH>
'.„..^ y.aTi^.2'jaff;x£vov. et OE iupax.57'.G'
.; -bv ty;; 7:5 AcO); y,aT£T"/cv y.al tc ::pbc
.„ i^iTiiy'.^a/ y.ai -^roAAr^v asoaXsiiv
>. \}ic kämpfenden Parteien nelmien
^.:u' Sicllung einander gegeniiber ein
j.vl dio Söldner im Besitz von Acbra-
V \ck\ StavUleile ilire eigen«.' Festungs-
.. .K lujwon : Insel und Achradina waren
w.alu- von den Werken am kleinen
v oj,« .M. blov^sen wurden. J Die Syrakuser
v NX* «1« v von Achradina gegenüber auf;
,iK*i l^odor a. a. 0. : süO'j; ^ap 'iiz
^ ..*i\ .^; r^/spo)^ «^075; v.t\ Tayi) tcov
, , ^ ^'•tM^blies.sungsmauer Avurde später
,, * i' ^\*lang es denselben nicht sie
y.j., '^N or/Ahlt Diodor zum Jahr 4()1
«i.,i„ >v^ ^^U, M) kann es nicht zweifelhaft sein,
. ..,xx V-^ ^.uu«-()rtygias den westlichen Isthmus
^^ »;» .> ^VA^; mn^r sperrbaren Lüche da, wo der
yV^'M'v U^U'Ui^ den Isthmus durchschnitt, dass
^"nv 's'vImmU »>tH»r den schon dem Dichter Ibvkos
s.xN, >>.>»-j.V'. ^^AWVrlich auch leicht zu schliessende
; ,^«, >•r^*^\ ^iw-'X^^^ Hindegiied zwischen Insel und
. \>,. iv a\^mU*Us seit Gelons Aufschüttung des
^. >>-v»vV) M'^t^> A<»s kleinen Hafens geworden. Vgl.
V. X, >r'\\v v;<\t^rl<^u Stellen des Diodor (XIV 7, 4"2)
— -1(H) —
die Fortsetzunj»" des Krie;;s zwischen Syrakusft'n und Söldnern.
vx'j«jLay{a jJi.lv ivixYj^av ts'j; dcrcrravTa;, '::£wrj 5' ojt, it/uov iy.^aXstv iy,
TT^; rSKziöc o'.a tyiv oyjjpoTT^Ta toiv tötco);. Oftenbar war der Manj^el an
Lebensmitteln bei den Söldnern, wovon Diodor c. 73 spricht, nicht
von langer Dauer ; sonst hätten die Eingeschlossenen nicht noch
fast zwei Jahre^ 463-461, sich halten können. Endlich trugen die
syrakusischen Bürger auch zu Land den Sieg davon : -zTi^xtdiCsi'^c
7£vo;j.£VY)c £7:1 tt,; /wpa; . . . kS^eiv yjvißr; ojv. oAiycu? r.xp^ a;x50T£pot;,
v'.y.f,7a'. 5s tcj; -upay.o^is'j;. Mit dieser Mittheilung begnügt sich
Diodor, indem er völlig vergisst die Uebergabe von Achradina und
Ortygia an die Syrakuser zu erwähnen.
Alle diese Vorgänge lassen sich topographisch ohne Mühe
erklaren; nur bezüglich des Charakters von Tycha kann ein Zweifel
entstehen, ob nämlich dieses Quartier damals nach Westen hin mit
einer Mauer umgeben gewesen sei oder nicht. Diodor sagt es
nicht, alxM- er verneint es auch nicht. Schubring, Beiväss. S. 621,
glaubt an eine Mauer. In der That lassen sich ans dem, was Diodor
s.»gt, einander ^vidersprechende Folgerungen ziehen. Denn c. 68
nennt er Tycha \J.ipoc -:f|^ ttcXsioc, und wenn er wieder in demselben
Kapitel sagt, dass Thrasybul aus Achradina ausnickte und ilen Syra-
kusern iv Tct? ^rpsaTTsbi^ eine Schlacht lielerle, so Hesse sich umge-
kehrt daraufhin behaupten, dass gerade Tycha eine dieser Vorstädte
gewiesen sei. Nichts J)eweist der Umstand, dass viel spater, im Krieg
gegen die Römer, Tyclia sich nicht vertheidigte, als die gemeinsame
flingmauer von Syrakus genommen war. Denn wenn es auch damals
keine b(?sondere Mauer gehal)t zu haben scheint, so konnte wohl
250 Jahre früher eine vorhand(»n gewesen sein, zumal damals die
{\i^i<> Dionys noch nicht bestand.
In der Erzählung von dem Freiheitskampf der Syrakuser '^ey;e\i
die Deinomeniden und ihre Söldner finden wir zum ersten Male die
Namen von zwei syrakusischen Quartieren, Tycha und Epipolai,
erwähnt. Ueber jenes sagt Stephanos von Byzanz u. d. W. Tjy;/;.
TriXi; -'/.cXia; TrXr^aiov ^'jpay.oj7wv. "E^spo; $£ iv Im^i'axzm vtjjov Tr/ii^
^rjsiv. Bei Thukydides kommt Tycha nicht vor; in oben citierter
Diodorstelle XI 68 zum Jahre 466 v. Chr. bieten die Handschriften
"hjxr^v, wofüi" Dindorf statt Tuyr^v vorzog mit Cluver Tjxyjv zu
schreiben. Dann wird es von Livius bei der römischen Belagerung
— 110 —
<3^enann1, XXV 25, und hier steht im Codex Puteanus Thyca, statt
Tycha ; Plutarch Marc. 18 : r.phq tyjv 1^(0 z6X'.v, ■?,; tc \fXv Neav, to
Ol TuxTQv cvo|Ji.aSJou(7'.v. Endhch sagt Cicero Verr. IV 119; c( Terlia
est urbs, quae, quod in ea parte Fortunae fanuni antiquum fuit,
Tycha nominala est, in^qua gymnasium amplissimuni est et coni-
plures aedes saciae, coHturque ea pars et habitatur frequentissime.»
Es ist unter Anderen von Ahrens, De Dial. Dor. S. 64 behauptet
worden, dass Ciceros Ableitung auf einem Irrt hu m beruhe und dass
'\\jy/fl die dorische Form des Namens ^luy,?;, Thuc. VI 98, sei. Aber
die Lokahtät schUesst Identität aus ; das 2'jy.Yj des Thukydides
konnte nicht an der Stelle der Vorstadt Tuy//] oder Tu/r< liegen.
Freilich ist es, wenn Cicero von einem « fanum Fortunae » spricht,
welches dort einst gestanden habe (fuit), augenscheinlich, dass
das Heiligthum zu Ciceros, und vielleicht schon zu Tiraaios Zeiten
(s. Tld. VI § 11) nicht mehr da war, und man könnte die Frage
aufwerfen, oh wirklich ein solcher Tempel je bestanden hatte oder
ob seine Existenz nur willkürlich angenommen worden wäre, um
den. Namen Tu/y; zu erklären. Aber das beweist noch nicht die
Nichtexistenz eines Heiligthums der Tyche in diesem Stadttheil. In
andeien griechischen Städten standen Tempel der Tyche ; also konnte
auch einer in diesem Theile von Syrakus stehen. Die Möglichkeit \md
Wahrscheinlichkeit von Ciceros Etymologie bleibt immerhin aufrecht
orhalten. Von den Gebäuden oder Denkmälern, welche nach Cicero
einst in Tycha zu sehen waren, haben Avir keine anderweitigen Ueber-
lieferungen aus dem Alterthum, auch sind keinerlei Spuren davon
auf uns gekommen.
Von Epipolai verzeichnet Stephanos Byz. u. d. W. 'EriTTcXai.
/(opfov aTTcy.pYjixvcv, '7:po(je'/lc 21upay,o67aic. Bojy.uotor^? ^y-'^T<- "^ eOv.xbv
^EziTzoXotXzc TO) y.o'.vo) tottw. Es wird topographisch beschrieben von
Thukydides VI 96 : twv 'EtzittoXoW . . . ytopiou a7roy,p"if)[;/;cu ts y.al Grsp
TYJ«; izcXuoq sbO'j? xeipivo'J . . . e^ifjpTYjTai vap to aXXc yanpio^fy y.ai
Otto twv Supaxcatwv S'.a Tb sttituoA^^ toO aXXou sTvai 'ExtTToXai. Zur
Erklärung dieser Stelle bedienen wir uns der Anmerkungen Glassens
in seiner Thukydidesausgabe : « Den Sinn der Worte e^pTYjTai tc
aXXo yjiipiov giebt der Scholiast ohne Zweifel richtig wieder : to aXXo
X^ptov, tXyjv twv 7upoffßa(j£(i)v, äxav utj^r<A6v ijTi y.al >tpr^[;,v(i)B£<;. Diese
Bedeutung des i?y;pTYi(jöa'., suspensum esse, ist freilich bei älteren
— 111 —
Schriftstellern sonst nicht nachgewiesen ; aber ich halte sie durch
die Nachahmung Strabos VII 1, 3: s^ripTT^Tai r; -/wpa Tzphc vstov
genügend bestätigt (freilich sind die neueren Herausgeber der Kon-
jektur des Casaubonus ectjpTat, welches Krüger auch an unserer
Stelle wünscht, gefolgt, vor welcher ausdrücklich unser Scholiast
warnt : [xy; srl toü i^YJpOai y,%\ [x£T£wp{(j6a'. ay.o'j2gO(i)) ; auch die saxis
suspensa rupes bei Vergil Aen. VIII 190 ruht auf derselben An-
schauung. Dagegen kann Plutarch Anton. 46 : Ta [xv(d\oL xsBta twv
\6c^bi^ TouTtov £?YjpTT;Ta'., mit unsrer Stelle nicht verglichen werden»
Mit eTTisavcc xav stcjw « im Innern (der Stadt) oder nach innen zu
ist (von Epipolai herab) alles sichtbar, zu übersehen » ist gleichbe-
deutend der Ausdruck V 10, 2: Iv -zfi r.okii exi^avsT ouffYj scwösv.
'Ex'.xoXf<c, eigentlich elliptisch gebrauchter Genetiv von eTTtTToX-f^, ist
Adverb und gleich sTravw, oberhalb. Der Scholiast zu Aristoph.
Plut. 1207 nennt es kzipprt\xoL Toxty.öv.»
Epipolai tritt, wie wir gesehen haben, zuerst im Jahre 463 in
der Geschichte auf, bei Diodor; dann bei Thukydides und Diodor,
XIII 7. 8. 11 im Kriege mit Athen ; darauf bei Diodor XIV 8, wo
404 V. Chr. die gegen Dionysios empörten Syrakuser 7:apa)vaß5vTa;
TOü<; £? AtTVYj; tTTTTs^ iv Ta?^ y.aXcujxsvatc 'ETriTroXaic avTsaTpaTOTueSsvjav
to) tupavvo) y.al cisxXs'.^av a^Tcv ty)^ IttI tyjv /wpav iJcBou*; bei dem-
selben XIV 18, wo die Errichtung der nördhchen Hälfte der grossen
Ringmauer des Dionys im Jahre 402 erzählt wird : cU<p'J(o; yap ewpa
v,zi[jÄ*/OLq läq y.aÄo'j;^ivac TlTTiTToXa; y.ol'zol rqq ticXswc tw/ X'jpaxo'JCJoW.
tioutp TO'J? apx'.Tcy.Tovac T:apa7saß(ov axc ty)^ toutwv "'i^tbj^.Yji; sxpivs osiv
TsiXttjai Tac 'E7:t7:oAa;, fj vüv tc 7:pcc ':oi(; *E?a7a>7vO^ üTuapjre» 'zsXyoc.
In der Geschichte Dions spricht davon Plutarch, Dion. 27 : ol ^k
[jLSTa Tt[;.oxpaTou<; Ta^ 'ETTiiroXac <püAa<JGsvT£? Asovtivo'. käi KajArivot,
a6yov tj/cuSfi '::po5'J:£ii4*''"o; et? auTouc tcO A'iwvoq tog stcI tä^ roXsi^
ßoTQOYjcJovTe^, und c. 29, wo Dion xctq |i.£v 'E'7:t'i:oXa; sXwv to'üc xaOs'.p-
Y|i.£vöu^ Twv TToXiTwv £Xu(j£. lu Plutarchs Timoleon 21 hält Hiketas
Epipolai besetzt (ty)v Xaßrj; oü i:pct£[A£vou tyj; Tr6X£(i);) ; da greift Timo-
leon ihn mit verschiedenen Heeresabtheilungen an : tgu; B£ xpiTCu;
eic^YOv d-üt Ta; 'E7:'.::oXac A£{vap/c? y,a\ Ar^[i.ap£':oc. Endlich spielt
Epipolai bei der römischen Belagerung eine Rolle; Polybios VIII
37 fr. : toü^ 8k 'P(i)[jLaiou? 6app£tv cuvißaivs y-paTouvcai; tou T:£pt Ta;
'E^'.iroXa; t^ttgu, und Liv. XXV 24, 4 ; Die Römer drangen an
— U-2 —
oiiir He\jp)lt ){i (idiinkii Ueitlii likoit iii du bUtIt Syi \kii- ein t?l
Hill un<li<|ue HO» fuitiin seH \\ a|iei1e ^eiehatur re- quijipt. atl
hinpola-, riM[uenleni luslmin-. toriim, ^leMi iitiiiii Pitt , utitl ^0:
[Ms|i|uirii I )n-4pt.\it {]\[ni\ hpikvde») omiiia uiti Lpipolus arnii»
. »niplLli Ddiiii l»l„'l ^ II 11». mit rfei .>l)i„vn Stellt aus fhuk.
^1117 iilieieinsliiiiiiienile Notiz Mauilliis iil nioeiiti in^iesiiia «\
Mipfi imnlms 1o<h iirtiem 'jiiIiiolI im otulis m lif
DumIiu l)eiiiiiU.t vim te('<cliiefWH>n Ma^^rexelo. uelitir (Us Vtrik
/ii Sjukua iiM li (1(1 \ ija„ung iki Tjuiintii „Uioflen lialx , \oi-
irIiiiiIilIi \ II (Ili hinluliiun^ < ines illj iliiln lieii Iteliciun^Uest« s,
hleiitlicni, ueldiPs inil oni>iitlKliiii bpulcii uiiil ciiioni ttiossdi ti<;en
0|it(.i \()ii WO Ouliseii veiliuniicii „(Wi>itn ^ei Nullt-, meldet er miii
dem Si.liit.ksul ilei Küm^stiuiv, wel< lie m>ii tjeloiis Zeite» i» ml'
lllty^a Kesldiideii Italien inu-'s Äliti es i-t \\ iIiislIii min h, dax^ die
Svnkuaii Me /eislmt lialMii Denn mth Diodoi \[ll 9fa »alini
Diutnaiu> dei Velleie, ils ei ^lüi zum Tjianiieii turwaif, s< im;
\\ liiiiiiu HO \i--eiial *v IM 'lei PiUit Crelons und Hhioiir nmli
\ ilLioleii „ WLseii so lidtli lim Diuii\> ZHcileKolim Itezo^i ii
Si hk Ulis li ihe \iiiidleo \iin Mukus luili sind, su lissen uns
d ii L») Heihe v in \ei3ndeiun„i.n eikinneii , wi kiie -seit der
Liiiiiiduii„ iki bladl in Vilnadma und liesondeis aut Üil^^ii slitt
„elimdpii liabeii Wenn 1 1«, niswn auseinjndLrt,eset7f lnl)fn, wihr
i-l — und «]i /«(.ililii dum iirIiI — , so finden wh Soldnei l\
iiipe^iiedelt, wo lie W iliiistatten lieiei li ii-gti waieii, unil elen
ditsc 'ijoldnei aildipsisliili \ei|Vt eine Koiii^sliui;, tiliaut und dinii
/Mstoil dl« PiimUi^ nlimm dt n llesilzei nai Fi dei Willkui \oh
iMiiiiiin w I liselii I iid ille ilnsi VeiunI iun{j;eii, «eliln die nsle
Hällle d<s Imitten J iliiliuiiileits mit '^iJi hii^-hk, smd ^ciin^' im
\urfltidi nnl d.nen, ft.klie du Stadt ^on "sliI n ihiei kiinlli^^en
Ikiltii lim istanden
In ili'iii /eilraiim von iler VerlreilmiiH der Tyrannen bis /um
Kiirjr mit Alliuii ist eine cin/ijje Tliabuiclie an« der syrakusisclien
l.li'siliiflili' vciii topi)j;ruiiliisi;hem Interesse. Sie lietrJITt jenen Sikeler-
koni),' Dukelios, wolclier nach einer <;länzenden Laufbahn im Jahre
Vt\ bei Noinni i\en (iriecben unlerla;r. TiXs; i\, so einzahlt Diodor
XI !)2 von ihm, OiwpiTiv ■:s"j; inroXsiroy; }i>>3j; ;j,i>,Äsir:i; aütijl tä;
lupxxoijsa;, i~'- Sl vjv'sq 5^"i; ^»p^AÖäv ii; Tijv i-^apiv 'Sit ^■jpxt.aaiMi
— 113 —
xal xaOicac s^l twv ßioy/^iv t'/.£TY)q sy-'^^'^o '^^<? ttoXeo)^ y.at eajTov te
xat TYjv Xi»)pav, r<? "J^v xupio?, -irapBwxe toIi; Supaxoatot?. TOii II izXifiouq
8'.a Tb 'rrapiäo^ov cjppdovTo? £i? tyjv avopav oi jjlsv apj^cvTs; cuvvjYaYOv
|y.xXY;7{av xal -irposOrixav ßouXrjv -rrept toü AoJxsTfoy, ti /pt) ::paTT£tv.
Die Volksversammlung der Syrakuser schenkte dem Duketios das
Leben unter der Bedingung, dass er nach Korinth ins Exil gehe.
Was zunächst die ßwjxoi betrifft, so sagt Schubring, Achrad.
S. 36 f. : «Die Altäre, von denen hier die Rede ist, sind etwa die
Altäre der Osol ÄYopatot, auf welchen die den Volksversammlungen
vorhergehenden religiösen Akte vollzogen wurden, der Osot ayjizXq^
vielleicht auch ein Altar der 12 Götter, wie in Athen.» Den Markt
selbst aber hat nach unserer schon oben S. 101 f. ausgesprochenen
Meinung Gelon bei seiner Stadterweiterung in der Ebene angelegt,
welche sich zwischen dem Isthmus und der Temeniteshöhe erstreckt.
Hier, vielleicht gerade da, wo jetzt noch eine ragende Säule auf dem
modernen Manöverfeld von der verschwundenen Pracht zeugt, mag
der Sikelerkönig sich vor der Majestät des Syrakuservolkes gede-
müthigt haben.
In der Periode, welche uns eben beschäftigt, wird zum ersten
Mal das syrakuser Theater erwähnt. Wir lesen nämlich bei Eustathios
zur Odyssee III 68: xal 2jpaxo6(j'.ov 'zo b Mup'.XXa, o5 {xsjjivYicÖat Xt(ei
1CV 2d)^pova, b-opwv xal CTt tou Supaxoucbu toutou xupiov. Ay]|jl6xo'j:o<;
r<v ap/iT^XTwv. stueI S« T£X£(;to'jpYY)(ja(; to Osaxpov jAupov xot«; eauTou
Tzofdixiq 8i£v6i|Jt.£, MupiXXa £7:£xXyj6y3. Es scheint also, dass Sophron
von dem Baumeister des syrakuser Theaters gesprochen hat, welcher,
Demokopos mit Namen, den Beinamen Myrilla erhielt, weil er nach
Vollendung des Gebäudes seinen Mitbürgern Salben vert heilte. Da
man nicht weiss, wann dieser Demokopos Myrilla gelebt hat, So-
phron aber, welcher von ihm sprach, dem 5. Jahrhundert angehört,
so steht nichts im Wege, dass wir die Erbauung des Theaters zu
Syrakus, wie wir schon oben S. 106 gethan haben, Hieron I. zu-
schreiben, dem grossen Freund der dramatischen Poesie, welcher
Tragödien und Komödien aufführen Hess. Wir werden auf das
Theater unter der Regierung Hieros II. zurückkommen, auf den die
noch erhaltenen Inschriften hinweisen.
Lupus, Die Stadt Syrakus. 8
— 114 —
THEIL III. — Krieg der Athener gegen Syrakus.
Belagerung von Syrakus. 415-413 v. Chr.
§ 1. Die Quellen unserer Renntniss von dieser Belagerung.
Die grossartige und doch fehlgeschlagene Unternehmung der
Athener gegen Syrakus ist die wichtigste Episode in dem peloponne-
sischen Krieg, jenem gewaltigen Ringen zwischen Athen und Sparta,
den beiden Häuptern der ionischen und dorischen Griechen. Das
Alterthum hat uns über das denkwürdige Ereigniss verschiedene
Berichte überliefert. Da diese aber nicht immer unter einander über-
einstimmen, haben wir die Pflicht die Kriterien auseinanderzusetzen,
welche uns bei der Auswahl der Quellen geleitet haben.
Der grosse Thukydides bietet uns in seinem 6. und 7. Buch ein
Ideal von lebendiger und wirkungsvoller Erzählung, von klarer Aus-
einandersetzung der Thatsachen. Ihm sind wir fast ausschliesslich
gefolgt, und zwar aus folgenden Gründen : erstens ist er der einzige
zeitgenössische Geschichtschreiber der Belagerung und zweitens ist
er in jeder Hinsicht ein gewissenhafter Geschichtschreiber. Er zeigt
eine so genaue Kenntniss sowohl der Umgegend von Syrakus, als
der Vorgänge bei der Belagerung, dass wir annehmen müssen, diö
Vermittler seiner Darstellung seien Augenzeugen gewesen ; ja es ist
wahrscheinlich, dass er selbst während seines langen Exils im Inter-
esse seines Geschichtswerkes auch nach Syrakus gekommen ist.
Seine Erzählung ist immer zusammenhängend, widerspricht sich nie
und entspricht vollständig den Lokalitäten.
Von den andern Schriftstellern, welche die Belagerung behandeln,
ist Diodor der ausführlichste. Aber Diodor widerspricht oft dem
Thukydides und, was schlimmer ist, ermangelt des eignen innern
Zusammenhangs und der nöthigen Klarheit. Da er unter Augustus
lebte, musste er seine Erzählung aus andern Quellen schöpfen. Diese
konnten, abgesehn von Thukydides, nur Ephoros und Timaios sein.
Auch sie lebten nach dem peloponnesischen Krieg. Da Timaios selbst
Sicilianer war, so konnte er über die berühmte Belagerung manche
werthvolle Mittheilung machen und dergleichen Mittheilungen können
in das Werk des Diodor übergegangen sein. Aber es fehlen uns fast
durchweg die Kriterien um hiernb^r 711 entscheiden und im Diodor
I
-*
— 115 —
dasjenige wiederzufinden, was er über die athenische Belagerung dem
Timaios entnommen hat ; und wenn wir es ausfindig zu machen
wüssten, so könnten wir doch noch nicht konstatieren, ob es wirkHch
authentischer ist als das, was Thukydides überliefert. Ausserdem
wissen wir zufolge der Studien , welche in den letzten Jahren
überhaupt auf Diodor gerichtet worden sind, dass er von seinen
Quellen nicht immer einen intelligenten Gebrauch gemacht hat.
Wenn wir also auf Widersprüche zwischen Thukydides und Diodor
stossen, so ist es unmöglich dem letzteren zu folgen; nur da, wo
Diodor den Thukydides ergänzt ohne ihm zu widersprechen, können
wir ihn -benutzen.
Plutarch bietet in dem Leben des Nikias nur sehr wenige Mit-
theilungen, die nicht auch Thukydides macht.
Somit ergiebt sich aus dem Gesagten das Resultat, dass Thuky-
dides die Basis für die Topographie der Belagerung von Syrakus
bilden muss.
Diese Fragen der historischen Kritik sind ausführlich behandelt in
der Geschichte Siciliens im Alterihum, Bd. II. S. 340-367. In dem- •
selben Band S. 382-401 ist die Topographie der Belagerung besprochen.
§ 2. Die Stadt Syrakus beim Beginn des Krieges.
Ueber die Grösse von Syrakus zur Zeit des athenischen Kriegs sagt
Thukydides VII 28 : tzoXi^ o'jSsv eXasaw au-nfjv ys xa8' auTtjv tyj; 'AOrjvaiwv.
Diese Worte tragen einen allgemeinen Charakter, sie beziehen sich
ebensowohl auf die Bevölkerung, wie auf die Ausdehnung der
bewohnten Fläche und auf die Länge der Festungsmauern ; sie wollen
also einfach einen Begriff von der Bedeutung der Stadt geben. Wir
kennen nicht die Zahl ilirer Einwohner im Jahre 415, nicht einmal
annähernd ; wir können also nicht sagen, ob in der Beziehung die
Vergleichung mit Athen Stand hält; sie hält Stand, ja sie bleibt
sogar hinter der Wahrheit zurück betreffs des Umfangs der syra-
kusischen Ringmauer, nämlich der von Ortygia und Achradina,
welche ausgedehnter ist als die von Athen, wenn man von den langen
Mauern und dem Peiraieus absieht. S. Anm. S. 48 f.
Thukydides unterscheidet VI 3 zwei Theile von Syrakus, yj IvTb;
'KiKiq und yj I?(i) izi'kiq; jene ist Ortygia, diese Achradina mit den
Vorstädten. Die Worte Ivto; und e?(o zeigen an, dass von der Land-
— 116 ~
seile Achradina (der Name findet sich nichl bei Tlmkydides) Ortygia
deckte, d. h. dass man, um in dieses zu ;j;elan^en, durch jenes hin-
durch gphen mussle.
An die £;« xiXt; schlössen sich zwei Vurslädte an : Tycha (auch
dieser Name kommt bei Thukydides nicht vor) und Temenites. Selbst-
vi-rsländlich war Achradina damals von Tycha durch eine Mauer
1,'L'schieden, wie in den Zeiten Thrasybuls und später in denen des
Marcelius: oh aber Tycha eine Westmauer gehabt hat, bleibt fnr
das Tahr 415 eJmnso unyiewiss, wie für das Jahr 466. Der Temenites,
welclier später einen Theil von Neapolis bildete, war noch nichl
befeslitTt; Tlink. VI 75. Der weslÜche Theil der syrakusiachen Hoch-
lliU'he, ausserhalb dei' Festungswerke wird von Tliukydides ai 'E-:-a\%i
t;enannl. Hier stand, wie wir später sehen werden, iler von Phitarch
Nik. 24 erwähnte Herakleslempel.
IJcber das Iimere der Stadt haben wir für diese Zeit nur gunv.
vereinzelte Nachrichten. Den Markt müssen wir uns, wie schon oben
S. 101, in der Ebene nördlich vom Isthmus denken. Thukydides
■ spricht VII 39 von der iyopä. x&t TcwXouyi^vwv, dem öffentlichen Markt-
platz, mit deutlichem Hinweis darauf, diiss er nicht unmitlelbar am
Hafen lajj.
Was das Wesllbni von Unterachiadinj behiOl, so bleibt die
Annahrae ausgeschlossen, dass es nahe an dem Uler des j^rossen
Halens gewesen sei; denn hier erstreckt 'sich nach dem Theater hin
lue jiTosse Bodensenkung, welche damals sumpfig -fewesen sein
inuss. Da nun die ganze Gegend am Theater, wie wir gleich sehen
wei'den, noch nicht zur Sladt g-ehurte, können wir das Stadltbor
etwa sfidhch von S, Giovanni suchen.
Am Anaiws lag eine Trift, auf welcher die Syrakuser Heerschau
hielten; Thuk. VI 97. Sie unmitlelbar an der Flussmündung zn
denken, hinderl das daselbst zu wenig feste Terrain. An welcher
Melle Iie Thuk. VI Gü. iOl erwähnte Brücke über den Anapos führte,
iassl sith nicht mehr feststellen. Jenseits treffen wir das Olympieion.
hem 'Name I>ezeichnet nicht nur den Tempel des Zeus und seine
unmittelbate Umgebung, sondern auch ein ausgedehnleres Gebiet;
ilLnn Thukydides spricht VI 75 und VII 4 von einem Kastell ev tö
OAij.*-=»ü und von dem Flecken oder der Kleinstadt h tiü X)Xu[j.miui>.
Dei Name Olympieion umfasste also alle Ländereien, welche dem
TempJ geholten. Wir babon S. 85 gese*'— -'"- -iie umständlichen'
— 117 —
Bezeichnung des Städtchens hei Thiikydides später durch den ein-
fachen Namen Polichne ersetzt worden ist. An dieser Pohchne vorhei
führte von Syrakus südwärts die Strasse nach der Stadt Eloros
Yi 'EXü)p(vr, bl6<;. Thuk. VI 66. 70. VII 80.
Syrakus musste bedeutende mihtärische Etabh'ssements haben ;
das einzige, von dem Thukydides spricht, ist das Arsenal. Nach ilini
lagen die -iraXatol vswaotxoi (VII 25) iv tco Xi{A£v'. d. h. am grossen
Hafen, am kleinen das vswpiov (VII 22). Nstü^otxo'. sind Abtheilungen
des Arsenals, vewp'.cv, welche theils als Schiffshäuser auf dem Land,
theils als Docks im Wasser dem Bau, der Aufbewahrung und der
Ausbesserung der Schiffe dienten. Am Ufer des grossen Hafens hatte
man also die Schiffshäuser des alten Arsenals belassen, dagegen am
kleinen Hafen ein neues Arsenal mit Werkstätten, Magazinen, Docks
angelegt. Die beiden Häfen waren nur durcli einen Damm getrennt,
welcher im grossen und ganzen die Stelle der heutigen Fortifikationen
einnahm und von einem Verbindungskanal durchschnitten war
(s. S. 92). Demnach war es recht gut möglich, dass die alten Schiffs-
häuser im grossen Hafen ganz nahe bei den Marineetabhssements
im kleinen waren, ja sie mussten sogar mit diesen ein Ganzes bilden.
§ 3. Erster Angriff der Athener auf Syrakus.
Sehen wir von den Ursachen und Vorereignissen des atheniscli-
syrakusischen Krieges ab und versetzen wir uns im Geiste in den
Sommer des Jahres 415. Die gewaltige Flotte der Athener unter
Nikias, Lamachos und Alkibiades nähert sich Sicilien. Schon auf
die Nachricht, dass die Feinde bei Rhegion angekommen seien, haben
die Syrakuser Vertheidigungsmassregeln getroffen; Thuk. VI 45. Da
zeigen sich die Athener mit ihrer Flotte vor Syrakus; Bsy.a Ss twv
vswv 7:po6i:£|jL<|^av iq tcv [jiyav Xi[jiva TcXs-iaai ts xat y.x'OLtsY.i^oL^^OLi^ tl v,
vaüTix^v iav. y.aO£'.X>tua{j.dvov. Thuk. VI 50. Zugleich erliessen sie eine
Proklamation an die in Syrakus befindlichen Leontiner, die Stadt zu
verlassen und sich den Athenern anzuschlies.sen. Nach Plut. Nik. 14
bemächtigten sich damals die 10 athenischen Rekognoscierungsschiffe
im grossen Hafen der syrakusischen Bürgerlisten, welche der grösseren
Sicherheit wegen gerade zu Wasser aus dem Archiv im Olympieion
in die Stadt transportiert wurden.
Darauf verbrachten die Athener den Sommer mit ziemlich un-
— 118 —
nützen Fahrten und Operationen um Sicilien; erst im Herbst begann
der eigentliche Angriff auf Syrakus : Thuk. VI 65 ff. Um unge-
liindert in der Nähe der Stadt landen zu können, mussten die zu
Katane gelagerten Athener sich einer Kriegslist bedienen. Ein ver-
meintlicher Freund der Syrakuser meldet diesen, dass es leicht wäre
die Athener durch einen plötzlichen Ueberfall zu vernichten ; aber,
während jene nach Katane marschieren, schiffen sich die Athener
ein und langen nach einer Nachtfahrt am Morgen in dem grossen
Hafen zu Syrakus an : xai oT ts Aöyjvatot Äjxa ew i^sßatvov s; 10 xaxa
To 'OXü[jL7Ci£Tov ioq To aTpxTÖxsSov y.oL-:(xXrfy6[Lvtoi. Sie hatten reichlich
Zeit die zu ihrer Sicherheit nöthigen Massregeln zu treffen ; denn das
Heer der Syrakuser konnte nicht so schnell zurück, sein : 'Ev tout^)
0' Ol AOY;vaToi . . . xxö' Yjcrj)^tav /.aOt^jav to GTpaTsuiJt.a i; yjtipio'f eTrtTrjSstcv
xal iv & [Ji-ax^? "cs ap?£tv SjjlsXXov, bizoie ßouXotvro, vtai ot tTCirYj? twv
2'jpaxo^Jtü) ; T^xiax' av aüTou? xal sv xw 2pYcp xal TTpb aüTou XuTCif](j£tar tyj
{xev Yap tsi/^ä ts xal c?x{at sTpyov xat SsvSpa xal Xijjivrj, -üapa 3e to
xpYj;ji.vo(. xai Ta ixp^ BdvSpa x6t^avTc<; xal %3tT£V£Y>t6vT£(; iul ty)v OaXaauav
7:apa t£ Ta^ vau<; (jTa6p(i)[xa l-TriQ^av xal £xl tw Aaaxu)vi ^püjjia T£, yJ
£5£jpoS(*)TaTOv Y)v TOii; T:oX£[jL{ot(;, XtOoi(; Xoya^iQv xal §6Xoi<; 3ta Ta)r£a>v
wpOwaav xal tyjv tou AvaTio'J Y£f;upav IXuaav.
Die Stelle bedarf der topographischen Erklärung. Die Athener
landen i; to xxTa to 'OXu{A':ü'.£tov ; ihr Lager ist auf der einen Seite
durch Mauern, Häuser, Bäume und einen Sumpf, auf der andern
durch steile Abhänge gedeckt. Die nächsten Bäume fällen sie und
schaffen sie zum Meer, um dort eine Palissadenverschanzung rings
um ihre Schiffe aufzuführen. Die Stätte des Lagers ist also südlich
vom Anapos, nahe bei dem Olympieion, das sie jedoch nicht besetzen ;
Thuk. VI 71. Zur besseren Veranschaulichung der athenischen
Position diene folgendes : Die weite Hochfläche südlich vom grossen
Hafen spitzt sich nordwärts nach dem Anapos mit einigen Aus-
läufern zu, welche westlich von dem Sumpf um die Kyane, östlich
von dem Hafen abgegrenzt werden. Der längste und nördlichste von
ihnen theilt sich endlich in zwei Spitzen, auf deren östlicher der
Tempel des Zeus, das Olympieion im engern Sinne, steht. Kürzer ist
der Arm, welcher nördlich von der Punta Gaderini das Meer begleitet.
Da Thukydides offenbar den Lagerplatz von der Schiffstation unter-
scheidet, so gehen wir wohl nicht fehl, wenn wir den ersteren nach
dem westlichen Ausläufer der Hochebene hin, südöstlich vom Olym-
-^ 119 —
pieion, ausdehnen, an der Punta Gaderini das Schiffslaprer annehmen.
Diese nebst dem ebenerwähnten, noch eine kurze Strecke nordwärts
die Küste begleitenden Höhenarm bildet den Aaaxwv. Hier erhob
sich das dritte Werk der Athener, das Fort. Da Thukydides die
Zerstörung der Anaposbrücke durch Ts-xal in ofFenbaren Zusammen-
hang bringt mit dem Bau des Forts auf dem Daskon (xa» iizi to>
Aaa>wi)vi lpu[ji.i t s . . . o^pOco^av v. a t tyjv toü AvaTTOu fs^üpav IXücav), so
haben wir diesen Namen nördlich und nicht südlich von der Punta
Gaderini anzusetzen. Die gewöhnliche Meinung, dass Daskon die
Bucht südlich von derselben sei, gründet sich, wie wir oben S. 83
gesehen haben, auf Diod. XHI 13. Aber Diodor ist im Vergleich
mit Thukydides eine schwache Autorität, und wir werden überdies
Tbl. IV § 5 aus andern Stellen desselben (XIV 63 und 72) ersehen,
dass auch ihm Daskon die Punta Gaderini und nicht die Bucht
südlich davon ist.
Als die Syrakuser die vollendete Thatsache eines athenischen
Lagers vor ihrer Stadt sahen, boten sie den Feinden eine Schlacht
an. Die Athener jedoch gehen zunächst nicht darauf ein und nun
ziehen sich die Syrakuser über die Elorinische Strasse zurück und
bivouakieren auf freiem Feld : avaxwpifjuavTs? xal StaßavTs; tyjv 'EXo)-
pivYjv o8bv Y;ijX{GavTO. Das lässt voraussetzen, dass sie beim Vor-
rücken schon diese Strasse in östlicher Richtung überschritten
hatten. Die Elorinische Strasse läuft südlich vom Anapos im grossen
und ganzen von Nordnordost nach Südsüdwest. Da die Anapos-
brücke zerstört und das Mündungsland des Flusses weithin sumpfig
war, mussten die Syrakuser, um in die Nähe der Athener zu
gelangen, von Westen kommen, d. h. den Fluss etwas weiter oben
überschreiten, und somit erst von West nach Ost, dann beim Rück-
zug von Ost nachwiest die Elorinische Strasse kreuzen. Am folgen-
den Tag kommt es zur Schlacht, in der die Athener siegen. Doch
können sie die Geschlagenen nicht nachdrücklich verfolgen, da die
syrakusische Reiterei sich ihnen wiederholt mit Tapferkeit und Erfolg
entgegenwirft. Die Syrakuser sammeln sich iq tyjv 'EXwptvrjv cSov.
Also war die Schlacht östlich von dieser Strasse. Sie war aber auch
südlich vom Anapos; denn die Syrakuser Hessen vor ihrer Heimkehr
nach der Stadt eine Besatzung im Olympieion zurück. Dies zu
nehmen machten die Athener gar nicht den Versuch. Sie hatten
eingesehen, dass von ihrem Landungsplatz aus kein ernstlicher An-
— 120 —
jifrift' auf Svrakus unternommen werden könne. Zwar hatten sie die
Syrakuser in offener Feldschlacht zum Weichen gebracht, aber, als
es sich darum handelte den Sieg auszunutzen, war es ihnen nicht
einmal möglich gewesen die Feinde bis über die Elorinische Strasse
hinaus zu vertblgen. Ueberdies war der Ort, an welchem sie sich fest-
gesetzt hatten, zu weit von der Stadt entfernt, auch durch den Anapos
und seine Sümpfe von ihr getrennt. Somit musste die Anhöhe beim
Olympieion als Operationsbasis auf Svrakus aufgegeben werden, und
die Athener konnten für den Augenblick nichts Besseres thun, als
nach Katanc zurückzukehren, um erst nach gründlicherer Information
über die Terrainverhältnisse von Syrakus den Angriff zu erneuern.
Die Syrakuser aber hatten den ganzen Winter von 415 auf 414
gewonnen, um dieser Eventualität gegenüber Vorkehrungen zu treflen.
§ 4. Vertheidigungsmassregeln der Syrakuser während
des Winters 415-414.
Thukydides überliefert VI 75 : 'Etsi/'-^cv 0£ y,ai qI Supr/.oj'.o'. ev
TCO /cfjj,(;jvt xpc; TS TTj TTÖXi'., Tov TcJjlsvItyjv svtsc xoir^!Ja;j.evoi, '^v.ypq
TZOLpcL 7:av To Tupb? Ta; 'EziTToXac opwv, czio^ \j,ii] S'/ IXatjaovs; eOaTTOTsi-
yia-oi waiv, y)v apa c^iXXwvTai, y,a\ Ta Mi-^OLpot ^pouptov xai ev tco
'OXu[i.'i:t£to3 aXXo y.ai ty;v öiXa^^av -jrpos^Taupwaav 'navTa^y;, f^ azoßijs'.c
r^dav. Bezüglich der letzten Fortifikationen genügt der Hinweis darauf,
^lass das Kastell von Megara einen Landmarsch der Athener von
Katane auf Syrakus, das am Olympieion und die Palissaden eine
Landung im grossen Hafen verhindern sollten. Die Quermauer aber
!gegen Epipolai und vor dem Temenites erklärt sich durch folgende
Betrachtungen : Gesetzt dass es trotz aller Sicherheitsmassregeln den
Athenern gelungen wäre an Syrakus heranzukommen, so konnten sie
doch nur vermittelst einer Einschliessung der Stadt Herr zu werden
hoffen. Einen unmittelbaren Sturm versuchte man damals nie gegen
eine grosse Stadt ; denn die Vertheidigungsmittel waren im Alterthum
den Angriffsmitteln weit überlegen. Zum Zweck einer Einschliessung
nun musste man eine ununterbrochene Mauer so ziehen, dass sie
durch Absperrung der Stadt jede Möglichkeit benahm, sich von
aussen Unterstützung irgend welcher Art zu beschaffen. Für eine
solche Mauer bot nur die Hochfläche zwischen Epipolai und Achra-
dina die Gelegenheit, und die Syrakusf^r sAlh-' ' " -V,h im Jahre
— J21 —
463 dieses Mittels gegen die Söldner in Achradina und Ortygia be-
dient; s. oJjen S. 108. Der beste Schutz gegen die Errichtung einer
solchen Mauer wäre der gewesen, dass man die ganze Hochebene in
die Festungswerke von Syrakus hereingezogen hätte ; aber dieses
Werk, welches schon im folgenden Menschenalter von Dionys ausge-
führt wurde, wäre damals unmöglich gewesen. So begnügten sich
denn die Syrakuser mit einem Palliativ : um den Bau einer feindlichen
Mauer schwieriger zu machen, dehnten sie die Linie der eigenen
Mauern aus ; denn so war auch der Feind gezwungen, seine Mauer
um manches Stadion länger zu machen. Sie bauten also eine Mauer,
welche tov Tsjj^EvtTr^v einschloss und izxpx ttäv to izphq Tar; 'E-i^roAaq
opwv war.
Welcher Begriff liegt nun in dem Namen Temenites? Cicero
führt Verr. IV 53 in seiner Beschreibung von Syrakus unter den
Sehenswürdigkeiten der Neapolis auch ein «Signum ApolHnis, qui
Temenites vocatur » auf. Da jedoch Neapolis sehr ausgedehnt ist,
enthalten diese Worte Giceros keine genaue Ortsbestimmung. Thuky-
<iides aber erwähnt VII 3 eine ay.pa T£[j.£vtTi^ und offenbar ist dieser
Ausdruck ziemlich gleichbedeutend mit 6 TeiJLsvtTYj;;, indem er die hohe
Lage der Gegend besonders her vorhebt, i Wenn wir also unter Teme-
nites bei Thukydides den hochgelegenen Theil von Neapohs verstehen,
so wird das nur bestätigt durch die Worte desselben Schriftstellers,
dass die ganze neuerrichtete Mauer, von welcher die um den Teme-
nites ein Theil war, ihre Front gegen Epipolai gewandt habe : r.xpx
7:av To "Jwpb? xa; 'EirtiroXa; 6p wv. Epipolai aber nahm das ganze west-
liche Höhendreieck ein. Es ist also gewiss, dass die Anhöhe unmit-
telbar über dem Theater wenigstens einen Theil des Temenites
bildete, und nun möge man sich erinnern, was wir in der Grün-
dungsgeschichte von byrakus über die strategische Bedeutung gerade
dieses Punktes auseinandergesetzt haben.
Die Grenze des Temenites und besonders der neuen Mauer
glauben wir nicht allzusehr nach Westen ausdehnen zu dürfen^ und
* Die Identität der Bezeichnung Tsjj.svtTl^ mit TejAsvtTY;; und Td;j.£VO?
(Thak. VI 99) bezeugt ausdrücklich Stephanos von Byzanz : Tqxsvo; TÖi:o; 2'5t£-
7aa; uTub 'za.q 'E7:troAa^ rpb; Taii; 2-upay,o'jaaic. 6 oty-Tf)TCi)p T£[j.£v(ty;;. xal
OyjX'jxo)? Bta ToO X [Tsixsvit'.;] hzi. Dagegen lüsst sich der von Plin. n. h. III 89
erwähnte fons Temenitis topographisch nicht weiter verwerthen. L.
— -122 —
zwar aus folgenden Grimden : Thukydides spricht VII 2 von der
Länge der athenischen Mauer zwischen dem Abhang der Hochterrasae
und dem grossen Hafen und giebt sie auf 7-8 Stadien an. Das heisst
also, der Terrassenahhang westlich vom Temenites war vom Meer
nicht viel mehr als 1200 m entfernt. Wenn wir nun den Temenites
allzusehr nach Westen hin sich erstrecken lassen, so entfernt sich
der betreffende Felsabhang ül>er jene Distanz hinaus vom Meer, und
es bat somit mehr für sich den Namen des Temenitps gerade an
dem Hügel über dem Theater aufhören zu lassen, welcher wie ein
Voi-jrehirg in die Ebene hineinragt.
Noch schwieriger ist es, die Ausdehnung der neuen Mauer nach
\orden nnd nach Süden zu bestimmen. Das erstere hängt von der
Ansicht ab, welche man über die Befestigung von Tycha hat. War
dies schon befestigt oder nicht? Wenn es befestigt war, so reiclite
die neue Mauer ohne Zweifel nur bis an diese Festungswerke; wenn
nicht, so bildete die neue Mauer mit ihrem nördlichen Theil zugleich
die Mauer von Tycha. Thukydides sagt, dass die neue Mauer icapi
^i'i -rb Tcpbi; to^ 'EzwtoXä; ipSv sieh hingezogen habe ; daraus üesse
sich schliessen, dass Tycha damals noch keine besondere Mauer
gehabt habe, welche es von Epipolai abtrennte. Aber diese Folgerung
ist nicht nothweudig, da die Westmauer von Tycha weiter östlich
von der neuen Mauer oder auch schräg laufen konnte. So ist denn
die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass, wenn auch Tycha schon
von einer eigenen Mauer umgeben war, die neue syrakusische Fes-
lurigsmauei' bis zum Nordabhang der Felsterrasse, d. h. bis in die
Nähe der jetzigen Scala greca ging.
Wir kommen nun zu der Frage über das Südende dar neuen
Mauer. Diese ist natürlich bedingt durch die Vorfrage ; wie weit
dehnte sich damals .schon Syrakus in der Ebene zwischen Achradina
und dem grossen Hafen aus ? War der Temenites wirklich die An-
bölie oberhalb des Theaters, so muss auch die Gegend des Theatei-s
bis zur Umscliliessung dieser Anhöhe mit Mauern im Winter 415-414
ausserhalb der Stadt gelegen haben. Es beginnt nämlich sijdlich vom
Theater der noch heute erkennbare Rand der sumpligen Einbuch-
tung; wenn auf dem Rande dieser Bodensenkung nahe am Theater
schon eine Stadtmauer gestanden hätte, so hätte diese Mauer auch
ilas Theater umfassen müssen, ja sie halte nicht umhin gekonnt
i^ich sogar um den Temenites herumzuziehen. Die blosse Thatsaehe
— 123 —
also, dass erst 415 auf 414 die Anhöhe oberhalb des Theaters um-
mauert worden ist, bildet zugleich den Beweis dafür, dass in der
Nähe des Theaters der Rand der sumpfigen Einbuchtung bis damals
noch keine Mauer trug, aber andrerseits auch dafür, dass er damals^
eine erhielt. Somit können wir behaupten, dass man hier die süd-
Hebe Fortsetzung der Mauer um den Temenites zu suchen habe
zugleich aber auch von vornherein die Meinung abweisen, dass jene
sich bis an den grossen Hafen erstreckt habe. Haben wir doch oben
gesehen, dass Gelon bei seiner Erweiterung von Achradina nach
dem grossen Hafen zu für den letzten Theil der neuen Westmaüer
gerade den diesem Hafen sich nähernden südlichen Abschnitt de&
betreffenden Randes benutzt hat. Die Mauer um den Temenites schloss^
sich also an die Geionische an, und auf diese Weise wurde der
Saum der Sumpfniederung in seiner ganzen Ausdehnung vom grossen
Hafen bis zum Theater im Winter 415-414 die befestigte Westgrenze
der Unterstadt von Achradina.
§ 5. Wiederaufnahme der Belagerung im Jahre 414.
Die Befürchtung der Syrakuser sollte in Erfüllung gehen. Der
Angriff auf ihre Stadt war nur aufgeschoben. Die Athener hatten
erkannt, dass sie südlich vom Anapos viel zu weit von jener entfernt
waren. Es handelte sich also darum als Operationsbasis einen näher
gelegenen Punkt auszuwählen. Am geeignetsten hierzu war Epipolai.
Aber wie in dessen Besitz gelangen? Zu Lande konnten die Athener
von Katane aus nicht dahin kommen, weil, ganz abgesehen von der
neuen Festungsanlage zu Megara, die Syrakuser den Anmarsch der
Feinde gegen Epipolai merken mussten und dann diirch Besetzung
der Abhänge die Ersteigung der Terrasse unmöglich machtien. Es
kam also wiederum darauf an, dass die Athener durch eine Seeexpe-
dition die Syrakuser überraschten, welche so wie so schon Stevooüv-co
Ta; 7upoaßi(j£t(; auTwv (twv 'EttituoXwv) tpuXaaaetv, oizidq |jly) xaxa lauvx XaOwat
5^2; d^vaßavTcc ol iroXeiAtoi. VI 96. Aber wo landen? Die Flotte zum
zweiten Mal nach dem grossen Hafen zu dirigieren, verboten die
von den Syrakusern dort angelegten Pahssaden. Demnach konnten
die Athener nur das Gestade im Norden von Syrakus, dasjenige des
Golfes von Megara, ins Auge fassen. Natürlich wählte man die Nacht
zur Ausführung des Planes. Er gelang vortrefflich. Die Syrakuser
— Hi —
hallen keine Alinun^^ von der Abfalirt der Feinde aus Katane ; ein
Beweis für die ausserordenHicho Gewandlheit, mit welcher die Äthenei-
zur See operierten. Weiren doch viele tausend Mann in kürzestej-
Zeit und sozusagen insgeheim einzuschiffen, was nur auf Grund Ireli-
iichttler Schulung und bei esnklester Ausführung umsichtiger Kom-
mandos möglich war.
Die Athener landeten an einem Orte, welchen ThukydJdes VI 97
Leon nennt : IXaSsv auTSuq T.i'ii\ riir, tw aTpats^aTt Iy. t^; KsTi.v;;
tTT^Sisu;. Es ist nur nalürlich anzunehmen, dass diese Oertlichkeit
unmittelbar am Meere lag. Thukydrdes lässt sie 6-7 Stadien, d. h.
900-1050 m von Kpipolai entfernt sein. Nun lag es offenbar im Inleresst;
der Athener hier ihre Truppen so schnell wie nur irgend möglich
auszuschiffen; zu dem Zwecke mussien ihre Schiffe womöglich alle-
samt zu gleicher Zeit landen. Dazu bedurfte es einer Anfahrtslinie,
die sich längs des Ufers wenigstens einen Kilometer weit ausdehnte.
Mehr lässl sich bei dem Mangel bestimmlerer Angaben und sonstiger
Anhitllspunkte über den Landungsplatz Leon nicht festsetzen, ja die
Lösung unserer Frage scheint sogai' bedeulend erschwert zu werden
durch das, was Livius XXIV 39 über diese Oertlichkeit sagl : ipse
(Marcellus) hibernacula rjuinque milia passuum Hexapylo — Leonta
vocant locum — communiü aedificavitquc. Fünf römische Meilen sind
fast 50 Sladien, eine Strecke, welche uns vom Rand der Hochebene,
in dessen Nähe wir das Hexapylon ansetzen müssen, bis nördlich vun
der Halbinsel Magnisi, dem allen Thapsos, führen würde. Demnach
lic^-l entweder bei Thukydides oder l>ei Livius ein Irrlhum vor.
Letronne und Serradifalco nehmen ihn bei Thukydides an und schlagen
vor, die G-7 Stadien in 36-37 zu verwandeln. Erwägt man aber,
dass das Interesse der Athener einen m^lichst kurzen Landmarsch
erheischte, so ist es wahrscheinlicher, dass die Zahl des Thukydides
richtig, dagegen die des Livius falsch ist, mag sich nun der Ab-
schreiber oder der Schriftsteller selbst geirrt haben. Schon Cluver
hat dies erkannt und bei Livius quinque milia passuum in milie et
quingentis passibus corrigierl.
Sobald die Soldaten ans Land gestiegen waren, fulir die Flotte
nach Thapsos, wo sie in der von dem Festland und der Halbinsel
gebildelen Bucht sicherer war als an dem offenen Gestade von Leon :
xai s i*£v vauTixb; CTpatb; -rüv 'Mr,vaiiiri Iv tt) ei'^fti ä'.arua'jpuCTijAiv;;
■:bv t50|j.iv •fjrix'i-j"'. VI 97.
— 125 —
§ 6. Enryalos.
Die athenischen Landtruppen erstürmen nun im Laufschrift von
Leon aus die Höhe : 6 Sk T:zQ:q iyjiipzi suBü? Sp6;j.6) zphq Ta; 'E-irt'iroXaj;
y.al ^Bavei divaßa^ xaTa tcv EupuYjXov *::piv tcu<; ISupa^o^icu^ at(jOo[JL£vou<;
£x Tou X£iiJ.ü)vo? xal TYi<; 6?£Taj£a)(; 7:apaY£V£JÖat. VI 97. Die Syrakuser
ihrerseits wussten wohl, dass die Athener ihnen nur durch die Be-
setzung von Epipolai gefährlich werden konnten. Deshalb hatten sie
zum Schutz dieser Hochebene eine Besatzung von 600 auserlesenen
HopHten bestellt und gerade für diesen Morgen eine grosse Musterung
ihrer Truppen auf dem Wiesenplan am Anapos anberaumt. So befand
sich die syrakusische Kriegsmacht, während der Feind von Norden
ber anrückte, im Süden von der Stadt, fern von jenem, doch })ereit
ihm sofort entgegenzueilen, lieber die Entfernung der Wiese von
dem Punkt, wo die Syrakuser auf Epipolai mit den Athenern zusam-
menstiessen, sagt Thukydides a. a. 0. : siaSiot o£ itpiv irpoaiAicat ix,
Tou X£i;j.wvoq £y''yvovto auTot<; gw, iXaaaov yj z^vte xal £l'y,o(7i. Diese An-
gabe von mindestens 25 Stadien oder c. 3750 m wird uns unten zur
scbliesslichen Bestimmung des Ortes dienen, an dem die Athener die
Höhe erklommen und den Thukydides Euryalos nennt.
W^elcher Theil von Epipolai war nun dieser Euryalos? Die
ältesten Forscher, Mirabella und Gluver, fanden ihn in dem Kegel
von Belvedere wieder, . dem westlichen Abschluss der Zunge, in
welche das grosse Terrassendreieck von Syrakus ansläufl. Bonanni,
S. 90 der Palerm. Ausg., ist für Mongibellisi, d. h. die Stätte des
in mächtigen Ruinen noch erhaltenen Kastells, welches den Schluss-
punkt der Dionysischen Stadtenceinte bildete. Dieser letzteren Ansicht
huldigen die meisten Neueren, z. B. Serradifalco und Schubring.
Dass der Euryalos ziemlich weit von den bewohnten Stadttheilen
entfernt gewesen sein muss, ersehen wir aus Diodor, welcher XX 29
bei Gelegenheit der karthagischen Belagerung sagt : ot B' ix ty); itsXeüx;
aia05|JL£VOl TYJV ETÜlVOtav TWV XoX£[Atü)V £?£7:£{A4'av TWV [JL£V 7:£^WV vüy.Tb^
:;£p\ Tpt(7)riX{ou<; xal twv iTrxdwv 7r£pi XETpaxoatou«; zpocia^avTc? xaxaXa-
iiiz^%i Tov EipuYjXov. Da s^d^six'^^av heissen kann : «sie schickten aus
der Stadt hinaus», so könnte man in dieser Stelle einen Beweis. dafür
linden wollen, dass der Euryalos ausserhalb aller von Dionys rings
um Epipolai angelegten Festungswerke gelegen habe. Dann wäre der
Euryalos die Höhe von Belvedere. Aber diese Annahme ist für Thu-
kydides kaum zulässig. Denn weshalb sollten die Athener die Anhöhe
so weit von der Stadt erstiegen haben, da sie es doch mit rascherem
Erfolg weiter östlich thun konnten? Für Thukydides kann also der
Euryalos nicht Belvedere sein, sondern muss der Ort sein, wo später
das Kastei! gebaut wurde. Ferner, soll bei Diodor in 45^Tte;j.il'w wirklicli
liegen maus der Stadt hinausschicken», so hatte damals der Namu
Euryalos eine weitere Bedeutung, indem er ein ausgedehntes Terrain
bezeichnete, welches theils innerhalb, theils ausserhalb der Festungs-
werke des Dionys lag. Aber das Wort i^i-:ts\v3/x-i lässt auch noch eine
andere Erklärung zu. Es kann bedeuten : «aus dem dichtbewohnten
Theii der Stadt hinausschicken» und von da war es- in der That
noch ziemlich weit bis zu dem Kastell.
Den Namen Euryalus erwähnt auch Livius XXV 25 : iiaque
Marcellus, postquam inceplum inritum fuit, ad Euryalum signa referri
iussit. tumulus est' in extrema parte urbis versus a mari viaeque
imminens ferenti in agros med i terra neaque insulae, percommode
Situs ad commeatus excipiendos. praeerat huic arct Philodemus u. s. w.
Hier bezeichnet er augenscheinlich das noch vorhandene Kastell ; der
Euryalus ist innerhalb der Festungswerke, denn Marcellus, welcher
die Stadt eingenommen hat, zieht sich dahin zurück, und wenn der
Punkt zuei-st tumulus genannt wird, so heissl er nachher arx. End-
lich lesen wir bei Sieph. Dyz. u. d. W. EypÜTj/.a;, o3t(0; r, üxpi^oXi:
■rüjv "EictTOXöv. TO^i/.viov Sc toüts SupJxsaawv ÄTiinpYjiAvov. Tb eÖv-xcM
EüpyT]Xio!.
Demnach ergiebt sich das Resultat, dass Euryalos (dorisch)
oder Euryelos (ionisch), entsprechend seiner Etymologie: eüp6; und
f/Kag 9 Breitnage!», ursprünglich in weiterem Sinn den ganzen
Höhengrat l>ezeichnet, welcher die Spitze des Hochplateaudreiecks
■ nach Westen hin fortsetzt ; dann die Burg (äxj;TO>.i?, arx) von
Epipolai, also das zweifelsohne von Dionys erbaute Kastell auf
Mongibellisi.
Der Punkt, wo die Athener die Anhöhe erklommen, diente im
Verlauf desselben Krieges noch zweimal dem Aufstieg von Truppen.
Ihn wählte Gylippos, Thuk. VH 2: dfmviTi;»i Tpb? tä; 'Er.iT.o'hk:; v.j-.
ivapÄ; XÄTJ TEv EupiüjXov, f(i:sp xal et Aöi^vatct -zh irpöTov. Ihn erstiegen
auch die Athener unter Demosthenes zu jenem nächtlichen Slurm,
welcher für die Angreifer verhängnissvoll werden sollte; Thuk. VII 43 :
— 127 —
Y.azoL Tcv E'jpvY3X,o6 tjTrsp >tat t; 7:poT^pa axpaita to xpÖTOV dv£ßr|. Wenn
(Jreimal Truppen, welche von verschiedenen Seiten kamen, die Athener
zuerst von Norden, Gylipp von Westen, Demosthenes von Süden,
schliesslich denselben Weg einschlugen, so ist dies ein Beweis dafür,
dass denen, welche Epipolai auf der Westseite ersteigen wollten, nur
ein brauchbarer Weg zur Verfügung stand und dass dieser in der
Nähe des Kastells war. Eine Andeutung über seine Beschaffenheit
erhalten wir durch die Erzählung von der Niederlage des Demosthenes
VII 44 : -^al §t(i)x6(Aevsi y.ol'zol ts twv xpr^jAvcov tcoXXoI pticTOüvce? saüxo'j;
di7:(i)XXuvT0 (irr^YJ^ o^Qfiq vf^(; dliwo twv 'EttituoXwv ludcXiv xaTaßadswq. Noch
heute giebt es nordöstlich von den Ruinen des Kastells einen schmalen
Weg, welcher nach Epipolai hinaufführt. Doch kann man jetzt nicht
mehr gut über die dortige Bodenbeschaffenheit zur Zeit des athenischen
Kriegs urtheilen, sowohl wegen des Zwischenraums so vieler Jahr-
hunderte, als auch weil der Mauerbau des Dionys das Terrain nicht
wenig verändert haben muss.
Zu einem sicheren Ergebniss aber leiten uns noch heute einige
Spuren, dass nämlich der Weg, welcher 414 und 413 v. Chr. dreimal
zur Ersteigung von Epipolai benutzt worden ist, wirklich von Norden
her hinaufführte. Die Athener landen das erste Mal bei Leon und
mussten von da so rasch wie möglich die Anhöhe zu gewinnen suchen.
Das ging aber nur auf derselben Seite, nämlich der nördlichen. In
diesem Fall musste Demosthenes, um vom athenischen Lager aus,
das südlich vom Temenites stand, den gleichen Aufsleig zu erreichen
— und er hat ihn erreicht — einen weiten Umweg machen; ein
solcher geht aber auch aus dem Bericht des Thukydides hervor.
Somit weisen uns alle Umstände auf einen nicht allzufernen Punkt
nordöstlich von dem Kastell, wo die Athener hinaufstiegen.
Schliesslich noch die Bemerkung, dass der Name Euryalos vor-
trefflich die dortige Gegend charakterisiert. Der Stift des Nagels geht
vom Kastell bis zum Dorf Belvedere, der Kopf würde durch den
kegelförmigen Hügel des alten Zeichentelegraphen gebildet werden.
§ 7. Erste Kämpfe. Labdalon. Syke.
Wie wir oben gesehen haben, mussten die gerade auf der
Anaposwiese versammelten Truppen der Syrakuser einen Weg von
mindestens 25 Stadien oder 3 3)4 km durcheilen, um mit den Athe-
— 128 —
nern, welche schon auf der Höhe von Epipolai angelangt waren,
haiidgeniein zu werden. Eine Wiesenfläche, auf welcher Tausende
von Kriegern gemustert werden könnten, findet sich nicht allzufern
von dem alten Syrakus nur nördlich vom Zusammenfluss der Kyane
und des Anapos, Von hier bis in die Nähe des Kastells reicht gerade
die von Thukydides angegebene Entfernung : ein Beweis, dass die
beiden Endpunkte von uns richtig angesetzt worden sind.
Es kommt nun zu einer Schlacht h:\ -raTj; 'ET:i::oXai; (Thuk. VI 97),
in welcher die Athener siegen. Diese haben also ihre Absicht erreicht;
wären sie wenige Stunden später gekommen, so wären sie ohne
Zweifel zurückgeschlagen worden; die 600 Auserlesenen hätten den
Zugang zu der Hochfläche vertheidigen können, bis das übrige Heer
der Syrakuser zu Hülfe gekommen wäre. Den folgenden Tag nach
dieser Niederlage der Syrakuser rückten die Sieger die Epipolai-
terrasse hinab vor die Stadt, aber die Feinde kommen nicht aus
derselben heraus. Und nun heisst es weiter a. a. 0. von den Athenern:
xpr/tJLvoi? Twv 'ExiTwoXwv opwv TTpsc 10L Ms^apa, OTTO); sl'rj aÜToT«;, ottötc
irpobtsv ^ [i.a"/oüiA£vot r] ".six^^uvts;, Tot? xe Ty-sueci xol toT? xpYj{j,aaiv
Hier ist Labdalon eine Gegend, da die Athener £::l tw AaßSaXo>
ihr Kastell bauten. Später, VH 3 heisst bei ihm das Kastell selbst
so ; denn Gylipp i^dpo«; Tt tA\)j^7.<; Tzpcq to cppoupiov to AaßBaXov aipEi.
.la schon VI 98 : y,aTaffTTfjffavT£<; £v tö AaßSaXw ^uXaitTfiv, scheint es,
als ob kurz nach den eben citierten Worten aus Kap. 97 mit Labdalon
das 9po'jptov £ki tw AaßSaXu) bezeichnet werde. Es verhält sich also
mit dem Namen Labdalon genau so wie mit dem Euryalos, dass er
eigentlich der Gegend angehörte und dann auf das daselbst errichtete
Kastell übertragen wurde.
Wo lag nun Labdalon? Man hat früher allgemein das Kastell
aul' Mongibellisi so genannt. Die neueren Topographen, zuletzt Grote,
rnU(\Huri, Schubring, haben übereinstimmend einen Punkt östhch
wMk diesiM\i Kastell, und zwar am Nordrand von Epipolai, für das Lab-
kI\\k\\\ ins Auge gefasst. Sie haben ohne Zweifel Recht. Thukydides
^aj^t, dass duH Labdalon am Rand der steilen Felsen mit dem Aus-
Mirlv auf MiV^U'a gelogen habe. Eine solche Beschreibung würde
lur die Lfv^o dos Mongibellisi kastelles wenig charakteristisch sein,
du diisso^ luch idlou Soilon hin die Umgegend beherrscht. Nicht
— lt>9 —
^iel anders wäre es auch mit dem etwa einen Kilometer östlich von
dem Kastell gelegenen Bufalaro. Das opöv Tupb? xa Mi-^otpoL kann nur
von einem Punkt gesagt sein, welcher speziell nach Norden hin
Aussicht bietet und nicht auch ebensogut nach Süden. Demnach
weisen auch wir dem Labdalon seinen Platz an dem Nordrand der
Hochebene an. Dort war ein Fort von Nutzen, da die Hälfte der
Athener, die Flotte und ihre Bemannung noch bei Thapsos waren.
Man sollte meinen, dass die Athener mit diesem Fort zugleich auch
jenen Weg von der Tiefebene auf die Hochfläche, welchen sie hinauf-
gestiegen waren, hätten sperren müssen. Aber es scheint, dass sie
nicht daran gedacht haben ; denn Gylipp hat denselben Weg benutzt.
Zur genaueren Bestimmung der Lokalität des Labdalon hat Schu-
bring, Beiväss. S. 629 und Nr. 13 seines Planes, einen von ihm
gefundenen Brunnen zu benutzen versucht und nimmt sogar an, dass
dieser Brunnen von den Athenern gebohrt sei. Aber besagter
Brunnen konnte nicht wieder ausfindig gemacht, von uns also auch
nicht als Beweismittel für einen enger umgrenzten Punkt als Stätte
des Labdalon benutzt werden. S. B. UL Tbl. I § 3. Das Fort wurde,
wie wir sehen werden, im weitern Verlauf des Krieges von Gylipp
genommen. Von da an verschwindet der Name Labdalon aus den
Annalen von Syrakus.
Im folgenden Kapitel 98 erzählt Thukydides, dass die Reiterei
der Athener durch Zuzug aus den sicilischen Städten auf 650 Pferde
vermehrt worden sei, und fahrt dann fort : xal xaTaar/jcravTsg iv tw
AaßBaXü) ^uXaxYjv iyßpouv Tzpoq tyjv Süxyjv ot A8Y)varo'., tva-irsp xa8£CölJi.2vot
i'eiyiGTf tov /.uxXgv ota '^dypuq. Grote, Schubring u. a. setzen dieses
Syke auf die Mitte von Epipolai ; Leake an den Südrand des Plateaus,
nach dem grossen Hafen zu. Die erste Ansicht ist bei weitem die
wahrscheinlichere. Der auf Syke erbaute Kyklos war das kreisförmige
Gentralfort der athenischen Belagerungswerke. Von ihm aus liefen
die Einschliessungsmauern nach Norden und nach Süden. Dies beweist,
dass der Kyklos nicht an dem Südrande von Epipolai stehen konnte.
Nimmt man mit Letronne und Ahrens an, dass die Namen Syke
und Tycha identisch seien, so müsste man die Athener den Kyklos
in Tycha bauen lassen. Das ist aber unmöglich. Tycha bildete einen
Theil von Syrakus und war seit langer Zeit bewohnt ; in Tycha
konnten die Athener sich weder lagern, noch einen Kyklos bauen,
Lupus, Die Stadt Syrakus. 9
— 130 —
d. h. ein Fort mit Flügel mauern nach den beiden grossen Meerbusen
hin; dazu war ein freier Raum nöthig. Syke muss man also ausser-
halb des bewohnten Gebietes, auf Epipolai, suchen. Der Name be-
deutet ursprünglich einen Ort, wo Feigen wachsen, bildet also eine
Parallele zu Achradina, dem sicilischen Pirna. Stephanos von Byzanz
sagt u. s. W. S'jxai : iav. xal aXXvj Suy.Yj '^Xirjatov Supaxoutjwv. Auch
2'jxfj ist ein Name, welcher sich nur bei Thukydides findet.
In Syke also setzten sich die Athener fest, um von da aus die
Einschliessungsmauer gegen Syrakus aufzuführen. Nur durch dieses
Mittel, d. h. dadurch, dass man der Stadt jede Verbindung mit der
Aussen weit abschnitt, konnte man lioiTen ihren Widerstand zu
brechen. So waren die Thebaner gegen Plataiai verfahren, die Athener
gegen Potidaia und Mytilene; so hatten es die Syrakuser selbst
gemacht, als Achradina und Ortygia von den Söldnern besetzt waren
(s. o. S. 108); so machten es überhaupt die Alten um eine Stadt zur
Uebergabe zu zwingen. Die ganze Einschliessungsmauer der Athener
hätte Thukydides wohl mit dem Worte y.uy.Xo^ bezeichnen können,
wenn sie auch keine kreisförmige Linie bildete; sagt er doch auch
III 18 : irsptTeixisouc. MutiXyjvt^v h y.6xXq) olizX^ tsix^^ obgleich die
Mauer auch hier nur auf der Landseite gezogen werden konnte.
Demnach hat man an unsrer Stelle dem Worte 7.67.X0? gleichfalls diese
Bedeutung gegeben. Dass dies unzulässig ist, ergiebt sich aus dem
Aorist £-£(}^iaav bei Thuk. VI 98. Da die gesamte Einschliessungs-
mauer niemals vollendet worden ist, so hätte Thukydides, wenn er
von ihr reden wollte, sagen müssen : iztiyi'Co'^. Der Abschluss der
Handlung, welcher im Aorist liegt, passt nur auf das möglichst rasch
vollendete Fort, welches den festen Ausgangspunkt für die Ein-
schliessungsmauer bilden sollte.
Dass dieser Kyklos ein in sich abgeschlossenes, durch bedeutende
Vorwerke verstärktes (VI 102 : BexarXeOpov xpoTsixi^ixa) Rundfort und
nicht ein Theil der Einschliessungsmauer war, zeigt besonders deutlich
Thuk. VI 102, wo Nikias iv auTO) wegen seiner Schwäche zurück-
bleibt. Dieselbe Bedeutung behält x.6x>o; in der ganzen Belagerungs-
geschichte von Syrakus; nur VII 2 macht Schwierigkeiten. Denn es
heisst da, dass s; tov [xs^av X'.|;iva SiTtXouv Teixo? fast fertig gewesen
sei, TW Se aXXw tou x6x7^gu izpoq tov Tpcoyi^ov £7:1 ty)v STSpav OiXaaarav
hätten die Steine mehr oder weniger bearbeitet dagelegen. Hier kann
-w SXXb} TOJ y.üxXou nur die Mauer nordwärts vom Kyklos bezeichnen,
■ü
— 131 —
und wir hätten somit bei der Belagerung von Syrakus denselben
Terminus technicus xOxXoc in zwei ganz verschiedenen Bedeutungen^
als Rundfort und als Einschliessungsmauer. Arnold nimmt das an,
wir halten es mit Grote u. a. für unmöglich. VII 2 ist entweder
Wölfflins Konjektur im $e oltzo tou y,uy,Xou u. s. w. oder Stahls und
Glassens Streichung der Worte tou vcM^o'j 7:pcc tcv TpcoytAcv anzu-
nehmen.
Von dem Kyklos aus sah man das Labdalon nicht ; VII 3 : y;v
Sk oüx sTU'.^ave«; toT«; 'A6y;vab'.? to -/tdpio^. Die Notiz ist werthvoll für
die Bestimmung der Lage beider Punkte zu einander. Denn sie ver-
anlasst uns, den Kyklos an einer nicht allzuhohen Stelle und das
Labdalon an dem Nordrand anzusetzen, der ein wenig niedriger ist
als die Mitte des Plateaus und deshalb von den Athenern in Syke
nicht ganz zu überblicken war. Freilich lässt sich somit der Ort des
Kyklos nur mit annähernder Genauigkeit wiederfinden.
Die Absperrungslinie begannen nun die Athener durch Erbauung
zweier Mauern zu bilden, deren eine von dem Kyklos nordwärts nach
dem Hafen Trogilos, die andere südwärts nach dem grossen Hafen
gerichtet war. Da die athenische Flotte der syrakusischen überlegen
war, so wäre die völlige Einschliessung der Stadt gelungen, sobald
die zwei Mauern die beiden Häfen erreicht hätten. Thukydides spricht
zuerst von der nördlichen Mauer, VI 99 : xai ty; u^Tspaia oi pAv Itei-
/t^ov Twv A8y;va((ov to Tcpb«; ßopsav tou xuxXou Tsr/o^, oi Se XiOoix; y.al
^{/ka ?u[;.^opouvT£c -TrapsgaXov ii:\ tcv Tp(J)YiXov xaXo6[J-£VOv aei, fj:zp
ßpa^^uTaTov d^iYVETO aÜTot^ ly. tou \f.v^(d\Q'j \i\xivoq £-1 ttjv sTepav OaXadjav
TÖ dl7:oT£ixtaf/.a. Die Athener wählen also für die Mauer diejenige
Linie, welche die kürzeste war zwischen dem Kyklos und dem
Trogiloshaien, und auf dieser Linie vertheilen sie Steine und Holz
für den Bau — übrigens eine beachtenswerthe Konstruktions weise.
§ 8. Vertheidigungswerke der Syrakuser.
Um die weitere Entwicklung der athenischen Blockade auf der
Landseite zu hindern, wäre das einfachste Mittel ein Landsieg der
Syrakuser über die Gegner gewesen. Aber es scheint, als ob das
erste Missgeschick jenen alles Vertrauen benommen hätte ; statt also
die Athener mit den Waffen in der Hand anzugreifen, beschränkten
sie sich darauf, den Feinden mit deren eigenen Mitteln entgegenzu-
- .
— CK —
lielen, 't. h. 'lufL-ii den Bju einer Vertheiili^^un^^uMuer. Gelänge eä
iitnen, ?io 3a;,'ten s\e sk-h mit Recht, von <ler ätaiit aus eine Mauer
so zu ziehen, tiasH sie die Lirtie sclinitl, auf welcher die Athenec
ihre Hin seil lieaüuni^mauef zu erbauen halten, *> wären sie gei'eltet.
'V.-.iiyj^vi :i-' iJiXftivTi; ir; t?,; s^rrifi? i:;Äiwr äpji-jtsvs; xi-Hi>6s* tsj
yjv.AC'j Tiw Hft»f»a!(.w STTiifsisv "sz;; ä-^s'r:;-, berichtet Thukydides
VI i¥.}. Die Quermauer lief alsi> von <ler im Winter zuvor neu
»'i'b.inteii Statltmauer aas nach Westen filier ein Terrain, das nie-
(Irisrer laf{ als ilas alherti^che tieniralfort. Oh sie aber nördlich oder
Nrnllicli von dem Kyklos aiilireriihrt worden sei, sagt uns Tbukj-dides
tiiclil : Jenes behauptet ein Tbeil der modernen Kritiker, dieses ein
anilerer. Wir entscheiden uns für die südliche I^ge, und zwar aus
folgenden fii-finden : Da, wie wir gesehen liabeii, die Athener damals
gerade tiaran waren den nördlichen Flügel, zwischen dem Kyklos
und dem Tn^los, zu bauen, so mussten die Syrakuser, welche es
\crmied>"n «ich in olTener Feldsclilacht mit den Athenern zu messen,
vnr/iehen ihrerseits da zu bauen, wo diese nicht waren, d. h. südlich
viirn Kyklot*. Ferner wäre ein Bau nördlich von demselben einem
AiinrilT von zwei Seiten ausgesetzt frewesen, da der athenischen
riiillc die nahe Lleliertahrl von Thapsos nach dem Ti'ogilos freistand.
I'iid endlich lesen wir Kap. 1(X), tiass die Syi-akuser, als sie l)ald
diirauf vnn den Athenern zurückgeworfen wurden, von ihrer Mauer
y.iTisyfsv >!; Tb T:p5T=!xi3na ts rspi tsv Tv,>.s')i-T,'i. Der Tenienites lag
iilicr im südlichen Theil des Hochplateaus. Wenn sich die Syrakuser
gerade nach dem Temenites zurückzogen, so beweist dies nicht nur
d-is« die Quep-mairei' südlich von dem Centraltbrl, sondern auch, dass
."ic auf dem Hochplafeau selbst, olierhalb des Theaters, und nicht auf
ilfiii iHideutend tieferen Terrain weiter südlich errichtet worden war.
Dwnn MLinüt wären die Fliehenden nicht dem Temenites zugeeilt,
wolcliei', wie wir S. 121 gesehen hal)en, auf der Höhe lag. Schliesslich
Klimmt mit ilieaer ganzen Ausführung überein, was Thukydides
Kap. !)1) vnn dem bei dem Bau verwandten Holzmatenal sagt : ^i?
t£ JXÄa; iKf.6r.-sv:gq -toÜ -:£;j.£'jo'j; ■/.«'■ TJp'py; ^uWvsuj xaötoravTj:. Das
■tflJ.tvs? ist augenscheinlich das des Apollon.
WnN die Bauart des Werkes helrilTl, so sagt Thukydides VI 100:
t|»)iDäo;tT)ö»i Tsü Ü7CST£iy.(3;*aTo;. Hieraus ei-sehen wir, dass es aus einer
Mnuer und einem Pdlissadenwerk bestand und dass die Länge dieses
— 13;{ —
{»ZGTr'x'G;^.^, wie es der Schriftsieller nennt, sich nach dem Gutdünken
hemass. Letzterer Ausdruck enthält eine gewisse Unklarheit ; denn
er sagt nicht, oh die Mauer bis zum Rand der Terrasse geführt
worden ist, oder oh man es für genügend hielt, sie an irgend einem
Punkte westhch von der voraussichthchen BauHnie der Athener im
Felde enden zu lassen. Die Palissaden, aTaupwjjLa, hegleiteten wahr-
ijcheinlich die Mauer auf beiden Seiten und liefen auch um den
Kopf derselben herum, wenn dieser nicht an dem Terrassenrand
einen Stützpunkt fand. Denn die Sicherung des Werkes musste in
diesem Fall eine möglichst allseilige sein.
Dieser ersten syrakusischen Vertheidigungslinie bemächtigten
sich die Athener, nachdem sie die unterirdisch nach der Stadt füh-
renden Wasserleitungskanäle zerstört hatten (VI 100), auf folgende
Weise : Da sie bemerkten, wie die daselbst postierten Gegner, um
sich vor der glühenden Mittagssonne zu schützen, sich theils hinter
der Mauer in Zelte zurückzogen, Iheils sogar in die Sladt begaben,
der Rest aber nur lässig seinen Dienst versah, so griffen sie gerade
um die Mittagstunde in dreifacher Abtheilung an. Einige hundert
Schwerbewalfnete stürmen gegen das uTcoTei/w^^.a und sein ^jxaupwjjLa ;
eine zweite Abtheilung wendet sich gegen die Stadt, um zu ver-
hindern, dass der angegriffenen Mauer von da aus Hülfe gebracht
werde, und dem Rest wird die Aufgabe einen besondern Theil der
Palissaden, das GTaupwfjia -rb irapa tyjv izjkiocL zu forcieren. Am wahr-
scheinlichsten ist es, dass das Pförtchen an der Vertheidigungsmauer
selbst war und dazu diente, die Kommunikation zwischen der nörd-
lichen und südlichen Seite derselben herzustellen, so dass die Ver-
theidiger im Fall eines feindlichen Ueberfalls sich leichter gegenseitig
Hülfe leisten konnten. Gerade dies wurde bei der Raschheit, mit
welcher die Athener ihren Plan ausführten, verhindert ; Palissaden
und Pförtchen wurden im Nu erstürmt, die überraschte und in ihrer
Bestürzung kopflose Besatzung floh nach dem erst einige Monate
alten TpoTEixiiri^.a to Trsp'i tsv T£pL£vir/jv. Im Eifer der Verfolgung
drangen sogar die Athener mit ihnen auch in dieses ein, konnten
sich aber hier nicht halten. Sie wurden wieder hinausgedrängt,
blieben aber Herren des freien Feldes und zerstörten die syrakusische
Quermauer. Belagerer und Belagerte nahmen jetzt wieder dieselbe
Stellung zu einander ein, wie vor Erbauung derselben.
Nun aber änderten die Athener ihren Plan. Sie brachen nämlich
— i:J4 —
die Errichtung der nördliclien Einschliessungsmauer ab und wandten
sich mit ihren Anjxriflsbaulen zunächst sudlich vom Kyklos, wo sie
unbestrittene Herren des Terrains und des svrakusischen Baumate-
rials geworden waren : Ti^ ck OsTspaia azc toj yjjxXou iTei^-sov ot
'ABrjvaTc. [iz] ^ 'bv '/.pr^'^'^iov tsv ü-£p tcj IXcjc, o? twv 'ETTi-^roX^v Taurfj
Tzpoc Tcv [ji^av X'.^jifva cpa '/,%\ fj-sp auTot; ßpa/uTÄTOv b^i^tzo xaTaßact
cii T5U c'tJLaAoJ /.a» tsu sAoj? i? tov A'iJLSva -zz z£piT£ix-^[i.a. VI 101.
Sie beginnen also ihre sudlichen Werke mit einer Mauer vom Kyklos
bis zum Rand des Südabhangs von Epipolai und zwar bis zu einem
Punkte desselben, welcher vom grossen Hafen am wenigsten weit
entfernt war, um dann durch die Ebene und den Sumpf das Ufer
zu erreichen.
Da legen die Syrakuser ihr neues Gegenwerk an. Thukydides
1 Diese Präposition vor 7.p*/J|i.vcv einzuschieben, veranlassen den Herausgeber
folgende Erwägungen : ^E'Zti'/i^Oyf xcv y.p'/;'/.vbv kann nur gezwungener Weise
heissen : • Sie führten von dem Kyklos aus die Mauer über den Abhang hinweg, •
die Notiz aber, dass die Athener «von dem Kyklos aus (•nicht in unmittelbarem
Anschluss» Classen) den Abhang befestigten», stünde ohne jeden inneren Zusammen-
hang mit den Belagerungswerken, wie Thukydides sie hier zu schildern beginnt.
Unten werden wir sehen, dass er die Athener von dem Terrassenrand bis zum
grossen Hafen eine den langen Mauern zu Athen ähnliche Doppelmauer aufführen
lässt. Es ist ganz undenkbar, dass die Doppelmauer nur von dem Ufer des grossen
Hafens bis zum Südabhang von Epipolai ging, dass sie nicht bis zum Kyklos selbst
reichte. Sollte diese Anlage — und sie musste es — den gleichen Dienst leisten,
wie die langen Mauern, so mussten auch beide Parallelmaaern vom Kyklos an bis
zu dem Ufer die Verbindung zwischen dem Hauptquartier des Landheeres und der
Flottenstatiou sichern ; es genügte dann nicht Kyhlos und Terrassenrand nur durch
eine einfache Mauer zu verbinden. Auch wird VH 2 ausdrücklich gesagt, dass
von der Doppelmauer nur noch eine kurze Strecke am grossen Hafen unvollendet
war. Somit muss in dem Gesamtausdruck £Ts(}(t^ov die später nur für den untern
Theil des Baues nachgeholte Spezialität der Duppelmauer enthalten sein. Man ver-
misst ebenso auch bei dem erst begonnenen, dann liegen gelassenen Nordflügel der
Einschliessungsmauern eine nothwendige Angabe. VH 4 haben die Athener den
Sudflügel vollendet und gaben durch die Besetzung des Plemmyrion dem Belagerungs- .
krieg eine Diversion. Aber sie hätten mit Blindhei»; geschlagen sein müssen, wenn
sie nicht zugleich auch den Bau der nördlichen Einschliessungsmauer, für welchen
die Steine schon dalagen, vom Kyklos aus wieder aufgenommen hätten. Dass die
beiden Gegner um die Wette ihre Linien nördlich vom Kyklos fortführten, die Syra-
kuser westwärts, die Athener nordwärts, und dass die Athener von den Syrakusern
im Bau überflügelt wurden, lässt das ganze Kapitel 6 zwischen den Zeilen lesen.
Classen sagt mit Recht zu den Worten vaiOL tt)^ £•Jp'JXWp•^'^ ^ "^^v Tsr/wv
ijJi^oTSpWv ai ipYÄSia'. sXyjyov : « Natürlich wurden die beiderseitigen Arbeiten
in einiger Entfernung von einander fortgeführt. • L .
— 135 —
föhrt nämlich a. a. 0. fort : y.al ol Supaxf^tc. iv tcutco IceXSovts^ /.al
a-JTOi aTUcC-a'jpo'Jv auSi«; ap^ajxsvo'. azb tt^;; ^roXso); Bta jjlssou toi) eXouc,
xal Ta^pov ÄjJLa -^aptopjccrov, 5xw; jjly) ©r^v T£ ^ toic 'AÖYjvaioi«; l-^ixp" '^^
OxXiaro^ dTcoTs'.x^aat. Diesmal JDauten die Belagerten in der Tiefebene
mitten durch den Sumpf, und zwar naturgemäss nur eine Palissaden-
reihe, vor der ein Graben herlief. Sie fingen damit an dem Ostrand
der Bodensenkung zwischen dem Theater und dem grossen Hafen
an. Wie weit aber diese Verschanzung reichte, sagt Thukydides
nicht. Wahrscheinlich bis in die Nähe des Anapos, wenn sie über-
haupt fertig wurde, was die Imperfekte dt-Tus^Taüpojv und irapwpucciov
unmittelbar vor der Erzählung von der Einnahme des Werkes durch
die Athener fraglich machen.
Diese nämlich hatten nicht sobald ihre Mauer am Rand von
Epipolai vollendet, als sie mit jener der ersten Belagerungsperiode
charakteristischen Schlagfertigkeit zum Angriff auf die neue feindliche
Linie schritten. Um diesen nöthigenfalls von zwei Seiten machen zu
können, Hessen sie die Flotte noch in der Nacht von Thapsos her
nach dem grossen Hafen herumfahren, während das Landheer bei
Tagesanbruch von Epipolai herabstieg. Vermittelst breiter Bretter,
welche sie auf den Sumpf legten, gelangten sie verhältnissmässig
rasch an das Pfahl werk, von dem sofort der grösste Theil erobert
wurde. Nun entspinnt sich eine förmliche Schlacht. Den Athenern
gelingt es, die syrakusische Schlachtlinie zu sprengen. Deren rechter
Flügel flieht nach der Stadt, ihr linker nach dem Anapos hin. Hier
aber kommt es von neuem zu einem heftigen Kampf, in welchem
die Athener ihren tapfersten Feldherrn, Lamachos, verloren. Wenig
fehlte, so hätten sie zu derselben Zeit auch den andern und ihr
Centralfort eingebüsst. Denn die Syrakuser in der Stadt, ermuthigt
durch die unerwartete Wendung, welche auf ihrem linken Flügel
eintrat, entsandten einen Theil ihrer Truppen nach dem Kyklos, wo
mit wenigen Soldaten Nikias krank zurückgeblieben war. Das 4000
Fuss breite Vorwerk, to SrAaTuXsBpov 7rpoT£'//t<;[i.a, wurde erstürmt und
schon wandten sich die Sieger gegen das Rundfort selbst, als Nikias
die Geistesgegenwart hatte, an die Kriegsmaschinen und das Bauholz,
welches vor der Mauer lag, Feuer legen zu lassen : läq vap \j.riyjx>^oi.q
xat cjXa, ozx 7:pb toO tsi^ou«; ^v xaTaßsßXr^j^iva, sjxTTptjaai to'jc u-Jur^pETa^
£X£>.c'J7£v, Dies hindert die Syrakuser an weiterem Vordringen. Schon
kam auch vom Anapos her, wo unterdessen die Athener doch schliess-
— mi —
licli Sieger geworden waren, <lem Nikias Kiilsatz, und zugleich erschien
ihre t'lolte im grossen Hafen. Da zoj^ sich das ganze syrakusischn
Heer in die Sladt zurück, daran vei7weifetn<i die Ein Schliessung vou
Syrtikiis liindern zu können.
Die Athener aber richlelen nach diesem dritten Sieg des Jahres
414 ihrt^ icanie Aufm^rksamkeil auf die Vollendung der südlichen
Cetnieiuiigsmduer. Thuk. VI 103: r.v. rapi^tro; iiSr, cf-r. -v/ih: 'm
3-pa-£j|j.«-a;, rai "o^ vauTixsü xJt! toj :re^oü, ans twv 'EirircXöv %v. toü
~jp3yc;icj. Diese Duppeimauer setxt also die Belag^erun^s werke,
welche iiaih VI 101 den Kyklos mit dem Terrasse nrand verbanden,
■>ädhch ^011 diesem fort. Eine Doppelmauer, d. h. zwei Parallel-
mauein, waren duichaus zweckgemäss, da der Huuni zwischen den-
selben eme Art befestigten Lagers bildete, in dem die Athener
nöLhigeii Kalls sich sowohl gegen die Stadt als gegen etwaigen Zuzug
von aussen vertheidigen konnten. Es war eine Nachahmung der
langen Mauern zwischen Athen und dem Peiraieu^i, und wie diese
den /weck hatten, eine gesicherti? VeJ'bindung zwischen dem Kriegs-
hafen und der Stadt bei-zustellen , so war Jetzt vor Syrakus die
Floltenstation im grossen Hafen mit dem Hundfort auf Epipolai durch
ein zwar schmales, aber ununterbrochen nach Osten und nach
Westen befestigtes Lager verknüpfl. Wie sich aus VH 25 : tw'/
a^pxtzziiiin £Vj"j; svtwj v.xi ivTnsTafi^.iVWv, ergiebt, kam das Südende
des festen Lagers am gi'ossen Hafen sehr nahe au die syrakiisisrhe
Werft heran.
Bis jetzt war den Athenern alles geglückt, und es liess si<ih
holl'en, dass das Gluck auch fei tier ihnen günstig bliebe ; doch nur
unter zwei Bedingungen, erstens, dass sie rascji auch den Nonlarm
der Kinsrbliessungsinauer vollendeten, und zweitens, dass der Aufent-
halt in den Sümpfen keine Krankheiten in ihrem Heer erzeugte.
Dagegen befanden sich die Syrakuser in einer traurigen Lage.
Zweimal hatten sie die eiserne Umarmung zu durchbrechen versucht :
vergebens; die (eindlichen Cernierungs werke schritten fort, es fehlte,
den Athenern nicht an Zufuhr von Lebensmitteln und sonstigem
Kriegsbedarf, während den Syrakusern keine Hülfe von aussen kam,
sie sogar kaum mit den befreundeten Griecbenslüdten einigen Ver-
kehr liehielten. Kein Wunder, dass man in der Sladt schon an einen
Vergleich mit den Alheiiein dachte. Die li.'t nikus, ein
— 137 —
Ereigniss von höchster Bedeutung für den weiteren Gang der Welt-
geschichte, wäre ohne Zweifel erfolgt, wenn nicht rechtzeitig in der
Person d»js Sparlaners Gylippos der Retter erschienen wäre.
§ 9. Gylippos.
Die Ankunft Gyhpps brachte einen völligen Umschlag in die
Stimmung der Syrakuser und in die Führung des dortigen Kriegs.
Jene beschlossen auf die Kunde, dass er von Himera aus mitten
durch Sicilien heranrücke, ihm xavcrrpaTta entgegen zu gehen ; VII 2.
Auf dem Marsch nahm er eine Sikelerburg, deren Namen in den
Thukydideshandschriften nicht sicher überliefert ist. Sie bieten näm-
lich ^STa^, Y^ 'a u. s. w., was Göller, Stahl, Glassen in 'U-a; korri-
gieren. 'Ist«'! ist in der That der Name eines sicilischen Dorfes oder
Kastells, welches Steph. Byz. unter Gitierung von «PO.kjto; sy.TYj als
9po6ptov Ztx.£X{a; bezeichnet. Aber gewöhnlich hält man dieses letai
für identisch mit 'laiita, dem heutigen lato südwestlich von Palermo.
Ob nun die Burg bei Syrakus denselben Namen hatte, wie dieser
Punkt, oder einen ähnlich lautenden, muss dahingestellt bleiben.
Epipolai erstieg der spartanische Feldherr x,aTa tsv E'jpu-r;Xov, f^iz^p
7.ai et 'AÖTQvato'. xb TpwTov, und wandte sich ohne Verzug gegen das
athenische Tsty'.qjL* ; VII 2. Die athenischen Gernierungswerke waren
damals südlich vom Gentralfort fast vollendet : stztä [j/sv tq st-tco ctäSicov
TjoYj a7:£T£T£Xc5T3 Toic 'Aör^vatoi^ £^ Tov [jiyav Xi;jL£va StTrXoüv ':eiyo(; uäyjv
izoLpa ßpajru ti Tzpoq ty)v OaXacGav. tgutc 3' l-zi wxcodp-ouv. Was man mit
dem Genitiv £XTa Yj cy.to) GtaBiwv anzufangen hat, ist nicht recht
ersichtlich. Glassen hält die Worte für den Zusatz eines ortskundigen
Lesers, welcher die Zahlen auf den Abstand des Randes der Hoch-
ebene von dem Ufer des grossen Hafens bezog. Schliessen wii- uns
dieser Ansictit an und erinnern wir uns, dass gerade an der Nord -
Seite dieses Hafens das im Lauf der Jahrhunderte durch Vorrücken
des festen Landes immer kleiner gewordene Sumpfterrain uns
gestattet, hier das antike Meeresufer etwas näher der Hocliebene
anzunehmen, so würde die Entfernung zwischen Beiden durchaus
richtig mit 7 — 8 Stadien oder etwa 1200 Metern angegeben sein.
Nördlich vom Gentralfort, nach dem Hafen Trogilos hin, hatte man
die Arbeit liegen lassen. Hier zogen die Syrakuser dem Gylipp ent-
gegen, hier drang Gylipp selbst ein. Aus diesen Thatsachen ergeben
— 1.^8 —
sicli zwei Behauptungen. Erstens hätten sieh die Athener mit der
Ausführung auch der nördHchen EinschUessungsmauer mehr beeilen
müssen; wenn sie nicht die zwei sudHchen Parallelmauern, sondern
imr eino einlache Linie {gezogen hätten, so hätten sie jene vollenden
könntMi, und Gylipp wäre nie nach Syrakus gekommen. Aber er
wäre es auch nicht, wenn zweitens die Athener, da sie einmal
Herren von Epipolai geworden waren, jene Stelle befestigt hätten,
wo der von ihnen und nun von Gylipp benutzte Weg nach der
Hochebene aufstieg. Es scheint demnach, als ob Nikias nicht um-
sichtig genug seine Feldherrnpflicht erfüllt habe.
Gylipp brachte nicht viele Soldaten mit; das wichtigste für
die Syrakuser war, dass das Vertrauen in ihre eigenen Kräfte durch
die Gegenwart eines Heerfiihrers gehoben wurde, welcher Autorität
besass und Gehorsam fand. Trotzdem gelang es Gylipp nicht, die
Syrakuser sofort in einer Erfolg verbürgenden Haltung den Athenern
entgegenzuführen. Er sah, dass der Aussicht auf eine siegreiche
Schlacht die militärische Reorganisation der Belagerten vorausgehen
müsse, und führte die vereinigten Truppen, statt zum Angriff auf
Heer und Festung der Athener, zurück k7:\ tyjv axpxv ttjv Tsjasvitiv
xxXouijLSvvjv, d. h. südwärts nach dem schon öfters erwähnten Theil
<les Plateaus oberhalb des Theaters. Am folgenden Tag stellte er, um
die Aufmerksamkeit der Athener zu fesseln, den grössten Theil des
Heeres vor deren Mauern auf und sandte während dem eine Abtheilung
au dem Nordrand von Epipolai hin gegen das Labdalon. Der Hand-
slreich gelang, das Fort wurde erstürmt, die athenische Besatzung
niedergemacht. Der Posten war so wie so seit der Verlegung der
Flottenstation von Thapsos nach dem grossen Hafen kaum mehr von
\utzen und wäre wohl besser aufgegeben worden. Es stand eben seit
der Srhiachl in der Anaposniederung dem langsamen, bedächtigen
und überdies kranken Nikias nicht mehr der rasche, energische und
s( hlaglerlige Lamachos zur Seite.
reberlmupt ujacht sich nunmehr ein völliger Umschlag in der
K rioi^slüluuug geltend. Die Syrakuser thun, was die Umstände
1 rlorderu ; ilie Athener begehen Fehler ; ihre Führung steht nicht
uu^hr auf der Uölie der Situation. Einmal im Besitz der nördlichen
HäU'lc vou K|üpoUu, aus welcher die Athener von jetzt an ver-
drauj^l sind, richten die Syrakuser ihre ganze Thätigkeit darauf,
da- Knwugoue a\\ belmupteu, die Verbindnncr mit dem Festland zu
— 139 —
sichern. Thuk. VII 4: vix\ ;x£Ta Tajxa ixsi/iCov et S'jpaxoatot xal oi
C'j[i.[;.a)rci Sta twv 'ExixoXcov a::b ty)^ 'nöXsw; ap^aj/^svoi avo) irpct; xb
sYxapGtsv («in die Quere») T£r)ro? aTrXouv, Stcw^ ot 'AÖYjvaiot, et \f*ri
SuvxivTo y.toXüuat, |XY;y,cTi otG{ t£ watv ÄTCOTst/tcat. Diese dritte Verthei-
(ligungslinie, welche die Syrakuser nördlich vom Kyklos zogen, fand
das Material schon vor : es sind die Steine und das Holzwerk der
Athener, zusammengetragen und aufgehäuft für die beabsichtigte
Nordmauer ; VII 5 : o §£ Tiiknz'Koq htiyjL^e xb twv 'E'irt'jwoXwv xst^^o?^
Tci; XtOoi; XpwiJ-svo^, ou? et 'AÖYjvaiot -TrpoxapsßiXAovto a^iaiv. Der Bau
schritt rüstig fort, während die gleichzeitigen Angriffe Gylipps zuerst
auf einen weniger hoch aufgeführten Theil der athenischen Mauer in
der südlichen Niederung, alsdann gegen die Schlachtlinie der Athener
zwischen den beiderseitigen Mauern auf Epipolai zurückgeschlagen
wuiMe. Auch konnten es die Syrakuser nicht hindern, dass Nikias
mit der Flotte das Plemmyrion besetzte und daselbst drei Forts zur
Aufnahme des Materials für das Seewesen und zur Deckung der
neuen Flottenstation erbaute. Für die Athener hatte diese Verlegung
des Schiffslagers aus dem sumpfigen Nordwinkel nach dem Felsen-
voi'sprung des Plemmyrion zwar den Vortheil, dass sie, abgesehen
von dem sanitätlichen Vorzug der neuen Position, von ihr aus die
Cernierung der Stadt und ihrer Häfen auf der Seeseite viel besser
durchführen konnten ; aber sie konnten es nicht hindern, dass Gylipp
sofort den dritten Theil der syrakusischen Reiterei — offenbar auf
dem Umweg um das Belvedere herum — nach dem Olympieion zur
Verstärkung der dortigen Besatzung schickte und dass diese Reiter
<ler athenischen Schiffsmannschaft das Wasserholen von den recht
fernen Quellen her sehr erschwerten.
Und nun hörten auch die Siege der Athener vor den Mauern
von Syrakus auf. Ja der erste Landsieg der Syrakuser unter Gylipp
hatte sofort entscheidende Folgen. Nikias führte nämlich in der
Erkenntniss, dass er die syrakusische Quermauer nicht über die beab-
sichtigte und gleichfalls wieder in Angriff genommene Baulinie der
athenischen Nordmauer hinaus vorrücken lassen dürfe, sein Heer gegen
die ihren Bau' deckenden Syrakuser und wird zufolge eines feind-
lichen Reitersieges über den linken vtaxa tyjv kupuxwptav, also nord-
westlicfi vom Kyklos aufgestellten Flügel der Athener geschlagen.
Die Athener müssen sich iq xa x£ixi<7;xaxa zurückziehen; die Syrakuser
aber xy) eTrtcucY) vuy.xt I^OotGav 7:apoty.o5cji.Tf)javx£<; xal '::xpOS6>xzq xy)v x(ov
'Aöiivatiov oiKsSo^ii«. Vli 6. So war also eine vol Island ige Uinmane-
rung von Syrakus nichl melir möglich, die Athener halten denn
vorher erst die reindliche Mauer erobern müssen. Freilicli waren sii;
schon zweimal in derselben Lage gewesen und warben des Hinder-
nisses Herr geworden. Abei' diesmal wai' der Fall ein [tanz anderei'
durch die Umstände, welche dem Mauerban vorausgegangen waren.
Denn die UeberHiigelunj,' der Athener war bei dieser dritten Quer-
inauer der Syrukuser die Folge einer siegreichen Feldschlacht, also
das Resultat einer schon bewiesenen und anerkannten Ueberle^enheit .
Dies musstü das Verlraiicn der Athener brechen und einen Angrifl"
auf die Mauer von vornherein lähmen. Und deren Bedeutung wurde
noch erhöht, als sie mil Hülfe der eben in Syrakus eingetroffenen
Kortnther, Ambrukioteii und Leukadier nach Westen bin Ibrigesetzt
wui-de: xi; ^uviTi'-xmav Tb AotitÖv toi; -jpaiwtiisi; tsÜ sv/.jpotou Tii/oy?.
VII 7. Die Handschriften haben hier freilich ^iyy. -oÜ i-^ji^iau Tstyw;.
Aber in der Gesc/iic/tie SicÜienx, II 392 — 395, haben wir zu
beweisen versucht, dass diese Worte keinen befriedigenden Sinn
enthalten und vorgeschlagen, [ai/si /.u entfernen. Classen hat dem
heii^estiminl, und Stahl sogar allo vier Worte ausgeschieden^ was zu
demselben Ziele führt.
Jetzt beginnt Nikias an dem glücklichen Ausgange des Feldzug.s
zu verzweiff^ln und verlangt, dass die Athener ihm bei seiner anhal-
lenden Kränklichkeil einen Nachfolger geben. Diese aber beschliessen,
seine Entlassung nicht anzunehmen, jedoch ihnk zwei Kollegen zur
Seite zu stellen, Eurymedon, der Sicilien von seiner Expedition im
Jahre 424 her kannte, und Demosthenes, den Helden von Pylos.
Der erste wurde unveraiiglieh nach Sicilien geschickt; Demosthenes
sollte im nächsten Früliling folgen. So vergehl der Winter 414 — 413
mit Vorbereitungen auf beiden Seiten, und die Syrakuser entwickeln
dabei nicht weniger ThalhrafL als die Athener.
§ 10. Erste KriegBcreignisse des Jahres 413. ~ Nächtlicher Uebei'fall
d«s Demosthenes.
Da.'^ Meer hallen die Syrakuser bisher vollständig den Athenern
überlassen. Jetzt, wo unter der Führung Gyüpps ihr Muth und ihr
Selbstvertrauen gewachsen waren, versuchten sie es auch zur See,
den Feinden das Üeiwrgewicbl streitig zu machen. Am erforderlichen
— IM —
Material fehlte es ihnen nicht ; sie rüsteten also eine Flotte aus, und
der erste Schlag, den sie mit ihrer Hidfe zu führen wagten, gelang-
wenigstens theil weise. Sie Hessen nämlich von den Schiffshäusern
des grossen Hafens 35, von dem Arsenal im kleinen Hafen 45 Schiffe
auslaufen und griffen mit diesen beiden Flotten die 60 Schiffe an,
welche ihnen die Athener entgegenstellen konnten. Zwar verloren die
Syrakuser die Seeschlacht, in welcher sie anfänglich siegreich
waren ; aber während die Athener ihre ganze Aufmerksamkeit auf
die Ereignisse zur See richten, überrumpelt Gylipp von der Land-
Seite, d. h. vom Olympieion her, die drei athenischen Forts auf dem
Plemmyrion, -rb [^ivKjTov TupwTov, STret-ra Bs y.ai Ta iXa^ato Suo. VH 23.
Die Besatzung rettet sich auf die Schiffe, das ganze Kriegsmaterial
aber, welches die Athener in den F'orts aufgestapelt hatten, wird
von dem Sieger erbeutet. Für den Seesieg errichteten die Athener
ein Siegeszeichen h tw v/;Gto(o) t(o irpo tou lVkr^\j,\):j^[o\i und zogen sich
<lann in ihr Hauptlager zwischen den zwei Parallelmauern nördlich
vom Anapos zurück. Auch die Syrakuser errichteten für die drei
genommenen Forts, von denen sie eines zerstörten, drei Sieges-
zeichen. Von weit grösserer Wichtigkeit als die sehr reiche Beute
war für die Syrakuser die nunmehr gewonnene Ueberzeugung, dass
sie auch zur See es wagen könnten, den Athenern entgegenzutreten,
und die Möglichkeit, von dem Plemmyrion aus diesen die bisher
ungehinderte Fahrt nach und aus dem grossen Hafen zu verlegen,
sowie die Proviantzufuhr zur See bedeutend zu erschweren.
Auf der einmal betretenen Bahn schritten die Syrakuser weiter.
Siti wussten, dass in kurzem die grosse Ersatzflotte unter Demosthenes
und Eurymedon, welcher dem ersteren von Sicihen entgegengefahren
war, anlangen würde. Sollte es nicht möglich sein, vorher die
Athener wenigstens auf dem Meere völlig zu schlagen ? So richteten
denn die Syrakuser einen kombinierten Angriff gegen sie; zu Land
rückten sowohl aus der Stadt als vom Olympieion her Hopliten, Reiter
und Leichtbewaffnete gegen die feindliche Doppelmauer vor und fassten
sie in der Mitte ; zur See aber näherte sich die syrakusische Flotte
der athenischen Station ; Thuk. VH 37. Zwei Tage lang wichen die
Athener einer Seeschlacht aus ; am dritten Hessen sie sich durch
eine Kriegslist täuschen. Die Syrakuser nämlich brachen gegen Mittag
den lau geführten Kampf ab und fuhren nach der Stadt zurück.
Desdeichen kehrten nun auch die Athener zu ihrer Station heim und
— 142 —
wollten, In der Meinung, dass die Gegner für diesen Tag den Kanipf
nicht wieder zu beginnen wagten, in Gern ü thi ich keit ihr Mittagsmahl
einnehmen. Jedoch die Syrakiiser hallen die nothwendigen Lebens-
mittel (tjjv äyopiv töv 7C(d>.ouiasvuvj Vil 39) zum Zweck des Verkaufs
an die Soldaten aus der StadI nach dem Strande schaffen lassen und
fuhren nach rasch heendi^^ter Mahlzeit in trefflicher Ordnung wieder
gegen die Atheaev. Diese nahmen thörichter Weise die Herausfor-
derung an, liefen in Unordnung, zum grössten Theil nüchtern, aus
und wurden unter Verlust einiger Schiffe hesi^t.
Die Syrakuser sind entschlossen, durch weitere Angriffe an den
nächsten Tapen den ersten Seesieg zu verfolgen. Da kommen
Demostiienes und Eurymedon an, und grosse Bestürzung ergreift die
eben noch so hoffnungsreichen Gegner, Auf diese Stimmung liaut
Demosthene.s seinen Plan. Derselbe konnte nur dahin gehen, sich in
Besitz der syrakusischen Quermauer zu setzen, nach deren Einnahme
der Bau einer vierten unmöglich, der Fall der Stadt unabwendbar
war. Nachdem Demosthenes den Athenern wieder freie Bewegung
verschafft, so dass sie, oiTenbar nach längerer Pause, fast unbelästigt
von Seiten der eingeschüchterten Feinde im Anaposlhal fouragierteu,
schritt er zum direkten Sturm gegen das xapaTstx'-oiJ-a, wie VII -W
die früher mit i'iv.ipi:cv "S'Z^? I>ezeichnete syrakusiscbe Quermauer
genannt wird. Aber die Syrakuser verbrennen seine Belagerungs-
maschinen, und nun glaubt er, ein anderes Mitlei anwenden zu
müssen. Auch die beiden erslen Male waren die feindlichen Gegen-
mauern dui'ch Ueberraschung genommen worden. Diesmal heschüessen
die alheniscbeji Feldherren, den Gegner zur Nachtzeit im Rücken zu
überfallen.
So zog denn, unter Zurücklassung des Nikias und geringer
Besatzung, Demosthenes an der Spitze des ganzen Heeres aus. Der
fünftägige Proviant und die umfassende Ausrüstung weist auf eine
weitere Expedition zu eventuell längeren Kämpfen hin. Ka't ii:g'.hr,
i-^ivovTo ■xpac aÜTat^ {'<üq T,TCi7:dKaXi) y.!itä Tbv Eäp6>)Xov, ^::ep xai r,
TipoTipi trrpatiä "^ itpÖTov i-ii^r,, Xaveivouo! ts to'u^ ?ü>,axin; xCm J.-jp!t-
jwoiuiv xai r.poi^dnzi; -a iüyi'S\m, Ö ijv aü-iÖi, twv Supaxociwv aipojc.
y.a'[ äySpae tÜiv fi\ii».w iTiox-usivoyaiv, VII 43. Nachdem sie also <laf.
heutige Belvedere westlich umgangen, erklommen sie den Abhang
von Epipolai an der uns schon bekannten Stelle noi-döstlieb von
dem späteien Fort Euryalos und bemächliglen sich rasch einer
— 443 —
Schanze, mit welcher die Syrakuser den dortigen Aufgang gesperrt
hatten. Nun hatten sie h^eies Feld, die Mauer von hinten zu fassen,
welche von vorne zu erobern missglückt war. Wirklich gelang es
auch einer- Abtheilung, den westlichen Theil derselben zu nehmen
und sofort den Beginn ihrer Zerstörung zu machen : aXXoi Se tc «7:0
T75? 7cpü)TV3^ •;:apaT£()rta[i.a twv SjpaxofJiwv, oüx 'J7^o|Jt.sv6vTwv twv oüXaxwv,
T^pouv T£ Kai Ta<; e-juiX^Ei? äirsaupov. Die Syrakuser standen auf Epipolai
in drei befestigten Lagern ^ : atpa-iTrsSa, a yJv kzi töv 'EirtTroXtüv Tpta
£v TcpoTe'.xt'ajjLaatv ; sie eilten sofort aus ihnen den Athenern entgegen,
wurden aber zurückgeworfen. Die Sieger drangen rasch, aber nicht
mehr in gehöriger Ordnung, vor. Jedoch an den Boeotiern bricht
sich ihr Stoss, der Kampf kommt zum Stehen, und bald müssen die
Athener vor dön Syrakusern, welche ihre Fassung wieder gewonnen
haben, weichen. Der Rückzug verwandelt sich bei der Nacht und
dem unbekannten Terrain in wilde Flucht. Viele fallen xat B'.toy.c[ji.£vo'.
xaTa Tü)v y.pYjfJivwv tcoXXoi p'.'j:touvi:£; koL'j'ohq a'j:(i)XXuvTO (rw£VYi<; ouffrj? Tvi<;
oLTzc T(üv 'Exi-TToXwv TUixXiv xaTaßaG£to^. VII 44. Viele andere werden
in der Ebene zusammen gehauen, da sie den Rückweg zum Lager
nicht finden können. Es war eine vollständige Niederlage der
Athener. Zwei syrakusische Siegeszeichen erhoben sich an den beiden
wichtigsten Stellen des Schlachtfeldes, da, wo die Angreifer herauf-
g*estiegen waren, und da, wo die Boeotier dem Siegeslauf der Athener
Halt geboten hatten : £7:t t£ -rat- 'ETciiroXat;, yj y) 'rrpöaßaat^, y,al y.ata
TO )rtaptov, fi ot BctwTol av':£7':Y;aav. VII 45.
§ 11. 'Letzte Niederlagen der Athener vor Syrakus.
Dieser Schlag vernichtete jede Hoffnung auf F]roberung der
belagerten Stadt. Ja die Lage der Athener war nun geradezu eine
verzweifelte geworden. Denn in ihrem Heere hatte der Aufenthalt in
den Sümpfen während der Sommerhitze ansteckende Krankheiten
hervorgebracht, welche den Soldaten von Tag zu Tag mehr die
Körperkräfte und das Selbstvertrauen raubten. So begann man ernst-
lich an die Preisgabe von Sicilien und die Heimkehr nach Griechen-
land zu denken, und dies um so mehr, da die eigene Vaterstadt
i Kap. 42 und 44 werden diese auch in die Singularbezeichnung ffTpaTiue^ov
zusammengefasst. L.
— 140 —
Mi( diesem Irrihum i.st alier noch ein anderer vcrknfipfl, welcher
siih von Mirahella bis zu Seiradifalco durch die Topographien von
Syrakus hindurchzieht und erst hei Grote und Kiepert verschwunden
isl. Man nahm nämlich an, dass der nur bei Plutarcli, Nik. 24,
irwfdmle Tempel des Herakle» in der Nähe der Bucht Daskon
Ijitstanden habe. Der Sclirifsteller beiichlet in Uebereinslimrauny
mit Thukydides die /usamnienziehung des Athenerlagers auf die
Niederung am grossen Hafen mit Tolgendcn "Worten : -zh-t Se /.üttov
1//.0V äiTi^si i:apä zr,v Oüacsav o Nixia; £/.Xt:;cüv TÖ [Asya cTpaTi'iäsv
v.»! ti -t'-yr, ~.ä irjva~ov:a -pc; xh 'Hpän/.sisv. Es ergibt sieh also
liieraus für den Herakleslempel ein Ort auf Epipolai in der Nähe
des Kyklos.
Nun folgt die gewallige Seeschlacht, welche über das Schicksal
der Alhener entscheidet. Sie ist von Thukydides VII 00-12 meister-
li.ift geschilderl; dazu finden wir bei Diodur XIII 14-17 einijrc
Mülzliche Einzelheiten über dieselbe (s. Gesch. tiiv. II y(i2). Die
Alhener werden völlig geschlagen und beschüessen nun den Itückzujf
2U Lund.
§ 12. Rückzug der Athener.
Der Rückzug der Athener bildet ein besonders inleressanles
Kupilel der Belagerungsgeschichte. Er isl in steler Deziehung auf die
Tinrographie der Umgegend von Syrakus zum crslen Mal in der
Oimchiclitc Sicilieun II 397-401 behandelt worden. Nunmehr sind
wir in der Lage, versichern zu können, dasa die letzten Unter-
suchungen, welche wir im Jahi« 1881 über diesen Gegenstand aiige-
slellt hüben, die dort geäusserten Ansichten nur bestätigen.
Die einzige Quelle unserer Kenntniss des Rückzugs is! der
ili-riclit des Thukydides VII 72 II'. Diodor ist für uns ohne Ellen
Nutzen, da er wenige Einzelheiten bietet und überdies hi einem
wichtigen Punkt ungenau oder, wenn wir wollen, zu summarisch tu '
seiner Erzählung ist : er Jässt Demosthenes und Nikias i:p;; -üi Äjiväpi.i
-"»[j-iü gefangen nehmen. Plutarch hat fast noch weniger Delail
ITn' die Topographie.
Wie schon oben gesagt, war der Ausgangspunkt für den Marsch
der Athener das Ufergebiet zwischen der Anaposmündung und der v
Slatll. Es ist wichtig dies im Auge zu behalten. Denn, da Thukydides
L
— 147 —
^agt, dass die Athener den Fluss überschritten, kommt es darauf an
^u wissen, auf welchem Ufer desselben sie sich beim Ausrucken aus
<lem Lager befanden.
Was den Zielpunkt des athenischen Marsches betrifft, so herrscht
unter den neueren Historikern noch immer keine Uebereinstimmung;
wir können nur das aufrecht erhalten, was inderGesc/t. Sic. gesagt
ist, und geben uns der Hoffnung hin, dass die folgenden Seiten
<lie damaligen Auseinandersetzungen noch mehr bekräftigen werden.
Diodor XHI 18 sagt in seinem dürftigen Bericht, dass die
Athener auf ihrem Rückzug Tpor^^av £7:1 Kaxivr^r, und fugt dement-
sprechend gleich darauf Kap. i9 hinzu: et 5s Supayicioi... £7:1 ipiXq o^
-f<[;ipa; £7:axo)vOu6ouvT£r /.al 7:avTay50£V 7:poXa;j.3avcv':£; oLizeip-^^z^ cjOu-op£?7
^pc? Tr]v c6[j.ii.ayov KaTavr^v. Dies ist aber ein Irrthum, wie sich sowohl
aus Thukydides als auch aus der Bodenbeschaffenheit der UmffCJf^w»?
\on Syrakus ergibt. Wir lesen Thuk. VH 60, dass vor der letzten
Seeschlacht die Athener den Beschluss fasslen : Btava'jp.a-/r)(7avT£;, y^;
IjXv vixiostv, £; KaTavT/; y.oiJ/!?£aOat, t?)v 5k »j.y), £{ji.7:pri(javT£c Ta; vaj<;
^£wYi ^'jVTaSap.£vci OLTzoytiipeh^ y) av idyi'TZT. (jiXXwai tivoc yio^iyj t^,
fiapßap'.y.ou ifi 'EXXr/^iy.su <^Ckhj avTi/vY;t]/£70a'.. Die Athener stehen hier
\or einer Alternative. Im Falle des Sieges wollen sie auf ihrer Flolte
nach Katane fahren, im Falle der Niederlage aber zu Land nach
irgend einer befreundeten Barbaren- oder Hellenenstadt marschieren.
Sie wurden in der Seeschlacht besiegt, mussten also durch den
Land marsch irgend eine befreundete Stadt auf Sicilien zu erreichen
suchen. Und einen solchen Punkt hat auch Nikias im Auge, wenn
«r in seiner Anrede an das Heer unmittelbar vor dem Abzug VH
77 sagt: y,al t^,v dvTiXai3wp.£0a tou (piXtou ycopiou töv Sty.sXwv (sutc. vap
Y,i;.T; 3ia to 2upay.oa{(i)v Ssc? Iv. ßsßaio'! £Wtv), yjBy; vop.iCe'r£ ev to) i/upo)
£Tvai. 7:po7:£7:e[XXTa'. S' (o; aÜTou; y.al d7:avTäv £ipYj|jL£vcv y,al ctiia a;j.a
v.s'j.t?£iv. Schhesslich steht VH 80 ausdrücklich : y^v 3k yj 5j[j.7:aaa cBc;
xJTri c'JX 17:1 KaTavT^; tw CTpxT£6p.aT'., dXXa y.aTa to £T£pov \).ipzz 'f,;
lty.£7.{a? To 7:pb; Ka[J!.aptvav y.al TeXav y.al xd; TajTYj 7:6X£'.; y.al 'EXXvjv($a;
y,ai ßapßdpou?. Allerdings macht Thukydides diese Bemerkung erst,
als er bereits gesagt, dass der athenische Feldherr, vom 'Ay.palov X£7:a;
zurückgeschlagen, die Marschrichtung zu ändern beschlossen habe :
iAT;x.£"i Ty)v a'jTYjv 65c V, yj hvKrfit^cx/, dXXi TOUvavTiov 9) et Sjpay.cs'.c.
ETYjpouv, 7:pb; tyjv OaXa^aav, also jetzt nicht mehr geraden Weges ins
Innere vordringen, sondern zunächst der Meeresküste entlang ziehen-
— l/i8 —
wolle. Daraus hat man gefolgert, class die Worle ti c'j;jLTac»a 5Bb; OLurr,
lediglich diese neue Phase des Marsches, und nicht den Gesamlzu«^
von Syrakus aus hezeichneten. Thukydides selbst aber hat sie offenbar
von diesem und nicht bloss von einem Theile desselben verstanden.
Es beweist dies die Beziehung der Worte 'zäq •za.drri i:6Xe.q y.at
'EXXr^vöa^ y,ai ßapßapsuc, Kap. 80, zu der oben cilierten Stelle Kap. 60 :
^ äv Td/tcTa [xdXXwai tivo? /wpbu y^j ßapßipo'j tq 'EXXTQvtxoy <fOdy^
ÄvTtXf|(}/£c6a'., Wie hier das Ziel der Athener für den Fall eiuei-
Niederlage zur See angegeben wird, so ist dort derselbe Gedanke
ausgedrückt; und wie dort die Versicherung vorausgeht, dass sie als-
Sieger nach Katane gefahren sein würden: y^v jxkv vizw^tv, ig Ka-rivr//
y.oi/.iC£<jOai, so bezeichnen die Worte r^v Bk ri Suj^-irasa blcq äutt; o'jx sttc
KaTavr^g u. s. w. offenbar das Ziel des ganzen Rückzugs von Syrakus^
i)ach(^m (Jie Hoffnung der Athener auf einen Seesieg zu Schandei>
geworden war. Zu demselben Resultat kommen wir durch die
Beziehung, welche zwei andere Stellen unter einander haben. VII 8(>
wenden sich die Athener nach dem vergeblichen Versuch, über da&
'Axpatov ASTrag ins Binnenland vorzudringen, dem Meere zu. Sie haben
die Absicht, das Thal des Kakyparis hinaufzusteigen : yjAtciCov ^ap y,al
Tcu? 2iy.£Xou? TauTTj, cu<; y.t'zTziif.^oLV'ZQy aTTavTYjsscOai. Diese Worte
erinnern an die oben aus Kap. 77 citierlen, wo Nikias sagte ::
T.poT:iT:e\x7:-:oL{ o' wg auTO'j? y.ai a-jravTav eipr/^jivcv y.al giv.ol x[X3. xo[;.uetv-
An beiden Stellen ist natürlich eine und dieselbe Aufforderunji
der Sikeler gemeint. Wenn nun, wie aus Kap. 80 erhellt, die Sikeler
von vorneherein nach der Gegend des Kakyparis bestellt waren —
TauTYj a-avTY;a£cOat ist der willkommenste Kommentar zu a7:avTav
£tpr^j;ivov — , so konnten die Athener gar nicht die Absicht haben,,
zu Land nach Katane zu marschieren.
Ueberdies .müssen die Athener den Rückzug in der Richtunji'
auf Katane, wenn er auch zweifelsohne der vortheilhaftesfe war, doch
im Augenblick des Aufbruchs kaum mehr für ausführbar gehallei>
haben. Um von der Südseite der Stadt Syrakus nach Katane zu
gelangen, gab es keine andre Strasse als die, welche durch die Ter^
rainsenkung zwischen Belvedere und dem Thymbrisgebirge (Monle
Crimiti) hindurchführfe; denn den Uebergang über Epipolai zu for-
cieren war den Athenern ebenso unmöglich, wie quer durch den
steilen und machtigen Thymbris zu ziehen. Nun überliefert aber
"Thukydides VII 74 : Süpay.d^toi 2k y,ai FuXiTrTwo; Tto ;x£v 7:£?(o xpoe$£XöcvT£^
— 149 —
-ra? T£ o^ou; Ta; xxta ir^j ydipoL^, tj sab; r<v to'j; 'AOY;va{o'j; liva?,
■v.at e; u-oBoy^rjv tou GTpaT£Uii.a-:o? to; xwXusovtcC, ^ eB^xsi, sxa^aovTO,
«nd gerade diese Verlegung der Wege hatte Hermokrates, um die
Athener hinzuhalten und Zeit für die strategischen Dispositionen des
'Gylipp zu gewinnen, dem Nikias durch vermeintliche Freunde melden
fassen, VII 73. Freilich bezog sich die Sperrung auf alle Wege,
-welche von Syrakus landwärts führten, aber wie einerseits die Syra-
Jvuser in erster Linie die Wege, welche mehr oder weniger direkt
amch Katane gingen, besetzt halten mussten, so mussten andrerseits
^ic Athener, wohl wissend, dass den Syrakusern ihr glühendes Ver-
langen gerade nach Katane zurückzukehren bekannt war, voraussetzen,
4lass die einzige Heerstrasse von Syrakus nach Katane von den Feinden
besonders stark verschanzt und bewacht sei.
Diese Ueberlegung führte noth wendiger weise die Athener dazu,
Jiicht diesen, sondern vielmehr einen andern Weg zu wählen. Der
Norden war ihnen versperrt; somit blieb ihnen nur der Westen oder
4ier Süden übrig. Hier waren zwei Wege möglich. Die von zahlreichen
Flussbetten durchfurchte Hochebene, welche den ganzen Südwinkel
iSiciliens einnimmt und im Monte Lauro gipfelt, trug Sikeler-Städte
und Dörfer, welche den besiegten Athenern als Zuflucht dienen
konnten. Ihr Ziel musste also diese Hochebene sein, und, um es zu
.erreichen, mussten sie eines der tiefeingeschnittenen, meist trockenen
Flussthäler (Torrenti), welche natürliche Strassen auf die Höhe
l)ilden, hinaufsteigen. Aber sie konnten entweder gleich das erste
^lieser Thäler westlich von Syrakus wählen, oder zunächst der Küsfe
rf^üdwärts folgen, um später an passender Stelle die Höhe zu gewinnen.
Die Athener entschieden sich für den ersteren Weg, der sie zu dem
'Ay.patov Xexa; führte, und erst, als sie von da zurückgeschlagen
waren, zogen sie den zweiten. Aber obgleich sie nach Thukydides
-^lie Absicht hatten, das Thal des Kakyparis oder das des Erineos
entlang auf die Hochebene hinaufzumarschieren, machten sie, wie
wir sehen werden, keinen ernstlichen Versuch dazu;* sie verfolgten
immer weiter den Küsten weg, bis sie am Assinaros den Feinden
«nd dem Verderben anheimfielen. Begleiten wir im folgenden die
Athener auf ihrem achttägigen Rückzug.
Erster Tag, Thuk. VII 78: Ihr Heer iyßp^ ev tzXv.t.m TstaYixivov,
-^rpwTov jjlIv 'f|YO'Jjx£vov TO N'.y.io'J, £^£7r6iX£vov Sk Tb Ar,;j.o50ivo'j;. toj?
— 150 —
II G)tiüC9^pw? y.«t w "irAsisTCv c/Acv IvTC^ J/cv si czXtTa'.. Es waren
alles in allem nicht weniger als 40000 Menschen: \j:jp'.i^t^ ^[OLp to>
^U[t/i:Tno^ o/Acü oiy- iXacacu? zgccipM^f 0^7. ercpe'JovTo, VII 75. Weiler
Jieisst es an obij^er Stelle : y.at h:v?Jt\ eYSvovTO I-tik tt, ctaßaaei tcS
'AvaTTO'J TTGTa/Gü, süpcv e::' auro) ^apaTSTaYJASvs'j^ twv -jpaxosiwv y.al
$ülJH;.a/(i)v, x,ai Tps'^aiJisvsi aÜTou; y,al y.paTYjjavTs; Toi3 Tspoj ex^pouv £-
TO xpdcOsv. Sie erzwingen also den Anaposübergang ^egen feindliche
Truppen, d. h. sie gehen von dem linken, nördlichen Flussufer auf
das rechte, südliche hinüber. Diese erste Marschoperalion würde,
wenn es nöthig wäre, einen neuen Beweis dafür abgeben, dass siiv
nicht die Absicht hatten nach Katane zu g^elien. Der Kampf an der
Anaposbrücke hatte Zeit gekostet; auch nachher fortwahrend von dea
Feinden umschwärmt kommen sie an diesem Tag nur 40 Stadien
weit : et Es -upay.fcis'. '^rapnrTts'JovTe^ ts 'üpoasy.s'.vTo y.a\ icaKovTiCcvTe; et
4<tAo(. y.ai xauTYj {A£v tyj 'niJ.spa irpoeXOövTe; cTaotcJ? w? T£7(japaxovTa
r|iX(aavTo 7:pb? Af^w Ttvl et AOr^vaict. Unschwer lässt sich die Gegend
<lieses ersten Nachtquartiers wiederlinden. Der Aufbruch aus dem
Lager ei'folgte in der sumpfigen Niederung an der Küste. 40 Stadien,.
d. h. c. üüOO m (s. S. '24 Anm.) weiter westlich langten sie an.
einem Punkt an, welcher etwa 2-3 km südwestlich von Belvedere-
liegl, also auf der heutigen Strasse von Syrakus nach Floridia ungefähr
•] km westlich von der Anaposbrücke, wo sich das Terrain in niedrigen
Hügelwellen allmählich nach Floridia zu hebt. Ob sie aber den Fluss-
gerade da überschritten haben, wissen wir nicht. Wir w^erden ^in der
(leschichle Dions seilen, dass die Strasse von Syrakus nach Akrai
den Anapos wahrscheinlich etwa da kreuzte, wo heule die Slrasse-
nach (nanicattini.
Zweiter Tag. Thuk. YII 78 : ty; S' j^tspata ^rpo) sirops'jevTo
y.ai zpoYjXOov loq sixe^t a-raStou^, xat /.a-rs^Yj^av^ s; X^piov a-sBev xt xal
auToti cfftpaTOTTs^s'jaavTO ßsjXcjJisvot sy, ts twv etxiwv Xaßstv Tt e$u)Bt;Aev
* Der Ausdruck y,aT£ßr|jav findet durch die Bodenbeschaflenheit ia der dor-
ti{?en Gegend keine geeignete Erklärung. Das Terrain steigt, wie ich bei meiner
Wanderung von Syrakus über Floridia nach der Cava di Culatrello (s. S. 152 IF.)
gesehen habe und auch auf der italienischen Generalstabskarte ersichtlich ist, in
schwachen Wellen allmählich bis Floridia auf, und die dortige Ebene liegt höher
als die bisherige Marschroute der Athener, nicht niedriger. Entweder ist also. daS'
Wort fehlerhall Oberliefert, oder Thukjdides drQckt sich topographisch nicht ganz,
richtig aus. wenn er von einem Hinabsteigen spricht. L.
_ 151 —
(wx-siTo vap b yßpj^;) /.al jsojp \kz'% cxfwv a-jTwv 9£p£sOa'. ajTiOsv. iv ^ap
w'jpay.cc'.s'. iv tojtw ::p5£)^05VTs; tyjv SisBsv tt^v ev tw zp5(jO£v dTETet/'-t^v.
tjv 5i As^o^ y.apT£pb; y,at £y.a':£p(i)Ö£V aOis^ /apaopa y.pr^[xv(t)or|;, £xaX£l':o
c£ ÄT-paiov Xf-a?. Zwar überliefert es Thukydides nicht ausdrücklich,
aber wir müssen aus der sehr geringen Strecke von nur 20 Stadion
oder 3000 m, welche die Athener an diesem Tage vorwärts kamen,
schliessen, dass sie wieder durch stete Kämpfe mit den Feinden auf-
j^ehalfen wurden. Ihr Lager schlugen sie in einer bewohnten Ebene
auf, wo sie sich mit einigen Lebensmitteln und mit Wasser vci-
proviantierten. Sie waren mit den 20 Stadien bei dem heutigen Flo-
ridia angekommen, welches selbst noch in ebener, wohlbewässertcM-
Gegend liegt, hinter dem aber bald das Aufsteigen zu dem felsigen
und trockenen Hochplateau beginnt. Zwar mussten sie ihren Weg
durch das Bett eines jener für Sicihen so charakteristischen Giess-
bache nehmen ; aber die ersten Herbstregen waren noch nicht gefallen
und sie konnten nicht sicher darauf rechnen, in dem Geklülle
Wasser zu finden. Unterdessen besetzten die Syrakuser das 'Äy,pat5/
Xiizxc, die vorspringende Berghöhe, welche den Aufweg nach der
Hochebene beherrscht.
Dritter Tag. Thuk. VH 78 ; tyj S'j^iEpaia ot AOr,vaTct ::poifi£ajcv,
y,xl ci ^wy Sjpay.oaiü) ^ %xi ?u;j.;jLa)ra)v auTou«; t7:7:Y;^ y.al axovTiCTXi
svTc? TToXXol £y,a":cp(i)0£v £X.toAJov y,al .£Tr//,5vTt^iv T£ y.al '::xp{7:7:£Uov. y.a».
Xpsvov [fX^ TzoVxf b^dyo'no et AOr^vatoi, £7:£'.':a a;£y^a)pr^7a7- iraXiv ic ih
Tjzo aTpaT5r£Bov. y.al tol iziirßeix c'jy.£T'. Oji-oiwr £*Xov. oj •"j'ap £t'. Slzo-
-/(opitv ciov t' yjv bi:o tw; txTriwv. Während des dritten Marschtages
versuchen die Athener zunächst das Akraion Lepas zu erreichen.
Sie können das nur, wie wir sehen werden, durch eine recht eng«^
Schlucht, welche direkt auf jenes hinführt. Jedoch kommen sie an
diesem Tag nicht einmal bis zum Eingang dieser Schlucht, welcher von
ihrem letzten Lager höchstens 4 km entfernt ist. So erklärt es sich,
dass sie auf ihrem Marsch von der feindlichen Reiterei angegriffen
w^erden konnten. Es war dies nur vor, nicht mehr in der Schlucht
möglich. Denn dieselbe ist so (^ng, dass die vielen Tausende di»s
Alhenerheeres sie mehr als ausgefüllt haben würden, ganz abgesehen
davon, dass das Terrain in der Schlucht selbst für Operationen mit
Reiterei ganz unbrauchbar ist. Da Thukydides die Zahl der Stadien,
welche die Athener am dritten Tage zurückgelegt haben, nicht
- 152 — ,
angibt, können wir nicht wissen, Jii.s zu welchem Punkte sie vor-
i^edrungen sind.
Vierter Tag. Thuk. VII 79 : 7:pu) Bs apavisi; ixopsJovTo auöi^,
cj/. ir' 6XtYwv a^JzBwv. ctsvcv ^otp TjV to /(optov. xal -Jipo^jßaAovTE^ et
'VÖYjvaTo: ^Tsr/siJLaxouv y.ai ßaXX5i^.£vot ükO -jcoXXwv 0LT:h too )v6f ou SiTavtsur
c>To? (3i'x.voi5vTO ^ap paov oi avwOev) y,al ou Suva;XiV5i ßiaaajöa». aTTsjrwpouv
TraXiv xal dveTcauovTo. Zwar {?ehngt es ihnen jetzt das Akraion I-^epas
zu erreichen, aber der Versuch es zu erstürmen schlagt fehl und sie
jriussen sich zurückziehen. Da tritt plötzlich ein Gewitter ein, welches
<lßn Athenern als .schlimme Vorbedeutung erscheint. Während sie
auf kurze Zeit Halt machen, versucht Gylipp ihnen auch den Rück-
weg zu versperren, was aber den Athenern zu verhindern gelingt :
ava7uauo[;iv(i)v Se auiwv & FuXtTCro^ y.al et Supay.fcio». Trqx^rcJfft |jipo? v.
'.■?;; (TTpaTia- ÄTUoTst/iouvTa^ au Ix tou ottiiOev aOioi)^ fi TrposXrjXuösaav.
a /Ti K£[j.^avT£; 8£ xax£Vvct c^wv autwv Tiva^ B'.sxwXucav. Darauf fährt
Tliukydides fort : /.ai |i.£Ta touto Tricv; ty} GTpaTiä avaywpyj^javTE; 7:pc<;
Tb TsBiov [xäXXov ci ÄO^vaio'. r/jX(aavTO. Also am Ende des vierten
Tages finden wir die Athener ungefähr da, wo sie am Abend des
'/weiten und des dritten gewesen waren ; vielleicht ein wenig südlicher,
immerhin aber ungefähr 60 Stadien oder 9 km von ihrem Ausgangs-
punkt am grossen Hafen entfernt.
Wo ist nun das AxpaTov XdTrac, der akraeische Fels, gewesen?
Dass auch auf diese Frage in der Gesch, Sic. die richtige Antwort
iu genauer Bestimmung des Punktes gegeben ist, glauben wir im
folgenden beweisen zu können. Von vorneherein legt der Name
'Axpaiov X£7:a<; den Gedanken nahe, dass dieser Fels auf dem Weg
von Syrakus nach Akrai gewesen sei. Das Adjektiv lasst sich kaum
iüiders erklären. Und diese Deutung stimmt mit den Thatsachen.
Denn welches sind die charakteristischen Merkmale, an denen wir
das Akraion Lepas erkennen können? Es muss südlich vom Anapos
liegen, welchen die Athener von Norden her überschritten haben.
Also kann es nicht, wie Einige gemeint haben, zum Monte Crimiti
•gehören. Dann beschreibt es Thukydides VII 78 als einen gewaltigen
Felsen (Xc^oc; /.apTcpo«;) mit Schluchten auf beiden Seiten (£y.aT£pw8£v
auTou xapaSpa x.pY)(i.v(i)5r^<;). Gerade dies ist der Charakter der Oert-
lichkeit, wo die alte Strasse von Syrakus nach Akrai aus der Tiefe
— 153 —
der Cava di Culatrello oder Spampinato zum Hochplateau aufsteigt.
Es ist die einzij^e Strasse in dieser Gegend, welche auf der Höhe
weitere Fortsetzungen zu den dortigen Slädten hat und nicht, wie
einige Pfade, zwar hinaufführt, aher dann sich bald in den Feldern
verliert. Ein Heer mit grossem Tross, wie das der Athener, konnte
nur eine solche Hauptstrasse wählen. Nun existiert zwar seit einigen
Jahren eine neue Fahrstrasse zwischen Syrakus und Palazzolo (Akrai) ;
*iber sie macht einen grossen Umweg nach Norden und der Charakter
der von ihr durchschnittenen Gegenden entspricht in keiner Weise
<lem des Weges, welchen Thukydides beschreibt. An dem Punkte
dagegen, welchen wir für das Akraion Lepas halten, vereinigen sich
'zwei zumal für ein Heer ungangbare Torrenti mit abschüssigen
Uandern, um die Cava di Culatrello oder Spampinato zu bilden, und
ebenda steigt der von Osten her kommende Landweg aus der Tiefe
<ler Cava die zwischen jenen zwei Torrenti aufragende Anhöhe hinauf,
welche eine Neigung von ungefähr 30 Grad hat und, je mehr sie
i:>ich westwärts erhebt, desto breiler wird. Hier haben wir also den
Accpo; y,apT£pb^ und haben zu seinen beiden Seiten je eine yjxpi^px
y,oY)|jLvo)Bv3;. Von diesem Hügel aus konnten die Syrakuser hinter einer
Mauer, welche sie von der einen Schlucht nach der andern hinüber-
4^eführt hatten, in vortheilhaftester Stellung ((j-cpaiia 7:apaT£TaY[/.£vyj
(yjy, £"' cXi^wv asirtSwv), mehrere Reihen Bewaffneter hintereinander und
4lie Hintermänner jedesmal ihre Vordermänner überragend, mit Leich-
tigkeit die Athener zurückweisen.
Ein noch grösserer Beweis für die Richtigkeit unsrer Identifi-
4ierung des Akraion Lepas mit jener Anhöhe in der Cava di Cula-
trello ist der Umstand, dass die Syrakuser nachher versucht haben,
<lie Athener von zwei Seiten zu fassen, indem die eine Abtheilung
Soldaten zur Verbarri kadier ung der Strasse aussandten, durch welche
jene gekommen waren und auch wieder zurückkehren mussten. Es
setzt dies nämlich voraus, dass die Athener vor ihrer Ankunft an
<lem Akraion Lepas durch einen Hohlweg hatten ziehen müssen.
So vereinigen die von uns für den Weg zum Akraion Lepas ins
Auge gefassten Lokalitäten und das Akraion Lepas selbst alle Bedin-
gungen in sich, welche sich aus der anschaulichen Schilderung des
Thukydides ergeben. In dieser Konstatierung des westlichsten Zieles,
welches die Athener auf ihrem Rückzug erreichen, sind wir im Ein-
verständniss mit einem Gelehrten, der besser als wir diese Gegenden
— 15i —
, kennt, Dr. Ilalia-Nicastro, welcher in seinen Riceixhi per la stona
dei popoli Acresi, Comiso 1873, S. 53, als Name der von den Athener
passierten Thalschliicht nur Cava Spampinalo angiebt. Unsere auf
die General Stabs kaiHe gegründete und in der Gesck. Sic. 11, 400 ans-
};esprouhenc Muthmassun<r, dass dieser Name nur eine andre Bezeicli-
nun^' der Cava Culatrello sei, hat sich an Ort und Stelle vollständig
hestütigt, indem die Bauern die Schlucht mit beiden Namen belegten.
Ks lässt sich demnach als ein für die Wissenschaft gesichertes Resultat
lietractiten, dass die Athener durch die heute mit dem Namen Gula-
ti-ello oder Spampinato bezeichnete Schlucht nach dem Akraion Lepa^
vorgedrungen sind.
Fünftel- Tag. Thuk. VII 79 : t^ 3' üstjpiia -p-.V/upo-Jv, v.A v.
•fAvX,vi, xa'i Et l*£V äi:!S!£V es Ä6ijvaioi, ü-r/;wpo'Jv, ei 5' ivaxwpsrr;,
^-Ixe'VTs, X« [MtXtsTi TS!; üsriToii; 7i^'jsixr.\vr.^%,, v. ^w; y.aTÄ ßpa/>
TpsJ'aiu-, Ol tAi Tb Q'^i.-.si\^% ^ä^osiav. »ai l-\ ;;oXü [t'iv tscoutw TfsTw
V* tu ::Eäiqr ivs/ijpTiSaj oe i.V. oi Sypwiswi ät:' aiJT&^ i.^ tb ea'JTÜ*
3-:p3iTiT:e5cv. Wir nehmen mit Kiepert an, dass der Ort, wo die
Athener am Abend des vierten Tages lagerten, ein wenig südlich
von ihrem drillen Nachtlager war. Am fünften Tag versucfiten sie vor-
zurücken. Ihre Absicht war dabei olTenbar, eine Nachbarschlucht zu
gewinnen, durch welche sie auf die Hochebene hinaufsteigen könnten.
Aber wieder von den Syrakusern umringt und bedrängt gelingt es
ihnen nur 5-6 Stadien, d. h. 750-900 m, vorwärts zu kommen.
Augenscheinlich sind sie gar nicht in eine Schlucht eingedrungen;
denn nach langem vergeblichem Ringen mussten sie schliesslich in
der Ebene (i* tiji tteSlm) Halt machen, um sich auszuruhen. Wir ,
werden also diese Lagerstätte der Athener abermals ein wenig süd-
licher von der vorigen anzusptzen haben, da sie nach dieser Seite
hin die Mündung einer Schlucht suchen mussten.
Jetzt aber tritt der Rückzug der Athener in eine neue Phase.
Sie ändern nämlich ihre Marschrichtung : T^^ 3k vjxts; tw Nix'4 %■£<.
ir,iJ,33Ö=v:'. I35X«, 67ce'.äi) xxaü; afffft ts STpitsy;*! st/_£ -tfiW IjnTfjSeiwv
::ivTtuv äi:op!a i^Sii, "Kx: ÄXT3TiTp3UiAiTto[ji.Evsi ^tsv tioXXsi gv icoÄXi?;
rr^i OTpaTiiv, iJnjxsTi tijw Art;* £3öv ^ 5ievs^Q»;;iv, iXXi Tsyvavriov \ et
-'Jpaxssioi ET-^poJv, ^ps; riiv OäXaooav ^v äs t; |6;iii:a3a s3i; xütj; oüx
— d 55 —
-TTpb;; Kai;.ap'.vav xal FeXav xai t«? Tauiirj TwiXs'.q y,at 'EXXr^vtoa^ y,xl
ßapßapou;. Thuk. VII 80. Der Gruad des neuen Planes ist klar; da
sie nicht westlich von Syrakus zu dem Bargland emporsteigen konnten^
so hofften sie in etwas weiterer Entfernung nach Süden hin eineji
weniger stark besetzten Punkt zu treffen, wo es ihnen leichter sein
wurde ins Binnenland vorzudringen. Sie kehrten also noch in i\gv
Nacht in südöstlicher Richtung nach dem Meere hin zurück und
verfolgten süiwärts die Elorinische Strasse.
Sechster Tag. Auch diesmal eröffnete die hesser disciplinierte
Division des Nikias den Zug; die des Demosthenes folgte nach. Da
die Syrakuser durch die grosse Menge von Wachtfeuern, welche die
Athener an dem Lagerplatz zurückgelassen hatten, sich in der That
hatten täuschen lassen, erreichten letztere, ohne belästigt zu werde» ^
hei Sonnenaufgang die Meeresküste und bogen in die Elorinische
Strasse ein, um am Kakypiris angelangt in dessen Thalschlucht den
am Akraion Lepas vereitelten Versuch auf die Hochebene zu kommen,
wie sie hofften, mit besserem Erfolg zu wiederholen : a|xa §£ tyj v^y
d^ixvotivTat C[j.(i); Tzpzq tyjv öaXa^Jxy, y.al £aßavT£; i; ty]v cBbv ty)/ 'EXwpivY;^
y.aXo'j{;ivY;v sxopeuovTo, ctto);, £"£t5Y) Y£vo'//to iizi Tto -iroTajjLtT) tw Kay,'jzap£'.,
izxpT. Tbv 7:oTa;j.bv fo'.sv avto S'.a [LZ'so^tioLq, r^X-üi^ov ^ap y.al toI>^ ZixsXo'jc
xajrf], oj; ix:T£7i£|jL'^avT0, a7:av:Yi5£ffOa'., VII 80, Sie erreichen freilich den
Kakyparis, erkämpfen sich auch den üebergang, wenden sich aber doch
nicht rechts in die Berge. Nikias überschritt den Fluss geraume
Zeit vor Demosthenes. Dieser aber wurde von den Syrakusern ein-
geholt und umzingelt. Thukydides sagt VII 81 : ixjy.Xs^vTO auTo-j; B(yx
8y] ovTa; xxl ^uvYJvov e; txjts, und fügt hinzu : Tb 5k Ntxbu G-pa-£j;;.x
a:r£t)r£v k^ im 7:pi(JÖ£v y.2l 7:£VTYjxovTa aia^iou;. Also 50 Stadien oder
7^/2 km war die Abtheilung des Demosthenes hinter der des Nikias
zurückgeblieben, als sie um Mittag voq den Feinden zum Stehen
gebracht wurde : xaTaXajjißavcvs'. izepi (ipiaiou wpav. Sie warf sich in eine
mauerumhegte Olivenpffanzung, welche Plutarch Nik. 27 yj nohj^r^v.oq
aiXy) nennt, wahrscheinlich nach jenem Bruder Gelons und Hierons,
der einst Besitzer des Landgutes gewesen sein mag. Hier musste sich
Demosthenes mit dem Rest seiner Truppen, noch 6000 Mann, ergebe».
Wo die Gefangennahme des Demosthenes stattfand, lässt sich nicht
mehr genau fesstellen. In der Gesch. Sic. II 400 f., ist ein Punkt nörd-
lich vom Kakyparis dafür angenommen worden : ein Resultat, zu dem
^ 150 —
man, das Stadium wie gewöhnlich zu c. 190 m gerechnet, auf Grund
<ler Nachricht des Thukydides kommen musste, dass Nikias um Mittag,
wo Demosthenes umzingelt und gefangen genommen wurde, ihm 50
Stadien voraus war und nachher noch eine, wahrscheinlich nicht all-
zu kleine Strecke weiter bis an und über den Erineos marschierte.
Denn die Entfernung des Erineos (jetzt Gavallata) vom Kakyparis (jetzt
<':issibili) beträgt 10 km oder gegen 53 Stadien zu c. 190 ra. Nun
aber haben unsere Studien für den Plan von Syrakus ergeben, dass
viele von den Alten bezüglich dieser Stadt überlieferten Massangaben
mit der Wirklichkeit nur dann übereinstimmten, wenn das Stadium
zu ungefähr 150 m angesetzt wird (s. S. 24 Anm.). Dieses kürzere
Stadium haben wir schon oben bei der Reduktion in den Meter-
inassstab zu Grund gelegt und bemerken hier nachträglich, dass nur
unter dieser Voraussetzung das von Thuk. VII 78 zum dritten Marsch-
tag Ueberlieferte möglich ist. Denn wenn wir, wie in der Gesch. Sic»
j^cschehen, das Stadium zu c. 190 m rechnen, so wären die Athener
IUI den zwei ersten Marschtagen (40 -{-20 Stadien) nicht bloss bis in
4 He engere Gegend von Floridia, sondern schon direkt vor den Ein-
i^ang der Gava Gulatrello gekommen, und ein weiteres Vorrücken nach
Westen hätte am folgenden Tag nicht durch Flankenangriffe der
feindlichen Reiterei ('^raptrTreuov) gehindert werden können.
Halten wir auch für unseren vorliegenden Fall an dem kürzeren
Stadium zu 150 m fest, so wären die 50 Stadien oder 7500 m
Zwischenraum zwischen den beiden Heeresabtheilungen recht gut in
<len 10 km des Abstandes zwischen den beiden Flüssen enthalten und
4's blieben ungefähr 17 Stadien übrig, welche wir theils auf ein
<'twaiges Vorrucken des Demosthenes südlich über den Kakyparis
hinaus, theils auf den Weitermarsch des Nikias bis zum Erineos
i'ochnen können. Also ist es wohl möglich, dass Demosthenes den
Kakyparis schon überschritten hatte, als Nikias noch nicht an den
Erineos gekommen war. Und diese Möglichkeit wird zur Wahr-
.scheinlichkeit, wenn man erwägt, dass Thukydides, ohne irgend einen
Heerestheil auszunehmen, einfach berichtet, die Athener hätten den
Kakyparis überschritten : izsiBy) 5* l-'(ivo'i'zo IttI tio 7:oTa;xq), eSpov xal
svTaüOa 9üXa>tifjv Tiva twv S'jpaxojitov d-oTSt/ji^Cüjav T£ xal aTTo^iaupoOcav
Tcv ';wcpov. y,at ßtaGa[j.£Vot auTYjv Btißr^aav ts tov '^oTaj/.by xai iywpouv
a50'.^ 7:p5<; aXXov zoTa[;.5v, Tbv Eptveiv TajTY) -^xp ol YiY2l-''3V£<; iyiXsuov.
VII 80.
— 157 —
Warum Nikias weder am Kakyparis noch am Erineos sofort
rechis einbo^i', um durch deren Thaleinschnilt möglichst bald die
Hohe zu erreichen — was doch nach Kap. 80 die Absicht war — ,
sagt Thukydides nicht. Waren die Führer, welche am Kakyparis
davon abriethen, Verräther? Fühlten sich die von den Feinden unauf-
hörlich geheizten und erschöpften Athener physisch nicht mehr fähig,
eventuell im Kampf mit den Gegnern, Anhöhen zu erklimmen?
waren sie geistig nicht mehr fähig, überhaupt noch einen bestimmten
Entschluss zu fassen? taumelten sie wie Trunkene dahin, lediglicli
von dem Drange beseelt vorwärts zu kommen, gleichviel wohin? —
Am Abend dieses Tages lagert Nikias auf einer Anhöhe am südlichen
Ufer des Erineos : Siaßa^ Tzpoq [/.sTdwpsv t». y-aOtae tt^v aipaTtav. VII 82.
Siebenter Tag, Thuk.. VII 83: ci B^ Supaxcatci t9j G^Tspata xaTa-
XaßcvTcC a'jTcv IXsyov, 5t'. cl ;/£Ta Ar<[i.o(;0£vou<; '7:apa3£Sa)xoi£v g^olz
ajTfc'jc, xsXe'jovTsc y.ay.eivov to auTo Spav. Nikias, von den Siegern ein-
geholt, will nicht an die Kapitulation des Demosthenes glauben, aber
wird von der Thatsache überzeugt und bietet Bedingungen zu einetn
Vertrag an, welche von den Syrakusern zurückgewiesen werden.
Nun wird er von allen Seiten angegriffen und kann sich nicht von
der Stelle rühren. Auch in der Nacht wird ein Versuch zum Auf-
})ruch von den Feinden unterdrückt.
Achter Tag. Noch einmal gelingt dem Rest der Athener der
Weitermarsch : Nr/.ia^ Ss, i'KziZr^ ^i\^^9^ iy^vsTO, r^ys tyjv CTpaitav. VII
84. Aber unter fortwährendem Kämpfen gegen die ringsum anstüi-
nienden Syrakuser kommen sie kaum bis zum Assinaros, welcher
nur etwa. 2 km vom Erineos entfernt ist. Der Assinaros ist {\i}v
Fiume Falconara oder Fiume di Noto, und nicht, wie Leako
glaubt, der einige Kilometer weiter südlich mündende Tellaro o<lor
Abisso, welcher vielmehr dem antiken Eloros entspricht. Da der
Eloros ein bekannter und von den Alten nicht selten erwähnter Fliiss
ist, so ist die Annahme ausgeschlossen, dass er auch den Namen
Assinaros gehabt habe, welcher sich nur bei den Schriftstellein
findet, die von dem Rückzug der Athener sprechen. Es bleibt also
in der Gegend nur noch der Falconara übrig.
Wenn man nichts destoweniger den Tellaro für den Assinaros
liat halten wollen, so erklärt sich dies vielleicht aus folgendem
Umstand : Es steht nämlich in der Nähe des letzteren Flusses noch
ein Denkmal wahrscheinlich griechischen Ursprungs, gezeichnet von
— d58 —
Ilouel, Bd. 111, Taf. d03 und Leschrieben auch von Dennis, Hand-
hooky S. 323. Man glanlit, dass dasselbe, welches eine kolossale
Siiule gewesen zu sein scheint und den Namen la Guglia (die Spilz-
>äule) führt, von den Syrakusern zur Erinnerung an die Besiegung
<ler Athener errichtet sei. Aber dieser Ursprung des Denkmals ist
nicht erwiesen; und dann steht es nicht am Ufer des Eloros, sondern
•/wischen diesem und dem Fiume di Noto. Es kann also nicht die
Identität des Eloros und des Assinaros beweisen. Ebensowenig kann
rnan diese daraus folgern, dass der Name Assinaros nur bei den
Schriftstellern vorkommt, welche den Untergang der Athener berichten :
Thuk. VII 84. Diüd. XIII 19. Plut. Nik. 27. Paus. VII 16. Auch der
Kakyparis wird nur bei dieser Gelegenheit erwähnt, und sein Name
existiert noch heute in der Form Cassibili.
Uebrigens entspricht der Charakter des Fiume Falconara voll-
ständig der Beschreibung, welche Thukydides VII 84 bei der Er^äh-
lung der letzten Katastrophe der Athener von ihm macht : et Ss
i\j.7:7.\7.G^6'^evoi y.aTcppsov. kq Ta ezt OaTspi te toj 'i:ozol\).c>\> 7:apacjTa,Ts;
c'. -jpax.iatot (r^v Sk y.pr,;i.va)B£;;) IßaXXov avwOsv tou; 'AOrjvaisu;, TTivsvTag
T£ TC'J? 'TToXXc'j; ajjjivo'J? y,a't h y,s(X(.) cvti tcJ) 7:oTa|;.w ev csisiv aiTcT;
-rapaasstAlvou?. Der Falconara hat hohe Ufer und ist nach den ersten
Herbst regen sehr wasserreich. Diese w-aren aber schon gefallen, als
die Athener an dem Fluss ankamen : Itu/ov Bs xai ßpsvTai tive; 0L\tjx
7£v:[;.3va', xal uBwp, olot. tcu Ito'j? r.pzq [A£':cTO)pcv y)5y; cvts; ^iXeT y''Y' s^Oat.
\'II 79. Die Einwohner der Gegend versichern, dass bei solcher
Gelegenheit der Fluss mitunter gewaltig steige, so dass er mit Leich-
tigkeit diejenigen, welche nach dem Trünke lechzend sich in ihn
.^^lürzten, mit sich fortreissen konnte.
Was die Zeit der schliesslichen Vernichtung des Athenerht»eres
am Assinaros betrilTt, so war es wahrscheinlich der 12. September
<les Jahres 413 v. Chr. S. Unger in den Sitzungsher. der phil,
Classe der kön. bayr. Akad. der Wiss. 1875, 1 1 und Holms
Artikel in Bursians Jahresbericht 1876, S. 88.
Die Syrakuser richten Nikias und Demosthenes hin; die andern
Gefangenen verschmachten in den Latomien : xa\ toü; |;/£v aXXouc
AOiQvaicov y.ai xwv 5'j|jL[Aaxo)v, otuccoüc IXaßsv, y.aTsßißacav i; la; XtOsTCj;/!a^,
d^^aXEGTaTr^v sTva». vojxbavT£; TYjpr^atv, N'.y.iav It xai Atqjj.cgO^vtqv ay.svTs^
-zyj ruX(::7:oü dTrd^^acav. VII 86. Es waren aber der Gefangenen im
ganzen über 7.000 : iXiQ^OriCXv ok c'. ^'J[/.xavT£c YJxktTih^
— 159 —
sHs'.'irsrv, cjjLü); Ik ci>y. eXacccu«; iTrcaxicy/Auov. VII 87. Da mit Demo-
sthenes 6000 gefangen genommen wurden, so waren schliesslich am
Assinaros nur noch etwa 1000 am Leben, welche sich nebst Nikias
ergaben. Bei der Schilderung des Looses der Gefangenen Thuk. VII
^*7 iällt ein Streiflicht auf die Beschaffenheit der Latomien. Deshalb
mag folgender Satz aus jener hier seine Stelle finden : Iv zciXi») yj^plM
cvTa<; y.at h\i^to ttsXXo'j? ot ts i^Aict to Tupw-ov y,a\ 7:71^0? STt eAjTret Siy
-zo acTSYacTov, xal at vuxt£^ £7:ivtvv5[j.£va'. TOuvavTicv [i^sTO^coptvai y.a;
♦];u)rpal iri [i^siaßGAr^ £;; aaOivetav evstoispi^ov, TravTa ts TrotcuvTWv alior;
3ia c-£vo)r(i)p{av sv tw aÜToi xa» 'irpocsTt tg)v vexpwv qxcü £1:' aX^YjAo'.?
^'j/V£vr<p.£v(i)v, Ol £y. T£ twv Tpauj/.itwv y,a\ Sia tyjv ;i.£':aßoXYjv y.al to tcoutov
azdOvr^axov, xal oc^'.xi r/jav oux div£y.Toi, xal Xi[j.(i) a[j.a y.at 3(^}^£'. gTrtdscvTo.
Fügen wir noch einige interessante Einzelheiten aus Plutarchs
Nikias bei : Nach des gewaltigen Trauerspieles Schlusscene am Assi-
naros TOü<; ^av-pw; eoL)^biY.6TCLc, dOpotGa>T£^ zä ]j.h xaXXicxa y.al [xrj'igTa
S£vopa Tü)v '::£pl tcv 7:oTa[i.cv aviSvj^jav aiyjJLaXwToi^ 7:avo::X{a'.c, £aT£5av(i)|j.£vc'.
§£ auToi y.al y.oa;xYjaavT£^ itttoü? Siaxp£7:ü)?, X£(pavT£; ZI zohq rwv 'koX£{/{o)v
cisifjXxjvcv £i; TYjv TcXiv ÄYwva Aap.-KpfTaTov, cv 'EXXr^v£<; irpc^ 'EXXr^va;
riYWv(aa>/:o — yjtTWpOwxcTE^. c. 27. Im folgenden Kapitel erzählt
Plutarch die Gründung des Erinnerungsfesles wegen der Gefangen-
nahme des Nikias : 'Aaatvapiav ttjv eopTY^v 0.7:0 toj Trciaj^^ou xa/o^via;-
*?;{X£pa 3' r|V ':£Tpa? (pOivovTo; tcu KapVibu [i-v;vcc, cv 'AOr^vatoi M£-:aY£iT-
viwva 7:poaaYcp£'JC'jc', und sagt, nachdem er das Ende der beiden
Feldherrn berichtet : xa (j(I)p.aTa 'r:poi; ixXq izuXxiq ixßXr^öivxa y.£isOa'.
9av£pa TCic S£o;jivot? tsj Ocdtixaio^. '!ruvOavO|j.ai $£ ^ixp* vUv iv Supay.suca'.c
i.C7:($a X£ijji.£vr|V zpoc, Upoi 3£(xvü(70at, NixicJ [j.£v A£YO'/£vrjV, y^paou c£ y.at
■irop^Opa^ EU irw; -npb? aAXY;Xa ii.£j;.tY|jL£vwv Si' O^yj; c'JYy.£y.p5Tr^;AtvY;v.
Wir wissen nicht, vor welchem Stadtthor von Svrakus die beiden
Leichname gelegen liaben, auch nichl, in welchem Tempel der dem
Nikias zugeschriebene Schild zu sehen war. Plutarch sagt zwar, dass
der kostbare Schild dort noch zu seiner Zeit, also c. 100 n. Chr.,
war, aber er schenkt offenbar der Tradition über seinen Ursprung
wenig Glauben.
Bei Diodor XIII 34 lesen wir, dass die Syrakuser Ta; ix tcj
T.o\i[f,c\J v£vci;iva? di^iKziaq dOpo'!<JavT£<; tcu; \j.h vaoui; avaö^j[;.aai xai
cx'jXot? £xifcji.y;gav, twv Sl CTpaTiWTwv touc api^TsOsavTa; 'ZTXq '::pccr//.5uaa'.?
lidpijXq £Ti[i.r^7av.
— 161 -^
THEIL IV. — Syrakus unter Dionysios I.
§ 1. Der Ausgang des Hermokrates.
Kaum sah sich SiciUen von der athenischen Invasion befreit, so
hatte es die noch schrecküchere der Karthager zu erleiden. Sie
eroberten die Hälfte der Insel und zerstörten ihre blühendsten Städte.
Selinunt und Himera fielen im J. 4()9 als Opfer der afrikanischen
Kriegsfurie. Da griff der verbannte Hermokrates auf eigne Faust als
kriegsführende Macht ein. Er w^oUte um jeden Preis die Rückkehr
in seine Vaterstadt durchsetzen ;. dies Ziel glaubte er zunächst dadurch
zu erreichen, dass er sich als Sieger über den phoenikischen Natic-
nalfei^id einen berühmten Namen erwarb. In der That stellte er einen
Theil von Selinunt wieder her und drang siegreich in dem punischeii
Westen Siciliens vor. Aber bei den Syrakusern wurde das Nation sl-
gefühl von Parteirücksichten überwogen. Hermokrates wurde nicht
zurückgerufen, auch nicht, als er die Gebeine der bei Himera
gefallenen Syrakuser nach Syrakus hatte schaffen lass«m ; ::apa(jx£uaaa;
3' 6L\iiq7.q -koXutsXw^ )t£xoG[i.Y)ii.£va^ ItiI tcutwv luapexdiJLKJev auTa iirl tyjv
Supaxociav. a-zTC? [xsv ouv ii:\ twv Sptov >taTc[ji.£tv£ 8ta to >t(i)Xu£GOa'. to'j«;
^u^aBag 'jxb twv vc[i.(j)v £t(7t;.at, tü)v C£ [/.«t' ajToü xtva^ a'r:&(JX£iX£v, ot
xa; 0L\JÄ^0Lq 'Kap£>t6[xtcav £t; xaq 2'jpay.o6aac. Diod. XIII 75. Es ist
bemerkenswerlh, dass wir hier eine Fahrstrasse zwischen Himera
und Syrakus finden. Die Syrakuser bestatten die Gebeine ihrer Todten
feierlich : •:7avSrj[;.£l tyjv Ix^opav lT{|ji.Y;Gav, verbannten den Diokles —
aber den Hermokrates riefen sie darum doch nicht zurück.
Nun suchte dieser mit bewaffneter Hand ins Vaterland heimzu-
kehren. Auch dringt er wirkhch in die Stadt ein, fällt aber hier
im Kampfe auf dem Markt. Die Erzählung von diesem Ereignis«
bei Diodor enthält einige interessante topographische Details und
mit ihnen zugleich die Bestätigung der Ansicht, welche wir
oben S. 100 f. und 113 über die Lage des Marktes ausgesprochen
haben. XIII 75 (407 v. Chr.) heisst es nämlich : [ji.£Ta M xtva xp^vov
Twv 9(a(i)v auTov [jL£TaT:£{ji.':ro;ji.£va)v ü)p[jLY;(j£ [j.tzoL TptcytXtwv CTpaTWOTwv, xal
::op£'jO£\;; B'.a ty;; r£Xo)a,; fy,z \uxTb? izi tcv cün T£':aY[/.^vov t^ttov. ob
Lupus, Die Stadt Syrakus. n
— 162 —
Tivi; süpwv xpoy.XTä'.XiijjiiJLivoy; Tay; tsttsu; dvEXä^ißatvE tsü; ÄfJUTspDÜvmc.
0^ 2i S'jpw.ioist 13 YS'fsviiiAivov öy.ojwv:;; cüw toi; STiXot; ^Xöov li;i Tviv
i";piv, 7.«6' 5;v i^rrä t:oXXo3 TiX^fjöcu; lia^av^-rs; -riv xs 'Epiioxpsmjv xat
Ueber die topographischen Fragen, welche sich an diese Vor-
•;ünge aiiknupren, besonders über die Lage des Marktes, soweit sie
.lieh aus Diodors Worten ergibt, spricht Schubring, Achvadina,
S. 21. Der Marlit rauss seit Gelons Zeiten in der Ebene sfidbch von
S. Giovanni nicht weit von dem kleinen Hafen gelegen haben. Aber
wo war das Actiradinalhor — 6 xati -riiv 'Axpa3!vr,v TruX6v — von
welchem Diodor spricht? Der Küstenstrich nördlich vom Anapos
nmsste sehr niedrig und sumpfij^ sein: es ist nicht anzunehmen,
dnss liier, in der Nähe des Meeres, die Strasse lief, welche nach
Süden fülirto; ebenso unmöglich ist es also, liier das Achradinathoi'
VAX suchen. Es musste mehr landeinwärts sein. Ja, vielleicht hesse
sich der Ort, wo es gestanden hat, noch genauer bestimmen. Bis
/.um Kriege mit den Athenern bildete eine Linie, die von S. Giovanni
nach Sfiden Hef, die Wesigrenze der Stadt; das Terrain westlich
(Invon war Vorstadt und ein Theil des Temenites. Aber im Winter
'tl5-41i wurde dieser mit Mauern umgeben (s. oben S, ISO ff.). Nun
iVagt es äch, ob ; f.x-.i. -nj; 'A/pa3ivr,v i:uXwv der Eingang durch die
;ille Achradinamauer oder der durch die neuerdings um den Teme-
nites gezogene wiir. Es Hesse sich ferner fragen, ob die Syrakuser
ii;ich dem Ende des Krieges die neue Temenitesmauer stehen gelassen
haben. Auf diese lelztere Frage ist es unmöglich eine Antwort zu
iicben, und bezüglich der ersteren müssen wir sagen, dass es immer-
liin wahrsclieinliclier ist, der Name c 7.%-.7. ttjv 'A/paSivriv ^uXibv habe
(in grosses Thor der Mauer von AchraJina selbst bezeichnet, als von
dum Temenites, welcher vielmehr Vorstadt von Achradina heissen
musste.
Wir glauben also, dass die Vertheidigung von Syrakus immer
iiDuh ibre Hauptstütze in der eigentlichen Achradinamauer hatte, dass
Hcrmokrates den Temenites passierte, in Achradina südlich von
S. Giovanni (s. S, 116) eindrang und von da sieb rechts wendend
ziiiii Markte gelangte, wo er den Tod (and.
-^ * 163 —
% 2. Dionysios wird Tyrann. Neue Einwohner und Befestigimg Top
Ortygia. Kämpfe des Tyrannen mit der republikanischen Partei«
Syrakus halte seine Freiheit behauptet : es sollte sie nicht mehr
lange geniessen. Die Karthager begnügten sich nicht mit der Ein-
nahme von Selinunt und Himera ; bei ihrem nächsten Einfall nach
Osten vorrückend warfen sie sich auf Akragas, Dieses fiel demselben
Schicksal anheim, wie die beiden andern Städte (406 v. Chr.). Die
Oefahr näherte sich Syrakus. Das bestehende Regiment zeigte sich
unfähig zu energischer Abwehr ; und zu derselben Zeit fand sich an
Stelle eines Gylipp, der mit Selbslverläugnung der Stadt gedient
lialte, ein ehrgeiziger Egoist, der sie vom äusseren Feinde befreite,
um sich selbst zu ihrem Tyrannen aufzuwerfen. Es war Dionysios,
im Jahre zuvor Theilnehmer an dem fehlgeschlagenen Handstreich
des Hermokrates, wobei er schwer verwundet wurde und nur dadurch,
4lass seine Freunde ihn für todt ausgaben, dem Verbannungsurtheil
^»ntging. Jetzt gelang es ihm, sich unter die syrakusischen Feldherrn
wählen zu lassen, welche dem nunmehr von den Karthagern bedrohten
Oela zu Hülfe geschickt wurden. Aber nicht zufrieden mit der sekun-
dären Stellung, welche ihm seine Mitbürger verliehen hatten, wollte
^'r fürs erste wenigstens alleiniger Feldherr der Republik werden
und wählte zu diesem Zwecke folgendes Mittel. Er verliess seinen
Posten in Gela, kehrte eiligst nach Syrakus zurück und Osa? oüar^i;
£v Tat; 2ilupay,o6^a'.? tt)v wpav tyjc aT:cuX(xr(riq twv va zou OeaTpou -^apijv
£i; TYjv TTcXiv. Diod. Xni 94. Hier klagte er seine Mitfeldherrn des
Hochverrathes an und setzte es durch, dass er zum alleinigen, unum-
-schränkten Oberfeldherrn, dipaTr^YO? aÜToxpiTwp, ernannt wurde. Zur
Tvrannis fehlte ihm nur noch die Leibwache. Auch diese verschaffte
er sich, und zwar durch dieselbe List, die einst Peisistratos in Athen
umgewandt hatte. Nun brachte er ein grosses Söldnerheer zusammen :
';:avTa)f60£V (JUvyJyc toüi; ^uyaSag xal aasßeT.; eXTCt^wv S'.a tgjtwv ßeßaioTarifjv
rr^pTfiT^^z^^CLl tyjv tupawiSa. cu i>T,v aXXa '::apaY£vö[j.£vo; £i; 2'jpay.oujag
y.a':£GX'iQvü)C7£v Iv t(o vaüSTaO;ji.(») favcpo)? eauTcv aTToSd^a? Tupavvov. XHI 96.
Die Wahl des Arsenals zur Residenz ist eine wichtige That-
-sache. Wir haben in der Geschichte der athenischen Belagerung
gesehen, dass die syrakusischen Marineetablissements auf dem Isthmus
nnjrefalir da gewesen sein müssen, wo heutzutage die Fortifikationen
-^ 164 —
sind, "Wer hier residierte, war Herr der Veriiindong zwiscben Ortv^
ond Achradina, Herr der Flotte, knrz Herr der Stadt. Die früheren
Tyrannen von Syrakns wtAaten wahrs^beinlicb auf Ortygia in aumit-
teli>ari;r N^he des Arsenals. Ihr Palast stand wobt nicht mehr ; sonst
hätte Dionys kaum das Arsenal bezogen, welches so manche einem
Tyrannen erwünschte Annebrolichkeit vermissen Hess ; er müsste
denn zunächst die absolute Sicherheit dem Glanz vorgezogen haben.
Im Jalire 4<ß fehlte wenig, dass Dionys, der in unglücklichem
Keldzug den Karthagern Gela und Kamarina hatte prei^eben müssen^
(He HeiTscliaft über Syrakus verloren hätte. Den von ihm selbst
erweckten Erwartungen halte er nicht entsprochen, und da er nicht
mehr ausgerichtet hatte als die von ihm gestürzten Feldherrn, so
war kein Grund ihn in der Aasnahmestellung zu l>elassen. Noch
beim Heere befindlich merkte Dionys, dasa eine allgemeine Erhebung
bevorstand. Gelang es seinen Feinden ihm die Stadt zu vcrschli essen,
!*o war er verloren. Drum verlieas er in Eile das Heer und kehrte
nach SjrakDS zurück. Aber noch schneller als er sind seine Feinde,
die syrokusiscben Heiler, Mitglieder der Aristokratenpartei. Sie
kommen vor ihm an und *aTaXaßsvT£5 i^; iv toT^ /siapiv.^ ÄpooOirrz;
■:« i:tf\ -riiv FsXav et5f,/.Ö37 cäSsv's; xMMsavto;, xal ■Hjv iasv alvJ.xv toj
Aüvu^loy ii.rifT.z'JM yi'^u^m äpi^psu zt xJti xp'"'iü v.i: if,? äXkr,^ i:ah}-
-{ktl%i xaiTr,^, rriv äk yj-ijXv.% (die Tochter des berühmfen Hernio-
krales) äiäOssav -/«nS?. XIII 112. Dionysios verzweifelt jedoch nicht
an «einer Itetlung und folgt den Empörern auf dem Fasse nach :
iixvlm^ staJio'j^ wpi lETpaÄOffäau; sap^v Kepi [tssa? viätz? T:pö; T/jy
irfiXijv ■rij; 'A/pa3ivf,? i^eö' ijnräuv IxiTbv xai tjsCwv E;aMofü(v. ?jv xaia-
Xaßiiv xaXstijivTiv ^:poo^6i]r.EV aürjj töi» v^'za.y.syLOiUc^ita'i Ix töv eXöjv
xiÄa^v, ^ xp*,5Ö3t vojAiSloudiv ci S-jpaiiiotoi i:p6; -ri^v -rij; xovi'a? ouväsosv-
iv Saiji !l (Tjvigaive tÖ? iciXa? xataxiscBat, TCpoijavgXäiJ.ßave toj^ äjusTE-
poüvia;. iirsiäi] Si tb nöp xailfÖEipi tiq itüJ.o^, cltoi; p.h [u-cä twv
'flxoXouthjxirt.iv eirfiXauvg Siä ti;; AxP'^'^f. "^wv 3' iTn^äuv oE Suvitco-
TÄTst ib 'fs-fsvi? [ixoÜ5avT£( tb ;jiv ■!:\'fßoq oin, iiviiJ.Evcv, eiöi*? S' kqs^sr,-
Oouv Bv-e? iXffo! TuavTEXw;. ^cav 31 ssp- t^iv (^j-opiv xai xuxXw8£-;ts; Ei;;t
Tßv lAisOofipuv äTravte; xaTv^xovTfaOijoav. XIII 113,
Wir liabon also auch in der Geschichte des Dionys, wie in der
dcs Hcrmokrales, Angreifer, welche durch das Thor von Achradina
eindringen, und eine Schlacht, welche auf dem Markte geschlagen
wird. Auch dieses Mal ist es offenbar, dass das Achradinalhor nicht
— 165 —
^ben auf der Terrasse liegen konnte, sondern dem Meere tenachbärC
jsein musste. Das ist auch Schubrings Ansicht, Achrad, S. 34. Doch
fugt derselbe hinzu, dass sich aus obigen Vorgängen die engste Ver-
bindung zwischen der Werft und dem Stadtthor ergebe. Dieser
Gedanke ist zwar in der Theorie richtig; denn es wäre für die Ver-
theidigung der Stadt von dem grössten Nutzen gewesen, wenn die-
jenigen, welche Achradina betreten wollten, dies nur durch das
Arsenal hindurch gekonnt hätten. Aber der Text Diodors sagt davon
nichts, ja er scheint vielmehr eine solche Annahme auszuschliessen.
Aus obiger Stelle über den Eintritt der aufrührerischen Reiter in
das Arsenal ergibt sich keineswegs, dass das Arsenalthor und das
Achradinathor identisch oder nahe und in Verbindung mit einander
gewesen sind. Es ist wahr, Diodor berichtet einfach, dass die von
aussen kommenden Reiter ins Arsenal eindrangen, ohne hinzu-
zufügen, dass sie zuvor in der Stadt gewesen sind. Aber dies beweist
noch nicht, dass das Arsenalthor direkt auf das Feld ging. Es war
nicht nöthig, den Eintritt der Reiter in die Stadt zu erwähnen. Für
gewöhnlich standen die Thore der Stadt allen Kriegern derselben
-ölfen, um so mehr, wenn sie einer angesehenen Klasse von Bürgern
angehörten. Die Reiter konnten also ohne Schwierigkeit das Achra-
dinathor passieren, und Diodor hatte es nicht nöthig diese Thatsache
zu erwähnen. Anders lag die Sache mit dem Arsenal. Die Reiter
hatten dort eigentlich nichts zu thun; es wäre also nur natürlich
:gewesen, dass die Thore für sie geschlossen blieben; deshalb war es
vfiothwendig, dass der Geschichtsschreiber erwähnte, wie sie in jene
Sonderfeslung hineinkamen. Es folgt also durchaus nicht aus der
Diodorstelle, dass das Arsenal ein Aussenthor nach dem Feld hin
liatte. Aber, können wir hinzufügen, es war dies auch gar nicht
einmal wahrscheinlich. Als Dionys vor Syrakus anlangte, öffnete er
-das Stadtthor mit Gewalt; wenn das Arsenal ein besonderes Thor
:an der äusseren Stadtmauer gehabt hätte, warum erzwang er den
Eintritt nicht hier? Der Besitz des Arsenals musste für den Tyrannen
von höchster Wichtigkeit sein. Es ist also wahrscheinlich, dass er
•den Versuch hier nicht machte, weil er ihn nicht machen konnte^
weil das Arsenal kein besonderes Aussenthor nach der Landseite hin
hatte, sondern sich nur nach dem Stadtinnern zu öffnete.
'■ *0 8k Aiovuaio?, fährt Diodor fort, iT;eX6(i)v ty)v x6Xtv tou^ xs
_ 166 _
Die aristokratischen Reiter zogen nach der Sladt AJtna, ■während die
Geloer und Kamarinaeer in Leontinoi eine neue Wohnslätfe fanden.
So gründete Dionys seine Tyrannis. In dem darauf mit den Kartha-
gern geschlossenen Frieden wurde er von ihnen als Herr von Syraku*
anerkannt.
Die geftihrlichsten Gegner seiner Tyrannis hatte Dionys aus der
Stadt Iieseitigl. Diese selbst vollständig umzugestalten war sein
nächstes Ziel. Diodor schreibt darüber XIV 7: Kaii äk ti]v SixiWav-
Ätovüffio? 6 -röv -tjiiXtWTav xiipowo;, iiCstot) T:pb<; Kap7_T;33v£oU5 efp'fivi;-/
l^eiv £15 To ^V eXe'JÖtpiav avam-c^Quaaeit. 6:wpbiy Sk -rij; i:5>^ws tt;v
Nijaov i/up(i>-:äTr,v oüaav na- 3uva[jiiv>5v paSiu; ^uXärrssOit, -caÜTYiv lüv
3i((«)tsäi(Ar,5ev ii::b ttjs äX/.irji; itiXeo)? -niysi TCaXuTsXir, y.at ^Tipfou? üi]'Ti-
Xoü; yj!t tluhvoui; evq»io3i[Ai5aE, xat xpb airij^ y^pijiJLaTwr^pia xai moa;
cuva[Aävi( ex^wv eT:i3£xE(iOa'. xXt,6os. 4'*oBij*Yioe h' vi airij 7;oXuTsX5q:
Ä^upidyLe-n^v ÄKpfeoXtv i:pbi; TÄ5 aifvi3£ou; xatafUfi? xai s'Jn,TrEpiäXaß=
iqi TOÜ-nj; Tsi/Es rä Trpb; ijji (ji'Ypiii Xi[j,lvt tw Aaxxtu xaXou[ji£vw veiipi»'
laöra ä' £5^,xov-a tpt^fjpeii; ^upolrt-ca toIXtjv ei/e xXeiciaevjiv, £t' ^; xni.
Iftiav Tuv VEwv Eii^iXEtv «uiiißaivE. vr,i; tk •jri'P^'i ^'' t*^^ ip£!Tf]v i^eXi-
l*evo; läiiipf^oa-ro tciq te iptXoi? xai Tor; i?' ■fifeiwvia? TETav^Evoij, irijv S'
äXXi]v liiipisEV ii:' Üti]^ 5ewii) te xai ToXi-o), wuTTspiXa^wv tiT) töv TroXitöv
ävipjXTi ToiJs -^.Xäuöepujjiivoa? äcuXouij, 0^5 tf.£ks. veoxoXito;. St^äunE äs
xat tä; oixtaq tcT; Ö/Xot? ijXtjv twv sv ttj N^iüi ■ taira; ää T0T5 f iXai;
xai xöi? pi'.oOo^ipoiq eäupi^oato. Dionys trennte also Ortygia von der
übrigen Stadt durch eine Mauer mit hohen Thüimen ab, errichtete
voi- dieser Mauer Gebäude zur Abwickelung von Geschäften und
geräumige Säulenhallen, baute in Ortygia eine Citadelle, deren Mauern
auch das Arsenal des kleinen Hafens umschlossen; dieses Arsenal
enthielt eine Werft für 60 Dreiruderer und war so ges|N;rrt, dass durch
die £infuhrt nur ein Schiff auf einmal passieren konnte j endlich
vermehrte er diu Bürgerschaft durch fieigelassene Sklaven und nahm
eine Keuverth^ilung aller Häuser und Grundstücke vor, wobei er das-
Besle seinen Freunden und Söldnern verlieh und auf der Insel Ortygia
überhaupt nui' solche wohnen Hess, die ihm treu ergeben warerr.
Im Anschluss an die Besprechung unsrer Diodorstelle durch
Schubring, Ächrad. S, 25 iT. können wir behaupten, dass die neue
— 167 —
Akropolis sich wahrscheinlich über den Isthmus und seine nächste
Umgegend erstreckte, und dass das Arsenal des kleinen Hafens sich
von der Ortygiaseite nach der gegenüberliegenden hinüberzog. Wns
das Hafenthor betraf, welches nur einem Schiff auf einmal Durch -
lass gewährte, so glauben wir nicht, dass es zugleich die Einfahrt
von der See in den kleinen Hafen war, der so in seiner ganzen
Ausdehnung ein Theil des Arsenals geworden wäre. Da das Arsenal
unter demselben Dionys noch eine bedeutende Erweiterung erfuhr,
ist es wahrscheinlich, dass dasjenige vom Jahre 404 noch nicht den
kleinen Hafen in seiner ganzen Ausdehnung umfasste. Die Mauer,
welche mit vielen hohen Thürmen ausgestattet, die Insel gegen das
übrige Syrakus abschloss, erhob sich natürlich auf dem Festland und
lief nordwestlich von Isthmus und kleinem Hafen, zugleich das ArsennI
einschliessend. Wir wissen nicht, ob diese Mauer da, wo sie dos
Arsenal umgab, von dessen Umfassungsmauer verschieden war ;
jedenfalls aber bildete sie der Mündung des Isthmus gegenüber ein
besonderes Festungswerk.
Die Gebäude, welche Dionysios ausserhalb dieser Mauer errichtete,
XpiQH.aTiffTiQpta und crcoai, verlegt Schubring, Achrad. S. 37, wie es
scheint, mit Recht nach dem Markte. Denn diesei* musste sich an die
neue Mauer von Ortygia anlehnen. Es war dies für den Tyrannen
das bequemste Mittel das Volk zu beherrschen und etwaige Aufstände
zu verhindern. XIV 44 spricht Diodor von zoiXq xaia tyjv ayopav
(jToai?. Wenn Schubring unter den y^pT^\LOLv.avflpl(x weniger Geschäfts-
4okale, wie Börsenliallen, Bankgebäude, als öffentliche, den Slaals-
zwecken gewidmete Gebäude versteht und dabei an ein ßojXsu-nfjptcv
und ein irpuTavetov denkt, dergleichen Cicero Verr. IV 119 mit amphs-
sima curia und ornatissimum prytaneum erwähnt, so kann er Recht
haben, wenngleich diese Bedeutung von yjpTtiLOiv.zvtipio'* nicht di(*
übliche ist.
Dass die Akropolis von Syrakus zu Ortygia gehörte, sagt Diodor
auch XIV 75 : 6 8' 'I[JL(Xy.(ji)v vuy,Tb? xapaxoii.i(7a<; dq tTjV ixpöxoXiv tx
Tptaxöcjia TdtXavTa '^ap£8(i)xe 'zoiq ^v tt] Nifjcw T£TaY[A£vo',(; uirb TOi> Tupivvou.
Diod. XVI 9, 13 und 70 wird von axpo^öXst? gesprochen, und
Kap. 70 : tä^; [asv xaia tyjv v^aov axpoxöXe'.?, wie auch 13 : £V [jlIv Tal;
ixpoxöXeatv, handelt es sich nur um Ortygia, welches demnach wenig-
stens zwei Akropolen hatte. Wir können also annehmen, dass ausser
der auf dem Isthmus noch eine oder mehrere Burgen auf der Insel
wirc-n; und in der That wäre für die Vertfaeidignng derselben ein
l'oi-t luf der Südspilze, da wo jetzt das Castello di Haniace stdl,
>*lif nützlich gewesen. Von dwi Werften und den Flotten der Sladt
sull weiterhin die Rede sein.
Die von Dionyx errichteten Festungswerbe sdltea sich noch in
<l'.TDvill>en Jahre ihrer Erhauun^ nützlich erweisen. Einige Syrakuser
im Heer des Tyrannen machten einen Aufstand und ^xp^^ävTe;
T0J5 l^ X'.Tir,- iot:«; (also, wie wir gesehen haben, syrakasische
Aristokraten) iv tv.- xaXa^i^fvxi; T^inmXii^ ävxeTcpitsi^äiUirav tä
Tjpivviii xjI !iEy.)4toxv «irbv tf,^ ixi tipi zwpav e^iäsu. Diod. XIV 8.
Kk ist dieselbe Stellung vie die, welche die Syrakuser im i. 463
■^>!gen die Söldner der Tyrannen einnahmen, und damals hatte sich
mich Diod. XI 73 auf die gleiche Weise ausgedrückt: eiO-j; f«p -riS;
i-i-rr,? y&pjn t%oin tni; djeunniiT*; E-j/epö; etpfov (s. oben S. 108).
Alior die republikanische Partei kämpfte im J. 404 nicht mit dem-
mMIigii Erfolg wie in den Jahren 463-461. Die Empörer griffen die
Mauern der von Diony.'i l>esetzten Stadtlheile an : xzTEnuüznav ii X3>.
•j.r,Yjtiii^ta, 3-.' öv t* tecxi) oaXeüavTs^ l^eXuoi, xai rpoiii^a>J^ov )(,a6'
TiiAipav tf; Nijoij) Diese Notiz ist nicht recht klar; man sol He vielmehr
lii(?r die Erwähnung von Achradjna, welches von Epipolai aus ange-
Hiiffüii wurde, an Stelle von Ortygia erwarten, denn Ortygia war,
\vie Thukydides sagt, ij evts; -si}.!.^. Aber es scheint, dass das Land-
heer zwar Achradina angriff, die Flotte der Aufrührer aber Ortygia
liodrängle. Inzwischen brachten kampanische Reiter dem Dionys Ent-
salz. Mit ihrer Hilfe macht er einen Ausfall und schlägt die Syra-
kuser X£pi -riiv Tiixv niXiv xa).ouiAäv>]v.
Hier wird die Neapolis von Syrakus zum ersten Mal in der
tlescliichte erwähnt. Sie kommt nicht oft bei den Historikern vor;
:ilM;r wir ersehen aus Cicero, Verr. IV 53, 119, dass sie damals für
rillen der Haupttheile der gesamten Sladt galt und das Theater,
die Titmpel von Ceres und Libera, sowie die Statue des Apollon Teme-
hites enthielt. Die beiden Tempel stehen nach Diod. XIV 63 in dem
'A)^pa3ivii; rpoioTEWv. Der Apollon Temenites rauss in demselben Te-
iiienoa gestanden haben, von dem schon Thukydides spricht (s, S. 121) ;
'in Beweis, dass die Neapolis auch die Höhe oberhalb des Theaters
iimschloss. Da nun die Tempel der Ceres und Libera weiter in der
Niederung standen (s. S. 102), so können wir mit vielen modernen
Topographen eine obere Neapolis (Temenites, Theater : ad summam
— 169 —
Neapolim theatrum maximum, Cic. a. a. 0.) und eine untere (Tempel
der Demeter und Persephone) unterscheiden. Jene nennt man auch
die griechische, diese die römische Neapolis. Jedoch sind die Tempel
der heiden Göttinnen aus der griechischen Epoche.
Kurz nach der Wiederherstellung seiner Herrschaft üher die
Syraicuser sicherte er sie, noch im J. 404, durch weitere Massregeln :
TOJ^ Supaxoaioü^ ext tov öeptai^bv dixöaTstXai; eiCYjXOs ta^ ol%ioLq xat tä
[jikv 5iwXa wivTWv d^giXeTo, [xeta 8k tawö' etepov Tst^oc u>x,o§6[Jt.£i icept tyjv
ixpiwsXiv, xat vaQ? Te xaTeoxsuilJeTO, öuvr^^s 8k xat [JLKjOoföpwv icXyjOoc,
xat TÄ XoiTca •JMtpcOxeualJsTO icpb? "Ojv da^aXetav tyj? 'Tüpavv{8oq. Diod. XIV
10. Die genauere Lage der neuen Festungsmauer läset sich nicht
mehr bestimmen; nur ist es Thatsache, dass dies die dritte Mauer
war, welche die Akropolis auf der Nordseite vertheidigte : 1) die
innere Mauer der Citadelle (•rcoXuTsXöi; w/upwjjLdvTQ ixpöxoXi^ XIV 7),
2) das 'zei'/oq -TcoXüteXi^ (ebenda), 3) dieses Ixspov Tetxo?. Also zwei
vollständige Ringmauern und die Quermauer gegen Achradina. Seitdem
zeigte Dionys sein grosses militärisches Talent in der trefflichen Aus-
wahl, Herstellung und Vervollkommnung der mechanischen Kriegs-
mittel.
Die Verpflanzung ganzer Bevölkerungen war in Sicilien nichts
ungewöhnliches, sei es als Sicherheitsmassregel für die Einwohner
einer Stadt, welche in Feindeshand fiel, sei es als Ausfluss tyran-
nischen Regiments. Durch dieses Mittel hatte schon Gelon Syrakus
vergrössert, indem er die Kamarinaeer, die Geloer, die Megarer dahin
übersiedelte; so machte es auch Dionys, welcher 405 die vor den
Karthagern fliehenden Einwohner von Gela und Kamarina nach
Syrakus führte und, als sie entrüstet über den Mann, welcher der
Tyrann seiner Vaterstadt geworden war, dem Joch des Dionys in
Syrakus den Aufenthalt in Leontinoi vorgezogen hatten (Diod. XIII 413),
im J. 403 die Zahl der Einwohner von Syrakus dadurch vermehrte,
dass er die Bürger von Leontinoi selbst dahin verpflanzte (Diod.
XIV 15). Später hat er es ebenso mit den Einwohnern von Kaulonia
gemacht (Diod. XIV 406). Natürlich wies er allen diesen Neubürgern,
wie seinen Söldnern, Häuser in der Stadt und Felder im Landgebiet
zu. Beides entzog er oflenbar den bisherigen Eigenthümern. Der
Besitzstand war damals in Syrakus, wie überhaupt in Sicilien, wenig
gesichert.
g 3. Dionfsios befestigt die ganze syraknsische Terrasse.
Des Dionys UnterDehmungen behufs der Befestigung der Stadt
Syrakus wurden immer gi-ossartiger. Recht wichtig waren schon, wie
wir gesehen haben, die von ihm bis dahin ausgeführten Werke ; aber
sie dienten nur der Verstärkung der Akropolis, d. h. des Centrunns,
Nun blieb aber, so stark dieses Centrum auch sein mochte, immer
diä Gefahr, dass ein zahlreicher Feind sich auf der beherrschendea
Anhöhe von Epipolai festsetzte und von da aus eine Einschliessungs-
inauer baute, Es war dies schon einige Mate geschehen. Von da aus
hatten nach Gelons Tod die Syrakuser selbst zweimal die Stadt ange-
grifTen, als sie noch Thrasybul inne hatte, und als die Söldner sie
besetzt hatten; von ebenda aus hatten die Athener sie bedrängt und
hatten schliesslich die syrakustschen Republikaner die Tyrannis de:^
Dionys geiahrdet. Es gab nur ein einziges Mittel sich gegen AngriHe
von der Seite her zu sichern, die immer furchtbar waren, wenn sie
mit einer ansehnlichen Truppenmacht ausgeführt wurden; wenn
nämlich Epipolai in den Bereich der städtischen Festungswerke
hineingezogen, d. h. die ganze Hochterrasse von Syrakus mit Mauern
umgeben wurde ; ein schwieriges, kostspieliges Unternehmen, welches
die Kräfte andrer Regierungen und Fürsten von Syrakus überstieg,
nicht die des Dionys, eines der energischsten und intelligentesten
Herrscher, die je gelebt haben. Im ganzen war eine Mauer von mehr
als 14000 m Länge aufzuführen. Es war ein Werk, das in Bezug
auf seine Ausdehnung mit den Mauern zwischen Athen und dem
Peiraieus zu vergleichen war, und diesem Werk der Athener ent-
spricht das des Dionysios auch in einer andern Hinsicht. In beiden
Fällen dienen die Mauern nur dazu, um mit der Stadt einen für die
Vertheidigung wichtigen Punkt, dort den Peiraieus, hier den Euryalos,
zu verbinden, und sie sind bestimmt zu verhindern, dass der Feind
auf dem dazwischen liegenden Terrain festen Fuss fasse; dies
Terrain braucht deshalb nicht vollständig von Wohnungen einge-
nommen zu werden; und es war auch in der Thal weder der Raum
zwischen den langen Mauern Athens, noch das syrakusische Epipolai
je vollständig bewohnt.
lieber die Art der Ausführung überliefert Diodor XIV iS zum
Jahre 402 folgendes : tsü; ipx'texTova; xapxXa^ü dnch t^; tciItuv
— 471 —
uxap/et Tet/o? . 6 y*? töxo^ oütO(; TeTpa[ji.[ji.£vo^ iorl xpb? apxTcv, Äxö-
xpYjlJLVCQ $£ xa<; xai 8ta ty)v Tpa^'^'^^Q'^* SudxpöaoBo!; h, twv I^wOev [xspöv.
ßouX5|j.svo? oüv 'zcf.yß.cf^f tyjv xaTacxsüYjv töv tei/öv ftveaOat, tov äxo tyj^
Xwpa^ oxXov Y)6pot(j£v, s§ o5 tou? suOstou? av8pa^ ixiXdSa^ st? e§ax'.;-
iwp'loü;; ixiStetXe touto'.? tov Teixi'Cöixevov t6xov. xaO' exa^TOV [xkv ouy
GTöt^tov dtp^tT^KTOva^ exdaTTQas , xara h\ xXd6pov sTcdTa^ev ot)coS6[jLCü^
xat Toü? To6Tot(; uTn^psTtjacvTa^ ex, töv ßtWTwv £t<; Ixaorov icXsOpsv
3tay.offiou? • X^?^*5 ^^ tout(Ov ^TSpot TrafJLxXYjOet^ tov dipt6[jÄv lT£[i.vcv
TC^; divipvaaTOV XiOov. e^axio/iXta 8k Ce'i^riQ ßoöv exl tov otxetov t5xov
xap£x6ii.iUv. "^ $£ lpYalJoii.ev(i)v xoXuxetp-* xoXXyjv xapeCxeTö tcT^ Oswjjls-
vot? xaTaxXrj^tv axivTWv axeüBövTWv TeXlaai Tb TeraY{Ji.evov. 6 fap
Atov6<Jio<; TYjv xpo6ü[jL(av tou tcXt/jOgu? ixxaXoüjjLsvo? li.£"^(£Xa5 xpo^Or^xs^
8(i)p€a(; Tot? xpoT£pr)aa(Ji, SCya jx^v toT? apxtTixTOffi^ X^p'^? ^^ '^^'^^ ofxoSf-
jiÄtq xai xaXtv Tot^ ipYacopLivoK; • xat auTb? 3k ii.£Ta töv (pCXwv xpo^,-
8p£ue TÄ? YJii.£pa<; oXa; T0t<; ^"io\q hv. xavT« töxo^ ixt^aivcixEvo^; xal
Tot<; xaxoxa6ouatv act xpoaXajjLßivwv. xa6öXou Z\ ixo6diJi.evo<; Tb TYJq äpX'*!^
ßipo^ ßiwrr^v auTbv areSsCxvüE xat toi? ßapuTocToi? twv Ip^wv xpo^i^Ta-
{j.£Vo<; üX£[X£V£ TYjv auTYjv To?? äXXöi? xaxoxaOstav, ß)CT£ ttoXXy) j^kv £pt^
£Yiv£T0 xai TOiq TTj;; r|[ji.£pa(; £pYOt<; 2viot xpo^ETtOficav xat jA^pYj töv vüxtöv
TO^auTTj axouSr) Totc; xXyjOeciv ivtTCexTwxfii. Siöxsp (iv£Xxi(JT(0(; 4v f,|jipai^
eixo'Jt t^Xoj; 2ax£ "^b teT^c«;, Tb j^kv ixTJxo? xaTaoxeuaaOkv exI aTaBiou?
TpiixcvT«, Tb o\ 'jtl^o!; cuixjjLETpov, am£ tw Tet^Et tyJ(; ixupoTYjTo? xpoo^E-
voji.dvY;? dlvaXo)Tov £x ßta? urdp^at • toi? y^P wjpYOi<; SieiXt^ttto xuxvo?«;
xat ÜtJ/TQXot?, 2x TS XlOwV cjjXoSiliLYJTO TETpaTC^Bwv 9tXoTtlX(i)(; (juvEtpYac-
{iL£vü)v. Dionysios erbaute also in 20 Tagen eine Mauer von 30 Stadien
oder 4500 Meter Länge. Sie krönte den Nordabhang der Epipolai-
terrasse. 60000 Mann, auserlesen aus der Bauernschaft der syra-
kusischen Feldmark, arbeiteten daran« Viele von ihnen brachen die
Steine und richteten sie zu, andere transportierten die Quaderblöcke
vermittelst 6000 Paar Ochsen an die Baustelle, und 36000 Menschen
setzten sie gleichzeitig zur Mauer zusammen.
Es ist eine bemerkenswerthe Thatsache, dass Diodor hier nur
von der nördlichen Epipolaimauer spricht: seine 30 Stadien geben
fast ganz genau die Mauerlänge von der Scala greca, wo, wie wii*
bei Gelegenheit der römischen Belagerung sehen werden, das Hexa-
pylon stand, bis zum Euryalos an. Nicht lange nachher (396 v. Chr.)
kamen die Karthager und belagerten Syrakus« Damals war also nach
— 172 —
Diodor nur die Nordmauer von Epipolai vollendet, und nichts desto
Avenig^er versuchten die Karthager keinen Sturm auf die syrakusische
Hochebene. Dann lesen wir an einer übrigens lückenhatten Stelle
bei Diodor XV 13 zum Jahre 385 von der Errichtung einer Mauer
um Syrakus, welche also die Ergänzung jener vom Jahre 402 gewesen
sein würde, indem nun der Südrand von Epipolai befestigt worden
wäre : xal Tct^o? xsptdßaXe vfi xöXet tyjXixouto to liLd^cöo?, öffTs x^
t:5X61 Y£vl(jOat Tbv 'jrspißoXov \Li-^tT:o^ twv *EXXt)v{8ü)v -jriXewv. Aber ist
das wahrscheinlich ? Sollte im J. 396, als die Karthager Syrakus
belagerten, nur die nördliche Festungslinie von Epipolai vollendet
gewesen sein? Hätte eine einfache Mauer von solcher Länge nicht
von den Karthagern angegriffen werden müssen ? Hätten sie dieselbe
nicht genommen? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass schon im
J. 396 auch die Südmauer von Epipolai stand? Dies ist die
Meinung Schubrings (Bewäss, S. 622), welcher glaubt, dass Dionys
schon 402 auch die Südmauer gebaut habe. Die Erwähnung der
Gesamtmauer des Dionys zum J. 385 sei nur Zusammenfassung früher
gemachter oder auch unterlassener Mittheilungen, nicht die Angabe
«iner neuen Anlage. Auch wir glauben, dass zu den Zeiten des
grossen Karthagerkriegs 397-396 nicht nur auf dem Nordrand,
sondern auch auf dem Südrand von Epipolai eine Mauer gestanden
haben muss ; sonst wären die Karthager auf die Hochebene vorge-
drungen. Aber andrerseits ist es sicher, dass die so eingehende Be-
schreibung des Baus bei Diod. XIV 48 sich nur auf die Nordmauer
liezieht. Diodor sagt es, und die Ueberreste dieser Mauer beweisen
es, dass sie zu derselben Zeit und mit demselben Material gebaut
ist; sie ist gleichsam aus einem Wurf; die Südmauer hat nicht
diesen einheitlichen Charakter. Es spricht also thatsächlich Diodor
von dieser letzteren nur unter dem Jahr 385, wo er die gesamte
Stadtummauerung vollendet sein lässt. Das hebt aber nicht die Mög-
lichkeit auf, dass auch an der Südmauer die wichtigsten Theile zur
Zeit der karthagischen Belagerung vollendet waren. Ja, man kann
auf Grund der Erwägung, dass die oberen Schichten der Südmauer,
was die Beschaffenheit der Steine betrifft, mit der Nordmauer über-
einstimmen, zu dem Schluss kommen, dass im J. 402, wo Dionys
die letztere baute, schon ein Theil der Südmauer bestand, und dass
er damals jene von Grund aus neu errichtete, diese nur vervollstän-
digte. Vielleicht beschränkte sich der schon vorhandene Theil der
— 173 —
letzteren auf einige Forls an besonders wichtigen Punkten, wie die
bei Tremilia vorspringende Bastion, welche mit ganz anderm Material
erbaut ist als die Mauer. Wenn die Richtung, in welcher die Nord-
rnauer läuft, noch im einzelnen deutlich zu erkennen ist, so lässt
sich dasselbe nicht von der südUchen sagen. Ihre Spuren gehen nur
von dem Kastell Euryalos bis zur Pprtella del Fusco. Oestlich von
dieser ist nichts mehr zu erkennen. Nun musste aber zwischen hier
und Achradina eine Mauer existieren. Wo ist sie zu suchen? Wahr-
scheinlich zog sie sich um die ganze untere Neapolisterrasse, die sog.
Gontrada Fusco, ohne jedoch, wie wir gesehen haben, den Charakter
der Gleichartigkeit zu haben, i
Fassen wir das Gesagte zusammen : Dionys begann die Ring-
mauer von Epipolai im J. 402 mit der Befestigung des Nordrandeis,
die er in 20 Tagen vollendete. Damit begeisterte er das Volk für den
Ausbau einer grossartigen Festung. Dass diese aber mit der Nord-
mauer allein nicht hergestellt war, musste das Volk begreifen. Somit
baute man weiter, aber mit weniger Hast und mit Anlehnung an
die am Südrand der Terrasse schon bestehenden Befestigungen. Man
baute weiter bis zum J. 397, wo die Südmauer zum grössten Theil
vollendet war. Das Ganze wurde 385 abgeschlossen.
Ein hochwichtiger Theil dieser grossen Festung war das Kasiell
Euryalos, welches offenbar nicht in jenen 20 Tagen gebaut wurde.
Auch dieses erwähnt Diodor nicht, obgleich es der Schlüssel des ganzen
Dionysischen Festungsystems war. Es muss im wesentlichen zwischen
>402 und 397 erbaut worden sein.
§ 4. Neue Rüstungen des Dionysios. Die syrakusische Flotte.
Um seine grossen Pläne zu verwirklichen, musste Dionys ein
furchtbares Heer und eine grosse Flotte schaffen. Diodor beschreii)t
XIV 41-43 zum J. 399 diese gewaltigen Rüstungen. Der Tyrann
Hess Waffen aller Art verfertigen, wie sie der Eigenart und Gewohn-
heit der verschiedenen im syrakusischen Heer vertretenen Nationa-
litäten entsprachen. Die Syrakuser selbst betheiligen sich mit Feuer-
eifer, die ganze Stadt wird zu einer grossen Waffenfabrik : ou [acvsv
1 S. die Notiz S. 49 f. über die vor einem Jahre in der dortigen Gegend ent-
deckte Mauer. Weiteres am Schluss des Buches bei Erklärung der Karte I. L.
— 174 —
fxp it tot? Tcpovisi; xai toi; äicirtsäfixo',; täv itpStv, Ixi Es loi; -[T>i*va-
ofci; xa't T«; xaT« tyiv (Jy^F«* atoai;, äfeits i:ä; "iso; twv ep^aCoiAiviav,
ÄXXi xai /upt; tüv BiJiwofwv TfTCuv iv t«;; emifaveinä-a'.; oixia!; «:)j(
-a;iK'XT;6Y5 **T£(ni£ua?ETa. XIV 41. Damals wurde die Katapulte erfunden
und wurden zum ersten Mal Vier- und Fünfruderer gebaut. S. Mellzer,
Hench. d. Karthager I. S. 283. 511 f. Von den Markthallen ist oben
S, 106 f. {,^sprochen worden. Auch das Arsenal erfuhr eine bedeu-
tende Erweiterung. Diodor XIV 42 lässt den Dionys 200 neue Ki'iegs-
schÜFe bauen und 110 alte wiederherstellen; dann fahrt er fort:
i;r/,s3(J|A£'. Si xa! viuasiWj; TroXureXst; xüxXt^ tsj vüv Aay.xbu (d. h. des
kleinen, s, oben S. 83) vj3.'ksu\i.ivo-j 'ki\>.in; exaTiv i^Mvta, to!»;
■nXefiTo'j; 263 vaü; äj/oijivau;, rd'i toÜ; ::poj5:apy_5vTa; gftipirauev övt«;
exaTsv ici-cc^xivra.
Da mit diesen Etablissements des Dionys Arsenal und Kriegs-
hät'cn von Syrakus ihre höchste Vollendung erhielten, so halten wir
OS für geeignet einen Rückblick zu werfen auf die Nachriclilen der
alten Schriftsteller über die Entwicklung von Kriegsflotte, Häfen und
Aisenal der hellenischen Hauptstadt des Westens, wobei wir die
j^unauen und vollständigen Erörterungen Scbubring3(.(lcArad. S. 21-34)
lii^iiulzcn.
Vi)i- Gelon finden wir keine Erwähnung von syrakusischer Kriegs-
Holte. Aber unter ihm war die Seemacht der Sjrakuser schon gross;
denn er bot den Griechen eine Flotte von 200 Ki'iegsschißcn an
(HeiTiit, Vli 158), dieselbe Zahl, welche die Athener in der Schlacht
bei Salamis hatten. Um 200 Schiffe und mehr auszurüsten — denn
Gelon konnte unmöglich seine ganze Flotte nach Griechenland schicken
— bedurfte es einer Werft, wozu der kleine und der grosse Hafen,
sowie der tiefe Verbindungskanal zwischen beiden die Gelegenheit
bot (s, S. 117). Unter Hieron behauptete die Flotte ihre Bedeutung,
wie aus dem Seesieg über die Tyrrbener bei Kymc 474 v. Chr. lier^
vorgeht, zu dem Hieran nach Diod. XI 51 tpi'^psi; vaxvx- aussandte.
Aut:h die folgenden Dezennien hielt sie sich auf der Höhe. So lesen
wir Diod. XI 88, dass im J, 453 der syrakusi.sche Admiral Apelles
Koi-sika mit 60 Dreiruderern verheerte, und XII 30, dass 439 die
Syrakuser 100 Kriegsschifie bauten. In den folgenden .labren scheint
ihre Marine vernachlässigt worden zu sein ; denn beim Deginn dea
athenischen Kriegs halten sie nicht den Mutli die Schiffe, welche sie
besassen, in Stand zu setzen. Erst später, iils Gytipp angekommen
— 175 —
\var, sliej? ihr Selbstvertrauen, sie wagten sich wieder aufs Meer und
isiegten. Zur ersten Seeschlacht des Jahres 413 liefen sie mit 35
Schiffen aus dem grossen, mit 45 aus dem kleinen Hafen aus, und
4lem letzteren fugt Thukydides hei : ou yJ^ xal to vsdiptov auTot?. VII 22.
Das eigentliche Arsenal befand sich also damals im kleinen Hafen,
während im grossen nach VII 25 die 'jraXatol vedbaoiy-oi, die alten
Schiffshäuser oder Docks, waren. Schubrings Zusammenstellung aus
Thukydides und Diodor (Achrad. S. 23) thut dar, dass die Syrakuser
<len Athenern gegenüber im allgemeinen 90-100 Kriegsschiffe zur
Verfügung hatten. Nach Diod. XIII 8 : Tot? ts -irpoüiuap/ouda; vau^
7,aöetAy,u3av %al aXXa; TrpooTtaTaocsüaaavTs? bf tw \iAY,pb) XtjJLsvi laq ava-
T.dpcL* £7:otoüVTO, veranstalteten die Syrakuser im kleinen Hafen See-
manöver; derselbe musste also eine gewisse Ausdehnung haben. Im
grossen Hafen waren die v£waoi/,ot seewärts durch Palissaden, (Traupo)-
jxa-a (Thuk. VII 25), geschützt.
Dionysios baute, wie wir oben gesehen haben, 200 neue Schiffe
und besserte 110 alte wieder aus, ferner errichtete er im kleinen
Hafen 160 neue Schiffshäuser, von denen die meisten je 2 Schiffe
fassten, und setzte auch die 150 alten wieder in Stand. Mit Hülfe
<lieser Angaben können wir uns eine Vorstellung von dem Aufschwung
der Marine unter Dionys machen. 404 v. Chr. finden wir im kleinen
Hafen 60 Schiffshäuser (Diod. XIV 7); bis 399 ist diese Zahl auf 150
gestiegen^ und in demselben Jahre wurden weitere 160 neu hinzuge-
fügt. Jetzt war der kleine Hafen ausschliesslich für die Kriegsflotte
l>estimmt und muss mit Docks sehr dicht besetzt gewesen sein^.
Denn nur für höchstens 90 von 310 Docks bleibt die Möglichkeit der
Lage am grossen Hafen, da sowohl 60 alte, als 160 neue Docks sicher
im kleinen Hafen waren. Dieser war jetzt ringsum von Mauern und
1 Ueber die Schwierigkeit die überlieferte Menge der Kriegsschiffe in dem kleinen
Hafen unterzul>ringen s. Jahns Jahrb, 1885 I 455 f. Dem dort Gesagten lässt sich
als Versuch die Schriftstellerikberlieferung mit dem topographischen Thatbestand in
Einklang zu bringen^ hinzufügen^ dass, wenn auch Dionys grössere Schiffe als
Dreiruderer gebaut hat^ vielleicht viele kleinere in obigen Gesamtzahlen einbegriffen
waren. S. 2G haben wir gesehen, dass die noch erhaltenen Dockrinnen zum
Theil nur 2,50 m breit sind. Es mögen gerade die Doppeldocks für je 2 kleinere
Fahrzeuge bestimmt gewesen sein. Nach einer brieflichen Mittheilung beabsichtigt
Sav. Cavallari eine erneuerte gründliche Untersuchung aller der Spuren, welche von
den alten syrakusischen ScbiOshäusern auf uns gekommen sind. Hoffentlich bringt
dieselbe Auiklüruog in die bis jetzt noch dunkle Frage. L.
— 176 —
militärischen Gebäuden des Arsenals eingeschlossen und bildete somit
einen Xdtxoqy d. h. ein fest und sicher umhegtes Binnenbecken. Mit
Recht hat Skylax von den beiden syrakusischen Häfen gesagt :
5 etspc? (der kleine) Ivzoq xziyoijq^ o 8' aXXo? (der grosse) l^w, und es
ist keine Frage, dass damals die Einfahrt in den kleinen Hafen
bedeutend enger war als heutzutage (s. S. 26).
Zum Jahre 385 berichtet Diodor XV 13, dass Dionys TtaTsay-sua^s
vswpta Siaxoaiat^ Tpiifjpsat. Danach könnte man meinen, dass damals
zu den 310 Docks für Kriegsschiffe wenigstens 100 neue, sei es
im kleinen oder im grossen Hafen, hinzugefügt worden wären. Dies
ist aber, wie Schubring a. a. 0. S. 28 f. mit Recht bemerkt, wenig
wahrscheinlich, sowohl an und für sich, als auch weil diese Notiz mit
einer andern in Verbindung steht, welche wir vielmehr als eine Zusam-
menfassung früherer Thatsachen haben betrachten müssen. Wie näm-
lich der ebenda erwähnte Bau der grossen Mauer in eine frühere Zeit
fällt als die, zu welcher Diodor die oben S. 172 angeführte Mitthei-
lung macht, so geht auch der Bau der Docks für 200 Schiffe auf
frühere Jahre zurück, und diese sind sicherlich schon in der Zahl der
XIV 42 erwähnten 310 Schiffshäuser enthalten. Dieser nur scheinbare
Neubau für 200 Schiffe kann also nicht für die Geschichte der syra-
kusischen Marine verwerthet werden.
Was die Zahl der Schiffe betrifft, die Dionys besass, so ist es
selbstverständlich, dass sie nicht immer die gleiche war. In den
Kriegen gingen Schiffe verloren und dann wurden wieder neue
gebaut. Im allgemeinen jedoch belief sich die Kriegsflotte des Dionys
auf 400 grosse Schiffe; Diod XVI 9. 70. Plut. Dion. 14. Ael. Var.
bist. VI 12. Nepos spricht Dion. 5 sogar von 500 Schiffen. Sicher
ist, dass die Seemacht des Dionvs eine der furchtbarsten des Alter-
thums war. Sein Verdienst war es, dass damals die Karthager nicht
ganz Sicilien eroberten. Gelang diesen ihr Vorstoss gegen Syrakus,
so hätten sie sicherlich auch auf Italien Fuss gefasst.
Die Flotte stand und fiel mit der Tyrannis. Dion löste sie sogar
ganz auf : £/. toutou )caTdXucav [jl£v et Supa^töatot to vauiwöv. Plut. Dion.
50. (s. Gesch. Sic. II 183.) Auch unter Timoleon war die syrakusische
Marine von geringer Bedeutung. Erst der neue Tyrann Agathokles
hob sie wieder. W^r werden später dessen Vorkehrungen für die
Sicherung des kleinen Hafens kennen lernen. Agathokles hat, wie
Scbubring, Achrad. S. 31, treffend sagt, den Organismus der von
— 177 —
Dionys geschaffenen und von der Demokratie vernachlässigten Kriegs-
marine wieder hergestellt. Indessen war die Zahl der Kriegsschiffe
des Agathokles nie so gross wie die, über welche Dionys verfügte.
Nach Afrika ist er z. B. mit 60 Schiffen übergesetzt (Diod. XX 5).
FreiHch lässt sich dem gegenüber auch wieder bemerken, dass die
Stadt Syrakus damals von den Karthagern belagert wurde. Jedenfalls
brachte es Agathokles gegen Ende seiner Herrschaft zu einer beträcht-
licheren Flotte. Er ist im Stande die makedonische Flotte zu besiegen
(Diod. XXI 2), die Stadt Kroton. einzunehmen (Diod. XXI 4), und
schliesslich hat er, trotz eines schweren Verlustes an der bruttischen
Küste (Diod XXI 8), 200 Vier- und Sechsruderer, mit welchen er
wieder die Karthager im eigenen Lande anzugreifen beabsichtigt
(Diod. XXI 16).
Von der Kriegsflotte Hierons IL wissen wir nichts Näheres ; doch
war sie im ersten und im zweiten punischen Krieg den Römern
sehr nützlich. Und wie vollendet unter ihm die Schiffsbaukunst war,
das beweist. sein berühmtes Riesenschiff, welches freilich kein Kriegs-
schiff war.
§ 5. Die karthagische Belagerung von Syrakus.
Nicht umsonst hatte Dionys seine erstaunlichen Kriegsrüstungen
getroffen. Er hatte einen Entscheidungskampf mit Karthago im Auge
und hoffte als Sieger daraus hervorzugehen. Die Karthager hatten
durch ihre unmenschliche Grausamkeit bei der Einnahme von Selinunt,
Himera und Akragas den furchtbarsten. Hass gegen sich beschworen,
welcher nun in dem Rachekrieg unter der Führung des Dionys los-
bra<ih. Die Feindseligkeiten wurden durch eine Plünderung der in
Syrakus anwesenden Karthager im J. 398 eröffnet: cux äXt^ot twv
Kap)fYj8ov{(i)v (^/.ouv iv täTc; Süpaxsüaai^ aSpa<; ir/o^nzq xxVjaetc;, :uoXXot Se
%OLi Twv £[;.TC6pwv £?X®v £v TW Xt|i.£vt -zoLq vau(; ^(t^zd^soLq «popxiwv • oiv
otTuavTa StscpöpYjcav 9t Supaxöatot. Diod. XIV 46. Nun erhoben sich
überall in Sicilien die Griechen und nahmen an den Karthagern
blutige Rache für die entsetzlichen Greuelthaten, welche sie bei
ihren letzten Siegen verübt hatten.: eine erste sicilianische Vesper.
Beim Beginn des Krieges siegte Dionys zufolge seiner vortrefflichen
Rüstungen. Er nahm durch eine denkwürdige Belagerung Motye und
eroberte fast ganz Siciliün. Aber die Karthager waren, wenn auch
Lupus, Die Stadt Syrakus. 18
— 178 —
überrascht, so doch nicht entmuthigt. Mit ungeheuren Streitkräften
setzten sie nach Sicilien über und drangen siegreich nach dem Osten
der Insel vor. Messana fiel, die syrakusische Flotte wurde angesichts
des Aetna vernichtet, Dionys in seiner Hauptstadt eingeschlossen.
Die Geschichte der nun folgenden Belagerung durch Himilkon ist für
unsere Topographie von Interesse, bietet jedoch nicht geringe Schwie-
rigkeiten, und Diodor, der einzige Schriftsteller, welcher sie uns
überliefert hat, zeigt auch hier, dass er topographisches Detail nicht
klar auseinanderzusetzen versteht. Vgl. Gesch. Sic. II 116. 436;
Meltzer, Gesch. d. Karthager I. S. 297-302. 513-514.
Diodor beginnt XIV 62 seinen Belagerungsbericht folgender-
massen : 6 ;j!.sv o5v aTpanrjYo^; twv Süvajiewv 'Iji.i>vXü)v x,aT£axY;v(i)(j£v iv
TW Toli Ate? v£0), Tc Ss Xoi'irbv x)v9)6o? ev tco zapay.£i{JLdvü) Tiirw x.aT£ffTpa-
Tox£$£ü(jr;, amiyo^ tyj<; r6X£ü)? ara^iou? Bo)S£xa. Das Hauptquartier
Himilkons war also am Olympieion, und hier breitete sich auch das
gewaltige Lager aus. In dieser Gegend ist der Anapos 12 Stadien
oder 1800 m von den Mauern der antiken Stadt entfernt. Da nun die
12 Stadien, welche als Abstand zwischen Stadt und Lager angegeben
werden, naturgeraäss nur bis an das Nordende des Lagers, schwerlich
in dieses selbst hinein und sicher nicht bis zu dessen Südrand reichten,
so ist die Gesch. Sic, II 436 ausgesprochene Ansicht, dass das
Lager zwischen Anapos und Stadt gestanden habe, nicht aufrecht zu
erhalten. Es bleibt nördlich von dem Fluss kein Raum für jenes; es
muss also südlich von demselben angesetzt werden, wo es zudem
durch das ansteigende Terrain eine natürliche Festigkeit erhielt.
Diodor fährt fort : [lztol 8k TXUTa 'lii.{Xy,(i)v i^T{^(xr(z tijv JTpaTiav
axaaav, /.at izps twv t£i^(ov -i^e':%^e ttjv Suvai^iv, £tq |Ji.a5^Y)v '::poxaXo6ii.£vOb
TOix; 2upax,octoü?. . . . ou^evo? S' £X£^i£va'. toXijlwvtoc t6t£ jjl^v dziJY£ "^v
S6va[i.tv elq tyjv aTpaTOX£S£iav, [i.£Ta $£ TaÜTa if ii\hipoL^ Tptaxovra Tr,v
/wpav iTCYjct U.S. w. c. 63 : xaT£XaߣTo §£ xal to tyj^ 'A^^paSivt;? xpodtTüEtov,
/.at Tcix; v£0)(; ttj? t£ AtjiJLYjTpoc itat Köpr;^ eTjXYj(j£v. Dass es nicht mehr
möglich ist, die Lage der Tempel von Demeter und Köre zu bestimmen,
haben wir schon oben S. 102 f. gesehen. Ebenso auch, dass Syrakus
schon zur Zeit der karthagischen Belagerung wenigstens einen Theil
der Mauer besitzen musste, welche Diodor erst 385 v. Chr. vollenden
lässt; aber wir wissen nicht, wie weit sie sich nach Süden hin
erstreckte. Wenn nun die Karthager beide Tempel plünderten, müssen
sie ausserhalb der Stadtmauern gestanden haben; denn Diodor sagt
^
— 179 —
nicht, dass die Karthager in diese eingedrungen seien. War die
Gontrada Fusco, wie man annehmen kann, damals von den Festungs-
werken eingeschlossen, so konnten die zwei Tempel dort, nicht stehen.
In der Gesch, Sic. IL Plan 13 sind sie weiter westlich in der
Gontrada Galera angesetzt, wo andre Ruinen aus späterer Zeit sich
finden ; aber man kann Zweifel hegen, ob ein von Achradina so
ferner Punkt Tcpoiatetov tt); 'AyrpaBtv^i; genannt werden kann. Die
Worte Diodors schliessen unsers Erachtens die Lage der Tempel in
der Gontrada Galera nicht aus ; andernfalls müsste man sie an oder
nahe dem Siidrande der Gontrada Fusco ansetzen.
Es folgt die schon oben S. 103 erwähnte Zerstörung der Gräber
Gelons und der Demarete : 'I[jr/.y,a)v (Jiev o3v ler/oq '^reptg^tXwv tyj
xapeixßoXtj 'zohq töL^oü^ «j/sSov 7:av,Ta^ tou? auve^^l^? xaOsTXsv, £V oiq t^v
TS rdXwvo? Y,oLi Tf^q Yi^vaixcq aÜTOu Ar^ii.ap£Tr|^. Auch für den Ort dieser
Gräber ergibt sich aus dem a. a. 0. Gesagten nur eine annähernde
Gewissheit. Doch ist es wahrscheinlicher, dass sie eine Strecke
südlich vom Anapos, als unmittelbar an demselben lagen.
An den Bau der Lagermauer schloss sich der von drei Forts : wy.o-
^iiL-qaz Se /.at Tpta ^poupta 7:apa OaXacaav, lo [i.£v iiz'. tou nXy)[jL[JLüp{o'j,
To S' exl [J1.EC0Ü Toü Xt[i.£vo(;, to Ss /.axa tov vswv tou A'.c<;. zlq Ss xatiTa
Tov TS oTvov y.ai tov c?tov yjxl Ta Xoixa twv eiutTViBsiwv /.atsxöfjLt^s vo^xf^cov
/poviwTspav ^asaöat tyjv xoXtopxiav. Die Lage des ersten ist klar; es
sollte die Einfahrt in den Hafen schützen. Etwas anders steht es
mit den beiden letztgenannten. Zwar werden sie auch in Kap. 72,
obgleich mit andern, so doch deutlichen Bezeichnungen noch einmal
genannt, und es ist keinem Zweifel unterworfen, dass c. 72 to zphq
TW Aa(;x,ci>ve x***P^'ov identisch mit dem £7:1 ii.£(JOü toj Xt[jLdvoc, c. 72
9po6ptov rriv y,aXoü|i.^vvjv IloXtyvav mit dem xaTa tcv vswv tou Atb; ist ;
aber wie konnte Diodor, wenn eines der drei Forts die Polichna war,
sagen, dass die drei 7:apa OiXaTTav, am Meere standen? Die Stätte
der Polichna liegt nicht am Meere. Es scheint also für dies Fort die
Angabe Tcapa OiXaTTav nicht genau zu sein, i
1 Oder wir haben die Richtigkeit von irapa OaXa^jav auch in Bezug auf
dies dritte Fort mit der grossen Veränderung zu begründen, welche gerade die
Mündungsniederung des Anapos seit dem Alterthum erlitten hat. Die Versandung
hat hier dem Meere und Sumpfe weite Strecken abgerungen ; s. oben S. 21 f. Im
Alterthum buchtete demnach da, wo jetzt die Saline nordwestlich von dem Felsen-
Vorsprung der Punta Caderini ist, offenbar das Meer nach dem Olympieion hin ein,
und das dortige Fort Himilkons mag dem Strande nahe gewesen sein. L.
— 180 —
Weiler sagt Diodor c. 70 : Kapy/|Bov(o'.; 5k jjisTi tyjv v.oL'ziXrfyi'^ tou
::poacTetou xai rijv auXri^iv toO "zt tyjc AyjiXTjTpot; xal.Kcpr^c; ispoii evlTcsaev
ci; Tc 5TpaTeü}i.a vcao?. ffuvsrsXaßsTo 5s xal tt^ tou SxiijlovCou <rj[JL^opa to
•jA'jpiaSa? Eii; TauTC cjvaöpcicrÖYJvai xai tc t^? &poLq e?vai zpb? Ta<; vs(Jou^
ivspYCTaTov, er. 8k to £/£tv Ixsivc tc ölpoq xa-jp.«-:« zapriXXavjxsva.
ic'.XE $k xal c toxo? (xhioq y^®^^''*' '^p'^? "^^ JXspßoXYjv ttjj; cj[i.^opa?.
xal Yap Aör^vaio'. xpÖTspov tyjv xjtyjv sx^vte; TrapgjjLßoXYjv ^uoXXol Sts^JÖipr^jav
j::b TYj<; vdcou, eXwSoui; cvto? tou t^tioü xxl xovXou. Da aus Thukydides
erhellt, dass die Athener, als sie so sehr von Krankheiten heim-
i^^esucht wurden, nördlich vom Anapos lagerten, könnte man die
eben citierte Stelle als einen Beweis dafür ansehen, dass die Kar-
thager an demselben Orte ihr Lager gehabt hätten; und so ist denn
auch in der Gesch. Sic. II 436 diese Folgerung gezogien. Indessen
haben wir oben gesehen, dass bei der Ansetzung des Karthagerlagers
zwischen Anapos und Stadt die 12 Stadien Zwischenraum zwischen
beiden keine Erklärung finden. Deshalb scheint es räthlicher, auf der
von Diodor behaupteten Gleichheit des Ortes für beide Lager nicht
zu bestehen. Dann haben wir die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten :
entweder sind die Worte Diodors in weiterem Sinne zu verstehen, so
dass sie nur im allgemeinen die gleiche Lage der Athener und Kar-
thager bezeichnen, ohne hervorzuheben, dass beide genau in den-
selben Sümpfen sich befanden, oder es ist bei Diodor ein aus seiner
Quelle herrührender Fehler anzunehmen. Letzteres, auch unser
Standpunkt, Hesse sich folgendermassen darthun : XIII 12 heisst es
von der Lage der Athener : 'A6Y;vaioi Bk twv xpaYfi^aTwv auToi^ £7:1 to
y^cipov £xßavT(i)v xai Sia tc t'cv ':w£pix£i|/.£Vov tc::ov 'J7rapy£tv eXwSy) Xo'.»v*ixi^5
xaTaG-:aa£(i); tlq to ffTpaTorsBov k{jLZ£ffo'j(JY;(; u. s. w. ; über ihren Lager-
platz aber war XIII 7 gesagt : tw [jipc» tyj; Zuvi\kzit)q tov u7:£px£i[jL£vov
Tou Xtjji.£voc; TcTTov xaT£XaßovTc xal ty;v xaXou;j.£v/;v Uo'kiyYq^^ T£'.)fi(javT£?
Tc T£ Toy A'.bc itpo/ :r£pi£ßaXovTo xal £^ dl[;.<poT£pcov twv [ji.£pa)v Ta<; 2üpaxo6!7a<;
£7:o7aopxcJv, und c. 8 : xaTaXi7:6vT£<; tov T^phq 'xXq 'E7ri7:oXar<; totuov Twaaav
TYjv 8jvaiJi.tv £i; T*/;v aXXyjv 7uap£[jLßoXY;v [/.£':Y)YaYcv. Diese aXXrj 7:ap£ji,ßoXtj
war also nach Diodor (oder seiner Quelle) nicht da, wo sie Thuky-
dides annimmt, nördlich vom Anapos, sondern am Olympieion, und
somit konnte jener behaupten, dass die ■ Karthager mit ihrem Lager
denselben Ort eingenommen hätten, wie einst die Athener, gerade
weil er glaubte, dass die Athener sich südlich vom Anapos gelagert
hatten. Demnach würde der Text Diodors bei genauer Prüfung
— 181 —
beweisen, dass das Karthagerlager wirklich im Süden des Flusses
stand, und wir hätten so eine völlig gesicherte Erklärung der oben-
erwähnten 12 Stadien.
Die Stellung der Karthager lässt sich aber durch die letzten
Worte der aus Kap. 70 citierten Stelle: £X(5>Bo'j; ovto; toiJ tottou
xat xotXou, noch genauer bestimmen. Sie weisen uns in die Gegend
dei' Kyane, eine Sumpfniederung, welche von dem Westabhang der
Olympieionanhöhe aus gesehen als ein grosses Becken erscheint. Am
Rande dieses Beckens also, und besonders an seinem Nordrande, lagerte
das Gros des Heeres; für die Marinetruppen haben wir das Plateau
zwischen dem Olympieion und der Küste ins Auge zu fassen ; in der Mitte
am Olympieion, war das. Hauptquartier. Die Schiffe lagen südlich von
der Anaposmündung, und die drei Forts, von denen nur zwei eine
für unsere Erkenntniss dem Zweck völlig entsprechende Lage hatten,
deckten das Ufer.
In der grossen Schlacht, zu deren Beschreibung Diodor c. 72
übergeht, erringt das Feldherrntalent des Dionys durch eine wohlge-
lungene Ueberraschung einen entscheidenden Erfolg. A(J£Xyjvou TY;q
vuxTo^ o'Javjq '::£ptY3YaY£ tyjv S6va[ji.'.v w, X£pt£X6a)v £7:1 to ty;^ KuavY)?
\z.^o^ 2Xa6£ Tou? 7:o/v£[i.bü? a;/ ^iiJiipa xpoatwv tyj TrapcjxßoXYj. Das Heilig-
thum der Kyane muss man westlich vom Olympieion, jenseits des
Baches und nördlich von der Quelle gleichen Namens suchen! Von
hier aus griff Dionys das feindliche Lager mit Reitern und Söldnern
an; der betreffende Lagertheil wird durch die Worte to Trpc^ ty)v
[i.£a6Y£tov avaT£rvov [iipo; ty)^ Kapyrr^Sovitov aTpa':oT£Ss(a5 als die West-
seite bezeichnet. Hier entspinnt sich der erste Kampf, in welchem
die Söldnerabtheilung auf des Tyrannen Befehl wegen wiederholter
Meuterei von der Reiterei preisgegeben und so vom Feind niederge-
macht wird. Der Hauptzweck dieses Westangriffs war aber der, die
Aufmerksamkeit der Karthager von dem Punkte abzulenken, wo der
eigentliche Angriff erfolgen sollte. Dieser ist offenbar von zwei Seiten
und an zwei verschiedenen Punkten gemacht worden : b 8k Aicvja'.o;
ajxa TYJV T£ 7:ap£[ji.ßoXY)v xat z% «ppo'Jpta 'KOA'.opy,£tv £7:£X£ipr,(j£. y.al twv
^a^^OL^ii^y) 8ia TO 7:apa8o?ov xa'ca'j:£';:Arfi'|jiv(j)v xal Tuapaßor^OcJvTwv
teTapa-Yi^ivw^, auib*; \)k^ fpoupiov tyjv y.aXouj^ivYjv noXi'xvav d\z xxTa
xpaioq, £x S£ OaTipou [hi^yj^ o'. hiTizXq %%[ Ttv£^ twv Tpif^pwv -irpc^TrAcJ-
oasat TO Tpb? to) Aaaxwvt ytoptov £?£TCcXt6px.r,aav. Es ist keine Frage,
dass der direkte Angriff auf das Fort Daskon nur nach Umgehung
— d82 —
der ganzen karthagischen Stellung geschehen konnte ; wer von Norden
gekommen wäre, halle izwischen Anapos und Daskon das karthagische
Schiffslager getroffen; das Fort auf dem Daskon war eben nur von
Süden her zu erreichen. Die syrakusische Reiterei wandte sich also
von dem Scheinangriff im Westen sofort südwärts^ umritt das Kyane-
becken und gelangte so in östlicher Richtung zum Daskon. Hier
überrumpelte sie zusammen mit gleichzeitig eintreffenden Kriegs-
schiffen der Syrakuser das Fort. Unterdessen hatte Dionys selbst
das Fort Polichna genommen. Und zwar konnte er dies nur von
Norden, also direkt von der Stadt her. Der Tyrann durfte sich nicht
durch die Ebene hin entfernen und der Gefahr aussetzen, dass ihm
der Rückzug abgeschnitten wurde. Beim weitern Fortgang des Kampfes,
als die Karthager schon entmuthigt und in das Lager eingeschlossen
waren, trug auch Dionys, wie wir gleich sehen werden, kein Bedenken,
um den Sumpf herumzusprengen. Jedenfalls sehen wir, dass er
einen genialen Angriffsplan nicht nur auszusinnen, sondern auch vor-
trefflich auszuführen wusste. Es wirken zusammen ein Scheinangriff
auf die Westseite des feindlichen Lagers und drei eigentliche Angriffe
von den drei andern Seiten her, d. h.des Dionys selbst von Norden,
der Schiffe von Osten und der Reiter von Süden. Der kombinierte
Plan gelang vollsländig.
Die Karthager e? apy^YJ^ {jlsv i'Ki 10 xsi^cv CTpatsuixa irivTe? cuvdSpaixov
ajjL'jv^jxevoi tou^ ty;v 7uap£|i.ßoX'y;v TioXiopx.oi3vTa?. ioq Sk xat tov twv veöv
£7:t7:Xouv elSov, -iraXiv e^sßoifjöouv bzl tcv vaucTaöjJiov. Der va6(jTaO;jLO?
war offenbar in der Nähe des Fort Daskon. Dieses hatte die syraku-
sische Flotte zuerst angegriffen und genommen ; nun wandte sie sich
gegen das karthagische Schiffslager, welches sich an das grosse
Lager unmittelbar anschloss. Die Karthager wurden verwirrt und
wichen ; die Syrakuser bedrängten sie immer heftiger und richteten
in der Ueberzeugung, dass sich gegen das Schiffslager ein vollstän-
diger Erfolg werde erringen lassen, alle ihre Kräfte dorthin. Ou {ayiv
o'jS' et '^ts^Yj TU) va'j(jTa6|jL(|) 7:poaßaXXovT£<; sXeixovTo tyj«; tou-ccov (d. i.
der syrakusischen Flotten mannschaft) cjtco'jSy;?* Iv olc, aüvißaivsv sTvat
/.al auTov Tbv Aiovuatov, TrapiTUTwsüxsTa 7cpc<; to xaia Aa(r/.o)vx [i-spos- c. 73.
Schliesslich hat also Dionys selbst das karthagische Lager umritten,
um den Angriff auf dessen Südostecke zu leiten. Der Sieg der
Syrakuser ist ein vollständiger. Der grösste Theil der karthagischen
Flotte wird vom Feuer verzehrt. Doch hemmt der Einbruch der
— 183 —
Nacht den Kampf und Dionys eTusCTpaTOTcISeuce toi; ßapgapoi? Tzpoq tw
Tcu Aib^ t£po) irape|ji.ßoXY3v xotYjcafxsvo^. c. 74.
Noch haben die Syrakuser das eigentliche Lager der Feinde,
welches sich vom Tempel der Kyane bis zum Meere erstreckt, nicht
gewonnen; aber nach Eroberung zweier Forts und Zerstörung eines
grossen Theils der feindlichen Flotte bedrängen sie die Karthager von
allen Seiten aufs ärgste; endlich schlägt Dionys sein Hauptquartier
in der Nähe des Zeustempels auf, den, wie wir gesehen haben,
Himilkon zu seiner Wohnung gemacht hatte. Die Karthager wären
verloren gewesen und hätten sich allesamt ergeben müssen, wenn nicht
Dionys so schlau gewesen wäre einzusehen, dass ihm selbst ein grösserer
Vortheil erwachsen werde, wenn er die karthagischen Bürger unter
den Gegnern verschone, als wenn er diese alle vernichte. Ein Vertrag
kommt zwischen den beiden Feldherrn zu Stande, dem zufolge Himil-
kon mit 40 karthagischen Schiffen entflieht, nachdem er Dionys 300
Talente übergeben. Das Lager wird genommen und geplündert ; die
Iberer, die tapfersten unter den karthagischen Söldnern, treten in die
Dienste des Dionys.
Die Stadt Syrakus war ein zweites Mal gerettet. Die Niederlage
der Karthager war nicht weniger vollständig gewesen als jene der
Athener, und sie war das Werk eines Syrakusers. Dionys hattö sich
als Feldherr ersten Ranges bewährt. Zu gleicher Zeit hatte er auch
sein staatsmännisches Talent bewiesen. Während der Belagerung war
nämlich die Unzufriedenheit der Bürger zu offenem Ausbruch gekom-
men, und Dionys hatte sie zu beschwichtigen gewusst. Von diesem
Jahre an hatte der Tyrann nichts mehr zu fürchten, weder von
Seiten der äussern Feinde, noch von Volkserhebungen. Auch die
Anschläge einzelner Verschwörer wusste er stets zu vereiteln.
§ 6. Ende der Herrschaft des älteren Dionysios.
In einer Topographie von Syrakus kann es nicht unsere Aufgabe
sein von der Lebensweise zu sprechen, welche hier unter Dionys am
Hofe und bei den Burgern herrschte, noch uns über die Dichter und
Parasiten zu ergehen, mit welchen er sich umgab, oder über den
Luxus zu reden, welchem man damals in Syrakus, wie in andern
Griechenstädten ergeben war. Nur im Vorübergehen erwähnen wir,
dass die von Athenaios XH 554 überlieferte Anekdote von den beiden
r
»
— 184 —
Kallipvgün und dem Tempel der Aphrodite Kallipjgos zu Syrakus,
eine Anekdote, in welcher sicli die Sitten zustände unter Dionys wieder-
ppiegeln, Mirabetia Veranlns^unt; gegeben hat, auf seinem Plan nicht
nur dieNDii Tempel (Nc. 85), sondern auch das Landgut des Valei's
der beiden Schönen (Nr. 172) anzusetzen. NatüHich sind das. reine
Phnntasien.
Am Hofi.' des Dionys lebh; unter andern auch der Dichter Phi-
loxenos. Dieser wurde, weil er den Gedichten des Tyrannen nicht
die nöthi^re Dewunderung zollte, in die Latomien geworfen. S. Dio<).
XV 6 und Gench. Sic. II 170 f. 4S6. Weiche der Latomien war
dies nunV Nach Aelian Var. bist, XII 44 die auf Epipolai : Ai iv
x/.iOp(i)v. ^5av 5s h aty-rai^ toj /_pivsu tc^oyTOv S'.ZTpiijiavts^ ä-Apiitsa'. ü;
Mt Yifäti'.ijxiv»! xai 5:ET:a!3omt^56«'.. x«'- twi; töv raijtov ix^ivüv ejltjSe-
i:iinroT£ i:i\iv i'ädvra;, Sie i; Supxxo^aa^ )i>.6ov y.at £iSs> ti:T:oU( üir&^WY"
[jivo'j; xa! gia; i).a'jvoi*4vo'Ji;, lj£!*Yo^ ßsüv-rs; ' oärw? öp« E§eKV.i-fT;oa>.
iv (■» f aj! S'.atpißwv ~cv KütXtitiix tlpyi^x-zo, töv layToä- \i.='h5iv tö xiXXiTTov,
xip' tüäkv 6i[Asvo; -^jv ex Ätsvjsisu T'-i*i>>piav x»; xxTaBixVi ^"'•"'■' ^* "'"^i
■^ w^ttfopä i^jaio'JpYöv ö 'l'iWiEvss, Die iSlelle enthält eine Reihe von
Ungenauigkeilen. Gleich die eisten Worte at iv SixiXia 't.'M-:o\).i%:
T.spi Ti; 'ETcrco/a; t;(ijv könnlen zu der irrigen Meinung verführen,
ab ob alle Latomien an Epipolai angelegt wären; liegt doch liei
weitem Hie Mehrzahl in Neapolis und Achradina. Dann werden als
Masse der Epipolailatomien ein Stadion Länge und zwei Pleihren
(200 Fiiss) Breite angegeben. Schon Bonanni hat dementgegen S. 88
der Palerm. Ausg. bemerkt, dass die Latomie von Epipolai in Länge
und Breite nicht mehr als ein Drittel der von Aelian überiieferten
Masse hat. Ucberdies gibt Aelian die Masse an, als ob sie die der
syrakusisc'ben Latomien überhaupt wären ; da diese aber nicht in
ununterbrochenem Zusammenbang mit einander stehen, so lässl sich
kein zusammenlassendes Mass dafür aufstellen. Ferner wäre nach
Aelian die Latomie des Philoxenos die scliönste der in den Latomien
vorhandenen Grotten. Ist Aelian, d, h. seine Quelle, hierüber gut
unterrichtet, so kann die Lalomie des Philoxenos nicht die auf
Epipolai sein; denn niemand wird behaupten, dass diese die schönste
unler allen sei. Das Epitheton xaXXijxov würde mit viel mehr Itecht
der des Paradieses oder der Kapuziner zukommen. Alles zusammen-
— 185 —
genommen, lässt sicU aus den Worten Aelians nicht der Beweis
ziehen, das Philoxenos in Epipolai gefangen gehalten worden ist.
Zwar war nach Plut. Dion 29 auf Epipolai ein Gefangniss : t«;
'ExtxcXa; eXwv Touq xaöstpYl^^^^u^ twv zoXitwv IXujg, aher Plutarch
sagt nicht, dass es eine Latomie gewesen sei; recht gut konnte z. B.
das Kastell als Gefangniss dienen. Damit wollen wir nicht bewiesen
haben, dass eine der Latomien" von Neapolis oder Achradina das
Gefangniss des Philoxenos gewesen sei; wir glauben nur die Unmög-
lichkeit dargethan zu haben, den Ort dieses Geföngnisses festzustellen.
Dass über die Latomien von Syrakus viele Fabeleien umliefen,
ersehen wir auch aus Cicero Verr. V 143 : Carcer ille, qui est a cru-
delissimo tyranno Dionysio factus Syracusis, quae lautumiae vocantur.
Als ob die Latomien nicht schon vor Dionys als Geföngniss für die
Athener gedient hätten ! Die Latomie von Bufalaro auf Epipolai heisst
im Volksmund auch die des Philosophen. Bonanni, a. a. O., nennt
sie Bufalaro, aber nicht die des Philosophen; er behauptet jedoch,
dass die Stelle Aelians auf diese Latomie bezogen werden müsste.
Auch Barlels IIL S. 113, bezeichnet sie nur mit Bufalaro. Philoxenos
war in der That kein Philosoph, sondern ein Dichter, so dass man
nicht einsieht, warum die Latomie jenen Namen erhalten hat. Fast
hat es den Anschein, als ob die Worte « des Philosophen » aus Miss-
verständniss an Stelle von « des Philoxenos » (filosofo für Filosseno)
getreten seien.
Mirabella, Nr. 131, findet das Gefangniss des Dichters Philoxenos
in dem Ohre des Dionysios wieder. Er kennt auch das Gemach,
welches mit dem Ohre in dessen Hintergrund in Verbindung steht,
aber er weiss so wenig wie Fazello etwas von dem heute allgemein
verbreiteten Märchen, dass der Tyrann selbst sich dorthin begeben
habe, um die geheimen Gespräche der Gefangenen zu belauschen.
Seine Worte sind : «Canalis foras exit per foramen, quod est in statione
custodis, quae super illud excitata est. Statim vero iste vel minimum
sentire poterat tumultum, qnoniam ad minimum motum repercussus
mtus in canali isto aer sonum ad extremum illud foramen perfere-
bat . . . ut, qui in illo (carcere) servabantur, fugam incipere haud
possent, quin illico coeptum illud custodi innotesceret (Thes. Graev.XI).
An der schon zweimal (S. 172 und 176) besprochenen Stelle XV
13 fügt Diodor dem wahrscheinlichen Resüme der Dionysischen
Hafen- und Festiingsbauten hinzu : y.aTsuy.E'jaas ok >t«t f-'ii.vaa'.a \j,z-^d\x
— i86 —
7:apä Tbv "Ava7:ov xoTa[jLÖv, Oewv ts vaou? xaTeoxeuaffs xat xaXXa t«
ffuvreivovTa irpc^ au^^civ ttöXsu)? xat 86?av. Wir wissen weder, welche
Tempel dies gewesen sind, noch an welchen Stellen des Anaposufers
die Gymnasien gelegen haben. Nichts desto weniger ist die Notiz
werthvoll; sie zeigt uns, dass in Syrakus, wie in vielen andern
griechischen Städten die Gymnasien gerne vor den Thoren erbaut
wurden, wo sich eine grössere Menge fliessenden Wassers und der
Schatten dichter Parks fand. "Wir müssen uns also die Ufer des
Anapos bei Syrakus anmuthig und belebt vorstellen.
Wenn Diodor an derselben Stelle sagt, dass Dionys Syrakus zur
grössten Hellenenstadt gemacht habe, ein Urtheil, welches er XVI 9
wiedei*holt, so stimmt damit Strabon VI 270 : TCevTaxoXiq ^ap tjv to
TraXaicv 5Y5oifjx.ovTa xal exatcv CTaStwv l/ouaa to Tetxo; (s. S. 24 Anm.
u. S. 48 Anm.).
THEIL V. -— Von Dionysios II. bis zu Hieron II.
§ 1. Dionysios II.
Als Dionys I, gestorben war, veranstaltete ihm sein Sohn und
Nachfolger ein grossartiges Leichenbegängniss : töv Tcat^pa ixsYaXoxps-
xö)(; Oa^a(; xaxa Ttjv axpö-iroXtv •rcpb? zoLiq ßaaiXiat /.aXoujjidvat^ TUuXat^,
Diod. XV 74. Diese königlichen Pforten müssen ein Thor innerhalb
der Akropolis gewesen sein, wahrscheinlich das Eingangsthor des
Dionysischen Residenzpalastes. Von der Pracht des Begräbnisses
spricht Plutarch bei Gelegenheit desjenigen von Pelopidas Pel. 34.
Ein wahres Kunstwerk muss der Scheiterhaufen gewesen sein,
dessen Erbauer nach Athenaios V 206 Timaios hiess : OaujJLaCsTai . . .
Ttjxaio? eTCi tt; xupa ttj xataa^guacOeiaY) Atovucto) tu) tyj? StxsXia«; tüpavvw.
Bei Cicero, Nat. deor. III 35, heisst es, dass Dionys in Tympanidis
rogum illatus est. Welche von beiden Stellen den richtigen Namen
enthält, lässt sich nicht mehr entscheiden.
Dionys der Aeltere hinterliess seinem Sohn eine ganz hervor-
ragende Macht, von welcher Diodor XVI 9 eine kurze Uebersicht
gibt, indem er von dem Siege des Dion über den Tyrannen spricht :
v.q Y^p äv ':ri(jT£ü(Jeiev, Sti Sual ^opTYjvot^ vauct xaTaTcXsuaa? zepivfheio
3'jvaGTC'J vaü(; [jlsv [/.axpai; Ix®^'®? T£Tpaxo<Jta(; (s. S. 176), CTpaTitoTa«; Sk
x£?oi>? p.ev £t^ Sdxa [;;apta8aq, i-^toi; §£ p.'jptou(;, gtcXcov §£ xal gitoü xat
— 187 —
XopiQ^tjceiv Sa^l^tXo)? xatc 7Cpo£tpY)|/.dvai5 Suvdt[i.£(Ji, /wpi? Be twv £ipY)p.evü)y
TwoXtv {/.Iv 25^0 >Ta [jLsYi^'Ov "cöv *EXXy;viS(»)v, Xt^jisva^ Se xal vstbpta xal
xaTscxeuaajjL^va^ axpoTCOAgi^ ivaAwToui;, ett S^ cujj(.|ji.ax<*)v Süvaxöv l/ovca
'7:'kfiboq : 100,000 Fusssoldaten, 40,000 Reiter und 400 Kriegsschiffe
zu besitzen konnten sich nicht viele Fürsten oder Republiken jener
Zeit rühmen.
Die Herrschaft von Dionys dem Jüngeren bietet wenig Wichtiges
für die syrakusische Topographie. Am irjteressantesten ist noch der
wiederholte Aufenthalt Piatons, welcher schon unter Dionys I. in
Syrakus gewesen war und nun auf Dions Betreiben berufen der
Tyrannis eine humanere und volksthümlichere Richtung geben
wollte. Plutarch spricht Dion 13 von dem ehrenvollen Empfang :
y.al yap ap|xa xöv ßaaiXtxwv auiw izctpifrzri X£xoff{JL*/)[;ivov Gi%%pt'i:Ciq Ä'rcoßavTi
TYJ^ zpiYipouq xat öüGiav £ÖU(J£V 6 Tupavvoq (1)? eu':\jyi^\t.OL':oq [t.v{(i'kou 'zri
oLpyri ::po(JY£Yov6To?. Jetzt ist es aus mit den Gelagen im Palaste, der
ganze Hof treibt Philosophie und xb TUpxvv£Tov, ox; <paöt, xovtopTOc; jicb
'jiXifiouq Twv Y£(i)jjL£Tpo6vx(i)v y.aT£tx£v (ebenda). Allein dem Anfang ent-
spricht nicht der Fortgang. Tyrann und Höflinge wurden bald der
Weisheil und Tugend satt. Dions Widersacher nahmen den Fürsten
gegen Piaton und seinen Fürsprecher ein und setzten es durch, dass
der letztere unter dem Vorwand, sich mit den Karthagern gegen
Dionys verschworen zu haben, ins Exil getrieben wurde. Der Tyrann
selbst ist der Exekutor der Strafe : jxövov ÄTca^aYwv bizh zr^'^i axpixoXty
Tzpoq TYjv öiXaaaav i^ei^e rt^f e^cigtoXyjv )cai itaTTJY^p^j<J£V ioq Guvt<JTa[jL£Vou
[jL£':a Kap)rifj3ovta)v It: aüTÖv. (i7rcXoY£tc0at §£ ßouXoiJ.£Vou tou Atwvo? qüx
avac)r6ii.£Vo^, dW EiSOlx;, (oq £Tx£V, £vO£[jl£Vo<; £t<; dcxaTiov 7cpoa£TaE£ xoig
vauTaii; /.0|i.C?ovTa<; autbv £x6£rvat Trpbi; rJjv 'IxaXiav. c. 14. Piaton bleibt
noch einige Zeit in Syrakus, einflusslos und ungern ; endlich lässt
ihn Dionys abreisen 7uoX£[jlou Tivb? k\t.T:zi36^'zoq, c. 16. Bald aber begann
eine mehr und mehr überhandnehmende Sehnsucht nach dem Phi-
losophen ihn zu ergreifen, und endlich kehrte dieser auf die drin-
genden Einladungen des Fürsten hin nach Syrakus zurück. Hier
entspann sich nun ein lebhafter Kampf zwischen der absolutistischen
und der liberalen Partei; jene wollten die Tyrannis des alten Dionys
fortgesetzt wissen, diese die Tyrannis in eine ideale, philosophische
Regierung umgewandelt sehen. Das Haupt jener war Philistos. Sie
siegten, und Piaton fiel in Ungnade : Dionysios IlXaxwva £v to) -^TEpt
— i88 —
xa'i ^^w däspyfspii'sv- c. 19. In dieser Noth helTen die Freunde
Piatons, besonders Archylas von Tarenl, der mächtigste Mann in
Italien, dessen Freundschaft für Dionys vom höchsten Werthe war,
und der Tyrann (■eslattete Piaton Syrakus zu verlassen.
Diese Miltheilungen iiher Piatons Aufenthalt in Syrakus haben
ein gewisses topoi^iaphisches Interesse; denn wir sehen da den
Herrscherpalast mit seinen weiten Säulenhallen, in welchen der
Sand für die geometrischen Studien ansi^ebreitet ist; wir sehen rings
um den Palast den Schlossgarlen — es ist kaum fraglich, dass
Kap. A9 sEy.fa von der Uesidenz zu verstehen ist — ; von dieser
führt uns eine Pforte oder eine Freitreppe direkt zum Landungsplatz
der iSchiffe; endlich finden wir in nächster Nähe des Palastes die
Kasernen der Leibwächter und Söldner — kurz die Akropolis vereint
alles, was zur Sicherheit und zur Annehmlichkeil des Fürsten dient.
§ 2. Dion,
Dionys der Jüngere behauptete nicht lange den Thron : 357-355
slfjrzle ihn Dion. Dieser landete an der Südküste Siciliens und mar-
schierte auf Syrakus los, von welchem gerade Dionys, mit einem
auswärtigen Krieg beschäftigt, fern war. Das kleine Häuflein der
Befreier schwoll unterwegs zu einem stattlichen Heere an. Avwvi Z't
TcopiuoiJiiViJi K%-/.xpviX'.oi 11 TpoOiOsrro /ai töv nai' äfpot»; Sypixo^oiidv
^TTixoXig ^uJ.äosovTE? Aeovtivc'. xat Kx\/.t!aic'. Xifow "jisuBij T:po9TK]j.i{iavt5C
si? Jiitoy? Toü Atiovo;, w( Iki t«; KiXsi^ :rpöTOv tpiaofco tö? Inetvuv,
dxaXrcd-^TEj w/^ovto -rb; Ti^hov^äitii toT; oixsioi; ßonjöriffövtE;. w; 3'
iKuj-i^eXv] TaÜT* T:pb; töv üwvx itspi tö^ 'Äitpo? aipawnsäsOovca ("Axpa;
ist oflenbar richtige Korrektur des handschriftlichen Maxpä;), vuxt'c;
ätt Toü; «paT'.dn»; äviiiT»;^«? icpb; tbv "Ävasov TTOTaiJ-bv - fy.^ ÄKs/ov-a
T^i; iriXsüiq äcxa sTaSfow;- Plut. Dion. 27. Es i^t nicht ganz deutlich,
welchen Punkt hier Plutarch meint. Dion kommt von Akrai, auf der
Strasse, welche durch die Schlucht Culatrello oder Spampinalo und
durch Floridia führt. Wenn von hier bis Syrakus die antike Strasse
der modernen entsprach, so war die Anaposbrücke weiter als 10
Stadien oder 1500 m von Epipolai entfernt, und noch weiter von
•^ 189 —
demjenigen Stadtthor, durch welches Dion einzog. Ziemlich genau
dagegen würde mit der angegebenen Entfernung der Punkt stimmen^
wo die moderne Strasse nach Canicattini über den Fluss geht. Halten
wir also test, dass die Strasse von Akrai nach Syrakus bis zu
diesem Punkt das rechte Flussufer begleitete. Vielleicht auch war
dies die Sommerstrasse, benutzt zu der Zeit, wo die Flüsse nicht so
wasserreich sind, während man im Winter auf der Linie der heu-
tigen Landstrasse von Floridia den Anapos überschritt. Am Fluss-
ufer opferte Dion dem aufgehenden Sonnengotte (svTauOa h\ r^v icopstav
inKQxitfxq sG^aY'.a^sTo 7cpb(; tbv 7:0Ta{ji.bv a7aTtX)s0VTi tco yjXio) 7upo<J£U ?«[;.£-
vc^, ebenda) und rückte gegen die Stadt. Die Bürger von Syrakus
aber kamen voll Freude dem Befreier entgegen : dl-jnfjvTwv h:\ Tag
7:uXa?, c 28. Die Polizeispione des Tyrannen wurden getödtet, und
Timokrates, der Kommandant von Epipolai, d. h. dem Kastell Euryalos,
(7ujjL[i.r5at Totc; ©poupouat tyjv dxpixoXtv ^it\ Suvyjöei?, floh zu Dionys, dem
er zu seiner eigenen Rechtfertigung die Macht Dions viel grösser
darstellte, als sie wirklich war. Aus den citierten Worten Plutarchs
ersehen wir, dass keine gesicherte Kommunikation zwischen dem
Euryalos und der Akropolis auf Ortygia war. Warum nicht, erklärt
sich nur aus der allgemeinen Erhebung " der Bürger ; denn die
Festungswerke mussten ununterbrochen von der aussersten West-
spitze bis zum Isthmus weiter laufen. Die Besatzung der Mauern
war wohl nicht genügend, und besonders scheint es, dass ein Theil
der Thore von der aufständischen Menge, welche jetzt die Furcht
vor dem Tyrannen abgeschüttelt hatten, überrumpelt worden war.
Das Thor, durch welches Dion seinen Einzug hielt, wird bei
Plut. Dion. 29 mit y.a-ra Ta^ MsvixÖa? rJiXoL^ bezeichnet. Aber Cluver
hat durch eine glückliche Konjektur diesen Namen in Tsjj.evt-cBag
verwandelt, eine Erinnerung an jenen heiligen Bezirk bei Thuky-
dides, welcher später ein wichtiger Stadttheil wurde. Man könnte
nun das Temenitische Thor identisch halten mit dem, welches Diodor
XIII di3 Yj :u6Xy) rf\<; 'AxpaStvYj.; und XIII 75 6 xaTa tyjv 'A/paStvYjv ttuXwv
nennt (s. S. 164 und 462); dann würde es Temenitisches Thor
heissen, weil es die Verbindung zwischen Achradina und dem Temenos
bildete. Aber es könnte auch diesen Namen führen, weil man hier
aus der Landschaft in den Temenites eintrat. In diesem Fall würde
es ein Thor in dem südwestlichen Theil der äusseren Stadtmauer sein
— und dies ist das wahrscheinlichste.
— 190 —
So ist Dion ohne Blutvergiessen in die Stadt eingetreten. Bou-
X6[A£Vo^ 3s xal hi sauTou 'Kpo<J3tYopsuiat to'j? avöpcozoü«; dlvVjsi 5ia Tf^q
AxpaStvY)^, £)taT^po)6cV xapa tyjv &8bv twv SupaxouaCwv tepeVa xal Tpa^ueJ^a;
tatfltvTwv xal xaO* ou? y^votio irpo/'^ai? '£ ßxXXövtwv xat 7cpo(jTp£i:oiJ!.£v(i)v
öo^ep 6ecv xaTsü/aT? . -»jv 8' Oirb Ttiv dxp6xoXiv xal -ra xsvraTCuXa Aiovu-
at'o'J xxTaoxsüa^avTo; tjXioTpö^vtov xaTa^xvs^ xal ui];yjXöv. exl toüto 'irpoaßa;
£$YjjiLY;Y6pr^<y£ xal icaptbpiJLiQgE tou(; xoXtTa^ avT£X£50at 'rt5(; eX£ü6£pta<;.
PJut. Dion 29. Das Wort Scif^ei bereitet hier einige Schwierigkeit,
worauf schon Schubring, Achrad, S. 44, aufmerksam macht. Die
Sonnenuhr, nach der sich Dion begab, stand in Unterachradina
nicht weit von der Insel. Dahin stieg Dion nicht hinauf, sondern
hinab. Weshalb also hat Plutarch avTfj£i gesagt ? Er kannte sicherlich
nicht die Lokalität und mochte somit, als er las, dass Dion nach der
Akropolis hin ging, glauben, dass er zu ihr, wie es in den meisten
Städten der Fall war, hinaufsteigen mussle. Aber es ist auch noch
eine andere Erklärung des Wortes avYj£i möglich. Es musste füi*
Dion wichtig sein, sich zunächst den Augen seiner Mitbürger zu
zeigen, indem er durch die lange Hauptstrasse Achradinas zog, ehe
er seine Rede hielt. Denn oiSslc; ^^v iXEGOspo;, ou SouXo;, oy 5dvo;, o; oüx
laxsuSsv lösiv Tcv Aiwva, -Diod. XVI 11. Nun aber war der bevöl-
kertste Theil Achradinas das Hochplateau. Dion musste also von dem
Temenitesthor aus nach Oberachradina hinaufsteigen, um erst, nach-
dem er dasselbe durchzogen hatte, südwärts hinunter zu gehen.
Demnach hätte Plutarch, wenn er dies hat sagen wollen, das Auf-
steigen erwähnt, das Absteigen aber vergessen. Diese Deutung dürfte
der ersten vorzuziehen sein.
Unter der Akropolis und den Pentapyla war jene Sonnenuhr,
welche so hoch ragte, dass man sie von weitem sah. Die Pentapyla
müssen der Eingang zur Akropolis gewesen .sein. Von der Sonnen-
uhr sagt Athenaios V 207 f., dass sie in Achradina war : tcO xaia
TY)v 'A/pa8'.vY)v ijXioTpoxiou. Da nach Diod. XVI 10 Dion a5£(o; £bYjX6£v
£VTb? Tou Tfit/Oü; xal Sta ttj? 'A/pa8tvYj(; i:opz\J^ei<; elq ty)v arfopa,'^ xaTscTpa-
T07w£S£ua£V, so beweist die Vergleichung dieser Stelle mit der eben
aus Plutarch citierten, dass der Markt und die Sonnenuhr nahe
bei einander waren. Dann erzählt Plutarch Dion 29, dass Dion £x
To'JTOü Tac; [ß,h 'E7:txoXa? eXwv touc xaO£tpYii.£voü? twv itoXitöv IXucje,
TYjv S' ixpöicoXiv (ii:£T£txiff£v. Was die Befreiung der Bürger betrifft,
so könnten dieselben in d^r Latomie von Bufalaro eingesperrt gewiesen
— 191 —
sein ; noch näher aber läge es, die Souterrains des Euryaloskastells
als ihr Gefangniss zu betrachten.
Eine weitere Notiz des Plutarch bezieht sich auf den Bau einer
Mauer zur Deckung gegen die Akropolis. Dasselbe erzählt Diodor
XVI 12 : Töv Se Supaxoaiwv xaT£<j>t£üa>t6Tti)v Äxb OaXatTY;«; st? OaXaiTav
StaT£i)r{(j[xaTa. Die Mauer lief also ununterbrochen vom grossen Hafen
um den kleinen Hafen herum nach dem Meere und machte, parallel
mit der dreifachen Panzerung der Akropolis (s. oben S. 169), das
bis dahin wehrlos wie freies Feld dem Inhaber dieser preisgegebene
Achradina zu einer Gegenfestung. Freilich stand die in Eile auf-
geführte Mauer Dions den Dionysischen Werken an Festigkeit nach.
Sieben Tage nach Dions Ankunft kehrte Dionys zurück : xät«-
TrXsuasv elq tyjv axpÖTToXtv (Plut.) — die Insel allein war ihm noch
geblieben. Unterhandlungen wurden angeknüpft, aber von Seiten des
Tyrannen nur, um den Gegner zu betrügen. Denn sobald er den
günstigen Augenblick gekommen glaubte, warf er die syrakusischen
Gesandten, welche mit ihm über die Üebergabe der Burg unterhan-
deln sollten, ins Gefangniss und führte seine Söldner in plötzlichem
Ausfall gegen die Werke der Syrakuser; Plut. Dion 30: to'j; Se
lxta6o96pOü<; xpbc opOpov £|j.i:Xt)ffa^ ay^dtou 8p6[X6) Tzph^ to 7:£piT£i)ria{jLa
Twv 2)upaxou?iü)v E^YJxfi. Y£vo[Ji.lvY3? 8« Tij^ xpo<jßoXTJ(; av£Xxt(r:oü xal twv
ßapßap(i)v 6paa£i iroXXw xal 0op6ß<{> yjxOatpouvxwv zo 8taT£ixtfflJi.a xal toi;
Süpaxoüfftot? £TCt9£po[Jt.£va)v ou^sl? WXjjia [x£vu)v a(jt.üv£aOat xXtjv Tüiv ^evwv
Twv A((»)vo(;. Es folgt nun die Beschreibung der Schlacht in der Nähe
des Marktes, welche Diodor XVI 12 ähnlich erzählt. Die verderbte
Stelle im § 2: iv aTaSiw JX^yo) §£ SiaaTtjii.aTt ttj? Sta':€i)^io'j £<jü) [xajrv;;
outyr^q aüv^Spa|X£ xXiiöo^ ^pattwTwv £1; (jT£vbv t6xov, verbessert Schubring,
Achrad. S. 45, nach Reiske durch Ausscheidung der Worte aTaBu.)
und ^ictz^iyio'j law, während Dindorf (Teubner 1867) iXt^ü) und SiaT£t-
X''oü 2(70) als Einschiebsel entfernt, araBitj) aber in UTaBiaiw verwandelt.
Damit würden wir die Thatsache gewinnen, dass der Zwischenraum
zwischen der äusseren Ortygiaringmauer und der neuen Mauer
Dions 150 m betrug. Dion, obwohl verwundet, ritt durch die Stadt,
sammelte seine fliehenden Mitürger und holte diejenigen seiner
Söldner, welche an andern Punkten Achradinas in Besatzung lagen,
zur Hülfe herbei : twv $ivo)v tou^ ^üXaTxovTa^ ty)v A)^pa5tvYjv avaonfjda?
£'::YiY£ '^0^? ßapßapoi? a^LriioL^ ä)t7:£TCovrj|jL£vot<;. PI. D. 30. So errang
er den Sieg und warf die Feinde in die Akropolis zurück : av£ffT£XXov':o
— 192 —
Tpa-5ii£V5i jtaTsnÄiijflrjsay li? te Tti/o; (ebenda). Diodor fügt seiner Er-
itühiun^ von die^m f>ieg XVI 13 die Worte hei : T^i:i äk tiüti iioviato?
ci^c^ÄiTTE Eppsupa; älicXs-^a'j; . . . icpe; 3: tsü^ ^upixo^iov^ $(£K^^i:e'[a ^e^I
äiiXusew;. Hier Ist der Plural i/LpoTSun:-* Her Beachlun{r werlli
(s. S. 167 f.).
Da traf ein andrer Verbannter in äyrakus ein, der bewährte
Feldherr Herakleides, welcher iiovüoiov ixh «üQi^ eups SipiTetiix'OiJivov,
£xr,piJi,ivou; il tsü? SupaxoaotoJ?. PI. D. 32. Das Volk wählte ihn
t;egen Dinns Willen zum Admiral, und Herakleides setzte sich in
Opposition ^^en ihn. Auch klagte ein gewisser Sosis den Dion lieiin
Volke auf der Aßora (c. 34) des SIrebens nach der Tyrannis an und
Ijf^iaupfete, dass jenes Söldner ihn hätten lödten wollen. Er wurde
zwar des Betrugs überführt und hin};erichtel ; aber der entschei-
dende Erfolg, welchen Herakleides zur See über des Tyrannen Flotte
unter Philistos errang, stellte den Dion in Schatten. Philistos wui-de
von den Syrakusern {jefangen und getödtet : tö söii.« n.ii.iäoxvui; eXxsiv
oii ■:f,ii 'A/p«!ivT5; v.xi aataßatXsEv £15 t«; .Vatoiita;. PI. D. 35. Nun
verzichtete Dionys auf weiteren Kampf und bot seine Abdankung an :
-TT,-/ ij.sv öxpitsXiv s«iv(;> TtapaSiSsy; . . . KJta^ ä' i^iCti Oiciciioväe? 11;
'hiXIav äiTiXÖEtv xäwt y.iTotXMv napssürfai Tij? Supaxouui«? tw naXcOlW^ov
r-japT«, KoXXtiv x«i el-'a6i5v ■ xüpav ävfjMumv iT,ii QxXät-»;? tlq Tr,v iaioc-
7=!0v. c. 37. Die genauere Lage dieser Besitzung ist uns unbekannt,
auch steht der Name durchaus nicht fest ; denn es dürfte sich zu
dem Accusutiv FijapTi kaum ein griechischer Nominativ linden lassen.
Da Dion die Bedingungen des Dionys nicht annahm, übergab
dieser -rft jjlev ä*p3v WiroXXoxpsiTs'., tiÖ :rpsoßyTep(^ twv 7:aiäwv, und
entfloh selbst mit seitien Schätzen. Herakleides aber erklärte sich
immer offener als Gegner Dions und brachte es dahin, dass die
Syrakuser an des Dion Stelle 25 neue Feldherrn, darunter auch ihn
selltst, wählten. Dass die Volksver^mmlung damah aucJi in> Theater
abgehalten wurde, iieweist ein Vorkommniss, welches die damalige
Berathung störte : l::;'! . . . v- ävjjAafWYoi ouvstIXouv tü; ipyjupt^ixf,
3bÜ5 iiw^E"! O'J* ^^fi^i? w5' crcäipe; ^X^wv, äXXu; 3i :tW5 töte Kpig
lii-' eX(üvo»Ta Q'Ji^uQii; xii fu^üv iiui tsj ^-j^w ipi;i(<) itpö; tq öljTpo-'
&p\i.T,as. itai töv i*Jv 5^y«v eiÖü; dvl5Ti)c£ xsti Stss/iBaoäv aiäsvl %äi!\ua
fEu^ovT«, T^5 3' öXXün i:£X£b); IneSpans u. s. w. c. 38. Dion zog sich
— 19;^ —
mit. seinen Söldnern, welche ihm treu gehliehen waren, nach Leon-
tinoi zurück; aher die Syrakuser j^riflen ihn auf dem Zuge an,
trolzdem er sie heschwor, angesichts der. Feinde von der Zwietracht
abzulassen : xai tyjv axpoTioXiv KEpiirXewv •rroXsiJ.ttov ougav üTrep^atvoj^iviov
Ta TS'!//; 7.al xa ^(iv6\).i'n )ca6op(*)VTü)v £'äi3£ixvu{i.£V5;. c. 39. Er war
gezwungen seine Mitbürger zweimal zurückzuschlagen, das erste
Mal in der Stadt, dann auf dem Wege nach Leontinoi hei einem
Fl uss Übergang. ' \. , .
Kurz darauf landete an Ortygia ein Feldherr des Dionys,
Nypsios aus Neapel, mit einigen Schiffen und Proviant, der schon
den in der Akropolis Belagerten auszugehen anfing : xaOü)p|j.{GOYj
•iTip' TTjv 'Apeöcu^av. Diod. XVI 18, Zur See von den Syrakusern
geschlagen, trachtete ei' darnach, die Niederlage wieder gut zu machen,
und überrumpelte in der folgenden Nacht, während die Syrakuser
im Siegestaumel schw^elgten, die Belagerungsmauer : lasxstpiG^c ttp
Tsi/i^iJ-axi (PI. D. 41); nach ihrer Einnahme drangen die Soldaten in
die Stadt ein und plünderten sie. Die Syrakuser aher outw twv xata
ty;v TTcXtv kyJy^TiO'f y.ol\ tou y.tv^'jvou i:poq tt^v * 'A'/pa^ivtjv 7:AY;GtaCovTO(;
(PI. D. 42) sandten zu Dion um Hülfe. Das Wort TzXriGioiCo'ncq ist
schwer zu erklären; denn nicht nur hei Diodor heisst es vor dem
Hültegesuch an Dion XVI 19 •AaT£'.X*/;|/{;ivY;? ty;; -kcXsw^ und xpaTYj-
Oib/,; 5s TTJg avopä<;, welche doch innerhalb Achradinas lag, sondern
auch Plutarch hatte schon c. 41 gesagt : xopÖYjji^ yap -^v -ra Y'vdiJt.£va
Tf); Tcs/vsw;; die Gefahr näherte sich nicht mehr bloss der Stadt,
sondern diese ist wenigstens zum Theil schon dem Feinde anheim-
gefallen. Deshalb vermuthet Schuhring, Achrad , S. 47, dass statt
'izuq'Ziii^o'noq gelesen werden musste t:Xy;pouvtos tv 'Ay.p. Doch könnte
man vielleicht das Wort TzXri'SiOL^o'no^ beibehalten, indem man unter
Achradina das Hochplateau, /len bevölkertsten Theil dieses Quartiers,
verstünde. Dann müsste man annehmen, dass die Söldner des Tyrannen
nach der Einnahme der Mauer sich durch Unterachradina, welches
leichter zugänglich war, hnks nach Neapolis gewandt und erst
später durch diesen Stadttheil in östlicher Bichtung Oberachradina
genähert hätten.
Dion brachte Bettung, als Nypsios in der folgenden Nacht zum
zweiten Male die Stadt überfallen und noch schwerer heimgesucht
hatte, indem er zugleich tc :rpcT£tyt(;fxx -^av £jOü^ /,aT£C/.azT£. PI. D. 44.
Lupus, Die Stadt Syrakus. 13
— 194 ~
Da Dton vnn LeontJnoi kam, rntisste er an der Nordseite in die
yiadt eiulreten, sei es nun innerhalb oder ausserhall) Tychas, wahr-
sc-heinlicli ilas lel/.lei-e. Plut. D. 45 sa^fl daiiilier : yipr,<si]>.gn^ 6xj;/3r:ö>
-iys: t.%: -psöj;/!! twv ^i'iiiti sEiißi/.s äii -.Sai -jXöv £[; xtjv 'Eita-rjij.-
-tl-y, X£Vö[j.ivv;v. Das nördliche Stadtlhor, -.k 'E^iiwAs (Diod. XVI 20),
war an ilei- lieuti|i:en Scala gceca, und Tycha reichte von Os^ten her
nur bis an dieselbe, aber nicht über sie hinaus {s. S, 34 f. und
unten ThI. VI). In der '}e.-t.x-.i\ixtia^, niiml, i3ö;, sehen Vir die 100 l-'uss
breite Haupistrasse, welche im grossen und ganzen mit dem über
die sjTakuMiscUe Terrasse laufenden Abschnitt der heuligen Strasse
nach (latania identisch sein mag. Aul ihr ordnete er seine Trup|>eii,
ehe er sie in den Kampf schickte. Dieser selb.st war für die Befreier
weniger gefährlich, als der Brand der von den Gegnern angesleckten
Sladt und der Einsturz der Häuser. Nichtsdestoweniger erringl
IJion einen glänzenden Sieg über die Soldaten des Nypsios, welche
in die Akropolis zurückgeworfen werden. PI. D. 4(i. Aber ihnen
musste nueh ein ferneres Eindringen in die Stadt unmöglich gemacht
werden ; deshalb Tpai^ii^jvo? sps? -x SixTsiy/.o'^i.« twv t*kv -upaMysEuv
IwsTDV äxi/.EJSEv ha. -/.i-lfai-n. oraupsv sff'u; y.x-cxSi/.Asiv, Tsl>; äs |ivo'j;
eTTiTT^oa: 5iä VJXTbj Äv«iT3uo;jifv(>>v Tßv Svpsr.wiiwv IXtfin ä-csTaypwix;
■:iiv öitpixoXiv, fiors \)x^' f,[Aip«v t's Toixo; y.v. ->)v IsfasioiM fl;x7a;i:;vcy;
cjjwiiii; 6»JiJLoi^E'.v Toy? i:o>,iTi; xai to'j; TroAEiJitsy;. c, 48. Durch diese
Herstellung des Palissadenwerks war die Belagerung wiedei' auf den
Status quo vor Dions Abzug aus Syrakus zurück gebracht worden.
Während ihres Fortganges liess Dion die Seemacht, welche nicht viel
mehr iiützle und nur dem Herakleides Gelegenheit zu Umtrieben
gab, ganz auflösen : xx-:i>.uaav ol -upanoüatot t; vauTixi^, c. 50. Und
bald darauf liel die Bur^ : -riiv 3" öxpxip l-sXispiwJv eSotv.sSstt.'^.savTs;
-b Trspi-ci-'xmiia. n-f;3=w? äs tss; TTsX'.spMUlxsvat; ß3r,6oOvTo:, iT:!>.irivTo;
3k oiTa'J, -.ün 3'e [JiiaOo^ipwv Ytvo[J.£viov TTsviipöv, duoY^ü; 5 uE;; Tay
iiov'Jcfou 'i itpiY[(.aTa xai o-e'.c«i(.r/o; xpc? t'cv Aitovz -lijv |j.'iM äxpav
i)uEvi[) i*sTa Twv SxXwv /«i t^; äXXr,^ wiTaonsuYi; ::ap;5(i>/.sv (ebenda).
Nach seinem Siege bezog Dion weder die Burg, noch liess er
sie zerstören, wie die demokratische Parlei in Syrakus verlangte :
-ijv anpav oi taxiT^jxifz y.v. -r^ ä^[*(u Tbi» iiavustw Tci^sv wpiiiiiJ-svi-i Aiffa;
M'. -zzi vcxp'sv EußiÄsf-/ si-x sK£Tps'li£. <:. 5;f. Die Spannung zwi?ichen
dem Befi-eier und der Demokratie wuchs und führte zur Ermoiilung
des Herukleides, des Führers der letzleren. Diese That umdüsterre
— 195 —
das Gemütli des Dion, welcher immer mehr dem Argwohn verfiel
und sich schHessIich von der Hinterlist des verschlagenen Atheners
Kallippos umgarnen liess. Er ahnte nicht, dass Kallippos es aut* sein
eignes Verderben abgesehen habe; aber seine Frau und seine Schwestei',
voll Verdacht gegen den Verräther und voll Besorgniss um Dion,
Hessen jenen den feierlichen Eid schwören : tov jji^av opy.ov, c. 50,
zu dem man in das Heiligthum der Thesmophoren hinabsteigen
musste. Von diesem Heiligthume, welches die beiden Tempel der
Demeter und der Persephone umfasste, ist oben S. 101 ff. ausführ-
licher gesprochen. Trotz seines Eides führte Kallippos seinen An-
schlag aus : er tödtete Dion und machte sich selbst zum Herrn von
Syrakus, 354 v. Chr. Aber er blieb es nicht lange. An seine Stelle
trat Hipparinos, der Bruder von Dionys dem Jüngeren; diesem folgte
Nysaios, ein andrer Brüder desselben, und 346 gewann nach zehn-
jähriger Abwesenheit Dionys selbst den Besitz der Stadt wieder.
Alle diese Menschen traten nicht als Herrscher, sondern als
Räuber auf, welche, einmal im Besitz einer Stadt, diese schleunigst
ausplünderten, weil sie wussten, dass ihres Bleibens nicht lange sein
würde. Durch die Missregierung des Dionys zur Verzweitlung gebracht,
riefen die Syrakuser den leontinischen Tyrannen Hiketas, einen
Menschen desselben Schlages, zu Hülfe, und, um das Mass des
Unglücks voll zu machen, kamen .jetzt auch die Karlhager, welche
den Augenblick für geeignet hielten, sich endlich des steten Gegen-
standes ihres Gelüstes, der Stadt Syrakus, zu bemächtigen. Ihr Heer
führte Magon an. Der Retter von Syrakus wurde der Korinther
Timoleon.
§ 3. Timoleon.
Die Syrakuser erinnerten sich nämlich ihrer Abstammung von
Korinth und baten ihre Mutterstadt um einen Feldherrn. Der
Mann, welchen sie schickte, besass alle Eigenschaften, welche jene
Zeit der Noth von einem syrakusischen Feldherrn verlangte : er war
ein guter Soldat, von grosser Rechtschaffenheit und hatte die denkbar
möglichsten Beweise von Vaterlandsliebe und Selbstentäusserung
gegeben. Als er vor Syrakus ankam, war die Insel in der Hand des
Dionys, die andern Stadttheile hatte Hiketas eingenommen, und vor
den Thoren lagerten die Karthager, jede Gelegenheit erspähend um in
die Stadt zu j»elan<,^en. Die nun folj^enden Eieignisse sind von Diodor
und von Plutarch völlig verschieden überliefert. In der Gesch. Sic.
II 'M6 und 466 ist nachgewiesen, dass man nur dem Berichte
Plutarchs folgen kann. Wenn wir also hier einige Stellen aus Diodor
cilieien, so geschieht (hes nur, um in dieser topographischen Schrift
keine antike Notiz zu übergehen, welche sich auf die Topographie
von Syrakus bezieht. Diodor sagt XVI 6S von Hiketas, dass er in dem
Kriege mit Dionys yipxva ßaXsixsvo? :r£pl Tb 'OX'j;j.u'.ov BisttoXcjasi to)
y.paTsOvT'. Ty;c tSKzm^ rjpavvw. Nach seinem Siege über diesen iY.pi':Ti':t
Tü)v -upay-oj^cov ttXyjv tt^; Ny)(jcj. Kap. 69 wird von der Stellung «ler
kiiegführenden Parteien folgendes Bild entwoifen : iv 8k 'xXq I^upa-
y.sjsaic ::cVay; Tapa/v; xaTcr/£ tyjv ttöXiv, A'.cvjsigj \f.v/ ty;v Ntj^cv c/ovto?,
I/.ETa ck rr^c 'Axpa$'.vY;^ y,a» Nsac t:5ae(0;; y.jpieJsvTs;, Ti;j.oA£svts^ ok Ta
Ac'.-a TYJ; ::c/.£(o? ^taps'.Ar^^sTc;, y.al KapxYj^cviwv TptrjpEs'. ;/£v kxxTcv y,al
::£vr/;y.ovTa y,aTa7:£'::7v£'jy.STü)v zlz tcv jj-r/av A'.;j.£va, TTEwstt; os ctpaTiwTa'.?
TTEvTy.y.'.jjj.jpici; y,aT£aTpaTC7:£C£jy.iTü)v, während Plutarch Tim. 11 wohl
richtig folgende Vertheihmg der Streitki'äfte vor der Schlacht bei
Adranön und der Kapitulation des Dionys verzeichnet : b B' *Iy.£Tr^c
7:j6c;j-£vo; tyjv toO T'.;j.cA£sv:c^ c'.ißa^jtv y,ai oc&*/;Ö£k i;.£T£Z£|j4^'2 ico/.Xa:;
'wv Kap)fr3ov(tov -:p'.Yjp£'.;. ct£ y,ai iravia-a';'. cjyEßr^ tcuc lSupay,ou7tcu^
a'ToYvwvai tyjv swTr^piav optovTa; toj i^kv Xt|j.£vs^ xjtwv KapyY;Bov(oj; -itpx-
TcuvTac, T/.v 0£ TTcXiv 'Iy.£TY;v iyovT^t, ty;c c' a/.pa^ xjpiEUovTa A'.svj^'.ov,
T'.;jLcX£ovTa $£ Ü77:Ep iv, */.paa7:£$0'j T'.vb^ Xe-ittcu ty;c TajpG[j.£v'.TU)v TwoXiyvr^;
ty; -'.x£A(a 7:pocr^pTYjjjL£vov.
Ueberlassen wii' uns nun der P'ühnmg Plutarchs für den weitern
Verlauf der Ereignisse. Nach ihm hatte Timoleons Sieg über Hiketas
bei Adranon voi* allem die Folge, dass Dionys sich ihm ergab : tcv
rt;j.GA£cvTa OaujAai^wv £Z£{j.'I*£v ixEivw y,v. KcpivOisi^ Tzxpxo'.ozhq auTCV -/,%'.
TYJV ay.pi-cX'.v. c. 13. Timoleon, noch immer fern von Syrakus, schickte
eine Besatzung von 400 Mann in die Akropolis cj/ c;joy 7:xnx^ c'j$£
9a/£pa)c, aSjvaTCV ^ap r^v £9op|j.s6vTü)v 7:sA£[;/a)v, aXAa y.pjsa xai xxt'
cXiv^y- 'nap£ia'ü£(;ivTac. ci i>/£v c5; (jTpaTiwTXi -apiXaßcv ty)v ixpi-cXiv
y.a: Ta TupawEia |X£Ta Tr,c: TrapaGxEUYJc xal tuw ypr|;7(|j.a)v*'::pb? tgv TSK-\f.ov.
ir.T.z'. T£ Y^p evr^sav C'jy, cXivst y.al ::aca t;.r^yavYj7.aT(»)v IHol y.al ßiXwv
TrXfjOs;, c-jtXwv 5' a-£x£'.vTc [Ji.'jp'.a$£; e-tä TEO^GrjpiciJLEvwv sy. 7:aXaioy,
CTTpaTioiTa». C£ ^'.^/.X'.ci T:p A'.orjJto) ::apr|Cav, sjg exeivoc, ü)<; TaXXi, to)
T'.y.cAEovTi Kap£ca)X£v (ebenda). Hiketas aber zog jetzt die ganze kartha-
gische Macht zu seiner Unterstützung nach Syrakus. Magon £ig£zX£'.
— 197 —
0£
jjL'jpiaBaf; z^ aTTcß'.ßa^^wv /.x'i y,aTa7TpaTC7:£B£ua)v ev ty} ttcXsi -:G)v ^jpay.GJSicov,
ß)C7T£ iravTX^ oisaOai tyjv •JuaXai Arfoi^ivr^v y,al '7:po5$sxo)[XEVY]v £xßapßapo)5'.v
T^Xciv £7:t TY)v S'.xsXiav . . . TOTi 5£?a[jivou Tsü 'fy.£TOU y.al 7:apaBovTo; r,v
5pav TYjv ■koAiv aTpaTC7:£8ov ßapßapwv ouaav. ot ck tyjv ay.psiroA'.v twv
Koptvöiwv x.XT£yov':£; iTTia^aXw; y.al yaX£T:ü)^ a-YjAAaTTov (^ 17. Als
ilarauf Magon und Hikelas einen grossen Theil ihrer Truppen aus
Syrakus wegschickten, um Katane zu nehmen, von wo aus Timoleon
vermittelst kleiner Fahrzeuge die Akropolis verproviantierte, benutzte
Neon, der korinthische Kommandant der Burg, diese Gelegenheit zur
Eroberung von Achradi na : y.ar.Bwv arb t?;^ ay.pa; toI»; ü7:oX£A£'j/[jivs'j^
Twv xoX£[jl(wv apYw^ y,ai a[A£AÖ); ©AaTTovTa? icai^vr^c £r£T:£7£ 0'.£77:ap-
tJL£vo'.(; a^TCi;* y«ai tsu^ \jkf av£Ao)v, to'j; §£ Tp£'M;x£Vo; £y.pa':Y;j£ y.ai
y.a-rday£ Tr)> A£YOiii/r// 'Aypa^tvvjv, o xpiTiaTCv £3oy,£'. y.al aBpauciTOTaTov
uTcap/civ xr^^ S'jpay.ojaiwv [jipo^ roAetoi; Tpcrov T'.va TJYy,e'. (vivr^c yxi
Güvr<p|j.oa[;ivrj^ iy, '7:X£'.cvtov 7:iA£0)v. £UT:cpY;5a; $£ y.a'i (jitc'j y.al ypr^ixaTwv
O'JX a9r^y.£ tcv TÖrcv 0'j8' av£Xü)p*/;a£ TraAiv £7:1 tt^v ay.pav, aXXa Gpa5a;j.£vo;
Tov 'i:£p(ßoAo; if^; 'AxpaSivfj; y.at Tjva^a<; tsT^ spui^aGi Trpbc tyjv ay.pfTroAt^
3'.£G6AaTT£. c. 18. Die letzten Zeilen über die Vereinigung der Ortygia-
oder Akropolisfestungswerke mit denen von Achradina erklären sich
leicht bei der Erwägung, dass während des Kampfes zwischen den
Besitzern der Burg und des Stadttheiles Achrad ina die verbindenden
Theile der Ringmauer, sowohl am grossen wie am kleinen Hafen,
hatten verschwinden müssen. Die Besitzergreifung von Achradina
gestattete Neon den Festungswerken von Syrakus dieselbe Gestalt
wiederzugeben, welche sie unter den Tyrannen gehabt halten.
Unterdessen hatte Timoleon Verstärkungen aus Korint h erhalten
und konnte nun auch seinerseits auf Syrakus losrücken. Hier hatte
sich die Sachlage gewaltig geändert. Während der häufigen Waflen-
.stillstände hatten sich die Soldaten beider Heere wiederholt beim
Fischfang an den der Stadt benachbarten Sümpfen getroffen : iv ts^c
'K£pl TYJV Tzi'ki^ T£vaY£7'., ToA-j [/£v £7. y.pT^vwv 7:cTt[xov jowp, zoXj s' £;
IXwv y.al -iroxaiMov y,aTapp£cvTü)v £i; tyjv OaAaTTa> cv/o\J.hziq, •hayjOs^
£YX£>^£Wv vd[JL£Tat y.al Ba<J/{A£'.a tyj? «Y?^-^ "^^^ ßouAo;x£voi^ a£l 7:ap£7T'. c. t^O.
Bei dieser Gelegenheit hatten die Soldaten Neons die griechischen
Söldner im karthagischen Heere darauf aufmerksam gemacht, dass
sie als Griechen nicht gegen andere Griechen kämpfen dürften. Als
diese Umtriebe dem Magon zu Ohren kamen, hob er in der Befürch-
— !!I8 —
tuiii.', üeiiie 1,'rieclii seilen Truppent heile inöetiteii sicli zu einem Ver-
lülli verfilhi-en lassen, plötzIicU sein Lager auf und schaßte sein Heer
iiai.-li Karthago zurück, inileni er dem Hibeta?, welcher noeh im
Hesiize von Epipolai {Tyclia und Neapolis) war, und dem Timoleon,
wcirhei' am fnl^jeiiiten Ta^e ankam, fi'eies Feld lies*, t'm gegen die
resl<f Stellung, welche Hikelas einnahm, mit Erfolg' operieren zu
koiiMen, iirifV Timoleon von drei Seiten zugleich an : 5t>>.iiv : T-.jwAiwv
rr,-i ä-Jva-^v, »ÜTb; (tsv f, 'i.:v.i-T-.z-i r^ irxpi ^'s pj-dpsv ■:55 Ävksj zp;;;-
JzVaev. äi-Ao-j; 3' h. T^; Ä7_f läv/f,; i/,iVty=¥ In/s-.pjTv . . . tsj; Se Tpitsu;
=::i~,'5v Irr. -.k^ 'Emso'.ir A.tv«p/_5- zi; AijjtjpiTSi;. c. 21. Das Resultat
war ein leichler und vollständijfer Sieg. Uie toimgraphi. sehen Angaben
des Plutarch dürften etwas genauer sein. Natürhch konnte zum
Zweck des Angnfls auf Hiketas ein Theii des Heei^s von Timoleon
Ifm^'s des Anapos marschieren, ein andrer von Aehradina aus vor-
rücken, aber das Endziel mnssle immer ilas Kaslell von Epipolai
sein: ileshalh penüjtl nicht für den von <ler dritten .\hlheilung ein-
geschlagenen Weg die btos^^e Angal,>e, dass sie gegen Epipolai vor-
rückte, was doi-h auch die beiden andern Ihaten.
Als Timoleon so im J. 343 Heir von ganz Syrakus geworden
war, machte er es nicht wie Dion, der die .\kropolis unversehrt hatte
stehen lassen: vielmehr war er sich der Bedeutung der Burg als
Hort der Tyrannis hewusst mid liess sie vom Volk selbst zerstören :
rjvi^i^TESÖa; xa-TisMirrsjjiivM/ lirt rjpiwixwv t^M^i-urt ... oi ^isvov
TJ;-; «pav iXÄi xi; tj^ sät«? %%'. -.% yi-W;i*i-:a 'm Tjpi«wv ä ctps-ia-/
-/_3ip:^i5is»E; TSt? -oAiT»;; f.%: tf,; TjpaTviss; j~sp-i^2.-i 'c-Mfi Tr;v 5i;',JÄioiT!av,
c. 'J'i. Diodor sagt XVI 70, ilass Timoleon T:ipx>.j3wv tr;/ vijjsii »»l
spsip'.» -i A(9'/u^-M ::pCTipSV üsaÄSÜsvrj;, t« ;aev yjTi tt;v vf,35v
äxpcss).;;? zii 'i -rjpvndx rLi'iTtri/t, ■:si; 5; 5p5jp;c-.; i;:i£b)xt tt,v
i>.£:jÖ£piav. Ueber die Mehrzahl der .Akropolen auf der Insel ist schon
S, 107 gesprochen: wo al)er die opsJpia, welchen Timoleon die
Freiheit zurückgab, gelegen haben, lässl sich nicht »agen.
Den Zu.sland des l>efi'eiten, aber durch die Schicksale der letzten
Jahie verödeten Syrakus l>eschi-eibt Plutarch in den schwärzesten
Farlien. Die anhaltenden Böi^erkriege hatten die Stadt ruiniert :
r, -^k-i iv -upixsiiiat; i'fspi 3i' ipr,^ii-i oy-:u> -i\'/.T,i xi'; gaöfta*
— 199 —
Iysvovto lA-GTal -/.ai auwv dYpitov, £v $£ toi? ::poaaTs(ot<; y.a» -jrspt la Tsiyr^
TToAXa/,'.? Gl cxo^^i"' «YovTs? ex'JvTJYETO'JV, u::Tf;xG'J£ 2' ojosi? twv sv toi?
ip'j[j.aat xal 9poup{ot? xaTO'.xcuvTWv, oOBs xaTsßaivov sie ty;v tcöaiv, aXXa
jppixr^ /.al 1X150; sTys TuivTa? a^op*? >^*t TCoXtTsia; xat ß*/j|i.aTOc. PI. T. 22.
Der Inhalt dieser Stelle ist theilweise dunkel. Welches sind cd aXXai
TToXsic, die niit Ausnahme j^anz weniger von Hirschen und Wild-
schweinen wimmelten ? Man hat gemeint, da an der ganzen Stelle
von Syrakus die Rede sein müsse, auf welches ohne Zweifel auch
die letzten Worte ouSk -/.aTißa'.vov si; ttjv luöXtv gehen, so könne es
auch nicht anders mit dem Satze ai Sk aXXat Tzi'^^tiq u. s. w. sein.
Dann könnten diese 'izoknq die verschiedenen Stadttheile von Syrakus
hedeuten. Denn Achradina, Neapolis u. s. w. waren förmliche Städte
und werden auch c. 18, Cic. Verr. IV 118 f., Liv. XXV 25 so
genannt. Aher was sollen dann die Worte ttXyjv xavTcXw; oXi^wv
heissen, welche doch eine grössere Gesamtzahl als vier oder tünf
voraussetzen? Ferner, wie kann man den Satz rechtfertigen, dass in
den Vorstädten und rings um die Mauern gejagt wurde, wenn eine
Zeile vorher gesagt worden ist, dass die Städte seihst voll von Hirschen
und Wildschweinen waren? Daraus erhellt, dass die hrer erwähnten
Vorstädte nicht diejenigen der eben besprochenen Städte sein können ;
und wir kommen zu der Folgerung, dass mit dem Satze at §£ aXXai
iizhziq — aYpiwv auf andre sicilische Städte hingewiesen, dagegen
mit den Worten iv äs Tot; ::poaaT£iot<; nach Syrakus zurückgekehrt
wird, von dem dann allein die Rede ist. Die Worte od $£ aXXai —
avpuüv haben also die Bedeutung einer Parenthese. Arnoldt, TimoleoHy
Königsberg 1850, S. 134, und Siefert in seiner Ausgabe von Plu-
tarchs Timoleon, Leipz. 1860, S. 41, beziehen die Worte at aXXat
::cX£i; auf die Stadttheile von Syrakus und streichen dafür -^Xyjv
'::avT£Xü)(; iXivwv. Aber «der Markte und «die andern Städte», aus
welchen sich Syrakus zusammensetzt, bilden keinen natürlichen Ge-
gensatz, da der Markt keine Stadt ist. Demnach können wir al aX7va'.
rSkv.z nicht auf die Stadttheile von Svrakus beziehen und müssen
an unserer Erklärung festhalten.
Timoleon liess nun aus Griechenland neue Kolonisten nach
Syrakus und anderen Städten Siciliens kommen. Oi 0£ cuv£X8ovt£; £i;
KdpivOov cü% cvT£? txavol to ttXyjöo? £$£if;OY;aav Ix KcptvOou xat ty;? aXXr^^
"EXXaoc? 7:apaXa&£tv cjvotxcu^; xal Y£v5'^£Vot ixupuov oux iXaT-ou^ y.aT£-
— 2()i) —
Nach Diodor XVI 82 kamen zuerst aus Korinlh 5000 neue Kolonisten,
dann aus dem übri«iren Griechenland so viele, da^s im ganzen 40, 000
in Syrakus und 10,000 in Agyrion angesiedelt wurden : 'iXzz ol
oiy.rjTcps^ azsOciyÖYjsav s?; [;/iV ttjv 2'jpxy,o^(av ty); dBtaipcTov TSTpay.'.cixup'.o'.,
et; CS TYjv Avjp'vaiav |j;jp'.oi 3'.a xb [xivsOoc y.a» xi/Jo; ty;; //)pa;
Die 50,000 oder 60,000 sind ohne Zweifel Männer oder Famihen-
häupter, woraus man auf eine Vermehrung der Bevölkerung um
Hunderltausende schliessen dürfte. Das Gebiet von Syrakus wird in
soviele Theile, als es Alt- und Neubürger zusammen waren, einge-
theilt worden sein. Später verpflanzte Timoleon auch noch die
Leontiner nach Syrakus. Diod. a. a. O.
Die nun folgenden Kämpfe und Siege des Timoleon gegen die
Karthager und die Tyrannen bieten uns nichts Neues für die syra-
kusische Topographie. Doch erinnern wir an den S. 104 f. berichteten
Verkauf aller Statuen zwecks Fidlung der Kriegskasse, wobei nur
mit der Bildsäule Gelons eine Ausnahme gemacht wurde; auch wird
bei dem Ausgang des Tyrannen von Katane, Mamerkos, welcher besiegt
sich dem Timolecm ergeben hatte, das Theater zu Syrakus erwähnt.
Mamerkos ty)v ixxAr^stav cpiov aTrapatrrjTov eOsi p'i^a; to i[j.aTtov $'a
[j.i'jyj TSj OsaTpou y.at -jzpi^ v. tGw ßaöpwv ^p6[xu) oepsiXEvo; Tjvspp/jrs
TY)v y,£^a/vY;v (o; a7:o0xvo6p.£vo;. Plut. Tim. 34.
Interessant sind die Mittheilungen über den Wohnsitz des Timo-
leon zu Syrakus: sttI o« tyj^ cty.(a; ispbv Bp'j7a{i.£vo; A'jTo;j.aTia;
£Ou£v, ajTYjv Ol TYjv ol/SoL/ 'Upto Aafjj.oyi xaOi£pwa£v. (|)X£'. Bk o'.y.iav, y;v
£E£tAsv ajTfo JToaTr.viac dcia-Etov 5t ^lupaxojsio'., xal twv dtYptov tcv
• •»•••I i ' ••
i^$i(7T0v y,ai y.aXXi^Tov, £v oi y,al to ttXeT^tov to5 /p6vou xaTi^xoAa'Cc
{;.£Ta::£jxd;a(.;.£vo; oI'xoOev tyjv vu^^^^^-^ y-^- "^©'^^ 7:al5a(; c. 36. Eine alte
syrakusische Tradition behauptet, dass das Landgut Timoleons in der
sogenannten Tremilia, einer Gegend am Südfusse des westlichen Epi-
polai, gelegen habe; dies sagt schon Arezzo, dann Fazello, Miral)ella
Nr. 176. 177, und fast die ganze Reihe der Wanderer und Lokal -
topographen. Aber der Tradition fehlt der Nachweis genügender
Begiündung; möglich, da.ss die entfernte Aehnlichkeit der Wörter
— 201 -^
Timoleon und Tremilia sie veranlasst hat ; indessen sieht sclion
Mirabella, dass das Wort Tremilia nichts anders bedeutet als die
3 Miglien weite Entfernung»' des Ortes von der Stadt.
An dem Staatsleben der Syrakuser nahm er nur dann persönlich
Theil, wenn seine Mitbürj^er selbst es verlangten. Dann, sagt Plut.
c. 38 : )coixiuc{^.cvoc C'.' i-^opiq e^rl usüyo'J? '^poc; to OsaTpsv IropsucTo. v.x\
yvwjJir^v. i7:'.*/£ipoTovr<0=(ar;; 5k TajTr^«; et [jkf OTrr^psTa» xaXiv aTrr^Ycv 5'.a tcj
OsaTpou To Cs^YOb- Wenn der Wagen von dem Landgute des Timoleon
auf dem W^eg nach dem Theater über den Markt kam, so wäre das
ein Beweis, dass jenes nicht in Tremilia gelegen habe, da der Markt
nicht zwischen hier und dem Theater war.
Den Befreier ihres Vaterlandes bestatteten die dankbaren Bürger
auf dem Markte und schmückten sein Grab mit ausgedehnten, gross-
artigen Anlagen : Tb a^/o; oi 'i'T/^o) twv vsavicxwv Tcpox-piOivTs^ i^spsv
y.£y.o7[i//jpivo > c;.a twv A'.ovucrtou Tupavvstwv tsts y,aT£ay.a[j.[jiva)v . . . £"o'.y;-
aavro oh tyj/ Tasrjv .tol> ^wi-i.aTo; £^ «V^P?? ^•^' ^'ca^ uaTspcv 7:3pißaX6vT£;
V.XI TwaXaidTpa; £vo'.y.oBo;j.Yj7avT£; YUjj.va^'.ov toi; veo'.c OL'?riY.%y y.at ri;AS-
A£6vT£tOV T.pZ'ZTi^^ZptJGXV. C. 39.
, Fassen wir schliesslich die topographischen Veränderungen, welche
der Sturz der Tyrannis und die Errichtung der Demokratie mit sich
führten, zusammen, so sehen wir erstens Herrscherpalast und Akro-
polis auf Orlygia verschwinden und einen Justizpalast an deren
Stelle sich erheben ; zweitens wird auf dem Markte das Grabmal des
Timoleon errichtet und bald umgeben es Säulenhallen und Palästren,
Theile des berühmten Gvmnasiums Timoleonleion. Auch beschloss
das syrakusische Volk öffentliche Spiele zu Ehren des Verstorbenen :
£Tt{jLr<:7£ o' £'!;tcv OLtx^'x ypi^z"^ ayöGi [xsuj'.y.sV;, iT7:'.y,5i;, Yj;j.viy.oic. c. 39.
Diese Spiele fanden vielleicht in dem Timoleonteion am Markte statt,
was auf sehr weite Ausdehnung der betreffenden Bauten und Anlagen
.sehliessen Hesse.
§ 4. Agathokles.
Als Timoleon im J. 336 gestorben war, fiel Syrakus von neuem
Unruhen aidieim, welche erst mit der Thronbesteigung der Agathokles
— 202 —
317 V. Chr. ein Ende nahmen. In der Geschichte dieses grausamsten
aller syrakusischen Tyrannen sind die topographischen Nachrichten
sehr spärHch. Zuerst wird hei ähnUcher Veranlassung wie in Dions
Gescliichte das Demeterheiligthum erwähnt. Diod. XIX 5 sagt, dass
Agathokles 7:apaxÖ£t<; zl<; to t?)(; ATQjAr^Tpo; Upcv jtzo töv TCoXtTwv wjjicas
Ply;$£v ^vavTio')a£a6a'. ty) ^T^\kovLpoL'zioL. Aber er machte es wie Kallippos,
brach seinen Eid und bemächtigte sich der Stadt, welche damals
unter dem Regiment einer Oligarchie von 600 Männern stand. Als
er sich nämlich des Beistandes seiner Söldner versichert und alles
füi' den Staatsstreich vorbereitet hatte, versammelte er die Seinigen
in dem Timoleonteion : Tct? [jlsv aTpatitoTati; TcapifivYstXsv airaviav aji.'
Y;iJt,£pa £t; 10 Tt{jLoX£6vT£iov. Diod. XIX 6. Auch hieraus ergibt sich die
bedeutende Grösse dieses Gymnasiums, da die hierhin entbotenen
Soldaten an Zahl 3000 waren. Diese eröffneten ein Gemetzel unter
den Oligarchen und ihren Anhängern. Mord und Plünderung herrschte
zwei Tage lang in der Stadt. Diod. XIX 7 spricht von 4000 Schlacht-
opfern des eisten Tages. Dass diese in dem Timoleonteion selbst
getödtet worden seien, wie Schubring, Achrad. S. 40^ sagt, lässt
sich nicht aus Diodor herauslesen.
Im J. 312 brach der Krieg mit den Karthagern aus. Diod. XIX
103 : Kap/-/j5cvioi xaTa7cX£U(7avT£q £t? t'ov [j.£Yav X'.[jt.iVa twv 2üpay,oct(i)v
7:£VTYi/.ovTa c>tacp£cr; aX'Ao [Jt-^v o'jS'sv r^^uvYjOrjaav lupaSai, cual Ss izipiTze-
a6vT£(; 9opTrjVot(; i{koioiq tyjv [jl£v kq AOyjvwv xaiiSuGav u. s. w. Agathokles,
am Berge Eknomos geschlagen, fasste, trotzdem eine karthagische
Belagerung seiner Hauptstadt bevorstand, den verwegenen Plan, den
Krieg nach Afrika zu verlegen. Von seinen Vorbereitungen dazu sagt
Diod. c. HO: b S' AYaOoxXyjc ÄTcaYÄYWv tyjv u'KoX£X£t{jL[j!.£v/;v Buvajxtv
dq -i'jpa/.o6aa5, Ta 7:£'7:ovr^y.6Ta twv -zeiy^m £7r£ax£6a?£ xal tcv d-o ir^q
Xwpac criTov azs,Y.6\Li^t^ Siavoo6[jL£vo<; tyj^ |j/£v 'Ki'ketiiq tyjv aavY)v d::oXtX£tv
(püXa/.TQv, TYJ; §£ $uva|jL£ü)^ tyjv xpaTiGTTjv {;.£TaY£'.v £1^ AißüYjv. Während
er in der Ferne anfangs einen Erfolg nach dem andern errang,
schlug Syrakus selbst zwei karthagische Angriffe siegreich zurück.
Das erste Mal wählte der feindliche Feldherr Hamilkar zur Ausfüh-
rung eines- Ueberfalls den Moment, in welchem ein von Agathokles
aus Afrika entsandtes Schiff sich Syrakus näherte und die Einwohner
in hellen Haufen nach dem Hafen stürmten : uxoXxßwv £Tvat \tipoq v,
Tou ieiyo\jq d^uXaxTov l'::e\>*^e twv aTpaittOTwv tou^ xpaTtcrtou? (J.£Ta
xXi[/.dy.a)v. oStoi c' £UpövT£? £y.X£X£tjji.j;iva(: laq fjk%v,äq iXaOov irpocrava-
— 203 —
£(po$£ta TiapavevciJLEvYj xa-£vcr^g£. XX 16. Die Ringmauer ist also mit
Thihmen verstärkt, und ein Mauerabschnitt zwischen zwei Thürmen,
\).t<3oz'jp^iov^ war schon von den Feinden erstiegen ; da eilten die
Veit heidiger herbei, tödteten die einen und stürzten die andern von
den Zinnen hinab : dbq S' oltzo twv IxaX^EWv xatExpiQixv'.aav.
Endlich unternimmt Hamilkar einen grossen Sturm auf die Stadt :
TTjv ;i.£v o3v s'.TO':ro[j.7w{av 8'.£XwX'j£ ::oX'jv yjSyj /pövov OaXatToy-paTÄv, toU(;
c' £7:1 rr^q yjjipoiq /.apTuo'jc y.2Ta(pO£ipa^ £::£ßaX£To y.a-raXaße^Oai to'j? Tcspl
TC 'OXujjLTriov TCTTOJ«;, y.£'.;jLiVou^ [;/£v irpo ttj;; ::6X£a)q. £'j6u? C£ xai xpcJ-
ßaXX£iv £C £^6^01» TOI? T£()^£at G'.£Yvu)X£'- Tou ;j.avT£(i)g stpr^xÖTO? auTüi vazoL
TYjv £::(cx£^tv Twv Upwv, ov, TYJ p.£Ta TajTr^v *?;;jL£pa iwavTO)? £v SupaxouaaK;
$£t'::vY;a£i. et S' ix ty;<; 7:5X£(i)!; afe65»j!.£voi tyjv i7:ivo'.av twv ^toXejjliwv
i^s^TEI^^av Tcov ji.£v ::£?wv v'jy,TC<; irspt Tpia/iXiou? xa\ twv iTCriwv 7U£pl
T£Tpay.cG{ouc zpoGTa^avTii; y.aTaXaߣa6ai tsv EüpuYjXov. XX 29. In der
Nacht steigen die Karthager zur Terrasse auf, wie einst die Athener
unter Demosthenes, und mit demselben Misserfolg. Die Bemerkungen,
welche bei diesem zurückgeschlagenen Ueberfall einfliessen, erinnern
lebhaft an Thuk. VII 44. Hier wie dort spielen die a-zi'/oyjidpiot. und
die y.pyjjjLvo' eine Hauptrolle. Der Sieg der Syrakuser geht jetzt vom
Euryalos aus : xa6' bv Syj xpovov oi y,aT£'.XYj(pÖT£? tbv Eupur^Xov Supaxdc.ot
[jL£Ta Oopußou 'KpcGtovTai; toj? ::oX£p.{o'J? aiaOö{X£vot xal tc7:oü<; i/^'^'^s?
0::£pC£?(o'j<; o)pji.r<Gav i^l toÜ(; 7:oX£[j,(ou<; (ebenda). Die Feinde wTerden
hinuntergeworfen, ihr Feldherr selbst bei der Verwirrung und Flucht
gefangen genommen, so dass sich die eben erwähnte Prophezeiung,
wenn auch in anderm Sinn, an ihm erfüllt. In obiger Stelle ist noch
betnerkenswerth, dass man von Syrakus die zur Deckung des Euryalos
befehligten Truppen « hinausschickt » : £C£*;:£[ji.'i^av, während doch • das
Kastell einen integrierenden Bestandtheil des syrakusischen Festungs-
ringes bildete. Das Nöthige hierüber ist bei Gelegenheit der athenischen
Belagerung S. 125 f. gesagt. Der Abstand zwischen den bewohnten
Theilen der Stadt und dem Kastell genügt, um das £xz£|j.TC£tv zu
erklären. Dass auch die Kommunikation zwischen dem Kastell und der
Stadt leicht unterbrochen werden konnte, haben wir in der Geschichte
Dions gesehen.
Damit hätten wir die geringe Ausbeute, welche die Kriegs-
geschichte des Agathokles für die syrakusische Topographie bietet,
erschöpft. Auf das glückliche Bestehen der Karthagergefahr folgte
e ne I npere Glanzpe de o Madl unJ Re I Dol i H \\I
83 o Itfn V bs nden W l Ist de b I en? e t T ole n u i I el t
n Beiu ul \gatl okle f Igen les 1 or a -rj lä p i
jki I a vaar'Nsw t va/ ixa
Ul xa a -j] ^ a p-fw e « pü | f ^ '* * a a*y *
>a-xa ^ Vaex? ar;^« ^apa o
p» (i) u 6 « OT a3 a; / a
A=!rOi; aa [a ;apY a -ifpaa/
-p YS üJ iOw 3 |j.a oirr a a-x a a o a
p /opa A;a6-*A^ I Be^u^ uf I „ Hau le mk-Iz^
La^e la sl 8 I z e e le t en erke er ten i ss e cht Ij je e
Gel ude n kann el 1 „evuhnl h so le st de n te I
cht uf de In I ond n u e h H le eil en z ve li^n I
«ine iiiilTKllGndG Aehnlicbkeit li^sleht zwischen ilcm Schicksal des
von dem Tyrannen Agaihnkles errichleten Hauses und dem eine.i
Afjathokles und seines Hauses, wovon ohen S. 92 f. hei Gelegienlieil
der ErlHiuung des Aihenalempels nach einem [''ragmente üiodois die
Rede war. Zwar lässl sicli niclil konstatieren, dass jene Geschichte
sich not hwendi(,'er weise auf Syrakus l>eziehen muss; indessen ist doch
sehr hemerkenswerlh die Gleichheit der Namen (A^rathokles), <ler
Thalsarhen (das in Fol^e eines Verstosses g«^en die Götter <!nn*h
einen ■ lüitzstrahl zerstörte Haus), der Ausdrucke (ima»];j,asia und
lTrtEiijj.f,va'.). Wenn die Analogie beider Erzählungen keine zutullijre
ist, so ist docli kaum eine Möglichkeit die Frage zu entscheiden,
welche von beiden On^nal, welotie Gopie ist.
Nach obiger Stelle hat Agathokles auch Thiirme am kleinen
Hafen errichtet und wir dürfen wohl annehmen, dass sie sowohl
dem Schutze als dem Schmucke der Einfahrt galten. Uass der Name
des Agathokles IB iTspo^Evilv XiÖwj auf den Thürnien angebracht wai',
deute! Schuhring, Achmd. Ü. 31, auf Mo.saik. Auch ist es wohl eine
richtige Vermuthuiig desselben Gelehrten, dass der ganze Befestigunjts-
organismus, welthei' seit Dionjs I. den kleineu Hafen umgah, dann
theils von Tinjoleon zerslörl, theils vei'wahrlost worden war, um
Agathokles sowohl zur Vertheidigung gegen äussere Feinde, als auch
zur Sicherung der eignen Gewaltherrschaft wiederhergestellt worden
ist. Dass Agathokles der Kriegsmarine seine Sorgfalt zugewendet hat,
heweisl die Geschichte seiner Krif" ■ -***"«nd deren seine Flotte
— 205 —
in stetem Wachsen ist (s. oben S. 182); auch sagt Diod. XIX 9 aus-
§ 5 Hieron II.
In den whren Zeiten, welche auf des Agathokles Tod, 289
V. Chi-., fol«>ten, bemächtigten sich verschiedene Heerführer der Herr-
scliaft von Syiakus, unter ihnen dei' Epirotenkönig P.yrrhos, welcher
die Stadt von einer abormahgen karthagischen Belagerung befreite.
Von seinem nur vorübergehenden Aufenthalt ist in der syrakusischen
Topographie keinerlei Spur verblieben. Der einzige unter den Nach-
folgern des Agathokles, welcher sich viele Jahre in dem Besitz der
Herrschaft erhalten hat, ist Hieron II. gewesen. Er hat während seiner
()0 jährigen Regierung Syrakus einen besonderen Charakter gegeben,
von welchem wir uns jedoch bei der Spärlichkeit der Quellen keine
ausieichende Vorstellung machen können. Erwähnt werden folgende
von dem fried- und kunstliebenden Fürsten in Svrakus errichtete
Werke.
An der oben citierten Stelle XVI 83 fährt Diodor. fort : 0[xo(o)c
zt Tcu-o'.; '/iy.pbv joTipsv 0::b 'Ispo) c; ts^ ßx^iAEO); to te xara ry;v a^opav
Ol 'j'boc y,x\ 'nXaTc^ ^/wv toutco y.tTa Xo^ov. J)er Tempel des olym-
pischen Zeus, welchen Hieron auf dem Markte zu Syrakus errichtete,
ist nicht mit dem Olympieion zu verwechseln, welches schon seit
Jahihunderten ausserhalb der Stadt bestand. Auf das Olympieion
am Markte bezieht sich eine Notiz bei Livius, welcher XXIV 21
erzählt, dass die Syrakuser, die an Waffen. Mangel litten, inermes
ex Olympii Jovis templo spolia Gallorum Illyriorumque dono data
Hieroni a populo Ilomano fixaque ab eo detrahunt. Hieror* hatte l}ei
(^elogenheit des Krieges der Römer ^^e*^en die Gallier nach Rom
Gelreidc geschickt (Diod. XXV 14), wofür er nach dem Siege seinen
Heuteantheil erhielt : twv Xa^upwv itX^ ts yjy.pa/iGi [JLsTa^ojva'. 7:oA£(7'.
Aay-pw? /,ai zpzi; 'Mpssm tSkkx zi[X'bv, xbv -upxy.ousiwv ßaT.Xia, otXov
cvTÄ y.al G6jjL'i.a*/ov. Plut. Marc. 8.
Ueber die umfassende Bauthätigkeit Hierons haben wir das
Zeugniss Moschions bei Athen. V 206: c 5' 'Hpwv b twv I.paxoT'wv
i^as'.XsO;, c -rivTa 'PwjAais?; oiA:;, la-irouBay-Et jjl£v /.al rspi tspiov y.at
7jj;.vaj(oi)v 7.aTar/.£ua;, y;v Se xa't 7:£pi vajTryjYia; 9tX6Ti[;.o5. Welches
— 'im —
ausser dem Olympieion am Markte die Tempel ji:ewesen sind, wissen
wir nicht; ebenso weni{4, wo der Könijj die Gymnasien anjrele^'^t hal.
Im alljremeinen können wir konstatieren, dass die syrakusischen
lie^nerungen in der Errichtun^'^ von solchen mit einander gewelleifert
haben; IJionys 1. hat f^rosse Gymnasien am Anapos gebaut (S. 18(>),
die Syrakuser halien das (Jrab Timoleons mit einem FUesenbau <Ier
Art umgel)en (S. 201); dazu kommen jetzt die Gymnasien Hierons II.
Von all seinen Kauten lassen sich nur noch die mächtigen Reste
seines Hiesenaltars nachweisen (s. Buch 111. ThI. II § G).
Von seinem Palaste auf Ortygia spricht Cicero an mehreren
Stellen. Verr. iV 5[), 118 : Insula ... in qua domus est, (juae
Hieronis regis fuit, (|ua praetores uti solent ; IV 28, 65 und V 12,
»JO wird das praetorium oder die domus praetoria^ IV 24, 54 und
V 31, 80 die (domus) regia erwähnt. Da Hierons Residenz später
tien römischen Praetoivn als Statlhallerpalais diente, so können wir
aus Ciceros Verrinen auch über jene manche Einzelheiten entnehmen ;
aber die Stellen dieser Heden, welche sich auf die Insel und die
daselbst befindlichen Gebäude beziehen, enthalten manche fraglichen
Punkte; so werden wir denn bei der Behandlung der römischen
Epoche auf diesen Gegenstand zurückkommen. Hier genüge die vor-
läutige Konstatierung der höchst wahrsclieinlichen Thatsache, dass
der Palast Hierons da gestanden liat, wo einst der des Dionysios,
d. h. an iKier auf tiem Isthmus. Wir haben gesehen, dass an Stelle
i\kds Tvrannenschlosses sicli nacli dem Willen des syrakusischen Volkes
ein Gerichtsgebäude erhob. Ob dieses nun von Agathokles zerstört
wurde, um für eine neue Zwingburg Raum zu schaflen, oder er den
Sitz der Rechtsprechung neben seinem neuen Schlosse bestehen liess,
darüber lässt uns die Ueberlieferung im Stiche.
Auch ein anderes Gebäude, welches in der Geschichte der
letzten Schicksale des autonomen Syrakus erwähnt wird, verdankt
ohne Zweifel Hieron IL se«ien Ursprung : die öffentlichen Kornspei c hei*.
Livius schildert sie XXIV 21 folgendermassen : in Insula . . .
horrea publica, locus saxo quadrato saeptus atque arcis in niodum
emunitns. Bedenkt man, dass Hieron dem Ackerbau in seinem
Reiche ganz besondere Sorgfalt zuwandte (dieses beweisen mehrere
Umstände, wie die reichen Getreideschenkungen an befreundete
Mächte und die lex Hieronica, welclie die Beziehungen zwischen
PiHMhizenten und Regierung regelte), ^*o kan»^ *'**^* nnwahrschein-
— "207 —
lieh sein, dass ein grossartiges Gebäude auf Ortygia, als Getreide-
magazin dienend, gerade von Hieron II. errichtet worden ist. An
welchem Punkte der Insel der Speicher stand, lässt sich nicht n)ehr
feststellen. Mirabella, Nr. 8, weist ihm seinen Platz am Südende
der Insel zu, wo heute das Kastell Maniace steht. Wir werden sehen,
dass hier Verres Sommerfrische genoss. Mit grösserer Wahrschein-
lichkeit nimmt Bonanni, S. 36 der Palerm. Ausg., an, dass der
Speicher in der Nähe der Marina am W^estrande Ortygias gestanden
habe.
Ein glänzendes Denkmal syrakusischer Kunst unter Hieron 11.
war das grosse Schiff, die Alexandreia, welches der König mit Korn
gefüllt dem König Ptolemaios von Aegypten zum Geschenk schickte.
Es war ein Werk des grossen Archimedes und ist von Athenaios V
2(Ki ff. ])eschrieben .
In Aegypten, mit welchem Hieron in den freundschaftlichsten
Beziehungen stand, blühten damals Künste und Wissenschaften ; eine
besonders hervorragende Stellung nahmen Architektur und Malerei
ein. Wir können sicher sein, dass auch Syrakus an sich den Ein-
fluss der hochentwickelten alexandrinischen Kunst verspürte. Aber
auf die Fülle der königlichen Bauten und die grossartigste Pracht -
entfaltung der Ornamentik weisen uns mehr vereinzelte Spuren hin,
als dass wir irgend welche umfassendere Ueberlieferung sei es bei
Schriftstellern, sei es an Denkmälern selbst besässen.
Dass am Theater zu Syrakus unter Hieron II. irgend welche Um-
bauten stattfanden, darauf weisen wohl die dortigen Inschriften hin.
§ 6. Ortygia im Alterthum.
.letzt, wo wir mit dem Ende der Herrschaft Hierons II. zugleich
an das Ende der Glanzperiode von Syrakus gekommen sind, erscheint
es nicht unangemessen, eine Thatsache festzustellen, welche aus dei
Gesamtheit der bisherigen Mittheilungen über die topographische
Geschichte von Syrakus deutlich hervorgeht, dass nämlich die Insel
Orlygia in den verschiedenen bis jetzt entwickelten Perioden, wie
auch in den noch zu behandelnden, einen ganz verschiedenen CAnx-
rakter gehabt haben muss.
Die Insel war von Anfang an der Sitz der ersten griechischen
Kolonisten. Als später in der um Achradina vergrösserten Stadt die
— '208 —
lepulilikinisclit FieihtJit dem r\niiinenie„inieiile «ich, wurde Orty^ia
zui Fiir-tenia^idpnz nhei e^ i-^t wiliischeinlicli, diss diese ersten
Fiir-.ten nul du Iri'-el noili manche pLivath tii^er bestellen liessen.
S( idith es iiiih unter 1 i lepuhlik^nitti h''n Resiieiun}; des 5. Jahr-
Imndeil''
Em \ollip!; \eränderlts \u^»ehen ^^^''^ann die Insel unter DJonysiosl.
lv>-\i folgte ei nui dem \or/dn|ie lon Gilon und Hieion, wenn ei
«enif UiGiileii^ aut ihr Huhchlu^ "iliei ei \Liwii]d(,lte zugleich die
t,iti/e In^el m liol gioase Fe5fun„ tsein &(.hlo--i 'stand wie wn
^ebibeii hilien tut dem Isthmus, und ei hatte i <. in dei'^lben
TLndeii/ mit dem Aifeniil in en^'e \eihindun„ „'eaetzl derzulolge
lu li liiL liuuil nen in Nttpel die kiie„--mjiine imekt untei den
Hdk ntn diit-, Paliste-, hOen wollten Feinei lie-.s üioni-, — und
diiiri ja^ eine wirhtige AemleiuHp — luf Ol h,>i) nur seine Anhdngei
und Vddnei \\ohnun„ nthrnen indem ei die illen Jnstsien »us dei
ln-.tl lutiiph
Hiesei /u'itand d^milL aiiih iintei Dion tott iIjli eim. \uilige
L niw ilzun„ Int mit Timideon ein Li «isloite die Bui„' mit allem,
w I- -le enthielt, tmii den >ui»tenr,i ihein Fi setztL eine neue Aul-
(liediinp des ^iivaten Grund Iwsilze- duuli, welche ofltnbai TUih die
IiiM 1 mit iimtasssle, =o da*- Jso \on neuem Pinilleute ml ihi
\\t hiieii dui ticn
Was in ihesei Bpziehun„ \gathokleo thal, wiid nicht überliefert,
|edii h fiihit uu'i ^lles zü iki Annihrne, disb ei «in Mensch ohne
lede HuukMLbt, den svnkusischen Biiiffem d i- \\iihnen in dem
lesteslen Tlieilt seiotr Hauptstadf nicht ^eattlten konnte. Er hat,
wie wn iffsthen hahen, zweifelsohne die Bui^ lul dem Isthmus
Kiedei eriiLhlel, ebenso ilas Ar-«ml in deren \ die und die übrigen
t itutellenanhjfen des Dionv« wiedtihei^eslellt duitte er auf Ortygia
Bin>jei lissen, welche m jedem „e^jehenen Momtnt lus abwartender
Hiltun^ in fflmt Enipoiung iibeizu^ehen drohten * Wir müssen also
( ine ihermilitfeAiiijlieiljun/ aller Privatleute ms dei Insel annehmen,
Midi.he wiedetum alleiniger Wohnsitz den TMannen und seiner
Getreuen wuitle.
Zwischen Agathokles und Hieron bietet die Geschichte keine
Handhabe, eine Wiederherstellung des Eigenthnms auf Oi-tygia anzu-
nelinien ; Orlygia mus-^te Ifdigiich Akropolis \on Syrakus bleiben.
Die Geschichte der römischen Belagerung wird zeigen, dass damals
— 21^ —
keine Privalwohjiungea auf der Insel g^ewesea sind. So lesen wir
bei Liv. XXIV 22, dass von Andranodoros verlangt winl, portas
insulae apenat ; die Thoi*e der Insel wuixlen wie die einer Ciladelle
betrachtet. Ferner erlaubt Mai'cellus nach der Einnahme von Ort)^ia
den Truppen nicht, sich ungebunden in demselben auszubi^eiten, damit
nicht die regiae opes geplündert wüixlen, XXV 30 ; von Privatbesitz
ist keine Rede, während solcher bei der Einnahme von Achradina
XXV 31 erwähnt wird; nur hier, sowie in Tycha und Neapolis
wohnten die Privatleute.
So gewannen also die Römer Ortygia ; nämlich als eine Citadelle,
als eine Oeiil ichkeil, welche ganz und gar Staatseigenthum ist, und
wir wissen, dass sie es Jahrhunderte lang unter demselben Gesichts-
punkte betrachteten. Cicero sagt Verr. V 32, 8-i ausdrücklich, «lass es
den Syrakusern nicht erlaubt sei, Ortygia zu bewohnen.
Demnach war von der Zeit des älteren Dionys an die eigentliche,
d. h. die von dem Volke bewohnte Stadt Achradina, und nicht
Ortygia. Erst dann wurde letzteres wieder Sitz der Revölkerung, als
eine römische Kolonie nach Syrakus kam. Dieser räumte Rom obne
Zweifel den Stadttheil ein, welchen es sich stets vorbehalten hatte,
d. h. die Insel. In dieser Epoche, es ist die des Augustus, hatte sich
Syrakus noch nicht völlig auf die Insel zurückgezogen ; das dem
Isthmus benachbarte Quartier war noch bewohnt. Im Verlauf dtM*
Zeit verlor der festländische Theil immer mehr an Bedeutung und
schliesslich war Syrakus wieder auf Ortygia zusammengeschrumpft,
die Urstadt des 8. Jahrhunderts vor C4hristus. Heute langt die Stadt
an sich wieder über den Isthmus hinaus auszudehnen und zahlreiche
Landhäuser breiten sich über das Festland terrain des alten Syrakus
aus. — Doch kehren wir nunmehr wieder in das dritte Jahrhun<lert
vor Christus zurück.
THEIL VI. — Römische Epoche.
§ 1. Hieronymus. Herstellung der Republik.
Auf Hieron IL folgte sein Neffe, der junge Hieronymus, dessen
kurze Regierung für unsere Topographie ohne Interesse ist. Hiero-
nymus wurde in Leontinoi von Verschworenen getödtet, worauf seine
Lupus, Die Stadt Syrakus. 14
— 210 —
Mörder Tiieodotus et Sosis . . . Syracusas contendunt. ceterum prae-
venerat non fama solum . . . sed nuntius etiam ex regiis servis.
itaque Andranodoriis (ein Verwandter des Tyrannen) et Insulam et
arcem et alia, quae poterat quaeque opportuna erant, praesidiis
firmarat. Liv. XXIV 21. Die Zusammenfielt ung et Insulam et arcem
bedeutet : die Insel Ortygia im allgemeinen und die Burg im beson-
• deren. Wenn auch damals keine syrakusischen Burger auf der Insel
wohnten, so steht dies doch nicht im Wege, dass dort Wohnhäuser
für das Gefolge des Fürsten standen ; auch mussten dort offenbar
Söldnerkasernen sein und diese konnten ausserhalb der Burg im
engeren Sinne stehen. Letztere nahm eben nur einen Theil der
Insel ein.
Livius fährt nun folgendermassen fort : Hexapylo Theodotus ac
Sosis post solis occasum iam obscura luce invecti cum cruentam
regiam vestem atque insigne capitis ostentarenl, travecti per Tycham,
simul ad libertatem simul ad arma vocantes in Achradinam convenire
iubent. multitudo pars procurrit in vias, pars in vestibulis stat, pars
ex tectis fenestrisque prospectant et, quid rei sit, rogitant. omnia
luminibus conlucent strepituque vario complentur ; armati locis
patentibus congregantur ; inermes ex Olympii Jovis templo spoha
Gallorum Illyriorumque, dono data Hieroni a populo Romano fixaque
ab eo, detrahunl . . . haec quoque multitudo stationibus per principes
regionum urbis dispositis adiungitur. in Insula intei* cetera Andra-
nodorus praesidiis firmarat horrea publica : locus saxo quadrato
saeptus atque arcis in modum emunitus capitur ab iuventute, quae
praesidio eins loci attributa erat, mittuntque nuntios in Achradinam
horrea frumentumque in senatus potestate esse. 22. Luce prima
populus omnis, armatus inermisque, in Achradinam ad curiam con-
venit. ibi pro Goncordiae ara, quae in eo sita loco erat, ex principibus
unus, nomine Polyaenus, contionem et liberam et moderatam habuit . . .
in praesentia legatos ad Andranodorum mitti placere, qui denuntient,
ut in potestate senatus ac populi sit, portas Insulae aperiat, dedat
praesidium . . . ut vetitum ad Andranodorum est, ipsum quidem
movebat et civium consensus et cum aliae occupatae urbis partes,
tum pars Insulae vel munitissima prodita atque alienata (der Korn-
speicher) . . . postero die luce prima patefactis Insulae portis in forum
Achradinae venit. ibi in aram Goncordiae, ex qua pridie Polyaenus
contionatus erat, escendit oralionemque eam orsus est, qua primum
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cunctationis suae veiiiam petivit . . . 23. Post hanc orationem claves
portarum pecuniaeque regiae ante pedes eorum posuit. atque illo
quidem die dimissi ex contione laeti circa fana omnia deum siippli-
caverunt cum coniuj,abus ac liberi, postero die comitia praetoribus
creandis habita. creatus in priinis Andranodorus, ceteri magna ex
parte interfectores tyranni ; duos etiam absentes, Sopatrum et Dino-
menen, fecerunt. qui auditis iis, quae Syracusis acta erant, pecuniam
regiam, quae in Leontinis erat, Syracusas devectam quaestoribus ad
id ipsum creatis tradiderunt, et ea, quae in Insula erat, Achradinam
tradita est ; murique ea pars, quae ab cetera urbe nimis firmo
munimento intersaepiebat Insulam, consensu omnium deiecta est.
In dieser F>zäblung von der Wiedereinführung der Republik in
Syrakus linden wir einige interessante topographische Angaben.
Theodot und Sosis betreten Syrakus durch dasjenige Stadtthor,
welches den Verkelir mit dem Norden vermittelt, das Hexapylon,
und reiten zunächst durch Tycha. Aus den Worten des Livius ersieht
man nicht, ob dieses Thor innerhalb von Tycha oder ausserhalb, in
Epipolai, gewesen ist ; aber die sonstigen' Erwähnungen dieses Thores
machen die letztere Annahme nothwendig.
lieber den Tempel des olympischen Zeus am Markte und die
Kornspeicher auf Ortygia ist schon S. 205 und 206 gesprochen worden.
Das syrakusische Volk versammelt sich in Achradina «ad curiam».
Diese lag natürlich am Markte; wenn wir auch nicht geneigt sind,
wie Schubring (s. oben S. 167), sie mit einem der von Dionys I. vor
der Insel erbauten ypr^tj.aTia-yjpia zu identificieren. Auf dem Markte
haben wir also auch den Altar der Goncordia zu suchen. Andrerseits
beweist der Umstand, dass das Volk, um die Reden seiner Führer zu
hören, sich vor dem Altar der Goncordia versammelte, auch wieder
die Lage dieses Altars auf dem Markte. Wir haben also zwei von
einander unabhängige Gründe dafür, den Altar und die Gurie auf
dem Markte anzunehmen, wohin den ersteren überdies Livius selbst
verlegt.
Ferner ergibt sich aus den Worten des Livius die interessante
Tliatsache, dass, trotzdem sich die junge Mannschaft des Kornmagazins
bemächtigt hatte, die Thore der Insel noch geschlossen und die
Schlüssel im Besitz des Andranodoros waren : ein Beweis für die
Richtigkeit unserer obigen Bemerkung über die ausschliessliche Be-
stimmung der Insel zu Staatszwecken.
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Endlidi ist beadilcnswerth die Mitllicilung, ilass derjenige Mauei-
ab^clniitt von OrtyH^ia, welcher dieses von tler ührigeii Sladl trennte,
nieilergerissen wurde. Es waren demnach in der That die beiden
wicliligslen Slad It heile , Achradina nnd Ortygia in demselben Ver-
hällniss zu einander gebliel>en, wie unter Dionys.
\iin folgen die I'ntriguen von Hippokrates und Epikydes, Kar-
Hiajfern griechischer Abstammung, welche Syrakus zu einem Bündnis^«
mit Karthago verführen wollen. Andranodorus bemüht sich wieder
in Besitz der Macht zu kommen, wird alwr von dem tragischen
Schauspieler Aristo» als Verräther angezeigt, worauf die Praeloi-en
praesidio ad foi'es posito ingressos curiam Themi^tum atque Andra-
Hoilurum intorfecerunl. c. 24. Auch deren Franen — Tochter und
Enkelin Hierons — werden getüdlet, und ebenso Heraklia, eine andere
Tochter Hierons, Gemahlin des Zoippos, nebst ihren beiden jugendlichen
Tfichlern (c, 2.5. 26). Hippokrates und Epikydes werden zu Praetoreii
i.'iwähh. (c. 27) und, ohne dazu von den Syrakusern autorisiert zu
seil), begehen sie zu Leont in oi Feindseligkeiten gegen die Homer (c. 29);
sidilies.slich bemächtigen sie sich der Sladl Syrakus. Bei dieser Gelegen-
heit liefert un.s Livius einige erwähnenswerthe topographische Angalten.
Diu Pi-aetoren , welche in Syrakus befehligten, hatten die Thore
schÜessen lassen, damit Hippokrates und Epikydes nicht in die Stadt
heieinkonimen könnten. Aber iam ad Hexapyluni erant Hippocrates
ntque Kpicydes, serebantuique conloquia per propinquos populariuni,
r.|ui in exercitu ei'ant, ul porius apei'irent sinerentque communem
patriam defendi ab impetu Rocnanorum. iam unis foribus Hexapyli
apertis coepli erant recipi, cum praelores inlervenerunt . . . sed suixlae
;id onmiu aures concitatae multitudinis erant, nee minore intus vi quam
fiiris purtae effringebantur, effraelisque omnibus toto Hexapylo agmen
receplum est. praetores in Achradinam cum iuventute populariura
confugiunf. mercennarii milites perfugaeque et quidquid regiorum
niititum Syracusis erat, agmen hostium augent. ita Achradina quoque
primo impetu capitur praetorumque nlsi qui inier tumultum eltugeruni,
omnes interficiuntur. e. ^2.
Hier ist von Wichtigkeit die Notiz über das Hexapylon, das Thor,
dui'ch welches man von Norden her in die Stadt eintrat. Es ist
offenbar dasselbe, durch wvlches Dion auf die Hekatompedos einmar-
schiert und durch welches Theodotus und Sosis in die Stadt hinein-
gesprengt waren. Der Name bezeichnet ein Thor mit sechs Oeffnungen;
nur fra^t es sich, ob diese Oeffnungeii neben einander oder hinter
einander waren. Es kann uns nicht einleuchten, dass ein antikes
Festungsthor, wie das Hexapylon, derart angelegt sein sollte, dass es
nach aussen hin sechs Eingänge neben einander enthaUen hätte;
man hätte es so dem Feinde allzu leicht gemacht, in den Platz ein-
zudringen. Dagegen wurde der Eintritt, wie es sich bei einer Festung
gebührt, bedeutend erschwert, wenn man sechs Thore hinter einander
baute, so dass der Feind, nachdem er das erste genommen hatte, sich
gezwungen sah, noch fünf andere zu erstürmen und dabei jedesmal
nach der Einnahme eines derselben von neuem den Angriffen der
Vertheidiger ausgesetzt war, welche von der Höhe der Mauern her
die in engen Hofräumen zusammengedrängten Angreifer umzingelten.
Ganz ebenso erklären wir auch das Pentapylon von Ortygiai. Das
Hexapylon spielt auch noch in der römischen Belagerung eine Rolle.
§ 2. Der Krieg mit den Römern.
In der That haben es die beiden Kartliager durchgesetzt, dass
Syrakus die Partei Karthagos ergriff und so den Krieg mit Rom
heraufbeschwur. Die Römer schickten eine Flotte und Heeie um
die Stadt wiederzugewinnen. Die römische Belagerung von Syrakus
ist eine der denkwürdigsten der alten Geschichte wegen der Energie
der Angreifer und der Umsicht der V^ertheidiger , untei* denen
])esonders Archimedes mit seinen Vertheidigungsmaschinen hervor-
ragt. Unsere Quellen für diese Belagerung sind Polybius, Livius,
Plutarch, Silius Italiens, Frontin, Zonaras (d. h. Dio Cassius), Appian.
S. A. Müller, De mictorihiis reriim a M. Claudio Marcello iü
Sicilia gestarum. Halle 188^2. Da wir hier nur die topographische
Seite der Belagerung zu betrachten haben, so beschränken wir uns
rücksichtlich der Quellen auf die Bemerkung, dass die Hauptquelle
l Auch Weisseiiboru z. B. gibt dieselbe Erklärung. Die Oertlichkeit war für
eine solche Anlage ebenso geeignet^ wie der Nordwestabhang der Akropolis zu Athen
für das pelasgische Enneapylon. S. Wachsmuth, Die Stadt Af/ien, Leipz. 1814 I.
S. 291 fT. Hätte das Hexapylon sechs Thore neben einander gehabt,, so wäre es nicht
nöthig gewesen alle zu erbrechen (efl'ractis omnibus). Sehr beachtenswerth ist für
unsre, übrigens schon von d'Orville, Sicula S. 183 ff. vorgebrachte Erklärung des
Hexapylon, dass Matthiae im Frankfurter Progr. von 180*7 S. 20, statt unis foribus
Hexapyli apertis vorschlägt zu lesen irais f. H. a. L».
— -iU —
P Ijb II B I t d se I der nicht vollsläiidijf zu
\ I ^ t It \ P lyh u hänjft Livius ab; seine
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I ft t li d iL lerücksiehligen.
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Uli IIA h hwt d n dem Texle des bezüg-
II Seh fl t II b d t I u 1 rthümer enthalten sind,
II tw d A \h h 1 od In Autor selbst zur Last
I li
DR I It ) -ak w I Idberrn: Appius Claudius,
II I J h (2f Cl ) I Propraetor in Sieilien
li 1 rt I d t lg d -Iahe 214 als Legal des
C I M Cl 1 M II hl I D war der zweite Feldherr,
I kl h i 7 k I S I geschickt, um Syrakus
zu pi'nliern.
!; :i Bela^iTung von Syrakns.
I.lwi luL \i.t.n„ li lielveiun„ le.en wu Ln \\I\ !J
E\ Leontnnb intla sunt e\teiiiplo cistia ad "ssiacuaas, et ab Appio
Ie„ati pei puiliim mi^-i loile in quinqueretni eiant piaemiaaa qui
dineniis (uni intiasset tiuies poitu^, ^pilui le^ati aegie elTugeiuiit
et lam non modo paci-, üed le belli qiiidem luia iHicti eniit, cum
Hoinanui p\er(.itu& ad Olymp um — lovis id templum est — mille
et quingentos pdl^»us ab urbp tastia posuit inde quoque legatoi
piaernttti placuit qudiu^ ne iniraient urbem, e\tia porlam Hippo
irates atqm Epicjdts ol}*]ani runi suis pj itesseiunl inde tem
manque simul toeptaL oppugnaii Syiacu«ae, Itua ib He\ap>lo, nun
ab \i.hradina, i uiu^ muiu* (lucfu ddluitui
Hiei tiitt uns die eiste Sch\Mei igkeit ent^Lgen Die Romei
s hhgen dn La^ei am Oljmpieion südlich lon dei blidt auf Äbei
Mii welihei beite ^reiten iie an * \on Norden und \on Osten A\n
können innehmen, dass mau in, bidiwieri^keit einci Landangiilts
von &uden bei eikannte und deshalb den Nordan„iiff ah aussiebt«
1 illei Mjblte Aliei /u dfm /wecke musste ra\n zunächst das I^pei
\on dein Oljinpieioii im Süden ' ■■' -^^ ■"'' "ein Punkte noid-
— t>15 —
lieh von derselben verletzen. Wenn die Römer dies j^ethaiii haben,
warum theilt es Livius nicht mit? Und nicht weniger auflallend ist
es, dass die Flotte Syrakus an der Achradinaküste angegrift'en habe.
Achradina hat eine hohe, steil abfallende Küste ; mit welcher Aus-
sicht auf Erfolg- konnte man hier die Stadt angreifen ? Demnach
könnte man die Nachricht des Livius, dass die Römer ihr Lager am
Olympieion aufgeschlagen hätten, für falsch halten. Aber dagegen
sprechen wieder folgende Erwägungen : Die römische Flotte bedurfte
zum wenigsten für den Fall eines Sturmes, mancher Ausbesseiungen ;
diese konnte an keinem geeigneteren Orte stattfinden als im grossen
Hafen. Eine Schiflstation setzt auch Landbefestigungen voraus. Also
war ein römisches Lager am Olympieion fast eine Notli wendigkeit.
Und wirklich finden wir auch im weiteren Verlauf der Relagerung
Spuren von der Existenz eines römischen Lagers in der dortigen
Gegend. Liv. XXV 26 steht : Nam et Hippocrates castris ad magnum
portum communitis signoque iis dato, qui Achradinam tenebant,
castra vetera Romanorum adortus est, quibus Grispinus praeerat.
Wenn Hippokrates ein Lager am grossen Hafen aufschlug und von
da aus das alte römische Lager angriff*, so muss auch letzteres in
der Nähe dieses Hafens gewesen sein. Es wäre also die Nachricht
des Livius gerechtfertigt, dass die Römer ein Lager am Olympieion
gehabt haben. Deswegen wäre es aber doch sehr gut möglich, dass
sie sich genöthigt sahen mit dem grössten Theil ihrer Streitkräfte
aus diesem alten Lager nach der entgegengesetzten Seite von Syrakus
umzusiedeln, um, was ja auch geschah, die Stadt am Hexapylon von
Noiden her anzugreifen. Livius hat es eben versäumt, diese Umsie-
delung zu erwähnen. Indessen enden hier noch nicht die topogra-
phischen Schwierigkeiten der ersten römischen Angriffe.
Für die folgenden Ereignisse haben wir den Bericht des Poly-
bius Vni 5 : ot $£ 'Po);xarot '^oXiopTto^vTe; tou; 2upay,oc(o'j? ip^ou sixovto*
'ÄzTwioc S' Ti'f Y;*^£[J.d)v. y.al tyj {ji.£v ttsJ^yj cuva[ji.£'. y.ÄTa ty;v 2y.'jT'.y,Yjv aTcav^
zpcc3tYcpc'jo|^.evr^v, xaö' 9jv It:' auTr^^ y.sitat tt^j; y.prtTzXoz<; to tsi^o? '^OLpcL
OiAa-TTav, ZipiaTO'.xi'savrsc, £Toi{j.a(ja;j.£voi ':£ 7£ppa y.3tl ßfXr^ y.al -uaXXa
Ta ::pbg ttjv TioXiopxtav, £v r^\JÄpcLiq 7:£v':£ oia tyjv 'izoK'jyzipia^f y.aTYjX'Kiaav
1 Vou Gronov an hat man diese • Lederhalle » durch Konjekturen zu beseitigen
versucht; offenbar mit Unrecht, wie unter andren Gevverbslauben speziell die Coraria
oder Coriaria(sc. porticus) in der 14. Region der Stadt Rom beweist. L.
— 210 —
SuvajA'.v u. j?. w. Hier ist die Behauptung des Textes unzulässig,
dass das Landheer die Stadt an der Lederhalle angegriffen habe,
wo die Mauer auf dem Felsenrande längs des Meeres erbaut sei. Denn
wie wäie es möglich, dass eine Mauer auf dem Küstenrande längs
des Meeres von einem Landheere angegriffen \vorden ^väre? Es ist
keine Frage, dass . in dem Text des Polybius, der uns übrigens nur
in den Excerpten erhalten ist, ein Fehler stecken muss; aber welcher
Art der sei, wissen wir nicht. War die Lederhalle wirklich nahe bei
der Mauer am Seeufer, so griffen dort die Römer nicht zu Land an ;
griffen sie aber zu Land an, so ist entweder eine Lücke zwischen
m
'npoJaYop£'jo[jivr;v und y.aö' yjv anzunehmen oder es sind die Worte
i:apa öaXaTiav zu entfernen.
Eher lässt sich hören, was Polybius kurz darauf sagt : '0 (/kv
'Atuttio; v/iöv "(ippx vai y,X({j.ay.a^ hr/ßpzi. rpoc^ipsiv TOtÜTa tw (juvazTovTt
Tii/*'. zolc 'E|a::'jAc'.; oltzo Taw avaToXwv. c 8s Mapy.s; i^YixsvTot avii^ZT,
'i:£v':y;p 17.01? ir.oiil'o t'cv e^i-KÄO'jv kvi ty;v A^^pa^'.vYjv. Man griff also die
Stadt zu Land in der Gegend östlich vom Hexapylon an, zur See
auf der Seite von Achradina. Oestlich vom Hexapylon haben wir die
Mauern von Tycha anzusetzen; also hätten die Römer dieses Quartier
angegriffen. Was aber den Flottenangrifl' auf Achradina betrifft, so
haben wir schon imser Bedenken auseinandergesetzt. Am ehesten
Hesse sich noch voraussetzen, dass Unterachradina südlich von den
Kapuzinern den Angriffspunkt gebildet habe; denn hier hafte man
wenigstens von den Schiffen aus die Mauerhöhe erreichen kömien.
Aber gerade da, wo die dortige Küste am wenigsten steil war, nämlich
in ihrem südlichen Theile, war sie in die starken Befestigungen des
kleinen Hafens eingeschlossen und somit unzugänglich. Schubring,
Achrad. S. 57, meint, dass doch die Mauer an dem Küstensaumc
zwischen dem Kap S. Bonagia und dem Küstenwinkel, mit welchem
der kleine Hafen beginnt, jene «von der Meeresbrandung gepeitschte»
Achradinamauer gewesen sei, welche Marcellus mit seinen Fünf-
vuderern angriff. Aber es kommt ihm auch wieder fast unglaublich vor,
dass der römische Admiral daran denken konnte, hier etwas auszu-
richten, da, wie Schubring selbst sagt, der Rand von Achradina 60-80
Fuss ins Meer abstürzt und noch von einer wenigstens 10 Fuss
hohen Mauer mit Thürmen, Zinnen und Brustwehren gekrönt war.
Polybius gibt uns eine Beschreibung der Kriegsmaschinen, mit
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welchen die Römer von den Schiffen aus die Mauern angriffen (der
sog. Sambuken) und der Gegenmassregeln, welche Archimedes traf,
um die Anstrengungen der Römer zu vereiteln; ferner lesen wir bei
Zonaras und Tzetzes von seinen berühmten Brennspiegeln. Die
Beschreibung aller dieser Maschinen, von denen besonders die des
Archimedes eine grossartige Wirkung erzielt haben sollen, gehört
nicht zu unsrer Aufgabe. Aber wir können nicht umhin zu bekennen,
dass nach unsrei- Meinung die Römer jene Erfindungen bedeutend
übertrieben haben. Es mögen die römischen Schiffe etwas beschädigt
worden sein, überliefert wird die Zerstörung keines einzigen. Wahi-
scheinlich haben die römischen Sambuken die Höhe der syrakusischen
Mauern nicht erreicht und die Römer haben, sobald sie einsahen,
dass ihre Schiffe mehr Schaden erlitten als zufügten, auf diese Art
des Angriffs verzichtet. Die Uebertreibungen bezüglich der gewaltigen
Wirkung der Archimedischen Maschinen dienten dazu den eignen
Misserfolg zu bemänteln.
Ueber den Landangriff sagt dann Polybius VIII 9 : Ot es T.tp\
Tcv "A-^rTTisv zlq T:apaK/.r^aiou<; i[j.zza6^':tq cucyspsia^ a^sGrr^aav ty;c kiz'.-
t'j7:t6|j.£vo'. o'.s^ösipovTS, S'.a tc Orj;j.aa'.ov sTvat tyjv t(7)v ßsXwv xaTauvtrjYjv
y.al xaTa tc liKffio^ y,at -/.OL-zk tyjv svdpvs'.av, (o? av 'lipwvc; Ijlev /opr^^OJ
YcYov5toc, apX'Tiy.TSVs; 8i y.x\ Syjjx'.o'jpyoj twv £7wtvoY;;j.aTWv 'Apyi;i.Yjcc'Jc.
G'JV£-^(~^{^5VTc5 vr j;.YJv ^TpC; TYJV ZCA'.V C? [JL£V TÄlC ClÄ TOU T£'//0"j; ToHcT'.a'.V,
w; S-aVü) TTpCSlTZSV, y,aXSUj;.2VC'. TJVc/O)? SlpYCVTS TTj^ TTpCGCCOU, zl 8k
t^cTa TO)v ^(ippio^ ß'.aw(5;x2vc'. Tai; twv y.aTa xopu^Yjv Xiöwv y,a' 8oy.o)v
£;j.ßoXar; ^ic^ösipo^Tc. oiy. sXiva os y,al Tat; /sp^i Täte iy. twv [^.Ti/avwv
£y.ay.CKOtouv, mz xal '7;p5T£pcv stTza • <7'jv ajTcTc ^ap Tct; c^rXoi; toÜ;
avSpa; i^atpovTiC eppt:r:oyv. tc B£ Zcpa; ovaywpYjaavT«; £i; tyjv zapEji.-
ßoXYjv y.at (TJvsops'jtjavTEc [xetä twv -/tAtapywv et ::£pi tcv "A'^ttiov c'/sO-»-
p.a$cv ißo'jXEUjavTs za^r^; sXztSoc ^Eipav Xa[/3av£tv '::Xy;v tou oia TrcXtcp-
y.ia; eXeTv tÄ; Supay.ouaa;, (o; y.at T£Xo; i-otrjaav * cy.TW --(OLp [AYJva; tyj
x6A£1 XpO(TXaÖ£!^C{J.£VOt TWV [J.£V «XXwv CTpaTYJY'/J;j.aTWV Yi TOAli.YJJAaTWV
oiScvc; az£5Trj5av, tou Sk -noXicpzEtv o'jBexste -iTsipav iTt XaßErv eOappr^^av.
So bescbliessen nun die Römer Syrakus zunächst nur zu blockieren :
Kai Tat; [j.£v vau^'t Ta; y.aTa BiXaTTav srixsupta; auTw/ 8y.(I)X'JCv, tw
C£ ize^v} (JTpaT£6;j.aTi Ta; y.zTa ^fr^v. ßc'jXf[A£vot 8k ;j.yj -rotEiv a-pay.Tsv
TCV xpövcv, ev w 7:pcc£8p£'JO'JCt Tat; S-jpay.ojffat;, aXX" a;j.a Tt y.at twv
ey.TC; ypr,(7{|j.(i)v y,aTar/.£ua':^£sOai, 8t£tAcv et CTpaTr^vsi g^a; auTO'j; xa» tyjv
— 'JI8 —
Tfi -sXei, Tb äs TpiTsv iva^aßivia Mdpxov E^rcspEiioO«'. to-j? t« Kapyj,-
Vüv die folgenden Ereignisse sind wir lediglich auf Liviiis ange-
wiesen. Dieser erzählt. XXIV 35 die Expedition des Man^ellus gegen
ilii-jenigen Städte, weklie die Partei dei- Karthager ergriffen hatten.
Epikydes lilieli in Syrakus, Hippokrates vereinigte sicli mit Himilkon,
nBL-hdem er von Mai'celhts bei Aunllae (wahrscheinlich Biscari)
iresclilagen worden war. c. -iG : Ea pugna deficienles ab Romants
cum cohihuisset Sieulos, Marcellus Syracusas redüt ; et post paucos
dies Hitnilco adiuncto Hippocrate ad Humen Anapum, octo ferme
inde milia, castra |utsuit (das Lager der lieiden Feldherrn scheint
südlich von SorÜno gewesen zu sein), sub idem forte tempus et
naves longae iguinque et i|uinquagintu Carthaginien^ium cum Bomil-
care clas^^is praefecto in magnuni portum Syracusas ex allo decurrere,
et Romana item classis, triginia quinqueremes, legionem primam
Panormi exposuere ; versuraque ah Italia bellum, adeo ulerque populus
in Siclliam intentu«i fuit, videri polei'at. Da die Karthager die
Vereinigung der von Palenno anruckenden Legion mit den Truppen
des Appius Claudius nicht veiliindern konnten, so kehrte Bomilkar
mit seiner, der römischen jelut nicht mehr gewachsenen Flotte nach
Karthago zurück, Himilkon al>er wandle sich zu den sicilischeii
Stadien, um sie zum Ablall von den Römern zu bringen. Auch
gelang es ihm Murgantia zu nehmen, und er hätte wahrscheinlich
auch das hochwichti;fe Henna gewonnen, wenn die Homer ihm nicht
zuvorgekommen wSren und ein entsetzliches Blutbad daselbst ange-
richtet hätten, c. 39 : Hippocrates inde Murgantiam, Htraitco Agri-
l,a'nlum sese recepit, cnm acciti a proditorihus nequiquam ad Hennam
i'xercitum admovissent. Marcellus retro in Leontinus redit frumentoque
et commeatibus aliis in castia eonvectis praesidio modico ibi i-elicto
ad t^yracusas obsidendas veuil. inde Appio Claudio Romam ad con-
sulalum petendum misso T. Quinctium Crispinuni in eius locum
classl castrisque pi^elicit vüleiibus ; ipse hibernacula quinque milia
passuuni ab Hexapylo — Leoiita vocant loeuni — communiit aedili-
cavLtque. haec in Sicilia usque ad principium hiemis gesta.
Nach Livius geschah dies alles im Jahre 214. Indessen hat er
wahrscheinlich die Ereignisse dieses nnd des folgenden Jahi'es
/.usanimengefasst. S. Weissenborn, Anin. zit Lir. XXIV 39 a. E. —
— 219 —
Ueber die Stelle, wo wir Leon zu suchen haben, ist bei Gelej»'enheit
des Athenerkrieges, S. 124, gesprochen worden. Wir haben dort
gesellen, dass bei Livius wahrscheinHch ein Zahlenfehler vorHegt und
statt quinque milia passuum mit Cluver mille et quingentis passihus
zu lesen ist.
Schliesshch sei hier noch auf einen Irrthuni des Historikers oder
eines Abschreibers über das oben erwähnte Zusammentreffen des
Appius Claudius und der römischen Legion aufmerksam gemacht.
Es heisst Liv. XXIV 36 : legio maritimis locis classe prosequente ad
Appium Glaudium Pachynum cum parte copiarum obviam progressum
pervenit. Die römische Flotte, welche von Palermo nach Syrakus
marschierte, konnte nicht den Weg längs der West- und Südkäste
wählen, da Agrigent in den Händen der Karthager war. Sie musste
den nalurgemässen Weg an der Nordköste ziehen. Livius hätte
Pelorum an Stelle von Pachynum nennen müssen.
§ 4. Einnahme von EpipolaL
Im Jahre 212 entschied sich das Loos von Syrakus. Marcellus
sah ein, dass die blosse Belagerung ihn nicht zum Ziele führe : nee
vi capi videbat posse inexpugnabilem terrestri ac maritimo situ urbem
nee fame, ut quam prope liberi a Garthagine commeatus alerent.
Liv. XXY 23. Deshalb versuchte er es mit Verrath. Aber Epikydes
erhält eine Anzeige, und die Verschwörer werden unter Foltern hin-
gerichtet. Bald bietet sich eine andere Gelegenheit. Ein gewisser
Damippos aus Lakedaimon war von den Syrakusern zum König
Philipp von Makedonien gesandt, aber unterwegs von den Römern
aufgegriffen worden. Epikydes wünschte ihn loszukaufen, und Mar-
cellus war dem nicht entgegen, da die Lakedaimonier Verbündete
der Aitoler waren, um deren Freundschaft es den Römern zu thun
war. Ad colloquium de redemptione eins missis medius maxime
atcjue utrisque opportunus locus ad portum Trogilorum proptei* turrim,
quam vocant Galeagram, est visus. quo cum saepius commearent,
unus ex Romanis ex propinquo murum contemplans, numerando
lapides aestimandoque ipse secum, (|uid in tronte paterent singuli,
allitudinem muri, quantum proxime coniectura poterat, permensus^,
l Vgl. hiermit und mit dem Nächstfolgenden einige dürftige Fragmente Polyb.
VIII 37. und Polyaen VIII 11. L.
hurnilioremque aliquanto pristiiia opinicme sua et celeroruin oniniuin
ratus esse et vel mediocribus scalis superabilein, ad Marcellum rem
defert. c. 23.
Hier frag't es sich zunächst, wo der Tliurni Galea^ra gestanden
hahe. Gewöhnlich glaubt man, dass er einer der Rinjrmauerthfirme
von Syrakus gewesen sei und derselbe, von welchem Plutarch Marc. 18
spricht : xpcvo) Bs zpsVcvTf Ai;j/.z'::iv Ttva -T:apT'aTY;v iy. ^^-jpaxcjswv
A3tß(j)v ixzXss/TÄ atjf'xaXwTOv, aiiojvTtov It:: X'jTpoi? twv -upay.ojstwv
y.o;x'!saorOa'. tcv avSpa, 7:oXAay,'.c OTTsp tsutou c'aA£Ycy.£Vo? y.xl cjv':».Os;x£voc
'i:6p7cv T'.va xaTsay-S'^aTc c'j7vaTTs;/cV5v jj/sv a;x£A(üc, avSpa; Bk $'jvi|XEvov
SeSa^at y.p'j^a, ts^ T£''xo->; iw^iaTcu -^ap' auTcv cvtsc. co^ c3v ts ts •j'I^s^
iy. Tcl> xoAAay.'.; zpoaisvai y.al 2taA£Y£^öat -rpc; tcv •rupvov sty.itTOr^ y.aXto-
y.at y./i([jLay,£; ::ap£7y.£ja50rj7av, £opTY;v 'ApTi[J.'.ot to'j; lupaxs'jaiOJc avovTa;
y.a' TTpbc ctvov (op;xr/^XiVOJ; y.ai za'.o'.av zapac^uAacac IXaÖEv cu jxcvsv tsv
irupYOv v.7.':%ayb)^ aX/.i y.xl y.jy.7a») tc T£T/or 7:ap£;j.'::AYjGac ctzXwv "irplv
Yjjjipav 7£via6a' y.al -rit 'Eci'CjXa o'.axs^ac. Dass der Thurm der Ring-
mauer, wo die Stadt genommen wurde, der mit dem Namen Galeagra
war, sagt ausdrücklich Dio Cassius bei Zonaras 9, 5 : r,'/ v. TOi?
2jpay,ou3'!c'.; tou tei/ouc £7:{;j.a)rcv, c TaAEa^pav covö^a'^cv, c zpiv |A£v
£Äav6av£ ts'.outov sv, tote C£ sstopaOr^. TV<pif;cac o3v tojc !i'jpay.o'J7i5J?
Travvü/ßa 'ApT£;-»/.$t avo^/rac TravSr^iAE; £y.iA£'jS£ CTpaT'.WTair r.ci y.a*:'
izcivo TO yjbipiov O^icpßfiva'. Tb T£?yc;. Al)er wenn Dio Cassius den Thurm
zu einem }3estandtheile der Mauer macht, so ist Livius offenliar
anderer Ansicht. Er sagt, dass der Ort, wo Römer und Syrakuser
über den Loskauf der Damippos verhandelten, in der Mitte zwischen
den beiden kriegführenden Parteien gelegen habe, d. h. also zwischen
Leon und Syrakus, und er fugt hinzu, dass dieser beiden bequeme
Ort in der Nähe des Thurmes Galeagra gewesen sei. Daraus folgt,
dass derselbe Thurm Galeagra in einiger Entfernung von der Mauer
stand. Das ist schon die Ansicht, welche Bonanni in einem be.<on-
deren Kapitel S. 161 ff. der Pal. Ausg. gegen Mirabella vertritt.
Bei der Ausführlichkeit, mit welcher Livius den Vorgang erzählt,
verdient er mehr Glauben als Dio Cassius. Bonanni meint, dass dei-
Thurm den Unterhändlern als Unterkunft gedient habe ; vielleicht
mit Recht. Wir setzen also den Thurm im freien Felde an. FaXsaYpa
ist eigentlich eine Falle für Wiesel oder Marder; in der Bedeutung
(( Gefängniss » steht es auch Plut. Phoc. 33 u. a.
Livius fährt nun a. a. 0. fort: Haud spernenda visa (sc. Marcello).
— 2!21 —
seJ cum adiri locus, quia ob id ipsum intentius custodieJ)atur, noii
posset, occasio quaerebatur ; quam obtulit transfuga nuntians diem fes-
tum Dianae per triduum agi et, quia alia in obsidione desinl, viiio largius
epulas celebrari et ab Epicyde praebito nniversae plebei et per tribus
a principibus diviso. Bezüglich der Beobachtung, welche jener Römer
an der syrakusischen Mauer machte, könnten die Worte des Livius
zu einem Irrlhum verleiten. Man könnte meinen, dass die Römer
nie Gelegenheit gehabt hätten an die Landmauer von Syrakus heran-
zukommen und deshalb über die Höhe und Zahl der einzelnen
Quaderschichten bisher völlig in Unkenntniss geblieben wären ; dass
also das Verdienst jenes Römers darin bestanden hätte, die Höhe dei*
Einzelschichlen richtig taxiert und so durch eine Multiphkation die
Gesamthöhe der Mauer gefunden zu haben. Das ist aber unzulässig.
Sie hatten die Mauer schon zu Land wie zu Wasser angegriffen und
kannten somit ihre Konstruktion und die Höhe der Schichten. Es
handelte sich um etwas andres, was Livius nicht klar auseinander
gesetzt hat. Das Terrain, auf dem die Mauer basierte, war ungleich,
bald höher, bald niedriger. Die Mauer folgte nicht jeder kleinen
Niveaudifferenz so, dass sie sich fortwährend mit dem Terrain hob und
senkte; sie folgte in der Weise nur den bedeutenderen Abweichungen
von der Horizontale und es blieb ihr oberer Rand in gerader Linie,
wenn auch der Boden sich z. B. an einer Stelle einen Meter senkte,
um nach zwanzig Schritten wieder zwei Meter zu steigen. Daraus
folgt, dass an gewissen Stellen, wo sich plötzlich das Terrain etwas
hob, die Mauer weniger hoch war als eine Strecke rechts oder links
davon. Eine solche Stelle entdeckte der Römer. Es kam also weniger
darauf an, dass er die Hohe der einzelnen Quaderschichten abschätzte,
als dass er die Gesamthöhe der Mauer gerade an diesem Punkt aus-
rechnete. Und das Resultat seiner Berechnung theilte er dem Mar-
cellus mit. Anstatt «ex propinquo murum contemplans » hätte Livius
vielleicht sagen können: «propinquum murum contemplans», d. h.
er beobachtete nicht die Mauer im allgemeinen, sondern einen beson-
deren Theil derselben. Dass es sich nur um diesen handelt, beweisen
auch die zuletzt citierten Worte : « locus, quia ob id ipsum inten-
tius custodiebatur.»
Den Verlauf der Einnahme von Syrakus geben wir nun im
folgenden dem Charakter dieses Buches entsprechend mit des Livius
eignen Worten, soweit sie wesentliche topographische Mittheilungen
— 222 —
enthalten, um dann den Text des Schriftstellers einer zusammen-
hängenden Besprechung zu unterziehen.
XXV 23 heisst es im Anschluss an die letztcitierte Stelle : Id
ubi accepit Marcellus, cum paucis tribunorum milifum conlocutus
electisque per eos ad rem lantam agendam audendamque idoneis
centurionibus militibusque et scalis in occulto comparatis ceteris
Signum dari iubet, ut mature corpora curarent quietique darent :
nocte in expeditionem eundum esse, inde ubi id temporis visum, quo
de die epulatis iam vini satias principiumque somni esset, signi unius
milites ferre scalas iussit ; et ad mille ferme armati tenui agmine
per Silentium eo deducti. ubi sine strepitu ac tumultu primi evase-
runt in murum, socuti ordine alii, cum priorum audacia dubiis etiam
animum faceret. 24, Iam mille armatorum muri ceperant parlem,
cum ceterae admolae sunt copiae, pluribusque scalis in murum eva-
debant signo ab Hexapylo dato, quo per ingentem solitudinem erat
perventum, quia magna pars in turribus epulati aul sopiti vino erant
aüt semigraves potabant. paucos tamen eorum improviso oppressos
in cubilibus interfecerunt. prope Hexapylon est portula; ea magna
vi refringi coepta et e muro ex composito tuba datum signum erat,
et iam undique non furtim sed vi aperta gerebatur res. quippe ad
Epipolas, frequentem custodiis locum, perventum erat, terrendique
magis hostes erant, quam fallend i, sicut territi sunt, nam simulac
tubarum est auditus cantus clamorque tenentium muros partemque
urbis, omnia teneri custodes rati alii per murum fugere, alii salire
de muro praecipitarique turba paventium. magna pars tamen ignara
tanti mali erat et gravatis omnibus vino somnoque et in vastae
magnitudinis urbe partium sensu non satis pertinente in omnia. sub
luce Hexapylo effracto Marcellus omnibus copiis urbem ingressus
excitavit convertitque omnes ad arma capienda opemque, si quam
possent, iam captae prope urbi ferendam. Epicydes ab Insula, quam
ipsi Nason vocant, citato profectus agmine, haud dubius, quin paucos
per neglegentiam custodum transgressos murum expulsurus foret,
occurrentibus pavidis, tumultum augere eos dictitans et maiora ac
terribiliora vero adferre, postquam conspexit omnia circa Epipolas
armis completa, lacessito tanlum hoste paucis missilibus retro in
Achradinam agmen convertit, non tarn vim multitudinemque hostium
metuens, quam ne qua intestina fraus per occasionem oreretur,
clausasque inter tumultum Achradinae atque Insulae inveniret portas.
— 223 —
Marcellus ul moenia ingressus ex superioribus locis urbem omnium
ferme illa teinpestale pulcherrimam subiectam oculis vidit, inlacri-
masse dicitur partim gaudio tantae perpetratae rei, partim vetusta
gloria urbis. Atheniensium classes demersae et duo ingentes exer-
citus cum duobus clarissimis ducibus deleti occurrebant et tot bella
cum Garthaginiensibus tanto cum discrimine gesta, tot tarn opulenti
tyranni regesque, praeter ceteros Hiero cum recentissimae memoriae
rex, tum ante omnia, quae virtus ei fortunaque sua dederat, bene-
ficiis in populum Romanum insignis. ea cum uni versa occurrerent
animo subiretque cogitatio iam illa momento horae arsura omnia et
ad cineres reditura, priusquam signa Achradinam admoveret, prae-
mittit Syracusanos, qui intra praesidia Romana, ut ante dictum est,
fuerant, ut adloquio leni inpellerent hostis ad dedendam urbem.
25. Tenebant Achrad inae portas murosque maxume transfugae,
quibus nulla erat per condiciones veniae spes : ei nee adire mm^os
nee adloqui quemquam passi. itaque Marcellus postquam inceptum
inritum fuit, ad Euryalum signa referri iussit. tumulus est in extrema
parte urbis versus a mari viaeque imminens ferenti in agros medi-
terraneaque insulae, percommode situs ad commeatus excipiendos.
praeerat huic arci Philodemus Argivus ab Epicyde impositus ; ad
quem missus a Marcello Sosis, unus ex interfectoribus tyranni, cum
longo sermone habito dilatus per frustationem esset, rettulit Marcello
tempus eum ad deliberandum sumpsisse. cum is diem de die difFerret,
dum Hippocrates atque Himiico admoverent castra legionesque, haud
dubius, si in arcem accepisset eos, deleri Romanum exercitum inclu-
sum muris posse, Marcellus, ut Euryalum neque tradi neque capi
vidit posse, inter Neapolim et Tycham — nomina ea partium urbis
et instar urbium sunt — posuit castra timens, ne, si frequentia
intrasset loca, contineri ab discursu miles avidus praedae non posset.
legati eo ab Tycha et Neapoli cum infulis et velamentis venerunt
precantes, ut a caedibus et ab incendiis parceretur. de quorum pre-
cibus quam postulatis magis consilio habito Marcellus ex omniiim
sententia edixit militibus, ne quis Hberum corpus violaiet: cetera
praedae futura. castraque tectis parietum pro muro saepta. portis
regione platearum patentibus stationes piaesidiaque disposuit, ne quis
in discursu militum impetus in castra fieri posset. inde signo dato
milites discurrerunt ; refractisque foribus cum omnia terrore ac tumultu
streperent, a caedibus tamen temperatum est. rapinis nuUus ante
— -224 —
modus fuit, quam omnJa iliulunia feiidlale ctnnulala bona e^esserunt.
inter haec et Philodemus cum spes auxili nulla esset, lide accepta,
iil. inviolatiis ad Epicyiiem i-eiliret, dedueto piaesidio tradidit tumulum
Romanis, aversis omnibiis ad tumultum ex parte captae urbis Bomilcai-
noctetn e»m riactus, qua propter vim tetnpestatis stai'e ad ancoram
in sab Hotnana dassis non posset, cum trigtnta quintjue navibu» ex
poilu Syracusano profecfus libero mari vela iti altiini dedit quinque
et quinqua^'inta navibus Epicydaü et Syracusuniä reüctis; edocti^que
Gat'tha^'iniensibiis, in quanto res Syracusana dtKcrimine esset, cum
centum navibus post paucos dies redit muJtis, ul fama est, donis ex
Hiei'oiiis gaza ab Epii^yde donatus.
% ö. Fortgang der Belagerung.
2b Maicellus Luryalo letepto piaesidioqui i Hilo um mia
ti it liber iie qua ali ter)^ ti^ hostium in di-ceni -\ccepta intluso«
inpeditosque moembus auib tuibaiet \chradmam inde trinii caslns
ppi idonea di-posili-i joca tpe ad inopiam ommum lerum mclusos
lehctuiiim tncumsedit tum pti iliquot dies quielae Stationen
utimque fuiisent, lepente idventus Hippoc(ati>, et Hirailconia, ut ultro
undique oppugnaientui Romani, fecil nam et Hippocrates tasfria ad
mi^num ^loilum ommunitis M^noque us dato, qui Vi hradinam
lenebanl, cabtia veteia Romanoium adoilu^ est, quibu'. Ciispmus
pi leeiat et Fpicydes eiuptioneni in stationes M<irce]li ffcit, et üassis
PuiLiia litou, quod mtei mbem et castia Romana erat, ddpul&a e-t,
n( quid praesidn Cii<'pmo <iu))mitti i Marcel lo po<-«el tumultum tarnen
II uoiem bestes praebueiunt quam ceitameii nam et Cri=pmus Hip
p>cnlen non leppulit tinlum niunimentis sert in'-ecutu'- etum est
'iipide fu^ientem, et Epicyden Maicellu« in uibem compulit sali'sque
um etiam in posterum tidebatur pioMSuni, ne quid ab lepentmis
tiiuni excinsiombu» peiicuii foiet ii-cessit et ab pestilentia comnyu
Hiilum, quod ficilc utroiumque animos tveiteret a keih i
mm tempoie aulumni el iotis natura gravibus, multo tamtn matfis
evtl) uibem quam in urbe, intoleitnda vis aestus pei utiaquL caslia
)mnium leime (.oipora moiit inulto tarnen \ia maior pestis
Poenorum castra quam Romana — diu circumsedendo Syracusas caelo
aqutsque adsuerant ma^ris — adfeeerat. ex hostium exercitu Siculi,
ut primum videre ex gravitale loci volgari moi'iios, in suas quisque
— 225 —
propiiiquas urbes dilapsi sunt; et Carthaginienses, quibus nusquam
receptus erf^t, cum ipsis ducibus Hippocrate atque Himilcone ad
internecionem omnes perierunt. Marcellus, ut tanta vis ingruebat mali,
traduxerat in urbem suos infirmaque corpora tecta et umbrae recre-
averant. multi tarnen ex Romano exercita eadem peste absumpti
sunt. 27. Deleto terrestri Punico exercitu Siculi, qui Hippocratis milites
fuerant * haud magna oppida, ceterum et situ et munimentis tuta,
tria milia alterum a Syracusis, alterum quindecim abest. eo et com-
meatus e civitatibus suis comportabant et auxilia accersebant. Da
nähert sich Bomilkar mit einer gewaltigen Flotte, und Marcellus
geht ihm mit der römischen Flotte nach dem Vorgebirge Pachynum
entgegen. Aber der Karthager weicht einer Seeschlacht aus und
fährt plötzlich aus den sicilischen Gewässern nach Tarent ; der unge-
heure Proviant, welchen er auf 700 Schiffen nach Sicilien übergesetzt
hatte, kam nicht nach Syrakus. Epikydes, welcher die Hut Achra-
dinas seinen Söldnerführern anvertraut hatte und Bomilkar entgegen-
gefahren war, begab sich um seine Hoffnung betrogen nach Agrigent.
28. Quae ubi in castra Siculorum sunt nuntiata, Epicyden Syracusis
excessisse, a Garthaginiensibus relictam insulam et prope iterum tra-
ditam Romanis, legatos de condicionibus dedendae urbis explorata
prius per conloquia voluntate eorum, qui obsidebantur, ad Marcellum
mittunt. cum haud ferme discreparet, quin, quae ubique regum
fuissent, Romanorum essent, Siculis cetera cum libertateac legibus suis
servarentur, evocatis ad conloquium iis, quibus ab Epicyde creditae
res erant, missos se simul ad Marcellum simul ad eos ab exercitu
Siculorum aiunt, ut una omnium, qui obsiderentur quique extra
obsidionem fuissent, fortuna esset, neve alteri proprie sibi pacisce-
rentur quicquam. recepti deinde ab iis, ut necessarios hospitesque
adloquerentur, expositis, quae pacta iam cum Marcello haberent, oblata
spe salutis perpulere eos, ut secum praefectos Epicydis Polyclitum et
Philistionem et Epicyden, cui Sindon cognomen erat, adgrederentur.
§ 6. Einnahme yon Achradina und Ortygia.
Die drei Söldnerführer wurden getödtet und die syrakusische
Bürgerschaft in einer Volksversammlung überredet, sich den Römern
zu übergeben, c. 29. Neue Praetoren wurden erwählt und einige der-
Lupus, Die Stadt Syrakus. 15
— '226 —
selben an Murcellus geschickt, um mit ihm zu unterhandeln. Aber
unterdessen erregten die römischen Ueberläufer aus Furcht vor Aus-
lieferunji (ünen Aufstand unter den Söldnern, welche Syi-akus mit
Mord und PlüniliiruDg heimsuchten. Auch die in der Stadt gebliebenen
PriL'toren wurden gelödlet. Tum, nc sine ducibus essent, sex prae-
feclos creavere, ut lerni Achradinae ac Naso praeessenl. sedatptandem
tumultu exsequentibus sciscitando, quae acta cum Komanis essenl,
dilucere id quod erat coepit, aliam suam ac perfugarum causam esse.
30, ]n tempore l^^ati a Marcello redierunt falsa eos suspidone irtci-
latüs memorantes, oec causam expetendae poenae corum ullani
Komanis esse, erat e tribus Achradinae praefeclis Hispanus, Moericus
nomine, ad eum inter comites legatomm de industria unus ex Hispa-
norum auxiliarilms est missus, qui sine arbitris Muericum nancius
primum, quo in statu reliquissct Hispaniam — et nuper inde venera!
— exponit : omnia itomanis ihi obtineri armis. posse eum, si oi>erue
prelhim t'aciat, principem popularium esse, seu militare cum Romanis
seu in palriam i-everti luheal. contra si malle ohsideri pergat, quam
spem esse terra marique ctausu? motus his Moericus, cum legatos
ad Marcelluui mitti placuisset, fralrem inter eos mittit, qui per
eundeni illum Hispanum secretus ab aliis ad Marcellum deduclus,
cum fidem accepisset composuisselque a^ndae ordinem rei, Aclu'a-
dinam redil, tum Moericus, ut ab suspicione proditionis averteret
ornnium animos, negat sihi placere tegatos commeare ullro citroque,
neque recipiendum quemquam neque mittendum, et quo intenlius
cuslodiae serventur, opportuna dividenda praefeclis es.se, nt suae
quisque partis tutandae reus sit. omnes adsensi siml. partibus divi-
dendis ipsi rej^äo evenit ab Aretbusa fönte usque ad ostium magiii
portus. id ut scirenl Romani, fecit. iiaque Marcelhis nocte navem
onerariam cum armatis remulco quadriremis Irahi ad Achradinam
iussit exponique milites regione portae, quae prope fontem Arethu-
sam est. Iioe cum quarla vigilia factum esset, expositosque mililes
porta, ut con venerat, recepisset Moericus, hice prima Marcel lus
Omnibus i^opiis moenia Achradinae adgredilur ita, ut non eos solum,
qui Achradinam tenebani, in se eonverleret, sed ab Naso eliam
agmina armatorum concurrei-ent relictis stationibus suis ad vim et
inipetuni Romanorum arcendum. in hoe tumultu actuariae naves
inati'uctae iam ante cireumvectaeque ad Nasum armatos ejiponunl.
qui improviso adorti seniiplenas stationes et adapertas Tores portae.
— 227 —
qua pauIo ante excurrerant armati, haud magno certamine Nasuin
cepere deserlam trepidatione et fuga custodum. neque in ullis minus
praesidii ant pertinaciae ad manendum quam in iransfugis fuit, quia
ne suis quidem satis credentes e medio certamine effugerunt. Mar-
cellus, ut captam esse Nasum comperit, et Achradinae regionem unam
teneri Moericumque cum praesidio suis aduinctum, receptui cecinit,
ne regiae opes, quarum fama maior quam res erat, diriperentur.
31. Suppresso impetu militum ut iis, qui in Achradina erant, trans-
fugis spatium locusque fugae datus est, Syracusani tandem liberi
metu portis Achradinae apertis oratores ad Marcellum mittunt nihil
petentis aliud quam incolumitatem sibi liberisque suis. Marcellus
gibt eine ausweichende Antwort. Inde quaestor cum praesidio
Nasum ad accipiendam pecuniam regiam custodiendamque missus.
Achradina diripienda militi data est custodibus divisis per domos
eorum, qui intra praesidia Romana fuerant. Nachdem darauf der
Tod des Archimedes in kurzen Worten berichtet ist, schliesst Livius :
Hoc maxume modo Syracusae cäptae, in quibus praedae tantum
fuit quantum vix capta Carthagine tum fuisset, cum qua viribus
aequis certabatur.
§ 7. Betrachtungen über den Bericht des Livius.
Dieser Bericht über den Fall von Syrakus bedarf eines Kommen-
tars. Derselbe wird jedoch nicht alle Punkte völlig ausreichend erklären
können. Es lässt sich durchaus nicht behaupten, dass die Schuld
davon ausschliesslich der Autor trage, dass nämlich, was wir in den
Handschriften lesen, auch aus der Feder des Livius geflossen sei.
Der handschriftliche Text ist arg verdorben ; er lässt manchmal kaum
eine grammatische Erklärung zu und es bedarf der Konjekturen, um
ihn einfach verständlich zu machen. Aber auch mit diesen bleiben,
so viele Schwierigkeiten, so viele Dunkelheiten, dass wir nicht ent-
scheiden können, ob die handgreiflichen topographischen Irrthümer,
welche uns entgegentreten, dem Schriftsteller oder den Abschreibern
zur Last fallen.
Den besten topographischen Kommentar der livianischen Erzäh-
lung verdanken wir Schubring (Achrad. S. 51 fl*.); aber bei den
grossen Schwierigkeiten des Textes müssen wir auch von ihm in
einigen Punkten abweichen.
— Ü2S —
Die nOmer lifitlML Syrakus nicht einnehmen können, wenn die
Veillieitligei' fler Stadf wachsamer gewesen wären. Jene erstiegen
die nördliche Mauer. Wo dies geschah, lässt sich nicht feststellen.
Wahrscheinlich östlich vorn Hexapylon; denn Livius sagt XXV 24 :
siirni» ah Hexapylo dato, quo per ingentem solitudinem erat per-
veotuin . . . prope Hexapylon est portula; en magna vi refringi coepfa
. . . qiiippe ad Epipolas, frequenlem custodiis locum, perventum
i'j'at. Man sieht, die Angreifer sind von Ost nach West vorgerückt;
sie hätten demnach zuerst östlich vom Hexapylon die Mauer erklommen,
wohl die von Tycha, wo sie jedoch nicht hei'absliegen, sondern stets
olien der Mauer entlang gingen, und, wie natürlich, sich zunächst
Ji&^F^r selbst und ihrer Thore zu hemachfigen suchten. Das Hexapylon
war das Hauptthor an der Norilseile und stand zweifelsohne an der
Stelle der heutigen Scala gveca, wo die Strasse nach' Catania zum
Kii^lensaum hinabsteigt.
Bei der Erzählung von der Einnahme Epipolais während des
üiunafestes erwähnt Livius niil keinem Worte die Betheiligung jenes
Sosis, dem er XXVI 21 eine Hauptrolle hei dem Handstreich
zuschreiirt : Sosis Syracnsanus et Moeiicus Hispanus, quorum altero
duce nocturao Syrauusas introitum erat. Der von Sosis den Römern
geleislete Dienst muss sehr gross gewesen sein ; denn er erhielt dafOr
eine glänzende Belohnung : das römische Bürgerrecht, 500 Morien
syrakusi sehen Ackers, aqui aut regis aut hostium populi Bomani
fuisselu, und ein Haus in Syrakus, «cuius vellet eorum, in quos
belli iure animadversum esset.» Dieser von den Römern so reich
belohnte Sosis scheint nicht mit dem XXV 25 erwähnten, welchen
Marcetlus an Philoderaos schickt, identisch zu sein. Denn der letztere,
n unus ex interfettoribus tyrannis gehört zu den «principes iuven-
lulisn XXVI 30, Wögegen ersterer ebenda «faber aerarius» genannt
wird. So Weisaenborn zu XXVI 21. Aber ist es nicht sehr auffal-
lend, dass ein Sosis die Römer beim Ersteigen unterstützt habe,
ein andrer Sosis dann zu Philodemos geschickt worden sei; könnte
nicht die Bezeichnung des Sosis als « faber » nur den Zweck der
Herabsetzung haben, ohne gerade wörtlich genommen wei'den zu
müssen? OITenbar folgt Livius im 2ti. Buch einer andern Version
über die Einnahme von Syrakus als im 25. ; hier war es der Scharf-
sinn des Römers, welcher durch seine Beoljachtung der Mauer den
Fall der Sladt herbeiführte; dort war es ein Verrath — und letztere
— 2t29 —
Wendung mag die richtige sein ; gewiss haben die Römer nicht
umsonst den Sosis so glänzend belohnt.
Aus Liv. XXV 25 ersieht man deutlich die grosse Bedeutung des
Euryalos, welcher erst «tumulus», dann «arx» genannt wird. Es kann
kein Zweifel darüber sein, dass er das noch heute sichtbare Kastell
ist. Seine Wichtigkeit beweist schon der Umstand, dass Philodemos
in dasselbe die Truppen des Hippokrates und Himilkon, wenn auch
nur theilweise, aufnehmen wollte. Jedenfalls spricht dies für eine
ziemliche Ausdehnung der Festung.
Marcellus besetzte nicht sofort die bewohnten Stadttheile, sondern
schlug sein Lager zwischen Neapolis und Tycha auf. Diese hatten,
wie aus dem Zusammenhang der Erzählung hervorgeht, keine beson-
deren Mauern. Die Worte c. 25: inter Neapolim et Tycham —
nomina ea partium urbis et instar urbium sunt — posuit castra
timens, ne, si frequentia intrasset loca, contineri ab discursu miles
avidus praedae non posset, sind ein deutlicher Beweis dafür. Die
«frequentia loca», welche Marcellus ohne weiters besetzen könnte,
müssen Neapolis und Tycha sein. Das folgende: «castraque tectis
parietum pro muro saepta » hat keinen Sinn, wie Weissenborn i richtijir
bemerkt. Livius meint, das Lager sei auf beiden Seiten durch die
Wände der Häuser gedeckt gewesen. Jedenfalls ist klar, dass er hat
sagen wollen, das Lager habe weder Wall noch Graben gehabt. Die
Einwohner der beiden Stadttheile unterwarfen sich; ihre Habe wurde
geplündert. Wenn die Thore des römischen Lagers gegenüber den
Strassen von Tycha und Neapolis mundeten, so beweist das wiederum,
dass zwischen diesen beiden Quartieren keine Mauern bestanden, wie
auch nicht zwischen ihnen und Epipolai ; die einzige Binnen mauer
war die von Achradina.
Nach Kap. 26 errichtete Marcellus drei Lager gegen Achradina.
Sie erstreckten sich offenbar, wie auch Schubring, Ackrad, S. 51
bemerkt, in nordsüdlicher Linie längs der einzig angreifbaren West-
seite von Achrad ina.
Die Namen der beiden Städte, in welchen nach Kap. 27 drei und
fünfzehn Miglien (4440 und 22200 m) weit von Syrakus die Sikuler
1 Den von ihm in der Anmerkung z. St. angeführten Konjekturen für das
sinnlose tectis ist noch die Roehls, Jahns Jahrb. Bd. CXI S. 80, hinzuzufügen.
Dieser meint, dass tectis aus dem ursprünglichen testis verderbt sei. L.
— '230 —
vom Heere des Hippokrates sich verschanzten, sind uns nicht bekannt.
Wo in einem Abstand von 4440 m eine Stadt in syrakusischem
Gebiet gestanden haben könne, ist gar nicht festzustellen. Es ma^
auf irgend einer Erhflhunff des wellenförmigen Terrains ein Flecken
gewesen sein.
Die sechs Prieteklen, welche nach Kap. 2Ü zur Hälfte für Achra-
dina, zur Hälfte fp'ir Ortygia gewählt wui'den, beschlossen auf den Vor-
schlag des Moericus, dass jeder von Ihnen die Hut eines bestimmten
Tlieiles der Ringmauer mit aus-schliesslicher Veranlwortung übernehmen
solle. So wurde der Verralh des Moericus ermöglicht. Bezüglich
dessen sagt nun Livius c. 30 : partibus dividendis ipsi regio evenit
ab Arethusa fönte usque ad ostium magnl portus. Wenn die Angabe
genau ist, so hat iMoericus von dem Gesamtumkreis von Achradina
und Ortygia statt etwa den sechsten Tlieil einen verschwindend
kleinen Abschnitt erhalten. Denn die genannte Strecke von der
Aretimaa bis zur Einfahrt in den grossen Hafen ist etwa 700 m lang,
was bei ungefähr -19 km Ringmauerlänge der beiden Stadttheile der
27ste Theii des Gesaratumfangs wäre. Es ist nicht einzusehen,
warum Moericus nicht eine längei« Linie übertragen woi^den ist; wahr-
scheinlich Hegt hier ein Irrthum vor.
Nunmehr beginnt der Verralh. In den Worten : a Marcellus nocie
navem onerariam cum armalis remulco quadriremis trahi ad Achra-
dinam iussit exponique milites regione portae, quae prope fontem
Ärethusam est. » ist die Arethusa nach Achradina versetzt : ein unge-
heuerliches Versehen. Um Livius selbst von dem Makel einer solchen
Ignoranz in der syrakusischen Topographie zu befreien, schiebt
Schubring, Achrad. S. M, die Worte «Nasum circum» ein und
liest «trahi ad Nasum circum Achradinam iussit», da es gleich
nachher ähnlich heisse : «in hoc tumullu actuariae naves instructae
iani ante c i r c u m vectaeque ad Nasum armalos exponunl. »
Weissenborn möchte statt «ad Achradinam» lesen; «ad Insutam»
oder «iuxta (praeter) Achradinam a, indem er, wie Schubring, vor-
aussetzt, dass Livius recht wohl gewusst habe, wo der Platz der
Quelle Arethusa gewesen sei. Diese letzte Frage ist schwer zu ent-
scheiden. Wenn man bedenkt, dass kurz vorher Moericus als einer
der drei Hauptleute in Achradina bezeichnet wird : « erat e tribus
.\chradinae praefectis», so kann man glauben, dass Livius wirklich
die Arethusa in Achradina angesetzt habe. Dann würde sich auch
— 231 —
erklären, dass er jenem das Kommando von der Arelhusa bis zur
Mündung des grossen Hafens habe zuweisen können; die gesamte
Westseite der Insel konnte recht gut einem der Hauplleute zufallen,
wenn es deren für Achradina und Ortygia zusammen genommen
sechs waren. Jedenfalls enthält der Text des Livius, so wie er uns
vorliegt, irgend eine Verkehrtheit.
Es folgt jetzt in demselben Kap. 30 der Angriff des Marcellus
auf Achradina. Die Besatzung von Ortygia eilt aus der Insel herbei,
um üreaen die Römer die Westmauer Achradinas zu vertheidijjen.
O^Ö
Diesen Umstand benutzt Marcellus, um römische Soldaten «ad Nasum»
auszuschiffen, welche die halbverlassenen Posten und das offene Thor,
durch welches kurz zuvor die Besatzung ausgerückt war, über-
rumpeln und sich so in den Besitz der Insel setzen. Welches war
nun das Thor, «qua paulo ante excurrerant armati », und wo lag es?
Nach Weissenborn war es das Pentapylon, d. h. das Verbindungs-
thor zwischen Ortygia und Achradina — welches wahrscheinlich von
Timoleon niedergerissen und von Agathokles wieder aufgebaut worden
war; Schubring hält es, wenn auch nicht für das Pentapylon, so
doc|i für dasjenige Thor der Insel, durch welches die Soldaten den
Vertheidigern von Achradina zu Hülfe geeilt waren. Aber wie konnte
in diesem Falle Livius sagen: «improviso adorti semiplenas stationes
et adapertas fores portae . . . Nasum cepere»? Die Worte bedeuten
doch, dass durch den Angriff auf die Posten und das Thor Ortygia
den Römern in die Hände fiel. Das offen gelassene Thor führte aus
Ortvgia nach Achradina. Wenn also die Römer diesen Umstand
benutzten, um in Ortygia einzudringen, so müssen sie vorher in
Achradina gewesen sein; das widerspricht aber dem thatsächlichen
Verlauf der Eroberung, da die Römer zuerst die Insel eingenommen
haben. Dasjenige, was Livius sagt, kann nur jemand sagen, der
keine klare Vorstellung von der Oertlichkeit hat. Wohl möglich, dass
die Römer ein offen gelassenes Thor fanden und so in die Stadt
eindrangen. Aber die besondern Umstände, welche Livius mit dieser
Thatsache verknüpft, zeigen, dass seine Worte siimlos sind.
Ein paar Zeilen weiter sagt Livius, dass Marcellus nicht nur von
der Einnahme der Insel Kunde erhält, sondern auch davon, dass ein
Quartier von Achradina, offenbar das der Insel zunächstliegende, in
Besitz seiner Truppen sei : «Achradinae regionem unam teneri». Aber
wann ist dies geschehen ? Was hat Livius davon berichtet ? Er hat
— 23^2 —
nur erzählt, dass, als die Römer Achradina angriffen, alle Verthei-
diger von Syrakus, auch aus Ortygia, sich dahin wandten, aber er
hat nichts davon gesagt, dass die Römer einen Theil von Achradina
genommen haben. Es hiess nur «Nasum cepere desertam». Nach
XXIV 23 : murique ea pars, quae ab cetera urbe nimis (irmo
munimento intersaepiebat Insulam, consencu omnium deiecta est,
hatten die Syrakuser im J. 214 nach der Ermordung des Tyrannen
die Mauer, welche Ortygia von Achradina abtrennte und zu einer
Sonderfestung machte, niedergerissen. Livius hat nicht erzählt, dass
diese Mauer wieder aufgebaut worden sei. Wenn sie es nicht war,
konnten die Römer, nachdem sie Herren von Ortygia geworden
waren, mit der grössten Leichtigkeit nach Achradina vordringen ; und
selbst wenn sie wieder aufgebaut war, konnten sie es nicht minder ;
denn die Festungswerke zwischen Insel und Achradina gehörten
selbstverständlich, wie zu den Zeiten der Dionyse, zu ersterer. Die
«regio una Achradinae» wird die Niederung der Insel gegenüber
mit dem Markte und den Staatsgebäuden sein.
Wir haben oben gesehen, dass das Thor, « qua paulo ante excur-
rerant armati», durch welches die Römer in die Insel eingedrungen
sein sollen, ein Verbindungsthor zwischen der Insel und Achradina
gewesen sein muss, dass die «armati» ohne Zweifel dieselben sind,
von denen kurz vorher die Rede war : « sed ab Naso etiam agmina
armatorum concurrerunt». Wir haben ferner gesehen, dass in diesem
Fall die Römer nur durch das von den Syrakusern vertheidigte und
zunächst noch behauptete Achradina hindurch zu dem betreffenden
Thor und dann in die Insel hätten gelangen können: eine Unmög-
lichkeit. Jedoch Hesse sich noch ein Fall denken, in welchem es
möglich wäre, das Eindringen der Römer durch jenes Thor zu
erklären. Vielleicht führte es nicht nach Achradina selbst hinein,
sondern auf den freien Raum vor den Mauern, und die Vertheidiger
von Ortygia eilten durch dasselbe hinaus nicht gerade zu dem Zweck,
sich mit den Vertheidigern von Achradina zu vereinigen, sondern
um den angreifenden Römern in den Rücken zu fallen. Wenn dem
so war, können die letzteren auch durch dies Thor eingedrungen
sein, da es sich nach dem freien Feld oder dem Ufer hin öffnete.
Dagegen haben wir mehrere Einwände zu erheben : erstens, dass
von alledem Livius kein Wort sagt; zweitens, dass diese Voraus-
setzung auch gar nicht wahrscheinlich ist; denn, wenn der Achra-
mmmtfu^m^immiimm i . v .. n m\
'•~-' •
— 233 —
dinastadt die Gefahr der Eroberung drohte, werden die Vertheidiger
von Ortygia, welche ihren Genossen zu Hülfe kommen wollten, sich
vielmehr mit diesen vereinigt haben, um gemeinsam gegen die
Feinde zu kämpfen, statt einen Sonderangriff auf dieselben zu richten.
Drittens müsste sich überhaupt das alte Verhältniss von Achradina als
Aussenstadt zu Ortygia als Binnenstadt geändert haben, wenn man
von Ortygia ohne Achradina zu passieren, nach dem Feld oder den
librigen Stadttheilen von Syrakus hätte gelangen können; überliefert
wenigstens wird von einer solchen Veränderung nichts. Endlich bleibt,
wenn Syrakus auf diese Weise genommen wurde, unverständlich,
wozu der Verrath des Moericus gedient habe. Und dies ist das
gewichtigste Bedenken gegen die Erzählung des Livius. Nach ihm
wurde die Insel genommen, weil die römischen Soldaten ein Thor
offen fanden, durch welches die Vertheidiger ausgerückt waren. Wir
fragen jetzt nicht, wie die Römer überhaupt durch dieses Thor
haben eindringen können, sondern halten uns nur an die Thatsache.
Wir mögen die schärfste Aufmerksamkeit und die rascheste Benutzung
eines gebotenen Vortheils von Seiten der Römer annehmen ; von Ver-
rath ist da nicht die Rede; denn Livius sagt keineswegs, dass das
Thor zu dem Zweck offen gelassen worden sei, damit die Römer
hier eindringen könnten. Er denkt auch hier gar nicht an Verrath.
Davon hatte er vorher gesprochen, wo er belichtete, dass Moericus die
römischen Soldaten durch ein Thor an der Arethusa aufgenommen
habe. Zwar nimmt Livius die Arethusa in Achradina an, aber das
thut nichts zur Sache; er sagt ausdrückhch, dass Marcellus ein Schiff
nach Achradina schickte und Soldaten hier an der Arethusa aus-
schiffen Hess, wo diese «porta, ut convenerat, recepisset Moericus».
Hier ist der Verrath. Derselbe bleibt aber ohne jeden Einfluss auf
die Einnahme von Syrakus. Die hier heimlich in die Stadt einge-
drungenen Soldaten kommen nicht wieder zum Vorschein ; die Stadt
wird von andern Soldaten genommen, welche durch ein anderes
Thor eindringen.
Wir haben also in der Erzählung des Livius topographische Un-
möglichkeiten, militärische Operationen, deren Entwicklung man nicht
versteht, und andre als wichtig hervorgehobene Umstände, die trotzdem
zu nichts dienen. Kurz, wer die Topographie von Syrakus kennt,
kann der Darstellung des Livius keine Berechtigung zugestehen.
Nichtsdestoweniger glauben wir, dass man sich von der Art und
— 234 —
Weise, wie Syrakus genommen wurde, vermittelst der livianischen
Erzählung eine VorsteHunjf machen kann; nur muss man diejenigen
Thatsachen, welche wahrscheinlich sind, herauswählen und die
andern bei Seite lassen. Die Hauptpunkte sind aber i) der Verrath
des Moericus durch die nächtliche Aufnahme der römischen Soldaten
und 2) der Scheinangriff der Römer auf Achradina. Setzen wir diese
beiden Thatsachen miteinander in Beziehung, so gelangen wir zu
folgender Rekonstruktion der verschiedenen Phasen der Eroberung:
Moericus nimmt in Ortygia eine kleine Abtheilung römischer Soldaten
heimlich auf; diese genügen nicht zur Besetzung der Insel ; sie
würden wieder hin ausgetrieben worden sein ; es l>edurfte einer
gl össeren Truppenmacht , und diese konnte nur zufolge einer
Kriegslist hineinkommen. Deshalb greift Marcellus Achradina an,
Moericus schickt dem bedrohten Quartier fast alle seine eignen Sol-
daten zu Hülfe, und Ortygia ist so von Vertheidigern entblösst. Nun
sendet Marcellus andre Soldaten dorthin (in hoc tumultu actuariae
naves instructae iam ante . . . armatos exponunt); die kleine Anzahl
der schon in der Nacht aufgenommenen Römer öffnet den Neuange-
kommenen dasselbe Thor, durch welches sie selbst eingetreten waren,
und so nehmen die Römer « Nasum desertam trepidatione et fuga
custodum ». Die Römer sind nicht durch zwei, sondern durch ein
und dasselbe Thor in die Stadt hineingekommen.
Dies etwa wäre in allgemeinen Zügen der wahre Verlauf der
Einnahme von Syrakus, welchen Livius arg entstellt und verdunkelt
hat. Wer sich an seine Worte hält, kann den Fall der Stadt nicht
erklären, und wer ihn erklärt, muss die Worte des Livius preis-
geben. Die Thatsachen sind so arg verwirrt, dass es ein müssiger
Versuch wäre, den Text der Wirklichkeit entsprechend umzugestalten.
Es ist durchaus nicht erwiesen, dass die Fehler des Textes von den
Abschreibern herrühren, und es ist wahrscheinlicher, dass Livius sie
selbst verschuldet hat. Deshalb werden wir seine Darstellung unan-
getastet lassen und darauf verzichten müssen, sie zu korrigieren.
§ 8. Einige Bemerkungen über die Einnahme von Syrakus.
Wir fügen noch einige weitere Bemerkungen über die Einnahme
von Syrakus hinzu (s. Müller, De auctorihus u. s. w. S. 11). Frontin
Strat. Hl 3, 2 erzählt : M. Marcellus, cum Syracusanum quendam
— 235 —
bosistratum ad proditionem sollicitasset, ex eo cognovit remissiores'
ciistodias fore die festo, quo Epicydes praebiturus esset vini epula-
rurnque copiam. Igitur insidiatus hilaritali et quae eam sequebatur
socordiae, munimenta conscendit, vigilibusque caesis aperuit exercitui
Romano urbem nobilibiis vicloriis claram. Wir halten nach dem oben
Gesagten die Notiz für richtig; nur ist Sosistratos identisch mit
jenem Sosis, von dem Livius in der Erzählung von der Ueberrum-
pelung von Epipolai schweigt, den er aber nachher erwähnt, wo er
von seiner Belohnung spricht.
Florus I 22, 33 f. schreibt über die Einnahme von Syrakus :
Sicilia mandata Marcello. nee diu restitit ; tota enim insula in una
urbe superata est. grande illud et ante id tempus invictum caput
Svracusae, quamvis Archimedis ingenio defenderentur, aliquando
cesserunt. longe ilh triplex murus totidemque arces, portus ille mar-
moreus et fons celebratus Arethusae; nisi quod hactenus profuere,
ut pulchritudini victae urbis parceretur. Es wäre ein müssiges Thun
durch Aufspüren der drei Mauern und der drei Burgen die voll-
ständige Rechtfertigung der Worte eines Epitomalors wie Florus zu
versuchen. Es handelt sich bei der römischen Belagerung um zwei
Mauerringe und zwei Burgen (Euryalos und Ortygia) ; und Florus
hätte sich so exakter ausgedrückt. Doch lässt sich annehmen, er
habe ganz mit Recht gemeint, dass in Syrakus 1) die grosse
Mauer war, welche Marcel lus bei Gelegenheit des Diana festes ein-
nahm, 2) die Ringmauer von Achradina und Ortygia, 3) diejenige,
welche aus Ortygia eine besondere Festung macht ; demgemäss
wurden die drei Festungen sein 1) die ganze Stadt Syrakus, 2) Achra-
dina-Ortygia, 3) Ortygia allein. i
Tzetzes Hist. II 133 erzählt das Ende des Archimedes, indem er
sich betreffs der Einnahme von Syrakus auf Diodor und Dio Gassius
beruft; er behauptet, dass Archimedes getödtet wurde, als bei Gele-
genheit des Dianafestes die Stadt genommen und geplündert wurde :
1 Vielleicht auch hat Florus nur an « die drei besonders befestigten Stadtkom-
plexe 1) Epipolae, Neapolis und Tyche, 2) Achradina, 3) die Insel», gedacht, wie
Schubring, Bewässerung S. 622, erklärt.
— 23(3 —
Es ist klar, dass Tzetzes zwei zeitlich von einander völlig
getrennte Ereignisse mit einander verwechselt, die Einnahme von
Epipolai und die von Achradina; sie trennt von einander die
Pest, welche das karthstgische Heer vernichtete. Doch muss man
gestehen, dass selbst Plutarch einen oberflächlichen Leser dazu ver-
leiten könnte, die Ereignisse zwischen der Einnahme von Epipolai
und der von Achradina zu übersehen ; denn, nachdem er von der
Gerührtheit des Marceil us, als er von der Epipolaihöhe die schon
halberoberte Stadt Syrakus erblickte, gesprochen hat, fügt er sofort
hinzu : rd\ yap vr^t akKr^t -«rcXiv o5 ^t'^h. ttoXuv xpfvov aXou^av ey. irpoBs-
ata^ eßiaaavTo ätapTracai ttXyjv twv ßaaiXi/.G)v )rpY)|JLaTa)v • Tauia 8' si; tc
§>3|JLca'.cv elr^pdOrj. p.aXtaTa Ss to 'Ap/iiAYjBou? xaOo; i^vta^s Map%s)vXov.
c. 19. Plutarch gebraucht die Worte ou [astä ttoäüv xp6vov : somit
konnte man leicht meinen, die Einnahme des Stadt theils, in welchem
Archimedes getödtet wurde, sei die nothwendige und unmittelbare
Folge des Eindringens der Römer in Syrakus während der Nacht
des Dianafestes gewesen. Zonaras, welcher den von Tzetzes citierlen
Dio Cassius repräsentiert, berichtet auch demgemäss, indem er der
Epidemie keine Erwähnung thut, aber wenigstens sagt, dass nach
Eintritt der Festesnacht Achradina und Ortygia tjv ttcvo) [xev y.al
/p5v(o eingenommen worden seien. IX 5.
Schliesslich noch folgendes : In der oben citierten Stelle des
Polybius über die Belagerung von Syrakus wird ein Mangel von
Lebensmitteln wenigstens angedeutet. Liv. XXV 23 sagt in dieser
Beziehung : quia alia in obsidione desint, aber kurz vorher hatte
er bemerkt, dass bei dem fast ungehinderten Verkehr mit Karthago
auf eine Hungersnoth in der Stadt nicht zu rechnen sei. In jener
ersten Periode der Belagerung wird also der Hunger noch kein Bun-
desgenosse der Römer gewesen sein. Schliesslich verlässt aber die
karthagische Flotte Syrakus und es ist wohl anzunehmen, dass nun
-der Mangel an Lebensmitteln empfindlich geworden sei, so dass
möglicherweise auch ohne den Verrath des Moericus eine Uebergabe
erfolgt wäre. Auch sagt Liv. XXV 31, dass wenige Tage nach der
Einnahme von Syrakus T. Otacilius Getreide nach Syrakus schickte,
quod ni tam in tempore subvenisset, victoribus victisque pariter
perniciosa fames instabat. Es drohte also nach Livius wirklich eine
Hungersnoth. Nicht unglaublich ist auch die Ueberlieferung bei Diodor
XXVI fr. 20, dass nach der Einnahme der Stadt Syrakuser (y.
— 237 —
IjprAcüaici ist wohl eine Korrupte! für tcoXXoI ^up.) sich freiwilhg
an reiche Leute als Sklaven verkauft haben, da sie sich keine Lebens-
mittel verschaffen konnten.
§ 9. Marcellns und die Kunstwerke in Syrakns.
Marcellus beraubte Syrakus vieler Kunstwerke, im Gegensatz zu
Q. Fabius, welcher Tarent seine Götterstatuen Hess. Diese Gegen -
i'iberst eilung macht Plutarch, Marc. 21, indem er von jenem sagt:
TÄ ^rXeTtjTa xal xiAAi^Ta twv h 2jpa/,o6cja'<; sxtvrjjEV avaOrjixaTwv, w^
auTto TS -^rpc? TSV 6p(a[jLßov l^iq ^(r^ xal Tij tcoXsi xfG:;xo{;. Und an der
bekannten Stelle Liv. XXV 40 lesen wir: Marcellus captis Syracusis,
cum cetera in Sicilia tanta fide atque integritate composuisset, ut non
modo suam gloriam, sed etiam maiestatem populi Romani augeret,
ornamenta urbis, signa tabulasque, quibus abundabant Syracusae,
Romam devexit, hoslium quidem illa spolia et parta belli iure; cete-
rum inde primum initium mirandi Graecarum artium opera licen-
tiaeque huic sacra profanaque omnia vulgo spoliandi factum est, quae
postremo in Romanos deos, templum id ipsum primum, quod a
Marcello eximie ornatum est, verlit. visebantur enim ab externis ad
portam Gapenam dedicata a M. Marcello templa propter excellentia
ei US generis ornamenta, quorum exigua pars comparet.
Als den Anfang des Luxus in Rom bezeichnet Cato Liv. XXXI V
4 den an Syrakus verübten Kriegsraub : infesta, mihi credite, signa
ab Syracusis illata sunt huic urbi. Die Gegenstände selbst wurden
von Marcellus ohne Zweifel zum grössten Theil in den beiden von
ihm an der Porta Capena erbauten Tempeln des Honos und der
Virlus aufgestellt; s. Flut. Marc. 28. Wenn dies alles zu dem
Resultate führt, dass Marcellus wirklich Syrakus seiner werth-
vollsten Kunstwerke beraubt hat, so lässt sich nicht als Gegenbeweis
Cicero Verr. IV 55, 123 anführen : Et Marcellus, qui si Syracusas
cepisset, duo templa se Romae dodicaturum voverat, is id, quod erat
aedificaturus, iis rebus ornare, quas ceperat, noluit, — wonach er
Syrakus nicht beraubt hätte. Cicero hat, um Verres gehässiger hin-
zustellen, das Gegentheil von der Wahrheit gesagt ; und doch hat
dieser genau dasselbe im Frieden gethan, was Marcellus im Kriege.
Dass aber Cicero im Interesse seiner Sache an der citierten Stelle
— 238 —
unwahr ist, sehen wir aus seinen eignen Worten Verr. IV 54, 121 :
Romam quae adportata sunt, ad aedem Honoris et Virtutis itemque
aliis in locis videmus. Nachdem darauf Cicero gesagt, dass Marcellus
die aus Syrakus entführten Gegenstände nicht in seinen Häusern
und Villen aufgestellt hahe, fugt er hinzu * Syracusis autem per-
multa atque egregia reliquit : deum vero nulluni violavit, nulluni
attigit. Es ist fraglich, ob diese letzte Behauptung richtig ist. Von
Fabius, dem Eroberer Tarents, wird Liv. XXVH 16 überliefert :
maiore animo generis eins praeda abstinuit Fabius quam Marcellus ;
qui interroganti scribae, quid fieri signis vellet ingentis magnitudinis;
. . . deos iratos Tarentinis relinqui iussit. Aus dem Gegensatz erhellt,
dass Marcellus den Syrakusern nicht alle ihre Götter gelassen hat.
Cicero spricht in den Verrinen als Advokat, welcher nur, was seiner
Sache nützlich ist, vorbringt. So erklärt sich auch, dass er Verr.
n 2, 4 sogar von ihm sagt : urbem pulcherrimam, Syracusas . . .
ita reliquit ornatam, ut esset idem monumentum victoriae, mansue-
tudinis, continentiae.
Um eine annähernde Idee von dem zu bekommen, was Marcellus
nach der Einnahme der Stadt wirklich in Syrakus gethan hat, höre
man die Worte der syrakusischen Gesandten in Rom, Liv. XXVI 30 :
certe praeter moenia et tecta exhausta urbis ac refracta ac spoliala
deum delubra, dis ipsis ornamentisque eorum ablatis, nihil relictum
Syracusis esse. Und sollten diese Klagen im Munde der um Ent-
schädigung für die erlittenen Verluste flehenden Besiegten der Ueber-
treibung gezielten werden können, so sehen wir doch, dass Marcellus
den Kunstraub in Syrakus gar nicht läugnet; Liv. XXVI 31 : ego,
patres conscripti, Syracusas s|)oliatas si negaturus essem, numquam
spoliis earum urbem Romam exornarem.
Nach dem Gesagten können wir als an einer historischen Tliat-
I Sache daran festhalten, dass Marcellus den grössten Theil der Statuen
I und andrer Kunstwerke aus Syrakus nach Rom entführt und wahr-
j. scheinlich nur einige Götterstatuen an ihrem Platze gelassen hat,
L welche fortzuschaffen zu schwierig war, oder weil man eben nicht
alles wegschleppen konnte. Auf der andren Seite ist es nicht weniger
sicher, dass den Worten Ciceros, welche dieser Annahme wider-
sprechen, keine andre Bedeutung beizulegen ist, als die rhetorischer
Wendungen.
s
\
t
— 239 —
§ 10. Syrakns bis zur Zeit Ciceros.
So war denn Syrakus zum ersten Male von den Feinden
genommen und geplündert worden. Seitdem war es mit dem Glänze
der Stadt vorbei, sie hat nie wieder die frühere Bedeutung und den
früheren Reichthum erlangt. Unter Hieron II. war sie vielleicht auf
ihrem Höhepunkt angekommen, unter den Römern ging es schnell
mit ihr abwärts. Die Bevölkerung verminderte sich mehr und mehr,
da von dem Augenblicke an, wo Syrakus Unterthanenstadt geworden
war, der hohe politische Reiz, Bürger eines unabhängigen Staates zu
sein, nicht mehr lockte. Zur Verdunkelung ihrer Stellung trug auch
der Umstand bei, dass von nun an die Beziehungen zu der Haupt-
stadt Rom, welche von entscheidender Bedeutung für Siciiien waren,
durch die Städte des Westens, besonders Panormos, vermittelt
wurden. Syrakus wurde der vierten und letzten Klasse der sicilischen
Städte zugewiesen, deren Landgebiet ager publicus des römischen
Volkes war.
Eine unheilvolle Epoche bildeten die Sklavenkriege für viele sici-
lischen Städte. Einige derselben fielen in die Gewalt der Aufstän-
dischen; andre litten durch ihre Angriffe; wie es scheint, war Syrakus
unter den letzteren. Auf dieses bezieht sich ohne Zweifel folgendes
Fragment des Diodor XXXIV 9 : Sxt Torc /.aTorpaYoüdi tou; ispwjjLivou? t/^^?
oux Yjv TcauXa twv y.axwv • to ^ap 8a'.|x6vtov wazsp kiziir^^et; dq zoLpoLH'.^;-
{jiaTtaiJLsv ToTi; aXXoiq onzxnoLq to'j; a7:ov£Voirj[j.iVoü? xspteiäev aßorjOVjTsu;.
ouToi |J.£v ouv ay.oXouOo)^ ty; 'napa Oswv xoXa^et xal tyj^ cta tyj? b-ropia;
^\oL^^Ti\Ki!xq 'ze'zt'jyp'zzq aTrsXaucav -zr^q Sixai'a^ l^:i':l[Li^^t^iiq. Zwar wird in
diesem Fragment der Name der Stadt, in welcher das Erzählte vorfiel,
nicht genannt ; dass es sich aber wirklich auf Syrakus bezieht, folgern
wir aus Diod. V 3 : ApsOou^av. TauTtjv B' ou {x6vov xaxa to'j; ipy^ioji;
Xpivou; i/stv [f^^iXo'jq y.3l\ TzokXohq t/Oua;, aXXa xa\ y.aTa tyjv Yj^^sTepav
y;X',x.(av oiajAiVeiv 3U[xßa{v£', toutoik;, hpzhq cvtä? xat dtöaT0U(; avOpwTroic * iz
o)v '^ToXXdiy.tc Ttvwv %%m 'zäq ::oX£|JLtxa^ TTsptaTaaei^ 9aY!fvT(»)v ^apa^scwc
£7:£7Y)ixr^v£ To O£tov y,al [Lv^^dXoaq z\f\Lc^op3Xq X£pi£ßaX£ tou«; ToXp.YjaavTaq
'::poa£VcYx.a(j6at • 7:£pi wv axptßox; avaYpa<j^oii*£v £v toi; otx.£(ot5 X?^''^^?* ^^^^
Fragment des 34. Buches enthält offenbar die V 3 versprochene
Geschichte; die ^oXs[;,iy,at Tizpirzd^seiq waren die Sklavenkriege. Es
scheint, dass die Sklaven damals, als sie Catania und Taormina
eroberten, auch Syrakus durch Belagerung bedrängten. In dieser
— 240 —
Noih wenleti einige bei <!em durch die Belagerung hervorgerufenen
Mangel an [^bensmilteln sich an den heiligen Fischen der Arethusa
vergriffen haben, und nach Diodor slarfjen sie i&o^OijTst, d. h. ohne
dass ärzitiche KunM ihnen helfen konnte. Uebrigens ist in dieser
Krzrihlung die einzij'e Sjmr von einer Belagerung der Stadt Syraltus
diiii l[ die Sklaven enthalten.
g IL Syrakns zur Zeit Ciceros.
Als Cicero in Sic.ilien von Lilyhaeum aus seine Quicstur vei-
walletCj wussle er sich so sehr die Liebe und das Vertrauen der
der Sikelioten zu erwerben, dass sie, um gegen die unerhörten
Gewaltthätigkeilen und Rfiubereien der Pra'tors C. Verres in Rom
Hecht zu erhallen, ihre Zuflucht zu jenes Thäligkeit und Bered-
samkeit nahmen. Und Cicero rechtfertigte vollständig die auf ihn
gerichteten Erwartungen. Er zwang Verres, um einer Bestrafung aus-
zuweichen, ins Exil zu gehen. Die von Cicero theils wirklich gehal-
tenen, theila nur niedergeschriehenen Heden dieses Prozesses sind
glÜL'klicherweise eihallen und bilden eine werthvolle Quelle für unsere
Kenntniss der Zustünde Siciliens in diesen Zeiten. Sie sind auch
ffir die Topographie von Syrakus eine Fundgrube.
Wir beginnen mit <ier berühmten Besehreibung der Stadt,
\en IV ^2, 117— 5,j 110, eme "slelle, welche er selbst Orit 62, 2iO
tl« Mustei der nunitiosa oiatio infuhrt 117 Urbem SjracusTJ
iniximani es=e GracLaruni ]mkherriinam omnium, s,iepe ludisti-
F^t, ludices, ita lit diutui Nam et situ est cum munito, tum ex
omni ililn vel terra vol man piaechro id adspectum, et portns habet
juope in jediGcitione implexuque urbis inclusos qui cum diversos
(ntei «e iditus habeant, ni etdu conmt gunlur et confluunt eorum in
loniunctione piit oppidi, quae ippelhfur Iniuh, min diiuncti
ingusto, poiite iui'-us admngitur et continelui 118 Ei fanta est
Ullis iit L\ quattnoi uibihus maximis conaLire dicatur qiiaium una
ist ea, quam di\i, Iniula ;uae duobus porfibus cmcti in iitriusque
piilus ostiuni iditumifue proiecti est in qua domus e^t, quie
Hieronis i'egi'- fuil qua pneloie'. ut solent in ei sunt aedes saciae
compltires, sed duae, quie longe ceteris antecellant, Dnnae una, et
iheia quae tuit mie isliu-i adventum oimtissimi, Miner\ae in hac
invulu ettiema est Ions iquie dulcjs, cui nomen Arethusi esl, mcrc
H^
— 241 —
dibili niagnitudine, plenissimus piscium; (|ui tluctii totus operiretur,
nisi munitione ac mole lapidum diiunctus esset a mari. 119. Altera
autem est urbs Syracusis, cui nomen Achradina est ; in qua forum
niaximum, pulcherrimae porticus, ornatissimum prytanium, amplis-
sinia est curia iemplunique egregium lovis Olympii ceteraeque urbis
partes, quae una via lata perpetua mullisque transversis divisae pri-
vatis aedificiis continentur. Tertia est urbs, quae, quod in ea parle
Fortunae fanum antiquum fuit, Tycha noininata est, in qua gymna-
sium ainplissimum est et complures aedes sacrae, coliturque ea pars
et habitatur frequentissime. Quarta autem est, quae. quia postrema
coaedificala est, Neapolis nominatur, quam ad summam theatrum
niaximum, praeterea duo templa sunt egre^ia, Cereris unum, alterum
Liberae, signumque Apollinis, qui Temenites vocatui-, pulclierrimum
et maximum, quod iste si portare potuisset, non dubitasset auferre.
Diese Beschreibung von Syrakus muss einem Schriftsteller ent-
nommen sein, welcher die Stadt gut kannte ; ohne Zweifel verdanken
wir sie in erster Linie dem Timaios. Es beweist dies die Phrase :
ccmaxima Graecarum et pulcherrima omnium ». Dass sie dem
Geschichtsschreiber von Tauromenion eigen ist, ersehen wir aus Gic.
de rep. III »H, 43 : Urbs illa praeclara, quam ait Timaeus Graecarum
niaxumam, omniiim autem esse pulcherrimam, arx visenda, portus
usque in sinus oppidis et ad urbis crepidines infusi, viae latae, por-
ticus, templa, muri u. s. w. Das Bild also, welches Cicero von der
Stadt entwirft, beweist nicht, dass sie noch zu seinen Zeilen so
glänzend gewesen ist, wie er sie beschreibt; darauf kam es ihm als
Advokaten nicht an. Vielleicht weist aber gerade auf Ciceros Zeit der
Umstand hin, dass er nur 4 Stadttheile nennt und beschreibt, dagegen
Epipolais mit keinem Worte gedenkt, während Strabon VI 270 aus-
drücklich sagt, dass Syrakus ehemals 5 Städte umfasst habe. Es ist
durchaus glaublich, dass eben die Zeit vorüber war, wo Epipolai
eine Villenstadt war. Auch in den übrigen 4 Stadttheilen wird es
damals zum Theil schon recht öde ausgesehen haben.
Von den «complures aedes sacrae» kennen wir nicht einmal
mehr den Namen.
Cicero spricht zuletzt von dem « signum Apollinis, qui Temenites
vocatur»; da er hier keine «aedes sacra» des Apollon erwähnt, so
folgt daraus, dass, wenn es einen Tempel des Apollon gab, und
Lupus, Die Stadt Syrakus. 16
242
nicht bloss einen heiligen Bezirk, das Sehen sweiiheste der ganzen
Anlage die Statue des Gottes war. Es war eine werthvolle Kolossal-
statue; Tiberius entführte sie: Apollinem Jemeniten et amplitudinii>
et artis eximiae, adveeluni Syracusis, ut in bibliotheca ternpli novi
poneretur. Suet. Tib. 74.
Die Verrinen bieten noch weiteren Stoff für die Topographie,
welcher zum Theil auch die obige Gesamtbeschreibung der Stadt
erläutert.
Wir haben gesehen, dass auf Ortygia das Haus des Königs Hieron
stand, und dass in ihm auch die römischen Praetoren residierten.
Kein Syrakuser durfte auf der Insel wohnen. In Bezug darauf sagt
Cicero Verr. V 32, 84 : M. Marcellus . . . habitare in ea parte urbis,
quae in Insula est, Syracusanuni neminem voluit. hodie, inquam,
Syracusanuni in ea parte habitare non licet; est enim locus, quem
vel pauci possint defendere. committere igitur eum non fidelissiniis
hominibus noluit, simul quod ab illa parte urbis navibus aditus ex
alto est. quam ob rem, qui noslros exercitus saepe exciuserant, iis
claustra loci connmittenda non existimavit. Auch eine gleich folgende
Stelle ist interessant, wo Cicero das Auftreten des Verres mit dem
des Marcellus und der übrigen Römer alter Zeit vergleiclit und sagt :
Uli aditum litoris Syracusanis ademerunt : tu imperium maritimum
concessisli (nämlich dem Syrakuser Kleomenes, welciien er zum
Flottenkommandeur gemacht hatte), illi habitare in eo loco Syracu-
sanum, qua naves accedere possent, noluerunt u. s. w. Wenn diese
und obige Worte in ganz eigentlichem Sinn zu nehmen sind, so
müsste man aus ihnen folgern, dass Ortygia alle Landungspunkte der
Stadt enthielt, und dass man ausserhalb desselben überhaupt nicht
an der Stadt anlanden konnte. Aber wenn, was ja Thatsache ist, das
Meer auch Achradina bespült, so sind die Worte Ciceros nicht genau
zu nehmen. Ks kam ihm nicht auf absolute Genauigkeit des Aus-
drucks an, er wollte eine wirksame Antithese aufstellen. Also können
die Worte « iUi aditum» u. s. w. nicht darthun, dass Achradina
nicht den grossen oder den kleinen Hafen berührte, noch dass es
unmöglich war, an Syrakus ausserhalb Ortygias anzulanden ; wohl
aber haben sie unseres Erachtens wenigstens den Sinn, dass in
Ortygia besonders gute Landeplätze waren. An Ortygia konnte man
bei der Arethusa anlegen (Diod. XVI 18), und wahrscheinlich waren
die Ländeplätze von Achradina in der Nähe der Insel von den
wm*mmm^tm0i^mm^^0I^^^H
— 243 —
Fest un<j;s werken der letzteren umschlossen. Denn wenn auch die
trennende Mauer zwischen Insel und Achradina nach dem Tode des
Hieronymus niedergerissen worden war, so ist es doch klar, dass die
Insel immer noch nr.ehr oder weniger den Charakter einer Gitadelle
beibehielt, und es könnte sein, dass sie wenigstens die wichtigsten
Landungspunkte im grossen und kleinen Hafen umschloss. Wir sind
nicht geneigt Cicero von vornherein blindlings zu glauben, wenn das
von ihm Behauptete Theil einer rhetorischen Antithese bildet; aber
diesmal dürfte es nicht unmöglich sein, dass er . zum Theil Recht
hätte, und dass, wie einst die Tyrannen, so auch die Römer die Haupt-
verbindungen zwischen Sladt und Staden von Ortygia abhängig
machten ; freilich nicht alle, wie z. R. die Geschichte Dions zeigt
(s. S. 192).
Ausser seiner Praetorenwohnung in Hierons Palast hatte aber
Verres auf der Insel auch eine Sommerfrische. Davon wird uns aus
zwei Stellen Ciceros Kunde, deren topographische Erklärung nicht
ganz ohne Schwierigkeit ist. Zunächst lesen wir Verr. V 12. 29 :
Cum vero aestas summa esse coeperat, . . . cum concui^ant ceteri
praetores, iste novo quodam genere imperator pulcherrimo Syracu-
sarum loco slativa sibi castra faciebat. 30. nam in ipso aditu atque
ore portus, ubi primum ex allo sinus ab htore ad urbem inflectitur,
tabernacula carbaseis intenta velis coUocabat. huc ex illa domo prae-
toria [quae regis Hieronis fuit] sie emigrabat, ut eum per illos dies
nemo extra illum lo(^um videre posset. Was bedeutet hier : « ubi
primum ex alto sinus ab litore ad urbem inflectitur», d. h. da, wo
der Golf von dem hohen Meere her anlangt sich von dem Gestade
zur Sladt hin zu wenden T Es wäre also an der Mundung des Golfes
ein Zwischenraum zwischen dem Gestade und der Sladt? Das ist
nicht zu verstehen. Der Golf mündet an der Südspitze der Insel, und
ebenda beginnt auch die Stadt. Ein wenig deutlicher drückt sich
Cicero Verr. V 31, 80 aus : Nam aestate summa, quo tempore
ceteri praetores obire provinciam et concursare consuerunt, aut etiam
in tanto praedonum metu et periculo ipsi navigare, eo tempore ad
luxuriem libidinesque suas domo sua regia [quae regis Hieronis fuit,
qua praetores uti solent] contentus non fuit : tabernacula, quemad-
modum consuerat tetnporibus aestivis, quod antea demonstravi,
[carbaseis intenta velis] collocari iussit in litore, quod est litus in
Insula Syracusis post Arethusae fontem propter ip.sum introilum
— t>44 —
atque ostium porlus, amoeno sane et ah aibitris reaioto loco. An
(lieser zweiten Stelle ist also der Plalz, wo Verres sein sommerliches
Lustiager aufschlug, deutlicher bezeichnet : hinter der Arethusa,
an der Mündun<>* des «grossen Hafens. Wir hätten also anzunehmen,
dass südlich von der Arethusa — post Arethusam ist natürlich von
der nördlich liej^enden Stadt aus ji^esaj,^ — die schmale Inselspitze
von Gebäuden frei und wahrscheinlich mit Bäumen bepflanzt war ;
es mochte wohl die ganze südliche Landzunge, welche jetzt noch
einige Strassen und die Kastellbauten trägt, den Schauplatz der
verrinischen Lüste bilden. Festungsmauern müssen wir jedoch auch
hier annehmen; sonst hätte die Regierung Siciliens einen /Punkt
unvertheidigt gelassen, der im Falle eines direkten Angriffs auf
Syrakus dem Feind nur allzu nützlich gewesen wäre.i
lieber den Hafen von Syrakus spricht Cicero noch Verr. V 36,
95 ff. : Praedones . . . accedere incipiunt ad Syracusas. qui videlicet
saepe audissent nihil esse pulchrius quam Syracusaruni moenia ac
portus slatuerant se, si ea Verre praetore non vidissent, numquam esse
visuros. 9ß. ac primo ad illa aestiva praetoris accedunt, ipsam illam
ad partem litoris, ubi iste per eos dies tabernaculis positis castra
luxuriae collocarat. quem postea quam inanem locum offenderunl et
praetorem commovisse ex eo loco castra senserunt, statim sine ullo
metu in ipsum portum penetrare coeperunt. cum in portum dico,
iudices — explanandum est enim diligentius eorum causa, qui locum
Ignorant — in urbem dico atque in urbis intimam partem venisse
piratas. non enim portu illud oppidum clauditur, sed urbe portus
ipse cingitur et conti netur, ut non adluantur mari moenia extrema,
sed ipse inlluat in urbis sinum portus. 97. hie te praetore Heracleo
pirata cum quattuor parvis myoparonibus ad arbitrium suum navi-
gavit. pro di immortales! piraticus myoparo, cum imperatoris populi
Romani nomen ac fasces essent Syracusis, usque ad forum Syra-
cusanum et ad omnes crepidines urbis accessit, quo neque Gartha-
giniensium gloriosissimae classes, cum mari plurimum poterant,
multis bellis saepe conatae umquam adspirare potuerunt, neque populi
Romani invicta ante te praetorem gloria illa navalis umquam tot
1 Ob wohl der von Pv^lemon um 200 v. Chr. erwähnte Tempel und Altar der
Hera (s. S. 93) damals noch auf dieser Inselspitze stand, und der schamlose Verres
die strenge Schützerin weiblicher Zucht und Ehre durch sein Treiben angesichts
dieser KuUusstätte förmlich herausgefordert hat? L.
— 2i5 —
Punicis Sicilieiisibusque bellis penelrare poluit ; qui locus eiusmodi
est, ut ante Syracusani in moenibu-s suis, in urbe, in foro hosteni
armatum ac victorem quam in portu ullam bostium navem viderint.
98. hie te praelore praedonum naviculae pervagatae sunt, quo Atlie-
niensium classis sola post hominum memoriam trecentis navibus vi
ac niultitudine invasit : quae in eo ipso portu loci ipsius natura
victa atque superata est. hie primum opes illius civitatis Hiomminutae
depressaeque sunt; in hoc porlu Atheniensium nobilitatis, imperii,
gloriae naufragium factum existimatur. eone pirata penetravü, quo
simul atque adisset, non modo a latere, sed eliam a lergo magnarn
partem urbis relinqueret ? Insulam totam praetervectus est, quae est
urbs Syracusis suo nomine ac nioenibus, quo in loco maiores, ut ante
dixi, Syracusanuni habitare vetuerunt, quod, qui illam partem urbis
tenerent, in eorum potestalem portum futurum intellegebant . . .
400. postea quam e portu piratae non metu aliquo adfecti, sed
«atietate exierunt, tum coeperunt quaerere homines causam illius
tantae calamitatis.
Wer unsern Untersuchungen über die syrakusische Topographie
gefolgt ist, sieht [eicht, welcher Llebertreibungen sich Cicero in dieser
Erzählung schuldig gemacht hat. Wir wollen über die 300 athenischen
Schiffe kein Wort verlieren; aber es ist ein wenig stark zu behaupten,
dass weder die Karlhager noch die Römer je in den grossen Hafen
eingedrungen seien, dass nur die athenische Flotte ihn ungehindert
befahren hätte. Man mag daraus erkennen, dass gebildete Römer
den peloponnesischen Krieg besser kannten, als die Kriege des Dionys
und selbst als die punischen ; sonst hätte es der Redner nicht wagen
können dergleichen handgreifliche l^nwahrheiten voi'zutragen. Gewiss,
die Unverschämtheit der Seeräuber war gross; aber sie wussten ohne
Zweifel, dass zu Syrakus keine Kriegsschiffe segelferlig waren, welche
ihnen den Rückzug hätten verlegen können ; so drangen sie, ohne
irgend welche Gefahr zu laufen, in jenen Meerbusen ein, welcher
den Namen des grossen Hafens führt. An einer andern Stelle bereut
es Cicero sogar, die Athener in den grossen Hafen hereingelassen
zu haben, und ruft aus : post Syracusas conditas quem in portum
numquam hostis accesserat, in eo te praetorc primum piratae navi-
gaverunt. V 52, 138. Hier können wir den «grossen Redner der Un-
wahrheit zeihen; wie oft dagegen sind wir gezwungen uns seiner
Behauptungen als historischer Beweise zu bedienen, nur weil er iler
einzige ist, welcher von einer Thatsache berichtet !
— 'im —
[ii) Aiistliluss Uli .ihi;;es weiileii V 41, lIKi »udi <Iei Markl
uiiil (las Praetoi-iuin ervtäliiLt : pruceilit isle i'epeiile e praelorio,
iiillutnmatusscelcre, furore, i:ru(li'lila(e: in roritm veiiit; wie man sieht,
lii-p'fn sie nalif Itex einander Dei Maikt keliil emilii h I\ >2, I lü
^\l<.c]el ]i um ilh mnitlu, (Uae (li-p«.i-.e a me inulti^ in loi-i:^
iliLfHtui ai iliLta '^unt Tiruni S^radisaiiorum, (|uixt introitu Miuelli
|)Uiinii ijedi. seit-ituni e^t, il idveiilu \ei'ti^ ^iculniuni iiinotentiuni
stn^uiiiP reduntla^se {lurlutii SM'acuvmnrunt, qui tum el no-tn*
I Id^stbua et Cai lIiafpnienMum 1 1 lU^U'- fnis-el < um lalo praetni e
1 jliium iii\opuii>m |itjeilnml>u-que palui-t^e — iLe „ewoliiilen LeWi-
liii)iun;;en
1 1 rnet nenki) wit iul eini^tf OtillK.liki'iteii und Deiikmile \on
Stiitkus hei Gele„pnlied Ipi diiti^eii TenipflMhdiidiin^en de- \iiies
hiii„'euie->en \on iIliii MtiienJlempel »a/t Ciceio l\ 55, 1^2 \odis
MiiKnae et in Iiisuli l< qua mie di\< quini Nfii-ielhis non alli,fit,
qudm [ilenxiii itque >iint)ii leliquil quae ili istn mi. spoliala ic
iliiepta est |)u„na etal equeiilns ^^jllioth le^i'? rn lahuh<> piLta;
JI-. juteni Idhulii inteiioies temph panelci \eiliehdiilui mliil eilt et
piitui-a nohdius, ndtd Sm'jlu^is qitod hiök'" ti'<en<lum putaietui.
isti" unmes ea-. Iibuks ahstiilil 12^ M„inti et MJpIem [ine-
teiea (abula-- putctieiiime pida-- i\ eadeni aeile -ustidit, in quibiis
punt uiii^iMes biLihae iet;uin at Ui'annoiuni, quie n ii «olum piito-
MIHI jitibuD deleitaliaiit, »ed elniii < immeuioi ilione hominum <t
n^nitioiie linmaruni 124 lam Min quid e„o de \al\i'- ilhus
teiiiph commLnioiem ' < inlirmaie Iiol hquido, ludi^es, [lo^suni,
vjIvis mi^mfiientiiies, e^ auio itqu< ehou pei feclini e", nullas
iimquam uli) in templo lUH^e ini.iedtbtle du tu est, quam inulti
Gl lei I de haium vtlvaruui |juMinlu<line '^iiptuai lebtineiinl
e\ ehote «iliKenti«hini( peitei.lT argumenta ei'ant lu vahii ea dttia-
bcnda lUtHvit omma doi^onii o» pulcheiimiuni (.uicluni an^uibu",
I velli! alque alistidit et tanit>n mdiciMt ^e nun '^olum aildiLio se<l
eliiini pretiii {uacsluque iIuli iiam liulh-i aiiieas uinni a et ii'< \alvis,
ijuie iiant niultit it ^iaM"< n m dubiliMt lufoie \u<.h lan^e
I iir/eii \Mi inli li u I! i il u hi eiitlubite \eiies iu- lern lenjp< I
du rxllin
Im PntdJi 1 II im S\i iku «ai eine Sapph , ein Weik des sdi-
miin, eines benihmleii Braiue^i -iNei> zur Zeit Metandeiii des Giosiien;
\<ii.-, i-auble -,1« (§ la'"») Lin Piian, d )i Apollon al« \alei les
— ^2^7 —
Asklepios, stand in dem Tempel <les Asklepios; Verres raubte ihn
(J5 128). Von (lern Tempel spricht auch Alhenaios XV 693 : er. 3k
$cO*i7y;^ 'Tf^c, -ou dtYaBoii oa{[xovo^ y.piaso)^ iöoq yJv ßauTai^s^öai tä^
TpaTiC^^j iäs'.cs 5'.a tyj^ xjtcu aGsgs'-*; 5 S'.y.eX'.wTr;^ A'.svucyioc. tco ^ap
'Aay.Arj::uT) Iv -zTXt; X*jpay,o65a'.; avay,£';j.£vir;^ Tpairs^r^; Xp'^'''<^i TpoTT'.wv
auTO) ay.paxov a*^a6ou oai;xovs; i/,£Xsua£ gacTXy^OYJvat a5 tyjv Tpa^s'^a*. In
welcher Gejjend von Syrakus der Asklepiostempel «gestanden habe,
wissen wir nicht. Im Museum der Stadt ist die A.sklepiosstatue,
welche Landolina an demselben Orte mit der bekannten Venus,
nämlich in einem Garten nahe bei den Katakomben von S. Giovanni
in Unterachradina j^efunden hat. Cicero erwähnt noch in demselben
Paragraph jährliche Opfer, welche dem Paian und Asklepios in
Syrakus darj^ebracht wurden und nach Halm Ilaubvs'.a oder WT/XrtTiiv.x
hiessen.
Aus dem Tempel des Li her oder Bacchus nahm Verres die
Statue des Aristaios, eines landwirthschaftlichen Heros, welcher
nach Diodor in Sicilien allgemeine Verehrung genoss. Dann föhrt
(Cicero § 128 fort : Quid? ex aede Jovis religiosissimum simu-
lacrum Jovis Imperatoris, quem Graeci Urion nominant, pulcherrime
factum, nonne abstulisti? Zeus Urios verleiht den Seefahrern guten
Wind ; deshalb ist es wahrscheinlicher, dass der Zeuslempel in
Syrakus, welcher die Statue des Zeus Uiios enthielt, jener vor der
Stadt, gegenüber der Einfahrt in den grossen Hafen, gewesen sei,
als <lerjenige , welchen Cicero als eines der Hauptbauwerke von
Achradina erwähnt. S. auch S. 205.
Endlich spricht Cicero ebenda von einem Tempel der Libera :
ex aede Libeiae parinum caput illud pulcherrimum, ijuod visere
solebanms, num dubitasti tollere ? Libera ist, wie wir gesehen haben,
Persephone ; ihr Tempel wird der S. 101 f. besprochene in Neapolis
sein. Mit dem Adjectiv parinum, welches die besten Handschriften
bieten, weiss man nichts Rechtes anzufangen, man hat parvum,
p.uerinum u. a. vermuthet. Wahrscheinlich steckt ein von einem
Eigennamen abgeleitetes A<ljectiv darin, welches jedoch schwer zu
linden ist.
Weitere topographische Kunde über Syrakus verknüpft sich mit
Ciceros Erwähnung von Verresstatuen, welche die Sikelioten errichten
mussten : huius fornix in fojo Syracusis est, in quo nudus filius
stat, ipse autem ex equo nudatam ab se provinciam prospicit. II 6JJ,
— t>i8 —
154. Foriiix ist ein acht römisches Bauwerk, welches im weseiithchen
aus einem Ho^en Ijestand und in glänzender Entwicklung durch eine
Reihe von Triumphbögen aus der Kaisei*zeit bezeugt ist. Sie trugen
Statuen und Gespanne ; in unserem Falle waren es die Slandbikier
des Verres und seines Sohnes, dessen Nackt heil griechischem Brauch
entsprii'ht. Wenn die nächstfolgenden Worte : huius statuae locis
Omnibus u. s. w. auch fibertrielien sind, so spricht doch Cicero aus-
drücklich von einer zweiten Staluengruppe von Vater und Sohn
llti1,5(): deinde ut in curia Syracusis, quem locum illi huleulerion,
honestissimo loco et apud illos clarissimo, uhi illius ipsius M. Marcelli,
qui eum, quem eripere belli ac victoriae lege possei, conservavit ac
reddidit, statna ex aere facta est, ibi inauratam islius et alteram
filio statuam ponerent, ut, dum istius hominis memoria maueret,
senatus Syracusanus sine lacrimis et gemitu in curia esse non posset.
Und II 56, 160 lesen wir von einem Bildniss vor einem Tempel des
Serapis : statuae sunt illius deiectae et eversae. at quo loco? cele-
berrimo ac religiosissimo : ante ipsum Serapim, in primo aditu vesti-
buloque tcmpli. Der Ort dieses Serapeions ist uns unbekannt.
Leider sagt uns Cicero ebensowenig, wo die Palaeslra, von
von welcher er II 14, 36 spricht, gelegen und in welcher Beziehung
sie zu (Um syrakusischen (lymnasien gestanden habe.
Hochinteressant ist dagegen der Bericht Ciceros über seine
Wiederauffmdung von dem Grabmal des Archimedes, Tusc. V 23, 61 :
ex oadem urbe humilem homunculum a pulvere et radio excitabo . . .
Archimcdem. cuius ego (juaestor ignoratuni ab Syracusanis, cum esse
omnino negarenl, saeptum undique et vestilum vepribus et dumetis
indagavi sepulrrinn. tenebam enim quosdam senariolos, quos in eius
monumenlo esse inscriptos acceperam, qui declarabant in summo
sepulcro spbaerani esse positam cum cylindro. 65. ego autem, cum
omnia conluslrarem oculis — est enim ad portas Achradinas magna
froquentia sepulcrorum — animum adverli columellam non multum
e dumis eminentem, in qua inerat sphaerae figura el.cylindri. atque
ego statim Syracusanis — erant autem principes mecuni — dixi me
illud ipsum arbilrari esse, quod quaererom. inniissi cum faicibus
multi purgarunt et aperuerunt locum. 66. (jno cum patelactus esset
nditus, ad adversam basim accessimus. appai'ebat opigranuna exesis
posterioribus partibus vorsiculorum dimidiatis lere, ita nobilissima
Graociae civitas, quondam vero etiani doctissima, sni civis unius
— 249 —
acutissimi monumentum ignorassel, nisi ab homine Arpinale didicisset.
Diese Entdeckung Ciceros föllt in das Jahr 75, wo er als Quaestor
von Lilybaeum aus Syrakus besuchte. Statt ad portas Achradinas,
was eine Handschrift überfiefert und schon H. Stephanus vertheidigt,
lautet die Vulgata ad portas Agragianas, wofür auch Acragantinas
gelesen wird. Die Verbindung portas Achradinas überrascht auf den
ersten Anblick; denn Achradina ist Substantiv, nicht Adjektiv. Aber
es hat gar keine Schwierigkeit in Achradinas den in Syrakus übiiclien
' dorischen Genetiv zu erkennen. Wir hätten in diesem Fall die in
der Geschichte* des älteren Dionys erwähnte zMi t^; Aypao'.vy;;,
welche in der Niederung lag; freilich können wir ihren Platz nicht
nriehr genau bestimmen. An dem Abhänge, wo die Strasse nach
Catania auf die syrakusische Terrasse hinaufsteigt, zeigt man, wie
wir früher schon bemerkt haben, heute das Grab des Archiinedes;
aber seine Form, die in keiner Weise der Beschreibung des Cicero
entspricht, erlaubt nicht dieser Yolkstradition zu glauben, i
Die Latomien beschreibt Cicero mit Worten, welche im grossen
und ganzen auch noch den heutigen Charakter der berühmten
Anlagen wiedergeben, Verr. V 27, 68 : Lautumias Syracusanas omnes
audistis, plerique nostis. opus est ingens, magnificum, reguni ac
tyrannofum : tot um est e saxo in mirandam altitudinem depresso et
multorum operis penitus exciso : nihil tarn clausum ad exitum,
nihil tam saeplum undique, nihil tarn lutum ad custodiam nee fieri
nee cogitari potest. in has lautumias si (jui publice custodiendi sunt,
etiam ex ceteris oppidis Siciliae deduci imperantur. § 143 (s. S. 185)
spricht er, wie wenn zu Syrakus nur von Dionys angelegte Latomien
existierten (vgl. Luc. de merc. cond. »55). Es ist dies ein Irrthum.
Aber gerade deswegen können wir nicht mit Sicherheit feststellen,
welches denn eigentlich diejenigen Latomien sind, von denen (jcero
redet.
Den Abschluss dieses Abschnittes machen wir mit dem Lob,
welches Cicero dem Klima von Syrakus spendet : Primum temporibus
hibernis ad magnitudinem frigorum et tempeslatum vim ac fluminuni
praeclarum hoc sibi remedium compararat : urbem Syracusas elegerat,
1 Eine Abbildung dieses Denkmals, welches sich als Kollektiv- oder Familfen-
grabkammer kundgibt und sich weder in seiner inneren Einrichtung noch durch
seine dorische Fagade von anderen syrakusischen Griechengrilbern wesentlich
unterscheidet, ist in der Titel Vignette gegeben. Näheres darüber unten Tbl. III. L.
— !>50 —
cuius hie Situs atque haec natura esse loci caeüque dicitur, ut nullus
umquam dies tarn majrna ac turbulenta tempestate fuerit, quin aliquo
tenqwre eius diei solem liomines viderint. Verr. V 10, 26.i Diese
Worte kommen der Walirheit ziemlicli nahe; nur ist fast täglicher
Sonnenschein nicht charakteristisch für Syrakus; dasselbe gilt für
alle Städte der sicilischen Küste, z. B. für Palermo, und es würde
in <ler That für Verres schwer gewesen sein, eine Residenz zu
linden, welche ihm nicht denselben Vortheil geboten hätte. Alier
Cicero weiss eben als guter Sachwalter aus jedem Umstand eine
Waffe gegen den Widersacher zu schmieden.
§ 12. Letzte Schicksale von Syrakus im Alterthum.
unter der Herrschaft des Sextus Pompejus hatte Syrakus zu
leiden. Strabo VI 270 : i^' t^jmov ol [h\^,^:r^io'J Ta; ts aXXa; y.ay,({)gavTo<;
rShti^ 7,a» CY) y.al -ra; ^jpay.o'J^Ja;, rA'/j^xq a-jro'.y.iav b Ssßa^To; Kai^ap
TTs/v'j [xipoQ ToO TraAa'GO y.TiatjLXTo^ aviXxge. '::£vTa::oXi; vap r^v to icaAatbv
cvcorjy.ovTa va\ r/.aTcv ^taciwv v/ojiol to tsT/o;. aTravTa ;j.£v 3r; tov
•A'jy.Xov TC'jTov £y.::Xr^por/ ouSev los'., ib $k TJvo'.y.ou;x£vov to "rrpc^ ty^ vYjac;)
TTj 'OpT'JY'4 t'ipo; MTfi'q C£?v ciy.isat 3-^^'^-ov, aHioXcYOu uöXeo); r/ov 7:£p{-
[;.£Tpo7. Vgl. S. 186.
Augustiis machte also Syrakus zu einer römischen Kolonie, und
zwar 21 v. Chr., zu welchem Jahre auch Dio Cassius LIV 7 über-
liefert : $£ Ax;oü7T5; Ta T£ aAAa £v Tf^ -l'.y,£/a'a 5io'.y-if;7xc y,ai tx^
-upay.ouaac, £T£pa(; -zi T'.va; ::o /.£'.; a7:oiy.ou^ 'l*(*);xx((»)v iizo'^zizixq. Dass
es als solche noch eine gewisse Bedeutung hatte, beweisen die gross-
artigen lleste des Amphitheaters, wo unter Nero Spiele bei Tac.
Ann. XIII 49 erwähnt werden ; dasselbe beweist auch das römische
Gebäude in der Gampagna Bufardeci. Caligula Hess, wie es scheint,
umfassende Restaurationsarbeiten vornehmen : Syracusis conlapsa
vestutate moenia deorumque aedes refectae. Suet. Cal. 21. Aber mit
dem Sinken des Reiches verfielen auch die Provinzialstädte. Im Jahre
278 plünderte eine Frankenschaa]', welche in Thracien gestanden
hatte, auf der Rückfahrt von da die Stadt Svrakus. Zosim. I 71.
1 Auch die Geschichte, welche Cicero de off. III 14, 58 f. von dem Villen-
kauf des römischen Ritters Canius erzählt, lässt den Reiz, welchen Syrakus und
Umgegend auf die vornehmen Römer ausübte, zwischen den Zeilen lesen.
Da iiiil der Verbreitung' des Chriäieiilliuiiis in <leii PiDvinneii des
riiiiiischeii Reiches eine ;^iiz neue Periode der menst^h liehen Kullur
he[;innt, so sehen wir von einer Behandluu^ der topographischen
Fragen ali, welche aus der Einfiihrunj,' der neuen Religion in Syrakns
resultieren, und liej^niigen uns die Topi^raphie der Stadt von ihrer
Gründung liis zu dem Ansgange der klassischen Zeiten verWgt zu
!)K ITTKS BUCH.
Die wichtigsten der erhaltenen Bauwerke des alten
Syrakns.
THEIL 1. — Das Trinkwasser und die alten "Wasser-
leitunfi^en.
% 1. Geolugiüiclie Bildung der syrakasischen Land»chHft.
\Vi WM hIhjh in Vnhn„ de^ ei-ten Buclie '■alieii, -.leLl Iil
Bililun<f des sMakii<ii&clien Teiiaiti^ in en^iii /u<<<inimenlnir}; mit
der des Gpl)iijf«'.lo( ke** imil der AusUufei des Monte Liiiro \it
diesem Oentruni «enktn sii h ledimenldii Scliuhtcn in mdditippn
Terrassen mih den ku&len des oilliiheii und südlichen Sicil»n'- lim
Sie weiden lon liefen Stlduihten Hurclisi hnitlen, deren R indi i duidi
atinosptian^c lie Eintlü««e dlinuliliüi eiweilert und /eikluflel titid
da Turtwahrend Massen \on Gestein skIi luslosen und Ui.il%\ail--
rollen. V\ le inli nun emei^eil-- diese Eio*.ionsproilukte in der knste
ablagern s nipl inditrseil« die mechani'fche Thalijrkeit der MeetP -
wogen und die luflftiende kiatl de» Salzwasser« ohm Uiileihs nii
tlen lestei (testadeti "le duuli Uetnle ersetzend
Auch i\is ijiakusisdie Teiiitoiiuin tijpl luf seiner ^in? ii
OberfläLlie sedimcntcirLB Gebdde Und zwai ligeil in der Niedeiim^
eine Oleilla he von Kalklufl lul tiner Tlionschtcht Di^e^en bilden
da, wo diis retiain iii li lioliei erhebt, m Folge tellunsLher GriindL
Basalle und Milkaiii&ihe TulTe die Unterhjte Dodi ki nimt luth liiei
Thün voi und eingemischt finden «ich Laiasliitke An den Abhanden
der Höhen luiifii die I igen von KilktufT luf jentii kompakttien
oder auf Thon m ■•ind \ n fo^ailen MuMiheln ^ehildi I und fuhrtn den
— 253 —
Namen Pietra giuggiulena, Sesamstein, weil die Koncliylienfragmente,
aus denen sich die Masse zusammensetzt, das Aussehen und die
Farbe von Sesamsamen haben.
Das Sedimentärgebilde von Syrakus und Umgegend gehört nach
G. Lyell zur Pliocentbrmalion. Und zwar deuten die fossilen Kon-
chylien des Giuggiulensteins bei ihrer Aehnhchkeit mit noch vor-
handenen der Mittel meerfauna auf jüngeren PHocen, während der
feinkörnige, magnesia reiche Kalktuff von weisslicher Bruchfläche
(s. S. 33) und der kompaktere Tuff*, aus welchem sich die Ter-
rassen und die Rand berge des syrakusischen Territoriums grössten-
theils zusammensetzen, als älterer Pliocen und als Miocen zu bezeichnen
wären, da sich in ihnen vorwiegend Fossilien erloschener Spezies
tinden.
Was nun die syrakusische Terrasse ^ betriff't, so hat die ihre
ganze Oberfläche bedeckende Schicht von porösem Kalktufl", welche
nur an den unteren Theilen der Abhänge die vulkanische Unterlage
zu Tage treten lässt, eine Mächtigkeit von 16 bis 40 m Sie erhebt
sich samt dem vulkanischen Kern in langsamem, wellenförmigem
Aufsteigen von dem Ostrande Achradinas bis zum Eurvalos und Bei-
vedere. Dagegen zeigt der nordsüdliche Querdurchschnitt der Terrasse
die OJ)erfläche der oberen neptunischen, wie der unteren vulkanischen
Masse in Form von zwei nach oben gewölbten, ungefähr parallelen
Bogen. Südlich und östlich zieht sich am Fusse der Terrasse der
konchylienhaltige Kaiktuff" in zahlreichen Giuggiulenbänken auf Thon-
und Mergellager herum.
Abgesehen von geringfügigen Erdstössen, über welche unten bei
Gelegenheit der Arethusa zu sprechen sein wird, hat die Gegend von
Syrakus seit fast drei Jahrtausenden keine bemerkbaren geologischen
Veränderungen erlitten. Dies beweisen die antiken Denkmäler, d^ren
Anlage sich über das ganze erste Drittel dieses Zeitraums erstreckt.
Es lässt sich nicht nachweisen, dass bei den Gebäuden, auch nicht,
dass bei den sehr langen unterirdischen Aquaedukten das Niveau
sich geändert habe. Auch an eine gleichmässige Hebung des gesamten
Terrains im Verbal tniss zum Meeresniveau, von der man wohl
1 Wir geben auf den folgenden Seiten 1 ) ihren Längsdurchschnitt von Belvedere
bis zu der Quelle zwischen dem Zollposten Buonservizio und dem kleinen Vorge-
birge Nr. 44 ; 2) den Querdurchschnitt von der Casa Bonanno in Tremilia bis zu
der Mühle in Targia.
— 255 —
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— !256 —
gespiochen hat, ist nicht zu denken ; denn in der Thalebene sind
die Fundarliente, z. B. des römischen Gebäudes in der Canripagna
Bufardeci und der anderen,' welche der Bau der EisenbahnUnie
Siracusa-Licata im untern Anaposthal zu Tage gefördert hat, so
wenig über dem Meeresniveau, dass sie im Altei'thum nicht noch
tiefer gelegen haben können. Andererseits verbieten es auch wieder
die Nachrichten der Alten von der Sumpfniederung,' welche an den
grossen Hafen im Nordwesten grenzte, anzunehmen, dass von dem
Alterthum bis jetzt eine bedeutendere Senkung stattgefunden habe.
§ 2. Qoellen und latente Wasser.
Die ])edeutendste aller Quellen des syrakusischen Gebietes ist
die Kyane. Sie strömt aus den zwei Kanalmündungen Pisma und
Pismotta (s. S. 2'2) mit solcher Stärke und Wasserfülle, dass sie aus
beträchtlicher Höhe von dem Stock oder den Ausläufern des M. Lauro
' herabkommen muss. Der Grimiti ist als Ursprung ausgeschlossen,
weil zwischen diesem und der Kyane das Anaposbett und seine
Sümpfe tief eingesenkt sind. Eine genaue Ausmessung der Tiefe
. beider Quellen ist bis jetzt bei der Heftigkeit, mit welcher das
Wasser hervorbricht, nicht gelungen; auch ändert sich der Grund
fortwährend; doch, ist es sicher, dass sie bis auf oder unter das
Meeresniveau hinabreichen. Die Oberfläche des Kyanewassers ist
am Quellorte ungefähr dO m über Meer.
Bei dieser absoluten Höhe wäre eine Leitung zur Versorgung
von Unterneapolis und Ortygia mit Kyanewasser wohl möglich gewesen.
Hätte man eine solche bauen wollen, so hätte man deren Ausmün-
dung unterhalb Neapolis noch einen Meter über Meer halten können
und doch bei einer gesamten Niveaudifferenz von 9 m auf c. 5500 m
Länge ein für die Wasser Übertragung ausreichendes Gefäll von
von 0,00164 auf den laufenden Meter behalten. Die nach Nordost
allmählich abfallende Ebene hätte für eine derartige Anlage gat keine
Schwierigkeit geboten, und der Anapos konnte kein ernstliches Hin-
derniss in den Weg legen. Ob jedoch das S. 24 erwähnte Terra-
' kottarohr und die aus verschiedenen Bauperioden stammenden Ueber-
reste einer alten Brücke in der Nähe des Zusammenflusses von
Kyane und Anapos eine Beziehung zu der fraglichen Wasserleitung
gehabt haben, lässt sich bis jetzt noch nicht feststellen.
— 257 —
Was die Menge des Wassers betrifft, so folgt auf die Kyane
zwar zunächst, aber dpch in grossem Abstand die Arethusa. Denn
ihre Zuflüsse, samt den Quellen der Passeggiala pubblica längs des
Weststadens von Ortygia erreichen nicht die Wasserfülle jener. Da über
die Arethusa im Zusammenhang mit den Wasserverhältnissen Orlygias
weiter unten ausführlich zu reden sein wird, so wenden wir uns
nunmehr zu den Quellen der syrakusischen Terrasse.
Ihre Anzahl ist ziemlich gross. Sie entspringen an, vereinzelt
auch unter der Scheidelinie, welche zwischen der oberen Sedimen-
tärschicht und der vulkanischen Unterlage rings um die Terrasse
hinläuft. Unter den 10 Quellen des Nordrandes, von denen 5 auf
Kpipolai und ebenso viele auf Tycha kommen, ist die bemerkens-
wertheste die sog. Fontana delle Palombe. Sie fliesst unterhalb Tychas
<iOO m westlich von der Bucht S. Bonagia und nur wenige Dezimeter
über dem Meeresspiegel, so dass sie selbst bei geringem Seegang über-
Ihithet wird. Vor ihr ziehen sich Spuren einer Mauer hin, welche
offenbar einst zum Bollwerk gegen die Wogen diente. Man steigt zu
der Quelle auf einer in die senkrechte Felsen wand in guter Technik
eingehauenen, aber durch die Zeit und die Meeresbrandung verwit-
terten Treppe hinunter. Ebenso führt eine Felsentreppe auch zu der
.*]5() m weiter östlich gelegenen Strandquelle hinab, deren Süsswasser
in einer Hohle hervorquillt, um sich sofort mit dem Meerwasser zu
vermischen.
Auf der ganzen Küstenlinie Achradinas von S. Bonagia bis zu
den Klippen von Pietralunga finden sich zwar nur 2 kleine Quellen
nel3on einander, bei dem Zollhaus Buonservizio etwa in der Mitte
der Ostseite (i m über dem Meer ; dass aber der ganze dortige
Untergrund voll latenten Wassers ist, Jjeweisen mehrere neuerdings
gebohrte Brunnen. Dagegen gibt sich der Wasser reich thum der
südlichen Achradinaabdachung dadurch kund, dass auf der weiten
Strecke zwischen Pietralunga und dem Isthmus zur Zeit der Ebbe
ein ununterbrochenes Hervorrieseln unmittelbar am Bande des kleinen
Hafens stattfindet.
Endlich fliessen nach dein Anaposthaie hin einige Quellen am
4
Südrande sowohl der unteren Terrasse del Fusco, als weiterhin an
tleni der oberen bis nach Tremilia, woselbst 2 Quellen aus dem
vulkanischen Tuff hervorbrechen.
Lupus, Die Stadt Syrakus. 17
— 258 —
«
W<Miii in (iei) Zeiten des alten Svrakus alle oben beschriebenen
Quellen, ausser der Kyane und Arethusa, lißsser gepflejjt worden
wären und sogar das Dreifache ihrer heutigen Wassernienge gelieferl
hätten, j«o wären sie nicht einmal für die Bedürfnisse einer der
heutigen an Zahl gleichen Bevölkerung ausreichend gewesen. Man
innsste also auf weitere Mittel zur Beschaffung von Trinkwasser
sinnen, und diese Mittel mit der Zunahme der städtischen Bevölkerung
gleichen Schi-itt halten lassen. Den Anfang des später so weitver-
zweigten und grossailigen Wasserleitungsnetzes von Syrakus machten
offenbar Rinnen, in welchen sich das am Terrassenrand von selbst
hervorquellende Wasser ansammelte und bis zu den Ansiedlungs-
stätten fortgeleitet wurde. So fing man die 5 westlichsten Quellen
des Nordrandes in einem ungefähr II km langen Kanäle auf, welcher
nach den ncK-li vorhandenen zahlreichen Spuren c. ^K) cm breit und
hoch in die Felsen wand eingehanen war und längs derselben, gele-
gentlich auch Vorsprünge als unterirdischer Tunnel durchschneidend,
bis nach Tycha hinlief. In geringer Entfernung nordöstlich von der
Scala greca, wo die Anlage der Landsti^asse nach (^atania ihn unter-
brochen hat, sind die letzten Spuren desselljen; s. Karle 1 Nr. 1)4.
9«. i()0. 101. 102. Sein Gefall beträgt auf den Meter 0,(lC)8l«.i
Dagegen ist aus Mauerwerk aufgeffdirt ein Kanal, welcher sicli
noch 700 m weit zwischen der Gontrada Tremilia und Galera vei-
folgen lässt : Karte I Nr. 75. Er besteht ganz aus Opus incerlum :
auf gemauertem Boden erhel>en sich zwei parallele Seiten wände,
welche überwölbt sind. Die Stärke des Mauerwerks beti'ägt ringsum
0,45 m, der Hohlraum ist 0,40 breit und 1,45 hoch. Ein wasser-
dichter Verputz bedeckt den Boden und die Seilen wände 0,X) m
hoch. Die Leitung lehnt sich an den schrägen Südabhang der Ter-
rasse an und läuft theils unterirdisch, theils unter freiem Himmel.
Sie wurde wohl einst von Tremiliawasser gespeist und führte
zweifelsohne nach dem unteren Theile von Neapolis. Du sie .somit in
einer Länge von ungefähr 4 km aus einer ab.soluten Höhe von 50 m
zu einer von durchschnittlich 15 m herabgestiegen sein würde, so
hätten wir ein Gefall von 0,000 auf den Meter. 2
* Die Existenz dieser antiken Leitung ist erst neuerdings durch Crisl. Cavallari
festgestellt worden.
* Es ist kaum glaublich, aber einer der vielen Beweise für die Fortschritte
der syrakusischen Topographie in den ^-^^ ' 'Tzehnlen, dass Serradifalco, Ani.
— ^259 —
Zu solchen Anlagen kamen lernei' unterirdische Aquaedukte,
zahllose Brunnen, Cisterneii und andre Werke hinzu, welche ausser
dem in natürlichen Quellen iliessenden, aher bei weitem nicht
jrenügenden Trinkwasser eine viel grössere Menge lieferten.
Aus den obigen Auseinandersetzungen ersehen wir, dass sowohl
die Anaposniederung als auch die syrakusische Terrasse reiche unter-
irdische Wasseradern enthält, welche auf undurchdringlichen Schichten
fliessen und zum Theil mit bedeutendem Druck hervorquellen, so
dass man die Höhen des westlichen Gebirges als ihren Ausgangs-
punkt betrachten muss. Andererseits lehrt aber auch das Vorhan-
densein so vieler Brunnen, dass in Folge der Porosität des Kalktufl's
sich überall in der Tiefe Wasser da ansammelt, wo die Sedimenfär-
schicht auf dem vulkanischen Felsen auflagert (acqua di cinta). Nun
ziehen sich aber alle Wasser wegen der Undichtigkeit des obeien
Gesteins und wegen der nord-, sud- und ostwärts gerichteten Ab-
dachung des undurchdringlichen Kernes, welcher auch die unter-
irdischen Wasseradern folgen, nach dem Niveau des Meeres hin, zum
Theil sogar unter dasselbe. Daher kommt es, dass Süsswasserquellen
hie und da aus dem Grunde des grossen und des kleinen Hafens
emporsprudeln. Die wichtigste dieser Quellen ist ganz in der Nähe
der Arethusa der sog. Occhio della Zilica (s. S. 77 f.). Dass auch das
in Orlygia jetzt latente oder hervorquellende Trinkwasser durch
natürliche Gänge von dem Festland her unter den beiden Häfen
übergeführt Avird, gewinnt nach dem Bisherigen einen hohen Giad
von Wahrscheinlichkeit. Diese wird im Weiteren zur Gewissheit
werden .
§ 3. Die vermeintliche Crimitileitung.
Schon im 16. Jahrhundert begegnet uns in der eben entstehenden
Topographie von Syrakus die Ansicht, dass die unlerirdisclien
Wasserleitungen der syrakusischen Terrasse vom Grimiti ihren Aus-
gang nähmen. Fazello sagt : Gaeterum ubi caput habeant (aquae),
licet ad montem Crimilim conjectura ducamur, incertum tarnen
Bd. JV. S. 79 diesen Wasserkanal wegen seiner beiden Seiteuniaueru mit der
doppelten Einschliessungsmauer der Athener, Thuc. VI 103, und der ühnlichen,
welche die Peloponnesier um Plataiai aufgeführt haben, in Verbindung bringen
konnte.
— t>ßo —
tenernus. Subtili naiuqne industria tbntibus prorsus occiusis subter-
labendo eo pertractae sunt. (S. 247 der Pal. Ausg. von 1717.) Er
drückt sich, wie wir sehen, vorsichfi^' aus idjer die vermeinthche
Herkunft des Wassers. Ks kehrt al)ei' bei den Topographen und in
der Lokaltradition die Annahme immer wieder, dass die drei süd-
lichen Aquaedukte Treniilia, del Ninfeo und de! Paradiso, sowie die
Quellen und Wasserläufe des Nordrandes nur Abzweigungen einer
grossen Hauptleitung seien, die unterirdisch vom (^rimiti, dem antiken '
Thymbris, nach Syrakus geführt worden wäre.
Aufs eingehendste hat sich ,\u\. Schubring mit der Frage
beschäftigt und ist auf Grund persönlicher Untersuchungen an Ort
und Stelle zu dem Resultat gekommen, dass eine solche Crimiti-
leitung allerdings bestehe. Der erste Theil seiner vortrefflichen Ab-
handlung K über die Bewässerung von Syrakus » im Piniol. XXH,
186i S. 577 — 638 gipfelt in dem Satz, dass « der Endpunkt des
grossen, viel verzweigten Crimitiaquaediiktes, dessen ganzes System
auf dieses Ziol hingerichtet ist », die Arethusa sei (S. 608).
Die Möglichkeit, dass die Wasseradern im Innern der syraku-
sischen Terrasse zum Theil von dem Grimiti kommen, soll durchaus
nicht in Abrede gestellt werden ; wohl aber wird die folgende Aus-
einandersetzung darthun, dass ein durch Menschenhand hergestellter,
etwa 16 km langer, unterirdischer Kanal vom Grimiti bis nach Tycha,
wie ihn Schubring zu erweisen sucht, nie existiert hat.
Bei keinem alten Schriftsteller steht auch nur eine Silbe von
einem solchen Tunnel, der doch ein imponierendes und der Erwäh-
nung werthes Werk einer im Gentrum der alten (jeschichte
gelegenen Stadt gewesen wäre. Wenn Thuk. VI 100, sagt : o? ot
'A0r/;ai5'. TSJ? t« hy^ii:o\jq ajToW, oi iq -yjv ttcXiv 07:ovoiJi.r^obv ttotoj u^aTs;
r<Y;x£vc'. vav, $t£5Ö£tpav, so ist diese Nachricht für unsere Frage ganz
iiTclevant; denn sie bezeugt lediglich das Vorhandensein von unter-
irdischen W^asserleitungen auf der syrakusischen Terrasse zur Zeit
des Athenerkrieges, was durch topographische Thatsachen bestätigt
wird (s. S. 96). Diese sind entweder alle oder wahrscheinlicher nur
theilweise von den Athenern durch Zerstörung oder Verstopfung
gesperrt worden. Denn von Wassermangel in der Stadt während der
langen Belagerung meldet Thukydides nichts. Jedenfalls waren die
Syrakuser von der Ankunft Gylipps und der FJrrichtung der nördlichen
Quermauer an wieder im Besitz der S. 258 beschriebenen Tycbaleilung.
— 2(31 —
Der angebliche Hauptkanal müsste natürlicli, damit der Wasser-
strom nicht die zur Erreichung des Terra ssenniveaus nolhwendige
Höhe verlöre, dem Sattel zwischen Crimiti und Belvedere folgen
und unter dem Euryaloskastell und seinen Gräben in die syraku-
sischen Festungswerke eintreten. Auf diesem Wege findet denn auch
Schubring 4 viereckige Schacht- oder BrunnenöfTnungen, 1 1/2 km
nordwestlich von Belvedere. Ob dieselben aber, wie die 2 erslen,
welche er auf der Crimitihöhe konstatiert hat, Wasser in ihrer Tiefe
haben und über einem Kanäle stehen, ist nicht festgestellt, da sie
mit Schutt angefüllt sind. Auch entspricht die Richtung, in welcher
sie auf einander folgen, nicht der des fraglichen Aquaedukts, .sondern
kreuzt dieselbe ungefähr rechtwinklig. Ueberhaupt hat sich die
Beweiskraft solcher scheinbaren Schachtmündungen, deren Tiefe
nicht untersucht Ist, als hintallig erwiesen. Innerhalb des Festungs-
ringes nämlich zieht sich nach Schubrings Ansicht die Hauptleitung
den Nordrand von Epipolai entlang bis zur Cava S. Bonagia. Auf
der grösseren Hälfte dieser 5 km langen Strecke trifft er nur 2
BrunnenöfTnungen (a. a. 0. S. 580 mit Nr. 12 und 13 bezeichnet),
die eine mitten im Westhofe des Eurvalos, wo sie anscheinend un-
mittelbar aus dem Tunnel aufstieg, um diese wichtige Akropolis von
Epipolai zu speisen, die an^re ungefähr 1 J|2 km östlich von dem
Kastell und etwa 100 m südlich von dem Nordrande Epipolais.
Wie steht es nun mit diesen 2 Brunnen, den ei*sten und fast ein-
zigen 1 direkten Zeugen der Hauptleitung innerhalb der syrakusischen
Hingmauer? Den ersten haben Holm und Sav. Cavallari ausräumen
lassen und statt eines Brunnens nur rechteckig zusammengelegte
Quatiern gefunden, zwi.schen denen man in einer Tiefe von 2,50 m
auf den festen Felsboden und nicht auf einen Wasserkanal .stie.ss. Der
andere, ebenfalls verscliüttete Brunnen abei-, von dem Schubring
sowohl die Tremilia- wie die Nymphaeumleitung — jene erst 1, die.se
sogar erst 23(4 km weiter sudlich und südöstlich wirklich nachweis-
bar — sich abzweigen lässt, ist nicht aufzufinden gewesen, trotzdem
Cavallari Vater und Sohn mit zwei Bauern mehrere Tage lang die
dortige kahle und flache Felsgegend durchsucht haben.
^ Nur längs der beiden östlichsten Kilometer sind Ä der Nähe des nördlichen
Terrassenrandes vereinzelt einige wenige Brunnen, welche Schubring auf seinem
l^tauptkanal f-telien lässt.
Trotz aller Mühen hat mau weder in dein wasserarmen Dorf
Belvedere, welclies docli gerade üher dem Kanal stehen müssle,
noch auf dem Joch vor der Euryalosfestung, wo man verj^ehlich
einen alten viereckigen Brunnen ausgeräumt hat, Wasser finden
können. Man muss sich mit einer grossen Gisterne, ein paar dürftigen
Quellen der Umgegend und der den Südabhang des Joches heglei-
tenden Leitung Galermi behelfen.
Audi im Innern und in der Nähe des Kastells sind einige
Cisternen. Sie wären eigenthch überflüssig gewesen, wenn jener
unterirdische Kanal so treffliche Gelegenheit zur WasserbeschatTung
geboten hätte. Dieser Kanal soll nacti Schubring einst auch ein
;'iosses Bassin nordöstlich von dem Kastell gespeist haben. Aber eine
n
sorgfältige Untersuchung hat diese Annahme nicht beslätigl. Eine
kleine oftene Rinne diente dazu das Regenwasser zu sammeln und
dem Bassin zuzuführen, was heute noch hier und bei anderen ähn-
lichen Anlagen auf der Terrasse geschieht.
Wenn man bei der Ausräumung der beiden vermeintlichen
Brunnen , welche den Schlüssel zu der fraglichen Wasserleitung
hätten bilden müssen, zu irgend einem positiven Resultat gelangt
wäre, wenn sich irgend welche Spuren einer solchen Leitung hätten
auffinden lassen, so hätte man von Seiten des kgl. Ministeriums alles
aufgeboten, um der Sache weiter auf den Grund zu kommen, und
hätte zu dem Zweck zunächst die Strecke zwischen dem Grimiti und
Belvedere ins Auge gefasst. Denn seit 1854 hat die Regierung durch
die Domänenadministration aufs angelegentlichste Nachforschungen
ül)er die Herkunft der syrakusischen Wasserläufe angestellt, da es
sich um das seit vielen Jahren von Regierung und Privaten umstrit-
tene Recht der Wasserableitung handelt, bisher aber nur in Bezug
auf den Aquaedukt Galermi, dessen Ursprung man seit Jahrhunderten
kennt, zu Gunsten des Staates entschieden werden konnte.
Oestlich von dem für die vermeintliche Verzweigung eines Haupt-
kanals so wichtigen, aber nicht mehr auffindbaren Brunnen Nr. 13
(die Oertlichkeit, wo ihn Schubring ansetzt, ist auf Karte I mit A
bezeichnet) liegt in einer Entfernung von c. 600 m bei Gasa Torgitto
der nächste noch heute benutzte Brunnen, welcher (Nr. 61 bei Seh.)
schon dem Nymphaeumstrang angehören soll. Sein Wasserniveau ist
55 m über Meer, 30 m unter dem Felsboden von Epipolai. Der
erste oflene Brunnen der Tremilialeitung (Nr. 21 bei Seh., = B auf
Karle 1) ist 1 km von A entfernt, und enthält lliessendes Wasser,
dessen Oberfläche 71 m liber dem Meer und 19 m unter der Erde
sich befindet. Folgen wir der Annahme Schubrings, dass von A der
Tremiliaslrang ausgehe, und lassen wir ihn zwischen A und B nur
ein Geiall von 5 auf 1000 hal)en, so niüsste das Wasser bei A, wo
die Terrasse eine absolute Höhe von 85 m hat, 76 m hoch und nur
9 m unter der Erdoberfläche iliessen. Man käme also zu dem ^vun-
derbaren liesultat, dass die vermeinthche Wasserleitung von A bis B
auf 1000 m Entfernung 5 m Gefall hätte, dagegen von A bis zu
dem Torgittobrunnen trotz ganz gleicher Niveauhöhe des Terrains
auf nur 600 m Entfernung '21 m Gefäll !
Ein noch auflallenderes Verhältniss lande innerhalb desselben
Wasserlaufes zwischen dieser ersten und der weiteren Strecke bis
zu dem ersten der wirklich im Zusammenhang stehenden Brunnen
der Nymphaeumsleitung statt. Dieser, bei der Gasa de Franchis be-
findlich, hat eine Wasseroberfläche von 47 ni absoluter Höhe, was
von dem Torgittobrunnen an 8 m Gefäll auf etwas über 2 km Ent-
fernung gäbe : also noch nicht 4 in auf iOOO, im Anschluss an 21
m auf 600 ! Es lässt sich durchaus kein Grund zu einer so
enormen Niveaudiflferenz in demselben Aquaedukt einsehen. Bei der
Gleichmässigkeit, mit welcher sich der vulkanische Kern im Innern
<ler Terrasse ostwärts senkt, konnte die Absicht den Kanal stets auf
der Oberfläche der undurchdringlichen Masse zu halten, was bei den
drei südlichen Aquaedukten der Fall ist, nicht die Veranlassung zu
solcher Ungleichmässigkeit sein.
Wie soll man es sich überhaupt erklären, dass die Schachte,
welche bei den drei Leitungen von Tremilia, dem Nymphaeum und
dem Paradies in regelmässigen Abständen auf einander folgen, plötz-
lich mitten auf der Terrasse aufhören, bis dahin aber sowohl diese
vermeintlichen Nebenzweige wie der Hauptkanal viele Kilometer
weit ohne Schachte geführt seien ? An Verschüttung ist bei dem
meist glatten Felsboden nicht zu denken. Die Sicherstellung vor Fein-
den hätte, wenn die drei erwähnten Leitungen vor der Dionysischen
Hingmauer entstanden sind, für deren ganze Ausdehnung das Weg-
lassen der Schachte erfordert ; wenn aber die Tremilialeitung —
denn die andern sind wohl beide ällei* — erst nach AufTührung dieser
Mauer von jenem Hauptkanal aus gebohrt worden ist, war kein
Grund, sie in ihrer südlichen Hälfte mit Schachten, in der nördlichen
dagegen ohne solche zu fuhren.
— 3(>4 —
Die Sache ist vielmehr von einem ^'atiz andern Gesichtspunkte zu
betrachten. Die bekannten unterirdischen Wasserleitungen des Alter-
thums, welche nicht bloss nalurhche Gänge erweiterten, sind so
gebaut, dass in gewissen Abständen senkrechte Luftschachte von
oben lier eingebohrt sind. Sie dienten dazu, der Leitung die viel-
fach wechselnde Richtung anzugeben, das Getall des Wassers zu
bestimmen, die Cirkula!ion besserer Luft während des Baus herzu-
steilen, die WegschafFung des Materials zu erleichtern und zum
Zwecke schnellerer Vollendung des gesamten Werkes gleichzeitiges
Arbeiten an vielen Stellen zu ermöglichen. Vitruv überliefert VIII
7, 3 die Technik, welche sich bis zu seiner Zeit ausgebildet hatte,
in den Worten : Sin autem medii montes erunt inter moenia et
Caput fontis, sie erit faciendum, uti specus fodiantur sub terra
hbrenturque ad fasligium, quod supra scriptum est, et si tofus erit
aut saxum, in suo sibi canalis excidatur, sin autem terrenum aut
harenosum erit solum, parietes cum camera in specu struanlur et
ita perducatur ; puteique ita sint facti, uti inter binos sint actus.
Diese Vorschrift ist wie bei den syrakusischen, so auch bei den
samischen^ und athenischen « Leitungen beobachtet worden, diese bei
dem Emissar des Albanersees am Anfang des 4-. Jahrb. v. Chr. und
bei dem des Fucinersees im 1. Jahrb. n. Chr. 3 Eine grosse Menge
von Luftsehachten steigt aus den Kanälen auf und läuft demnach
genau in deren Linie. Da die drei oben erwähnten syrakusischen
Wassertunnel alle 25-30 m einen Luftschacht haben, so würde nach
dieser Technik der Hauptkanal einer Crimitileitung bei seiner Ge-
samtlänge von 16 km einer Anzahl von etwa 590 Luftschachten
bedürfen. In Wirklichkeit finden wir mit Schubring kaum ein
J S. E. Fabricius, AUei'thir/mr anf Sitaios, i. d. Mitth. d. deutsch, arcb. Inst,
in Athen 1884, S. 163-197.
2 S. Ziller, UntersHchimyen ffher die antiken Wasserleitungen Athens. Ebenda
\S11, S. io:-i3i
3 Bezüglich der grossartigen Aquaedukte von Akragas, der sog. Phaiaken
Therons (Diod. XI 25), scheint es. als ob die Akten noch nicht geschlossen seien.
Schubring, Histor. Topogr, t\ Akragas. Lpz. 1870, S. 40, erwähnt ausdrücklich
Schachte, welche er theils auf der Erdoberfläche, theils aber auch in der Tiefe bei
der Wanderung durch einen unterirdischen Wasserkanal von Zeit zu Zeit liat
einminden sehen, einen sogar von 100 m Höhe. Dagegen bezweifelt Cavallari die
Gleichzeitigkeit ihrer Anlage mit derjenigen der Kanäle. Demnach müssen wir
leider darauf ver?:ichten, die offenbar noch nicht eingehend genug untersuchten
Wasserleitungen von Akragas mit denen von Syrakus in Parallele zu stellen.
— 265 —
Dutzend, und einige von diesen sind ihm selbst von fraglicher Zuj^e-
hörigkeit zu der vorausgesetzten Linie.
Man führe nun hier nicht den 1 km langen Tunnel an, welchen
Enpalinos im Auftrag des Polykrates von Samos durch den Berg
Kastro gebohrt hat. Dort handelt es sich um eine gerade Linie, die
man sogar von den beiden Endpunkten aus zu beginnen wagte
(s. Fabricius a. a. 0. S. 178). Hier dagegen waren die nolhwendigen
Krümmungen nur vermittelst einer grösseren Anzalil von Schachten
einzuhalten. Und gar im Grimiti selbst hätte ein solcher Tunnel mit
Vermeidung der tiefen Schluchten von den 2 ersten Schubring'schen
Brunnenschächten an bis zum Ostfuss des Gebirges in einer Strecke
von über 3 km eine Niveauditferenz von 230 m zu überwinden
geliabt. Die 4 Schachte, welche er im ganzen feststellt, verschwinden
gegen die hier zum mindesten erforderlichen 1,11.
Es wäre ja denkbar, dass die alten Syrakuser den grossartigen
Plan eines unterirdischen Gninitiaquaeduktes gefasst hätten, und dass
die wenigen viereckigen Löcher, welche Schubring gefunden hat,
nicht als Brunnen, sondern als Luftschachte gebohrt worden wären,
um die Möglichkeit eines solchen Werkes zu versuchen : zur Aus-
führung i.st es, wie die genaue Untersuchung des ganzen Terrains
bewiesen hat, nicht gekommen. An seiner Stelle hat man die fast
noch einmal so lange Wasserleitung Galermi gebaut, aber diese
unter freiem Himmel. Die 3 unterirdischen Leitungen der Terrasse
aber beginnen erst in der Gegend, wo die obere Sedimentärschicht
und der untere vulkanische Kern die höchste Höhe ihrer Bogenwöl-
bung (s. die Durchschnitte S. 254 f.) erreicht haben, d. h. südlich
von einer das Terrassendreieck in dei' Richtung von West nach Ost
lialbierenden Linie, und senken sich von da unmittelbar auf dem für
Wasser nndurclidringlichen Gestein bis zum Südrande herab.
§ 4. Die antiken Wasserleitnn^eii von Syrakus.
Die sicher und auf längere Strecken hin verfolgbaren Kunst-
leitungen sind theils unter freiem Himmel angelegt, theils im Innern
der Erde gebohrt. Zu den § 2 erwähnten fraglichen Spuren einei*
Kyaneleitung und deutlichen Resten von langen Kanälen längs des
Nord- und Südrandes der Terrasse kommen folgende Aqnaedukte, in
denen noch heute das Wasser fliesst.
— -iw; —
I) Leitiinq Ualenut
In einei I an^e \ >n i") km lie-^leitet diesi' LliIuiIb la* liiikL
I lu dts Aiiipus Me empldn„t ihi Waiiei am Ü-labliiiv des Monte
Veneie zucist iu> dei (noUa lieüp Maiaviglie m einem ^anz enjttn
Seit ntliai de* niittleien Flu'.blaiit- duiib weUhes An Badi Bolti-
„liujd flii-wt, uiiil zieht na»h dfssen hinmiindunt, iii den \i ipos
ilwi 2 km wfrl die^ni piullel bis -.u mi li mit einei \l)leilung
(fe'js'Uien vpiiiiii^t Dann hierbt ilei Kanal lo lan^e lei Fluss die
Oebiigxlandadiaft duiüistiomt, zieinli li iialie m SLinei Seite ei-^t
jii iki "^uloslctte dis ( iimiti, dessen sudfua- 1»^ dahin beide
V\ H'-etlanli » ein Dop|>elsauni l>f»;leili I halHii entfetnl ei sirh
dhii bh I \ I Anapns und zu hl -inraiiü^ den Suduesl dihang de»
\eil>jndnii^akii iniei zwischen Ctmiiti und Bel\elei'' enlhngnaih
Ifl^leiem liin, dann sndbib \on dic^m und di'iii Futjilu^ I< ndbch
betiitt ei ZMisiben lern Biilalaio und dei lontiadi Ticmiba du
Teira-se und laufl aul diesei in mI wathen \b\\eiihun,;en von dei
^ei iden T mie ijuet u)>ei die Aquaedukte Tremiha und de« Nviiiphaeum^
hinweg, ohn< nules'«n ii^^endwie mit ibiieii in Beuihiuni^/u kommen,
bis mt Tasa dpll Acqut iiüidbi h vim Ihcatei und NvmpbieiiiVi
\(iL hiei vtitlieilt ii<b -^in Wis-li in die Vfnbicn im ddligen
Im isseniiind
Dct \ntaii„ dei Teitun„r in dci (.rolta lelL MaiiM„be ist
1 l'X) in ubei Mea, ihi Fnde an dei L laa dell Aiqui 57 Dei
Niieiiiuiiteis hiel ^on 133 m icr^hcben mit Iti eivvihnlen GcMm)
lanr,e ergibt ein Geläll \ >n 0,0016 mf den Melei
Fast dei rtiijzo hinal 1 lufl in t.inei Bieile m>ii elui einem bdbe»
Meld» untei heiein Himmel und « ii mit bleiiiplalten , / Ih
auch mit B^Ul.hsleln^^^olben l)edeLkl W ei dinih zeilnockilndis
fiealein bindurt-hsehf, sind auch die Seilen und dei Boden „emiueit
\ieieLkii;e I urt^iharhle mit Bnistun^en tind Stemplatlen ils Decken
linden siüi m i eselnusfiigen Zuiicbenrsumen in Monj^e sobald ei
in eine ;<ev¥iBse Tiete untei den FidfKiden hinabsteigt
"Was die Bauzeit Iwtiiill so ist Ijei dem absduten Mangel jedei
Ueberbeipiun„ und mror^e dei starken Umbauten, welrbe wiedei-
> Da liB noL Rimer ununterbrocLeu berutzle Ijslerinileilun^ furlw tirei den
I inf-eMalt ape susgcsetzl nsr und ist so Ifisst seil de ursprrngticlie Bre te
kann cell leststeltan die jet7ige (anert je nach den verschiedenen Slellen
— t>67 —
holt stattgefunden haben, das Urlheil sehr erschwert. Das Ursprüng-
Hche ist von dem Nacht räg-lichen förmlich überwuchert, und eine
Datierunj^' bis jetzt noch nicht möglich. Es ist eine ganz andersartige
Anlage als die bedeutend tieferen, unterirdischen Leitungen auf der
Terrasse.
ti) Leitungen nönUich von der Terrasse.
Westlich von der Gasa Targia ziehen zwei Kanüle neben einander
in südnördlicher Richtung die Abdachung hinab, welche sich zwischen
<lem Terrassenrand und dem Meere erstreckt. Der eine, 100 m lang
im }3ogen laufend, mündet in ein Bassin (Karte I Nr. 91), welches
doi- andre, östliche, durchschneidet ; diesen hat man bis jetzt 200 m
weit in gerader Linie verfolgen können. Beide sind im wesentlichen
ähnlich dem Aquaedukt Galermi von der ErdobeHläche an eingetieft
und, wo das Terrain nicht haltbar genug ist, wie jener in Opus
incertum gemauert, darauf mit Platten zugedeckt und der über
diesen etwa noch übrig bleibende Raum bis zum Niveau der Gam-
pagna ausgefüllt. Nur zum geringeren Theil sind sie unterirdisch
durch den Fels, hier meist vulkanischen TufT, gebrochen. Auch einige
Luftscha^chte .sind noch vorhanden. Die Höhe der Kanäle misst c. 1,50,
die Breite c. 0,50 m. Ihre Sohle geht höchstens einige Meter unter
die Erdoberfläche hinab. Den Gharakter hohen Alterthums tragen
beide Anlagen nicht gerade an sich.
Gespeist werden sie nicht etwa aus einem Hauptkanal am Nord-
rande der Terrasse, sondern aus den natürlichen Wasseradern des
Terrasseniimern ; auch quillt das Wasser durch die Wände der
Gänge hindurch in dieselben. Wohin es aber schliesslicli durch den
zweiten Kanal unterirdisch geleitet wird, noch nicht feststeht.
Der Aquaedukt, welchen Schubring a. a. 0. S. 600 auf dem
Kamm zwischen Belvedere und Grimiti sich von dem vermeintlichen
Hauptkanal abzweigen und ostwärts die Targia durchziehen lässt, hat
nicht auslindig gemacht werden können, obgleich ihm Schubring
50— ()0 Brunnen zuschreibt. Die Ansicht, dass der eben besprochene
zweite Kanal mit diesem Targiakanal identisch sei, dürfte sich nur
dann gewinnen lassen, wenn jenei' — was weder erwiesen, noch
wahrscheinlich i.st — .seine nördliche Richtung plötzlich in eine öst-
liche verwandelte.
Dei' Wasserreichthum und die Fruchtbarkeit dieser ganzen Ab-
— 208 —
ducliunt,', liie vermutlilidi lieilteliatlenD Riciiluitg olii^er Leitung rührt
vtiii selW tu dem Gedanken, dass in der NAhe einst ein grösserer
Wohnuntj-s komplex {,'esl;)n(len hübe, und da )iegt es nahe, sich an die
von Thukydides hei Golegenheit der iithenischen Lnndiiiig' erwühnlo
Oeitlidikeit Le(in zu erinnern.
'■\) Die Leilnng Tremilia
nimmt ihren Anrang ein wenig östlich von der Contradn Bufiilaro
und läuft bis zum Rande der Hochebene hej der Cnsa Bonanno, wo
ihr Wasser eine Mfihle Ireibl. In einer Lünjfe von 815 m verfolgt
sie in gerader Linie die Richtung von Nordnordost nach SOdsüdwesI
und gibt sich auf der Campa^na durch c. 20 Luflschachte Jiund. Der
äusBerste Schacht am Nordende ist verschüttet; der zweite (B auf
Karle 1} ist 19 in tief, sein Wasser ist 71 ni ülier dem Meere.
On nun am Südende 3j m vom Absturz «ntt'ernt das Wasser
eines Schachfes 1(i m unter der Erde eine absolute Höhe von 47 m
hat, so belrä^'l hei dem Niveanunlerschie<l von 2i m das starke
fielall 3 cm auf den laufenden Meter, und xu^rieich erkennen wir,
dass die oliere KalklulTscIiicht, durch deren Basis der Kanal auf dem
vulkanischen Geslein läuft, in dieser Linie lö — ^19 m dick ist. Jlies
Irilt auch an der Front des Terrasse nabhanges hervor.
l) Die Leitung des Nymphueumx
unk-rsclieidet sich von den ]>eiden andern unterirdischen Atjtiaoduklen
dadurch, dass ihre Itichtung nicht geradtinift isl. Wem» sie in dei'
Nähe des Jesuilengebäudes plötzlich aul eine kurze Strecke direkt
nach Osten umbiegt, so muss dies durch eine abnorme Formation
des nndui-chd ringlichen Kernes oder vielleicht eine eingespi-engle
Lavamasse begriindel sein, wovon aher die ganz el>ene und gleich-
förmige Tel rassenolier däche kein Merkmal an sich trügt. Man könnte
hierin einen neuen Beweis dafür flnden, iass diese unterirdischen
Gänge dem Laufe der Wasseradern zwis(^en der vulkanischen und
neptunischen Schicht folgen.
Die Gesamtlänge unsei-ei- Leitung , die von Nordwest nach
Südost, nämlich von der Casa de Franehis bis zum Nympliaeum, '
Heller diese von den Ciceroni so frenannle firo
11 folgenden Tiieile zu sprechen sein.
— 269 —
zieht, beilägt 1385 m. Auf dieser Strecke sind c. 40 Schachte gezählt
worden: noch einige andere, welche den ziemlich regelmässigen Ab-
ständen nach da sein müssen, sind verschüttet, würden sich aber
leicht auffinden lassen.
Der nördhchste Schacht hat 29 m unter der Erde ein Wasser-
niveau von 47 ni absoluter Höhe; der Austluss am Nymphaeum,
von wo das Wassei* seit 1869 nach der Inselstadt geleitet ist, 37 m.
Somit resultiert für den antiken Aquaedukt ein Gefäll von 0,007 auf
Im.
5) Die Leitung des Paradieses
zieht sich in gerader Linie von der Casa Buonincontro nach der Para-
dieslatomie von Nordnordwest nach Südsüdost, und begleitet auf dem
grössten Theil dieser 1565 m langen Strecke die Landstrasse nach
Catania auf ihrer Westseite. Die Zahl der c. 30 Luftschachte würde
diu'ch kleine Grabungen in Zwischenräumen von 25 — 30 m leicht zu
vermehren sein. Es scheint eine Eigenthümlichkeit dieser Leitung
gewesen zu sein, dass die Deckplatten der Luftschachte den Buch-
staben A als Kennzeichen getragen haben. i
Da der erste Schacht am Nordende in einer Tiefe von 22,70 m
verschüttet isl, so sind wir zur Tiefenmessung und Bestimmung des
Gefälls auf einen benachbarten, welchen der Besitzer Buonincontro
vor kurzem hat ausgraben lassen, und einen, der sich 100 m weiter
südlich befindet, angewiesen. Jener ist 29 m tief, in diesem ist das
Wasserniveau 28,50 rii unter der Erde und 33,50 m über Meer. Von
letzterem bis zu einem Schacht am Südende zwischen der Mühle
Greco und der kleinen Kirche S. Nicolo, wo 4 m unter dem Boden
das Wasserniveau 24 m über dem Meeresspiegel isl, beträgt die
Entfernung 1405 m. Auf diese haben wir also einen Niveauunter-
schied von 9,50 m und ein Geßill von 0,007 auf den laufenden Meier.
Die Technik der drei letzten Wasserleitungen ist bei allen
dieselbe. Je zwei durch eine Felsschicht von wenigen Metern getrennte
Stollen sind übereinander durch das lebendige (jrestein gebrochen.
1 Schubring, Bewäss. S. 589 schreibt dieses A dem Nymphaeumaquaedukt zu.
Hierbei muss ein Irrthum vorliegen. Denn laut briellicher Mittheilung hat Crist.
Cavallari bei seinen gründlichen Untersuchungen das A nicht ein einziges Mal au
der Nymphaeumsleitung, wohl aber an der des Paradieses, gefunden.
— 270 —
oline clasN ^icli irgend eine Spur v<in Bekleiduii^f inil Mauerwerk findet.
Ihr Querschnitt bildet ein Ftechleck, dessen Hülie ZMm-lien 1,70 und
■i tn, dessen Tiieite zwischen 0,50 und 1 ni schwankt. IHe Dei^kf
ist zum Theil im Ik^en gewölhl. In i-egelni rissigen iCwischenräuinen
von 25-30, selten his zu 40 in stehen i-echleckige oder <|uadratis<liei
Schachte von c. 1-2 ui Seilenlireile senki^cht auf ilem Sto)lenp:i;trf
untt !4Clzen tWe^ mit einander und der Ki-dol>erf1äche in Verltinduu;;.
Uelier ilen Zweck dieser Schachte ist i)l>en S. 2tii gesprochen.
Zur Bestätigung des dort (iesaglen möge folgendes dienen. Zwischen
je zwei Schachten finden sich oll in den Gängen die Spui-en dafür,
dass, wie heim grossen samischen Tunnel (s. o. S. 205), von zwei
S4:iten :ius gebohrt und die Riclitung etwas veifehlt wollten ist,
womiif man den Fehler dui'ch Absi-hrägung <lej' Wände korrigiert hat.
Dass die Schachte im Alterlhum nicht als Brunnen dit'nlon, l»eweisen
die mächtigen Sieinplatten, mit welchen sie hedecki waren unil zum
Tbeil noch sind. So ist eine Mündung der I'aradit-sleitung vmi t>,yo
X 1,30 in mit zwei Platten bedeckt, deren jede ülier 500 kg wiegt.
Kn finden sich solche üeckplatlen von mehr als !KXI kg Gewicht.
In dem unleren der beiden Stullen läuft das Wasser. Weshalb
aber hat man den olieren geliaut '.' Wir stehen hiei' vor demselben
Rälh.^el, wie l>ei der T.eilung des Eupalinos, die ähnliches aufweist.'
Wenn der obere Gan^ nur der Versucli einer Wasserleitung war,
nach dessen Fehlschlagen man erst den unteren bohrte, warum ver-
ISingerte man jenen bis zu dem letzten Brunnen vor dem Auslauf
lies Wassers am Terrassenrande'.' Ueberhaupt fand man ja, wenn
die Schachte, wie nachgewiesen, vor den Stollen angelegt waren,
von voineherein durch jene selbst die Tiefe, bis zu der man binab-
/.ugelien hatle, um auf das Niveau des natürlichen Wasserlaufes zu
kommen. Auch konnte der obei-e Gang niclit für die am Bau beschäf-
tigten ArJ>eilej' als Zulluclit bei einer etwa einti-etenden Hochflutb
gebohrt sein. Denn durch die senki-echten Schachte konnte man
ebenso gut gleich auf die Erdoberfläche hinanftlüchten : In alh'n
I Dieser viereckige Querschnitt unlersclieidet die Scliaclite deutlicli uuil
LiDtEn im g 6 gesproclieu werden
S. Sctiubring, Atn-jas. Leipz. 18*0, S. 43.
— '271 —
Schachlen sind an zwei gegenüberliegenden oder auch an allen vier
Wänden in passenden Zwischenräumen von oben nach unten Ein-
schnitte angebracht, in welche entw'eder Querpfosten leiierartig
eingelassen wurden oder in die man, mit den Händen an einem
Tau sich haltend, beim Auf- und Absteigen die Fiisse einsetzen
konnte.
Am wahrscheinlichsten ist es, dass der obere Stollen den
Wassermeistern zur Ueberwachung und Reinigung der Leitung
diente. Zu dem Zwecke brauchte nur ein Schacht oder wenige
geöffnet zu werden, der trockene Gang gestattete einen leichten
Verkehr längs der ganzen Wasserbahn. Zugleich förderte er in Ver-
bindung mit den Schachten nicht nur- während des Baus, sondern
auch in der Folgezeit die Luftventilalion, welche bei dem vulkanischen
und gashaltigen Untergrund, ganz abgesehn von den Beamten und
Arbeitern der Wasserleitungen, für die Gesundheit und Schmack-
haftigkeit des Wassers nothwendig war.
Ausser den bis jetzt besprochenen Leitungen gii)t es noch andere,
die in derselben Technik oder auch mit Hülfe von Terrakottaröhien
angelegt waren. Aber zum Theil verschüttet und zerstört, funktionieren
.«iie nicht mehr-. Die Gegend rings um die Paradieslatomie w^eist theils
auf, theils unter dei' Erde manche antike Reste und Spuren auf.
Diese verlieren sich jedoch bald, da sowohl das dortige Terrain, wi(^
die durch dasselbe führenden Wasserleitungen in alter und neuer
Zeit viele Veränderungen erlitten haben. Es wird kaum möglich
sein, über die Verzweigung des antiken Leitungsnetzes in der Niede-
rung von Neapolis und Achradina zu einer klaren Vorstellung zu
kommen. Deshalb begnügen wir uns hier nur noch folgendes her-
vorzuheben, bezüglich des Details auf Schubring, Bew. S. 603 ff.,
verweisend .
In den Katakomben von S. Giovanni in Unterachradi na stösst
man auf deutliche Reste von Wasserleitungstunneln, w^elche zur Zeit
des Baues jener nicht mehr in Betrieb waren. Ihre rechteckigen
Luflschachte wurden als Oberlichlöffnungen J)enutzl.
Von besonderem Interesse ist eine Wasseranlage an der Süd-
westecke das katholischen Friedhofs zwisdten den Latomien Casah»
und der Kapuziner. Eine Treppe von 104 Stufen führt in eine Tiefe
von 24 m unter der Erde bis auf das Niveau des Wassers und steht
— 272 —
mit 4 kurzen Gängen in VerLindung.i Der Zweck des Ganzen ist
unklar. Hätte es sich J)loss darum gehandelt, Wasser auf die Ober-
fläche der Erde zu scliaflen, so hätte ein einfacher, senkrechter
Brunnen genügt. Es scheint der Versuch eines grösseren Wasserlei-
tungssystems gewesen zu sein, welcher aber fehlschlug, weil miin
das Trinkwasser erst auf dem Niveau des Meeres fand, so dass eine
weitere Ueberfiihrung nicht möglich war.«
§ 5. Höhenverhältnisse der latenten Wasser von Syrakas.
Wir haben im § 3 nachgewiesen, dass die Wasser im Innern
der syrakusischon Terrasse nicht durch eine grosse Kunstleitung mit
einander in Verbindung gebracht sind. Sie fliessen, wie wir aus den
beiden Durchschnitten ersehen, in Folge der natürlichen Abdachung
des festeren Kernes auf demselben nach Norden, Süden und Osten
hin ab. Diese grosse Wassertläche lässt sich einer ellipsenförmigen
1 Dageg:eii hüte man sich in manchen Brunnen, z. B. dem Pozzo deW Inge-
gnere, scheinbare Kanaleingünge unter dem Wasserniveau für Beweise der Zuge-
hörigkeit dieser Brunnen zu einem unterirdischen Aquaedukte zu halten. Es sind nur
ganz kurze Stollen (pozzi a ripiano), welche lediglich den Zweck haben, die Tuff-
lliiche und den Hohlraum am Fusse des Brunnens zu erweitern und so eine grössere
Menge durchsickernden Wassers in dem Reservoir zu vereinigen. Von diesem in
Sicilien vielfach üblichen System der Bruuuenanlage bieten ausser Syrakus beson-
ders Palermo und Catania eine Menge Beispiele.
2 Wahrscheinlich ist diese Anlage identisch mit einer der zwei von Mirabella
a. a. O. S. 46 der Paler m. Ausg. beschriebenen Grotte dei Laghi, welche er in den
(lärten von S. Maria di Gesü und in der Nähe des Terrassenabsturzes kennt. —
Bei Gelegenheit dieses W^asserreservoirs erinnern wir an einen anderen unterirdischen
Hohlraum nahe am Südrande der Terrasse Galera. E." bildet ein grosses Rechteck
von 5»50 m Breite, 22 m Länge und 1 ,80 Höhe. Acht quadratische Lichtöffnungen
von 0,70 m Seitenlänge gehen in der Richtung der Längenachse durch die nur 1 m
dicke Felsendecke nach der Erdoberfläche. Die eine der beiden Schmalseiten hat
eine kleine apsisjrtige Ausbauchung. Auf der entgegengesetzten Schmalseite ist der
1,40 m breite Eingang, zu welchem man auf einer Felsentreppe von 24 Stufen
hinabsteigt. Zu einem endgültigen Urtheil über den Zweck dieses Souterrains lassen
die geringfügigen Ausgrabungen, welche in dieser Gegend 1839 gemacht wurden,
noch nicht kommen. Doch weisen bedeutende Trümmer in der Nähe auf römische
Zeit hin, und die Vergleichung mit der gleichfalls römischen Piscina von S. Nicolö
sowie mit andren ganz ähnlichen Wasserreservoirs auf italischem Boden, z. B. der
Piscina auf der Villa des Cassius zu Tivoli (s. Lanciani in den Atti d. R. Acc. dei
lincei 18'79— 80, Bd. IV, S. 259 u. Taf. I 8) führt uns auch bei dem Bau in der
Contrada Galera zu der Ueberzeugung, dass wir es mit einer Piscina zu thun haben.
— '273 —
Kalotte vergleichen, deren Langenachse sich von dem Euryalos nach
der Achradinaköste hin senkt und deren Querachse von Nord nach
Sud läuft. Die relativ höchste Erhebung wird durch die eben erwähnte
Langenachse angedeutet ; sie Hegt ungefähr in der Mitte alier Quer-
<lurchschnitle. Diese sind mehr oder weniger dem obigen auf S. 255
ahnlich. Das beweist die Vergleichung des Wasserniveaus in den
über der Terrasse vertheilten Brunnen oder in den zu den drei
Tiefieitungen gehörigen Luft schachten.*
Besonders lief senkt sich die Flache des Siisswassers in Unter-
achradina. In den meisten dortigen Brunnen steht es auf dem
Meeresniveau und schmeckt desto salziger, je näher es dem Meere
kommt, das vom Ufer her landeinwärts durchsickert. Dasselbe findet
auch in den zahlreichen antiken Rundbrunnen Ortygias statt.
Dass das Wasser in dem grossen unterirdischen Reservoir nicht
bloss durch Filtration an Ort und Stelle zusammenkommt, dass aus-
serdem isolierte Adern, vielleicht vom Crimiti her, das Innere durch-
strömen und unter dem Meeresgrunde des kleinen oder auch beider
Häfen bis nach Ortygia hinüberziehen, thun folgende Erwägungen
dar. In den Brunnen und Höhlungen der Insel erhebt sich das
Wasser über das Meeresniveau. Das wäre aber nach physikalischem
Gesetze nicht möglich, wenn das Insel wasser mit demjenigen in Zu-
sammenhang stände, welches an unzähligen Stellen der Terrasse bis
1 Beispiele stellen wir aus drei, dem erwähnten ungefähr parallelen Querdurch-
schnitten hier zusammen :
Niveau des Wassers
über Meer.
1) a. Quelle in der Coutrada Fusco 6,00 m
b. Sudende der Nymphaeumleitung 37,00
'•. Nordende derselben 47,00
d. Brunnen bei der Casa Agnetta Reale 25,50
2) a. Brunnen im römischen Gebäude der Campagna Bufardeci 0,24
b. Brunnen der Eisenbahnstation 1 ,30
c. Südende der Paradiesleitung 24,00
d Nordende derselben • 33.50
e. Quelle aii der Scala Greca 20,00
3) a. Püzzü deir Ingegnere 0,50
b. Brunnen nördlich von S. Maria di Gesü .... 19,00
c. Brunnen der Casa Castcllentini (42,40 m tief, der
tiefste der Terrasse) 19,60
d. Quelle au der Cava di S. Bonagia 0,00
Lupus, Die Sladt Syrakus. 18
— -r.i —
a»t *»■• Miofr»nit«siii hinah mit <fer 1^0 ia Bmibran^ lniuiair. t-
KfiKtWi «»(»■ l'f "VJfi aiw «ter fVrri* wiri^n un>t hier wi^ in »W
ant ;(r'— *n ihf-t, .-k.j— f prirr/--(i la-i*Tt. V;f(. da- ^. ÜTifi Aber .ti»-
Ir. '!»• ifr'r"<^ tMllrtnirr>l<r ArHliii-^l«~Mii. wekli.-> imi iwr^^
«IcHl nrd loil <l«nii i-lMraktfH.''lt-H-beii Papyni.-M-tiiiiui'k vi>n il«r Ryanr
tn-r l*r(ifli»iizt »«rH«! i«l, iii>'iiiil';n ii»>ri n3l(ir1it.-h*f uiiil vier küit^-
li''hi- Kar>A!'* Tio. ltN~*r v^hiiiden d»!' KK<-kvri mit drei untennli:^-!»-»
flf-^TViini »inl triit n4l>'irli<-lteii Wa.- -eruier n. wekhe .siili tlurvli iteii
M'M^i ^relMilirl lialH-n •■>i'l mir »••lilieii itadiwei^lidi alle kDn>llH-lt
fHivAi%iU-u K:iiiäl<> in -lirflilfr Vf-rUittilun;.' stehen.
Awf •^m*' aii»;«il<!liii)>- Ver/Wfi;:un;i .Icr niiterinlisi-lieii \V;isser-
litiifi-, uu<< wlclu-ii ilii' Ai'-lliiiHa i'(tl.s|>rirr},'l, isl ^hoii S. 7<> IT. I)iii;:e-
wit""'«!, Kn-i(i»ii''f wii- 'lur riorl au^' den Jalireii H7ll und l-VMi
tx-ifiiiji'leii, I)»Ih-ii -i.li iiK-liiriial« wieilerlioll. S<> in den J»lin-n 1577
iiitd 17fri, wi.' l^i)H>dii-ii er/alill. In ilei- Neuzeit versiej.'ten um
». Aiiii. If7ll |.l'"fl/li-li 'li.- ZullfiMse der Ai-etimsa. Ztijileicli aber ver-
liiirir ni "iiiei.i I ir.hn-i< von 1:H> Jii um ilie!^-]l>e alle Uruniienwa^'<er
ihi'ii Sid/K<'-i liinaik iiti.l wuideti ^'•"■•ss, aiieli li>.l> sich ihr Niveau
ittn ''fniM'- Itenirdi-In , |)<>ifi'j<efi wurde da^ In der Arethui^a trehliebene
VVii^f«'!' Mill><Hiiidi(i hJllei. Ati deiij (leslade des ;:r<«sen Hafens, wo
in diTwIlieii /i'il iriit rli-r Arethusa diu liest eilenden (juellen zu
llii'-xi-ii iKitVeliürl linlli'ji, hriii'ti plälzlich ein Dutzend neuer Quetl-
H|iiiiili'l lirrviir. 'Mi Ta^fi' währte diese Wasserrevolutioii im Sclmsse
Ihlv^iiiH. Am i. Si-|il. nlicr lie<;anu die Aielhusa wieder zu strömen
und elu-niii ki'lirti' in den ftliriffen Quellen und ftrunnen der alle
/•Mund /nri'K'k,
S (I. Dil- Hyrttkneischen Brunnen.
Wie wehr i'> dir alli'ri SyraiiUMer verstanden tialien, das reiche
WiiJoii'crcNi'i'M'ii' iiiilcr ilireu Küssen auszuheuteii, wie wenijf im Falle
i'iiii'i' Hehl Hern iiji ilii' Sladl von Seiten etwaiger Wassenioth xu lie-
lüri'hleii hitlli' (". S, iSHI), ersehen wir aus der ^''^ssen Menjre von
— '275 —
Brunnen, welche sich vornehmhch über Ortygia und Unteraclu'adina
ausbieiten. Sie liegen entweder offen zu Tag, wie an den Oslufern,
wo manche schon eine Beute des vordringenden Meeres geworden
sind (s. S. 18 f.), oder sind durch spätere Bauanlagen verdeckt und
v.erwiscbt. In den Kalakoml>en CLt^isia bei S. Maria di Gesü bilden
einige von ihnen die Liciilöffnungen und beweisen ilir höheres AHer
dadurch, dass senkrecht unter diesen lUindlöchern in der Decke die
ehemalige untere Fortsetztmg der Brunnen mit dem gleichen Durch-
messer in den Boden hineinreicld, wo freilich bei Einrichtung der
Katakomben durch Schuttausfüllung dieser Löcher ein gleiches Ni-
veau hergestellt worden ist. Eines jedoch ist frei geblieben : in seiner
Tiefe kann man ebenso; wie aus einem Brunnen in der Krypta von
S. Marxiano unter der Kirche S. Giovanni, noch heute Trinkwasser
schöpfen. Auch der Hohlraum unter der Kirche S. Filippo und ein
Keller der Casa Bianca auf Ortygia haben mehrere Brunnen quer
durchschnitten, deren Beste an der Decke und im Boden fortdauern.
Alle diese Brunnen sind als kreisrunde Gylinder senkrecht in den
Felsen hinunter gebrochen und haben den gleichen Durchmesser
von 0,80 — 0,85 m. Bemerkenswert h ist bei der verhaltnissmüssigen
Enge des Baumes die Sauberkeit dei* Arbeit, mit welcher sie zum
Theil bis zu 18 m Tiefe ausgeführt sind.
THEIL II. — Andere Bauwerke.
§ 1. Das Kastell £uryalos.
Das lifg km lange Höhenjoch, welches den spitzen Kegel von
Belvedere mit dem Scheitel des syrakusischen Terrassendreieckes
verbindet, verengt sich an seinem Ostende auf eine Strecke von 500 m
zu einem Satlel von nur 50-60 m Breite und setzt sich dann in der-
selben Uichtung am Südrande des Epipolaiplateaus in einem Grate,
welcher steil und schaif wie ein Fischrücken hinläuft, noch 2CK) m
weiter, bi* zu einem kleinen Hügel fort. Da wo sich der Sattel in den
Grat zuspitzt, nähert .sich auch der ab.schüssige Nordrand von Epipolai
am meisten dem gleichsteilen Südrande, und hier an der engsten
Stelle der Hochebene — sie heisst heute Mongibellisi — .schloss das
Euryaloskastell , in einer Gesamtlange von >iO0 m jenen Sattel ein-
— 27t5 —
V nehrneml, die Hiesonfestunj^ Syrakus im Westen ah. In der That ein
w ünlijier Abschluss. Die teste und beherrschende La<^e, das niächlij^e
j^anz in Quaderhlocken aufgeführte Mauerwerk, das komphcierte System
von Thnrnien, Mauern, Gräl)en , Tunnehi vereinigten sich mit der
Schönheit tier Kundsicht auf Land und Meer, aufGe])irj» und Ebene,
auf Buchten, Hafen, Inseln und Halbinseln, um die Ueherzeugunji;'
tiervorzurufen, dass diese Akropolis einer Stadt wie Syrakus in jeder
Hinsicht el)enbfirtij^ j,rewesen ist. Dem entsprechend ist auch ihr Auf-
treten in der Geschichte. Kein äusserer Feind hat sie je erobert . Ihre
letzte Erwähnunj2^ im Alterthum meldet den von Marcellus gewährten
freien Abzu«^ ihrer Besatzun^^
Diesem Festunj^sschlüssel sind <lrei parallele Grrd)en vor«^elej»t,
welche mit senkrechten Wänden den erwähnten Sattel von Nord nacti
Sud quer durch- und abschneiden. Vollständig geschieht dies eigentlich
nur durch den westlichsten und äussersten, welcher 170 m von der
Kastellfront entfernt ist. In gleichmassiger Breite von m und gerad-
linig läuft er in die südliche imd nöniliche Abdachung aus. Kr hat
also nur eine Ost- und eine Westwand und diente demgeniass nicht
bloss als Vertheidigungsmittel , sondern zugleich als Kommunikation
zwischen den Feldmarken von Syrakus und Megara. Seine Tiefe stellt
in Folge von arger Verschuttung nicht fest.
Die beiden andern Gräben reichen nicht von dem einen Abhang
bis zu dem andern, sondern lassen zu beiden Seiten no<!h eine schmale
Passage auf der Höhe selbst frei. Der mittlere, 86 m östlich von jenem
ersten, ist 50 m in gerader Linie lang. 24 m l)reit und 7'/2 m tief.
In Lünettenform kehrt er die Spilze seines slmnpfen, gleichschenkligen
Winkels nach W'esten. Von der einst seinen Ostrand krönenden
Mauer liegen viele Quadern noch in seiner Tiefe. In der Mitte
derselben Seite fnhit eine Treppe herauf und setzt sich oben in
einem schmalen Gang (Rondengang) fort, welcher zwischen der
Brüstimgsmauer und einer zweiten mit ihr parallelen südwärts bis
zur Aiissenmauer und zum Rande des dritten Grabens läuft. i
Mit diesem ist nämlich der zweite nördlich und südlich durch
je eine Mauer verbunden, und es entsteht so ein rings umschlossener
Hof von etwa 1000 qm Flächenraum. Von den mancherlei Resten und
^ Eine zweite Treppe, welche ebenfalls von Osten in den Graben 2 hinabgeht,
ist wahrscheinlich aus \iel späterer Zeit.
Spuren einstiger Bauten , welche in arger Verwüstung und deshafb
nicht melir klarer Bestimmung den Platz erffdlen, erwfdinen wir nur,
dass aus seiner Mitte eine unteriidische Treppe nach dem nun folgenden
Graben hinabführt, und dass von seinem Südende aus letzterer über-
l)rückt war, wie ein gemauerter Mittel- Und zwei Landpfeiler an den
beiden Wanden beweisen.
Die Gestalt des Grabens l) ist ganz un regelmässig. Er bildet
umgekehrt wie der mittlere ein ostwärts gerichtetes Knie, ist am
Südende 9,50 in, am Nordende 16,50 m breit und bis 9,50 m tief.
Da er nordwärts bis zu dem Abhänge durchgel>rochen ist, so liat er
nur »i senkrechte Felsenwände. Seine vierte, oflene Seite wird aber
in der Nähe des Nordendes durch eine 2,75 ni dicke Quadermauer
mit einem Pförtchen von i m Breite quer abgeschlossen.
Nach einem abermaligen Zwischenraum von ca. 1000 qm, welcher
ollenbar gleichfalls einst ein fester Hof war , folgt endlich die west-
wärts gerichtete Front des Kastells selbst. Sie ist nur 152 m breit und
setzt sich aus 5 Ihurmarligen massiven Pfeilern von je 4 m Breite und
C m Tiefe zusammen, deren J) m breite Zwischenräume mit gleich
dicken Mauern ausgefüllt sind. Wie hoch diese Front und J)esonders
die Thürme gewesen sind, lässt sich nur noch mit Benutzung folgender
Anhaltspunkte vermuthen. Der höchste der 5 Thürme erhebt sich
jetzt noch 9,60 m über dem antiken Boden, diesen bedeckt eine grosse
Menge herabgefallener Quadern , und endlich fand sich 1863 an der
Nordwestecke der Frontlinie ein sein* grosser Panther- odei- Löweii-
kopf, der einst als Wasserspeier des Dachgesimses diente. Man kann
wohl auf eine ursprüngliche Thurmhöhe von ungefähr 15 m schliessen.
Das Kastell zertallt in eine grössere südliche und eine kleinere
nördliche Hälfte. Frstere besteht aus zwei von 2,75 m dicken Mauern
umgebenen Höfen, von denen der westliche fast genau rechteckig ist,
der östliche unregelmässig polygonal, aber doch im grossen und
ganzen ein Dreieck mit ostwärts gekehrter Spitze bildet. Hier folgt
eben die Befestigung genau den von dem oben beschriebenen Terrain
vorgezeichneten Linien. Durch die Trennungsmauer beider Höfe führt
ein nur 1 m breiter Durchgang mit Falzen an den Seiten- und Deck-
quadern zum Einsetzen dev Thür. In dem westlichen Hofe lehnen
sich an die Südmauer zwei , in dem östlichen an die Nordmauer ein
kleines Gemach an, jedes etwa iO qm gross mit Mauern von 0,75 m
Dicke. Spuren eines vierten Gebäudes zeigt die Nordwest ecke des Ost-
— 278 —
hofes. Auch dieser war ausser .S4*ineii Mauern durch Thuriiie ;reschülzt.
Von zweien ist noch «ler vöMi;r massive Unlerhau erhalten. Der eine
schliesst in einem Quadrat von ll,ti5 m Seitenlange die Xordspitze
des Hofes all und ivih^l noch die Heste \on zwei quadernumschlossenen,
gej^en 7 qm «grossen Gelassen. Der andre füllt di«.* Oslspitze der Burj^-
lläche aus. Sein gleichfalls massiver Mauerkern von der Grundform
eines unregelmässij^en Polyj^ons hat die ji^ewallij^e Lange von 24 m
h»M einer grössten Breite von li m. Auch auf ihm stehen noch Zimmer-
wände, und in der Mitte seinei- Ohertlache ist aus dem Quadermauer-
werk eine Gisterne ausgespart. Eine andere Gisterne ist 5(3 m weiter
westlich im Hofe seihst nahe an der Sudmauer angelegt. Demerkens-
werth sind schliesslich noch 5 Vertiefungen , welche unmittelhar vor
der letzterwähnten Thurmmasse in tlie Nordmauer der hier ganz
sihmalen Hofecke horizontal neheneinander eingelassen sind und
vielleicht als Pferdekrippen dienten. Dass auch in der Siidwestecke des
Osthofes ein starker Thurm stand, beweisen mächtige Quadermauer-
reste. Von der diesen Hof und somit das ganze Kastell von Epipolai
abschliessenden Hinnenmauer ist nur die östliche Hälfte erhalten.
In der spurlos verschwundenen westlichen muss das einzige Kingangs-
thor der Burg gewesen sein. Denn sonst ist der ganze Doppelhof
ringsum ohne Unterbrechung von den Mauern umgeben.
Mit diesem 220 m langen und an der breitesten Stelle 65 m
breiten Kastell, dessen Mauern, Thürme und Höfe einen Flachenraum
von 7000 qm einnehmen, verbindet eine von dem Xordthurm des
Osthofes nordöstlich laufende Mauei* von 2 m Dicke und 20 m Länge
eine kleinere Befestigung, welche den Zweck hatte, ein Doppelthor
(Dipylon) von *),10 und .'$,50 m Breite durch zwei Thurme und, wie
es scheint, vier unregelmässige, mauerumschlossene und zum Theil
Gebäude enthaltende Höfe zu decken. Der ganze Komplex mag gegen
2(K)0 qm Fläche bedeckt haben. An seine Nordseite schliesst sich die
J)is zum antiken Labdalon nordöstlich laufende Nordmauer von Epi-
polai an, wie an jenen Ostthurm des Südkastells die Sudmauer,
welche zunächst 2(X) m weit den eingangs dieses Abschnittes erwähnten
Felsengrat krönt.
Dies sind die zu Tage liegenden Theile der Burg.i Sie reprae-
^ Es Iftsst sich noch für das durch ununterbrochene Festungswerke gebildete
Doppelkastell folgender Flüchenraum zusammens»*>H«»" •
\
— t279 —
senliereu ein ungemein festes, al)er wegen der im ganzen und im
einzelnen durchgefuhrlen, last völligen Abgesddossenheil auch wieder
die freie Bewegung der Vert heidiger mid den Verkehr zwischen seinen
verschiedenen Theilen hemmendes Foiüfikationssystem. Deshalb fü«>te
man zu den Mauern, Thürmen und Graben ein ganzes Netz unter-
irdischer Gänge hinzu, welche man 2-3 m breit und hoch in einer
Gesamtlänge von 480 m durch den TnflTelsen brach. Alle diese Tunnel
gehen von dem iimersten der drei oben beschriebenen Festungs-
gräben aus. In dessen Escarpe munden nämlich 11 kurze Gänge,
welche wenige Meter weiter östlich durch einen mit jener parallel
laufenden Gang — eine Art Escarpengallerie — unter einander vier-
bimden sind. Von dieser Gallerie aus ziehen sich 4 Tunnel nach
Osten. Die beiden mittleren und kürzeren steigen in Knien und Win-
dungen, zum Theil auch vermittelst Treppen noch ausserhalb des
durch die 5 Thurme vertheidigten Südwesthofes, jedenfalls aber inner-
halb anderer , jetzt nur noch ganz fragmentarisch nachweisbarer
Festungsmauern, zur Erdoberfläche empor. Die Vorsicht, mit welcher
man bei ihrer Anlage, wie auch bei derjenigen der beiden andern
Tunnel, es vermied, den Untergrund der Oberbauten zu durchbrechen
und zu schwächen, beweist, dass dies ganze Tunnelsystem erst eine
Konsequenz des Gesamtplanes war.
Von dem Södende der Escarpengallerie gehen zwei Gänge aus,
sie vereinigen sich aber bald zu einem Tunnel und dieser mündet in
einen vierten Festungsgraben, welcher fast die ganze Länge der Sud-
mauer des Westhofes begleitet. An seinem Ostende setzt sich der
Tunnel unter einer Decke von mächtigen Steinplatten bis in den
Oslhof fort und vermittelt dessen Verbindung mit den Aussenwerken.
Der vierte unterirdische Gang endlich führt von dem Nordende der
erwähnten Gallerie in einer Länge von 172,50 m bis in das kleinere
Nordkastei L Er ist in derselben Methode gebaut, wie die unterirdischen
Aquaedukte : 10 über seine Gesamtlänge vertheilte Oeffnungen sind
<lie Reste von Schachten, welche, sowohl um die Richtung und das
Graben 2, 3, 4 des Südkastells qm 2495
Die beiden Vorhöfe zwischen Graben 2. 3 und den 5 Thürmen . 2127
Das Sodkastell selbst 7036
Das Nordkastell c. 2000
Summa . . . c. 13658 qm
-- 280 —
Niveau zu bestimmen, als auch um durch jfleichzeiti^res Ärl)eiten an
vielen Stellen die Vollendunjr zu heschleuni^ren, in die Tiefe j^etriehen
und, nachdem der Tunnel fertijr {gestellt war, mit kolossalen Stein-
platten und Erde zugedeckt wurden.*
Alle vier TunnelausjJiänjj^e hatten j^anz besondere Deckunjj^en. Die
beiden westlichen steigen gerade unterhalb der tTml Westthurjne des
Hauptkastells auf, neben der Mundung des nördhchen Gangs stand
ein fünfeckiger Thurm, und der südliche führte, wie es scheint, sogar
unter einem Thurm hindurch in den Osthof.
Damit haben wir aber den Theil der Euryalosfestung , welcher
sich unter der Erde hinzieht, noch nicht erschöpft. Denn auch in die
Weslwand, die Contre.scarpe, des Grabens 3 laufen gegenüber den
erwähnten 11 Tunnehnündungen 4 Gänge aus. Sie haben alle ungefähr
dieselben Dimensionen : l>ei i,7() m Höhe und 2,75 m Hreite reichen
sie 11-15 m weil in den Eelsen hinein. Ihre horizontale Sohle liegt tiefer
als der Boden des Grabens, von dem aus man in jeden derselben
auf einer Treppe 2,80 m liinabsteigt. Welchem Zweck sie dienten,
ist fraglich. Man hat sie für Wassermagazine, Vorrat hskammern oder
ährdiches gehalten und darauf 4 noch unentrathselte Inschriflen am
llande jedes F^ingangs als Zahlen oder Numerierungen bezogen. ^ Aber
dazu durfte doch die Aussenwand eines Festungsgrabens kaum geeignet
sein. Es ist deshalb wahrsclieiid icher, dass diese tiefer als der Graben
selbst liegenden Stollen wesentlich Jleservoirs für das aus dem Graben
hierher zusammenfliessende Uegenwasser waren. Dieser hat sonst
keinen Wasserabfluss und war doch ofTenbar zum Beschreiten und
Mana^uvrieren, vielleicht sogar auc'h zu gelegentlichem Aufenthall für
Pferde milbestimmt, wenn einige aus dem Felsen der Südwand imd
an dem Ausgang des nördlichsten Tunnels ausgehauene Binge mit
4 cm weiten Oeffnungen wirklich zum Anbinden jener und nicht von
J Doch waren diese Schachte nicht, wie die der Aquaedukle, senkrecht, son-
dern offenbar zur Erleichterung der Materialförderung, in Form von schrägen
Treppengüngen als ScHileppscbachte angelegt, was noch ersichtlich ist an den oberen
Stul'en, welche mit der Felsschicht zwischen der Tunneldecke und der Erdoberfläche
erhalten geblieben sind.
2 Die von J. Schubring in Jahns Jahrb. Supplementband IV S. 0*2 verülVent-
lichten Inschriften, jede 0,15 m hoch, sind folgende :
ciiih^^^^ £11111^ ciiiinbbb ciim^'^'^
— 281 —
Gefangenen dienten. Da in den Gänj^en keine Spur von wasserdichtem
Bewurf zu finden ist, mochte man das sich hier ansammelnde Wasser
alimähiich von dem porösen Tufl* aufsaugen lassen.
Der unterirdische Theil der-Eurvalosfe«?ttmu ist nicht der unwe-
senthchste des Ganzen'. Er ist es, welcher die Werke zu einer
belebten Einheit verbindet imd vornehmUch dazu beitragt, ihnen die
Richtung nach der Westspitze und dem dortigen Festungsgraben zu
geben. Der innerste dieser Gi*aben ist durcli das Tunnelsystem
gleichsam Kopf und Hirn des Kaslelis geworden, von dem aus die
Lebensfiiden nach den verschiedenen Theilen der Burg auseinander
gingen und nach dem hin sich wiederum die Lebenstbätigkeit der
Vertheidigung koncentrierte. Gelang es dem Feind wirklich auf dem
Sattel soweit vorzudringen, dass er Herr des Hofes zwischen Graben
2 und 3 wurde, so sah er sich bei jedem Versuch w^eiteren Vorrückens
von allen Seiten angegriffen, von den fünf Thürmen, von dem Hof
hinter Graben 3, von den elf Tunnelmündungen und der Gallerii*
4ier, welche den Vertheidigern die l)este Deckung gewährte; ja aus
den erwfdmten vier Stollen an der Westwand des Grabens konnten
eventuell Angriffe sogar von hinten gegen etwa schon hinabsteigende
Feinde gerichtet werden. Zugleich war von hier aus stets die Ver-
bindung nach allen andern etwa bedrohten Theilen frei und gesichert.
Nur der Westhof des Südforts hatte keinen unterirdischen Tunnel.
Er war völlig in sich selbst a))geschlossen und auf sich selbst ange-
wiesen. Das einzige schmale Ostpförtchen konnte leiclit mit Quadern
unpassierbar gemacht werden, die Thürme und Mauern aber waren
bei einiger Wachsamkeit der Besatzung uneinnehmbar. Hier war die
letzte, sichere Zuflucht (Ueduil) der Vertheidiger.
Nun gab es für einen horizontalen Frontangriff nur noch einen
Weg, nämlich unmittelbar nördlich von dem Hauptkastell gegen die
Befestigung des Dipyion. Hier aber war ein Vordringen sehr er-
1 Dass man in einem Lande \vi« Sicilien, wo das verhältuissmässig leicht zu
bearbeitende Tufigestein mit seinen vielen nalärlichen Höhlen zur Ausführung von
unterirdischen Hohlräumen förmlich einlud, schon bei antiken Festungswerken den
Hochbau durch den Tiefbau ergänzte, dazu hat vor 3 Jahren auch die Nachbarstadt
von Syrakus, Leontinoi, einen neuen Beweis geliefert. Dort ziehen sich verschiedene
Tunnel unter einer der Akropolen hin, welche auf der Anhöhe Tirone stand, und
vermittelten so auch unter der E:de einen Verkehr zum Zweck der Vertheidigung.
S. die Not. d. Scavi (Lincei) Juli 1884. S 254.
— t>8:> —
Mi'hwf'H. Von SüiJeri her ljestri«:ljen <Jie GestJiosse von den hohen
KaMteii mauern herah den Zu$(an;;, vor den Angreifern slariien die
Werke den Difiylon seUmt, und nöi'dli«-h engle diese j^anze Strecke
iWh'v |(M) rn weit ein Sleinbi'ueh ein, welcher die Quadern für den
Kau (Uw KeMtnn;^ zum *p*o«sen Theil jyelietV^rt haben mochte und nun
den dorti${en Ahhan<( nodi uir/ii^än^licher machte. Auch kann es
nii'hl xweitV'ltiall sein, das«, wie .schon oben S. 279 j^esagt, gerade
in dieniT Gegend no<!h Befestigungen vorhanden waren, welche die
Lücke auHfülllen und den Festungskopf vervollständigten.
Was die Krbauung der Burg auf dem Euryalos jjetriftlt, über
welche kein alter Schriftsteller spricht, so hal)en wir zwar S. 173
(h, auch 125 ft.) gefundr^n, dass sie dem alteren Dionys zuzuschreiben
ist, aber es gilt diese Aiisetzung dm;li nur im grossen und ganzen,
herni mehrere Umstände weisen auf verschiedene F^ntslehungszeit
(xler wenigstens Umbauten hin. Die 5 Westthfirme stehen mit den
an sie iingrenzenden und von ihnen eingeschlossenen Befestigungs-
theilen nicht in Mauer verband. Ihre Steine sind viel verwitterter als
<li<» der Seitennjauern, obschon sie von gleicher Qualität und in
gleicher Weiüe dem Wetter ausgesetzt sind.i
Demnach sind die 5 Thurme die ältesten, vielleicht schon vor-
flionysischen Bestandtheile. Sie mögen ein festes Tetrapylon an dem
einzigen in horizontaler Linie zugänglichen Punkt der syrakusiscben
Terrasse gebildet haben. Dann wurde diese Passage der grösseren
Sicherb(»it wegen gänzlich geschlossen und weiter nordöstlich auf
geneigteui Terrain und in Deckung durch <len Süd bau das befestigte
Dipylon angelegt, wahrscheinlich in Zusanunenhang mit der Diony-
sisi'ben Terrassenbefestigung. Natürlich konnte vor dieser Zumane-
rung {\or Front auch nicht die Absperi'ung des Doppelhofes durcli
die beiden nur mit ganz schmalen Pforten versehenen Ostmauern
und somit die Gründung des Südkastells stattfinden. Das Tunnelnetz,,
welches so sorglVdtig um die Festungsmauern dessell)en herumgti-
führl ist, verdankt ebenfalls seine Entstehung erst der Verlegung
des Tliorbaus nach der nöixilichen Abdactmng und der Errichtung
des Doppel kaslells» Am spätesten ist die Brücke, welche nUev das
l Wfun dangen «uch ilie KüUmauern xxvisvhen den 5 Thürmen eine arg ver-
wiUerle AusseuseUe zeigeu. so Hegt das au dem ersielulich schlechteren Material,
welche* bei ihnen verwandt worden ist.
— 28?, —
— 284 —
Südencie des Grabens 3 fülirt, enlstanden. Denn ihr östlicher Land-
pfeiler ist gerade vor die südlichste der 11 Tunnelmündungen so
gebaut, dass für diese ein schmulerer Ausgang durch den Pfeiler
selbst führt.
§ 2. Die syrakusisehen Tempel.
Nur drei Tempel sind noch durch Reste bezeugt. Von den zwar
geringfügigen, aber als sehr alt erkennbaren Ueberbleibseln des
Olympieion ist schon S. 2.*i und 84 f. zur Genüge gesprochen worden. i
Deshalb wenden wir uns gleich zu den beiden Tempeln auf Ortygia,
von denen bedeutend mehr erhallen ist.
Der nördlichere, für welchen oben S. 78 fl'. der Name der Ai-
lemis in Anspruch genommen ist, hat schon verschiedene ebenda
erwähnte Besprechungen gefunden. Leider hat, seit dem Erscheinen
der letzten derselben, da keine weiteren Ausgrabungen stattgefunden
liaben, der Fundbestand sich nicht vermehrt. Wir basieren also im
Folgenden die Darstellung und unser Urlheil auf das seit 10 Jahren
vorliegende reale und litterarische Material.
Die 1864 begonnene Ausgrabung und Blosslegung des Tempels
hat bis jetzt den Stereobat des Pronaos mit den Resten und Spuren
von 19 Säulen und den unteren Quadern der beiden Anten wieder
ans Tageslicht gefördert. Dem Stereobat liegen, wie es scheint, 4 je
>(2 m breite Stufen vor ; die unterste ilerselben ist jedoch nur zum
Ttieil aufgedeckt. Zum bequemen Aufsteigen ist gerade vor dem
mittleren Frontinterkolumnium eine 3,34 m breite Steintreppe mit
12 niedrigeren Stufen angebracht. Auf der Basis erhob sich der
Tempel selbst als Hexastylos Peripteros, dessen Pteroma eine Cella
mit 2 Säulen in antis und einer Zwischenporticus von 4 Säulen
umschliessl. Diese 4 Säulen korrespondieren aber nicht mit den bei-
den Langwänden der Cella, sondern mit den Saiden des Pteroma,
' Es wird nicht zu weit gegangen sein, wenn njan auf Grund der schweren
Proportionen der nur von 16 Rinnen umgebenen Monolithsiiulen und der Ueber-
lieferung, dass zur Zeit des Hippokrates von Gela, Anfang des 5. Jahrhunderts, der
Tempel nicht nur schon stand, sondern auch kostbar geschmückt war (s. S. 96) mit
Fr. di Giovanni im Arrkiv. stör. Sic. anno III. Pal. 1876, S. 520, die Gründung
<lieses Tempels bis an das Ende des T. Jahr^- i » .• .
_ 285 —
und darin sehliessen sich ihnen die 2 Säulen in antis nur in Bezug^
auf die Vorhalle an. Zwei Spulen, die .'^. und die 4. der südlichen
Langseite-, sind, wenn auch durch
Behauen hei der eins|ij?en Verhauunj^ i
•
arjr mitgenommen, doch noch in ihrer i
Monolilhie samt den in starker Ans- j
latlung zu archaischer Rundunjj: ^»^e-
schwellten und von einem einj^e- \
«
kehlten Hals getragenen Kapitalen i
«
erhalten J und gewähren dem Be- [
schauer einen vortrefllichen Anhalt i
tür die Vergegenwärtigung des Ein- j
drucks, welchen die einstige Schön-
heit der Formen bei aller schwer-
wuchtigen Gedrungenheit machfis
5 cm von dem Rande des Sty-
lohats entfernt ist die Flucht des
Perist yls, dessen aufl'allende Unregel- i
niässigkeiten sich auch auf das his l
jetzt fast völlig verlorene Gebälk
übertragen haben müssen. Die an dem aufgegrabenen Theil de>
Tempels erkennbaren Masse sind nämlich folgende :
Volle Höhe der Säulen m
Deren Schafthöhe
Kapitälhöhe .
Davon kommt auf den Abakus
Dessen Breite
Unterer Durchmesser der Frontecksäulen
Unterer Durchmesser der 4 mittleren Frontsäulen
Unterer Durchmesser aller andern Säulen
Oberer Durchmesser aller andern Säulen
Mittelstes Interkolumnium der Front
Die 2 äusseren Frontinterkolumnien
Die 2 übrigen Frontinterkolumnien
8,00
6,61
1,39
0,62
2,79
2,04
2,01
1,91
1,36
2,45
1,73
1J4
^ Aus der Photo<irapHie dieser zwei alleia noch erhalteaeu Kapitale bei Cavallari
in dem BulL (f. Cotnm. Sk. Nr. VIII Taf. IV zeigt sieh deutlich, dass die Zeichnung
des Echinus; rofils auf Taf. V ebenda allzusehr der straderen Form, wie Fie schon der
Athenatempel in der Kathedrale hat, angenähert ist. Deshalb und infolge eigenen
Augenscheins weicht die hier gegebene Profilierung von der Cavallaris a. a. O. ab
und nähert sich der bei Serradifalco Auf. IV. Taf. IX an.
I> —
liii^ Int«rriu»laaifii«a dtr l^ugytint 1.35
'AmmehmaraoLm zvi*eb«n den 2 Aliakos d«r Sod^ite . 0.47
OeMttntbreite der Cdia 11^
Davon kommt aof jed« der beideo Ollavmiide . . . 0Jd8
Tiefe der Vorballe ron dem vorderen Stjlobatrande bi»
xor AnteivfroDt 12.37
Bieite de» Stvlobati» flÄI
Aiii* tU'f^r 7Mia»titUtt;ii>{e\\uu*^ ergelieii «rh vier wii-lilijfe R«r>*il-
t;»tt* : if h\ü Hohe d4fr 6 Froiiti$aalefi \9p\r^*^X weniger als 4, ili^ der
ulmi^int ^auUtu 4^/^ untert^ l>urchiiie:fi?er : al^^» sehr ;f«lnii^?pne
Pro[ir>HiofHffi^ (lefn*tt aui-li da< Veriiällni.s?^ der Kapitälliölie zur Siö-
lenhdlMf eritffpricht urwJ wek-he iia*'h an-haiscber Weii?e iiiil s^tarker
Verjrinjiiunjf d<^ Siliarte*» verhufideii j^iiid. — ti) Das iiiillel?«le Froul-
iriterkolurririiuifi i>^l erbeblic'h hn*ifer al< die vier andern, ^ von defien
wie<leniin die fieiden fxkinterkolumnien an Breite ein weni;! vei-
liereii. — »Ji l)U* Interkoliininien der I^n*£.*^i!e sind fai»! * * in
schmäler als tVuf \'u*r aus.seren Frontinterkoluninien, infolge desc^^n
iler Zwischen räum z\vis<hen dem fast li ni breiten A^>akus nirht
einmal i'f m lietra;^t. — A) l'elierhaufit ist der Tempel in so einzi<;
hohem Grad pyknf»stylos, dass alle Interkolumnien mit Ausnahme des
miftel><ten der Front.Hi*ite schmäler sind als der untere Durchmesser
aller Säulen und z, B. an den Lanjfseiten der untere Saulendun-h-
messer über '/^ m j^vnsHfiv ist als das Interkolumnium.
Der Archilrav ist 1,07 m hoch und jranz jjrlatt. Indessen gehört
otfenhar ein 0/245 m breites und an der Vorderseite mit I^ paral-
lelen dreikantigem Hinnen versehenes Werkstück, welches sonst nir-
i<ends an dem Tempel unU»rj(ebracht werden kann, zu einer über
dem Archilrav hinlaufenden Taenia. Dann ist die Höhe de^ jranzen
ArchilravH 1,fH m und ;fleich dem untern Durchmesser der Lan»r-
seitensäulcii, i\'w. Taenia aber der entsprechenden am ältesten Tempel
zu Selinunl almlich ;^ewesen. Von den Jbj^^ulae und Guttae ist bis
jelzt ebens(JW(»ni^ eine Spur zu Ta^»* gekommen, wie von dem Fries
und (lesims.
Die Vertheilun^ der Tri^ly|)lien und Metopen über den Fries,
dessen Ib")he wir nicht einmal kennen, stösst bei der Un^^leicbbeit
^ Ebendasselbe ist bei dem in seiner Anlage sehr alten Hrunnenheiligthum zu
Cudacchio auf Kerkyra der Fall. S. u. a. Baumeister, Ihuhmfihi' des hlass. Alferih.
Bd. I. S. 270.
— '281 —
der Absläüde zwischen den Säulenaclisen auf grosse Schwierigkeilen.
Setzen wir mit Zugrundelejsrunjr der Proportionen an den ältesten
dorischen Terapehi Siciliens die Frieshöhe auf 1,50 lu an, so hätten
wir über den zwei Mittelsäulen der Front und ihrem Interkolumniuin
3 Trip^lyphen von je 1 m Breite — weniger kann man bei der
enormen Breite des Abakus kaum rechnen — und ^ Metopen,
deren jede 1,23 m breit ware.^ Dieses ungefähr normale Verhältniss
wird aber sofort durch die vier andern Frontinterkolumnien stark
modificiert. Hier haben wir nur 3,75 m zu vertheilen, und es blei-
ben bei gleicher Triglyphenbreite kaum 0,88 m fnr jede Metope. An.
den Langseiten nun gar beträgt der Achsenabstand der Säulen nur
3,26 m. Man steht also vor der Frage, ob man hier sogar nur 0,80 m
breite Triglyphen und 0,83 m breite Metopen ansetzen oder annehmen
soll, dass über jedem Interkolumnium nur 1 Metope gewesen sei. In
letzterem Falle wären diese Metopen bei Triglyphen von 1 m je
1,26 m breit gewesen : also fast genau dieselben Dimensionen wie
in der Mitte der Frontseite.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit hatten die Langseiten je 17 Säulen
und nicht 19, was ein in Sicilien wenigstens unerhörtes Verhältniss zu
den 6 Fronlsäulen ergäbe. Der Stylobat wäre demnach 5i,33 m lang
und stände bei seiner Breite von 21,60 m in dem Verhältniss von 3 : 8.
Ebendasselbe hat der älteste Tempel auf der Akropolis zu Selinnnt (C),
mit welchem un.serer überhaupt eine auflallende Uebereinstimmurjg
zeigt. Hier und dort ein Pteroma von 6 x 17 Säulen, von welchen
die an den Schmalseiten dicker sind als die an den Langseiten, 2 und
welche hier, wie es scheint, durchweg,^ dort wenigstens zum Theil
monolith waren und 16 Kinnen hatten; hier und dort keine oder doch
nur sehr geringe Korrespondenz der Cellawände mit dem Pteroma,
.so dass also die organische Verbindung zwischen diesen bei<len wesent-
1 Der Achsenabstand der beiden Säulen, 4,46 ui, vertheilt sich auf 1 ^au/e
und 2 halbe Triglyphen [zusammen 2 mj und 2 Metopen [zusammen 2^46). — L»ie
Differenz von 1 ,23 m Breite und 1 ,50 m Höhe bei den Metopen würde sich durcli
Annahme einer glatten Basis von 0,27 m oder eines oberen und eines unteren Saumes
leicht ausgleichen. Vgl. Benndorf'.. Die Metupen zu Selitumt, Berl. 1873, S. 38 die
Restauration des Tempels C.
'-^ Bei dem Tempel C haben die dickeren Säulen 1,94 m, die dünneren I.TT m
im unteren Durchmesser; also hier eine Differenz von 17 cm. an dem Artemision
eine v^m 10-13 cm.
— 288 —
liehen Theilen des Auf haus fehlt ; > hier und dort Zerlegung der Voi-
halle in zwei Hälften durch eine der Aussenfronl parallele Querreihe
von -4 Säulen zwischen den beiden dritten der Langreihen. Nur einen
Theil dieser Eigenthümlichkeiten haben unsere beiden Tempel mit den
an<lern zwei alleren sei i nun tischen D und F gemein. Und wenn das
syrakusische Artemision Säulen zwischen Gellaanten hat, was für ein
Zeichen etwas späteren Ursprungs gelten könnte, so steht es hierin
in Analogie mit dem selinuntischen Tempel D, welcher dem Tempel
C den Rang des Alters streitig macht. Denn D hat zwar keine Anten-
pfeiler, schliesst aber die beiden Langmauern der Cella nach vorne
rriit 2 Dreiviertel säulen ab, zwischen denen 2 andere ganz wie zwi-
schen Anten in einer Flucht stehen. Kin solcher Abschluss von
Wänden kehrt bekanntlich viel später in dem Tempel bei Phigalia
wieder. Hierin wie in so manchen andern Punkten ist besonders
die ältere Kunstentwicklung suchend und versuchend in lebendiger
Wellenbevvegung begriffen, weit entfernt ^in bestimmtes Schema
gleich massig zu verfolgen.
. Dies ist auch der Standpunkt, von dem aus wir an die Frage
nach dem Alter des Artemision herantreten. Auf seine Datierung hat
die Meinung ungünstig eingewirkt, dass die S. 80 erwähnte Inschrift
den Namen Gelons enthalte und dass ihre Entstehungszeit zugleich
<lie des Tempels sei. Allerdings weist auch der Schriftcharakter auf
(Um Anfang des 5. .lahrhunderts hin. Indessen hat eine genauere
Untersuchung der Inschrift gelehrt, dass durch sie gar nichts für
Gelon , sondern «lass etwas dem Apelon oder Apellon — so die
<l()rische Form für Apollon — geweiht wurde. Damit kann aber
nicht der Tempel selbst gemeint sein. Schon die Stelle, wo man die
Inschrift angebracht hat, spricht dagegen. Wohl aber mögen dem
Hi'uder der Artemis in der Vorhalle von deren Tempel ein oder
mehrere Weihgeschenke aufgestellt gewesen sein, auf welche die
darunter stehende Inschrift sich bezog. Zur Bestimmung, wie lange
das Artemision schon vorher bestanden hat, können wir nur ganz
^ Wie schon oLen augedeute', (indet nur ein indirekter Bezug der Cella auf das
Pleroma insofern statt, als die 2 Säulen zwischen den Anten, wenn auch ebenso wenig
wie diese mit je 2 Säulen der Langreihen in einer Flucht stehend, doch mit denjenigen
der Vorhalle korrespondieren. Die Anten selbst aber stehen so hinter den Süulen der
Vorhalle, dass die Verlängerung der Aussenflüche der Cellalangwünde auf die .\chse
der vor ihr stehenden Säulen tri'.lt.
— 289 —
im allgemeinen und mit Jahrhunderten rechnen. Vergleicht man es
nach Stilcharakter und Eigenthümlichkeiten mit dem Alhenatempel
in der Kathedrale, so ist es keine Frage, dass jenem ein bedeutend
höheres Alter beizumessen ist. Es steht mindestens auf der Zeitstufe
des ältesten seli nuntischen und des korinthischen Tempels, mit dem
es unter anderm die primitiv schweren Säulenproportionen gemein
hat. Wir halten demnach das Heiligthum der Hauptgottheit Ortygias
für eines der ältesten von Syrakus, welches dem 7., wenn nicht
schon dem 8. Jahrhundert angehören kann.i
Der Athenatempel auf Ortygia (s. S. 92 ff.) verdankt die ver-
hältnissmässig gute Erhaltung vieler seiner Theile demselben Um-
stand, welcher auch den Concordiatempel in Akragas gerettet hat.
Er wurde nämlich * im J. 640 von dem Bischof Zosimus in- eine
christliche Kirche verwandelt und erlitt infolge dessen zwar erheb-
liche Umbauten und Verluste, zeigt uns aber doch noch seinen
Stereobat nebst einem Theil seiner 3 Stufen, die Mehrzahl seiner
iSäulen mit Architrav und Fries und die Langwände seiner Gella.
12 Säulen der nördlichen Langseite des Pteroma sind samt dem über
ihnen befindlichen Architrav und Fries in die eine Aussenwand des
Domes eingemauert, die • beiden Gellawände aber sind wie die des
erwähnten Goncordiatempels mit einer Reihe von Rundbogen durch-
brochen worden, und 9 Pteromasäulen der südlichen Langseite stehen
innerhalb der Kirche. Auch eine Säule der Ostfront und die 2 Säulen
zwischen den westlichen Anten stehen noch an ihrem Platze. Dagegen
ist das ganze Gesims verschwunden.
Der Tempel, dessen Anlage in manchen Punkten mit der des
Artemisions übereinstimmt, war auch ein Hexastylos Peripteros mit
Anten an beiden Frontseiten. Die Zahl der Säulen an den Lang-
seiten des Pteroma betrug 14. Auf diese hat die Gella wie bei dem
Artemistempel keinen Bezug ; dagegen korrespondieren auch hier
wieder sowohl die beiden Säulen zwischen den Anten mit den zwei
mittleren Frontsäulen, als auch die Aussenflächen der Gellawände
mit den Achsen der zweiten und vierten Frontsäule. Ebenso ist das
1 In dieser Datierung stimme ich mit Fr. di Giovanni, im Archiv, stör. Sic.
anno IH. Pbl. 1876, S. 512-5*22 überein. — In römischer Zeit mag der Tempel einer
ägyptischen Gottheit gewidmet worden sein ; denn man hat bei seiner ßlosslegung
eine Ägyptische Granitstatue gefunden.
Lupus, Die Stadt Syrakus. 19
Veiiiältniss zwischen Breite und Länge des S'tylobats hei beiden
Tempeh» das jfleiche. Am Athenatem pel haben wir 2*2 M2 »n. zu
563|4 m, also aneh 3: 8. Al)er die Proportionen des Periotyts und des
üebrdks sin«! leichter geworden. Die Säulen haben selion 20 Hinnen
und verjün«ien sich lanjje nicht mehr so stark. Das Interkolum-
niuni ist j»rösser als der untere Säulendurchmesser. Dieser beträgt
2,(>5 m und verhält siih zur Säulenhöhe von 8,(>() m wie 1 : 4J'.i.
Der Architrav ist 1,(>i m hoch, der Fries 1,43 m, und <lessen Me-
topen sind anderthalb mal so breit als <lie schlanken Triglyphen.
Auch das Kapital ohne Halsausschnitt hat die Schwerwuchtig-keit.
veiloien ; sein Kchinus ist straflei' ge worden , sein Abakus viel
4
dünner. Die Cella ist lang und schmal wie bei den beiden ältesten
Tempeln zu Selinunt C und D, sie hat im Lichten auch ungefähr
dasselbe Verhältniss 1 : ^'jo- K'^ i*t »uj Hinblick auf diese Propor-
tionen und l'^ormen kein Grund dem Kragment Diodors zu miss-
trauen mid die Erbauung des Tempels nicht in die Zeit der (ieo-
moren, d. h. vor Gelon und ins 0. Jahrhundert, anzusetzen. ^
§ 3. Das Theater.
In diesem und den folgenden Paragraphen wenden wir uns
zu einer Gegend, welche durch die Menge, die Grösse, die histo-
rische und künstlerische Bedeutung der hier vereinigten Bauwerke
ganz einzig in ihrer Art ist. Wenn auf der ungeheuren Hochterrasse
selbst nur noch ganz vereinzelte Spuren von der (»inst so grossen.,
so schönen, so mächtigen Stadt zu Tage liegen, so ist liier in dem
Tlieater, der Nekropolis oberhalb desselben, der Lalomie des Para-
dieses mit dem Ohre (\ei< Dionys, dem grossen Altar, dem Amphi-.
' S. auch Serradil'alco im 4. IM. der Attlichitä und Krell, tresch. des äo,-. SttjU,
Stuttg. 18*0, S. TS über diesen Tempel. Ein Stück bunten Terrakottalleclitbandes
von seiner Geisonverkleidung ist in Gegenwart Adlers l»ei der Kathedrale ausgegraben
worden. Die dekorative Behandlung ist derjenigen der Terrakoltenfragmente vom
Olympieion (s. S. 23 f.), vom (ieloerschalzhaus in Olympia, vom Tempel C in Seli-
nunt, also verhältnissmässig alten Bauwerken, sehr ähnlich. S. Dörpfeld im 4. Win-
kelmannsprogr. I88I S. 10 u. Taf. 4. — Es bleibe schliesslich nicht unerwähut, dass
1881-1832 bei Gelegenheit einer Ausbesserung des Fussbodens im Innern der Kathe-
drale Architektur- und SkulpturCragmente von Marmor zu Tage kamen, welche den
Charakter des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr. an sich tragen. So auch ein 1,80 ra
langes Uasrelief von einem Sarkophag mit 9 Figuren neben einander.
— 201 —
tlieater eine Anzahl vo» Bauten 2usaiHii*en$(eschiif1, welehe in Erinari-
«^eliin*/ jeder scfiril'UicIieii Ueberliefenint» und aller andern materiellen
Ueberhleibsel allein «^'^enii^en würden, um vollgültiges Zeugniss v.on
<1eni antiken Svrakus aus den verschiedensten Zeiten seines Bestetiens
ahzulej^en. Kinst rajj»te hier auf vorspringender Felsenecke der Tempel
des Apollon Temenites, mit den zugehörigen und angrenzenden Befes-
tigungen ein Schlüsselpunkt für den ganzen Landverkehr von Syra-
kus; jetzt ist die Stätte des Heiligthums öde und leer, dieses seihst
spurlos verschwunden von der Anhohe mit der i»erühmten Aussicht
und dem herühmten Denkmälerkranz. In diesem ist uns Apollon
Temenites, einst Prophet und Schirmherr der lilühenden Korinther-
kolonie, noch jetzt V'erkünder und liestätigei* ihrer längst dahin-
geschwun<lenen Herihchkeit.
Das Theater ist das grösste in Sicilien und überhaupt eines der
grössten, welclie wir aus dem griechischen Altertlmni kennen. Nach
Di<xl. XYI 8:» war es einst auch das schönste auf der Insel. Es liegt
'D/2 km nordwestlich von dem Isthmus am Südabhang der Temenites-
platte. Sein Zuschauerraum, ein wenig grösser als ein Halbkreis, ist
fast vollsländig aus dem natürlichen Fel.sen herausgebrochen und
bietet, indem er sich in direkt südlicher Richtung öffnet, über un<l
neben der Bühne vorl)ei dem Blick ein durch Schönheit, Grossartig-
keit und Mannigfaltigkeit ausgezeichnetes Panorama dar. Wie die
(lavea seitlich abschloss, ob in parallelen Linien mit der Vorderwand
<les Pro.sceniums oder schiefwinklig zu dieser, muss unentschieden
J>leiben ; denn ihre beiden Enden sin<l nicht mehr erhalten. Von der
Orchestra aufwärts breiten sich noch 46 concentrische Sitzreihen im
Zusammenhang aus, der grö.sste Theil derselben, von den Unbilden
der Zeit und Witterung abgesehen, ziemlicli wohlerhallen. Jede ist
ungefähr 80 cni breit, und zerfiillt in eine vordere liöhere Hälfte
zum Aufsitzen und eine hinlere, etwas vertiefte, für die Füss(i
der in der nächsthöheren Beihe Sitzenden. Diese erhaltenen Silz-
stufen bilden aber durchaus nicht allein die gesamte Cavea ; viel-
mehr weist die Gleichmässigkeit, mit welcher der Hohlraum oberhalb
jener sich fortsetzt, und der Umstand, dass sich auch wirklich etwas
weiter ol)en nach Nordwesten hin Beste einiger Sitz.stufen gefunden
haben, auf einen bedeutend grösseren Umfang hin. Demnach hatte
<lie Cavea einen Durchmesser von ungefähr 134 m mit einigen (K) Sitz-
reihen. Sie wird durch 8 radial durchlautende Treppen iu 9 Keile,
— 29ti —
von denen wenigstens die 7 mittleren einander gleich waren, und'
durch eine 2,32 m hreite Praecinciion oberhalb der 2^3. Sitzreihe in
zwei concentrische Hälften gelheilt.i Die untere, unjj^leich kleinere
Hälfte gliedert sich noch einmal in einen ersten und einen zweiten
Hang. Denn zwischen der H. und 12. Sitzreihe läuft eine Stufe um,
welche höher als zwei der andern Stufen, oHenbar nicht zum Sitzen^
sondern zur Abtrennmig der li untersten Reihen bestimmt war.
Diese untersten Plätze waiien die vornehmsten und allein in der ganzen
(^avea mit Marmorplatten bekleidet, wovon Logoteta und Serradifaico
noch Reste fanden. Ob auch oberhalb der grossen Praecinction noch
eine Unterabtheilung war, ist nicht mehr zu erkennen, da die Zer-
störung des oberen Theiles der Gavea die Spuren der Stufenbildung,
wie schon gej<agt, fast vollständig verwischt hat.
Die Zugänge zu dem Zuschauerraum waren sowohl durch die
oberen Enden der Treppen, wo vielleicht eine Säulenhalle das Halbrund
abschloss, als auch von den Seiten her durch die Praecinctioneu
gegeben. Sie sind zwar mit der gesamten Peripherie und den Seiten
der Gavea jetzt verschwunden, ihie einstige Existenz aber wird schon
durch die blosse Zugänglichkeit der Lokalität und die Richtung antiker
Strassenreste erwiesen. Dagegen führen noch jelzt zwei unterirdische
Gänge zu beiden Seiten des Bühnengebäudes von der Sirasse her
durch den Felsen in das Innere; sie münden am unteren Ende der
beiden äussersten Gunei, wo also deren Sitzreihen wegfielen, nach
dem Halbrund der Orcheslra hin. Ueber dieses erhebt sich nur um
eine Stufe ein 1,53 m breiter Umgang, welcher zwischen der Orchestra
und der untersten Sitzreihe hinläuft und von dem die 8 Treppen })is
zur Peripherie der Gavea aufsteigen.
Ehe wir die Besprechung der Gavea abschliessen, nn'issen wir
nochmals auf die grosse Praecinction zurückkommen. Viele viereckige
und runde Löcher in derselben mögen einst der Aufrichtung von
Balken gedient haben, mit deren Hülfe das Theater mit Segeltuch
überspannt wurde. Während der Umgang nach der Bühne zu jetzt
nur noch durch einen niedrigen, glatten Rand hinter der nächsten
Sitzstufe begrenzt ist, auf welchem jedoch im Alterthum eine Brüstung
gestanden zu haben scheint, war ihre höhere Rückwand mit einer
^ S. die per.<pektivische Ansicht bei Guhl u. Koner, D. Lehen d. Griech. n. Rötn.
4. Aufl. S. 145.
— 293 —
Basis und einem Randgesims geziert. Unter letzterem läuft ein 20 cm
breiler Streifen, auf welchem Inschriften aus der Zeit Hierons IL in
l> rossen Buchstaben eingemeisselt sind. Ursprünglich waren es 9 In-
schriften, an jedem Cuneus eine; jelzt lassen sich an der vielfach
verwitterten und zerfressenen Wand nur noch 5 feststellen, während
Landolina zu Anfang dieses Jahrhunderte in 3 weiteren Gunei einzelne
Buchslaben sah. Gehen wir die Praecinction von Westen nach Osten
herum, so finden wir gleich im ersten Cuneus keine Inschrift mehr. Im
zweiten lesen wir BASIAI2SAS NHPHIAOS, im dritten BASIAISSAI
<I>IAI2T1A02, im vierten wahrscheinlich ßA-IAso); tspwNOS, im fünften
und mittelsten A102 OAV[j.IIIOV, im sechsten nichts mehr, im siebenten
nach dei- glaubwürdigsten Vermuthung yjoAKaEO; y.PATspo^^PONo;
(s. Hom. IL XIV 524). Im achten und neunten sind die Inschriften
gänzlich zerstört. Die Bedeutung derselben wird durch Tac. Ann. II 83
klar, wo ein Cuneus im römischen Theater dem Germanicus zu
Ehren genannt wird. An Sitzplätze für die betreuenden fürstlichen
Personen und Priester der erwähnten Gottheiten ist nicht zu
denken. Denn den ersten Rang bildeten stels die untersten* Sitz-
stufen ; imd sollte man geneigt sein hier eine Ausnahme anzu-
nehmen, so verbietet dies das durch die Existenz der Inschriften im
Tuff bewiesene Fehlen einer Marmorbekleidung, wie sie die untersten
Stufen hatten. 1
V^on der Orchestra und der Bühne ist kaum mehr als der Platz
und einige Herrichlungen des Felslerrains selbst zum Zweck der
Anlage jener erhalten. Der die Orchestra nach dem Zuschauerraum
hin abschliessende Halbkreis, welcher seinen Umgang, von dem aus
die Caveatreppen aufsteigen, einbegriffen einen Durchmesser von
29,28 m hat, zeigt nur noch den nackten Felsboden, und so sehr
sind auch weiterhin die Spuren einstigen Aufbaus verwischt, dass
sich nicht einmal mehr die Grenzen der Bühne genau bestimmen
lassen. Zwar sind noch folgende Vertiefungen scharf und deutlich
in das Gestein eingeprägt : 1) da, wo wir etwa die vordere Grenze
der griechischen Bühne ansetzen müssen, und parallel mit deren Front
zwei über i m breite und tiefe Gräben, welche augenscheinlich für
Stricke, Vorhang oder andre Theatermaschinerien bestimmt waren ;
der vordere mündet östlich in eine kreisförmige Vertiefung mit einem
1 Die Litteratur über diese Inschriften s. bei Holm, Gesrh. Sic. Bd. II. S. 502 f.
sl»?hen ii^ela.ssenen Felshlock in der Mitte, der andere hat an heideii
Rändern eine Anz<i)il eekij^er und runder Aii.szackun<»en ; "2) zwischen
ilen heideri Gnihen und der Orcliesira eine halh so hreite, mit jenen
parallele Rinne, aus deren Mitte das von der Cavea her anj^esanunelte
Re;>'en Wasser in einem 1^/2 ni tief in <ien jetzi;'en Boden einj>esc-hnil-
ienen Kanal mitten unter der Rfdine hin sudwäi-ls ahtloss; 3) mehrere
auf der Westseile hinter «ler ^griechischen Ruhne in den FelshcMlen
hinabgehende Löcher, zwei derselben mit Trep|)en. Aber iiber die
Erdoberfläche erheben sich nur nocli zwei mächtijje quadratische»
Felsenpi'eiler von ca. Jtl m an jeder Seite und von einander *W m
entt'ernt, 8 m hintei* der erwähnten Rinne, welche den Abschluss der
Orchestra nach der Biihne hin bej^leitet haben muss. Man hat sie
beim Ausliefen des Theaters als Kern der SeitenAüj^el des Bidinen-
gebäudes stehen lassen. Zwischen ihnen und jener Iiinne, also inner-
lialb eines Raumes von c. .*M> m Breite und 8 m Tiele, mnss die
^liechisclie Biibne sich erstreckt haben, wenn sie nicht nach rechts
und links bis vor die Front der breiten Felsenpfeilei* nbergriir. Sie
war denmach jedenfalls nicht über 8 m tief, kann aber iiber 30 m
breit «»^ewesen sein. So war es möj,^lich, auch von den äussersten
Cnnei aus alle Vor;iänge auf der Bühne zu sehen.
Die ehemalij^e Ausschmi'ickunj^ von Orchestra und Bühne bezeu^eu
noch einij^e marniorne An-hitektur- und Skulplnrfrajiniente römischen
(.baraklers, welche an Ort und Stelle j^efun^len und dem Museun» zu
Syrakus einverleiht sind. Serradifaico, .4^*^ Bd. IV, Taf. t21, j^ibt u. a.
die Abbildungen eines Kranzgesimses mit Mutuli und Guttae, einer
weiblichen Gewandstatue ohne Kopf, der unteren Hälfte eines aus-
drucksvollen Porträtkopfes, eines Faunes in Relief. Von grösserem
Interesse abei' ist eine auf der westlichen Seite des Piosceniums
gefundene, ungetabr kubische Marmorbasis von 1 m Höhe, welche
]nit «ler glatten Rückseite einst an die Voiderwand i\e>i Prosceniunjs
gelehnt, auf den »^ andern Reliefdai'stellungen römischen Stiles trägt.
Zwei Streifen feiner Akanthus- und Figurenornamentik bilden den
b'uss, auf w^elchem "2 glatte, oben zerstörte Kcksäulchen mit attischer
J^asis die 3 Rildllächen von einander abscheiden. JJiese stellen auf
i]en heiden fast ganz gleiclien Seiten die Hom. R. H 303 fl'. erzählte
Kalchasprophezeiung von der mehr als neunjährigen Dauer des troja-
nischen Krieges ilar : eine Schlange verschlingt an» Fuss eines als
Platane charakterisierten Baumes einen Vogel, wählend ein anderer
— t>95 —
ihr in ilen Schwanz heisst. Kiii (hitler umllattert än;»stlic[i den Wipfel
des Baumes, auf welchem sicii ein Nest voll 6 junger Vögel befindet-
Auf der Vorderseite aber steht mit prophetisch erhobener Hand in
das Priestergewan«! j^ehfdll und mit spitzer Mutze J>edeckt, «gerade
wie in der unteren Hälfte «ler Tabula Iliaca, KalchasJ Der Gej^enstand
ist nicht unpassend «»ewählt. Verdankt doch die griechische Bühne
ihre StolTe vornelimlich dem Sagenkreise des Trojanerkrieges.
§ 4. Die Gräberstrasse oberhalb des Theaters.
Das Halbrund des Theaters wird zu zwei Dritteln von zwei
imponierenden Resten aus dem Alterthum eng ums<*ldossen , der
Gräberstrasse im Norden und der Paradieslatomie im Osten. Ehe
das Ttieater ausgehöhlt worden ist, scheint der dortige Abhang von
oben bis unten mit jenen Grabstätten l)edeckt gewesen zu sein, an
welchen der südliche Terrassenrand in Achradina und Neapolis so
unendlich reich ist. Einen deutlichen Beweis dafür dinften die beiden
grossen Pfeiler rechts und links von der Bühne liefern. Es hat nämlich
den Anschein, als ob auf ihnen noch ein Stück ursprünglicher Ober-
lläche des abgetragenen Abhangs erhalten wäre, und wir sehen in
sie, besonders aber in den westlichen, Verliefungen eingehauen,
welche völlig den griechischen Loculi in Syrakns gleichen, als solche
aber nicht mehr nach der Anlage des Theaters entstanden sein
körmen. Auch wai'en in der Felsenwand östlich vom Theater an
der antiken Strasse, welche zu der grossen (laveapraecinction auf-
steigt, noch bis vor kurzem, wo sie durch Weghauen von Gestein
zerstöit wonlen sind, einige jener viereckigen LiSchei' voihanden,
welche die griechisch-syrakusiscben Begräbnissiälten charakterisieren
(s. S. 45 f.).
Am oberen Terrassenrand jedoch ist in . Gestalt einer c. 25() m
langen Gräberstrasse ein sehr stattlicher Theil eines alten Fried-
hotes auf uns gekommen. Die Strasse beginnt nordöstlich von dei*
Theatercaveä gerade übei* dem sog. Ohre des Dionysios, wo ihre
östliche Fortsetzung durch die Paradieslatomie zerstört und wegge-
.schnitten worden ist, zieht sich oberhalb des Theaters erst westwärts,
1 S. Serradifalco A^it. Bd. IV^ S. 141 fl". und Tal". 22.
— 29() —
läuft dann im Bogen nach Norden und wendet sich schHesslich in
scharfem Knie wieder östUch, um sich hald in die Hochehene zu
verlieren. Sie war olfenbar ursprünglicli so in die Felsenflache
eingeschnitten, dass sie überall rechts und links von unterirdischen
Grabkammern begleitet wurde, deren Tliüren seitlich in sie mündeten.
So hat sich auch noch die ganze westliche Krümmung der Strasse
als 5^2 m breiter und 5 m tiefer Hohlweg erhalten. Der längere
Abschnitt unmittelbar oberhalb des Theaters aber hat bei dem Bau
desselben, sei es dass die Gavea von Anfang an so lioch hinaufgeführt
oder erst später so weit ausgedehnt worden ist, seine Südwand ver-
loren, und es ist vor der über 5 m hohen nördlichen Felswand noch
der alle Weg als lange, in der Mitte jetzt durch ein modernes Gebäude
unterbrochene Platform geblieben, welche nach einer noch erhaltenen
Basis zu schliessen, an dem durch eine Stufe abgeschlossenen Aussen-
rand mit Statuen geschmückt war. Solche mögen auch die Peripherie
der Gavea selbst begleitet haben ; dagegen ist es fraglich, ob diese
von einer Säulenhalle umgeben war. Denn die obersten Sitzreihen
des Halbkreises mit dem oben gefundenen Durchmesser von 434 m
mussleii nordöstlich so nahe an den Rand der Latomie heranreichen,
dass zwischen der äussersten Stufe und dem jähen Abgrund kaum
für eine zu den Gräbern führende und noch bestehende Strasse Raum
übrig blieb.
In der Felsenfront hinter der Platform sind östlich und westlich je
4 rechteckige Grabkammern eingebrochen, zwischen denen 2 Treppen
aufsteigen^ die östliche, breitere bis zu jener vielbesprochenen Felsen-
kammer, welche mit dem Ohre des Dionys in Verbindung steht. Eine
der 4 westlichen grösseren Grabkammern ist das jetzt allgemein so
genannte Nymphaeum. Es unterscheidet sich von den andern lediglich
dadurch, dass ein kleiner Seitenarm der nach ihm genannten Wasser-
leitung vermittelst einer Vertiefung an . seiner Wand durch dasselbe
hindurch geführt war, und dass von dem jetzt fast völlig ver-
schwundenen Facadenschmuck aller dieser Gräber gerade hier der
dorische Giebel mit seinen Triglyphen und Metopen ein wenig besser
erhalten ist. Sonst hat es im Innern gerade wie die andern Grab-
kammern Nischen und Steinbänke für die Aschenvasen. An ein
Nymphenheiligthum an dieser Stätte des Todes ist selbstverständ-
lich nicht zu denken. Der W^'xsserrinne verdankt die Grotte ihren
modernen Namen.
— 297
§ 5. Die Latomie des Paradieses- mit dem Ohre des Dionys und der
Piscina dt S. Nicolo.
Die beiden Latomien, welche sich östlich an das Theater an-
schliessen und selbst von einander nur durch ein c. 50 m breit
stehen gelassenes Stück des naturlichen Abhanges mit Strassenspuren
und Grabkammern getrennt sind, führen die Namen del Paradiso
imd di S. Venera. Mit ersterer haben wir uns hier zu beschuftigen.
Sie ist vor den übri^^en syrakusischen Steinbrüchen ebenso aus-
gezeichnet durch die Anmuth der gut bewässerten und in der
Ueppigkeit südlicher PAanzenpracht prangenden Garfcenanlagen, woher
sie auch ihren Namen erhalten hat^ wie durch die ungeheure Grösse
des theils von senkrechten Felswänden, theils von hohen Mauern
umschlossenen Raumes. Zwar hat die Latomie der Kapuziner unge-
fähr ebensoviel Steinmaterial geliefert, aber in mehrere Abtheilungen
zerrissen und zerklüftet, macht sie weniger den Eindruck der Grösse
als den wilder Romantik, während die Latomie des Paradieses dem-
selben Blick sowohl die Kolossälität des von Menschenhand aus-
gehöhlten Abgrundes, als auch die das Ungeheure und Schauerliche
mildernde Schönheit der Vegetation darbietet. Die ununterbrochene,
fast quadratische Fläche, aus w-elcher nur der S. 41 f. erwähnte
Pfeiler emporragt, bemisst sich auf 40,000 qm, d. h. mehr als das
Fünfiache der Theatercavea.
An der Nordseite sind in die c. *)0 m hohe Felsen wand 4 grosse
Seitengrotten eingebrochen (s. S. 44), von welchen das sogenannte
Ohr des Dionysios wegen der eigenthümlichen Bildung und der sich
daran anknüpfenden Sagen besondere Beachtung verdient. Während
nämlich die 3 östlichen die Form gewaltiger, etwa - rechteckiger
Nischen haben, welche von ausgesparlen Riesenpfeilern gestützt sind,
zieht sich das Ohr des Dionys von der Nordwest ecke der Latomie
als schmale und hohe Halle in Form eines umgekehrten S in das
Felseninnere hinein. Die Grotte ist einige 60 m tief, über 20 m
hoch und in ihrer übrigens verschüttelen Basis am Anfang und Ende
6-7, in der Mitte, wo ausserdem noch eine tiefe Nische ostwärts
eingebrochen ist, 42 m breit. Die beiden Wände nähern sich nach
oben in geschwungenen Flächen bis auf einen ganz schmalen Streifen
horizontal laufender Decke, und dieser setzt sich in einem engen.
I
— -jy» —
tCewundfneri Giin^'e foit, weli;lwi- sicli oben von dem iriiiei-sleii Enile
ik>r Grnlte riotii 12 ni weitet' srniwestlieti /.iehl, bis ei- in Jene im
vdii^teii Pai'a>ri uj)ti etwähnle K;inimer an Am- (liüiwrsi fasse infiiiilet
(«. S, K).
IJüSK die Höhle {ierude deri^er^tult »n^^eleg;! ist, erklärt »ic)>
uns zum Theil ;tus ilw Foimaliun der weilh «»Heren Kerne, welche
in den weichei-en Tufl' ein;respi-ennt sind (s, S. tö); /um andern
Theil wirkten unahhsn^i^ davon nns unbekannte Beweggründe. Man
fßl;r|e ein^ni rtller«n (ian<re, wekliei- i^icb gleich erweise von der
(irü he i-sl fasse her duiih den Si-Ii(»ss des Felsi^ns hi^; niuli Unler-
iieapolis hinahwand und erweilerte ihn ins Un;ruheure. üie Thut-
sache dci' aus^ezeitdmeten Sidiulltbrtptlanzun}; \i\nna der <;latten Seilen
der Ironiiwlenarti;; i^ekriuninten Hfihle ;i«rade naih dem oberen
G-in^^e hin, die Spuren von eisernen Klammern au den Wänden,
die antiken reberlieferuni,ini vun dei' ItenntKuni; der Latomien zu
(Jietun(>niäsen und von dem Spion ieisysleni des elwnso ap„'wölnnsiheü
wie i^rausamen Dionys I. Iial>en ums Jabr IHW) den Maler Mi(;hei
An^elo da Oi-ava^gio ge^^en Miraliella die st-hei-zende Vermuthun;;
aiisspreehen lassen, Dionys hal>e zu dem Zwecke die Gel'angenen zu
belauschen, die Höhle in Gest^ttl eines Ohres bi-eidien lassen. Diese
Vermuthun|r hat ihr den seitdem üblichen Namen ;^e^el)en.<
Dem Ohre des Dionys dia<!;onal ;>;ei>;enüber liej<;t am Südoslende
der Panidieslatiimie die siij,''. Piscina di S. Nit-olö unter der kleinen
Kirche dieses Heiligen. Es ist ein grosser nbluni^er Hobhaum, welcher
Mf,24 III lang und (>,87 m bi-eil sich von NWd nach Snd derart
dui'rb den Felsen y.iehf, d:iss die l>eiden I^ngseiten ,-ms dem nal.nr-
li.-heh Gi'.-^leiiL Ix'sleh'-n, die lieidi.'ii Uii.'isi'il.'ii .'ilx-r dinvli ilj.'ke
Oii;ideniiam^ni -i'bil.l.'t wrnb'ii. Iliin-1i -J KiÜh^n \nu j.' 7 vier-
kantigen Pleileni, iib.-r "■■li-lu- j.- .-in w- IviUtrJn.'i, ,Ai^:n,„n<-u-
ticscUliT Archilr.'iv liinlu.ill, w;,\.-\, :i l/ii.;;-. lull.' Ii.i-.^st,-!!!, und
.liest, sind voll HHalhkreisl L-ns;<-willl„-M nl>.M.h-> kt, ur
Wiirxleii nnd Airhili'av.'ii aulli.'|,n'n und sid, P,, m id.
hodeii ei'h.'beii. Diesor lii'^;! ini^'el"ilii' .'i ,-r .l.'in
Pl;il/,.s viir der Kin'h.- S. Niioi;,.
I Ka/elli tTWiiliut S. UTi der iMlerm AuPt"- MirsLi^llas die Hühle «Ib Leillli
negtu ihres Eclios, nhoe ihr eiiiEn Samfu mi pebeu :. MlruMla >i-l!jst i-i/.ulili h.
0. S. 99 ließ l>Bpr«Dp des modernen Namens
.«'«J
Die Bauanlaji'e f?eH)st lehrt ujjs ilire Geschichte und ihre wech-
■??
sohide Hestimmung. Ursprünglich war das an den beiden Schmal-
seilen offene Oblonj»' lediglich ein durch den Fels t»"eJ) rochener Aus-
j^ang der Latonue nach der südlichen Niederung: hin und wurde
i^anz als Theil jener behandelt, wie an den Wänden mehrere vier-
eckige Löciher, dergleichen ja die Latomien in Menge aufweisen, und
sogar eine Grabnische mit Loculus dailhun. In römischer Zeit schloss
man «len Gang nördlich und südlich durch die beiden Quadermaueru
ab und maxihte aus dem so gewonnenen Becken einen Wasserbehälter
für das Amphitheater. Der Einlluss ist in dei* Nordostecke oben an
der Wand, der AMsftusskana) unten in der Südwestecke noch erhalten»
Nacli dem Aufhören tlei* Ampbitheaterspiele schloss man den Raum
duich EiM'icbtung der Pfeitec und die über sie gespannten Gewölbe
in Opus incerlum und mag ihn dem Andenken irgend eines Märty-
rers gewidmet haben. Schliesslich kiute man im Mittelaller mit
Orientierung von West nach Ost quer über diese Krypta die Kircbe
S. Nicolö.
§ 6. Der grosse Altar Hierons II.
Nach Diodor XI 7t2 (s. S. 112) haben die Syrakuser zur Erin-
nerung an die Befreiung von der Tyrannis der Deinomeniden das
jährliche Fest der Eleutheiia nebst einem Opfer von 450 Ochsen
eingeführt. Es scheint, dass dergleichen grossartige Hekatomben bi»
in die letzten Zeilen «ler Selbständigkeit von Syrakus in Brauch
gebliehen sind. Denn derselbe Diodor berichtet (s. S. -05), dass
Hieron II. in der Nähe des Theaters einen Altar von der Länge eines^
Stadions und in entsprechender Höhe und Breite erbaut hat. Die
IJeberreste dieses Altars hat man im Jalir \8S^\ wieder aufge<leckt.
Leider zeigen sie uns kaum mehr als den aus dem Felsterrain
inimittelbar südlich von der Paradieslatomie ausgehauenen Unterbafi
des Ganzen. Dessen Gesamtlänge, eingerechnet den in Stufen und
Simsgliederungen weit ausladenden Sockel, beträgt 198,40 m, seine
Gesamtbreite am Nordende 21,80 m, am Südende 22,60 m, die
erhaltene Höbe etwa 6 m. Demnach ist die Angabe der Länge bei
Diodor nur eine annähernde; sie bleibt hinter der Wirklichkeit
zurück, selbst wenn wir das grössere, olympische Stadion zu Grunde
— 3C0 —
legen. Wir wissen nur von einem Allar, dem in Parion, dass er
j^rösser als dieser war; denn er mass ein Stadion im Quadrat.
Ueber die Art des Aufbaus gibt uns der trümmerhafte Zustand
der Riesenbasis und der dürftige Fundbestand von ganz wenigen
Architelttur- und Skulpturfragmenten nur sehr ungenauen Aufschluss.
Der Aufgang war von dem Nordende der westlichen Langseite her.
Einige Stufen führen geradeaus zu einem breiten Vorplatz, welclier
sich längs der nördlichen Schmalseite auf der Basis hinzieht. Nach
aussen begrenzt ihn eine über 2 m dicke Mauer, nach dem Altar
selbst hin eine von 0,70 m. Wendet man sich von dem erwähnten
Treppenaufgang gleich rechts, so steigt man auf abermals 4 Stufen
zu einem offenen Gang empor, welcher, wie es scheint, die ganze
W^estseite des Altars begleitete und nach aussen von einer 1 m dicken
Brüstungsmauer abgeschlossen wurde. Dem nördlichen Aufgang ent-
spricht nicht, wie man erwarten könnte, ein gleicher am Sudende
der Westseite in symmetrischer Korresponsion ; sondern hier ist die
Ecke rechtwinklig eingebrochen, und in dem so entstandenen vier-
eckigen Raum steht ein Steinblock, welcher wahrscheinlich einst
einer Statue als Basis diente. Dieser Umstand und die Lage des
Aufgangs an dem andern Ende derselben Westseite erweisen diese
als die vordere und den Platz vor ihr als denjenigen der Feslver-
Sammlungen (s. S. 42).
Von der Ornamentik haben sich Fragmente eines Triglyphen-
frieses und eines gleichfalls dorischen Gesimses mit Löwenköpfen
gefunden. Demselben Stile gehört auch ein Pfeilerkapitäl und die
Oberschwelle einer Thür an. Reichere Verzierung bezeugen die Frag-
mente eines grossen Adlers und von Karyatiden. Wie aber die.se
Funde für die Rekonstruction des ungeheuren Bauwerkes zu ver-
werthen sind, lässt sich nicht mehr erkennen. Jedenfalls stieg der
Altar entsprechend seiner Längenausdehnung zu beträchtlicher Höhe
auf, wie das die Vergleichung mit anderen ähnlichen Gebäuden, z. B.
des grossen Altars in Olympia (Paus. V, 13) oder des pergamenischen
darthut. Auch sind Spuren von Mauerwerk auf der Felsenbasis selbst
erhalten. *
J Die Restauration, welche Serradifaico, Ant. di Sic. Bd. IV, S. 116 gibt, ist
in wesentlichen Theilen falsch. Damals kannte man z. B. noch nicht den Aufgang,
die Gestaltung der SOdwestecke, den G»^- ' • — ^ 'Frontseite.
— 301 —
§ 7. Das Amphitheater.
Trotzdem wir von der Erbauungszeit des syrakusischen Amphi-
theaters gar keine Notizen bei den alten Schriftstellern haben, ja
dasselbe gar nicht direkt von ihnen erwähnt wird, können wir doch
seine Anlage chronologisch annähernd jjenau bestimmen. Cicero weiss
noch nichts von ihm. Es ist auch an und für sich nicht anzunehmen,
dass hier, auf sicilisch-griechischem Boden, so früh ein derartiger
Schauplatz für öflentliche Belustigungen erbaut worden sei. Das
älteste Amphitheater, welches wir kennen, ist das zu Pompeji, in
einer Provinz, wo Fechterspiele von jeher sehr im Schwang waren.
Dies ist wahrscheinlich eben in den Zeiten, als Cicero gegen Verres
auftrat, errichtet worden (s. Overbeck-Mau, Pompeji S. 185). Die
Stürme der folgenden Jahrzehnte bis zum Ende der römischen
Republik waren nicht geeignet in Syrakus einen solchen Bau früher
zur Ausführung bringen zu lassen, als in Rom selbst, wo erst unter
des Augustus Regierung Statilius Taurus ein Amphitheater wenigstens
theilweise aus Stein aufführte. Nun war es aber gerade Augustus,
welcher im J. 21 v. Chr. der sinkenden Stadt Syrakus durch die
Gründung einer römischen Kolonie aufhalf. Und Valerius Maximus, der
unter Tiberius schrieb, erwähnt zuerst Gladiatorenspiele zu Syrakus :
cum gladiatorium munus Syracusis ederetur, 1 7, 8, Auch Tacitus
spricht Ann. XllI 49 von solchen unter Nero : Non i-eferrem vulga-
ri.ssimum senatus consullum, quo civiiati Syracusanorum egredi
numerum edendis gladiatoribus finitum permillebatur, nisi Paetus
Thrasea contra dixisset, und kurz darauf: An solum emendatione
dignum, ne Syracusis spectacula largius ederentur? Ob Sueton
Cal. 20 : Edidit et peregre spectacula, in Sicilia Syracusis asticos
ludos, gerade Spiele im Amphitheater meint, ist fraglich ; die Bezeich-
nung astici ludi weist eher auf griechische Aufführungen hin. Wir
sind also betreffs der Erbauung des Amphitheaters zu Syrakus mit
Serradifalco (Bd. IV. S. 108 f. 128) einverstanden und verlegen sie
in die Zeit des Augustus, Er wird seine neugegründete Kolonie auch
nach der Seite hin ausgestattet haben.
Von der Südostecke der Latomie des Paradieses führt eine gegen
100 m lange Stra.s.se, welche in das dortige Terrain eingetieft ist,
zu der weiten Ellipse des Amphitheaters. Dessen Dimensionen stehen
- /
— ',m, —
zwar denen des Colosseums zu Hoiu und des Ainphifheaters zu
(«apua weit nach, fibertrefren aber die des Poinpejanums und erreii-hen
fast di<^^ des Veronesei' Haus. Freilich lassen sie sich l)ei der Zer-
störun^f, welcher liie Peiipherie der (]avea anheiinfiefalten ist, nur
annähernd })estiminen. Die JJin{4enachse des Ganzen liat über 110 ui,
4Jie Querachse <•. 119. Die Arena allein mfj*st in der Lanjje 09,IK) in,
in der Breite 39,2().i Wie der pf>8se Allar, so ist auch das Amphi-
theater in seiner Län$;r^*Hitfsdehnun^ jenem ungefähr parallel von
Nordwest nach Smtost j^erichtet, d. h. auf «Jen Isthmus von Orty^fia
hin. Dies* war auch die Richtung' der Verkehrssl rassen zwischen der
Insel un<l Neapolis, und die )»eiden Hanptzu;iänj>e führen in dieser
Linie der Län^enachse unter der ('«ivea hin in die Aiena. Da (ins
Terrain sich von dem TenuMjiteshü^el und den beiden Latomien her
nach Süden senkt, ist der «grössere nördliche Theil aus den» Felsen
lierausj^ehauen, nach Südwesten hin aber die Cavea anf^emanert.
Die horizontale Fläche der Arena ist in der Mitte durch eine
grosse, oblon^ie Vertietunj,^ unteibi-ochen, deren senkrechte Wände in
Quadersteinen ausJ»en^^uert sind. Sie ist 15,5 ni lang, 8,5 m breit
und 4,5 tief. Ihre Längenachse wird durch zwei Pfeiler in drei
jifleiche Theile getheilt. Diese dienten oHenJmr dazu, um Querbalken
zu trägen, aufweichen die Holzbedeckung des Hohlraums in gleichem
Niveau mit dem Arenaboden auflag. Da.ss wir es mit einem Wass(»r-
bassin zu thun hal)en, l)eweisen zwei jetzt nach oben oflene Kanäle,
welclie, iler eine in der Richtung nach dem Südosteingang, der
andre in der Südwest liehen Querachsenliiiie die Arena durchziehen
und sich dann unterirdisch fortsetzen.
Den Abschluss der Arena gegen die Cavea bildet eine t2,70 n)
hohe Brüstungsmauer von Quadersteinen, hinter deren oberem Rande
ilie Sitzreihen aufstiegen. Auf derselben lief ausserdem noch eine in
manchen Stucken erhaltene Hrustlehne von Marmor um. Ihr Rand-
gesims zeigt auf seiner im Halbkreisw'ulst abgerundeten Vorder*seile
<>ingen)eisselt die Namen von Besitzern einzelner Plätze, wie LOCVS
> Hierzu stellen sich die andern vier genannten Amphitheater folgendernia^sen :
(iesamtdimensionen. Arenadimensionen,
Rom. . . m 185 und I5ß . . m TT und 4(5,5
Capua ... 170 . 140 . . . TG . 46
Verona ... 153 . 123 . . . T3,T . 44.5
Pompeji. . . 130 . 102 , . . 69 . 3T
STATILI u. a. Nun i.st aber dieser Mauer*kranz der Arena nicht
bloss von aussen hei* durcli die beiden Haupteingänge unterbrochen,
sondern es führen noch 8 kleinere Oeflniingen aus einem gewölbten
(ränge, welcher unter den untersten Sitzreihen und mit diesen parallel
n^igs umläuft, in die Arena. Dieser unterirdische Gang mündet ausser-
halb der Arena mit i OelFnungen in die beiden Haupteingänge, von
denen er durclischnilten wird ; mit der Cavea aher steht er in gar
keiner Verbindung. Deshalb ist es keine Frage, dass er den Gladia-
toren und den in Käfigen aufbewahrten Bestien nach dem übliclien
Umzug zum Aufenthalte diente, bis sie für die einzelnen Kämpfe
durcli jene 8 Thüren in die Arena eintraten. Damit stimmt auch
überein, dass aus die.sem elliptischen Gange auf der Westseite ein
Gang und eine Treppe ebenfalls untei-irdisch nach aussen fuhren ;
wahrscheinlich der Weg, auf welchem die Leichen von der Arena
unter der (iavea hindurch ins Freie geschafft wurden.
Der Zuschauerraum ist durch 2 Pi*aecinctionen in 8 von unten
nach oben an Sitzreihen zunehmende l^änge (ima, media, sunmia
cavea) eingetheilt und hat seine Zugänge theils unter freiem Himmel,
indem Treppen von den beiden Haupteingängen aus hinauflTihrten,
und einst auch Vomitorien von der Peripherie des Ganzen her sich
öffneten ; tlieils münden radiale, in ihrem letzten Abschnitt nach
oben offene Gänj<e aus den unter den Sitzplätzen rings umlaufenden
Gewölben, welclie selbst wieder von den beiden Haupteingängen
und von der Periphei'ie her vermittelst Treppen betreten werden,
in die Cavea ein. Diese wird sowohl durch die Mündungsgänge, als
auch durch Treppen in eine grössere Anzahl von Cunei mannigfaltig
eingetheilt; indessen müssen wir liei der schlechten Erlialtung der
oberen Partien des Zuschauerraums uns enthalten, auf das Ver-
hältniss der unteren Cunei zu denen des obersten Hanges näher
einzugehen.
Die Bauart zeijj^t manche Ditlerenzeii, welche auch auf zeitliche
Abstände in der Ausführung sdiliessen lässt. Bei dem ältesten Hau
sind am Po<lium, an den Haupteingängen und überhaupt da, wo
unter freiem Himmel nicht der* natürliche Fels hergerichtet wurde,
Quadersteine verwandt. f>ann hat man mit Gussmasse und Bruch-
steinen hineingebaut. Die unterirdischen Gänge sind theils in sorg-
tältigem Netzverband (Opus reticulatum), theils in Bruchsteimuauer-
vrerk (Opus incertum) ausgefülirt. Dieses letztere wird an ihm Wöl-
Römisoh«s Gfibfiiide in der Campagoa Bufardeci.
— 305 —
bungen in bestimmten Abständen von behauenen Keilsteinen unter-
brochen. Da in Syrakus überall so vortreffliches Material vorhanden
ist, das sich verhältnissmässig leicht in alle zweckdienlichen Formen
behauen lässt, so kann man da, wo Bruchsteine verwandt und mit
ihnen die Gewölbe zum Theil recht nachlässig gebaut sind, nur an
späte Zeiten denken.
Auch das Amphitheater hat uns, wie das Theater und der grosse
Altar, nur noch sehr geringe Reste von seinem einstigen Skulpturen-
schmuck aufbewahrt. 4839 fand man in dem Osteingang nahe bei
einander zwei stattliche Marmorfragmente. Es waren dies erstens der
imposante und bei allen Zeichen des späteren römischen Ursprungs
doch ausdrucksvolle und nicht unschöne Zeuskopf von 65 cm Höhe
und zweitens der Torso einer Feldherrn- oder Kaiserstatue, deren
Panzer reich mit Reliefs gesclmiückt ist. Ein drittes Bildwerk endlich
ist das schon S. 45 erwähnte Relief, welches links oberhalb des
Nord Westeingangs in einei* viereckigen Vertiefung der Felsen wand
eingemeisselt ist. Es scheint in keiner Beziehung zu dem Amphi-
theater zu stehen, sondern gleicher Art mit den a. a. 0. besprochenen
quadratischen Reliefs und Nischen zu sein. Auch hat man neuer-
dings ähnliche Vertiefungen, aber ohne Skulpturen, nahebei an einer
künstlich hergerichteten Felsenwand zwischen dem Amphitheater und
der Kirche S. Nicolö gefunden.
§ 8. Das römische Gebäude in der Campagna Bnfardeei.
Für die Fülle von Schätzen, welche der Erdboden zwischen den
Latomien und Ortygia, an dem einstigen Brennpunkte des städtischen
und staatlichen Lebens von Syrakus, noch immer birgt, hat die
Ausgrabung dieses Gebäudes einen neuen Beweis geliefert. Schon
einige Jahre hatten gelegentliche Funde von Marmorskulpturen 200 m
westlich von der Rotunde am Pozzo dell' Ingegnere und 100 m
nördlich von dem jetzigen Ufer des grossen Hafens auf diesen Punkt
zwischen den beiden Strassen nach Floridia und nach Noto aufmerk-
sam gemacht. Da Hess im J. 1864 die damalige Gommissione di
antichitä e belle arti di Sicilia eingehendere Untersuchungen anstellen
und förderte durch Ausgrabung den nicht nur durch seine Grösse
hervorragenden Bau zu Tage. Viele Fragmente von Waudbekleidungen
Lupus, Die Stadt Syrakus. 20
— 30G —
aus Porphyr, blauem Cipollin, Verde antico und anderen Marmorarten,
Säulenschäfte mit und ohne Kanellierung, einer auch nur halbka-
nelliert, dorische Kapitale, römisch gegliederte Architrav- und Fries-
stücke, Simsfragmente mit Löwenköpfen, Statuen und Statuentheile
— das meiste davon aus weissem Marmor und Cipollin — legen auch
von glänzender Pracht Zeugniss ab.
J. Schubring hat in den Monatsber, der kön. Ak, d. Wtss. z.
lierlin, 4865, S. 362 ff. eine ausfuhrliche Beschreibung des Bau-
werkes veröffentlicht und derselben 2 Karten beigefugt, von denen
die eine viele interessante Architekturstücke, die andre einen nicht
völlig richtigen, weil bloss auf Schrittmessung beruhenden Plan ent-
hält. Deshalb begnügen wir uns hier mit einer übersichtlichen Dar-
stellung und einer nach genauen Messungen wiedergegebenen Zeich-
nung des Grundrisses, soweit derselbe überhaupt blossgelegt ist.
Wir haben es mit einer rechteckigen und, wie es scheint, sym-
metrischen Anlage von 50 m Breite und mindestens 68 m Länge zu
thun, deren Längenachse von Nordwest nach Südost, d. h. auf den
Isthmus hin gerichtet ist und deren Haupteingang an eben dieser
Süd ostsei te gewesen sein muss. Parallele Mauern, von denen 2 an der
Nordostseite, 3 an der Südostseite zum Theil ausgegraben sind, um-
schliessen einen quadratischen Gentralbau von je 15 m Seitenlänge.
Leider ist aber von diesem nur das 1,60 m über den Erdboden erhöhte
Basament nebst unteren Mauerpartien theil weise erhalten. An der Ostecke
seiner Front ist eine schmale Aufgangstreppe, welche einst ein Eckinter-
kolumnium ausgefüllt zu haben scheint und welcher an der Süd-
westecke eine gleiche Treppe entsprochen haben wird. Die Mitte des
Stereobats nimmt in einem der Längenachse nach' ausgesparten Gang
ein kleiner viereckiger Brunnen mit Marmorfassung ein. Sein Wasser
steht in gleicher Höhe mit dem Meeresniveau und ist brackig. Der
Umstand, dass der Brunnen den Mittelpunkt des Ganzen bildet,
sichert ihm eine besondere Bedeutung zu, welche indessen bis jetzt
ebenso wenig erkannt ist, wie die des gesamten Baus.i Die gerade
J Die wenigen von Schubring a. a. O. S. 3'72 veröffentlichten Inschriften frag-
mente geben auch keinen Aufschluss. Oder sollte man ein Recht haben^ aus der
Silbe GYM auf einem derselben zu schliessen, dass das hier bis jetzt Ausgegrabene
Theil eines Gymnasiums war, deren Syrakus ja eine Anzahl besass? Nur weitere
Ausgrabungen in der hier ziemlich hohen Schutt- und Erdschicht können zu einem
Resultate führen.
— 307 —
hier gefundenen, schönen Bauglieder in werth volleren Steinarten
beweisen, dass man das über dem Brunnen sich erhebende Mittel-
gebäude auch architektonisch besonders ausgezeichnet hat. Während
Fundstucke an den Einfriedigungsmauern auf dorische Säulenreihen
aus Tuff hinweisen, sind hier die Formen des vollentwickelten
römisch-korinthischen Stils angewandt worden, wenn auch gerade
korinthische Kapitale sich zufallig nicht mehr gefunden haben. Auch
Bruchstücke einer mit Lavagestein cementartig zusammengesetzten
Gewölbedecke liegen auf dem Basament.
Dem Centralbau liegt nach Südosten, also nach dem Eingange hin,
ein oblonger Hof quer vor. Auch dieser enthält wieder fast genau in
der Längenachse der ganzen Bauanlage einen viereckigen Brunnen
mit marmorner Einfassung und in der Mitte zwischen den beiden
Brunnen ein Postament aus KalktufT.
Auf der rechten, und wahrscheinlich auch auf der linken, noch
nicht ausgegrabenen Seite des Mittelbaus wurde der ganze Zwischen-
raum bis zur inneren der zwei Umfassungsmauern, wieder 15 m
im Quadrat, von einem vertieften Schwimmbassin, wie es scheint,
ausgefüllt. Dafür sprechen die Steinstuien, welche an zwei Wänden
entlang laufen, zwei hinabführende Treppen und eine kleine Kanal-
rinne, durch welche von Norden her das Wasser zuströmte. Freilich
ist von einem südöstlichen Mauerabschluss des Beckens nichts mehi*
zu sehen.
Die interessanteste und augenßilligste Partie des Gebäudes ist die
nordwestliche. Hier schliesst sich an den Centralbau eine theaterartige,
aber von Mauern rechteckig umschlossene Anlage von 27 x 19 m
Länge und Breite an. Da ihr der Orchestra entsprechender Mitfelraum,
dessen Niveau 22 cm niedriger ist als das des Meeres, beständig
unter Wasser steht, so hat man auch hier an ein Badebassin gedacht
und das ganze Gebäude Bagno di Diana oder römische Thermen
genannt. Es wäre aber nichts verkehrter als in dem Halbrund mit
seinen theatralisch aufsteigenden und durch 3 Treppen in 4 Keile
getheilten Sitzstufen, .seinem Orchestraplatz, seinem einer Bühne
ähnlichen Podium ein Bad sehen zu wollen. * Auf der andern Seite
1 Ein kleiner Kanal, welcher sich unter dem Podium hindurch nach dem
grossen Hafen hinzieht, dient wie der die BQhne des grossen Theaters durch-
schneidende, dem Abtluss des Regen- oder Reinigungswassers von der Cavea her.
— 308 —
spriolü auch ^^egeii ein kleines Theater die für römische Verhältnisse
etwas ^^eringe Tiefe der vermeintlichen Bühne : sie ist nämUch bei
einer P^rliehunj? von 0,41 ni ül)er den vor ihr im Halbkreis ausge-
hreileten Boden zwar 16,95 m breit, aber nur 4,30 m tief. Ferner
fehlt das Biihnengebäude ; denn in dem oben skizzierten Centralbau
kann man ein solches nicht erkennen. Es fehlen auch die Hohlräume
unter dem Proscenium. So wird man denn wohl an eine Art Exedra
oder Odeum zu denken haben, welche zum Anhören von Vorträgen
und dergl. bestimmt war.i Auch hier sind die noch gut erhaltenen
fünf untersten Sitzstufen von Marmor und der marmorbelegte
Oivhesterfussboilen , in ilessen Mitte geometrische Figuren aus
bunten Stücken zusammengesetzt sind, Zeugnisse von Reichthum und
(ieschmack.
Von der äusseren Nordostmauer 88/4 m entfernt, hat man einen
Abschnitt «ler Aussenfront der S. 40 erwähnten Quadermauer, welche
mit jener parallel läuft, aus dem Schutte ausgegraben. Wenn nicht
weiter westlich noch eine Festungslinie gezogen war,« so wäre unser
(lebäude demnach als Suburbanum zu bezeichnen, zwischen welchem
und der Stadtmauer eine Strasse sich westlich hinzog. Ob es aber
als solches unter der Mauer von Neajwlis oder von Achradina lag,
lässt sich no(*h nicht entscheiden. Nach dem S. 101 Auseinander-
gesetzten wäre es die Mauer der Geionischen Unterstadt Achradina,
mit der wir es hier zu thun hätten.
Kl)enso wie bei den S. l^ bespix)chenen Bauanlagen in der
Aua|H)snie<lerung nimmt es Wunder, hier auf einem so niedrigen
Niveau, wo in der Neuzeil die ungesundesten Ausdünstungen dem
sumpligtMi IV>den entsteigen, ein .so herrlich ausgestattetes Gebäude
anzutivlfen, zumal da ei'st in den wenigen Jahren seil der Ausgi^ung
dessellHMi gonule hier das Meer Dutzende \on Meiern zurückgewichen
isl uud fruchll>ai>em Lande Platz gemacht hat (s. S. 21). Indessen
l Vrtu liauNverkeu jihuacher Art lässt sich das nicht viel irrössere Theater zu
Knidivs» in ^'elchew man elvenlalls ein Odeum erkennen will, am ehesten zur Ver-
£rle«chuii|? heranxiehen. Unter amierm ist auch dessen Cavea von rechtwinkligen
MaueTtt ein^schlosseu. S. die Ahhildunsr l*ei Guhl und Koner, D. Ltlfm d. Gi-iecl.
«. Huy^. \.\X\XV S. U3.
^ lu^t^fähr llH> m noTH^ich von der Quadennauer hat man heim Bau der Eisen-
bahustattim «ine jjrc»s^ Men^ N*vn QuaderbUvken aussegraben, welche denen unserer
Fest^mcsmauer volliir üHohen unui s^dmil auf eine weiiere Ver5"ÄeisnMnsr der Fes:uni»s-
werke in dieser lieiM^nd lunweiNe^,
— 309 —
«
müssen wir uns in ßezu^ auf diesen Jetzten Punkt erinnern, dass
schon bei Thukydides von Dammbauten in dieser Ge^'-end die Rede
ist, und solche von den Zeiten der Selbständigkeit und des Glanzes
der Stadt bis tief in die römische Periode hinein erhalten denken.
Sie dienten einerseits zum Schutz gegen Wogenprall und Ueber-
schwemmung, andererseits aber auch zum Halt für die Anschwem-
mungen, welche von dem Terrassenrand her die dortige Senkung
ausfüUten und so erst be wohnungsfähig machten. Gebäude, wie das
in Frage stehende, setzen demnach Dämme und Hafenbauten voraus,
von denen zwar die alte Litteratur uns wiederholt Kunde gibt, in
Wirklichkeit aber keine Spur mehr vorhanden ist. Ein grosser Theil
des südlichen Neapolis war nicht oder nur wenig höher fundamenliert,
und dass sich gerade an unsern Bau andere in derselben Tiedage
anschlössen, zeigen viele Architekt urstücke von Marmor oder Kalktufl',
welche 1879-81 bei Gelegenheit von Häuserfundamentierung oder
landwirthschaftlichen Arbeiten in nächster Umgebung gefunden wor-
den sind.
Nun ist aber durch das Bestehen von antiken Ufermauern und
Molen nur eine halbe Erklärung gegeben. Die Hohe des Grundwassers
muss trotz jener hier in der Strandgegend, wo der Untergrund aus
einer leicht durchdringbaren Masse besteht, sich stets nach dem
Meeresniveau gerichtet haben, und wenn dieses sich zu dem Uferlande
ebenso verhielt, wie heutigen Tages, so musste schon im Alterthum
der Boden des besprochenen theaterartigen Baus unter Wasser stehen
und die S. 322 Anm. erwähnte AbAussrinne nutzlos sein, weil sie
ebenfalls vollständig unter dem Niveau des grossen Hafens läuft.
Einen Ausweg aus dieser Schwierigkeit dürfte vielleicht nur die
Annahme einer Senkung in der Zeit zwischen damals und jetzt bieten.
Dabei stünden wir vor der Alternative, dass entweder diese ganze
Ufergegend samt den in ihr errichteten Gebäuden im Yerhältniss zum
Meere niedriger geworden sei, oder dass in dem weichen Boden die
Gebäudefundamente sich im Laufe der Jahrhunderte ganz allmählich
etwas gesenkt haben. Für die erste Hypothese fehlt uns jeder Anhalt,
ja man müsste vielmehr bei den fortwährenden Anschwemnmngen
von der Hochterrasse und dem grossen Hafen her an eine stetige
Erhöhung des gesamten dortigen Terrains denken. Somit bleibt nur
der zweite Fall übrig. Die in Verfall gerathenen Dännne und Staden
boten dem von oben herabkommenden Geröll kein Hemmniss rnehi*.
— :no —
Dieses schoh si<!h iininer weiter in den ^jrossen Hafen vor und ver-
flachte ihn an seinem Nordrande metir und mehr. Zugleich versanken
die Bauwerke lanp;sam und ((leichinässig Linie um Linie tiefer in den
lockeren Grund.
THEIL IIL — Die syrakusischen Gräber.
§ 1. Gräber vorhellenischeii Charakters.
Unter den antiken Denkmälern auf dem einstigen Stadtgebiet
von Syrakus beschäftigen uns schliesslich die Grabstätten. Ihre Bedeu-
tung ist sowohl wegen ihrer grossen Menge, als auch wegen ihrer
verschiedenen Form und Technik keine geringe. Auf Grund der
letztern können wir die wechselnden Weisen der Bestattung von dem
Dunkel der ältesten oder sikelisclien Periode über die Jahrhunderle
des Hellenenthunis bis in die Zeiten der Ilömerherrschaft und schliess-
lich der christlichen Katakomben verfolgen. Oertlich vertheilen sich
die Gräber in ganz ungleicher Häufigkeit und mit grossen Lücken
bald einzeln, bald in kleineren oder grösseren Gruppen hauptsächlich
rings um den Rand der syrakusischen Terrasse, hie und da auf die
Hochebene selbst hinauf- oder in die Niederung hinabsteigend.
Wir beginnen mit denjenigen Grabanlagen, welche ihr alterthüm-
1 icher Charakter und ihre Uebereinstimmung mit den unzähligen
Grottengräbern besonders des südöstlichen Siciliens als sikelische
kennzeichnen.! In der näheren Umgegend von Syrakus waren solche
auf der Halbinsel Plemmyrion-Maddalena schon längere Zeit bekannt,
als in den Jahren 1876 und 1879 Sav. Cavallari auch auf der Halb-
insel Thapsos-Magnisi über dritthalbhundert entdeckte.' Zu der glei-
chen Anlage des Ganzen kommen die in ihnen gefundenen Vasen-
fragmente hinzu, welche in Form, Thon, Farbe und Technik keinerlei
Abweichung von den Gelassen jener andern Grabstätten zeigen. Auf
dem Boden des alten Syrakus selbst haben erst in den letzten Jahren
Cavallari Vater und Sohn das Vorhandensein von vielen solchen
Sikelergräbern festgestellt. Der Auffindung des ersten am Terrassen-
1 S. Holm, Gesch. Sic. Bd. I. S. 101-107.
^ S. Cavallari^ Tkajpsos, im Archiv, stör. Sic. anno V. Pal. 1880.
— 311 —
rande oberhalb der Gontrada Fusco durch den Inj^enieur Gavallari
folgte die von ganzen Reihen an dem in Stufen abfallenden Nordrando
des Plateaus, etwa 1 km westlich von der Scala greca. Hier breiten
sich die Grabkammern sowohl innerhalb, wie ausserhalb der Diony-
sischen Mauer aus, viele sind augenscheinlich durch deren Errichtung
zerstört worden. Endlich kamen noch einige Gruppen von Gräbern
gleicher Art am Südrande zum Vorschein : bei Tremilia, dem Bufalaro
und auf der Le Grotte genannten Abdachung an der Latomia di
S. Venera, wo aber viele in griechischer und römischer Zeit umge-
staltet worden sind.
Leider hat diese, wie überhaupt die antiken Gräber Siciliens das
Schicksal getroffen, schon von alten Zeiten her durchstöbert und aus-
geplündert zu werden. Deshalb ist das Suchen nach irgend welchen
Gegenständen in denselben, welche für die Urheber und ersten
Benutzer Zeugniss ablegen könnten, in Syrakus meist fruchtlos geblie-
ben. Indessen stiess man in einer solchen Kammer bei der Villa
Agnetta Reale auf menschliche Gebeine, das Fragment einer 12 cm
dicken Verschlussplatte von Tuff und auf Scherben von röthlich braunen
Terrakotta vasen mit rohen Graffiti in geometrischen Figuren. Letztere,
jetzt in dem Nationalmuseum zu Palermo, sind denen von Thapsos
und so vielen andern Fundstätten Ostsiciliens und vornehmlich seines
südlichen Berglandes in den Museen zu Palermo, Syrakus und Gir-
genti völlig entsprechend. Aus dieser Gleichartigkeit, welche viele
Tausende von Grabkammern und die in ihnen noch gefundenen
Reliquien Ostsiciliens charakterisiert, lassen sich werthvolle Schlüsse
ziehen. Da jene sich nicht nur längs der Küste erstrecken, sondern
auch über das ganze Binnenland ausgebreitet sind, ist an phoeniki.schen
Ursprung nicht zu denken. Im Innern der Insel haben sich eben
Phoeniker nicht angesiedelt. Wir müssen eine zahlreiche Bevölkerung
annehmen, welche vor der Ankunft der Giiechen Sicilien bewohnte,
ihre eigenthümliche Kultur auch nachher noch bewahrte und erst
ganz allmählich infolge von kriegerischen und friedlichen Beziehungen
mit den hellenischen Ankömmlingen verschmolz. Diese Urbevölkerung
bildeten aber nach den Ueberlieferungen der griechischen Schriftsteller
im Osten die Sikeler, im Westen die Sikaner. Auf Ortygia hat
Archias bei seiner Landung Sikeler angetroffen und sie von dem
Inselchen verdrängt. Das ganze Hinterland von Syrakus, das weithin
gelagerte Gebirge, dessen Gentrum der Monte Lauro ist, war von Sike-
— :312 —
lein bewohnt.^ Wir haben also in diesem ausgedehnten Gebiete nur
an Sikelergrabstatten zu denken, und wie wir die Annahme von
phoenikischen Anlagen zurückweisen, haben wir auch andererseits den
deullichen Unterschied zwischen den nicht römischen oder griechischen
antiken Gräbern in Ost- und in WestsiciHen nicht zu verkennen. Die im
folgenden zunächst zu besprechenden syrakusischen sind uns Beispiele
sikelischer Grabkammern, welche sich mit wenigen Ausnahmen östlich
von den beiden Himeraflüssen über die Insel ausbreiten.*
1 S. Holm, Orieck. Gesch. Bd. I. S. 65 IF. und die litterarischen Nachweise
ebenda S. 361 ff.
S Holm a. a. 0. S. 101 l\., wozu die Litteratur S. 379 f., macht in seiner
Aufzählung und Besprechung der von Menschenhand hergestellten Grotten noch
keinen spezielleren Unterschied zwischen sikanischen und sikelischen Gräbern. Für
letztere bringt Schub ring, Ahrae-Palazzolo, in Jahns Jahrb. Supplementbd IV. 1861-67
S. 661-672 den einheimischen Namen Ddiäri bei, v. Andrian, Praekiator. Stnd.
aus Sic. S. 87 nennt sie wegen der fensterartigen Eingänge « Fenstergräber*. Sav.
Cavallari klassificiert zuerst in seiner Abhandlung Le cittä e le opere dt esravazione
in Sicilia anieriori ai Oreci im Archiv, stör. Sicil. 1877.
Es dürfte hier am Orte sein eine gedrängte Uebersicht über die nicht hellenischen
Gräber auf sicilischem Gebiete zu geben. Was Form und Technik anbetriQl, lassen
sich 4 Gruppen unterscheiden. Deren topographische Vertheilung ist für unsre Unter-
suchung von Bedeutung.
1) Auf der vulkanischen Insel Pantelleria südwestlich von Sicilien sind in der
Nähe eines aus sog. Kyklopenmauern aufgeführten Kastells über 20 kuppelartige
Hügel, aus rohen Lavablöcken aufgeschichtet. Sie heissen Sesi. Im J. 1874 hat
Sav. Cavallari den grössten derselben, welcher 8 m Höhe und an der Basis 22 m
Durchmesser hat, genauer untersucht. S. seine Veröffentlichung in dem Bull. d.
Comm. Nr. VII, 1874. 9 jetzt offene Gänge, 1,10 m hoch und an der Basis 0,75 m
breit, nach oben aber sich verengend, stossen radienartig auf eine centrale Rund-
kammer von 1 ,70 m Durchmesser und 2 m Höhe, aus deren Boden Menschengebeine
ausgegraben worden sind. Dabei befindliche Thierknochen rühren wohl von Ein-
dringlingen her. Die Bauart dieser Gräber, wie des Kastells, ist bedeutend primitiver
als die der sog. Kyklopenbauten in Cefalü, Eryx, Collesano auf Sicilien. Ueber ihre
Urheber ist noch keine Entscheidung möglich.
2) Die zweite Gruppe ist bis jetzt nur durch 5 Exemplare vertreten, welche
durch blossen Zufall auf dem Inselchen S. Maria, nördlich von dem alten Motye
(j. S. PantaleonJ und bei Castronuovo, etwa in der Mitte der Strasse von Palermo
nach Girgenti, entdeckt worden sind. Unter dem Ilachen Boden, bedeckt von Erde
und Steinen, gehen sie trichterförmig in den Felsen hinunter. In dem Grabe zu
Castronuovo stiess man auf eine rohgearbeitete und schlecht gebrannte Thonvase, und
unter derselben auf ein Menschenskelett.
Dies also nur vereinzelte Grabanlagen. Wir treten nunmehr an die zahlreichen,
ja zahllosen Gräber heran, welche der Boden Siciliens selbst trägt. Sie zerfallen
deutlich in 2 Gruppen.
3) WestsiciHen ist vornehmlich vertreten durch viele Gräber, welche sich
— 313 —
Auf Orlygia hat die ^griechische Ansiedlun^^ jede Spur von etwa
vorhandenen Sikelergräbern verwischt. In der Fesllandstadt aber lassen
sich deuthch folgende drei Gruppen unterscheiden :
1) Die Gräber längs des südlichen Terrassen randes von Fusco
bis Tremilia, oberhalb der Anaposniederung.
2) Die Gräber in der Gontrada delle Grotte, am Aufgange der
Strasse von Orlygia nach Gatania.
von Palermo westlich nach der Bucht von Castellamare hinziehen, aber leider durch
die TufTbrecher immer mehr zerstört werden. Eines jedoch hat der Principe di Scalea
unversehrt aus dem Felsen herausheben und nach dem Museum von Palermo schaffen
lassen. Es liegt nahe, hier a priori von sikanischen Bauten zu sprechen. Dazu
kommt aber noch, dass die Gräber bei Carini dem antiken Hykkara angehören, welches
Thuc. VI 62 ausdrücklich als sikanische Stadt bezeugt wird. S. Holm, Gesch. Sic.
Bd. I S. 60. Die rohe Form der Grabkämmerchen und der in ihnen befindlichen
Töpferei, verglichen mit den Funden in Ostsicilieu, weist auf ein relativ höheres
Alter oder einen tieferen Kulturstandpunkt des betreifenden Volksstammes hin. Sie
gehen nicht seitwärts in steile Felswände hinein, sondern sind unter dem flachen Feld
versteckt. Nach Aushebung von Erde und oft vielen Steinen, welche vielleicht
absichtlich den Zugang verdecken sollten, stösst man in einer scheinbar natürlichen
Tulfgrube c. 1 ^2 ^ unter der Oberfläche auf ein Loch, welches seitwärts in einen
kleinen Raum von unregelmässigeren Proportionen als die der folgenden Gruppe
führt. Meistens ist das Loch noch durch eine Tuffplatte geschlossen und mit Steinen
verrammelt. In diesem Falle finden sich stets ein oder mehrere Menschenskelette
nebst schlecht gebrannten Thonvasen, welche ohne Hülfe der Töpferscheibe aus-
geführt sind. Oft sind es blosse Näpfe, andre wirkliche Vasen mit einem oder zwei
Henkeln. S. die Berichte von Salinas und die Abbildungen in den Not. d. Scavi
[Lincei] Sept. 1880. S. 356 ff. Febr. 1881. S. 68.
4) Die vierte Gruppe endlich ist die ostsicilische. In erstaunlich grossen Mengen
kommen die Grabkammern namentlich in den Heraeischen Bergen und dem Gebirgs-
stocke des M. Lauro vor, Unter all den Fundstätten, die Holm a. a. 0. aufzählt, ist
die berühmteste das Grottenthal Ispica in den südlichen Gebirgsausläufern nach dem
Kap Pachynum hin. Westlich der beiden HimeraÜüsse sind nur vereinzelte Stellen
zu verzeichnen, wo Gräber und Vasen mit denen Ostsiciliens übereinstimmen ; doch
reichen sie ziemlich weit den Südraud des sicilischen Gebirges entlang. Da ist der
Monserrato bei Girgenti, dann die Berge von Caltabellotta und endlich in der Gegend
von Salami, dem antiken Halikyai, ein Berg, welcher wahrscheinlich von den fenster-
aitig die Felsen wand durchlöchernden Grabkammern Fiuestrelle genannt wird. Wie
die Gräber, mit deren Charakter die Besprechung der syrakusischen im Texte bekannt
machen soll, so sind auch fast alle in ihnen gefundenen Vasen von demselben
Typus. Davon kann man sich am besten in dem Nationalmuseum zu Palermo über-
zeugen, in dessen Vasensammlung durch Vermittlung von Sav. Cavallari die charak-
teristischsten Exemplare von Monserrato, Pantalica, Thapsos und Syrakus gekommen
sind, so dass hier die Unterschiede zwischen diesen Vertretern der einheimischen
Keramik Ostsiciliens und sowohl den westsicilischen, wie den griechischen am besten
festgestellt werden können.
— 314 —
3) Die rirab<*r am nördlichen Te^l•as^^en^and olierhalh des mejra-
ri. sehen Meerbusens, nordöstlich von der Qis^i dello Stampatore.
Dazu kommen noch 4) die Grälier auf der Halbinsel Maddalena.
Hier sind die an dem Ufer grossenlheils durch das Meer zerstört ;
(\o('M lässt sich an den Resten noch die ursprüngliche Form des
rianzen erkennen. Wo das Terrain nur eine horizontale Fläche bietet,
;5ehen wie auf Thapsos brunnenarlige Löcher von kaum U/^ m Tiefe
senkrecht in den Felsboden hinab und von ihnen kommt man seit-
wärts in die Grabkammern hinein. Die meisten jedoch sind in die
Tutfwände, welche Maddalena nach Sudwesten hin von den Terre di
Milocca abgrenzen, horizontal eingetrieben.
Aus der topographischen Vertheilung dieser vier zum Theil weit
auseinander liegenden Gräbergruppen lässt sich mit Sicherheit auf
ebenso viele Sikelerniederlassungen schliessen, welche in der Nähe
jener einst bestanden und deren Bevölkerung sich um die von Archias
aus Ortygia vertriebenen Sikeler vermehrt haben mochte. Die trelT-
lichcn Buchten und Häfen bei Syrakus waren in ihren Händen, sie
beherrschten dieselben von der Insel Ortygia, von den beiden Halb-
inseln PIcmmyrion und Thapsos, endlich von dem nördlichen und
dem südlichen Terrassenrande aus. Von Ortygia rückten die Griechen
den Sikelern aufs Festland nach, und gerade an der nächstgelegenen
Gräbergruppe delle Grotte sehen wir das Vordringen der ersteren
durch die Umgestaltung der ursprünglich ungriechischen Anlage in
die griechische — wie auch weiterhin in die römische — deutlich
erwiesen .
Wel(;he Merkmale unterscheiden nun die sikelischen Gräber von
den griechischen?
Erstens haben jene keine Loculi (s. unten § 2), sondern bestehen
aus in den Fels gebrochenen Grabkammern mit fensterartigen
Oellnungen von ungefähr 0,50 zu 0,75 m, welche immer vermittelst
einer von aussen cingefalzten und vermauerten Steinplatte von c.
hi cm Dicke verschlossen waren. Die Schwelle dieser OelFnungen ist
vorhält nissmässig hoch und bildet oft eine förmliche Brüstung. Die
Form des Hohlraums ist die eines umgestülpten Topfes ; nur selten
sind die Wände senkrecht und geradlinig. Die Kammern sind
entwedoi" isoliert oder es sind mehrere untei'einander wieder durch
kleine viereckige OeHhungen von den gleichen Dimensionen wie die
Haupteingänge verbunden. Viele derselben haben an den Wänden
— 315 —
arkosoliumartige Nischen mit Halbbogenwölbiin«^, deren Boden fast
immer etwas höher als der der Kammern selbst liegt.
Charakteristisch ist zweitens die Kleinheit und besonders die
geringe Höhe der fast kreisrunden und flachgewölbten Kammern: in
bei weitem den meisten kann ein Mensch nur kauern, aber nicht
aufrecht stehen, wie auch die Eingänge nur ein Einkriechen, nicht
ein Eintreten gestatten. In Syrakus selbst hat die grösste der gemes-
senen Kammern einen Durchmesser von 2,55 m, die meisten kommen
kaum auf 2 m. Einige etwas geräumigere sind auf der Halbinsel
Maddalena, die grösste in der näheren Umgegend von Syrakus auf
Magnisi : sie hat 4,80 m im Durchmesser, eine andre von elliptischer
Grundfläche 4,15 zu 3,60 m. Beide haben c. 2 m Höhe.
Diese geringen Dimensionen, besonders in vertikaler Linie, sind,
abgesehen von den Menschenskeletten und Vasen, welche man in
solchen Kammern gefunden hat, ein Hauptbeweis gegen die Annahme,
sie seien als menschliche Wohnungen angelegt worden. Dazu kommt
die Art des Verschlusses, welcher durch die erwähnten Platten nur
von aussen stattfinden konnte. Endlich aber sind sehr viele der
Kammern, z. B. von Akrai, Pantalica, Valle dlspica in so enormer
Höhe an der senkrechten Felswand angebracht, dass man bei dem
Mangel innerer Verbindungsgänge oder Schachte nur vermittelst 20
bis 30 m hoher Leitern von unten her oder langer Seile von oben
her durch die Oeff*nungen hätte hineinkriechen können. Zu dem
Zwecke hätte man obendrein stets die Hülfe anderer nöthig gehabt.
Die grösseren und bequemer gelegenen dieser Grabstätten mögen
später, nachdem man ihren durch die sorgsam eingemauerten Ver-
schlussplatten gegen Raubvögel und andere Thiere geschützten Inhalt
entfernt hatte, gelegentlich als Wohnstätten gedient haben ; ursprüng-
lich war dies jedenfalls nicht ihr Zweck.
Ein dritter Unterschied ferner zwischen diesen Gräbern und den
griechischen ist der, dass nur den letzteren an der äusseren Felsen -
wand jene S. 45 f. besprochenen viereckigen Löcher zur Aufnahme von
Relief- oder Inschriftplatten beigesellt sind. Die vorhellenischen Gräber
in Syrakus haben das Fehlen derselben mit allen Sikelergräbern z. B.
in dem Thal von Ispica, in der Nähe von Akrai, bei Melüli, auf
Thapsos u. s. w. gemein.
Die Leichname sind in den grösseren derselben auf dem Boden
ausgestreckt gefunden worden, in den kleineren, also der Mehrzahl,
— 316 —
zusairiinengekauert. Bei^^-egeben waren ihnen Vasen, und deren
Gleichheit in Thon, Technik, Form, Farben und Grafliti ist gerade
(ias charakteristischste Merkmal. Wenn jüngst zu Pantalica gefundene
und im Museum zu Syrakus aufbewahrte Vasen von grösserer Vollen-
dung sind, so beweist dies nur, dass die Sikeler nach der Ansiedlung
der Griechen zwar ihre besondere Bestattungsweise beibehielten, aber
von den Fremden eine vollkommenere Keramik annahmen und ihre
Vasen, ohne die herkömmliche Form zu ändern, nunmehr auf der
Töpferscheibe bildeten.
Die auf S. 317 und 318 zusammengestellten Grundrisse, Durch-
schnitte und eine Ansicht mögen das über die Beschaffenheit der
Sikelergräber zu Syrakus Gesagte veranschaulichen und darthun,
dass trotz aller Abwechslung doch der oben beschrie})ene Grund-
charakter gewahrt bleibt.
Nr. 1 und 2 : eine einfache Grotte am Nordrande der Terra.sse,
etwa J|2 km westlich von der Gasa Agnetta Reale, Nr. 96 auf der
Karte I.
Nr. 3 und 4 : eine dreifache Grotte nordwestlich von der Gon-
trada Fusco am obern Terrassenrande, Karle I Ni*. 66.
Nr. 5 und 6 : ebenfalls am Nordrand der Terrasse und westlich
von Nr. 7. 8. 9. In gerader Richtung entwickeln sich hintereinander
und durch viereckige Oeffnungen miteinander verbunden zwei läng-
liche und ein fast kreisrunder Raum, welcher mit einer Nische in
Halbbogen Wölbung abschliesst. Der Eingang von aussen, sicherlich
auch einst mit einer Platte verschliessbar, ist zerstört.
Nr. 7. 8. 9: westlich von Nr. 1 und 2, eine Doppelgrotte mit
einem Vestibulum und einer kleinen Nische. Als Unicum ist bemer-
kenswerth, dass die Oeffnung, welche zu der rechts von dem Vesti-
bulum gelegenen Kammer führt, den Falz für das Einsetzen der
Verschlussplatte innen, und nicht aussen hat.
Nr. 10 und 11 : eines der Plemmyriongräber, fast kreisrund und
drei im Halbbogen gewölbte Nischen enthallend. Wie tief der ver-
schüttete Boden unter die Grundfläche dieser Nischen hinabgeht, ist
noch nicht festgestellt.
— 317 —
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— 319 —
§ 2. Griechische und griechisch-römische Grabanlagen.
Die Hauptmasse der sehr zahlreichen griechischen Gräber zieht
sich längs dem Südrande der syrakusischen Terrasse von dem
Kapuzinerkloster an westwärts über die Contrada delle Grotte und
des Theaters hinaus. Besonders die gerade wegen der Menge der hier
vereinigten Gräber Le Grotte genannte Gegend nördlich von der
Latomie S. Venera, wo die moderne Strasse nach Catania und neben
ihr eine antike Strasse auf die Terrasse hinaufsteigt, ist bedeckt mit
Grabkammern und Einzelgräbern, welche unter freiem Himmel in
den Felsboden hinabgehen. Sie begleiten regelmässig antike Strassen,
wie die noch vorhandenen Radfurchen deutlich zeigen. Auffallender
Weise setzen sich die Gräber, mit ganz vereinzelten Ausnahmen an
der sog. Grotta santa , nicht der Ostseite von Achradina entlang
fort. Dagegen beginnen sie wieder an der Cava S. Bonagia und dem
Nordrande von Tycha und reichen westwärts über die Scala greca
hinaus.
Die Form der griechischen Gräber ist für den, welcher einmal
eine solche Nekropolis untersucht hat, auf den ersten Blick wieder-
zuerkennen. Charakteristisch vor allem sind die stets vorkommenden
besonderen Leichenbehälter oder Loculi, mögen sie in den Fels ein-
gehauen oder aus Platten zusammengesetzt sein, mögen sie aus
Terrakotta- oder Marmorsarkophagen bestehen. Gewöhnlich sind die
Loculi rechteckig und richten sich in ihren Dimensionen, wie natür-
lich, nach der Grösse der in sie zu bettenden Leichen. Sie sind
bedeckt mit einer oder mehreren Platten, welche auf den Seiten-
wänden aufliegen, wenn der Loculus selbst aus Platten zusammen-
gesetzt ist, oder auf dem Felsen, wenn das Grab in diesen, sei es
innerhalb einer Kammer oder unter freiem Himmel eingehauen ist.
Zum grösseren Schutz liegen manchmal mehrere Deckplatten über
einander, wovon Selinunt Beispiele aufweist. Auch ist gelegentlich in
der Bodenplatte des Loculus ein Loch angebracht, durch welches
bei der Zersetzung des Leichnams die Flüssigkeit einen Ausweg nach
einem unteren Hohlraum fand. Diese Eigenthümlichkeit, ebenfalls
schon in der Nekropolis von Galera Bagliazzo zu Selinunt beobachtet,
kehrt in einigen Gräbern der griechischen Nekropolis del Fusco
wieder, wo sonst die regelmassige Form der Loculi herrschend ist.
— 320 —
Die Mehrzahl der Thongräber besieht aus grossen oblongen
Platten, welche der Länge nach dachförmig gegeneinander gestellt,
zugemauert und dann mit Erde zugedeckt sind. Zuweilen haben sie
die Form eines hohlen vierseitigen Prismas, welches auf eine Längs-
kante gelegt ist. Die beiden unteren Platten enthalten den Leichnam,
während die beiden olieren blos als Deckel dienen. i
Das augenfälligste Merkmal der Griechengräber zu Syrakus sind
die S. 45 f. erwähnten, ungefähr quadratischen Flachnischen mit
schräger Rückwand, so dass sie oben noch weniger tief sind als
unten : sie bedecken alle Felsen wände der griechischen Nekropolen.
Mit diesen treten sie uns als Grenzscheide ehemaliger Stadtquartiere
entgegen an den Strassen, welche Ober- und Unterachradina ver-
binden, ferner in der Gräberstrasse delle Grotte, in der oberhalb des
Theaters ii. s. w. Ihre Dimensionen sind verschieden. Die gross ten,
oberhalb des Kapuzinerklosters und des Theaters, sind gegen 2 ni
hoch, über 1 m breit und unten im Durchschnitt 0,50, oben bis
gegen 0,30 m tief eingehauen. Gerade die grössere Tiefe an der
Ba.sis aller Nischen ist eine Hauptstütze der a. a. 0. ausgespro-
chenen Ueberzeugung, dass sie einst mit Inschrift- oder Reliefplatten
feineren Materials ausgefüllt waren.
Zur Veranschaulichung dieser Flachnischen wählen wir einen
Abschnitt der Felswände nordöstlich von der Latomie S. Venera
(Nr. 16 auf S. 321) und geben von den Gräbern selbst zwei Bei-
spiele. Das erste, Nr. 12 und 13, ist ein isolierter Loculus, welcher
unter einer Halbbogennische und hinter einer stehen gelassenen
Brüstung in die senkrechte Felswand eingehauen ist (Arcosolium).
Nr. 14 und 15 zeigen eine vollentwickelte Grabkammer von der
Strasse zwischen der Latomie des Paradieses und S. Venera. Die
Kammern der Gräberstrassen an dem Theater und der Paradies-
latomie, geräumig und rechtwinklig, enthalten einen oder mehrere
Loculi, welche in den Felsen eingetieft sind. Ihre Eingänge sind meist
weiter als die unseres Beispiels, jedoch zum Theil offenbar erst später
vergrössert worden. Die abgebildete Kammer repraesentiert einen
späteren Typus, wo Form und Vertheilung der Loculi schon ganz
den Gräbern in den stattlichen syrakusischen Katakomben von
1 Ein Exemplar dieser Art, von Sav. Cavallari in der Nekropolis von Manira-
lunga bei Selinunt gefunden, ist in dem Museum zu Palermo.
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S. Marziano u. s. w. entsprechen, mit dem einzigen Unterschied,
dass unsere Grabanlage für sich allein besteht, während die Grab-
kammern der Katakomben mit einander in Verbindung stehen und
ausgedehnte, weitverzweigte Nekropolen unter der Erde bilden. Der
kleine dritte Loculus links vom Eingang bei Nr. 15 war für eine
Kindesleiche bestimmt.
Es fehlt auch nicht an Verbindungen und Uebergängen ver-
schiedener Typen. So ist am Nordabhange von Epipolai ein recht-
eckiges Gnechengrab direkt über einem kreisförmigen Sikelergrab
angelegt, so dass beide nur durch eine dünne übrig gebliebene
Zwischendecke aus Tuff von einander geschieden sind (s. Karte I
Nr. 97). Anderswo ist ein rechteckiger Loculus in den Boden eines
krummlinigen Sikelergrabes eingelassen. Besonders in den Nekropolen
del Fusco und delle Grotte finden sich umgeformte Gräber verschie-
dener Epochen bis in die römische Zeit hinein.
Als Beispiel diene das fälschlich sog. Grab des Archimedes aus
der letztgenannten Gruppe neben der Cataniastrasse (Nr. 17, 18 und
die Titel Vignette). Im Jahre 1881 wurde die bis dahin als Stall
lienutzte Gruft von der fast 2 m hohen Schicht von Erde und Misl,
welche ihren Boden bedeckte, befreit und unter die Obhut des staat-
lichen Custoden gestellt. Es ist eine massig grosse, flachgewölbte
Grabkammer, deren Grundfläche ein unregelmässiges Viereck bildet
und deren Eingang mit einer kleinen, aus dem Fels herausgemeisselten
dorischen Fagade geschmückt ist. Auf zwei Halbsäulen, von denen noch
die links vom Beschauer erhalten ist, ruht ein vollständiges dorisches
Gebälk, Architrav, Triglyphenfries, beide zur grösseren, rechten Hälfte
zerstört, und ein simsunirahmter Giebel. Zwischen den Säulchen war
die, jetzt zerstörte, Vorderwand der Kammer stehen gelassen, und
durch dieselbe die Eingangsthür gebrochen, welche nach Spuren am
Boden 0,74 m breit und, wie bei allen diesen Kammern, verschliessl>ar
war. Die Gesamthöhe der Front beträgt 4,59 m, die Gesamtbreite
an dem unteren Säulenrand 3,16 m. Die Kammer selbst, deren
Seitenwände von 2,32 bis 3,48 m breit sind und deren Höhe 2,47 m
beträgt, enthält eine Anzahl von Hohlräumen, welche theils zur Bei-
setzung des ganzen Leichnams, theils zur Aufnahme von Gebeinen
oder Asche bestimmt waren. Jenem ersteren Zwecke diente eine
grosse überwölbte Nische mit Loculus von normaler Grösse : sie
nimmt fast die ganze Seile rechts vom Eingang ein. In der diesem
- 324 —
gegenäber liegenden Wand sind 5 Arkosolien eingehaue», hinter
deren Brüstungen Reste von Leichnamen aufbeviiahrt wurden. Des-
gleichen enthält die linke Wand 4 solcher Nischen. Schliesslich
gehen in den Boden noch einige theils recht- theils schiefwinklige
Löcher bis zu 0,80 m Tiefe hinab, in welchen man noch Geheine
und römische Urnen gewöhnlicher Mache gefunden hat.
In denselben Fetsblock ist unmittelbar neben dieser Grabkammer,
aber etwas tiefer, eine andre eingehauen, welche ihr, was die Grösse
und die Nischen betrifft, ziemlich ähnlich ist. In ihr fand sieb ein
Sarkophag aus zwei oblongen, dachförmig über einem Leichnam
zusammengestellten und mit Kalk vermauerten Terrakottaplatten.
Eine Merkwürdigkeit aber, welche sich bis jetzt nur in diesei*
Kammer gefunden hat, zeigt der Boden derselben. Es laufen nämhcli
in ihm vier Abflussrinnen, welche mit einander in Verbindung
stehen und sich von 12 bis 16 cm abtiefen. Wahrscheinlich hatten
sie denselben Zweck, wie die oben erwähnten Abflusslöcher mancher
Loculi, indem sie die Zersetzungsflüssigkeit der auf den Boden der
Kammer hingelegten Leichen aufnahmen und so deren Auflösung
beforderten, worauf die Gebeine gesammelt und beigesetzt wurden.
§ 3. Einige Bemerkangen über die syrakusischen Katakomben.
Ueber den Ursprung und die Entwicklung der syrakusischen
Katakomben fehlt es an jeglicher Ueberlieferung. Auch ist die Aus-
grabung und Untersuchung derselben noch nicht so weit gediehen,
um völlig sichere Resultate in der Frage zu ermöglichen. Schon im
vorigen Paragraph haben wir angedeutet, dass der Typus der Gräber
in diesen Katakomben mit demjenigen der Gräber aus der späteren
heidnischen Zeit identisch ist. Es liegt also nahe, hieraus auf die
Entstehung der fast ausschliesslich christliche Gegenstände bergenden
Katakomben nach der heidnischen Aera und ihre Entwicklung aus
dem heidnischen Grabtypus der Jahrhunderte um Christi Geburt zu
schliessen. Jedenfalls konnte die sehr ausgedehnte unterirdische
Todlenstadt, von der bis jetzt ansehnliche Abschnitte auf einem Gebiete
von mehr als einem halben Quadratkilometer in Unterachradina
bekannt geworden sind, sich nicht in einer Zeit ausgebildet haben,
in welcher noch ein blühendes Stadtleben ebenda auf der Erdober-
tläche wogte. Es mögen einzelne Gänge und Hohlräume in den
— 325 —
Katakomben aus der vorchristlichen römischen oder «^ar griechischen
Zeit herstammen, wie dies nachweislich mit Aquaedukten, Brunnen,
Wasserbehältern und Treppengängen in der dortigen Gegend der
Fall ist (s. S. 271 f. 275) : dass jene aber schon vor der römischen
Periode, in der erst die Festlandstadt mehr und mehr verödete, zu
Begräbnisszwecken angelegt worden seien, lässt sich durchaus nicht
nachweisen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Katakomben als
christliche Begräbniss- und auch Versammlungsstätten von vornherein
nach einem bestimmten, selbständigen Plane gebaut worden sind.
Nur vereinzelt hat sich bis jetzt die Benutzung von, oder der räum-
liche Anschluss an heidnische Gräber, welche unzweifelhaft erst aus
der römischen Zeit stammen, nachweisen lassen. ^
Wie die römischen, so bilden auch die syrakusischen Katakomben
ein ausgedehntes Netz von Gängen und Grabkammern, welche zugleich
als Kapellen für sepulkrale Feierlichkeiten dienen mochten. Diese
Grabkammern sind vielfach durch Weite und Stattlichkeit die
römischen übertreffende Rotunden mit kuppeiförmiger Decke ,
in deren Mitte eine cylindrische Lichtöffnung durch den Felsen
nach der Oberwelt aufsteigt. Dass man zu solchen Oberlichtern
gelegentlich antike Brunnenschachte in ihrem obersten Abschnitt
benutzte, haben wir schon S. 275 gesehen : ein Beweis dafür, dass
die Katakomben erst, als das über ihnen befindliche Terrain
nicht mehr bevölkert war, entstanden sein können. Die Leichen -
behälter sind entweder Loculi, welche in den Boden hinabgehen, oder
Sarkophage. Sind die Gräber in die Wände eingelassen, so haben
sie die Form von Arkosolien (vgl. Nr. 13. 14 und 17. 18 auf S. 321
und 322). Dagegen fehlen an den Wänden vollständig jene viereckigen
Finsatzlöcher für Relief- oder Inschriftplatten, welche in so zahlloser
Menge über alle griechischen Nekropolen ausgebreitet sind. Inschriften
sind in den letzten Dezennien etwa anderthalb hundert von Sav.
Cavallari in den Katakomben von S. Marziano entdeckt worden.
Meist stehen sie auf den Grabplatten am Fussboden. Sie sind fast alle
griechisch-byzantinisch und rühren aus den Jahrhunderten der römi-
schen Kaiserzeit her. Nur vier derselben sind lateinisch, von denen
eine auf das Jahr 356 nach Chr. datiert ist, eine andre den mit
1 S. Schultze, Vie Katakomben, Lpz. 1882, S. 36 f. und die Litteratur S. 47;
auch Garini im Archiv, stör, Sic. anno HI. Pal. 1876, S. 508.
Lupus, Die Sladl Syrakus. 22
Hei iefdarste] hingen aus dem alten und neuen Testament reichge-
schmückten Sarkophag der clarissima femina Adelfia, der Gattin eines
tomes Balerius, kennzeichnete
Am ausgedehntesten sind bis jetzt die Katakomben bei der
Kirche S. Giovanni aufgedeckt. Sie heissen gewöhnlich die von S.
Mamano, weil die Krypta dieses Heiligen unter den Resten einer,
wie es scheint, dem 4. Jahrhundert nach Chr. angehörenden Basilika
an dem jetzigen Eingang zu denselben liegt.*
Südöstlich von diesen sind die Katakomben in der Vigna Cassia
bei dem Kloster S. Maria di Gesü. Sie unterscheiden sich von den
vorigen dadurch, dass die Gänge in dem hier bröckeligen Tuff bedeu-
tend enger sind, und dass Rotunden und Kapellen in ihnen fehlen.
Manche Spuren, wie Einschnitte in den Seitenwänden der Gänge,
weisen auf Benutzung von heidnischen Grabkammern hin, welche
hier schon vorher bestanden hatten.
In noch höherem Grade ist dies der Fall bei den weiter östhch
in der Nahe des Hauses S. Giuliano liegenden Katakomben rechts
von der Strasse, welche nach dem katholischen Gamposanto führt.
Die unterirdische Todtenstadt bildet hier eigentlich nur die Fort-
setzung einer Reihe von Grabkammern des im § 2 Nr. 14 und 15
1 S. Carini im Ball. d. Comm. Sic. Nr. V. Pal. 1872. S. 27 ff. Corp. inscr. lat.
Bd. X. Thl. II. Nr. 7123.
2 S. den Grundribs eines Theiles dieser Katakomben bei Schultze a. a. O. S. 60.
S. Maria di Gesü.
S. Lucia.
Ortygia.
Aetna.
Achradina.
Kleiner Hafen.
— 327 —
vorgeführten Typus, welche in die senkrechte Felswand eines grossen
Steinbruchs eingehauen sind. Einige von diesen, unzweifelhaft heid-
nischen Ursprungs, tragen das Gepräge der Umwandlung in christ-
liche Grabstätten.
Südlich von S. Giuliano sind zwei Katakombengruppen. Unter
dem Kloster von S. Lucia erstreckt sich im Anschluss an das isolierte
Oktogongrab der Heiligen eine weite, noch vor wenigen Jahren zur
Bestattung benutzte Nekropole. Nicht nur diese ihre Ausdehnung,
sondern auch die in Roth an ihre Wände gemalten Ornamente,
Pfauen, Anagramme machen sie den Katakomben von S. Giovanni am
ähnlichsten. — Ungefähr bis zu gleichem Umfang sind andre Kata-
komben anderthalbhundert Meter östlich von diesen in dem Landgute
di Boni entdeckt, aber noch wenig erforscht worden. Eigenthümlich
ist diesen, dass wiederholt eine grosse Menge von Loculi, jedesmal
mehr als 30, mit Zwischenwänden von nur 20 cm dicht aneinander
gereiht ist. Vielleicht Familien- oder Genossenschaftsgräher. Ein
Aquaedukl zieht sich unter dieser Nekropole hin.
Zum Schluss sei noch erwähnt das sog. Bagno di Venere, 250 m
südlich von S. Giovanni. Die hier gefundene schöne Venus im syra-
kusischen Museum hat dem unterirdischen Bau, mit welchem dei*
Anfang einer christlichen Katakombe gemacht zu sein scheint, seinen
Namen gegeben. Auf einer Treppe steigt man in einen grossen vier-
eckigen Saal hinab, welcher durch eine weite Lichtöffnung in der
Decke erhellt wird und von Grabkammern umgeben ist.
Cappuccini.
Pietralnnga.
Mazzarrone.
Erklärung der Karten.
Die folgenden Nummern beziehen sich auf die einfachen Zahlen, welche den
antiken Ueberresten, auf der Karte I in Roth, beigesetzt sind. Die Zahlen zwischen
zwei Punkten auf Karte l, zumeist bei den Höhenkurven,, bedeuten die Höhe der
betreffenden Stellen über dem Meeresspiegel in Metern.
Karte I.
1. Artemistempel, z. Th. ausgegraben, z. Th. in der nördlichen Häuserreihe der
Via Diana (Resalibera) und dem Quartier militare versteckt.
2. Athenatempel, in welchen die jetzige Kathedrale hineingebaut ist.
3. Arethusa. In ihr modernes Bassin ergiesst sich das Wasser z. Th. vermittelst
antiker Kan&le.
4. Antike unterirdische Felsenaushöhlungen nebst Wasserkanftlen gleich denen der
Arethusa.
5. Sogenanntes Baguo della Regina, eine unterirdische Kammer mit Zugangstreppe
unter dem Kastell Maniace.
(). Mündungen antiker Rundbrunnen oder Cisternen in Verbindung mit Funda-
mentierungsbettungen im Felsboden.
1. Unterirdische Kammer nebst Zugangstreppe unter einem Casa Bianca genannten
Gebäude. Durch die Decke und in den Boden der Kammer hinein reichen
cylindrische Brunnen.
8. Unterirdische Kammer nebst Treppe und Rundbrunnen unter der Kirche S. Filippo.
In einem der Brunnen ist eine Wendeltreppe.
9. Parallele Einschnitte in dem Felsboden am Ufer des Landungsplatzes vonS. Lueia
und der Nordspitze von Ortygia, theils oberhalb, iheils unterhalb der Wasser-
linie : Reste der antiken Schiffshäuser.
(10. Grosser Verbindungskanal zwischen den beiden Häfen, in welchem Schiffe von
500 Tonnen ankern können.
1 1 . Zwei flache Kanäle , welche beide Häfen verbinden und als Festung sgräbeu
dienen.)
12. Reste einer grossen Säulenhalle; s. S. 28.
13. Antike Mauerreste.
14. Grosses römisches Gebäude ; s. S. 305 ff.
15. Unterirdischer, zum Theil ausgegrabener Hohlraum, in welchem sich Architektur-
stücke gefunden haben. Nach der Tradition sollen daselbst auch Säulen eines
grossen Gebäudes vergraben liegen.
16. Reste eines grossen Gebäudes mit Treppen und Souterrains, die sog. Casa dei
60 letti des Agathokles.
n. Rundbrunnen und rechtwinklige Bearbeitungen des Felsens, mit Resten sehr
festen Bewurfes ; theilweise unter dem Meeresniveau. Mehrere der Brunnen
stehen in ihrem unteren Theile mit einander in Verbindung.
Lupus, Die Stadt Syrakus. ^'^
— 33C> —
18. Aufgang vom Meere zu der Terrasse.
19. Katakomben de Boni, 1880 entdeckt.
20. Katakomben von S. Lucia.
21 . Katakomben in dem Landgute Spagna, gewöhnlich Bagno di Venere genannt.
22. Rechtwinklige Pelsenkammer mit Stuckbewurf und Fresken.
23. Einschnitt im Felsen mit plattenbedeckten Loculi, in welchen sich mensch-
liche Gebeine und Vasen mit schwarzen Figuren auf rothem Grund gefunden
haben.
24. Katakomben in dem Landgute Cassia.
25. Rechtwinklige Grabkammern mit Loculi, einige derselben als Wohnungen o'ler
St&lle benutzt.
26. Steingruben und Bettungen im Felsboden zur Fundamentierung von Gebäuden.
2'7. Katakomben von S. Giuliano.
28. Vereinzelte Katakomben und sonstige Souterrains.
29. Felsentreppen am Terrassenrand, welche zum Theil zu Quellen am Meeresufer
hinabführen.
30. Katakomben von S. Giovanni bei der Basilika von S. Marziano.
31. Unterirdische Wasseranlage mit einer Zugangstreppe von 104 Stufen.
32. Loculi im Felsboden, zum Theil mit Steinplatten bedeckt.
33. Unterirdischer Gang in einer Latomie.
34. Verschottete Kammer, zu welcher ein unterirdischer Gang fuhrt.
35. Unterirdischer Gang in der Latomie Broggi.
36. Runde Brunnenmündungen, verschüttet.
37. Unterirdische (Grab-) Kammer nebst Zugangstreppe.
38. Natürliche Grotten mit rechtwinkligen Flachnischen an den Wilnden, einige
derselben mit Stuckresten.
39. Künstliche Felsenebnung mit senkrechten Wänden, in welche rechtwinklige
Flachnischen eingehauen sind.
40. Steinbrüche und Vertiefungen in dem Felsboden zur Lieferung des Materials für
die Festungsmauer, zu deren Quadern die rechtwinkligen Löcher im Felsen
stimmen.
41 . Natürliche Höhle mit künstlichen OberlichtöfTnungen in der Felsendecke.
42. Natürliche Grotten.
43. Antike Festungsmauer. — Unter 43a ist die S. 49 erwähnte Mauer eingezeichnet,
welche voriges Jahr von Sav. Cavallari in der Contrada Fusco auf eine Strecke
von über 200 m ausgegraben worden ist. Leider haben die Notizie degli Scavi
(Lincei) bis jetzt noch nicht den Fundbericht gebracht. Deshalb müssen wir
uns auch hier einer eingehenderen Beschreibung und eines endgültigen Urtheils
über die hochwichtige Entdeckung enthalten. Folgendes genüge : Die beinahe
6 m dicke aus Quadern von c. 1 ,50 X 0,70 m Zusammengesetze Mauer läuft
zwar in mehrmals gebrochener Linie, aber doch in der Hauptrichtung von
Südsüdost nach Nordnordwest; sie kreuzt 50 m westlich von der Barriera di
Floridia in spitzem Winkel die Fahrstrasse und durchschneidet den nördlich
von dieser neu angelegten Friedhof. Die Kolossalität der Dimensionen, die
Uebereinstimmung der Quadernmasse mit denen der syrakusischen Ringmauer
(s. S. 51) und die Richtung auf die Portella del Fusco hin lässt mich an
der oben ausgesprochenen Vermuthung festhalten, dass die Mauer zu dem
grossen Festungsringe gehörte. Dieser hätte sich also, wenn nicht weitere
— 334 —
Ausgrabungen in der dortigen Gegend dem widersprechen, meiner Ansicht nach
von der Portella del Fusco quer über die Contrada Fusco bis zu deren Süd-
rande hingezogen und denselben wenig östlich von der dortigen Oelmühle
erreicht, um ihn zunächst zu begleiten und dann in die Niederung des
römischen Gebäudes in der Campagna Bufardeci hinabzusteigen. In welchem
Zusammenhange aber die dortige Festungsmauer (s. S. 40 und 308) mit unserer
einst gestanden hat, ist immer nocb eine ungelöste Frage.
44. Kastellreste und Felsenplanierung auf einem kleinen Vorgebirg; s. S. 253 Anm.
45. Sockelbau eines grossen Thurmes aus Quaderblöcken.
46. Zugänge zur oberen Achradinaterrasse.
47. Senkrechte Felsenwand, welche zum westlichen Abschluss von Achradina von
der Casa Castellentini an südwärts künstlich ausgehauen worden ist. An ihr
sind kleine rechtwinklige Flachnischen in geringer Zahl eingehauen.
48. Sogenanntes Grab des Archimedes.
49. Andere Felsengräber, theils sikelisch, theils griechisch.
50. Gräberstrasse an der Mühle des Commendatore Greco. Eines der Gräber ist
S. 320 Nr. 14 und 15 als Beispiel gewählt.
51 . Piscina unter der Kirche S. Nicolö.
52. Senkrecht hergerichtete Felsenwand mit Flachnischen, 1880 aufgedeckt.
53. Römisches Amphitheater.
54. Grosser Altar.
55. Sogenanntes Bagno della Falconara bei der Casa Impellizzeri in den Felsen
eingehöhlt.
56. Griechisches Theater.
57. Gräberstrasse mit Kammern und Flachnischen oberhalb des Theaters.
58. Rechtwinklige Grabkammern ähnlich dem S. 320 Nr. 14 und 15 beigebrachten
Typus.
59. Nekropolis del Fusco.
60. Ausgrabungen , welche bei Gelegenheit des Baues der Eisenbahn Syracusa-
Licata gemacht wurden, wahrscheinlich eine Via sacra von Neapolis nach dem
Olympieion ; s. S. 39. An beiden Enden Quadermauern.
61 . Rechtwinklige Brunnenmündungen, noch nicht weiter erforscht.
62. Antiker Brunnen mit Trinkwasser, welches aus zwei Kanälen reichlich zuströmt.
63. Rechtwinklige Kammer unter dem Felsboden. Hier hat sich ein Granitsäulen-
stumpf gefunden, welcher vielleicht herabgestürzt war von
64. einer rechtwinkligen Aedicula von 10,80 zu 8,20 m, deren Längenachse nach
Osten hin gerichtet ist.
65. Sockelreste von Festungsthürmen.
66. Vorhellenisches Grab, S. 81 6 Nr. 3 und 4.
67. Dem ahnliche Gräber.
68. Römische Gräber, noch nicht erforscht. Hier haben sich viele Architekturfrag-
mente von Tuff und Thon gefunden, welche 1880 in das Museum zu Syrakus
gebracht worden sind.
69. Basrelief an der Felsenwand.
70. Wasserbassin im Felsboden.
71 . Reste der Quadermauern eines grossen antiken Gebäudes, Säulenschäfte und ein
korinthisches Kapital römischer Zeit.
— 332 —
72. Uoterirdiscbe Galerie, la Galera genannt, mit 8 Oberlichtöffnungen im Fels ; s.
S. 272 Anm.
73. Felsengräber mit spater umgeformten Zugangsschachten, zum Theil verschüttet.
In einem sind undeutliche Malereien.
74. Gräber verschiedener Typen an einer Gräberstrasse, einige gut erhalten, andere
durch Steinbrecher zerstört.
75. Wasserleitung ; s. S. 258.
76. Reste der Quadermauem eines Gebäudes.
77. Grosser aus Quadern zusammengesetzter Fussboden eines Gebäudes.
78. Felsenebnung für ein grosses Gebäude, dessen Mauern zum Theil aus dem steheu
gelassenen Felsen selbst gebildet werden.
79. Befestigungen zur Deckung eines Eingangs durch die Epipolaimauer, ähnlich
dem nördlichen Theil des Euryaloskastells.
80. Andre Zugänge zur Epipolaiterrasse , deren Deckungen durch Thürme und
Flankierungsmauern zum Theil noch vorhanden sind.
81. Rechtwinklige Gebäudebettungen im Felsboden.
82. Vorhellenische Gräber, welche noch l88l bestanden, aber jetzt beim Steinbrechen
zerstört sind ; s. S. 44 f.
83. Künstlich ausgehauene Felsenwaud mit einer kleinen kreisrunden Grabkammer
und einem Loculus in Halbbogennische.
84. Zwei grosse rechlv/inklige Felsengruben, wahrscheinlich einst als Wasserbassius
dienend. Dem nördlichen floss das Wasser in einer noch erhaltenen Kanal-
rinne zu ; s. S. 262.
85. Antike Gebäudereste und Felsentreppe.
86. Die sogenannte Latomia del Filosofo nebst Grabkammern von dem Typus S. 320
Nr. 14 und 15.
87. Steingruben und Felsenbettungen für Gebäude. An einigen Wänden sind recht-
winklige Flachnischen.
88. Euryaloskastell ; die Einzelheiten auf dem Nebeukärtchen.
89. Viereckiger Brunnen ; s. S. 262.
90. Gewaltiger Steinhaufen von c. 2000 cbm Inhalt, nebst einer rohen Treppe,
umgeben von Olivenbäumen.
91. Wasserbassin und 2 unterirdische Kanäle.
92. Fünf Trinkwasserquellen am Fusse des Terrassenabhangs mit künstlichen, in den
Felsen eingeschnittenen Leitungen.
93. Trümmer eines antiken Gebäudes, darunter ein dorisches Kapital, marmorne
Karniesfragmente und antike Ziegel.
94. Zwei Grabkammern im Felsen, die östliche rechteckig, die westliche rund. Au
ihrer Eingangsschwelle läuft der antike Wasserkanal von der Gontrada Targia
nach Tycha ; s. S. 258.
95. Aufgang zur Terrasse in weiten Stufenabsätzen.
96. Vorhellenische Gräber; s. S. 3l6 Nr. 1. 2; 5, 6; 7, 8, 9.
97. Zwei Grabkammern von verschiedenem Typus über einander ; s. S. 323.
98. Zwei rechtwinklige Bassins im Felsboden, in deren nördliches ein kleiner Kanal
das Targiawasser führte.
99. Felsenebnung für ein grosses Gebäude.
— 333 —
100. Guterhaltene Strasse, welche westlich von Tycha durch die Festungsmaiier auf
die Terrasse hiDaufführte. Unterhalb der Mauer läuft ein Stück des Targia-
kanals.
101. Natürliche Grotte., rechts von ihr rechtwinklige Flachnischen an den Felswänden.
Durch sie führt der Targiakanal, welcher sich östlich von ihr fortsetzt.
102. Letzte Spuren des Targiakanals.
103. Grosse Aushöhlung des Felsenbodens mit senkrecht eingeschnittenen Wänden.
104. Vier rechtwinklige Grabkammem mit Loculi, an der Aussen wand zwei grosse
rechtwinklige Flacbnischen .
105. Sockel eines Festungsthurmes aus Quadern, welcher zur Deckung des antiken
Hexapylon diente. In den letzten Jahren sind die Reste dieses Thurmes wie
auch der Befestigung westlich von der Strasse zerstört worden.
106. Reste eines grossen^ aus Quadern aufgeführten Gebäudes.
107. Felsentreppe, welche zur Fontana delle Palombe am Meeresstrande hinabführt.
300 m weiter östlich führt
108. eine Treppe zu einer malerischen Grotte, in welcher Quell- und Meerwasser sich
mit einander mischen.
Nebenkärtchen A.
Das Euryaloskastell.
1. Die vier Festungsgräben.
2. Felsentreppe, welche in den zweiten Graben hinabführt.
3. Treppe, welche unterirdisch nach dem dritten Graben hinunterführt.
4. Befestigungsreste hinter dem zweiten Graben.
5. Drei Pfeiler einer Verbindungsbrücke, welche über den dritten Graben führte.
6. Vier Treppen, welche auf der Westseite des dritten Grabens in ebenso viele unter-
irdische Gänge hinunterführen.
1. Befestigungsreste hinter dem dritten Graben.
8. Verschlussmauer des dritten Grabens nach Norden hin.
9. Treppenzugänge zu den vier Tunnel, welche westwärts nach dem dritten Graben
hinlaufen.
10. Fünf Thürme, welche mit dem zwischen ihnen befindlichen Mauerwerk die
Kastellfront bilden.
11. Westhof des Kastells.
12. Vermeintlicher antiker Brunnen ; s. S. 261 .
13. Verbindungspforte zwischen dem Westhof und dem
14. Osthof des Kastells.
15. Cisterne.
16. Fünf Nischen neben einander in der nördlichen Mauer des Osthofes, vielleicht
Pferdekrippen.
17. Thurmsockel, zum Theil mit Resten innerer Abtheilungsmauern.
18. Südmauer von Epipolai.
19. Nördliches Dipylon mit vorliegenden Vertheidigungsmauern und Höfen.
20. Nordmauer von Epipolai.
21 . Steinbruch, welcher vielleicht die Werkstücke zum Bau der Euryalosfestung
geliefert hat und zugleich den Angriff auf sie erschwerte.
(22. CustodenhausJ.
REGISTER.
Abisso, s. Eloros.
Acheloos 62.
Achradina 17, 18, 27-37, 40. 43, 46,
48-50. 53, 5J, 57, 63, 84, 86-89,
91, 92, 95, 98-101, 107-109, 112,
115, 116, 120-123,130, 164, 165.
168, 173,179, 184, 189-191, 193.
197-199. 207, 209-212, 214-216.
222-236, 241-243. 247, 253, 257,
271, 273, 275, 295. 308, 319, 320,
Achradinathor 116, 162, 164, 189. 248
249.
Achradina Vorstadt 102, 109, 178. 179.
Acrillae 218.
Adelfia, ihr Sarkophag 326.
Adranon 169.
Aetna. Berg 16, 85, 178.
Aetolien 60, 61 .
Aetoler 219.
Agathokles 93, 95, 102.
Agathokles. der Tyrann 93, 99, 1 76, 1 77,
201-205, 208.
Seine Reiterschlacht a/s 5t7rf246.
Agyrion 200.
Aischylos 106.
Aithiops 68.
Aitna, Stadt \Qb, 106, 166.
Akragas {(xirgeuti) 163, 177, 218, 219,
225, 270, 311.
Akrai (Palazzolo) 62, 87, 150, 152, 153,
188,189, 315.
Akraion Lepas 56, 148-155.
Akropolis (Akropolen) auf Ortygia 101,
166, 167, 169, 170, 186. 188-194,
196-198. 201,208,210.
Alexandria, Stadt 49.
• Prachtschi f Hierons II. 207.
xVUano. Villa 56.
Alkibiades 117, 160.
Alpheios 73-78.
Alphiaia. s. Artemis 74,. 75.
Altar der Concordia 210, 211.
. Hierons II. 21, 22, 40, 42, 101.
205, 206, 290, 299, 300, 302, 305.
« in Pergamon 300.
« des Zeus in Olympia 300.
Altäre auf dem Markte 113.
Ambrakioten 140.
Amphitheater 21 , 40, 42, 45, 101, 250,
290, 299, 301-305.
• zu Capua 302.
zu Pompeji 301, 302.
zuBom 301, 302.
« zu Verona 302.
Anapos 21-23, 25, 40. 54, 55, 59. 60
62, 64, 65, 67. 84, 86, 87, 116.
118-120, 123, 125, 127, 128,135.
138. 141, 142, 145,146, 150, 152,
162, 178-182, 186, 198, 206, 218,
256, 257, 266, 308.
Anaposbrücke 23, 86, 116, 119, 150,
188.
Andranodoros 209-212.
Antiochia 49.
Antiochos 58.
Apelles 174.
Aphroditestatue 7, 27, 247, 327.
ApoUokrates 192.
Apollon 15, 60, 78, 80. 81, 85, 288,
291.
Seine Statue zti Sgrakns (Temenitcs)
121, 168, 241, 242.
« « zu Tenea 68.
Sein Tempel, s. Temeniies.
337 —
Appian 215,
Appius Claudius 214-219.
Aquaedukte 96, 133, 327.
Galermi46, 262. 265-267.
Nvmphaeum 25, 260-269,
"^273.
Paradies 35, 91, 260, 263,
273.
Targia 267,
Tremilia 45, 260-263, 266,
268.
Tremilia Galera 258.
Tycha 258, 260.
Andere 271 , 272.
• zu Athen 264.
auf Samos 264, 265, 270.
Archias 15, 58, 60-63, 66. 67. 73, 82.
Archilochos 68.
Archimedes 207, 213, 217, 227, 235,
236.
Sein Grab 248, 249.
Sein sogen. Grab 86, 249, 323.
Arcbytas 188.
Arethusa 38, 47, 61, 62, 69-78, 81-83,
94, 95, 226, 230, 231, 233, 235,
239-244, 253, 257-260, 274.
Art^os 76.
Aristaiosstatue 247.
Ariston 212
Arsenal 100, 106, 112, 117, 141, 163-
167, 174-176. 208.
Artemis 38, 60, 61. 74-78. 220, 221,
228, 235, 236.
Ihre Statue 78, 81 .
Asklepiosstatue 7, 27, 247.
Assinaros {Fiumara, Falcoitara, Fiume
di Noto) 44. 56, 146, 149, 157-159-
Athanis 200.
Athen 48, 49, 115, 134, 144, 170, 213.
Augustus, seine Kolonie auf Ortygia 250,
301.
Automatia, ihr Altar 200.
Avola 56.
Bagno di Venere, s. Katakomben.
Belvedere 44,54, 55, 125-127, 139, 142,
148, 150, 253, 261, 262, 266, 267.
275.
Biscari 21 8.
Boeotien, Boeotier 76, 143.
Bomilkar 218, 224, 225.
Bonagia, Cava 28, 29. 31, 34, 43, 50,
89. 261, 273, 319.
Tonnara 29, 31, 86, 47, 48.
53, 257.
Bottiglieria 266 .
Brunnen, antike, ev. Cisternen 18. 19..
259, 262, 278.
Cadacchio auf Kerkgra, Brunnenheilig-
thum 286.
Calarina oder Caderini, Ptmta 20-22, 83,
118, 119, 179.
Galigula 250.
Caltabellotta, Berge bei C. 31 3.
Canicattini, Strasse nach C. 22. 49, 150,
189.
Canius 250.
Carini, s. Hykkara.
Carrozze 20.
Casa deir Acqua 266.
Agnelta Reale 34. 373, 311, 316.
Ambra. Casa und Grab 37.
Annino 36.
de Benedictis 35.
Bianca 275.
Bonanno 253, 268.
Bordonaro 21 .
Buonincontro 35, 269.
Castellentini 29, 273.
Celeste 35.
de Francbis 35. 263, 268.
Gargallo 35.
dei Gesuiti 51, 268.
Greci 35.
Greco 36, 269 (Mühle).
Impellizzeri 38, 40.
Innorta 39.
dei sessanta Letti 28, 204.
Moscuzza 35.
Raeli 38, 48.
Santoro 79.
Tarantello 35.
dello Stampatore 314.
Targia 267.
Torgitto 262. 263.
Cassibili, s. Kakgpavis.
Castellamare 313.
Castrogiovanni 15.
Castronuovo 312.
— 338 —
Cutüoitt s. Kutane.
Sisenbahn »ach C. 26.
Sh'osse nach C. 21 , 31 , 35-37.
50, 194,228,249,258, 269,
313.319.323.
Cttva di Culatrello oder dello Spampinalo
55, 56, 153, 154. 156, l88.
« grande 56.
Chalkis, Chalkidier 62, 76.
Gharondas 160.
Chersikrates 68.
Claudius Caesar 91 .
Contrada Bufalaro 43, 51, 129, 266, 268,
311.
Fusco 21, 37-40, 42, 47, 49.
50, 173. 179,257,273,311,
313, 316.
Galera38, 179, 272.
Monasterello 55.
Pirroni 55.
Teracati 35.
Targetta 35, 53.
Targia 36, 253, 267.
Tremilia 51, 52, 63, 173, 200,
201. 253, 257. 266, 311,
313.
Coriaria in Rom 21 5.
Cozzi 22.
Cozzo del Romito 29-31, 43.
Crimiti {Thymhris) 16. 54. 55. 148, 152,
256. 259-267, 273.
Crispinus 215, 218, 224.
Cugno delle Canne 55.
• di Cavitone 55.
« di Culatrello 55.
Curia 167, 211, 241, 248.
Damippos 21 9, 220.
Damm, ältester von Ortygia 26. 90, 91
108.
Daskon 20, 22,59, 119, 144-146. 179,
181, 182.
Deinomenes 21 1 .
Deinomeniden 48, 95, 99, 107, 109, 299.
Delphi 15.
Demetrios 68.
Demokopos-Myrilla 113.
Demosthenes 55, 126, 127, 140-158, 203.
Diana, s. Artemis.
Diküsiexm auf dem Markte 198, 201,206.
Dio Cassius 215.
Diodor 114, 115.
Diokles 160, I6l.
Dion 100, 102, 111, 176, 187-195, 202.
208, 212.
Dionysl. 59. 106, 108, 111. 112. 163-
186. 204, 206, 208, 211, 245, 249,
298.
Dionysische Ringmauer 24. 35, 41 . 44,
49-51, 109, 121, 125, 127, 170-173,
263,282,311.
Sein Grabmal 186.
Dionys II. 186-192, 195. 196.
Dipylon des Euryalos 278, 281 . 282.
Docks 26, 136, 141, 175, 176.
Drakon 160.
Duketios 112, 113.
Duris 64.
Eknomos 202.
Elaphiaia, s. Ärtems 74, 75.
Elaphion 75.
Eleutheria 112, 299.
Elis, Eleer 75, 76.
Eloros 157, 158.
Elorinische Strasse 24, 56, 117, 119
120, 155.
Emissar des Albanersees 264.
• des Fucinersees 264.
Enneapylon zu Athen 21 3.
Ephesos 60.
Ephoros68, 114.
Epicharmos 106.
Epikydes 212-225, 235.
Epipolai 19, 24, 32, 35, 41, 43-46, 49,
52, 54. 55, 103, 109-112, 116, 120-
130,134-139. 142-148, 168, 170-
173, 184, 185, 188. 198, 200, 211.
222, 228, 229, 236, 241, 257, 261.
262, 275, 278.
Erineos 149, 156. 157.
Etrusker 144.
Euboea, Euboeer 62, 76, 97-99.
Eumelos 68.
Eupalinos 265, 270.
Euryalos 24, 33, 35, 43-47, 51-55, 125-
128, 142. 170-173, 185, 189,203.
223, 224, 229, 235, 253, 261, 262.
266, 273, 275-284.
Eurymedon 140 144.
— 339 —
0- Fabius, 237.
Falconara^ 5. Ässinaros.
Flachnischen, viereckige in Vfrlttnduuff
mit Grabstätten 45, 299, 305, 315,
320, 325.
S. Filippo 275.
Finestrelle, Berg bei Salemi (Halikyai)
«51 o.
FloridiaSS, 151, 156, 188.
Strasse nach F. 21, 49, 104, 150,
189, 305.
Flotte von Syrakus 174-177.
Frankenplünderung 250.
Frontinus 215.
Fusco, Portella del F. 45, 47-49, 52,
63. 173.
Galeagra 219, 220.
Gela, Geloer 96-99, 163-166, 169.
Gelon 88, 91, 93, 96-105, 107, 108, 112,
113, 123, 155, 162, 169, 174, 208,
288, 290.
Gelons vermeintliche Mauer 89, 98. 123.
Bildsäule 104, 200.
und Demaretes Grabmal 1 03, 1 79.
Geomoren 93, 95-97, 290.
S. Giovanni 27, 89, 101. 275.
Germanicus 293.
Geschäftsgebäude am Markte 167, 211.
Gräber von Griechen und Römern 31 9-324.
< von Sikanern 312.
von Sikelern 34-38, 44. 45,
310-318.
Grotta dei Cordari 41 .
* dei Laghi 272.
( lunga 28.
delle Maraviglie 266.
di Paglia 28.
Santa 28, 319.
Grotte oder Grotlicelli, s. Nekropolis.
La Guglia 158.
Gyarta 192.
Gylippos 126-129, 137-158, 163, 174,
260.
(Gymnasien 186, 206, 241,. 248.
Hefen, grosser 16-27, 30, 37. 54, 56.
70, 77, 82, 83, 100. 116-123, 131,
134-138, 141, 145. 146, 152, 174-
176, 179, 191, 196, 197, 202, 215,
218, 224, 226, 230, 231. 240, 242-
247, 259, 273, 274,305,309,310.
Hafen, kleiner 17-19, 25-30. 54, 70, 82
83, 88, 89, 100, 101, 106, 108*,
117, 141, 162, 166, 167, 174-176,
191, 197. 204. 216, 240. 242, 243,
259, 273.
Haloros 96.
Hamilkar 202. 203.
Hekatompedos 194, 212.
Henna 15, 218.
Heraeische Berge 313.
Herakleides 192, 194.
Herakles 60, 293.
Herakleo 244.
Heraklia 212.
Hermokrates 149, 160-164.
Hexapyla 35, 112, 124, l7l, 194, 210-
222, 228.
Hieron I. 98. 100, 105, 106, 112, 113,
155, 174, 208.
Hieron II. 113, 160, 177, 205-210, 223,
224. 239, 293.
Hieronymus 209. 243.
Hiketas 86, 111, 495-198.
Himera 101, 104, 137. 161, 163, 177.
312, 313.
Himilkon 48, 86, 102, 103, 178. 183.
218, 223-225, 229.
Hipparinos 195.
Hippokrates von Gela 86. 96, 97, 284.
der Karthager 212-225, 229,
230.
Hykkara [Carini] 31 3.
lato 137.
lamiden 68
Iberer 183.
Ibykos 73, 90. 108.
letai 137.
Insula, s. Ortggia.
Ispica, Grottenthal 313, 315.
Isthmus 18-21, 26, 30. 42, 50, 76, 88-92,
100, 101, 106, 108, 113, 116, 117.
163, 167, 189, 208,209, 257, 291,
302, 306.
Ithaka 76.
Justizpalast, s. Dihasteria.
Kakyparis (Cassibili) 56, 148, 149, 155-
158.
Kalchas 294, 295.
Kallippos 102, 195, 202.
f
aio —
Kamarina, Kamarinaeer 38. U7, 99. 164
166, 169.
Kap Bonagia 17, 216
Murro di Porco 17.
Kapuzinerkloster 28. 91, 216. 319, 320
Karl V. 20, 50, 90.
Karthago 101, 198, 227, 236.
Kasernen 100, 106.
Kasraenai 97.
Kastro, Btrg auf Batnos 265.
Katakomben 324-327.
deBoni327.
Cassia 275, 326.
S. Giovanni oder S. Marciano
247. 271, 323. 325-327.
S. Giuliano 326.
S. Lucia 327.
Bagno di Venere 327.
Katane (C«/a«ta) 16. 55, 105, 118, 120,
123, 124, 147-150, 197, 200,239,
272.
Kaulonia 169.
Kephallenia 76.
Kephalos 160.
Kerkyra 68, 96.
Killikyrier 39, 97.
Kleomenes 242.
Kleomen. .es 80, 81 .
Knidos, Theater daselbst 308.
Königsthor in der Akropolis 186.
Korinth 68, 113, 195, 197.
Tempel daselbst 289.
Kornspeicher Hierons II. 206. 207, 210,
211.
Korsika 174.
Kroton 15,67, 68, 177.
Kyklopenbauten U Cefalk, Collesam,
Eryx 312.
Kyane [Cifly^c) 22, 60, 118, 128. 181-
183, 256, 258, 274.
Kyklos der Athener 35, 129-131, 134-
136, 139, 145, 146.
Kyme62, 174.
Kypara 69.
Labdalon 128, 129, 131, 138.
Lakkios, 5. kleiner Hafen 83.
Lamachos 117, 135, 138.
Latomien 32-34, 95, 96,158, 159, 184,
185,249, 298, 305.
Latomien Adorno 34.
Benanle 34.
Broggi 32. 34.
Bufalaro oder del Filosofo 32,
33. 43, 185, 190.
Casale 27, 30, 32, 34, 88, 95,
271.
Cozzo del Romito 33, 3L
S. Giuliano 34.
le Grotte 34.
der Kapuziner 27, 30, 32, 33.
88, 91, 95, 184, 271. 297.
auf Maddalena 34.
S. Maria di Gesü 34.
Novantieri 32, 33.
des Paradieses 32, 33, 41, 43.
49.87, 184, 269,271, 290,
295-299, 301. 302, 320.
Regia Corte. 34.
S. Venera 33, 41 , 43, 297, 302,
311,319,320.
Lederhalle 215. 216.
Leon 54, 124, 125. 127, 218-220, 268.
Leontinoi 117, 166, 169. 193, 194, 200.
209,211, 212,214, 218,281.
Letrinoi 74, 75.
Leukadia 140.
Licata, Eisenbahn nach L. 23, 24, 38.
40, 46, 256.
Lilybaeum 240, 249.
Livius 214-234.
Lokroi Epizephyrioi 68, 108.
S. Lucia 18, 26, 27.88, 89.
Landungsplatz daselbst 7.
Lyaea, s. Artemis 78.
Lygdamis 95.
Lysimeleia 22, 38, 65, 66, 104. 144. 145.
Maddalena, 5. Plemmyrion.
Magnisi, s, Thapsos,
Magon 195-197.
Mamerkos 200.
Maniace, Castello 168, 207.
Marcellus, Mk Claudius^, 51, 116, 126,
214 238, 276.
Seine Statue 248.
S. Marciano 275.
S. Maria di Gesü 27, 88, 272, 273,
275, 326.
S. Maria delle Grazie 79.
— 344 —
S. Maria bei S. Pantaleon (Motye) 312.
S. Maria del Porto (della Porta) 70-72.
Marina 207.
Markt 40, 100, 101, 103, 116, 161-164,
167, 174, 190-192, 198-201, 211,
232, 241,244-246.
Massoliveri, Faro und Punta 20-25.
Megara, Megarer 68, 86, 97-99, 120,
123, 128, 169.
Megarische Feldmark 16, 31, 44, 54, 55,
86, 276.
Mellili 315.
Messana 177.
Milocca56, 63, 314.
Moericus 226-234.
Mongibellisi 125, 126, 128, 275.
Monserrato bei Girgenti 31 3.
Monte Lauro 15, 16, 149, 252, 256, 311,
313.
. d'Oro 56.
Venere l6, 266.
Moschion 205.
Motye 177.
Munychia 26.
Murgantiu 21 8.
Myskellos 15, 67, 68.
Mytilene 130.
Nasos, s. Ortygia.
Naxos 58,81, 85, 106.
Neapel 193.
Neapolis 34-43, 46-51 , 86, 102, 103, 1 16,
121, 168, 169, 184, 193. 196-199,
209, 223, 229, 241 , 256, 258, 271 ,
295, 298, 302, 308, 309.
Nekropolis Agnetta Reale 34, 36.
del Fusco 37-39, 1 04, 31 9, 323.
Galera-Bagliazzo 104, 319.
S. Giuliano 326, 327.
delle Grotte 36, 37, 41 , 63, 89,
311, 313, 314, 319, 320.
323.
Maaicalunga 39, 320.
Paradiso-S. Venera 320.
Pantanelli 39.
del Teatro 36, 290, 295,29(5,
298, 320.
Neon 197.
Nereis 293.
Nero 250, 301 .
S. Nicolö 42, 43. 49, 269, 272, 298,
299, 305.
Nikander 61 .
Nikias 55, 117-159.
Nomai 112.
Noto 56.
Strasse nach N. 21 , 305.
Nymphaeum 37, 266-269, 296.
Nypsios83, 193, 194.
Nysaios 195.
Occhio della Zilica 71 , 72, 77, 78, 259.
OhrdesDiooys 41, 42, 185, 290, 297,
298.
Olympia 24, 73, 74.
GeloerscbatzLaus daselbst 290.
Olympieion 22-24, 39, 44, 54-56, 60. 66,
84-86, 96, 103, 116, 117, 119, 120,
139, 141, 178-183. 203, 205, 214,
215, 247, 284, 290.
Ortygia 16-21, 25-32, 37, 42, 46-50, 54,
59-63, 66-69, 75, 78, 80, 82-84,
88-96, 99-101, 106-109,112, llu,
116,120, 130, 164, 166-168, l9l.
193, 196, 197, 201. 206. 207-212,
222, 225-236. 240, 242, 243, 245,
250, 256, 257, 259, 273-275, 284,
289,302,305,313, 314.
T. Otacilius236.
Pachynum 16, 103, 21 9, 225, 313.
Paianstatue 246.
Palaestra 248.
Palazzolo, s. Akrai.
Palombe, Fontana delle P, 53, 257.
Palermo 137, 218, 219, 289, 272, 311,
313,319.
Pantalica63, 313, 3l5, 316.
Pantanelli 21-23, 39, 46, 56.
Pantano 22, 56.
Pantelleria, Grabbauten (Sesi) daselbst 312.
Papyrus 22, 274.
Parion, Altar daselbst 300.
Passeggiata pubblica, Quellen an derselben
257, 274.
Peiraieus 26. 48, 136,170.
Peisistratos 163.
Peloponnes 76,
Pelorum 21 9.
Pentapyla 190, 213, 231.
Phaleron 48.
— 3i2 —
Phigalia. Tempel bei Ph, 288.
Philipp von Makedonien 21 9.
Philißtio 225.
Philistis 293.
Philistos 187, 192.
Philodemos 223, 224, 228, 229.
Philoxenos 184, 185.
Pietralunga 18, 25, 28, 257.
Pindar 105.
Piscina in der Contrada Galera 272.
• di S. Nicolö 298, 299.
in der Villa des Cassinx hei Tirnli
272.
Pisma, Pismotla 22. 25ß.
Piaton 187, 188.
Plataiai 130, 258.
Plemmyrion {Maddaletw) 16, 17, 20, 21.
44,50,63, 82, 131. 139. 141.179,
310, 314-310.
Plutarch 115,215.
Polemon 93-95
Polichne 22-24, 86, 117, 179, 182.
Polybius 215, 216.
Polyclitus 225.
Polydoros 160.
Polykrates von Sanfos 265.
Polyzelos 155.
S. Pompeius 250.
P(»rta Arethusae [Saccariorum) 70, 71 .
Gapena in Rom 237.
Porto d'Empedocle 19.
Potidaia 130.
Pozzo deir Ingegnere 21, 28, 40, 89,
101, 272, 273, 305.
Praetorium, domus praetoria. s. Srhloas.
Prytaneum 167, 241, 246.
Ptolemaios 207.
Pylos 140.
Pyrrhos 205.
Quartier militare 79.
Reliefbilder an Felswänden 45.
Rbegion 117.
Rom 49, 237.
Römisches Gebäude in der Campagna Bu-
fardeci [Bagno di Diana) 21 , 40, 48,
250, 256,273,305-310.
Salamis, Srhlaekf bei S. 174.
Salina 22, 23, 1 79.
Sambuken 217.
Samos 93.
Sapphostatue Silanious 246.
Scala greca 24, 31 . 34. 47, 50, 52. 53,
122,171, 194,228.258, 273, 3ll.
319.
Schloss 106, 112. 206, 240. 242. 243,
246.
Selinimt 24, 39. I6l, 162, 177, 3l9.
Selinuntische Tempel 287-290.
Silius Italicus 215.
Simeto 16.
Simonides 105.
Skylakion 76.
Smyma 76.
Sokrates 160.
Sonnenuhr 100, 15H).
Sopater 21 1 .
Sophron 113.
Sortino 218.
Sosis, Zeitgenosse Diotis l92.
Sosis, Mörder des Hierouynms 210-212.
223, 228, 229.
Sosistratos 235.
Spagna, Vallone 24.
Sieinraetzzeichen 47, 269.
Syke 129-131.
Syrakusa 66, 67.
Syrako 21 , 64-67.
Tabula lliaca 295.
Tarent 225, 237, 238.
Targetta 53, s. aitch Contrada.
Teilaro [Abisso), s. Eloros.
Temenites 29, 36, 41, 48, 50, 81, 84-87.
113,116,120-123, 127, 132. 133.
162, 189, 291,302.
Temenites-Neapolis 31, 33, 34, 168.
Temenitis fons 1 21 .
Temenitisches Thor 189, 190.
Temenos 49, 121, 168.
Tempel des Apollon, s. Temeni/es.
* vermeint lic her, des Apollon 81 , 82.
« der Aphrodite Kallipygos 184.
der Artemis 19, 78-81, 93, 94.
240, 284-291 .
der Asklepios 247.
— 343
Tempel der Athena 19, 18, 81, 92-95,
104, 204, 240, 246, 285, 289,
290.
« (1er Athena in Athen, Aeffina,
Troja 95.
der Demeter und Persephone
(Thesmophoren) 101 , 102, 168,
178, 195, 202, 241, 247.
* des Diokles 160.
der Hera Olympia 93, 104, 244.
des Herakles 116, 146.
des Honos und der Virius in
Rom 237, 238.
des Liber (Bacchus) 247.
des Serapis 248.
der Tycha 241.
des olympischen Zeus am Markte
205, 206, 210, 211, 241.
« des olympischen Zeus südlich
vom Anapos, s. Olympieion.
» der Concordia in Akragas 289.
des Zeus in Ahragns 19.
Tenea 68.
Terrakotten als Tempelsimsbekleidmif/ 23,
24, 290.
Tetrapylon des Fvryalos 282.
Thapsos (Magnisi) 16, 37, 54, 63, 124,
129, 132, 135, 138, 310-315.
Theater 21, 36, 39-42, 45, 49, 82, 85,
86, 104, 106. 113, 116, 121-123,
132, 135, 138, 192, 200, 201, 207,
241 , 266, 268, 290-295, 299, 305,
319.
Themistos 212.
Theodotos 210-212.
Thor der Saccarii 70, 71 .
« der S. Maria del Porto 71, 72.
Thrasybulos 106-109, 116, 170.
Thukydides 114, 115
Thymbris, s. Crimiti.
Tiberius 242. 301.
Tim^ios, der Historiker 73, 1 1 4, 1 1 5, 241 .
Timaios, ein Künstler 186.
Timoleon 86, 99, 104, 160. 176. 195-
201, 204, 208.
Sein sogen. Grab 86.
Timoleonteion 201 , 202, 206.
Timokrates 189.
Tirone, Akropolis von Leontinoi 281 .
Trogilos 36. 54, 83. 131, 132, 137, 219.
Tvcha 24, 29, 31, 34-36, 43, 48, 50,
54, 83, 99, 107-110, 116, 122,
129, "94, 198, 209-211,216,223,
228, 229, 241, 257, 260, 31 9.
Tympanis 186.
Venusstatue, s. Aphrodilestatue.
C. Verres 240-250.
Seine und seines Sohnes Statuen 247,
248.
Sein Triumphbogen 247, 248
Via Resalibra (Salibra) 78-81, 94.
Werft, s. Arsenal find Docks.
Xerxes 100.
Xiphonia-Augusta 44.
Zaleukos 160.
Zea 26.
Zeus Olympios 293.
Kopf des Z. 305.
Statue des Z. Urios 247.
Zoippos 21 2.
Zollhaus Buonservizio 53, 253, 257.
« Mazzarrone 47, 53.
Zonaras 215.
Zosimus 289.
Berichtigungen.
S. 24 Z. i lies und anderwärts statt U7id Athe)i
127 » 1 » 'AOL'OL TOV E U p 6 Tj X V , u . s. w.
267 »11 V. u. lies steht noch nicht fest.
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